BR Handbuch der . pathogenen Mikroorganismen / Unter. "Mitwirkung_von Geh. Ober-Medizinalrat Dr. Rudolf Abel, Berlin; Prof. Dr. Apolant, Frankfurt a.M.: Geh. Hofrat Prof.Dr. Th. Axenfeld, Freiburg. Br.; Prof. Dr. V. Babes, Bukarest; StabsarztDr. Walter Bierast, Halle a.S.; Stabsarzt Prof. Dr. Boehneke, Frankfurt a. M.; städt. Ober-Tierarzt Dr. J.Bongert, Berlin; Dr. H. Braun, Berlin; Prof. Dr. C. Bruck, Breslau: Prof. Dr. H. Bruns, Gelsenkirchen: Prof. Dr. E. Bürgi, Bern; Prof. Dr. Buschke, Berlin ; Prof. Dr. Calmette, Lille; Ober-TierarztDr. S. Carl, Karlsruhe. B.; Dr.H. Carriere, Bern; Prof. Dr. M. Casper, Breslau; Prof.Dr.H. Conradi, Frankfurt a. M.; Prof. Dr. &. Cornet, Berlin- Reichenhall: Ministerialrat Prof. Dr. Dieudonne, München; Prof. Regimentsarzt Dr. R. Doerr, Wien; Prof. Dr. F. Doflein, Freiburg i. Br.; Prof. Dr. Dujardin-Beaumetz, Paris; Wirkl. Geh. Rat Exzellenz Prof. Dr. P, Ehrlich. Frank- furta. M.; Prof. Dr. van Ermengem, Gent (Belgien); Dr. Eyre, Guy’s Hospital, London; Prof.Dr. M. Ficker, Berlin; Stabsarzt Dr. W. Fornet, Berlin-Halensee: Prof. Dr. E. F riedberger, Berlin; Prof. Dr. U. Friedemann, Berlin; Stabsarzt Prof. Dr. Fülleborn, Hamburg; Dr. H. A. Gins, Frankfurt a. M.; Prof. Dr. Fr. Glage, Hamburg; Prof. Dr. E. Gotsehlieh, Alexandrien: Prof. Dr. Gougerot, Paris: Reg.-Rat Prof. Dr. Haendel, Berlin: Prof. Dr. M. Hahn, Freiburg i. BE Dr. Hallwachs, Znin; Prof. Dr. M. Hartmann, Berlin; Dr. ©. Hartoch, St. Petersburg-Bern; Privat-Dozent Dr. 0. Heller, Bern-Dresden; Oberstabsarzt Dr. Hetsch, Freiburg i.Br.; Prof. Dr. B. Heymann, Berlin; Prof. Dr. von Hibler 7, Innsbruck; Oberstabsarzt Prof. Dr. Hübener, Berlin; Hofrat Prof. Dr. Hutyra, Budapest; Prof. Dr. M. Jacoby, Berlin; Prof. Dr. Jadassohn, Bern; Prof. Dr. €. ©. Jensen, Kopenhagen; Prof. Dr. @. Joehmann. Berlin: Ober- Medizinalrat Prof. Dr. Joest, Dresden; Dr. Vietor Jollos, München; Prof. Dr. Kartulis, Alexandrien; Dr. Fr. Keysser, Jena; Prof. Dr. Kitt, München; Prof. Dr. Josef Koch, Berlin; Dr. Otto Köhler, München; Prof. Dr. W. Kolle, Bern; Prof. Dr. H. Kossel, Heidelberg; Prof. Dr. R. Kraus, Wien; Dr. Krumbein, Bern; Prof. Dr. E. Küster, Berlin; Oberstabsarzt Dr. Kutscher, Karlsruhe; Prof. Dr. K. Landsteiner, Wien; Dr. Lange, Berlin; Geh.-Rat Prof. Dr. 0. Lentz, Berlin: Dr. J. Leuchs, Würzburg; Prof. Dr. W. von Lingelsheim, Beuthen (Ober- Schlesien); Dr. B. Lipsehütz, Wien; Dr. E. Loewenstein, Wien; Dr. Loewenthal, Berlin; Prof. Dr. A. Looss, Cairo; Prof. Dr. A. Lustig. Florenz; Dr. Martin Mayer, Hamburg; Prof. Dr. El. Metschnikoff, Paris; Dr. K.F. Meyer, Philadelphia; Prof. Dr. @. Michaelis, Berlin ; Prof.Dr. J. Morgenroth, Berlin; Marine-Oberstabsarzt Prof. Dr. Mühlens, Hamburg; Prof. Dr.M. Neisser, Frankfurt a.M.; Prof. Dr. F. Neufeld, Berlin; Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. von Ostertag, Berlin: Phy- sikus Dr. M. Otto, Hamburg; Stabsarzt Prof. Dr. R. Otto, Berlin; Hofrat Prof.Dr. Paltauf, Wien; Prof. Dr. J. Petruschky, Danzig: Prof.Dr. ErnstP. Pick, Wien; Dr. H. €. Plaut. Hamburg; Dr. Kurt Poppe, Berlin; Priv.-Doz. Dr. €. Prausnitz, Breslau; Prof. Dr.H. Preisz, Budapest: Priv.- Doz. Dr. Ernst Pfibram, Wien; Priv.-Doz. Dr.H. Reiter, Königsbergi. Pr.; Dr. Hans Ritz, Frank- = furta.M.; Priv.-Doz. Dr. M. Rothermundt, Bern: Marine-Generalarzt Prof. Dr. Reinhold Ruge, 3 Kiel; Prof. Dr. Hans Sachs, Frankfurt a.M.; Prof. Dr. Scheller, Breslau; Prof. Dr. Claus Schilling, Berlin; Prof. Dr. M. Schlegel, Freiburg i. Br.: Priv.-Doz. Dr. W. Sehürmann, Bern; Prof. Dr. Sobernheim, Berlin; Priv.-Doz. Dr. C.Stäubli, Basel; Dr. Steffenhagen. Berlin: Dr. Robert Stein, Wien; Dr. Titze, Berlin; Dr. E. Tomarkin, Bern: Geh.-Rat Prof. Dr. Uhlenhuth, Straßburg i.E.; Geh. Med.-Rat Prof. Dr. A. von Wassermann, Berlin: Dr. M. Wassermann, Berlin; Prof. Dr. W.Weichardt. Erlangen; Dr. Weinberg, Paris: Dr. von Werdt, Innsbruck: Geh. Med -Rat Prof.Dr. E. Wernicke, Posen ; Prof. Dr. A. Wladimiroff, St. Petersburg: Reg.-Rat Prof. Dr. Zwick, Berlin Herausgegeben von Dr. W. Kolle und Dr. A. von Wassermann 0. Professor der Hygiene u. Bakteriologie an ordenti. Honorar-Professor in der medizin. der Universität und Direktor des Instituts zur Fakultät der Universität Berlin, Geh. Med.-Rat Erforschung der Infektionskrankheiten in Bern Zweite vermehrte Auflage Dritter Band Mit 3 Tafeln, 40 Abbildungen und 13 Photogrammen im Text 1a $: N N 35 i I I S 9 N o\ V Jena Verlag von Gustav Fischer 1913 $ FR C) & y g An : u | ’ u 3 \ N S & 77, ! N Ir - 43 ra, Pu Kapitel I. Ir. IH. XV. Inhaltsverzeichnis. H. SacHs und H. Rırz, Experimentelle spezifische Dabnashk mittels Agglutination, Bakterizidie (Lyse) und Komplement- bindung . Ne re er : U. FRIEDEMANN, Peerimantelle Diagnostik Tuiktels chyeikeli- scher bzw. physikalisch-chemischer Methoden. (Mit 1 Figur im Text) > BER AR Sa Er GE Pe}. TEE GEORG MiıcHA&LIs, Grundlagen und Technik der experimen- tellen spezifischen Bakteriotherapie (Opsonine). (Mit 2 Tafeln und 8 Figuren im Text) . . Hueo AProrLant, Die experimentelle Erforschung der Ge- schwülste . PAUL ÜHLENHUTH und Karı rennen Di biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation mit besonderer Berücksichtigung der Technik. (Mit 7 Figuren im Text). . PauL EHRLICH und RICHARD GONDER, Chemotherapie . E. GoTscHLicH, Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrank- heiten .E. arten, Bel onslohre, (Bakteriologischer Teil) . EmıL Bürscı, Chemische Desinfektionslehre. (Mit 4 Figuren im Text) . G. SOBERNHEIM, Milzbrand: Mit 1 Tafel, sowie 6 farbigen Figuren und 13 Photogrammen im Text) . K. H. KurtscHer, Abdominaltyphus ER, 6 . W. Fornet, Immunität bei Typhus. (Mit 4 Figuren im Text) . Orro LENTz, Dysenterie . Ba Pe VE he a PASSEN . P. UnLenuuUTH und E. HüsBener, Infektiöse Darmbakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe einschl. Immunität. (Mit 10 Figuren im Text) 37 re: O. HELLER und F. Krumseın, Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung Seite 143 . 1005 . 1157 IE Experimentelle spezifische Diagnostik mittels Agglu- tination, Bakterizidie (Lyse) und Komplementbindung. Von Prof. H. Sachs und Dr. H. Ritz in Frankfurt a. M. Die experimentelle spezifische Diagnostik mittels Immunsub- stanzen, die Serodiagnostik, ist wissenschaftlich begründet durch das allgemeine biologische Gesetz der Spezifizität der Antikörperreak- tionen. Dadurch, daß die auf immunisatorischem Wege erzeugten Immunstoffe spezifisch auf dasjenige Substrat einwirken, durch welches sie erzeugt sind, ist es möglich, diese Reaktionsprodukte des tierischen Organismus zu diagnostischen Zwecken zu verwenden, wie dies zum ersten Male durch die den Grundstein der Serodiagnostik bedeutenden Arbeiten R. PrEIrrers geschehen ist. Allerdings ist bei den hier vorliegenden Erscheinungen eine absolute Spezifizität der Reagentien im Sinne der anatomischen und Artdifferenzierung, wie bekannt, nicht immer vorhanden. Wie aber die EnrLicaschen Vorstellungen, welche in der Seitenkettentheorie zum Ausdruck kommen, die Spezifizität der Antikörper überhaupt dem Verständnis zugänglich gemacht haben, so waren sie auch geeignet, das schein- bare Durchbrechen des Spezifizitätsbegriffes in befriedigender Weise zu erklären und es sogar als selbstverständlich erscheinen zu lassen. Denn durch die Konzeption der Rezeptoren ist auch eine neuartige Definition der Spezifizität geschaffen worden, die von den sinn- fällig wahrnehmbaren Unterscheidungsmerkmalen abstrahiert und das Problem der Spezifizität auf den biologisch-chemischen Bau der als Antigene wirkenden Substrate zurückführt. Spezifisch sind dem- nach die Antikörper nur in bezug auf die Rezeptoren, durch welche sie erzeugt sind. Da aber die Rezeptoren nicht entsprechend den verschiedenen Bakterien- oder Tierarten differenziert sind, sondern derselbe Rezeptor bei verschiedenen Arten vorkommen kann, so er- gibt sich, daß auch eine absolute Spezifizität in bezug auf die Art nicht existiert oder nicht zu existieren braucht. Für die wissenschaftliche Betrachtungsweise bedeutet diese Er- kenntnis des Spezifizitätsbegriffes keine Schwierigkeit. Für die prak- tische Nutzanwendung der Antikörperreaktionen sind aber hiermit naturgemäß gewisse Grenzen gezogen, welche der experimentellen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 1 2 H. Sıcns und H. Rırz, En Serodiagnostik das charakteristische Gepräge verleihen. Wenn sich überhaupt die Antikörperreaktionen für die praktische Diagnostik in so vortrefflicher Weise eignen, so liegt dies daran, daß trotz des mehrfachen Vorkommens gleicher Rezeptorentypen die einzelne Art doch einen wesentlichen Teil des Rezeptorenapparates in quanti- tativ so ausgesprochen spezifischem Maße besitzt, daß ein für die Zwecke der Praxis in der Regel hinreichend spezifisches Gepräge re- sultiert. Da der Masse der vorhandenen Rezeptoren auch der Anti- körpergehalt des korrespondierenden Immunserums entspricht, so ge- lingt es leicht, bereits durch Verdünnungen der einen oder anderen Komponente die Verhältnisse so zu gestalten, daß in praktischer Hinsicht die Reaktion eine spezifische wird. Daher ergibt sich auch als allgemeines Prinzip für die serodiagnostischen Methoden, daß es sich um quantitative, nicht um qualitative Verfahren handelt. In methodologischer Hinsicht ist es daher eine der wichtigsten Forde- rungen bei der experimentellen spezifischen Diagnostik, die Be- dingungen durch quantitative Abstufungen derart zu gestalten, dab die Reaktion praktisch spezifisch wird. Mittels der serodiagnostischen Methoden können sowohl Antigene als auch Antikörper nachgewiesen werden. Bei den Infektionskrank- heiten dienen sie daher einerseits zur Identifizierung der Infektions- erreger, sei es, daß es sich um die bakteriologische Diagnose der Krankheit oder um die Auffindung von Bacillenträgern handelt, andererseits zur Feststellung der durch den Infektionsprozeß zu- stande gekommenen spezifischen Reaktion. Eine der beiden Kom- ponenten muß bekannt sein und dient als Reagens, für den Antigen- nachweis das korrespondierende Antiserum, für den Antikörpernach- weis das korrespondierende Antigen. Als Indikator kommen entweder sinnfällige Veränderungen, welche aus dem Zusammenwirken von Antigen und Antiserum resultieren, in Betracht, wie das bei den Agglutininen, Präzipitinen, Lysinen der Fall ist, oder es handelt sich um indirekte Wirkungen, indem die Gemische von Antigen und Antiserum neue Eigenschaften annehmen, welche sich entweder in der Fähigkeit der Komplementbindung oder in der Aufnahmefähig- keit durch Leukocyten, oder endlich durch das Tierexperiment doku- mentieren, Eigenschaften, die nicht direkt wahrnehmbar sind, die aber durch die erforderlichen Indikatoren (Komplement, Leukocyten, Tierkörper) nachweisbar werden (Komplementbindung, Phagocytose, Anaphylaxie). In dem vorliegenden Kapitel soll nur die Anwendung des Prinzips der Agglutination, Baktericidie (Lyse) und Komplementbindung zur Darstellung gelangen, und zwar wird es sich im wesentlichen um die Erörterung der allgemeinen Technik und Methodik handeln, da die speziellen Anwendungsformen in den entsprechenden Kapiteln an anderer Stelle dieses Handbuches behandelt werden *). Auch muß bezüglich der theoretischen Begründung der für die Methodik maß- gebenden Details auf die Kapitel des Handbuches, welche die einzelnen Antikörpertypen systematisch beschreiben, verwiesen werden. *) Dementsprechend begnügen wir uns auch bei den im vorliegenden Auf- satz vorhandenen Literaturangaben meist mit dem Hinweis auf Beispiele, ohne eine vollständige Wiedergabe der Literatur anzustreben. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 3 Als allgemeines Erfordernis für sämtliche hier zu behandelnden serodiagnostischen Methoden ist zu berücksichtigen, daß beim Ab- lauf der Vorgänge im Reagenzglase außer dem Antigen und Anti- körper noch ein dritter Faktor hinzukommt, nämlich der Salzgehalt des Mediums. Denn, wie zuerst BoRDET gezeigt hat, tritt das Agglutinationsphänomen nur bei Gegenwart von Salzen ein, und, wie bereits durch die Arbeiten BucHners bekannt war und durch neuere Untersuchungen von FERRATA, SacHs und TERUUCHI u. a. im besonderen analysiert worden ist, verhindert ein salzfreiess Medium die Wirkung der Komplemente, so daß auch für die Demonstration der Bakteriolyse und Komplementbildung ein salzhaltiges Milieu die unbedingte Vorbedingung darstellt. Als Verdünnungsflüssigkeiten kommen aber nur solche von geeigneter Salzkonzentration, an erster Stelle physiologische (0,85-proz.) Kochsalzlösung oder Bouillon in Betracht. A. Diagnostik mittels Agglutination. Das Phänomen der Agsglutination, das früher zwar schon von mehreren Autoren beobachtet worden war, wurde durch GrRUBER & Dur#am in seiner Bedeutung als selbständige Teilerscheinung der Immunitätsreaktionen erkannt und beruht darauf, dab durch die Be- handlung eines Individuums mit fremdartigen Zellen im Serum des- selben Stoffe entstehen oder angereichert werden, welche die Fähig- keit haben, die zur Behandlung dienende Zellart aus einer homogenen Suspension zu Häufchen zusammenzuklumpen. Schon in ihrer ersten Mitteilung wiesen GRUBER & DurHam in Erkenntnis der Spezifizität der Erscheinung auf die Möglichkeit der diagnostischen Verwertbar- keit der Reaktion zur Differenzierung verschiedener Bakterienarten hin (cf. auch Preırrer & Korte). Bald darauf brachten die Unter- suchungen von Wıpar und diejenigen GrünBAaums den Beweis, daß das Phänomen auch zur Erkennung von Infektionskrankheiten für die klinische Serodiagnostik verwandt werden kann, und somit waren beide Möglichkeiten der diagnostischen Verwertung von Immunitäts- reaktionen, der Antigen- und der Antikörpernachweis, für das Agglu- tinationsphänomen gegeben. Seither hat die Agglutination sich immer weitere Gebiete erobert, und sie zählt heute zu den meistgeübten und bestfundierten Methoden der serodiagnostischen Praxis. Die Diagnostik mittels Agglutination gehört zu den direkten Methoden des Antigen- resp. Antikörpernachweises. Es kommen bei der Vornahme der Reaktion zwei Faktoren in Betracht, das Antigen und der korrespondierende Antikörper. Im allgemeinen entstehen bei der Immunisierung mit jedem Antigen ausflockende Antikörper. Je nachdem aber die Antigene gelöste Eiweißstoffe oder zellige Sub- strate darstellen, spricht man bei der Wirkung der entsprechenden korrespondierenden Antikörper von Präzipitation oder Agglutination. Um das Agglutinationsphänomen hervorzurufen, ist also stets das Vorhandensein eines zelligen Substrates als Antigen erforderlich. Bei der praktischen Verwendung der Agglutination werden die zelligen Antigene in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle durch jakterien dargestellt, und die folgenden Ausführungen werden sich entsprechend der dominierenden praktischen Bedeutung der Bakterienagglutination vorzugsweise mit dieser beschäftigen. 1* 4 H. Sacus und H. Rırz, I. Allgemeine Methodik. a) Der Salzgehalt des Mediums. Die erste Bedingung für das Zustandekommen der Agglutination ist, wie BorpEr als erster erkannt hat, der Salzgehalt des Mediums. Im salzarmen Medium tritt, wie BorDET, sowie .JOOS, FRIEDBERGER U.A. zeigen konnten, zwar eine Bindung des Agglutinins an die Bakterien ein, eine Ausflockung kommt aber nicht zustande, kann indessen durch nachträglichen Salzzusatz hervorgerufen werden. Im allge- meinen wird deshalb für die erforderlichen Verdünnungen physio- logische (0,85-proz.) Kochsalzlösung benutzt, doch kann man, wie bereits FRIEDBERGER, sowie EISENBERG & VoLk gezeigt haben, das Kochsalz durch andere anorganische Salze sowie auch organische Sub- stanzen (Traubenzucker, Asparagin) ersetzen. Die Menge und die Schnelligkeit der Niederschlagsbildung ist von dem Grade des Salz- gehaltes abhängig, dessen Optimum, wie Worrr neuerdings berichtet, einer etwas höheren NaCl-Konzentration als der physiologischen ent- spricht (ca. 1,0—1,5 Proz.). Dagegen sinkt der Agglutinationsgrad wieder bei Erhöhung der Salzkonzentration (FRIEDBERGER, EISENBERG & Vork, Worrr). Praktisch wird allgemein Kochsalzlösung ver- wendet (in der Regel 0,85-proz.), wenn auch nach FRIEDBERGER, Worrr u. a. manche anorganische Salze, besonders Phosphate, die Wirkung des NaCl noch übertreffen können. b) Quantitative Bestimmung des Agglutinationswertes. Wie bei anderen Immunitätsreaktionen, so spielt auch bei der Agglutination das quantitative Verhältnis von Antigen und Anti- körper eine bedeutsame Rolle. Ergibt sich schon hieraus die Forde- rung, diagnostische Untersuchungen mittels Agglutination quantı- tativ in Reihenversuchen auszuführen, so wird die Erfüllung dieses Postulats zur Notwendigkeit durch die Einschränkung, welche die Spezifizität der Erscheinung auch hier wie bei allen biologischen Reaktionen erfährt. Vorzugsweise sind es bekanntlich, wie schon GRUBER & DURHAM in ihren ersten Publikationen betonten, verwandte Bakterienarten, die durch ihren Gehalt an Partialrezeptoren durch das heterologe Immunserum mitbeeinflußt werden (Mitagglutination, Gruppenagglutination). Durch die meist erheblichen quantitativen Unterschiede gelingt es aber in der Regel, die homologen von den heterologen Reaktionen zu unterscheiden, so daß die diagnostische Be- deutung der Methode nicht tangiert ist. Methodisch kommt daher bei der Agglutination ausschließlich der Reihenversuch mit absteigenden Antiserummengen in Betracht. Es werden dementsprechend stets gleichbleibende Mengen einer Bakterien- aufschwemmung mit absteigenden Mengen eines Antiserums gemischt. Maßgebend für die Beurteilung ist dabei der Endtiter, d. h. die geringste Menge resp. Konzentration des Antiserums, welche noch deutlich wahrnehmbare Agglutination der Bakterien bewirkt. Eine derartige genaue Austitrierung des Antiserums ist selbst dann, wenn es sich nicht um die Differenzierung verwandter Bakterien oder der entsprechenden Antikörper handelt, auch aus folgenden Gründen er- forderlich: Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 3 1. Wegen des Gehaltes der normalen Sera an Agglu- tininen. Um mit den durch Immunisierung oder durch den Infek- tionsprozeß entstandenen resp. vermehrten Agglutininen isoliert zu arbeiten, ist man auf diejenigen Serumverdünnungen angewiesen, in denen nach entsprechenden Kontrollversuchen die Agglutinationskraft des Normalserums eliminiert ist und nur die durch die Immunisierung hervorgerufene spezifische Eigenschaft hervortritt. 2. Wegen der Hemmung der Agglutination durch einen Antiserumüberschuß: Es handelt sich hier um das zu- erst von EISENBERG & VoLk beschriebene, vielfältig bestätigte Phä- nomen, das darin seinen Ausdruck findet, daß ein an sich gut wirk- sames Immunserum in höheren Konzentrationen keine, in stärkeren Verdünnungen dagegen deutliche Agglutination bewirkt*). Speziell unter dem Einfluß des Alters, bei Zusatz von Salzen, Säuren, Alkali, von konservierenden Mitteln, ferner auch durch Erhitzung auf höhere Temperaturen (60 bis 70°) werden derart paradox wirkende Modi- fikationen der agglutinierenden Sera erzielt. Diese Hemmungszonen sind nicht nur bei älteren Immunseris beobachtet worden (EISENBERG & VOLK, WASSERMANN, SHIGA, SCHWONER U. a.), sondern können nach den Mitteilungen von VoLK & DE WAELE, LiIPsTEIn, DE Brası und BERARDINI u. a. auch bei frischen Antiseris, nach SCHELLER & EisEn- BERG auch bei Normalseris auftreten. Allerdings unterscheiden sich diese primären Hemmungswirkungen von den sekundär entstandenen darin, daß sie gewöhnlich durch halbstündiges Er- hitzen auf 58—60° verschwinden **). Jedenfalls ist in der Praxis mit der Tat- sache der Hemmungszonen zu rechnen. Eine praktische Ausschaltung des Phänomens durch einmalige Titrierung des Immunserums oder genaue Kenntnis der Bakterienemulsion ist nicht mit Sicherheit möglich, da die Hemmungs- zonen in weiten Grenzen von Fall zu Fall variabel sind. Nach dem Erörterten ist es einleuchtend, daß das Unterlassen der quan- titativren Bestimmung des Agglutinationstiters leicht zu erheblichen diagnosti- schen Irrtümern in positivem oder negativem Sinne führen kann, sei es, daß ein negativer Ausfall durch das zufällige Eingreifen einer Hemmungszone vor- getäuscht wird, sei es, daß eine Asgglutinationswirkung, welche durch Normal- agglutinine oder durch Gruppenagglutination bedingt ist, eine positive Diagnose vortäuscht. c) Die Bakterien als agglutinables Reagens. Was die zur Ausführung der Agglutinationsprobe erforderlichen Materialien anlangt, so dienen als Antikörper einerseits immunisato- risch gewonnene Antisera (cfr. insbesondere Antigennachweis), andererseits Sera von Individuen, bei denen das Bestehen eines frag- lichen Infektionsprozesses nachgewiesen werden soll (cfr. insbesondere Antikörpernachweis). Uebereinstimmend ist, gleichgültig, ob es sich um Antigen- oder Antikörpernachweis handelt, die Herstellung der *) Auf die Theorie der Hemmungserscheinungen kann an dieser Stelle ebensowenig eingegangen werden, wie auf die Theorie der Salzwirkungen (ef. das Kapitel „Agglutinine‘“ im II. Band dieses Handbuchs). E *) Bezüglich der Erklärung vgl. die zitierten Arbeiten, Farra und NOEGGERATH, die Aufsätze von PALTAUF und VoLk, sowie die neueren Arbeiten von VAN LOGHEM und STRENG. Nach den letzteren Autoren sind (die Hem- mungswirkungen frischer Sera durch den Komplementgehalt bedingt. (Verwiesen sei an dieser Stelle auf die von Baıt vertretene Auffassung von dem komplexen Bau der Agglutinine [ef. hierzu auch die Arbeiten von EISENBERG, SHIBAYAMA und neuerdings von BÜRGERS und MEISNER, vgl. auch den späteren Abschnitt über Konglutination ].) 6 H. Sachs und H. Rırz, als Antigene dienenden Bakterienemulsionen. Im ersteren Falle. müssen die Bakterien meist aus Bestandteilen, Sekreten oder Exkreten des erkrankten Organismus rein gezüchtet werden. Im zweiten Falle müssen Reinkulturen als Reagenz zur Verfügung stehen. Jedenfalls ist das Vorhandensein einer Reinkultur der betreffenden Bakterienart das erste Erfordernis, und der Agglutinationsprobe kann sonst nur der Charakter einer vorläufigen Information zukommen (cf. DuNnBAR "Cholera]). ‚Jedoch werden häufig isolierte Kolonien zu informa- torischen Zwecken vor Herstellung der Reinkultur auf ihr agglutina- torisches Verhalten geprüft. 1. Die Agglutinabilität. Für die Praxis wichtig ist, daß nicht jede Kultur ohne weiteres für die Agglutinationsprobe geeignet sein muß. Die Brauchbarkeit kann eingeschränkt werden durch den Mangel an Agglutinabilität (Hypagglutinabilität, Inagglutinabilität) oder auch durch die Fähigkeit der Bakterien, ohne Serumzusatz in Kochsalzlösung zu agglutinieren (Spontanagglutination,Pseudoagglutination). Was das Verständnis der Verschiedenheit der Agglutinierbarkeit anlangt, so ist die von EISENBERG & VOLK, WASSERMANN (cf. auch KIRSTEIN, WEIL u. a.) festgestellte Tatsache maßgebend, daß man an der agglutinablen Substanz zwei Komponenten differenzieren kann, die agglutininbindende und die aggluti- nable (die fällbare) Gruppe. Durch die Unabhängigkeit beider Faktoren ist die Möglichkeit gegeben, daß Bakterienstäimme in ihrer Agglutinabilität erheb- lich alteriert sein können, ohne an ihrem Immunisierungs- und Bindungsver- mögen einzubüßen. Auch durch künstliche Eingriffe, wie z. B. durch Hitze und Säure (EISENBERG & VOLK, WASSERMANN etc.) lassen sich derartige. Variationen erzeugen. Mangelnde Agglutinabilität findet sich bekanntlich häufig bei frisch aus der Leiche oder aus den Körperflüssigkeiten ge- züchteten Bakterien, wie durch zahlreiche Untersuchungen (z.B. bei Typhus) bekannt ist, cf. z. B. WınpaL & SICARD, ÜOURMONT, RODET, SACQUEPEE, NICOLLE & TRENEL, MÜLLER und viele andere (vgl. hierzu auch Baızs Exsudatbakterien*). Meist gelingt es durch mehr- maliges Ueberimpfen auf gewöhnlichen Nährboden in solchen Fällen die Agglutinabilität zu erzielen. Bei Choleravibrionen fanden HAENDEI. & WoıTHE hingegen gerade bei frisch isolierten Kulturen stets normale Agglutinabilität. Ueber die Beziehungen zwischen mangelnder Agglutinierbarkeit und Agglu- tiningehalt des Tierkörpers und die Herabsetzung der Agglutinierbarkeit durch Züchten im Immunserum vgl. die oben genannten Arbeiten und besonders die- jenigen von BAIL, RAnsom & KITASHIMA, WALKER, MÜLLER, KIRSTEIN, COLE, ORGES & PRANTSCHOFF, AMAKO u. a. (siehe jedoch TARCHETTI). Von Einfluß auf die Agglutinabilität kann ferner die Art der Züchtung sein. Als Beispiele in dieser Richtung seien genannt die durch Kırsteiın für den Prodigiosusbacillus bekannte Abhängigkeit von der Temperatur des Wachstums, die von NICOLLE & TRr£neL be- schriebene Abschwächung der Ausflockungsfähigkeit des Typhus- bacillus durch Züchten bei 42°, Vorgänge, die durch die Aenderungen der Bedingungen wieder rückgängig gemacht werden können, und *) Es sei auch auf die Angaben über Beziehungen zwischen Agglutinabilität und Virulenz verwiesen, die z. B. bei Typhus, Cholera, Streptokokken (PFEIFFER & KoLLE, NEUFELD) meist umgekehrt proportional sind, aber in andern fällen (Pneumokokken, NEUFELD) sich auch anders verhalten können. Experim. spez. Diagnostik mittels Asglutination usw. { andere mehr (cf. auch entsprechende Beobachtungen von STREIT bei Bacillen der Friedländergruppe, von SHıBayamA bei Pestbacillen). Ferner kann die Zusammensetzung des Nährbodens für die Agglutinabilität von Bedeutung sein (cf. EISENBERG, Passını, GLAESSNER U. 2.). Beispiele: LAUBENHEIMER (Herabsetzung der Agglutinabilität der Cholera- vibrionen durch DIEUDoNnNEschen Blutalkaliagar), BORDET & SLEESWIJK (Un- empfindlichkeit von Keuchhustenbacillen auf gewöhnlichem Agar) u.a. m. Natürlich lassen sich bei der Verschiedenheit der Bedingungen keine einheitlichen Vorsichtsmaßregeln zur Vermeidung eines Mangels an Agglutinabilität geben, und es muß in dieser Hinsicht auf die speziellen Kapitel dieses Handbuches verwiesen werden; bezüglich der vielfachen Erfahrungen, die wegen der praktischen Bedeutung besonders für Typhusbacillen vorliegen, sei auf die ausführliche Studie von HIRSCHBRUCH verwiesen. Als einfachstes Mittel zur Aufhebung einer Hypagglutinabilität kommt jedenfalls zunächst der Versuch des Fortzüchtens auf künstlichem Nährboden in Betracht. Als weitere Verfahren kommen die besonders durch PorGEs beschriebenen Wege in Betracht. Nach Porces, sowie DREYER & JEx-BLAKE kann die Agglutinabilität durch einstündiges Er- hitzen auf 100° wieder hergestellt werden; auch kann man (cf. PoRGES und PRANTSCHOFF) durch 15—30 Minuten langes Erhitzen auf S0° in saurer Lösung (10 ccm Aufschwemmung — 1 ccm 1/,n-Salzsäure, scharf neutralisieren!) die Inagglutinabilität auf- heben*). Auch bei Bakterienarten, die überhaupt durch schwere Asglutinierbarkeit ausgezeichnet sind, wie das z. B. für die Kapsel- bakterien zutrifft, kann man nach dem Vorgange von PorGks die durch die Eigenart des Bakterienprotoplasmas larvierte Agglutina- bilität demonstrabel machen**. Auch die künstliche Herstellung der Agglutinabilität durch Erhitzen in neutraler oder saurer Lö- sung***) kann von praktischer Bedeutung sein, da die Agglutina- bilität, wie es scheint, in den meisten Fällen auf diese Weise wieder hergestellt werden kann, gleichgültig, auf welche Weise sie zustande gekommen war. Von diesem Standpunkte aus hat man sogar für den Antigennachweis daran gedacht, die Agglutination mit erhitzten Bakterien im allgemeinen auszuführen, um Irrtümer durch inagglu- tinable Stämme zu vermeiden (cf. Porses & PRANTSCHOFF, VOLK). Es empfiehlt sich dabei, Immunsera zu verwenden, die durch Vor- behandeln mit erhitzten Bakterien gewonnen wurden. Die Spezifi- zität ist auch bei den erhitzten Bakterien erhalten, wie das auch Bindungsversuche dokumentieren (EISENBERG & VoLk, PorGes, SCHELLER). Führen bei inagglutinablen Stämmen weder Fortzüchten auf künstlichem Nährboden, noch Erhitzen zu einem brauchbaren Re- *) Auf die Theorie dieser Vorgänge, welche sich nach PorGEs auf Vor- handensein und Entfernung eines die Agglutination hemmenden Stoffes gründet, kann hier nicht näher eingegangen werden (ef. auch NEISSER und I’RIEDE- MANN U. a.). **) Im übrigen verstehen wir hier unter Inagglutinabilität oder Hypagglu- tinabilität nur solche Fälle, in denen der Mangel an Agglutinabilität bei dem einzelnen Stamm eine Ausnahme von dem allgemeinen Verhalten darstellt. *=*) Ueber den Einfluß der Temperatur auf die agglutinable Substanz cf. auch die Arbeiten von Jo0S, SCHELLER, KRAUS & JOACHIM u. a. 8 H. Sacas und H. Rırz, sultat, so kommen als weitere Versuche noch die bei der Besprechung des Antigennachweises genannten Wege in Betracht. Ebenso wie die Inagglutinabilität der Bakterien kann auch die Spontanagglutinabilität eine Schwierigkeit für die Agglu- tinationsprobe darstellen. Das bereits von NıcoLLE beobachtete Phä- nomen der Spontan- oder Pseudoagglutination besteht darin, daß die Bakterien bereits ohne Serumzusatz durch den Salzgehalt des Me- diums agglutiniert werden (vgl. hierüber HAMBURGER, KiRrsTein, Porczs u. a.). Neben der Zusammensetzung des Nährbodens (Kır- STEIN) kann auch das Alter der Kulturen auf die Spontanagglutination von Einfluß sein, wie das die Angaben von FRIEDBERGER & LÜrssENn über Choleravibrionen zeigen. Als Mittel zur Aufhebung der Spontan- agglutination kommt nach PorcEes & PrantscHhorr kurzes Er- hitzen auf 80° in Betracht. Das Verfahren ist bei Cholera- vibrionen angängig, ist aber in seiner Verwendbarkeit dadurch be- schränkt, daß bei anderen Bakterien (z. B. Typhus) durch derartiges Erhitzen gleichzeitig mit der Spontanagglutinabilität auch die spe- zifische Agglutinabilität schwindet. Gelingt es nicht, durch Ueberimpfen oder durch Erhitzen die Spontanagglutination aufzuheben, so ist der Stamm für die gewöhn- liche direkte Agglutinationsprobe nicht geeignet. 2. Herstellung der Bakteriensuspensionen. Von der Spontanagglutination zu trennen ist der Umstand, dab sich gelegentlich Bakterien nur mit Schwierigkeit zu homogenen Suspensionen aufschwemmen lassen. Es liegt in der Natur der Agglutinationsprobe begründet, daß gleichmäßige, homogene Suspen- sionen ein unbedingtes Erfordernis sind. In der Regel werden 18- bis 24-stündige Bouillon- oder Schrägagarkulturen verwendet. Man kann dann bei Agarkulturen nach dem Vorgang von PFEIFFER & KoLLe mittels der Platinöse (= 2 mg) gleiche Kulturmengen in die verschiedenen Serumverdünnungen eintragen, indem man die Masse erst an der Wand des Reagenzglases fein verreibt, allmählich in die Flüssigkeit hinabschwemmt und sie sodann durch Schütteln in der Serumverdünnung gleichmäßig zur Verteilung bringt, oder man fügt den einzelnen Serumverdünnungen gleichmäßige Mengen der Bak- terienaufschwemmung zu. In letzterem Falle kann man entweder Aufschwemmungen von Agarkulturen in Kochsalzlösung (in der Regel 10—15 ccm auf eine Schrägagarkultur) oder Bouillonkulturen ver- wenden. Bei Aufschwemmungen der Agarkulturen ist durch geeignete mechanische Handgriffe (Verteilung mittels der Platinöse, Schütteln etc.) für gleichmäßige Verteilung Sorge zu tragen. Unter Umständen sind besondere Maßnahmen erforderlich, um eine gleichmäßige Aufschwemmung zu erzielen. Zuweilen genügen hier- bei schon Zusätze zu den Nährböden, von Ascites, Serum, Zucker für die Streptokokkenagglutination (cf. NEUFELD, V. LINGELSHEIM, TAVEL). Nach dem Vorgang von Lusowsky kann man sich durch Schütteln mit Glasperlen (Diphtherie) helfen. Als weitere Maßnahme kommt, das Zerreiben der (eventuell getrockneten) Kulturmasse im Achat- mörser in Betracht, wie es von R. KocH bei Tuberkelbacillen (even- tuell mit schwach alkalischer Lösung), von HASENKNoPF & SALGE bei Streptokokken geübt wurde. Moser & v. Pıraurr haben bei Streptokokken im Durchblasen von Luft während oder nach dem Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 9 Wachstum Vorteile gesehen und empfehlen andererseits für diesen Fall die Gewinnung der Kulturen aus dem Herzblut von Scharlach- leichen, welche in kurzen Ketten wachsen und daher leichter sus- pendierbar sind. DEToT beschreibt häufige Ueberimpfung von Strepto- kokken, das ich auch in anderen Fällen (cf. z. B. Bruno bei Di- phtheriebacillen) zur Erzielung homogenen Wachstums empfehlen kann. Gröbere Partikelchen können durch leichtes Zentrifugieren ent- fernt werden. Bei starker Neigung zur spontanen Sedimentierung ist oft Herabsetzung der Kochsalzkonzentration (0,1—0,2 Proz.) von Nutzen (WRIGHT & DoucLas). ODpara beschreibt (für Influenza- und Keuchhustenbacillen) als zweckmäßig Aufnehmen der Agar- kulturen in 0,2 Proz. NaCl, Zusatz von 3 Proz. Formalin, Schütteln bis zu 24 Stunden, Filtrieren durch Papierfilter. Meist handelt es sich um Maßnahmen, die nur für bestimmte Bak- terienarten in Betracht kommen und daher bei den speziellen Kapiteln zu erörtern sind *). Unter Umständen ist die Beschaffenheit der Suspensionen mikro- skopisch zu kontrollieren. Von allgemeinerer Bedeutung sind die Verfahren, welche eine Abtötung der Bakterien und eine dauernde Halt- barkeit der Suspensionen bezwecken. Daß das Abtöten der Bakterien durch Erhitzen oder durch chemische Mittel die Agglu- tinationsreaktion nicht hindert, haben bereits die Untersuchungen von WıpaL & Sıcarp (Erhitzen auf 60°, Formol), BoRDET, DURHAM (Chloroform), denen WrIGHT & SEMPLE und viele andere folgten, gezeigt. In bezug auf die Abtötung der Bakterien durch Erhitzen müssen höhere Temperaturen als 60° vermieden werden, da die Agglutina- bilität dann abnimmt, um allerdings, wie bereits oben besprochen, bei gewissen Bakterienarten bei höherem Erhitzen (auf 100°) wieder, wenn auch in etwas geschwächtem Maße, in Erscheinung zu treten. Die Kenntnisse über die abtötende Wirkung von Desinfizientien er- weiterten die Untersuchungen von, VAN DE VELDE (Thymol, Karbol- säure, Sublimat). Nach dem Vorgang von R. Koch werden (insbesondere bei Rotz) Agarkulturen in Phenolkochsalzlösung (0,5 Proz. Phenol, 0,85 Proz. NaCl) aufgeschwemmt. Allgemein bewährt hat sich die Herstellung mit Formalin abge- töteter Bouillonkulturen nach dem von PröscHER angegebenen Ver- fahren. Es werden danach z. B. für die Wıparsche Reaktion 100 Teile 24-stündi- ger Typhusbouillonkultur durch Zusatz von einem Teil 40-proz. lorm- aldehyds innerhalb 2 Tagen bei 37° abgetötet. Die Formalinbouillon wird dann von dem Niederschlag abgegossen oder abfiltriert und hält sich im Eisschrank aufbewahrt monatelang (vor Gebrauch umschütteln). Der Vorteil, welchen die abgetöteten Bakteriensuspensionen durch die dauernde Haltbarkeit darstellen, kommt besonders beim Antı- körpernachweis zur Geltung, und es wird da der Ort sein, noch *) So werden z. B. nach ArLoING & CourmonT Tuberkulosebacillenkul- turen während des Wachstums geschüttelt, ebenso empfiehlt sich dies nach ARONSON bei Streptokokken. 10 H. Sacns und H. Rırz, einmal auf diese Frage und auch auf die hierher gehörigen FIcKEr- schen Diagnostica hinzuweisen. Nach NıcoLLE kann man auch mit gefärbten Bakterien Agglutinations- versuche anstellen und solche insbesondere zu Demonstrationszwecken verwenden. Neben der Homogenität der Bakterienaufschwemmung spielt die Dichte derselben natürlich eine Rolle. Es ist selbstverständlich, dab eine gewisse Bakterienmenge vorhanden sein muß, um die Reaktion sinnfällig zu machen; andererseits wird man aber auch einen Ueber- schuß zu vermeiden haben; da natürlich durch eine zu große Menge der Zellantigene eine ungebührliche Verteilung der Agglutinine er- folgt und die Wirkung schwächt. Allgemeine Angaben in dieser Hinsicht lassen sich kaum machen, jedoch wird man mit den oben erörterten üblichen Vorschriften meist auskommen. Im allgemeinen soll die Dichte der Bakteriensuspension derjenigen einer gut ge- wachsenen Typhusbouillonkultur entsprechen. d) Ausführung der Agglutinationsreaktion. Die Agglutination kann makroskopisch und mikroskopisch beob- achtet werden (GRUBER und DurHam). Bei der makroskopischen Agglutination werden in eine Reihe von Reagenzgläsern, die unten zweckmäßig nach Art der Zentrifugengläser konisch endigen können (cf. KırstEin, FICkEr), ab- steigende Mengen des Serums in gleichem Volumen eingefüllt. Als Verdünnungsmedium dient physiologische Kochsalzlösung, eventuell auch Bouillon*). Die graduelle Abstufung der Mengen ist in gewissen Grenzen dem Belieben des Untersuchers überlassen, jedoch empfiehlt es sich im Interesse quantitativen Vergleichs geometrische Reihen anzulegen, in der Regel geschieht dies auch in der Weise, daß jedes Glied der Reihe das doppelte Multiplum der im nächsten Gliede vor- handenen Menge enthält. Als Ausgangslösung dient in der Regel eine 10-fache Verdünnung, die weiteren Verdünnungen 1:20, 1:40, 1:80 etc. werden dann entweder in Fläschchen bereitet, und die Reagenz- gläser werden sodann mit gleichen Mengen der einzelnen Verdün- nungen gefüllt, oder aber von der 10-fachen Verdünnung wird die ge- wünschte Menge, in der Regel 1 ccm, in das erste Gläschen gefüllt, während die anderen Gläschen mit der gleichen Menge Kochsalz- lösung beschickt werden. In das zweite Gläschen wird sodann die gleiche Menge der 10-fachen Serumverdünnung gemischt, die Hälfte u Gesamtmenge entnommen, in das dritte Gläschen gemischt und so ort**). Man kann nun nach dem Vorgang von PrEirrerR & KoLLe ***) mittels der Platinöse in jedes Röhrchen die gleiche Menge Agarkultur- *) Unter Umständen empfiehlt es sich, um eine zu rasche Sedimentation der Bakterien zu verhüten, das spezifische Gewicht des Mediums durch Zu- sätze (Nährbouillon, Nährgelatine, Glyzerin) zu erhöhen. So empfiehlt Lv- BOWSKI einen Gehalt von 2,5 Proz. Glyzerin für die Diphtheriebacillenagglu- tination. WRIGHT und DoucLas ersetzen aus ähnlichen Gründen bei gewissen Bee a (Tuberkulose, Pest) die 0,85-proz. durch eine Q,1-proz. Koch- BALZIOS . “) Häufig, insbesondere für die Bakteriendifferenzferung, werden die Ver- dünnungen (in nicht streng geometrischer Reihe) in nachstehender Folge aus- geführt: "/,0s "/aon Icos " 100» /aop» "/s00 "ıooo USW. **) Zur Methodik vgl. insbesondere die Arbeiten von PFEIFFER & KOLLeE, PFEIFFER & VAGEDES, KOLLE & MARTINI, KoLLE & HErscH. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 11 masse (2 mg) eintragen, oder man fügt zu jedem Röhrchen gleiche Mengen der Bakterienaufschwemmungen zu, in der Regel in einem der Menge der Serumverdünnungen gleichen Volumen. In letzterem Falle hat man zu berücksichtigen, daß die Serumkonzentration noch einmal um das 2-fache verringert wird, so daß also entsprechend den oben gegebenen Zahlen das erste Röhrchen !/,,, das zweite 1/,, Serum- verdünnung etc. enthält. Nicht zu unterlassen ist in jedem Versuche ein Kontrollröhrchen, das nur die Bakterienaufschwemmung in dem entsprechenden Volumen physiologischer Kochsalzlösung ohne Serum enthält. Der Eintritt der Agglutination dokumentiert sich dadurch, daß sich in der vorher homogen getrübten Flüssigkeit Flocken bilden, die man im Anfang besonders bei Schräghalten des Reagenzglases beob- achten kann. Allmählich sinken die Flocken zu Boden, und die über- stehende Flüssigkeit wird klar. Beim Aufschütteln der aggluti- nierten und sedimentierten Bakterien kann man auch den Unterschied gegenüber der homogen getrübten Bakteriensuspension an der körnigen Beschaffenheit bemerken; die aufgeschüttelten agglutinierten Bak- terien setzen sich ziemlich rasch wieder als Sediment ab. Bei schwächeren Graden der Agglutination kann ein Sediment vorhanden sein, die überstehende Flüssigkeit aber noch mehr oder weniger starke Trübung zeigen. Die Stärke der Agglutination richtet sich natur- gemäb nach der vorhandenen Serummenge, sowie nach dem Zeit- punkt der Beobachtung. Es empfiehlt sich, auf die Abstufungen der Stärke beim Vergleich der verschiedenen Serumverdünnungen zu achten, besonders bei Neigung zur Spontanagglutination. Für die Beurteilung des Agglutinationseffektes kann als Hilfsmittel die Be- trachtung der schräg gehaltenen Röhrchen mit der Lupe in Betracht kommen. Etwas stärkerer Vergrößerung bedient sich die von NEISSER & PrÖSCHER eingeführte und in der Praxis viel benutzte sogenannte Blockschälchenmethode. Die Serumverdünnungen werden da- bei in üblicher Weise hergestellt, 1/» 1/zo und so fort in geometrischer Reihe. Die Verdünrungen werden dann entweder in Reagenzgläsern mit der gleichen Menge der Bakteriensuspension be- schickt und danach in die einzelnen Blockschälchen ausgegossen oder aber die Gemische werden sogleich in den Blockschälchen herge- stellt, in denen nach genügend langem Digerieren die Besichtigung erfolgt. Die letztere geschieht mittels schwacher Trockensysteme (ca. 10—50-fache, meist 10-fache Vergrößerung) oder mittels Lupe. Von Marks ist ein handliches Instrumentarium konstruiert worden, das die einzelnen Glasschälchen in längliche Glasklötze mit je 6 ge- eigneten Vertiefungen vereinigt und in einem für die Betrachtung bestimmten Agglutinoskop besteht, das mit 4 Stützen für den Glas- klotz ein in Führung laufendes kleines Stativ verbindet, das einerseits eine Lupe, andererseits einen Planspiegel mit schwarzem Ktevers trägt*). Es bedarf nur geringer Uebung, um dabei die eingetretene Agglutination als sternförmige Häufchenbildung am Boden der Schäl- chen zu erkennen. *) Das Instrumentarium wird von‘ der Firma F. & M. LAUTENSCHLÄGER, Frankfurt a. M. hergestellt. 12 H. Sacus und H. Rırz, Auch für die Beobachtung der Agglutination im Reagenzglase sind sogenannte Agglutinoskope konstruiert worden. So hat H. JÄGER einen Apparat (bei F.&M.LAUTENSCHLÄGER, Berlin, er- hältlich) konstruiert, dessen Prinzip in der Beleuchtung der agglutinierten Bakterien durch den Lichtstrahl einer Glühlampe nach Passieren eines engen Schlitzes besteht. Die agglutinierten Partikelchen werden dann in ähnlicher Weise dem Beschauer sichtbar, wie die Staubteilchen der Luft in einem nur durch einen Spalt beleuchteten Raume. Ein anderes Agglutinoskop haben KUHN & WOoITHE konstruiert (bei der Firma P. ALTMANN in Berlin erhältlich). Das Licht fällt hier derart durch einen Spalt von unten ein, daß bei der Be- trachtung, die mittels Lupe geschieht, die agglutinierten Partikel hell auf dunklem Grunde erscheinen. Man kann so bei vergleichender Beobachtung auch ge- ringere Grade der Agglutination beobachten, indem sich bereits eine gering- gradige Entmischung der homogenen Suspensionen in einer Verdunkelung des Gesichtsfeldes dokumentiert. Als weiteres Hilfsmittel für die Agglutinationsreaktionen haben KuHnn & WoıITHE das sogenannte Sedimentoskop angegeben. Es handelt sich hierbei um die Beurteilung des Agglutinations- effektes nach dem Aussehen des Sedimentes, welches sich nach 12—14-stündigem Stehen der Röhrchen ergibt. Bei der Aggluti- nation ist das Sediment in Form membranartiger Häutchen ausge- breitet, während bei negativer Reaktion die Bakterien in Form von kleineren dicken Knöpfen am Boden sitzen. Die Methode ist zunächst für die Agglutination von Rotzbacillen und Streptokokken angegeben worden (cf. R. KocH, KLEINE, NEUFELD, SCHÜTZ & MIESNER), eignet sich aber unter Umständen auch für andere Bakterienarten, wie Typhus-, Paratyphus-, Dysenteriebacillen (cf. Kuun & WOoITHE, KUHN, GILDE- MEISTER & WOITHE). Das Sedimentoskop von KuHn & WOoıITHE (bei der Firma P. ALTMANN in Berlin erhältlich) macht die Sedimente in leichter Form sichtbar. Die Kuppen der Reagenzgläser sind frei und werden zweckentsprechend beleuchtet. Durch einen schief gestellten Planspiegel gelangen sie als Spiegel- bilder nebeneinander zur übersichtlichen vergleichenden Beurteilung. Bei der sedimentoskopischen Methode soll unter Umständen der Spontanagglutination nur geringe störende Interferenz zukommen. Von GAETHGENS (cf. auch LöwıT, MıEsSNER, PFEILER U. a.) wird zur Abkürzung der Versuchsdauer im allgemeinen 10 Minuten langes Zentrifugieren empfohlen, wobei die Beurteilung ebenfalls eine sedi- mentoskopische ist und besonders bei erschwerter Agglutinabilität, wie bei Meningokokken (GAETHGENS), rascher erreicht werden kann. Die Beobachtung der Agglutination durch das Mikro- skop mittels stärkerer Vergrößerung erlaubt naturgemäß unter Um- ständen noch geringe Agglutinationswirkungen aufzudecken; mit der Verschärfung des optischen Hilfsmittels wächst aber, besonders auch im Hinblick auf geringe Grade von Spontanagglutination, die Gefahr der Täuschung, und so wird wohl fast allgemein der makroskopischen resp. der NEISSER-PrÖSCHERSchen Methode vor der mikroskopischen der Vorzug gegeben (cf. KoLLE & HrETscH, MArx, FRÄNKEL u.a.). Für den mikroskopischen Nachweis der Agglutination gelten im übrigen im Prinzip die gleichen Vorschriften. Die Beobachtung geschieht im hängenden Tropfen. Mit der Platinöse wird je ein Tropfen der verschiedenen Serumverdünnungen auf das Deckgläschen gebracht und damit ein Tropfen der Bakteriensuspension gemischt, resp. es wird mit der Platinnadel eine geringe Menge der Kulturmasse in dem die Serumverdünnung enthaltenden Tropfen verrieben (cf. Prunt), oder aber man untersucht die im Reagenzglas hergestellten Serum- Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 13 kulturgemische im hängenden Tropfen (cf. GRUBER & DURHAM, STERN, KÖHLER u. 2.). Die mikroskopische Betrachtung erfolgt mittels starker Ver- größerung oder auch unter Anwendung der Oelimmersion, deren Ge- brauch aber von vielen Seiten verworfen wird (cf. KoLLe & Hersch). Da bei Verwendung beweglicher Bakterienarten auch der Stillstand als Kriterium für die Beurteilung der mikroskopischen Agglutination herangezogen wird, so wird hier das Arbeiten mit lebenden beweg- lichen Bakterienkulturen bevorzugt. Bei der mikroskopischen Betrachtung äußert sich die Folge der Agglutination im übrigen in Bildung von Häufchen, deren Bestand- teile meist unregelmäßig angeordnet sind*). Bei manchen Arten kann man Quellungserscheinungen beobachten oder kettenförmige Anord- nung (Pneumokokken [NEUFELD|), so daß ein ähnliches Bild resul- tiert wie bei der später zu besprechenden, aber das Wachstum der Bakterien im agglutininhaltigen Serum betreffenden Fadenreaktion. Die mikroskopische Methode tritt wohl nur dann wesentlich in ihr Recht, wenn sehr geringes Material zur Verfügung steht, sei es, daß es sich um die Untersuchung einer minimalen Serummenge han- delt, oder daß man sich über verdächtige Kolonien auf der Platte rasch orientieren will (cf. hierzu z. B. v. DrIGALSKI & Conkapı). Im übrigen handelt es sich um besondere Ausnahmefälle, in denen bei genügendem Material aus der Verwendung der mikroskopischen Agglutination ein Vorteil resultiert (cf. hierzu z. B. KoRTE & STEINBERG, sOWie SCHEL- LER). Auch zur bakteriologischen Schnelldiagnose der Cholera mittels direkter Agglutination unter Verwendung der Faeces oder der damit angesetzten Peptonkultur empfiehlt Duxgar die mikroskopische Asgglutination. Den Anforderungen sehr kleiner Mengen des vorhandenen Mate- rials wird auch die von WRIGHT eingeführte makroskopische Kapillar- methode gerecht. Dabei wird auf Glaskapillaren ein Maßstab mar- kiert. Mittels dieses werden die Mischungen auf dem Objektträger hergestellt und schließlich in gleichen Mengen in der Kapillare, durch Luftblasen getrennt, aufgesogen, so daß eine die einzelnen Glieder der Reihe enthaltende Kapillarstange resultiert (cf. auch BEYER). Ueber die Zeitdauer und die Temperatur, welche für das Digerieren der Gemische von Bakterien und Serum maßgebend sind, lassen sich schwerlich einheitliche Angaben machen. Die Angaben variieren nach den verschiedenen Bakterienarten und wohl auch nach den Gepflogenheiten der verschiedenen Laboratorien. In der Regel erfolgt die Beurteilung nach 1—2-stündigem Aufenthalt bei 37° und weiterem einstündigen Stehen bei Zimmertemperatur **). Seitdem WeıL (cf. auch SADLER) gezeigt hat, daß eine Temperatur von 50—55' noch günstigere Verhältnisse schaffen kann, werden die Mischungen auch oft eine Stunde bei 50—55° (Wasserbad oder Thermostat) und *) Die zuerst von LAvERAN & MesnıL beschriebene Agglutination der Trypanosomen äußert sich darin, daß die letzteren mit ihrem Hinterende ZU- sammentreten und Rosetten bilden, wobei die nach außen gerichteten Seiten noch beweglich sind. (Ueber makroskopische Agglutination bei Trypanosomen vgl. LANGE.) R **) Schütteln kann die Agglutination hemmen (KArKA, SCHELLER). 14 H. Sacns und H. Rırz, eine weitere Stunde bei Zimmertemperatur gehalten *). Häufig em- pfiehlt sich aber eine noch längere Ausdehnung der Beobachtung. So sah EIsENBERG noch bis zu 72 Stunden ein Fortschreiten der Aggluti- nation eintreten; dabei wird durch Verwendung abgetöteter Kulturen Bakterienwachstum vermieden. Im allgemeinen dürfte die Zeitdauer der Beobachtung von größerer Bedeutung sein als die Temperatur (vgl. über den Einfluß von Wärme und Zeit: KonrıcH u. a.). Die erforderlichen Zeiten variieren, wie schon gesagt, je nach der Bakterienart; im allgemeinen werden bewegliche Arten rascher agglutiniert. Aber auch bei solchen Bakterien, wie Typhus, die gewöhnlich innerhalb 1—2 Stunden bei 370 hinreichend agglutiniert werden, kommen Ausnahmen vor, so daß erst nach 20 Stunden bei Zimmertemperatur das Resultat ablesbar ist (cf. z. B. Scherer). Andere Bakterien, wie Dysenteriebacillen (Marrını & Lentz), Kokken (KoLLE & WASSERMANN, KUTSCHER, NEU- FELD U. a.) etc. erfordern allgemein einen längeren Zeitraum (24 Stun- den bei 370), Wenn man mit auf 100° erhitzten Bakterien arbeitet, so empfiehlt sich auch hier wegen des verzögerten Eintritts der Agglu- tination eine längere Beobachtungsdauer (PoRGES & PRANTSCHOFF). Für die sedimentoskopische Beobachtung wird die Beurteilung nach 12 bis 24-stündigem Stehen bei Zimmertemperatur empfohlen **). Von Asakawa ist die sog. Gefriermethode angegeben worden. Danach wird das Röhrchen in eine Kältemischung von Eis und Salz getaucht, nach dem Gefrieren nimmt man das Röhrchen heraus, läßt es langsam auftauen und sieht in diesem Moment deutliche Agglu- tination. Eine Beobachtungszeit von 1/, Stunde soll genügen, um Agglu- tination in den Endverdünnungen zu erkennen (vgl. jedoch KIRSTEIN Uran): Bei mikroskopischer Ausführung der Agglutinationsprobe kann die Zeit abgekürzt werden. Unter Umständen kann die Beobachtung so- fort erfolgen, in der Regel geschieht sie nach 20 Minuten, spätestens nach 1—11/, Stunden. Zur Herstellung von mikroskopischen Dauerpräparaten eignet sich nach von Jacıc die Burrısche Tuschmethode. Die Angabe der Wertigkeit: der Agglutination richtet sich nach der Endverdünnung (Konzentration) des Serums, welche noch ein- wandsfreie Agglutination bewirkt. Man spricht also z. B. von einem Titer 1:320 oder 1:1000, wenn 1/s,, resp. 1/ooo ccm Serum die ge- ringsten noch deutlich agglutinierenden Serummengen bei einem Flüssigkeitsvolumen von 1 ccm darstellen. Die Agglutinationsstärke wird in der Regel durch die Bezeichnung „vollkommene — fast vollkommene — starke etc. Ag- glutination“ oder durch ——-Zeichen (+++, ++, +, —) ausge- drückt (ef. hierzu auch STERN, ZupnIK, KOELZER, DEUTSCH, VERNEY —- zitiert nach PALTAUF). *) Bei längerem Aufenthalt bei 55°, wie es sich z. B. nach KUTSCHER für schlecht agglutinable Meningokokkenstämme (24 Stunden bei 55°) em- pfiehlt, werden die Röhrchen zum Schutze gegen die Verdunstung zweckmäßig durch Gummikappen verschlossen (KUTSCHER). **) Im allgemeinen ist bei Verwendung von Brutschrank- oder höheren Temperaturen ein Abkühlen vor der endgültigen Beurteilung empfehlenswert, auch um einer etwaigen Reversibilität (LANDSTEINER) vorzubeugen. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 15 Neben den beschriebenen praktisch an erster Stelle in Betracht kommenden Verfahren der Agglutinationsprüfung wäre noch einiger Methoden zu gedenken, welche allerdings wohl nur äußerst selten praktische Verwendung finden. Es handelt sich hier zunächst um die Agglutinationsprüfung in statu nascendi (A letat nais- sant). Hierbei werden Bakterien in Bouillon geimpft, welche ver- schiedene Verdünnungen des agglutinierenden Serums enthält. Die Agglutination äußerst sich dabei darin, daß durch das Wachstum der Bakterien die Bouillon nicht gleichmäßig getrübt wird, indem die Bakterien sich am Boden des Glases vermehren, während die Flüssig- keit mehr oder weniger klar bleibt. Die Methode: gründet sich auf die bereits vor Entdeckung des Agglutinationsphänomens gemachten Beobachtungen von CHARRIN & ROoGER bei Pyocyaneusbacillen, von METSCHNIKOFF bei Metschnikoffvibrionen, von Issa£rr, Kruse & Pan- sını bei Pneumokokken. In entsprechender Weise kann man auch zur orientierenden Prüfung bei Verwendung von Sekreten und Ex- kreten verfahren. So ist z. B. von Banpı empfohlen worden, zur bak- teriologischen Schnelldiagnose der Cholera Mischungen von Pepton- wasser und Choleraserum mit wenigen Oesen der verdächtigen Faeces zu infizieren. Die positive Agglutinationsreaktion äußert sich dann in der Bildung von kleinen Klümpchen, welche aus agglutinierten Choleravibrionen bestehen. Ferner wäre hier die sog. „Fadenreaktion“ zu nennen. Es handelt sich dabei um die, auch von den oben genannten Autoren be- obachtete, von PFAUNDLER zuerst besonders charakterisierte faden- und kettenförmige Anordnung sonst isoliert wachsender Bacillen. Man ent- nimmt von einem Bouillonröhrchen, das mit einer Immunserumsver- dünnung beschickt und gleichzeitig geimpft ist, nach etwa 4—10- stündigem Wachstum (37°) etwas Flüssigkeit, die man mikroskopisch im hängenden Tropfen untersucht. Man sieht dann die in Ketten ange- ordneten Bacillen resp. ein Netzwerk von ihnen. Bezüglich der Auffas- sung des Vorgangs vergleiche.die Arbeiten von EISENBERG, Kraus & TARCHETTI. Die Methode ist von MANDELBAUM speziell für die Sero- diagnostik des Typhus in geeignet modifizierter Form (s. später) em- pfohlen worden. ; e) Indirekter Nachweis der Agglutination. Außer der bisher beschriebenen typischen Ausführung des Agglu- tinationsversuchs, bei dem der Agglutinationseffekt das direkte Kri- terium für die Reaktion zwischen Bakterien und Agglutinin dar- stellt, kann man auch die stattgefundene Reaktion auf indirektem Wege nachweisen, indem man durch den Bindungsversuch feststellt, ob durch das Zusammenwirken von Bakterien mit Serum Asglutinin gebunden worden ist. Theoretisch liegt diesem Ver- fahren die Erwägung zugrunde, daß die conditio sine qua non für die Agglutination die Bindung des Agglutinins an die Zellen ist, und daß dieser erst sekundär die Ausflockung als physikalischer Vor- gang folgt. Besonders seitens v. WasserManNSs (cf. auch Torsuka) ist für schwierige Fälle der Absorptionsversuch empfohlen worden, der als methodisches Hilfsmittel beim Antigennachweis in Betracht kommt, wenn es sich um die Differenzierung eines inagglutinablen Stammes handelt, wobei natürlich ein gutagglutinabler als Indikator zur Verfügung sein muß. Beim Antikörpernachweis spielt die Ab- 16 H. Sacus und H. Rırz, sorption, wie noch zu besprechen sein wird, eine besondere Rolle in dem sog. CasteLanıschen Versuch. Endlich kann der Bindungs- versuch auch von Bedeutung sein, wenn es sich um die Bestimmung der Avidität handelt, mit welcher die Reaktion zwischen Agglutinin und agglutinabler Substanz vor sich geht (efr. hierzu die Arbeiten von P.Ta. Mürrer und seinen Mitarbeitern). Bezüglich Zeitdauer und Tem- peratur beim Bindungsversuch sind einheitliche Angaben wohl kaum zu machen, jedoch wird man auf Grund der Arbeiten LANDSTEINERS u. a. höhere Temperaturgrade vermeiden, andererseits die Zeitdauer nicht beschränken müssen. EISENBERG & VoLk, welche für die Bak- terienagglutination zuerst die quantitativen Bindungsgesetze fest- stellten, digerierten 2Stunden bei 370 und 2Stunden bei Zimmertempe- ratur, fanden jedoch schon kürzere Zeiten hinreichend (5 Min. bei 0°) (cf. auch v. EısLer & Tsurv). Meist scheint nach den Angaben der Autoren einstündiges Digerieren bei 370 praktisch zu genügen (cf. u. a. MEINICKE, JaAFFE & FLEMMING)*). Als weiterer indirekter Weg kommt der Nachweis des Im- munisierungsvermögens, der agglutininbildenden Fähigkeit, in Betracht. Hierbei dienen die zu identifizierenden Bakterien als Antigen im Tierversuch, und aus den Eigenschaften des entstehen- den Antikörpers wird auf die Natur der zur Vorbehandlung benutzten Bakterien geschlossen (cf. WASSERMANN, ÜOLE, FRIEDBERGER & Mo- RESCHI, BESSERER & JAFFE U. a.). Im allgemeinen können bei herabgesetzter oder fehlender Agglu- tinierbarkeit Bindungsfähigkeit und Immunisierungsvermögen erhalten sein**). Jedoch sei auch auf Beobachtungen verwiesen, welche darauf hindeuten, daß ein Parallelismus zwischen Bindungs- und Immuni- sierungskraft, wie er meist anzutreffen ist (cf. PrEIFFER, PFEIFFER & FRIEDBERGER, WASSERMANN), nicht immer besteht, sei es, dab trotz vorhandenen Immunisierungsvermögens der Bindungsversuch negativ ausfällt (cf. hierzu FRIEDBERGER, FRIEDBERGER & MorscHı, vgl. auch MEINIcCKE, JAFFk & FLEMMING), sei es, daß bei vorhandenem Bindungsvermögen die Fähigkeit, Antikörper zu erzeugen, er- loschen oder reduziert ist (cf. hierzu HAENDEL, auch SOBERNHEIM & SELIGMANN, AMAKo). Man wird also dann, wenn wegen mangelnder Agglutinabilität der Nachweis auf indirektem Wege versucht wird, sowohl Bindungsvermögen, als auch das immunisatorische Verhalten zu prüfen haben. f) Agglutination als Kriterium für die Immunitätsreaktionen. Schließlich muß noch einiger neuerer Verfahren gedacht werden, welche zwar nicht auf dem eigentlichen Agglutinationsvorgang basieren, aber ihre Beurteilung in Erscheinungen finden, welche von dem Agglutinationsphänomen nicht zu unterscheiden sind oder wenigstens mit ihm die größte Aehnlichkeit haben. Auf die theoretische Seite dieser Reaktionen einzugehen, ist hier nicht der Ort, und so möchten wir die Frage, ob es sich bei den Antikörpern, welche dabei mit den Bakterien reagieren, um Agglutinine oder um andere Typen (Am- bozeptoren) handelt, dahingestellt sein lassen. *) DREYER & DoucLas geben 4 Stunden bei Zimmertemperatur als den für das Gleichgewicht erforderlichen Zeitraum an. **) Ueber Abnahme des Bindungsvermögens bei der durch Züchten im Immunserum entstandenen Hypagglutinabilität ef. MÜLLER, AMAKO u. a. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 17 1. Kettenbindung nach Moreschi. Zunächst sei das Verfahren der sog. Kettenbindung genannt. Es handelt sich hierbei um die Erscheinung, daß Gemische von Bakterien und ihrem Antiserum zur Agglutination gelangen, wenn als Antikörper weiterhin das Serum eines Tieres einwirkt, welches mit normalem Serum der das Anti- serum spendenden Tierart vorbehandelt ist. Werden also z. B. Cholerabaeillen durch Choleraserum, von der Ziege gewonnen, nicht agglutiniert, so kann trotz- dem Agglutination eintreten, durch das Zusammenwirken eines vom Kanin- chen gewonnenen, für Ziegenserum spezifischen Antiserums. Es empfiehlt sich hierbei den Ueberschuß des ungebundenen antibakteriellen Serums zu entfernen, und man verfährt daher nach MorezscHIi folgendermaßen: Bakterien werden mit ihrem Antiserum versetzt (absteigende Mengen), nach 2-stündigem Aufent- halt bei 37° abzentrifugiert, gewaschen, sodann mit Kochsalzlösung aufgefüllt und mit gleichen Mengen des Antieiweißserums digeriert. Die Reaktion doku- mentiert sich bei geeignetem Antieiweißserum (nicht alle müssen geeignet sein) zunächst in einer erheblichen Beschleunigung der Agglutination, sodann aber auch in einer mehr oder weniger großen Verstärkung, die sich im Endtiter der Serumverdünnung dokumentiert. Besonders eklatant war in den MOoRESCHI- schen Versuchen die Verstärkung bei einem schwer agglutinablen Typhus- stamm, so daß also auch in diesem Falle die Agglutination durch Kettenbindung noch zum Ziele führen kann, wenn die übliche direkte Agglutinationsprobe versagt. 2. Konglutination (Bordet & Gay, Streng). Als weiteres Verfahren, bei dem die Zusammenballung der Zellen als Kriterium für die stattgefundene Reaktion gilt, bei dem aber die wirksamen Anti- körper von den Entdeckern der Methode nicht mit den Agglutininen identifi- zıert werden, sei die sog. Konglutinationsreaktion erwähnt. Es handelt sich hier um das von BORDET & GaY beschriebene Phänomen, welches darin be- steht, daß Zellen, welche mit Ambozeptor und Komplement beladen sind, unter dem Einfluß von sog. Konglutininen, welche sich vornehmlich im inaktivierten Rinderserum, aber auch in den inaktiven Seris anderer Tierarten vorfinden (ef. hierzu STRENG), zusammengeballt werden. Bei Benutzung von Bakterien als Zellen ist das Phänomen von STRENG näher analysiert worden, der gegen- über Baıt an der Differenzierung von Konglutinin und Agglutinin festhält. STRENG hat die Konglutinationsreaktion in die Praxis der Serodiagnostik einge- führt, und die Methode ist dadurch, daß ihrem positiven Ausfall eine spezi- fische Reaktion zwischen Zelle und korrespondierendem Antikörper zugrunde liegt, ebenso wie andere Immunitätsreaktionen wissenschaftlich begründet. Me- thodisch ist von Bedeutung, daß das als Kompleinent fungierende Serum *) an und für sich auf die Bakterien ohne Einfluß sein muß, und daß das als Kon- glutinin benutzte durch halbstündiges Erhitzen auf 56° inaktivierte Rinder- serum in der verwendeten Dosis nicht an und für sich agglutinieren darf. Außerdem besteht aber für die Konglutinatiossreaktion eine Schwierigkeit insofern, als sowohl das als Komplementträger fungierende Normalserum (z. B. Meerschweinchenserum) als auch ganz besonders das inaktivierte Rinderserum Normalambozeptoren für die betreffenden Bakterien besitzen kann. Nach STRENG kommt dieser Umstand als störendes Moment speziell bei den Saprophyten, weniger bei den virulenten und pathogenen Bakterien in Betracht. Man ist daher in solchen Fällen darauf angewiesen, das Rinderserum durch Digerieren mit den Bakterien seiner Ambozeptoren zu berauben, oder man muß genügend kleine Rinderserummengen benutzen, wie sie nach STRENG z. B. für die Typhus- diagnose durchaus brauchbar sind. Ebenso eignen sich nach STRENG virulente Keuchhustenbacillen (auf blutreichen Nährböden gezüchtet) für die Konglu- tinationsreaktion, während auf blutarmen Nährböden gezüchtete und sapro- phytisch gewordene schon mit normalen Seris Konglutination ergeben. Die Ausführung der Konglutinationsreaktion stimmt mit der gewöhnlichen Agglutinationsmethodik überein, unterscheidet sich von ihr eben nur dadurch, daß gleichbleibende Mengen der Bakteriensupensionen außer mit absteigenden Mengen des inaktivierten antikörperhaltigen Serums noch mit gleichbleibenden Mengen Komplements und inaktivierten Rinderserums gemischt werden. Nach den Untersuchungen STRENGs kann die Konglutination empfindlicher sein als *) Nach neueren Untersuchungen von. GENGOU genügt die Globulinfraktion (Mittelstück) des komplettierenden Serums für die Reaktion. [9) Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. y 18 H. Sacus und H. Rırz, die Agglutination. Konglutination wurde auch erzielt bei Verwendung von Tuberkelbacillen, Diphtherie- und Pseudodiphtheriebaeillen, Choleravibrionen und Staphylokokken. Die Hemmungserscheinungen sollen bei der Konglutination nicht die große Rolle spielen wie bei der Agglutination. elnimalion tritt auch ein bei Verwendung von gekochten oder mittels Formalin abgetöteten Bakterien. Weitere günstige Erfahrungen über den diagnostischen Wert der Konglu- tinationsreaktion liegen von COHEN, Lucas, FITZGERALD und SCHORER Sowie von GAY & Lucas vor. Zum Schluß der Besprechung über Konglutination möchten wir besonders darauf hinweisen, daß wir an dieser Stelle auf die Frage über den Mechanismus der Reaktion nicht näher eingehen und daher auch die Diskussion dieser Frage seitens BAaILs und seiner Schule, der bekanntlich zuerst für die Auffassung des Agglutinationsvorganges als eines komplexen Vorganges eingetreten ist, unbe- rücksichtigt lassen müssen. Wir beschränken uns darauf, auf die die vor- liegende Kontroverse behandelnden Arbeiten von BaıL und SPÄT einerseits, von STRENG andererseits zu verweisen *). Nach der vorangegangenen Behandlung der allgemeinen Methodik der Agglutinationsprüfung wird es genügen, die beiden großen An- wendungsgebiete der Agglutination, den Antigennachweis und den Antikörpernachweis, kurz zu skizzieren. Il. Der Antigennachweis mittels Agglutination. (Bakteriendifferenzierung.) Für die Differenzierung von Bakterien mittels Agglutination sind erforderlich: 1) eine Reinkultur der zu identifizierenden Bakterienart, 2) als Reagens das spezifische Antiserum. Als Antiserum dient in der Regel ein durch spezifische Vorbe- handlung von Tieren gewonnenes Immunserum **); unter Umständen kann aber auch zur Differenzierung von menschenpathogenen Bak- terien das Serum von menschlichen Individuen während oder nach Ablauf der betreffenden Infektionskrankheit als Reagens dienen. In bezug auf die Methodik der Antiserumgewinnung werden wir uns an dieser Stelle kurz fassen dürfen, da ein besonderer Abschnitt des 2. Bandes dieses Handbuches diesem Kapitel gewidmet ist. Hier sei nur erwähnt, daß man Agglutinine durch Injektion leben- der oder abgetöteter Bakterien, durch Injektion trocken erhitzter (2 Stunden 120°) Bakterien (LÖFFLER), wie auch durch Einverleibung keimfreier Kulturfiltrate, sog. freier Rezeptoren (NEISSER & SHIGHA, Kraus & JoAcHIM, cf. auch BRIEGER & Mayer), Extrakte aus Bacillen- leibern (WASSERMANN) erhalten kann. Am gebräuchlichsten ist wohl die Injektion durch einstündiges Erhitzen auf 60° abgetöteter Bak- terien. Bei Kaninchen, die als Agglutininspender im allgemeinen geeignet sind, wird die Intravenöse Injektion bevorzugt; gelegent- lich wird auch die intraperitoneale Applikation gewählt. Oft genügen sehr geringe Mengen, die in der Regel in steigenden Dosen injiziert werden; jedoch spielen auch hierbei die besonderen Eigenschaften der *, Kurz verwiesen -sei an dieser Stelle auch auf die von v. SzıLy be- schriebene agglutinationsvermittelnde Wirkung des Kreuzspinnengiftes, die aber bisher nur bei Verwendung von Blutkörperchen als Antigen beobachtet ist (s. später). **, Agglutinierende Serumpräparate sind auch teils in flüssiger, teils in getrockneter Form im Handel erhältlich. Einige werden auch vom Kaiser]. Ge sowie vom Institut für Infektionskrankheiten in Berlin ab- gegeben. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 19 einzelnen Bakterienarten eine Rolle. So empfehlen KorLre & HrrscH 3—4 intravenöse Injektionen von 1, 2, 3 und 5 Oesen Agarkultur in Zwischenräumen von 8&—10 Tagen*). Die Blutentnahme erfolgt. wiederum 8—10 Tage nach der letzten Injektion. Nach der von Forner & Mürter, Tsuzurı empfohlenen Schnellimmunisierungs- methode wurden in 24-stündigen Zwischenräumen 4, 8 und 12 Oesen eingespritzt. 10—14 Tage nach der letzten Injektion wird das Serum gewonnen. Bei Benutzung größerer Tiere (Pferd, Ziege, Esel) als Serumspender müssen natürlich entsprechend größere Mengen Bak- terien injiziert werden. Handelt es sich darum, nach dem Vorschlage von PORGES wegen einer vorhandenen Hypagglutinabilität auf 100° erhitzte Bakterien zu diagnostizieren, so empfiehlt es sich, wie schon im allgemeinen Teil erwähnt wurde, Antisera zu verwenden, welche durch auf 100° erhitzte Bakterien gewonnen wurden. Bei der Erzeugung agglutinierender Immunsera ist auch der Umstand zu berücksichtigen, daß die Beschaffenheit der Agglu- tinine nicht nur von der Tierart**), sondern auch von den Tierindi- viduen abhängen kann (cfr. hierzu WASSERMANN, ToTsukA, PFEIF- FER, LUBOWSKI & STEINBERG, LIPSCHÜTZ, FRIEDBERGER, MOoREScCHI, u. a.). Es handelt sich hierbei einerseits um Differenzen des Agelu- tinintiters, andererseits um Differenzen in dem Gehalt der Sera an Partial- und Nebenagglutininen, welche verschiedene Grade der Mit- agglutination bedingen ***). Unter Umständen kann es sich daher, ab- gesehen von der Wahl der geeignetsten Tierart, empfehlen, auch ein Gemisch der von mehreren Individuen erhaltenen Sera zu verwenden. Außerdem ist hier auf die bekannte Tatsache zu verweisen, daß ge- wisse Antisera (z. B. beim Bacterium coli) oft nur den homologen Stamm oder nur eine kleinere Zahl agglutinieren, andere kulturell identische Stämme aber unbeeinflußt lassen. Die sich daraus er- gebende Konsequenz, multivalente, durch Vorbehandlung mit ver- schiedenen Stämmen gewonnene Immunsera zur Diagnose zu ver- wenden, wie dies z. B. von Smipr (cf. auch Böhme) für die Fest- stellung der Zugehörigkeit zur Paratyphus-(Hogcholera-)Gruppe empfohlen wurde, hat jedoch nicht immer zu einheitlichen befriedigen- den Resultaten geführt (cfr. hierzu z. B. die Arbeiten von RorH- BERGER, SCHWONER, LIPSTEIN, TAvEL u. a.). Was die Aufbewahrung und Konservierung der agglutinie- renden Immunsera anlangt, so kommen in Betracht 1) Konservierung der Sera im flüssigen Zustande, a) steril ohne Zusatz, b) unter Zusatz von 0,3—0,5 Proz. Karbolsäure. *) Die wiederholte Injektion bei der Immunisierung kann sich nicht nur für die Erzielung eines hohen Serumtiters, sondern auch für eine Verstärkung der Wirkungsbreite des Serums empfehlen, indem insbesondere nach den Unter- suchungen von FRIEDBERGER und MORESCHI nach nur einer Injektion unter Umständen eine Rassenspezifität zutage tritt, die bei fortgesetzter Immuni- sierung in eine allgemeine Artspezifität übergeht. **) Es empfiehlt sich im allgemeinen, Tierarten mit möglichst niedrigem Normalagglutiningehalt zur Immunisierung zu wählen (Kork). _ & ***) Nach neuen Untersuchungen von GAETHGENS empfiehlt sich zur Ver- meidung der Mitagglutination für die Herstellung von Typhus- und Ruhr- Immunseris die ausschließliche Verwendung alter, häufig überimpfter Labora- . toriumskulturen. 20 H. Sıcns und H. Rırz, Dieses Verfahren eignet sich nach HAENDEL & Hüne besonders gut. Die Sera werden mit 10 Proz. der gewöhnlichen Karbolglyzerinlösung (5,0 . Karbol- säure, 20,0 Glyzerin, Aqua dest. ad 100,0) versetzt. (Aufbewahrung bei gleich- mäßig kühler Temperatur im Eisschrank *).) 2) Konservierung der Sera in getrocknetem Zustande, der, wie schon WıDaL & SıcarD gezeigt haben, die Agglutinine nicht wesentlich beeinflußt (cf. auch RıCHARDSON). a) Nach dem Korreschen Verfahren im Vakuumröhrehen. (Ein- dampfen im Vakuum bei 30—35°.) Die Lösung erfolgt unter Zu- satz von zehn Teilen destillierten Wassers. b) In Form des nach den Angaben JAKOBSTHALS hergestellten Rea- genzpapiers, das durch die Firma E. MERcK in Darmstadt (für Typhus, Paratyphus A und B, Coli, Dysenterie, Meningokokken) erhältlich ist. Das Serum wird in Tropfen oder in Bruchteilen eines Tropfens auf Filtrierpapier angetrocknet, und die sich aus der Gebrauchsanweisung ergebende Flüssigkeitsmenge, mit der der ein- getrocknete Tropfen gelöst wird, führt gleich zu einer entsprechen- den Serumverdünnung. Nach dem neuerdings von STÖKEL angegebenen Verfahren **). Das- selbe besteht in der von S. FRÄNKEL & ELFER angegebenen Me- thode der Serumtrocknung mittels Glaubersalzes. Es wird hierbei Trockenserum hergestellt durch Zusatz von 0,7—1 g geglühten Natriumsulfates auf 1 ccm Serum. Das getrocknete Salzserumge- misch wird pulverisiert; zum Gebrauch wird die einem Kubik- zentimeter entsprechende Menge in 100 ccm destillierten Wassers gelöst, so daß eine 100-fache Serumverdünnung resultiert. Da es sich bei der Bakteriendifferenzierung mittels Agglutination stets um a Serumverdünnungen handelt, so spielt der Salzgehalt keine lle. Zur Anstellung der Reaktion muß das zur Differenzierung zu verwendende Immunserum austitriert sein und in starker Endver- dünnung wirken. Es soll einen möglichst hohen Titerhaben, bei Typhus und Cholera von mindestens 1:1000 bis 1:10000, d. h. ein Milli- gramm Serum muß bei einem Flüssigkeitsvolumen von 1 ccm noch einwandsfreie Agglutination hervorrufen. Als Kontrollen sind bei jedesmaliger Ausführung der Reaktion erforderlich: 1) Mischung der verdächtigen Kultur mit normalem Serum, wobei minde- stens das 10—100-fache Multiplum (je nach dem Titer des Testserums) der im Hauptversuch noch agglutinierenden Serummenge nicht agglutinieren darf, 2) Mischung des Immunserums mit einer bekannten- Kultur derjenigen Bakterienart, auf welche die zu untersuchende Kultur verdächtig ist, 3) eine Mischung der zu untersuchenden Bakterienart mit der Ver- dünnungsflüssigkeit (Kontrolle auf Spontanagglutination), 4) sind event. Kontrollen erforderlich mit bekannten Kulturen solcher Bakterienarten, die erfahrungsgemäß durch das betreffende Immunserum mit- agglutiniert werden können. Im allgemeinen wird man durch die vorherige Austitrierung des Antiserums über diese Qualitäten im vorhinein unterrichtet sein müssen. Es ist dabei darauf zu achten, daß die verschiedenen Bakterien- kulturaufschwemmungen etwa gleiche Dichte haben. Die Aufschwemmungen sollen im allgemeinen in ihrer Dichte einer gut gewachsenen Typhusbouillon- kultur entsprechen. Der Beurteilung des Ergebnisses können Schwierigkeiten entstehen: 1. durch etwaige Spontanagglutination. Gelingt es nicht durch die bereits im allgemeinen Teil beschriebenen Methoden (längeres Wachstum, Erhitzen etc.) die Spontanagglutination aus- C *) Für die Konservierung der Sera zum eignen Laboratoriumsbedarf steht wohl auch dem Aufbewahren im gefrorenen Zustande nichts im Wege. **) Verwiesen sei auch darauf, daß nach LÖFFLER die schwere Löslich- keit getrockneten Serums durch Eintrocknen auf Zucker vermieden wird. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 21 zuschalten, so eignet sich der Stamm nicht für den direkten Agglu- tinationsversuch, unter Umständen kann dann durch die spezifische Bindung oder das immunisatiorische Verhalten noch auf indirektem Wege die Identifizierung der Kultur mittels Agglutination durch- geführt werden. 2. durch die Hypagglutinabilität oder Inagglutina- bilität des Stammes. In solchen Fällen kommen als weitere Hilfsmittel in Betracht: a) wiederholtes Umzüchten auf künstlichen Nährboden zur Herstellung der Agglutinabilität, b) Erhitzen auf 100° in neutraler oder Erhitzen auf 80° in saurer Lösung nach PORGES zu gleichem Zwecke, Bi c) die Bestimmung der Bindungsfähigkeit nach WASSERMANN, d) die aktive Immunisierung mit dem fraglichen schlecht agglutinablen Stamm, f e) die Agglutination mittels Kettenbindung nach MoRESCHI, f) die Konglutination nach STRENG. Im allgemeinen wird man jedoch zunächst versuchen, durch längeres Digerieren der Bakterien-Serumgemische oder durch Er- höhung der Temperatur eine Agglutination ohne weitere Hilfs- mittel zu erreichen. Tritt also nach dem üblichen 1—2-stündigen Ver- weilen bei 370 keine deutlich erkennbare Agglutination ein, so wird man nach weiterem 24-stündigen Aufenthalt, eventuell bei 55°, das Ergebnis noch einmal kontrollieren und dann unter Umständen ein brauchbares Ergebnis vor sich haben können. Bei manchen Bakterienarten empfiehlt sich allgemein ein länger dauerndes Digerieren bis zur endgültigen Beurteilung, so z. B. bei Dysenteriebacillen (MARTINı & LENZ), bei Meningokokken (KOLLE & WASSERMANN, KUTSCHER), bei Streptokokken (cf. NEUFELD), bei Rotz (cf. 'WLADIMIROFF). Unter Umständen empfiehlt es sich auch verschiedene Antisera zur Prüfung heranzuziehen, da nach den Untersuchungen von FRIED- BERGER & MorescHı das Verhalten der Agglutinabilität gegenüber mehreren Seris differieren kann. 3. Durch die Mitagglutiration (Gruppenagglutination) verwandter Bakterienarten. Es handelt sich hier um eine Erscheinung, die beim Antikörpernachweis eine größere Rolle spielt und bei der Bakteriendifferenzierung unter der Voraussetzung, dab hochwertige Antisera verwendet werden und Agglutination bis zur Titergrenze eintritt, die Diagnose in der Regel nicht beeinträchtigt *). Bei manchen Bakterienarten, wie z. B. bei Choleravibrionen, Pest- bacillen ist zudem die Agglutination eine hochgradig spezifische (cf. KorLLe & GoTscHLicH, KoLLE & Marrınt). Bei anderen Bakterien- arten spielt jedoch die Mitagglutination eine mehr oder weniger grobe Rolle. Fa Von der Mitagglutination, welche sich ja auf immunisatorisch erzeugte Partialagglutinine im Sinne Wassermanns bezieht, zu trennen ist die Agglutinationswirkung, welche bereits normales Se- *) Die Nebenagglutinine erreichen bekanntlich im allgemeinen nicht die Stärke der Hauptagglutinine. Jedoch sollen vereinzelte Beobachtungen nicht unerwähnt bleiben, nach denen gelegentlich die Nebenagglutinine bei der Im- munisierung einen höheren Wert erreichen, ja sogar denjenigen der Hauptagglu- tinine übertreffen (cf. z. B. JÜRGENS, BALLNER & v. SaGasseR, ZUPNIK). Solche Sera sind naturgemäß für die Bakteriendifferenzierung ungeeignet. 22 H. Sacns und H. Rırz, rum in mehr oder weniger hohem Grade ausübt, und welche daher, wie bereits oben erwähnt, kontrolliert werden muß. Auch den Normalagglutininen gegenüber kann übrigens die See lutinnbl 5 der Bakterien variieren, und so kann unter Umständen eine allzu hohe Agglu- tinabilität in diesem Sinne die Beurteilung erschweren. Aus dem verschie- denen Gehalt der Tiersera an Normalagglutininen ergibt sich auch eine Forde- rung für die Wahl der serumspendenden Tierart. Nach Bürcı kann man im allgemeinen eine bestimmte Skala der normalen Agglutinationskraft bei den verschiedenen Serumarten aufstellen, die nach abnehmendem Agglutinations- vermögen in der Folge: „Rind, Pferd, Ziege, Hammel, Huhn, Gans, Hund, Kaninchen, Mensch, Meerschweinchen“ angegeben wird *). Zur vollständigen Angabe des Ergebnisses einer Bakteriendifferenzierung mittels Agglutination gehört daher außer dem gefundenen diagnostischen Titer 1) nach dem Vorschlag von LENTz der Testendtiter des benutzten Serums, 2) nach dem Vorschlag von OTTo der Titer des entsprechenden Normal- serums. Besondere Schwierigkeiten können entstehen, wenn das zu iden- tifizierende Bakterium nicht bis zur Titergrenze durch das Immun- serum agglutiniert wird. Es kann sich dann um die Entscheidung der Frage handeln, ob es sich um einen homologen, aber hypaggluti- nablen oder um einen heterologen, mitagglutinierten Bakterienstamm handelt. Nach Lentz kann man unter Umständen zur Entscheidung zwischen homologer und heterologer Agglutination die zeitliche Be- obachtung als Hilfsmittel heranziehen. Die homologe Agglutination erreicht hiernach (für Typhus und Paratyphus) meist schon nach 1/,-stündiger Dauer bei Zimmertemperatur den Endtiter, während die heterologe längere Zeit beansprucht. Nach KonkrıcH kann unter Um- ständen auch die Anwendung verschiedener Temperaturen zweck- mäßig sein, indem zuweilen gerade für die heterologe Agglutination ein ausgesprochenes Temperaturoptimum besteht. Es empfiehlt sich ferner in solchen Fällen zur Differentialdiagnose Immunsera heran- zuziehen, welche durch Immunisieren mit denjenigen Bakterienarten erhalten werden, welche erfahrungsgemäß mitagglutiniert werden. Tritt hierbei die Agglutination bis zur Titergrenze oder in erheblich ge- ringerem Grade als in ersterem Falle ein, so wird die Entscheidung nicht schwer sein, andererseits werden bei dem Verdacht auf Hyp- agglutinabilität die oben skizzierten Verfahren herangezogen werden müssen. Von letzteren kann im besonderen bis zu einem gewissen Grade auch der Bindungsversuch als Hilfsmittel dienen. Es handelt sich hierbei um das Prinzip der Titerbestimmung gegenüber mehreren Bak- terienarten vor und nach der Absorption mit einer von ihnen, ein Prinzip, das besonders im CasteLLanıschen Versuch zur Differen- tialdiagnose zwischen Mischinfektion und Partialagglutination in Be- tracht kommt und daher bei der Besprechung des Antikörpernach- weises noch zu erörtern sein wird. Hier sei nur erwähnt, daß in Uebereinstimmung mit der Rezeptor- konzeption in der Regel die Immunsera durch Digerieren mit dem homologen Antigen sämtliche Antikörper einbüßen, während durch Absorption mit hetero- logem, aber mitbeeinflußtem Antigen nur diejenigen Partialantikörper eliminiert werden, die auch in dem heterologen Antigen die korrespondierenden Rezep- toren vorfinden (cf. auch TorsukA). Im Falle der Bakteriendifferenzierung *) Ueber Fehlen oder geringe Menge normaler Agglutinine bei neu- geborenen Tieren oder im juvenilen Alter siehe die Arbeiten von Kraus & Löw, G. MÜLLER u. a. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 23 würde es sich also nur darum handeln, den Absorptionsversuch mit der zu identifizierenden Kultur anzustellen. Die Abgüsse sind dann einerseits gegenüber der gleichen Kultur, andererseits gegenüber der bekannten Kultur, mit welcher das Antiserum erzeugt ist, zu prüfen. Sind durch die Absorption auch die Asglutinine für letztere entfernt. worden, so ergibt sich die Berechtigung zu einem Schlusse auf die Identität beider Kulturen, im anderen Falle ist eine Mit- agglutination anzunehmen. Daß jedoch auch hierbei Ausnahmen vorkommen können, zeigt die von FRIEDBERGER & MORESCHI vorgenommene Analyse des serumfesten Typhusstammes „Sprung“. Inwieweit nun die Mitagglutination bei den verschiedenen Bak- terienarten und Gruppen eine Rolle spielt, soll an dieser Stelle nicht näher erörtert werden; es sei in dieser Hinsicht auf die speziellen Kapitel dieses Handbuchs verwiesen. Die Erscheinung findet ihre Erklärung durch eine partielle Rezeptorengemeinschaft (vgl. hierzu WASSERMANN, DURHAM U. a.) im Sinne der Rezeptorenlehre, und es ist daher von vornherein anzunehmen, daß die Mitagglutination um so stärker ist, je näher die Bakterienarten einander verwandt sind (Gruppenagglutination PFAUNDLERS). Aber auch bei entfernter stehenden Arten kann Mitagglutination vorkommen, da eben auch hier eine mehr oder weniger große Rezeptorengemeinschaft bestehen En Kunn & WoıTHE, Busson, SCHRÖTER & GUTJAHR, RIMPAU Ran): KuUHn, GILDEMEISTER & WOITHE (cf. auch Kuunn & WOITHE) unter- scheiden von der „Mitagglutination‘ eine Rezeptorengemeinschaft höheren Grades bei weit im System auseinanderstehenden Arten als „Paragglutination“. Diese Paragglutination wurde in besonders starkem Maße bei Colibacillen und Kokken beobachtet, die bei Ruhrinfektionen gefunden wurden, und erwies sich beim Fortzüchten der Stämme als vergänglich. (Vgl. hierzu auch die Diskussion auf dem Mikrobiologentag, Wien 1909 [LENnTZz, v. DRIGALSKI, NEUFELD, FRÄNKEL, CONRADI] im Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 44, Beilage, sowie BUssoNn, RIMPAU u. a.) Ebenso wie die durch Rezeptorengemeinschaft bedingte Mitagglu- tination, kann nun umgekehrt auch eine allzu weitgehende und selbst innerhalb der Art vorhandene Differenzierung des Rezeptorenapparates zu Schwierigkeiten führen. Es sei hierbei nur an das Verhalten der Collibacillen, Streptokokken, auch Diphtheriebacillen, Proteusbakterien etc. erinnert (cf. auch SOBERNHEIM & SELIGMANN über Enteritiserreger), bei denen bekanntlich durch die individuelle Variabilität des Ver- haltens gegenüber den Immunstoffen der diagnostischen Bedeutung der Agglutinationsreaktion mehr oder weniger enge Grenzen gesetzt sein können. Um in solchen Fällen die Verhältnisse günstiger zu gestalten, ist daher, wie schon erwähnt wurde, die Verwendung multivalenter, d. h. durch Vorbehandlung mit möglichst vielen Stämmen erhaltener Sera empfohlen worden, ohne daß es bisher gelang, durch dieses Hilfs- mittel die Verhältnisse immer in der gewünschten Weise zu gestalten. So führten z.B. entsprechende Versuche beim Bacterium coli nicht zu ganz einheitlichen Ergebnissen (cf. RoHBERGER), bei Diphtherieba- ceillen dürften nach Schwoner & Lipstein polyvalente Sera bis zu einem gewissen Grade geeignet sein, ebenso bei Streptokokken nach TaveL. Jedenfalls wird man im allgemeinen annehmen dürfen, dab mit der Zahl der zur Immunisierung benutzten Stämme die Aussicht auf eine möglichst umfassende Wirkung des agglutinierenden Serums 24 H. Sacas und H. Rırz, wächst (cf. auch Graser & Hachza über Proteusbakterien)*). Im einzelnen muß auch hier auf die speziellen Kapitel verwiesen werden. Es scheint, daß bei derartiger Differenzierung des Rezeptoren- apparates die Wahl der zur Immunisierung benutzten Tierart nicht gleichgültig ist. So berichtet z. B. STrEnG über eine größere Reak- tionsbreite in bezug auf die Beeinflußbarkeit verschiedener Stämme bei Immunisierung von Pferden und Ziegen mit Colibacillen im Gegen- satz zu dem Verhalten der Coliimmunsera vom Kaninchen. Unter Umständen führt die aktive Immunisierung noch zum Ziele, selbst wenn direkte Agglutinations- und Bindungsversuche ver- sagen (cf. hierzu FRIEDBERGER & MorescHı über serumfeste Typhus- stämme). Schließlich sei hier noch auf die besonders durch die Unter- suchungen von SOBERNHEIM & SELIGMANN über die Enteritiserreger in den Vordergrund des Interesses gerückten Beobachtungen ver- wiesen, welche die Möglichkeit von Umwandlungen des agglutina- torischen Verhaltens dartun und daher für die Differenzierung mittels Agglutination gleichfalls eine Grenze bedeuten können. Die bereits oben erwähnten, als Paragglutination bezeichneten Befunde von KuHn, GILDEMEISTER & WorrTHE können hierzu in gewisser Hinsicht in Parallele gesetzt werden. Wir begnügen uns im übrigen damit, auf eine Reihe neuerer Arbeiten zu verweisen, welche gleichfalls Wand- lungen des agglutinatorischen Apparats betreffen und dieselben teil- weise als Mutationen oder Variationen auffassen (BAERTHLEIN, MÜL- LER, HAENDEL & GILDEMEISTER, STROMBERG, Busson, RıMPAU U. a., cf. auch die Diskussionen auf dem Mikrobiologentag 1910 und 1911, Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 47 und Bd. 50, Beilagen). Verwiesen sei auch an dieser Stelle auf die Arbeiten von MARKS, sowie ÄLT- MANN & RaurtH über ähnliche Veränderungen des agglutinatorischen Verhaltens bei Paratyphus- und Colibacillen, welche durch systema- tische Züchtung auf arsenhaltigem Nährboden oder Karbolagar er- zielt werden konnten. Sind so auch der Anwendung der Agglutination zur Bakterien- differenzierung gewisse Grenzen gesetzt, so kommen diese Fälle doch andererseits relativ so selten vor, daß sie der eminenten Bedeutung der Methode für die bakteriologische Diagnose und Differentialdiagnose keinen Abbruch tun. Das größte Anwendungsgebiet findet die Aggluti- nation bei den Erregern von Typhus, Paratyphus, Cholera und Dys- enterie, aber auch bei vielen anderen Bakterienarten (Pest, Rotz, Sta- phylokokken, Meningokokken, Pneumokokken, Tuberkulose, Maltafieber etc.) ist das Agglutinationsverfahren mit Erfolg herangezogen worden, während, wie schon erwähnt, bei manchen Bakterienarten (Coli, Streptokokken, Diphtherie etc.) der Anwendbarkeit erhebliche Schwierigkeiten entgegenstehen. Die Säureagglutination der Bakterien (L. MicHAzLıs). Kurz erwähnt werden darf vielleicht an dieser Stelle die neuerdings von MICHAELIS empfohlene Säureagglutination der Bakterien, obwohl es sich hierbei nicht um eine Agglutination durch Immunsubstanzen handelt. Das Verfahren beruht darauf, daß viele Bakterien durch geeignete Säuregrade agglutiniert werden, und daß für die einzelnen Bakterienarten eine ganz bestimmte, ziemlich eng begrenzte *) Unter Umständen kann auch zur Identifizierung von Bakterien die Heranziehung mehrerer mit verschiedenen Stämmen gewonnener univalenter Anti- sera in Betracht kommen. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 25 Wasserstoffionenkonzentration erforderlich ist, um die Agglutination in Er- scheinung treten zu lassen. So wird der Typhusbacillus bei einer ganz be- stimmten Wasserstoffionenkonzentration (4—8xX10-5) ausgeflockt. Methodisch verfährt man nach MICHAELIS in sehr einfacher Weise, indem man sich 6 Flüs- sigkeiten herstellt, welche in 100 ccm destillierten Wassers je 5 cem Nor- malnatronlauge und 75—10—15—25—45—85 ccm n-Essigsäure enthalten. Man bringt in 6 Reagenzgläser je 1 ccm dieser Flüssigkeiten und setzt hierzu je 3 ccm einer Bakteriensuspension in destill. Wasser, welche «durch Auf- schwemmen einer 24-stündigen Agarkultur (nach Abspülen des Kondenswassers) in 20 cem destill. Wasser hergestellt ist. Die Beurteilung erfolgt nach einstündigem Aufenthalt bei 37° und weiterer Beobachtung bei Zimmertemperatur. Für den Typhusbacillus liegt das Optimum bei denjenigen Flüssigkeiten, welche 15 und 25 cem n-Essigsäure enthalten. Paratyphusbacillen haben ihr Optimum erst bei 45 und 85 cem n-Essigsäure, während Colibakterien überhaupt nicht durch Säure agglutiniert werden. Auch schwer agglutinable Bakterien werden, wenn auch langsamer, durch Säure agglutiniert, so daß das Verfahren in solchen Fällen als Hilfsmittel herangezogen werden kann. Unter Umständen kann es durch die Säureagglutination auch gelingen, die Differentialdiagnose in solchen Fällen zu stellen, in denen die Serodiagnostik versagt. So berichtet z. B. PoPPE, daß der Bacillus suipestifer im Gegensatz zu anderen Vertretern der Hog- choleragruppe durch Säure nicht agglutiniert wird. Bezüglich der näheren Details muß auf die Öriginalarbeiten von L. MICHAELIS (cf. auch Rost, BENJASCH) verwiesen werden. Ill. Der Antikörpernachweis mittels Agglutination. (Serodiagnostik bei Infektionskrankheiten.) Beim Antikörpernachweis mittels Agglutination wird die Wir- kung des Blutserums auf eine bekannte Bakterienkulturaufschwem- mung ermittelt und bei positivem Ausfall der Agglutinationsprobe geschlossen, daß in dem untersuchten Blutserum Agglutinine vor- handen sind, daß also in dem das Serum liefernden Organismus eine Infektion mit der gleichen Bakterienart stattgefunden hat. Ihr Hauptanwendungsgebiet hat die klinische Serodiagnostik mittels Agglutination in Form der Wiınarschen Reaktion bekanntlich bei den typhösen Erkrankungen gefunden, und so treten in den folgenden Ausführungen vorwiegend Beispiele aus den zahlreichen, bei Typhus und Paratyphus gewonnenen Erfahrungen in den Vordergrund. Für den Antikörpernachweis .mittels Agglutination sind er- forderlich: 1) Eine Reinkultur derjenigen Bakterienart, welche als Infek- tionserreger vermutet wird *), 2) das Serum des Infizierten. Bezüglich der Herstellung der Bakterienauischwem- mungen**) sind bereits im allgemeinen Teil die näheren Details be- sprochen worden. Es genügt hier zu resumieren, dab die zur Ver- wendung gelangenden Bakterienaufschwemmungen selbstverständlich durch die Prüfung mit den entsprechenden Antiseris in ihrem agglu- tinatorischen Verhalten bekannt sein müssen und weder Spontan- agglutination noch mangelnde Agglutinabilität aufweisen dürfen ***). *) GAETHGENS fordert neuerdings die Verwendung alter, häufig über- geimpfter Laboratoriumskulturen für die Agglutinationsprüfung (Typhus, Dys- enterie), da die Mitagglutination bei frisch gezüchteten Stämmen stärker in Erscheinung tritt. } **) Bezüglich Herstellung von Trypanosomenaufschwemmungen zur mMaxro- skopischen Agglutination vgl. LANGE. 2 a ***) Unter Umständen kann allerdings, besonders bei hohem Normalagglu- tiningehalt, eine allzu leichte Agglutinabilität von Nachteil sein. 25 H. Sacus und H. Rırz, Meist gelangen in der Praxis abgetötete Bakterienkulturen zur Ver- wendung. Für die Diagnose des Typhus und Paratyphus haben sich die im Handel befindlichen Typhus- und Paratyphus- (A und B) Diagnostica von Fıcker (bei der Firma E. Merck in Darmstadt er- hältlich) gut bewährt. Dieselben enthalten die agglutinablen Stoffe der Bakterienleiber und sind sehr lange haltbar. Vor Gebrauch sind sie aufzuschütteln und von Zeit zu Zeit zu kontrollieren (cf. hierzu V. STENITZER u. a.). Die vielfach benutzten formalisierten Bouillon- kulturen nach Pröscher sind schon erwähnt worden. Auch Abtöten mit 0,5-proz. Karbolsäure wird zum Konservieren der Kulturauf- schwemmungen oft benutzt. So wird von VoLK (cf. auch v. STE- NITZER) die im Wiener serotherapeutischen Institut übliche Methode der Herstellung von haltbaren Kulturaufschwemmungen empfohlen, welche darin besteht, daß von einer Agarfläche von etwa 160 gem Inhalt die Kultur in einem Liter destillierten Wassers aufgeschwemmt wird. Nach Zusatz von 5 ccm konzentrierter Karbolsäure und mehr- tägigem Stehen bei 370 wird durch Papierfilter filtriert. Zur Er- zielung größerer Stabilität kann ein Zusatz von 10 Proz. Milchzucker erfolgen (MÜLLER) *). Für die Gewinnung des auf seinen Agglutiningehalt zu unter- suchenden Blutserums sind keine bestimmten Vorschriften zu machen; die zahlreichen angegebenen Verfahren variieren je nach Geschmack und Gewohnheit des einzelnen. Im allgemeinen kommen in Betracht die Entnahme durch Venenpunktion, durch Schröpf- kopf, die Entnahme von der Fingerkuppe, die Entnahme vom Ohr- läppchen mittels der von PröscHEer angegebenen U-förmigen Ka- pillare**), oder die Entnahme mittels der von WRIGHT angegebenen Kapillarröhrchen. Von CzAPLEwsKI (cf. auch ScHoTTELIus) werden Wattetupfer zum Aufsaugen des Blutes empfohlen, die, an Korken montiert, in Zentrifugengläschen befindlich sind und darin zwecks Ausscheidung des Serums zentrifugiert werden. Als agglutininhaltige Flüssigkeit kommt fast ausschließlich das Blut resp. das Blutserum in Betracht***). Der Agglutiningehalt anderer Körperflüssig- keiten (Transsudate, Exsudate, Milch, Vesikatorbasen etc.) steht in der Regel weit hinter demjenigen des Blutserums zurück, und ein Ueberwiegen, wie es z. B. CoURMoNT für pleuritische Exsudate gegenüber Tuberkelbacillen beschreibt, gehört zu den größten Seltenheiten. Allgemein bekannt ist der Uebergang der Agglutinine in die Milch, wo sie zuerst von THIERCELIN & LENOBLE, ACHARD & BENSAUDE, KrAUs u. a. in größerer Menge nachgewiesen wurden. Der Agglutiningehalt der Milch kann zuweilen, insbesondere nach der Geburt, den- jenigen des Blutserums erreichen oder sogar übersteigen (cf. SCHUMACHER, StÄuBLI). Auch Vesikatorflüssigkeiten können unter Umständen als Agglu- tininträger in Betracht kommen. (URBAN, HOFFMANN). Im allgemeinen kommt für die Praxis der Serodiagnostik so gut wie ausschließlich das klar abgesetzte oder zentrifugierte Blutserum *) Es sei auch an die Angaben von Pıck und SCHWARZ über Vorteile von Typhus-Leeithinemulsionen zur WıpArschen Reaktion verwiesen (1 Proz. Le- eithin, zentrifugieren). **) Die mit Blut gefüllten und mit einem Tropfen Siegellack ver- schlossenen Kapillaren werden zentrifugiert. Nach Abschneiden der Spitzen werden die Röhrchen an der Grenze zwischen Blutkuchen und Serum abge- brachen wonach das Ueberführen des letzteren in Pipetten (mittels Kapillarität) erfolgt. ***) Ueber die Haltbarkeit der agglutinierenden Patientensera (steril und im Dunkeln mindestens 6 Wochen) vgl. SacHs-MÜkE. 1 Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. in frischem, nicht inaktiviertem Zustande in Betracht*). Der Ver- wendung des Gesamtblutes (cf. hierzu das von Prunt angegebene, heute wohl kaum benutzte Verfahren) steht nichts im Wege, wenn das Verfahren in Form der von MANDELBAUM für die Serodiagnostik des Typhus angegebenen Fadenreaktion ausgeübt wird**). Man saugt zu diesem Zwecke in einer Kapillarpipette einen Tropfen Blutes des Patienten auf und läßt das 10—15-fache Multiplum einer 2 Proz. Natriumeitrat enthaltenden Bouillon nachziehen, welche mit der Kultur geimpft ist (auf 5—8 ccm Natriumceitratbouillon eine Oese Typhusbouillonkultur.. Die unten zugeschmolzene Kapillare kommt auf 4 Stunden in den Brutschrank; von der über den zu Boden gesunkenen Blutkörperchen stehenden Flüssigkeit wird so- dann Material entnommen und mikroskopisch untersucht. Die allgemein übliche Ausführung der Agglutinations- reaktion bei der Serodiagnostik unterscheidet sich nicht von dem bei der Bakteriendifferenzierung befolgten Vorgange. Auch hier muß der Endtiter des Serums festgestellt werden. Eine Schwierigkeit ist aber darin gelegen, daß die Agglutinationswerte die hohen Titer, welche für die Agnoszierung von Bakterien durch Immunsera zu fordern sind, nicht erreichen und sich dementsprechend von dem normalen Agsglutiningehalt nicht in so markanter Weise entfernen. Für die Bestimmung des als charakteristisch geltenden Titerwertes muß daher bei den einzelnen Infektionen der erfahrungsgemäß vor- kommende Asgsglutinintiter des normalen Serums in Rechnung gezogen werden. So wird, um nur ein Beispiel anzuführen, bei der Wınar- schen Reaktion (Typhus) die Agglutinationsprobe erst dann als positiv angesehen, wenn bei mindestens 40—50-facher Serumverdünnung Agglutination eintritt. Für andere Infektionserreger kann der nor- male Agglutiningehalt recht erhebliche Höhen erreichen (cf. Rotz, Maltafieber u. a.). Das Ansetzen der Mischungen von Serumverdünnung und Bakterienkultur ist im allgemeinen Teil beschrieben worden; die zahlreichen für die klinische Serodiagnostik angegebenen Varianten unterscheiden sich nicht prinzipiell, bringen vielmehr im wesentlichen nur geringfügige Modifikationen der ein- zelnen Laboratorien zum Ausdruck. (Vgl. hierzu die Zusammenstellung bei KAarkA und in den monographischen Bearbeitungen.) So mischt KAFKA verschiedene Mengen der Kulturaufschwemmung mit der gleichen Serummenge und erhält derart ebenfalls verschiedene Serumverdün- nungen, wobei sich nur die einzelnen Glieder der Reihe im Gesamtvolumen unterscheiden. Durchaus empfehlenswert ist es, sich auch bei der Serodiagnostik nicht mit zu eng begrenzten Reihenversuchen zu begnügen, da es auch hier vorkommen kann, daß ein Ueberschuß von Serum die Reaktion hemmt. Erinnert sei in dieser Hinsicht an einen von KORTE & STEINBERG mit- geteilten Fall, bei dem das Serum in einer Verdünnung von 1:50 mit Typhus- bacillen negativ, mit Paratyphusbaeillen positiv reagierte. Bei den Verdünnungs- graden 1:160—1:640 hingegen war die Beziehung umgekehrt. Die Bestimmung *) Die früher auch empfohlene Antrocknung des Serums oder Blutes an Filtrierpapier (cf. hierzu WıDaL & SıcarD, Pick, RICHARDSON u. a.) findet heute wohl kaum praktische Anwendung. Br **) cf. auch das ältere von PFAUNDLER.& RosTosKI angegebene Verfahren der Verwendung des Gesamtblutes (auflösen mit Aq. dest., vgl. auch PFUHL, im THomA-ZEIssschen Melangeur). 28 H. Sacns und H. Rırz, des Agglutinationswertes bis zu einer Serumverdünnung von 1:80 hätte also hier zu einem irrigen Ergebnis geführt. Bezüglich Zeitdauer und Temperatur lassen sich auch für die Serodiagnostik mittels Agglutination keine einheitlichen Vor- schriften machen. Die optimalen Bedingungen schwanken einmal je nach dem Infektionserreger, um dessen Agglutination es sich handelt, dann aber können auch individuelle Differenzen über- raschen. So zeigen z. B. für die Wıparsche Reaktion bei Typhus, für die 1—2-stündiger Aufenthalt im Brutschrank und nachfolgendes einstündiges Stehen bei Zimmertemperatur wohl meist die Regel ist, und bei welcher Erhöhung der Temperatur auf 55° nach Weır den Vorgang beschleunigt — bei längerem Digerieren allerdings nach Karka (cf. auch KonrıcH) oft einen niedrigeren Titer ergibt, als die Agglutination bei 370 oder Zimmertemperatur —, vereinzelte Be- obachtungen (SCHELLER, GAETHGENS), daß die Agglutination in der Wärme in geringerem Maße eintreten kann und erst bei Zimmer- temperatur ansteigt, so daß es sich in verdächtigen, aber zunächst negativ reagierenden Fällen empfiehlt, noch bei Zimmertemperatur eine längere Kontrolle nachfolgen zu lassen. Für die Benutzung der Fıckerschen Diagnostica wird im allgemeinen Zimmertemperatur und längere Beobachtung (bis zu 20 Stunden) angegeben. Auch im allgemeinen wird von manchen Autoren (z. B. KonricH) einer längeren (12—16-stündigen) Beobachtung der Vorzug erteilt. Nach DENNEMARK muß besonders die Wınarsche Reaktion bei klinisch Gesunden (in der Umgebung von Typhuskranken) bis 24 Stunden be- obachtet werden (cf. hierzu MÜLLER). Spielt nun bei der Anwendung der Agglutination zur Sero- diagnostik Spontanagglutination und mangelnde Agglutinabilität keine wesentliche Rolle, da ja eben geeignete Kulturaufschwemmungen die Voraussetzung für die Anwendung der Methode bilden, so kann die Beurteilung des Agglutinationswertes trotz scheinbar ein- wandsfreien Ergebnisses mehr oder weniger große Schwierigkeiten be- reiten. Schon die Tatsache des normalen Vorkommens der Agglu- tinine erschwert die Beurteilung, zumal wenn der Agglutinationstiter sich nicht weit von den auch bei normalen Individuen bekannten Grenzen entfernt. In solchen Fällen wird unter Umständen die zeit- liche Verfolgung des Agglutiningehaltes ein wichtiges Erfordernis sein und ein Ansteigen des Agglutinintiters nach ein- oder mehr- tägigem Intervall wird darauf hinweisen, daß ein Immunisierungs- vorgang besteht, also ein Infektionsprozeß vorliegt. Bei positivem Ausfall in hinreichend hoher Endverdünnung muß wiederum der Mitagglutination besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. So spielt gerade bei dem Hauptanwendungsgebiet der Agglutination, bei der Diagnose der typhösen Erkrankungen, die Mitagglutination eine große Rolle. Es wird daher heute wohl fast allgemein empfohlen, die Wıparsche Reaktion von vornherein gleich- zeitig gegenüber Typhus- und Paratyphusbacillen auszuführen (vgl. hierzu auch Dysenterie etc.), zumal es in praktisch-klinischer Hin- sicht auch darauf ankommt zu wissen, ob überhaupt eine typhöse oder paratyphöse Infektion vorliegt. Werden bei der Bestimmung des Agglutinationswertes gegen- über zwei Bakterienarten die Endtiter festgestellt, so kann, wie die Erfahrung gelehrt hat, im allgemeinen die stärker agglutinierte Bak- Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 29 terienart als der Infektionserreger erachtet werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich auch hier wiederholte Blutentnahme in ge- wissen Zeitintervallen. Aber auch Ausnahmen, sogar bis zur um- gekehrten Relation gehend, sind in vereinzelten Fällen beschrieben worden (cf. DE NOBELE, ZUPNIK, STERN U. a.), stellen wohl freilich große Seltenheiten dar *). Andererseits ist es selbstverständlich, daß im Falle einer Misch- infektion, durch zwei differente Bakterienarten veranlaßt, die agglutinierende Kraft beiden gegenüber gleich stark sein oder Diffe- renzen aufweisen kann, die sich von denjenigen, welche bei Mit- agglutination in Erscheinung treten, nicht unterscheiden. Will man nun in derartigen Fällen eine weitere Entscheidung zwischen den beiden Möglichkeiten der Mischinfektion und der Mitagglutination treffen, so steht hierbei als weiteres Hilfsmittel das von ÜASTELLANI in die Praxis eingeführte Verfahren zur Verfügung (cf. auch ToTsuURA, JÜRGENS, KoRTE U. a.). Der CAsTELLanısche Versuch, der bereits bei der Bakteriendifferenzierung kurz erwähnt: wurde, basiert darauf, daß bei der Infektion mit einer Bakterienart sämtliche Agglutinine von dieser absorbiert werden, während bei Bakterienarten, welche nur mitagglutiniert wurden, nur ein Teil des Agglutiningehalts schwindet, und zwar die auf diesen mitagglutinierten Stamm wirkenden Partialagelutinine, nicht aber die nur auf den homologen Stamm wirkenden Hauptagglutinine Um- gekehrt darf man annehmen, daß bei einer Mischinfektion durch zwei verschiedene Infektionserreger das agglutinierende Serum bei der Absorption mit jedem der beiden in Frage kommenden Mikroorganismen einen Teil seiner Agglutinine zurückbehält, welcher auf den anderen Infektionserreger wirkt. Bei der Ausführung des CASTELLANIschen Versuchs mischt man eine ge- wisse Serummenge, etwa !/;—1l ccm, mit ziemlich großen Bakterienmengen (4—8 Oesen oder mehr), und zwar in 2 Parallelröhrehen mit jeder der beiden in Frage kommenden Bakterienarten. Nach 12—24-stündigem Stehen im Brut- schrank wird zentrifugiert, und die Abgüsse werden gegenüber beiden Bakterien- arten austitriert. Ist nun durch die eine Bakterienart das Gesamtagglutinin für beide Bakterienarten entfernt worden, so liegt eine Infektion mit einem ein- heitlichen Erreger vor, und die andere Bakterienart ist nur mitagglutiniert worden. Bleibt dagegen bei beiden Absorptionsversuchen ein wesentlicher Agglu- tiningehalt gegenüber der anderen Bakterienart zurück, so liegt mit großer Wahrscheinlichkeit Mischinfektion vor. Vorbedingung für die Beurteilung ist natürlich, daß die Agglutinine für diejenige Bakterienart, mit der absorbiert worden ist, vollständig oder fast vollständig entfernt wurden. Ist das nicht der Fall, so muß eine neue Einsaat von Bakterien erfolgen. Aus der schließlich bestehen bleibenden Trübung kann man auf vollständigen Effekt schließen. Man kann den CAsSTELLANIschen Versuch auch in der Weise ausführen, daß man den üblichen Agglutinationsreihenversuch ansetzt, und zwar in vier Reihen von Serumverdünnungen, von denen je 2 mit der gleichen Bakterienart beschickt werden. Nach etwa 12—24-stündigem Stehen wird dann abgegossen oder bei ungenügender Sedimentierung zentrifugiert, und die Abgüsse werden von neuem mit Bakterien beschickt, derart, daß von den Abgüssen von den Bakterien A die eine Reihe mit den Bakterien A, die andere mit den Bakterien B beschickt werden und in gleicher Weise mit den Abgüssen von den Bak- terien B verfahren wird. - Allerdings muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß in seltenen Fällen auch der CAasTELLanIısche Versuch zu einem Trugschluß führt. So sind von einigen Autoren (ef. POsSELT &v. SAGAsSSER, HETSCH & LENTZ, ZUPNIK, PosNER, BALLNER & v. SacassER) Beobachtungen mitgeteilt worden, nach denen bei Absorption des Hauptagglutinins die heterologen Bakterien noch agglutiniert wurden, gelegentlich sogar in stärkerem Maße. Ebenso wird bei einer unspezifischen Steigerung des Gehaltes an Normalagglutininen natur- gemäß der CASTELLANIsche Versuch zu einem Fehlschluß führen können. *) Bezüglich der Mitagglutination sei auch auf den vorangehenden Ab- schnitt (Bakteriendifferenzierung) verwiesen. Bl) H. Sacns und H. Rırz, Unter Umständen kann auch die Feststellung des kurvenmäßigen Anstiegs des Agglutiningehaltes von Nutzen sein, indem bei Mitagglutination die Kurven gleichsinnig verlaufen mit höchstem Anstieg der Hauptagglutininkurve, bei Mischinfektion dagegen unabhängig voneinander (SCHROEDER). Im Anschluß an die Besprechung der Fehlerquelle, welche die Mitagglutination bedeutet, sollen auch solche Erfahrungen nicht un- erwähnt bleiben, welche einen über die Norm mehr oder weniger gesteigerten Agglutiningehalt unter solchen Umständen kennen lehren, bei denen eine spezifische Ursache nicht vorhanden zu sein scheint. So sei insbesondere auf das Kapitel Typhus verwiesen, wobei die Erfahrungen über unspezifische Steigerung des Gehalts an Typhus- agglutininen (bei fieberhaften Erkrankungen, Ikterus, unter dem Ein- fluß von Medikamenten etc.) besonders zahlreich sind. Auf die Einzelheiten kann hier nicht näher eingegangen werden; verständ- lich erscheinen solche Ausnahmen von der Regel immerhin, wenn man berücksichtigt, daß einerseits heterologe Infektionen eine Mitagglu- tination auch entfernter stehender Bakterienarten bedingen können (cf. STERN, LuUBowsKkI und STEINBERG U. a.), ohne daß man den Infektionserreger zu erkennen in der Lage ist, oder daß auch auf unspezifische Weise durch einen auf die Antikörper produzierenden Territorien ausgeübten Reiz eine Steigerung des normalen Agglu- tiningehaltes oder ein Wiederaufflackern eines früher stattgehabten Agglutininsekretionsprozesses verursacht werden kann. Es liegt in der Natur der Antikörperreaktionen begründet, daß der positive Ausfall der Serodiagnostik mittels Agglutination nicht ohne weiteres eine Diagnose in klinischem Sinne zuläßt, also an und für sich nicht die Frage zu entscheiden erlaubt, ob ein Infektions- prozeb besteht, oder ob nur die Folgen eines solchen vorliegen *). Bei klinisch unklarem Krankheitsbild kann dabei die quantitative Titerbestimmung und besonders auch die etwaige Feststellung einer progredienten Steigerung des Agglutinintiters wertvoll für die prak- tische Beurteilung sein. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß der positive Ausfall der Serodiagnostik auch als Mittel zur Auf- findung von Bacillenträgern von Nutzen sein kann. Mit den meisten biologischen Reaktionen teilt die Serodiagnostik mittels Agglutination den Umstand, daß das negative Ergebnis keine oder nur beschränkte Beweiskraft besitzt. Hauptsächlich ist hierbei zu berücksichtigen, daß bis zum Auftreten der Agglutinine im Blute ein mehr oder weniger langes Inkubationsstadium ver- streichen muß. So tritt, wie bekannt, auch bei Typhus die Reaktion gewöhnlich erst nach Ablauf der ersten Woche auf. Gibt es bereits hierbei Ausnahmen, so sind bei anderen Infektionen (Streptokokken, Rotz etc.) die Intervalle allgemein viel größere. Fernerhin kann die Reaktion auch bei solchen Infektionserregern negativ ausfallen, die durch einen sehr variablen Rezeptorenapparat gekennzeichnet sind (so bei Streptokokken, Coliinfektionen u. a.), indem trotz vor- handenen Agglutiningehalts der für die Serodiagnostik benutzte Stamm in seinem Rezeptorenapparat von dem als Infektionserreger fun- gierenden Stamm zu erheblich abweicht. Unter Umständen kann ...”) Bezüglich Beziehungen zwischen Schwere der Erkrankung und Agglu- tininavidität vgl. RINTELEN (cf. auch MÜLLER); danach besteht ein ge- wisser Zusammenhang zwischen Schwere der Erkrankung und Avidität (ef. auch Busson, MÜLLER & RINTELEN, DENNEMARK, MÜLLER). Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. al dann die Agglutination mit dem aus dem infizierten Organismus ge- züchteten Erreger positiv sein. Endlich muß auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, daß nicht alle Individuen in hin- reichender Weise auf den zur Agglutininbildung führenden Reiz reagieren, und daß gelegentlich auch Mischinfektionen ein negatives Ergebnis bewirken können (cf. hierzu Kayser). Nach alledem kann in vielen Fällen dem negativen Ausfall der klinischen Serodiagnostik mittels Agglutination eine Beweiskraft nicht zugeschrieben werden. Im übrigen ergeben sich für die Nutzbar- machung des Verfahrens für die praktische Medizin eine Reihe von Grenzen, welche einerseits in einem zu hohen Agglutinationstiter des normalen Blutserums, andererseits in einem zu spät erfolgenden oder fehlenden Auftreten der Agglutinine im Blut oder auch in indi- viduellen Variationen der Infektionserreger gelegen sein können, und so kommt es, daß die Anwendung der Agglutination zur kli- nischen Serodiagnostik auf relativ wenige Infektionskrankheiten be- schränkt ist, unter denen an erster Stelle die typhösen und para- typhösen Erkrankungen, ferner Dysenterie, Maltafieber, Rotz zu nennen sind, allerdings auch bei anderen Infektionen als Hilfsmittel in Betracht kommen und im besonderen zum nachträglichen Nach- weis abgelaufener Krankheitsfälle herangezogen werden kann. Im übrigen sei bezüglich der Anwendung der Agglutination zum Anti- körpernachweis bei den einzelnen Infektionserregern auf die speziellen Kapitel dieses Handbuches verwiesen *). 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Gegenüber der bedeutsamen Rolle, welche die Agglutination der Bakterien in der Serodiagnostik spielt, tritt die Agglutination der roten Blutkörperchen in praktischer Hinsicht wesentlich zurück. Indes ist schon durch BorDET bekannt, daß ebenso wie bei der Vorbehandlung mit Bakterien auch bei der Vorbehand- lung mit fremdartigen roten Blutkörperchen immunisatorisch Agglutinine er- zeugt werden. Ebenso wissen wir bereits seit den Untersuchungen von ÜREITE, LAnDoIs, BORDET, MALKOFF, daß auch die meisten Normalsera hämagglu- tinierende Wirkungen ausüben können. Der Nachweis der Hämagglutination kann meist makroskopisch eführt werden. Die agglutinierten Blutkörperchen erscheinen besonders beim Schräghalten des Reagenzglases als feine rote Körnchen im Gegensatz zu der Homogenität des normalen Blutes. Als weiteres Hilfsmittel kann die Beob- 40 H. Sacus und H. Rırz, achtung der Senkungsgeschwindigkeit der aufgeschüttelten Blutaufschwemmungen dienen, die bei agglutiniertem Blut natürlich eine größere ist. Endlich kann man sich von der erfolgten Agglutination mittels Filtration durch Papierfilter überzeugen, wobei die agglutinierten Blutkörperchen im Gegensatz zu den nor- malen zurückgehalten werden, das Filtrat daher mehr oder weniger farblos ist. Ueber die mikroskopische Beobachtung der Hämagglutination vergleiche v. BAUM- GARTEN. Bezüglich der Ausführung der Agglutinationsprobe kommen keine besonderen Vorschriften in Betracht. Man verwendet in der Regel ebenso wie bei hämolytischen Versuchen serumfrei gewaschene Blutaufschwemmungen in physiologischer Kochsalzlösung (5—10-proz.) und digeriert dieselben mit ab- steigenden Mengen des agglutinierenden Serums im gleichen Volumen. Wirken die Sera durch gleichzeitigen Gehalt an Ambozeptor und Komplement hämo- lytisch, so wird man die Komplementwirkung durch !/,-stündiges Erhitzen auf 55° auszuschalten haben. Zu beachten ist jedoch dabei, daß normale Agglutinine thermischen Einflüssen gegenüber empfindlicher sind als Immunagglutinine (ef. LANDSTEINER & REICH, LÜDKE). Im allgemeinen können Hämagglutinationsversuche bei Zimmertemperatur ausgeführt werden, höhere Wärmegrade sind unter Umständen von Nachteil, da nach LANDSTEINER & REICH die Agglutinine bei niedriger Temperatur besser gebunden werden als bei höherer. Unter Umständen ist sogar die Ausführung der Hämagglutinationsprobe bei 0° zweckmäßig. So kann man Autoagglutinine (AsoLI, KLEIN, LANDSTEINER) leicht nachweisen, wenn man Serum und Blut- zellen sofort nach der Gewinnung in der Wärme trennt und in der Kälte wieder aufeinander wirken läßt *). Die Hämagglutination durch Antiserumwirkung kann ver- stärkt, resp. erst wahrnehmbar gemacht werden durch eine Reihe von Verfahren. Wir zählen dieselben im folgenden kurz auf, ohne auf die Frage einzugehen, ob die dabei mit den Blutkörperchen reagierenden Antikörper mit den Agglutininen identisch sind oder nicht. I. Agglutination durch Kettenbindung (MorEScHI). Hierbei wird Agglutination bewirkt durch das Zusammenwirken eines für die Blutart spezifischen Antiserums mit einem Antiserum, welches für die das erstere liefernde Tierart spezifisch ist. Kontrolle: Das die Kette abschließende Antiserum darf nicht an und für sich agglutinieren. II. Agglutination durch Kettenbindung unter Mitwirkung von Komplement (MoRrEscH!). Wird Blut, das durch Vermittelung von Ambozeptoren mit Pferdekomple- ment geladen ist, mit einem für Pferdeserum spezifischen Antiserum digeriert, so tritt Agglutination ein. III. Kongtutination (BoRDET & Gay). Agglutination wird bedingt durch Digerieren der mit Ambozeptor und Komplement beladenen Blutzellen mit sog. Konglutininen, welche sich in in- aktivierten normalen Seris (cf. STRENG) und besonders im normalen Rinder- serum vorfinden. Da die Blutkörperchen natürlich nicht gelöst sein dürfen, ist man in der Auswahl des Komplements beschränkt und in der Regel auf Pferdeserum angewiesen. Nach neueren Untersuchungen von GENGOU soll je- doch die eine Komponente des Komplements, das Mittelstück, zur Auslösung der Konglutination hinreichen, so daß die Verwendbarkeit der Sera als Komplement resp. als Mittelstück vergrößert ist. IV. ee en enattlung durch Kreuzspinnengift (v. SZILY). Durch Zusammenwirken von inaktivem spezifischen Immunserum und Kreuzspinnengift (Arachnolysin) tritt Agglutination ein. Da das Arachnolysin auf pen: Blutarten auch hämolytisch wirkt, kommen zu diesem Zweck nur die der lytischen Wirkung Baer resistenten Blutarten (Meerschwein- chen, Pferd, Hammel, Hund), in Betracht. *) Nach GIRARD-MANGIN & HENRI kann man auch im salzfreien Medium (Rohrzuckerlösung) Agglutination der Blutkörperchen durch ihr eigenes Serum beobachten. Jedoch ist beim Arbeiten in Rohrzuckerlösung auf das Eintreten von Spontanagglutination (cf. hierzu BANG, GUGGENHEIMER) zu achten. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 41 Außer den genannten Verfahren wäre noch der neuerdings von BorDET & GENGoU beschriebene und als Koagglutination bezeichnete Vorgang zu nennen, bei dem es sich aber nicht um das Zusammenwirken von Blutkörper- chen und einem korrespondierendem Antiserum, sondern vielmehr um das Nieder- reißen :von roten Blutkörperchen durch die Reaktion von präzipitabler Sub- stanz mit dem entsprechenden Antiserum handelt. Methodisch ist für die Ko- agglutination zu beachten, daß ein Antiserumüberschuß hinderlich sein kann, und daß Antigen und Antiserum vor dem Blutzusatz nicht in Kontakt sein dürfen. Zur Erzeugung des Phänomens sind Meerschweinchenblutkörperchen am besten geeignet. Theoretisch sind natürlich die Grundlagen für de Anwendung der Hämagglutination zum Antigen- wie zum Antikörpernachweis gegeben. In praktischer Hinsicht spielt jedoch, wie schon gesagt, die Häm- agglutination nur eine geringe Rolle in der Serodiagnostik. Für die Blut- differenzierung im allgemeinen kommt sie kaum in Betracht, da es sich in den Fällen, in denen die Unterscheidung von Blutarten gefordert wird, in der Regel nicht um intaktes Blut handelt und überdies die Verwendung hämolytischer Sera den Vorzug verdient. Was den Antikörpernachweis*) anlangt, so haben frühere Angaben der Autoren (GRÜNBAUM, SHATTOCK, Lo Monaco & PANICHI, GRIXONI u. a.), welche in dem Auftreten von Isoagglutininen (und Isolysinen) eine pathognomo- nische oder diagnostische Bedeutung bei gewissen Krankheiten erblicken wollten, sich nicht in dieser Form bestätigt. Isoagglutinine haben sich vielmehr fast immer im menschlichen Blutserum vorgefunden, nur wirken sie nicht auf die Blut- körperchen aller Individuen (cf. hierzu: LANDSTEINER, ASCOLI, BIFFI, EIsEN- BERG, DECASTELLO & STURLI, HEKTOEN, KLEIN, LANGER, HALBAN, SCHENK und EN andere, zusammenfassende Darstellungen von LANDSTEINER und RAUBI- TSCHEK). Hingegen ist von MARX & EHRNROOTH eine Methode zur forensi- schen Unterscheidung von Menschen- und Tierblut angegeben worden, welche in dem Nachweis von Heteroagglutininen besteht. Das Verfahren, das die Autoren übrigens nur als Vor- und Hilfsprobe angesehen wissen wollen, beruht auf der Erfahrung, daß Isoagglutinine im menschlichen Blutserum nur selten und von geringgradiger, nur auf die Blutkörperchen einer geringen Zahl von Individuen beschränkter Wirkung vorhanden sind und sich im ange- trockneten Blut nur kurze Zeit halten, während Heteroagglutinine für die ver- schiedensten Blutarten stets leicht nachgewiesen werden können und selbst in 30 Jahre alten Blutproben noch auffindbar waren. Das Verfahren wird derart ausgeführt, daß ein Tropfen des aus dem zu untersuchenden Blutfleck her- gestellten Extraktes mit einem Tropfen Menschenblut auf dem Objektträger gemischt wird. Bei mikroskopischer Untersuchung spricht Agglutination für Tierblut, ihr Fehlen für Menschenblut. MarTın und BLANK verhalten sich gegen- über diesem Verfahren wegen der großen Schwankungen des Isoagglutinin- gehaltes auch im menschlichen Blutserum ablehnend. j Ein weiteres, gerade auf dem Nachweis von Isoagglutininen basierendes Verfahren ist von LANDSTEINER & RICHTER zur individuellen Blutdifferenzierung angegeben worden. Die Grundlage bildet die Ueberlegung, daß das menschliche Blutserum zwar sehr häufig Isoagglutinine, aber niemals Autoagglutinine enthält. Man beobachtet also, ob in der Mischung des zu unter- suchenden Blutextraktes mit den Blutkörperchen verschiedener menschlichen Individuen Agglutination auftritt oder nicht. Schon wegen der geringen Halt- barkeit der Isoagglutinine wird man dem negativen Ausfall Beweiskraft ab- sprechen müssen, aber immerhin bei positivem Ausfall den Schluß ziehen können, daß das untersuchte Blut nicht von demjenigen Individuum stammt, dessen Blutkörperchen benutzt wurden (cf. hierzu die Einwendungen von MARTIN, vgl. jedoch VERDIER). Auch über verstärkte Autoagglutination wurde berichtet, so bei Leberkrankheiten (KLEIn, Bug, EISENBERG, WIDAL, ABRAMI, BRULE, T.ANDSTEINER), bei Malaria (BırFt). bei Pneumonie (RUBINO), bei Spirillen- und Trypanosomeninfektionen (NEUFELD & v. PROWAZER, FI- SCHER, YORKE). *) Neuerdings hat F. BAUER, der einen Parallelismus zwischen Agglutina- tionsreaktion für Pferdeblut und Serumkrankheit beschreibt, vorgeschlagen, die Hämagglutininreaktion zur Diagnose von Serumexanthemen zu verwerten. 42 H. Sacas und H. Rırz, Die Hämagglutination ist nun auch zu einem He Eindringen in individuelle Differenzen der Beschaffenheit der Blutzellen herangezogen worden. Daß es prinzipiell möglich ist, mit Hilfe serodiagnostischer Reaktion indivi- duelle Differenzen in der Blutbeschaffenheit festzustellen, ist seit den grund- legenden Untersuchungen EHRLICH & MORGENROTHS über Isolysine bekannt. Prinzipiell gleiche Verhältnisse haben v. DuUnGERN & HirscHreLD bei der immunisatorischen Erzeugung von Isoagglutininen auftreten sehen. Diese Agglu- tinine wirken nicht auf das Blut des Antikörper liefernden Tieres, dagegen auf dasjenige, welches zur Vorbehandlung benutzt wurde, und auch auf die Blutkörperchen einiger anderen Individuen. v. DUNGERN & HIRSCHFELD haben das Studium der sich daraus ergebenden „gruppenspezifischen Struk- turen“ des Blutes auf breiter Basis ausgedehnt und dabei besonders die indi- viduellen Differenzen beim Menschen näher analysiert. Hier hatte bereits LANDSTEINER festgestellt, daß man mittels der Isoagglutinine mehrere Strukturen im Menschenblut feststellen kann, die sich nur bei einem Teil der Individuen finden. Die Methode beruht darauf, daß das Serum eines Individuums A die Blutkörperchen von anderen Individuen agglutiniert, ohne die eigenen zu treffen. Umgekehrt können andere Individuen B Agglutinine enthalten, welche die Blutkörperchen des Individuums A agglutinieren; es gibt schließlich auch Sera, welche die Blutkörperchen A und B agglutinieren. Von DunGERN & HIRSCHFELD haben durch umfangreiche Untersuchungen die Kenntnis dieser Verhältnisse sehr eingehend erweitert und auch die Agglutination von Menschen- blut durch tierische Sera zum gleichen Zwecke herangezogen, wobei erst die Absorption mit einem bestimmten Menschenblut erforderlich ist, um das auf das Blut aller Individuen wirkende Agglutinin zu entfernen (bezügl. gruppen- spezifischer Strukturen des tierischen Blutes vgl. auch BROCKMANN). ON DUNGERN & HIRSCHFELD haben derart ein großes Tatsachenmaterial kennen gelehrt, welches von hohem biologischen Interesse ist, die Möglichkeit einer individuellen Blutdiagnostik erweitert und die Vererbung der nachweisbaren spezifischen Strukturen im Sinne der MEnpeıschen Regel demonstriert. (,Die Tatsache, daß die nachweisbaren Bestandteile der Blutkörper niemals rezessiv sind und daher bei den Kindern nie erscheinen, wenn nicht eine der Eltern sie enthält, ist forensisch zu verwerten.“) Es kann jedoch an dieser Stelle nicht näher auf die interessanten Details eingegangen werden, cf. hierzu die Original- arbeiten von v. DUNGERN & HIRSCHFELD (cf. auch Moss, HALPERN). Literatur zu A (Anhang). AscoLı, M., Isoagglutinine und Isolysine menschlicher Blutsera.. Münch. med. Wochenschr., 1901, S. 1239. BanG, J., Physikochemische Verhältnisse der roten Blutkörperchen. Bioch. Zeitschr., Bd. 16, 255, 1909. BAUER, F., Ueber Hämagglutininreaktion bei Serumkrankheit. Münch. med. Wochenschr., 1911, Nr. 2. v. BAUMGARTEN, P., Die Hämolyse im heterologen bzw. Immunserum. Arb. a. d. path. Inst. Tübingen, Bd. 5, 1905; cf. auch ZIKELs osmolog. Path. u. Ther., 1905 und Bioch. Zeitschr., Bd. 11, 1908. Bırrı, M., Sulle Emoagglutinini del sangue umano. Ann. d’igiene sperimentale, Vol. 13, 1903. 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Rırz, SCHENK, F., Ueber die Vermehrung der Hämagglutinine im Wochenbett. Münch. med. Wochenschr., 1905. SHATTOCK, S. G., Chromocyte elumping inacute pneumonia and certain other diseases. Journ. of path. and bact., Vol. 6, 1900. STRENG, O., cf. Literatur zu A. v. SzıLy, A., cf. Literatur zu A. VERDIER, L., Contribution ä l’&ude de la differentiation individuelle du sang humain. These de Toulouse, 1906. WıvaL, F., ABRAMI, P., & Bruue£, M., Autoagglutination des h@maties dans l’ietere hömolytique acquis. Compt. rend. soc. Biol., T. 64, 1908. YORKE, W., Autoagglutination of red bloodcells in trypanosomiasis. Proc. Royal soc., Vol. 83, 1911. B. Diagnostik mittels Bakterizidie (Bakteriolyse). Während die Fähigkeit des normalen Blutserums, auf Bakterien abtötend resp. entwickelungshemmend zu wirken, seit längerer Zeit bekannt war (v. Fopor, NuUTTALL, BEHRING, NISSEN u. a.) und ins- besondere von Buchner eingehend studiert wurde, stellt die spe- zifische Diagnostik mittels Bakteriolyse die praktische Nutz- anwendung der Entdeckung des Preırrerschen Phänomens für die Serodiagnostik dar. Das nach seinem Entdecker sogenannte ‚„PFEIF- FErsche Phänomen“ beruht bekanntlich auf der Tatsache, daß durch die Behandlung eines Individuums mit Bakterien im Serum des- selben Stoffe entstehen oder angereichert werden, welche die Fähig- keit haben, die zur Vorbehandlung benutzte Bakterienart in der Bauchhöhle des normalen Meerschweinchens sofortiger Auflösung anheimfallen zu lassen *). Später zeigte es sich, daß zum Zustande- kommen dieser Bakteriolyse der lebende Tierkörper nicht ein un- bedingtes Erfordernis ist, daß es vielmehr auch im Reagenzglase gelingt, Bakteriolyse hervorzurufen, wenn dem Immunserum etwas frisches Peritonealexsudat hinzugefügt wird (METSCHNIKOFF), oder wenn ganz frisch gewonnenes Immunserum zur Verwendung gelangt, resp. zu dem älteren Immunserum frisches normales Blutserum hinzu- gegeben wird (Borper). Zum Zustandekommen der Bakteriolyse sind also zwei Substanzen erforderlich, ein stabiler und besonders auch thermostabiler durch den spezifischen Immunisierungsvorgang in er- heblich vermehrter Menge vorhandener Stoff, der Ambozeptor, und eine zweite labile (thermolabile), bereits im normalen Blutserum vor- handene Komponente, das Komplement. Auf den Mechanismus des Zusammenwirkens dieser beiden Faktoren kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Durch die hohe Spezifität ist das Phä- nomen der Bakteriolyse für die spezifische Diagnostik qualifiziert, und zwar prinzipiell sowohl zum Antigen- als auch zum Antikörper- nachweis. *) Schon vorher waren schützende Wirkungen von Immunsera beschrieben worden (RICHET & HERICOURT, EMMERICH & MASTBAUM, METSCHIKOFF), welche als antiinfektiös, aber nicht als antitoxisch aufzufassen waren. Eine nähere Analyse brachten dann die Arbeiten über die Choleraimmunität (BRIEGER, KITASATO & WASSERMANN, WASSERMANN, PFEIFFER & WASSERMANN, PFEIFFER). Nach- dem durch PFEIFFER & WASSERMANN die Differenzierung der Funktionen des Choleraimmunserums von den antitoxischen Serumwirkungen erwiesen war, und es sich ergeben hatte, daß Choleravibrionen in der Bauchhöhle immuner Meer- schweinchen sehr viel rascher zugrunde gehen, als als bei normalen Tieren, wurde durch PFEIFFERs Arbeiten im Verein mit ISSAEFF, KOLLE & Marx der Vorgang der Bakteriolyse erkannt und insbesondere für Cholera und Typhus näher präzisiert. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 45 Die Diagnostik mittels Bakteriolyse im engeren Sinne gehört zu den direkten Methoden des Antigen- und Antikörpernachweises; denn die stattfindende Reaktion dokumentiert sich dem Beobachter sinnfällig in einer morphologischen Veränderung der Bakterienzellen, eben ihrer Auflösung und Granulabildung. Das Entstehen Iytischer Antikörper ist nicht auf Bakterienzellen beschränkt, sondern kann auch nach Einverleibung von tierischen Zellen in den fremdartigen Organismus erfolgen. In theoretischer Hinsicht spielen dabei bekanntlich die hämolytischen Antikörper eine besondere Rolle. Bei der in diagnostischer Hinsicht relativ ge- ringen praktischen Bedeutung der gegen tierische Zellen gerichteten Lysine werden wir uns damit begnüngen, in einem Anhang kurz auf sie hinzuweisen. Die Bedeutung, welche die Hämolysine als Indikatoren für stattgehabte Immuni- tätsreaktionen besitzen, wird Gegenstand besonderer Besprechung in dem folgen- den Abschnitt über Komplementbindung sein. Mit dem Begriff der Bakteriolyse ist eng verwandt, wenn auch nicht absolut identisch, der Begriff der Bakterizidie, der Abtötung der Bakterien. Die Bakteriolyse ist im allgemeinen mit Bakterizidie verbunden, ohne daß allerdings die Bakterizidie unter dem morpho- logisch-typischen Bilde der Bakteriolyse eintreten muß. Zum Nach- weis der Bakterizidie ist aber der direkte Nachweis des Bakterien- zerfalls nicht erforderlich, und so kann die Diagnostik mittels bakte- rizider Sera auch auf indirekte Weise erfolgen, indem als Kriterium für die stattgefundene Immunitätsreaktion das Aufhören von Lebens- erscheinungen der Bakterien (Fortpflanzungsvermögen, chemische Fähigkeiten) gilt. Schließlich kann sich die Bakterizidie indirekt auch im Schutzversuch dadurch dokumentieren, dab die Injektion des antikörperhaltigen Serums die Versuchstiere vor der tödlichen Wir- kung der Infektion mit virulenten Bakterien schützt, ein Verfahren, das in der Tat bereits vor der Entdeckung des Preırrerschen Phä- nomens zu diagnostischen Zwecken geübt wurde. Jedoch kann man bei dieser Methode von vorneherein nicht von einer Diagnostik mittels bakterizider Immunstoffe sprechen, da die Möglichkeit vor- liegt, daß die Schutzwirkung durch andere Antikörper (Opsonine, Bakteriotropine) verursacht ist. Wenn wir daher im folgenden die Diagnostik mittels Bakterizidie behandeln, so werden wir im wesent- lichen die Methoden des Nachweises der Bakteriolyse in vivo und in vitro, der Bakterizidie in vitro besprechen *). I. Allgemeine methodische Grundsätze. Für die Diagnostik mittels bakterizider Sera ist zunächst ebenso wie für die Agglutination der Salzgehalt des Mediums das erste Er- fordernis. Wie wir durch die Untersuchungen von Buchner & ÖRTHENBERGER wissen, bleibt die Bakterizidie im salzfreien Medium aus, eine Tatsache, die sich auf Grund der Untersuchungen von FERRATA, Braun, LiEFManN, Sachs & TeruucHı durch die im salzfreien Medium eintretende Spaltung oder Inaktivierung des Kom- plements erklärt. Andererseits wird die Komplementwirkung auch verhindert durch hypertonische Salzlösungen (Markr, EHrrLich & *) Die systematische Analyse der bakteriziden Sera, insbesondere auch in bezug auf ihre Konstitution und Wirkung, kann an dieser Stelle nicht erörtert werden, es sei in dieser Hinsicht auf den Aufsatz FRIEDBERGERs im 2. Bande dieses Handbuchs verwiesen. 46 H. Sıcus und H. Rırz, Sıcus, Nor und viele andere), so daß also auch ein zu hoher Salz- gehalt die Bakterizidie hemmen kann. Ohne auf die zahlreichen Arbeiten, welche den Einfluß der verschiedenen Salze auf die Wir- kung lytischer Sera erörtern, an dieser Stelle näher einzugehen, sei dahin zusammengefaßt, daß als Verdünnungsflüssigkeiten ausschlieb- lich salzhaltige Lösungen, also physiologische Kochsalzlösung, oder Bouillon in Betracht kommen, resp. geeignete Mischungen der letzteren Medien (cf. Hüne). In gleicher Weise ist in Uebereinstimmung mit der Agglutination auch die Diagnostik mittels bakterizider Sera eine quantitative Me- thode. Die Forderung des quantitativen Arbeitens, d. h. des Ver- wendens absteigender oder sehr geringer Serummengen ergibt sich: a) aus der Definition der Antikörperspezifität als Rezeptoren- spezifität, wenn auch im allgemeinen die Wirkung der bakteriziden Sera als artspezifischer gilt, als diejenige der Agglutinine, b) aus der Tatsache des Gehaltes der normalen Sera an bakte- riziden Stoffen, c) aus der Möglichkeit der Hemmung der Bakterizidie durch einen Antikörperüberschuß, ein Umstand, der sowohl aus Erfahrungen im Tierversuch (LÖFFLER & ABEL, R. PFEIFFER, LECLAINCHE & MOREL), wie auch aus solchen über die Wirkung bakterizider Sera im Reagenz- glas (NEISSER & WECcHSBERG) bekannt ist. Es handelt sich hier um das Phänomen der sogenannten Komplementablenkung, wobei trotz hinreichender Bindung der bakteriziden Immunstoffe an die Bakterien das zur Abtötung erforderliche Komplement nicht zur Wirkung ge- langt. (Ueber die Erklärung vgl. die Arbeiten von NEISSER & WECHSBERG, LiPsTEIn, Buxton, LevaDImı, Gay u. a.). Allerdings spielen diese Hemmungserscheinungen durch Komplementablenkung wesentlich im Reagenzglasversuche eine Rolle, wobei die Komplement- menge begrenzt ist, während bei der Bakteriolyse in vivo der Tier- körper gleichsam eine unversiegbare Komplementquelle darstellt, die allerdings unter Umständen auch versagen kann*). FRIEDBERGER erklärt solche Fälle, in denen im Tierversuch ein Immunserum- überschuß die schützende Wirkung vereitelt, im Sinne einer durch rapide Bakteriolyse bedingten Endotoxinvergiftung. Die weitere Methodik glauben wir für die einzelnen Formen des Nachweises der Bakterizidie gesondert besprechen zu sollen. Ueber- einstimmend ist für Sterilität Sorge zu tragen. Il. Spezielle Methodik für den Nachweis der Bakteriolyse in vivo. (PrEIFFEerRscher Versuch.) Was die zur Ausführung der Bakteriolyse im Tierkörper er- forderlichen Materialien anlangt, so dienen als Antikörper einerseits immunisatorisch gewonnene Antisera, andererseits Sera von Indi- viduen, bei denen das Bestehen eines fraglichen Infektionsprozesses nachgewiesen werden soll. Uebereinstimmend ist, gleichgültig, ob es sich um den Antigen- oder Antikörpernachweis handelt, das Vor- handensein einer Reinkultur der betreffenden Bakterien erforderlich und ebenso eine Komplementquelle, als welche hier eben der lebende *) Ueber die zahlreichen Einflüsse, welche eine antikomplementäre und antilytische Wirkung bedingen können, vgl. die Kapitel „Bakterizide Sera“ und „Hämolysine und Cytotoxine“ im 2. Bande des Handbuchs. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 47 tierische Organismus fungiert. Die beiden letzteren Komponenten (Bakterien und Tierkörper) bedürfen einer besonderen Erörterung. a) Tierart und Applikationsstelle. Als klassisches Versuchstier für den Preırrerschen Versuch gilt seit den grundlegenden Untersuchungen R. PFEIFFERS und seiner Mitarbeiter das Meerschweinchen. Auch Kaninchen und Ratten eignen sich nach METSCHNIKOFF für die Demonstration der Bakte- riolyse. Bei der Wahl des Versuchstieres ist unter Umständen auch dem Umstand Beachtung zu schenken, dab der bakterizide Ambozeptor nicht ohne weiteres in jedem beliebigen Organismus die zu seiner Wirkung notwendigen Komplemente vorfinden muß. Wenn man auch hierbei von der Vielheit der Komplemente und Ambozeptoren -» in einem und demselben Serum absieht, so ergibt sich doch aus der Tatsache, daß die von verschiedenen Tierarten herrührenden Kom- plemente einerseits, die von verschiedenen Tierspecies stammenden, gegen ein und dieselbe Bakterienart gerichteten Ambozeptoren andererseits mehr oder weniger differenziert sind, die Mahnung, sich vor einer allgemeinen Schematisierung zu hüten. Als Beispiel sei auf die Beobachtungen WECHSBERGS verwiesen, nach denen ein für Metschnikoffvibrionen spezifisches Immunserum von Kaninchen zwar Meerschweinchen, aber nicht Tauben gegen die Infektion schützt, weil eben bei der Taube das zur Aktivierung geeignete Komplement fehlt. Das Meerschweinchen erscheint auch durch seinen Komplement- reichtum für bakterizide Versuche von vorneherein geeignet. Als Applikationsstelle dient die Bauchhöhle Nach BaırL kann man auch die Pleurahöhle benutzen. Die Beobachtung der Bakteriolyse an anderen Körperstellen (im strömenden Blut, Sub- kutangewebe etc.) hat lediglich wissenschaftliches Interesse und kommt für diagnostische Zwecke nicht in Betracht. Es erübrigt sich schließlich, darauf hinzuweisen, dab zu diagno- stischen Versuchen mittels Bakteriolyse selbstverständlich unbenutzte Tiere zu verwenden sind. Von besonderer Bedeutung ist diese Forde- rung auch durch die unspezifische Resistenzerhöhung, welche, durch KLeEIn, FRÄNKEL, SOBERNHEIM, besonders PFEIFFER & IssaErr be- kannt, schon bei peritonealer Injektion indifferenter Flüssigkeiten (physiol. Kochsalzlösung, Bouillon etc.) auftritt und lediglich eine Funktion peritonitischer Reizung darstellt. Wie bei allen vergleichenden biologischen Untersuchungen ist auch Gewicht und Alter der Tierindividuen zu berücksichtigen. Für die Choleradiagnostik werden Meerschweinchen von 200—250 g Ge- wicht gewählt (cf. PrEiFrer, amtliche Vorschriften für das Deutsche Reich). Für die Diagnostik mit anderen Bakterienarten empfehlen sich nach Marx unter Umständen schwerere Tiere, weil die Bakterio- lyse nicht so rasch verläuft wie bei Choleravibrionen, damit aber der Interferenz von Wirkungen der giftigen Leibessubstanzen ein größerer Spielraum gegeben ist, und kleinere Tiere in dieser Hin- sicht empfindlicher sind. b) Die Bakterien. Die für den Preıirrerschen Versuch zu verwendenden Bakterien müssen in Reinkultur vorhanden sein. In der Regel benutzte man ws . re. ai B n acacn Ial Di 18-stündige Agarkulturen. Nicht alle Bakterienarten lassen Bakte 48 H. Sacns und H. Rırz, riolyse erkennen. In der praktischen Serodiagnostik handelt es sich vorzugsweise um Choleravibrionen und Typhusbacillen. Ein wesentlich zu berücksichtigender Faktor ist dabei die Virulenz der Kulturen. Die Bakterien müssen tierpathogen sein, weil als Kriterium des positiven Ergebnisses außer dem morphologischen Bakterienzerfall auch der Tod der Versuchstiere gilt. Ferner ist aber eine bestimmte Virulenz der Bakterien deshalb zu fordern, weil auch in der Bauchhöhle des normalen ‚Meerschweinchens mit oder ohne Zusatz von Normalserum Bakteriolyse stattfinden kann (cf. PFEIFFER & WASSERMANN u. a.) und der Grad dieser Bakteriolyse mit dem Steigen der Virulenz abnimmt. Es handelt sich hierbei um Verhältnisse, die in ähnlicher Weise auch für die Bakteriolyse unter dem Einflusse des Immunserums gelten, und es ergibt sich im allge- meinen, daß die Bakterienmenge, welche noch der Bakteriolyse an- heimfällt, um so größer ist, je geringere Virulenz die Kultur besitzt (cf. hierzu die Untersuchungen von HAFFKINE, VAN DE VELDE, PFEIF- FER & KoLLE, BoRDET u. a.)*). Nun kann aber die Bakterienmenge nicht beliebig gesteigert werden, weil bei einem gewissen Ueberschuß das Versuchstier trotz Bakteriolyse und trotz Aufhebung der Vermehrungsfähigkeit der Vergiftung durch die Leibessubstanzen (Endotoxine) der Bakterien erliegt. Dieser Endotoxintod kann auch durch die größten Serum- mengen nicht aufgehalten werden, so dab sich auch aus diesem Grunde eine bestimmte Virulenz der Bakterien für den PFEIFFER- schen Versuch als notwendig erweist. So darf die zu injizierende Dosis bei Choleravibrionen 2,5—5 mg nicht übersteigen. Für die Diagnostik mittels Bakteriolyse soll daher die COholerakultur nach PFEIFFER (cf. auch Marx) eine Virulenz von 1/,—1/., mg (=1/n bis 1/.o Oese) besitzen. Dabei wird die Virulenz zahlenmäßig aus- gedrückt durch diejenige kleinste Bakterienmenge, welche Meer- schweinchen von 200—250 g Gewicht innerhalb 24 Stunden bei peritonealer Injektion tötet. Die Virulenz der Kultur wird bestimmt durch peritoneale Injektion ab- steigender Mengen, wobei die Normalöse (= 2 mg) als Maßstab dient. Zur In- jektion wird eine Oese der Kultur in 1 ccm Bouillon verrieben. Bei Injektionen von Bruchteilen einer Oese wird die Bouillonmenge derart vermehrt, daß 1 cem der Aufschwemmung die gewünschte Bakterienmenge enthält. Zum Preırrerschen Versuch wird vorteilhaft ein Multiplum der tödlichen Dosis benutzt (in der Regel das 5—10-fache); jedoch kann man sich, wie dies auch nach PFEIFFErR die neueren amtlichen Vorschriften für die Choleradiagnose tun, mit einer geringeren Viru- lenz begnügen und den Versuch als beweiskräftig ansehen, wenn man mit einer Oese arbeitet und das Kontrolltier, welches die gleiche Bakterienmenge ohne Serum enthält, innerhalb 24 Stunden zugrunde geht. Frisch gezüchtete Cholerastämme besitzen in der Regel die er- forderliche Virulenz, wenn auch hier (cf. Korze) Schwankungen vor- kommen. Für Typhusbacillen gelten ungefähr dieselben Virulenz- grade, während die Virulenz bei anderen Bakterienarten (Para- typhus etc.) höhere Grade erreicht. Besitzen die zu verwendenden Bakterienstämme keine hin- reichende Virulenz, wie das z. B. bei älteren Laboratoriumskulturen *) Auf die Theorie der Virulenz und ihre Beziehungen zum Rezeptoren- apparat der Bakterien soll hier nicht näher eingegangen werden. a Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 49 oder aus dem Wasser gezüchteten Choleravibrionen häufig der Fall ist, so muß, wenn die Diagnose dennoch durch den PFrEIFFERschen Versuch vorgenommen werden soll, die Virulenz durch Tierpassagen gesteigert werden, oder es muß auf dem Umwege der- aktiven Immuni- sierung versucht werden, ein Serum zu gewinnen, das seinerseits gegen einen virulenten Stamm im Preırrerschen Versuch geprüft wird (cf. hierzu an späterer Stelle). c) Die Ausführung der Methode. Die Bakteriolyse in der Peritonealhöhle tritt nicht nur dann ein, wenn Bakterien und Immunserum gleichzeitig normalen Tieren eingespritzt werden, sondern auch bei der Injektion von Bakterien in die Bauchhöhle von aktiv immunisierten Tieren, sowie auch dann, wenn normalen Tieren das Immunserum getrennt von den Bakterien injiziert wird (passive Immunisierung). Zu praktisch diagnostischen Zwecken gelangte jedoch in der Regel die gleichzeitige Injektion von Bakterien und Immunserum zur Anwendung *). Ueber die Technik der peritonealen Injektion können wir uns an dieser Stelle kurz fassen und begnügen uns damit, auf die Kapitel über aktive Immunisierung und Antikörperdarstellung im zweiten Bande des Handbuchs zu verweisen. Die übliche Methodik der peritonealen Injektion besteht darin, daß das Versuchstier von einem Gehilfen, zweckmäßig mit nach oben oder nach oben und vorn ge- richteter Bauchwand, gehalten wird und mit stumpfer Kanüle (meist Kocnscher Spritze) der Einstich erfolgt. Zur Vermeidung einer Assistenz, die man auch durch Aufspannen der Tiere entbehren kann, sind verschiedene Handgriffe angegeben worden, so von Kress Einwickeln der Tiere mit einer Binde, so daß nur der zur Injektion dienende Teil der Bauchwand frei bleibt, von FRIEDBERGER Fixation des Tieres in der linken oberen Tasche des Laboratoriummantels, von BÖHME Fixation des Kopfes zwischen Brust und linkem Unterarm, wobei das Tier über die Handwurzel ausgespannt wird, von VOGES Fixierung des Vorderkörpers der Tiere in Blechdosen und andere mehr. Zur Injektion werden gewöhnlich an der Applikationsstelle die Haare entfernt. Die Haut wird mit Rücksicht auf die spätere Ent- nahme von Peritonealexsudat mittels Glaskapillaren durch einen Scherenschlag getrennt und wird zur Injektion verschoben, so dab sie nach Herausnahme der Kanüle die Stichöffnung bedeckt. Will man ohne vorherige Trennung der Haut direkt peritoneal injizieren, so sticht man in eine emporgehobene Falte der Peritonealwand ein, oder man durchsticht, wie dies SOBERNHEIM empfiehlt, die emporgehobene Falte ganz und zieht dann die Kanüle langsam zurück, bis die Spritze in der Peritoneal- höhle ist. (Ueber besondere Modifikationen der Kanülen vgl. STEPHENSON & BRUCE, FRIEDBERGER u. a.) Bei der Ausführung des Preırrerschen Versuchs gelten in bezug auf quantitatives Arbeiten die gleichen Vorschriften wie für die *) Die getrennte Injektion kommt in Betracht, wenn es sich darum handelt, Schutz- oder Heilwirkung des Serums zu ermitteln. Man kann im ersteren Falle, wie zuerst PFEIFFER & IssarFF gezeigt haben, das Serum subkutan oder intravenös vor den Bakterien injizieren (cf. hierzu auch Baıt und FRIEDBERGER), im letzteren Falle (cf. PFEIFFER) der vorangehenden Infektion die Einver- leibung des Serums nachfolgen lassen. Natürlich sind unter diesen Umständen größere Serumdosen zur Erzielung des Effektes erforderlich, als bei gleich- zeitiger Infektion. . Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. B: 50 H. Sacns und H. Rırz, Agglutination, insofern als Reihen mit absteigenden Serummengen an- gelegt werden. Als Verdünnungsflüssigkeit wird Nährbouillon (nicht physiologische Kochsalzlösung) benutzt. Es werden demnach Ver- dünnungen des Immunserums bereitet, deren Abstufungen sich nach dem zu erreichenden Zweck richten müssen. In der Regel wird man mit größeren Intervallen (etwa !/,o, Y/ıoo; Yıooo etc.) beginnen und den genaueren Wert dann durch Abstufungen zwischen der noch wirksamen und der nicht mehr wirksamen Serummenge bestimmen. In je 1 cem der Serumbouillonverdünnung wird eine Oese der 18- bis 24-stündigen Agarkultur verrieben. Die Gemische werden dann mittels Kochscher Spritze peritoneal injiziert. Die minimale Serummenge, welche die Bakteriolyse von einer Oese bei einer Virulenz von 1/.—1/,, mg bewirkt und das Tier vor dem tödlichen Ausgang schützt, wird als Immunitätseinheit (IE.) bezeichnet. Arbeitet man mit Stempelspritzen, so kann man um eine möglichst quan- titative Injektion der Flüssigkeit zu erzielen, vor der Aspiration der Mischung etwas Luft ansaugen, die dann den vollkommenen Austritt der Flüssigkeit be- wirkt (FRIEDBERGER). Die Beobachtung der Bakteriolyse erfolgt durch mikroskopische Untersuchung der Bauchhöhlenflüssigkeit. Zur Entnahme derselben dienen die von Issaerr angegebenen Glaskapillaren, wobei man ebenso wie bei peritonealer Injektion nach Trennung der Haut die Peri- tonealwand durchstößt, so dab das Peritonealexsudat durch Kapil- larität und den intraabdominellen Druck in der Pipette aufsteigt *). Die Untersuchung des entnommenen Exsudats geschieht im hängenden Tropfen bei starker Vergrößerung. Bei der Untersuchung von Zeit zu Zeit entnommener Proben bemerkt man (cf. PFEIFFER, WAssER- MANN) zunächst einen Stillstand der Bewegung, sodann quellen die Bakterien auf, um schließlich in kleinere stark lichtbrechende kokkenähnliche Kugelformen überzugehen, die „PFEIFFERSchen Gra- nula“. Dieselben haben oft noch Eigenbeweglichkeit und sind zu- nächst mit Anilinfarben färbbar. Allmählich werden sie kleiner und lösen sich gänzlich auf, so dab sie in der Exsudatflüssigkeit nicht mehr differenziert werden können. Der geschilderte Prozeß beginnt bei positiver Bakteriolyse sofort nach der Injektion des Gemisches und kann nach 20 Minuten bereits beendet sein. Die amtlichen Vor- schriften für die Diagnostik verlangen, daß nach 20 Minuten, späte- stens nach einer Stunde typische Granulabildung resp. Auflösung von Choleravibrionen erfolgt ist, bei anderen Bakterien (cf. z. B. Typhus und Coli [PrEIFFER & Korre], Pest [KorLLe & MarTINI, MARKL, KOoLLE, OTTO & HErscH |, Pyocyaneus | WASSERMANN]) ver- läuft die Bakteriolyse langsamer, so daß z. B. für Typhus die Beobachtungsfrist auf 2 Stunden ausgedehnt wird) **). Man kann den Fortgang der Bakteriolyse auch im gefärbten Präparat ver- folgen. Besondere Untersuchungen hierüber rühren von RapzıEwsKI her, der die Veränderungen von Choleravibrionen und anderen Bakterien in der Bauch- höhle eingehend beschreibt. Danach eignen sich Methylenblau, ZiEHLsches Karbolfuchsin oder Anilinwassergentianaviolett zur Färbung, jedoch schwindet *) Nach ASCHER kann man auch ohne Kapillaren aus der Einstichöffnung einen Tropfen des Peritonealexsudates durch seitlichen Druck herausdrücken. **) Von der Beendigung der Bakteriolyse kann man sich auch durch Prüfung des Bauchhöhlenexsudates auf Sterilität überzeugen, indem man das entnommene Exsudat zu Agarplatten verarbeitet, wie dies der Endphase bei dem später zu erörternden bakteriziden Reagenzglasversuch entspricht. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 51 schon im Beginn der Bakteriolyse die Färbbarkeit mit Methylenblau, während die anderen beiden Farbstoffe noch eine Tinktion ermöglichen. Die Granula sind färberisch nur zum Teil demonstrierbar, so daß im allgemeinen die Be- obachtung des ungefärbten Präparats im hängenden Tropfen bevorzugt wird. In den Kontrollversuchen, in denen die Bacillen allein oder im Verein mit normalem Serum injiziert wurden, müssen noch zu der Zeit, zu welcher bei positiver Bakteriolyse typische Granula- bildung eingetreten ist oder die Bacillen verschwunden sind, reich- liche in der Form erhaltene und bewegliche Bacillen vorhanden sein, daneben kann aber eine geringgradige Granulabildung bestehen, welche durch die normalen bakteriolytischen Funktionen bedingt ist. Im Hauptversuch bleiben die Tiere am nächsten Tage am Leben *), während die Kontrolltiere innerhalb 24 Stunden zugrunde gehen. Bei sachgemäßer Ausführung des PFEIFFERschen Versuchs interferiert die Phagocytose nicht oder nur in sehr geringem Grade. Es ist aber dabei aller- dings Voraussetzung, daß die Bakteriolyse innerhalb der vorgeschriebenen Zeit (bei Cholera in einer Stunde, bei Typhus in 2 Stunden) abgelaufen ist. Nimmt der Vorgang der Bakteriolyse längere Zeit in Anspruch, so ist naturgemäß den sich allmählich in der Bauchhöhle ansammelnden Leukocyten Gelegenheit zur Ausübung der Phagocytose gegeben. Es können daher bei der langsamer ver- laufenden Lyse von Typhus- und Paratyphusbacillen Phagocytoseerscheinungen häufiger zur Beobachtung gelangen, als bei der typischen Lyse von Cholera- vibrionen. Dagegen kann die Bakteriolyse mehr oder weniger durch die Phago- eytose ersetzt werden, wenn bereits vor der Injektion eine starke Leukocytose in der Bauchhöhle besteht, wie das im sogenannten METSCHNIKOFFschen Ver- such durch eine vorher stattfindende Einverleibung von Aleuronat oder Bouillon geschieht. Allerdings kann auch unter diesen Verhältnissen die Bakteriolyse nach den Untersuchungen von PFEIFFER, ÄBEL, ÄSCHER u. a. vorwiegend extracellulär verlaufen. Immerhin ist auch aus diesem Grunde für die Diagnostik mittels Bakteriolyse die Verwendung unbenutzter Tiere ein unbedingtes Erfordernis. Nach ANGERER & HarTocH kann man auch die Bakteriolyse in der Meerschweinchenbauchhöhle durch Zusatz von Antisera beschleunigen, welche gegen das den Ambozeptor darstellende Serum gerichtet sind. Es handelt sich hier um einen Vorgang, welcher der bei der Agglutination besprochenen Ver- stärkung und Beschleunigung der Wirkung nach MOoRrEScHI entspricht. Auch hier gestaltet sich die Versuchsanordnung dadurch kompliziert, daß die Ge- mische von Bakterien und dem als Ambozeptorträger fungierenden Serum erst abzentrifugiert werden und die ambozeptorbeladenen Sedimente gemischt mit dem Antiserum (bei Verwendung von Pferdeserum als Ambozeptor: Anti- pferdeserum) zur Injektion gelangen. Der Einfluß des Eiweißantiserums doku- mentiert sich dann durch einen rascheren Ablauf der Bakteriolyse. Der Preırrersche Versuch mit morphologischer Feststellung der Bakteriolyse ist, wie schon erwähnt, auf wenige Bakterienarten be- schränkt. In anderen Fällen kann man den Tierversuch verwenden, wenn man sich mit der Feststellung der Schutzwirkungen des Serums begnügt, wie das z. B. bei der Wertbestimmung der Sera, zuweilen aber auch bei Schwierigkeiten, welchen die Diagnostik mittels Bak- teriolyse begegnet (siehe an späterer Stelle), geschieht. Indessen ist dabei zu beachten, daß die Immunität, welche man als Ausdruck der- Serumwirkung beobachtet, auch die Folge anderer Antikörper funktionen als der bakteriolytischen sein kann. Methodisch wird ebenso wie beim Prerrrerschen Versuch verfahren, indem absteigende Serummengen mit gleicher Bakteriendosis peritoneal injiziert worden. *) Doch kann auch, besonders bei Typhus und Paratyphus, der tödliche Ausgang verspätet eintreten (Endotoxintod) (cf. KOLLE, KUTSCHER & MEINICKE, BONHOFF, BÖHME), ohne daß darum bei einwandsfreier Beobachtung der Bakteriolyse das Ergebnis seine Verwertbarkeit unbedingt verliert. x 52 H. Sacus und H. Rırz, Il. Spezielle Methodik für den Nachweis der Bakterizidie in vitro. a) Bakteriolyse in vitro. Man kann nun auch im Reagenzglas die Einwirkung bakterio- lytischer Sera auf Bakterien direkt beobachten (R. PrEırrer), indem bei solchen Arten, die überhaupt der Bakteriolyse zugänglich sind, die gleichen Formveränderungen eintreten wie in der Bauchhöhle des Meerschweinchens, nur daß der Prozeß gewöhnlich beim Granula- stadium Halt macht (M&rschnikorr, Kraus & ÜLAIRMONT, NEU- FELD)*). Das Verfahren ist zuerst in Arbeiten von NUTTALL, METSCHNIKOFF und BorpET erörtert. Methodisch kommen, auch in bezug auf die Kontrollen, dieselben Gesichtspunkte wie bei der Bakteriolyse in vivo in Betracht. Für die rationelle Untersuchung von Immunserumwirkungen ist jedoch, wie dies METSCHNIKOFF und Borper gezeigt haben, Zusatz von Komplement erforderlich. Ueber die hierbei in Betracht kommenden Gesichtspunkte wird bei dem gleich im Anschluß hieran zu besprechenden Nachweis der Bakteri- zidie in vitro die Rede sein. Die Beobachtung erfolgt im hängenden Tropfen. Nach Borper mischt man auf dem Objektträger einen Tropfen Immunserum mit zwei Tropfen Kulturaufschwemmung (für Cholera eine Agarkultur in 5—7 cem Bouillon oder Kochsalzlösung). Auf einem Deckgläschen wird nunmehr eine Oese dieser Mischung mit einer Oese des als Komplement fungierenden Normalserums ge- mischt. Selbstverständlich sind Kontrollen erforderlich, welche die Unwirksamkeit des Normalserums, sowie die Spezifität des Vor- gangs dartun **). Die Beobachtung soll nach 2-stündigem Aufenthalt der Präparate im Brutschrank abgeschlossen sein. Zur Erleichterung der Beurteilung kann man nach METSCHNIKOFF im hängenden Tropfen mit Methylenblau färben. Auch die Färbung von Ausstrichpräparaten kann herangezogen werden. Im allgemeinen dürfte die Methode für die praktische Diagnostik nur selten in Betracht kommen, da wohl meist dem PFEIFFERSchen Versuch der Vorzug gegeben wird oder der bakterizide Reagenzglasversuch an seine Stelle tritt (cf. hierzu jedoch BezzoLa, über Bakteriolyse in vitro bei: Paratyphus).. Auch in Reagenzglasversuchen ist übrigens die Untersuchung des Bodensatzes auf Granulabildung als Ersatz für die Bakteriolyse in der Bauchhöhle herangezogen worden (Ss. RUFFER, HAENDEL u. a.). Nicht unerwähnt sei, daß Auflösung der Bakterien auch durch chemische Agentien bedingt werden kann. Erwähnenswert erscheint an dieser Stelle die bakteriolytische Wirkung der Galle, resp. der gallensauren Salze, da sie zur Differentialdiagnose insofern herangezogen wurde, als von LEvY auf die dia- gnostische Verwertbarkeit der von NEUFELD festgestellten Tatsache der iso- lierten Wirkung von taurocholsaurem Natrium auf Pneumokokken zur Unter- scheidung von Pneumo- und Streptokokken hingewiesen wurde. Von NEUFELD & HAENDEL wurden die Angaben Levys bestätigt. Nach diesen Autoren wirkt die Taurocholsäure noch stärker als die gallensauren Salze; avirulente Pneumo- kokkenstämme können der Gallenwirkung gegenüber resistent sein. *) Ueber die feineren Vorgänge bei der Bakteriolyse in vitro vgl. Kraus & ÜLAIRMONT. **) Nach BezzoLa kann unter Umständen, so bei Paratyphus, die Be- nutzung von Bauchhöhlenexsudat als Komplement für die Bakteriolyse in vitro günstiger sein als Serum. u ee 2. ee un 4 PR-AE Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 93 b) Bakterizidie. Bei der Diagnostik mittels Bakterizidie in vitro handelt es sich um einen indirekten Nachweis der stattgehabten Immunitätsreaktion, indem man von der Beobachtung einer sinnfälligen Veränderung des Zellantigens Abstand nimmt und den Nachweis der durch die Anti- körperwirkung bedingten Abtötung der Zelle durch Prüfung auf Lebensäußerungen führt. Das Verfahren hat daher von vorneherein einen größeren Anwendungsbereich, da es auch bei solchen Bakterien- arten herangezogen werden kann, bei denen eine direkte Veränderung der Zellen nicht nachweisbar ist. Das gebräuchlichste Verfahren zum Nachweis der Bakterienschädigung ist die Feststellung des Aufhörens der Fortpflanzungsfähigkeit. Daneben handelt es sich noch um soge- nannte bioskopische Methoden, welche auf dem Sistieren des Re- duktionsvermögens (oder auch der Oxydationsprozesse) bei der Ab- tötung der Zellen beruhen. Der Nachweis der Bakterizidie durch das Sistieren der Ver- mehrungsfähigkeit erfolgt im bakteriziden Reagenzglasversuch durch das Plattenverfahren, eine Methode, die bereits bei den Unter- suchungen über die bakterizide Wirkung normaler Körperflüssig- keiten von NUTTALL, BUCHNER, Nissen inauguriert und von zahl- reichen Autoren angewendet wurde. Man ging bei diesen Unter- suchungen über die bakterizide Kraft des normalen Blutserums in der Regel dermaßen vor, daß in einer Reihe von Röhrchen gleiche Mengen der Flüssigkeit (meist Serum) mit gleicher Bakterienmenge digeriert wurden. Nach verschieden langer Digestionsdauer wurde dann der Inhalt der einzelnen Röhrchen zu Platten gegossen und auf diesen die Zahl der sich entwickelnden Kolonien festgestellt. Vergleicht man hiermit den Keimgehalt eines Kontrollröhrchens, das nur die gleiche Bakterienmenge enthielt, so gewinnt man aus der Abnahme der Bakterienzahl sowie aus der Schnelligkeit, mit welcher diese er- folgt, einen Maßstab für die Stärke der bakteriziden Kraft. Anderer- seits kann man auch (cf. WrıcHrt, Buxron) in einem Reihenversuch die maximale Bakterienmenge feststellen, welche von einer bestimmten Serumquantität gerade noch abgetötet wird. Jedoch haben die genannten Verfahren, welche zum Teil in eine Zeit zurückreichen, zu welcher man den komplexen Charakter der bakteriziden Antikörperfunktionen noch nicht kannte, streng genommen, keine serodiagnosti- sche Bedeutung, denn einerseits handelt es sich bei ihnen um normale Anti- körperwirkungen, die für eine Differenzierung von Bakterien nicht in Betracht kommen, andererseits kann man auf diese Weise auch über bestehende oder bestandene Infektionsprozesse serodiagnostische Aufschlüsse nicht erhalten, da selbst bei einer spezifischen Vermehrung bestimmter Antikörpertypen das Kom- plement nicht in hinreichender Menge vorhanden ist, um die Vermehrung der Antikörper einwandsfrei nachweisen zu lassen. Dann, wie bereits BORDET für die bakteriziden Serumwirkungen gezeigt hat, findet beim Immunisierungs- prozeß nur eine Steigerung der Ambozeptoren statt, während der Komplement- gehalt von den normalen Verhältnissen nicht wesentlich abweicht. Zur spezi- fischen bakteriziden Serumwirkung sind aber beide Komponenten erforderlich. Gleichwohl kann aber die einfache Bestimmung der bakteriziden Kraft von Wert sein, wenn es darauf ankommt, Aufschluß über das Maß der bakteriziden Schutzkraft, welche Körperflüssigkeiten gegenüber Infektionserregern besitzen, zu erhalten; denn der Schutz im lebenden Organismus ist eben beschränkt auf das Maß der in ihm enthaltenen bakteriziden Stoffe, gleichgültig ob eine Aequl- valenz zwischen den beiden Komponenten besteht oder nicht. So bezwecken auch die von WRIGHT angegebenen Methoden für die Untersuchung bakteri- zider Serumwirkungen die Feststellung des Maßes der als Scehutzkraft in Be- 54 H. Sacns und H. Rırz, tracht kommenden bakteriziden Funktion, resp. ihre Veränderungen im Laufe der aktiven Immunisierung oder Vaccination. WRIGHT bestimmt entweder die kleinste Serummenge, welche noch zur vollkommenen Abtötung einer bestimmten Bakteriendosis führt, oder die größte Bakterienmenge, welche durch eine gleichbleibende Serumdosis eben noch nahezu vollständig abgetötet wird. Eigentümlich ist der von WRIGHT ausgearbeiteten Methode die Technik. Es wird mit Glaskapillaren gearbeitet, welche die Ver- wendung sehr kleiner Mengen ermöglichen. In den Kapillarröhrehen geschieht die Mischung der Komponenten (Bakterien und Serum), und in ihnen erfolgt auch schließlich die kulturelle Prüfung bei der Bestimmung der minimalen ab- steigenden Serummenge (Beurteilung nach 2—3-tägigem Aufenthalt bei 22°). Auch für die Feststellung der größten Bakterienmenge, welche von einer gegebenen Serumdosis eben noch abgetötet wird, sind von WRIGHT besondere Kapillar- röhrchen konstruiert worden, bei denen in dem kapillar ausgezogenen Teil die Her- stellung der Bakterienserummischung und deren Digerieren erfolgt, während ein dem Kapillaransatz folgender erweiterter Hohlraum zur Aufnahme von Bouillon dient, die schließlich, mit dem Kapillarinhalt gemischt, auf Sterilität geprüft wird. Be- züglich der näheren Details der Methodik sei auf die Darstellung von BÖHME im Handbuch der Technik und Methodik der Immunitätsforschung verwiesen, sowie auf die Originalabhandlungen von WRIGHT. Bemerkt sei, daß die Be- nutzung von Kapillaren auch dann angängig ist, wenn man der komplexen Kon- stitution der bakteriziden Stoffe Rechnung trägt, wenn sich auch bei der hier- durch bedingten Komplikation der Versuchsanordnung die Bedingungen etwas diffizil gestalten dürften. Durch die Entdeckung der komplexen Konstitution der Serum- lysine ergaben sich besondere methodische Forderungen für die Aus- führung des bakteriziden Reagenzglasversuches. Insbesondere mußte dafür gesorgt werden, daß Ambozeptor und Komplement in biologisch äquivalenten Mengen vorhanden sind, da bei einfacher Titration eines Immunserums durch fortschreitende Verdünnung sehr bald eine Zone entsteht, in welcher noch reichliche Mengen Ambozeptor vor- handen sind, während Komplement fehlt. Bei der Titration des normalen Serums können beide Möglichkeiten bestehen, sowohl Kom- plement- als auch Ambozeptorüberschuß. Die Konsequenz dieses Um- standes ist, daß bei der Serodiagnostik mittels des bakteriziden Reagenzglasversuchs normales Serum als Komplementquelle hinzu- sefügt werden muß. Die sich hieraus ergebende Methodik hat be- sonders durch die Arbeiten von M. NeEIssEr & WECHSBERG ihren Aus- bau erfahren (cf. hierzu auch frühere Versuche von Trumpr), deren Angaben wir bei der folgenden Besprechung im wesentlichen folgen (cf. die zusammenfassende Uebersicht von M. NEIssER)*). Für die Versuche werden meist kleine Reagenzgläser von 9 bis 10 cm Länge und 1,3 cm Durchmesser verwendet, die steril mit Wattepfropfen verschlossen sind. In ihnen werden gleichbleibende Bakterienmengen mit gleicher Komplementdosis und absteigenden Mengen des als Ambozeptorträger fungierenden Serums digeriert. Man hat dabei für gleichbleibendes Volumen zu sorgen. Ein weiteres Röhrchen enthält nur Bakterien und Komplement, ein letztes, das zur Bestimmung der verwendeten Bakterienzahl dient, nur Bakterien. Unter Umständen empfiehlt es sich, dieses Röhrchen doppelt an- zusetzen und die Bakterienzahl einmal sofort beim Ansetzen des *) Auf die gesetzmäßigen Beziehungen, welche zwischen Ambozeptor und Komplement bestehen, und welche insbesondere das Studium der Hämolysine eruiert hat, soll hier nicht näher eingegangen werden. Es sei in dieser Hin- sicht auf den folgenden Abschnitt über „Komplementbindung“, sowie auf die beiden Kapitel „bakterizide Sera‘ und „Hämolysine und Cytotoxine“ im 2. Bande dieses Handbuchs verwiesen. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 55 Versuchs, dann nach Beendigung des Digerierens zu bestimmen (vgl. hierzu STERN & KortE). Selbstverständlich wird man bei diagnosti- schen Versuchen sich auch über die bakterizide Wirkung des ent- sprechenden normalen Serums Kontrolle verschaffen. Zur Bestimmung der nach Ablauf des Versuchs in den einzelnen Röhrchen vorhandenen Keime werden etwa 5—10 Tropfen (ent- sprechend 0,25—0,5 ccm des Inhalts der einzelnen Reagenzgläser) zu Ägarplatten verarbeitet. Bei der zum Hauptversuch benutzten Kom- plementmenge darf sich hierbei höchstens eine geringgradige Ab- nahme der Keimzahl gegenüber der in dem nur das Bakterienmaterial enthaltenden Kontrollröhrchen (Aussaatmenge) ergeben. Ob man frisch gewonnenes aktives oder durch Erhitzen in- aktiviertes Immunserum verwendet, ist nicht sehr wesentlich. Im letzteren Falle sind die Bedingungen insofern einwandsfreier, als überall der gleiche Komplementgehalt vorhanden ist und einer Sum- mation der Komplementmenge durch größere Immunserumdosen vor- gebeugt wird. Bei Verwendung älterer Immunsera ist allerdings der Komplementgehalt meist spontan geschwunden. Immerhin steht dem Inaktivieren der Immunsera durch halbstündiges Erhitzen auf 55° nichts im Wege. Bei der Verwendung normaler Körperflüssigkeiten als Ambozeptorträger ist eine gewisse Vorsicht am Platze, da es thermolabile Ampbozeptoren gibt, die schon durch halbstündigen Wärmeeinfluß selbst unterhalb 50° nicht unerheblich abgeschwächt werden können. Was die Wahl des Komplementes*) anlangt, so ist einer- seits zu fordern, daß das benutzte Normalserum den Ambozeptor aktiviert, andererseits aber in der zur Verwendung gelangenden Menge keine bakterizide Kraft ausübt. Der ersteren Forderung wird man in den meisten Fällen gerecht werden, wenn man das dem Ambo- zeptorserum homologe Normalserum als Komplementträger wählt. Zu beachten ist dabei, daß die gegen die gleiche Bakterienart gerichteten, von verschiedenen Tierarten stammenden Ambozeptoren in bezug auf ihre Komplettierbarkeit verschieden sein können. So wird nach WEcHsBERG der von Tauben gewonnene Ambozeptor für Vibrio Metschnikoff nur durch Taubenserum, nicht durch Kaninchenserum komplettiert und umgekehrt. Meist ist als Komplement Meerschwein- chen- oder Kaninchenserum geeignet. Aber auch noch andere Serum- arten (Hammel, Pferd, Mensch, Ratte, Ziege etc.) kommen als Komplementträger in Betracht. Ein Vorversuch wird über die zweckmäßige Kombination Aufschluß bringen müssen. Eine Reihe von geeigneten, nach Angaben der Autoren zusammengestellten Kom- binationen ist in der folgenden Tabelle, welche der Bearbeitung von Bönme im Handbuche der Technik und Methodik der Immunitäts- forschung entnommen ist, wiedergegeben (Tabelle s. S. 56). Was die Komplementdosis anlangt, so empfiehlt es sich, in einem Vorversuch, in welchem absteigende Mengen des komplettierenden Serums mit der gleichen Bakteriendosis digeriert werden, die maximale Dosis zu bestimmen, welche nicht mehr bakterizid wirkt. Jedenfalls wird man, da absolut isoliertes Komplement nur mittels besonderer *) Als Komplement dient normales Blutserum, über dessen Gewinnung und Konservierung im folgenden Abschnitt „Komplementbindung“ zu sprechen sein wird. Für bakterizide Versuche kommt als notwendige Vorbedingung sterile Gewinnung, wie überhaupt steriles Arbeiten in Betracht. 96 H. Sıacns und H. Rırz, Tabelle nach BÖHME. Bakterienart Immunserum | Komplement Autor Vibrio Nordhafen Kaninch®n ‚Pferd, Ziege, Ham- | | mel, Meerschwein- NEISSER & WECHSBERG | chen Vibrio METSCHNIKOFF Huhn ‚Taube ” ” Gans 8 ee WECHSBERG, LIPSTEIN [32,%, Kaninchen, Ziege | 2 % Ziege Kaninchen | Cholerae N > BAıL & KIKUCHI Bac. Dysenteriae Pferd ‚Pferd, Mensch SHIGA Typhi Mensch ‚Kaninchen „ 2 Kaninchen \Kaninchen, Ziege ||NEISSER-WECHSBERG, n 'Esel, Pferd |Kanınchen ÖPFER-JAFFE, BAIL ” ‚Hund Meerschweinchen Kunstgriffe (Ausfällen des komplementhaltigen Serums mit der in Frage kommenden Bakterienart in der Kälte u.a.) und auch da nicht mit Sicherheit zu erhalten ist, die zur Verwendung gelangende Kom- plementdosis stets auf bakterizide Wirkung kontrollieren müssen. Ueber die „Aussaat“ lassen sich kaum einheitliche Angaben machen. Es ist hier vieles von der Bakterienart abhängig. So kann es in manchen Fällen vorteilhaft sein, Bouillonkulturen als Aussaat zu verwenden, in anderen Fällen erweisen sich Agarkulturen als zweckmäßig*). In der Regel benutzt man 24-stündige Kulturen, wobei Bouillonkulturen mit 1/,ogo eem, von Agarkulturen 1/,ooo bis U/000o9 Normalöse günstige Bedingungen gewährleisten **). Unter günstigen Bedingungen ist dabei zu verstehen, daß nach Ablauf der Versuchszeit in dem nur die Bakterienaussaat enthaltenden Kontroll- röhrchen soviel Keime enthalten sind, daß die Zählung der in 5 bis 10 Tropfen des Röhrcheninhalts vorhandenen Bakterienmenge minde- stens viele Tausende oder sogar unendlich viel (also eine nicht mehr zählbare Zahl) von Kolonien ergibt. Ein Ueberschuß von Bakterien kann natürlich zur Folge haben, daß nur eine partielle Abtötung stattfindet und daher die Beurteilung, welche auf mehr oder weniger kleine quantitative Differenzen angewiesen ist, eine Beeinträchtigung erfährt (cf. Hüne). Wichtig ist, daß die Platte ein regelmäßiges Wachstum aufweist. Bei manchen Bakterienarten können trotz guten Wachstums auf Schrägagar in der Platte mehr oder weniger große Unregelmäßigkeiten in Erscheinung treten; Verwendung von Glyzerin- agar kann dann von Vorteil sein (cf. hierzu M. NEISSER). Bei der Herstellung der Bakterienaufschwemmungen, welche zur Impfung der Serumverdünnungen dienen, ist auf möglichste Homogenität zu achten. Es sei in dieser Hinsicht auf den Abschnitt „Agglutination“ verwiesen. Auch ist zu berücksichtigen, daß bei der Herstellung von Bakterienaufschwemmungen in physiologischer Kochsalzlösung bereits durch das veränderte Medium ein mehr oder weniger ‘starker schädigender Einfluß veranlaßt sein kann, wie das besonders Untersuchungen von HüÜnE zeigen. Es kann sich daher empfehlen, anstatt physiologischer Kochsalzlösung Bouillon als Verdünnungsflüssigkeit zu benutzen. HünE empfiehlt eine Mischung von Bouillon und Kochsalzlösung zu gleichen Teilen. Nach NEISSER & WECHSBERG erweist sich jedoch in der Regel ein Zusatz von je 3 Tropfen Bouillon zu den Versuchsröhrchen von 2 cem Inhalt als hinreichend. Dr *) WRIGHT verwendet für seine beschriebene Methodik Gelatinestich- ulturen. ‚ **) Ueber den Einfluß der Virulenz auf den Versuchsausfall vgl. Hüne u.a. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 57 Die Ausführung des bakteriziden Reagenzglasversuchs gestaltet sich demnach in der Regel folgendermaßen: Absteigende Mengen des Immunserums in gleichem Volumen von 1 ccm werden mit gleichen Mengen Normalserums als Komplement beschickt. Die Menge des zu verwendenden Normalserums ergibt sich aus dem Vorversuch, welcher die etwaige eigene bakterizide Wirkung desselben festzustellen hat. Es empfiehlt sich einen Ueberschuß von Normalserum (über 0,5 ccm) zu vermeiden. In der Regel genügen von den meist zu verwendenden Serumarten (Meerschweinchen-, Kaninchenserum etc.) 0,05—0,3 cem. Dann erfolgt Zugabe der gleichbleibenden Bakteriendosis und von 3 Tropfen Bouillon auf 2 ccm Volumen. Als Volumen wird gewöhnlich ein Inhalt von 2—3 ccm gewählt. Als Kontrollen sind erforderlich: Ein Komplement und Bakterien enthaltendes Röhrchen (zur Prüfung auf bakterizide Wirkung des komplettierenden Serums); 2) ein nur die Bakterien enthaltendes Röhrchen. (zur Feststellung der Aussaatmenge); 3) eine Parallelreihe, welche Gemische von Immunserum und Bakterien ohne Komplementzusatz enthält (zur Kontrolle der alleinigen Unwirksamkeit des Immunserums, resp. etwaiger störender Interferenz einer Agglutination); 4) ein nur die größte zur Verwendung gelangende Menge des Immunserums enthaltendes Röhrchen (zur Kontrolle der Sterilität des Immunserums); 5) ein nur das als Komplementträger fungierende Normalserum enthaltendes Kontrollröhrchen (zur Kontrolle der Sterilität dieses Serums); 6) ein Kontrollversuch, in welchem das Immunserum durch das homologe Normalserum ersetzt ist, und durch den die serodiagnostische Schlußfolgerung ermöglicht wird. Was die für das Digerieren der Röhrchen zu wählende Tem- peratur und Zeitdauer anlangt, so benutzt man gewöhnlich Aufent- halt im Brutschrank von 37°. Das Optimum der Komplementwirkung liegt wohl etwas höher. So gestalten sich nach KıkucHaı die Be- dingungen bei 44° günstiger, jedoch ist der Temperaturerhöhung durch die Thermolabilität der Komplemente eine natürliche Grenze gesetzt. Bei den Differenzen dieser Labilität empfiehlt es sich meist, die Reaktion im Brutschrank vor sich gehen zu lassen. Die Zeitdauer des Digerierens wird in der Regel auf 3 Stunden (bei Typhus nach Hüne auf 4-5 Stunden) fixiert. Rationeller, aber auch erheblich komplizierter und zeitraubender ist es freilich, den Keimgehalt zu verschiedenen Zeiten zu ermitteln. Denn wenn nicht das Ideal einer absolut vollständigen Abtötung vorliegt, so wird nach einem optimalen Zeitintervall, nach welchem die Bakterienzahl auf ein Minimum reduziert ist, wieder eine Vermehrung der restieren- den Keime folgen, selbst wenn man mit kleinen Bakterienmengen arbeitet. Unter Umständen kann es daher erforderlich sein, für die zu verwendende Bakterienart das Zeitoptimum zu erproben. Nach Ablauf der Versuchszeit werden in üblicher Weise Platten gegossen, indem Agar mit gleichmäßigen, dem Inhalte der einzelnen Röhrchen entnommenen Mengen (etwa 5—10 Tropfen) geimpft wird *). Da es darauf ankommt, daß sich die Kolonien auf der Agarplatte getrennt entwickeln, muß eine Rasenbildung, die durch das Kondenswasser begünstigt wird, vermieden werden. Es empfiehlt sich daher, nach dem Vorgange von *) STERN und seine Mitarbeiter (cf. Bakterieidie zum Antikörpernachweis), sowie BAIıL, NEUFELD & HüÜNE verarbeiten den Gesamtinhalt der Röhrchen zu Platten. Auch Gelatineplatten können angefertigt werden (NEUFELD & HÜNE). 58 H. Sıacns und H. Rırz, NEISSER & WECHSBERG die Platten „verkehrt“ in den Brutschrank zu stellen. TöPrFER & JAFFE gehen zu dem gleichen Zwecke derart vor, daß sie den Boden der Petrischale zunächst mit einer dünnen Agarschicht bedecken, sodann die den Röhrchen entnommene Aussaat mit flüssigem Agar gut vermischen, und nach dem Erstarren dieser Mittellage schließlich mit einer dünnen Agarschicht überschichten. In der Regel wird nach 24-stündigem Verweilen der Platten im Brutschrank die Zählung vorgenommen. Da für diagnostische Zwecke nur markante Ausschläge Verwertung finden können, kann man sich nach dem Vorgang von NEISSER & WECHSBERG mit einer ungefähren vergleichsweisen Schätzung begnügen und die Zahl der auf der Platte gewachsenen Kolonien etwa nach der Skala: 0, vereinzelt, Hunderte, Tausende, unendlich, rubrizieren. Eine sichere bakterizide Wirkung ergibt sich dann für den Hauptversuch, wenn sich gar keine oder nur vereinzelte Keime vorfinden gegenüber einer unend- lichen oder viele Tausende umfassenden Zahl in den Kontrollver- suchen. Bei genaueren Zählungen kann man sich als Hilfsmittel des Worrhüczrschen Zählbrettes oder auch des von NEISSER angegebenen Zählapparates bedienen *). Als Ersatz für den Plattenversuch kann man unter Umständen auch derart verfahren, daß man den einzelnen Versuchsröhrchen je eine Oese entnimmt und auf schrägen Agar ausstreicht, besonders wenn hiermit den Ansprüchen der Bakterien an die Zusammensetzung des Nährbodens Rechnung getragen wird. Auch auf diese Weise kann man nach M. NEISSER brauchbare Ergebnisse er- halten, muß sich allerdings mit großen Ausschlägen (kein Wachstum, reich- liches Wachstum) begnügen. DoLp empfiehlt vor der Aussaat eine Oese zum Zwecke der Untersuchung im hängenden Tropfen oder der Anfertigung eines gefärbten Präparates zu entnehmen. Zur Kontrolle und Ergänzung des Plattenversuchs kann man fernerhin die Versuchsröhrchen, denen Material für das Anlegen von Platten entnommen ist, weitere 24 Stunden im Brutschrank stehen lassen und sie am nächsten Tage einfach durch äußere Be- sichtigung daraufhin prüfen, ob sie klar geblieben oder trüb ge- worden sind, ob also Wachstum ausgeblieben ist oder stattgefunden hat. Der Versuch hat aus leicht begreiflichen Gründen zur Voraus- setzung, dab eine absolute Abtötung der Keime eingetreten ist und hat, da dies nicht immer der Fall ist, seine natürlichen Grenzen der Anwendbarkeit. Die Beurteilung kann mehr oder weniger beeinträchtigt werden durch die Interferenz der sog. NEISSER- W ECHSBERGSChen Komplementablenkung, d.h. der Hemmung der Bakterizidie durch einen Immunserumüberschuß. Ganz besonders aus diesem Grunde ist hier der Reihenversuch ein unbedingtes Erfordernis, und die bakterizide Serumwirkung kann derart auf eine eng begrenzte Zone von Immun- serumdosen beschränkt sein **). Man kann sogar, wie dies NEISSER & WECHSBERG angeben, auf Grund des Phänomens der Komplementablenkung zu einer etwas modifizierten Versuchs- anordnung gelangen, welche gleichfalls einen Schluß auf die Interferenz bakteri- zider Immunstoffe zuläßt. Man bestimmt zu diesem Zwecke die zur voll- ständigen Bakterizidie einer gegebenen Bakterienmenge ausreichende Dosis eines *) Beim Anlegen von Gelatineplatten anstatt von Agarplatten kann es sich nach NEUFELD & HünE empfehlen, die Zählung nach einem längeren Zeitraum als 24 Stunden (nach 2—3 Tagen) vorzunehmen. *) Nach HünzE können sehr geringe Immunserumdosen begünstigend auf das Bakterienwachstum wirken. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 59 aktiven normalen Serums oder eines Gemisches desselben mit inaktivem Immun- serum. Digeriertt man nunmehr dieses Reagens mit der gleichen Bakteriendosis und aufsteigenden Mengen des inaktivierten Immunserums, so wird man aus der Aufhebung der Bakterizidie schließen können, daß das geprüfte Immunserum die homologen bakteriziden Ambozeptoren enthält. Natürlich sind auch hierbei Kontrollversuche mit entsprechenden Mengen des von der gleichen Tierart stammenden Normalserums erforderlich, da unter Umständen auch Normal- serum, allerdings durch einen anderen Mechanismus veranlaßt, antikomplementäre Wirkungen entfalten kann. Unter Umständen kann man sich dabei noch durch den Bindungsversuch überzeugen, ob es sich wirklich um Immunambozeptoren handelt, da es unschwer gelingt, die Ambozeptoren durch Digerieren mit den homologen Bakterien auszufällen. Schließlich sei noch erwähnt, dab der bakterizide Reagenzglas- versuch mutatis mutandis auch zur Bestimmung des Komplement- gehaltes dienen kann. Man wird dabei mit den Bakterien gleiche Mengen des ambozeptorhaltigen Serums und absteigende Mengen der _ auf Komplementgehalt zu prüfenden Flüssigkeit digerieren. Ein Ueberschuß von Ambozeptor ist wegen der Komplementablenkung zu vermeiden. Die Prüfung des auf Komplementgehalt zu unter- suchenden Serums auf eigene bakterizide Wirkung ist in diesem Falle nicht unbedingt erforderlich, da bei Verwendung einer größeren sleichbleibenden Ambozeptormenge der etwaige Ambozeptorgehalt des komplettierenden Normalserums meist vernachlässigt werden kann. Wir begnügen uns mit einem kurzen Hinweis darauf, daß auch bakteri- zide Stoffe anderer Art im Organismus vorkommen. Es sei in dieser Hinsicht auf die Untersuchungen über die Milzbrand abtötende Wirkung des Ratten- serums (cf. hierzu BEHRING & NISSEN, PIRENNE u. a.), auf die Untersuchungen GRUBERS & FUTARIs über das aus den Blutplättchen herrührende Anthra- kozidin und auf die in letzter Zeit viel studierte Leukocytenbakterizidie, auf die bakteriziden Plasmastoffe (ef. MucH, DoLp) verwiesen. In zweifelhaften Fällen wird man sich durch Prüfung auf Thermostabilität, Verhalten gegenüber den Bakterien bei niedriger Temperatur, komplexe Konstitution, Spezifität ete. von Differenzen gegenüber den Eigenschaften der auf Komplementwirkung basierenden Serumfunktionen überzeugen können. Serodiagnostisch spielen die genannten Faktoren keine Rolle, und es erübrigt sich daher an dieser Stelle auf diese Fragen näher einzugehen. c) Nachweis der Bakterizidie mittels bioskopischer Methoden. Die von M. Neisser & WECHSBERG angegebene bioskopische Me- thode beurteilt die Abtötung der Bakterien nach dem Erlöschen ihrer Fähigkeit Methylenblau zu reduzieren. Man verfährt hierbei zunächst in der gleichen Weise wie beim Platten- versuch, anstatt aber den Versuchsröhrchen Proben für die Anlegung von Agar- platten zu entnehmen, fügt man ihnen 1—2 Tropfen einer dünnen Methylen- blaulösung zu (dieselbe ist jedesmal frisch zu bereiten durch 50-fache Ver- dünnung einer Stammlösung von der Zusammensetzung 1,0 Methylenblau, 20,0 Alcohol absol., 29,0 Aqua dest.). Es empfiehlt sich dabei in einem Vorversuch die Dosis minima reducens der zu verwendenden Bakteriensuspension unter den gleichen Bedingungen wie bei dem später folgenden Hauptversuch zu ermitteln (unter Umständen bei gleichzeitigem Zusatz von Komplement). Die Röhrchen werden zwecks Luftabschlusses mit Paraffinum liquidum überschichtet. Nach 2-stündigem Aufenthalt im Brutschrank erfolgt die Beurteilung. Bei einge- tretener Bakterizidie bleibt die Flüssigkeit blau gefärbt, während sie sonst als Folge der Reduktion entfärbt ist. In neuerer Zeit hat Wieser über Versuche berichtet, aus denen sich ergibt, daß die Oxydationsprozesse in Bakterien, welche durch den Grad des Sauerstoffverbrauchs meßbar sind, durch Blutserum eine erhebliche Hemmung erfahren. 60 H. Sacus und H. Rırz, Der Sauerstoffverbrauch wurde dabei durch Zusatz von Blutkörperchen unter Luftabschluß bestimmt, wobei es bereits auf kolorimetrischem Wege ge- lingt, ein Urteil zu gewinnen. Da dabei die Unterschiede zwischen aktivem und inaktivem Serum, sowie der Einfluß von antibakteriellem Immunserum den Ver- hältnissen bei der Bakterizidie im allgemeinen entsprechen, so denkt WIESEL daran, in der erörterten Weise zu einer bequemen und exakten Methode zur Prüfung bakterizider Sera in vitro zu gelangen. Methodisch wird dabei zu- nächst in ähnlicher Weise wie beim gewöhnlichen bakteriziden Reagenzglas- versuch verfahren. Nach Ablauf der Serumeinwirkungszeit wird aber als Indikator eine Blutkörperchensuspension zugefügt. Nach Abschluß der „Atmungs- dauer“ (30 Minuten bis 1 Stunde) wird die Sauerstoffabnahme entweder durch Vergleich der Farbenunterschiede abgeschätzt (dabei darf weder Agglutination, noch Hämolyse eingetreten sein) oder durch Bestimmung der Druckverminde- rung ermittelt. Bezüglich der näheren Details sei auf die Originalarbeit ver- wiesen. — IV. Der Antigen- und Antikörpernachweis mittels bakteriolytischer (bakterizider) Serumwirkungen. Die bakteriziden Serumwirkungen können ebenso wie die übrigen Antikörperfunktionen sowohl zum Antigen-, als auch zum Antikörper- nachweis verwendet werden. In der Praxis der Serodiagnostik nimmt dabei der Preırrersche Versuch eine dominierende Stellung ein. Der bakterizide Reagenzglasversuch besitzt in dieser Hinsicht schon wegen der sehr komplizierten Technik eine geringere Bedeutung und gelangt praktisch wohl nur beim Antikörpernachweis in der klinischen Serodiagnostik unter besonderen Fällen zur Verwendung. Zu be- achten ist, daß Bakteriolyse in vivo und Bakterizidie in vitro durch- aus nicht übereinstimmende Resultate ergeben müssen (cf. PFEIFFER, TöPFER & JAFFE u. a.). Die Differenzierung von Bakterien (Antigennachweis) mittels Bakteriolyse wird durch den Tierversuch nach PFEIFFER be- herrscht. Im allgemeinen gelten hierbei die gleichen Prinzipien wie für die Diagnostik mittels Agglutination. Erforderlich sind: 1) eine Reinkultur der zu identifizierenden Bakterienart (auf Schrägagar ), 2) als Reagens das spezifische Antiserum. Was die Gewinnung der bakteriolytischen Immunsera anlangt, so gelten im allgemeinen auch hier die gleichen Grundsätze, wie sie bei der Besprechung der Agglutination bereits kurz berührt wurden. Man erhält Bak- teriolysine durch Injektion von lebenden oder abgetöteten Bakterien, auch durch Einverleibung von freien Rezeptoren etc. Wenn auch nach den Angaben der Autoren zuweilen lebende Bakterien ein noch stärkeres Antikörperbildungs- vermögen besitzen sollen, so lassen sich doch in der Regel durch Verwendung abgetöteter Bakterien für die Serodiagnostik hinreichend hochwertige bakterio- Iytische Sera erzielen. Was die Beziehungen zwischen Immunisierungsvermögen und Virulenz oder Antikörperbindungsvermögen anlangt, so eignen sich nach PFEIFFER, PFEIFFER & FRIEDBERGER virulente Kulturen besser zur Immuni- sierung, nach WASSERMANN können allerdings bei Typhus die Verhältnisse auch umgekehrt liegen, wobei die Immunisierungskraft dem Ambozeptorbindungs- vermögen des Stammes proportional ist. Es sei daran erinnert, daß bei Cholera- vibrionen nach den Untersuchungen von PFEIFFER & FRIEDBERGER in der Regel direkte Beziehungen zwischen Virulenz und Bindungsvermögen bestehen (ef. jedoch MEINICKE, JAFFE & FLEMMING). Was die Art der Einverleibung des Bakterienmaterials anlangt, so haben die aus dem PFEIFFERschen Institut hervor- segangenen Arbeiten (cf. inbesondere AÄSCHER, FRIEDBERGER, MERTENS, FRIEDBERGER & MORESCHI) gezeigt, daß bei intravenöser Injektion bereits minimale Bakterienmengen zur Erzeugung starker Serumwirkungen genügen, und daß bei der Injektion derart kleiner Dosen die intravenöse Applikation der Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 61 subkutanen überlegen ist. Nach KoLLE eignet sich allerdings zur Gewinnung hochwertiger bakterizider Sera für die praktische Diagnostik besser die subkutane oder peritoneale Einverleibung, event. steigender Dosen in 8—10-tägigen Inter- vallen. So wird bakteriolytisches Choleraserum nach KoLLE von Kaninchen durch peritoneale Injektion einer durch Erhitzen abgetöteten Agarkultur ge- wonnen. Was die Wahl der Tierart anlangt, so muß hierfür einerseits die Fähigkeit zur Antikörperbildung, andererseits der Gehalt des normalen Blutserums an bak- teriolytischen Antikörpern maßgebend sein. Nach KoLLE wirken im PFEIFFER- schen Versuch auf Choleravibrionen bakteriolytisch 0,1—0,3 cem Kaninchen- serum, 0,02—0,05 ccm Ziegenserum, 0,01—0,02 ccm Eselserum, 0,005 —0,01 cem Pferdeserum. Auf Grund dieser Skala ist also das Kaninchen (cf. PFEIFFER & Marx) von den genannten Tierarten die geeignetste zur Gewinnung bakterio- lytischer Cholerasera.. Auch für die Gewinnung von bakterizidem Typhus- serum eignen sich Kaninchen (cf. hierzu BESSERER & JAFFE, M. NEISSER & SHıGA), nach Marx am besten Hunde. Auch Paratyphusserum kann man von Kaninchen gewinnen (KuTSCHER & MEINICKE, BÖHME). Für die Gewinnung von bakterizidem Dysenterieserum werden dagegen meist größere Tiere, Esel, Pferd, Hammel oder Ziege benutzt (vgl. hierzu Kruse, KoLLE & HETScH, MARTINI & LENTZ, SHıGA), zur Herstellung von bakterizidem Pyocyaneus- serum nach WASSERMANN Ziegen. Bakterizide Sera gegen choleraähnliche Vibrionen, die vielfach zu bakteri- ziden Laboratoriumsversuchen benutzt werden, werden meist von Kaninchen oder auch von Ziegen gewonnen. Bezüglich Aufbewahrung und Konservierung bakterizider Sera genügt es, auf die entsprechenden Ausführungen im vorangehenden Abschnitt über Agglu- tination zu verweisen *). Zur Anstellung des Preirrerschen Versuchs muß das zu ver- wendende Immunserum austitriert sein und in hoher Endverdünnung wirken. Es soll für die Choleradiagnose einen Titer von mindestens 0,0002 g haben, d. h. !/,ooo ecm muß hinreichen, um gegenüber einer Oese virulenter Cholerakultur einwandsfreien positiven Ausfall im Preirrerschen Versuch zu bedingen. In der Praxis der Serodiagnostik wird je ein Tier mit dem 5- und 10-fachen Multiplum des Endtiter- wertes behandelt, wie es die amtlichen Vorschriften für Cholera und Typhus verlangen. Als Kontrollen sind erforderlich: 1) die Injektion der gleichen Bakterienmenge (1 Oese) im Verein mit einer Menge des dem Immunserum homologen normalen Serums, welche dem 50-fachen. Multiplum der Titerdosis des ersteren entspricht; 2) die alleinige Injektion der Kulturmasse. Der typische Preirrersche Versuch findet zur Bakteriendifferen- zierung sein Hauptanwendungsgebiet bei der Differentialdiagnose von Cholera- und auch von Typhusbacillen. Für die Differenzierung von Dysenteriebacillen kommt der PreEirrersche Versuch nicht wesent- lich in Betracht, da man bei der typischen Anordnung die unter Granulabildung verlaufende Bakteriolyse nicht beobachtet (cf. Lextz & Lüpke)**). Die Agglutination ist hier die bei weitem überlegene Methode. In bezug auf die Bakteriolyse der Paratyphusbacillen variieren die Angaben der Autoren; während ConraDt, DRIGALSKI & JÜRGENS, KoLLE, KUTSCHER & MEINICKE, TÖöPFER & Jarrk, BEZZoLA *) Bakteriolytische Serumpräparate werden für diagnostische Zwecke auch vom Institut für Infektionskrankheiten in Berlin abgegeben, es sind solche ferner teils in flüssiger, teils in fester Form im Handel erhältlich. **) Vgl. jedoch die Angaben von Kruse über Bakteriolyse von Ruhrbaecillen im hängenden Tropfen und über Schwund der Bacillen im Schutzversuche. LEnTz beschreibt morphologischen Zerfall der Ruhrbaeillen in der Bauchhöhle aktiv immunisierter Tiere. 62 H. Sacns und H. Rırz, Bakteriolyse beschreiben, werden die Bacillen der Paratyphusgruppe nach BönmE nur unvollständig (später Tod) aufgelöst (cf. auch BoNHOFF, CITRox), nach NEUFELD & Hüne unter dem Einfluß von Immunserum nicht stärker als durch Normalserum. Nach der Be- schreibung BrzzoLas entspricht die Bakteriolyse der Paratyphus- bacillen derjenigen von Typhusbacillen (cf. PrFEIFFER & KoLLE), ver- läuft aber rascher. Was die Frage der Gruppenreaktionen anlangt, so spielen die- selben bei den wesentlich in Betracht kommenden Differenzierungen von Choleravibrionen und Typhusbacillen keine störende Rolle. Natür- lich ist dabei Voraussetzung, daß hochwertige Sera in hinreichenden Verdünnungen zur Verwendung gelangen. Bei derart einwandsfreier Ausführung kann die Reaktion für Cholera als praktisch spezifisch gelten (cf. insbesondere die Untersuchungen von KoLLE, GOTSCHLICH, HertscHh, OTTo, LENTZ)*). Uebergreifen der Reaktion ist in der Gruppe Typhus-Para- typhus beschrieben worden (cf. CoNRADI, DRIGALSKI & .JÜRGENS, KUTscHer & MeInıckE, BöHnMmE); jedoch dürfte bei der Typhus- diagnostik die praktische Verwendbarkeit bei quantitativem Arbeiten nicht beeinträchtigt werden. Paratyphussera können allerdings nach BöHnme auch gegenüber Typhusbacillen, bisweilen bis zur Titergrenze, wirken (Schutzversuche). Die Beurteilung des Ergebnisses kann bei der Bakterien- differenzierung mittels des Preırrerschen Versuchs beeinträchtigt werden einmal durch eine zu geringe Virulenz, dann aber auch durch die Serumfestigkeit gewisser Stämme. Was zunächst die Virulenz anlangt, so sei auf die früheren Ausführungen verwiesen. Immer- hin wird die Diagnose, wie erwähnt, unter Umständen, auch wenn sämtliche Tiere überleben, durch hinreichend markante Unterschiede, welche sich bei der mikroskopischen Untersuchung des Peritoneal- exsudates in dem der Injektion folgenden Zeitraum ergeben, noch ermöglicht. Erweist sich die Virulenz des Stammes nicht als ausreichend, so wird man versuchen müssen, sie durch Tierpassage zu steigern. Sonst kann man den Nachweis auch indirekt führen, indem man mit der zu identifizierenden Kultur ein Immunserum gewinnt und dieses gegenüber einer virulenten Kultur derjenigen Art, auf welche geprüft werden soll, im PFEIFFErSchen Versuch untersucht oder auch die aktiv immunisierten Tiere zur peritonealen Impfung mit virulenter Cholera benutzt (cf. hierzu PFEIFFER). Diese indirekte Art des Nachweises mittels Bakteriolyse spielt eine größere Rolle bei der Typhusdiagnostik durch den Preırrerschen Versuch, da in diesem Falle auch zuweilen sogenannte serumfeste Stämme angetroffen werden. Es ist hierunter allerdings nicht der gewissermaßen normale Grad von Serumfestigkeit zu verstehen, wie ihn frisch aus dem Organismus gezüchtete Bakterien aufweisen (cf. hierzu PFEIFFER & KoLLE, VAN DE VELDE, EISENBERG, BORDET, NADOLECZNY U. a.) **). *) Bezüglich der Diskussion über das Verhalten der ElI-Tor-Stämme_ sei auf das Kapitel Cholera verwiesen. **) Bezüglich der Auffassung dieser Verhältnisse im Sinne einer Anpassung der Bakterien und über die Gewöhnung der Bakterien an Immunserumwirkungen vgl. die Arbeiten von HAFFKINE, BORDET, RANSOM & KırasHmıMmA, TROMMS- DORFF, EISENBERG, DANYSZ, PFEIFFER & FRIEDBERGER u. a. | ! j Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 63 Diese relative Serumfestigkeit ist ja gerade für die Diagnostik mittels Bakteriolyse günstig, und sie entspricht den bereits von PrEIFFER & KoLrE gemachten Erfahrungen, daß virulente, frisch aus dem Organismus gezüchtete Stämme größere Serumdosen zur Auf- lösung erfordern, als nichtvirulente (cf. hierzu auch Baır). Ist die Resistenz gegenüber der bakteriolytischen Serumwirkung bei frischen Stämmen eine zu erhebliche, so gelingt es oft durch Nährbodenpassage, ein normales Verhalten herzustellen. Jedoch kommen, wie dies zuerst die von FRIEDBERGER & MoRESCHI, sowie von BESSERER & JAarrk erhobenen Befunde gezeigt haben, Ausnahmen vor, die eine besondere Vorsicht in der Beurteilung des negativen Ausfalls beim PFEIFFERSchen Versuch erfordern. In den Untersuchungen von FRIEDBERGER & MoreschHt handelte es sich um einen älteren Laboratoriumsstamm, bei BESSERER & JAarrk um von Bacillenträgern gewonnene Stämme, die auch bei Anwendung außber- ordentlich stark wirksamer bakterizider Sera nicht abgetötet wurden. In solchen Fällen von Serumfestigkeit ist man, falls eine Variation der Immunsera nicht hilft, ebenso wie bei der Agglutination auf in- direkte Wege angewiesen, und als solche kommen in Betracht: a) der Bindungsversuch, b) die aktive Immunisierung mit dem fraglichen Stamm. Allerdings können Ambozeptorbindungs- und Immunisierungs- vermögen nicht unbedingt als gleichwertige Methoden aufgefaßt werden, da es vorkommen kann (cf. hierzu FRIEDBERGER & MoREScHT, HAENDEL), daß Differenzen in diesen beiden Qualitäten bestehen. Was den Bindungsversuch anlangt, so werden geeignete Serumverdünnungen mit der in Oesen eingetragenen Kulturmasse digeriert, in der Regel bei Brutschranktemperatur (cf. PFEIFFER & FRIEDBERGER, MEINICKE, JAFFE & FLEMMInG). Nach den Angaben der letztgenannten Autoren verläuft die Ambozeptorbindung, wie das auch dem Verhalten bei anderen Antikörperreaktionen entspricht, relativ rasch, jedoch wird man in der Regel die Versuchszeit auf 1—2 Stunden, zweckmäßig unter Schütteln, ausdehnen. Zur Prüfung des Abgusses muß sehr scharf zentrifugiert werden, eventuell mehr- mals, um alle Bakterienreste vollständig zu entfernen. Entsprechend der Vielheit der Antikörper in einem und demselben Immunserum und der Vielheit der Bakterienrezeptoren ist auch hier die Möglichkeit ge- geben, daß bei der Prüfung des Abgusses gegenüber verschiedenen Stämmen das Ergebnis variiert, wofür insbesondere die Untersuchungen von PFEIFFER & FRIEDBERGER, FRIEDBERGER & MoREScHI, wie auch von MEINIckE, JAFFE & FLEmmInG typische Beispiele erbringen. Aus diesen Gründen hat also der Bindungsversuch eine immerhin be- schränkte Beweiskraft und erlaubt nur bei positivem Ausfall gewisse Schlußfolgerungen. Trotz negativen Ausfalls des Bindungsversuchs kann aber die aktive Immunisierung noch zum Ziele führen; ja, es kann sogar vorkommen, daß ein mit dem fraglichen Stamm ge- wonnenes Immunserum auf eine dem fraglichen Stamm entspre« chende Kultur wirkt, ohne daß der Bindungsversuch bei Benutzung des fraglichen Stammes und dem homologen Immunserum ein positives Re- sultat ergibt, wie das FRIEDBERGER & Morzscnı für einen von ihnen untersuchten Typhusstamm beschreiben. Die aktive Immunisierung ist für solche Fälle, in denen die direkte Identifizierung der Kultur mittels des Prrırrerschen 64 H. Sacns und H. Rırz, Versuchs Schwierigkeiten begegnet, bereits von PFEIFFER als Hilfs- mittel für die Choleradiagnose empfohlen worden, und zwar in dem Sinne, daß durch Vorbehandlung mit der zu prüfenden Kultur Anti- sera gewonnen werden, die dann ihrerseits auf ihr Verhalten gegen- über einer bekannten Kultur im Preırrerschen Versuch zu prüfen sind. FRIEDBERGER & MorzscHhı haben derart auch den von ihnen untersuchten serumfesten Typhusstamm „Sprung“ analysiert und trotz fehlenden Bindungsvermögens durch Immunisierung von Ka- ninchen ein Antiserum erhalten *), das sie gegenüber einem anderen bekannten Typhusstamm im Meerschweinchenversuch prüften. Aus der Divergenz zwischen Bindungskraft und Antikörperbildungsvermögen ergibt sich bereits, daß man zu dieser Prüfung nicht den homologen Stamm verwenden darf. Nach Besserer & Jarrk kann man auch, falls es nicht gelingt, ein geeignetes bakteriolytisches Immunserum zu erhalten, die Prüfung des zu identifizierenden Stammes durch den Ver- such an aktiv vorbehandelten Tieren vornehmen. Bereits PFEIFFER & WASSERMANN hatten ja festgestellt, daß Bakteriolyse auch in der Bauchhöhle aktiv und passiv immunisierter Tiere erfolgt, und BESSERER & JAarFFE begnügen sich für den vorliegenden Zweck mit der Prüfung auf Immunität. Man kann dabei einerseits mit einem bekannten Stamm immuni- sieren und dann mit dem zu prüfenden Stamm nachinjizieren oder umgekehrt mit letzterem vorbehandeln und mit einem echten Stamm die Prüfung vornehmen. Zur Immunisierung empfiehlt es sich nach BESSERER & JAFFE an erster Stelle mit abgetöteten Kulturen die Meerschweinchen vorzubehandeln. In etwa 12- tägigen Intervallen wird erst !/, Kultur, dann 2mal je !/;s Kultur injiziert. 3 Wochen nach der letzten Injektion kann die Prüfung vorgenommen werden. Dieselbe erfolgt durch peritoneale Injektion eines mehrfachen Multiplums der tödlichen Dosis des zu identifizierenden Stammes. Natürlich sind Kontrollen bezüglich des Verhaltens normaler Tiere, sowie in bezug auf die Spezifität der Immunität erforderlich. Umgekehrt kann man auch ” die Immunisierung in gleicher Weise mit den fraglichen Stämmen vornehmen und mit bekannten Kulturen auf Immunität prüfen. Auch zum Antikörpernachweis kann die Bakteriolyse in der Bauchhöhle dienen. Das erste Erfordernis hierzu ist selbstver- ständlich das Vorhandensein einer brauchbaren Kultur, d. h. einer solchen, die sich bei Prüfung mit einem bekannten Immunserum im Preirrerschen Versuch als hinreichend virulent (mindestens 1 Oese) und gut beeinflußbbar erwiesen hat (15—24-stündige Agarkulturen). Die amtlichen Vorschriften zur Feststellung abgelaufener Cholera- fälle schreiben hier die Injektion je einer Oese mit 1 ccm 20-, 100- und 500-fach mit Bouillon verdünnten Serums vor. Zur Kontrolle ist eine Oese der gleichen Kultur mit 1 cem Bouillon zu injizieren. Natürlich ist dabei die Kenntnis des Serumtiters bei normalen Indi- viduen und unter Umständen eine Kontrolle mit normalem Serum erforderlich. Jedoch liegen die Verhältnisse für Cholera günstig, da der Titer des normalen Menschenserums nach Lazarus, KOLLE, SERKOWSKI u. a. nicht unterhalb 0,5 ccm liegt. Für Typhus wird als normaler Maximalwert 0,05 ccm angegeben (vgl. PFEIFFER & KoLLE, GAFFKY, KoLLE, HrETScCH & KUTscHER, TöPFER & .JAFFE). Allerdings ist ein deutliches Aufsteigen des bakteriolytischen Titers im PFEIFFERrschen Versuch erst ziemlich spät festzustellen, so daß die Methode hier wesentlich nur zum Nachweis einer stattgehabten *) Cf. hierzu das entgegengesetzte Verhalten der von HAENDEL analysierten Cholerakultur „Ostpreußen“. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 65 Infektion (retrospektive Diagnose), weniger zur klinischen Sero- diagnostik dienen kann. Sie kann von Wichtigkeit sein zur Auf- findung von Bacillenträgern und auch zur epidemiologischen Auf- klärung dienen durch positiven Ausfall bei solchen Individuen, die bacillenfrei befunden werden, aber offenbar früher Bacillen beher- bergt haben, worauf insbesondere von FRIEDBERGER hingewiesen worden ist. Bemerkt sei, daß auch für die Serodiagnostik der Schutzversuch am Meer- schweinchen bereits vor der Entdeckung des PFEIFFERschen Phänomens bei Typhus und Cholera ausgeführt wurde (cf. hierzu ÜHANTEMESSE & WIDAL, ISSAEFF, LAZARUS, E. NEISSER, PFEIFFER & WASSERMANN, STERN, WASSER- MANN U. 2.). Was den Antikörpernachweis mittels Bakterizidie im Reagenzglas anlangt, so ist derselbe beim Typhus bereits von STERN, WIDAL & SICARD, FÖRSTER, EMMERICH & Löw, TROMMSDORFF u. a. in mehr oder weniger vereinzelten Fällen herangezogen worden. Jedoch führten diese anfänglichen Versuche der Autoren zu keinem diagnostisch verwertbaren Ergebnis, zumal es sich auch hier um Versuche handelte, welche der komplexen Konstitution der bakteri- ziden Serumstoffe nicht Rechnung trugen. Diese früheren Unter- suchungen gaben im wesentlichen nur Aufschluß darüber, daß das menschliche Blutserum bakterizide Stoffe gegenüber verschiedenen Bakterienarten enthält, und es sei in diesem Zusammenhange noch einmal auf die Untersuchungen WriıcHTts hingewiesen, welcher die Bestimmung der bakteriziden Stoffe zur Beurteilung der Wirkung bei der aktiven Immunisierung benutzte. Erst R. STERN und seine Mitarbeiter (KoRTE, STEINBERG, Hann) haben unter Berücksichtigung der komplexen Konstitution der bakteriziden Stoffe eine Methode zum „Nachweis der bakteriziden Reaktion im Blutserum der Typhus- kranken“ im Anschluß an die von M. NEISSER & WECHSBERG aus- gearbeiteten Vorschriften für die Ausführung des bakteriziden Re- agenzglasversuches ausgearbeitet (cf. auch einige vorangehende Ver- suche von Trumrp und RICHARDSoN). Die Methodik von STERN & KOoRTE .unterscheidet sich von der durch M. NEISSER & WECHSBERG eingeführten hauptsächlich nur durch die Ver- wendung kleinerer Mengen und durch den Umstand, daß nicht ein bestimmter Teil, sondern die Gesamtmenge der Bakterien-Serumgemische zu Platten ver- arbeitet wird. Durch die Verwendung kleiner Serummengen wird den An- forderungen der klinischen Diagnostik entsprochen *). Das 10-fach mit physiol. Kochsalzlösung verdünnte Patientenserum wird durch 1/s-stündiges Erhitzen auf 56° inaktiviert. Als Bacillenemulsion dient eine 5000-fach mit, 2 Proz. Pepton-Witte enthaltender, Bouillon verdünnte Typhus- bacillenkultur**), als Komplement frisches Kaninchenserum. Bei der Aus- führung werden absteigende Mengen des zu untersuchenden Serums (mit physiol. Kochsalzlösung auf 1 ccm Volumen aufgefüllt) mit je 0,5 cem der Bacillen- aufschwemmung und je 0,5 ccm verdünnten Kaninchenserums (meist 12—16- fache Verdünnung) gemischt. *) Bezüglich Serumgewinnung für die Serodiagnostik vergleiche die An- gaben bei der Besprechung des Antikörpernachweises durch Agglutination. **) Ueber Abhängigkeit der Serumfestigkeit bei der Bakterizidie von der Beschaffenheit der Bakterien (Virulenz ete.) vgl. die oben bei der Besprechung der Bakteriendifferenzierung durch den PFEIFFERschen Versuch zitierten Ar- beiten. Bezüglich der wechselnden Empfindlichkeit und Serumfestigkeit ver- schiedener Stämme gegenüber der Bakterizidie (Typhus) sei auch auf die neueren Arbeiten von SCHLEMMER, MARMANN, NEUFELD und LINDEMANN u. a. ver- wiesen. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 9) 66 H. Sacns und H. Rırz, Als Kontrollen werden gefordert je 2 Röhrchen, welche die gleiche Bak- terienmenge in physiol. Kochsalzlösung (Volumen 2 cem) enthalten; das eine Röhrchen wird sofort, das andere nach Ablauf des Hauptversuchs zu Platten gegossen. Ferner ist die gleiche Bakterienmenge mit dem als Komplement dienenden Normalserum ohne Zusatz von Patientenserum zu digerieren. Die zu verwendende Dosis des Normalserums ist durch Vorversuche festzustellen und soll so beschaffen sein, daß durch sie nur eine geringfügige Verminderung der Bakterienzahl bedingt wird. Bei Verwendung von Kaninchenserum entsprach diese Dosis in der Versuchsanordnung von STERN, KORTE, STEINBERG, HAHN in der Regel, wie schon gesagt, der 12—16-fachen Serumverdünnung. Endlich sind auch die benutzten Sera auf Sterilität zu kontrollieren. Nach 3-stündigem Verweilen im Thermostaten bei 37° wird der Gesamtinhalt der einzelnen Röhr- chen zu Agarplatten verarbeitet, die nach 12 Stunden beurteilt werden sollen. Als bakterizider Titer wird diejenige Verdünnung des Patientenserums bezeichnet, welche noch eine deutliche Reduzierung der Bakterienmenge erkennen läßt *). Ausgedehnte Versuchsreihen sind stets wünschenswert, da bei größeren Dosen die Bakterizidie durch das schon besprochene Phänomen der NEISSER-WECHSBERG- schen Komplementablenkung aufgehoben sein kann. NEUFELD & Hüne halten es in wichtigen Fällen für geboten, zur Kontrolle ein Serum von bekannter Stärke gleichzeitig zu untersuchen. Für die Beurteilung des Ergebnisses ist von Wichtig- keit, daß der bakterizide Titer gegenüber Typhusbacillen bei Ge- sunden und besonders bei Erkrankten (Nichttyphösen) gelegentlich nicht unerhebliche Werte aufweisen kann, nach KoRTE & STEINBERG, Hann bis zur 10000-fachen Verdünnung des Serums. Es können daher nur höhere Werte im Sinne der Typhusdiagnose sprechen. Aller- dings kann bei Typhus noch bei 100 000- und 1000 000-facher Serum- verdünnung Bakterizidie eintreten. Nach KorTE & STEINBERG Sind dabei bakterizide Reaktion und Agglutination voneinander unab- hängige Vorgänge. Es ist daher in solchen Fällen, in denen die Agglutinationsprobe Schwierigkeiten begegnet, eine Indikation ge- geben, auch den bakteriziden Versuch zu diagnostischen Zwecken heranzuziehen (cf. hierzu auch die neuere Arbeit von MARMANN). Jedoch wird man dabei zu berücksichtigen haben, daß die Verwertung des positiven Ausfalls im Sinne der Typhusdiagnose nur bei hohem Titer statthaft ist; je höher der bakterizide Titer, um so wahrschein- licher wird die Schlußfolgerung auf Typhus. Umgekehrt berechtigt aber auch ein negatives Versuchsergebnis, d. h. niedriger bakterizider Titer, nicht zu einer Schlußfolgerung gegen Typhus (cf. Brıion & Kayser). Nach den Untersuchungen von LAUBENHEIMER, sowie TÖPFER & JAarr& besitzen allerdings Sera von Nichttyphösen niemals annähernd so starke bakterizide Wirkung wie die Sera von Typhuskranken. Trotzdem ist auch nach dem Urteil dieser Autoren im allgemeinen der Agglutination bei der Serodiagnostik des Typhus der Vorzug zu geben in Hinblick auf die komplizierte Technik und die Anforderungen an Zeit und Uebung beim bakteriziden Reagenzglasversuch (cf. auch Urriıcns). Zum Nachweis der überstandenen Erkrankung wird von TöPFER & JarrF& der PrEIFFersche Versuch als geeigneter erachtet, zu- mal die bakteriziden Titer bei Rekonvaleszenten im Reagenzglas- versuch nur gering sind. *) Wie bereits an anderer Stelle besprochen, kann man durch längeres Ver- weilen der Röhrchen im Thermostaten (etwa 8 Stunden lang) auch zu einer makroskopischen Beurteilung des bakteriziden Effektes gelangen. Will man dabei das Ergebnis zu einer bestimmten Zeit fixieren, so kann dies durch Zusatz von einem Antiseptikum, etwa verdünnter Formalinlösung, geschehen (Hann). DE 27 W EI Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 67 Auf etwaige Gruppenreaktionen ist ebenso wie bei anderen Anti- körperreaktionen zu achten. LAUBENHEIMER berichtet über einen Fall von Typhus mit Bakterizidie gegenüber Paratyphus A, nicht gegenüber Typhusbacillen. Was den bakteriziden Reagenzglasver- such bei Paratyphuserkrankungen anlangt, so sind von LAUBENHEIMER einige positive Ergebnisse bei Paratyphus B mitgeteilt worden, wäh- rend nach TÖöPFER & Jarrk, sowie NEUFELD & Hünxe, Tsuzukr die Prüfung auf bakterizide Funktion bei Paratyphus versagt*). Dagegen können Paratyphussera nach NEUFELD & Hüne auf Typhusbacillen wirken. Anhang: Experimentelle Diagnostik mittelst Hämolysinen. Bezüglich der serodiagnostischen Verwertbarkeit der Hämolysine können wir uns an dieser Stelle kurz fassen. Zwar ist bereits von DEUTSCH auf die Verwertbarkeit der spezifischen Serumhämolysine zur Unterscheidung des Blutes verschiedener Tierarten hingewiesen worden, jedoch kommt eine derartige Methode, da es sich in der forensischen Praxis in der Regel nicht um intakte Blut- körperchen handelt, wohl nur in Ausnahmefällen in Betracht. Im übrigen be- gnügen wir uns damit, auf das Kapitel „„Hämolysine und Cytotoxine“ (im 2. Bande dieses Handbuches) zu verweisen, in welchem die Beziehungen dieses Forschungs- gebietes zu klinischen Fragen (Paroxysmale Hämoglobinurie ete.) berücksichtigt werden. Die große Bedeutung, welche den Hämolysinen in der Serodiagnostik als Indikatoren für die Komplementbindungsreaktionen zukommt, wird im folgenden Abschnitt Gegenstand der Betrachtung sein. Zum Schluß sei auch hier auf die die einzelnen Infektionserreger resp. die gegen sie gerichteten Antikörperwirkungen behandelnden speziellen Kapitel dieses Handbuches verwiesen. Literatur zu B. I. 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Man erkennt hierbei die zustandegekommene Antikörperreaktion nicht an einer direkt wahr- nehmbaren Veränderung; das Gemisch von Antigen und Antikörper nimmt vielmehr eine neue Eigenschaft an, welche jeder der beiden Komponenten fehlt, — ein mehr oder weniger ausgesprochenes anti- komplementäres Vermögen. Zum Nachweis der erfolgten Reaktion be- nötigen wir also eine dritte Komponente, das Komplement, welches im normalen Serum — relativ reichlich und konstant im Meerschweinchen- serum — enthalten ist. Aber auch das Komplement ist kein direkt nachweisbarer Stoff, stellt vielmehr ein Prinzip dar, das wir nur aus seiner Funktion, durch Vermittelung von Ambozeptoren auf Zellen zu wirken, erkennen können. Damit das Phänomen der Komplementbin- dung einen sinnfälligen Charakter annimmt, sind mithin zwei weitere Asgentien, eine Zellemulsion und der korrespondierende Ambozeptor, erforderlich, so daß bei jeder Komplementbindungsreaktion ein Gemisch resultiert, in welchem 5 verschiedene Komponenten interferieren, und das daher für die Beurteilung des Ergebnisses eine größere Anzahl von Kontrollen erfordert *). Prinzipiell ist es gleichgültig, welche Kombination von Zellen und Ambo- zeptoren man zum Nachweis der Komplemente benutzt. Auf Grund der Viel- heit der Komplemente im Serum könnte man allerdings von vornherein an- nehmen, daß eine Komplementbindung überhaupt nur dann nachweisbar wäre, wenn für den Komplementnachweis das gleiche System von Antigen und Antikörper dient, welches auch in der ersten Phase*) der Komplement- *) Das Wesen der Komplementbindungsphänomene lassen wir an dieser Stelle unerörtert, und es sei hierzu nur auf die entsprechenden Kapitel im II. Bande des Handbuches hingewiesen. **) Wir bezeichnen als „erste Phase‘ das Zusammenwirken von Antigen, Antikörper und Komplement, als „zweite Phase“ den nach Zusatz von Blut und Ambozeptor erfolgenden Vorgang. A EEE TEEN Be Ze Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 13 bindung interferiert hat. In diesem Falle wäre freilich die Anwendungsmöglich- keit der Komplementbindungsmethode eine recht beschränkte. Wenn aber tat- sächlich die Komplementbindungsphänomene der experimentellen Diagnostik ein so weites Gebiet erschlossen haben, so war dies ermöglicht durch die Tat- sache, daß bei dem Zusammenwirken von Antigen und Antikörper nicht nur das im speziellen Falle zur Wirkung gelangene Komplement, sondern in der Regel und bei geeigneter Versuchsanordnung sämtliche Komplementfunktionen des Serums ihrer Wirkung beraubt werden. Die Demonstration dieser Tatsache verdanken wir BORDET & GENGOoT, und diese Autoren haben auch gleich im Anschluß hieran die Konsequenz für die Praxis gezogen, indem sie’die Komple- mentbindung für die Diagnose von Antikörpern nutzbar machten. Wenn zum Nachweis der Komplementwirkung bei der Komple- mentbindungsmethode vorwiegend sogenannte „hämolytische Systeme“, d. h. Kombinationen von roten Blutzellen und entsprechenden Ambo- zeptoren, herangezogen werden, so ist hierfür lediglich die Forderung einer möglichst einfachen und sinnfälligen Methodik maßgebend. Denn die roten Blutkörperchen unterscheiden sich „von anderen Zellarten dadurch, daß sie einerseits sehr genau quantitativ dosiert werden können, und daß sie andererseits die durch das Einwirken von Ambo- zeptor und Komplement eintretende Schädigung markant durch den Austritt des Hämoglobins, durch den Vorgang der Hämolyse, erkennen lassen. Das endgültige Resultat dokumentiert sich daher in einer Farbenreaktion. Bei positiver Komplementbindung gelangt das Komplement nicht mehr zur hämolytischen Wirkung, und die Flüssig- keit erscheint daher nach dem Niedersinken der ungelösten Blut- körperchen mehr oder weniger farblos, resp. beim Aufschütteln der Blutkörperchen deckfarben, bei negativer Komplementbindung ist das Komplement intakt geblieben, übt also die hämolytische Wirkung aus, und die Flüssigkeit erscheint demnach lackfarben-rot. Da für die Praxis der Komplementbindung wohl ausschließlich die hämo- Iytischen Systeme als Indikatoren in Betracht kommen, erscheint es hinreichend, wenn wir nur diese der Darstellung zugrunde legen. Es sei aber ausdrücklich hervorgehoben, daß grundsätzlich auch andere Systeme zum Nachweis der Komplementbindung herangezogen werden können. So haben bereits PFEIFFER & MorescHt Komplementbindungsphänomene durch das Ausbleiben der Bak- teriolyse in vivo sinnfällig gemacht, von LopE & BALLNER ist der Komple- mentnachweis bei der Komplementbindung mittels der Bakterizidie in vitro ge- führt worden, und Mvır & Marrın haben gezeigt, daß durch die aus spezi- fischem Antigen und Antikörpern resultierenden Komplexe auch die opsonischen Wirkungen der normalen Sera ihrer Wirkung beraubt werden, während die Opsonine der Immunsera (bakteriotrope Stoffe NEUFELDSs) bei diesem Vorgang unbeeinflußt bleiben (vgl. hierzu auch HAENTHJENS). Auch das Konglutinationsphänomen ist für die Praxis der Komplement- bindung an Stelle der Hämolyse herangezogen worden (cf. STRENG, JacoBÄUS, KARVONEN, SIEBERT & MIRoNESscU, HECHT, LUGER, PFEILER & WEBER). Nach PFEILER & WEBER kommt der Blutkörperchenkonglutination als Indikator für die stattgehabte Komplementbindung bei der Rotzdiagnose sogar eine gewisse Bedeutung zu*). I. Allgemeine Methodik der Hämolysinuntersuchung. Da bei der Komplementbindung die Wirkung der komplementbindenden Antikörper erst durch eine zweite Antikörperreaktion, als welche, wie erwähnt, in der Regel die Funktion hämolytischer Ambozeptoren gewählt wird, zur sinn- fälligen Wahrnehmung gelangt, so ist für die Praxis der Methode naturgemäß die Kenntnis der Hämolysine und ihrer methodischen Verwendung von wesent- licher Bedeutung, und es dürfte daher angebracht sein, eine kurze Erörterung *) Auch mittels des Systems „Kieselsäure-Normalserum“ läßt sich nach LANDSTEINER & Rock Komplementbindung nachweisen. 14 H. Sıcns und H. Rırzz, der bei dieser zweiten Phase des Versuchs in Betracht kommenden Faktoren der eigentlichen Behandlung der Komplementbindungsmethode voraus zu schicken. Denn das hämolytische System stellt gewissermaßen den Indikator dar, und für die Beherrschung der Methode ist daher, wie für chemische Reaktionen, die Be- kanntschaft mit den Eigenschaften des Indikators ein unbedingtes Erfordernis. An erster Stelle handelt es sich um die Wahl des hämolytischen Systems, an zweiter Stelle um seine quantitative Bestimmung*). Die zum Komplementnachweis allgemein übliche Kombination ist: Rinder-, Hammel- oder Ziegenblut — hämolytisches Immunserum vom Kaninchen als Ambozeptor — Meerscheinchenserum als Komplement. Wenn auch gegen die Verwendung anderer hämolytischer Systeme prinzipiell nichts einzuwenden ist, so empfiehlt es sich in der Regel doch, eine von den drei genannten Kombinationen, die sich in der Praxis meist eingebürgert haben, zu verwenden. Die Frage, welche von den drei genannten Blutarten man benutzen soll, ist zwar in manchen Fällen ohne Bedeutung, aber doch‘ nicht immer gleich- ülti.. Man hat sich auf Grund der Erfahrungen der WASSERMANNschen Syphilisreaktion daran gewöhnt, in der Regel Hammelblut zu wählen. Jedoch liegen bei der WASSERMANnNschen Reaktion ganz bestimmte Verhältnisse vor, welche die Wahl des Hammelblutes als angezeigt erscheinen lassen. Von den beiden bei der WASSERMANnNschen Reaktion zusammenwirkenden Reagentien, dem ÖOrganextrakt und dem menschlichen Blutserum, übt nämlich die eine, der ÖOrganextrakt, oft an und für sich in mehr oder minder großen Mengen eine antikomplementäre Wirkung aus. Da es nun für die Beurteilung des Ergebnisses ein notwendiges Erfordernis ist, eine etwaige Summation zweier an und für sich antikomplementärer Faktoren auszuschließen, so ist man mit Recht bestrebt, die Versuchsanordnung so zu gestalten, daß dem zu untersuchenden menschlichen Patientenserum eine antikomplementäre Funktion nicht zukommt. Die antikomplementäre Wirkung normaler Sera gegenüber einem bestimmten lytischen System ist aber, wie die Untersuchungen von PFEIFFER & FRIED- BERGER, SACHS, BORDET & GAY gezeigt haben, in der Regel ihrem Gehalt an hämolytischen Ambozeptoren für die betreffende Blutart in gewissen Grenzen umgekehrt proportional. Nun enthält das menschliche Serum mehr oder weniger reichliche Mengen von Ambozeptoren für Hammelblut, in geringerem Maße auch für Ziegenblut, aber nicht für Rinderblut. Daher kommt es, daß eine antikomplementäre Wirkung des Menschenserums bei Verwendung von Rinder- blut relativ häufig in Erscheinung tritt, während sie bei Verwendung von Hammel- blut zu den Seltenheiten gehört, indem das Menschenserum sogar durch seinen Gehalt an hämolytischen Normalambozeptoren meist die Hämolyse von Hammel- blut nicht unerheblich beschleunigt. Bei der WAssEerMANnNschen Reaktion werden daher gerade durch die Verwendung von Hammelblut einwandfreie Ergebnisse gewährleistet, wobei allerdings schwache Reaktionen larviert werden können. Wenn es sich also um den Nachweis von Antigen oder Antikörper in solchen Blutseris handelt, welche an und für sich hämolytische Ambozeptoren für Hammelblut enthalten (z. B. Nachweis von Antikörpern im Kaninchen- oder Menschenserum), so kann trotz negativer Reaktion bei Verwendung von Hammelblut (vergl. hierzu WEINBERG, „technique rationnelle“) der Nachweis durch Verwendung von Rinderblut noch immer möglich sein, da hierbei die Ver- stärkung der Hämolyse fortfällt, die Bedingungen für die Komplementbindung aber die gleichen sind. Man wird also dann, wenn es sich um die Aufdeckung schwacher Reaktionen handelt und solche Serumarten, welche die Hammelblut- hämolyse verstärken, als Antigen- oder Antikörperträger zur Verwendung ge- langen, durch die Wahl des Rinderblutes die Methode verfeinern, aber anderer- seits um so mehr .etwaige antikomplementäre Wirkungen der Komponenten zu berücksichtigen haben. Eine Störung kann allerdings bei Verwendung von Rinder-, Hammel- oder Ziegenblut dann entstehen, wenn sich in dem auf Komplementbindung zu prüfenden Gemisch Komponenten befinden, *) In systematischer Weise sind die Hämolysine im 2. Bande dieses Handbuches behandelt. rer ur u Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. (5 welche Rinder-, Hammel- oder Ziegeneiweiß enthalten (z. B. Nachweis von bakteriellen Antigenen oder Antikörpern beim Rind etc.). In diesem Falle entsteht nämlich außer dem zu analysierenden ein zweiter Komplex von Antigen und dem im hämolytischen Immunserum ent- haltenen Antikörper, durch den allerdings eine wesentliche Komple- mentbindung insofern im allgemeinen nicht mehr hervorgerufen werden wird, als das hämolytische Immunserum ja erst gleichzeitig mit den Blutkörperchen zugesetzt wird und in diesem Falle meist die hämo- lytische Wirkung einer etwaigen Komplementbindung zuvorkommt. Außerdem kann man sich dabei auch durch die schon aus diesem Grunde stets wünschenswerte Verwendung hochwertiger hämolytischer Ambozeptorsera schützen, da so kleine Antiserummengen erfahrungs- semäß Komplementbindung nicht mehr bewirken. Andererseits kann ein negatives Resultat vorgetäuscht werden, wenn es sich um den Nachweis von Rinder-, Hammel- oder Ziegen- antigen handelt, also mit entsprechenden Antiseris gearbeitet wird. Diese durch die entsprechenden Sera erzeugten Antisera können näm- lich, wie bereits die Untersuchungen von v. DUNGERN, TCHISTOVITcH, MORGENROTH U. a. gezeigt haben, auch hämolytische Ambozeptoren enthalten und so durch einen ungebührlichen Ambozeptorüberschuß eine eingetretene Komplementbindung larvieren. Mit der Interferenz hämolytischer Ambozeptorwirkungen durch das Antiserum muß man aber nach neueren Erfahrungen auch in anderen Fällen rechnen, nach- dem die Untersuchungen von FORSSMAN, ÜRUDSCHIEW, ROTHACKER, MORGENROTH gezeigt haben, daß bei der Immunisierung mit Organen, Bakterien, Tumormaterial heterologe Ambozeptoren für Hammelblut und Ziegenblut in nicht unbeträchtlicher Menge gebildet werden können. In solchen Fällen wird man die hämolytische Ambozeptor- wirkung durch Verwendung von Rinderblut vermeiden. Sonst kommen auch andere hämolytische Systeme in Betracht. Nach unserer Er- fahrung eignet sich besonders Schweineblut in Verbindung mit dem von Kaninchen gewonnenen hämolytischen Immunserum unter Ver- wendung von Meerschweinchenserum als Komplement oder auch die bereits von NEISSER & SacHs angegebene Kombination Meerschweinchen- blut, Immunambozeptor von Kaninchen, Kaninchenkomplement *). NEISSER & SacHs hatten ursprünglich die Methodik dadurch zu verein- fachen gesucht, daß sie die Verwendung normaler Hämolysine empfehlen zu sollen glaubten. Aber ganz abgesehen davon, daß die Dosierung des hämolyti- schen Systems hierbei nicht so exakt sein kann, wie bei den hämolytischen Immunseris, bei denen eine getrennte Titrierung von Ambozeptor und Kom- plement ermöglicht wird, hat sich die Verwendung der normalen Hämolysine schon deshalb nicht als zweckmäßig erwiesen, weil die antikomplementäre Wirkung der verschiedenartigsten Stoffe, wie besonders UHLENHUTH gezeigt hat, gegen- über normalen Hämolysinen meist bedeutend stärker zum Ausdruck gelangt, als gegenüber immunisatorisch erzeugten. Und um die durch das Zusammenwirken von Antigen und Antikörper bedingte Komplementbindung einwandsfrei in Er- scheinung treten zu lassen, ist es natürlich ein wichtiges Postulat, daß die beiden Komponenten an und für sich möglichst der antikomplementären Wirkung ent- behren. Sollen zu bestimmten Zwecken Normalhämolysine Verwendung finden, so ist zu beachten, daß sich nicht alle ohne weiteres für Komplementbindungs- *) In dem letztgenannten Falle ist Meerschweinchenserum als Komple- ment zu vermeiden, da das hämolytische Immunserum für Meerschweinchen- blut spezifisch ist und das Meerschweinchenserum daher durch seinen Antigen- gehalt unter Umständen die Hämolyse hemmen kann. 16 H. Sachs und H. Rırz, versuche eignen (so z. B. Ziegenserum, Rinderserum, Hundeserum ete., vgl. MuıIRr & MARTIN, RÖMER, Rose, SacHs). Als brauchbar erprobt sind die Normal- hämolysine des Kaninchen- (NEISSER & SacHs) und Schweineserums (SACHS) für Hammelblut. In diesem Zusammenhange sei auch auf Beobachtungen MOoRESCHIs verwiesen, denen zufolge bei Verwendung von Antiserum, das vom Kaninchen gewonnen ist, Komplementbindung bei Komplettierung durch Vogel- serum nur dann zustande kommt, wenn der hämolytische Ambozeptor vom Kaninchen, aber nicht, wenn er von Vögeln stammt. Auch sei erwähnt, daß nach MORESCHI Antisera von Vögeln Säugetierkomplement nicht zu binden vermögen. Es mögen diese Beispiele genügen, darauf hinzuweisen, dab unter Umständen, und besonders dann, wenn der Antikörper in der ersten Phase von einer Tierart stammt, welche von der den hämolytischen Ambozeptor liefernden Species mehr oder weniger weit entfernt ist, der Nachweis der Komplementbindung von der Wahl des Komple- ments oder des hämolytischen Ambozeptors sehr wesentlich abhängig sein kann. Für die Praxis ergibt sich, dab in schwierigen Fällen unter Umständen die am besten zur Komplementwirkung geeignete Serumart erst erprobt werden mub. Wenden wir uns nun der Gewinnung und Verwendung der einzelnen Komponenten der hämolytischen Kombi- nation zu, so ist folgendes zu bemerken. 1. Die Blutaufschwemmung. Das Blut gelangt als Suspen- sion in isotonischer (0,85-proz. Kochsalzlösung) zur Anwendung *). Die Blutaufschwemmung wird in der Regel 5-proz. (gelegentlich auch 8s—10-proz. bei zu geringer Dichte) hergestellt und muß frei von Serumbestandteilen sein, da letztere teils befördernd, teils hemmend auf die Hämolyse einwirken können. Zu diesem Zwecke wird eine abgemessene Menge defibrinierten Blutes zweckmäßig mit dem 10—20-fachen Volumen Kochsalzlösung gemischt und zentrifugiert. Mit dem Blutsediment wird der Vorgang noch zweimal wieder- holt, und sodann erfolgt Aufschwemmung auf das 20-fache des ursprünglichen Blutvolumens**). Die Blutaufschwemmungen können bei sorgfältigem Lagern auf Eis 2—3 Tage lang aufbewahrt werden. Nach ARMAND-DELILLE & LAUNOY kann man durch Zusatz von 2 Prom. Formol (5 cem Blut + 0,1 cem 10-proz. Formol) die Blutkörperchen derart stabilisieren, daß sie sich etwa 3 Wochen auch bei Zimmertemperatur (unter öfterem Schütteln) gebrauchsfähig erhalten (vgl.hierzu auch BERNSTEIN & KALISKI, v. EISLER, LANDSTEINER & PRASEK ) ***). 2. Der Ambozeptor. Als Ambozeptor benutzt man das inakti- vierte (1/, Stunde auf 55° erhitzte) Serum, in der Regel von Kanin- chen, die mit der entsprechenden Blutart (Hammelblut ete.) vorbe- *) Für Hunde- und Pferdeblut wird eine stärkere Salzkonzentration (0,95 Proz.) empfohlen (cfr. hierzu MORGENROTH). **) Nach Arkın werden gründlich gewaschene Pferdeblutkörperchen (und auch andere Blutarten) bei 1-proz. Aufschwemmung in physiol. NaCl-Lösung häufig spontan agglutiniert (beim Schütteln Hämolyse). Zur Vermeidung dieser Spontanagglutination empfiehlt ArKın indifferente Zusätze (Serum, Bouillon, Kaliumoxalat, Natriumeitrat), insbesondere Zusatz von 0,2 cem 1-proz. Natrium- eitratlösung auf 100 cem 1-proz. Blutaufschwemmung. ***) Von dem pharmazeutischen Institut L. W. Gans in Frankfurt a. M. werden präparierte Hammelblutaufschwemmungen in den Handel gebracht, die beim Aufbewahren ohne besondere Kautelen längere Zeit haltbar sind, und die wir für die WASSERMANNSsche Reaktion durchaus brauchbar gefunden haben. er Te Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 17 handelt sind. Eine zweimalige Injektion (20—30 ccm peritoneal, 1—5 ccm intravenös) genügt in der Regel. Der Ambozeptor hält sich beim sterilen Aufbewahren im Eisschrank äußerst lange, erforderlichenfalls ist eine mehrmalige Erhitzung auf 55° zu empfehlen. Noch sicherer wird die Konservierung der Ambozeptoren beim Aufbewahren im gefrorenen Zustande garantiert*). Nach STÖKEL eignet sich auch das von S. FRÄNKEL & ELFER angegebene Verfahren der Serumtrocknung mittels Glaubersalz zum Konservieren hämolytischer Immunsera. Man verfährt in der bei der Besprechung der Agglutination bereits erörterten Weise (l cem Serum 0,7—1 g geglühtes Natriumsulfat — Trockenserum + 100 cem Aq. dest. — 100-fache Verdünnung). 3. Das Komplement. Als Komplement kommt fast aus- schließlich Meerschweinchenserum zur Anwendung. Das Komplement stellt die labilste Komponente dar und ist beim Aufbewahren auf Eis in der Regel nur 1—2, höchstens 3 Tage lang haltbar. Zum Zwecke der Konservierung eignet sich am besten das im Frankfurter Institut seit langer Zeit übliche Verfahren der Aufbewahrung des Serums im gefrorenen Zustande (vgl. MORGENROTH) **). Nach FRIEDBERGER kann man auch das Komplement durch eine erhöhte Salzkonzentration längere Zeit konservieren. Es empfiehlt sich hierbei, in dem Serum 8 Proz. Kochsalz in fester Form zu lösen, so daß das Serum durch ein- faches Verdünnen mit 9 Teilen destillierten Wassers gebrauchsfähig wird. Größere praktische Erfahrungen liegen über diese Konservierungsart nicht vor. Versuche, die Komplemente durch Eintrocknen der Sera zu konservieren, was nach FRIEDBERGER bis zu einem gewissen Grade gelingt, scheinen bisher den Erwartungen für die Praxis nicht entsprochen zu haben. Für die Dosierung der Reagentien ist die zur Verwendung gelangende Menge der Blutkörperchensuspension maßgebend. In der Regei wird je 1 cem Blutaufschwemmung benutzt, und das Gesamt- volumen beträgt dann bei den üblichen hämolytischen Versuchen 2,0 bis 2,5 ccm, unter Umständen, wenn es sich um Versuche zu Komple- mentbindungsreaktionen handelt, in denen jede einzelne Komponente in gleichem Volum teilnehmen soll, auch 5 ccm ***). Mangel an Material oder ökonomische Gründe können zu dem Wunsche führen, mit geringeren Mengen zu arbeiten. Wenn auch damit die Exaktheit naturgemäß verringert wird, so steht nach unseren Erfahrungen einer Reduktion der Blutmenge auf 0,5 cem nichts im Wege. Selbst 0,25 cem Blutaufschwem- mung beeinträchtigen bei Verwendung jeder Komponente in gleichem Volumen das Ergebnis praktisch-diagnostischer Untersuchungen bei erprobter Anordnung nicht, wie wir uns durch mehrjährige dementsprechende Vornahme der WAassEr- MAnNnschen Syphilisreaktion überzeugen konnten. Immerhin ınöchten wir in anderen Fällen nicht empfehlen, weniger als 0,5 ccm Blutsuspension zu ver- wenden. Eine Herabminderung unter 0,25 eem glauben wir nur bei dringender Notwendigkeit in Ausnahmefällen anraten zu dürfen. : Nach WEIDANZ (cf. auch UHLENHUTH & WeEIDanz) kann man bei An- wendung kleinster Flüssigkeitsmengen für Komplementbindungsversuche noch *) Von einer Reihe von Fabrikationsstätten werden Ambozeptoren, insbe- sondere für Hammelblut in den Handel gebracht, teils in flüssigem Zustande, teils als Trockenpräparate, die dann mit dem 10-fachen Gewichtsvolumen destil- lierten Wassers aufzulösen sind, oder auf Filtrierpapier in bereits dosierten Mengen angetrocknet. ug: **) Von der Firma F. & M. LAUTENSCHLÄGER in Berlin wird der für diesen Zweck geeignete, nach den Angaben von MORGENROTH hergestellte Apparat „Frigo“ in den Handel gebracht. ***) Es ist durchaus erwünscht, bei allen Titerangaben über Komplement- bindung. die benutzte Blutmenge zu erwähnen. Im folgenden beziehen sich Zahlenwerte, wenn nicht anders vermerkt, stets auf das Arbeiten mit 1 cem 3(—8) Proz. Blutaufschwemmung. 78 H. Sıcus und H. Rırzz, mit je 0,05 cem arbeiten und dazu zweckmäßig sog. „Thermometerpipetten“ (0,1 cem in 100 Teile) benutzen. Selbst in Kapillaren lassen sich natürlich entsprechend dem von WRIGHT geübten Vorgang hämolytische Versuche ausführen, indem man mit einem will- kürlich markierten Maßstab des Kapillarendes die Abmessungen vornimmt, die Komponenten auf dem Öbjektträger oder Uhrgläschen mischt und die ver- schiedenen Mischungen dann in einer Kapillarstange unter Einschaltung von Luftbläschen aufnimmt. Jedoch erscheint das Verfahren in dieser Form für Komplementbindungsversuche wegen der durch das Nachfüllen von Blut und Ambozeptor resultierenden Kompliziertheit wenig empfehlenswert. CARNWARTH (ef. auch UHLENHUTH & WeıDAanz) hat jedoch besondere Kapillaren für die Komplementbindung angegeben, in denen nur eine Mischung aufgesaugt wird. Im allgemeinen wird man im Interesse möglichster Genauigkeit und auch zur Verhütung einer erhöhten Beeinflussung durch die umgebende Glaswandung mit größeren Mengen in kleineren oder größeren Reagenzgläsern arbeiten und hierfür fast stets genügend Material zur Verfügung haben. Was nun die Einstellung des hämolytischen Systems be- trifft, so kann man entweder mit einer stets gleichbleibenden Kom- plementmenge arbeiten und jedesmal den Ambozeptor titrieren oder aber eine bestimmte Ambozeptormenge als Testdosis festlegen und für diese jedesmal den zur kompletten Hämolyse*) erforderlichen Kom- plementbedarf bestimmen. Der erste Weg bietet insofern einen Vorteil, als er es erlaubt, den Kom- plementbindungsversuch bereits zu beginnen, bevor das Ergebnis der Ambozeptor- einstellung vorliegt, und hat sich bei der WASSERMANnNschen Reaktion gut be- währt. Im allgemeinen halten wir es jedoch für rationeller, mit einer einheit- lichen Ambozeptordosis zu arbeiten und jedesmal die zu verwendende Komple- mentdosis zu bestimmen. Denn der. Komplementgehalt der verschiedenen Meer- schweinchensera schwankt, während die Stärke des Ambozeptors, der lange Zeit unverändert als Reagens dienen kann, eine in weiten Grenzen recht kon- stante Größe darstellt, wenn sie auch von der Individualität des Meerschweinchen- serums beeinflußt wird (cf. SCHELLER und GOLDSCHMIDT). Bei diesem Vor- gehen kommen wiederum zwei Möglichkeiten in Betracht. Wie bereits durch die Untersuchungen von v. DUNGERN, GRUBER, MORGENROTH und SacHs be- kannt ist, wird in gewissen Grenzen mit der Zunahme der Ambozeptordosis die zur kompletten Hämolyse erforderliche Komplementmenge geringer und um- gekehrt. Man kann also denselben Grad der Hämolyse erzielen durch die Kombination von viel Ambozeptor mit wenig Komplement einerseits und von wenig Ambozeptor mit viel Komplement andererseits. Da jedoch die Unter- suchungen von MORGENROTH & SacHs, sowie diejenigen von PFEIFFER und MoRESCHI gezeigt haben, daß die antikomplementären Wirkungen bei geringer *) Beim Ablesen der Resultate von hämolytischen Versuchen sind zwei Grenzwerte zu unterscheiden. Bei der „kompletten Hämolyse“ sind sämt- liche Blutkörperchen gelöst; ein Blutsediment ist nicht vorhanden, und die Flüssigkeit ist auch beim Schütteln klar — durchsichtig und lackfarben — rot. „Spur Hämolyse“ bedeutet den geringsten Grad der wahrnehmbaren Zell- zerstörung: fast alle Blutkörperchen sind ungelöst am Boden des Reagenzglases, die darüber stehende Flüssigkeit ist nur sehr wenig diffus gerötet, oder es be- findet sich über dem Blutkörperchensediment eine schmale Zone intensiverer Rötung. Für die zwischen kompletter und geringster Hämolyse liegenden Grade partieller hämolytischer Wirkung erscheint es für die Zwecke praktischer Dia- gnostik hinreichend mit den Bezeichnungen „fast komplette — starke — mäßige — wenig Hämolyse“ abzustufen. Eine kolorimetrische Bestimmun des gelösten Hämoglobins in Prozenten der gesamten Blutmenge dürfte woh nur bei besonderen theoretischen Fragestellungen in Betracht kommen, und wir begnügen uns daher, in dieser Hinsicht auf die Darstellung von MADSEN im Handbuch der Technik und Methodik der Immunitätsforschung zu verweisen. Ebenso ist für die Praxis kaum von Bedeutung, bei partieller Hämolyse den Rest ungelöster Blutkörperchen quantitativ zu bestimmen, wofür FINKELSTEIN besondere Gefäße mit angeschmolzenen, graduierten, dünnen Röhrchen ange- geben hat, in denen nach dem Zentrifugieren die Höhe der Blutkörperchen- säule abgemessen wird. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 79 Ambozeptordosis in der Regel markanter in Erscheinung treten, obwohl hierbei eine größere Komplementmenge zur Aktivierung erforderlich ist, so empfiehlt es sich, bei der Komplementbindungsmethode mit kleinen Mengen des hämo- lytischen Ambozeptors zu arbeiten. Wir verfahren bei der Einstellung des hämolytischen Systems (ef. hierzu NEISSER & SacHs, RıcKMAnN) folgendermaßen: Absteigende Mengen des hämolytischen Ambozeptors (in gleichem Vo- iumen) werden mit je 1 ccm 5-proz. Blutaufschwemmung und je 0,1 ccm Meerschweinchenserums*) als Komplement 2 Stunden bei 37° digeriert. Die- jenige kleinste Ambozeptormenge, welche dabei gerade noch komplette Hämolyse bewirkt, wird nach dem Vorgang von MORGENROTH & Sachs als „Ambozep- toreinheit“ bezeichnet. Die Ambozeptoreinheit soll in der Regel 0,002 ccm nicht übersteigen, was schon deshalb zweckmäßig erscheint, weil dann eine etwaige störende Komplementbindung durch Vermittelung eines im Reaktionsgemisch vorhandenen homologen Antigens nur selten eintreten dürfte. Als Testdosis für Komplementbindungsversuche werden 2 (1!/,—3) Ambozeptoreinheiten gewählt. Jedem Komplementbindungsversuch muß dann die Einstellung des zu verwenden- den Komplements vorangehen (vgl. hierzu insbesondere SCHELLER und GOLD- SCHMIDT). Man mischt zu diesem Zweck je 1 cem 5-proz. Blutaufschwemmung mit der Testdosis des Ambozeptors und absteigenden Mengen des Komplements (in gleichem Volumen). Von der sich ergebenden minimalen komplett lösenden Menge wählt man wiederum das doppelte Multiplum **) als Testdosis für die Komplementbindungsversuche ***). Man hat dabei Sorge zu tragen, daß Jas Ge- samtvolumen mit dem im anschließenden Komplementbindungsversuch vorhan- denen übereinstimmt, zumal die Komplementwirkung nicht nur von der abso- luten Menge, sondern auch von der Konzentration beeinflußt wird (cf. hierzu insbesondere KISS, SCHELLER, LIEFMANN & ANDREEW, UNGERMANN & Kan- DIBA, FRÄNKEL, CONRADI u. a.). Es soll die hier besprochene Art des Vorgehens nicht als die unter allen Umständen allein geeignete bezeichnet werden. In vielen Fällen wird man mit einer fixierten Komplementmenge und jedesmaliger Einstellung des Ambozeptors auskommen, besonders wenn es sich um starke Antiserumwirkungen handelt und nur grobe Ausschläge zur Verwertung gelangen. Nach unseren Erfahrungen empfiehlt es sich dann im allgemeinen (bei 1 ccm Blutaufschwemmung) mit 0,05 cem {(1/,.0,1 oder 1/,.0,15) Meerschweinchenserum zu arbeiten und ein 3—4-faches Multiplum der Ambozeptoreinheit zu verwenden. Handelt es sich aber um den Nachweis geringfügiger Antikörperwirkungen mittels Komplement- bindung, so erscheint die Titration des Komplements in dem oben erörterten Sinne ratsam. *) Die Menge von D,l ccm Meerschweinchenserum hat sich für 1 ccm Blutaufschwemmung allgemein als zweckmäßig erwiesen. Sie stellt fast stets einen Komplementüberschuß dar, kann aber zuweilen durch einen Ambozeptor- gehalt bereits an und für sich hämolytisch wirken. Daher muß die Reihe immer mit einem Röhrchen schließen, das nur Blut und Meerschweinchenserum enthält. Nur selten ist die hämolytische Wirkung so stark, daß sie die Ver- wendung des Meerschweinchenserums erschwert oder ausschließt. (elangt Ka- ninchenserum als Komplement zur Anwendung, so sind für manche Blutarten (z. B. Rinderblut) größere Dosen erforderlich. Als allgemeine Regel kann für Ambozeptorbestimmungen die Verwendung möglichst großer Serummengen, d. h. solcher, welche an und für sich nicht hämolytisch wirken, als Komplement gelten (Einstellung des komplettierenden Serums auf hämolytische Wirkung bei un- bekannten Kombinationen!). Allerdings sollen größere Dosen als 0,5—0,4 ccm nicht herangezogen werden, um antagonistische Funktionen eines stark serum- haltigen Milieus zu vermeiden. . **) Ein gewisser Ueberschuß von Ambozeptor und Komplement ist anzu- raten, um einerseits der Abschwächung des Komplementes während der ersten Phase des Komplementbindungsversuches, andererseits etwaiger Eigenhemmung der Komponenten vorzubeugen. i ***) Wenn es sich um den Nachweis äußerst minimaler Antigen- oder Anti- körpermengen mittels Komplementbindung handelt, so wird man sich gelegent- lich zum Zwecke der Verschärfung der Reaktion mit dem 1'/,-fachen Multi- plum begnügen dürfen. 80 H. Sacns und H. Rırz, Die Beurteilung des Ergebnisses hämolytischer Ver- suche erfolgt im allgemeinen nach 2-stündigem Aufenthalt der Ver- suchsröhrchen im Brutschrank bei der für die hämolytische Wirkung günstigen Temperatur von 37—40°. Es steht nichts im Wege, die Versuchsreihen sodann über Nacht im Eisschrank aufzubewahren, wobei die eintretende Sedimentierung der ungelösten Blutkörperchen der Beurteilung in mancher Hinsicht zu Hilfe kommt. Während des Aufenthaltes im Brutschrank empfiehlt es sich, die Reagenzgläser wiederholt, wenigstens in t/,-stündigen Intervallen gut durchzuschüt- teln, besonders wenn Neigung zur Agglutination vorhanden ist, und den Verlauf der Hämolyse zeitlich zu verfolgen. Um die Versuchszeit abzukürzen, kann man den hämolytischen Versuch auch im Wasserbade bei 37° vornehmen. Durch die raschere Erwärmung des Inhalts wird hierbei das Endresultat meist schon nach !/;—l1-stündigem Ver- weilen erreicht. Man kann sich hierfür gewöhnlicher oder mit Thermoregu- lierungsvorrichtung versehener Wasserbäder bedienen. Um den Verlauf der Hämolyse ohne Herausnahme der Reagenzglasgestelle beobachten zu können, ist von WEIDANZ ein durchsichtiger Brutschrank, in welchem die Reagenzgläser mittels besonderer Vorrichtung aufgehängt werden, angegeben worden (bei der Firma F. & M. LAUTENSCHLÄGER erhältlich). Besondere Wasserbäder für hämolytische Versuche sind ferner von G. MEIER empfohlen und von LIEFMANN angegeben worden (durch F. & M. LAUTENSCHLÄGER zu beziehen). Il. Allgemeine Methodik der Komplementbindungsreaktionen. Bei der eigentlichen Komplementbindungsreaktion kommen außer den drei Komponenten des hämolytischen Systems noch zwei Faktoren hinzu, von denen der eine seiner Herkunft nach bekannt, der andere durch die Reaktion mit dem ersteren charakterisiert werden soll. Es handelt sich also hier um das auch bei allen übrigen Antikörper- reaktionen in Betracht kommende Zusammenwirken von Antigen und Antikörper. Sollen in einer Flüssigkeit bestimmte Antiggne nach- gewiesen werden, so müssen wir ein uns nach Herkunft und Wirkung bekanntes Antiserum in Händen haben, und umgekehrt ist für den Antikörpernachweis die Verfügung über das entsprechende Antigen erforderlich. Es ist im allgemeinen gleichgültig, ob man, dem in der WAassEr- MANNSchen Schule und bei der Serodiagnostik der Syphilis üblichen Vorgang folgend, jede der 5 an der Reaktion teilnehmenden Kompo- nenten in gleichem Volumen in das Reaktionsgemisch einführt, so daß bei Verwendung von 1 cem 5-proz. Blutaufschwemmung ein Ge- samtvolumen von 5 cem resultiert, oder ob man das Volumen nach sonstigen zweckmäßig erscheinenden Gesichtspunkten reguliert. Eine Forderung ist nur darin zu erfüllen, daß das Gesamtvolumen einer- seits in der ersten, andererseits in der zweiten Phase des Versuchs in allen Versuchsröhrchen, d. h. sowohl im Hauptversuch, wie in dazu gehörigen Kontrollversuchen gleich sein muß. In manchen Fällen dürfte es sich sogar empfehlen, die Verhältnisse so zu gestalten, daß das Volumen in der ersten Phase und nach dem Zusatz von Blut und Ambozeptor nicht allzusehr divergiert. Auf Grund der Untersuchungen von BORDET & Gay dürfen wir nämlich annehmen, daß es antagonistische Funktionen gibt, welche die Komplementbindungsvorgänge behindern, und die durch eine Konzentrationsverminderung mehr oder weniger abgeschwächt werden. Wenn daher das Volumen in der ersten und zweiten Phase erhebliche Ver- schiedenheiten aufweist, so sind die Bedingungen für die eigentliche Komple- mentbindung ungünstigere als diejenigen für die Wirkung des freigebliebenen — url eerre Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 81 Komplements auf die ambozeptorbeladenen Blutkörperchen. Auf Grund dieser Ueberlegung kann es sich also empfehlen, Blut und Ambozeptor in möglichst geringen Volumen zuzusetzen. Andererseits kann aber auch stärkere Konzen- tration in der ersten Phase bei gleichem Volumen in der zweiten die Komple- mentbindung steigern (cf. SATTA & DonAri). Daß die Reihenfolge der Zusätze nicht gleichgültig ist, erscheint von vorneherein selbstverständlich. Durch eine Reihe von Unter- suchungen (MOoRESCHI, MICHAELIS & FLEISCHMANN, BROWNING & SacHs, LiEFMANN, Rose u. a.) sind zudem die experimentellen Belege hierfür erbracht worden. Man mischt daher entsprechend dem allgemein üb- lichen Vorgehen zuerst Antigen, Antiserum und Komplement und fügt nach 1—1!/,-stündigem Aufenthalt bei 370*) Blut und Ambozeptor hinzu **). Der Komplementzusatz erfolgt zweckmäßig sofort nach dem Einfüllen von Antigen und AÄntiserum, da, wie sich aus neueren Untersuchungen von DEAN ergibt, der Grad der Komplementbindung eine nicht unerhebliche Abschwächung erfahren kann, wenn man die Gemische von Antigen und Antikörper vor dem Komplementzusatz eine Zeitlang stehen läßt. Es ist immerhin möglich, daß es sich mit Rücksicht hierauf sogar empfiehlt, das Komplement in der ersten Phase nicht zum Schluß zuzufügen, sondern seine Zugabe zwischen Antigen und Anti- körper einzuschalten. Ob eine derartige Forderung für die Methodik berechtigt ist, darüber werden erst weitere Erfahrungen entscheiden können. Es erscheint ferner empfehlenswert, das Zeitintervall vor dem Blutzusatz nicht zu kurz zu bemessen und im allgemeinen auf 1—1!/, Stunden auszu- dehnen, obgleich in manchen Fällen eine kürzere Zeit hinreichen mag. Man muß hierbei berücksichtigen, daß selbst bei gleichem absoluten Komplement- bindungsvermögen die Reaktionsgeschwindigkeit variieren kann. Auf die Be- deutung der Avidität bei der Komplementbindung ist von Anfang an (ef. ins- besondere die Arbeiten aus der WASSERMANNschen Schule, CITRON etc.) hinge- wiesen worden. Denn da es sich beim Endresultat um die Konkurrenz zweier komplementbindender Systeme (Antigen—Antikörper, Blut—hämolytischer Ambo- zeptor) handelt, spielt naturgemäß die gegenseitige Avidität eine ganz bedeut- same Rolle. Besonders instruktiv sind hierfür die Untersuchungen von AMI- RADZIBI & BAECHER, welche als Maß der Avidität „die Zeit, in welcher ein Serum mit dem Antigen das Maximum seiner Wirkung, d. h. Komplement- ablenkung durch die kleinste Serumdosis, bei der sie überhaupt noch zustande kam, erreicht hatte“, formulieren. Sie konnten tatsächlich beim Vergleich ver- schiedener Sera bei zeitlicher Beobachtung trotz identischen Endtiters recht erhebliche Unterschiede beobachten und fanden besonders bei älteren Antiseris die Avidität vermindert ***). Die Komplementbindung ist in der Regel von den quantitativen Verhältnissen, oft in ziemlich engen Grenzen, abhängig. Sowohl ein Ueberschuß von Antigen (FLEISCHMANN & MICHAELIS, MORESCHI U.Aa.), als auch ein Ueberschuß von Antiserum (NEISSER & Sachs, Mo- *) Auch in der Kälte (0°) tritt Komplementbindung ein (LIEFMANN, GUGGENHEIMER, NEUFELD & HAENDEL, SaTTa & Donarttı). Vorteile scheinen aber bei der spezifischen Komplementbindung aus der für die WASSERMANN- sche Reaktion unter Umständen günstigen Temperaturniedergang nicht zu resultieren. **) Werden, wie es bei uns die Regel ist, nicht ambozeptorbeladene Blut- körperchen verwendet, sondern Ambozeptor und Blut sukzessive zugefügt, so ıst die für die Komplementbindung zur Verfügung stehende Zeit noch etwas ver- längert, indem der Wirkung des hämolytischen Komplements die Verankerung des hämolytischen Ambozeptors erst vorangehen muß. **) Man wird bei der Avidität der Antisera zwei Funktionen zu unter- scheiden haben, einmal die Reaktion zwischen Antigen und Antikörper, dann aber die Schnelligkeit, mit welcher der Komplex von Antigen und Antikörper Komplementschwund herbeiführt. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 16) 82 H. Sacns und H. Rırz, RESCHı*) kann die Komplementbindung verhindern. Es ergibt sich daher, daß die Komplementbindungsmethode ebenso, wie andere Im- munitätsreaktionen, stets in Reihenversuchen ausgeführt werden soll. Nur kann man hierbei nicht als allgemeine Regel, wie bei der Agglu- tination und Bakteriolyse, den Grundsatz aufstellen, daß absteigende Antiserum- mengen mit der gleichen Antigendosis digeriert werden. Vielmehr sind zwei Möglichkeiten vorhanden, entweder das Digerieren absteigender Antigenmengen mit einer gleichbleibenden Antiserumdosis oder der umgekehrte Vorgang. Für den Antigennachweis ist der erstere Modus der wohl allgemein bevorzugte **). Andererseits ergibt sich aber für den Antikörpernachweis nicht ohne weiteres als Versuchsanordnung das Arbeiten mit absteigenden Antiserummengen und gleich- bleibender Antigendosis. Es ist vielmehr eine Erfahrungstatsache, daß in manchen Fällen die zur Komplementbindung geeignete Antiserummenge nicht unter ein gewisses Maß reduziert werden kann und sich die differente Re- aktionsstärke verschiedener Antisera mehr durch die Antigendosen, welche zur positiven Reaktion noch hinreichen, dokumentiert, als durch die minimalen Antiserummengen, welche noch Komplementbindung ergeben. Es kann daher, wie noch besprochen werden wird, auch beim Antikörpernachweis von Vorteil sein, mit absteigenden Antigenmengen zu arbeiten. Im allgemeinen empfiehlt es sich, Komplementbindungsversuche in 2 Parallelreihen auszuführen, von denen die eine lediglich absteigende Mengen der variierenden Komponente, die andere außerdem den Zusatz der gleichbleibenden Komponente enthält. Beide Reihen werden mit der als Testdosis ermittelten Komplementmenge digeriert. Eine andere Methode der Ausführung der Komplementbindungsreaktion, die von MuIrR & MarTın, sowie BROWNING beschrieben und geübt wird, be- steht darin, daß man absteigende Komplementmengen mit gleichen Dosen Antigens and Antiserums digeriert. Man richtet hierbei die Anordnung so ein, daß die geringste Komplementmenge der sich aus der Komplementeinstellung ergebenden minimalen hämolytischen Dosis entspricht, und bestimmt dann die Anzahl der hämolytischen Komplementdosen, welche durch das Gemisch von Antigen und Antikörper verbraucht werden. In Kontrollversuchen werden einerseits Antigen, andererseits Antikörper mit den gleichen absteigenden Komplement- mengen digeriert. Der etwaige Komplementverbrauch, welchen diese Kontroll- serien aufweisen, wird von dem sich im Hauptversuch ergebenden Komplement- schwund in Abzug gebracht. Will man bei dieser Anordnung noch die Antigen- oder Antikörpermenge variieren, so ergibt sich für jede zu wählende Dosis eine besondere Reihe mit absteigenden Komplementmengen. Von BROWNING und seinen Mitarbeitern wird dieses Verfahren bei der Ausführung der WASSERMANN- schen Reaktion bevorzugt. Für anderweitige Anwendungen der Komplement- bindung liegen wesentliche Erfahrungen wohl nicht vor, und es dürfte sich unseres Erachtens im allgemeinen die oben und in folgendem geschilderte Aus- führungsart als hinreichend erweisen. Die optimale Versuchsanordnung wird sich für jede einzelne Form der Anwendung des Komplementbindungsphänomens durch "die Er- fahrung ergeben. Eine allgemeine Regel kann nicht aufgestellt werden, da, wie gesagt, sowohl ein Ueberschuß von Antigen, als auch ein Anti- körperüberschuß die Komplementbindung hemmen kann. Für jede *) Verwiesen sei hierzu auf die Tabellen von AmırAaDzıBI & BAECHER, aus denen sich besonders bei kurz dauerndem Intervall vor dem Blutzusatz die optimale Wirkung mittlerer Antiserumdosen sehr markant ergibt. Zu be- rücksichtigen ist hierbei auch die Möglichkeit antireaktiver Einflüsse höherer Serumkonzentrationen. (Vgl. hierzu auch Angaben von NOGUCHI & BRONFEN- BRENNER über Hemmung der Komplementbindung durch Interferenz von in- aktiviertem Serum und Eiereiweiß.) **) Dabei erhöhen innerhalb gewisser Grenzen größere Antikörpermengen “ Empfindlichkeit, während kleinere eine schärfere Differenzierung gewähr- eisten. iR r Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 83 Antikörperdosis kann mithin ein Optimum von Antigen, für jede Antigendosis ein Optimum von Antikörpergehalt bestehen, das die stärkste komplementbindende Kraft bedeutet. Erfahrungsgemäß dürfte in praxi immerhin der Antigenüberschuß eine größere Rolle spielen, als der Antikörperüberschuß, und wenn man mit ab- steigenden Antigenmengen arbeitet, wird die störende Interferenz eines Antigen- überschusses das positive Ergebnis nicht larvieren, da man ja bei genügender Variation der Antigendosen auch unter die hemmende Zone gelangt. Handelt es sich um Untersuchungen, welche, sei es in wissenschaftlicher Absicht, sei es als Vorversuche zur praktisch-diagnostischen Nutzanwendung, die Aufdeckung von Komplementbindungsvorgängen bezwecken, so wird man jedenfalls gut tun, sowohl mit absteigendem Antigen- als auch mit absteigenden Antiserummengen zu arbeiten, d. h. eine Anzahl von Versuchsreihen anzusetzen, welche überein- stimmend absteigende Antigenmengen enthalten, sich aber dadurch unterscheiden, daß in jeder einzelnen Reihe eine andere Antiserummenge vorhanden ist *). Was die Dosierung anlangt, so ist die zur Verwendung ge- langende maximale Dosis der Reagentien durch die Forderung be- schränkt, daß keine der beiden Komponenten an und für sich anti- komplementär wirken darf. Gelangen als Antigene unbekannte Mate- rialien, wie Organextrakte etc. zur Anwendung, so wird man durch einen Vorversuch feststellen müssen, ob überhaupt eine antikomple- mentäre Wirkung (Eigenhemmung) vorliegt, und in welchen Dosen sie in Erscheinung tritt. Man wird dann die Reihen etwa mit der- jenigen Dosis beginnen, welche eben noch antikomplementär wirkt **), Bezüglich der auf Antikörpergehalt zu prüfenden Flüssigkeit wird man nach Maßgabe des vorhandenen Materials die einzelnen Antigen- reihen zunächst etwa mit 0,2—0,1—0,05—0,025 ccm (bei 1 ccm Blut- aufschwemmung) beschicken und dabei, wenn es sich überhaupt um zwei zur Komplementbindung führende Agentien handelt, wohl Aus- sicht haben, eine komplementbindende Zone zu treffen. Schließt man noch eine Versuchsreihe an, welche, wie es zu fordern ist, nur ab- steigende Mengen Antigen, aber keinen Antikörper enthält, und läßt man jede der Reihen mit einem Röhrchen enden, in welchem das Antigen durch physiologische Kochsalzlösung ersetzt ist, so erhält man in der Regel ein Versuchsprotokoll, welches auch die etwaige Inter- ferenz einer Summation von antikomplementären Wirkungen zu be- urteilen erlaubt. Es ist ja besonders im Beginn der Einführung der Komplementbindungs- reaktion in die Serodiagnostik wiederholt (cf. hierzu WEIL & NAKAYAMA U. a.) auf einen Einwand hingewiesen worden, welcher darin besteht, daß durch das Zusammenwirken solcher Dosen der beiden Komponenten, welche an und für sich jegliche antikomplementäre Wirkungen entbehren, dennoch ein anti- komplementärer Effekt durch einfache Summation resultieren kann, indem es sich um Dosen handelt, von denen bereits das doppelte oder ein noch geringeres *) Bezüglich der wissenschaftlichen Begründung obiger Erörterungen sei auf die bereits erwähnten Arbeiten, sowie auf diejenigen von HAENDEL & STEFFEN- HAGEN. DEAN u. a. verwiesen. ' **) Es empfiehlt sich im allgemeinen geometrische Reihen anzusetzen, in welchen jedes Glied die Hälfte der in der vorhergehenden enthaltenen Menge enthält, eventuell auch nach der Skala „1,0—0,5—0,25—0,15—0,1“, welche in- sofern von Vorteil ist, als man mit einer Verdünnung stets 4 Röhrchen beschicken kann und für die Fortsetzung immer 10-fache Verdünnungen benötigt. Je nach dem vorliegenden Zweck und der Menge des vorhandenen Materials kann man die Differenzen zwischen den einzelnen Gliedern auch größer wählen, etwa „1,0—0,3—0,1“ oder ,„1,0—0,2, 25-fache Verdünnung 1,0—0,2 etc. oder 1,0- 0,1—0,01 ete.“. Stets müssen, woran noch einmal erinnert sei, die Volumunter- schiede durch Zusatz von physiol. Kochsalzlösung ausgeglichen werden. 6* 84 H. Sachs und H. Rızz, Multiplum eine mehr oder weniger starke antikomplementäre Wirkung entfaltet. Auf Grund dieses durchaus berechtigten Einwands hat man vielfach die Forderung erhoben, daß auch das doppelte Multiplum der im Komplementbindungsversuch die Aufhebung der Hämolyse bedingenden Komponenten an und für sich nicht antikomplementär wirken soll. In dieser Form erscheint uns freilich die Forde- rung etwas zu rigoros. Man wird zwar, wenn beide Komponenten in doppelter Dosis antikomplementär wirken, die Aufhebung der Hämolyse nicht als beweis- kräftig erachten dürfen. Wenn dagegen die eine der beiden Komponenten auch in doppelter Dosis nicht antikomplementär wirkt und nur die andere in doppelter Dosis die Hämolyse hemmt, so wird man immerhin das positive Versuchsergebnis als beweiskräftig ansehen dürfen, wenn anders man nicht schwache Antikörper- wirkungen übersehen will. Unbedingt zu fordern ist daher unseres Erachtens nur, daß eine der beiden Komponenten auch in doppelter Dosis die Hämolyse nicht hemmt. Selbstverständlich darf keine der beiden Komponenten in der- jenigen Dose, in welcher sie Komplementbindung bedingt, an und für sich eine Eigenhemmung aufweisen, und wir möchten sogar im all- gemeinen diese Kontrollen mit den einfachen Dosen für ebenso wichtig erachten, wie die Kontrollierung der doppelten Mengen. Denn es kann unter Umständen vorkommen, daß bei Prüfung der doppelten Menge auf antikomplementäre Funktion Hämolyse eintritt, während sie bei Verwendung der einfachen Menge ausbleibt. Es handelt sich hierbei um Reagentien, welche antikomplementär, aber gleichzeitig hämo- lytisch wirken, sei es, daß sie unspezifische hämolytische Stoffe (wie Lipoide etc.) enthalten, sei es, dal sie durch Ambozeptor- oder Kom- plementgehalt die Komplementhämolyse verstärken. In ersterer Hin- sicht (z. B. bei Organextrakten) kann man sich leicht Kontrolle dadurch verschaffen, daß man die spezifische Hämolyse durch Fort- lassen des Ambozeptors ausschaltet *). Der Geübte wird auch bei partieller Hemmung in den Kontrollen oder unvollständiger Komplementbindung unter Umständen noch Schlußfolgerungen auf ein positives Ergebnis ziehen können und es bei wissenschaftlichen Unter- suchungen zuweilen auch müssen. In Fällen praktischer Serodiagnostik glauben wir aber doch raten zu müssen, ein positives Urteil nur dann abzugeben, wenn die Komplementbindung vollständig oder fast vollständig ist und die erforder- lichen Kontrollen komplette oder zum mindesten fast komplette Hämolyse auf- weisen. Ist das nicht der Fall, so muß man sich mit der Diagnose .‚zweifelhaft“ begnügen. Allgemein ist es ratsam, bei Komplementbindungsversuchen den Fortgang des hämolytischen Prozesses zeitlich zu kontrollieren und sich nicht damit zu begnügen, das Ergebnis lediglich nach einem be- stimmten Zeitintervall (in der Regel 2 Stunden) festzustellen. Man wird dann ein nur temporär in Erscheinung tretendes und später durch „Nachlösung‘‘ larviertes positives Ergebnis nicht übersehen. Sind alle erforderlichen Kontrollen komplett gelöst, so kann die Beurteilung bereits eine endgültige sein. Die Beobachtung des zeitlichen Verlaufs ist von größter Wichtigkeit, wenn es sich um die Erprobung neuer Kombinationen handelt. Denn da die Komple- mentbindung in so weitem Maße von den quantitativen Relationen der einzelnen Komponenten abhängen kann, die Variationsmöglichkeiten aber kaum zu er- *) Es empfiehlt sich daher insbesondere bei Organextrakten ete., die orientierende Prüfung in 2 Parallelreihen vorzunehmen, in denen man in der ersten Phase übereinstimmend absteigende Mengen des Reagens mit der Test- dosis des Komplements digeriert, in der zweiten Phase (a) Blut -- Ambozeptor, (b) nur Blut und die entsprechende Menge physiol. Kochsalzlösung hinzugibt. Die Reihe a gibt dann Aufschluß über die antikomplementäre Wirkung, die Reihe b über etwaige hämolytische Funktionen. a Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 85 schöpfen sind, so wird die zeitliche Verfolgung auch geringe oder angedeutete Grade von Komplementbindung noch wahrnehmbar machen und derart für die weitere Gestaltung der Versuchsanordnung Direktiven geben können. Auf die Frage, ob die als Antigen oder Antikörper fungierenden Sera durch Erhitzen inaktiviert werden sollen, ist es nicht ganz leicht, eine einheitliche Antwort zu erteilen. Sofern es sich um den Antigennachweis im Serum handelt, bestehen wohl gegenüber dem Inaktivieren keine Bedenken, und man hat dabei den Vorteil, daß etwa als Ueberschuß interferierender Komplementgehalt ausgeschaltet wird *). Dagegen wird man bei dem den Antikörper darstellenden Serum etwas vor- sichtiger sein müssen, im Hinblick darauf, daß es auch thermolabile Ambo- zeptorwirkungen gibt. Andererseits können aber auch nach Art der Komplementbindung erfolgende Reaktionen gerade bei Verwendung aktiven Serums störend interferieren. So sei an die seit den Untersuchungen von SACHS & ALTMANN bekannte Tatsache erinnert, daß aktive menschliche Sera mit Organextrakten ganz unspezifische antikomplementäre Wirkungen ergeben können. Ebenso berichtet NoGucHı über unspezifische Reaktionen beim Zusammenwirken aktiver Sera mit Tuberkulin, Pepton, Albumosen, Glykogen, Extrakten aus Bakterien und Organen, während diese Reaktionen beim Taskineren der Sera schwinden. Offenbar gehören hier- her auch die „thermolabilen Peptonambozeptoren“ FUKUHARAS (vgl. hierzu auch MORGENROTH & RABINOWITSCH, MÜLLER & Süss, ScHuULTZ). Nocucuı fordert daher im Interesse der Spezifität prinzipiell die Verwendung inaktivierter Sera für die Komplementbindung. Es scheint in der Tat durchaus denkbar, daß eine beim Inaktivieren des Antiserums erfolgende Abnahme der komplement- bindenden Kraft durch die Elimination unspezifischer Hemmungsvorgänge be- dingt sein kann, und daß die Spezifität hiermit eine Verstärkung erfährt. Jedoch ist immerhin an die Möglichkeit zu denken, daß auch gewisse spezifische Anti- körperwirkungen durch das Inaktivieren eine Abschwächung erfahren. In zweifelhaften Fällen empfiehlt es sich daher, zunächst Parallelversuche mit aktivem und inaktiviertem Serum auszuführen. Beim Inaktivieren sind stärkere Wärmegrade, als 1/,-stündige Einwirkung einer Temperatur von 55°, stets zu vermeiden. Das Inaktivieren kann übrigens auch dadurch von Vorteil sein, daß gewisse antikomplementäre Serumwirkungen beseitigt werden (cf. hierzu FRIEDEMANN, BROWNING & MCKENZIE, ZINSSER & JOHANSSEN, GRAETZ U.a.)”*) Jedoch kann man dabei nicht von einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit sprechen, da zuweilen auch gerade beim Erhitzen antikomplementäre Funktionen zutage treten, ohne daß es sich hierbei stets um den Fortfal! einer durch Komplement- überschuß bedingten Larvierung handeln dürfte. Bereits wegen der mannigfachen Einflüsse, welche Säure und Alkali auf die Hämolyse durch Ambozeptor- und Komplementwirkung ausüben können, ist der Reaktion des Mediums bei der Komplement- bindung natürlich Beachtung zu schenken. Außerdem ist aber durch die Untersuchungen von ABRAMOW festgestellt, daß Säure und Alkali sowohl das Antigen wie auch den Antikörper in ihrer Funktion beim Komplementbindungsprozeß mehr oder weniger beeinträchtigen können ***), sowie daß (vgl. hierzu auch BROwNInG & WILSoN) insbesondere alkalische Reaktion einen antireaktiven Einfluß auf das Zustandekommen der Komplementbindung ausübt). Es ergibt sich daraus die Forderung, alkalische *) Bei der biologischen Eiweißdifferenzierung mittels Komplementbindung (ef. später) ist jedoch ein Inaktivieren überflüssig, da es sich um Verdünnungen handelt, in denen störende Serumfunktionen nicht zu befürchten sind. **) Nach neueren Angaben von Hara sind die thermolabilen antikomplemen- tären Serumwirkungen meist durch Bakterienwachstum bedingt und beruhen auf einer Veränderung ätherlöslicher Serumstoffe. ***) Während ABRAMOW mit Serumantigenen arbeitete, beschrieben LEVADITI & MUTERMILCH eine ziemlich erhebliche Resistenz des Choleraantigens gegen- über Salzsäure- und Natronlaugenwirkung. +) Nach BROownInG & Wırson kann ein schwacher Säuregrad die Kom- plementbindung verstärken, während nach ABrAMoW geeignete saure Reaktion die Wirkung aufhebt. 56 H. Sachs und H. Rırz, oder saure Reaktion der Reagentien bei der Komplementbindung zu vermeiden, eine Forderung, die allerdings bei Verwendung von Serum nicht in Betracht kommt, auf welche aber bei Benutzung andersartigen Materials zu achten ist. So wird man Extrakte aller Art auf ihre Reaktion hin prüfen und sie erforder- lichenfalls gleich nach der Herstellung neutralisieren müssen. Kurz verweisen möchten wir an dieser Stelle auf den Begriff der Deviabilität des Komplements. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit des Komplements im Meerschweinchenserum bei der Komplementbindung verbraucht zu werden. Erfahrungen bei der Ausführung der WASSERMANNschen Syphilisreaktion haben gezeigt, daß hier diese Qualität des Komplements unabhängig von dem Komplementgehalt des Serums variieren kann (BROWNING & M’KEnzıE, M. STERN, NOGUCHI & BRONFENBRENNER und andere, auch eigene [irfahrungen). Daß auch bei den echten, durch das Zusammenwirken von spezifischem Antigen und Antikörper bedingten Komplementbindungsreaktionen ähnliche individuelle Variationen interferieren können, zeigen Angaben von BROWNINnG & Wırson (vgl. auch GRAETZ). Von wesentlicher Bedeutung dürfte dieser Umstand freilich nicht sein, zumal wenn man, wie das meist geschieht, eine Mischung der von mehreren Individuen gewonnenen Meerschweinchensera als Komplementquelle benutzt. UHLENHUTH & WEIDANZ geben allerdings an, auch in zwei genau unter denselben Bedingungen und mit dem gleichen Material angestellten Versuchs- reihen zuweilen Variationen in den entsprechenden Röhrchen beobachtet zu haben und erklären diese Tatsache damit, daß von den Reagenzgläsern abge- gebene Stoffe die Differenz des Resultats bedingten. Wir glauben nach unseren eigenen Erfahrungen diesem Umstand, wenn wir auch die Erklärung der Autoren für durchaus möglich halten, eine wesentliche Bedeutung in der Praxis nicht zusprechen zu müssen, zumal wenn man unserer Forderung, Komplement- bindungsversuche in mehrgliedrigen Reihen auszuführen, entspricht. Schließlich sei noch einmal darauf hingewiesen, daß bei jeder Komplementbindungsreaktion Kontrolle darüber bestehen muß, dab die miteinander zusammenwirkenden Komponenten in den reagierenden Dosen und die eine auch im doppelten Multiplum nicht an und für sich antikomplementär wirken. Für die zu analysierende Komponente werden demnach entsprechende Kon- trollversuche immer erforderlich sein, aber auch für den das Reagens darstellen- den Stoff sind wiederholte Kontrollversuche wegen der Labilität der Eigenschaften sehr zu empfehlen. Auf die antikomplementären Eigenschaften von Körper- säften und von Extrakten aus den verschiedenartigsten Materialien hat besonders UHLENHUTH aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, daß dadurch der Komplementbindungsmethode bestimmte Grenzen gesetzt sind. Allerdings kann ein falsches Resultat bei Berücksichtigung der erforderlichen Kontrollversuche, wie sie besonders durch NEISSER und SacHs von Anfang an verlangt wurden, nicht erhalten werden, aber die Methode kann dadurch, daß die antikomplemen- tären Stoffe in gleicher oder größerer Konzentration in einer Flüssigkeit vor- handen sind, als die spezifisch reagierenden Bestandteile, ergebnislos ver- laufen. Man kann unter Umständen die antikomplementären Eigenschaften durch gewisse Kunstgriffe vermindern oder aufheben. So kann beim Serum, wie erwähnt, bereits das Inaktivieren (1/s-stündiges Erhitzen auf 55°) zweckentsprechend sein. Besonders bei Extrakten, in denen oftmals die Anwesenheit von Salzen oder anderen leicht diffundierenden Stoffen die antikomplementäre Wirkung bedingt, scheint nach den Untersuchungen von BAUER die Dialyse ein einfaches und souveränes Mittel zu sein, um Brauchbar- keit für die Komplementbindungsmethode zu erzielen. BAUER empfiehlt dazu 12-stündiges oder längeres Dialysieren in dem von SCHLEICHER & SCHÜLL (Düren) hergestellten Pergamentpapier D. Zur Anstellung der Reaktion wird die Flüssigkeit auf den physiologischen Salzgehalt gebracht. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 87 Ill. Der Antigen- und Antikörpernachweis mittels Komplementbindung. Die Komplementbindungsmethode ist zum Nachweis von Anti- körpern zuerst von BORDET & GENGoU, zum Nachweise von Antigenen zuerst von M. NEISSER & Sachs herangezogen worden. WASSERMANN & Bruck haben dann das Anwendungsgebiet des Verfahrens durch die erfolgreiche Benutzung von Bakterienextrakten auf eine erweiterte Basis gestellt und die von NEISSER & -SacHs für tierische Antigene beschriebene Differenzierungsmöglichkeit auch auf die bakteriellen Antigene ausgedehnt. Wir halten es für zweckmäßig, im folgenden die Praxis der Komplement- bindung bei Verwendung tierischer Antigene, wie sie vornehmlich zum Zwecke der biologischen Eiweißdifferenzierung nach wohlcharakterisierten methodi- schen Normen in Betracht kommt, gesondert zu besprechen. Bei der folgenden Erörterung der Komplementbindung mit bakteriellen Antigenen wird es sich wesentlich darum handeln, die Grundzüge der Technik und Methodik zu er- örtern, während bezüglich der Anwendung des Verfahrens bei den einzelnen Infektionserregern und Krankheiten auf die speziellen Kapitel dieses Hand- buches verwiesen werden muß. a) Komplementbindung mit tierischen Antigenen. (Biologische Eiweißdifferenzierung mittels Komplementbindung.) Die Methode des Nachweises von tierischen Antigenen mittels Komplementbindung ist von M. NEISSER & Sachs für die biologische Eiweißdifferenzierung und insbesondere für die forensische Eiweib- differenzierung als Ergänzung und zur Kontrolle des ÜHLENHUTH- Wassermannschen Präzipitationsverfahrens empfohlen worden. Auf sicherer wissenschaftlicher Grundlage fußend und durch breite experi- mentelle Erfahrung gestützt, ist die biologische Eiweibdifferenzierung mittels Komplementbindung gerade für die forensische Praxis ein zu- verlässiges Laboratoriumsverfahren geworden, für dessen sachgemäße Ausführung sich, wie das nicht bei allen Anwendungsformen des Komplementbindungsprinzips der Fall ist, allgemein gültige Regeln ergeben haben, die im folgenden kurz erörtert werden sollen. Für die Gewinnung der Antisera, welche meist von Ka- ninchen stammen, können im allgemeinen dieselben Vorschriften wie für die Präzipitinreaktion gelten, und es sei daher auf das ent- sprechende Kapitel in diesem Handbuch verwiesen. Einer Inakti- vierung der Antisera durch t/,-stündiges Erhitzen auf 55° steht nichts im Wege (cf. hierzu auch Grarrz). Man muß natürlich, wie bei jeder Immunitätsreaktion, mit ausgewerteten Antiseris arbeiten, und es sei ausdrücklich hervorgehoben, daß die Eignung des Antıi- serums für die Präzipitinreaktion einen Schluß für die Verwendbarkeit auf das Komplementbindungsverfahren nicht ohne weiteres zuläßt, wie das die Untersuchungen von HAENDEL & STEFFENHAGEN In be- sonders eklatanter Weise gezeigt haben (cf. hierzu auch Angaben von SUTHERLAND über Immunisierungsversuche in Indien)*). ‚Jedes zur *) In Uebereinstimmung mit GRAETZ ist allerdings auch nach unseren Er- fahrungen in der Mehrzahl der Fälle die komplementbindende Kraft der Antisera ihrem Präzipitationsvermögen überlegen, so daß die von HAENDEL und STEFFEN- HAGEN beschriebenen Antisera, welche sich umgekehrt verhalten, wohl sicherlich zu den Ausnahmen zu rechnen sein dürften. Ueberdies kann nach GRAETZ ein derartiges Resultat durch mangelhafte Deviabilität des als Komplemeutträger 88 H. Sachs und H. Rırz, Komplementbindung verwertete Antiserum ist daher entsprechend den von NEISSER & Sachs von Anfang an aufgestellten Forderungen zu erproben. Wir empfehlen dabei, wie dies bereits durch NEISSER & SACHS, RICKMANN, BAUER geübt wurde, absteigende Mengen des Antiserums (0,1—0,0025 ccm) mit je Y/ı000 und */onoo g homologen Blutserums (entsprechend der für praktisch - forensische Zwecke zu fordernden Empfindlichkeit) und der Testdosis des Kom- plements zu digerieren. Zur Kontrolle wird in einer Parallelreihe das homologe Blutserum durch heterologes oder physiol. Kochsalzlösung ersetzt. Man nimmt zweckmäßig das 1!1/,—2-fache Multiplum der noch vollständige Komplementbindung bewirkenden Antiserummenge als Testdosis; nach unseren Erfahrungen erhält man derart meist eine Testdosis von 0,2 ccm der 6—10-fachen Verdünnung *). Wie von HAENDEL & STEFFENHAGEN (cf. auch DEAN) besonders hervor- gehoben wurde, und wie uns selbst bekannt ist, ist bei einer Reihe von Antir seris die für die Komplementbindung optimale Menge von der Antigenkonzentra- tion abhängig. Es ist dies ja eine vom Beginn der Komplementbindungsstudien an bekannte Tatsache, indem einmal bei gleicher Antiserummenge ein gering- fügiger Antigenüberschuß die Reaktion aufheben, wofür MORGENROTH & STERTZ ein besonders illustratives Versuchsbeispiel anführen, dann aber bei anderen Antiserummengen das Optimum bei mehr oder weniger differenten Antigen- dosen liegen kann. Für wissenschaftliche Zwecke wird man demnach nach dem Vorgange von HAENDEL & STEFFENHAGEN die komplementbindende Fähigkeit des Antiserums gegenüber verschiedenen Antigenkonzentrationen titrieren müssen. Wenn wir trotzdem für die forensische Praxis die Einstellung gegenüber "/,ooon 8 des Antigens empfehlen, so geschieht dies aus dem Grunde, weil wir eine der- artige Empfindlichkeit nach den von UHLENHUTH für die Präzipitinreaktion angegebenen Prinzipien fordern müssen, und weil uns mehrjährige praktische ang gezeigt hat, daß man auf diesem Wege zu einwandsfreien Resultaten gelangt. Der Bestimmung der Testdosis des Antiserums muß die Fest- stellung der Empfindlichkeit folgen. Eine allzu große Em- pfindlichkeit ist nämlich zu vermeiden. Es handelt sich hier um eine Frage, die dadurch zu praktischer Wichtig- keit gelangt ist, daß von UHLENHUTH (cfr. auch PUPPE, ÜUHLENHUTH & Wel- DANZ) gegen die Anwendung der Komplementbindung für die forensische Eiweiß- differenzierung die zu he Empfindlichkeit ins Feld geführt wurde. Diese Befürchtung war durch eine Angabe FRIEDBERGERS entstanden, der ein be- sonders stark wirkendes Antiserum in Händen hatte, welches auch mit anderen homologen eiweißhaltigen Geweben und Säften als Blut, und insbesondere mit menschlichem Schweiß in starken Verdünnungen Komplementbindung ergab. Hat schon FRIEDBERGER darauf aufmerksam gemacht, daß man auch bei Verwendung derartiger Antisera durch Erhöhung der Komplement- oder fungierenden Serums oder auch durch einen zu hohen Gehalt des Antiserums an normalen hämolytischen Ambozeptoren vorgetäuscht werden. Im letzteren Falle konnte GRAETZ durch vorherige Absorption der Ambozeptoren durch Hammelblut die komplementbindende Kraft des Antiserums sinnfällig machen, ein Verfahren, welches allerdings durch das Hervortreten antagonistischer (eigen- hemmender) Funktionen zu neuen Schwierigkeiten führen kann. In gleichen Sinne kann nach unseren obigen Ausführungen der Ersatz des Hammelblutes durch Rinderblut wirken. Für die Praxis der forensischen Eiweißdifferenzierung wird man aber derartige Kunstgriffe weder empfehlen noch ihrer bedürfen, da es im allgemeinen mit Leichtigkeit gelingt, geeignete Antisera zu gewinnen und die vorherige Erprobung des AÄntiserums eben ein unbedingtes Erfordernis ist. *) Für den Antigennachweis im allgemeinen kann folgendes als Regel gelten: Will man maximale Empfindlichkeit erzielen, so wird man hochwertige Anti- sera in möglichst hohen — allerdings durch die Hemmung eines Äntikörper- überschusses oft beschränkten — Mengen verwenden. Kommt es andererseits mehr auf scharfe Differenzierung an, so werden weniger wirksame Antisera in geringeren Dosen anzuwenden sein. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 89 Herabsetzung der Antiserummenge zum Ziele gelangen kann, so stellt, wie die Erfahrung gezeigt hat, eine derartige Empfindlichkeit, wie sie FRIEDBERGER beschreibt, eine äußerst seltene Ausnahme dar*). Jedenfalls aber muß man sich davon überzeugen, daß das benutzte Antiserum nicht allzu empfindlich ist, wozu allerdings bereits die Benutzung der von uns empfohlenen kleinen Antiserum- mengen beiträgt. Man verfährt daher in der Weise, daß man die Testdosis des Antiserums gegenüber absteigenden Mengen des homologen Blutserums (ho 100 — "1000 "10000 —'/100000—"/1000000 cm) prüft. Zur Kontroile werden die gleichen Antigenmengen ohne Antiserumzusatz (event. auch unter Zusatz der gleichen Menge homologen Normalserums) mit Komplement digeriert. Der Kontrollversuch muß komplette Hämo- Iyse aufweisen; eine Hemmung im ersten Röhrchen ist belanglos. Im Hauptversuch (mit Antiserumzusatz) tritt erfahrungsgemäß voll- ständige Komplementbindung mit !/,oo00 ccm Serum ein, gelegentlich aber auch mit !/,ooooo ccm. Bei !/,oooooo ccm Blutserum soll eine Komplementbindung gar nicht oder nur partiell in Erscheinung treten. Ist das nicht der Fall, so ist das Antiserum besser nicht für praktische Zwecke zu verwerten, wenn anders nicht durch Steigerung der Kom- plement- oder Ambozeptormenge die Empfindlichkeit hinreichend redu- ziert wird. Damit ist die Einstellung des Antiserums beendet. Man kann noch eine Spezifitätsprüfung anschließen, resp. dieselbe mit der Bestimmung der lmpfind- lichkeit verbinden. Zu diesem Zwecke werden Parallelreihen ausgeführt, in denen das homologe Blutserum durch heterologe Serumarten ersetzt ist. Die bisherigen Erfahrungen haben indes gezeigt, daß mit einer hohen Spezi- fität des Komplementbindungsverfahrens als Regel gerechnet werden kann. So hat sich insbesondere aus den Untersuchungen von Rıck- MANN, BAUER, SACHS & BAUER ergeben, daß die Eiweißdifferenzierung mittels Komplementbindung gegenüber dem Präzipitationsverfahren durch eine sehr er- hebliche Spezifitätsbreite ausgezeichnet ist, wobei die Spezifitätsbreite dasjenige Multiplum der noch reagierenden homologen Serummenge angibt, welches bei Verwendung eines heterologen Blutserums zur positiven Reaktion erforderlich ist. Handelt es sich nun um die Ausführung der Eiweißdiffe- renzierung mittels Komplementbindung in der Praxis, so ist, da die einmal ermittelten Gebrauchsdosen des hämolytischen Ambozeptors und des Antiserums ihre Gültigkeit behalten, nur ein einziger Vorversuch erforderlich, nämlich die Bestimmung der Test- dosis des Komplementes. Als Antigene kommen in der Praxis Körperflüssigkeiten oder, wie es beim forensischen Blutnachweis meist der Fall ist, Extrakte aus den zu untersuchenden Fleckenin Betracht. Bei der Herstellung der letzteren verfährt man in der gleichen Weise, wie für die Ausführung der Präzipitinreaktion (cf. das entsprechende Kapitel in diesem Handbuche). Die absolute Klarheit des Extraktes ist hier nicht unbedingt er- forderlich. Dagegen müssen die Extrakte ebenso wie bei der Präzipitation neutral sein, im anderen Falle neutralisiert werden, und zwar zweckmäßig gleich nach der Gewinnung der Lösung. Der eigentliche Komplementbindungsversuch wird dann folgendermaßen ausgeführt: Absteigende Mengen der zu *) So ist es SchuLz & Marx trotz besonders darauf gerichteter Bemüh- ungen nicht gelungen, mit menschlichem Schweiß Komplementbindung zu er- zielen. Daß andererseits auch präzipitierende Sera gelegentlich mit Schweiß reagieren können, scheint sich aus Beobachtungen von Bıoxpı (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Medizin, 1902) zu ergeben. 90 H. Sachs und H. Rırz, untersuchenden Flüssigkeit (Extraktlösung) werden in 2 Parallelreihen einerseits mit der Testdosis des Antiserums, andererseits ohne Anti- serumzusatz mit Komplement digeriert, worauf Zusatz von Blut und Ambozeptor erfolgt. Was die Extraktdosen anlangt, so lassen sich keine einheitlichen Angaben machen. Wenn man, wie das in der Praxis die Regel ist, die Präzipitinreaktion vorausgeschickt hat, so werden sich als größte für den Komplementbindungs- versuch zu verwendende Mengen diejenigen ergeben, bei welchen noch ausge- sprochene Präzipitation beobachtet worden ist. Bei genügendem Material wird man die Reihen mit größeren Dosen beginnen und den Versuch so einrichten, daß jedes Glied der Reihe die Hälfte oder ein Drittel der in dem vorhergehenden Gliede interferierenden Extraktmenge enthält. Bei jeder Komplementbindungs- reaktion empfehlen wir, erneut die Wirksamkeit und Empfindlichkeit des Anti- serums zu kontrollieren. Zu diesem Zwecke genügt es, je 1 ccm des 1000-, 10 000-, 100 000-, 1000 000-fach verdünnten homologen Blutserums allein und unter Zu- satz des Antiserums mit Komplement zu digerieren. Als weitere Spezifitäts- kontrollen kann man in gleicher Weise heterologe Blutsera, welche differential- diagnostisch in Betracht kommen, in 100- und 1000-facher Verdünnung heran- ziehen. Beim Ablesen der Reaktion müssen die letztgenannten Kontrollröhrchen komplett gelöst sein. Bei Verwendung des homologen Blutserums muß mindestens in 10000-facher Verdünnung*) vollständige Komplementbindung eingetreten sein, während sie in der 1000000-fachen Verdünnung fehlen soll. Bei positivem Ergebnis soll im Hauptversuch absolutes Fehlen der Hämolyse oder wenigstens fast vollständige Hemmung den komplett gelösten Kontrollen gegenüberstehen, zu denen natürlich auch diejenigen Röhrchen, welche Untersuchungsflüssigkeit ohne Antiserum enthalten, bis zu einem Ueberschuß der Komplementbindung bewirkenden Extraktdosis zu rechnen sind. Bei Berücksichtigung der hier gegebenen Vor- schriften arbeitet die Komplementbindungsmethode zu- verlässig und durchaus exakt. Sie teilt mit der Präzipitin- reaktion die Dignität des Ergebnisses, d. h. sie erlaubt im allgemeinen ebensowenig wie letztere eine Organdiagnose, läßt viel- mehr nur einen Schluß auf die Abstammung der tierischen Eiweiß- substanz, nicht auf die Gegenwart von Blut, zu. Darauf ist bereits früher bezüglich der Präzipitinreaktion besonders von seiten WASSERMANNS mit Nachdruck hingewiesen worden, und von UHLENHUTH wurde auch stets hervorgehoben, daß die Grundlage des biologischen Ver- fahrens der Nachweis des Blutes als solchen mittels der mikrochemischen und spektroskopischen Verfahren sein muß. Daß aber auch der gleichzeitige Nach- weis von Blut und menschlichem Eiweiß nebeneinander noch nicht die Schluß- folgerung „Menschenblut“ erlaubt, darauf ist die Aufmerksamkeit besonders durch die Komplementbindungsmethode gelenkt worden. Im weiteren Verfolg dieser Frage haben NEISSER & SacHs ausgeführt, daß man zu einer wissenschaft- lich begründeten Bestimmung der Blutart, streng genommen, nur durch Ex- klusion gelangen kann, wobei allerdings die große Reihe der Möglichkeiten schwerlich erschöpft werden kann. Die positive Bestimmung der Blutart ist im allgemeinen ein Wahrscheinlichkeitsschluß, indem man aus dem eleichzeitigen Nachweis des Blutes und einer bestimmten Eiweißart folgert, daß Eiweißart und Blut identischer Herkunft sind. Als ein Hilfsmittel dabei dürfte der Vorschlag WASSERMANNSs in Betracht kommen, nicht bloß den Blutfleck, sondern auch die Umgebung desselben zu untersuchen, da ja bei einer gleichmäßigen Begrenzung des Blutes und der eiweißhaltigen Stelle die Wahrscheinlichkeit für die Iden- tität um so größer wird. Ob diese Vorsichtsmaßregel mehr für die Präzipitin- reaktion oder für die Komplementbindungsmethode in Betracht kommt, dafür scheint das bisher vorliegende Tatsachenmaterial keine genügenden Anhalts- punkte zu geben. Eine volle wissenschaftliche Begründung haben die biologi- schen Methoden bei negativem Ausfall, indem man dann mit Sicherheit schließen kann, daß die betreffende Blutart nicht nachgewiesen werden konnte. *) Bei positivem Ausfall genügt natürlich auch die Komplementbindung in einer stärkeren Konzentration. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 91 Was die Frage nach den Beziehungen zwischen Präzipitinreaktion und Komplementbindungsmethode anlangt, so waren wohl von Anfang an alle Autoren darin einig, dab die letztere ebenso wie die erstere wissenschaftlich sicher fundiert zur praktischen Anwendung ist (cf. hierzu NEISSER & SacHs, UHLENHUTH, WASSERMANN, SCHÜTZE, FRIED- BERGER, SCHULZ & Marx, EHRNROOTH, MvIRr & Marrın u. a.). Eben- so muß aber auch als wissenschaftlich sichergestellt gelten, dab, ganz abgesehen von den theoretischen Erörterungen über die den Methoden zugrunde liegenden Phänomene, Präzipitation und Kom- plementbindung in praktischer Hinsicht zwei Methoden darstellen, welche zu verschiedenen Ergebnissen führen können. Das ergibt sich bereits aus der von LIEFMANN für tierische, von WASSERMANN & BRUCK für bakterielle Antigene festgestellten Tatsache, daß sich die Antigene so verändern können, daß sie ihre Präzipitierbarkeit ver- lieren, ihre Fähigkeit im Verein mit Antiserum Komplement zu binden aber be- wahren. Man kann also Komplementbindung auch mit solchen Antigenen er- zielen, welche ihre Präzipitabilität eingebüßt haben. Andererseits sind der Komplementbindungsmethode gewisse Grenzen dadurch gezogen, dab unter Umständen an der Stelle des zu untersuchenden Blutfleckes antikomplementär wirkende Stoffe in einer solchen Konzentration vorhanden sein können, dab bei ihrer Ausschaltung durch Verdünnen auch die spezifischen Antigene in nicht mehr nachweisbarer Menge vorliegen (UHLEnHUTH). Bei sach- gemäßer Untersuchung (Kontrollreihe ohne Antiserum) ist in diesem Falle eine Fehldiagnose natürlich ausgeschlos- sen. Beim forensischen Blutnachweis scheinen zudem derartige Ver- hältnisse nach den Untersuchungen von WASSERMANN, NEISSER & SacHs, sowie eigenen vielfachen praktischen Erfahrungen kaum vor- zukommen oder zu den größten Seltenheiten zu gehören. WEIDANZ & BORCHMANN berichten allerdings über Untersuchungen, welche künstlich hergestellte, Pferdefleisch und verschiedene Gewürze und Salze ent- haltende Wurst betreffen. In dieser gelang mittels Präzipitation der Nachweis von Pferdeeiweiß, während die Komplementbindungsmethode unter den die nicht spezifischen Hemmungen vermeidenden Bedingungen negativ ausfiel. Es ist anzunehmen, daß durch Dialysieren der Extrakte nach dem Vorgange von BAUER derartige die Komplementbindungsmethode störende Hindernisse wohl noch weiter ausgeschaltet werden dürften. Als erwiesene Vorteile besitzt das Komplementbindungsver- fahren gegenüber der Präzipitinreaktion größere Empfindlich- keit und größere Spezifizität. In engstem Zusammenhange mit der größeren Empfindlichkeit steht die Sinnfälligkeit des Er- gebnisses. Bei der Präzipitinreaktion nimmt die Schwierigkeit der Beurteilung mit der Antigenverdünnung ständig zu, und bei den in der Praxis zur Verfügung stehenden oder nach der Vorschrift mit Recht zu fordernden stark verdünnten Lösungen ist es zuweilen nicht leicht, zu einer klaren Beurteilung zu gelangen. Anders liegen die Verhältnisse bei der Komplementbindung: Das Ergebnis doku- mentiert sich als Farbenreaktion mit grellen Kontrasten, und die Beurteilung stellt bei 10000-facher Verdünnung der Antigenlösung keine größeren Ansprüche an das Auge und Differenzierungsvermögen des Beobachters, als bei 100-fach stärkerer Konzentration. (Vgl. hierzu auch die Ausführungen von (fRAETZ.) Daß die Empfindlichkeit bei sachgemäßer Ausführung nicht zu 'Trugschlüssen führen kann, haben wir an früherer Stelle erörtert. Auch auf die größere Spezifität der Komplementbindungsmethode ist bereits hingewiesen worden. Die Arbeiten von RICKMANNn, SıcHs und BAauER haben in dieser Hinsicht eine deutliche Ueberlegenheit gegenüber der Präzipitinreaktion gezeigt. Die letztere 92 H. SıcHs und H. Rırz, ist in ihrer Spezifität beschränkt, und diesem Umstande tragen ja die überaus zweckmäßigen Forderungen UHLENHUTHs Rechnung, später als nach einem bestimmten Zeitintervall (20 Minuten) auftretende Trübungen nicht mehr als positiv anzusprechen und mit Eiweißlösungen zu arbeiten, die eine Verdün- nung von mindestens 1:1000 aufweisen. An diese Kautelen ist die Komplement- bindung nicht gebunden. Denn die Spezifitätsbreite ist bei dem Komplement- bindungsverfahren, natürlich von den bekannten Verwandtschaftsreaktionen ab- gesehen, eine derartige, daß hochwertige Antisera, welche mit dem homologen Antigen in 10000- und 100000-facher Verdünnung positiv reagieren, bei Zusatz 100- und 1000-fach stärker konzentrierter Lösungen von heterologen Antigenen die Hämolyse unbeeinflußt lassen können. Diesen wesentlichen Vorteilen des klaren und eindeutigen Ergeb- nisses steht als einziger Nachteil die schwierigere Technik und Me- thodik der Komplementbindungsreaktion gegenüber. Komplementbindungsversuche sind erheblich komplizierter als Präzipita- tionsversuche und erfordern eine größere Umsicht und Erfahrung auf dem Ge- biet der Immunitätsreaktionen — in diesem von UHLENHUTH hervorgehobenen Nachteil der Methode muß man ihm ohne weiteres beipflichten. Daß aber die Schwierigkeiten der Komplementbindungsversuche auch überschätzt werden, zeigt die allgemeine Einbürgerung der WASSERMANNSschen Spyphilisreaktion in die Praxis, obwohl gerade bei dieser Methode noch besondere — allerdings oftmals vernachlässigte — Kautelen erforderlich sind. Jedenfalls stehen wir aber in Uebereinstimmung mit UHLENHUTH auf dem Standpunkte, daß die Kom- plementbindungsreaktion für forensische Zwecke nur von den mit der Immuni- tätslehre vertrauten Fachmännern und dementsprechend eingerichteten Insti- tuten ausgeführt werden sollte, halten aber dieselbe Forderung entsprechend dem früher von UHLENHUTH vertretenen Standpunkt auch für die Ausführung der Präzipitinreaktion für wünschenswert. So stellt die Komplementbindung eine wissenschaftlich begründete und zuverlässig arbeitende Methode der forensischen Medizin dar, und bei der oft folgenschweren Entscheidung wird es dem gerichts- ärztlichen Sachverständigen erwünscht sein, zwei verschiedene Ver- fahren zur Verfügung zu haben. Bei differentem Ausfall der beiden Methoden wird in der forensischen Praxis Vorsicht am Platze sein. Fällt die Präzipitinreaktion positiv aus, die Komplementbindungsmethode — natürlich bei Berücksichtigung aller erforder- lichen Kontrollen — negativ, so wird ein Urteil in der Praxis nicht abgegeben werden dürfen. Ebenso wird man UHLENHUTH darin beipflichten, daß der gerichtsärztliche Sachverständige bei positivem Ausfall der Komplementbindungs- reaktion und negativer Präzipitation sich des Urteils enthält. Wegen der größeren Spezifität, welche die Komplementbindung auszeichnet, dürfte sich die Anwendung des Verfahrens besonders dann empfehlen, wenn in Gemischen verschiedener Eiweißarten eine nur in geringer Konzentration vorhandene Komponente ihrer Herkunft nach bestimmt werden soll. Denn hier kann unter Umständen den der Präzipitationsmethode zugrunde liegenden Forderungen (stark ver- dünnte Eiweißlösungen) nicht mehr entsprochen werden. So konnten unter derartigen Verhältnissen, welche eine natürliche Grenze der Präzipitinreaktion bedeuten, Sachs und BAUvER noch Serumbeimenzungen von 1 Proz. einwandsfrei differenzieren. Nach BAUER kann man in der Milch noch Zusätze von 1 Prom. fremd- artiger Milch mittels Komplementbindung nachweisen. Durch die große Spezifität eignet sich das Komplementbindungs- verfahren außer in der gerichtlichen Praxis auch dann besonders, ‘wenn in experimentell-biologischen Studien der Nachweis von fremd- artigen Antigenen im Blute, die Demonstration des Ueberganges von Eiweißantigenen in das Blut bei der Ernährung, die Differenzierung Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 93 von Nahrungseiweiß im eiweißhaltigen Urin und ähnliche Frage- stellungen in Betracht kommen. Verwiesen sei in dieser Hinsicht auf den Nachweis von Antigenen der Kuhmilck im Blutserum eines atrophischen Säuglings (BAvER), von fremd- artigem Bluteiweiß in der Milch (MucH, RÖMER), von Blut in blutsaugenden Insekten (UHLENHUTH, WEIDANZ und ANGELOFF). Den Verbleib intravenös injizierter artfremder Eiweißantigene haben mittels der Komplementbindungsmethode FRIEDEMANN und Isaak verfolgt, und in einer besonderen Studie von HINTZE ist diese Frage vergleichend mittels Präzipi- tation, Komplementbindung und Anaphylaxie untersucht worden {cf. auch Gay & Rusk). Pferdeserum ließ sich dabei nur bis zum 3. Tage nachweisen (mittels Präzipitation bis zum 12. Tage), Dottereiweiß bis zum 5. Tage (etwas stärker als mittels Präzipitation).. In vergleichender Hinsicht sind jedoch die Ver- suche nicht gut verwertbar, da die benutzten Antisera für den Antigennachweis mittels Komplementbindung nicht besonders geeignet waren. Es ist wohl anzu- nehmen, daß man bei Verwendung hochwertiger Antisera die Antigene in der Blutbahn mindestens ebenso lange, wahrscheinlich noch länger nachweisen kann als mittels Präzipitation. Was den Nachweis von Eiweiß im Urin anlangt, so ist nach den hierüber vorliegenden Untersuchungen von Wırson die Komplementbindungsmethode 10 bis 100mal empfindlicher als die klinisch-chemischen Eiweißreaktionen, und man kann daher noch Eiweiß im Urin nachweisen, wenn es nach den gewöhn- lichen chemischen Eiweißreaktionen bereits verschwunden ist. Es verdient viel- leicht hervorgehoben zu werden, daß in den untersuchten Fällen das ausge- schiedene Eiweiß mindestens zum größten Teil menschlicher Herkunft und nicht Nahrungseiweiß war. Unter normalen Bedingungen wurden im Urin mittels Komplementbindung keine menschlichen Antigene nachgewiesen. Durch die Vorteile, welche die Komplementbindungsmethode für den Nachweis von Eiweiß in Eiweißgemischen bietet, erscheint sie für die Kontrollierung von Fleischverfälschungen, be- sonders zum biologischen Nachweis von Pferdefleisch empfehlenswert. Die theoretischen Grundlagen für die Ueberlegenheit der Komplementbindungsmethode in dieser Hinsicht sind durch die Untersuchungen von RICKMANN, Sachs und BAvEr gegeben, und daß die Komplementbindung prinzipiell ebenso wie die Präzipitation zum Nachweis von Pferdefleischverfälschungen anwendbar ist, haben be- reits die Untersuchungen von UHLENHUTH, SCHÜTZE und WASSERMANN gezeigt. Nach ScHÜTZE ist das Komplementbindungsverfahren zum Nachweis von Pferdebestandteilen in gekochter Wurst der Präzipitinreaktion überlegen. WEı- DANZ & BORCHMANN erzielten mit Extrakten aus gekochten Pferdewürstchen mittels der Komplementbindungsmethode stärkere Ausschläge als bei der Präzi- pitinreaktion, sahen jedoch, daß die vollständige Hemmung der Hämolyse nicht weiter ging als die eben sichtbare Präzipitation. Als Nachteil wird von WEIDANZz & BORCHMANN hervorgehoben, daß durch Zusatz von Gewürzen und Konservierungsmitteln die Extrakte Eigenhemmung bewirken können, welche der Anwendung der Komplementbindungsreaktion ge- wisse Grenzen setzt. Inwieweit dieser Umstand in der Praxis eine wesentliche Rolle spielt, wird man erst nach weiteren Erfahrungen aus der Praxis entscheiden können, und zudem ist anzunehmen, daß in Zukunft diese Störung, wenn sie vorhanden, leicht ausgeschaltet werden kann. Nach den neueren Angaben SEIF- FERTS dürften aber die Befürchtungen von WEIDANZ & BORCHMANN praktisch gar nicht in Frage kommen. Nach UHLENHUTH & WeEIDAanZz gelingt es aller- dings noch Zusätze von 5 Proz. Pferdefleisch in der Wurst mittels Präzipi- tation nachzuweisen. Immerhin ist die Ueberlegenheit der Komplementbin- dungsmethode hierbei offensichtlich, zumal gerade beim Nachweis von Pferde- fleisch nichts im Wege steht, die Versuchsanordnung so zu treffen, daß eine maximale Empfindlichkeit, die man bei der forensischen Bluteiweißdifferenzie- rung zu vermeiden hat, resultiert. Die Ueberlegenheit der Komplementbindungs- methode bei gekochten Würsten wird zudem wohl allseitig (cf. insbesondere SEIFFERT) anerkannt, und sie ist durch den Nachweis der größeren Stabilität 94 H. Sachs und H. Rırz, - der Antigene in bezug auf Komplementbindung als in bezug auf Präzipitabilität theoretisch fundiert. Allen den genannten Vorteilen steht als einziger Nachteil die umständlichere Arbeit gegenüber, die der Sachverständige mit dem Kom- plementbindungsverfahren hat. Wenn man aber bedenkt, daß bei den mit der Nahrungsmittelkontrolle betrauten Sachverständigen nicht so selten Schwierig- keiten bei der Beurteilung der Präzipitationsreaktion entstehen dürften, so muß man wohl die Heranziehung des Komplementbindungsverfahrens gerade für dieses Gebiet als recht wünschenswert bezeichnen. Tatsächlich hat sich die markante Ueberlegenheit der Komplementbindung zum Pferdefleischnachweis in den neueren eingehenden Untersuchungen SEIFFERTS deutlich ergeben, und es hat sich hierbei gezeigt, daß die Komplementbindung nicht nur immer bei posi- tiver Präzipitation positiv ausfällt, sondern in vielen Fällen auch dann, wenn die letztere versagt. Die Vorzüge der Komplementbindung dürften hier- nach unverkennbar sein. Natürlich kann die Komplementbindungsmethode auch zu bio- logischen Untersuchungen über die Herkunft anderer Organe, ebenso wie die Präzipitinreaktion benutzt werden. So berichten STEFFENHAGEN & ÜLouGH über die Differenzierung von Knochen und schreiben der Komplemenibindung dabei etwa die gleiche Leistungs- fähigkeit wie der Präzipitation zu. Nur bei einem, strömendem Wasserdampf ausgesetzten Knochen, sowie bei einem Sammlungspräparat wurde bei negativer Präzipitinreaktion partielle Komplementbindung beobachtet *). Was den Umfang der Differenzierungsmöglichkeiten anlangt, so darf mar im allgemeinen annehmen, daß die Komplementbindungs- methode mit der Präzipitinreaktion übereinstimmt. TROMMSDORFF konnte das Bluteiweiß von Ratten und Mäusen in Ueber- einstimmung mit den von ÜHLENHUTH & WEIDANZ bereits mittels Präzipitation erhobenen Befunden auch durch Komplementbindung differenzieren. Anderer- seits beschreibt TROMMSDORFF bei der Präzipitation ein Uebergreifen auf stärkere Konzentrationen der heterologen Eiweißart, das bei der Komplementbindungs- methode nicht eintrat. Doch gelingt nach den Untersuchungen von GRAETZ, denen sich diejenigen von STEFFENHAGEN & SCHOENBURG anschließen, auch mittels Komplementbindung der Nachweis biologischer Beziehungen zwischen Ratte und Maus. Der Grad des Uebergreifens der Reaktion hängt danach wesentlich von der Individualität des Antiserums ab, und es stimmt nur mit der allgemein größeren Spezifität des Komplementbindungsverfahrens überein, wenn die Differenzen deutlicher zum Ausdruck kommen können, als bei der Präzipitation. Im allgemeinen wird man für die Differenzierung biologisch ver- wandter Arten schwächer wirkende Antisera mit Vorteil benutzen. Dies entspricht einer schon von Bruck gemachten Angabe, daß es sich für die Differenzierung näherstehender Eiweißarten empfiehlt, schwach wirkende Antisera zu verwenden. Mit derartigen schwächeren Antiseris ist es BRUCK gelungen, die Komplementbindungsmethode auch zur Differenzierung des Blut- eiweißes verschiedener Affenarten und verschiedener Menschenrassen mit Erfolg heranzuziehen **). Der Unterschied dokumentiert sich hierbei naturgemäß nur als ein quantitativer, indem um so mehr Antigen zur Komplementbindung not- wendig ist, je weiter die Art oder Rasse von derjenigen, welche zur Gewinnung des Antiserums gedient hat, entfernt ist. Allerdings ist es MARSHALL & TEAGUE, sowie FITZGERALD nicht gelungen, den Nachweis von Rassendifferenzen mittels Komplementbindung zu bestätigen. Daß man auch das Eiweiß verwandter Tierarten durch die von UHLENHUTH inaugurierte Methode der kreuzweisen Immunisierung durch Komplementbindung *, Nach GrAFTZ läßt sich mittels Komplementbindung (wie auch durch Präzipitation) nachweisen, daß das Eiweiß der Flüssigkeit von Echinokokkencysten wesentlich mit dem Bluteiweiß des Uystenträgers identisch reagiert. *) Unter schwach wirkenden Antiseris sind hierbei solche zu verstehen, welche nur noch mit einer 1000-fach verdünnten Lösung des homologen Antigens Komplementbindung ergeben. Man kann diese Forderung auch durch Verwen- dung geringer Mengen eines Antiserums erfüllen, das sich bei anderer Dosierung als hochwertig erweist. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 95 mit großer Schärfe differenzieren kann, ist von UHLENHUTH besonders nach- gewiesen worden. Was die Frage der Organdifferenzierungen betrifft, so darf man annehmen, dab die Komplementbindung zum mindesten das- selbe leistet, wie die Präzipitation. So ist die Organspezifität des Linseneiweißes, welche UHLENHUTH bereits durch die Präzipitinreaktion entdeckt hatte, durch die Untersuchungen von UHLENHUTH & RÖMER (cf. auch KÖNIGSTEIN) mittels komplementbindender Antikörper bestätigt worden. Im allgemeinen weisen die Untersuchungen von MICHAELIS & FLEISCHMANN, SCHÜTZE, MILLER u. a. darauf hin, daß eine Spezifität im morphologisch-anatomischen Sinne auch mittels Komplementbindung schwer oder gar nicht nachzuweisen ist. Immerhin scheint unter besonderen Kautelen auch hier eine Differenzierung zu gelingen. So beschreibt Bruck die Differenzierung von Blut und Sperma bzw. Eiter mittels Komplementbindung. Nach FLEISCHMANN & DAvIDsSoHN sollen die durch Immunisieren mit Organ- zellen erzeugten Antisera bei der Komplementbindung nicht auf das homologe Serum wirken. Organspezifische Strukturen bei verschiedenen Organen können nach HALPERN auch durch Komplementbindung mit Antiseris, welche durch Autoimmunisierung erhalten wurden, nachgewiesen werden. Zu Untersuchungen über das serobiologische Verhalten der Geschlechts- zellen bei Fischen ist die Komplementbindungsmethode von DuNBAR herange- zogen worden. Es ergab sich die interessante Tatsache, daß sich die weiblichen und männlichen Geschlechtszellen der untersuchten Fische von den übrigen Körpergeweben differenzieren lassen. Nach KopamA kann man Kaviar und andere Fischrogen mittels der Komplementbindungsreaktion sicher differenzieren. Bei dem Versuche, verschiedene Arten von Pankreatin und Papayotin zu differenzieren, gelangte SCHÜTZE nicht zu befriedigenden Ergebnissen. Eine größere Reihe von Erfahrungen liegen über die Differenzierung der in der Milch vorhandenen Eiweißarten mittels Komplementbindung vor. Schon GENGOU beschreibt Unterschiede zwischen Lactoalbumin, Kasein und Lakto- globulin. Ausführliche Untersuchungen über diesen Gegenstand sind dann von BAUER, ENGEL und ihren Mitarbeitern, KOLLMEYER u. a. mitgeteilt worden. Nach diesen Autoren lassen sich die Eiweißkörper der Milch, Kasein einerseits, Albumin und Globulin andererseits mittels Komplementbindung differenzieren. Dabei erweisen sich beide Eiweißarten als artspezifisch. Selbst zwischen Lakto- albumin und Laktoglobulin ließen sich Differenzen auffinden, nicht dagegen zwischen den entsprechenden Eiweißkörpern aus Milch und Blutserum. Auch ließ sich durch die verwendeten Laktosera in deutlicher Weise die Milch von dem Blutserum derselben Art unterscheiden. Dagegen ergaben die mit Milch- albumin gewonnenen Antisera auch mit homologem Blutserum Komplement- bindung, nicht dagegen die mit Milchkasein erzeugten. Es ließen sich also auch Antigene in der Milch nachweisen, die den im Blutserum enthaltenen nahestehen. Von Interesse war, daß die Kolostralmilch derartige Stoffe in weit höherem Maße besaß, so daß die durch Colostrum erzeugten Antisera oft auch mit dem homologem Blutserum starke Komplementbindung gaben. Die Arbeiten von GRAETZ und BAUEREISEN gelangen im wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen und betonen, wie dies übrigens auch die obengenannten Autoren taten, den graduellen Charakter der nachweisbaren Differenzen. Von Bedeutung ist die Koktostabilität, welche den Kaseinantigenen der Milch zukommt. Nach neueren Untersuchungen KUDICKES reagieren Antisera, welche mit roher Milch gewonnen sind, unter geeigneten Bedingungen auch mit homologem Blutserum, nicht aber mit gekochter Milch erzeugte Immunsera. Umgekehrt erhält man durch Immunisierung mit Blutserum AÄntisera, welche nur mit roher Milch reagieren und derart zwischen roher und gekochter Milch zu differenzieren erlauben. Nach BRownInG & Wırson besteht eine Spezifität für das Globin, den histonartigen Eiweißbestandteil des Hämoglobins, indem ein durch Globininjektion erzeugtes Antiserum im Verein mit Globin Komplementbindung ergibt, während es in Kombination mit dem homologen Blut oder dem intakten Hämoglobin oder dem Serumalbumin nicht antikomplementär wirkt. Ebenso besteht aber auch Spezifität in bezug auf die Tierart; mit -heterologem Globin wurde keine Komplementbindung erhalten. 96 H. Sacns und H. Rırz, Wie BAUER & ENGEL mitteilen, nimmt auch das Fibrinogen eine Sonder- stellung ein, indem es bei der Komplementbindung zwar artspezifisch, aber von den Serumeiweißstoffen streng differenzierbar ist *). Was den Nachweis von komplementbindenden Anti- körpern gegenüber tierischen Antigenen anlangt, so wurde derselbe zuerst von Gencou geführt. Im allgemeinen kann man sagen, daß komplementbindende Antikörper immer in den Fällen nachge- wiesen werden können, in denen mittels des älteren Verfahrens Prä- zipitine erhalten wurden. Es dürfte aber die Bildung der die Kom- plementbindung vermittelnden Antikörper noch einen weiteren Bereich haben, als die Präzipitinbildung. So konnten z. B. Mur & Marrın bei der Vorbehandlung von Kaninchen mit Meerschweinchenserum keine präzipitierende, wohl aber komplementbindende Antikörper nachweisen. Für die Frage nach der Antigennatur von Nährstoffen ist der Antikörper- nachweis mittels Komplementbindung durch WASSERMANN & ÜITRON sowie LüÜp«kE herangezogen worden. NıcoLLE beschreibt das Vorhandensein von Antikörpern im Serum der egenüber fremdartigem Blutserum überempfindlichen Tiere. CANTACUZENE, CIUCA & Jonescu-MiHATESTI berichten über den Nachweis von komplementbindenden Antikörpern bei der Immunisierung mit Pepsin und Trypsin (vgl. hierzu auch SCHÜTZE, POZERSKI) **). b) Komplementbindung mit pflanzlichen Antigenen. Die Komplementbindungsmethode kann natürlich auch zur Dif- ferenzierung von pflanzlichem Eiweiß herangezogen werden. Ver- suche in dieser Richtung liegen von DuxgBAar, sowie von BALLNER, WENDELSTADT und FELLMER Vor. *) Was die Veränderungen des Antigencharakters der Eiweißstoffe durch chemische Eingriffe anlangt, so bewähren Eisenalbuminate und Eiweißfällungen mit anderen Metallsalzen nach Untersuchungen von DITTHORN & SCHULTZ im Komplementbindungsversuch ihren Charakter im Sinne der Artspezifität. Von FLEISCHMANN wurde angegeben, daß bis zur Biuretfreiheit trypsinverdautes Serum seine 'Artspezifität einbüßt, indem das damit gewonnene Antiserum auch mit heterologem Blutserum Komplementbindung ergab. FREUND hat jodiertes Eiweiß mittels Komplementbindung untersucht (cf. hierzu auch v. DUNGERN & HiRSCHFELD) und fand auch hierbei, daß durch die Jodierung der art- spezifische Antigencharakter verloren geht. Was das Verhalten der durch Jod- eiweiß erzeugten Antisera anlangt, so liegt in bezug auf die Komplementbindung nur ein Versuch in der FrEunpschen Arbeit vor, in welchem das erzeugte Antiserum artspezifische Antikörper enthielt, wenn es auch mit ‚Jodeiweiß in etwas stärkerem Maße als mit genuinem Eiweiß Komplementbindung ergab. Angaben über antigene Eigenschaften von Abbauprodukten des Kaseins und Kaseinverbindungen siehe bei GAY & ROBERTSoN. **) Verwiesen sei auf mannigfache Versuche, die Komplementbindungs- methode in Form des Antikörpernachweises gegenüber Organextrakten etc. zu klinischen Zwecken heranzuziehen, z. B. in der Schwangerschaft gegenüber Placentarextrakt als Antigen (VAYSSIERE u. a.), bei Basedow gegenüber Schild- drüsenextrakten (KoLLE, PAPAZOLU, BALLNER, BAUER und STREIT u. a.) etc. Ergebnisse von praktisch-diagnostischer Dignität kommen hierbei vorläufig nicht in Betracht. Die bedeutungsvolle Serodiagnostik der Syphilis fällt nicht in den Rahmen dieses Aufsatzes. DIETRICH beschreibt neuerdings eine Komplement- bindungsreaktion beim Zusammenwirken des Serums fieberhaft erkrankter Men- schen mit Jodothyrin, die sich unabhängig von der WAassermAannschen Reaktion erwies. Von einer Besprechung der Verwendung der Komplementbindung für die Serodiagnostik der Geschwülste, sowie für die zu praktischer Bedeutung ge- langte Serumdiagnose bei Darmschmarotzern und Echinokokkenerkrankungen kann an dieser Stelle abgesehen werden, mit dem Hinweis auf die besonderen Kapitel dieses Handbuches. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 97 Von besonderem Interesse sind hierbei wiederum die Untersuchungen Dunsars über die Differenzierung der Geschlechtszellen. Danach gelingt es mittels der Komplementbindungsmethode einerseits die Pollen verschiedener Pflanzen voneinander, andererseits das Polleneiweiß von den übrigen Bestand- teilen der homologen Pflanzen zu differenzieren *). SCHÜTZE gelang bei dem Versuche, Hefearten zu differenzieren, keine Dif- ferenzierung zwischen Getreide- und Kartoffelhefe, dagegen Trennung von ober- und untergäriger Bierhefe und zwischen den letzteren. Von praktischer Bedeutung ist der Nachweis von Ricinussamen- bestandteilen in Futtermitteln mittels der Komplementbindung. Wie BIERBAUM gezeigt hat, eignet sich die Komplementbindungsmethode für diesen Zweck vorzüglich und übertrifft die anderen Verfahren er- heblich durch strenge Spezifität und Empfindlichkeit. Zusätze von !/s Proz. Rieinussamen lassen sich noch einwandsfrei nach- weisen. Bei erhitztem und derart unschädlich gewordenem Ricinussamen fällt jedoch die Komplementbindung negativ aus. c) Komplementbindung mit bakteriellen Antigenen. Unter Benutzung von Bakterien als Antigen ist die Komplement- bindung von BoRrDET, sowie BoORDET & Gencou als serodiagnostische Methode eingeführt worden. Die genannten Autoren erblickten in der Komplementbindung den indirekten Ausdruck der Ambozeptorwirkung und suchten derart den Bereich des Ambozeptornachweises auch auf solche Bakterienarten auszudehnen, welche gegenüber der Bakteriolyse eine gewisse Resistenz besitzen und daher eine sinnfällige direkte Antikörperwirkung vermissen lassen. Während BoRDET & GENGoU mit Bakterien arbeiteten, wurde von WAassERMANnN & Brück, die die Komplementbindung auch zum Nachweis von bakteriellen Antigenen heranzogen, die bedeutsame Tatsache festgestellt, daß sich auch gelöste Bakterienstoffe (Extrakte) für die Komplementbindung eignen. Damit waren Ausblicke für eine neuartige diagnostische Verwertung eröffnet, deren Ziele von WASSERMANN & BRUcK in ihrer ersten Arbeit dahin formuliert wurden, „bei der Verwendung eines hochwertigen ven Tieren gewonnenen Im- munserums kleinste Mengen in Körpersäften des Kranken vorhandener gelöster Bakteriensubstanzen, beispielsweise bei Meningitis in Gelenkpunktionsflüssigkeiten und chronischen Ausflüssen aus den Genitalien, bei Gonorrhöe, bei anderen Krankheiten im Serum etc. zwecks Stellung der Diagnose aufzufinden“. Der wesentliche Fortschritt, welcher in der Entdeckung der Verwendbarkeit ge- löster Bakteriensubstanzen besteht, wird am besten charakterisiert durch die Ausführungen WASSERMANNS: „Die von diesen Autoren (WASSERMANN & Bruck) statt der Vollbakterien gewählten Bakterienextrakte gestatten die Herstellung eines haltbaren quantitativ einzustellenden Standardmaterials. Sie ermöglichen dadurch das für die praktische Diagnostik unerläßliche quantitative Arbeiten. Vor allem ermöglicht diese Ver- suchsanordnung eine Erweiterung unserer bisherigen Kenntnisse dahin, daß es auch gelingt, gelöste Bakteriensubstanzen in Körperflüssigkeiten intra vitam mittels der Komplementbindung nachzuweisen. Denn erst mit dem Moment, wo statt der Bakterienaufschwemmungen Extrakte, also gelöste Substanzen ver- wendet werden, konnte die BoRDETsche Komplementbindung auch auf ganz neue Gebiete übertragen werden, d. h. auf diejenigen Infektionskrankheiten, deren Erreger uns überhaupt noch unbekannt sind, bzw. deren Erreger in Kul- turen zu gewinnen bisher unmöglich ist.“ . In diesen Ausführungen sind neben der Ausdehnungsfähigkeit des Gebietes die methodischen Vorteile, welche die Bakterienextrakte gegenüber den von *) Nach DunBAR wirken hingegen die mit Pollenextrakten erzeugten Anti- sera nicht präzipitierend. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. d 98 H. SıcHs und H. Rırz, BORDET & GENGOU zuerst benutzten Bakterienemulsionen besitzen, deutlich her- vorgehoben. Sie bestehen: 1) in der Haltbarkeit und daher größeren Konstanz des Reagens, 2) in der geringeren antikomplementären Wirkung. \ Von NEUFELD ist demgegenüber auf einen Vorteil der Bakterienemulsionen aufmerksam gemacht worden, welcher darin besteht, daß man vor dem Zusatz von Blut und hämolytischem Ambozeptor die Bakterien durch Zentrifugieren aus dem Reaktionsgemisch entfernen und dadurch ein etwaiges Ueberspringen des bereits gebundenen Komplementes vermeiden kann (cf. auch KoLLE, KRUMBEIN & SCHATILOFF, MIESSNER & TrAPP u. a.). Wenn es sich um die Differenzierung von Bakterien oder um den Nachweis von spezifischen antibakteriellen Antikörpern mittels Komplementbindung handelt, so ist natürlich die Herstellung von ge- eigneten Bakterienemulsionen oder -extrakten das erste Erfordernis. Bakterienemulsionen werden in der Regel durch Abschwemmen 24- stündiger Agarkulturen in physiologischer Kochsalzlösung (meist 5 cem) herge- stellt (BOoRDET & GENnGouU). Man wird dabei natürlich für gleichmäßige Ver- teilung zu sorgen haben. Zur Herstellung von Bakterienextrakten sind verschiedene Verfahren angegeben worden. WASSERMANN & BRUCK, sowie WASSERMANN & CITRON (künstliche Ag- gressine) gingen folgendermaßen vor: Eine KoLresche Schale wird mit der zu verwendenden Bakterienart geimpft und nach 24-stündigem Wachstum mit 5—10 ccm physiol. Kochsalzlösung oder sterilisierten destilliertten Wassers abgeschwemmt. Die Aufschwemmung wird 24 Stunden im Schüttelapparat bei Zimmertemperatur der Autolyse überlassen und dann scharf zentrifugiert. Die überstehende Flüssigkeit, die völlig klar sein soll, wird bis zu einem Gehalt von 0,5 Proz. mit Phenol versetzt. Bei resisten- teren Bakterien wird der phenolisierte Extrakt nachträglich 3 Stunden auf 44° erhitzt. LeucHs hat das Verfahren, wie folgt, modifiziert: Er läßt die Bakterien- emulsion zur Abtötung erst 24 Stunden bei 60°, schüttelt dann 48 Stunden bei Zimmertemperatur, zentrifugiert bis zur völligen Klärung und versetzt den Ab- guß mit Phenol. Die längere Zeitdauer, welche die Herstellung dieser Bakterienextrakte erfordert, und welche besonders für die Differenzierung von Bakterien zu prak- tisch-diagnostischen Zwecken ungelegen sein kann (cf. DE BESCHE & Kon), vermeidet das Verfahren von ÄLTMANN & ScHULTZ, welche sich der von ee beschriebenen bakteriolytischen Funktion des Antiformins be- ienen : Eine 24-stündige Agarkultur wird in 10 ccm 2-proz. Antiformins zur Lösung gebracht, die in 30 Minuten bei 40—50° oder in 5 Minuten bei 75—100 % erfolgt. Der Ueberschuß von Alkali wird nun durch Zufügen von 5-proz. Schwefelsäure (Prüfung gegen Lackmuspapier) neutralisiert. Das überschüssige Chlor wird durch: 5-proz. Natriumsulfitlösung (Prüfung gegen Jodkali-Stärke- eier Jedoch sind die bei 75—100° hergestellten Extrakte bereits chlorfrei. Neben der raschen Herstellbarkeit werden als Vorzüge der Antiformin- extrakte vor den wässerigen Schüttelextrakten die minimale Eigenhemmung, sowie: große Empfindlichkeit und Spezifität beschrieben (cf. auch MIESSNER & TRAPP). PFEILER & WEBER geben neuerdings an, daß das Schütteln bei der Her- stellung der Bakterienextrakte überflüssig sei. Sie filtrieren die Kochsalzauf- schwemmungen von Kulturen, die durch 2-stündiges Erhitzen auf 70° abge- tötet sind, durch Glaswolle und erhalten ein sofort gebrauchsfähiges Filtrat. (Zentrifugieren). Auch erhält man nach den genannten Autoren durch 1/,-stündi- ges Kochen der durch Glaswolle filtrierten Bacillenaufschwemmungen nach dem Zentrifugieren für die Komplementbindung verwertbare „Kochextrakte“, die wenigstens bei Rotz, Schweinepest u. a. als vollkommener Ersatz für Schüttel- extrakte angesehen werden konnten. Außer Bakterien-Emulsionen und -Extrakten sind zum Antikörpernachweis auch besondere bakterielle Präpärate, so Tuberkuline für die Tuberkulosediagnostik (WASSERMANN & Bruck), Mallein für die Rotzdiagnostik (VALENTI), das CHANTEMESSEsche Typhuspräparat für die Typhusdiagnostik (ZupnIk & SPÄT) Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 99 herangezogen worden*) {cf. die entsprechenden Kapitel dieses Handbuches). Bei Infektionskrankheiten, deren Erreger nicht bekannt oder nicht in Reinkultur züchtbar sind, kommen endlich auch Organextrakte (oder Körperflüssigkeiten) aıs Träger der bakteriellen Antigene in Betracht, ebenso dann, wenn es sıch darum handelt, gelöste bakterielle Stoffe in den Organen und Säften des Organis- mus nachzuweisen (WASSERMANN & BRUCK). Die antigenen Stoffe der Bakterien sind nach den Angaben der Autoren im (Gegensatz zu den Antigenen des Blutserums relativ stabil. Nach WeıL sind sie gegenüber einem !/,-stündigem Erhitzen auf 100° resistent (vgl. auch PFEILER & WEBER), nach den Untersuchungen von ALT- MANN & SCHULTZ vertragen auch die Antiforminextrakte Erhitzen auf 100°. LEvADITI & MUTERMILCH beschrieben die Löslichkeit bakterieller Antigene in 85-proz. Alkohol. Diese Angabe dürfte durch die neueren gründlichen Unter- suchungen von PRAUSNITZ widerlegt sein. Nach PrausnitTz zeigen nämlich alkoholische Bakterienextrakte (Cholera) ganz unspezifische Komplementbindung, während das spezifisch wirkende Antigen wohl quantitativ im Alkoholrückstand zurückbleibt. Die Alkoholextraktion eignet sich daher nach PrRAusNITz für die Reinigung des bakteriellen Antigens zum Zwecke der Komplementbindung gerade in dem Sinne, daß unspezifische die Reaktion störende Leibessubstanzen entfernt werden, ohne Schädigung des echten Antigens **). Was die Ausführung des Komplementbindungsverfahrens in der bakteriologischen Diagnostik anlangt, so sind natürlich auch hier die methodologischen Vorschriften maßgebend, wie sie bereits bei der Besprechung der allgemeinen Methodik und des Nachweises von tierischen Antigenen mittels Komplementbindung erörtert wurden. Besonders ist zu fordern, dab bei positiver Reaktion jede der beiden Komponenten selbst in einem gewissen Ueberschuß der miteinander reagierenden Dosen die Hämolyse unbeeinflußt läßt. In manchen Fällen dürfte es sich auch empfehlen, auf etwaige kämolytische Wirkungen der Bakterienaufschwemmungen oder Bakterienextrakte zu achten, die eine stattgefundene Komplementbindung larvieren oder einwandsfreie Kon- trollen in bezug auf Eigenhemmung vortäuschen können. Man überzeugt sich hierüber in zweifelhaften Fällen durch einen Kontrollversuch, in welchem ab- steigende Mengen des Antigens ebenso wie bei der Prüfung auf Eigenhemmung mit Komplement digeriert werden, bei dem Blutzusaiz aber das Zufügen von Ambozeptor unterlassen wird. Zum Antigennachweis mittels Komplementbindung muß man natürlich Antisera bekannter Herkunft in Händen haben, die zweckmäßig durch 1!/,-stündiges Erhitzen auf 55° inaktiviert werden. Höhere Temperaturen (cf. KoLLE, KRUMBEIN & SCHATTILOFF u. a.) sind besser zu vermeiden. Für Herstellung und Konservierung der Antisera kommen für die Zwecke des Komplementbindungsverfahrens kaum besondere Vorschriften in Betracht. Nur ist dabei auf die eigenhemmende Wirkung der Antisera besonders zu achten. Bereits ALTMANN hat bei Komplementbindungsversuchen mit Antistreptokokken- serum die Erfahrung gemacht, daß dem Zeitpunkt des Aderlasses in dieser *) Mallein gibt für die Serodiagnostik des Rotzes nach MıEsSSNER & TRAPP schwankende und weniger befriedigende Resultate, als Rotzbacillenextrakte. ”*) Ueber Lipoidlöslichkeit der als Antigene fungierenden Stoffe bei ge- wissen Anwendungsformen der Komplementbindung (Echinokokken, Bandwürmer, Tuberkulose und säurefeste Bacillen, Syphilis, Lepra etc.) vgl. die speziellen Kapitel dieses Handbuches. Bei Bandwürmern, Echinokokken, Tuberkelbacillen wird insbesondere von K. MEYER, MüucH, DEILMANN, CITRON & KLINKERT u. a. die Lipoidnatur spezifischer Antigene angenommen (vgl. hierzu LAnn- STEINER, dieses Handb., Bd. 2, S. 1284). Bei der Serodiagnostik der Syphilis und der entsprechenden Reaktion bei Lepra kann man hingegen kaum mehr von Antigenen im eigentlichen Sinne sprechen. FE 73 100 H. Sacus und H. Rırz, Hinsicht Beachtung zu schenken ist. Eine frühere Blutentnahme kann ein Serum ergeben, das durch starke Eigenhemmung die Ausführung der Kom- plementbindungsmethode nicht gestattet, während bei einer späteren Blutent- nahme diese Störung fortfällt (vgl. hierzu auch die Arbeiten von AoKI, MÜLLER, GAETHGENS & AOKI, HARA u. a.)*). Aus hohen Titerwerten bei anderen Immunitätsreaktionen {insbesondere Agglutination) ist nicht ohne weiteres auf die Eignung des Antiserums zur Kom- plementbindung zu schließen. Vielmehr kommt es vor, daß gerade stark ag- lutinierende Sera nur geringe Komplementbindung ergeben und umgekehrt. Möglicherweise spielt die Eigentümlichkeit des zur Immunisierung benutzten Stammes hierbei eine Rolle (cf. hierzu ALTMANN, AMIRADZIBI u. a.) **), Bei der Heranziehung der Komplementbindungsmethode zur Dif- ferenzierung von Bakterien empfiehlt es sich ‚grundsätzlich, Reihen- versuche anzustellen, in denen die eine der beiden Komponenten (Antigen oder Antiserum) in absteigenden Mengen teilnimmt. Ob man das Antigen (Bakterienemulsion oder Extrakt) variieren läßt oder das Antiserum, erscheint von vorneherein gleichwertig. Von der Methodik der Agglutination und der Bakteriolyse her ist man gewohnt, mit absteigenden Serum- mengen zu arbeiten. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß .bei diesen Methoden des direkten Nachweises der stattgehabten Reaktion, welche sich in der Verände- rung des Antigens dokumentiert, eine gewisse Menge des letzteren erforderlich ist, während bei dem Antigennachweis mittels Komplementbindung eine Be- grenzung in diesem Sinne nicht besteht. Man kann daher die Bakteriendiffe- renzierung mittels Komplementbindung auch durch Digerieren einer einheit- lichen Serummenge mit absteigenden Antigendosen ausführen, wie es von vorne- herein durchaus rationell erscheint und bei der Differenzierung von tierischen Antigenen allgemein üblich ist. Der Zweck des Reihenversuchs, welcher ja zum wesentlichen Teil bei der Differenzierung darin besteht, durch fortschreitende Verdünnung die Funktion von Partialantikörpern auszuschalten, welche auf verwandte Arten übergreifen, kann jedenfalls sowohl durch Verdünnen des bak- teriellen Antigens wie auch durch Verdünnen des Antiserums erreicht werden ***). Jedoch kommt bei bakteriellen Antigenen noch der Umstand in Betracht, daß die Emulsionen und Extrakte häufig an und für sich mehr oder weniger stark antikomplementär wirken können, und daß die Reaktionsbreite der spezi- fischen Antigenfunktion beschränkt sein kann. Da zudem die Komplement- bindung, wie bereits besprochen, von den quantitativen Verhältnissen zwischen Antigen und Antikörper weitgehend beherrscht wird, so muß für die Zwecke bakteriologischer Diagnostik vor einer schematischen Versuchsanordnung ge- warnt werden. Am geeignetsten erscheint es uns, das Antiserum in absteigenden Mengen mit mehreren Antigendosen zu erproben. Handelt es sich um den Nachweis scharfer Differenzierung, so ist es dann ratsam, geringe Antiserumdosen zu ver- wenden und diese mit absteigenden Antigendosen zusammenwirken zu lassen. Man kann derart zu recht markanten Differenzierungen gelangen, wie das z. B. die Untersuchungen von DEAN, welche noch deutliche Unterscheidungen inner- halb der Paratyphus-B-Gruppe ergaben, dartun. Bei Verwendung größerer Antiserumdosen wird man ein mehr oder weniger starkes Uebergreifen auf ver- wandte Arten zu erwarten haben und derart zu Gruppenreaktionen gelangen. *) Ueber den Einfluß von Bakterienwachstum auf eigenhemmende Serum- wirkungen vgl. CRAIGH, HARA. **) Verwiesen sei auch auf die Angaben von SOBERNHEIM über Tuberkulose- sera, die bei starker Agglutinations- und Präzipitationskraft keine Komplement- bindung verursachten, jedoch nach längerer Aufbewahrung positiv reagierten (Hem- mungsstoffe, vgl. hierzu auch CALMETTE & MassoL). **) Nach den Erfahrungen bei der Komplementbindung mit tierischen Antigenen hat das Arbeiten mit absteigenden AÄntigenmengen sogar vielleicht gewisse Vorzüge. Denn es hat sich hierbei ergeben, daß die Variationsbreiten bei der Titrierung verschiedener Antisera bei fallenden Antigenmengen markanter zum Ausdruck kommen können, als bei Verwendung abnehmender Antikörper- dosen, indem die zur vollständigen Komplementbindung notwendigen Antiserum- mengen meist nicht wesentlich unter eine bestimmte Grenze (0,02—0,005 ccm) herabgesetzt werden können. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 101 Was die Kontrollen anlangt, so müssen selbstverständlich beide Komponenten stets nach den bekannten Prinzipien auf anti- komplementäre Wirkungen kontrolliert werden. Wenn irgend möglich, empfiehlt es sich dabei, sich nicht mit der Kontrollie- rung des doppelten Multiplums der reagierenden Dosis zu begnügen, vielmehr auch die einfache Menge auf Eigenhemmung zu prüfen. Für Reihenversuche ergibt sich daraus das Postulat, die ganzen Reihen doppelt auszuführen, ein- mal mit und einmal ohne Zusatz der in gleicher Dosis teilnehmenden Komponente. Ueber die Breite der anzusetzenden Reihen lassen sich schwer bestimmte Vorschläge machen. Die obere Grenze der zu ver- wendenden Dosen ist durch die Forderung begrenzt, daß sie und auch ein Ueberschuß von ihnen nicht an und für sich antikomplementär wirken dürfen. Wenn man mit dem benutzten Äntiserum gut vertraut ist, so werden sich durch Erfahrung bestimmte Grenzen ergeben, innerhalb deren man die Dosen variiert. So wird man auch im speziellen Falle eng begrenzte Dosierungsbreiten ausfindig machen können, die sich für die Reaktion gut eignen. Trotzdem dürfte von einer schematischen Verwendung bestimmter Mengen abzuraten sein, da bei einer Methode, deren Ergebnis so sehr von dem quantitativen Verhältnis der reagierenden Komponenten abhängig ist, und der geringen Möglichkeit, den Antigengehalt der Extrakte oder Suspensionen abzuschätzen, ein einwandfreies Ergebnis nur bei genügender Variation der Dosen gewährleistet werden kann. Zum mindesten wird man im anderen Falle mit den Schlußfolgerungen aus nega- tiven Versuchsresultaten sehr vorsichtig sein müssen. Daß bei Differenzierungsversuchen der Kontrolle der Spezi- fität Aufmerksamkeit geschenkt werden muß, ist von vorneherein selbstverständlich. Zwar ist ja Voraussetzung, daß man das Antiserum, mit dem man arbeitet, in bezug auf seine spezifische Wirkung kennt; trotzdem werden Kontrollen mit dem homologen und einem heterologen Antigen einerseits, mit Normalserum oder heterologem Antiserum andererseits stets wünschenswert erscheinen müssen. Wir betrachten es an dieser Stelle nicht als unsere Aufgabe, auf die Ergebnisse der Differenzierungsversuche im einzelnen näher einzugehen. Es sei in dieser Hinsicht auf die Kapitel über die einzelnen Infektionserreger sowie auf frühere zusammenfassende Dar- stellungen verwiesen. Die Angaben der Autoren lauten zum Teil widersprechend, was wohl auch auf die technischen und methodischen Schwierigkeiten, welche das Komplementbindungsverfahren besitzt, zurückzuführen sein dürfte. . Daß die Antikörper, welche als Reagens für die Differenzierung der Bak- terien dienen, bei der Komplementbindung vom theoretischen Standpunkte aus ebenso spezifisch sind, wie bei den anderen Immunitätsreaktionen, ist ja auf Grund der wissenschaftlichen Begründung des Phänomens von vorneherein an- zunehmen. In praktischer Hinsicht fragt es sich nur, ob die Empfindlichkeit der Methode nicht zu fein ist, so daß zum Nachteil der diagnostischen Ver- wendbarkeit gemeinsame Partialrezeptoren der Bakterienarten mehr als erwünscht aufgedeckt werden. Von diesem Gesichtspunkte aus muß aber bei schein- barem Fehlen einer scharfen Spezifität die Forderung mit allem Nachdruck gestellt werden, die Versuchsanordnung quantitativ zu variieren. Diese Kautelen, unter denen man ein ausgesprochen spezifisches Gepräge eigentlich erst erwarten kann, erscheinen zumal im Beginn der Erprobung des Verfahrens sicherlich nicht immer hinreichend erfüllt. Auf die zunehmende Vertrautheit mit den gerade für die Kom- plementbindung etwas kompliziert liegenden Verhältnissen ist es wohl zurückzuführen, daß die Erfahrungen Borpers & Gencovs, sowie die ersten von WASSERMANN & BRUCK, KoLLE & Wassermann (vgl. auch 102 H. Sacns und H. Rırz, VAnnoD, KRUMBEIN und SCHATILOFF u. a.) bei der Differenzierung von Kokkenarten *) erhobenen Befunde späterhin auch bei der Differenzie- rung von anderen Bakterien immer mehr Betätigung fanden. Als Beispiele derartiger Feststellungen seien die Untersuchungen in der Typhus-, Paratyphus- und Coligruppe erwähnt, in welcher bereits LEucHs, BALLNER & REIBMAYR, SACQUEPEE, SOBERNHEIM & SELIGMANN, ALTMANN & RAuTH u. a. die Komplementbindung erfolgreich anwandten und ALTMANN, sowie insbesondere DEAN zu sehr scharfen Differenzierungen gelangten **). Ver- wiesen sei ferner auf die von BALLNER & REIBMAYR, NEUFELD & HAENDEL, insbesondere DE BESCHE & Kon, BoccHIA u. a. ermittelte Differenzierung von Cholera- und choleraähnlichen Vibrionen, während hierbei früher RUFFER, MARKL, SCHÜTZE, NEUFELD & HAENDEL, HAENDEL zu weniger günstigen Er- gebnissen gelangt waren. El-Tor-Vibrionen verhalten sich auch bei der Kom- plementbindung, wie NEUFELD & HAENDEL, DE BESCHE & Kon gezeigt haben, mit Choleravibrionen identisch. Auch in den Cholerafaeces konnten von NEDRI- GAILOFF spezifische Choleraantigene (durch Berkefeldkerzen nicht filtrierber) nachgewiesen werden; nach AMAKO & KoJImA eignet sich das Verfahren für eine rasche serologische Choleradiagnose (event. nach Peptonwasseranreicherung). Mit mehr oder weniger gutem Erfolg konnten auch verschiedene Dysenteriebacillen differenziert werden (cf. DOPTER, SCHÜTZE, HAENDEL, KOLLE, HEILER & DE MESTRAL, AMAKO & KoJIMA) ***). Erwähnenswert sind die Untersuchungen . von BORDET & GENGoU, denen die Komplementbindung zur Identifizierung des von ihnen entdeckten Keuchhustenbacillus und zu dessen Differenzierung von Influenzabacillen diente (cf. auch WOLLSTEIN, SEIFFERT, BAECHER & MENSCHI- KOFF, ODAIRA U. 2.). Weniger günstig sind die Erfahrungen über Differenzierung bei anderen Gruppen (Kapselbacillen, Tuberkulose, Diphtherie, Streptokokken u. a.). Im Enealter sei auf die speziellen Kapitel des Handbuches verwiesen. Wegen der schwierigen und langwierigen Methodik wird das Komplement- bindungsverfahren für die Praxis der serologischen Bakteriendiagnose im all- gemeinen wohl weniger gern herangezogen, als es den in manchen Fällen ge- sicherten experimentellen Grundlagen entspricht, zumal wenn Agglutination und Bakteriolyse dasselbe leisten. Auch bei Verwendung der Komplementbindung zur Differenzierung kann, wie bei anderen Immunitätsreaktionen, die Verwendung mehrerer Antisera, resp. polyvalenter Sera ratsam sein, da manche Stämme sich different verhalten können (ef. hierzu z. B. die Angaben von BAECHER & HacHrLA über Meningokokken). Neben der Differenzierung von Bakterienarten kann die Kom- plementbindungsmethode unter Umständen auch zum Nachweis von bakteriellen Antigenen in vivo, d. h. in den Organen und Säften des infizierten Organismus in Betracht kommen, eine Konsequenz, die WASSERMANN & Bruck von vorneherein aus der Eignung der Bak- terienextrakte zur Komplementbindung gezogen haben f). Indessen sind die Erfahrungen über diese Art des Vorgehens nach den ersten ermutigenden Angaben von WASSERMANN & BRUCK ziemlich spärlich ge- blieben, und von einigen Autoren (MoRESCHI, BRAUN) sind theoretische Be- denken gegen die Möglichkeit des Nachweises bakterieller Antigene im Organismus geäußert worden. Zwar ergibt sich auch aus den Arbeiten der genannten Autoren, daß der Nachweis der Antigene mittels Komplementbindung möglich ist, jedoch *) Ueber Differenzierung von Staphylokokken und Sarcinen mittels Kom- plementbindung vgl. ALTMANN & BLÜHDORN, von Bac. bifidus communis und Streptobac. faecalis vgl. BLÜHDORN. **) Die Heranziehung der Komplementbindung zum Nachweis von Typhus- bacillen im Wasser ist von VoLPINO & CLER vorgeschlagen worden, wogegen aber von RÖSLER (cf. auch Sarra & VANZETTI) Einwendungen erhoben wurden. ***) Ueber Verlust der Komplementbindungsfähigkeit bei Fortzüchtung der Dysenteriebacillen im Immunserum vgl. AMAKO. T) Angaben über Wertbemessung von Tuberkelbacillen und ihren Deri- vaten durch Komplementbindung mittels Tuberkuloseserum siehe bei RUPPEL & RıIcKMANN. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 103 sollen nach ihren Angaben Mengen der bakteriellen Antigene erforderlich sein, hinter denen die im infizierten Organismus günstigenfalls kreisenden erheblich zurückbleiben müßten. Wenn dem so ist, so wird man für den Antigennach- weis im Organismus die Methode der Komplementbindung möglichst empfindlich gestalten müssen, und es erscheint daher gerade für diesen Zweck geboten, einen Ambozeptor- oder Komplementüberschuß zu vermeiden *). Methodologisch lassen sich im übrigen für diese Anwendungsmöglichkeit keine besonderen Vorschriften geben. Es gelten im allgemeinen auch hier die schon erörterten Gesichtspunkte. Besonderer Beachtung wert erscheint beim Arbeiten mit Organextrakten die Kontrolle der hämolytischen Wirkung, da Organextrakte, wie wir seit den Untersuchungen von METSCHNIKOFF, TARASSE- WITSCH, sowie MORGENROTH und KORSCHUN wissen, oftmals in erheblichem Grade hämolytisch wirken und daher eine positive Komplementbindungs- reaktion larvieren können. Angaben über den Antigennachweis in vivo liegen nur in geringer Zahl vor, und eine wesentliche praktische Bedeutung kommt diesem Verfahren bisher nicht zu. Ueber positive Ergebnisse des Antigennachweises im Blutserum, in Körper- flüssigkeiten und Organen wurde zuerst bei der Tuberkulose (WASSERMANN & BRUCK, BRUCK, LÜDKE, MARMOREK u. a.) berichtet, wogegen andere Autoren (MEYER, CoHNn, BAUER u. a.) zu negativen Ergebnissen gelangten**). Im übrigen stehen vereinzelten Angaben von BRUCK, CITRON, LÜDKE, Moses, DJOUBELIEFF bei Meningokokkenerkrankungen, Schweinepest, Typhus, Pest, Milz- brand u. a. zahlreiche negative Befunde (MıcHELI & BORELLI, ZUPNIK & SPÄT, Levy, BRUCK, TUSCHINSKY, SELIGMANN & KLOPSTOck u. a.) gegenüber. Für den Nachweis von antibakteriellen Antikörpern mittels Komplementbindung kommen im allgemeinen die näm- lichen Ueberlegungen in Betracht, wie für die Identifizierung der Antigene. Als Testobjekte können gleichfalls Bakterienemulsionen oder Extrakte benutzt werden, wobei die letzteren auch hinsichtlich der Forderung eines konstanten und haltbaren Antigenmaterials Vor- teile darbieten. Außerdem können gerade für die Zwecke des Anti- körpernachweises bakterielle Präparate und Organextrakte als Anti- gene herangezogen werden. Die Frage, ob zur Komplementbindung relativ große Antigendosen er- forderlich sind, ist für den Antikörpernachweis belanglos, da ja beliebige Anti- genmengen verwendet werden können, wenn sie nur unterhalb derjenigen Dosis liegen, welche an und für sich antikomplementär wirkt. Um den zuerst von WEIL & NAKAYAMA erhobenen Summationseinwand vollkommen auszuschließen, empfiehlt es sich auch hier, als Antigenmengen im allgemeinen höchstens die- jenige Dosis zu wählen, deren doppeltes Multiplum der hemmenden Wirkung entbehrt. Jedoch wird man, wie schon erwähnt, in manchen Fällen besonders dann, wenn das antikörperhaltige Serum an und für sich durch seinen natür- lichen Bestand an hämolytischen Ambozeptoren die Hämolyse verstärkt, nicht allzu rigoros in dieser Forderung sein müssen ***). Selbstverständlich muß stets *) Andererseits ist Variation der Antiserumdosen erforderlich, zumal kleine Antiserumdosen zum Nachweis geringer Antigenmengen günstiger sein können als große (vgl. insbesondere Dean). Bei größeren Antiserummengen ist auch dem Gehalt de Serums an hämolytischen Ambozeptoren Beachtung zu schenken und vielleicht gerade für das hier diskutierte Anwendungsgebiet die Benützung anderer hämolytischer Systeme (etwa Rinderblut) ratsam, wenn nicht das Kom- plement unter Zusatz der im Hauptversuch zur Verwendung gelangenden Anti- serumdosis austitriert wird. **) Angaben über Komplementbindung durch das MArMORERsche Tuber- kuloseserum mit Urin von Tuberkulösen als „Antigen“ siehe bei BERGERON, vgl. jedoch CITRON & KLINKERT, nach denen es sich hierbei um „Anti- körper“ gegen pathologisch veränderte Lipoidstoffe handelt. ***) Ueber Maßnahmen zur Berücksichtigung der Interferenz des Gehaltes an hämolytischen Ambozeptoren in dem als Antikörperträger fungierenden Serum vgl. die Ausführungen an früherer Stelle, WEINBERG u. a. 104 H. Sıcas und H. Rırz, die Kontrolle auf Spezifität durch Heranziehung von Normalserum, eventuell auch von heterologen Antiseris durch Parallelversuche gewährleistet sein. Was die Dosierung der Reagentien beim Antikörper- nachweis anlangt, so lassen sich ebensowenig wie für die Diffe- renzierung von AÄntigenen allgemein gültige einheitliche Angaben machen, zumal die Abhängigkeit der Komplementbindung von den optimalen Beziehungen zwischen Antigen und Antikörper auch hier berücksichtigt werden muß. Es kann auch für den Antikörpernachweis nicht ohne weiteres empfohlen werden, Reihenversuche mit absteigenden Antiserummengen anzustellen. Unter Umständen kann das Arbeiten mit absteigenden Antigenmengen von Vorteil sein, worauf z. B. die von ENGEL & BAUER vorgenommenen Titrierungen des Anti- tuberkulingehalts hinweisen *). Um die in der Mehrzahl der Fälle günstigen Bedingungen der Komplement- bindung für eine spezielle Fragestellung zu eruieren, muß man nach alledem, wenn nicht ein glücklicher Griff von vorneherein optimale Relationen schafft, nach Möglichkeit variieren, bevor man auf ein positives Urteil für den Antikörper- nachweis verzichten will. Zu orientierenden Versuchen kann empfohlen werden, zunächst Reihen mit absteigenden Mengen von Antiserum (etwa 0,2—0,025 cem) anzulegen, in denen jedes Glied etwa das doppelte Multiplum der folgenden Menge enthält. Zu diesen Antiserumreihen, die in einer Vielheit auszuführen sind, werden absteigende, aber in der einzelnen Reihe gleichbleibende Antigen- mengen zugesetzt; ein Reihenversuch bleibt zur Kontrolle ohne Antigenzusatz **). Bei starker Eigenhemmung des auf Antikörper zu untersuchenden Serums empfiehlt es sich, eine zu späterer Zeit neu zu entnehmende Serumprobe zu unter- suchen, da, wie bereits an früherer Stelle erwähnt, unter Umständen Eigen- hemmungen bei später erfolgender Blutentnahme nicht mehr vorhanden zu sein brauchen. Gerade bei derartigen orientierenden Versuchen ist der Verfolg des zeit- lichen Ablaufs der Hämolyse sehr anzuraten, da temporäre en die späterhin durch die fortschreitende Hämolyse larviert werden, bereits wichtige Anhaltspunkte für die weitere Gestaltung der Versuchsanordnung ergeben können. Erlangt die Komplementbindung im speziellen Falle eine all- gemeinere serodiagnostische Bedeutung, so werden die Erfahrungen aus der Praxis für die Praxis relativ enge Grenzen ergeben, innerhalb deren quantitative Abstufungen des Antigens und des Antiserums ausreichen, wie das ja insbesondere bei der WAassermannschen Syphilis- reaktion und bei der Serodiagnostik der Rotzkrankheit der Fall ist. Allerdings ist dann immerhin die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß trotz exakten Arbeitens gelegentlich eine positive Reaktion nicht aufgedeckt werden kann, weil die zum Zustandekommen der Komplementbindung günstigen Bedingungen außerhalb der für das praktische Arbeiten gewählten Variations- breite liegen. Um Fehlerquellen übersehen und vermeiden zu können, ist viel- leicht gerade für den Antikörpernachweis mittels Komplementbindung folgende Ueberlegung am Platze. Durch die umfangreichen Er- fahrungen, welche die gewaltige praktische Bedeutung der WAssER- mannschen Syphilisreaktion gezeitigt hat, wissen wir einerseits, daß *) ZweiıG empfiehlt neuerdings zum Nachweis kleiner Antikörpermengen (speziell bei. Tuberkulose) absteigende Dosen des aktiven Serums (ohne wei- teren Komplementzusatz) in zwei Parallelreihen mit und ohne Antigen , zu digerieren und das Unterschiedsmaximum des Hämolysegrades in entsprechenden Röhrchen der beiden Reihen der Beurteilung des Ergebnisses zugrunde zu legen. Ein derartiges Vorgehen dürfte jedoch unseres Erachtens hinreichender Kon- Ve a entbehren und daher nur bei negativem Resultat eine gewisse Bedeutung esitzen. *) Das Maximum der zu verwendenden Antigendosen muß sich aus einem Vorversuch über die eigenhemmende Wirkung ergeben. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 105 das Blutserum bei Syphilis und einigen anderen Krankheiten (Lepra, Malaria, gewisse Protozoeninfektionen) im Verein mit geeigneten Organextrakten durch Komplementbindung reagiert, dab aber anderer- seits zum Zustandekommen dieser Reaktion nicht ätiologisch-spezi- fische Antigene erforderlich sind, daß sich vielmehr die spezifischen Extrakte wenigstens in der Mehrzahl der Fälle durch normale, ja sogar durch chemisch-isolierbare Stoffe ersetzen lassen*). Insbe- sondere bei der Untersuchung menschlicher Blutsera auf komplement- bindende Antikörper wird man daher zu berücksichtigen haben, dab bei Syphilis und in analoger Weise reagierenden Krankheiten eine spezifische Komplementbindung vorgetäuscht werden kann, die in Wirklichkeit den Ausdruck einer Wassermannschen Reaktion be- deutet. Auch bei Verwendung von Bakterien oder ihren Extrakten als Antigen ist dieses Vorkommnis nicht auszuschließen, nachdem die Untersuchungen von G. MEIER (vgl., PORGES & MEIER), SCHATILOFF & ISALOLINSKY u. a. erwiesen haben, daß sich auch Bakterienextrakte für die Wassermannsche Reaktion mehr oder minder gut geeignet erweisen können **). Besondere Beachtung ver- dienen aber die hier skizzierten Umstände dann, wenn Örganextrakte oder andere Materialien an Stelle reiner Antigene benutzt werden. Zur Erläuterung dieser Verhältnisse genügt es, an die historische Entwickelung der Serodia- gnostik der Syphilis, wie auch der Komplementbindungsstudien bei Lepra zu erinnern. In den genannten Fällen hat sich ja bekanntlich die ursprüngliche Annahme einer spezifischen Reaktion zwischen Infektionserreger und Reaktions- produkt zum mindesten nicht in vollem Umfange aufrecht erhalten lassen, und es ist durchaus denkbar, daß sich durch geeignete Konstitution der als Antigene fungierenden Reagentien auch bei anderen Infektionsprozessen positive, aber der Spezifität im ätiologischen Sinne entbehrende Komplementbindungsresultate er- geben. Für die Praxis ist dabei das Fehlen einer derartigen Spezifität, wie das gerade die Serodiagnostik der Syphilis gezeigt hat, an und für sich durchaus nicht von Nachteil. Aber man muß berücksichtigen, daß ein Organextrakt — und die gleichen Erwägungen gelten auch für die Verwendung des flüssigen Inhalts von Krankheitsmanifestationen (Lymphe, Pockenpusteln, Hydatiden- flüssigkeit u. a.) — gleichzeitig spezifische Antigene enthalten und außerdem für Syphilis ete. charakteristisch reagieren kann. Es handelt sich hier um die Interferenz von Fehlerquellen, auf die der eine von. uns bereits vor längerer Zeit (2. Ergänzungsbd. zur I. Aufl. d. Handb.) aufmerksam gemacht hat, und deren Bedeutung für die Serodiagnostik, insbesondere bei Echinokokkenerkrankungen, neuerdings auch von BRAUER, ISRAEL, Hrnıus, HAHN u. a. hervorgehoben worden ist. Zur Vermeidung von Trugschlüssen wird daher in derartigen Fällen der Ausschluß eines positiven Ergebnisses bei der Serodiagnostik der Syphilis oder der Nachweis der mangelnden Reaktionsfähigkeit des benutzten Extraktes im Sinne der WAasserMmAnNnschen Reaktion erforderlich sein. Es sei dabei darauf hingewiesen, daß aktive Sera, welche mit Organextrakten in höherem Grade Komplementbindung, und auch außerhalb der für die Wassermannsche Re- aktion charakteristischen Reaktionsbreite ergeben können (SacHs & ALTMANN u. a.), in stärkerem Maße zu der hier erörterten Fehlerquelle beitragen können als inaktivierte. Hinzugefügt sei, daß derartige Verhältnisse nicht nur bei der Verwendung menschlichen Blukeeranns, sondern auch beim Antikörpernachweis in tierischen Antiseris störend interferieren können (ef. hierzu z. B. Angaben von GRAETZ, Bussox u. a. über Echinokokkendiagnose), zumal bei tierischem Blutserum *) Wir lassen es hierbei unberücksichtigt, ob für die positive Reaktion bei einer Minderzahl der Fälle eine spezifische Antigenquote erforderlich ist, da eine Entscheidung in dieser noch heute diskutierten Frage für die obigen Betrach- tungen belanglos ist. f *) Angaben über unspezifische Komplementbindung durch das Zusammen- wirken von alkoholischen Vibrionenextrakten mit Antiseris siehe bei PRAUSNITZ. 106 H. Sıcas und H. Rırz, Komplementbindung mit Organextrakten im Sinne der WASSERMANnNschen Re- aktion bereits normalerweise nach mehrfachen Erfahrungen vorkommen kann *). Bei dem Ersatz von Reinkulturen oder ihren Derivaten durch Körperflüssigkeiten oder Extrakte kann unter Umständen noch ein zweites zu Trugschlüssen führendes Moment in Betracht kommen, indem die nachweisbare Komplementbindung nicht durch das Zu- sammenwirken des Infektionserregers mit seinen Antikörpern, sondern durch die Interferenz gleichzeitig in den Antigensurrogaten vor- handener, aber nicht die Krankheitsursache darstellender Bestandteile von Mikroorganismen verursacht wird. Auch aus diesem Grunde ist bei allen in dieser Art angestellten Komple- ınentbindungsversuchen kritische Betrachtung bei positivem Ausfall ratsam. Mög- licherweise spielen derartige Verhältnisse bei vereinzelten mia über gehäufte positive WASSERMANNsche Reaktion beim Scharlach eine Rolle. Verwiesen sei in diesem Sinne insbesondere auf den von HAENDEL & SCHULTZ aus einer Scharlach- leber hergestellten Extrakt, der mit besonders vielen Scharlachseris reagierte (el. hierzu auch HEcHT, LATEINER & WILENKO, SCHLEISSNER u. a.). Auf die Möglichkeit von Komplikationen bei der WASSERMANNschen Spyphilisreaktion durch das gleichzeitige Vorhandensein bakterieller Antigene in den Extrakten ist in jüngster Zeit auch von NEDRIGAILOFF & KOLOBAEFF u. a. hingewiesen worden **). Für die Bewertung des Antikörpernachweises, ins- besondere zur Diagnose von Infektionen gelten im allgemeinen die gleichen Gesichtspunkte, wie für die anderen Antikörperreaktionen (vgl. Agglutination und Bakteriolyse). Für den Antikörpernachweis kommt natürlich auch hier an erster Stelle das Blutserum in Betracht, aber auch in anderen Körperflüssigkeiten sind komple- mentbindende Antikörper nachgewiesen worden, so von CITRoN in der Pleura- flüssigkeit bei Tuberkulose (vgl. hierzu auch SLATINEANU & DANIELOPOLU), in der Lumbalflüssigkeit bei Meningitis (vgl. hierzu WASSERMANN & BRUcK, KoLLE & WASSERMANN, ÜITRON, KRUMBEIN & SCHATILOFF, KRUMBEIN & DIEHL, COHEN, KUTSCHER, BLUMENFELD, SCHÜRMANN, BRUYNOGHE und andere), im Stauungsödem bei der Typhus- und Cholerainfektion von SHIMO- DAIRA. Auf die verschiedenen Formen des Antikörpernachweises bei den einzelnen Bakterienarten und die Heranziehung der Komplementbindung zur klinischen Sero- diagnostik kann hier nicht im einzelnen eingegangen werden ; es sei aber ausdrück- lich auf die speziellen die einzelnen Infektionskrankheiten behandelnden Kapitel dieses Handbuches verwiesen. Für die klinische Serodiagnostik ist die Komplement- bindung mit Bacillenemulsionen bereits von BORDET & GENGOU, WIDAL & LESOURD beim Typhus benutzt worden. Bacillenextrakte wurden zu klinisch-diagnosti- schen Zwecken beim Menschen (cf. auch LEUCHS & SCHÖNE, POSNER, ZUPNIK & SpÄT, ALTMANN, KENTZLER & KırÄLYFI, NEUFELD & HüÜne u. a.) zuerst von HIRSCHFELD beim Typhus mit Erfolg verwendet, und zahlreiche weitere Erfahrungen mit dieser Methode bestätigten die sich bereits aus den Unter- suchungen des WASSERMANNschen Laboratoriums ergebende Verwendbarkeit. Ebenso wie bei Typhus, sind auch bei zahlreichen anderen Infektionskrank- heiten komplementbindende Antikörper nachgewiesen worden, so bei Meningitis zuerst von COHEN und SCHÜRMANN, bei Gonokokkenerkrankungen zuerst von MÜLLER & OPPENHEIM, BRUCK, bei Cholera von TUSCHINSKY ete. *) In dem hier diskutierten Sinne kann übrigens die Vermeidung von alko- holischen Extrakten, die ja im allgemeinen eine größere Tendenz besitzen, zu dem der WASSERMANNschen Reaktion zugrunde liegenden Phänomen zu führen, von Vorteil sein; vgl. hierzu die Ausführungen von BRAUER, HEnıus, HAHN u. a. für die Serodiagnostik der Echinococcusinfektion. **), Von diesem Gesichtspunkte aus würde sich für die Serodiagnostik der Syphilis theoretisch ein Vorteil der alkoholischen Extrakte vor den wässerigen ergeben, wenn auch nach den Angaben von LEvVADITI & MUTERMILCH ein ge- wisser Wassergehalt des alkoholischen Extraktes die Wirkung bakterieller Antigene nicht ausschließt (efr. hierzu PRAUSNITZ). Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 107 Eine besonders umfangreiche Literatur haben die Komplementbindungs- studien bei Tuberkulose gezeitigt. Der Antikörpernachweis ist hierbei bereits durch BORDET & GENGOU geführt worden, und die Studien über Komplement- bindung bei Tuberkulose haben dann insbesondere durch die Arbeiten WASSER- MANNS & BRUCKS Anregung und Vertiefung erfahren. Vgl. hierzu die Kapitel über Tuberkulose, Tuberkulin und Tuberkuloseimmunität im 5. Bande dieses Handbuches. Trotz der prinzipiellen Eignung der Komplementbindungsmethode zum Anti- körpernachweis hat das Verfahren bisher schon wegen der komplizierten Technik relativ wenig Eingang in die serodiagnostische Praxis gefunden. Immerhin em- pfiehlt es sich, auch diese Methode, besonders in schwierigen und unklaren Fällen, für die Diagnose heranzuziehen, zumal ein absoluter Parallelismus zwischen komplementbindenden und agglutinierenden Antikörpern durchaus nicht immer besteht und die Komplementbindung zuweilen früher positiv ausfallen kann als die Agglutination (cf. hierzu Angaben von HIRSCHFELD, POSNER, ZUPNIK & STÄT, RASKIN u. a.), wie es auch Erfahrungen bei experimenteller Immunisierung (efr. ALTMANN und andere) zeigen. Zu großer praktischer Bedeutung ist die Komplementbindung für die Ermittelung der Rotzkrankheit gelangt, bei welcher sie durch die Untersuchungen von SCHÜTZ & SCHUBERT in die serodiagnostische Praxis mit großem Erfolg eingeführt wurde. Nach BORDET & GENGoU eignet sich die Heranziehung der Komplementbindungsmethode auch vorzüglich zur Diagnose zweifelhafter Keuchhustenfälle (vgl. auch SEIFFERT, MEIER und andere). Von weiteren hervorragenden Anwendungsgebieten der Komplementbindung seien nur die Serodiagnostik der Syphilis, sowie der Wurmkrank- heiten und der Echinococcusinfektionen genannt, unter ausdrück- lichem Hinweis auf die diese Gegenstände behandelnden Kapitel dieses Handbuches. (Ueber Serodiagnostik der Trichinosis vgl. STRÖBEL.) Ebenso muß in bezug auf die Verwendbarkeit der Komplementbindung zur Diagnostik der Trypano- somen- und Spirillenkrankheiten, sowie zur Identifizierung ihrer Erreger auf die Spezialabschnitte dieses Handbuches verwiesen werden (vgl. auch Lepra, Malaria, Lyssa, Variola etc.) *). Für die Praxis der Serodiagnostik ist es gleichgültig, ob man der ursprünglichen Auffassung der die Komplementbindung ver- mittelnden Antikörper als Ambozeptoren folgt oder mit NEUFELD & HAENDEL die komplementbindenden Antikörper von den Ambozeptoren als „Borprrsche Antikörper“ differenziert. Wenn auch NEUFELD und seine Mitarbeiter (vgl. auch MorEscHT.u. a.) über mangelnden Parallelismus zwischen bakteriolytischem Titer und komplementbinden- dem Vermögen berichten, während oft auch weitgehende Ueberein- stimmung zwischen beiden Funktionen von WASSERMANN & LEUCHS u. a. festgestellt werden konnte, so ist jedenfalls zu berücksichtigen, daß es sich bei der Auffindung von Antikörpern zu diagnostischen Zwecken ja lediglich um den Nachweis handelt, daß überhaupt eine Infektion mit dem betreffenden Erreger stattgefunden hat, ohne dab es a priori von Belang ist, ob die gebildeten Antikörper Schutz- oder Heilstoffe sind oder nicht. Von praktischer Bedeutung kann die Frage daher nur dann sein, wenn es sich darum handelt, die Komplement- bindung zur Wertbemessung der Sera zu benutzen. Aber auch hierbei kann die Komplementbindung in Ermangelung oder in Ergänzung anderer Methoden ein Urteil über den Grad des Immunisierungseffektes gestatten, zumal die Kurven verschiedener Antikörpertypen vielfach, wenn auch nicht immer, parallel verlaufen. Tatsächlich ist die Komplementbindung auch zum Zwecke der Wertbe- stimmung von KOLLE & WASSERMÄNN, und zwar zur Wertbemessung des Me- ,*) Ueber den Nachweis von Antikörpernin antitoxischen Immun- seris mittels Komplementbindung vgl. NICOLLE, ARMAND-DELILLE (siehe je- doch SCHÜRMANN & SONNTAG). 108 H. Sıcns und H. Rırz, ningokokkenserums herangezogen und als praktisch verwertbar (vgl. auch Krum- BEIN & SCHATILOFF, KRUMBEIN & DIEHL, ONAKA und andere) erkannt worden. Jedoch werden von anderer Seite (NEUFELD, KRAUS & BAECHER, BAECHER & HACHLA, COLOMEBO u. a.) Einwände erhoben. Das Gebiet findet im 2. („Wert- bemessung der Schutz- und Heilsera“), sowie im 4. („übertragbare Genickstarre“) Bande dieses Handbuches besondere Berücksichtigung. Literatur zu C*), I. Zusammenfassende Darstellungen. ARMAND-DELILLE, P. F., Anticorps, antigenes et deviation du complement. L’euvre medico-chirurgical, 1909, Nr. 55. Paris, Masson & Co. — Techniques du diagnostic par la methode de deviation du complement. Paris, Masson & Co., 1911. BORDET, J., La fixation de l’alexine et sa signification pour l’immunite. Zeit- schrift f. Immunitätsf., II. Teil, Ref., Bd. $ 2,1903 CITRoN, J., Die Technik der Bordet-Gengouschen Komplementbindungsmethode in ihrer Verwertung zur Diagnostik der Infektionskrankheiten etc. KRAUS- Levaprrıs Handb. d. Techn. u. Methodik d. Immunitätsf., Bd. 2, Jena 1909. (Vgl. auch Artikel „Komplementbindung“ in Eulenburgs Realenzyklopädie der gesamten Heilkunde, 4. Aufl.) — Die Methoden der Immunodiagnostik und Immunotherapie und ihre prak- tische Verwertung, 2. Aufl., Leipzig 1912. LANDSTEINER, K., Hämagglutination und Hämolyse. OPPENHEIMERs Handb. d. Biochemie, Bd. 2, 1909. MaDpseEn, TH., Allgemeines über bakterielle Antigene—Toxine. Handb. d. Technik u. Methodik d. Immunitätsf., Bd. 1, Jena 1908. MEIER, G., Die Komplementbindung mit besonderer Berücksichtigung ihrer praktischen Anwendung. Jahresber. d. Immunitätsf., Bd. 4, 1908 und Bd. 5, 1909. Stuttgart 1909 und 1910. MORGENROTH, J., Methodik der Hämolysinuntersuchung. In P. Ehrlichs ges. Arb. zur Immunitätsf. Berlin 1904. MÜLLER, P. TH., Vorlesungen über Infektion und Immunität, 4. Aufl., Jena 1912. SacHs, H., Die Hämolysine und die cytotoxischen Sera. Lubarsch-Ostertags Ergebn. d. pathol. Anatomie, 11. Jahrg. Wiesbaden, Bergmann, 1907. — Hämolysine und Cytotoxine des Blutserums.. Kraus-LevapırTıs Handb. d. Technik u. Methodik d. Immunitätsf., Bd. 2. Jena 1909. SACHS, H., & ALTMANN, K., Komplementbindung. Dieses Handb., 2. Erg.-Bd. zur 1. Aufl. Jena 1909. UHLENHUTH, P., & WEIDAanz, O., Praktische Anleitung zur Ausführung des biologischen Eiweiß-Differenzierungsverfahrens.. Jena 1909. Vgl. auch Handb. d. Techn. u. Methodik d. Immunitätsf., Bd. 2, Jena 1909. v. WASSERMANN, A. (J. LEucHs & M. WAsSERMANN), Hämolysine, Cytotoxine und Präzipitine. Leipzig, Barth, 1910. Weır, E., Die Komplementbindung und ihre praktische Verwertbarkeit. Folia hämatologica, 4. Jahrg., 1907. Außerdem sei auf die in der Literatur zu A. und B. genannten mono- graphischen Bearbeitungen von DIEUDONNE, FRIEDEMANN, KOLLE & HETSCH, KRUSE, LÜDKE, MucH, MÜLLER, SOBERNHEIM verwiesen. II. Originalarbeiten. ABRAMOW, S., Ueber den Einfluß der Reaktion auf die Komplementbindungs- phänomene und die sie vermittelnden Komponenten. Zeitschr. f. Immuni- tätsf., Bd. 8, 145, 1910. ALTMANN, K., Komplementbindung und Agglutination bei der Paratyphus-, Typhus- und Coligruppe. Centralbl. f. Bakt., Bd. 54, 174, 1910. ALTMANN, K., & BLüHnDorN, K., Komplementbindung bei Staphylokokken und Sareinen. Centralbl. f. Bakt., Bd. 57, 87, 1910. ALTMANN, K., & RAUTH, A.. Experimentelle Studien über Erzeugung sero- logisch nachweisbarer Variationen beim Bacterium coli. Zeitschr. f. Im- munitätsf., Bd. 7, 629, 1910. *) Vgl. auch das Literaturverzeichnis zum Kapitel „Hämolysine des Blut- serums“ im 2. Bande dieses Handbuches. Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 109 ALTMANN, K. & SCHULTZ, J. H., Verwendung von Bakterien-Antiforminextrakten als Antigene bei der Komplementbindung. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 3, 98, 1909. Amaxo, T., Experimentelle Beiträge zur Biologie der Dysenteriebacillen. Zeit- schrift f. Immunitätsf., Bd. 5, 610, 1910. AMARXo, T., & KosIma, K., Weitere Studien über verschiedene Typen von Dys- enteriebacillen und ihre Differenzierung durch die Komplementibindungs- methode. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 3, 467, 1909. — — Komplementbindung bei Cholera und der Wert der Komplementbindungs- methode mit den Faeces für die rasche serologische Choleradiagnose. Zeitschr. f. Chemotherapie, Bd. 1, H. 1, 1912. AMIRADZIBI, S., Zur Frage der Serumdiagnose des Bacterium coli usw. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 6, 338, 1910. AMIRADZIBI, S., & BÄCHER, St., Ueber quantitative Verhältnisse bei den bio- logischen Reaktionen und Aviditätsdifferenzen. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 6, 311, 1910. Aok1ı, K., Ueber die Beziehungen zwischen Komplementbindung und hämolyse- hemmender Wirkung von Serum normaler und infizierter Tiere. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 13, 192, 1912. ARMAND-DELILLE, P. F., Deviation du compl&ement par les serums antitoxiques en presence des toxines correspondantes.. Compt. rend. soc. Biol., T. 65, 417, 1908. 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Ebenda, 1907, Nr. 26. B — Zur Frage der Spezifität der Organantigene. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 65, 1908. — Zur Frage der Differenzierung einzelner Hefearten auf dem Wege der Kom- plementbindung. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 8, 611, 1911. ScHuLTz, J. H., Ueber das Vorkommen von „Antituberkulin“ im menschlichen Blutserum. Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 9, 709, 1911. Schulz & Marx, Untersuchungen über das Verfahren von M. Neisser und H. Sachs zur forensischen Unterscheidung von Menschen- und Tierblut. Klin. Jahrbuch, Bd. 19, 1908. SEIFFERT, G., Ueber den Bordetschen Keuchhustenbaeillus. Münch. med. Woch., 1909, Nr. 3. — Ueber die Verwendbarkeit der Komplementbindungsreaktion zum Nachweis von Pferdefleisch in Würstchen. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 71, 547, 1912. SELIGMANN, E., & KLopstock, F., Versuche zur Deutung der pneumonischen Krisis. Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 4, 103, 1909. SHIMODAIRA, Y., Experimentelle Beiträge zur Wirkungsweise der Bierschen Stauungstherapie. 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Zu Seite 7: BEHAM, L. M., Die agglutinatorischen Eigenschaften der Kapselbacillen und die Anwendung der Serumagglutination bei den Trägern von Kapselbaeillen. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 66, S. 110, 1912. 120 H. SacHs und H. Kırz, Angaben über Agglutination kapselfreier Kapselbaecillen und Gewinnung ge- eigneter kapselfreier Stämme ohne Einwirkung von Chemikalien oder un- günstigen Kulturbedingungen. Für die Agglutinabilität ist es gleichgültig, ob die Agglutinine durch kapselhaltige oder kapselfreie Baeillen erzeugt sind. Be- richt über serodiagnostische Verwendbarkeit. Literaturangaben. Zu Seite 13: Costa, S., L’agglutination sur lame. Serodiagnostic elinique. Determination du m6ningocoque par l’agglutination sur lame. Compt. rend. Soc. Biol., T. 72, p. 427 u. 429, 1912. Empfehlung der Agglutination auf dem Objektträger zur Serodiagnostik bei geringen Serummengen, wie auch zur Identifizierung von Bakterien. Zu Seite 13 (Anmerkung): MATTEs, W., Agglutinationserscheinungen bei den Trypanosomen der Schlaf- krankheit, Nagana, Dourine, Beschälseuche und des Kongoküstenfiebers usw. Centralbl. f. Bakt., Bd. 65, S. 538, 1912. Angaben über makroskopische Agglutination der Trypanosomen. Zu Seite 15: DE RAADT, O. L. E., Die bakteriologische Choleradiagnose mittels eines kulturell- biologischen Verfahrens. Centralbl. f. Bakt., Bd. 65, S. 410, 1912. Abimpfung von einer verdächtigen Kolonie oder einer Peptonwasserkultur in Peptonwasserröhrchen unter Zusatz agglutinierenden Serums (mit entsprechen- den Kontrollen). Beurteilung makroskopisch nach 9 Stunden Wachstums. Zu Seite 15: Bezüglich der Beziehungen zwischen Agglutinabilität und Agglutininbin- dungsvermögen sei auf folgende Arbeiten verwiesen: v. EISLER, M., & So, Besteht ein Zusammenhang zwischen Agglutinabilität und Bindungsvermögen verschiedener Typhus- und Cholerastämme? Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 9, S. 136, 1911. MicHIELS, J., Ueber die Agglutinierbarkeit der Choleravibrionen in Beziehung zu ihrem Agglutininbindungsvermögen. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 65, S. 577, 1912. Zu Seite 18: Die Anwendung der Konglutination für die Serodiagnostik des Rotzes be- handeln die Arbeiten von: PFEILER & WEBER, Ueber den Wert der Bacillenkonglutinationsmethode für. BE Erkennung der Rotzkrankheit. Berl. tierärztl. Wochenschr., 1912, INT-EATE — — Vergleichende Untersuchungen der Sera von 100 Pferden mittels der Ag- glutination, Komplementablenkungs- und Konglutinationsmethode zur Er- kennung der Rotzkrankheit. Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere, Bd. 12, S. 397, 1912. Ueber die Verstärkung der Agglutination durch normäles Serum resp. dessen Globulinfraktion berichten die Arbeiten von: Dean, H. R., On the factors concerned in agglutination. Proc. of the royal soc., B, Vol. 84, p. 416, 1911. BAYER, G., Beitrag zur Frage nach der Bedeutung des Komplementes für das Agglutinationsphänomen. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 15, S. 220, 1912. Während BAYER, wie auch BÜRGERS & MEISNER, im Sinne BAıLs dem Komplement resp. seiner Mittelstückkomponente die wesentliche Rolle zuschreiben, handelt es sich nach DEAN um eine thermostabile Funktion des normalen Globulins. Zu Seite 18—25: . „Von weiteren Arbeiten zur Differenzierung der Bakterien mittels Agglu- tination seien genannt: B ET I EAU ET EEE LADE AN duch en Experim. spez. Diagnostik mittels Agglutination usw. 121 BAERTHLEIN, Ueber neuere bakteriologische Befunde bei Ruhrerkrankungen. Berl. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 16. — Weitere Untersuchungen über Mutationserscheinungen bei Bakterien. Deutsche med. Wochenschr., 1912, Nr. 31. — Untersuchungen über Bacterium coli mutabile. Centralbl. f. Bakt., Bd. 66, S. 21, 1912. VAN LOGHEM, J. J., & van LoGHEM-Pouw, J. C. W., Beitrag zur Differen- zierung der Proteusgruppe. Centralbl. f. Bakt., Bd. 66, S. 19, 1912. LÖWENTHAL, Serologische und bakteriologische Befunde bei Ruhruntersuchungen. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 72, S. 250, 1912. RımpAv, W., Die Unzuverlässigkeit der Agglutinationsreaktion bei der Diagnose der Paratyphus-B-Bacillen. Arch. f. Hyg., Bd. 76, S. 313, 1912. TEODORASKU, Untersuchungen über das agglutinatorische Verhalten von Para- typhus-B- und Pestifer-Stämmen. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 14, S. 639, 1912. WEBER & HAENDEL, Paratyphus und paratyphusähnliche Bakterien. Berl. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 47. Zu Seite 23: Zur Frage der Paragglutination vergleiche die Arbeit von: DITTHORN, F., & NEUMARK, E., Ueber Coliparagglutination. Centralbl. f. Bakt., Bd. 67, S. 544, 1913. Zu Seite 25: Weitere Arbeiten über Säureagglutination: BEINTKER, Ueber die Säureagglutination der Typhusbacillen. Klin. Jahrbuch, Bd. 26, S. 383, 1912. JAFFE, R., Säureagglutination und Normalagglutination der Typhus-Coli-Gruppe. Arch tr Hyg, Bd. 76,8. 1, 1912. KRUMWIEDE, CH., & PRATT, J., Die Säureagglutination sensibilisierter Bak- terien. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 16, S. 517, 1913. PoPPpE, Die Säureagglutination der Bakterien der Parätyphusgruppe. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 13, S. 185, 1912. SCHIDORSKY, H., & REINER, W., Die praktische Verwertung der Säureagglu- tination. Deutsche med. Wochenschr., 1912, Nr. 24. STEPANOFF-GRIGORIEFF, J. J., Die Säureagglutination nach L. Michaelis bei der Pest des Menschen. 2. Tagung der Bakteriologen und Epidemiologen, Moskau 1912; Ref. Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 56, S. 388, 1912 und in Zeitschr. f. Immunitätsf., Ref., 1912, S. 435. Zu Seite 29: Zur Frage der Mitagglutination bei der Serodiagnostik vergleiche: REHBERG, Die Bedeutung der Agglutination für die Differentialdiagnose der typhösen Erkrankungen. Klin. Jahrb., Bd. 26, S. 417, 1912. Zu Seite 30: Ueber den Einfluß des Salvarsans auf den Agglutiningehalt vergleiche die Arbeiten: FRIEDBERGER, E., & MAsuDA, N., Ueber den Einfluß des Salvarsans auf die Intensität der Antikörperbildung. Therap. Monatshefte, 1911, S. 288. BOEHNCKE, K. E., Die Beeinflussung der Intensität der Immunkörperbildung durch das Salvarsan. Zeitschr. f. Chemother., Bd. 1, 1912. NiIcoLas, J., COURMONT, P., & CHARLET, Developpement des agglutinines tuber- culeuses chez les syphilitiques par les injections de Salvarsan. Compt. rend. Soc. Biol., T. 72, Nr. 28, 1912. NiIcoLas, J., COURMONT, P., & GATE, Production experimentale des agglutinines chez les animaux par les injections de Salvarsan. Ebenda, 1912. Zu Seite 51: Verwiesen sei auf die inzwischen erschienenen Untersuchungen über Bak- teriolyse von Tuberkelbacillen und anderen säurefesten Bakterien: 122 H. Sacus und H. Rırz, Experim. spez. Diagnostik usw. Kraus, R., & HOFER, G., Ueber Auflösung von Tuberkelbacillen im Peritoneum gesunder und tuberkulöser Meerschweinchen. Deutsche med. Wochenschr., 1912, Nr. 26; vgl. auch Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 54, Beiheft, S. 191, 1912. — — Ueber Auflösung der Tuberkelbacillen und anderer säurefester Bakterien im Organismus eine biologische Methode zur Differenzierung säurefester Bakterien). 2. Mitteilung. Wien. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 29. Kraus, R.,, HOFER, G., & IsHiwaArA, Ueber Differenzierung von Leprabacillen mittels Bakteriolyse. (Zur Frage der Bakteriolyse säurefester Bakterien.) 3. Mitteilung. Wien. klin. Wochenschr., 1913, Nr. 9. TE Experimentelle Diagnostik mittels physikalischer bzw. physikalisch-chemischer Methoden. Von Prof. Dr. U. Friedemann in Berlin. Mit 1 Figur im Text. Einleitung. Alle serodiagnostischen Methoden beruhen auf der spezifischen Reaktion zwischen dem Antikörper und seinem Antigen. Als Indi- kator für den Eintritt einer solchen Reaktion kann der Tierkörpeı dienen, wie dies bei den antitoxischen und anaphylaktischen Pro- zessen der Fall ist, oder irgendeine sichtbare Veränderung, die bei dem Zusammentreffen von Antikörper und Antigen im Reagenz- glas eintritt. Derartige augenfällige Erscheinungen sind die Cytolyse, die Agglutination, die Präzipitation, die spezifische Phagocytose- beförderung. Natürlich kann aber auch eine Reaktion zwischen dem Antikörper und dem Antigen eintreten, ohne dab sie von einem ohne weiteres sichtbaren Phänomen begleitet’ wird. Es war deshalb ein großer Fortschritt, als Borper & Gencou in der spezifischen Kom- plementbindung einen Vorgang entdeckten, der in viel allgemeinerer Weise den Eintritt einer Reaktion zwischen Antikörper und Antigen anzeigt und damit die diagnostische Anwendbarkeit der serologischen Methoden ganz außerordentlich erweiterte. In neuerer Zeit sind nun von verschiedenen Seiten Versuche unternommen worden, auch die Methoden der physikalischen Chemie der Serodiagnostik dienstbar zu machen. Der Vorteil dieser Metho- den besteht darin, daß sie den Ausfall der Reaktion von der besonderen Form des Antigens ganz unabhängig machen und deshalb prinzipiell Anwendung auf sämtliche Antikörper-Antigenreaktionen fähig sind. Da zwischen Antikörper und Antigen zweifellos chemische oder physikalisch-chemische Prozesse stattfinden, so müssen dadurch Ver- schiebungen im molekularen Zustand der Reaktionslösungen zustande kommen und diese wiederum können ihren Ausdruck in Verände rungen der physikalisch-chemischen Konstanten der Reaktionsgemische finden, — vorausgesetzt, daß wir über genügend feine Methoden verfügen, um diese offenbar äußerst geringen Ausschläge nachzu- weisen. 124 U. FRIEDEMANN, Der erste, der physikalisch-chemische Methoden zum Nachweis von Antikörper-Antigenreaktionen benutzte, war WEICHARDT, der im Jahre 1908 die Beobachtung machte, daß zwischen zwei Lösungen, die Toxin und Antitoxin enthalten, Diffusionsströme auftreten. Dies Phänomen konnte auf folgende Weise anschaulich gemacht werden (Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 6, 1910, S. 645): An den Wagebalken wird links und rechts je ein kleines glockenförmiges Gefäß gehängt, worin sich Serumverdünnungen befinden, und zwar in dem einen verdünntes spezifisches, in dem anderen ebenso verdünntes Normalserum. Die Glöckchen ragen in Zylinder mit antigenhaltiger, durch reichlichen Koch- salzzusatz spezifisch schwererer Flüssigkeit. Das Gegeneinanderströmen der be- treffenden Serum- und Antigenkochsalzlösungen findet statt durch die Poren einer bestimmten, äußerst gleichmäßigen SSCHLEICHER-SCHÜLLschen Filtrier- papiermembran, mit welcher beide Glöckchen unten Bo verschlossen sind. Bei einer stunden- bis tagelangen Beobachtungszeit stellt sich nun heraus, daß der Wagebalken auf derjenigen Seite sinkt, auf welcher sich das spezifische Serum im Glöckcehen befindet. Es diffundiert also die antigen- und kochsalz- haltige, spezifisch schwerere Außenflüssigkeit an dieser Seite in um ein Minimum größerer Menge in der Zeiteinheit in das Glöckchen. Hierdurch wächst aber auch das absolute Gewicht des Glöckchens resp. seines Inhaltes: die Wage zeigt das natürlich an. Die Ausschläge der Wage können durch Auflegen ent- sprechender Gewichte genau ausgeglichen, somit die Stärke der Reaktion zahlen- mäßig ausgedrückt werden. Es liest auf der Hand, daß diese Versuchsanordnung eine sehr subtile ist, da sie absolute Uebereinstimmung im osmotischen Druck der auf beiden Seiten befindlichen Lösungen zur Voraussetzung hat. WeıcHarpr hat denn auch einen neuen Apparat konstruiert, den er als Diffusiometer bezeichnet und dessen Anwendung aus folgen- der Schilderung hervorgeht (Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 6, 1910, S. 645): Zwei wagerecht stehende Schenkel sind durch ein Mittelstück mit dreh- barem Glashahn, der eine weite Bohrung hat, verbunden. Diese Bohrung müssen die in beiden streng wagerechten — mit einer Wasserwage genau justierten — Schenkeln befindlichen Flüssigkeiten passieren. In dem einen Schenkel ist die Lösung etwas alkalisch gehalten, in dem anderen schwach sauer, in beiden mit einem Indikator (Phenolphtalein) versetzt. Oeffnet der Experimentator den Hahn, so diffundieren natürlich all- mählich die Flüssigkeiten gegeneinander. Es tritt auf der einen Seite nach und nach Entfärbung ein. Die Zeiteinheit, in der dies geschieht, ist nun Kontroll- versuchen gegenüber eine andere, wenn diffusionsbeschleunigende Anordnungen, z. B. Einbringen von spezifischem Antigen gegen antikörperhaltige Flüssig- keiten in bestimmten hohen Verdünnungen getroffen werden. Mit einer im Prinzip ganz ähnlichen Versuchsanordnung konnten Kraus & Amıranpzipı diese Angaben WEICHARDTS bestätigen. Sie be- richten, daß eine mit Methylenblau gefärbte Toxinlösung in die ent- sprechende Antitoxinlösung schneller hineindiffundierte als in nor- males Pferdeserum. Auch mit Bakterien und agglutinierendem Serum hatten sie ähnliche Resultate. Genauere Angaben über diese Versuche fehlen allerdings. WEIcHArRDT hat dann selbst diese Versuchsanordnung als nicht empfindlich genug aufgegeben und gelangte nach verschiedenen Ver- suchen, die hier übergangen seien, zu einer neuen Methode, die zwar aus den älteren Versuchen historisch hervorgegangen war, aber auf einem ganz andern Prinzip beruht. Wie allgemein angenommen wird — ob mit Recht oder Unrecht — ist die Zahl der an den Immunitätsreaktionen. beteiligten Mole- küle im Verhältnis zu den sonst im Serum vorhandenen Bestandteilen Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 125 eine äußerst geringe, so daß chemisch greifbare Unterschiede zwischen Normal- und Immunserum nicht aufzufinden sind. Es ist deshalb vorauszusetzen, daß auch die Reaktionen, die sich zwischen den spezi- fischen Substanzen vollziehen, nur einen sehr geringen Einfluß auf die physikalisch-chemischen Konstanten der Reaktionsgemische haben werden. Einen empfindlicheren Indikator suchte nun WEICHARDT zu schaffen, indem er in die reagierenden Flüssigkeiten ein in Ober- flächenentwicklung begriffenes System einführte. In solchen mikro- heterogenen Systemen, wie sie in kolloidalen Lösungen und äußerst fein verteilten Niederschlägen gegeben sind, spielen sich alle Vor- gänge nur an der Oberfläche der Mikronen ab und es ist deshalb möglich, mit sehr kleinen Stoffmengen große Wirkungen zu erzielen. Ein solches System erzeugte WEICHARDT durch Mischen von Baryumhydroxyd und Schwefelsäure. Es entsteht dabei Baryumsulfat und dieses hat in fein verteiltem Zustand die Fähigkeit, Säure, wenn auch in sehr geringer Menge, zu adsorbieren. Durch die Gegenwart anderer Kolloide in der Lösung, besonders solcher eiweißartiger Natur, soll nun die Oberflächenentwicklung des Baryumsulfats und damit auch sein Adsorptionsvermögen für Säure geändert werden. Ganz besonders soll aber die Antikörper-Antigenverbindung auf die Größe der entstehenden Baryumsulfatoberfläche von Einfluß sein und die dadurch bedingten Aenderungen in der adsorbierten Säuremenge sollen durch eine Verschiebung des mit Phenolphthalein bestimmten Neutrali- sationspunktes zwischen Baryumhydroxyd und Schwefelsäure die Gegenwart einer Antikörper-Antigenverbindung anzeigen. Diese in ihrer Methodik vielfach abgeänderte Reaktion bezeichnet WEICHARDT als Epiphaninreaktion (von ertgavsia —= Oberfläche). Auf anderem Wege suchte AscoLı zum Ziel zu gelangen. Be- kanntlich ist die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten eine Eigen- schaft, die ebenfalls schon durch die geringsten Substanzmengen in sehr merklicher Weise beeinflußt wird. Aus diesem Grunde hatte schon J. TrAuBE in einer Reihe von Arbeiten auf die Bedeutung der Messung von Oberflächenspannungskonstanten für biologische Fragen hingewiesen. Dieser Anregung folgend, hat nun AscoLı gemeinsam mit Izar untersucht, ob sich beim Zusammentreffen von Antikörper und Antigen meßbare und spezifische Veränderungen der Oberflächen- spannung beobachten lassen. Er ist dabei zu positiven Resultaten ge- kommen und bezeichnet seine Methode als Meiostagminreaktion. Von WEICHARDT und seinem Mitarbeiter Schrön ist der selb- ständige Charakter der Meiostagminreaktion in Zweifel gezogen worden. Diese Autoren meinen, daß sie nur eine Modifikation der älteren WeIcHArRDTschen Versuche sei, da ja der von WEICHARDT gemessene osmotische Druck und die Oberflächenspannung in einem bestimmten Verhältnis stünden und es daher im Prinzip gleichgültig sei, mit welcher Methode man die Veränderung messe. Dieser Ein- wand ist nicht berechtigt. Wie schon Trauge hervorgehoben hat, ist von einer so einfachen Beziehung zwischen osmotischem Druck und Oberflächenspannung gar keine Rede. Die Methode Ascorıs hat daher weder zu den älteren Versuchen WEIcHArpTs noch zu der Epiphaninreaktion, die sich ja mit kolloidalen Adsorptionsvorgängen beschäftigt, nähere Beziehung und muß als eine durchaus selbständige betrachtet werden. 126 U. FRIEDEMANN, In den letzten Jahren haben dann ABDERHALDEN und seine Mit- arbeiter die „optische Methode“ auf Fragen der Immunitätslehre und Serodiagnostik angewandt. Die Methode basiert auf der An- schauung, daß bei der Vorbehandlung mit Eiweiß peptolytische Fer- mente im Blut auftreten, die genuines Eiweiß, aber auch Pepton spalten. Da die Eiweißkörper und die Peptone optisch aktive Sub- stanzen sind, so muß sich bei diesen fermentativen Vorgängen die optische Drehung des Reaktionsgemisches ändern und dadurch die im Serum aufgetretenen Fermente anzeigen. Von anderen physikalisch-chemischen Methoden ist bisher nur in sehr geringem Maße in der Immunitätslehre und speziell in der Serodiagnostik Gebrauch gemacht worden. Es liegen nur ganz ver- einzelte Angaben von OBERMAYER & Pıck über die refraktometrische Methode und von Izar über Viskositätsbestimmungen vor. Im folgenden sollen nun diese Methoden im einzelnen beschrieben und ihre Bedeutung für die Serodiagnostik gewürdigt werden. I. Die Epiphaninreaktion. Die Technik der Epiphaninreaktion ist von WEICHARDT und seinen Mitarbeitern im Laufe der Zeit vielfach verändert worden, und es sei daher zunächst das all diesen verschiedenen Versuchsanord- nungen gemeinsame Prinzip erörtert. 1 cem Normalschwefelsäure wird mit etwa 3 ccm einer ge- sättigten Barytwasserlösung versetzt, der kurz vorher auf je 9 Teile 1 Teil 1-proz. Strontiumchloridlösung zugesetzt wird. Das Strontium- chlorid soll dabei als Katalysator wirken. Schließlich kommt dazu 0,1 ccm einer 1-proz. alkoholischen Phenolphthaleinlösung. Es tritt dabei, je nach der Einstellung der beiden Lösungen aufeinander, entweder Entfärbung ein oder es bleibt die rote Farbe bestehen. Durch Hinzufügen einer stark verdünnten Normalsäure oder -Lauge kann man nun den Umschlagspunkt ganz genau treffen. Zu dieser Titration wurden zunächst 1/,oo-Normallösungen verwandt. Die Menge der Säure bzw. Lauge, die zur Erreichung des Neutral- punktes gebraucht wird, ändert sich nun, wenn sich in der Lösung Eiweißkörper oder Salze befinden, und zwar in beiden Fällen im entgegengesetzten Sinne. Das Eiweiß bewirkt nach WEICHARDTS An- sicht, dab die Oberfläche des neu gebildeten schwefelsauren Baryts mehr Säure absorbieren kann. Gegen diese Auffassung ist theoretisch nichts einzuwenden, da das Eiweiß als Schutzkolloid eine sehr feine Verteilung des entstehenden Niederschlages und damit eine Ver- größerung der Oberfläche bewirken kann. Eine Folge dieser Vor- gänge ist, daß das Eiweiß enthaltende Reaktionsgemisch ein Minimum freier Säure weniger enthält als die Kontrolle und dies muß bei der nachträglichen Titration zum ‘Ausdruck kommen. Umgekehrt bewirkt Kochsalz eine verminderte Säureadsorption. Auch das wäre theoretisch verständlich, da ja Salze eine Agglutination des entstehenden feinen Niederschlages und dadurch eine Verringerung der Oberfläche bewirken. Quantitativ überwiegend ist nach WEıIcHArpT die Kolloidwirkung des Eiweißes, so daß in stark verdünnten Eiweißkochsalzlösungen der Einfluß des Kochsalzes zurücktritt. Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 127 Auch in solchen starken Verdünnungen der eiweißartigen Kol- loide tritt aber eine Verschiebung des Neutralpunktes ein, wenn im Reaktionsgemisch ein spezifisches Antiserum und sein dazugehöriges Antigen zugegen sind. Die Antikörper-Antigenreaktion wirkt auf das Baryumsulfat im Sinne einer verminderten Säureadsorption. So schematisch darf nun allerdings bei der praktischen Aus- führung der Methode nicht verfahren werden. WEICHARDT fand näm- lich, daß es von großem Einfluß auf das Resultat ist, ob Antikörper und Antigen vor, nach oder gleichzeitig mit der Entstehung des Baryumsulfatniederschlages aufeinander einwirken. Ein deutlicher Ausschlag wurde nur im letzteren Fall erhalten *). Aus diesen Ueberlegungen gelangte WEIcCHARDT schließlich zu der folgenden Versuchsanordnung, wie sie in der Arbeit von STÖTTER (Zeitschr. £. Immunitätsf., Bd. 11, 751) wiedergegeben ist: Viergläser-Versuch. In vier Bechergläser von Jenenser Glas wird mit dem 1-6em-Meßröhrchen gebracht: In die zwei ersten Antigen (gewöhnlich 10°). in die beiden anderen das gleiche Volumen Wasser, hierauf in das erste und dritte Glas je 0,1 cem des verdünnten Serums (10* bis 10°), zuletzt in zwei und vier das gleiche Volumen (0,1 ccm) Wasser. Nachdem die Einzel- flüssigkeiten durch Schwenken gemischt sind, überläßt man sie 10 Minuten lang der gegenseitigen Einwirkung. Es ist also enthalten: In Becherglas I 1 ccm des 100-fach verdünnten Antigens und 0,1 ccm des verdünnten Serums, in Becherglas II 1 ccm des 100-fach verdünnten Anti- gens und 0,1 ccm Wasser, in Becherglas III 0,1 ccm des verdünnten Serums und l cem Wasser, in Becherglas IV 1,1 ccm Wasser. Nun kommen in jedes der 4 Bechergläser 3 cem gesättigte Barytlösung, 0,1 ccm 1-proz. Phenolphtalein- alkohol, dem 1 Proz. einer 10-proz. Strontiumchloridlösung zugemischt ist, und 3 cem verdünnte, auf die Barytlösung genau eingestellte Schwefelsäure. I | II | III | | IV | | H,SO, | H,SO, H,SO, | H,SO, Phenolpht. Phenolpht. Phenolpht. | Phenolpht. mit SrCl, | mit SrCl, mit SrCl, | mit SrCl, Ba(OH), | Ba(OH), Ba(OH), Ba(OH), Antiserum Wasser Antiserum Wasser Antigen | Antigen Wasser Wasser I und IV, II und III werden am Schluß des Versuches vereinigt, so daß dann in diesen zwei Zylindern quantitativ und qualitativ die gleichen Sub- stanzen vorhanden sind. Nach den neuesten Angaben sollen die Barytlösung und die Schwefelsäure aufeinander so eingestellt sein, daß nach der Ver- mischung eine leichte Rotfärbung bestehen bleibt. Bei positivem Ausfall der Reaktion soll Mischung I+IV gegenüber IT+IIl *) Dies war wenigstens WEICHARDTS ursprüngliche Ansicht. Bei dem gleich zu beschreibenden Viergläserversuch scheint er allerdings von der Vor- stellung auszugehen, daß eine positive Reaktion- nur zu erwarten, wenn Antigen und Antikörper vor der Bildung des Baryumsulfats aufeinander einwirken. 128 U. FRIEDEMANN, entfärbt sein. Durch Zugabe von n/jooo Normalschwefelsäure zu II -+- III läßt sich der Farbenunterschied ausgleichen und die Größe des Ausschlages quantitativ messen. Bei der Ausführung der Reaktion sind einige Kautelen streng zu beachten. Zunächst ist auf eine genaue Abmessung der Flüssig- keitsquanta, besonders der gesättigten Barytlösung und der darauf eingestellten Schwefelsäure auf das strengste zu achten. Da die gewöhnlichen Pipetten mit viel zu großen Abmeßfehlern arbeiten, so hat WEIcHArRDT eine besondere „Mikrapipette‘ konstruiert, deren Anwendung aus der folgenden Beschreibung hervorgeht: In dem Glaszylinder B (der übrigens nicht graduiert zu sein braucht) befindet sich der aus einem unten offenen Glasrohr bestehende Stempel A, der mittels der Gummidichtung J in dem Zylinder luft- dicht auf und ab bewegt werden kann. Der Gummistopfen E um- schließt die genau kalibrierte Ueberlaufpipette G@, deren Kapazität 0,1—3 ccm betragen kann. Zum Gebrauch verschließt man den Stempel A mit dem Finger, taucht das untere Ende der Ueberlaufs- N FuMLAUTENSOHLAGER BERLIN m A B J J DE G Fig. 1. Abbildung nach ScHhrön (Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 38). kanüle in die Flüssigkeit und saugt diese durch Herausziehen des Stempels an, bis sie bei D überläuft. Nunmehr wird durch lang- samen Druck auf den Stempel die Flüssigkeit aus der Ueberlauf- pipette in das Untersuchungsgefäß entleert. Sehr wichtig ist es, die Ueberlaufpipette durch mehrfaches Ansaugen und Ausspritzen von destilliertem Wasser nachzuspülen, da sonst grobe Versuchsfehler entstehen. An Stelle der Mikrapipette hat RosEnTHAL eine Spiral- pipette konstruiert, mit der ein bequemeres und noch exakteres Ar- beiten möglich sein soll (Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 13, 383). Es ist ferner nötig, nicht mit einer einzigen Antigen- bzw. Antikörperverdünnung zu arbeiten, sondern Reihenversuche anzu- - stellen. ScHrön arbeitet mit konstanter Serummenge (Verdünnung 10*—106) und abfallenden Antigenmengen (Verdünnung 10?—101?), STÖTTER und V. ANGERER & STÖTTER bevorzugen das umgekehrte Verfahren. Das Resultat wird kurvenmäßig aufgetragen, indem auf der Abszisse die Antigenmengen bzw. Antikörpermengen, auf der Ordinate die zur Erzielung des Farbenausgleichs nötigen Mengen der n/10o00 Normalschwefelsäure bezeichnet werden. Bei positivem Aus- fall erhält man eine nach oben konvexe Kurve, die bei einer mittleren Antigen- bzw. Antikörpermenge ein Maximum hat. Die Reaktion eignet sich zum Nachweis sämtlicher Antikörper- Antigenreaktionen. So ist sie von WeEICHARDT selbst auf die Re- aktion zwischen Toxin und Antitoxin, Kenotoxin und Antikenotoxin angewandt worden. ScHRöNn wies mit ihr Typhusbacillen im Wasser nach, SEIFFERT *) — mit einer allerdings abgeänderten Methodik — und *) Die Versuche SEIFFERTs können allerdings kaum als beweisend ange- sehen werden, da sie mit einer Methodik angestellt wurden, die nach WEICHARDTS eigenen Angaben nicht brauchbar ist (zu große Serummengen, Verwendung ge- Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 129 MEYER *) benutzten sie zur Luesdiagnose. ROSENTHAL wies damit Anti- körper gegen Tuberkelbacillen, Streptokokken, Staphylokokken, Gono- kokken nach. Auch Carcinomsera gaben eine Reaktion mit Carcinom- antigen, sowie mit Antigen aus Embryonalgewebe. STRÖBEL benutzte die Epiphaninreaktion zur Diagnose der Trichinose, WEICHARDT und Kümmer prüften damit die biologische Stellung des Uveaeiweißes. MosgBAcHEr schließlich gelang es mit der Epiphaninreaktion, aus dem Serum die Diagnose der Schwangerschaft zu stellen. Besonders auffallend ist die ganz enorme Empfindlichkeit der Epiphaninreaktion. ScHrön verteilte 2 Oesen Typhusbacillen auf 5 Liter Teichwasser und erhielt mit diesem Antigen noch in einer Verdünnung 1010 eine deutlich positive Reaktion. Wie KoRrFF-PETER- SEN und BrINKMann berechnet haben, entspricht dies einer Substanz- menge von „einhundertmillionstel Milligsramm“. Es liegt in den theoretischen Voraussetzungen der Epiphanin- reaktion begründet, daß die Ausschläge nur ganz minimale sein können, da die an den Baryumsulfatteilchen adsorbierten Säuremengen schon an sich sehr geringe sind. Noch geringfügiger sind natürlich die Schwankungen, die das Absorptionsvermögen durch die Anwesen- heit der Antikörper-Antigenverbindung erleiden könnte. Tatsächlich betragen denn auch die Ausschläge, die WEICHARDT als positiv be- trachtet, nur wenige Kubikzentimeter einer n/jooo Normalschwefel- säure. Es muß daher zunächst untersucht werden, ob denn diese geringen Ausschläge nicht in die Grenzen der unvermeidlichen Fehler fallen. Diese Frage ist von Kamman in Hamburg und von Korrr- PETERSEN & BRINKMANN in Frücszes Institut einer experimentellen Prüfung unterzogen worden, und beide Arbeiten gelangen zu einem völlig ablehnenden Standpunkt. Natürlich kann hier nicht die ganze Polemik, die sich großenteils auf technische Details bezieht, ausführ- lich wiedergegeben werden, und es sei deshalb bloß auf die wesent- lichsten Punkte hingewiesen. Der heikelste Punkt der ganzen Methode ist natürlich, daß zur Erzeugung des Baryumsulfats eine gesättigte Barytlösung und eine darauf eingestellte, ungefähr n/, Normalschwefelsäure benutzt, die spätere ausgleichende Titration aber mit n/jooo Normalsäure vor- genommen wird. Die minimalsten Fehler beim Abmessen der Baryt- lösung bzw. n/, Schwefelsäure müssen also sehr erhebliche Ausschläge bei Verwendung der verdünnten Normalsäure geben. Ein Ausschlag der Reaktion um etwa 5 ccm n/jo0o Normalsäure würde z. B. einem Fehler beim Abmessen der Barytlösung von 0,014 cem entsprechen. Es ist also gewissermaßen, als ob wir mit einer äußerst feinen chemischen Wage Gewichtsveränderungen einer Substanz verfolgen wollten und als Ausgangsgewicht einen Wert zugrunde legen würden, der mit einer ganz groben Wage gewonnen worden ist. Als Kamman, um diesen Fehlerquellen zu entgehen, schon das Baryumsulfat mit einer n/,oo Normalschwefelsäure herstellte und die gleiche Lösung zur Messung der Ausschläge bei der Epiphanin- wöhnlicher Ausflußpipetten). Es ist. ferner merkwürdig, daß in den SEIFFERT- schen Versuchen der Ausschlag nach der entgegengesetzten Seite geht wie bei der WEICHARDTschen Epiphaninreaktion. { *) MEYER hat inzwischen selbst seine früheren positiven Resultate für irrtümlich erklärt. (Berl. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 26.) Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. J 130 U. FRIEDEMANN, reaktion benutzte, erhielt er völlig negative Resultate. Allerdings ist hier der Einwand berechtigt, daß die Menge des entstehenden Baryumsulfatniederschlages und damit die neugebildete Oberfläche so gering war, daß eine mebßbare Säureadsorption überhaupt nicht mehr stattfand. Eine weitere Fehlerquelle ist natürlich in der CO, der Luft ge- geben, welche durch die gesättigte Barytlösung begierig aufge- nommen wird und durch den ausfallenden kohlensauren Baryt eine ganz erhebliche Verschiebung des Neutralitätspunktes verursachen kann. Die Größe der durch diese Faktoren bedingten Versuchsfehler kann nur durch blinde Versuche bestimmt werden, d. h. durch eine größere Reihe von Einzelbestimmungen, in denen man stets die gleichen Gemische, nämlich Barytwasser und Schwefelsäure ohne Antikörper und Antigen titriert. Ueber die Größe der hierbei auf- tretenden Abweichungen enthalten leider die älteren Arbeiten WEICHARDTS und seiner Schüler keine Angaben. Einer eingehenden Prüfung wurde hingegen diese Frage durch KorFF-PETERSEN & BRINKMANN unterzogen. Sie fanden zunächst ganz außerordentliche Abweichungen, die im Durchschnitt 5 cem, im Höchst- fall sogar 13 ccm n/jooo Schwefelsäure betrugen. Als Ursache dieser großen Versuchsfehler erwies sich die OO, der Luft. Es war nämlich bei diesen Versuchen zuerst die Barytlösung und dann die Schwefel- säure eingefüllt worden. Weit besser wurden die Resultate, als die Autoren nach einem Vorschlag WeEıIcHArpDTs die Reihenfolge um- kehrten. Die Abweichungen konnten dadurch auf ungefähr 3 ccm reduziert werden. Schließlich gelang es, die Fehlergrenze auf durch- schnittlich 1,2 ccm, höchstens 2,2 ccm herabzudrücken. Sehr be- deutungsvoll ist nun, dab mit fortschreitender Verbesserung der Technik in den Händen dieser Autoren auch die Ausschläge bei der Epiphaninreaktion immer geringer wurden. Niemals über- schritten sie die gleichzeitig bestimmten Fehler- grenzen. Diese Kritik veranlaßte ganz kürzlich v. ANGERER & H. STÖTTER zu einer Entgegnung, in der sie wiederum eine Aenderung der Methodik vornahmen und dafür folgende Versuchsanordnung an- gaben: „Zur Reaktion bringen wir in eine erste Reihe von Gläsern je 1 cem destilliertes Wasser und in die zweite Reihe je 1 ccm der. Antigenverdünnung 10 ?. (Die optimale Konzentration des Antigens muß vorher empirisch bestimmt werden.) Nun setzen wir zu dem einen Gläserpaar 1 resp. 1’ je 1 ccm der Serumverdünnung 10-12 und lassen diese Mischung 10 Minuten stehen. Nach Ablauf dieser Zeit wird ebenso die Serumverdünnung 10-1° in das Gläserpaar 2 resp. 2’ eingefüllt und nun für Glas 1 resp. 1’ die Reaktion durch Zusatz des zweiten Systems zu Ende geführt. Da dieser Zusatz ungefähr 10 Minuten in Anspruch nimmt, kann in Glas 2 resp. 2’ die Reaktion zwischen ‘Antigen und Antikörper ebenfalls 10 Minuten lang vor sich gehen. Nach Beendigung des Systemzusatzes zum ersten Gläserpaar wird in Glas 3 resp. 3’ je 1 ccm der Serum- verdünnung 1073 eingefüllt und für Glas 2 resp. 2’ die Reaktion bestimmt“ usw. u z Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 131 Die folgende Zeichnung zeigt die Aufstellung der Gläser: | 1 | 2 | 3 4 5 6 Ziao= | | io N 10 H,O | ERO321 7 H,O H,O an, 27E,0 | L 91 | 31 4! 5 6‘ | | 51 Ib El a0. le 10000 | | v10@e a Antigen | Antigen | Antıgen | ) Antigen | | Antigen | | Antigen Ist die Reaktion negativ, so verhält sich das Antigen nicht anders wie destilliertes Wasser. Die beiden Reihen müssen dann identische Resultate haben. Bei spezifischen Reaktionen gibt es hin- gegen in den Verdünnungen, die für die Reaktion am günstigsten sind, eine Verschiebung des Neutralitätspunktes. Der Versuchsfehler in blinden Versuchen darf bei dieser Ver- suchsanordnung höchstens 0,5 ccm n/jooo Normalschwefelsäure be- tragen. Da das Serum häufig an sich eine Verschiebung des Neutralitäts- punktes zur Folge hat, so ist die aus Reihe I erhaltene Kurve meist nicht eine horizontale, sondern eine geneigte Linie. Die positiven Ausschläge der Reaktion können daher nur aus einem Vergleich der Kurven I und II beurteilt werden. Die Autoren geben nun zur Illustration ihrer Methode eine Reihe von Kurven wieder, die sie mit spezifischem Serum und Antigen erhielten. Als Kontrolle reproduzieren sie aber nicht, wie es doch die Methode verlangt, die Kurven der entsprechenden Reihen I, sondern die Kurven von blinden Versuchen und andern Seren, die keine spe- zifische Beziehung zum Antigen haben. Es ist daher leider nicht möglich, sich aus der Publikation der Autoren ein Urteil über die Größe der wirklich erzielten Ausschläge zu bilden. Bei dieser Sachlage müssen erst Nachprüfungen ergeben, ob mit dieser neuesten Versuchsanordnung wirklich spezifische Ausschläge erhalten werden, welche die Fehlergrenzen überschreiten. Es ist natürlich für denjenigen, der sich nicht ganz eingehend selbst experimentell mit dieser Reaktion beschäftigt, schwer ein end- gültiges Urteil über ihre Brauchbarkeit abzugeben. Um so schwerer muß das Urteil des Urhebers der Reaktion, WEICHARDTS selbst, ins Gewicht fallen. Da ist es nun sehr wesentlich, daß WEICHARDT und seine Mitarbeiter im Lauf der Zeit eine Reihe von Verbesse- rungen der Methodik angegeben haben, die sie für ganz unerläßlich zur Erzielung brauchbarer Resultate erachten. Der erste Schritt war die Einführung der Mikrapipette, dann .die Vorschrift, diese nach der Einfüllung der Barytlauge nachzuspülen, — ein Umstand, dessen Nichtbeachtung nach Korrr-PETERSEN & BRINKMANN ganz: außerordentliche Fehler bedingt; als sehr wichtig erwies sich so- dann die Forderung, die Barytlösung nach der Schwefelsäure ein- zufüllen. Schließlich wäre die Aenderung der Versuchsanordnung durch v. ANGERER & STÖTTER zu nennen. Mit jeder dieser als not- wendig erachteten Aenderungen werden eigentlich alle vorher von WEICHARDT und seinen Mitarbeitern erhaltenen Resultate illusorisch. So schreiben v. ANGERER & STÖTTER: „So lange ein Experimentator O8: bi 132 U. FRIEDEMANN, größere Fehler (als 0,5 ccm Ref.) macht, sind seine Resultate durch- aus unbrauchbar.“ Weıcnarpr selbst aber hatte die zulässige Fehler- grenze vorher auf 2 ccm angegeben, die ja auch den Resultaten von KoRFF-PETERSEN & BRINKMANN vollkommen entspricht. Besonders skeptisch muß aber die Tatsache stimmen, dab Wer- CHARDT schon mit seiner alten und von ihm heute selbst sicherlich als viel zu ungenau erachteten Versuchsanordnung dieselben guten Resultate erhielt wie mit der von ihm als einwandfrei angegebenen Methodik. Das beweist doch, daß der Methode als solcher ein ge- wisser subjektiver Faktor anhaftet. Dieser scheint mir denn auch — abgesehen von den Fehlern, die durch Abmessung und Luft- kohlensäure entstehen, — in der Beurteilung des Titrationseffektes zu liegen. Bei einer Titration mit n/;ooo Normallösungen ist es sicherlich nicht ganz leicht, zwei Lösungen mit wenigen Kubikzentimetern auf die gleiche Farbe zu bringen, und es wird daher stets bis zu einem gewissen Grade von dem Farbenunterscheidungsvermögen des Ex- perimentators und sonstigen subjektiven Faktoren abhängen, an wel- chem Punkt eine Identität beider Lösungen angenommen wird. So- weit die Epiphaninreaktion nachgeprüft werden konnte, scheint sie mir bisher nicht die Forderungen zu erfüllen, die an eine brauch- bare serodiagnostische Methode gestellt werden müssen. Literatur. v. ANGERER & STÖTTER, Ueber Versuche, Antigen-Antikörperreaktionen sicht- bar zu machen. Münch. med. Wochenschr., 1912, Nr. 38. Kamman, O., Kritische Betrachtungen zur Epiphaninreaktion, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung für die Luesdiagnose. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 11, 178. 1 KORFF, PETERSEN, A., & BRINKMANN, H., Versuche und kritische Bemerkungen zur Weichardtschen Epiphaninreaktion. Zeitschr. f. Hyg., Bd. 72, 344. 2— — Zur Weichardtschen Epiphaninreaktion. Münch. med. Wochenschr., 1912, Nr. 49. Kraus, R., & AMmırAaDZIBI, Ueber den Mechanismus der Antitoxinwirkung bei der Heilung. Ebenda, Bd. 6, S. 1. MEYER, Frıtz, M., Berl. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 7. MOoSBACHER, EMIL, Experimentelle Studien mit artgleichem Syneytiotoxin und über Schwangerschaftsdiagnose mittels der Epiphaninreaktion (E. R.). Dtsch. med. Wochenschr., 1911, Nr. 22. ROSENTHAL, EUGEN, Versuche, Antigen- und Antikörperbeeinflussungen sicht- bar zu machen. Experimentelle Studien mit der Epiphaninreaktion. I. Mit- teilung. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 13, 383. ROSENTHAL, EUGEN, Versuche, Antigen- und Antikörperreaktionen ete. III. Mit- teilung. Ebenda, Bd. 14, 159. ISCHROEN, FRr., Studien mit der Weichardtschen Epiphaninreaktion. Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 38. 2Zu den Bemerkungen S. Traubes: „Zur Diagnose der Syphilis“ in Nr. 5 dieser Wochenschr. Deutsche med. Wochenschr., 1911, Nr. 6. 3— Schlußbemerkungen zu der Erwiderung des Herrn S. Traube in Nr.8 dieser Wochenschrift. Ebenda, 1911, Nr. 12. SEIFFERT, E., Eine neue serologische Methode zur Syphilisdiagnose. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 50. STÖTTER HERMANN, Ueber den gegenwärtigen Stand der Studien mit der Epiphaninreaktion. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 11, 749. STÖTTER, H., & ROSENTHAL, EUGEN, Versuche, Antigen- und Antikörper- beeinflussungen ete. II. Mitteilung. Ebenda, Bd. 14, Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 133 STRÖBEL, H., Die Serodiagnostik der Trichinose.. Münch. med. Wochenschr., PIE .Ne. 13. TRAUBE, S., Zur Diagnose des Syphilis. Deutsche med. Wochenschr., 1911, INTS:9% 1 WEICHHARDT, WOLFGANG, Sichtbarer Nachweis von Antigen-Antikörperbindungen in vitro. Die Epiphaninreaktion. Münch. med. Wochenschr., 1911, Nr. 31. Daselbst ältere Literatur. — Chem. Zeitg. 1908, Nr. 20. — Berl. klin. Wochenschr., 1908, Nr. 20. — Centralbl. f. Bakt., Bd. 42, Beiheft, S. 143. — Med. Klinik, 1909, Nr. 12. — Ueber Ermüdungsstoffe. Stuttgart, Ferd. Enke, 1910. — Centralbl. f. Bakt., Bd. 47, Beiheft, S. 36. 2— Ueber Immunitätsreaktionen im mikroheterogenen System. Zeitschr. f. Im- munitätsf., Bd. 6, 644. 3— Eine neue serologische Methode zur Syphilisdiagnose. Ergänzung zu dem ee Dr. Seiffert in Nr. 50, 1910. Deutsche med. Wochenschr., = INTEK. II. Die Meiostagminreaktion. Die Meiostagminreaktion beruht auf der Anschauung, dab bei der Einwirkung des Antikörpers auf das Antigen Produkte entstehen, welche die Oberflächenspannung der Lösung erniedrigen. Diese Ver- änderung der Oberflächenspannung wird mit dem Traugeschen Sta- lagmometer bestimmt, welches angibt, wieviel Tropfen ein be- stimmtes Flüssigkeitsvolum beim Ausfließen bildet. Je größer die Oberflächenspannung der Flüssigkeit, um so größer die Tropfen, um so kleiner die Tropfenzahl. Die Zählung der Tropfen kann mittels eines von DE AGOSTINI & STABILINI angegebenen Apparates auch automatisch erfolgen. Bei Untersuchung ein- und derselben Flüssig- keit dürfen die Abweichungen der einzelnen Bestimmungen unter- einander nicht mehr als !/,—?/, Tropfen betragen. Zum Versuch wird das Serum im Verhältnis 1:20 verdünnt. Zu 9 ccm dieser Lösungen kommen 1 ccm der Antigenverdünnung, in der Kontrolle 1 ccm Aq. dest. Die Mischungen kommen vor der Bestimmung der Tropfenzahl auf 2 Stunden 'in den Brütschrank bei 37° oder auf 1 Stunde ins Wasserbad bei 50°. Die Verdünnung des Antigens muß ganz genau bestimmt werden. In zu hohen Konzentrationen sind Normal- und Patienten- bezw. Immunsera nicht zu unterscheiden. Die Antigenmenge muß so klein sein, daß sie mit einem Normalserum nicht mehr als einen Tropfen Differenz erzielt. Die größte Menge, die dieser Forderung genügt, ist zu benutzen. Anwendungen der Meiostagminreaktion. Die Meiostagminreaktion ist von AscoLı & Izar zur Diagnose des Typhus, der Tuberkulose, der Lues, der Echinokokken- und Anky- lostomaerkrankung, und besonders der bösartigen Geschwülste ver- wendet worden. Da dieses ihre wichtigste Anwendung ist, soll sie zuerst besprochen werden. I. Serodiagnose bösartiger Geschwülste. Besondere Sorgfalt — darin sind sich alle Untersucher einig — ist der Bereitung des Antigens zuzuwenden. Izar (Münch. Med. W., 1910, No. 41) gibt dafür folgende Vorschrift: 134 U. FRIEDEMANN, „Der zerkleinerte bösartige Tumor wird bei 37° in dünnster Schicht auf Glasplatten ausgestrichen oder im Vacuum getrocknet. Der getrocknete Brei wird pulverisiert und das Pulver mit Methyl- alkohol (im Verhältnis von 5 g zu 25 ccm Methylalkohol) 28 Stunden bei 50° in verschlossenem Gefäße, unter zeitweiligem Schütteln, extra- hiert. Heiß filtrieren, das Filtrat erkalten lassen und durch SCHLEICHER & ScHürr No. 590 nochmals filtrieren.“ Dieses Antigen muß sehr sorgfältig aufbewahrt werden, da es leicht verdirbt. Vor allem müssen die geringsten Spuren von Wasser fern gehalten werden, und deshalb sind nur sehr gut getrocknete Pi- petten zu verwenden. pe Acosrını hat ferner beobachtet, daß die Antigene nicht geschüttelt werden dürfen. Das Antigen muß ferner eine solche Konzentration haben, dab es sich beim Verdünnen mit Wasser gut emulsioniert. Die Verdünnung erfolgt in der Weise, dab 0,05 ccm der Stamm- lösung auf den Boden eines trockenen Reagenzglases gebracht werden und dann die erforderliche Menge Aq. dest. auf einmal zugesetzt wird. Dann muß kräftig geschüttelt werden. Der Titer des so bereiteten Antigens beträgt meist 1 ccm einer Verdünnung 1:100 bis 1:200. Der Versuch wird nun in folgender Weise angestellt: I. 9 ccm 20-fach mit 0,55-proz. Kochsalzlösung verdünntes Serum + 1 ccm Ag. dest. (sofort gezählt). II. Dasselbe wie bei I (Zählung nach 1 Stunde bei 509). Ill. 9 ccm 20-fach mit 0,55-proz. Kochsalzlösung verdünntes Serum + 1 ccm Antigenemulsion (Zählung nach 1 Stunde vei 50°). Vor dem Versuch müssen die Röhrchen auf Zimmertemperatur abgekühlt werden. Es empfiehlt sich ferner, zur Kontrolle des Extraktes stets ein sicher positives und ein sicher negatives Serum mit anzusetzen. Wird die Reaktion richtig ausgeführt, so soll sich die Tropfen- zahl durch das Antigen nicht um mehr als 1,5, höchstens 2 Tropfen vermehren. Die Sera von Patienten, die mit bösartigen Tumoren behaftet waren, hatten hingegen in den Versuchen von AscoLı & Izar fast stets eine höhere Tropfenzahl,. Auf der andern Seite waren die Resultate bei andern Erkrankungen fast durchgehend negativ. Die Meiostagminreaktion ist von vielen Seiten nachgeprüft und im wesentlichen bestätigt worden. Die folgende von R. Kraus stam- mende Tabelle gibt eine Uebersicht über die erhaltenen Resultate: T Gesunde und andere Er- umoren ke Autor | | rankungen ' Zahl 2 Proz. | Proz. | Zahl | Fr Proz. | —_ Proz, Ascoli und Izar 100 | 3 7 103 0,97- 199,08 D’Este 12. HET 8,3 18 0 ı 100 Micheli und Catoretti 15 37,5 12,5 19 0 | 100 Agostini 27 85,2 14,8 27 0 100 Stabilini 32 93,8 6,2 27 0 100 Verson | 18% 214965;5 44,5 6 0 100 Tedesco 27 96,3 31 33 6 94 Stamler E02 7 17 230 20 80 Kelling 45 47 53 85 3,9 96,5 Summe | 399 82,8 10:2 548 9,5 90,5 Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 135 Diese Ergebnisse sind als recht gute zu bezeichnen, zumal die Kontrolluntersuchungen fast durchweg negativ ausfielen. Nur die Untersuchungen STAMMLERS geben ein ungünstigeres Bild, da 20 Proz. positiver Resultate bei andersartigen Erkrankungen den diagnostischen Wert der Reaktion doch erheblich einschränken würden. Kraus glaubt, daß diese abweichenden Befunde STAMMLERS durch die Labilität der Extrakte bedingt sind. Trotz dieser gut übereinstimmenden Resultate wird man bei dem von den Entdeckern selbst zugegebenen diffizilen Charakter der Methode weitere Nachprüfungen abwarten müssen, bevor ein ab- schließendes Urteil über die Brauchbarkeit der Reaktion - gefällt werden kann. Die theoretischen Grundlagen der Reaktion sind noch nicht geklärt. Ascorı nahm wohl ursprünglich an, daß es sich um eine spezifische Antikörper-Antigenreaktion handelt, und damit stimmte es auch überein, daß Izar aus normalen Organen kein wirksames Antigen gewinnen konnte. MıcHELI & CATTorETTI konnten jedoch zeigen, daß auch aus Hundepankreas durch Alkohol sehr wirksame Lösungen erhalten werden können. Schließlich fand Kraus, daß das Antigen auch durch Lecithinemulsionen ersetzt werden kann. Es scheint sich also bei der Meiostagminreaktion der bösartigen Ge- schwulstsera wie bei der WasserMmannschen Reaktion um eine Re- aktion des Serums mit gewissen auch im normalen Organismus vor- handenen Lipoiden zu handeln. Erwähnenswert ist allerdings, dab Izar nach Injektion von Tumorantigen bei Meerschweinchen und Ratten Meiostagmine auftreten sah. Interessant ist, daß CATTorErTTI bei Ratten auch nach Exstir- pation beider Nebennieren eine positive Meiostagminreaktion gegen- über Tumorantigen und Pankreasextrakt erzielen konnte, die sogar an Stärke die der Tumorratten übertraf. II. Serodiagnose der Tuberkulose. Das Antigen wird nach Izar (Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 16) in folgender Weise hergestellt: „Tuberkelbacillenkulturrasen (aus Bouillon oder Agar) werden im Mörser verrieben (mit 96-proz., öfter erneutem Alkohol mehrere Tage bei 37° digeriert, bis der Alkohol klar bleibt. Der Bacillenrückstand bei 47° getrocknet, mit warmem Aether ausgezogen, nochmals getrocknet und von neuem mit Alkohol mehrmals bis zur Erschöpfung extrahiert. Die ver- einigten filtrierten Alkoholauszüge werden bei 470 im Wasserbad getrocknet, darauf die filtrierten Aetherauszüge in dieselbe Porzellan- schale nachgegossen und bei 30° getrocknet: der Rückstand der- selben in absolutem Alkohol gelöst, filtriert. Die klare Lösung bei 370, bis sich etwas auszuscheiden beginnt, konzentriert und nochmals filtriert. Zu diesem Extrakt wird tropfenweise Aether zugesetzt, bis (nach Zusatz von ca. 1/,, Volum) sich ein Niederschlag bildet: es folgt Filtration durch ein dichtes Filter (417 DREVERHOFF), Ver- Jagung des Aethers. Die Fällung wird so oft wiederholt, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Nochmaliges Trocknen des klaren Ex- traktes und Auflösung in absolutem Alkohol. Einengung bis zur Sättigung.“ Mit diesem Antigen erhielt Izar bei 35 schweren Tuberkulose- fällen 34 positive Resultate, ebenso in 5 klinisch sicheren Lungen- 136 U. FRIEDEMANN, tuberkulosen ohne Bacillen im Sputum. 64 Fälle andersartiger Er- krankung reagierten durchweg negativ. Ebensowenig reagierten die Tuberkulosesera mit Typhus, Syphilis, Tumor- und Wurmantigen. Die Reaktion ist also auch im Sinne der Immunitätslehre spezifisch. Str. pEste erhielt bei chirurgischer Tuberkulose schwache, bei vorgeschrittener Lungentuberkulose kräftige Ausschläge. - MiıcHELI & CATTORETTI erhielten bei Tuberkulose deutliche, wenn auch nicht starke Ausschläge. Durch Versuche an Meerschweinchen glaubt Gas- BARRINI, daß es ihm gelungen ist, den Typus humanus, bovinus und den Geflügeltuberkulosebacillus voneinander zu unterscheiden. Die Ausschläge sind nicht groß (0,7—3,8 Tropfen), aber genügend, da die Sera dieser Tiere an sich keine nennenswerten Ausschläge geben. III. Serodiagnose des Typhus abdominalis. Als Antigen dienen 2-tägige wässerige Extrakte nach NEISSER & Smıca aus Typhusagarkulturen, die aber nicht erhitzt werden dürfen. Die wirksame Substanz ist in Alkohol löslich und kann daher auch aus dem Alkoholextrakt gewonnen werden. Izar erhielt mit diesem Antigen in 8 Typhusfällen positive Re- sultate, während alle anderen Krankheiten negativ reagierten. Auch diese Reaktion war für den Typhusbacillenextrakt spezifisch. Vıcano fand sogar, daß auch Extrakte aus Paratyphusbacillen _ mit Typhusserum nicht reagieren. MICHELI & ÜATTORETTI hatten bei Typhus nur sehr geringe Aus- schläge, bei Immunseris überhaupt keine. Dieses merkwürdige Re- sultat erhielten auch schon Ascorı & Izar. Es zeigte sich, daß dies an der Verwendung abgetöteter Typhusbacillen liegt. Wurden sie im lebenden Zustand Kaninchen injiziert, so erzeugten sie ebenfalls Meiostagmine. Aus diesem Grunde glaubten Ascorı & Izar, dab die Meiostagmine besondere, von den übrigen Antikörpern abzutrennende spezifische Reaktionsprodukte des Organismus sind. Ganz ähnliche Resultate erhielt übrigens auch FacıvoLı bei der Immunisierung von Kaninchen mit Choleravibrionen. IV. Serodiagnose der Lues. Als Antigen dient nach Izar der alkoholische Extrakt aus der Milz eines syphilitischen Foetus. Bei 12 Luessera erhielt Izar posi- tive Resultate, während andere Erkrankungen negativ reagierten. Zu einer weiteren Arbeit mit UsuerLı benutzte dann Izar syphilitische Leberextrakte. Bei syphilitischen Seren war die Re- aktion in 80 Proz. positiv, 5,5 Proz. verdächtig, 14,5 Proz. negativ. Von 104 Kontrollseren reagierten 102 negativ, 1 positiv, 1 verdächtig. Weniger günstige Resultate erhielten MıcHeLı & ÜATTORETTI. Die Reaktion war seltener positiv als die Wassermannsche Reaktion ; besonders aber reagierten auch andere Sera, in erster Linie Tumorsera positiv. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß Izar auch auf die Echinokokken- und Ankylostomumerkrankungen die Meiostagminreak- tion anwandte. Als Antigen kann man bei Echinokokkenerkrankungen entweder direkt die Cystenflüssigkeit oder einen alkoholischen Extrakt daraus benutzen. 7 Schweine und 3 Schafe mit Echinokokkencysten Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 137 reagierten positiv, ebenso ein mit Cystenflüssigkeit behandeltes Ka- ninchen. Literatur. 1 AscoLı, M., Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 2— Ebenda, 1910, Nr. 7. 1AscoLI, M., & Izar, Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 8. 2 _ — Ebenda, 1910, Nr. 18. 3— — Ebenda, 1910, Nr. 22. #_—_ — Ebenda, 1910, Nr. 41. ASCOLI, ALBERTO, Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere, 1910. ABB0, Pathologica, 1910, Nr. 39. DE AGoSTINI, Med. Klin., 1910, Nr. 29. DE AGOSTINI & STABILINI, Berl. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 23. BERTOLINI, Biochem. Zeitschr., Bd. 28, 60. BERTINO, La Ginecologia, 1910. BRUGNATELLI, Pathologica, 1910, Nr. 43. 1CASTIGLIONI, Societä medico-biologica Milanese. Juni 1910. 2— Biochimica e terapia sperimentale, Vol. 2, H. 8. CATTORETTI, Wien. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 18. COMENATTI, Riv. eritica di elin. med., 1910, Nr. 38. D’ESTE, Berl. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 19. 1FAGIvoLı, Biochimica e terapia spermentale, Vol. 2, H. 9. 2— Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 11, 149. Daselbst ausführliche Angabe der italienischen Literatur. Fırıa, Il Policlinico, 1910. 1GASBARRINI, Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 32. 2— Wien. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 33. 1lzar, Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 4. 2— Ebenda, 1910, Nr. 6. 3— Ebenda, 1911, Nr. 25. *_— Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 6, 624. 5— Ebenda, Bd. 7, 624. Izar & USUELLI, Ebenda, Bd. 6, 101. IzaAR & DI QUATTRO, Biochimica e terapia sperimentale, Vol. 3. KELLING, Wien. klin. Wochenschr., 1911, Nr. 3. Kraus, R., Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 54, Beilage S. 95. MAECABRUNI & USUELLI, Pathologica, 1910, Nr. 50. MELLo, Compt. rend. soc. Biol., 1910. " 1MICHELI & CATTORETTI, Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 2 — — Pathologica, 1910, Nr. 43. 3— —- Wien. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 44. *— — Biochimica e terapia sperimentale, Vol. 2, Nr. 8. 1SIMONELLI, Rivista di patol. nerv. e mentale, Vol. 15, 377. 2— Giorn. d. mal. von. e d. pelle, 1911, Nr. 2. TEDESKO, Wien. med. Wochenschr., 1910, Nr. 26. ITRAUBE, S., Pflügers Arch., Bd. 123, 419. ®— Biochem. Zeitschr., Bd. 10, 373. VALILLoO, Zeitschr. f. Infektionskrankh. der Haustiere, 1910. VERSoN, Wien. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 30. VıGano, Münch. med. Wochenschr., 1910, Nr. 32. Vıncenzı, Pathologica, 1910, Nr. 32. IV. Die optische Methode. Die optische Methode wurde von ABDERHALDEN ursprünglich zum Studium der fermentativen Spaltung der Polypeptide angewendet. Da die Polypeptide selbst wie ihre Spaltprodukte zum großen Teil optisch aktive Substanzen sind, so muß ihre Spaltung mit einer Aende- rung der Drehung der Polarisationsebene einhergehen, und es kann aus u Sinn dieser Aenderung auf die Art der Spaltung geschlossen werden. 138 U. FRIEDEMANN, d-Alanyl-glyeyl-glyein z. B., das selbst die Ebene um 30° dreht, kann in doppelter Weise abgebaut werden: 1) Alanin + Glycyl-glycin, (2,4 1) ) (0 0 ), > 2) d-Alaninglycin + Glykokoll, (50°) (09). Im ersten Fall muß also die Drehung abnehmen, im zweiten größer werden. Kommt es weniger darauf an, die Art der Spaltung als ihren Eintritt überhaupt zu beobachten, so können nach ABDERHALDEN auch die aus Eiweiß durch Hydrolyse erhaltenen Peptongemische benutzt werden. Mit dieser Methode untersuchten nun ABDERHALDEN & Pıncus- soun zunächst das Blutplasma, bzw. Blutserum von Hunden und Ka- ninchen auf ihre spaltenden Eigenschaften gegenüber Peptonen und Polypeptiden. Die Resultate waren beim Hundeblut negativ, während Kaninchenserum Glycyl-I-tyrosin spaltete. Allerdings ist ces nötig, dab das Plasma, bzw. Serum in solchen Versuchen vollkommen frei von zelligen Elementen, besonders auch von Hämoglobin ist, da gerade die Blutelemente reichlich peptolytische Fermente enthalten. Nunmehr ging ABDERHALDEN mit seinen Mitarbeitern daran, Hunde und Kaninchen mit Eiweißkörpern subkutan zu behandeln und ihr Verhalten gegenüber Peptonen von neuem zu untersuchen. In ge- meinschaftlichen Versuchen mit PıncussoHn, WEICHARDT, IMMIScH, ISRAEL, SLEESWIJK stellte ABDERHALDEN fest, daß nach der Injektion von Eiereiweiß, Gelatine, Globulin aus Kürbissamen, Edestin, Kasein und Seidenpepton peptolytische Fermente im Serum auftreten, die am 6. Tage erscheinen und 2—3 Wochen lang nachweisbar sind. Sie spalten Peptone, gleichgültig welcher Herkunft, aber auch genuines Eiweiß. Durch Erwärmen auf 60° werden sie inaktiviert und können durch Zusatz von frischem Normalserum nicht reaktiviert werden. Artfremdes Serum erzeugt ebenfalls peptolytische Fermente, während artgleiches Serum meist wirkungslos war. ABDERHALDEN schließt daraus, daß alle blutfremden Substanzen zur Entstehung peptolytischer Fermente Anlab geben. Sie treten deshalb auch bei der Infektion auf, und ABDERHALDEN & Pıncussonn konnten sie z. B. im Anti- streptokokkenserum nachweisen. Natürlich ist mit der Drehungsänderung der Polarisationsebene noch nicht bewiesen, dab es sich um eine peptische Spaltung handelt. Um dies zu beweisen, brachten ‚ABDERHALDEN & PıncussoHn ein durch Injektion von Seidenpepton erhaltenes peptolytisches Serum zusammen mit Gelatine in eine Fischblase und dialysierten. Im Dia- lysat ließen sich Biuretprodukte nachweisen. Bekanntlich ist vielfach die Ansicht geäußert worden, daß die Wirkung der Antikörper auf das Antigen mit einer Spaltung von Eiweiß einhergehe. In diesem Sinne sprachen zuerst die paren- teralen Stoffwechselversuche von FRIEDEMANN & Isaac an normalen und immunisierten Tieren, die von LomMEL, HEILNER, MICHAELIS & RonA, SCHITTENHELM und WEICHARDT bestätigt werden konnten. Besonders wurde die Anaphylaxie mit dem Auftreten giftiger Spaltprodukte beim parenteralen Eiweißabbau in Zusammenhang ge- bracht (FRIEDEMANN & Isaac, WEICHARDT, BıEDL & Kraus, FRIED- BERGER, H. PFEIFFER & Mita u. a.). Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 139 ÄBDERHALDEN glaubt nun in seinen peptolytischen. Fermenten den experimentellen Beweis für die fermentative Natur der Antikörper erbracht zu haben. Es scheint mir aber doch schwierig, die peptolyti- schen Serumwirkungen nach Eiweißinjektionen mit den spezifischen Antikörpern in näheren Zusammenhang zu bringen, da ihnen gerade deren wichtigste Eigenschaft, die Spezifität, fehlt. Auch ist es auf- fallend, daß gerade Hunde für diese Versuche so geeignet sind, während sie erwiesenermaßen Eiweißantikörper nur sehr schlecht bilden. Es gelang denn auch ABDERHALDEN & PincussoHNn nicht, nähere Zusammenhänge zwischen den peptolytischen Fermenten und den anaphylaktischen Prozessen aufzudecken. Es ist wahrschein- licher, daß die peptolytischen Fermente Reaktionsprodukte des Or- ganismus sind, die durch die Injektion von Eiweiß und Pepton aus- gelöst werden, von den spezifischen Antikörpern aber verschieden sind *). Sehr interessant ist die Tatsache, daß auch Kohlehydrate — ent- sprechend älteren Versuchen WEInLanns — bei der Injektion zucker- spaltende Fermente erzeugen. Nach den Untersuchungen von ABDER- HALDEN & KAPFENBERGER treten sie nach intravenöser Injektion schon nach 1/, Stunde, nach subkutaner Injektion nach 7—8 Stunden auf und bleiben etwa 14 Tage im Serum. Nach Injektion von Milch- zucker wurden dieser und Rohrzucker, nach Injektion von Rohr- zucker ebenfalls beide Zuckerarten gespalten, während Raffinose un- verändert bleibt. Das Ferment ist dialysabel. Weiterhin haben ABDERHALDEN & PrncussoHun die optische Me- thode zum Nachweis immunisatorisch erzeugter Antifermente benutzt. Viele bakterielle und tierische Toxinlösungen haben die Fähigkeit, Peptone zu spalten. So konnte ABDERHALDEN dies für Diphtherie- toxin, Pyocyanase, Tuberkulin, Rotzbacillenextrakt, Ricin und Cobra- gift nachweisen. Durch die entsprechenden Antisera wird diese Wir- kung aufgehoben. Die wichtigste Anwendung hat jedoch ABDERHALDEN von dieser Methode bei der Schwangerschaft gemacht. Schon frühere Versuche von RoszEnau & ANDERSSON, THıEss & LoCcKEMANN, GOZoNY u. a. hatten darauf hingewiesen, daß die Placenta und die Bestandteile des fötalen Organismus für das mütterliche Blut etwas Fremdes darstellen. Da nun nach den Untersuchungen von ScHMoRL in der Schwanger- schaft und besonders bei der Eklampsie Placentarbestandteile in den mütterlichen Organismus gelangen, so sind hier also die Bedingungen gegeben, die nach ABDERHALDENn zum Auftreten peptolytischer Fer- mente führen und somit eine Serodiagnose der Schwangerschaft ermöglichen würden. Zum Nachweis dient eine 0,5—2,5-proz. Lösung von Plazentar- pepton, das nach einer von. ÄBDERHALDEN & Kıursı genau ange- gebenen Vorschrift (Zeitschr. f. physiol. Chem., Bd. 77, S. 249) her- gestellt wird. Von dieser Lösung werden 1 cem mit 1 ccm des Serums gemischt, der übrige Teil des Röhrchens mit Kochsalzlösung gefüllt. 48 Stunden hindurch wird nun mit einem sehr guten Polari- meter alle 6—8 Stunden die Drehung abgelesen und kurvenmäßig *) Allerdings erörtert ABDERHALDEN auch die Möglichkeit, daß der Abbau zwar kein spezifischer ist, bei der parenteralen- Verdauung des homologen Ei- weißes aber ganz besonders giftige Spaltprodukte auftreten, die den anaphylakti- schen Shock auslösen. 140 U. FRIEDEMANN, aufgetragen. Bei normalem Serum ist die Kurve eine horizontale gerade Linie, während Schwangerschaftsserum durch eine unregel- mäßige Kurve eine Spaltung des Peptons anzeigt. Die Reaktion scheint im Gegensatz zu den nach Injektion von artfremdem Eiweiß und Peptonen auftretenden spezifisch zu sein, da andere Eiweißkörper und Peptone außer den von der Placenta stammenden vom Schwanger- schaftsserum nicht abgebaut werden. Daß es sich wirklich um eine peptische Wirkung handelt, geht daraus hervor, daß auch gekochte Plazentastücke von dem Serum ge- spalten werden. Bringt man diese mit Schwangerschaftsserum in einen Dialysierschlauch, so lassen sich im Dialysat Biuretspaltprodukte nachweisen *). ABDERHALDEN Schreibt über seine Methode: „Es unter- liegt keinem Zweifel, daß es möglich ist, mit der optischen Methode die Schwangerschaft mit großer Sicherheit aus dem Blut zu diagnosti- zieren. Die Versuche ABDERHALDENS und seiner Mitarbeiter sind von GRUBER nachgeprüft worden. GRUBER bestätigt zunächst das Auf- treten von peptolytischen Fermenten nach Injektion von Eiweiß. Diese sind aber nicht identisch mit den bekannten Immunkörpern (Präzipi- tinen, Agglutinin, Lysinen), da ihr zeitliches Auftreten mit diesen nicht zusammenfällt. Peptolytische Fermente treten ferner beim Ka- ninchen wie beim Menschen bei konsumierenden Prozessen auf. Würde sich diese Behauptung bestätigen, so müßte sie allerdings eine gewisse Einschränkung der ABDERHALDENSchen Schwangerschaftsdiagnose zur Folge haben. Literatur. 1. Peptolytische Fermente. ABDERHALDEN, EMIL, Med. Klinik, 1909, Nr. 41. !ABDERHALDEN & PINCUSSOHN, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 61, 200. 2— — Ebenda, Bd. 62, 243. ß 3— -- Ebenda, Bd. 64, 100. *— — Fbenda, Bd. 66, 88. 5— — Ebenda, Bd. 71, 110. ÄABDERHALDEN & WEICHARDT, Ebenda, Bd. 62, 120. ÄABDERHALDEN ÄABDERHALDEN ABDERHALDEN ÄABDERHALDEN ABDERHALDEN ÄABDERHALDEN & ImMIscH, Ebenda, Bd. 64, 423. & ISRAEL, Ebenda, Bd. 64, 426. & SLEESWIJK, Ebenda, Bd. 64, 427. & BRAHM, Ebenda, Bd. 64, 429. & SCHILLING, Ebenda, Bd. 71, 385. & KÄmpr, Ebenda, Bd. 71, 421. (+RUBER, Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 7, 762. 2. Ueber das Drehungsvermögen des Blutplasmas, resp. -serums unter verschiedenen Bedingungen. ÄABDERHALDEN & KAWOHL, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 69, 1. ÄBDERHALDEN & HAHN, Ebenda, Bd. 69, 50. ÄBDERHALDEN & RUEHL, Ebenda, Bd. 69, 57. 3. Serodiagnose der Schwangerschaft. ABDERHALDEN & Mıkı Kıvrsı, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 77, 249. ÄABDERHALDEN, E., FREUND, R., & PINCUSSOHn, Prakt. Ergebnisse d. Geburts- hilfe und Gynäkologie, 2. Jahrg., 2. Abteil., 1910, S. 367. ABDERHALDEN, Die Schutzfermente des tierischen Organismus. Berlin, Jul. Springer, 1912. *) Neuerdings benutzt ABDERHALDEN zum Nachweis der Eiweißspalt- produkte das Ninhydrin (Triketohydrindenhydrat). (Münch. med. Wochenschr., 1912, Nr. 36.) Experiment. Diagnost. mittels physikal. bzw. physik.-chem. Methoden. 141 4. Kohlehydratspaltende Fermente. ABDERHALDEN & KAPFBENGER, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 69, 23. ABDERHALDEN & RATHSMANN, Ebenda, Bd. 71, 367. ABDERHALDEN & BRAHM, Ebenda, Bd. 64, 429. WEINLAND, E., Zeitschr. f. Biologie, Bd. 47, 279. 5. Allgemeines. ÄABDERHALDEN, Die Schutzfermente des tierischen Organismus. Berlin, Jul. Springer, 1912. Daselbst ausführliche Literatur. V. Die refraktometrische Methode. Der Brechungsindex einer Flüssigkeit ist von derZahl und Konsti- tution der darin enthaltenen Moleküle abhängig. Seine Bestimmung kann daher sowohl Aufschluß über die Konzentration eines in der Flüssig- keit gelösten Stoffes als auch über chemische Umsetzungen in der- selben gaben. Auch auf biologischem Gebiet ist die refraktometrische Methode angewandt worden. Ich übergehe die Arbeiten, die sich mit der Refraktometrie des Blutserums und der Körperflüssigkeiten als solcher beschäftigen und beschränke mich auf die Versuche von OBEr- MAYER & Pick, die sich auch Fragen aus der Immunitätslehre zuge- wandt haben. Die Untersuchungen wurden mit dem PuurrıcHschen Refrakto- meter ausgeführt, dessen Konstruktion und Handhabung aus ABDEr- HALDENS Handb. der biochem. Arbeitsmethoden, Bd. I, 2. Hälfte, zu ersehen ist. ÜBERMAYER & Pick untersuchten zunächst eine Reihe von Fer- mentreaktionen und stellten fest, daß bei diesen der Brechungsindex steigen, sinken oder gleichbleiben kann. Die einzelnen Ferment- reaktionen sind dadurch scharf charakterisiert. Dann untersuchten sie auch die Präzipitinreaktion mit Hilfe der refraktometrischen Methode, und zwar suchten sie festzustellen, wie- viel Eiweiß aus einem präzipitierenden Immunserum durch sein Anti- gen ausgefällt wird. ı Das Serum eines mit Menschenserum vorbehandelten Kaninchens wird zu gleichen Teilen mit 10-fach verdünntem Menschenserum ver- setzt. Nach 12 Stunden im Brutschrank wird die Flüssigkeit von dem entstandenen Niederschlag abgegossen und refraktometrisch unter- sucht. Zur Kontrolle wird normales Kaninchenserum in der gleichen Weise mit Menschenserum versetzt. Ablesung bei 24,9°. Vase Brechungs- | Brechungs- = winkel index a) Normales Kaninchenserum und 0,85-proz. Kochsalz- lösung | 65% 47° 1,340 103 b) Kaninchenimmunserum und 0,85-proz. Kochsalzlösung | 65° 47° 1,340 103 e) Normales Kaninchenserum und 10-fach verdünntes, | Menschenserum 65° 45° | 1,340265 d) Kaninchenimmunserum und 10-fach verdünntes Men- | schenserum nach Abzentrifugieren des Präzipitates 65° 47 | 1,340103 Die Differenz zwischen c und d beträgt also 0,000162. Da nach Reıss eine Differenz von 0,00175 erst 1 Proz. Eiweiß entsprechen würde, geht aus dieser Untersuchung hervor, daß die im spezifischen Präzipitat ausfallende Eiweißmenge eine ganz minimale ist. Dies 142 U. FRIEDEMANN, Experimentelle Diagnostik etc. stimmt auch mit den Untersuchungen von Mor überein, der aus 45 cem eines starken Immunserums nur einen spezifischen Nieder- schlag von 0,072 g erhielt. Literatur. IÖBERMAYER, FRIEDR., & Pıck, ErnsT, Hofmeisters: Beitr., Bd. 7, 331. 2 — — Ebenda, S. 455. j Reıss, E., Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakologie, Bd. 51, 18. Morr, Hofmeisters Beitr., Bd. 4, 578. AÄBDERHALDEN, Handb. der biochem. Arbeitsmethoden, Bd. 1, 2. Hälfte. VI. Messung der Viskosität. Auch die viskosimetrische Methode ist bisher in sehr beschränktem Maße in der Immunitätslehre angewandt worden. Die Viskosität einer Flüssigkeit wird bekanntlich gemessen, in- dem man sie durch ein Kapillarrohr fließen läßt und die Zeit be-. stimmt, die ein gewisses Flüssigkeitsquantum dazu braucht. Genaue Einhaltung der Temperatur ist dabei erforderlich. Mit einem nach diesem Prinzip konstruierten Apparat, dem Ostwaroschen Viskosimeter, hat Izar eine Reihe von Untersuchungen vorgenommen, die zum größten Teil negativ ausfielen. Positive Re- sultate erhielt er nur als er das Serum von Kaninchen, die mit Gela- tine vorbehandelt waren, auf Gelatine prüfte. Das Serum des Immun- kaninchens wurde mit Gelatine gemischt, 2 Stunden im Brutschrank belassen, und dann auf die Viskosität geprüft. Zur Kontrolle wurde Gelatine mit der gleichen Menge Normal- kaninchenserum versetzt. Während die Kontrolle unverändert blieb, zeigte die Immunserum-Gelatinemischung stets eine sehr deutliche Herabsetzung der Viskosität. Es kann wohl keinem Zweifel unter- liegen, daß diese Vikositätsverminderung auf die Bildung von pep- tischen Spaltprodukten zurückzuführen ist, und daß Izar somit durch die viskosimetrische Methode dieselben peptolytischen Fermente ge- funden hat, deren Nachweis ABDERHALDEN mit der optischen Me- thode gelang. Literatur. Izar, Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Bd. 7, 199. TER. Grundlagen und Technik der experimentellen spezi- fischen Bakteriotherapie (Opsonine). Von Prof. Dr. Georg Michaßlis, Berlin. Mit 2 Tafeln und S Figuren im Text. Die spezifische Bakteriotherapie ist im Prinzip nichts anderes als eine aktive Immunisierung (cf. Bd. I, Kap. Aktive Im- munisierung etc.), welche bei dem nicht infizierten Organismus eine Schutz-, bei dem bereits infizierten eine immunisatorische Heilwirkung erzielen soll. Die erste Anwendung erfuhr diese „aktive lmmunotherapie“ durch Roserrt Koch mittels des Tuberkulins. Dadurch, daß R. Kock dieses fand und anwandte, ist er, wie Dönıtz hervorhebt, „der erste gewesen, welcher überhaupt gegen ein Bakterienprodukt immunisiert hat“. Der therapeutischen Immunisierung des Menschen eine allgemeıne Beachtung, eine Anwendung auf breiter Basis zunächst in England und Amerika, neuerdings aber auch in Deutschland ver- schafft zu haben, ist das Verdienst A. E. WRIGHTS. Den Ausgangspunkt dafür bot ihm seine Entdeckung der bakterio- tropen Stoffe des Normalserums, der „Opsonine“, und die Er- kenntnis der Vorgänge bei der immunisatorischen Heilwirkung im Organismus mit Hilfe des von ihm konstruierten „opsonischen index‘. An der Hand dieses Index schuf er eine neue Technik der spezi- fischen Bakteriotherapie, welche er entgegen dem wissenschaft- lichen ‚Sprachgebrauch „Vaccinationstherapie‘ nannte, obwohl er nicht Vaccins im JENNErR-PastEurschen Sinne, sondern durch Hitze abgetötete Bakteriensuspensionen zur Immunisierung verwandte. Die früheste wissenschaftliche Grundlage der Wrıcntschen Vac- einationstherapie bildet eine Entdeckung von Denys & Leerer, welche 1895 durch Einführung einer neuen, von ihnen geschaffenen Methode des „Phagocytose-Versuchs im Reagenzglas“ thermostabile Substanzen im Immunserum fanden, die sie wegen ihrer Eigenschaft, die Bakterien phagocytabel zu machen, „bakteriotrope nannten. Nachdem sie sich überzeugt hatten, daß die dem Organismus ent- nommenen Leukocyten auch im Reagenzglase ihre Freßtätigkeit aus- 144 GEORG MICHAKLIS, übten, brachten sie Leukocyten normaler oder gegen Streptokokken immunisierter Tiere mit Streptokokken zusammen. Sie konnten nun feststellen, daß nicht die geringste Phagocytose stattfand. Setzten sie jedoch Serum eines gegen Streptokokken immunisierten Tieres zu dem Leukocyten- und Streptokokkengemisch hinzu, so trat, gleichviel ob es sich um Leukocyten normaler oder immunisierter Tiere handelte, regste Phagocytose in Erscheinung. Diese Entdeckung Denys geriet trotz ihrer Bedeutung in Ver- gessenheit, der sie erst durch die Arbeiten NEUFELDs und seiner Schüler entrissen wurde, welche ihre Richtigkeit in jeder Beziehung bestätigen konnten*). Inzwischen hatte Leısuman im Jahre 1902 eine exakte Methode zur Messung der phagocytären Kraft des Blutes geschaffen, als er in einer Pipette gleiche Volumina einer Bakteriensuspension und aus dem Finger entnommenen Blutes aufsaugte, auf einem Objektträger sorgsam mischte, mit einem Deckglas zudeckte und auf 15 Minuten in einen Brutschrank von 37° brachte. In dem darauf gefärbten Prä- parat wurde die Zahl der in die polynukleären Zellen aufgenommenen Bakterien gezählt. Lrısuman fand nun bei Vergleich des Blutes von normalen mit dem immunisierter Menschen bei letzteren eine deutlich erhöhte Phagocytose. Diese Beobachtung bildete den Ausgangspunkt der diesbezüglichen Studien WrIGHTs und seines Schülers DovusLas, welche sie zur Ent- deckung der Opsonine und ihrer klinischen Verwendung führten. Indem sie Leukocyten, Staphylokokkenemulsion, normales und in- aktiviertes Serum in verschiedenen Kombinationen zusammenbrachten, konnten sie einwandfrei nachweisen, daß im Serum thermolabile Substanzen vorhanden sind, welche die Bakterien so umgestalten, daß sie von den Phagocyten aufgenommen werden können. Wir möchten an dieser Stelle erwähnen, daß uns bezüglich der Differenzierung der Tropine und Opsonine, ihrer Einreihung und Einschätzung gegenüber den anderen Immunkörpern die Stellungnahme NEUFELDS die am besten begründete zu sein scheint. Wir machen uns daher seine Einteilung im folgenden zu eigen: Tropine und Opsonine sind qualitativ verschiedene Körper sui generis. Die Tropine sind ther mostabile Immunkörper nicht- komplexer Art. Die Opsonine dagegen sind im normalen Serum vorhandene, thermolabile Stoffe komplexer Art, welche nur durch Zu- sammentreten von Komplement und Ambozeptor wirksam werden können; die zu ihnen gehörenden Immunopsonine sind spezifisch opsonische Ambozeptoren. Im übrigen verweisen wir auf die Darstellung NEUFELDs im Bd. II Kap. III: Bakteriotropine und Opsonine. Wir werden uns an dieser Stelle mit den diesbezüglichen Theorien nur so weit beschäftigen, als es der Zusammenhang und die Be- gründung der klinischen Anwendung erfordert. Wie Denys und später NEUFELD gezeigt haben, daß die Tropine durchaus spezifische Immunkörper sind und daher nur auf solche Bakterien wirken, die als ihre Antigene zu betrachten sind, so haben *) Ausführliche Darstellung der Versuche Bd. 2, Kap. III, NEUFELD, Bakteriotropine und Opsonine, S. 21ff. Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (OÖpsonine). 145 Bvrroch & WESTERN die Spezifizität der Opsonine im Blutserum nach- gewiesen. Sie konnten aus ihren verschiedenen Absorptionsversuchen ‘folgende Schlußfolgerungen ziehen: „Werden Staphylokokken mit normalem Menschenserum in Kon- takt gebracht und danach durch Zentrifugieren wieder entfernt, so verliert das Serum seine opsonische Kraft für die Staphylokokken, während die opsonische Kraft für den Bac. pyocyaneus erhalten bleibt. Bei Kontakt normalen Menschenserums mit Tuberkelbacillen bleibt die opsonische Kraft des Serums für die Staphylokokken so gut wie intakt, während sie für den Tuberkelbacillus vollständig verloren geht. Das gleiche ist der Fall bei Kontakt normalen Menschenserums mit Staphylokokken: die opsonische Kraft des Serums bleibt für Tuberkelbacillen intakt, während sie für den Staphylococcus verloren geht. Durch Impfung eines menschlichen Individuums mit Tuberkulin wird die quantitative Vermehrung des Tuberkelopsonins erzielt, wäh- rend die Menge der Staphylokokkenopsonine unverändert bleibt. Durch Impfung eines Menschen mit Staphylokokkenvaccin ent- steht quantitative Vermehrung des Staphylokokkenopsonins; das Tuber- kelopsonin dagegen bleibt unverändert.“ Was hier für Tuberkelbacillen, Staphylokokken und Bac. pyo- cyaneus nachgewiesen ist, gilt wohl für alle Bakterien. WRIGHT nimmt allein den Diphtherie- und den zur Pseudo- diphtheriegruppe gehörigen Xerosebacillus aus, doch behauptet Saver- BECK dagegen, für verschiedene Diphtheriestämme ohne Ausnahme typisches „Opsonin‘ gefunden zu haben. Es werden sich daher durch immunisatorische Behandlung auch gegen alle übrigen Bakterienarten Immunopsonine und Tropine bilden lassen. Die Bildung gerade dieser Antikörper steht aber nach WRIGHT in engster Beziehung zu den Heilungsvorgängen im infizierten Körper. Er sieht diese phagocytosebefördernden Serumstoffe als ausschlag- gebenden Faktor für die natürliche Immunität und die Widerstands- fähigkeit des Körpers gegenüber der Infektion an, wie denn auch wirk- lich eine weitgehende Uebereinstimmung zwischen dieser und dem Grad der Phagocytose im menschlichen Organismus besteht. Auf diese Anschauungen und Tatsachen baut WRIGHT seine spe- zifische Bakteriotherapie der Infektionskrrankheiten auf. Weil nun aber nach seiner Ansicht die quantitativen Verhältnisse der bakteriotropen Substanzen im Organismus parallel gehen mit dem Grade der Phagocytose der durch sie beeinflußten Bakterien, so er- sann er eine Methode, welche es ihm ermöglichte, die Größe der Phago- cytose, d. h. „die opsonische Kraft des Blutes“ zu bestimmen. So schuf er mittels einer ingeniösen Technik den „opsonischen Index‘, indem er die Parallelität der Phagocytose in vitro und in vivo als erwiesen annahm. .Die Richtigkeit dieser Voraussetzung auch bei den Tropinen zeigen sowohl die schon oben erwähnten Experimente von Dexys & LECcLEr, als auch die besonders beweiskräftigen Versuche UnGERMAanNs über Tropine mit typischen und atypischen Pneumokokkenstämmen bei Mäusen (cf. Bakteriotropine und Opsonine, S. 55). Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 10 146 GEORG MICHABLIS, Die folgende Darstellung fußt einerseits auf der Arbeitsweise, wie wir sie in Wrıchrts Laboratorium im St. Mary-Hospital zu London kennen gelernt haben, andererseits entspricht sie WRIGHTS neuesten Angaben in seinem Buche: „Technique of the teat and capillary glass- tube“, London 1912*),. Dıe Abbildungen im Text wurden mit Erlaubnis des Autors eben diesem Buche entnommen; mein verbindlichster Dank sei ihm auch an dieser Stelle ausgesprochen. Der opsonische Index. Der „opsonische Index‘ drückt das Verhältnis der phago- cytären oder opsonischen Kraft des kranken Blutes zur phagocytären oder opsonischen Kraft des normalen Kontrollblutes aus. Jedes dieser beiden Verhältnisse wird durch die „phagocytic count“ (Freßzahl) bestimmt. Die Freßzahl bedeutet die Durch- schnittszahl von Bakterien, welche von den Leukocyten unter dem Einfluß eines opsonischen Serums aufgenommen werden. Sie wird gefunden, indem man die Menge der in 100 Leukocyten enthaltenen Bakterien zählt und die gefundene Anzahl durch 100 dividiert. — Finden sich z. B. bei dem zu untersuchenden Serum in 100 Leukocyten 150 Bakterien, im Normalserum jedoch in der gleichen Anzahl Leukocyten 300 Bakterien, so ist die „phagocytic count“ für das Krankenserum 1,5; für das Normalserum 3,0; der opso- nische Index beträgt also 1,5:3,0 = 0,2. Um diese Bestimmungen machen zu können, gebrauchen wir: 1. das zu untersuchende Patientenserum, 2. eine Bakteriensuspension, 3. Leukocyten, 4. das Kontroll- oder Normalserum. Zu 4. sei bemerkt, daß wir gewöhnlich zu den Untersuchungen zwei Kontrollsera gebrauchen, falls es sich aber um Coliinfektionen handelt, drei bis vier nehmen. Es geschieht dies deshalb, weil der Coli- Opsoningehalt normaler Sera größeren Schwankungen unterworfen ist, da ja alle Organismen die Colibacillen als Saprophyten beherbergen. Gewinnung des Serums. Das Serum wird aus dem Blute des Fingers in folgender Weise gewonnen: es wird um den Daumen ein Gummischlauch oder eine Binde ziemlich fest angelegt, so daß nur die Endphalanx frei bleibt. Man sticht nun unterhalb des Nagels auf der medianen Seite ein (cf. Abb. 1), indem dazu am besten das ausgezogene Ende einer Kapsel (Abb. 2), die zur Aufnahme des Blutes dient, benutzt wird. Man fertigt dieselbe aus Glasröhrchen an, deren Durchmesser 0,5 cm, deren Wandung nicht mehr als 0,6 mm betragen soll. Die Kapazität der fertigen Kapsel ist etwa 1/, ccm. Man bricht nun beide Enden derselben ab und bringt den offenen gebogenen Schenkel an den Blutstropfen. — Das Röhrchen wird sich nun infolge der kapillaren Attraktion und Saugwirkung *) Dieses Buch erscheint demnächst in deutscher Uebersetzung im Verlage von Gustav Fischer, Jena. Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 147 sofort zu füllen beginnen. Ist dies bis zur Hälfte geschehen, so genügt es. Man schmilzt das Röhrchen über der Sparflamme des Bunsenbrenners zu, indem man den Teil der Kapsel, welcher das Blut enthält, zwischen die Finger nimmt. Dies geschieht in genügender Entfernung von der Flamme, um das Blut durch dieselbe nicht schädigen zu lassen. Da man hierbei die Luft in dem leeren Teil des Kig. 1. Röhrchens erwärmt hat, so wird sich, wenn die ausgedehnte Luft sich wieder zusammenzieht, die Blutsäule aus dem gebogenen Schenkel in das Innere des Röhrchens zurückziehen. Die so frei gewordene Biegung verschließt man, falls man das Serum nicht gleich unter- suchen will, am besten mit Wachs oder Siegellack. Ein Zuschmelzen Fig. 2. des Röhrchens auch auf dieser Seite ist wegen der dabei nicht zu ver- meidenden Schädigung des Blutse zu unterlassen, da hier das Ende der Kapsel in zu großer Nähe desselben liegt. Der Bildung des Serums in der Kapsel muß man genügende Zeit lassen. Dieselbe kann beschleunigt werden, wenn man das Röhrchen auf etwa 10 Minuten in den Brutschrank bei 37° bringt. Um jede Beimischung von Blutkörperchen, welche den opsonischen Index be- einflussen, auszuschließen, ist es am besten, die Kapseln nach völliger Gerinnung des Blutes in die Zentrifuge zu bringen. Man erlangt so die größte Menge reinen Serums. Um Verwechslungen zu vermeiden, versieht man die einzelnen Kapseln mit Nummern oder Etiketts. Ein Serum, das Spuren von Hämolyse zeigt, ist besser von dem Versuche 10* 148 GEORG MICHAKLIS, auszuschließen. — Auf gleiche Weise wird das Kontrollblut von zwei oder mehr Individuen entnommen, von denen man genau weiß, dab sie sich den zu untersuchenden Bakterien gegenüber normal verhalten. Die Opsonine in dem Serum bleiben nach den Angaben WRrIGHTs zwei und mehr Tage erhalten, falls die Kapseln im Dunkeln aufbewahrt werden. Herstellung der Bakterienemulsion. Die zu den Emulsionen verwandten Bakterienkulturen sollen, so- fern es sich um Gonokokken und coliforme Bakterien handelt, nicht älter als 12 Stunden sein. Alle übrigen sollen 24 Stunden, die Tuberkelbacillen 10—14 Tage alt sein. Die Emulsionen für die Versuche müssen homogen, d. h. die einzelnen Bakterien durchaus von- einander getrennt sein. Bei leicht trennbaren Bakterien, z. B. den coliformen, geht man in folgender Weise vor: Man bringt physiologische Kochsalzlösung auf die schräge Fläche der Agarkultur und löst die Bakterien mit der Platinöse vorsichtig von derselben ab. Hierauf wird das Röhrchen einige Minuten aufrecht hingestellt, damit die gröberen Bakterien- partikel zu Boden sinken. Die darüberstehende Bakteriensuspension wird mit einer Pipette bis in den weiten Hals derselben aufgesaugt, der an seiner Basis abgeschmolzen wird, um das so entstandene Röhrchen, wenn nötig, in die Zentrifuge bringen zu können. Die nach dem Zentrifugieren über dem Sediment stehende Flüssigkeit gibt eine gebrauchsfertige Emulsion. Ob ihre Dichtigkeit zweckentsprechend ist, stellt man durch den sogenannten „trial trip“, den Vor- versuch, fest, auf dessen Bedeutung wir später zurückkommen. Bei Staphylokokken zerreibt man eine große Oese der Kultur in einem Uhrgläschen mit der angefeuchteten Kuppel eines Reagenz- glases unter tropfenweisem Zusetzen von Kochsalzlösung. Die vor- handenen gröberen Partikelchen werden ebenfalls durch Zentrifugieren entfernt. Von Tuberkelbacillen nimmt man eine 7—10 Tage alte Glyzerinbouillonkultur, und sterilisiert sie durch kurze Erhitzung im strömenden Dampf; dann wird dieselbe auf einen Papierfilter ge- bracht und mit steriler Kochsalzlösung gewaschen. Der Filter wird darauf mit den auf ihm befindlichen Bacillen in den Brutschrank zum Trocknen gebracht. Nachdem dies geschehen, werden die Bakterien in einem Glasfläschcehen aufbewahrt, in welchem sie sich dauernd brauchbar erhalten. Um von ihnen eine Emulsion zu bekommen, bringt man 10 mg in einen Mörser und zerreibt sie unter tropfenweisem Zu- satz einer 1-proz. Kochsalzlösung, bis die Bakterien eine dicke, klebrige Paste bilden. Man reibt 3—5 Minuten unter Hinzusetzen von im ganzen 20 Tropfen Kochsalzlösung weiter, bis in dem Mörser eine dicke Emulsion entstanden ist. Diese wird mittels einer Pipette in ein Zentrifugierröhrchen ge- gebracht, Mörser und Pistill mit Kochsalzlösung abgewaschen und die ursprüngliche dicke Emulsion bis zu einem Volumen von 1 cem damit verdünnt. Dann zentrifugiert man 1!/, Minuten, um die Bakterien- klumpen zu entfernen. Die dann überstehende Flüssigkeit wird mittels Pipette in ein Zentrifugierröhrchen gebracht und wiederum zentrifugiert, um so eine gebrauchsfertige Bakterienemulsion zu er- halten. Die hierzu nötige Zentrifugierzeit schwankt zwischen 3—20 Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 149 Minuten. Nach beendetem Zentrifugieren beträgt die Menge der über- stehenden Suspension ungefähr 0,5 ccm. Sie wird abpipettiert, in ein kleines Röhrchen gebracht und, falls es nötig ist, beim Gebrauch ver- dünnt. Darüber entscheidet wieder der Vorversuch. Besonders gefährliche Infektionskeime, wie Pest-, Maltafieber und Rotzbakterien tötet man erst mit einer starken Formalinlösung ab, bei Rotz muß sie 40-proz. sein. Die in der Formalinlösung suspendierten Bakterien werden in ein Zentrifugierröhrchen gebracht, zentrifugiert und das überstehende For- malin entfernt. Dann werden die Bakterien nochmals in Kochsalz- lösung gewaschen, wieder abpipettiert und schließlich aus ihnen mit Kochsalzlösung eine Emulsion angefertigt. Alle Bakterienemulsionen bleiben, falls man sie im Eisschrank auf- bewahrt, 24 Stunden brauchbar. Herstellung der Leukocytenemulsion. Wir verwenden ausschließlich menschliche Leukocyten, welche der Untersuchende aus seinem eigenen, auf die oben beschriebene Art ent- nommenen Fingerblut erhält. Man füllt kleine Glasröhrchen, wie sie die Abb. 3 zeigt, zu °/, mit 1,5-proz. Natrium- Citratlösuug, um die Gerinnung des Blutes zu B verhindern, von dem 5—6 Tropfen hinzugefügt werden. Zur sofortigen Lösung und gleich- mäßigen Verteilung kippt man das zwischen Daumen und Zeigefinger gehaltene Röhrchen mehrmals um; ein heftiges Hin- und Herschütteln darf nicht stattfinden. Dann kommt das Röhr- chen in die Zentrifuge; die Zeitdauer des Zen- trifugierens richtet sich nach der Blutmenge und der Umdrehungszahl der Zentrifuge. Es darf keinesfalls zu lange zentrifugiert werden, schon 20 Sekunden Differenz können eine die Leuko- cyten schädigende Zusammenklumpung derselben hervorrufen. Man zentrifugiert so lange, bis die Flüssigkeitssäule fast völlig klar ist, pipettiert vor- sichtig unter sorgfältiger Schonung der in Form eines grauen Schleiers auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen liegenden Leukocyten ab. Nun fügt man eine der früheren Flüssigkeit entsprechende Fig. 3. Menge physiologischer Kochsalzlösung hinzu und kippt abermals zur gleichmäßigen Verteilung des ausgewaschenen Blutes das Röhrchen mehrere Male vorsichtig um. Das Zusammenklumpen der Blutkörperchen durch zu langes Zentrifugieren läßt sich vermeiden, indem man darauf achtet, daß die Blutmenge am Boden des Röhr- chens nach dem Zentrifugieren etwa dem Volumen der vorher zu- gefügten entspricht. Das kann man richtig abschätzen, falls man sich parallel der Oberfläche der Citratlösung eine Marke an der Wand des Röhrchens anbringt (vgl. Abb. 3). Ist nun die über den Blutkörperchen stehende Kochsalzlösung nach der zweiten Waschung sorgfältig mittels einer Pipette mit Gummikäppchen entfernt, so ist das so erhaltene Blutkörperchen- | LS TIITLL TITTEN ETTETTTTIEITSTTETTELFETTTESDIPTPTPELTLUITTE RS TTUTT TEL TEETET 150 GEORG MICHABLIS, gemisch gebrauchsfertig, nachdem man das Röhrchen mehrere Male schnell zwischen den Handflächen hin und her gerollt hat. Durch diese Prozedur wird eine gleichmäßige Mischung der roten und weiben Blutkörperchen erreicht. Eine brauchbare Leukocytenemulsion soll nach Wriıcnr folgenden Anforderungen entsprechen: 1. „In dem fertig zentrifugierten Röhrchen soll das Verhältnis der überstehenden Flüssigkeit zu den Blutkörperchen annähernd 40:60 Proz. betragen.“ | 2. „Ein Präparat der Emulsion soll unter dem Mikroskop die Leukoeyten als isolierte, unter den roten Blutkörperchen gleichmäßig verteilte Elemente zeigen.“ 3. „Ein Gemisch gleicher Volumina der Emulsion mit einem fremden normalen Serum darf bei 370 durchaus keine Spuren von Agglutınation aufweisen.“ Das letztere muß sein, weil bei vorhandener Agglutination die Indexbestimmung ungenaue Resultate gibt. — Dieses Blutkörperchen- gemisch hält sich bei Zimmertemperatur vom Morgen bis zum Abend unverändert, nach 24 Stunden jedoch ist es, auch wenn es im Eis- schrank aufbewahrt wird, nicht mehr brauchbar. Fig. 4. Nachdem wir uns so die verschiedenen Substanzen, welche zur Herstellung der Präparate zur Bestimmung des opsonischen Index dienen, sorgsam vorbereitet haben, benutzen wir zu ihrer Mischung Pipetten, welche wir uns in folgender Weise herstellen: Wir nehmen Glasröhrchen, welche einen äußeren Durchmesser von 5—7 mm, einen inneren von 3—5 mm haben, und zerschneiden sie in 9 cm lange Teile (cf. Abb. 4). Wir erhitzen nun ihre Mitte über der Bunsen- flamme in einer Ausdehnung von 2 cm Länge, bis sie rotglühend und weich wird und ziehen dann außerhalb der Flamme das Röhrchen langsam bis zu einer Länge von etwa 35 cm auseinander. Ueber der Flamme teilen wir es in zwei gleiche Hälften und erhalten so zwei sich völlig entsprechende Mischpipetten, welche zum Gebrauch stets mit genau passenden Gummikäppchen versehen werden (vgl. Abb. 5). Wir markieren nun am ausgezogenen, rechtwinklig abgeschnittenen Ende der Pipette eine Stelle, welche 2—2,5 cm vom Ende entfernt ist. Zur Herstellung der Präparate saugen wir nun mit der Pipette zuerst aus dem Röhrchen mit der Leukocytenemulsion, nachdem wir dasselbe zwischen den Handflächen hin und hergerollt haben, eine Flüssigkeits- menge, welche bis zu der Marke reicht, auf. Dann lassen wir diese Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 151 in der Pipette um 1,5—2 mm steigern und erhalten so eine Luftblase, welche die erste von der folgenden Flüssigkeitssäule trennt. Diese besteht aus der Bakterienemulsion, welche wiederum bis zur Marke aufgesaugt wird. Darauf wieder ein Steigenlassen der Flüssigkeit, eine Luftblase, und zuletzt folgt die gleiche Serummenge (cf. Abb. 4). Die Reihenfolge der Flüssigkeiten wird so gewählt, weil Leukocytenemulsion und Bak- terien keinesfalls durch das Serum irgendwie verunreinigt werden dürfen. Ebenso reinigt man das Ende der Pipette jedesmal, bevor man es von einer in die andere Flüssigkeit taucht. Jetzt wird eine sorgfältige Mischung der drei verschiedenen Substanzen vorgenommen: o Man drückt die ganze Menge in ein Glas- 5 schälchen aus, saugt sie dann wieder auf und wiederholt dieses Verfahren wenigstens 6 bis 8mal. Dann läßt man die jetzt rötlich gefärbte Flüssigkeitssäule so hoch steigen, dab ein genügend langes Ende der Pipette übrig bleibt, um sie, ohne das Gemisch zu schädigen, in der Flamme abzuschmelzen. Darauf kommt die Pipette, nachdem man das Gummihütchen ab- genommen hat, in den Brutschrank bei 37°. Die Dauer des Ver- weilens im Brutschrank soll im allgemeinen 15 Minuten, niemals aber unter 10 Minuten betragen. Eine Ausnahme machen Gonokokken und coliforme Bakterien, da sie im Leukocyten schnell verdaut werden können. Die Versuchsdauer wird durch die Dichtigkeit der Bakterien- suspension reguliert und am besten durch den Vorversuch ausprobiert. Nach der durch ihn festgestellten Zeit nimmt man die Pipette aus dem Brutschrank, bringt ein perforiertes — das Loch macht man an der auf dem Bilde sichtbaren Stelle — Gummikäppchen (cf. Abb. 5) auf dieselbe, um den in der Pipette vorhandenen Luftdruck nicht zu ver- ändern und schneidet das zugeschmolzene Ende derselben ab. Hierauf wird die Flüssigkeit auf die oben angegebene Weise wieder sorgfältig gemischt und ein kleiner Tropfen derselben auf einen Objektträger nahe der linken Kante gebracht. Man wählt dazu die konvexe Seite desselben, weil sich auf ihr der Blutstropfen leichter ausbreiten läßt, und weil seine konkave Seite fest auf dem Objekttisch des Mikroskops aufliest. Diese Eigenschaft des Objekt- trägers wird festgestellt, indem man ihn auf eine ebene Glasplatte legt und in eine drehende Bewegung versetzt, ihn „tanzen“ läßt. Liegt er auf der konvexen Seite, so dreht er sich natürlich mehrere Male um sich selbst, liegt er auf der konkaven, so tut er dies nicht. Um nun den Objektträger völlig zu entfetten und ge- brauchsfertig zu machen, wird seine konvexe Seite mit allerfeinstem Schmiergelpapier nach der Längsrichtung hin rauh gemacht und darauf sorgfältig gereinigt. Zum Ausbreiten des Blutstropfens wird der sogenannte spreader verwandt. Er wird auf folgende Art erhalten: Man nimmt einen möglichst dünnen, geschliffenen Objektträger, macht mit dem Glasmesser etwa in der Mitte an den Längsseiten sich gegenüberliegende Einkerbungen und bricht ihn unter Druck und Zug, indem man beide Daumen an der Verbindungslinie der Kerben Fig. 5. 152 GEORG MICHABLIS, aneinander stellt, in zwei Stücke. Das eine wird dann gewöhn- lich eine konvexe, das andere dementsprechend eine konkave Bruch- fläche haben. Nur das letztere ist brauchbar, falls die Konkavität sehr schwach und gerade noch wahrnehmbar, die Bruchfläche glatt und scharf ist (cf. Abb. 6). Den brauchbaren spreader bringt man, nachdem man noch beide Ecken der Bruch- fläche abgebrochen hat, um den Ausstrich weniger breit als den Öbjektträger zu erhalten, als den linken Rand des Blutstropfens. Dann wird er wenig hin und her bewegt, damit sich das Blut an seiner Kante ausbreitet, und ohne Druck und leicht in einen spitzen, nach der Ausstrichseite offenen Winkel von etwa 45° bis zum anderen Ende des Objektträgers geführt (vgl. Abb. 7). Die Konkavität des spreaders schützt zunächst die Blutkörperchen gegen direkten Druck, ferner bleiben die kleineren roten, welche unter ihr durch- Fig. 6. schlüpfen können, zurück. Die größeren weißen werden fast sämtlich, da erst zuletzt die Dicke der Blutschicht so abgenommen hat, daß auch sie durchschlüpfen können, an das Ende des richtig angefertigten Ausstriches (Abb. 8 auf Taf. II) gebracht, wo sie dann in großer Anzahl zusammenliegen und sich so leicht zählen lassen (cf. farbige Tafel I, Präparat No. 1). 7 Fig. 7. Das Präparat wird, falls es Tuberkelbacillen oder leicht zerstör- bare Bakterien enthält, wenige Sekunden über Formalin gehärtet. Präparate mit nicht- säurefesten Bakterien werden, lufttrocken, 1/, bis 1 Minute in gesättigter Sublimatlösung fixiert, dann unter fließendem Wasser abgewaschen. Gefärbt werden sie mit unverdünntem Karbol- thionin 17 Minute, mit verdünntem 2—3 Minuten. Wir ersetzen das Karbolthionin durch die Lörrtersche Methylenblaulösung. Die Tuberkelbacillenpräparate färbt man 10 Minuten mit kochen- dem Karbolfuchsin, wäscht sie unter fließendem Wasser ab und ent- färbt ungefähr 20 Sekunden mit 2,5-proz. Acidum-sulfuric.-Lösung, darauf abermalige Abwaschung;; um nunmehr ein besseres Hervortreten der Leukocyten zu erzielen, wird das Hämoglobin der roten Blut- körperchen mit 4-proz. Essigsäure entfernt; nach abermaliger Waschung wird die Kontrastfärbung mit alkalischer Methylenblaulösung her- gestellt. Die fertigen Präparate werden sorgfältig mit Fließpapier abgetrocknet und darauf, um alle Spuren von Wasser zu entfernen, in den Brutschrank gebracht. Feuchtigkeitsspuren würden das Prä- parat beschädigen. fi u er ee er ng u Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 153 Wir weisen nochmals ausdrücklich darauf hin, daß zwecks Richtig- keit der Resultate alle Ausstriche in gleicher Weise ge- macht, genau dieselbe Zeit im Brutschrank gewesen und mit den gleichen Reagenzien behandelt sein müssen. Man fertigt von jedem Serum zwei Präparate an, um, falls das eine irgendwie nicht gelingt, das andere in Reserve zu haben. Das erste derartig mit Normalserum hergestellte Präparat bildet den sogenannten „trial trip“, den Vorversuch. Derselbe muß stets gemacht werden, um sich zu überzeugen, ob die drei zu dem Ver- such nötigen Bestandtteile völlig den Anforderungen entsprechen. Vor allen Dingen sollen wir uns durch den Versuch ein Urteil darüber bilden, ob die Dichtigkeit der Bakterienemulsion richtig ist. In einem guten Präparat soll bei den Tuberkelbacillen die „phagocytic count“ 1,2—2 betragen, d. h. in 100 Leukocyten sollen bei normalem Serum 120—200 Bacillen gefressen sein (cf. farbige Tafel, Präparat No. 2). Ferner soll man innerhalb des Präparates keine Bakterien- oder Leukocytenklumpen finden. — Bei den anderen Bakterien soll die Freßzahl 2—5 betragen (cf. farbige Tafel, Präparat No. 3). Das Zählen der in die Phagocyten aufgenommenen Bakterien muß sehr sorgfältig und mit absoluter Ehrlichkeit vorgenommen werden; natürlich erfordert es sehr große Uebung; am besten ist es, wenn man gar nicht weiß, welche Präparate man vor sich hat, ob die des Pa- tienten oder die Kontrollpräparate. Im allgemeinen werden 5 Gruppen von je 20 Leukocyten, und zwar ausschließlich polynukleäre gezählt. Die so erlangten Bakterien- zahlen dürfen nur etwa innerhalb 10 Proz. voneinander differieren. Ist der Unterschied ein größerer, so müssen zum Ausgleich wenigstens 150—200 Leukocyten gezählt werden. Natürlich werden alle berück- sichtigt, gleichviel ob sie gefressen haben oder nicht. Vereinzelte mit Bakterien vollgepfropfte Phagocyten werden unberücksichtigt gelassen. Man muß sich stets vor Augen halten, daß der opsonische In- dex eine relative Zahl ist, d. h. daß eine absolut gleichmäßige Zählung bei Kontroll- und Patientenserumpräparaten eine conditio sine qua non ist. Findet man in den Präparaten zahlreiche vollgepfropfte Leukocyten, so genügen sie nicht (vgl. farbige Tafel, Fig. 4). Der opsonische Index wird nun mit den so gefundenen Zahlen folgendermaßen bestimmt: Nehmen wir an, wir hätten in dem einen Kontrollpräparat in 100 Leukocyten 296 Staphylokokken, in dem zweiten 304 gefunden, so wäre die Durchschnittszahl 300, die Freßzahl im Normalserum also 3. Ferner, wir hätten im Präparat vom Pa- tientenserum in 100 Leukocyten 150 Staphylokokken gefunden, die Freßzahl beträgt also hier 1,5. Der opsonische Index ist infolge- dessen 1,5:3 = 0,5, d. h. er ist halb so groß als die Norm. Von vielen Autoren ist auf die Unzuverlässigkeit dieser Index- bestimmung hingewiesen worden; ihre Begründung ist im Kapitel „Bakteriotropine und Opsonine“ nachzulesen. Unsere persönlichen Erfahrungen, die sich über viele tausend Indexbestimmungen erstrecken, stimmen nicht damit überein. Genau nach den Vorschriften WrıcHnts angefertigte Präparate haben uns immer durchaus genaue Resultate ergeben. In diesem Zusammenhang weise ich hier nur auf zwei Arbeiten, hin, die eine vonW.Busse, welche sich mit „derFehlergröße und 154 GEORG MICHAGLIS, den Fehlerquellen im Opsoninversuch“ beschäftigt. Dieselbe ist bei der Diskussion über diese Frage unseres Erachtens viel zu wenig gewürdigt worden. Der Autor kommt bei Erwägung und kri- tischer Sichtung aller möglichen Variationen zu einem Versuchsfehler, der nur ausnahmsweise bis zu 20 Proz. betrug, also klinisch durchaus zu verwerten war. Die andere Arbeit ist die von NEISSER & GUERRINI. Auch sie kommt zu dem Resultat: „Die Wrısnutsche Methode der Bak- terienzählung ist bei einiger Uebung sehr verläßlich.“ Ich möchte einige Zahlen, die ich in meinen Präparaten gefunden habe, anführen. Zwei aufeinanderfolgende entsprechen jedesmal dem Ergebnis der Zählung von ein und demselben oder zwei aufeinander eingearbeiteten Zählern bei zwei Präparaten von demselben Serum. Die Zahlen gelten für Normalserum mit Tuberkelbacillen: 192—191, 153—154, 207—213, 191—199, 194—19, 167—171. Die folgenden Angaben gelten für Staphylokokkenpräparate. In demselben Präparate enthielten die ersten 100 Leukocyten 210 Staphylokokken, das zweite Hundert 212. In dem Parallelpräparate das erste Hundert 202, das zweite 203 Staphylokokken. Diese vor- trefflichen Resultate werden natürlich nur bei absoluter Genauigkeit und völliger Beherrschung der Technik der Anfertigung der Präparate erreicht. Der opsonische Index in der Diagnostik und Therapie. Mittelst dieser eben geschilderten Technik wurde von WRIGHT und seinen Mitarbeitern die Bestimmung des Opsoningehaltes des Blutes sowohl bei gesunden wie erkrankten Menschen ausgeführt. Burrocnh fand bei 66 verschiedenen Normalseris im Durch- schnitt einen opsonischen Index von 0,96. Kein opsonischer Index war unter 0,8, keiner über 1,2. Die von mir gefundenen entsprechenden Werte betrugen mit we- nigen Ausnahmen 0,9—1,1. Im Gegensatz hierzu wurde bei an Staphylokokkeninfektion oder Tuberkulose Erkrankten der Index fast stets niedriger als die Norm gefunden; bei den ersteren betrugen die Werte 0,2—0,8, bei Tuberkulose 0,4—0,9. WrıicHT & Reıp konnten ferner feststellen, daß, falls mehrere Messungen des Opsoningehaltes des Blutes gegenüber den Tuberkel- bacillen immer einen subnormalen Index ergaben, ein Fall von lokalisierter Tuberkulose vorlag. Ebenso erwies ein stets sub- normaler Index gegenüber Staphylokokken eine lokali- sierte Staphylokokken-Infektion. Fand man bei einer Reihe von Untersuchungen mit Tuberkel- bacillen den Index bei demselben Individuum schwankend, also bald subnormal, bald normal, bald über die Norm, so konnte man mit Sicher- heit das Vorhandensein einer allgemeinen Tuberkulose an- nehmen. War der Index gegenüber Tuberkelbacillen stets normal, so konnte man ebenso sicher sagen, daß eine tuberkulöse Erkrankung irgend- welcher Art auszuschließen ist. So besitzt die Bestimmung des Index eine diagnostische Be- deutung nur im spezifischen Sinne. Der stets normale Index beweist ein Freisein des Organismus von einer Infektion. Der sub- Ge of ZT Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 155 normale Index wird zum charakteristischen Zeichen dafür, dab die Schutzstoffe im Serum aufgebraucht und nicht mehr in normaler Menge vorhanden sind. Der schwankende Index zeigt an, daß von einem Krank- heitsherde aus zeitweiser oder dauernder Uebertritt von Bakterien oder deren Giften stattfindet — ein Verhalten, das WRIGHT „Auto- Inokulation“ nennt. Durch sie wird im Organismus ein Reaktions- prozeß angeregt, dessen wechselnde Ergebnisse durch die Schwan- kungen des Index angezeigt werden. Diese „Auto-Inokulation“ soll man auch künstlich durch Massage oder kräftige Körperbewegung oder durch Bıersche Stauung hervorrufen und so zur Diagnosestellung verwerten können. Können wir uns z. B. über die tuberkulöse oder die gonorrhoische Natur einer Arthritis nicht klar werden, so wird zunächst der Index der Patienten gegen Tuberkelbacillen und Gonokokken bestimmt. Falls er keine Entscheidung bringt, legt man die Bıersche Binde auf ca. 1 Stunde an, um so durch eine am Sitz der Bakterieninfektion ge- schaffene Hyperämie eine Auto-Inokulation des Organismus hervorzu- bringen. Das gelingt und die Diagnose wird dann durch die charakte- ristische Schwankung zwischen dem ersten und zweiten Index be- stimmt. Blieb der tuberkulo-opsonische Index konstant, während der gono-opsonische schwankte, so handelt es sich um eine Arthritis gonorrhoica. Auch der im Verhältnis zu dem desSerums niedrige Index der Gewebsflüssigkeit des Krankheitsherdes läßt sich zur Dia- gnose verwerten. Seine Herabsetzung erfolgt hier, weil die Opsonine durch die im Uebermaß vorhandenen Bakterien gebunden sind und sich nicht so schnell wieder ergänzen können. Hai z. B. bei einer Peritonitis mit Exsudat die Punktionsflüssig- keit einen erheblich niedrigeren Index gegen Tuberkelbacillen als das Serum des betreffenden Patienten, so ist die Diagnose auf Peri- tonitis tuberculosa zu stellen. Schließlich sei noch auf die Nutzbarmachung der thermo- labilen Eigenschaft der Opsonine zur Diagnose hingewiesen. Ein Serum, daß trotz seiner Erhitzung auf 60° während 10 Mi- nuten gegenüber bestimmten Bakterien eine deutlich phagocytose- befördernde Wirkung hat, muß die spezifischen Immunkörper dieser Bakterien enthalten, sei es, daß diese durch einen Infektionsprozeb oder durch spezifische Behandlung geschaffen wurden. Wie im vorhergehenden die diagnostische Bedeutung des opsonischen Index gewürdigt wurde, so kommt ihm auch eine prognostische zu. Wir können uns dadurch, daß wir an den Patienten zu verschiedenen Zeiten die Indexbestimmung vornehmen, ein Urteil über die Schwere der Infektion und ihren Verlauf bilden. Sinken des Index — Sinken der Widerstandskraft des Organismus, Steigen des Index — Erhöhung derselben. Ist der Index schließlich stets von normaler Höhe, so können wir annehmen, daß die Krank- heit beendigt, die Heilung eingetreten ist. Die wichtigste Bedeutung hat jedoch der opsonische Index, wenn er zur Kontrolle der bakteriotherapeutischen Behandlung angewandt wird, welche ja, wie oben gezeigt (cf. BuLLocH & WESTERN) stets mit einer Vermehrung der Opsonine einhergeht. Hier hat er zur 156 GEORG MICHAELIS, Bestimmung und Erläuterung des Begriffs der „negativen Phase“ geführt. Man weiß seit langem, daß der Organismus bei der aktiven Im- munisierung auf die Einführung eines Antigens um so heftiger re- agiert, je größer die Dosis war. Die Reaktion zeigt sich lokal an der Injektionsstelle und allgemein durch Temperaturanstieg, Störung des Allgemeinbefindens, Gewichtsabnahme etc. Im Blute kann man dabei ein Absinken des Antikörpergehaltes beobachten (BRIEGER & EHR- LICH). Diese vorübergehende Periode verminderter Resistenz des Orga- nismus nennt WrIGHT die „negative Phase“. Sie erklärt sich dadurch, daß die eingeführten Antigene nicht nur die im Blute frei umherkreisenden, sondern auch die im Zellprotoplasma befindlichen Ambozeptoren besetzen. So wird der Organismus durch die Neuzufuhr von Antigen eines Teiles seiner Abwehrstoffe beraubt, bis sie durch die Wirkung eben dieser Antigenzufuhr kompensatorisch im Ueber- maße neugebildet und in die Blutbahn abgestoßen werden. Diese letztere auf die „negative Phase“ folgende Periode nennt WRIGHT die „positive Phase“. Sie ist konform mit der in ihr eintretenden Steigerung der Schutzstoffe im Serum durch einen erhöhten opsonischen Index charakterisiert, während es die „negative Phase“ entsprechend der Verminderung ebendieser Stoffe durch einen niedrigeren opsonischen Index ist. Die positive Phase setzt sich nach WRIGHT zusammen aus Flut und Ebbe, wobei er unter Flut das Ansteigen der opsonischen Kurve, unter Ebbe ihr Sinken zur Norm in die Gleichgewichtslage ausdrückt. & Ke2) SS > Ei S de EN [q>) — -. ww, 4 S SS. Ebbe IERT, R ® +: ; B 08 [= == _ [a>) ige) ler Der opsonische Index gewährt also die Möglichkeit, die Dauer der negativen Phase genau zu bestimmen, was für eine erfolgreiche aktive Immunisierung von großer Bedeutung ist. Nimmt man nämlich während der negativen Phase eine neue Inoku- lation des Vaccins vor, so wird durch dieselbe keine Vermehrung der schutzbildenden Antikörper angeregt, sondern diese werden im Gegen- teil noch mehr herabgedrückt, was sich wiederum durch die Bestim- mung des opsonischen Index beweisen läßt. So ist die jetzt allgemein gültige Einschiebung von Intervallen zwischen die einzelnen Injek- tionen bei der aktiven Immunisierung oder Immunotherapie wohl haupt- sächlich eine Frucht der Wricutschen Studien über die „negative Phase‘. Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 157 Es soll jedoch nicht versäumt werden, darauf hinzuweisen, dab man auch früher auf empirischem Wege zu den gleichen Ergebnissen gekommen war; man wartete das Abklingen der Reaktion ab, bevor man zu einer neuen Injektion schritt. Der Kern einer einwandsfreien Vaceinetherapie ist also, die richtige Dosis zur richtigen Zeit zu in- jizieren, ein Ziel, welches in vollkommener Weise nur mit Hilfe der Indexbestimmung zu erreichen ist. Hierbei kommt es uns zu statten, daß die Vaccins gezählte, genau dosierbare Bakteriensuspensionen sind. Die immu- nisatorische Wirkung verschieden großer Mengen Vaccins im mensch- eeTeffetgfefetzfzfetzfefefefefeisfefstzfsfefzfsfelzfetsfefelefgfeteferetet 5 GET=Tzfefelzfefzfefs] ‚ = Zu H [I] BuBBunE 1 elalsielajafejaje] \ Ä 5 1 SE SPPbeL | messe esse HET SBe5azanas ajalsjelealefejofajelajmjan) BES GEDaBE 3 617 Selsfelsjefislaleleisieeisiehel HH Euuau PrrIeH HH lichen Organismus können wir an der Hand nebenstehender Kurven erkennen, welche einem Abdruck der Arbeit von MATTHEws aus dem „Lancet‘‘, September 1908 entnommen sind. Kurve I demonstriert das Resultat der Injektion einer ganz kleinen Dosis. Keine negative Phase, sofortige positive Phase, die aber nur von kurzer Dauer ist, da am 5. Tage die Aktion schon be- endet, die Kurve zu ihrer Ausgangshöhe zurückgekehrt ist. Kurve Il zeigt die Wirkung einer mittelgroßen Dosis. Sofortige negative Phase von 24-stündiger Dauer, große positive Phase, die erst am 10. Tage beendet ist. Kurve III entsteht bei Anwendung einer großen Vaccinedosis. Sofortiger Eintritt der negativen Phase, die sich ständig vertieft und nicht einmal mehr die Höhe des Ausgangspunktes erreichen kann. Es ist klar, daß das Paradigma der II. Kurve am vorteil- haftesten für eine erfolgreiche Therapie sein wird, eine sehr lange positive bei einer ganz kurzen negativen Phase. — No. I wird nur in Frage kommen, wenn wir auch die kleinste negative Phase ver- meiden müssen oder wenn wir den durch eine zu große Dosis an- gerichteten Schaden wieder gut machen und aus der negativen in die positive Phase kommen wollen. No. III kommt nur zur Anwendung, wenn ein Furunkel so weit vorgeschritten, daß eine Resorption nicht mehr möglich ist. Dann ist eine große Dosis am Platz, um ein schnelles Reifwerden und Aus- stoßen des Pfropfens zu erzielen. Eine kleine Dosis injizieren wir daher nur in akuten Fällen mit lokalem Herde und bei generalisierter Ausbreitung der Infektion, wie z. B. bei septischen Erkrankungen, auch wenn sie chronisch ver- laufen. 158 GEORG MICHAELIS, Mittelgroße Dosen nehmen wir bei allen Fällen chronischer lokaler Infektionen, nachdem wir kleine vorausgeschickt haben. Also kleine Dosen bei schwerer Krankheit, mittelgroße bei leichterer Erkrankung. Wichtig wurde es für die Anwendung der aktiven Immunotherapie, daß WriıcHTt durch seine Indexbestimmung nachweisen konnte, dab Impfmengen, denen man wegen ihrer Kleinheit jede immunisatorische Wirkung absprach, solche durchaus haben. WricHt beginnt z. B. bei geeigneten Fällen Tuberkulinkuren mit /,0000 mg BE., und er kann auch mit dieser kleinen Dosis eine deutliche Erhöhung des opsonischen Index erreichen. Was nun die Vacceins angeht, so benützt man zwei verschiedene Arten, die sogenannten autogenen und die Stamm-(stock)- vaccins. Eine autogene Vaccine wird ausschließlich von dem aus dem Patienten gezüchteten Infektionserreger, eine Stammvaccine aus ver- schiedenen Bakterienstämmen derselben Art, welche die Infektion hervorgerufen hat, hergestellt. Falls es gelingt, den Infektionskeim aus dem erkrankten Organis- mus reinzuzüchten, soll man den Patienten stets mit einer autogenen Vaccine behandeln. Denn sie bietet die meiste Garantie, die wirk- samsten spezifischen Schutzstoffe gegen den Infektionserreger bilden zu können; auch erzeugen im allgemeinen die frisch aus dem Körper stammenden Bakterien ein besseres Antigen als die längere Zeit auf künstlichem Nährboden fortgezüchteten. Gelingt es nicht, den für die Infektion verantwortlichen Keim zu erlangen, so bedient man sich der Stammvaccine. Man kann dies bei Staphylokokkeninfektionen mit befriedigendem Erfolge tun, ebenso bei Behandlung gonorrhoischer Komplikationen. Abgesehen davon, dab es bei einer Arthritis gonorrhoica gewöhnlich unmöglich ist, den schuldigen Gonococcus zu erhalten, sind die Re- sultate mit einer polyvalenten Gonokokkenvaccine völlig befriedigend. Auch Streptokokkeninfektionen müssen, wenn nicht anders mög- lich mit polyvalenter Vaccine behandelt werden. Natürlich sollen sie möglichst polyvalent sein; ich verweise betreffs ihrer Zusammen- setzung auf die weiter unten folgende Darstellung der Vaccineberei- tung. Drängt die Behandlung, so wird man mit Injektionen einer Stammvaccine beginnen, um dann nach Fertigstellung der autogenen mit dieser fortzufahren. Zur Bekämpfung der Coliinfektionen können jedoch nur autogene Vaccins zur Anwendung kommen, weil gerade die Colibakterienzellen im Bau ihrer Rezeptorenapparate zu große Ver- schiedenheiten voneinander aufweisen können. Deshalb darf nur der aus dem Körper selbst gezüchtete Bacillus zur Bereitung der Vaccine verwandt werden. Die Vaccins werden stets subkutan injiziert; als Injektionsstelle wird der Rücken zwischen den Schulterblättern oder die Bauchhaut an der Flanke gewählt. So wird ein Antigendepot geschaffen, welches auf längere Zeit das gesunde Gewebe zur Bildung der spezifischen Schutzstoffe anregen soll. Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 159 Wir bevorzugen eine durchaus milde Immunisierungs- methode, die möglichst reaktionslos verlaufen soll; unsere damit erzielten Resultate sind durchaus gute. Ich will an dieser Stelle kurz darauf eingehen, ob die Vaccine- therapie auch ohne fortlaufende Bestimmung des opsonischen Index ausgeübt werden darf. Meiner Ansicht nach ist es für denjenigen, welcher als Anfänger diese Therapie erfolgreich anwenden will, von großem Werte, die mühsame und zeitraubende fortlaufende Index- bestimmung während der Behandlung nicht zu scheuen, denn nur so wird er einen Einblick in die Wirkungsweise der Antigene und einen Maßstab für die immunisatorischen Vorgänge gewinnen. Späterhin wird er dann öfters auf Grund seiner hierbei ge- wonnenen Erfahrungen und durch genaue Registrierung aller kli- nischen Symptome auf den opsonischen Index verzichten können. Ein- zelne Fälle wird es jedoch immer geben, bei welchen auch der geübteste Immunisator auf den opsonischen Index angewiesen ist. Ich rechne hierher vor allem Allgemeininfektionen, wie septische Erkrankungen, bei denen die Schaffung einer negativen Phase den Organismus schwer schädigen kann. Hier kann man manchmal durch tägliche oder wenigstens häufige Inokulation besonders kleiner Dosen auffallende Besserung des Ail- gemeinbefindens und Temperaturabfall erreichen. Die Höhe der Dosis, die Inokulationszeit bei Behandlung dieser akuten, besonders gefähr- lichen Fälle immer richtig zu wählen, ist ohne den opsonischen Index unmöglich. Hat man es dagegen mit chronisch verlaufenden, im Augenblick nicht gefahrdrohenden Krankheiten zu tun, so wird sich auch von dem praktischen Arzt die Behandlung nach einem gewissen Schema, das von Sachverständigen aufgestellt ist, erfolgreich durchführen lassen. Ich denke hierbei vor allem an chronische Staphylokokkeninfek- tionen wie Furunkulose, an Tuberkulose, Arthritis gonorrhoica, Coli- pyelitis. Sehr schwer ist es nun, im allgemeinen anzugeben, wie vieler Millionen Bakterien man sich bei der einzelnen Injektion während der Vaccinationstherapie bedienen soll, da die anzuwendende Menge einer- seits von der Virulenz der Vaccine, andererseits von dem Befinden und der Reaktionsfähigkeit des zu behandelnden Organismus ab- hängig ist. Die folgenden Angaben sollen daher nur einen ungefähren Wegweiser für den abgeben, der die gefahrlosen Pfade im Gebiet der Vaccinetherapie zu wandeln beabsichtigt. Sie gelten zunächst nur für lokalisierte chronische Infek- tionen bei Erwachsenen, bei Kindern müssen die Dosen herab- gesetzt werden. Die Anfangsdosis, welche bei chronischen Staphylokokkenerkran- kungen im allgemeinen ohne jede Reaktion gegeben werden kann. beträgt 50 Millionen, nach 4 Tagen steigt man um 50 Millionen, in- jiziert nach einem abermaligen Intervall von 6 Tagen 150 und steigt nun alle 8 Tage um 50 Millionen, bis man die Maximaldosis von 500 Millionen erreicht hat. Also kleine Dosen — kleinere Inter- valle; große Dosen — große Intervalle. Eine autogene Vaccine wird im allgemeinen kräftiger wirken als eine Stammvaccine. 160 GEoRG MICHAKLIS, Führt man die Behandlung an der Hand des opsonischen Index durch, so wird man eine Bestimmung vor der Injektion machen, eine andere nach derselben, aber nicht in der negativen Phase, sondern in der Periode der Flut, in welcher man auch am besten die neue In- jektion vornimmt. Gewöhnlich ist bei mittelgroßen Dosen der richtige Zeitpunkt etwa 6—8 Tage nach der Injektion. Mit dem Steigen des opsonischen Index ist meist auch eine klinische Besserung des Kranken verbunden; bleibt er hartnäckig niedrig, so tritt entweder gar keiner oder ein sehr langsamer Fortschritt ein. Ohne Indexbestimmung wird man die Beendigung der Inokulation von den klinischen Erscheinungen der Besserung und Heilung abhängig machen. Diese Prinzipien gelten allgemein für die Bakteriotherapie sämt- licher Infektionskrankheiten. Will man eine Akne nicht nur mit Staphylokokkenvaceine, son- dern auch mit solcher vom Unna-Sapouraupdschen Aknebacillus be- handeln, so stellt man sich eine Mischvaccine her, in der die Staphylokokken in der oben bezeichneten Zahl, die Aknebacillen in einer Anfangsstärke von 5 und allmählich ansteigend bis 10 Millionen enthalten sind. Das Prinzip der Mischvaccine findet ebenfalls im ganzen Gebiete der aktiven Immunotherapie seine Anwendung. So gibt es Mischvaccine aus Staphylokokken und Streptokokken, wie sie besonders bei Mischinfektionen der Lungentuberkulose (Ka- vernen etc.) angewendet werden. Auch bei den bacillären Infektionen der Harnwege findet man sehr häufig neben den Coli- und coliformen andere Bakterien, wie Proteus, Staphylokokken, Streptokokken, Pyocyaneus isoliert oder nebeneinander. Auch hier wird man, wenn erforderlich, Mischvaccins zur Therapie herstellen müssen. Die Anfangsdosis bei Streptokokken-, Gonokokken-, Coli- und Pneumokokkenvacecine beträgt im allgemeinen 5 Millionen ; man steigt nach dem oben beschriebenen Schema bei jeder Injektion um 5 Millionen bis zum Maximum von etwa 50 Millionen. Hat man keine Erfahrung über die toxische Wirkung eines Vaccins von Bakterien, mit denen man noch nicht immunisiert hat, so wählt man natürlich die Anfangsdosis ganz schwach, etwa bis 5 Millionen. Bewirkt eine Dosis eine zu kräftige Reaktion, so wiederholt man sie bei der nächsten Injektion oder geht sogar wieder etwas mit der Quantität herunter, bis sie vertragen wird. Der Vollständigkeit wegen will ich erwähnen, daß auch ein Fall von Aktinomykose vacceinotherapeutisch mit Erfolg behandelt worden ist. Ich selbst konnte bei einem allerdings sehr vorgeschrittenen keine Besserung erzielen. Die Anfangsdosis von 1/;ooo mg Aktinomykosesubstanz wird bei weiteren Injektionen um ein gleiches oder mehrfaches erhöht. Ueber die therapeutischen Ergebnisse der spezifischen Bakteriotherapie kann ich an dieser Stelle nur ganz kurz im folgen- den berichten. Staphylokokken-Infektionen. Bei der Furunkulose der Erwachsenen, den multiplen Abszessen der Säuglinge, wirkt die Vaccinationstherapie meist heilend; Akne Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine). 161 wird geheilt oder doch sehr gebessert, die Behandlung der Sykosis gibt keine befriedigenden Resultate. Gonokokken-Infektionen. Die Vaccinetherapie ist bei Arthritis gonorrhoica das souveräne Heilmittel. Sehr gute Erfolge werden bei chronischer Epididymitis erzielt, gute bei akuter Epididymitis, Prostatitis und rektaler Gonor- rhoe. Bei den übrigen gonorrhoischen Komplikationen (Adnextumoren, Vulvovaginitis etc.) ist die Inokulation zu versuchen. Auch hier läßt sich die Therapie durchaus ohne große Reaktionen durchführen ; bei Temperaturerhöhung werden kleine Dosen injiziert, die geradezu entfiebernd wirken. Coli-Infektionen. Hier kommen hauptsächlich diejenigen der Harnwege in Betracht. Wenn es auch selten erreicht wird, den Harn bakterienfrei zu be- kommen, so gelingt es doch fast immer, den Colibacillen ihren infek- tiösen Charakter zu nehmen und sie zu unschädlichen Saprophyten zu machen. Die so störenden Fieberanfälle hören auf, ebenso die Reiz- zustände der Blase, es schwinden die Eiterkörperchen im Urin; die Colibakterien selbst erleiden eine deutliche Veränderung. Dies demon- strieren in einwandfreier Weise die drei beigegebenen Mikrophoto- gramme. Taf. II, No.1 zeigt die unverändertenisolierten Bak- terien im Urinsediment vor der Behandlung; No. 2 stellt denselben Fall nach einer Vaccination von mehreren Wochen dar; die Bakterien im Sediment sind aufgequollen und zeigen sich überall als längere oder kürzere Fäden; No. 3: es sind nur Konvolute aus zu- sammenhängenden Bakterien (Praunprersche Fadenbildung) sichtbar. Während der Immunisierung sind also spezifische Stoffe im Organismus entstanden, welche die Entwickelung der Bakterien hemmen und sie degenerieren. Streptokokken-Infektionen. Es handelt sich hier hauptsächlich um Erysipel, Phlegmone, Endocarditis und septische Erkrankungen. Die Erfolge der Therapie sind schwankend, es wird über gute und schlechte Resultate be- richtet. Wir haben die Vaccinationstherapie bei Scharlachkompli- kationen ohne Erfolg versucht. Aus Rußland wird jedoch über glänzende prophylaktische Erfolge mit der Scharlach-Streptokokken- vaccine von GABRITSCHEWSKY berichtet. Zusammenfassend möchte ich sagen, daß, so lange die Chemo- therapie trotz vielverheißender Anfänge in der Therapie der ba- cillären Infektionskrankheiten noch nicht erfolgreicher ist, wir die spezifische Bakteriotherapie nicht werden entbehren können. Bei vorsichtigem, sachverständigem Gebrauch kann sie niemals schaden, nur Nutzen bringen; wir werden deshalb ihre Anwendung dringend empfehlen müssen. Herstellung der Bakterienvaccine. Wie schon gesagt, unterscheiden wir zwei Arten von Vacecine: eine polyvalente, die sogenannteStamm-(stock)vaccine, welche Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 11 162 GEORG MICHAEBLIS, aus verschiedenen Bakterien derselben Art, und eine autogene, die aus dem Infektionskeim des Patienten selbst hergestellt wird. Man legt von dem letzteren gewöhnlich 3 Platten an, um so isolierte Kolonien zu erhalten. Von diesen werden mehrere Schrägagarröhrchen beimpft. Bei Staphylokokken und coliformen Bak- terien genügen 2—3, bei Streptokokken oder Pneumokokken 4—6 Röhrchen. Die Coli- und coliformen Kulturen sollen 10 Stunden, die übrigen 24 Stunden bei 37° alt sein, bevor sie verwandt werden. In dringlichen Fällen werden 6—8 Stunden alte Kulturen genügen. Bevor wir sie verarbeiten, müssen wir uns unter dem Mikroskop über- zeugen, daß wir Reinkulturen vor uns haben. Ist das der Fall, so bringt man ein paar Kubikzentimeter Kochsalzlösung in das erste Agarröhrchen, löst die Kultur sorgfältig mit der Platinöse ab und gießt dann vorsichtig durch die abgeglühte Oeffnung in das zweite Röhrchen über, das man ebenso behandelt wie das erste, und von dort aus in das dritte. Die so erhaltene Bakteriensuspension wird in ein steriles Reagenzröhrchen gebracht, dasselbe zugeschmolzen und in einen Schüttelapparat überführt, dessen Abbildung No. 6 in dem Kapitel „Methoden der aktiven Immunisierung“ im 2. Band, S. 65 zu finden ist. In diesem Schüttelapparat wird die Suspension 5 bis 10 Minuten lang geschüttelt. Haften die Bakterien sehr fest zu- sammen, so wird die Lösung erwärmt und ihr außerdem Natr. bicarb. zugesetzt. Sind dann noch Klumpen vorhanden, so läßt man sie sedimentieren oder zentrifugiert sie. Zur Auszählung der Zahl der Bakterien in 1 ccm der Sus- pension nimmt man eine der oben beschriebenen Mischpipetten, sticht in den Finger, saugt ein bestimmtes Volumen Blut auf und fügt das gleiche Volumen Suspension hinzu. Dies eine genügt, wenn wir an- nehmen können, daß die Dichtigkeit der Suspension ungefähr der der roten Blutkörperchen im Kubikzentimeter entspricht. Durch Uebung lernt man es ungefähr abschätzen. Glaubt man, daß die Suspension nicht dicht genug ist, so nimmt man zwei oder mehr Volumina der- selben. Das Schrumpfen der roten Blutkörperchen beim Trocknen der Ausstriche läßt sich durch Hinzufügen destillierten Wassers ver- meiden, dessen Menge der der Bakteriensuspension entsprechen muß. Da nun eine Berührung der roten Blutkörperchen mit dem destillierten Wasser Hämolyse hervorrufen würde, so werden zunächst Suspension und destilliertes Wasser gemischt, dann erst werden die roten Blut- körperchen hinzugefügt. Zur sorgfältigen Mischung wird das so er-. haltene Gemenge einige Dutzend Male mit der Pipette aufgezogen und ausgestoßen. Dann wird ein Tropfen desselben auf einen Objekt- träger, der zuvor mit Schmirgelpapier abgerieben und gereinigt ist, gebracht. Mit einem andern Objektträger wird dieser Tropfen in möglichst dünner und gleichmäßiger Schicht ausgebreitet. So werden 2—3 Präparate angefertigt und lufttrocken in gesättigter Sublimat- lösung fixiert; dann Waschen in fließendem Wasser und Färben mit Karbol-Thionin- oder Lörrterscher Methylenblaulösung. In einem gelungenen Präparat soll dieZahl der roten Blutkörper- chen und der Bakterien, die voneinander möglichst getrennt sein müssen, annähernd die gleiche sein. Zur Zählung nimmt man am besten ein Okularmikrometer, oder man teilt das Okular durch einen (Grlasfaden. oder aufgezeichnetes Kreuz in mehrere Felder, die sich Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Opsonine), 163 leichter abgrenzen und bestimmen lassen. Natürlich muß man alle Felder völlig nach den gleichen Prinzipien zählen, um ein brauch- bares Resultat zu erzielen. Die Menge der zu zählenden Blutkörper- chen richtet sich nach der Gleichmäßigkeit der Zahlergebnisse der einzelnen Gesichtsfelder. Ich zähle gewöhnlich 600—1000 Blut- körperchen. Nehmen wir an, wir haben 600 rote Blutkörperchen und 840 Bakterien gefunden. Da wir nun wissen, daß in 1 ccm Blut 5000 Millionen roter Blutkörperchen sind, so können wir folgende Gleichung aufstellen: 600 5000 Millionen 80 X __ 840-5000 Mill. z; 600 oder 7000 Millionen in 1 ccm. Sehr praktisch ist die Art, wie M. Neısser die Zählung vornimmt. Er mischt mittelst der WriscHTtschen Pipette 1 Volumen Blut, 1 Vo- lumen 1,5-proz. Natriumeitrat und 1 Teil Bakterienemulsion sorg- fältig und fertigt daraus auf die oben beschriebene Weise Präparate an. Dann zählt er stets 480 oder 500 rote Blutkörperchen, wie er 4,5 oder 5 Millionen rote Blutkörperchen in 1 cmm menschlichen Blutes annimmt. Die Gleichung wird dadurch sehr vereinfacht; nehmen wir an, es sind in dem gewählten Gesichtsfeld 500 rote Blut- körperchen und 670 Bakterien gefunden worden, dann ist, wie oben gezeigt, 670 X 5000 Mill. En 500 und in einfachster Ausrechnung in 1 ccm 6700 Millionen Bakterien. Sterilisiert wird die Vaccine im Wasserbade bei 55—60° Ü auf die Dauer von mindestens 20 Minuten. Bei Typhusvaccine geht man nicht über 55°, Staphylokokken bleiben 1 Stunde im Wasser- bade. Zum Gebrauch werden Verdünnungen der Vaccine mit 1/,-proz. Karbol- oder !/,-proz. Lysollösung hergestellt. Gebrauchsfertig sind sie nach Prüfung ihrer Sterilität, indem man kleine Mengen von ihnen auf Agar- und in Bouillonröhrchen bringt, welche man 24 Stunden bei 370 im Brutschrank läßt. Nach Angaben von MarrHews werden im WrıcHTschen Labo- ratorium folgende Vaccine angefertigt Staphylokokkenvaccin aus frischen virulenten Kulturen von Staphyl. aureus und citreus in 3 Stärken: 100 Mill.., 200 Mill., 500 Mill., pro Kubikzentimeter. Streptokokkenvaccin aus frischen Erysipel-Streptokokken in 2 Konzentrationen: 5 Mill. und 10 Mill. pro Kubikzentimeter. Gonokokkenvaccin aus Kulturen von erprobt immunisierender Wirksamkeit in 2 Stärken: 5 Mill. und 10 Mill. pro Kubikzentimeter. Aknevaccin 8 Mill. pro Kubikzentimeter. Mischvaccin für Aknebehandlung: 8 Mill. Aknebacillen, —- 200 Mill. Staphylokokken pro Kubikzentimeter. Typhusvaccin in 2 Konzentrationen: 1000 Mill. und 2000 Mill. pro Kubikzentimeter. Als Tuberkelvaccin verwendet WricHrt die Kocnsche Ba- cillenemulsion, und zwar in 2 Stärken: U,ooo mg und !/,ooo mg pro Kubikzentimeter. KI8 164 GEORG MICHABLIS, Von der Erfahrung ausgehend, daß eine schonende Abtötung der Bakterien ihre Fähigkeit der Antikörperbildung erhöht, habe ich bei der Herstellung meiner Impfstoffe dieselben zuletzt nur bei 53—55° C sterilisiert. Neuerdings wähle ich keine Temperatur über 53° C, meine Gonokokkenvaccine töte ich bei 40° C ca. 1 Stunde lang ab. Ich möchte dabei auf eine Mitteilung von Commıns-London auf der dies- jährigen Versammlung des Royal Institute of Public Health zu Berlin verweisen. Mit bei 530 C hergestellter Typhusvaccine wurden viel bessere Resultate bei der Schutzimpfung erzielt, als mit solcher, die bei 60° © sterilisiert wurde. Streptokokkenvaccine stelle ich nach dem Vorgehen von WEAVER & TunnıcLırr so her, daß ich 24 Stunden alte, bei 35% ge- wachsene Kulturen in 25-proz. Galaktoselösung suspendiere und sie 48-72 Stunden im Brutschrank bei 37° halte. — Die so erhaltene sterile Streptokokkensuspension wird über Calciumchlorid bei Zimmer- temperatur eingetrocknet und im Eisschrank für den Gebrauch auf- bewahrt. Nach den Tierexperimenten von W. & T. schützen die Antikörper, welche von dieser Vaceine erzeugt werden, viel mehr als die des bei Hitze sterilisierten Streptokokken-Impfstoffs. Die Stammvaceins werden aus frischen und schon älteren Kul- turen hergestellt. Die letzteren füge ich hinzu, um von den Stämmen derselben Art möglichst viele verschiedenen Ursprungs verwenden zu können; denn je mehr Rezeptoren wir in unserer Vaccine haben, von um so größerem Immunisierungswert wird sie sein. So werden zur Staphylokokkenvaccine 12—15 meist hämolytisch wirkende Staphylococcus-aureus-Stämme verwandt. Hinzu kommen noch Staphylo- coceus albus und eitreus. Sie stammen aus Fällen von Furunkulose, Phlegmone, Osteomyelitis, Akne etc. Die Streptokokken-Stammvaceine enthält über 20 verschiedene Stämme, herstammend aus dem Blute Scharlachkranker, Sepsis, Puer- peralsepsis, Phlegmone, Erysipel, Endocarditis, Urin, Druse etc. Warum zur Bekämpfung der Coliinfektionen nur autogene Vacceine verwendet werden können, habe ich oben auseinandergesetzt. Meine Staphylokokkenvaccine enthält im allgemeinen 500 Mil- lionen Staphylokokken in 1 ccm, die Streptokokkenvaccine 50 Mil- lionen Bakterien, ebenso die Gonokokken- und Colivaceine. Die Haltbarkeit der Vaccins erstreckt sich über gut 3 Monate, innerhalb dieser Zeit sind sie durchaus wirksam; sie dürfen nicht dem Licht zu sehr ausgesetzt werden und werden am besten an einem kühlen Ort aufbewahrt. Literatur. Dee N N Tape gonorrhoischer Prozesse. Deutsche med. Wochenschr., IOIZENLEI Busse, W., Ueber die Fehlergröße und die Fehlerquellen im Opsoninversuch. Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 13. Dönıtz, W., Die Behandlung der Lungentuberkulose. Zeitschr. f. ärztl. Fort- bildung, 1904, Nr. 13. FRIEDLÄNDER & REITER, Vaccinebehandlung gonorrhoischer Komplikationen. Berl. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 36. FROMME, Untersuchungen über die Erfolge der Vaccinediagnostik und -therapie bei entzündlichen Adnextumoren. 14. Kongr. d. deutsch. Gesellsch. f. Gynäkol., 1911. Grundlagen u. Technik d. exper. spez. Bakteriotherap. (Öpsonine). 165 Heınsıus, Vaccinebehandlung der weibl. Gonorrhöe. NMlonatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 33. KaLLös, A., Praktische Erfolge in der Gonorrhöetherapie mit der Michaelisschen Gonokokkenvaceine. Allgem. med. Centralzeitg., 1912, Nr. 33. KUTNER, R., & SCHWENK, A., Der therapeutische und diagnostische Wert des Gonokokkenvaceins. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung, 1912, Nr. 5. MATTHEWS, J., Beiträge zur therapeutischen Verwendung von Stammvaceinen bei der Behandlung bakterieller Infektionen. Lancet, 26. Sept. 1908, London. MERKURIEW & SILBER, Die Anwendung der Gonokokkenvaccine bei Gonorrhöe. Klin.-therapeutische Wochenschr., 1911, ‘Nr. 29. 1 MICHAELIS, G., Die Lehre von den ÖOpsoninen in ihrer Bedeutung für die Praxis. Vers. deutsch. Naturf. u. Aerzte in Königsberg, 1910. 2— Die spezifische Behandlung der bacillären Infektion der Harnorgane. Folia serologica, Vol. 7, 1911. 3 — (WECHELMANN & MICHAELIS), Ueber die Behandlung der multiplen Abszesse 2 Säuglinge mit spezifischem Vacein. Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 30. 4— (JOCHMANN & MICHAELIS), Ueber neuere Gesichtspunkte der Scharlach- behandlung. Berl. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 20. NEISSER & GUERRINI, Ueber Opsonine und Leukostimulantien. Arb. a. d. Kgl. Inst. f. exper. Therapie zu Frankfurt a. M., 1908, H. 4. 1REITER, H., Ueber Vaccinetherapie. Berl. klin. Wochenschr., 1909, Nr. 29. 2 — a I Jue der Opsoninbestimmung. Deutsche med. Wochenschr., 1910, NT. 92. Rovsıng, Die Coliinfektion der Harnwege etc. Kopenhagen. TURBAN, K., & BAER, G., Opsonischer Index und Tuberkulose. Brauers Beiträge z. Klin. d. Tuberkulose, Bd. 10, H. 1, 1908. VAN DE VELDE, TH. H., Ueber spezifische Diagnostik und spezifische T'herapie der weibl. Gonorrhöe. 14. Kongr. d. deutsch. Gesellsch. f. Gynäkol., 1911. WEAWER & TUNNICLIFF, A study of streptococeus immunisation. Journ. of inf. diseases, Vol. 5, 1908. WOLFSOHN, G., Die Erfolge und Mißerfolge der Vaccinationstherapie. Berl. klin. Wochenschr., 1912, Nr. 49. en aren, Opsonine und Lungentuberkulose. Deutsche med. Wochenschr., ’ E- 155 dl. I WRIGHT, A. E., Handbook of the technique of the teat and capillary glass tube ete. London 1912. ®— Studien über Immunisierung und ihre Anwendung in der Diagnose und Behandlung von Bakterieninfektionen. Jena 1909. Wtrrr, Vacceinebehandlung bei Harnweginfektionen, Habilitationsschrift, Kopen- hagen 1912. Wynn, Opsonie treatment of aktinomycosis of lungs. Brit. medic. Association. Brit. med. journ., May 1907, p. 1119. Außerdem verweise ich auf das Literaturverzeichnis zu NEUFELDs Kapitel „Bakteriotropine und Opsonine‘“. 166 Fig. new GEORG MicHAüLıs, Grundlagen und Technik etc. Erklärung der Tafeln. Tafel I. Opsonischer Ausstrich nach WRIGHT. Die Leukocyten sind durch die Art des Ausstrichs fast sämtlich an den Rand desselben gebracht. HAUSE mit LÖFFLERscher Methylenblaulösung. Ausschnitt aus einem opsonischen Präparat, welches die Zahl von etwa 200 Tb.-B. in 100 Leukocyten enthielt. Färbung Karbolfuchsin und LöFFLErs Methylenblau. Ausschnitt aus einem opsonischen Präparat, welches die Zahl von etwa 250 Staphylokokken in 100 Leukocyten enthielt. Nicht verwendbares Präparat; da die Emulsion zu dick war, haben die Leukocyten zu viel Staphylokokken gefressen. Vorversuch. LÖFFLERsche Methylenblaulösung. Tafel“BE Mikrophotogramm eines Colibakterien enthaltenden Urinsedimentes vor der Vaceinationstherapie. Dasselbe Sediment nach mehrwöchentlicher Behandlung. Dasselbe Sediment wiederum mehrere Wochen später. Abbildung eines völlig gelungenen opsonischen Ausstrichs nach WRIGHT. R 3, 5° 1. wie: SILE na [£, 3 R, 77 “ Pi a) op. ) ® ir AB aA Dur 904 ® 008 ” a F 90 Rd 773 g\ Verlag von Gustav Fischer in Jena. si Handb. d. palhog. Mikroorganismen. 2. Aufl. Bd. IM. Verlag von ft @G. Michaälis, Bakteriotherapie. Taf. II. rt in Jena, u IV. Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. Von Prof. Dr. Hugo Apolant in Frankfurt a. M. Wenngleich sich die ersten tastenden Versuche, das Wesen der Geschwülste auf experimentellem Wege zu ergründen, bis in den Anfang des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen lassen, so ist diese Forschungsrichtung doch im wesentlichen als eine Errungenschaft der letzten anderthalb Dezennien anzusehen, denn erst in jüngster Zeit ist die Summe von Tatsachen ermittelt worden, die die experimentelle Erforschung der Tumoren zu einem gesonderten Zweige der Ge- schwulstlehre erhoben hat. Dieser späte Erfolg Dezennien hindurch vergeblich fortgesetzter Bemühungen erklärt sich teilweise aus den besonderen Schwierigkeiten des Gegenstandes, hauptsächlich aber daraus, dab es zunächst galt, die aus dem Altertum und dem Mittelalter überkommenen, unklaren Vorstellungen von dem Wesen der Geschwülste durch neue zu er- setzen, die erst auf Grund der großen anatomischen Entdeckungen in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gewonnen werden konnten. Indem sich die hervorragendsten Vertreter der biologischen Wissen- schaften, allen voran JoHANNnEs MÜLLER und VIRcHow, an diesen reformatorischen Bestrebungen beteiligten, erhielt die Lehre von den Geschwülsten ein festes Fundament, das die Möglichkeit auch eines weiteren experimentellen Ausbaues zuließ. Zunächst harrte jedoch eine große Fülle rein deskriptiver Fragen ihrer Erledigung, welche die Tätigkeit der Forscher fast vollkommen in Anspruch nahm. Erst nachdem in neuerer Zeit die Kenntnis des histologischen Geschwulst- baues bis zu einem Punkte gefördert ist, über die hinaus ein prin- zipieller Fortschritt auf rein. deskriptivem Wege zum mindesten zweifelhaft erscheinen muß, ist in verstärktem Grade das Bestreben erkennbar, der experimentellen Richtung einen frischen Impuls zu verleihen und die Errungenschaften aufblühender Schwesterwissen- schaften dem Ausbau der Geschwulstlehre nutzbar zu machen. Seit der zusammenfassenden Darstellung in der ersten Auflage dieses Handbuches hat die experimentelle Erforschung der Geschwülste eine bemerkenswerte Entwickelung durchgemacht. Der anfänglich etwas lockere Konnex mit der menschlichen Pathologie ist fester und inniger geworden; immer mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, dab die Resultate der experimentellen Forschung auch für viele Probleme der menschlichen Onkologie von Bedeutung sind, ein Fortschritt, der 168 Huco APoLanT, in denı Bestreben zahlreicher pathologischer Anatomen, eigene Er- fahrungen auf dem jungen Wissensgebiet zu machen, einen erfreu- lichen Ausdruck findet. Ein weiteres Charakteristikum der neuesten Krebsforschung ist darin zu sehen, daß sie neben einer tieferen Behandlung rein theo- retischer Probleme, insonderheit solcher der Geschwulstimmunität, sich mit Vorliebe und unverkennbarem Erfolg mehr praktischen Fragen diagnostischer und therapeutischer Natur zuwendet. Selbstverständlich macht die Forschung auf diesem letzteren Gebiet beim Tierexperiment nicht Halt, sondern erstreckt sich aus inneren und technischen Gründen sehr wesentlich auch auf die menschliche Pathologie. Im wesentlichen wird sich unsere Betrachtung auf die malignen Tumoren beschränken, die einerseits von jeher das Hauptinteresse der Autoren erweckt und sich andererseits so gut wie ausschließlich der experimentellen Erforschung zugänglich erwiesen haben. Ueber Geschwulsttransplantationen im allgemeinen. Unter allen experimentell angreifbaren Geschwulstproblemen ist die Frage nach der Uebertragbarkeit eines Tumors auf ein fremdes Individuum die nächstliegende und tatsächlich auch die erstgeprüfte. Prinzipiell ist bei diesen Versuchen zwischen Impfungen auf eine fremde und solchen auf die gleiche Species zu unterscheiden. a) Geschwulsttransplantationen auf eine fremde Species. Es liegt in der Natur der Sache, daß man sich hierbei vorwiegend menschlicher Tumoren bedient hat. Das Bestreben, den Krebs des Menschen auf Tiere zu überpflanzen, hat den Wandel der medizinischen Anschauungen überdauert und sich seit den ersten Versuchen Pey- RILHES im Jahre 1773 bis auf unsere Zeit erhalten. Trotz des Um- fangs der einschlägigen Literatur wird man in der Annahme nicht fehlgehen, daß nur ein kleiner Teil der wirklich ausgeführten Experi- mente veröffentlicht ist. LANGENBECK hat zuerst über ein angeblich positives Ergebnis nach Injektion im Blute aufgeschwemmter Krebsmassen in die Vena jugularis des Hundes berichtet. Trotz der am frischen Präparat vorgenommenen histologischen Untersuchung kann die Beobachtung der Kritik nicht standhalten, da sich die carcinomatöse Natur der ent- standenen Lungenknoten aus der Beschreibung LANGENBECKS nicht mit Sicherheit ergibt. Mit noch größerer Skepsis sind die Mitteilungen KLENcKES auf- zunehmen, der gequetschte Zellen eines frisch amputierten Mamma- carcinoms in die Brustwarze eines Schäferhundes, sowie intravenös einer Katze injizierte und angeblich im ersteren Falle nach 12 Wochen zwei erbsengroße Knoten von deutlicher Krebsgeschwulst, im letzteren Krebsmassen in den Lungen fand. Die Angaben wurden durch keine genaue mikroskopische Analyse erhärtet. Soweit die in Gemeinschaft mit ForLLın unternommenen Experi- mente LEBErTs überhaupt ein Resultat ergaben, handelt es sich um offenkundig infektiöse Prozesse, die sich in Herz, Leber und Lunge lokalisierten. Desgleichen läßt die angeblich gelungene Uebertragung Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 169 eines Oberkiefermarkschwammes auf den Hund durch WEBER kaum eine andere Deutung als die üppig wuchernder Granulationen zu. Auch die Resultate von Govyox und Quinauaup können nicht als gelungene Transplantationen angesehen werden. Alle diese aus der vorantiseptischen Zeit stammenden Versuche müssen die Kritik um so stärker hervorrufen, als die mehrfach wieder- kehrende Diagnose einer akuten Miliarcarcinose stets den Verdacht einer septischen Infektion erweckt, und andererseits eine Anzahl vorzüglicher Beobachter wie BILLROTH, WALDENBURG U. a. niemals einen Impferfolg konstatieren konnten. Freilich liegen auch aus neuerer Zeit Angaben über geglückte Transplantationen vor, die jedoch durchweg keine klaren Verhält- nisse darbieten und zum Teil sogar schwer "deutbare Besonderheiten aufweisen. So beobachtete Lanz nach Injektion einiger Tropfen eines Melano- sarkombreies in die Milz eines Hundes Ablagerung schwarzer Massen in Cutis, Muskulatur, Peritoneum, Milz, Leber, Darm, Serosa Nieren, Lungen und Epicard. Sonstige Sarkomtransplantationen blieben er- folglos. Reare überpflanzte, wie ich Lewıns Referat entnehme, erbsen- große Stückchen eines menschlichen Hautsarkoms auf Kaninchen. Erst nach zwei Jahren entwickelten sich Tumoren, die jedoch in ihrem histologischen Bau von der Ausgangsgeschwulst abwichen. Analoge Differenzen veranlaßten VıIscHER bei seinen scheinbar erfolgreichen Verimpfungen eines Melanosarkoms auf Kaninchen und Meerschweinchen, nur die Uebertragung des Pigments gelten zu lassen, das seinerseits reaktive Wucherungen auslöste. Sehr positiv lauten die Angaben über gelungene Transplantationen von GayLorp, der beim Hunde Leber- und beim Meerschweinchen Lungenknoten von carcinomatösem Bau erhalten haben will. Mit Recht bemerkt jedoch schon v. HaAnsEMann, daß die Krebsnatur der letzteren nicht erwiesen ist, zumal adenomatöse Bildungen in den Meerschwein- chenlungen nicht zu den Seltenheiten gehören. Eine . durch die genaue histologische Beschreibung doppelt be- merkenswerte Beobachtung verdanken wir Dacoxer. Dieser Autor injizierte eine zerriebene und in Wasser aufgeschwemmte Lymph- drüsenmetastase eines rezidivierenden Peniscarcinoms in die Bauch- höhle einer Ratte und sah nach einem Jahre Knoten in Netz und Leber auftreten, die gleich dem menschlichen Ausgangstumor als verhornende Plattenepithelcarcinome anzusprechen waren und nur in der Größe der Zellen abwichen. Die Richtigkeit der Beobachtung vorausgesetzt, ist dieser Fall unter allen in der Literatur verzeichneten unzweifel- haft derjenige, der am ehesten für die Uebertragbarkeit eines mensch- lichen Carcinoms auf Tiere zu sprechen scheint. Trotzdem halten wir es für geboten, auch ihm gegenüber die äußerste Skepsis walten zu lassen. Auffallen muß es ja auch, daß offenbare Strukturdifferenzen bestanden haben, da Dacoxer ausdrücklich angibt, daß die Zellen der Rattentumoren kleiner gewesen sind als die des verimpften Krebses. Immerhin ist mir aus der gesamten Literatur kein einziger Fall bekannt, der diesem Dacoxerschen vollwertig an die Seite gesetzt werden könnte. Ehe wir jedoch unter diesen Umständen in einer einzigen Beobachtung den Beweis der Uebertragbarkeit des mensch- lichen Krebses auf Tiere für erbracht erblicken, scheint uns die An- 170 Huco APOoLAnT, nahme eines Zufalls, daß gerade ein geimpftes Tier von einem ähnlich gebauten Carcinom befallen wurde, näher zu liegen. Ganz anders verhält es sich mit einem zweiten von DAGonET ge- meinsam mit MaucLaırE veröffentlichten Fall, in dem ein Zylinder- zellencarcinom des Rectum zunächst einer Ratte und der hier in der Bauchhaut entstandene Tumor einer zweiten Ratte erfolgreich ein- seimpft werden konnte. Hier zeigten die Impftumoren schon nach der Beschreibung und Abbildung der Autoren so durchgreifende Strukturunterschiede gegenüber der Ausgangsgeschwulst, daß wir der Kritik v. HanseMmanns, der sie als entzündliche Tumoren anspricht, unbedingt zustimmen müssen. Sehr schwierig ist die Beurteilung der von JüÜRGENs erzielten Impfresultate, da aus seinen wenig exakten Mitteilungen, wie schon v. HAnsEMAnN mit Recht eingewandt hat, ein klares Bild über die Ausgangstumoren, die Art der Impfung und das schließliche Resultat nicht zu gewinnen ist. In seinem ersten Falle handelt es sich um eigenartige, auf der Dura cerebralis und spinalis, sowie in der Nieren- kapsel und dem Nierenbecken lokalisierte Geschwülste, die histo- logisch fremdartige, von JÜRGENns als Coccidien gedeutete Bildungen aufwiesen. Bei einem mit diesen Massen geimpften Kaninchen wurden neben multiplen Knoten in den Lungen, Nieren, Nebenhoden, Mesenterialdrüsen und auf dem Peritoneum je ein größerer Tumor im Bulbus und in der Orbita beobachtet. Ueberall fanden sich die an- geblichen Coceidien. Auf pathogenen Organismen beruht nach JÜRGENS auch der zweite Fall, ein melanotisches Sarkom, das 36 Stunden post mortem auf Ka- ninchen erfolgreich übertragen wurde. Ferner berichtete .JÜRGENS über die gelungene Transplantation eines durch Operation gewonnenen Melanosarkoms in die Augen von Kaninchen und schließlich über die eines Myxosarcoma ovarii 24 Stunden post mortem, mit dem Erfolg, dab sich in Lungen und dem Darm des Kaninchens markige Ge- schwülste entwickelten. Die Resultate sind um so auffallender, als die Impfungen vor- wiegend mit Leichenmaterial vorgenommen wurden, ein Punkt, über den Jürgens offenbar durch die Annahme einer Parasitenübertragung hinwegkommen zu können glaubt. Mit welcher Vorsicht die Angaben über gelungene Transplanta- tionen menschlicher Careinome auf Tiere aufzunehmen sind, geht aus den Mitteilungen Mayrrts hervor. Dieser Forscher hat menschliche Carcinome und Sarkome in Glyzerin und Wasser mazeriert, den Brei durch Papier- oder Porzellanfilter filtriert und durch subkutane oder intraperitoneale Injektionen der so gewonnenen Flüssigkeit bei Ratten angeblich Nierencarcinome erzeugt. Die hieraus gezogenen Schlüsse, dab die menschlichen Krebse unabhängig von dem zelligen Bestand- teil ein Prinzip besitzen, das die Filter passiert und in den Ausschei- dungsorganen von Tieren, nämlich den Nieren, Carcinome erzeugt, sowie weiter, daß die Krebse nicht durch die Zellform, sondern nur durch die regellose Proliferation charakterisiert sind — eine These, die zur Erklärung der Carcinomgenese nach Sarkominjektionen not- wendig ist — entziehen sich jeder Kritik, wenn auch Mayer noch neuerdings bemüht ist, seine Anschauung experimentell zu stützen. Auch die angeblich erfolgreichen Experimente von FRANCOTTE & DE RECHTER, FIRKET und Dusoıss — der letztere will einen 570 g Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. at schweren Tumor erhalten haben — fanden keine allgemeine An- erkennung, zumal auch aus dieser Zeit eine Anzahl eingehender Unter- suchungen zu gänzlich negativen Resultaten führten. Neben Duvrrayv & Cazın, PawLowsky, Roux und METSCHNIKOFF U. a. nenne ich vor allem Fischer, der drei Fälle von Scirrhus mammae, neun andere Carcinome, ein kleinzelliges Sarkom des Oberarms, sowie ein Melano- sarkom subkutan, intravenös und intraperitoneal ohne jeden Erfolg auf Ratten überimpfte. Diese Erfahrungen decken sich vollkommen mit denen Stickers, dem es trotz, zahlreicher, an dem Enrricaschen Institut ausgeführter Uebertragungen menschlicher Carcinome auf die verschiedenen Laboratoriumstiere nie gelang, auch nur die Andeutung einer Geschwulstbildung zu sehen. Noch aus jüngster Zeit liegen gleichlautende Mitteilungen vor. So berichtet Barrkıewıcz über erfolglose Transplantationen mensch- licher Mammacarcinome auf Kaninchen. Die auf Peritoneum oder Leber geimpften Stücke wurden entweder glatt resorbiert oder in Cysten mit dem für Kaninchen charakteristischen käsigen Inhalt ver- wandelt. Mit der Uebertragung eines menschlichen Teratoms auf Affen erzielte JosLınG nur ein passageres Angehen von Knorpelgewebe, das in spätestens 18 Tagen resorbiert war. Impfung auf Ratten und Mäuse verlief ganz negativ. Nicht glücklicher war Mac ConneELL mit der Uebertragung eines menschlichen Coloncarcinoms auf Ratten, obwohl er in etwa S-tägigen Zwischenräumen viermal Scharlachöl in die Impfstelle injizierte. Erwähnt seien auch die sehr umfangreichen Versuche von ÜUHLENHUTH & Weıpanz, die die verschiedensten Tu- moren von Menschen, Hund, Rind und Maus auf Affen, Hunde, Meer- schweinchen, Kaninchen, Rind, Ratten und Mäuse ohne jeden Erfolg transplantierten. Demgegenüber fordern die aus neuester Zeit stammenden angeb- lich positiven Resultate zu schärfster Kritik heraus. So will Garcano beobachtet haben, daß bei der Uebertragung von Lippen-. Uterus- und Brustdrüsenkrebsen des Menschen auf Mäuse Geschwülste entstanden, deren Natur von der Impflokalität abhängig war, so dab das eine Mal Epitheliome, das andere Mal Adenocarcinome entstanden. Bei weiteren Impfungen sollen sich die Geschwülste zu Mischtumoren und Sarkomen umgewandelt haben, welche letztere nicht dauernd zu züchten waren. Augenscheinlich handelt es sich hier um starke reaktive Bindegewebsproliferationen. Endlich behauptet SrtraucH einen Brustdrüsenkrebs des Menschen auf Mäuse erfolgreich übertragen zu haben, doch gibt er selbst an, daß zwischen beiden Geschwülsten ein beträchtlicher Unterschied im histologischen Bau bestand. Eine eingehendere Berücksichtigung verdienen die Versuche Lr- wıns, deren ausführliche Schilderung einen Zweifel an den objektiv beobachteten Tatsachen nicht zuläßt. Lewın übertrug ein ungemein schnell wachsendes operativ gewonnenes Ovarialcarcinom einer 72- jährigen Frau auf einen Hund, der kurze Zeit vorher von BLe£ıcH- RÖDER zu anderen 'Experimenten benutzt und als absolut gesund be- funden worden war. Bei der Sektion zeigte sich in der Narbe ein größerer Tumor, während das ganze Peritoneum mit zahllosen bis stecknadelknopfgroßen Knötchen besetzt war. Es gelang Lewın, den Tumor in Generationen weiterzuzüchten, wobei der Geschwulst- 172 Huso APrOoLANT, charakter stärker hervortrat. Nach intravenösen Injektionen konnten zahlreiche Lungenknoten, sowie vereinzelte Herde in Leber und Niere beobachtet werden. Die histologische Untersuchung ergab ein sarkomartig gebautes Gewebe, in dem neben vereinzelten Spindel- zellen konstant größere endothelartige Zellen gefunden wurden. Bei der Deutung des überaus interessanten und in dieser Form noch nicht erhobenen Befundes betont der Autor zunächst, daß der im Organismus des Hundes entstandene Tumor kein Carcinom ist und einen absolut anderen Bau aufweist, wie der verimpfte mensch- liche Ovarialkrebs. Ja er gibt sogar zu, dab die bei dem ersten Hunde, sowie einige der in den späteren Generationen erzeugten Neubildungen sich von entzündlichen histologisch nicht unterscheiden. Andererseits veranlaßt ihn der Charakter der meisten Impfknoten, die Diagnose echter Blastome aufrecht zu erhalten. Für den Zusammenhang der- selben mit dem ursprünglichen Carcinom bleibt ihm nur die An- nahme übrig, „daß der Erreger aller dieser Veränderungen beı den Hunden durch die Uebertragung von menschlichem Krebsmaterial auf den ersten Hund und von dort auf alle weiteren Hunde übertragen worden ist“. Vorsichtigerweise läßt er die Frage, „ob dieser Parasit in einen Zusammenhang mit dem primären Carcinom steht, oder ob er nur ein zufälliger Begleiter der Geschwulst ist“, absolut offen. Wenn nun aber, wie Lewın ausdrücklich bemerkt, die Hunde- geschwülste nicht einfach aus transplantierten Zellen hervorgegangen sind, und auch der Beweis nicht zu erbringen ist, daß in diesem Falle das ursprüngliche Carcinom und das neu entstandene Sarkom auf demselben Virus beruhen, so kann begreiflicherweise die ganze Be- obachtung so lange als sie vereinzelt bleibt, nichts zur Entscheidung der Frage beitragen, ob menschliche Tumoren erfolgreich auf Tiere zu transplantieren sind. Ob ein zweiter von Lewın mitgeteilter Fall, bei dem es sich um die Uebertragung eines operativ entfernten Üervix- carcinoms auf die Ratte handelt, als Analogon des eben besprochenen aufzufassen ist, muß um so mehr bezweifelt werden, als die Ge- schwülste nur zu Bohnengröße wuchsen und nicht dauernd gezüchtet werden konnten. Müssen wir auf Grund der bisher vorliegenden Erfahrungen entschieden bestreiten, dab der Beweis der Uebertragbarkeit mensch- licher Tumoren auf Tiere und in weiterer Fassung von Tumoren über- haupt auf die fremde Species erbracht ist — denn die wenigen in der Literatur verzeichneten Fälle von angeblich gelungener Ge- schwulstübertragung auf artfremde Tiere, wie die von KLENCKE, LE- BERT und FoLLın u.a., können nicht als beweisend angesehen werden — so halten wir es doch für unzulässig, alle angeblich positiven Erfolge einfach mit dem Schlagwort „Granulationsgeschwulst‘“ abzutun. Offen- bar sind die von den verschiedenen Autoren erhaltenen Resultate nicht gleichwertig zu beurteilen. Schon oben wurde bemerkt, daß nament- lich bei den in der vorantiseptischen Zeit angestellten Versuchen eine Tumorbildung vielfach durch infektiöse Prozesse vorgetäuscht sein dürfte, und sicherlich wird man andere Fälle nur mit der Annahme von Granulationsgeschwülsten erklären können. Für diejenigen Tier- tumoren ferner, denen speziell eine karzinomatöse, von dem des ver- impften menschlichen Krebses jedoch mehr oder weniger abweichende Struktur zugesprochen wird, kommt die Möglichkeit einer zufälligen Koinzidenz analog gebauter Geschwülste stark in Frage. Diese Mög- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 173 lichkeit hat schon Vırcnow für den LanGengeckschen Fall zuge- lassen und sicherlich dürfte auch v. Hansemann im Recht sein, wenn er den von Gaytorp beschriebenen Lungenknoten eines geimpften Meerschweinchens als spontan entstandenes, gutartiges Adenom an- spricht, das von ihm und STERNBERG öfter bei diesen Tieren beobachtet worden ist. Zweifelhaft bleibt es, ob mit den erwähnten Annahmen alle be- schriebenen positiven Impfresultate erklärt sind. Die Möglichkeit, daß gelegentlich durch die Impfung eine Infektionsgeschwulst erzeugt wurde, ist um so weniger auszuschließen, als ulzerierte menschliche Tumoren nicht selten eine Fülle unschuldiger Parasiten, auch aus der Klasse der Hefepilze enthalten, deren tumorbildende Fähigkeit im Tierorganismus nicht a priori geleugnet werden kann. In diesen Fällen handelt es sich nicht um eine Geschwulsttransplantation im engeren Sinne, denn nur dann können wir den Beweis der Uebertrag- barkeit menschlicher Tumoren auf Tiere für erbracht halten, wenn sich im Anschluß an die Impfung Geschwülste bilden, die strukturell mit dem verimpften Ausgangstumor übereinstimmen. Dieses Resultat ist aber bisher in einwandsfreier Weise nicht erzielt worden. Von dem, wie es scheint, durchgehenden Gesetz, dab es unmög- lich ist, Tumorzellen auf die fremde Species erfolgreich zu übertragen, würde es, wenn sich die Angaben Murrnys bestätigen sollten, eine interessante Ausnahme geben, die jedoch theoretisch noch nicht völlig klargelegt ist. Murray fand nämlich, daß artfremde Geschwülste wie Ratten- und Mäusesarkome, deren Uebertragung auf das Huhn nie gelingt, auf Hühnerembryonen resp. auf die Eihäute erfolgreich geimpft werden können. Es ist sogar eine Züchtung von Ei auf Ei möglich, ohne daß jedoch damit eine Anpassung der Geschwulstzellen an das ausgekrochene Hühnchen erzielt wird. Wohl aber lassen sich die Tumoren nach längerer Eipassage wieder auf die ursprüngliche Species (Ratte oder Maus) ohne Abschwächung der Virulenz zurück- impfen. In einem anderen Zusammenhang werden wir auf diese inter- essanten Versuche noch zurückkommen. b) Geschwulsttransplantation auf die gleiche Species. Hier sind zunächst die Experimente am Menschen zu erwähnen. Obwohl, wie begreiflich, diesen Versuchen außerordentlich enge Grenzen gesetzt sind, reichen die ersten Krebsimpfungen von Mensch auf Mensch doch bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts zurück, da ALıserT Krebssaft eines Mammacarcinoms auf sich und andere mit völlig negativem Erfolge übertrug. Auch Senn erzielte, wie ich der Arbeit GeIssLERS entnehme, bei der Implantation eines Hautcarcinoms des Beines in eine Schnittwunde der Wade kein Weiterwachsen des Krebses. Dagegen berichten v. BERGMANN, HaHn und CoRNIL — die Angaben des letzteren beziehen sich auf den Versuch eines ungenannt gebliebenen französischen Chirurgen — über positive Uebertragungs- resultate. Schon VırcHhow hatte den Mitteilungen Hanns, der drei oberflächliche Carcinomknoten der Mamma gegen drei entsprechende gesunde Hautstücke vertauschte und ein Weiterwachsen des Krebses an dem neuen Sitz beobachtete, entgegengehalten, daß dieser Versuch nicht als Infektion, sondern lediglich als Transplantation anzusehen ist. In der Tat entbehren derartige Experimente am Menschen, die nichts weiter als künstlich gesetzte Metastasen darstellen, schon des- 174 Huso AProLANT, wegen einer wesentlichen theoretischen Bedeutung, weil die Ueber- tragungen wohl fast ausschließlich auf krebskranke Individuen gemacht werden dürften, und somit dem Einwand, daß die Disposition für das Haften der Geschwulst entscheidend ist, nicht begegnet werden kann. Das gilt freilich nicht für den Fall v. Bercmanns, der den Krebs auf ein der Gangrän verfallenes Bein eines anderen Individuums er- folgreich verpflanzte. Hinsichtlich der Tiertumoren liegen aus der älteren Literatur An- gaben über einen positiven Impferfolg von KLENcKE & Gouyon vor. Ersterer sah nach Uebertragung eines melanotischen Orbitaltumors einer Stute auf die Conjunctiva und Tränendrüse eines Pferdes in der Bindehaut einen schwarzen Fleck und in der Drüse melanotische Massen auftreten, die angeblich auf Hunde weitergeimpft werden konnten. Diese Beobachtung muß mit derselben Skepsis aufgenommen werden, wie die Gouyons, der über eine gelungene Krebstransplanta- tion von Meerschweinchen auf Meerschweinchen berichtet. Vielfach wird als erster Impferfolg der von Nowınskı angesehen. Nowinsk1ı impfte ein medulläres Nasencarcinom eines Hundes sowohl auf entzündete, wie auf normale Hundehaut und erzielte im letzteren Falle unter 15 Impfungen zwei positive Resultate, konnte sogar den einen Impftumor auf eine zweite Generation erfolgreich übertragen. Obwohl die etwas detailliertere Schilderung des histologischen Baues größeres Vertrauen in die Nowıinsksschen Beobachtungen erweckt, so kann andererseits nicht verschwiegen werden, daß der Fall unter den Uebertragungen echter Carcinome bei Hunden fast isoliert dasteht. Nach BasnrorDp ist es noch gelungen, ein Mammacarcinom des Hundes durch drei Generationen fortzuimpfen. WEHR hat zwar auf den Chirurgenkongressen im Jahre 1838 und 1839 über erfolgreiche Trans- plantationen eines Carcinoma medullare vaginae berichtet, und dieser Erfolg kann trotz der spontanen Rückbildung der meisten Impfknoten nicht geleugnet werden, die weiteren Erfahrungen, welche später GEISSLER, SMITH und WASHBOURN und vor allem STIcker hinsichtlich der Uebertragbarkeit von Hundetumoren gemacht haben, lassen die carcinomatöse Natur des Weurschen Tumors jedoch in hohem Grade zweifelhaft erscheinen. Die von WEHR, GEISSLER, STICKER, BASHFORD beobachteten transplantablen Primärgeschwülste, zu denen auch ein weiterer von Nowınskı als Myxosarkom angesprochener und erfolg- reich weitergeimpfter Tumor gerechnet werden muß, stimmen nämlich darin überein, daß sie am Genitale ihren Sitz haben. Sie werden nicht gar so selten beobachtet und besitzen anscheinend eine nicht geringe Infektiosität, da ihre Uebertragung per coitum namentlich von Po- WELL WHITE festgestellt ist. STICKEr, der sie in vielen Generationen fortzüchten konnte, zeigte, daß sie histologisch wie Lymphosarkome gebaut sind. Auch GeIssLEr hat seine ursprüngliche von v. HANnseE- MANN schon damals angezweifelte Diagnose auf Carcinom in einer brieflichen Mitteilung an STICKErR zurückgezogen. Bei der auffallend leichten Uebertragbarkeit und den Besonderheiten ihres primären Sitzes liegt es nahe, diese Neubildungen nicht als Tumoren sensu strictiori anzusehen, sondern als Infektionsgeschwülste, die vielleicht auf einem Virus beruhen, das mit dem der menschlichen Lues in Analogie zu setzen ist. Freilich gehen die Ansichten über die Natur dieser Geschwülste noch sehr auseinander. Während BasHrorpd, MurrAY und ÜRAMER at Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 175 sie als Granulationsgeschwülste, also als eine Reaktion auf ein lebendes Virus betrachten, und auch v. Dungern in dem biologischen Nach- weis, daß die auf Füchse übertragenen Lymphosarkome des Hundes aus Fuchszellen bestehen, einen Beweis für ihre parasitäre Aetiologie erblickt, verteidigen neben Sticker auch BEEBE & Ewıng, ÜORILE & BEEBE. sowie Huxter, Laws und Lorg mit Entschiedenheit die An- sicht, daß es echte Tumoren sind, und daß sich die Impfgeschwülste direkt aus den verpflanzten Zellen entwickeln. Die erste fast allgemein anerkannte und in der Geschichte der Tumorübertragung daher einen Markstein bildende Krebsübertragung erzielte Hanau bei der Ratte. Er übertrug kleine Stücke einer Drüsen- metastase in die Tunica vaginalis zweier absolut gesunder Ratten und konstatierte bei beiden Tieren nach 7, resp. S Wochen eine ausge- dehnte Carcinose des Bauchfelles. In Uebereinstimmung mit dem Aus-: sangstumor handelte es sich um ein typisches verhornendes Platten- epithelcarcinom. Obwohl Durzray & Cazın auch der Hanauschen Beobachtung gegenüber eine bei dem gänzlichen Mißerfolg ihrer eigenen umfangreichen Transplantationsversuche begreifliche Skepsis walten lassen, so hat doch die detaillierte und exakte Beschreibung Hanaus sehr bald die ihr gebührende allgemeine Anerkennung ge- funden. Allerdings vergingen noch mehrere Jahre, bis die Hanar- schen Versuche in glänzender Weise bei der Maus bestätigt wurden. Zunächst ist nur ein Impferfolg PFEIFFERsS mit einem melanotischen Tumor von Maus auf Maus, sowie ein solcher von v. EISELSBERG mit einem Fibrosarkom von Ratte auf Ratte zu erwähnen. Aber erst Morau gelang es, ein echtes Mäusecarcinom in zahlreichen Genera- tionen systematisch zu züchten und so den Beweis zu erbringen, daß der Impferfolg mit keinen Zufälligskeiten zusammenhing. Umfangreiche Versuche stellte auch VeLıca an, der ein Ratten- sarkom, das ursprünglich subperitoneal am Oberschenkel gesessen hatte, durch acht Generationen fortimpfen konnte. Die Infektiosität dieses Tumors war eine so große, daß, wie VELıcH annimmt, durch Benageıun der Geschwulst in zwei Fällen eine Uebertragung auf das Zahnfleisch zustande kam. Die ausführlichsten Mitteilungen über Rattensarkomtransplanta- tionen verdanken wir Lors. Im Journ. of Med. Research 1901 be- schreibt er ein cystisches, kleinzelliges Rundzellensarkom der Thyre- oidea, das er sowohl subkutan als intraperitoneal in 40 Generationen fortpflanzen konnte. Der Tumor ging nur bei Ratten an, zweimal auch bei einem Bastard zwischen weißer und grauer wilder Ratte. In drei unter sechs Fällen gelang es Lors auch, durch Injektion von Cysteninhalt Tumoren zu erzielen, deren Bau mit dem der Ausgangs- geschwulst vollständig übereinstimmte. Eine ausgesprochen spindelige Zellform wies ein anderer von Lore in acht Generationen fortgezüchteter Sarkomstamm auf. Einen besonders kräftigen Impuls erhielt die experimentelle Ge- schwulstforschung durch Jensen, der speziell in Weiterführung der Morauschen Experimente die transplantablen Mäusecarcinome einem eingehenden Studium unterwarf. Die Bedeutung dieser Arbeiten liegt vor allem darin, daß Jensen als erster in systematischer Weise bio- m Probleme mit Hilfe der Krebsübertragungen zu lösen ver- suchte. 176 HwGo APOLANT, Der von ‚JENSEN selbst in 19 Generationen fortgezüchtete Stamm ist dann an verschiedenen Stellen, so von BoRREL, MıcHAeLIis, BasH- FORD U. a. weiterkultiviert worden und bildet noch heute in zahl- reichen Laboratorien ein vielbenutztes Forschungsobjekt. Von nun an konzentrierte sich das Hauptinteresse an der experimentellen Carcinomforschung auf die transplantablen Mäuse- und neuerdings auch Rattentumoren, zumal sich bald herausstellte, daß die bei diesen Tieren spontan vorkommenden Geschwülste keineswegs so selten sind, als es zunächst den Anschein hatte. Neben den Arbeiten Jensens haben hauptsächlich die Bemühungen EHrLichs, die experimentelle Krebsforschung auf die breiteste Basis zu stellen, dazu beigetragen, daß sich die junge Wissenschaft so über- raschend schnell und kräftig entwickelt hat. Erst von EHrLicH sind die Forschungsprinzipien aufgestellt und durchgeführt worden, die dann auch in der Hand anderer Autoren, und hier ist vor allen Basır- FORD zu nennen, von reichstem Erfolge gekrönt waren. Das Material der experimentellen Geschwulstforschung und die Technik der Impfung. Das der experimentellen Forschung dienende Geschwulstmaterial setzt sich neben den erwähnten Lymphosarkomen des Hundes in der Hauptsache aus malignen Mäuse- und KRattentumoren zusammen. Dazu kommen die vor einiger Zeit von v. DunGErn & Coca be- schriebenen, auf Kaninchen übertragbaren Spindelzellensarkome des Hasen, die uns noch ausführlicher zu beschäftigen haben, sowie die ganz besondere Verhältnisse aufweisenden Hühnersarkome, deren Kenntnis wir Rous & MurpHy verdanken. Die Züchtung echter Hundeblastome ist, wie bereits erwähnt, bis- her nur BasHurorp bei einem Mammacarcinom in drei Generationen geglückt. Diese vereinzelte Beobachtung ist, obwohl sie zu weiteren Ergebnissen nicht geführt hat, von Wichtigkeit, weil sie zeigt, daß die fortgesetzte Transplantierbarkeit keine ausschließliche Eigenschaft der Ratten- und Mäusetumoren ist. Hiermit werden alle Schlüsse auf prinzipielle Verschiedenheiten letzterer von den Geschwülsten phylo- genetisch höherstehender Tiere hinfällig. Dagegen zwingt uns die noch unklare Stellung der sogenannten Lymphosarkome des Hundes, mit einer Verallgemeinerung der bei ihnen gewonnenen Resultate auf die eigentliche Geschwulstlehre vorsichtig zu sein. Die Mäusetumoren stellen heute, nachdem einmal die Aufmerk- samkeit der Züchter auf sie gelenkt ist, keine Seltenheit mehr dar. Sind doch allein am Enrricaschen Institut im Lauf der letzten zehn Jahre rund 1000 Mäuse mit Spontantumoren zur Beobachtung gelangt. Wenn maı nun auch BasHrornp darin beistimmen muß, daß, wie unter anderem die Zusammenstellung Murrays & Haaranps zeigen, fast alle bei Menschen vorkommenden Typen maligner Geschwülste auch bei der Maus angetroffen werden, so ist es doch andererseits fraglos, daß das Gros dieser Tumoren in die Klasse der Adenocarcinome der Mamma gehören, was zuerst von AroLanTt bewiesen und später be- sonders von Murray bestätigt worden ist. Der Versuch, diese Neu- bildungen unter die Endotheliome einzureihen, darf als gescheitert betrachtet werden. Auch die Beobachtung Drrons, der bei zwei makroskopisch in direkter Nachbarschaft der Mamma entstandenen Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 277 Tumoren mittels der Plattenmodellmethode einen Zusammenhang mit der Brustdrüse nicht nachweisen konnte und ihn daher für diese Fälle leugnet, ist keineswegs beweisend, denn die Mäusemamma stellt, namentlich beim nicht laktierenden Tier, kein scharf begrenztes kom- paktes Organ dar, sondern ein Konglomerat teilweise recht isoliert liegender Acini, deren Zusammenhang mit dem Hauptdrüsenkörper histologisch nicht immer klar hervortritt und bei den der Platten- modellmethode unvermeidlich anhaftenden Fehlern der Feststellung leicht entgehen kann. Neben zahlreichen derartigen, in ihrem histologischen Typus mannigfach variierenden Adenocarcinomen sind für die experimentelle Forschung besonders noch das am Enrrichschen Institut gezüchtete Chondrom. sowie das von BaAsHFoRD, Murray und Haarann be- schriebene Plattenepithelcarcinom bedeutungsvoll geworden. Im Gegensatz zu den Mäusen überwiegen bei den Ratten die bindegewebigen Tumoren erheblich, und zwar sind es hauptsächlich Spindelzellensarkome, die von BAsHFORD, JENSEN, EHRLICH U. a. ge- züchtet und neuerdings sehr viel, besonders auch von UHLENHUTH zu experimentellen Studien benutzt werden. Von nichtbindegewebigen Rattengeschwülsten ist neben dem berühmten Cancroid Hanaus, das durch seine weiteren Schicksale interessante, von der Mamma aus- gegangene Adenocarcinom Lewıns, sowie der zuerst als Mischtumor angesprochene, später zu einem reinen Adenocarcinom umgewandelte Tumor vou FLEXNER & JoBLING zu nennen. Für die Transplantation stehen uns im wesentlichen zwei Me- thoden zur Verfügung, die man als Stückchen- und Breiimpfung unter- scheidet. Bei der Stückchenimpfung werden kleine, mit, scharfen In- strumenten erhaltene Gewebspartikel entweder auf chirurgischem Wege durch Schnitt und folgende Naht implantiert, oder einfach mittels Troicart an die gewünschte Stelle gebracht. Bei der Breimethode wird der Tumor zunächst mit der Schere oder besonders konstruierten Maschinen, wie z. B. der von Haarannp angegebenen, möglichst fein zerschnitten und mit einer Spritze von weiter Kanüleöffnung geimpft. Am Enrticnschen Institut wird der Brei vor der Impfung stets noch im Glasmörser ohne jeden Zusatz zu einer möglichst homogenen Masse zerstampft und dann mittels Pasteurscher Kapillaren übertragen. Man hat dieser Methode den doppelten Vorwurf gemacht, dab die Impfdosis nicht genau zu bestimmen ist, und daß durch die Pro- zedur des Zerstampfens die Zellen in unkontrollierbarer Weise ge- schädigt werden. Der erstere Einwand ist für die Fälle, in denen es auf sehr exakte Dosierung namentlich winziger Mengen ankommt, berechtigt, spielt jedoch bei den lediglich der Züchtung der Stämme dienenden Impfungen, wie das überraschend gleichmäßige Wachstum unserer Tumoren innerhalb einer Serie beweist, keine wesentliche Rolle. Der zweite Einwand wird jedoch nach meiner Ueberzeugung ungebührlich überschätzt. Lebende Zellen besitzen, worauf auch neuerdings BRUSCHETTINI und Barrocco hinweisen, eine sehr be- deutende Widerstandskraft gegen mechanische Insulte. Einen ekla- tanten Beweis hierfür liefert die vielfältig von mir gemachte Er- fahrung, dab fein zerstampfter Brei, der zur Erzielung einer noch größeren Homogenität zu bestimmten Zwecken durch ein feinstes Drahtsieb unter minutenlangem Rühren mit einem dicken Glasstab hindurchgepreßt wurde, vorzügliche Impfresultate gibt. Der grobe Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 12 178 Huso APOoLANT, Vorteil derartiger Emulsionen besteht in der denkbar größten Homo- senität, die auf keinem andern Wege zu erzielen ist. Die bessere Impfausbeute, die unter anderem BAasHFoRD und GIERKE mit schwer übertragbaren Spontantumoren gegenüber EnrLichH erzielt haben, be- ruht entschieden weniger auf einer besseren Impfmethode, als, wie wir sogleich sehen werden, auf einer größeren Anzahl der geimpften Tiere. Nur in den Fällen, in denen eine Resorption des Impfmaterials möglichst vermieden werden soll, verdient die Stückchenimpfung den Vorzug. Ueber die Impfausbeute im allgemeinen. Aus den in die Augen springenden Impferfolgen, die man in den letzten Dezennien mit den Mäuse- und Rattengeschwülsten erzielt hat, ist mehrfach der Schluß gezogen worden, daß es sich hier nicht um gewöhnliche, mit denen des Menschen vergleichbare Tumoren han- deln könne, sondern um besondere, leicht transplantable Formen, für die bei größeren Tieren ein eigentliches Analogon fehlt. Es dürfte daher zunächst von Interesse sein, die Impfausbeute spontan ent- standener Mäuse- und Rattentumoren zu betrachten. Nack den sehr reichen, in den letzten Jahren hierüber gesammelten Erfahrungen kann es keinem Zweifel unterliegen, dab unter sonst gleichen Impfverhältnissen weitgehende, offenbar von der Natur der betreffenden Tumoren abhängige Differenzen bestehen. EHRLICH ver- trat seinerzeit auf Grund der an seinem Institut erzielten Resultate den Standpunkt, daß nur ein relativ geringer Prozentsatz der Spontan- tumoren überhaupt transplantabel sei, und daß insbesondere die sehr regelmäßig acinös gebauten und hämorrhagischen Geschwülste eine minimale, fast gleich Null zu setzende Ausbeute geben. Gegen diese Sonderstellung der hämorrhagischen Tumoren ist mehrfach Opposition gemacht worden, da es zahlreichen Autoren, wie BASHFORD, (GIERKE, Murray neuerdings gelang, auch bei ihnen in der Mehrzahl positive Impfresultate zu erhalten. So berichtet Murray, dab von 71 trans- plantierten Tumoren nur 16 nicht angingen, und daß die höchste Aus- beute bei einem hämorrhagischen Tumor 30 Proz. betrug. (GIERKE erhielt bei der Transplantation von 35 hämorrhagischen Primär- tumoren eine Gesamtausbeute von 187 Impfgeschwülsten (in einer Anmerkung erhöht sich die Zahl der geimpften Tumoren auf 47, von denen 38 transplantabel waren), also über 6,5 Proz. Doch be- merkt er ausdrücklich, daß im einzelnen die Impfausbeute beträcht- lich schwankt, und daß auch solche Tumoren als positiv gerechnet sind, die noch nicht 1 Proz. Verpflanzungsziffer haben. Der Hauptgrund für die von den Enrrıcnschen abweichenden Resultate dieser Autoren scheint mir, wie schon bemerkt, in .der beträchtlich größeren Zahl von Tieren zu liegen, auf die der Einzel- tumor übertragen wurde. GIERKE impfte seine 35 Primärtumoren auf gegen 4000 Mäuse, BasHFrorp und Murray ihr Plattenepithel- carcinom auf 156 Tiere. Demgegenüber wurden früher am EHrLIcH- schen Institut Primärtumoren selten auf mehr als 30 Mäuse über- tragen, und nur einmal wurden 100 Tiere geimpft mit 6 positiven Erfolgen. Aus der in diesem letzteren Fall zu konstatierenden Ver- teilung der Tumortiere über die Serie ergab sich aber ohne weiteres, daß bei Impfung von nur 30 Tieren der Tumor leicht als nicht über- impfbar hätte verzeichnet werden können. Jedenfalls zeigen auch Die experimentelle Erforschung der Geschwülste 219 die erweiterten Erfahrungen der Neuzeit, daß eine sehr hohe Impf- ausbeute von über 50 Proz., wie sie bei der ersten Verimpfung des Eurticahschen Chondroms, sowie gelegentlich auch von anderen (MıcnarLıs) beobachtet wurde, zu den Seltenheiten gehören, und dab im Durchschnitt die Virulenz der primären Mäusetumoren nicht sehr hoch veranschlagt werden darf. Bei Ratten bestehen, obwohl hier nicht so reiche Erfahrungen vorliegen, ganz analoge Verhältnisse. Es erscheint somit nicht berechtigt, allein aus der Tatsache der Transplantierbarkeit zwischen den Mäuse- und Rattentumoren einerseits und denen größerer Tiere resp. des Menschen andererseits eine prinzipielle Differenz aufzustellen. Schon aus äußeren Gründen ist es ganz unmöglich, bei größeren Tieren Transplantationen in einer Anzahl auszuführen, die ein vergleichendes Urteil gestattet, und es muß zum mindesten sehr fraglich bleiben, ob bei entsprechenden Er- fahrungen an größeren Tieren eine so scharfe Scheidung in der Uebertragbarkeit des Carcinoms von Individuum auf Individuum auf- recht erhalten werden kann, wie es auf Grund der bisher vorliegen- den Tatsachen den Anschein hat. Steigerung und Schwankungen der Virulenz. Das erste Angehen eines transplantierten Spontantumors gibt zwar noch keine absolute Gewähr dafür, daß derselbe in einem Stamm weitergezüchtet werden kann, da zuweilen in der zweiten, dritten, oder einer noch späteren Generation der Impferfolg ausbleibt. Es handelt sich bei derartigen in der Literatur vielfach verzeichneten Fällen um Geschwülste, die von Anfang an eine schlechte Impf- ausbeute aufwiesen. Zuweilen gelingt es jedoch, den Impferfolg künstlich zu bessern. EHrriıcH hat das Verdienst, gezeigt zu haben, daß man durch sorgfältige Auswahl der am besten wachsenden Impf- tumoren in vielen, wenn auch nicht allen Fällen, die Virulenz erheb- lich, ja zuweilen ad maximum steigern kann. Diese Steigerung der Wuchskraft dokumentiert sich nicht nur in einer stetigen Zunahme der Impfausbeute, sowie gelegentlich, wie in einem Fall von FLEXxNER & JosLinG, in vermehrter Metastasenbildung, sondern auch in einem schnelleren Wachstum der einzelnen Geschwulst selbst, die häufig schon innerhalb weniger Wochen die Größe einer Pflaume erreicht und nicht selten in 11/;,—2 Monaten Geschwülste bildet, deren Ge- wicht dem der Maus mindestens gleichkommt. Die Steigerung der Virulenz kann allerdings nicht bei allen Stämmen erzielt werden, sie blieb unter dem Enurricaschen Material fast gänzlich aus bei dem Stamm. der sich von dem Spontantumor einer grauen Maus ableitet und vorzugsweise auf grauen Mäusen weitergezüchtet wird. Die Wuchskraft dieses in etwa 25 Proz. der Impfungen angehenden Tumors ist eine so geringe, daß erst in 1/;—°/, Jahr Tumoren von der Größe einer Kirsche entstehen. Die maximale Steigerung der Proliferationsenergie ist nicht nur an sich ein interessantes biologisches Phänomen, sondern auch die notwendige Vorbedingung für ein erfolgreiches experimentelles Arbeiten. Denn wie der Bakteriologe, um mich des von EHrLicH ge- brauchten Vergleiches zu bedienen, diejenigen Bakterienstämme zum Arbeiten bevorzugen wird, die jedes Tier töten, so werden auch die 123 180 HwGo APoLaNnT, Chancen eines experimentellen Erfolges bei denjenigen Tumorstämmen am besten sein, die eine maximale Impfausbeute ergeben. Fast von allen Forschern, die über größere eigene Erfahrungen verfügen, ist das Phänomen der Virulenzsteigerung bestätigt worden. Sicherlich stellt es das gewöhnliche Verhalten der überhaupt zücht- baren Stämme dar. Der umgekehrte Prozeß einer stetigen Virulenz- abnahme bis zum eventuell völligen Eingehen des Stammes, der von Verıch, Morau und Lozg teils bei Mäusen, teils bei Ratten beobachtet. wurde, beruht, wie der letztere Autor richtig vermutet, auf sekun- därer Infektion und hat nichts mit einer Aenderung vitaler Eigen- schaften zu tun. Andererseits darf man sich nun aber die Angangs- ziffer nichtinfizierter, längere Zeit gezüchteter Stämme nicht als eine unveränderliche Größe vorstellen, da zahlreiche, im einzelnen nicht immer bestimmbare Faktoren, die mit Tumorimpfungen not- wendigerweise verknüpft sind, wie die Menge des eingeführten Ge- schwulstbreies, der Grad der Zerkleinerung, die zufällige Beimischung nekrotischer Partien etc. die Resultate wesentlich variieren können. Nach Basnrorp sollen diese Aenderungen vielfach periodisch auftreten und in den regelmäßigen Schwankungen der Impfausbeute ihren Aus- druck finden, die ihrerseits kurvenmäßig darstellbar und für die ein- zelnen Stämme charakteristisch seien. Die zahlreichen Bestätigungen, welche die Basurorpschen Angaben von anderen Seiten erfahren haben, sind viel zu allgemein gehalten, um den Einwurf zu entkräften, daß es sich bei dem Phänomen nicht, wie BasHrornp glaubt, um ein bedeutungsvolles biologisches Gesetz, sondern um zufällige Schwan- kungen handele, die bei der Summe der für erfolgreiche Tumor- impfungen maßgebenden Faktoren begreiflich sind. Ohne uns den von Carkıns geäußerten theoretischen Bedenken gegen die BASHFORD- sche Deutung anzuschließen, da uns die Zurückführung der perio- dischen Kurven auf rhythmische Vitalitätsveränderungen supponierter Parasiten undiskutierbar erscheint, müssen wir doch betonen, daß wir uns niemals völlig von der Gültigkeit des Basurorpschen Gesetzes haben überzeugen können. Auch Tyzzer hält es nicht für bewiesen, dab die Wachstumsvariationen innerhalb eines Tumorstammes von immanenten Eigenschaften der Geschwulstzellen abhängen. Die histologisch wahrnehmbaren Tumorvariationen. Den biologischen Aenderungen der Tumorstämme entsprechen nicht selten auch solche des histologischen Baues. Am deutlichsten treten diese Verhältnisse bei den epithelialen Mäusetumoren hervor. Auf Grund eines eingehenden Studiums von jetzt rund 1000 Primär- geschwülsten kann ich es als Tatsache hinstellen, daß dieselben in ihrer erdrückenden Mehrzahl eine ausgesprochene Neigung zum aci- nösen Bau besitzen. Derselbe kann sich auch in den ersten Impf- generationen noch eine Zeitlang erhalten. Früher oder später macht er jedoch andern Typen Platz, und zwar den alveolären, plexiformen, papillären oder spaltenbildenden Carcinomen. Welche dieser Formen vorherrscht, hängt teils von immanenten Eigenschaften der Zellen, teils von den Resistenzverhältnissen des Impftieres ab. Letzteren Faktor glaubte ich deswegen nicht ausschalten zu dürfen, weil ich mich in einigen Fällen davon überzeugen konnte, daß ein über 50 Ge- nerationen als plexiformes Carcinom gezüchteter Tumor plötzlich bei Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 181 einer Anzahl partiell immuner Tiere einen evident acinösen Bau er- kennen ließ. Murray hat diesen sicherlich nur unter besonderen, noch nicht genau zu definierenden Bedingungen zustandekommenden Strukturwechsel nicht bestätigen können und beschreibt das gelegent- liche Auftreten eines acinösen Baues als den histologischen Aus- druck der soeben besprochenen biologischen Vitalitätsschwankungen, eine Anschauung, der ich auf Grund meiner Erfahrungen nicht bei- pflichten kann. Wichtiger aber als diese noch nicht spruchreifen Fragen ist die allmähliche Entstehung eines Sarkoms bei fortgesetzten Carcinom- impfungen. Der sehr interessante Prozeb ist zuerst von EHRLICH und Aroranr in drei Fällen beobachtet und von zahlreichen Autoren, wie LoEs, BasHFoRD, HAALAND, RUSSELL, LIEPMANN, STAHR, ÜLUNET, sowie von Lewın bei der Ratte bestätigt worden. Bei allen individuellen Verschiedenheiten der bisher beobachteten Fälle spielt sich der Prozeß doch stets in der Weise ab, daß das zunächst sehr spärliche Stroma stark wuchert, zellreich wird und vollkommen die Eigenschaften des Sarkoms annimmt. Dadurch, dab die epithelialen Nester und Balken nun nicht mehr von gewöhnlichem Stroma, sondern von richtigem Sarkom umgeben sind, erhält dieses Uebergangsstadium den Charakter einer Mischgeschwulst, und zwar speziell derjenigen Form, die v. Hansemann bei Menschen als Car- cinoma sarcomatodes beschrieben hat. Zeigen sich schon in den bisher bekannt gewordenen Fällen Differenzen hinsichtlich der Struktur, indem bald ein Spindelzellen-, bald ein dem Rundzellentypus sich näherndes polymorphzelliges Sarkom gebildet wird, so trägt vollends hinsichtlich des Zeitpunktes, in dem der Prozeß beginnt, sowie auch in der Schnelligkeit, mit dem er abläuft, fast jede Beob- achtung ihr individuelles Gepräge. Lors beobachtete schon in der ersten Generation einen Mischtumor und in der zweiten ein Rein- sarkom. In einem unserer Fälle trat das Sarkom erst in der 68. Ge- neration auf und verdrängte in zwei weiteren Generationen das bisher rein fortgezüchtete Carcinom vollständig. In einem andern Falle sahen wir die Mischgeschwulst sich in der zehnten Generation ent- wickelu und über viele Monate in mehr als 20 Impfgenerationen als solche bestehen bleiben. Schließlich wurde aber auch hier die car- cinomatöse Komponente dauernd überwuchert. Es kann im allgemeinen als Regel gelten, daß der geschilderte Prozeb in der Bildung eines Reinsarkoms sein definitives Ende findet. Einer der Enrrıcnschen Stämme hat augenblicklich die 305. Genera- tion erreicht. Davon entfallen über 230 Generationen auf das Sarkom- stadium, das in dieser Zeit keinerlei Veränderungen mehr erlitten hat. Auf die sich schon hieraus ergebende höhere Vitalität der Sarkom- zellen darf wohl auch aus den Versuchen Haaranps geschlossen werden, die die Möglichkeit zeigten, durch geeignete Erwärmung des Impfbreies eine schnellere Reinigung der Mischgeschwulst vom car- cinomatösen Anteil herbeizuführen. Vor allem wies aber AProLanTt nach, daß bei einer Mischung von Carcinom und Sarkom nur letzteres zur Entwickelung gelangt, und daß es, um ein annähernd gleiches Wachstum beider Komponenten und damit eine Mischgeschwulst zu erhalten, notwendig ist, die Virulenz des Sarkoms durch intensive Kälteeinwirkung vor der Impfung zu schädigen. 182 Huvso APOLANT, Andererseits hat jedoch StTaHr die interessante Beobachtung ge- macht, daß nach anfänglicher Sarkombildung schließlich doch wieder das Carcinom das Uebergewicht gewann und der Prozeß als Rein- carcinom endete. Aus den in einer Anmerkung angeführten Beobach- tungen Lusarschs ergibt sich eine offenbar auf individuellen Verhält- nissen beruhende Verschiedenheit in dem Ueberwiegen der einen öder andern Komponente. Obwohl Eurricn und AroLanrt derartige Ver- schiedenheiten nicht in dem Grade wie LugarscH beobachtet hatten, machten sie doch schon seinerzeit darauf aufmerksam, daß die Dis- position des Impftieres für Bindegewebsproliferationen als ein, wenn auch nicht auf die Dauer entscheidender Faktor bei dem Prozeß in Betracht kommt. Offenbar ist auf derartige individuelle, nicht die ganze Impf- serie gleichmäßig betreffende Verhältnisse auch die Beobachtung Hıisucnıs zurückzuführen, der ein Alveolarcarcinom in der ersten Impfgeneration zu einem Spindelzellensarkom, in der zweiten wieder zu einem Carcinom, und dann von der dritten ab dauernd zu einem Sarkom sich hat umbilden sehen. Die Entwickelung eines Reincarcinoms aus einem Mischtumor hatten übrigens auch FLExner & JoprınG bei der Ratte beobachtet und Berner berichtete auf der Tagung der Pathologen in Kiel über eine ähnliche Beobachtung beim Menschen. Auch ÜCorEnENn deutet den von ihm beschriebenen Fall als primäres Sarkom mit sekundärer Carcinomentwickelung, während die viel zitierte Beobachtung SCHMORLS (anfängliches Thyreoidea-Adenom mit Umwandlung in Carcinoma sarcomatodes und Ausgang in Reinsarkom) sowie die Mitteilungen von FOorRSSNER, ferner die von v. HansEemann und LiıPPpMmann, die in einzelnen oder selbst allen Metastasen der den Typus des Carcinoma sarcomatodes repräsentierenden Mischgeschwulst eine durchweg sarko- matöse Struktur antrafen, in vollkommener Analogie zu der gewöhnlich bei Mäusen beobachteten Sarkomentwickelung stehen. Die nächstliegende Erklärung des eigentümlichen Prozesses, dab das sekundär aufgetretene Sarkom auf einen schon in der Primär- geschwulst vorhandenen Keim zurückzuführen wäre, der Ausgangs- tumor also schon eine Mischgeschwulst darstellte, wurde zwar von v. HANSEMANN & SCHLAGENHAUFER als wahrscheinlich angenommen, ist jedoch bis in die neueste Zeit von allen Autoren im Anschluß an EHrLicn & AroLant als mit den Tatsachen in Widerspruch stehend zurückgewiesen worden. Ebensowenig kann einer metaplastischen Um- wandlung der einen Zellart in die andere das Wort geredet werden. Wenn meine Mitteilungen über die eigentümlichen strukturellen Ver- änderungen des im EnrticHnschen Institut gezüchteten Geschwulst- stammes 11 durchaus nicht in meinem Sinne mehrfach als Beweis für eine echte Metaplasie aufgefaßt wurden, da die Zellen eine ausge- sprochene Neigung zu spindliger Formation angenommen hatten, so kann ich heute betonen, daß diese Erscheinung im weiteren Verlauf wieder schwand, und der rein adenocarcinomatöse Charakter der Geschwulst wieder zur vollen Geltung kam. EHrLich & AroLAanT vertraten von Anfang an den Standpunkt, dab der erste Anstoß zur sarkomatösen Umwandlung des Stromas von den chemisch irgendwie veränderten Krebszellen selbst ausgeht. Daß die Krebszelle ganz allgemein auf die Bildung des Stromas bestimmen- den Einfluß ausübt, ist eine besonders aus der strukturellen Ueberein- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 183 stimmung der Metastasen mit den Primärtumoren sich ergebende fest- stehende Tatsache. Ebenso aber, wie das Stroma der Metastase nicht von verschleppten Zellen, sondern von den lokal vorhandenen bindegewebigen Elementen abzuleiten ist, ebenso wird nach JENSEN, BasHrorn u. a. das Stroma der Impfkrebse vom Wirtstier geliefert. Die transplantierten Bindegewebszellen gehen vollkommen zugrunde. Hieraus ergibt sich die wichtige Tatsache, daß die Sarkomzelle nicht von zelligen Elementen des durch Generationen fortgezüchteten "Tumors abstammt, sondern unter dem chemischen Einfluß von Greschwulst- zellen aus normalen Körperzellen entstanden ist. Mithin sind diese Sarkome experimentell erzeugte neue Geschwülste. Ist freilich die spezifische Umwandlung der Bindegewebszelle in die Sarkomzelle er- folgt, so muß letztere infolge ihrer gesteigerten Vitalität bei der Trans- plantatiou nicht mehr zugrunde gehen. Vielmehr verhält sie sich jetzt wie die Careinomzelle und läßt sich von nun ab ebenfalls in Genera- tionen fortzüchten. Ueber die Art der supponierten chemischen Umwandlung der Krebszelle lassen sich zurzeit nicht einmal Vermutungen aufstellen. In den Fällen von EnrLich & AroLant schien der Prozeß mit einer wahrnehmbaren Steigerung der Proliferationsenergie eingeleitet zu werden, ein Verhalten, das neuerdings auch Lewın beobachtet hat; indessen haben die Erfahrungen von HaaLanD, STAHR und ÜULUNET gezeigt, daß dies nicht immer der Fall ist, und daß im Gegenteil der Beginn der Sarkomentwickelung auch in eine Phase abnehmender Carcinomvirulenz fallen kann. Eine wertvolle Bestätigung hat die EHrLıcH-APpoLantsche Theorie durch eine sehr interessante Beobachtung Lewıns erhalten. Dieser Autor publizierte einen Fall von typischem Brustdrüsencarcinom der Ratte, das im Laufe der Verimpfungen eine doppelte Veränderung aufwies, nämlich erstens, wie schon erwähnt, die Entwickelung eines Sarkoms in der bei Mäusen beschriebenen Weise und zweitens die- jenige eines Cancroids mit typischen Verhornungen. LewıIn akzep- tiert die Eurricnsche Hypothese in vollem Umfange, da es keine Schwierigkeiten macht, anzunehmen, daß die von den ursprünglichen Careinomzellen produzierten Reizstoffe die ihnen benachbarten Epi- dermiszellen in gleicher Weise wie das benachbarte Bindegewebe zu vermehrter und schließlich maligner Proliferation anregen. Ob der seinerzeit von Lewın beobachtete Fall, in dem bei einem Hunde nach Uebertragung eines sehr virulenten menschlichen Car- cinoms sarkomähnliche transplantable Tumoren auftraten, analog zu erklären ist, muß vorläufig unentschieden bleiben. Dagegen liegen aus allerjüngster Zeit zwei Beobachtungen vor, die wohl im EHRLICH- schen Sinne gedeutet werden könnten. Lewın hat bei Ratten und STICKER bei Hunden über die Entstehung von Carcinomen nach Sarkomimpfungen berichtet. Auffallenderweise ist ersterer im Wider- spruch mit seinen früheren Anschauungen jetzt geneigt, die Beobach- tung im parasitären Sinne zu deuten, ohne meiner Ansicht nach auch nur einen ‚Wahrscheinlichkeitsbeweis hierfür zu erbringen. Von großer Bedeutung erscheinen mir in diesem Zusammenhange die mit der Lerwınschen Auffassung schwer in Einklang zu bringenden Ausfüh- rungen SCHMORLS über die osteoplastischen Carcinome auf der Kieler Tagung der Deutschen Pathologischen Gesellschaft 1908. SCHMORL führt in Uebereinstimmung mit der Emurricaschen Anschauung die 184 Hv6o APOoLANT, Knochenneubildung auf von den Krebszellen ausgehende Reizstoffe zurück und deutet in gleichem Sinne einen überaus interessanten, von Reıchmann ausführlich besprochenen Fall, in dem die Knochenmeta- stasen eines Prostatacarcinoms fast durchweg zur Bildung von Osteochondrosarkomen geführt hatten, die innig mit den Carcinom- zellen vermischt waren. Durchaus unstatthaft erscheint es mir, aus den bisher in dieser Richtung gemachten experimentellen und pathologisch-anatomischen Erfahrungen irgendwelche Schlüsse auf die parasitäre Aetiologie des Krebses zu ziehen. Die Resultate variierter Transplantationsversuche. Bei der Leichtigkeit, mit der sowohl Sarkome wie Carcinome auf Mäuse und Ratten zu transplantieren sind, lag es nahe, durch Modi- fikation der Impfung die Bedingungen schärfer zu präzisieren, unter denen die Uebertragung erfolgreich ist. Derartige Versuche schienen um so gebotener zu sein, als sie nicht nur einen tieferen Einblick in die Lebensfähigkeit der Tumorzellen gewähren, sondern auch bis zu einem gewissen Grade die Lösung der Aetiologiefrage zu fördern imstande sind. Genauere Angaben über diese Punkte verdanken wir vor allem JEnsEn und Lor». Von besonderem Interesse ist zunächst der Einfluß der Tempera- tur. JENsEn berichtet hierüber bei seinem Uarcinomstamm folgendes: Der ausgeschnittene Tumor hielt ein 24-stündiges Verbleiben bei 37° nicht aus; dagegen zeigte er sich bei Zimmertemperatur bis zu 12 Tagen und bei 1—3° C sogar bis zu 18 Tagen transplantabel, Zahlen, aus denen sich, wie der Autor beifügt, ergibt, daß die Lebens- zähigkeit der Tumorzellen etwas geringer ist, als diejenige normalen Epithels. Ferner bemerkt Jensen, daß eine 10 Minuten lange Ein- wirkung von — 10° den Tumor nicht abtötet, wohl aber eine 30 Mi- nuten lange. Selbst eine Temperatur von — 18° wird 5 Minuten hin- durch vertragen, während noch niedrigere Kältegrade stets abtötend wirken. Sehr viel empfindlicher als gegen die niedrigen Temperaturen sind die Carceinomzellen gegen die höheren. Eine 5 Minuten lange Einwirkung von 47° C tötet die Zellen mit Sicherheit ab, während der Tumor nach ebenso langer Einwirkung von 46° noch transplantabel ist. Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß, wie JENnsEn fand, auch der Einfluß des Finsenlichtes auf die Geschwulstzellen ein ziemlich inten- siver ist, indem bei einem 0,2 mm dicken Geschwulststück eine 1—2 Minuten lange Bestrahlung von zwei Seiten genügte, um die Zellen zum Absterben zu bringen. Allerdings ist diese Wirkung außerordent- lich von der Dicke des betreffenden Stückes abhängig, da 1 mm dicke Tumorstücke selbst nach 1-stündiger Bestrahlung noch erfolgreich überimpft werden konnten. Die Angaben Lorss bei Rattensarkom stimmen im allgemeinen mit denen JEnsens überein. Ein 12 Stunden bei Zimmertemperatur im toten Tier verbliebener Tumor ging bei zwei von drei Impfungen an. Eine 5-tägige Einwirkung von 3—4° tötet die Sarkomzellen nicht. ab, während die Impfung nach 1—2S-tägigem Aufenthalt bei 10° stets negativ verlief. Auch Lore» konstatierte eine erheblich dele- tärere Einwirkung höherer Temperaturen. 43—44° werden 40 Mi- nuten lang vertragen, bei höheren Temperaturen erfolgt das Ab- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 185 sterben der Zellen schon nach 30 Minuten. Auch in den Fällen, in denen es nicht zu direktem Absterben der Geschwulst kommt, macht sich der schädigende Einfluß dieser Temperaturen darin bemerkbar, daß die Tumoren später anzugehen scheinen und sich überhaupt lang- samer entwickeln. Sticker gibt an, daß die Zellen seiner Hundesarkome durch einen 24-stündigen Aufenthalt im gewöhnlichen Eisschrank in keiner Weise geschädigt wurden. Eine gleich lange Einwirkung von — 14 schwächte sie in ihrer Vitalität ab, ohne sie abzutöten. Eine 30-tägige Aufbewahrung bei —13° verhinderte die Transplantationsmöglich- keit dagegen vollständig. Die Tumoren von Herrwıs & Por waren nach 5—20-tägigem Aufenthalt im Eisspind bei 0—2° noch trans- plantabel, bei längerem unter Null nicht mehr. UntenhurH & Wer- panz konstatierten bei einem Tumor von 50 Proz. Impfausbeute ein Sinken auf 40 Proz. nach 25 Minuten langer Erwärmung auf 45° und völlig negatives Impfresultat nach ebenso langer Erwärmung auf 56°, während eine mehrtägige Einwirkung der Temperatur einer Eis- und Kochsalzmischung die Verimpfbarkeit nicht aufhob. In allen diesen Angaben ist die Grenze der konservierenden Eigenschaften niederer Temperaturen für gewisse hochvirulente Tu- moren sicher nicht erreicht, da EurrıcHn wiederholt das Wachstum von Geschwülsten beobachtet hat, die 48 Stunden bei 25—30° unter Null sich befunden haben. Ja, es gelang ihm sogar, allerdings nur einmal unter 60 Impfungen mit einem Carcinom, das volle zwei Jahre bei S—12° unter Null aufbewahrt war, einen Tumor zu er- zielen. Da in diesem Fall weder beim Einfrieren noch beim Auftauen irgendwelche Vorsichtsmaßregeln ergriffen wurden, so muß es zweifel- haft bleiben, ob selbst hiermit schon die Grenze der Konservierungs- möglichkeit erreicht ist. Sogar der Temperatur der flüssigen Luft vermögen Tumorzellen begrenzte Zeit Widerstand zu leisten. Nach halbstündiger Ein- wirkung derselben haben Moore & WALKER ein Enrrichsches Car- cinom und MoorE & WAaxrELIN BarRRATT den JEnsEenschen Tumor noch erfolgreich impfen können. GayLorp berichtet über positive Erfolge nach analoger Einwirkung durch 40 und 80 Minuten, ja die Zellen des Eurrıcnschen Chondroms wurden sogar durch einen 3-tägigen Aufenthalt bei der Temperatur der flüssigen Luft nicht völlig abgetötet, wenngleich das Wachstum unter diesen Verhältnissen sehr retardiert war und eine gewisse Grenze nicht überschritt. Naclı Crowes & Bazstack ist der Effekt einer mäßigen Erwärmung auf 37—41° verschieden, je nachdem es sich um schwach- oder stark- virulente Tumoren handelt. Letztere werden durch die höhere Tem- peratur geschwächt, erstere dagegen zu lebhafterer Proliferation an- geregt. WnrrtE & Lore machen neuerdings darauf aufmerksam, dal Wachstumsenergie und Latenzperiode ein sehr feines Reagens auf den zellschädigenden Einfluß der Wärme darstellen. E Eine zweite Versuchsreihe suchte direkt die Frage zu ent- scheiden, ob der Erfolg der Transplantation an die Intaktheit der Zellen gebunden ist. Uebereinstimmend wird diese Frage von ‚JENSEN, LoEg, sowie FLEXNER & JoBLıng in absolut positivem Sinne beant- wortet. Ein feines Zerreiben des Tumors mit Kieselgur, oder ein- faches Zerquetschen im Mörser mit folgender Filtration durch feine Gaze genügte, um die Verimpfbarkeit fast gänzlich aufzuheben. 186 Huco APoLANT, Vollends negativ verlief die Impfung nach Filtration durch ein Berke- feldfilter. Auch Sticker beobachtete bei den Hundesarkomen, daß mechanisches Verreiben der Tumormasse mit Seesand, sowie Filtration durch Kieselgurfilter und Porzellankerzen die Transplantationsmög- lichkeit aufhob. Ein in dieser Beziehung völlig abweichendes Verhalten zeigen allein die offenbar eine besondere pathologische Stellung einnehmenden Hühnersarkome, über die in neuerer Zeit Rous zum Teil in Gemein- schaft mit Murpnuy & TyTLer berichtet hat. Nach ihren Angaben entwickeln sich zwar die Impfgeschwülste bei der gewöhnlichen Ueber- tragung aus den geimpften Zellen, die Möglichkeit des Angehens ist jedoch auch bei Verwendung eines durch ein Berkefeldfilter fil- trierten zellfreien Materials gegeben. Freilich ist das Wachstum unter diesen Umständen bei gleichzeitiger Verlängerung der Latenz- periode stark retardiert. Auch ist es zweckmäßig, den Impfboden durch Diatomeenerde in einen Reizzustand zu versetzen. Immerhin erscheint der Schluß, daß diese Tumoren auf einem filtrierbaren lebenden Virus beruhen, berechtigt. Ganz neuerdings hat TYTLER dieselben Verhältnisse bei einem transplantablen Osteochondrosarkom des Huhns beschrieben. Eine sehr schwere, die Uebertragung ausschließende Zell- schädigung stellt die Eintrocknung dar, selbst wenn dieselbe nur un- vollkommen an der Luft stattfindet. Endlich seien noch kurz die in der angewandten Technik wohl nicht ganz einwandfreien Versuche mit einer chemischen Beeinflus- sung der Tumorzellen erwähnt. So konstatierte JEnsEn, daß 5 Minuten langer Kontakt mit einer 1/,-proz. Karbollösung abtötend wirkt, mit einer 1/,-proz. dagegen nicht. Kaliumcyanid hat nach Lors in einer Verdünnung von 1:700 bis 1:1000 der Normallösung einen ent- schieden hemmenden Einfluß auf das Geschwulstwachstum. Eine 17—24-stündige Konservierung in Glyzerin wirkt nicht absolut tötend. Crowes gibt an, dab einstündige Einwirkung von Sublimat 1:3500 die Entwickelung von Tumoren nicht verhindert; erst eine Konzentra- tion von 1:2000 tötet ebenso wie Quecksilberjodid 1:2000 bis 1:2500 mit Sicherheit ab. Sein virulenter Brooklyntumor zeigte nach Ein- wirkung von Kaliumeyanid 1:250 der Normallösung noch 100 Proz. Ausbeute und ging, ebenso wie JENnsEns Tumor, selbst nach 1:100 der Normallösung noch an. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die in den Angaben der Autoren zutage tretenden Differenzen zum Teil auf der bio- logischen Verschiedenheit der Tumoren beruhen. Das Vorhanden- sein derartiger Differenzen wurde von Haaranp im EHrtiıchaschen Institut direkt nachgewiesen. Bei einer Mischgeschwulst von Car- cinom und Sarkom konnte er die Carcinomkomponente durch 1/,- bis 1-stündiges Erhitzen auf 44° vollkommen eliminieren und ein Reinsarkom erzielen. Die durch Erwärmen zustandekommende Zell- schädigung äußert sich sowohl in einer Herabsetzung der Impfaus- beute, als in einer Verminderung der Wuchsenergie bei Verlängerung der Latenzzeit zwischen Impfung und beginnender Tumorbildung. Derselbe Autor konnte aber auch bei der einzelnen Sarkomzelle mikroskopische Schädigungen nachweisen, die sich hauptsächlich in einer bemerkenswerten Polymorphie des Zelleibs nebst einer Auf- blähung, Lappung und Einschnürung der Riesenkerne, sowie in dem Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 187 Auftreten echter Riesenzellen dokumentierte. Die durch die Ein- wirkung abnormer Temperaturen bedingte Schädigung kann aber noch in einem anderen biologisch interessanten Phänomen zum Ausdruck kommen. Vor Jahren führten Enrrıich & Arorant den Nachweis, daß, wenn man den Brei von Mäusesarkom und -carcinom vermischt impfte, die neu entstandenen Geschwülste die Form des Carcinoma sarcomatodes annahmen, d. h. einer Geschwulst, die als ein Carcinom mit sarkomatösem Stroma bezeichnet werden kann. Als ich diese Versuche einige Jahre später wiederholte, entstand zu meiner Ver- wunderung keine Mischgeschwulst, sondern ein Reinsarkom, und zwar deswegen, weil die letztere Tumorform in der Zwischenzeit eine viel beträchtlichere Steigerung ihrer Wuchsenergie erfahren hatte, als das Carcinom, das von vornherein vollständig überwuchert wurde. Ich versuchte nun dadurch einen Ausgleich der Virulenz und damit die Mischtumorform wieder zu erzielen, daß ich die virulentere Kom- ponente, also das Sarkom, vor der Impfung niedrigen Kältegraden aussetzte, die wegen ihrer schonenderen Wirkung für derartige Ver- suche empfehlenswerter sind als hohe Temperaturen. Der Erfolg war ein vollkommener, da in der Tat durch einen etwa T7-tägigen Aufenthalt des Sarkoms bei —10° ein Virulenzausgleich mit dem Carcinom erreicht und mit der Impfung einer Breimischung ein echtes Carcinoma sarcomatodes erhalten werden konnte. Die natürliche Geschwulstimmunität. Es kann nicht scharf genug betont werden, dab unter der soge- nannten Geschwulstimmunität ausschließlich die Resistenz des Organis- mus gegen das Angehen von Tumorimpfungen zu verstehen ist, ein Zustand, der mit der Frage der spontanen Geschwulstgenese zunächst nichts zu tun hat. Eine scharfe Trennung dieser beiden Formen ist deswegen von fundamentaler Bedeutung, weil die Bedingungen für eine erfolgreiche Uebertragung von Tumorzellen und diejenigen für eine primäre Geschwulstbildung total verschieden sind. Dies ergibt sich unter anderem schon daraus, daß, wie Basmrorp wiederholt be- tont hat, die Impfungen besser bei jungen Tieren angehen, während die spontane Tumorbildung vorwiegend im späteren Alter angetroffen wird. Werden ferner unter den Mäusen von Spontantumoren fast ausschließlich Weibchen befallen, so ist andererseits das Geschlecht für das Angehen von Impftumoren ganz irrelevant. Vor allem sind aber auch Fälle bekannt geworden, in denen gegen Impfung immune Tiere noch spontan Geschwülste akquiriert haben (HaaLAaND, ULUNET, BAsHFORD, MURRAY und ÜRAMER). Wir können 3 Formen der natürlichen Geschwulstimmunität unterscheiden, nämlich die der fremden Species, die der fremden Rasse und die individuelle Immunität innerhalb der gleichen Rasse. DBe- trachten wir zunächst die Immunität der fremden Species. Da wir mit der überwiegenden Mehrzahl der Autoren die 'Tumor- impfungen lediglich als Zelltransplantationen auffassen, so ist für uns die Frage der natürlichen Geschwulstimmunität ein rein celluläres Problem. Das für Zellübertragungen allgemein gültige biologische Grundgesetz, dab eine erfolgreiche Transplantation nur innerhalb der Species möglich ist, muß daher auch auf diesen Spezialfall An- wendung finden, eine Forderung, die wir in der oben gegebenen histo- 188 Hu6o APOLANT, rischen Uebersicht über die Impfversuche bestätigt gefunden haben. Eine irgendwie befriedigende Erklärung dieser tausendfältig fest- gestellten Tatsache konnte auf Grund der Erfahrung der Transplanta- tion normaler Gewebe nicht gegeben werden. Man beobachtete hier im besten Falle in den ersten Tagen ein minimales, nur mikroskopisch nachweisbares Wachstum, und RıBBERT zog hieraus den Schluß, dal die transplantierten Zellen nicht imstande sind, die ihnen im art- fremden Organismus gebotenen Nährsubstanzen außer Wasser und Sauerstoft zu assimilieren. Bei der sehr viel stärkeren Proliferations- energie der Tumorzellen war nun, wie EHRLIcH zuerst erkannte, die Möglichkeit gegeben, tiefer in dieses Problem einzudringen. Die von EnrricHh ermittelten Tatsachen sind zunächst folgende: Impft man einen virulenten Mäusetumor auf die Ratte, so wächst er hier in den ersten 8S—10 Tagen genau wie auf der Maus. Dann aber unterliegt er in den nächsten 14 Tagen der allmählichen Resorption. Wird er in dem Höhepunkt der Entwickelung auf eine zweite Ratte übertragen, so wächst er hier nicht weiter, sondern wird sofort resorbiert. Da- gegen kann er ohne jede Verminderung der Proliferationsenergie auf die Maus zurückgeimpft werden. Man kann derartige Zickzack- impfungen Maus-Ratte-Maus-Ratte beliebig lange wiederholen, ohne eine Abnahme der Wuchskraft zu beobachten. Aus diesen Tat- sachen ergibt sich nun zunächst, daß die Immunität der Ratte nicht auf präformierten Antikörpern beruhen kann, da sonst das anfäng- liche üppige Tumorwachstum nicht verständlich wäre. Sie kann aber auch nicht durch eine aktive Immunisierung erklärt werden, wie es v. DuUnGERN und WERNER für möglich halten, da die ungeänderte Proliferation im Mäuseorganismus mit einer Schädigung durch Anti- körper nicht vereinbar ist. Die genannten Autoren nehmen zwar an, dab das Phänomen auch mit einer zeitlich verschiedenen Bindung von Ambozeptor und Komplement erklärt werden könne. Zunächst sollte nur der Ambozeptor gebunden werden, und da das Mäusekom- plement auf diesen Ambozeptor nicht paßt, so könnten die mit Immunkörpern beladenen Zellen im Mäuseorganismus ruhig weiter vegetieren. Bei der Ueberimpfung auf die zweite Ratte dagegen soll der Tumor bessere Gelegenheit haben, mit dem Rattenkomplement in Berührung zu kommen und so am Weiterwachsen verhindert werden. Gegen diese überaus komplizierte Vorstellung ist jedoch von EHRLICH der Einwand erhoben worden, daß eine erhebliche zeitliche Differenz in der Bindung von Ambozeptor und Komplement überaus unwahr- scheinlich ist, und daß man schließlich gar nicht versteht, warum der bereits vaskularisierte Impftumor der ersten Ratte schlechter mit Rattenkomplement versorgt werden soll, als der aus der Zirku- lation ausgeschaltete Impfbrei der zweiten Ratte. Nach EnrricH beruht die Immunität der Ratte darauf, daß die Mäusetumorzellen neben den banalen Nährstoffen, die ihnen auch im Rattenorganismus reichlich geboten werden, und die sie auch zu assimilieren imstande sind, noch eines ganz bestimmten Stoffes X be- dürfen, den nur die Maus, aber nicht die Ratte besitzt. Ist das bei der Impfung mitübertragene Quantum dieses Stoffes verbraucht, so geht der Tumor zugrunde, kann also auch nicht auf der zweiten Ratte weitergezüchtet werden, wohl aber bei der Maus, nach Rückimpfung auf dieselbe, da ihm hier dieser Stoff wieder zugeführt wird. EHrLicH führt als Vergleich die Wachstumsverhältnisse des Influenzabacillus Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 189 an, der ebenfalls eines besonderen Nährstoffes, des Hämoglobins, wenn auch nur in Spuren, bedarf, um in Kulturen gezüchtet zu werden. Die Immunität der Ratte beruht also auf dem Mangel eines Nährstoffes und ist daher von Enrrıcn als athreptische bezeichnet worden. Natürlich gilt diese Erklärung nicht nur für den Spezial- fall der Mäusetumorzellen im Rattenorganismus, sondern ganz allge- mein und kann daher als generelles Gesetz so formuliert werden. Eine Zelltransplantation ist nur innerhalb der gleichen Species mög- lich, weil die Zellen aller Organismen neben den banalen Nährstoffen noch streng spezifische gebrauchen, die für jede Tierart verschieden angenommen werden müssen. Wenn von mancher Seite (BasHForpD, LEVIN & SITTENFIELD) den positiven Angaben Enrriıcns ein Nachlassen der Virulenz bei den Zickzackimpfungen entgegengehalten wird, so ist darauf zu erwidern, daß derartige negative Resultate nicht gegen die athreptische Theorie sprechen ; denn daß die Ratte gegen Mäusetumoren aktiv immunisiert werden kann, hat Enrrıcn selbst zuerst nachgewiesen, indem er beobachtete, daß nach Resorption des ersten Tumors eine zweite Impfung mit Mäusetumorzellen auch kein passageres Angehen mehr zeigt. Ob diese durch Antikörper bedingte Zellschädigung in dem Erfolg der Zickzackimpfungen zum Ausdruck kommt, hängt wohl einerseits von der Natur und Vitalität des verwendeten Tumors sowie vom Zeitpunkt der Impfung ab. In jüngster Zeit glaubt MurrnHy in der schon erwähnten erfolg- reichen Tumorübertragung auf Eier ein zwingendes Argument gegen die athreptische Theorie sehen zu müssen. Wie schon bemerkt, gehen diese Impfungen mit artfremdem Material nie auf ausgekrochenen Hühnchen, sondern nur auf Embryonen resp. Eihäuten an, können aber von Ei auf Ei vermutlich beliebig lange gezüchtet und stets noch erfolgreich auf die ursprüngliche Species übertragen werden. Nach MurrHy erklären sich diese Tatsachen, die immerhin nach mancher Richtung, namentlich in den zeitlichen Angaben, noch der Bestätigung bedürfen, damit, daß die Embryonen noch unfähig sind, Antikörper zu bilden. Auf der anderen Seite ist es aber eine noch durchaus offene Frage, ob trotz der bereits den Keimzellen zukommen- den Artspezifität die für das Tumorwachstum in Betracht kommen- den Nährstoffe im embryonalen Leben schon nach der Species ge- nügend differenziert sind. Daß in der Tat zwischen Embryonen und erwachsenen Tieren biochemische Unterschiede bestehen, ergibt sich aus den Untersuchungen von Sacks, der die Blutkörperchen eben ausgekrochener Hühnchen im Gegensatz zu denen einer späteren Lebensperiode unempfindlich gegen Arachnolysin fand. Eine Resistenz gegen das Angehen geimpfter Geschwulstzellen beobachten wir aber nicht nur in der fremden Species, sondern häufig auch in der fremden Rasse. Auf diese Verhältnisse hat zuerst LEoxor MıcHAaELIs aufmerksam gemacht. Von manchen Autoren (Herrwis & Por, Lewın) ist zwar ein derartiger Einfluß der Rasse geleugnet worden, jedoch mit Unrecht, da weitere Erfahrungen gezeigt haben, dab sich verschiedene Geschwulststämme in dieser Hinsicht sehr different verhalten können. So ging z. B. der im Enrrichschen In- stitut gezüchtete Carcinomstamm 11 auf englischen Mäusen sofort in dem gleichen Prozentsatz, wie auf deutschen an. Auch gelingt es ohne Schwierigkeit, den auf grauen Mäusen gezüchteten Car- 190 Huso AProLanr, cinomstamm 4 auf weiße zu übertragen. Das sind jedoch Ausnahmen. Gewöhnlich ist der Rasseneinfluß sehr deutlich. So konnte MıcHAELIS den .Jensenschen Tumor nur auf Kopenhagener Mäuse, nicht aber auf Berliner übertragen. Analoge Beobachtungen machte BAasHrorD mit der gleichen Geschwulst bei Londoner und BorrEL bei Pariser Tieren. Nach LanpstEiner ging ein ihm von BorRREL überlassener Tumor auf Pariser Mäusen in 54 Proz., auf Wiener dagegen nur in 15,4 Proz. an. Sehr deutliche Differenzen zwischen englischen und deutschen Mäusen erhielten auch GIERKE, sowie ÜUHLENHUTH & WeI- panz. Interessant ist die Beobachtung Lurses, der es nach 7-monat- lichen vergeblichen Uebertragungsversuchen von deutschen auf russi- sche Mäuse endlich gelang, ein russisches Tier zu infizieren. Die Weiterzüchtung in der fremden Rasse bereitete dann keine Schwierig- keiten mehr. Zuweilen äußert sich, wie CLuner angibt, der Rassen- einfluß in einem langsameren Wachstum. Einen etwas tieferen Einblick ın die hier obwaltenden Verhält- nisse gestatten die Beobachtungen Haaranps. Derselbe konstatierte zunächst, daß ein im Enruichschen Institut gezüchtetes, enorm viru- lentes Sarkom auf norwegischen Mäusen sehr schlecht anging, gut dagegen auf den ihm aus Frankfurt zugeschickten. Es zeigte sich nun aber weiterhin die sehr merkwürdige Erscheinung, daß nach mehrmonatlichem Aufenthalt der Frankfurter Tiere in Christiania- die Empfänglichkeit für das Sarkom verloren ging. Von besonderem Interesse ist ferner, dab sich aus einer Impfbreimischung von EHr- rıchschem Sarkom und dem Jernsenschen Careinom bei den nor- wegischen Mäusen nur das Oarcinom, bei frischen Frankfurter Tieren nur das Sarkom entwickelte. Diese Beobachtungen machten es wahr- scheinlich, daß die natürliche Immunität verschiedener Rassen gegen bestimmte Tumoren von differenten Ernährungsverhältnissen abhängt, die Haarann selbst schon seinerzeit als entscheidenden Faktor hin- gestelli hat, ohne jedoch ihre Beziehungen zu dem Geschwulst- wachstum genauer definieren zu können. Zu ähnlichen Anschauungen gelangte auch Tyzzer bei seinen Kreuzungsversuchen zwischen ge- wöhnlichen weißen und japanischen Tanzmäusen. Er arbeitete mit dem JEnsenschen und einem Enruicnhschen Carcinom, sowie einem Tanzmaustumor. Seine Resultate sind in Kürze folgende: Gewisse gewöhnliche Mäuserassen zeigen eine verschiedene Empfänglichkeit für EHrLIicHs und JENsSEns Tumor. Ersterer wächst leichter auf jungen Tanzmäusen, was letzterer nie tut. Bastarde von gewöhnlichen und Tanzmäusen sind für Euricns Tumor empfänglicher als für JENSENS, Die primär von einer Tanzmaus stammende Geschwulst mit einer Ausbeute von 100 Proz. auf japanischen Tieren wuchs nicht auf gewöhnlichen Mäusen, wohl aber mit maximaler Impfausbeute und gesteigerter Proliferationskraft auf Bastarden zwischen weißen und Tanzmäusen. Uebrigens trat bei Weiterzüchtung der Bastarde wieder Unempfänglichkeit ein, so daß die Menperschen Regeln für diese Verhältnisse nicht anwendbar sind. Auch Ou£nor & MeRrcIER sind auf Grund ihrer sehr ausgedehnten Untersuchungen der Meinung, dab es am nächsten liegt, zur Erklärung der Rassenimmunität an Er- nährungsverschiedenheiten zu denken, halten jedoch die Verhältnisse für möglicherweise sehr kompliziert. Sie bemerken bereits, daß die schnelle Anpassung offenbar auf Vorgängen in den Krebszellen selbst. beruht. Dagegen widerspricht LAnpstEeiner der Haaranoschen Er- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 198 klärung, da sich die Empfänglichkeit der Pariser Mäuse für den Borrerschen Tumor auch auf die Wiener Nachkommenschaft der französischen Tiere vererbte, ein Einwand, der jedoch nicht stich- haltiv erscheint, da die Umstimmung des Organismus längere Zeit erfordern kann. Es war von vornherein nicht sehr wahrscheinlich, daß ein tieferes theoretisches Eindringen in die hier obwaltenden Verhältnisse auf onkologischem Gebiet gelingen würde, vor allem schien es schwer, eine Erklärung für die oft merkwürdig schnelle Adaption eines Tumors an die fremde Rasse, wie z. B. in dem erwähnten LurJE- schen Falle zu finden. Es ist daher besonders freudig zu begrüßen, daß durch die Forschungsresultate, welche Enrricn auf dem Ge- biete der Trypanosomen, und zwar speziell bei den Rezidivstämmen erzielt hat, auch die hier in Betracht kommenden Geschwulstfragen unserm Verständnis nähergerückt sind. Ein kurzes Eingehen auf die Resultate dieser Forschung ist daher unabweislich. Impft man eine Maus mit einer Trypanosomenart und gibt ihr, nachden: sich die Parasiten entwickelt haben, eine nicht ganz heilende Dosis eines wirksamen Arsenpräparates, so verschwinden die Para- siten für längere Zeit aus dem Blut. Da aber nicht alle Parasiten abgetötet sind, so tritt früher oder später ein Rezidiv ein. Durch die Resorption der mit dem Mittel abgetöteten Trypanosomen bilden sich aber, wie das EHnrLich & SHica schon vor Jahren nachgewiesen haben, natürlich reichlich Antikörper. Wenn trotzdem ein Rezidiv eintritt, so bestehen zwei Möglichkeiten: entweder die Antikörper sind wieder verschwunden, oder die Trypanosomen sind gegen dieselben fest geworden. Tatsächlich ist das letztere der Fall. Denn wenn man diese aus dem Rezidiv herausgezüchteten Parasiten auf Mäuse impft, die von ihrer ursprünglichen Infektion geheilt, also mit Anti- körpern beladen sind, so wachsen sie hier genau wie auf normalen Tieren. Im Gegensatz hierzu bleibt die Impfung mit dem Ausgangs- stamm, da dieser ja antikörperempfindlich ist, zunächst erfolglos. Es handelt sich hier um eine durchgreifende, weil viele Monate vorhaltende und, was vor allem wichtig ist, vererbbare biologische Abänderung, die von EnurricH folgendermaßen experimentell auf- geklärt ist: Die ursprünglichen Parasiten haben eine bestimmte Art Nutrizeptoren, d. h. der Ernährung dienende Rezeptoren A, die bei der Abtötung als Antigen wirken und einen Antikörper erzeugen, der nur an dieser Gruppe verankert wird. Sind sämtliche Rezep- toren A eines Parasiten mit Antikörpern besetzt, also für die Funktion der Nahrungsaufnahme ausgeschaltet, so müßte die Zelle zugrunde gehen, wenn nicht infolge des Hungerreizes eine neue, anders geartete, aber in der potentiellen Anlage bereits vorhanden gewesene Gruppe B zur Entwickelung gelangte, die, wie exakt bewiesen werden kann, keine Verwandtschaft zu dem Antikörper A hat. Dasselbe Trypano- som, das sich vorher mit dem Nutrizeptor A ernährte, ernährt sich nun mit dem Rezeptor B. Es findet also ein Schwund der einen Rezeptorenart unter Bildung einer neuen statt. In derselben Zelle können aber noch mehr potentielle Anlagen vorhanden sein, und in der Tat ist es Enrticn gelungen, bei einer einzigen Trypanosomenspecies zehn verschiedene Rezeptorenarten zu erzeugen. Gewöhnlich ist nun in den Parasiten nur eine Gruppe aus- gebildet, A oder B oder C usw. Diese Form nennt EHrrıch Unio, 192 Hu6o APOLANT, es können aber zu gleicher Zeit, wie auf experimentellem Wege festgestellt ist, auch zwei oder mehrere Gruppen ausgebildet sein, A und B und © usw., Formen, die dann als Binio, Ternio usw. be- zeichnet werden. Wird nun ein solcher Binio, der also z. B. die Gruppen A und B enthält, mit den isolierten Antikörpern, also nur mit Antikörper A oder nur mit Antikörper B behandelt, so stirbt er nicht ab, sondern lebt mit dem andern Rezeptor ruhig weiter. Daraus geht hervor, daß der Antikörper in diesem Fall nicht toxisch wirkt, sondern nur dadurch, daß er eine Ernährungsquelle verstopft. Daß von einem Trypanosom zehn verschiedene stabile Unionen abgeleitet werden können, heißt nichts anderes, als daß das Trypanosom im- stande ist, in zehn verschiedenen Ernährungsarten allein in der Maus zu vegetieren. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich also, daß durch einen einmaligen Eingriff eine Umprägung des Zellprotoplasmas von bleibenden: Charakter erfolgt. Eine derartige Umprägung kann nun auch vollkommen ausreichen, um der Zelle und ihren Abkömmlingen eine dauernde Erhöhung der Wachstumsenergie zu verleihen; denn es liegt hier ein Fall vor, bei dem das WEIGERTsche Gesetz von der Ueberkompensation geschädigter Funktionen sehr wohl Anwendung finden kann. Der Schwund einer Rezeptorenart A stellt eine Zell- schädigung dar, die durch eine reichlichere Bildung anderer Re- zeptoren überkompensiert wird. Einen Stoff, der eine solche ein- malige Umwandlung der Zelle zustande bringt, nennt EHRLICH Wuchsstoff. Nährstoffe sind dagegen die Substanzen, deren Assi- milation das dauernde Wachstum der Zellen unterhält, und von denen EHrrıcH zehn Modi bei den Trypanosomen festgestellt hat. Diese Vorstellungen lassen sich nun ohne Schwierigkeit auf die Tumortransplantationen übertragen. In einer Geschwulstzelle müssen neben den Nutrizeptoren, die auf die in dem betreffenden Tier ge- botenen Nährsubstanzen eingestellt sind, noch eine Anzahl potentieller Anlagen vorhanden sein. Wird der Tumor auf ein anderes Tier über- tragen, sc sind, drei Fälle denkbar: entweder das neue Tier bietet die- selben Nährstoffe wie das alte, dann geht der Tumor an. Oder es bietet überhaupt keine zu den Nutrizeptoren passenden Stoffe, dann ist der Tumor nicht übertragbar; oder endlich, es werden zwar nicht die alten, aber doch solche Nährstoffe im neuen Tier geboten, für die wenigstens potentielle Anlagen in der Tumorzelle vorhanden sind. In diesem Falle werden diejenigen Zellen, bei denen die Ent- wickelung der potentiellen Anlagen nicht schnell genug vor sich geht, absterben, diejenigen aber, die der Hungerreiz zur Entwickelung neuer Nutrizeptoren treibt, leben nicht nur in der neuen Rasse weiter, sondern sichern die Proliferationen auch für die ferneren Genera- tionen, da die neugewonnenen Eigenschaften, wie bei den Trypano- somen, vererblich sind. Dies ist eine exakt wissenschaftliche Er- klärung für die plötzliche Umstimmung, die wir so häufig bei Ge- schwulsttransplantationen auf fremde Rassen erleben, und die ganz analog den Erfahrungen bei Trypanosomen bis zum Verlust der Empfindlichkeit der alten Rasse gehen kann. Auf Grund dieser Vorstellungen verstehen wir nun auch, dab sich die Immunität der fremden Rasse nicht bei allen Tumorstämmen bemerkbar macht. Sie fehlt bei denjenigen, deren Zellen von vorne- herein mehrere Arten von Nutrizeptoren besitzen, also als Binionen, Ternionen etc. auf die fremde Rasse adaptiert sind. Derartige Stämme Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 193 ” brauchen theoretisch durchaus nicht virulenter als die nicht adap- tierten zu sein, da die Virulenz, um im Enrriıcnschen Bilde zu bleiben, von der Zahl resp. der Avidität der überhaupt vorhandenen Nutri- zeptoren, nicht aber von der Zahl der Rezeptorsorten abhängt. Ein Binio kann im ganzen wenig Rezeptoren haben, dann ist er wenig virulent, aber eventuell auf eine fremde Rasse adaptiert; andererseits kann ein Unio sehr viele Rezeptoren besitzen, so daß er hochvirulent für die eigene Rasse ist, ohne auf eine fremde adaptiert zu sein. Die individuelle Immunität innerhalb der gleichen Rasse ist keine feststehende Größe, sondern von den biologischen Eigenschaften des verimpften Tumors abhängig. Wir kennen Geschwülste, die zu 100 Proz. verimpfbar sind und wieder andere, die gar nicht oder nur in minimalem Prozentsatz angehen. Zwischen diesen Extremen sind alle möglichen Zwischenstufen. EnrticH hat dies kurz die Virulenz des Tumors genannt, ein Begriff, der komplexer Natur ist, da er einerseits von Eigenschaften der Geschwulstzellen und andererseits von der relativen Resistenz des Wirtstieres abhängt. Durch eine Arbeit von Cu£nor & Mercıer haben wir einen tieferen Einblick in diese Verhältnisse erlangt. Es ist diesen Autoren gelungen, aus ihrem Mäusebestand, bei dem der von ihnen verimpfte Tumor in etwa 50 Proz. anging, einzelne Familien mit auffallend konstanter Impf- ausbeute von einerseits SO—100 Proz. und andererseits 0—20 Proz. zu züchten. Es handelt sich hier also um vererbbare, nur in engen Grenzen schwankende Eigenschaften. Am einfachsten lassen sich diese Tatsachen mit der berechtigten Annahme erklären, dab die für das Geschwulstwachstum notwendigen spezifischen, autogenen Nährstoffe von verschiedenen Familien in verschiedener Quantität produziert werden. Hat nun die verimpfte Geschwulstzelle nur eine geringe Avidität zu diesen autogenen Substanzen, so wird sie nur da wachsen können, wo letztere sehr reichlich gebildet werden. Ist die Avidität dagegen sehr groß, so reißt die Geschwulstzelle die be- treffenden Nährsubstanzen auch da an sich, wo sie nur in geringer Quantität produziert werden. Mithin ist die Impfausbeute im letzteren Falle eine hohe. Aus diesen Vorstellungen heraus erklärt sich aber auch das Phänomen der Virulenzsteigerung in ungezwungener Weise, Denn durch den Hungerreiz kann eine Vermehrung resp. ein der Aviditätserhöhung entsprechendes Auswachsen der Nutrizeptoren ver- anlaßt werden, das ein leichteres Angehen bei der Transplantation gewährleistet. Burszss hält die Resultate seiner histologischen Untersuchungen an natürlich immunen Tieren für unvereinbar mit der Annahme einer athreptischen Immunität, da er bei immunen Tieren im Gegensatz zu empfänglichen nach etwa einer Woche ein entzündliches Exsudat in der Peripherie der Impfmasse auftreten sah, wodurch ein Sistieren des peripheren Geschwulstwachstums veranlaßt werden soll. Das ist jedoch keine Widerlegung, da. die Reaktion auch von einer schon im Absterben begriffenen Zellmasse ausgelöst werden kann. Die erworbene Tumorimmunität. . Während die natürliche Tumorimmunität in einheitlicher Weise mit der Annahme einer Athrepsie erklärt werden kann, liegen die Verhältnisse bei der erworbenen wesentlich verwickelter. Aus prak- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. Ill. 18: 194 HuGo APOLANT, tischen Gründen soll dieses Gebiet im Zusammenhang besprochen werden, ohne Rücksicht darauf, ob die Immunisierung als präventive oder kurative Maßnahme anzusehen ist. Man hatte bereits in einer Zeit, in der noch jede experimentelle Grundlage für ein derartiges V oreehen fehlte, lediglich gestützt auf die Resultate der Cytotoxin- forschung, bei Menschen sowohl wie Tieren, aktiv und passiv zu immunisieren versucht. Die ersten in dieser Richtung angestellten Experimente stammen von Rıcner & Hürıcourt, die das Filtrat eines Osteosarkoms vom Menschen einem Esel und zwei Hunden injizierten und mit dem nach 5, 7 und 14 Tagen hergestellten Serum dieser Tiere ein Fibro- sarkom der Rippen, sowie einen in der Diagnose nicht ganz klaren Magentumor angeblich erfolgreich behandelten. Allerdings bemerken die Autoren selbst, keine vollkommene Heilung, sondern nur eine er- hebliche Besserung der subjektiven und objektiven Symptome er- zielt zu haben. Aehnlich lauten die Angaben GiBIErs, der ein am Halse sitzendes Carcinom, sowie einen wiederholt operierten Mamma- krebs auf analoge Weise wesentlich gebessert haben will, ArLoınG & Courmont haben mit dem Serum normaler und immunisierter Esel gearbeitet und namentlich mit letzterem lokale Reaktion, aber sonst keine Wirkung erzielt. Brunner hat, wie ich der Arbeit EnGeErs entnehme, mit dem Serum eines Hammels und Hundes, denen in physiologischer Kochsalzlösung zerriebene und filtrierte Krebssubstanz injiziert worden war, nur eine Linderung der subjektiven Beschwerden, aber kein Zurückgehen der Geschwulst beobachtet. Tusunı, dessen Arbeit mir ebenfalls nur aus EnGers Referat bekannt ist, hat durch wiederholte Infektion von Tumorpreßsäften bei Kaninchen ein Serum hergestellt, das auf die Zellen des betreffenden Tumors zerstörend einwirkte. Sehr vorsichtig äußern sich Cmarcor & Hoyrox über den Erfolg ihrer Seruminjektionen. v. LEYDEN & BLUMENTHAL glauben einen gewissen Effekt der passiven sowohl wie aktiven Immunisierung bei Hunden und auch bei Menschen gesehen zu haben. EnGEL ging bei seinen therapeutischen Versuchen so vor, dab er mit dem Blutserum Carcinomatöser spezifische Antikörper im Ka- ninchenorganismus erzeugte und diese vermischt mit normalem Menschenserum dem Patienten wiederholt injizierte. Trotzdem jedes Immunserum in streng spezifischer Weise nur dem Kranken ein- verleibt wurde, mit dessen Serum es gewonnen war, konnte ein greif- barer Erfolg nicht konstatiert werden. LörrLEer machte bei einem inoperablen Mammakarzinom einen therapeutischen Versuch mit dem Serum eines Esels, der in besonderer Art vorbehandelt war. Bekanntlich hat L. den Nachweis geführt, daß getrocknetes Eiweiß sehr hohen Temperaturen ausgesetzt werden kann, ohne die Fähigkeit der Bildung spezifischer Antikörper zu ver- lieren. In der Tat konnte er durch Injektion derartig vorbehandelten Jarcinommaterials ein Serum gewinnen, das mit einer 1-proz. Ver- dünnung der Carcinomsole noch Präzipitinreaktion zeigte und bei der Patientin eine lokale und allgemeine Reaktion hervorrief. Der letale Krankheitsverlauf wurde jedoch dadurch nicht aufgehalten. Als v. DunGErN seinerzeit den wichtigen Nachweis erbrachte, daß es möglich ist, durch Kuhmilchinjektion ein Antiepithelserum zu erhalten. eröffnete sich die Aussicht, auf diesem Wege das Carcinom Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 195 erfolgreich zu bekämpfen. Freilich ließ die Tatsache, dab die cyto- toxischen Sera keine strenge Spezifität besitzen und beispielsweise ein Epithelimmunserum auch gegen rote Blutkörperchen gerichtet ist, den therapeutischen Wert dieses Vorgehens von vornherein zweifel- haft erscheinen, doch hoffte v. DunGern anfangs, diese Schwierig- keit durch lokale Anwendung des Serums zum Teil überwinden zu können, da er aus dem Intaktbleiben der Erythrocyten in einem Epithelzellen enthaltenden Epithelserum den Schluß zog, daß auf diese Weise durch die höhere Avidität des Epithelimmunserums zu den Carcinomzellen die schädlichen Wirkungen möglicherweise um- gangen werden können. Die Versuche führten jedoch zu keinem Resultat, da es v. DunGeErN nicht gelang, ein dem Kuhmilchimmun- serum entsprechendes Menschenmilchimmunserum herzustellen. Der Wunsch, durch direktes Lossteuern auf das hohe Ziel die Heilung des menschlichen Carcinoms herbeizuführen, ist gewiß be- greiflich, andererseits darf jedoch nicht verkannt werden, dab es sich hier um ein Problem handelt, das ohne eine genügende Klärung der in Betracht kommenden Vorfragen durch den Tierversuch kaum gelöst werden dürfte. Folgerichtig konnte das Gebiet erst dann in aussichtsvoller Weise bearbeitet werden, als vornehmlich durch JENSEN der Beweis geliefert wurde, daß es bei der relatıv leichten Uebertragbarkeit der Mäusecarcinome gelingt, ein für die experi- mentelle Forschung geeignetes Material zu gewinnen. Es wird das dauernde Verdienst JENsEns bleiben, als erster die Carcinomimmuni- sierungsfragen in größerem Stil experimentell in Angriff genommen zu haben. Er hat zwar seine Versuche zu einer Zeit abgebrochen, zu der er noch nach keiner Richtung hin ein entscheidendes Resultat erhalten hatte, aber die Bahn war gebrochen, auf der allein ein ent- scheidender Fortschritt zu erwarten ist. JENSEN konstatierte zunächst die wichtige Tatsache, dab erfolg- los vorgeimpfte Tiere auch durch wiederholte Nachimpfung keinen Tumor akquirieren *). Da er nur mit einem einzigen Geschwulststamm arbeitete, so war er nicht imstande, zu entscheiden, ob es sich hierbei um eine natürliche oder um eine durch die erste Impfung erworbene Immunität handelt. Er läßt ausdrücklich beide Möglichkeiten zu. Weiter hat er an Mäusen sowohl eine aktive wie passive Immuni- sierung versucht, letztere, indem er Kaninchen mit steigenden Mengen zerstoßener Krebsmassen vorbehandelte und auf beide Weisen einen Rückgang der Tumoren erhielt. Aus der vorsichtigen Form seiner Mitteilung geht jedoch hervor, daß er nur die Möglichkeit zuläßt, auf diesem Wege einen Erfolg zu erzielen, daß er jedoch keineswegs über konstante Resultate verfügte. Es ist eine nicht seltene Erscheinung, daß sowohl spontan ent- standene, als überimpfte Mäusetumoren, nachdem sie eine bestimmte Größe, etwa die einer Erbse, erreicht haben, von selbst regressiv werden und im Lauf von Wochen vollkommen verschwinden. Gay- LORD, ULOWES & BaESLAcK geben nun an, daß das Serum derartiger, spontan geheilter Tiere imstande ist, kleine Tumoren zur Resorption und das Wachstum größerer zum vorübergehenden Stillstand zu bringen. Der Grad der Immunität schwankt nach ihren Angaben in *) Uebrigens hatte VELICH vor JENSEN das umgekehrte Verhältnis beob- achtet, da es ihm gelang, ein Rattensarkom durch mehrfache Nachimpfung auf erfolglos vorgeimpfte Ratten zu übertragen. 13* 196 Huco APoLanT, weiten Grenzen. In den besten Fällen beobachteten sie nach Injektion von 0,2 ccm die Resorption von 1 bzw. 2 erbsengroßen Tumoren inner- halb 3 Tagen. Auch das Serum der Mäuse, die durch Injektion von Immunserum geheilt sind, besitzt nach ihnen aktiv immunisierende Eigenschaften. Um zu beweisen, dab dieser Heileffekt auf einem Immunkörper beruht, impften OrLowes & BazsLack spontan oder durch Seruminjektion geheilte Mäuse nach, und zwar stets erfolglos, wenn vorher ein wirklicher Tumor, nicht aber ein Pseudotumor in Grestalt eines entzündlichen Infiltrates zur Resorption gelangt war. Ferner mischten sie das Impfmaterial mit dem Serum geheilter Tiere und sahen unter diesen Verhältnissen bei 89 Impfungen in 13,3 Proz. Tumoren entstehen, davon in 5,6 Proz. große, und in 6,7 Proz. kleine, während bei 133 Kontrollimpfungen eine Ausbeute von 31,6 Proz. erzielt wurde, davon 24,8 Proz. große und 6,8 kleine Tumoren. Einen weiteren Immunisierungserfolg glauben sie darin zu sehen, dab die Tumoren in der Immunreihe später entstanden, und dab nach 2 Monaten in diesen Reihen noch 70 Proz. aller geimpften Tiere am Leben waren, in den gewöhnlichen Reihen dagegen nur 51,8. Gänzlich negative Immunisierungsresultate hatte L. MicHAELıs bei Verwendung eines mit Chloroform abgetöteten Tumormaterials, da die folgende Carcinomimpfung bei den vorbehandelten Tieren genau so anging, wie bei den nicht vorbehandelten. Einen von dem der früheren Forscher prinzipiell verschiedenen Immunisierungsweg schlug EnurLicH ein, indem er nach der in der Bakteriologie angewandten Methode der Impfung mit abgeschwächtem Virus verfuhr. Die Bedingungen für ein derartiges Vorgehen sind bei den epithelialen Mäusetumoren besonders günstige, da die letzteren eine genetisch und strukturell zusammengehörige Gruppe bilden, deren einzelne Typen hinsichtlich ihrer Virulenz sehr verschieden sein können. Wie oben bemerkt, geben die Spontantumoren im allgemeinen keine große Impfausbeute. EHurrıcH konnte nun zeigen, dab eine an sich erfolglose Impfung mit einem avirulenten Material einen be- trächtlichen Schutz gewährt gegen eine Nachimpfung mit hochviru- lenten Tumoren. Schon eine einmalige Vorimpfung verleiht nicht selten in ungefähr 50 bis über 90 Proz. eine Immunität. Dieselbe kann jedoch durch wiederholte Vorimpfungen bedeutend gesteigert werden. Zum Teil muß das Ausbleiben einer Immunität im konkreten Falle vermutlich darauf bezogen werden, daß das für die erste Impfung verwandte Material aus irgendwelchen Gründen, z. B. infolge einer zufälligen Infektion frühzeitig demarkiert und nach außen abgestoben wurde, noch ehe eine zur Bildung von Antikörpern hinreichende Menge resorbiert worden war. Die Immunität tritt schon nach 7 bis 14 Tageu ein und hält Wochen und Monate hindurch an. Auf diesem von EnrricH eingeschlagenen Wege ist es also, eventuell durch mehrmalige Vorimpiung, in einem hohem Prozentsatz der Fälle möglich, eine Maus sicher gegen Carcinom zu immuni- sieren. Da die Chancen der aktiven Immunisierung ceteris paribus mit der Virulenz des zur Vorimpfung verwandten Materials steigen, so sind die Resultate bei denjenigen von EnHrLriıcH als Nuller bezeich- neten Tieren am besten, bei denen die Impfung eines hochvirulenten Tumors negativ verlaufen ist. Nur ganz ausnahmsweise gelingt es Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 197 noch, auf diese Tiere einen Tumor mit Erfolg zu übertragen. Nach Kraus. Raxzı und EHrrica kann in Ausnahmefällen auf ein für die subkutane Impfung immunes Tier noch intraperitoneal ein Tumor übertragen werden. Es ergab sich nun weiter die fundamentale Tatsache, dab es für den Erfolg der Immunisierung ziemlich gleichgültig ist, ob die Vor- impfung mit demselben oder einem anderen Careinomstamm erfolgte als die Nachimpfung. Vor allem ist aber bemerkenswert, dab auch die Vorimpfung mit Sarkom gegen Carcinom, sowie die mit Carcinom gegen Sarkom schützt. Innerhalb dieses Rahmens besteht also eine Geschwulstpanimmunität, die nebenbei ein grelles Licht auf die innere Verwandtschaft der hier in Frage kommenden Geschwulsttypen wirft und die Auffassung der Sarkome als infektiöse Granulome direkt ausschließt. Denn eine Immunität gegen Epithelzellen kann nicht gleichzeitig auch gegen einen körperfremden Parasiten gerichtet sein, der erst sekundär das Auftreten eines infektiösen Granuloms bewirken würde. Gegen Chondrom ist die Immunität nur eine partielle, was sich in folgenden Punkten äußert: Erstens ist es notwendig, die Immunisierung häufig, bis zu Smal, zu wiederholen; zweitens ist immer nur ein Teil der vorgeimpften Tiere immun; drittens zeigt sich die gesteigerte Resistenz zuweilen nur in einer auf Monate ver- längerten Latenzperiode zwischen Impfung und wahrnehmbarer Tumor- bildung, sowie in einer Aenderung des Wachstumstypus, der nicht mehr den der Geschwulst sonst eigentümlichen hämorrhagischen Cha- rakter zeigt. Die Erscheinung der Panimmunität ist von anderen Autoren wie Lewın, Bashrorp, HaaLanD, Murray bestätigt worden, doch machen letztere die Einschränkung, daß trotzdem der Schutz gegen den vor- seimpften Tumor am größten ist. Theoretisch bedeutsam war der von BAsHFORD & ScHöneE erbrachte Nachweis, daß auch mit normalen Geweben gegen Impftumoren im- munisiert werden kann. BasHrorp stellte dies mit Blut, ScHöNnE mit Embryonen fest. Spätere Versuche von BoRREL & BRIDRE zeigten die besonders hohe immunisierende Eigenschaft der Milz, während beispielsweise Hoden unwirksam war. Auch hier plädiert BasH- FORD für die besonders immunisierende Kraft der gleichen Gewebsart, da er sich bei seinem Plattenepithelcarcinom davon überzeugen konnte, dab Vorbehandlung mit embryonaler Haut den stärksten Effekt gegen dasselbe ausübt. Lewın beschreibt sogar eine kreuzweise Immunität zwischen Ratte und Maus, die er sowohl durch Vorimpfung von Rattencarcinom bei Mäusen, als auch durch eine solche von Mäuse- carcinom bei Ratten erzielen konnte, vorausgesetzt, daß die Nach- Impfung innerhalb 3—7 Tagen erfolgte. In gleichem Sinne be- richtete vor kurzem J. Levın über erfolgreiche Immunisierungen von Ratten mit normalen Mäuseorganen. MorzscHhı konnte Mäuse so- wohl mit Rattenmamma bei einem Zeitintervall von 30-37 Taxen zwischen Vorbehandlung und Impfung als auch mit Rattensarkom immunisieren. Auch wir haben schon vor Jahren durch Vorbehand- lung mit fremdartigem Blut gelegentlich eine deutliche Immunität gegen Mäusecarcinom erhalten, so daß wir der Behauptung Basn- FoRDS, daß nur Gewebe der gleichen Art immunisiert, nicht bei- pflichten können. Wocrom glaubte sogar durch Injektion der körper- eigenen Milz eine Immunität erzielt zu haben. Eine Nachprüfung 198 Huv6o APOoLANT, dieser Angaben durch Arorant & Marx führte jedoch zu gänzlich negativen Resultaten, und Wocrom selbst hat später seine Behaup- tungen widerrufen. Es erhebt sich nun die überaus wichtige und viel diskutierte Frage nach der Art der erworbenen Immunität. Beruht sie auf der Bildung von Antikörpern, oder walten hier besondere Verhältnisse vor, für die in der sonstigen Immunitätslehre eine Analogie nicht existiert? Tatsächlich ist eine vollkommene Klärung der Ansichten über diesen Punkt, bisher nicht erzielt worden. Zunächst war die Vorfrage zu lösen, welche Bedingungen an die Beschaffenheit des zur Immunisierung verwandten Materials gestellt werden müssen. Man war bis vor noch nicht langer Zeit wohl all- gemein der Ansicht, daß eine Tumorimmunisierung nur mit lebendem Material möglich ist. Die negativen Resultate von MicHAELIS mit durch Chloroform abgetöteten Zellen wurden schon erwähnt. Auch Crowes konnte mit erhitztem und chemisch abgetötetem Material ebenso wenig immunisieren, wie UHLENHUTH mit durch Berkefeld- filter filtriertem. Negativ verliefen ferner die Immunisierungsver- suche von WHırE & Los mit durch Hitze abgeschwächtem Material. Dagegen konstatierte Conrtamın die immunisierende Kraft in Resor- ption befindlicher Tumoren, besonders nach vorheriger Bestrahlung. Haaranp betont, daß vollkommene Zerstörung sowohl normale wie Tumorzellen ihrer immunisierenden Eigenschaften beraubt, und daß letztere auch nicht an den Zellproteinen haften, da im Gegenteil die Injektion von Preßsäften das Angehen einer folgenden Impfung zu begünstigen scheint. Andererseits hatte nun aber schon BRIDRE im Jahre 1907 die stark immunisierende Kraft frischer Tumormazera- tionsflüssigkeit beschrieben und bemerkt, daß klarfiltrierte und ab- zentrifugierte Mazerationsflüssigkeit keine Immunität gibt. Ebenso erzielte J. Levıw eine nicht unbeträchtliche Immunität mit Leber- autolysaten immuner Tiere. Vor allem hat sich aber FıcHrra eingehend mit der Wirkung von Autolysaten beschäftigt. Er stellte dieselben in der Weise her, dab er 1,0 Substanz auf 10 ccm physiolog. Kochsalzlösung 3 Monate unter Toluol bei 37° stehen ließ. Zu den Autolysaten wurde sowohl embryonales als Tumorgewebe verwendet. F. konstatierte nur, daß eine selbst Monate fortgesetzte Vorbehandlung von Ratten mit der- artigen Autolysaten absolut nicht gegen das Angehen geimpften em- bryonalen oder Tumorgewebes immunisiert. Bei gleichzeitiger Injektior von Autolysat und Brei wurde letzterer jedoch schnell re- sorbiert. Die bemerkenswertesten Resultate erhielt er aber bei den- jenigen Ratten, die zuerst mit Sarkom geimpft wurden und erst 10 Tage später, nachdem sich also schon ein nußgroßer Tumor ent- wickelt hatte, die erste Autolysatinjektion erhielten, die dann mehr- mals wiederholt wurde. Schon 10 Tage nach Beginn der Behandlung wurden die Tumoren kleiner und schwanden in 30 Tagen ganz. Nur eine Ratte starb ebenso wie die Kontrollen an dem Tumor. In einem zweiten Versuch wurden von 56 behandelten Tieren 82 Proz. ge- heilt, während die Kontrollen sämtlich an den Tumoren starben. Sarkomautolysate gaben merkwürdigerweise schlechtere Resultate als solche von Embryonen, da mit ersteren nur in 51—56 Proz. eine Tumorinvolution erzielt werden konnte. FıicHera hat diese Versuche mit Autolysaten embryonaler Ge- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 199 webe auch auf den Menschen ausgedehnt, und zwar auf 39 inoperable Fälle, von denen 37 schon vorher operiert worden waren. Von diesen 39 entzogen sich 14 nach 3—10 Injektionen der Kur. 9 von den restierenden starben ohne etwas Bemerkenswertes dargeboten zu haben. Die übrigen zeigten Erweichung, Stillstand, Involution, temporären Schwund und teilweise starke histologische Veränderungen. Uebrigens betont der Autor ausdrücklich die für die Beurteilung seiner Re- sultate ins Gewicht fallende beschränkte Beobachtungsdauer sowie die geringe Zahl der behandelten Fälle. Des weiteren berichtet dann BLUMENTHAL, im Gegensatz zu den meist negativen Resultaten früherer analoger Versuche JENsEnS an Mäusen über eine Anzahl positiver Heilungen von Rattensarkomen durch einmalige Einspritzung eines Rattensarkomautolysats in Chloro- formwasser. Das Autolysat soll nur in den ersten Tagen nach der Herstellung seine volle Wirksamkeit entfalten. Schon in 8 Tagen läßt diese merklich nach und schwindet in den folgenden Wochen ganz. Die kurative Wirkung namentlich jugendlicher Autolysate konnte Lewın bei Ratten bestätigen, nicht dagegen die immunisierende. Der Umstand, dab die Tierversuche mit Autolysaten vorwiegend an einem Tumor angestellt sind, der trotz hoher Impfausbeute und rapiden Wachstums außerordentlich zur spontanen Resorption neigt — wir haben nicht selten noch hühnereigroße Rattensarkome sich spon- tan resorbieren sehen — und jedenfalls zu den am leichtesten beein- flußbaren gehört, schwächt die Beweiskraft der Resultate etwas ab. Zum mindesten wird es weiterer Bestätigung an anderen Tieren be- dürfen, ehe die Heilwirkung derartiger Autolysate als bewiesen an- erkannt werden kann. Ohne bestreiten zu wollen, daß durch die Autolysate vielleicht Körper aufgeschlossen werden, die bei der Einspritzung lebender Zellen nicht zur Wirksamkeit gelangen, kann ich doch nicht uner- wähnt lassen, daß noch in neuester Zeit die heilende Wirkung einer aktiven Tumorimmunisierung abgelehnt wird, so von HAALAND, wenn er bemerkt, daß die Immunisierung mit Krebs vder normalem Organ- material bei Spontantumormäusen versagt, da trotzdem operierte Tu- moren rezidivieren, neue Tumoren auftreten, Metastasen in den Lungen vorkommen und selbst der eigene Tumor noch erfolgreich geimpft werden kann. Der direkte Nachweis von Antikörpern, sei es mit der Prä- zipitations- oder der Komplementbindungsmethode, war bisher mit Sicherheit nicht zu erbringen. Die nach dieser Richtung am EHrricH- schen Institut angestellten Versuche verliefen gänzlich negativ, und unter anderen berichten aus neuerer Zeit Gay & PmıLosopnow über erfolglose Resultate. Dem entsprechen im allgemeinen die Mitteilungen über die Unmöglichkeit einer passiven Immunisierung. Gay, PETROw und GırcoLaw und viele andere leugnen sie positiv. Auch Rovs konnte ebensowenig wie schon vor ihm GoLpmanx bei der parabiotischen Vereinigung von Tumorratten mit mehrmals erfolglos vorgeimpften Immunratten eine Beeinflussung des Tumorwachstums erkennen, wäh- rend allerdings ALBRECHT & Hecht eine die Geschwulstbildung hem- mende Wirkung der Parabiose beobachtet haben wollen. ; Die aus dem Jahre 1905 stammenden Angaben von Crowes über gelungene passive Immunisierung lauten so unbestimmt, und be- 200 Huco APoLanTt, ziehen sich auf so kleine Tumoren, daß wir ihnen heute keinerlei Beweiskraft mehr zuerkennen können. CrıLE & BeeBE sahen bei Lymphosarkomen des Hundes, denen sie übrigens echten Tumorcharakter zu vindizieren sich bemühen, nach Transfusion größerer Blutmengen (300—1500 ccm) von im- munen auf geschwulstkranke Tiere vielfach Heilung der letzteren. Sie lassen es jedoch offen, worauf die Wirkung beruht, und deuten nur an, daß sie vielleicht in einer allgemeinen Stimulation und Er- höhung der Widerstandskraft des Organismus bestehen könne. GAYLORD vindiziert auf Grund seiner ebenfalls am Lymphosarkom des Hundes vorgenommenen Versuche den Leukocyten eine wichtige Rolle, da bei den Bluttransfusionen von immunen Tieren auf das Geschwulsttier die Verhinderung der Gerinnung von Bedeutung für den Erfolg zu sein schien. An dieser Stelle ist auch die interessante Beobachtung HoDEN- pyzs zu erwähnen. Derselbe sah bei einem rezidivierenden Mamma- carcinom Metastasen in der Leber mit chyliformem Ascites auf- treten. Wider Erwarten gingen die Tumoren zurück, während der Ascites blieb. Dies brachte ihn auf die Vermutung, dab in der Ascitesflüssigkeit Antikörper gebildet sein könnten. Er injizierte diese Flüssigkeit nun Tumormäusen teils in die Geschwulst selbst, teils in deren Nachbarschaft und beobachtete Nekrose, Verkleinerung und selbst Schwund der Neubildung. Auch beim Menschen will er mit diesen Injektionen Besserungen erzielt haben. Eine Bestätigung dieser Angaben muß abgewartet werden. Die einzige mir bekannt gewordene, sichere Angabe über passive Geschwulstimmunität stammt von v. DunGeErn und bezieht sich auf die von ihm und Ooca beschriebenen, auf Kaninchen transplantierten Hasentumoren. Es sind das offenbar endemisch vorkommende, an Ohren und Augen sitzende Geschwäülste, die, obwohl sie zuweilen infiltrativ wachsen, auch gelegentlich metastasieren, doch im allge- meinen spontan zur Resorption gelangen. Eigentümlich ist nun, daß alle mit diesem Tumor geimpften Kaninchen, ganz gleich, ob der Tumor angegangen ist oder nicht, ob er noch besteht oder schon Fe- sorbiert ist, sich gegen eine zweite Impfung refraktär verhalten. v. DUNGERN & Coca sehen den Grund hierfür in einer lokalen Ana- phylaxie, die sich in einer starken lokalen Reaktion mit massenhaftem Auftreten von Makrophagen und sekundären Gefäßthrombosen be- merkbar macht. Die Uebertragung der Immunität auf ein gesundes Tier beruht nach v. DunGern auf der Uebertragung eines anaphylak- tischen Antikörpers. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diesen Geschwülsten eine Sonderstellung zukommt. Die typische Lokalisation, das endemi- sche Auftreten, die leichte Uebertragbarkeit auf Kaninchen, die ge- wöhnlich spontane Resorption, sowie die eigenartigen Immunitäts- erscheinungen, die in dieser Form bei Mäusen und Ratten nicht beobachtet werden, machen eine parasitäre Aetiologie sehr wahr- scheinlich, die durch den biologischen Nachweis v. DunGerns, dab die Monate hindurch im Kaninchen gezüchteten Geschwulstzellen Hasen- zellen sind, nicht widerlegt wird. Auf alle Fälle wird man bei den offenkundigen Besonderheiten dieser Hasentumoren gut tun, von jeder Verallgemeinerung der hier gewonnenen Resultate noch abzusehen, zumal die klinischen Zeichen einer Ueberempfindlichkeit gegen eine Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 201 zweite Impfung bei Mäuse- und Rattengeschwülsten nie zu konsta- tieren sind. YamanoucHt beschrieb zwar eine starke Ueberempfindlichkeit tumortragender Mäuse gegen eine Nachimpfung des gleichen Ge- schwulststammes, so daß die Tiere innerhalb 24 Stunden eingingen, Aporant konnte diese Angaben aber bei einer Nachprüfung nicht bestätigen und vermutet, bei dem schlechten Wachstum der Yama- voucHischen Tumoren, daß es sich um infizierte Stämme handelt, die beobachtete Ueberempfindlichkeit also als Bakterienanaphylaxie zu deuten ist. Rous schließt sich auf Grund seiner ebenfalls völlig negativen Resultate dem ablehnenden Standpunkte AProLAnTs an. Bei der Unmöglichkeit, die erworbene Geschwulstimmunität unter eine der bekannten Immunitätsformen zu rubrizieren, verdienen die- jenigen Erklärungen erhöhte Beachtung, die den besonderen hier ob- waltenden Verhältnissen gerecht zu werden suchen, Wie schon hervor- gehoben, können wir zur Zeit unter Tumorimmunität nur die Re- sistenz des Organismus gegen das Anwachsen geimpfter Geschwulst- zellen verstehen. Nun leitet sich aber, wie JEnsEn und BasHrFoRD nachgewiesen haben, von den geimpften Zellen nur das Parenchym eines Tumors ab, nicht dagegen das Stroma, das vielmehr von den bindegewebigen Elementen des Wirtstieres abstammt. Jeder Impf- krebs ist also nicht nur histologisch, sondern auch genetisch kom- plexer Natur. Somit lag der Schluß nahe, daß die Tumorimmunität auf einem Ausbleiben der Stromareaktion beruhe. Diese vor allem von RusseLL vertretene Anschauung beruht darauf, daß durch die erste Impfung eine Umstimmung der Körpergewebe erzielt wird, bei der die Fähigkeit d& Organismus, auf den von den Tumorzellen ausgehenden fibroplastischen und angioplastischen Reiz zu reagieren, verloren gegangen ist. Mit Recht betont GoLDMAnN in einer Kritik der Russerzschen Angaben, daß dieser Autor zur Erklärung der Geschwulstimmunität mit dem Ausbleiben der Stromiareaktion nicht auskommt, und daher noch andere, die Tumorzellen direkt schä- digende Faktoren heranziehen muß. Vor allem hat aber GoLDMANN in überzeugender Weise nachgewiesen, daß die Prämisse der RusseELL- schen Annahmen nicht zutrifft, da auch bei schlechtwachsenden Tu- moren und in Resorption befindlichen Geschwulstmassen eine starke Stromareaktion und reichliche Vaskularisation nachweisbar ist. Die gegenteiligen Angaben Russerıs beruhen auf einer mangelhaften Me- thodik, die nur in sorgfältiger Gefäßinjektion bestehen kann. Auch den im Russerrschen Sinne gedeuteten Ergebnissen der Versuche Rous’ mit der Verimpfung von Embryonenbrei hält GoLpmann ent- gegen, dal in den Fällen ausbleibender Stromareaktion keine Kontrolle durch Gefäßinjektion stattfand, und daß in den anderen Fällen trotz reichlicher Stromareaktion die schließliche Resorption nicht verhindert wurde. Der gegen GoLpmann erhobene Einwand Russerıs, daß eine maximale Aufpumpung der Gefäße keine normalen Verhältnisse dar- biete, ist als unberechtigt zurückzuweisen, da auch durch die stärkste Immunisation, solange keine Gefäßzerreißung stattfindet, nur vor- handene Bahnen gefüllt, aber keine neuen erzeugt werden. . Endlich hat pa Fano versucht, der Erklärung der Geschwulst- Immunität durch celluläre Analyse näherzukommen. "Seine umfang- reiche Arbeit gipfelt darin, daß bei der Geschwulstimmunität in 202 HuGo APOLANT, erster Linie die Lymphocyten und Plasmazellen eine wichtige Rolle spielen. Dieselben erscheinen in größerer Zahl nur dann, wenn die Immunitätsbildung auf irgendeinem Wege stattfindet. Auch trifft man unter diesen Umständen Plasmazellen im Fett- und Bindegewebe entfernter Körperzellen als Ausdruck davon, dab es sich hierbei nicht bloß um eine lokale, sondern um eine eben durch die Plasmazellen über den ganzen Körper verbreitete Reaktion handelt. Auch hiergegen nimmt GoLpMann Stellung auf Grund der von ihm ermittelten Tat- sache, daß gelungene intraperitoneale Impfungen von "Tumoren, namentlich von Chondromen, eine mächtige Plasmazellenbildung ver- anlassen, und zwar nicht nur lokal, sondern auch als Allgemein- reaktion besonders in der Milz. Vorläufig hat uns also auch die celluläre Analyse in der Erkenntnis des Wesens der Tumorimmunität nicht vorwärts gebracht. Es lag nahe, die Lösung des Problems dadurch zu fördern, dab man Beziehungen einzelner Organe zum Tumorwachstum experimentell festzustellen suchte. In erster Linie kam hier die Milz in Betracht, und zwar aus mehrfachen Gründen. Die Milz gehört zu denjenigen Organen, die am seltensten von Metastasen befallen werden. Nach Brancarı zeigen auch die durch direkte Impfung in ihr Parenchym entstandenen Geschwülste ein mehr expansives als infiltratives Wachs- tum. Erwähnt wurde schon die von Brıpr£ festgestellte und viel- fach bestätigte hohe immunisatorische Kraft der Milzinjektionen. Auffallend ist auch die von den einzelnen Autoren (MEDIGRECEANT, APOLANT, Ü1moront) allerdings nicht gleichbewertete Milzvergröbe- rung bei Tumortieren. Arotant erwähnt den exorbitanten Fall einer 2 g schweren Milz bei einer nichtleukämisehen Spontantumormaus. Derselbe plädiert auch für die Vergrößerung der Milz bei erfolglos geimpfteun Nullermäusen. Aus allen diesen Tatsachen glaubt Braux- STEIN schließen zu dürfen, daß in der Milz eine rege Antikörper- bildung gegen Tumorzellen stattfindet, und er suchte dieselben thera- peutisch zu verwerten, indem er die Milzen geimpfter Tiere zu ver- schiedenen Zeiten herausnahm und Geschwulsttieren injizierte. Namentlich mit den Milzen wiederholt intraperitoneal geimpfter Mäuse glaubt er einen Heileffekt erzielt zu haben. LEwIN & MEIDNER konnten im allgemeinen BraunstEins Angaben bestätigen, doch scheint es mir vorläufig zu weit gegangen, in diesen immerhin noch nicht konstanten Resultaten einen Beweis für echte Antikörperbildung zu erblicken. Bemerkenswert ist allerdings die Mitteilung BrAncartıs, daß Tumoren auf splenektomisierten Tieren besser als auf normalen angehen, sowie der neuerdings von AroLanr erbrachte Nachweis, daß splenektomisierte Mäuse deutlich schwerer als normale gegen das AÄngehen einer Tumorimpfung resistent zu machen sind. Ja es scheint sogar, als ob eine schon vorhandene Resistenz durch die Splenektomie gebrochen werden kann. Nach den Untersuchungen Macnınıs scheinen bezüglich der Thymus ganz ähnliche Verhältnisse zu bestehen. Ein weiteres Verfolgen der hier angeschnittenen Fragen erscheint nicht aussichtslos, doch -ist vor voreiligen Schlußfolgerungen entschieden zu warnen. Im Gegensatz zu der bisher besprochenen Immunitätsform, die EHrricH, wie ich bei der vielfach, so noch neuerdings von Levin & SITTENFIELD mißverstandenen Auffassung seiner Theorie ausdrück- lich betone, niemals zu athreptischen Verhältnissen in Beziehung ge- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 203 bracht hat, steht eine andere Form der erworbenen Geschwulst- resistenz, für deren Erklärung trotz der abweichenden Meinung vieler Autoren die Athrepsie nach unserer Ansicht unentbehrlich ist, und die bei Mehrfachimpfungen beobachtet wird. Die athreptische Immunität bei Mehrfachimpfungen. Den Ausgangspunkt für die hier in Betracht kommenden Ver- suche EnruicHns bildet die auffallende Tatsache, daß langsam wachsende Spontantumoren relativ viel häufiger makroskopisch sicht- ‚bare Metastasen bilden, als schnellwuchernde Impftumoren. Auf einem Fehlen metastatischer Zellverschleppung, wie es Kraus, Ranzı und EHrLIcH auf Grund ihrer Versuche mit einem Rattensarkom an- nehmen, beruht dies bei Mäusen nicht, denn Haarann konnte in zahl- reichen Fällen mikroskopische Metastasen nachweisen, die jedoch nicht zur weiteren Entwickelung gelangen. Den Grund hierfür sah EHRrLıcH darin, daß der schnellwachsende Tumor zuviel von den zum Wachstum nötigen Stoffen absorbiert, um genügend für die ver- schleppten Zellen übrig zu lassen. Als direkter Beweis für die Richtig- keit dieser Anschauung können Beobachtungen von P. MarIE & CLunert angesehen werden. Letzterer berichtet, daß er unter 145 nichtbehandelten Geschwulsttieren seines Stammes M keine einzige makroskopische Metastase fand, unter 11 operierten Tieren mit Re- zidiven dagegen 5. Bei einem andern Geschwulststamm F wurden unter 230 nichtoperierten Tieren 2mal, unter 24 operierten dagegen 9mal Metastasen beobachtet. MARIE & Crwuner selbst können dieses Verhalten nur mit Athrepsie erklären. EnHrLicH prüfte seine Theorie durch das Studium von Doppel- impfungen, also gleichsam künstlich gesetzten Metastasen. Hierbei ergab sich das interessante, der Theorie entsprechende Resultat, daß bei Tieren, die mit einem hochvirulenten, lebhaft wuchernden Tumor behaftet sind, eine zweite Impfung, sei es desselben oder eines anderen Stammes, entweder ganz resultatlos verläuft, oder ein stark retar- diertes Geschwulstwachstum zur Folge hat. Emrrtıcn hatte ausdrück- lich betont, daß diese Verhältnisse nur für die Verimpfung mit hochvirulenten Geschwülsten Geltung haben, da bei weniger ereptiv wuchernden, wie dem von ihm gezüchteten Chondrom, athreptische Einflüsse nicht oder nur undeutlich erkennbar sind. Damit erledigt sich schon ein Teil der gegen die Athrepsie erhobenen Einwände. Denn, wie Enrricm nachgewiesen hat, entsprechen die Versuche von Herrwis & PoLL, GIERAKE, Lewin, die zu gegenteiligen Resultaten führten, nicht den von ihm aufgestellten Bedingungen. BorrEL konnte die Resultate Errrichs bestätigen, aber nur, wenn die erste Impfung mit Brei erfolgte, nicht wenn Stückchen verpflanzt wurden. Er schließt daraus, daß die Erfolglosigkeit der zweiten Impfung nicht auf Athrepsie, sondern auf einer aktiven Immunität beruht, da bei der Breiimpfung mehr Material zur Resorption gelangt, als bei der Stückchenimpfung. Diese Anschauung wird auch von Basurorp und seinen Mitarbeitern geteilt, die die Geltung athreptischer Verhält- nisse nur auf das letzte kachektische Stadium beschränkt wissen wollen. Zunächst ergab eine sorgfältige Nachprüfung der Borrerschen Angaben am Enruicaschen Institut, daß stets auch bei der Stückchen- 204 HuGo APoLANT, impfung ein athreptischer Einfluß des ersten Tumors bemerkbar ist, da die Durchschnittseewichte der aus der zweiten Impfung ent- standenen Geschwülste ganz erheblich hinter denen der Kontrollen zurückstehen. Allerdings bestehen Differenzen gegenüber der Brei- impfung. Dieselben sind jedoch nach Eurrıcn damit zu erklären, daß letztere ein rapideres Wachstum veranlaßt, als die Stückchen- impfung, so daß also auch diese Erscheinung auf Athrepsie beruht. Gegen die Borrersche Deutung spricht nach EmrrıcH vor allem der Umstand, daß es unverständlich bliebe, warum durch die hypothe- tischen Antikörper nicht auch das Wachstum des ersten Tumors be- einflußt würde. Denn das Ausbleiben dieses schädigenden Einflusses kann nicht mit einer Serumfestigkeit des Tumors erklärt werden, da die gleiche Serumfestigkeit ja auch für die nachgeimpften Geschwülste, die in vielen Generationen bereits gezüchtet sind, angenommen werden müßte. Uebrigens macht sich der athreptische Einfluß auch dann be- merkbar, wenn die erste Impfung mit einem schwächer virulenten, und die Nachimpfung mit einem hochvirulenten Tumor erfolgte. Unter diesen Verhältnissen konnte nämlich EHrricH auch eine gegen- über den Kontrollen deutliche Retardation im Wachstum des zuerst seimpften Tumors nachweisen. Nach Kraus, Raxzı und Enruıch macht es einen Unterschied aus, ob der erste Tumor subkutan oder intraperitoneal gewachsen ist. Im letzteren Falle ist der Gesamtorganismus refraktär gegen jede zweite Impfung, sei es daß sie intraperitoneal oder subkutan erfolgt. Bei Bestehen eines subkutanen Tumors bezieht sich diese Immunität aber nur gegen eine folgende subkutane, nicht aber intraperitoneale Impfung. Einen andern Weg zur Prüfung der Athrepsie schlug SCHÖNE ein. Ist die Theorie richtig, so war anzunehmen, daß nach Exstir- pation eines Tumors die folgende Impfung erfolgreich ausfiel. Dies trifft nach ScHöne in der Tat zu. Allerdings hat der Autor aus versuchstechnischen Gründen die zweite Impfung erst ein bis drei Wochen post operationem vorgenommen und läßt daher die Möglich- keit offen, daß in der Zwischenzeit eine eventuell nur schwache aktive Immunität erloschen ist. Dies erscheint jedoch nicht wahr- scheinlich, zumal STIcKker bei seinen, hinsichtlich der echten Ge- schwulstnatur allerdings nicht ganz einwandfreien Hundetumoren auch bei baldiger Nachimpfung einen Tag post operationem ein positives Resultat erzielte. Vor »einiger Zeit haben UHLENHUTH, HAENDEL & STEFFEN- HAGEN über analoge Versuche berichtet, die zu wesentlich anderen Resultaten führten. Die genannten Autoren glauben als Gesetz den Satz aufstellen zu können, dal die zweite Impfung nur im Falle eines Rezidivs angeht, bei radikaler Entfernung des ersten Tumors aber negativ verläuft. Dieses Verhalten beruht nach ihnen nicht darauf, daß die Tiere in dem einen Falle immun, in dem andern nicht immun sind, da sie durch radikale oder nicht radikale Operation den Erfolg der zweiten Operation ganz in der Hand haben, vielmehr geben sie folgende Erklärung: Zwischen Tumor und Organismus bestehen Wechselbeziehungen. Der Organismus sucht sich durch Abwehrstoffe des Tumors zu erwehren. Bei radikaler Operation vermögen diese im Blut zZirkulierenden Abwehrstoffe die Entwickelung der nach- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 205 geimpften Zellen zu hindern. Tritt dagegen ein Rezidiv ein, so werden die Abwehrstoffe schon von den Zellen des rezidivierenden und, wie die Autoren annehmen, serumfest gewordenen Tumors gewissermaben abgefangen und paralysiert, und die Zellen der zweiten Impfung können sich ungehindert entwickeln. Cruxers Resultate bei allerdings nur 5 Tieren, stimmen mit denen UHLENHUTHS überein, da bei einem radikal operierten die Nachimpfung negativ, bei vier unvollständig operierten dagegen positiv verlief. Die Impfresultate Gays waren in 6 Fällen nach der Entfernung eines 16—30-tägigen Tumors und bei sofortiger Nachimpfung negativ; in zwei aber nach Exstirpation einer 30-tägigen Geschwulst positiv. Eine Beziehung zu Rezidiven wird nicht erwähnt. In seinen Nachprüfungen konnte ApoLanrt die ÜHLENHUTHSchen Angaben in manchen Serien bestätigen, während seine Resultate in anderen Serien keine Spur eines Gesetzes erkennen ließen. Wenn daher auch die zahlenmäßigen Gesamtergebnisse von denen UHLEN- HUTHS nicht wesentlich abweichen, so darf dabei doch nicht über- sehen werden, dab die Differenzen in einzelnen Serien 50 Proz. betragen. MEIDNER fand zwar auch Ausnahmen von dem UHLENHUTH- schen Gesetz, erkennt es aber im großen und ganzen als richtig an. Ueber sehr bedeutende Abweichungen berichten MoRPURGO & Donartt; denn sowohl unter 16 Rezidiven, wie unter 19 rezidivfrei operierten Tieren waren in je 15 Fällen die Nachimpfungen positiv. Allerdings geben sie nicht an, wie alt die zuerst geimpften Tumoren bei der Exstirpation waren, so daß UHLENHUTH ihre Resultate auf eine zu frühe Operation und damit auf eine zu geringe Bildung von Abwehr- stoffen zurückführen. Diese Erklärung trifft nun aber für die Russer- schen Versuchsergebnisse nicht zu, die ausschließlich von der Art des zur Vor- und Nachimpfung verwendeten Materials, aber nicht im geringsten von der radikalen oder unvollständigen Operation ab- hingen. Mehr noch als gegen die objektiven Resultate hatte sich AroLanTt seinerzeit gegen die Erklärung UHLENHUTHS gewandt. Zunächst ist es nicht zu verstehen, daß Abwehrstoffe, die das Angehen einer Nach- impfung verhindern, das Weiterwachsen eines Rezidivs zulassen. Man könnte ja allenfalls noch begreifen, daß diese Abwehrstoffe auf das Wachstum eines großen Tumors keinen Einfluß haben, aber die wenigen zurückgelassenen Zellen, aus denen sich das Rezidiv ent- wickelt, sollten doch zum mindesten geschädigt werden. Sie werden jedoch nicht nur nicht geschädigt, sondern sogar in ihrem Wachstum begünstigt, da nach allgemeiner experimenteller und klinischer Er- fahrung Rezidive in der Regel besonders schnell wuchern. Das ist mit Athrepsie, aber nicht mit wirksamen Abwehrstoffen zu erklären. Unzweifelhaft sahen UHLENHUTH, HAENDEL & STEFFENHAGEN diesen schwachen Punkt ihrer Theorie ein, denn sie nahmen weiter an, daß der ursprüngliche Tumor gegen die Abwehrstoffe fest geworden ist. Damit wird das Verständnis aber nicht gefördert, denn fest müßten, wie EHrLIcH BoRREL gegenüber schon vor Jahren betont hat, alle längere Zeit gezüchteten Tumoren sein, und sollte es sich hier um individuelle Festigkeit handeln, so ist es ganz unbegreiflich, daß der exstirpierte Tumor auch auf dasselbe Tier geimpft, wie UHLENHUTH und seine Mitarbeiter ausdrücklich angeben, nicht anwächst. AroLanr war daher der Ansicht, daß die Untexkuruschen Resultate nicht ein- 206 Hu6o APoLANT, heitlich zu erklären seien. Ein Teil der Tiere war doch vielleicht trotz anfänglichen Tumorwachstums natürlich immun, was sich erst durch eine spätere spontane Resorption dokumentiert hätte. Außer- dem käme möglicherweise die Operationsschädigung, die durch Aus- brennen der Wunde bei den radikal operierten Mäusen größer ist, in Betracht. Und endlich wäre zu berücksichtigen, dab geringe, bei der Operation liegen gebliebene Zellmassen infolge der Hautspannung zugrunde gingen, resorbiert würden und so das Tier aktiv immuni- sierten. Wieweit diese, wie ich zugebe, in Ermangelung besserer Er- klärungen aufgestellten Deutungsmöglichkeiten zutreffen, wieweit Stammeseigentümlichkeiten eine Rolle spielen, und welche Momente sonst noch zu berücksichtigen sind, darüber läßt sich zurzeit noch kein abschließendes Urteil geben. Jedenfalls ist in den bisherigen Ergebnissen der Exstirpationsversuche keine strikte Widerlegung der athreptischen Theorie zu erkennen. UHLENHUTH scheint ferner ebenso wie es schon früher BAsHFORD und seine Mitarbeiter getan haben, den Umstand, dab zuweilen eine zweite Impfung am besten bei den Tieren angeht, die auch das stärkste Wachstum des ersten Tumors zeigen, mit der Annahme einer Athrepsie nicht in Einklang bringen zu können. Das ist jedoch nicht stichhaltig.. Es kann ja nach den oben erwähnten Versuchen von Cu£knor & MERcIER keinem Zweifel unterliegen, daß die Produk- tion der hier in Betracht kommenden autogenen Nährstoffe individuell sehr verschieden ist. Vermutlich sind alle nur denkbaren Abstufungen realisier(. Darauf beruht es offenbar, daß auch schnell wuchernde Geschwülste — und nur von diesen ist hier die Rede — mitunter ein kümmerliches Wachstum zeigen. Es steht nun keineswegs im Widerspruch zur Athrepsie, sondern wird im Gegenteil am besten mit ihr erklärt, daß sich bei den Tieren, die den bestwachsenden primären Tumor haben, auch der sekundär geimpfte unter Umständen am besten entwickelt. Dies sind dann eben Tiere, in denen die Nähr- stoffe besonders reichlich produziert werden. Unter allen Umständen tritt aber auch bei diesen Tieren, und zwar noch vor der eigentlichen kachektischen Periode, ein Zeitpunkt ein, wo infolge der starken Ent- wickelung der ersten Geschwulst die der zweiten hintangehalten wird. Eine weitere Stütze hat die Bedeutung der Ernährung für das Tumorwachstum in den am EnurLicaschen Institut angestellten Unter- suchungen MorescHiIs gefunden. Die Resultate derselben lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Wira die Ernährung des Tieres schon 15—30 Tage vor der Impfung erheblich beschränkt, so geht der Tumor entweder gar nicht an, oder er zeigt eine starke Hemmung des Wachstums. In letzterem Falle sterben die Tiere erheblich später, als die mit dem gleichen Tumor geimpften Kontrollen. Das Resultat erklärt sich folgender- maßen: Durch die langdauernde Beschränkung der Nahrung ist der Hungerreiz der Körperzellen, also ihre Avidität, erheblich gesteigert, und da unter diesen Verhältnissen kein Ueberschuß an Nährmaterial disponibel ist, so bestehen für den nachgeimpften Tumor sehr un- günstige Verhältnisse. Das Tier kann noch Wochen hindurch in diesem Zustande der Unterernährung vegetieren, während die gut. ernährten Kontrollen infolge der rapiden Entwickelung des hoch- virulenten Tumors in kürzerer Zeit an Inanition zugrunde gehen. In anderen Versuchen MorEscHIs setzte die Beschränkung der Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 207 Ernährung erst 5—6 Tage nach der Impfung ein. Ist die Beschrän- kung so groß, dab die nichtgeimpften Kontrolltiere nur 20—25 Tage am Leben bleiben, so gehen die geimpften Tiere, bei denen also die beschränkte Ernährung erst 5—6 Tage nach der Impfung begann, schou nach weiteren 6—10 Tagen zugrunde. In diesem Falle hat sich also beim Beginn der Nahrungsverminderung der Tumor schon entwickelt und, da er nun die Nährstoffe hauptsächlich an sich reißt, so muß das Tier früher an Inanition sterben, als die nichtgeimpften Kontrollen. Wird endlich — und dieser Versuch ist von besonderer Bedeutung — die Ernährung 5—6 Tage nach der Tumorimpfung nur so weit beschränkt, daß die Tiere längere Zeit am Leben erhalten bleiben können, aber keinen Ueberschuß an Nährmaterial bekommen, so tritt eine allmähliche Hemmung des Tumorwachstums ein; und diese unterernährten Tiere bleiben länger am Leben als die normal er- nährten, geimpften Kontrollen. In diesem letzteren Versuche MorEscHIıs beruht aber die Hemmung des Tumorwachstums nicht auf einer einseitigen, durch den Hungerreiz bedingten Aviditätssteigerung der Körperzellen. Denn da hier die Ernährungsbeschränkung erst 5—6 Tage nach der Impfung einsetzt, so muß sich der Hungerreiz auch auf die Tumorzellen erstrecken, und das Aviditätsdifferential zwischen Tumor- und Körperzellen braucht keine Störung zu erleiden. Bleibt aber dieses Differential konstant, so sollte man glauben, daß die unter- ernährten Tiere früher zugrunde gehen als die normal ernährten. Tatsächlich findet nun aber das Gegenteil statt. Dies ist nach Enr- LICH nur so zu erklären, daß nicht der Mangel an den allgemeinen Nährsubstanzen, sondern die Verarmung an den für das Leben des Organismus überaus wichtigen, aber quantitativ in keiner Beziehung zu den allgemeinen Nährstoffen stehenden spezifischen autogenen Substanzen den Tod der Tiere herbeiführt. Sie sterben, wenn der Tumor so groß geworden ist, daß er diese spezifischen Substanzen dem Körper völlig entzieht. Dies geschieht aber bei unterernährten Tieren infolge ihrer langsamen Entwickelung später als bei normal ernährten. Wir ersehen also aus diesen Versuchen, die mit dem maximal virulenten und besonders exhaustiven polymorphzelligen Sarkomstamm angestellt wurden, deutlich die Abhängigkeit der Tumorentwickelung von der Ernährung. Die scheinbar paradoxe Tatsache, daß die unter- ernährten Tiere länger leben, als die normal ernährten, beruht eben darauf, dab bei letzteren infolge der rapiden Entwickelung des Tumors die Inanition früher eintritt als bei ersteren, bei denen der Tumor gar nicht oder nur langsam zur Entwickelung kommen konnte. Bei den hier in Frage kommenden Nährsubstanzen handelt es sich ja keineswegs bloß um die normalen Nährstoffe, sondern in gleicher Weise um spezifische, autogene, organbildende Stoffe, die nicht nur in der embryonalen Entwickelung, sondern auch im postembryonalen » Leben eine bedeutungsvolle Rolle spielen. Es ist dies ein Punkt von der allergrößten Wichtigkeit, denn ohne die Annahme solcher auto- genen Stoffe sind die Wachstumserscheinungen schon des normalen Organismus nicht zu erklären . Sie sind die vornehmliche Ursache, daß bestimmte Organe sich in bestimmten Perioden des Lebens, z. B. in der Pubertätszeit, besonders kräftig entwickeln. Sie beherrschen aber- nicht nur das Wachstum, sondern auch die Erhaltung der Organe, und wir müssen aus der Tatsache, daß das Wachstum sich zu ver- 208 Huv6o APoLANT, schiedenen Zeiten des Lebens so different verhält und in einem für die Species charakteristischen Moment überhaupt zum Stillstand kommt. auf eine quantitativ verschiedene Bildung dieser autogenen Substanzen schließen. Denn würde das Körperwachstum lediglich von den banalen Nährstoffen abhängen, so wäre es unverständlich, warum überhaupt ein Stillstand eintritt, und nicht in jedem Fall Riesendimensionen erzielt werden. | Es erklärt sich daraus noch manche andere Erscheinung. Zu- nächst die Tatsache, daß Tumorimpfungen auf jungen Tieren besser angehen als auf alten. Im ersteren werden also den Geschwulstzellen die für ihr Wachstum notwendigen Stoffe viel reichlicher geboten, als in letzteren. Andererseits versteht man den von Murray er- hobenen, aber nach unserer Meinung nicht erklärten Befund, daß die auf Kosten des Tumors stattfindende Gewichtsabnahme des Organis- mus bei alten Tieren viel später auftritt als bei jungen. Letztere brauchen eben sehr reichliche Mengen der betreffenden autogenen Substanzen zu ihrem Wachstum, und da ihnen diese durch die avideren Tumorzellen weggenommen werden, so tritt sehr bald ein Wachstumsstillstand ein. Bei alten Tieren dagegen, die sehr viel weniger Ansprüche an diese Stoffe stellen, macht sich der Ausfall entsprechend geringer und später geltend. Nur wenn besonders ex- haustiv wirkende Tumoren zur Verwendung kommen, wie dies in den MorescHischen Versuchen geschah, tritt auch bei alten Tieren sehr bald eine Erschöpfung an den autogenen Nährsubstanzen ein. Ich darf hier ferner an die zuerst von Haarann beobachtete und später von BoRREL und vielen anderen bestätigte Tatsache erinnern, dab gravide Tiere häufig gegen Tumorimpfungen immun sind, offen- bar deswegen, weil die für das Wachstum nötigen Stoffe fast voll- ständig zum Aufbau der Embryonen verwendet werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung von CuknoT & MERCIER, daß bei einem laktierenden Tier der Impftumor nicht zurückgeht, wenn nur ein Junges vorhanden ist, die Mammae also nur wenig in Anspruch genommen werden. Vermutlich beruhen die differenten Re- süultate, die z. B. Lewın, FıcHera u. a. erhalten haben, darauf, daß die in der Gravidität vermehrt produzierten spezifischen Nährstoffe bei dem Vorhandensein zahlreicher Embryonen von diesen vollständig absorbiert, bei wenigen Embryonen aber zum größten Teil nicht ver- braucht werden und dann sogar dem Tumorwachstum zu gute kommen können. Wenn die athreptische Immunität bei den Tumoren des Menschen nicht so scharf zur Erscheinung kommt, so liegt das wesentlich daran, dab wir hier Geschwülste von so enormer Proliferationsenergie wie bei den Mäusen nicht kennen. Immerhin sind auch hier Tat- sachen bekannt, die höchst wahrscheinlich auf athreptische Einflüsse zu beziehen sind. Ich meine die häufig sehr auffallende Lokalisation der Metastasen in gewissen Organsystemen, ein Verhalten, das — wie auch von pathologisch-anatomischer Seite, so von AXxHAUSEN und auch von Askanazy — zugegeben wird, rein anatomisch nicht erklärt, werden kann. Wir wissen aus den Untersuchungen M. B. ScHMIpTs und anderer, daß metastatisch verschleppte Zellen reichlich zugrunde gehen, und wahrscheinlich findet dieser Untergang in sehr erheb- lichen Umfange statt. Wenn wir daher sehen, daß gewisse Krebse, wie z. B. die der Prostata und Thyreoidea mit Vorliebe das Knochen- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 209 system befallen, so liegt die Annahme nahe, daß unter den wahrschein- lich zahllosen, im Körper verstreuten Carcinomzellen sich gerade die im Knochensystem besonders zahlreich entwickelt haben, weil sie hier die für ihr Wachstum günstigsten Bedingungen fanden. AXxHAUSENn spricht es daher geradezu aus, daß die athreptische Im- munität Enrricns wohl auch für einzelne Organsysteme Geltung haben dürfte. Wachstumsbegünstigung. Als Gegenstück zu der Geschwulstimmunität ist in der Literatur auch mehrfach die wachstumsbegünstigende Wirkung einer vorange- gangenen Impfung verzeichnet worden. Die erste Mitteilung hierüber stammt von FLEXNER & JoBLinG. Sie konstatierten bei ihren Ratten- tumoren, daß vorherige intraperitoneale Injektion einer eine halbe Stunde auf 56° C erhitzten Tumoremulsion wachstumsbegünstigend auf eine folgende Geschwulstimpfung wirkt, falls letztere 10—30 Tage später stattfindet. Die Begünstigung zeigt sich sowohl in einem schnelleren Wachstum, als in einer höheren Impfausbeute. In Er- weiteruns dieser Mitteilung konnten sie bald darauf berichten, dab dieser Effekt sich auch noch bei partiell immunen Tieren bemerkbar macht, bei denen also der aus einer früheren Impfung entstandene Tumor resorbiert oder stationär geblieben war. Kontrollversuche mit erhitztem Organbrei zeigten die Wachstumsbegünstigung nicht. GayLorD konnte die Angaben von FLEXNER & JoBLING bei seinem Spindelzellensarkom nicht bestätigen. Es scheint somit, daß der Ge- schwulststamm hierbei eine Rolle spielt. Dies ergibt sich auch aus den Untersuchungen MorescHis, der die wachstumsbegünstigende Wir- kung einer vorherigen Mäuse-Mammainjektion nur bei dem Stamm 144 des Enuruichschen Materials nachweisen konnte, aber nicht bei den Stämmen 5 und 11. Interessant ist, daß derselbe Autor auch durch Vorbehandlung der Mäuse mit Rattenmamma bei einem Zeitintervall von 9—15 Tagen zwischen Vor- und Nachimpfung eine Begünstigung des Wachstums, bei längerem Intervall von 30—37 Tagen dagegen eine Immunität erzielte. In einem gewissen Gegensatz hierzu be- haupten BasurorD, MURRAY & Haarann, daß eine Injektion von Spontantumoren nur in großen Dosen immunisiert, in kleinen dagegen, namentlich bei langem Zeitintervall zwischen erster und zweiter Impfung das Angehen der letzteren begünstigt. Nach Gay führt die Injektion einer Mischung von Tumorbrei mit dem Serum immuner Tiere bei normal immunen Tieren zu einer Virulenzsteigerung. Man wird gut tun, mit einer Verallgemeinerung derartiger gelegentlich erhobener Befunde recht vorsichtig zu sein. Ueberhaupt sind die An- gaben über die begünstigende Wirkung des Tumorwachstums noch so widersprechend, daß es unbedingt weiterer umfassender Versuche bedarf, um die Bedingungen dieses Phänomens exakter zu formulieren. Die experimentelle Erforschung der Geschwulstgenese. So mannigfach und vielgestaltig die Bestrebungen gewesen sind, Geschwülste experimentell zu erzeugen, so stimmen sie doch zum großen Teil darin überein, daß sie zur Stütze bestimmter Theorien unternommen worden sind. Die Theorie ist also meist nicht das Er- gebnis des Versuches, sondern das Produkt sei es spekulativer Ueber- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. II. 14 210 Hugo APOoLAnT, legung, klinischer Erfahrung oder histologischer Beobachtung. Dem Versuche selbst kommt wesentlich die Rolle einer Probe auf das Exempel zu. In der sich aus diesem Verhältnis ergebenden Tatsache, daß das Experiment vielfach in einer mehr oder weniger vorgefabßten Meinung angestellt wird, liegt eine schwere Gefahr für die Objektivi- tät des Urteils. Besonders störend tritt dieses Moment bei den experi- perimentellen Beweisen der parasitären Theorie hervor, zumal die Schwierigkeiten einer scharfen Definition des Geschwulstbegriffes der laxeren Deutung des Experiments Tür und Tor öffnen. Der Wert der hier zu erwähnenden Versuche erleidet ferner dadurch eine er- hebliche Einbuße, daß negative Resultate nichts gegen die betreffende Theorie beweisen. Das in der Formulierung der Theorie zum Aus- druck gebrachte Moment kann im konkreten Fall für die spontane Ent- stehung einer Geschwulst von entscheidender Bedeutung sein, ohne daß damit die Bedingungen der Tumorgenese erschöpft sind. So ist es beispielsweise eine offene Frage, wie weit neben anderen ge- schwulsterregenden Faktoren die Körperdisposition in Betracht ge- zogen werden muß. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, daß wir in gänzlicher Unkenntnis der Bedeutung, die den angeschuldigten Momenten für die Geschwulstbildung zukommt, die Bedingungen bei der experimentellen Prüfung nur sehr roh herzustellen vermögen. Dies trifft in besonders sinnfälliger Weise bei denjenigen Experi- menten zu, die zur Stütze der Irritationstheorie unternommen sind. Zwar will Marrtın, wie LEpoux-LeBarD angibt, durch intravenöse Injektion von Crotonöl Lungenepitheliome erzeugt haben, doch konnte ALBERTS bei seinen mannigfach variierten Nachprüfungen weder die Marrınschen Angaben bestätigen, noch auch durch irgendwelche me- chanischen oder chemischen Reizungen geschwulstähnliche Bildungen erzielen. Auch Hanau, der im Anschluß an die VoLxMmannschen Mit- teilungen über den Paraffinkrebs Monate hindurch verschiedene Teer- sorten auf das Skrotum von Ratten einpinselte, erhielt keine Resul- tate. Dagegen gibt Brosch ein angeblich sicheres Mittel an, um bei Tieren eine Art atypischer Epithelwucherung zu erhalten. Er erzeugte am Rücken der Tiere eine Quetschwunde, die nach Entfernung des sich bildenden Schorfes mit Xylolparaffin eingerieben wurde. Sobald die Infiltration nachließ, wurde die Prozedur erneuert. Dies geschah- S—12 Wochen lang. Wenn es auch verständlich ist, daß nach solcher Behandlung eine gesteigerte Epithelproliferation eintrat, so muß doch betont werden, dab BroscH richtige Carcinome auf diese Weise nicht erzeugt hat. Eine atypische Epithelwucherung beschreibt auch FÜTTERER bei einem künstlich gesetzten Magengeschwür eines Kanin- chens, wenngleich der Autor nicht soweit geht zu behaupten, dab es ihm geglückt sei, einen wirklich malignen Tumor zu erzeugen. Unter den auf die künstliche Erzeugung von Tumoren gerichteten Bestrebungen nehmen ohne Zweifel die Experimente B. FiIscHErs eine bemerkenswerte Stellung ein. Auf Grund von Vorstellungen, die der RıBBertschen Geschwulsttheorie entsprechen, versuchte FIscHEr durch Hervorrufung chronischer entzündlicher Prozesse die organischen Be- ziehungen zwischen Bindegewebe und Epithel so zu verändern, daß eine Epithelwucherung ausgelöst wurde. In entscheidender Weise gelang ihm dies erst, als er in die Haut des Kaninchenohres unter hohem Druck Olivenöl injizierte, in dem ScharlachR bis zur Sättigung gelöst war. Die unter diesen Verhältnissen auftretenden Epithel- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 211 wucherungen boten histologisch um so mehr das Bild eines Krebses, als neben reicher Zapfen- und Hornperlenbildung auch eine Arrosion des Ohrknorpels beobachtet wurde. Trotzdem hatte sich Fischer von Anfang an dagegen gewehrt, einen echten Krebs erzeugt zu haben, da erstens das scheinbar infiltrative Wachstum nach seiner Ansicht als Folge einer mechanischen Verletzung des Knorpels anzusehen sei, und zweitens der ganze Prozeß keinen progredienten Charakter hat, sondern mit der Resorption des eingeführten Oels zum Stillstand kommt und unter Bildung cholesteatomähnlicher Massen ausheilt. Nichtsdestoweniger vindiziert Fischer seinen Versuchsresultaten eine große geschwulsttheoretische Bedeutung. Er sieht dieselbe in einer spezifisch chemotaktischen Wirkung bestimmter, von ihm Attraxine genannter Körper auf gewisse Zellen, in diesem Falle die Epidermis- zellen, und glaubt, daß in einer derartig spezifischen Wirkung auf irgendwie aus dem Verband gelöste Zellen die spontane Geschwulst- entstehung ihre Erklärung finde. Die vielfach nachgeprüften Fıscherschen Befunde sind objektiv allgemein bestätigt worden. Nicht so ihre Deutung. Nach Jores er- streckt sich die Epithelproliferation in erster Linie auf die oberen Teile der Haarbälge. Das Hauptmoment ist hierbei auf den direkten Kontakt des Oels mit dem Epithel zu legen, das die Neigung hat, neu entstandene Flächen zu bekleiden. Damit ist jedoch, wie bereits Fischer in seiner ersten Arbeit betont hat, die offenbar spezifische Wirksamkeit des Scharlachöls gegenüber der des reinen Olivenöls nicht erklärt. StaHr, der ebenfalls die chemotaktische Erklärung FiscHErs ablehnt, legt das Hauptgewicht für das Gelingen des Versuches auf die anatomische Beschaffenheit des Kaninchenohres. Die Ansicht von Wyss, daß entsprechend seiner Krebstheorie die durch die Injektion bedingte Ernährungsstörung die betreffenden Epithelzellen gleichsam selbständig mache, ist an sich wenig plausibel und durch eine Arbeit GREISCHERS, die speziell den Einfluß veränderter Zirkulationsverhält- nisse auf die Entstehung atypischer Epithelwucherungen zum Gegen- stand hat, widerlegt worden. GREISCHER kommt zu dem Schluß, dab die Beziehungen der Gefäßweite zur Epithelproliferation lediglich in dem Eliminationstempo der die Proliferation auslösenden Substanzen bestehen. Eine interessante, übrigens von FISCHER selbst schon als möglich hingestellte Erweiterung fanden seine Versuche durch SrtöBEr, der auf Grund der Tatsache, daß Blasenerkrankungen mit konsekutiver Geschwulstbildung bei Fabrikarbeitern vorkommen, die sich mit der Darstellung von dem Scharlach R nahestehenden Amidoverbindungen des Benzols und Naphthalins beschäftigen, ölige Lösungen von Amido- benzol, Amidoazotoluol, p-Toluidin und a-Naphthylamin auf ihre bio- logische Wirkung prüfte. In der Tat erhielt er mit allen typische Epithelwucherungen, am stärksten mit Naphthylaminöl. Uebrigens hatte er später Gelegenheit, einen entsprechenden, obwohl geringeren Effekt auch am Menschen mit Scharlach R und Amidoazotoluol zu erzielen. Von nicht geringer Bedeutung scheint es mir, daß in neuer Zeit STÖBER & WACKER ihre Versuche auch auf solche Substanzen ausge- dehnt haben, die im tierischen Organismus unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen eine Rolle spielen, vor allem auf Eiweiß- spalt- und Fäulnisprodukte. Bisher zeigten nur organische Stoffe 14* 212 Huco APoLANT, basischen Charakters, die fettlöslich sind, besonders Indol und Skatol, weniger Pyridin, die Fähigkeit, nach wiederholten subkutanen In- jektionen am Kaninchenohr Epithelwucherungen zu erzeugen, die von echtem Krebs nicht zu unterscheiden waren. Die tiefere Bedeutung dieser Versuche sehen sie in der Möglichkeit, daß die Spaltprodukte der betreffenden Körper an der wachsenden Zelle verankert werden und ihr neue atypische Eigenschaften verleihen. Allerdings beruht. diese Anschauung auf der neuerdings wahrscheinlicher werdenden Voraussetzung, daß die Eiweißkörper der Tumorzelle einen abnormen Aufbau besitzen. Nach der von WAcKER & SCHMINcCKE gegebenen Uebersicht über alle bisher zur Erzeugung von Epithelproliferation angewandten Sub- stanzen scheint Lipoidlöslichkeit Vorbedingung der Wirksamkeit zu sein. In ihren eigenen Versuchen zeigten sie, dab der Säuregrad des fettigen Vehikels für das Zustandekommen wichtig ist. Ranzige Fette wirkeu viel stärker. Bemerkenswert ist, daß sie Wucherungen be- sonders schön auch mit solchen Substanzen bekommen haben, die klinisch schon lange mit der Carcinombildung in Beziehung gebracht werden, wie Tabaksteer, Rohparaffinöl ete. Die namentlich durch die Veröffentlichungen klinischer Fälle von PoRTER & WiıTrE sicher- gestellte krebserregende Wirkung starker, lange Zeit fortgesetzter Röntgenbestrahlungen hat neuerdings eine bemerkenswerte, experi- mentelle Stütze in den Versuchen von P. MARIE, CLUNET & RAuLoT- Laroıntz gefunden, denen es durch intensive Bestrahlung weißer Ratten gelang, Geschwüre zu erzeugen, auf deren Boden sich, bei gleichzeitiger Abnahme der Heilungstendenz, ein echtes transplantables Spindelzellensarkom entwickelte. Zahlreich sind die zur Stütze der CouxHEimschen Theorie unter- nommenen Transplantationen von embryonalem Gewebe. Von jeher ist dieser Theorie entgegengehalten worden, dab die Versprengung embryonaler Keime allein das Auftreten von Geschwülsten im späten Alter nicht zu erklären imstande ist. Es muß offenbar noch ein un- bekanntes, die plötzliche schrankenlose Wucherung auslösendes Mo- ment hinzukommen, dem wir im Experiment nicht gerecht zu werden vermögen. Da jedoch für zahlreiche angeborene Tumoren die ÜoHn- Heımsche Theorie einer Ergänzung kaum zu bedürfen schien, und für andere die embryonale Keimverlagerung sicher zu Recht bestand, so war eine experimentelle Prüfung von vornherein nicht ganz aus- sichtslos. Als erster hat Zaun insofern einen gewissen Erfolg erzielt, als ihm der Nachweis gelang, dab transplantierter embryonaler Knorpel selbst dann noch Wachstumserscheinungen zeigte, wenn die Ueber- tragung auf ein artfremdes Tier erfolgte. Auch bei Ueberpflanzung eines ganzen embryonalen Knochens, beobachtete er Exostosen und Enchondrome, während die Transplantation von Geweben des er- wachsenen Tieres keine Proliferation zur Folge hatte. Die scheinbar zugunsten der CoHNnHEIMSchen Hypothese sprechenden Ergebnisse ver- anlaßten LeororLp zu einer Nachprüfung mit besonderer Berück- sichtigung der Frage, ob auch die einzelnen Stadien der embryonalen Entwickelung Unterschiede des Impferfolges bedingten. Dies scheint in der Tat der Fall zu sein; je jünger die Embryonen waren, ein um so stärkeres Wachstum zeigten die überpflanzten Knorpelstückchen. So erreichten die Knorpelpartikelchen eines 21/, cm langen Kaninchen- embryos das 300-fache ihrer ursprünglichen Größe. Leororp steht Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 213 nicht an. in seinen Resultaten einen Beweis für die Richtigkeit der CounHensschen Theorie zu erblicken, zumal er die Beobachtungen ge- nügend lange fortgesetzt zu haben glaubt, um an der Tumornatur der gewucherten Knorpelmassen keinen Zweifel zu hegen. Demgegenüber muß jedoch betont werden, daß er ebenso wie Zaun auch eine Re- sorption der gebildeten Tumoren erwähnt, so daß der Beweis für die Möglichkeit, auf diesem Wege Dauergeschwülste zu erzeugen, nicht erbracht ist. Auch F. Fischer hat in keinem seiner zahl- reichen und überaus sorgfältig angestellten Experimenten eine Stütze für die ConxHeımsche Theorie finden können. Mit einer sehr verfeinerten Technik stellten BircH-HiırscHreLD & GarTEn ihre Versuche an. Sie zerzupften sehr junge Embryonen und injizierten dieselben in die Leber. Maßgebend waren für sie bei dieser Versuchsanordnung folgende Gesichtspunkte: Zunächst war anzunehmen, und auch schon durch die Leororpschen Resultate bis zu einem gewissen Grade bewiesen worden, daß dieZellen sehr junger embryonaler Stadien eine besonders starke Proliferationsenergie be- sitzen. Ferner schien es wahrscheinlich, daß durch vorhergehendes Zerzupfen die Ernährung der injizierten Massen begünstigt wurde. Die Leber aber wählten sie teils wegen ihres charakteristischen Baues, der eine Unterscheidung von den eingeführten Zellen wesent- lich erleichterte, teils wegen der hier obwaltenden besonders vorteil- haften Ernährungsbedingungen. In der Tat gelang es ihnen bei Ziege, Kaninchen, Huhn, Salamander und Frosch, nicht nur tumorartige Bildungen zu erzeugen, sondern teilweise auch eine weitere Differen- zierung der Embryonalzellen zu konstatieren. Aber auch unter diesen Verhältnissen kam es nicht zu einer dauernden Geschwulstbildung, da die gewucherten Massen schließlich einer vollkommenen Resorption unterlagen. Wırms erzielte besonders durch mehrfache, in Abständen von 8 Tagen vorgenommene Implantationen von sehr jungen Hühner- embryonen bei 2—3 Wochen alten Hühnern und Hähnen teratoide. Bildungen, in denen ebenfalls eine weitere Differenzierung der embryonalen Gewebe zu beobachten war. Auch hier sistierte das Wachstum nach einiger Zeit, um von einer vollständigen Resorption gefolgt zu werden. Interessant ist, daß nach den Angaben von WıLams auch bei dem Wirtstier eine Art Disposition für das Angehen der transplantierten Massen vorhanden sein muß, da immer nur bei be- stimmten Tieren ein Impferfolg zu konstatieren war. Aehnliche Resultate hatte auch NıcHors in einem Falle embryonaler Transplanta- tion. Völlig negativ verliefen die Versuche FrÄnkeıs, der sowohl die Keimdrüse von Embryonen, als auch Placentarstückchen auf die ver- schiedenste Weise verimpfte. Ausgedehnte Versuche stellte v. TiesenHausen an Hühnern an. Am geeignetsten zur Transplantation erwiesen sich 5-tägige Em- bryonen, die in 14 unter 16 Fällen weiterwuchsen, aber auch bei 6—5-tägigen war das Resultat in ?/, der Fälle positiv. Die günstigste Impfstelle bildet der Brustmuskel. Die Gewebe differenzieren sich weiter und können Monate bestehen bleiben, werden aber schließlich doch resorbiert. Eine Fülle interessanter Angaben, auf die im einzelnen hier nicht eimgegangen werden kann, enthalten die zahlreichen Publikationen F£r£s, die ebenfalls die Teratombildung beim Huhn durch Injektion 214 HuGo APOLANT, von Hühnerembryonen zum Gegenstand haben. F£r& konnte über jahrelang persistierende Teratome berichten, ohne daß freilich eine Weiterentwickelung zu echten Blastomen stattfand. Neben der von Wırms sowohl wie von F£Er& konstatierten indivi- duellen Disposition gelang es Askanazy in seinen bedeutsamen Studien eine auffallende Artdisposition der weißen Ratten für die Bildung derartiger Teratome nachzuweisen. Zweckmäbig benutze man keine jungen Föten, sondern ältere Embryonen. Besonders interessant ist die von ihm festgestellte wachstumbegünstigende Wirkung des Aethers, auf die schon früher REınke bei Linsentransplantation auf- merksam gemacht hatte. In der Tat gelang es ihm, unter diesen Ver- hältnissen aus einem Teratoid ein transplantables Sarkom entstehen zu sehen. Obwohl SchMmIncKkE & FreunD nach den Mitteilungen von Borsr durch Zusatz von Aether oder Indol keine Wachstumssteigerung erzielen konnten, hält Askanazy doch neuerdings seine Behauptung aufrecht und bekräftigt sie durch bemerkenswerte Beobachtungen. Während nämlich in seinem, einige hundert Tiere umfassenden Ratten- material nie ein Spontantumor aufgetreten war, sah er bei 2 unter 8 Ratten nach Injektion eines in Aetherwasser aufgehobenen Fötal- breies, Geschwülste entfernt vom Injektionsort auftreten, und zwar einmal ein scirrhöses Carcinom im Mediastinum anticum und ein anderes Mal ein hämorrhagisches Sarkom mit Riesenzellen, Knorpel- und Knochenplättchen am Halse. Der injizierte Embryonenbrei stand 3 resp. 5 Tage extra corpus in Aetherwasser. AskanaAzy ist in der Deutung dieser auffallenden Befunde sehr vorsichtig, weist aber die Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht völlig von der Hand. Die Suche nach einem Ersatz des Aethers führte ihn auf die Anwendung lipolytischer Stoffe, und zwar entsprechend der Theorie von MEYER & Overron auf Narkotika, unter denen das Chloralhydrat besondere Wirkungen zu entfalten schien, denn in einem Fall entwickelte sich aus dem Teratoid nach mehr als einjährigem Bestand ein Platten- epithelcarcinom, das leider nicht weiter verimpft wurde. Endlich berichtet Askanazy über die Bildung eines Pseudomyxoms bei einer Ratte, der einer ihrer Embryonen als Brei in die Bauchhöhle gegossen wurde. Trotz der von Askanazy betonten Artdisposition der Ratte für Teratoide kommt diesen hochinteressanten Resultaten doch entschieden eine allgemeinere Bedeutung zu und fordert zu einer weiteren Ver- folgung des zwar mühseligen und zeitraubenden, aber aussichtsvoll betretenen Weges auf. Ueber eine sehr merkwürdige, hierher gehörige Beobachtung be- richtet NEUHÄUSER. Das Studium der Strumae suprarenales aberratae veranlaßte ihn, Nebennieren von Kaninchenembryonen und neuge- borenen Tieren in die Niere erwachsener Kaninchen zu implantieren. In einem dieser Versuche, für die sich entsprechend den Angaben Asxanazys ältere Embryonen besser eignen als junge, hatte er ein überraschendes Ergebnis. Die von einem schon einige Tage alten Kaninchen stammende Nebenniere wuchs zu einem Tumor aus, der sich nicht mehr scharf von der Niere abgrenzte. Die Neubildung setzte sich im wesentlichen aus epitheloiden, den Rindenzellen der Neben- niere entsprechenden Zellen zusammen, die auch in Gefäßen und Lücken des Bindegewebes epithelartig angeordnet nachweisbar waren. Auch Zeichen von destruktivem Wachstum waren bemerkbar. N. Die experimentelle Erforschung der Geschwälste. 215 weist auf die große Achnlichkeit der künstlich erzeugten Tumoren mit echten Grawıtzschen Geschwülsten hin. Man wird natürlich aus einer derartigen Beobachtung, so lange sie vereinzelt bleibt, keine allzu weitgehenden Schlüsse ziehen dürfen, immerhin verdient sie besonders vermerkt zu werden. Aus den umfangreichen Versuchen FıcHeras hebe ich den inter- essanten Befund hervor, daß bei graviden Tieren die Entwickelung des geimpften Breis nach Entfernung des Uterus am stärksten ist und am längsten anhält. Auch histologisch wurde unter diesen Ver- hältnissen reiche Entwickelung aller 3 Keimblätter mit Anlage und weiterer Ausbildung von Organen beobachtet. Hierbei kam es häufig zu atypischen Formationen. Wurde der Uterus dagegen nicht entfernt, so war die Breientwickelung normal, oder, falls sehr viele Embryonen vorhanden waren, subnormal, mit viel nekrotischen Partien. Impfung gravider, hysterektomierter Ratten mit artfremdem Embryonenbrei hatte gänzlich negatives Resultat. An die Transplantationen embryonalen Gewebes schließen sich diejenigen Experimente an, die zur Prüfung der Rısgerrschen Theorie unternommen wurden. A priori könnte es scheinen, als ob die Be- dingungen für diese Versuche bei dem einheitlichen genetischen Prinzip, das Rısgerr mit seiner Hypothese in die Geschwulstlehre eingeführt hat, nämlich die Sprengung von Parenchymzellen aus dem natürlichen Verbande, unschwer zu realisieren sei. Indessen hat schon RısgBerr betont, und auch LusarscHh stimmt ihm darin bei, dab dieser Vorgang so, wie es bei der natürlichen Geschwulstentstehung angenommen werden müßte, experimentell nur ganz unvollkommen nachzuahmen ist. Denn im Versuch kann weder die Ernährungs- schädigung der künstlich verlagerten Zellen ganz eliminiert, noch eine so weitgehende Zellisolierung erzielt werden, wie die Theorie es zum mindesten wünschenswert erscheinen läßt. Nichtsdestoweniger hat RısBErT selbst gezeigt, dab kleinste Ge- websstückchen, in die Lymphdrüse oder Bauchhöhle verpflanzt, meist. nicht ohne weiteres zugrunde gehen, sondern, nachdem sie eine Ver- änderung, die er als Entdifferenzierung auffaßt, durchgemacht haben, viele Monate erhalten bleiben können. Er hat damit jedenfalls den Beweis einer gewissen Selbständigkeit transplantierter Zellen ge- liefert, ein Moment, das immerhin eine nicht unwirksame Stütze für seine Theorie abgibt. Allerdings gelangte LugarscH bei der Deutung seiner zahlreichen überaus sorgfältigen Nachprüfungen der Rısgerrschen Versuche zu einer wesentlich anderen Auffassung. LusarscHh implantierte in mannigfachen Variierungen bei Kaninchen Speicheldrüse, Schilddrüse, Hoden, Nebenhoden, Knorpel, Leber, Niere und Ureter in Niere, sowie gelegentlich in Leber, Bauchhöhle usw. Für den Erfolg war weniger der Ort, auf den transplantiert wird, als die Natur des transplantierten Gewebes maßgebend. Die Resultate lassen sich dahin zusammenfassen, dal gewöhnlich die Hauptmasse der überpflanzten Stücke zugrunde geht, während die überlebenden Epithelien eine mehr oder weniger ausgebreitete, vorübergehende Proliferation aufweisen. Die Ursache dieser Gewebsneubildung sieht Lusarsch nicht in der Gewebsver- lagerung, sondern in der Gewebsnekrose, da sie ausbleibt, wenn, wie nach Verlagerung von Ureter- und Nierenbeckenschleimhaut, Neben- hoden und Knorpel, nichts von dem implantierten Gewebe zugrunde 216 Huco APOLANT, geht. Die Entdifferenzierung Rısgerts hält er für einfache Zell- atrophie mit Zunahme des Chromatingehaltes der Kerne. Bemerkens- wert ist, daß er bei oberflächlicher Verlagerung von Lebergewebe in das betreffende Organ fibroadenomähnliche Bildungen hat auftreten sehen, deren spätere Resorption er zwar für wahrscheinlich hält, die ihn aber immerhin bestimmen, für einen Teil der einfach hyper- plastischen Neubildungen die Verlagerungstheorie anzuerkennen. Auch LENGEMANN, der unter LuBArscH gearbeitet hat, sah niemals bei der Verlagerung von Parenchymzellen Dauergeschwülste entstehen. Er bemerkt, daß nach seinen Erfahrungen transplantiertes embryonales Zellmaterial eine entschieden größere Widerstandskraft besitzt, als erwachsenes. Ebensowenig erzielte FÜTTERER durch Verlagerung von Epithelzellen irgendein Resultat. Ueber ein Weiterwachsen transplantierter Uterusschleimhaut in der Milz desselben Kaninchens berichtete StiLLıns auf der Natur- forscherversammlung in Kassel. NiıcHors hat mit der Verimpfung der verschiedenartigsten Gewebe auf dasselbe Tier bei Meerschweinchen und Kaninchen völlig negative Resultate gehabt. Nur bei Haut- und Schleimhauttransplantationen entstanden Cysten, die eine gewisse Zeit wuchsen, um dann stationär zu bleiben. Derartige den traumatischen Epithelcysten entsprechende Bildungen hatten schon KAUFMANN & SCHWENNINGER bei Enkatar- rhaphien beschrieben. LAMBERT-Lack will in einem Fall dadurch eine multiple Carcinose erzielt haben, daß er Zellen von der Schnittfläche eines Kaninchenovariums abstrich und so in innige Berührung mit dem Peritoneum brachte, doch weist LusarscH die Richtigkeit der Beobachtung zurück, und FrÄnkKEL gelangte bei Nachprüfungen, welche die Technik Lacks in allen Einzelheiten innehielten, zu völlig negativen Resultaten. Die parasitären Theorien. Aus dem Altertum stammt die in das Mittelalter und die Neuzeit überkommene, dem naiven Empfinden am meisten entsprechende Vor- stellung, daß speziell die bösartige Geschwulst, der Krebs schlechtweg, ru 2 en ein dem Körper fremdes, an ihm wie ein Parasit nagendes Gebilde darstellt. Durch den von JoHANNEs MÜLLER erbrachten Nachweis der Uebereinstimmung seiner zelligen Elemente mit denen des Körpers hat diese alte Auffassung eine dem modernen Denken angepaßte, durch den Siegeslauf der Bakteriologie wesentlich mitbestimmte Modi- fikation erhalten, dergestalt, daß die Ursache des Krebses vielfach in kleinsten Lebewesen gesucht wird, über deren Form und Klassi- fizierung bis zum heutigen Tage die weitgehendsten Meinungsver- schiedenheiten bestehen. Es kann nicht die Aufgabe eines nur die experimentelle Ge- schwulsterforschung berücksichtigenden Betrachtung sein, auf die un- geheuer große. Literatur einzugehen, die die parasitäre Aetiologie der malignen Geschwülste rein histologisch zu ermitteln versucht. Wir beschränken uns vielmehr auf diejenigen Arbeiten, in denen der Versuch gemacht wurde, die fraglichen Parasiten zu kultivieren bzw. durch ihre Ueberimpfung analoge Geschwülste zu erzeugen. Soweit mit diesen Versuchen auch Heilbestrebungen verbunden sind, werden dieselben sogleich im Anschluß an die betreffenden Theorien be- sprochen werden. Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 217 Ueber die erste bakteriologische Periode der parasitologischen Krebsforschung, die durch die bekannten Kulturversuche SCHEUERLENS inauguriert wurde, könnte ich mit Stillschweigen hinweggehen, wenn ihr nicht noch in den letzten Jahren in Dove ein eifriger Vertreter entstanden wäre. Aber auch sein Universalparasit, der Micrococcus neoformans, darf heute nur noch historisches Interesse beanspruchen, zumal die kurative Verwendbarkeit der aus demselben hergestellten Toxine fast allgemein abgelehnt sein dürfte. Die bakteriologische Aera der Krebsforschung wurde sehr bald von der der Protozoenätiologie abgelöst. Die überwiegende Mehrzahl der hierhergehörigen Arbeiten entzieht sich unserer Besprechung, da die Begründung dieser Theorie vorzugsweise rein histologisch ver- sucht wurde. Bei dem eigentümlichen Wege jedoch, den diese For- schung namentlich durch das Einbeziehen gewisser Pflanzenkrank- heiten im Laufe der Zeit eingeschlagen hat, ist auch das Experiment wiederholt herangezogen worden. Ueber die Klassifikation der als Protozoen angesprochenen Gebilde herrscht allerdings nichts weniger als Uebereinstimmung. SıögrınG vertrat den Standpunkt, daß es sich um Rhizopoden handelt. Er hat dieselben auf besonders hergestellten Nährböden ge- züchtet und gibt eine genaue Schilderung dieser nur im frischen Zustand der "Untersuchung zugängigen Organismen. Er berichtet des weiteren über gelungene Impfungen auf Mäuse, bei denen er ein regelrechtes Zylinderzellcarcinom, eine mit atypisch gewucherten Epi- thelien ausgekleidete Cyste, ein von der Epididymis ausgegangenes multilokuläres Kolloidkystom, sowie ein Talgdrüsenadenom entstehen sah. Die Angaben Ssögrıncs sind besonders von IsraEL eingehend geprüft und als unhaltbar zurückgewiesen worden. ROBERTSON & JounG behaupten, daß das Tumorwachstum im Zu- sammenhang mit Protozoen steht, die in ihrer Lebensgeschichte der Haemamoeba malariae, Badhania utricularis und Plasmodiophora Brassicae ähnlich sind. Die histologische Aehnlichkeit der sogenannten PLimMeErschen Körperchen bzw. der mit ihnen wohl identischen, v. LEYDENnschen Vogelaugen mit der Plasmodiophora brassicae, dem Parasiten des Kohlkropfes, gab mehrfach Veranlassung zu Impfungen mit diesem Parasiten und verschiedenen Chytridiaceen. Während Benra bis in die neueste Zeit hinein warm für die ätiologische Bedeutung dieser Parasiten eintritt, gibt Popwyssortzkı an, durch Proliferation von Kohlhernienstückchen nur mesodermale Geschwülste erzielt zu haben. In denselben waren zwar Plasmodiophorasporen und Kernproliferation nachweisbar, doch erreichten die Neubildungen beim Kaninchen schon nach 20—25 Tagen ihre maximale Größe, um unter Käsebildung all- mählich resorbiert zu werden. 3 Absolut negativ verliefen dagegen die ausgedehnten und sehr sorgfältigen Versuche LÖwEnTHALs mit Plasmodiophora Brassicae, Synchytrium taraxaci, Synchytrium anemones, Olpidium Dicksonii und Zygorhizidium Willei. In einer sehr umfangreichen Monographie sucht Bosc den histo- logischen und experimentellen Nachweis zu führen, daß Sporozoen als die Erreger der bösartigen Tumoren anzusehen sind. Er hat nicht nur die übrigens untereinander differenten Entwicklungszyklen seiner Parasiten in derselben Geschwulst verfolgen, sondern auch 218 Huso AProLant, auf den verschiedenen Nährböden (Asecitesflüssigkeit, Pferdeserum, flüssige Medien, die Eiereiweiß und Kaninchen- oder Hundeblut mit Blutegelextrakt enthielten) Kulturen anlegen können. Eine Weiter- züchtung dieser Kulturen gelang ihm nicht. Trotz der angeblich positiven Uebertragung maligner Tumoren auf Tiere bildet seine Be- weiskette insofern keinen geschlossenen Ring, als er nicht mit den von ihm kultivierten Sporozoen, sondern mit rein isolierten Formen (Coceidie oviforme, Klossia, Kystes du Lombric) Geschwülste erzeugte. Welcher Natur die letzteren waren, geht aus der Beschreibung Boscs nicht mit genügender Schärfe hervor. Sein Standpunkt wird am besten charakterisiert durch den Satz: „La structure de la tumeur n’a donc aucune valeur generale au point de vue pathogenique; le parasit et tout son etude nous permet de comprendre le developpe- ment, sous son influence, des productions neoplasiques.“ Mit der Reserve hinsichtlich der Protozoennatur, die der Autor selbst bei der Klassifizierung seines Parasiten walten läßt, erwähne ich an dieser Stelle kurz die Untersuchungen ScHMIpTs, die teils von ihm selbst, teils von HosEmann & Prork veröffentlicht worden sind. Das Besondere der Schmivrschen Anschauung besteht darin, dab er für seinen Parasiten einen zweiten Wirt annimmt, den er in einem aus malignen Tumoren in Reinkultur zu erhaltenden Schimmelpilz gefunden haben will. Der eigentliche Parasit macht also einen doppelten Entwickelungszyklus durch, den einen im Mukor des Schimmelpilzes, den anderen im tierischen Organismus. In der er- staunlich eingehenden Darstellung der überaus komplizierten Ent- wickelungsverhältnisse ist das Bestreben unverkennbar, die diffe- renten Befunde zahlreicher Autoren zu einer allumfassenden Theorie zusammenzuschweißen. In diesem Mixtum compositum finden, aller- dings anders gedeutet, die Blastomyceten SANFELICES und LEOPOLDS ebenso ihren Platz, wie die encystierten Zellen ScHÜLLERS und der Micrococcus neoformans Doyvrns. Alle malignen Tumoren des Menschen und der Tiere beruhen auf demselben Parasiten. Dieser kann aus Mäusetumoren ebensogut gezüchtet werden, wie aus mensch- lichen Carcinomen. Mäusen injiziert, erzeugt er typische Geschwülste, die von v. Hansemann als Endotheliome diagnostiziert wurden. Eine sreifbare immunisierende Wirkung hat Prork weder auf aktivem, noch passivem Wege mit Schmiptschen Kulturen bei Mäusen er- zielen können. Dagegen berichtet Schmipr selbst über günstige kli- nische Erfolge seiner „Kankroin“ genannten, aus den Kulturen ge- wonnenen Flüssigkeit, besonders auch über spezifische Reaktionen Carcinomatöser gegen dieselbe. Unter anderen haben auch ArLy & AronsoHn In einigen Fällen einen therapeutischen Erfolg mit dem jetzt „Antimeristem“ genannten ScHMiprtschen Präparat gesehen, während z. B. BERESNEGoOwsKY bei zwei zur Sektion gelangten Fällen, einem Gallertkrebs der Mamma und einem Kehlkopfcarcinom, als einzigen Effekt der Schmiprschen Behandlung multiple Hautabszesse im ersten Falle konstatieren konnte. In diesem Zusammenhange erscheint es nicht uninteressant, dab KoLz bei seinen Nachforschungen über. das weitere Schicksal einiger an- geblich günstig beeinflußter Kebsfälle ermitteln konnte, daß sie schließlich doch einen deletären Verlauf genommen haben. Die Theorie von ADAMKIEWIcz, der, ebenso wie PFEIFFER, die Krebszellen selbst für körperfremde Parasiten, und zwar für Coccidien Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 219 hält, sowie seine therapeutischen Erfolge mit dem von ihm herge- stellten und bis in die allerjüngste Zeit empfohlenen Cancroin glaubte ich der Vollständigkeit halber erwähnen zu müssen. Eine eigenartige Krebstheorie hat KeLrınG aufgestellt und ex- perimentell zu begründen versucht. Er leitet die malignen Tumoren nicht von den Zellen des geschwulsttragenden Individuums ab, son- dern aus fremden Embryonalzellen, die auf irgendeinem Wege, vor- zugsweise durch den Verdauungskanal, in den Körper gelangen und hier die Bedingungen zu einem unbegrenzten Wachstum finden. Dem naheliegenden Einwand, daß diese Theorie die mehr oder weniger vollkommene Uebereinstimmung der Tumorzellen mit denen des Mutterbodens unerklärt läßt, glaubt Keruıns mit der Hilfshypo- these begegnen zu können, daß die fremden Zellen sich nur auf homo- logem Boden ansiedeln. Mit Recht bemerkt jedoch RıBBErT hier- gegen, dab die Vorliebe der Metastasen für bestimmte Organe keines- wegs durch die Gleichartigkeit des Gewebes bedingt ist. Vor allem aber widerspricht die Kerııncsche Theorie dem biologischen Grund- gesetz, daß Organzellen im artfremden Organismus niemals zu dauern- der Entwickelung gelangen, sondern nach beschränkter Zeit der voll- kommenen Resorption unterliegen. Alles was KeLLınG im Gegensatz zu dieser tausendfältig gemachten Beobachtung zur Erklärung des schrankenlosen Wachstums artfremder embryonaler Zellen vorbrinst, ist nichts als reinste Spekulation. Keruınc hat seine Theorie sowohl durch Transplantation artfremder Zellen als durch spezifische Präzi- pitinreaktion zu stützen versucht, doch hat einerseits v. HANSEMANN die echte Tumornatur der von Kerns erhaltenen Bildungen energisch zurückgewiesen, während andererseits FuLp & v. DUNGERN den über- zeugenden Nachweis erbrachten, daß die spezifische Präzipitinreak- tion in dem Umfang, wie es Krruıng behauptet, nicht zutrifft und zu keinen so weitgehenden Schlüssen berechtigt. Es unterliegt keinem Zweifel, dab die zahlreichen Bemühungen, den Blastomyceten die Rolle der wahren Krebserreger zuzuweisen, eine erheblich größere Einheitlichkeit der Anschauungen erkennen läßt. Dazu kommt, daß sich diese Theorie insofern auf einem etwas festeren Fundament aufbaut, als durch die bahnbrechenden Studien Busses die Fähigkeit der Hefen, tumorähnliche Gebilde zu erzeugen, bewiesen ist. Von einer Besprechung der Blastomycetentheorie glaube ich indessen absehen zu dürfen, da dieselbe in einem eigenen Kapitel dieses Handbuches in dem auch von uns vertretenen Sinne bereits behandelt ist. Auch die Spirochäten sind nicht dem Schicksal entgangen, mit der Krebsätiologie in Beziehung gebracht zu werden. Freilich liegen hierüber mehr Andeutungen als positive Behauptungen vor, und zwar in erster Linie von GAYLoRD & Carkıns. Es scheint jedoch, daß auch diese Autoren, ebenso wie DEETIENn, von ihrer ätiologischen Bedeu- tung für den Krebs nicht überzeugt sind. Ewıng fand Spirochäten bei 35 Menschen- und 25 Hundetumoren nur auf ulzerierten Oberflächen und in nekrotischen Bezirken. Tyzzer sah die als spezifisch angesehenen auch in immunen und gesunden Tieren. Unter dem Basurornschen Material untersuchte Mac IxtosH 35 verschiedene Tumoren mit gänzlich negativem Resultat und schließt daraus, vermutlich mit Recht, daß die anderweitig erhobenen posi- 220 Huco APoLant, tiven Befunde nicht für eine ätiologische Bedeutung der Spirochäten, sondern für eine davon unabhängige Mäuseinfektion sprechen. Einen eigenartigen Standpunkt in der Frage der parasitären Aetiologie des Carcinoms nimmt seit vielen Jahren BOoRREL ein. Gewisse Zeichen von anscheinend endemischem Vorkommen des des Krebses, die von ihm für erwiesen angesehenen Käfiginfektionen sowie der relativ häufige gleichzeitige Befund von Krebs und makro- skopisch wahrnehmbaren Parasiten (Helminthen, Acari) sprechen nach ihm für die ätiologische Bedeutung uns noch unbekannter Parasiten, die mit den makroskopisch sichtbaren übertragen werden. Was zunächst die statistischen Angaben über Krebsendemien und Käfiginfektionen betrifft, so erfreuen sich dieselben keineswegs allgemeiner Anerkennung. Gelegentliche Beobachtungen über ein ge- häuftes Auftreten von Spontantumoren bei Ratten und Mäusen sollen nicht geleugnet werden; ich erwähne hier u. a. die Mitteilungen von BORREL, ÄSCHER, THOREL, GAYLORD, KocH, LoEB, HAALAND. Da jedoch etwas ähnliches in den Riesenbetrieben von BAsHForD und EHrLicHh nie beobachtet worden ist, so scheint es geboten, aus den einzelnen, zum Teil schwer deutbare Besonderheiten bietenden An- gaben keine weitgehenden Schlüsse zu ziehen. Wenn z. B. Cu£xor & MERcIER behaupten, nach neunjähriger Benutzung desselben Käfigs im Jahre 1908 plötzlich zum ersten Male drei Spontantumoren von ganz verschiedenem Typus beobachtet zu haben, nämlich ein sub- kutanes Sarkom, ein Kankroid und einen papillomatösen Lungentumor, so hält es nach unseren heutigen Anschauungen schwer, dieses Zu- sammentreffen anders als mit einem Zufall zu erklären. Die Angaben THorELSs sind trotz seiner Versicherung, daß es sich bei der von ihm beobachteten kleinen Endemie nicht um Impftumoren handele, von STAHr doch mit einem verspäteten Angehen von Impfungen gedeutet worden. Haaranps Mitteilung bezieht sich zum Teil auf fünf Fälle von malignen Lymphomen in einem Käfig. Es muß dahingestellt bleiben, wie weit vielleicht bei diesem Tumor eine Infektionsmöglich- keit vorhanden ist. Andererseits betonen zahlreiche Autoren, wie BAsHFORD, MURRAY und ÜURAMER, daß das gehäufte Auftreten von Spontantumoren sich in erster Linie aus dem Alter der aufbewahrten Tiere erklärt, und daß, was auch Los gelten läßt, das hereditäre Moment eine Rolle spielt. Auch Kock sieht in der von ihm beobachteten Endemie in einer Charlottenburger Zucht nicht den Beweis für eine parasitäre Aetiologie, sondern dafür, daß durch konstante Inzucht eine fami- liäre Disposition zur Bildung von Spontantumoren entsteht und ex- zessiv gesteigert werden kann. Auffallend ist jedenfalls, daß nach der gänzlich unbefangenen Meinung der Züchter, wie wir durch eine Umfrage festzustellen suchten, auf Grund ihres zum Teil enormen Materials kein Anhaltspunkt für eine Ansteckung vorliegt. Etwas anders verhält es sich mit dem dritten der von BorREL angeführten Momente, nämlich der häufigen Kombination von Krebs mit makroskopisch wahrnehmbaren Parasiten. Derartige Feststel- lungen können, wenn sie nicht auf einem erdrückenden Material beruhen, lediglich den Anspruch erheben, einen Verdacht zu erwecken, dem der exakte Beweis zu folgen hat. Wie vorsichtig man mit der Verwendung von Zahlen sein muß, ergibt sich z. B.! daraus, daß Tsuxopa in einer unter OrRTH angefertigten Arbeit die Angaben Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 221 Borreıs über das gehäufte Vorkommen des Demodex bei Brustdrüsen- krebsen nicht bestätigen und keinen Unterschied gegenüber der Norm konstatieren konnte. Nichtsdestoweniger ist nicht zu bestreiten, dab durch das von BoRREL & Brıpr& beschriebene gelegentliche Zusammen - treffen von Nematoden und Geschwülsten eine Spur aufgedeckt ist, die in neuerer Zeit bei bestimmten speziellen Tumorformen zu be- merkenswerten Resultaten geführt hat. Zunächst beschrieb Löwen- steiv Epithelwucherungen und richtige Papillombildungen in der Blase, aber auch Wucherungen des Ureter- und Nierenbeckenepithels bei Ratten, die mit einem Trichosoma infiziert waren. Die histo- logischen Bilder lassen ihm keinen Zweifel darüber, daß speziell die Eier der Tiere die Epithelproliferation veranlassen, und zwar ver- mutlich durch ein Toxin, da sich Wucherungen des Blasenepithels auch dann fanden, wenn die Eier in höheren Abschnitten (Nieren- kapsel, Nierenbecken, Ureter) nachweisbar waren. In jüngster Zeit hat nun Fısiger den ersten experimentellen Beweis dafür erbracht, daß in der Tat den Nematoden eine ätio- logische Bedeutung für gewisse Geschwulstformen zukommen kann. In mühevollen, sich über viele Jahre erstreckenden Untersuchungen zeigte er, daß eine bestimmte, übrigens seltene, papilläre Geschwulst des Rattenmagens, die gelegentlich carcinomatös entartet, an das Vorhandensein von Nematoden gebunden ist, die sich in den oberen Abschnitten des Verdauungstraktus der Ratten finden. Da die Eier dieser Nematoden keine pathogenen Eigenschaften besitzen, vielmehr mit den Faeces ausgeschieden werden, ohne zur weiteren Entwicke- lung zu gelangen, so vermutete FrsiGEr das Vorhandensein eines Zwischenwirtes, den er in einer Schabe, Periplaneta americana, ent- deckte. In dieser entwickeln sich die verschluckten Eier zu Em- bryonen und gelangen, wenn die Ratten die betreffenden Schaben verzehren, in die oberen Speisewege, wo die Larven aus ihren Kapseln heraustreten, in das Epithel einwandern und dieses zur Proliferation anregen. So ist der Ring geschlossen. Die sorgsam durchgeführten Fütterungsversuche lassen keinen Zweifel an diesem Zusammenhange. Freilich erhebt sich die Frage, ob in dieser exakten Beobachtung ein Beweis für die parasitäre Aetiologie des Carcinoms im Sinne BoRRELS zu sehen ist. Ich will hierbei kein sehr großes Gewicht auf den Um- stand legen, daß FIBIGER unter seinem umfangreichen Material nur in 2—3 Fällen aus den anfänglich gutartigen Papillomen echte Carcinome mit infiltrativem Wachstum und Metastasenbildung hat entstehen sehen. Nicht übersehen darf man jedoch, daß der inter- essante Zusammenhang zunächst nur für eine spezielle Geschwulst- form Geltung hat, die man anscheinend vor FisiGer gar nicht ge- kannt hat, und daß es daher unstatthaft ist, die hier offenbar unter ganz speziellen Verhältnissen gemachten Erfahrungen ohne weiteres zu verallgemeinern. Die methodisch sehr mannigfaltigen Forschungen des letzten Dezenniums über die Aetiologie der Tumoren haben es zur Gewißheit erhoben, daß man von einer einheitlichen Krebsätio- logie überhaupt nicht sprechen kann, daß vielmehr die verschiedensten Reize mechanischer, thermischer, chemischer, aktinischer Natur die uns in ihrem Wesen noch so rätselhafte Umbildung einer normalen Körper- zelle in eine maligne Geschwulstzelle bewirken können. Daß unter diesen wahrscheinlich zahllosen Reizen sich auch gelegentlich ein solcher befindet, der auf einem durch den Stoffwechsel eines makro- 222 Hu6o APOoLANT, skopisch wahrnehmbaren Parasiten bedingten Toxin beruht, hat jeden- falls mehr für sich als die Annahme, daß dieser Parasit nur der Träger eines spezifischen Krebserregers ist. Mit dem Versuch, die eigentliche Aetiologie zu ermitteln, sind die Möglichkeiten einer experimentellen Erforschung der Geschwulst- senese nicht erschöpft. Daß neben dem das geschwulstmäßige Zell- wachstum auslösenden Faktor eine, sei es universelle oder lokale, Dis- position als wesentliches Moment für die Entstehung eines Tumors in Betracht kommt, darüber herrscht wohl kaum ein Zweifel. Diese Disposition hat sich nun, wenn auch vorläufig nur in beschränktem Grade, dem Experiment zugängig erwiesen. Bezüglich der Heredität, die ja bisher mit sehr widersprechenden Resultaten vorzugsweise statistisch untersucht wurde, liegen nur unvollkommene Züchtungs- resultate vor. Basmrorp erkennt danach der Vererbung keine Be- deutung zu, während JENsEn & Log sich weniger absprechend äußern. Aber noch in einer anderen Richtung ist das Problem der bio- logischen Bedingungen für die Entstehung von Primärgeschwülsten experimentell zugänglich. Da nach den modernen Anschauungen die den normalen Körper- zellen gegenüber gesteigerte Proliferationsenergie der Tumorzellen auf einem Differenzial der Aviditäten zu den Nährstoffen beruhen muß, so entstand die Frage, ob dieses Differenzial durch eine aktive Steigerung der Geschwulstzellenavidität oder durch ein Sinken der Körperzellenavidität zustande kommt. Während ALBRECHT den ersteren Modus für alle Fälle gelten ließ, erkannte ihn EnrLicH nur für die virulenten, leicht transplantablen Tumoren an, aber nicht für die schwer oder gar nicht verimpfbaren, deren Existenz trotz der von GIERKE & BasHrorD erhobenen Einwendungen nicht völlig geleugnet werden kann. Die Annahme, daß die Genese dieser Spontange- schwülste auf einer primären Verminderung der Körperzellenavidi- tät beruht, entspricht der durch viele klinische Momente gestützten Anschauung, daß konstitutionelle Momente bei der Entstehung des Krebses eine Rolle spielen. Theoretisch konnte man in der experimentellen Analyse dieser Verhältnisse noch weiter gehen, indem man die Uebertragbarkeit der schwer verimpfbaren Spontangeschwülste auf andere Spontantumor- tiere prüfte. Während nun die Ansichten der Autoren über die Ver- impfbarkeit eines solchen Tumors auf dasselbe Tier übereinstimmen, gehen sie hinsichtlich der Empfänglichkeit anderer Geschwulsttiere auseinander. Nach Aroranrt sind die einschlägigen Versuche von BASHFORD, MURRAY & ÜRAMER zu wenig ausgedehnt, um die Frage in negativem Sinne zu entscheiden. Seine eigenen Beobachtungen sprechen durchaus dafür, daß andere Spontantumortiere stärker em- pfänglich sind als normale Kontrollen, namentlich wenn man berück- sichtigt, daß es sich bei den Spontantumortieren durchweg um alte Tiere handelt, die an sich gegen das Angehen einer Impfung erheblich refraktär sind *). v. DuUNnGERN & WERNER sind auf Grund ihrer sehr interessanten experimentellen Studien zu der Vorstellung gelangt, daß die Malignität j Sl Bei der Unmöglichkeit, alle hier in Betracht kommenden Fragen an dieser Stelle ausführlich zu behandeln, verweise ich auf die eingehende Darstellung in meinem Sammelreferate in der Zeitschr. f. allgem. Physiol., Bd. 11, 909. {2} Die experimentelle Erforschung der Geschwäülste. 223 auf einer verminderten Restitutionsfähigkeit der normal vorhandenen Wachstumshemmung beruht. Die nichtspezifischen kurativen Versuche inkl. der Chemotherapie. Wir haben bisher nur diejenigen Heilbestrebungen berücksichtigt, die insofern als spezifisch angesehen werden können, als sie entweder auf aktiver resp. passiver Zellimmunisierung oder auf der Verwen- dung der aus Kulturen vermeintlicher Krebsparasiten gewonnenen Produkte beruhen. Daneben sind nun im Laufe der Zeit zahlreiche Heilmethoden aufgetaucht, die wenigstens kurz erwähnt werden sollen, wenn sie auch noch keine allgemein anerkannte Erweiterung der Therapie des menschlichen Krebses bedeuten. Die älteren hierher gehörigen Versuche liegen auf bakterio- therapeutischem Gebiet und beruhen auf der vereinzelt gemachten Erfahrung, dal maligne Tumoren, und zwar vorwiegend Sarkome, durch eine zufällige Erysipelinfektion gelegentlich günstig beeinflußt werden. Da man von einer Impfung mit vollvirulenten Erysipel- kokken bei der Gefährlichkeit des Mittels sehr bald zurückkam, so liefen die praktischen Versuche lediglich darauf hinaus, entweder die aus den Kulturen gewonnenen Toxine oder das Serum vorbehandelter Tiere zu injizieren. Die erstere Methode wurde in sehr verschiedener Weise angewandt, indem man entweder ein Filtrat oder Sterilisat der Streptokokkenkulturen, oder auch nach dem Vorgehen von ÜoLEy Mischungen von Streptococeus- und Prodigiosuskulturen anwandte. Wenn wir die Resultate der teilweise mit großer Sorgfalt angestellten Versuch von SPRONCK, ÜOLEY, JOHNSON, R£&PIN, BEEBE & Tracy u.a., sowie vor allem von FRIEDRICH & PETERSEN kurz zusammenfassen, so ergibt sich, daß wohl vereinzelt, nach neueren Mitteilungen CoLEys sogar recht häufig eine günstige Einwirkung auf das Sarkom erzielt werden kann, in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle jedoch, und beim Carcinom so gut wie ausnahmslos, ein #ırfolg ausbleibt. Ueber die Einzelheiten, besonders der technischen Herstellung und Anwen- dung der Toxine verweise ich auf die ausführlichen Arbeiten von PETERSEN, sowie von BEEBE & Tracy. EmMERICH & SCHOLL wandten nicht die Toxine direkt an, sondern das Serum von Schafen, die längere Zeit hindurch mit großen Dosen möglichst gleichmäßig virulenter Erysipelkulturen vorbehandelt waren. Das Verfahren entsprang der Beobachtung, daß die Verhinderung einer Milzbrandinfektion bei Kaninchen ebenso sicher wie durch Erysipelkokken selbst, durch ein Serum von Tieren zu erreichen ist, die 3—4mal mit hochvirulenten Erysipelkulturen geimpft waren, ohne daß die toxischen Wirkungen zur Entfaltung kamen. Den wenigen günstigen Berichten der Autoren selbst, sowie FREYMUTHS, SCHÜLERS, NIEDENS stehen zahlreiche andere, wie die ANGERERs, Bruns, v. LART- SCHNEIDERS U. a. gegenüber, die dem Mittel einen irgendwie in Be- tracht kommenden Heilwert absprechen. Prrzrsen, der sich auf Grund seiner an der Üzernyschen Klinik gemachten Erfahrungen dem absprechenden Urteil anschließt, ist speziell der Ansicht, daß das EMMERICH-ScHoLLsche Serum im allgemeinen seinem etwa um das Vierfache verdünnten Streptokokkenfiltrat gleizustellen ist, und daß Streptokokkenantitoxine nicht nachweisbar sind. Demgemäß hält er also die Methode nicht für eine Serum-, sondern ebenfalls für eine 224 HuGo APOoLANT, Toxinmethode. EMMERICH selbst hat übrigens später sein Verfahren insofern prinzipiell verändert, als er nach vorheriger Seruminjektion noch eine solche virulenter Kokken empfiehlt. Nach UHLENHUTH und seinen Mitarbeitern HAENDEL, STEFFEN- HAGEN und TROMMSDoRFF bringt wiederholte intratumorale Injektion von Pyocyanase Rattensarkome unter Nekrotisierung zur Heilung. Bei Mäusecarcinomen ist der Erfolg dieser Behandlung nicht so sicher. Das von Brarn angeblich erfolgreich angewandte Trypsin leistete unter anderem in den Händen Rusumores und BAINBRIDGES nichts. Dagegen berichtet Rossr über die auf diesem Wege erzielte Heilung eines rezidivierenden Plattenepithelkrebses des Oberschenkels. Umgekehrt suchte HorBAvEr durch eine Antifermentbehandlung den Krebs günstig zu beeinflussen. Er ging dabei von der Vorstellung aus, daß zwischen Epithel und Bindegewebe ein Kampf von Ant- agonisten (Ferment und Antiferment) stattfindet, und daß durch Schädi- gung oder Fortfall des letzteren die unbegrenzte Poliferationsenergie zustande kommen kann. Folgerichtig empfiehlt er die Anwendung von Antitrypsin resp. von antitrypsinhaltigen Seris, vor allem Schweine- serum, sowie von Cholestearin als Antagonist des fermentaktivierenden Lecithins. In Gemeinschaft mit Henke konnte er jedoch bei Mäuse- carcinomen keinen greifbaren Erfolg konstatieren. Auch die therapeutischen Versuche Bıers mit Injektionen art- fremden Blutes, ferner diejenigen STICKERS mit Atoxyl, das BLUMEN- THAL mit arseniger Säure kombiniert, mit fremdartigem Eiweiß, Kohle sowie die von FALk & STIckEr mit Karbenzym, einer Ver- bindung von Trypsin und Kohle, seien hier kurz erwähnt. Bezüglich des letzteren Präparates scheint Vorsicht geboten zu sein, da LAUBEN- HEIMER & Caan bei Anwendung desselben eine Tetanusinfektion er- lebten, deren Ursache mörlicherweise in dem für die Trypsinberei- tung benutzten und hinsic ich einer Verunreinigung durch Tetanus- bacillen nicht einwandsfreie Schweinepankreas zu sehen ist. Gute Resultate will wEIcHeEerR mit Adrenalin-Injektionen bei Rattensarkomen und Mäusecarcinomen erhalten haben. Beginnen die Injektionen sofort nach der Impfung, so wird die Impfausbeute nicht unwesentlich herabgesetzt. Eine eigentliche Immunisierung ist aber nicht möglich. ECHTERMEYER berichtet über auffallende Besserungen eines Zungencarcinoms nach wiederholten Adrenalin-Injektionen. Von der interessanten Tatsache ausgehend, daß Arterienwände und Knorpelgewebe fast stets von Krebsmetastasen verschont werden, eine Erscheinung, die nur in dem Vorhandensein bestimmter, das Wachstum der Krebszellen hemmender Substanzen begründet sein kann, war ÖESTREICH bestrebt, diese Substanzen dem erkrankten Körper zuzuführen. Er wählte das chondroitinschwefelsaure Natron, einen Bestandteil von Arterienwand und Knorpel und empfiehlt dieses unter dem Namen „Antituman‘“ in den Handel kommende Prä- parat auf Grund seiner Erfahrungen besonders nach Operationen, sowie bei inoperablen Fällen. In ganz neue Bahnen wurde die Chemotherapie der Geschwülste durch die grundlegenden Arbeiten von v. WASSERMANN & KEYSSER gelenkt. Bei Versuchen, die die Frage behandelten, ob Tumorzellen im Serum Krebskranker länger lebend bleiben als in dem Gesunder, konstatierte v. WASSERMANN, daß die als Indikator dienende Reduktion tellur- resp. selensauren Natriums nur im Inneren der Parenchym- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 225 zellen stattfindet. Die Beobachtung dieser elektiven Wirkung bildete die Basis ihres therapeutischen Vorgehens bei Mäusetumoren. In der Tat konnte durch intratumorale Injektionen lokale Erweichung und Verflüssigung erzielt werden, dagegen blieb zunächst auf Intravenösem Wege jeder Effekt aus. Erst als dem Chemiker E. WAssERMANN eine Kuppelung von Schwermetallsalzen mit leicht diffusiblen Fluo- rescinfarbstoffen gelang, wurde mit einer Eosinselenverbindung eine in die Augen springende therapeutische Beeinflussung erzielt, und zwar, wie die Autoren annehmen, deswegen, weil durch die Kuppelung mit dem leicht diffusiblen Farbstoff das Selensalz schnell, ohne vorher durch die Körperzellen gebunden zu werden, an den Ort seiner Wirk- samkeit gebracht wird. Schon in 24 Stunden zeigt sich der Erfolg der Behandlung in einer beginnenden Erweichung und Verflüssigung des Tumors. In wenigen Tagen wird letzterer in einen schlaffen Sack verwandelt, dessen Inhalt zur Resorption gelangt. Die von KEyssEr ausgebildete Technik gestattet eine achtmalige intravenöse Injektion. In der technischen Unmöglichkeit, die Injektionszahl ad libitum zu steigern, liegt eine der Grenzen der Anwendbarkeit des Verfahrens. Dazu kommt, dab bei dem rapide verlaufenden Verflüssigungsprozeß eine Anzahl Tiere infolge der Toxizität der schnell resorbierten Tumormassen zugrunde geht. Die Resorption findet nach v. Hanse- MANN hauptsächlich in der Milz statt. Immerhin werden etwa 10 bis 20 Proz. der behandelten Tiere dauernd geheilt. Bemerkenswert ist, daß sich die Heilwirkung nicht nur auf Impf-, sondern auch auf Spontantumoren erstreckt. Von wesentlich anderen Gesichtspunkten gingen NEUBERG & Casparı bei ihren therapeutischen Versuchen aus. Die neueren For- schungen, an denen NEUBERG selbst in hervorragendem Grade beteiligt ist, zeigten mannigfache Atypien der Fermentv orgänge beim Krebs, insbesondere auch eine Steigerung der autolytischen Prozesse. Nev- BERG & Casparı benutzten nun die Eigenschaft der Schwermetalle, die Autolyse zu erhöhen, um auf diese Weise eine isolierte Abtötung und Eliminierung der Krebszellen zu erreichen. Unter der Anwendung der v. WassERMANN-Keysserschen intravenösen Applikation erhielten sie in der Tat überraschende Resultate, überraschend schon hinsichtlich der geradezu blitzartigen Schnelligkeit der Wirkung, die bereits nach einer Minute mit einer enormen lokalen Hyperämie einsetzt, der eine starke Anämie aller sichtbaren Teile der Maus entspricht. Auch hier erfolgt eine Verflüssigung des Tumors, der sich nunmehr chemisch als reines Autolysat erweist, mit folgender Resorption. Die Ver- bindungen der verschiedensten Metalle zeigten sich wirksam, und zwar wie NEUBERG vermutet, in einem durch Zerlegung der Ver- bindung im Tumor selbst entstehenden kolloidalen Zustand. Nach den Angaben der Autoren scheinen auch Rattensarkome und Hunde- carcinome analog beeinflußt zu werden. Schon vorher hatte GAUBE DE Gers in der Gesellschaft der prak- tischen Aerzte in Paris eine Mitteilung über die günstige Beeinflus- sung inoperabler Carcinomfälle beim Menschen durch eine kolloidale Eiweißkupferverbindung gemacht. Weiterhin berichtete Izar über partielleun und vollständigen Rückgang von Rattensarkomen nach intra- venöser Injektion von 0,5 ccm Schwefelkolloid. Eine günstige Ein- wirkung von kolloidalem Kupfer wollen auch Lors, Mac CrurGc und SwEER beim Menschenkrebs gesehen haben, doch ist es anscheinend Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 15 226 Hu6o APoLANT, nicht zur völliren Heilung gekommen. Ueber das kolloidale Selen lauten die Berichte noch sehr widersprechend; BouGEAnT sah gün- stige Erfolge, DELBET & Lepoux-Lesarp nur ungünstige. Ganz neuerdings veröffentlichte Lewın seine den NEUBERG-ÜAsPparIschen ähnliche Versuche mit Goldsalzen, die eine besonders starke Wirkung auf die Kapillaren auszuüben scheinen. | Erwähnt sei an dieser Stelle auch, daß GoLpMmAann in dem ihm von EHrricH zur Verfügung gestellten Ikterogen, das schwere Leber- nekrosen macht, einen Stoff fand, der auf das Wachstum der Impf- chondrome namentlich dann stark retardierend wirkte, wenn die In- jektion der Impfung vorausging, und letztere zur Zeit des ausge- bildeten Icterus vorgenommen wurde. Es ist allerdings zweifelhaft, welche Rolle die Leberschädigung bei dieser Beeinflussung spielt. Unter den chemotherapeutischen Bestrebungen der letzten Zeit verdienen die Arbeiten WERNERs, die er zum Teil gemeinsam mit Sztcsı veröffentlicht hat, besonders hervorgehoben zu werden. Vor Jahren hatte es Werner bereits wahrscheinlich gemacht, daß die biologische Strahlenwirkung auf einer Lipoidzersetzung beruht und durch direkte Applikation von Cholin, einem Lecithinzersetzungs- produkt, chemisch imitiert werden kann. Er hat nun neuerdings das giftige Cholin durch Verbindungen desselben mit schwachen Säuren ersetzt. unter denen sich die Bor-, Jodbenzoe- und Atoxylsäure als besonders brauchbar erwiesen haben. Mit einer 4 Wochen fort- gesetzten Injektionskur hat er sowohl bei Mäusecarcinomen wie bei Rattensarkomen außerordentlich günstige Erfolge erzielt. Auch beim Menschen scheint die Applikation der Cholinsalze, namentlich in Verbindung mit anderen Methoden, günstig zu wirken, wenngleich In WERNER in seinem Urteil hierüber noch große Reserve auf- erlegt. Die biochemische Erforschung der Geschwülste. In Rahmen des vorliegenden Referates kann die biochemische Er- forschung der Geschwülste nur in ihren wesentlichsten Punkten be- sprochen werden, namentlich, soweit sie bestrebt war, bestimmte, die Kachexie erklärende giftige Stoffe oder Besonderheiten des che- mischen Baues nachzuweisen und diagnostisch wertvolle Reaktionen zu ermitteln. Die sich mit der ersteren Frage beschäftigenden Arbeiten gehen von der Voraussetzung aus, daß die Krebskachexie nicht sowohl als eine Ausfallserscheinung lebenswichtiger Organfunktionen auf- zufassen ist, sondern auf einem für den Krebs spezifischen Giftstoff beruht, dessen Nachweis auf den verschiedensten Wegen versucht wurde. Die Frage, ob der Urin Careinomatöser besonders giftige Eigen- schaften besitzt, wurde zuerst von französischen Autoren, wie SUr- MONT, Sowie GAUTIER & Hıtr positiv beantwortet. Letztere geben ferner an, dab die- vermehrte Giftigkeit nach der Carcinomoperation wieder abnimmt. Erwähnt sei ferner, daß EwaLp & Jacogson ptomain- artige Körper bei zwei Magencarcinomen darstellten. Besonders eingehende Untersuchungen über diesen Gegenstand liegen von MryeEr vor. Derselbe konnte durch zahlreiche‘ Versuche die Angaben früherer Autoren bestätigen, daß der Urin Careinomatöser eine um das Doppelte bis Dreifache gesteigerte Giftigkeit besitzt, Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 227 die interessanterweise beim Auftreten des Komas erheblich abnimmt. Ferner gelang ihm der Nachweis, daß auch die Milz an Carcinom Gestorbener eine erhöhte Toxizität zeigt, besonders dann, wenn dem Tode ein komatöses Stadium vorausging. Daraus zieht M. den Schluß, daß die im Koma auftretende Abnahme der Uringiftigkeit auf einer Retention der toxischen Substanzen beruht. Beim Kochen nimmt die Giftigkeit des Urins sowohl, wie die des Organextraktes ab. Auf was für Stoffen die Giftwirkung beruht, läßt er unentschieden, be- tont jedoch, daß Bakterienprodukte nur teilweise in Betracht kommen können. CASTELLI gewann aus dem Harn eines Krebskranken ein toxisch wirkendes Pulver, das noch in 2000-facher Verdünnung stark hämo- Iytisch wirkte und bei Kaninchen die Zahl der Erythrocyten auf fast ein Drittel reduzierte. Die Untersuchung der Tumoren selbst auf toxische Substanzen hat bisher zu keinem ganz übereinstimmenden Resultat geführt. Während GRIFFITS in einem Uteruscarcinom eine giftige Base nachwies, konnten sowohl FR. MÜLLER, wie BLUMENTHAL keine für Tiere oder gesunde Menschen toxische Substanzen aus Tumoren darstellten. Dagegen bemerkt letzterer, daß Krebsprebsäfte, Carcinomkranken selbst ein- gespritzt, häufig Temperaturerhöhungen und Unbehagen erzeugten. In umfangreichen Versuchen, deren Resultate jedoch von Brv- SCHETTINi und BarLocco nicht bestätigt werden konnten, glauben RoGER & GIRARD Mancın in einem hohen Prozentsatz von malignen Tumoren giftige Substanzen nachgewiesen zu haben. Vor der Hand scheinen diese Befunde jedoch noch nicht genügend sicher zu sein, um etwa zur Erklärung der Krebskachexie verwendet zu werden. Sehr eigentümlich ist die Mitteilung Borners, dab mit Krebs behaftete Tiere anscheinend eine geringere Resistenz gegen intra- venöse Injektionen von Saft ulzerierter Tumoren haben als normale. Während ein großer Hund mit einem Carcinom der Bauchwand wenige Minuten nach intravenöser Injektion von 30 cem des Saftes eines frisch operierten menschlichen Mammacarceinoms zugrunde ging, ver- trug ein anderer gesunder Hund von dem dritten Teil des Gewichtes 45 ccm desselben Materials. Uebereinstimmend wird von zahlreichen Autoren, wie ÜHANEL, JANOWSKI, KROKIEVICZ, LANG, VEYRASSAT, DONATI, SCHMIDTLECHNER u. a. eine Erhöhung der Resistenz der roten Blutkörperchen hypo- isotonischen Lösungen gegenüber bei den verschiedensten Carcinomen angegeben. Am ausgesprochensten ist diese Erscheinung bei hoch- sradiger Kachexie. JANOWSKI und SCHMDTLECHNER betrachten sie als eine Reaktionserscheinung des Organismus gegen ein in den Krebs- zellen gebildetes Toxin. Speziell ist SCHMIDTLECHNER der Ansicht, dab das Wesen des Prozesses in einer Strukturveränderung des Proto- plasmas gelegen ist. Auch auf rein chemischem Wege ist man mehrfach der Spezi- fiıtätsfrage nähergetreten ; speziell, ob dem Krebseiweiß eine besondere, von dem normalen Gewebe abweichende Konstitution zukommt. Uebereinstimmend wird von BEEBE, sowie CLowes und FRrisgIE angegeben, dab schnell wachsende junge Tumoren reich an Kalium und arm an Calcium sind, während alte stark nekrotische Ge- schwülste umgekehrt viel Calcium und wenig Kalium enthalten. Je älter ein Tumor wird, um so mehr verarmt er an Kalium. 15* 228 Hu6o APoLanT, Bezüglich der organischen Substanzen hat zunächst PETRY bei Carcinomen einen im Verhältnis zu den normalen Ausgangsorganen abnorm hohen Gehalt an Nukleoproteid festgestellt, ein Befund, der sich jedoch nicht auf Sarkome bezieht und nach den Untersuchungen Yosmımoros auch bei Carcinomen nicht als konstant angesehen werden kann. NEUBERG hatte bei der Autolyse eines Lebercarcinoms im Gegen- satz zu der normalen Leber eine freie reduzierende Pentose gefunden. Wechselnde Resultate erhielten jedoch in dieser Hinsicht BEEBE & ScHAarrer. Während ein Mammacarcinom erhöhten Pentosengehalt zeigte, wurde bei einem Lebercarcinom keine Vermehrung gegenüber dem normalen Organ konstatiert. Die Frage, ob zwischen Metastasen und Primärtumoren Unterschiede im Reichtum an Pentosen bestehen, lassen sie unentschieden, da ihre hierauf bezüglichen Analysen nicht denselben Fall betrafen. NEUBERG zeigte jedoch, daß in einem metastatischen Leber- carcinom durch den autolytischen Prozeß reichlich Pentosen gebildet werden, in dem primären Magenkrebs dagegen nicht. Das differente Verhalten des Primärtumors und der Metastase hinsichtlich des Ab- baues durch intracelluläre Enzyme führten ihn zu der Annahme, „daß bei der ursprünglichen Magenkrebszelle während der Wande- rung in die Leber eine Abartung der ihr immanenten Fermente oder ein Erwerb neuer stattgefunden hat“. Einen ähnlichen Unterschied zwischen Primärtumor und Lymph- drüsenmetastase konstatierte BEEBE in dem Gehalt an Nukleohiston, das auch von Ban in den Lymphdrüsenmetastasen eines Hoden- sarkoms nachgewiesen worden war. Worrr stellte unter der Leitung von BLUMENTHAL durch eine srößere Anzahl von Versuchen fest, daß während in den Preßsäften normaler Organe ungefähr gleiche Mengen von Albumin und Globulin vorhanden sind, in Tumorpreßsäften die relative Menge des Albumins gewöhnlich nicht unbeträchtlich erhöht ist. Ferner fand er in den meisten Carcinomen erheblich mehr Pseudoglobulin als Euglobulin, welches letztere in Mammatumoren fast vollständig verschwinden kann. Er bemerkt jedoch, daß diese Aenderung des Eiweißes an- scheinend nur quantitativer, nicht qualitativer Natur ist, da die Grenzen der Fällbarkeit durch Ammoniumsulfat keine Verschiebung erleiden. Dagegen sprechen sich BERGELL & DörrıncHAaus auf Grund ihrer Untersuchungen der hydrolytischen Spaltungsprodukte für eine Ver- schiedenheit des Krebseiweißes von den gewöhnlichen Proteinstoffen aus, da sie einerseits einen relativ hohen Gehalt an Alanin, Glutamin- säure, Phenylalanin und Asparaginsäure, und andererseits sehr ge- ringe Mengen von Leuein konstatieren konnten. Sie führen noch eine Analyse von ABDERHALDEN an, der in einem Falle 15 Proz. Glutamin- säurechlorhydrat beobachtete. NEUBERG macht darauf aufmerksam, daß diese Resultate mit denen Worrrs deswegen nicht vergleichbar seien, weil BERGELL & DörrınsHaus den gesamten Zellinhalt, WoLrr dagegen nur Preßsäfte untersuchte. Aus der Differenz seiner eigenen Resultate gegenüber denen von BERGELL & DörPıncHAus zieht N. den Schluß, daß die Zu- sammensetzung der Proteinsubstanzen von Fall zu Fall schwanken Kae ni a ri Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 229 kann, eine Möglichkeit, die vielleicht mit der Verschiedenheit des Tumormaterials zusammenhängt. BLUMENTHAL & WoLrr haben zuerst die später von NEUBERG sowie BERGELL & PörrıncHaus bestätigte Beobachtung gemacht, dab das Eiweiß der Krebszelle gegen die Pepstnverdauung erheblich resistenter ist als das anderer Zellen, während eine gesteigerte Re- sistenz gegen Pankreatin nicht besteht. Ein ganz besonderes Interesse hat man dem Gehalt der malignen Tumoren an Fermenten sowie den autolytischen Prozessen zugewandt. Buxrox fand bei der Untersuchung von 30 Tumoren fast immer Amylase und Lipase, meistens auch Oxydase, dagegen proteolytische Fermente nur vereinzelt. Ein prinzipieller Unterschied gegenüber normalen Geweben bestand jedoch nicht. Gemeinsam mit SCHAFFER führte er den Nachweis, daß der Enzymgehalt embryonaler Zellen ein wesentlich geringerer ist, so dab es von diesem Standpunkt aus nicht gerechtfertigt erscheint, Tumorzellen mit embryonalen ohne weiteres zu identifizieren. Die Angaben Prrrys, dab die Carcinome einem stärkeren auto- Iytischen Prozeß unterliegen als das Muttergewebe, haben vielfache Bestätigung gefunden. BLUMENTHAL & WoLrr machten es nicht nur wahrscheinlich, daß der stärkere autolytische Zerfall der Carcinome auf einer Fermentvermehrung beruht, sondern erbrachten auch den Nachweis, dab das im Krebsgewebe vorhandene Ferment auf den autolytischen Zerfall normalen Lebergewebes ebenfalls beschleunigend wirkt. Ferner berichtet BEEBE in mehreren Abhandlungen über auto- Iytische Spaltungsprodukte, Glykokoll, Leucin, Tyrosin, Tryptophan, sowie ein dem Glykogen ähnliches Kohlehydrat, doch zeigten die untersuchten, nach Sitz und Natur verschiedenartigen Geschwäülste einen sehr differenten Gehalt an diesen Substanzen. NEUBERG wies nach, daß in der zuerst von Jacosy ermittelten fermentativen Wirkung von Lebersaft auf Lungenbrei bei Verwen- dung karzinomatösen Lebermaterials insofern eine völlige Umkehrung stattfindet, als der Saft des Leberkrebses zwar eine anomale Spaltung der Lungeneiweibkörper, aber nicht einen Abbau der durch den Zer- fall derselben entstandenen Albumosen bewirken kann, während unter normalen Verhältnissen gerade umgekehrt die Albumosen durch das Leberferment weiter verändert, die Eiweißkörper der Lunge dagegen nicht gespalten werden. Er hält es nicht für ausgeschlossen, daß diese Differenzen zur Erklärung der Kachexie in Betracht kommen. K:rınow bezieht die heterolytische Tumorwirkung auf Fermente sekundär eingewanderter Bakterien und Leukocyten, eine Ansicht, die von NEUBERG als unbegründet zurückgewiesen wird. In der Annahme, dab bei der Stärke der autolytischen Prozesse im Krebs ein Abbau der Eiweißsubstanzen schon im lebenden Gewebe vor sich geht, untersuchte WoLrr den Urin auf intermediäre Produkte, konnte jedoch niemals Albumosen, Peptone oder Aminosäuren nach- weisen. Dagegen erhielten Urı & LiLientHAL in zwei Drittel der untersuchten Carcinomfälle ein positives Resultat. Da jedoch die Be- funde bei demselben Fall wechseln, und, obwohl in geringerem Prozent- satz auch bei benignen Magen-Darmaffektionen Albumosen gefunden on so kommt ihrem Nachweis nur ein relativer diagnostischer /ert zu. 230 Huw6o APOLANT, Nach BLUMENTHAL & BraHn ist die Menge der Katalase in Ge- schwülsten vermindert. Auch Rosın & Fiıssinser fanden, dab das katalytische. Vermögen des Blutes bei Tuberkulösen und besonders bei Carcinomatösen wesentlich stärker herabgesetzt ist, als es dem Grade der Anämie entspricht. Von sonstigen atypischen Fermentäußerungen der Tumoren seien nur noch die von ABDERHALDEN und seinen Mitarbeitern Rona, KoEL- KER, MEDIGRECEANU und Pıncussonn erhobenen Befunde über poly- peptidspaltende Fermente hervorgehoben. Es ergab sich, dab häufig, wenn auch nicht konstant, Geschwulstenzyme nachweisbar sind, durch die Polypeptide schneller als durch normale Zellfermente gespalten werden. Vor allem konnte aber ABDERHALDEN durch Beobachtung der Aenderung des Drehungsvermögens bei dem Abbau optisch aktiver Polypeptide feststellen, daß dieser Abbau unter dem Einfluß der von Carceinomzellen produzierten Fermente zuweilen in atypischer Weise vor sich geht. Die autolytischen Prozesse spielen nach NEUBERG auch bei der Wirkung des Radiums eine entscheidende Rolle. An sorgfältig ange- stellten Versuchen zeigte dieser Forscher, daß der Abbau der Eiweiß- körper durch die Radiumbestrahlung außerordentlich beschleunigt wird, und zwar findet sofort eine Aufspaltung zu Aminosäuren statt, ohne daß vorher Albumosen nachweisbar sind. Da die den Stoffwechsel unterhaltenden Enzyme nach den Untersuchungen von SCHMIDT- NIELsEn durch Radium schnell zerstört werden, so erklärt NEUBERG den gesteigerten Eiweißzerfall bei der Bestrahlung dadurch, daß das autolytische Ferment allein der Strahlenwirkung widersteht und nach dem Fortfall der andern Enzyme zu voller Aktion gelangt. WERNER nimmt an, daß die Wirkung der Strahlen auf die Enzyme keine direkte ist, sondern auf dem Umwege über die Spaltung des in den Zellen vorhandenen Leeithins erfolgt. Welche praktische Bedeutung die weitere Verfolgung dieses Gedankens in der thera- peutischen Anwendung des Cholins gewonnen hat, ist bereits aus- führlich besprochen worden. Die serologische Krebsdiagnostik. Die durch die neuere Forschung nachgewiesenen biologisch-che- mischen Differenzen zwischen Tumor- und normalen Zellen legten die Möglichkeit spezifischer, diagnostisch verwendbarer Reaktionen nahe. Man hat daher zunächst die Präzipitin- und Hämolysinreaktion, sowie die Komplementbindung diagnostisch zu verwerten gesucht. Enxser behandelte ein Kaninchen mit dem Serum zweier Car- cinomatöser vor und glaubt auf Grund dieser Reagenzglasversuche be- haupten zu dürfen, daß ihm im gewissen Sinne der Nachweis einer Antikörperbildung gelungen ist. Die diagnostische Brauchbarkeit der Methode geht jedoch aus seinen Resultaten nicht hervor, da sich die Präzipitinbildung nicht als absolut spezifisch herausgestellt hat. Auch MERTENS erzielte nur unsichere Resultate, obwohl er vielfach zunächst mit einem Normalpräzipitierungsserum die normalen Eiweiße des Blutes ausfällte und nun erst das spezifische ‚„Kennserum‘“ anwandte. MaRAGLIANO schlug folgenden Weg ein; er spülte Magenkrebs- patienten am Abend den Magen aus, ließ sie am nächsten Morgen ein halbes Glas physiologischer Kochsalzlösung trinken und behan- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 231 delte mit dieser durch den Magenschlauch aufgesaugten, vorher auf Eiweiß geprüften Flüssigkeit Kaninchen etwa 5 Wochen vor, indem er ihnen zweimal wöchentlich 10—15 ccm injizierte. Das Carcinom- kaninchenserum wird nun zunächst mit wenig Menschenblutlösung 1:50 versetzt und nach der geringen Präzipitatbildung zentrifugiert und abpipettiert. Bei nochmaliger Mischung mit Menschenblutlösung entsteht kein Niederschlag mehr. Zusatz von Magensaft Carcinomatöser läßt jedoch in einer halben Stunde im Brutschrank ein flockiges Prä- zipitat entstehen, das mit dem Magensaft nicht Carcinomatöser nicht erzielt wird. Aehnliche Resultate erhielten Serarını & Diırz. Die mit Car- cinomextrakten selbst vorgenommenen Immunisierungen KULLMANNS verliefen hinsichtlich einer spezifischen Präzipitinbildung ebenso er- gebnislos wie diejenigen Ranzıs. Dagegen erzeugte RomkEs, dessen Arbeit mir nur aus dem Referat von Porak Danters in der Zeitschrift für Krebsforschung, Bd. 1, S. 495 bekannt ist, Präzipitation, wenn er das Serum von mit Carcinomemulsion vorbehandelten Tieren mit Carcinomextrakt mischte. Waren alle normalen präzipitablen Sub- stanzen aus dem Serum Krebskranker durch ein Tierserum gefällt, das durch Vorbehandlung mit normalem Menschenserum gewonnen war, so konnte mit einem Krebsimmunserum kein Niederschlag mehr erhalten werden. Dagegen gab die Mischung von Carcinomimmun- serum mit dem Extrakt von Carcinomen noch eine Trübung, wenn zuvor durch normales Immunserum eine optimale Präzipitation er- zielt war. Der diagnostische Wert der von Kerrıng angegebenen Prä- zipitin- und Hämolysinreaktionen ist schon bei Besprechung seiner Krebstheorie erwähnt worden. Ueber die hämolytische Wirkung des Serums Krebskranker lauten die Angaben noch sehr widersprechend. ALzEssanprı fand in dieser Hinsicht so durchgreifende Differenzen zwischen dem Serum Car- cinomatöser einerseits und dem Gesunder resp. mit gutartigen Ge- schwülsten Behafteter andererseits, daß er nicht ansteht, der Re- aktion eine spezifische Bedeutung zuzuerkennen, zumal sie nach radi- kaler Tumorexstirpation schwindet. Sehr ausgedehnte Untersuchungen liegen über diesen Gegenstand von ÜrıLeE vor, der die Isolysine in über SO Proz. der Carcinomfälle antraf und nur in sehr vorge- schrittenen Fällen vermißte. Aehnlich, wenn auch mit starker Re- serve gegen die praktische Brauchbarkeit der Reaktionen lauten die Angaben von RicHARTZ, der ebenso wie WEINBERG und MELLO auch bei Tuberkulose Isolyse in einem hohen Prozentsatz antraf. Das Hämolysin ist koktolabil, wird aber durch normales Serum nicht reaktiviert. In gleichem Sinne äußern sich Janeway u. a. Auch Weır konnte die von ihm bei Hunden ermittelte Tatsache, daß das Serum von Lymphosarkomtieren häufig hämolytisch auf das Blut normaler Hunde, aber nicht auf das anderer Tumortiere wirke, auf den Menschen übertragen. Einen diagnostischen Wert erkennt er der Reaktion aber vorläufig nicht zu. Gänzlich absprechend ver- halten sich in dieser Hinsicht unter anderen Acazzı und WHITTEMORE, da sie nicht einmal in der Stärke der Hämolyse Unterschiede zwischen Carcinom und anderen Krankheiten haben feststellen können. Auch die ersten von v. BERGMANN & KeutHe mit der Komple- mentbindung angestellten Versuche, die sich unter anderen patho- logischen Prozessen auch auf Carcinom bezogen, sowie namentlich 232 Huco APoLanrt, diejenigen Ranzıs ergaben keine ermutigenden Resultate. Ravenna ojbt zwar an, im Serum vieler Krebskranker Substanzen gefunden zu haben, die imstande sind, sowohl allein als in Verbindung mit Extrakten aus Krebsmaterial Komplement zu binden. Wegen der Un- beständigkeit und Polyvalenz der Reaktion erkennt er ihr jedoch keinerlei Spezifität zu. Auch pe MarcnHıs kam auf Grund eines reichen Materials zu dem Ergebnis, daß weder ein positives noch negatives Resultat diagnostisch verwertbar ist. “ Zuversichtlicher lauten die Angaben von SanPpIETRO & Tesa, Sısto & Jona, SImon & Tmomas u. a., obwohl auch bei ihnen von einer exakten Diagnose keine Rede sein kann. Erst v. DunGeErn glaubt eine solche, wenigstens nur mit geringen Ausnahmen, mittels seiner Modifikation der WasserMmannschen Reaktion stellen zu können. Er hat seine Methode erst allmählich ausgebildet, indem er von den an- fänglich benutzten wässerigen und alkoholischen Tumorextrakten zu ätherischen und schließlich Acetonextrakten überging. Ferner fand er auch aus normalem Blut hergestellte Extrakte geeignet und em- pfiehlt neuerdings besonders die aus dem Blut von Paralytikern be- reiteten. Eine sorgfältige Auswahl unter den durchaus nicht gleich- wertigen Extrakten ist für das Gelingen der Reaktion notwendig, Einer ähnlichen Erscheinung werden wir späterhin bei der Meio- stagminreaktion begegnen. Als wichtig für die Spezifität der Re- aktion erwies sich ein Zusatz von absolut sodafreier Natronlauge, und zwar verlangt v. DunGErn, „daß das Serum mit den richtig ein- gestellten Dosen der Tumor- oder Blutextrakte unerwärmt !/,, hemmt, und zwar auch bei Zusatz von ?/,„ Natronlauge n/,., dagegen in der Dose von !/;, nicht hemmt, nachdem es 20 Minuten auf 56° er- wärmt ist“. In einer späteren Mitteilung, die sehr genaue Vor- schriften über die Anstellung der Reaktion enthält, berichtet er, daß die besten Resultate erzielt werden, wenn das Serum gleichzeitig mit der Natronlauge auf genau 54° erwärmt wird. Unter den Nachprüfungen hat eigentlich nur LINDENSCHATT die Angaben v. DUNGErRNns voll bestätigt, während WOoLFSoHN, STINER, RoSENBERG, IsaBOLINSKY & DicHno sowie Epzarp mehr oder weniger weitgehende Kritik üben. Es wird weiterer Erfahrungen bedürfen, um zu entscheiden, ob die abweichenden Resultate allein mit einer nicht völlig beherrschten Technik erklärt sind. PFEIFFER & FINSTERER suchten die Anaphylaxie diagnostisch zu verwerten und glaubten, die Bildung einesanaphylaktischen Antikörpers gegen Carcinom dadurch bewiesen zu haben, daß sie bei Meerschwein- chen durch intraperitoneale Injektion von Tumorpreßsaft einen ana- phylaktischen Shock nur dann eintreten sahen, wenn die Tiere 48 Stunden vorher ebenfalls intraperitoneal Serum Carcinomatöser er- halten hatten. Die abweichenden Resultate Raxzıs erklären sie mit differenter Versuchsanordnung. Eine Bestätigung haben die Angaben von PFEIFFER & FINSTERER meines Wissens bisher nicht erhalten. Auch die Resistenz der Erythrocyten Carcinomatöser ist zu dia- gnostischen Zwecken untersucht worden. So gibt Braca an, mit zahlreichen Krebsextrakten eine stärkere Lösung der Erythrocyten carcinomatöser Individuen als normaler Personen erzielt zu haben. Vor allem sind hier aber die Versuche von Kravs, Prörzr, Raxzı und EHrticH zu erwähnen, die, der Anregung von Kyzs & Sacıs folgend, unter anderem auch bei Carcinom die Empfindlichkeit der Erythro- Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 233 cyten gegenüber dem Cobragift prüften. Sie fanden bei Sarkom- ratten eine Steigerung, bei Carcinommäusen dagegen eine Herab- setzung der Hämolyse gegen die Norm. Aehnliche Unterschiede er- gaben sich auch am Menschen, indem ebenfalls beim Sarkom in der Regel eine schnellere, beim Carcinom eine langsamere Zerstörung der Blutkörperchen zu beobachten war. Die Autoren sind jedoch weit davon entfernt, in diesen Befunden eine zuverlässige diagnostische Methode zu erblicken. Uebrigens geben neuerdings auch H. G. & A. S. Grünsavm an, daß für Sarkom empfängliche Ratten eine ge- ringere Resistenz gegenüber dem Cobragift besitzen als refraktäre Tiere, und daß es sogar gelingt, letztere durch Herabsetzung der Resistenz vorübergehend tumorempfänglich zu machen. Zu den diagnostisch mit am häufigsten geprüften biochemischen Methoden gehört die Bestimmung des antitryptischen Index des Blutes. BRIEGER und Tresınc haben das Verdienst, zuerst auf die bemerkens- werte Erhöhung des Antitrypsingehalts im Blut Carcinomatöser hin- gewiesen zu haben. Auf Grund der Tatsache, daß diese Erhöhung in 91,6 Proz. bei Carcinomatösen, aber nur in 23,9 Proz. bei Nicht- carcinomatösen zu konstatieren ist, Zahlen, die fast genau mit den von v. BERGMANN und Meyer ermittelten übereinstimmen, vindizieren sie der Reaktion eine hohe diagnostische Bedeutung. Die Angaben von BrRIEGER & TregınG Sind mit veränderter Me- thodik vielfach nachgeprüft worden. Ich erwähne unter anderem V. BERGMANN & BAMBERG, MEYER, JoCHMANN, HerzreLd, Bayıy, BECKER. GoLLA, HoRT, WOLFF, SYRENSKI, WINOWGRADOW, POGGEN- POHL, WITTE, WEINBERG und Meuro etc. Andere Autoren, wie JACOB haben die Vermehrung des antitryptischen Index so häufig ange- troffen, daß sie sie als diagnostisches Hilfsmittel nicht anerkennen. Andererseits hat sie z. B. Launoy bei Lymphosarkom des Hundes nicht konstatieren können. Der heute wohl meist vertretene Stand- punkt dürfte der sein, dab der Reaktion zwar keine spezifische Be- deutung zukommt, da sie auch sonst, zumal bei Infektionskrank- heiten, vielfach positiv ist, daß sie jedoch als unterstützendes Mo- ment für die Diagnose einen gewissen Wert hat. Besonderes Gewicht ist in klinisch zweifelhaften Fällen auf einen negativen Ausfall der Reaktion zu legen, der mit großer Wahrscheinlichkeit gegen Carcinom spricht. Noch nicht völlig geklärt ist es vorläufig, worauf die Reaktion beruht. Der vielvertretenen Annahme, daß sie zur Kachexie in Be- ziehung steht, wird von manchen Seiten widersprochen, so von WoLFF, der in mehreren Fällen ausgebildeter Kachexie nur eine geringe Ver- mehrung des Antitrypsingehaltes fand. Nach Goa ist die Reaktion völlig unabhängig von der Kachexie.e. Im übrigen wird der Anti- trypsingehalt ziemlich allgemein mit PoGGENPoHL, v. BERGMANN und MEYER, .JocHMANN als Reaktion des Organismus gegen das Eindringen proteolytischer Fermente angesehen. In neuerer Zeit sind Ascorı&Izar bemüht, die sogenannte Meio- stagminreaktion, d. h. die Herabsetzung der Oberflächenspannung des Serums durch Hinzufügung spezifischen Antigens auch für Tumoren diagnostisch zu verwerten. Die Herstellung des Antigens, die früher in einer recht mühseligen Bereitung alkoholisch-ätherischer Tumorextrakte bestand, ist später durch die Verwendung methyl- alkoholischer Extrakte wesentlich vereinfacht worden. Die Methode verlangt zunächst die Einstellung des Stammantigens, d. h. die Er- 234 Huco APOoLANT, mittelung derjenigen Verdünnung, von der 1 ccm zu 9 ccm eines auf 1:20 verdünnten Normalserums hinzugesetzt, die Oberflächenspannung um nicht mehr als einen Tropfen herabsetzt. Die gleiche Menge Antigen, einem spezifischen Serum, sei es von Üarcinompatienten oder Tumortieren zugesetzt, bewirkt dann eine Erhöhung der Tropfen- zahl um 2—8 Tropfen. AscoLı & Izar sind von der Spezifität der Reaktion bei malignen Tumoren ebenso überzeugt, wie bei den von ihnen untersuchten Infektionskrankheiten. Dagegen ist die Reaktion nicht als eine spezifische Antigen-Antikörperreaktion anzusehen, da nach den Ermittelungen von MIcHELI & CATTORETTI die gleichen Re- sultate mit der Verwendung von Hundepankreas als Antigen erhalten werden. Es liegen vorwiegend von italienischer Seite eine große An- zahl zum Teil allerdings vorsichtig gehaltener Bestätigungen vor, so von D’ESTE, STABILINI, MICHELI & CATTORETTI, MELLO, TEDESco u. a. aus denen deutlich die schwierige Bereitung und schlechte Haltbar- keit des Antigens hervorgeht. Es scheint jedoch, daß in neuerer Zeit von LuGEr & KöHLer durch die Verwendung von Lecithinemulsion ein Weg gefunden ist, um zu haltbareren Antigenen zu gelangen. Das würde die Anwendbarkeit der Methode erleichtern, ohne daß damit allerdings die ermüdende und für den klinischen Betrieb höchst un- bequeme Tropfenzählung mittels des Stalagmometers vermieden wird. Eine weitere sehr interessante diagnostische Methode haben FREUND & KamIneEr auf dem von ihnen und NEUBERG ungefähr gleich- zeitig erhobenen Befund aufgebaut, daß Normalserum im Gegensatz zu Carcinomserum lösend auf Carcinomzellen wirkt. FREunnp & KAMINER stellten fest, daß bei dieser Wirkung zwei Substanzen in Betracht kommen: 1) eine zelllösende des Normalserums und 2) eine zell- schützende des Krebsserums. Die erstere, wahrscheinlich eine Fett- säure, ist koktolabil, ätherlöslich und dialysabel. Die letztere wird erst bei 806° zerstört und ist ätherunlöslich. Konstatiert wird das lytische Vermögen durch Zellzählungen einer Carcinomzellenemulsion in der Zählkammer vor und nach der Einwirkung des Serums. Die Schwierig- keit der Methode scheint hauptsächlich in der Herstellung einer brauchbaren Emulsion zu bestehen, da vor allem eine leicht ein- tretende Agglutination vermieden werden muß. Leichenmaterial hat sich als zweckmäßiger erwiesen, als frisch operiertes.. Nach den letzten Vorschriften FrREuUND-KAMINnErs verfährt man am besten so, daß maı: nicht degenerierte Randpartien zellreicher Carcinome in 1-proz. Natronbiphosph.-Lösung zerkleinert, durch Gaze preßt, in 0,6-proz. Kochsalzlösung wäscht und zur Vermeidung bakterieller Ver- unreinigungen mit 1-proz. durch Alizarin neutralisierter Fluornatrium- lösung versetzt. Die als brauchbar erkannte Emulsion wird in einer Verdünnung, bei der auf ein großes Quadrat der Tuoma-Zeıssschen Kammer nicht mehr als 20 Zellen kommen, mit der 10-fachen Menge Serum gemischt, gezählt und auf 24 Stunden in den Brutofen bei 37° gebracht. Kontrollen mit Normalserum und Kochsalz sind not- wendig. Es erscheint mir trotz der günstigen Resultate, die FrREUND- KAnmıner selbst erhalten haben, zweifelhaft, ob sich die Reaktion in dieser Form einbürgern wird. Gute Resultate lieferte den Autoren auch eine weitere von ihnen angegebene Reaktion, die auf einer Trübung beim Zusammenbringen von Careinomextrakt und Carcinomserum beruht. Die Trübung ist sichtbar, wenn man bis zur Opaleszenz verdünnten Carcinomextrakt Die experimentelle Erforschung der Geschwülste. 235 in der Menge von 3 ccm mit 10 Tropfen Carcinomserum mischt. Bei Verwendung von Normalserum tritt dagegen Klärung ein. Ganz spe- zifisch scheint die Reaktion nach den bisher vorliegenden Angaben nicht zu sein. Auch Merro, der die Reaktion bei Pferdetumoren prüfte, hält sie nicht für spezifisch, aber nicht für praktisch wertlos. Wenn nicht alle Anzeichen trügen, hat uns aber ABDERHALDEN in seinem Dialysierverfahren eine diagnostische Methode in die Hand gegeben, die bei exakter Ausführung allen anderen überlegen sein dürfte. Bekanntlich beruht dieselbe auf der Annahme ABDERHALDENS, daß der Organismus auf blutfremde, in den Kreislauf gelangte und nicht völlig abgebaute Eiweißstoffe mit der Bildung spezifischer Fer- mente reagiert, durch die der weitere Abbau erfolgt. Es scheint, dab die zunächst für die Diagnose der Schwangerschaft angegebene und hier von allen Autoren, die sich streng an die Vorschriften ABDEr- HALDENS hielten, als zuverlässig anerkannte Methode, entsprechend der Voraussage des Autors selbst, einen weiteren Wirkungskreis hat und speziell für die Carcinomdiagnose Wertvolles zu leisten bestimmt ist. Die Technik ist im wesentlichen folgende: Zerschnittene, möglichst zellreiche Carcinomstückchen werden in fließendem Wasser gründlich blutfrei gewaschen und in Wasser unter Zusatz einer Spur Essigsäure 5 Minuten lang gekocht und ausgepreßt. Diese Prozedur wird mehr- mals wiederholt und schließlich werden die Organstückchen mit der 5-fachen Wassermenge gekocht. Das Filtrat wird mittels der Biuret- und besonders der von ABDERHALDEN empfohlenen, sehr empfindlichen Ninhydrinreaktion auf Eiweißabbauprodukte untersucht. Bei positivem Ausfall muß die ganze Prozedur wiederholt werden. Erweist sich das Filtrat endlich als frei von Abbauprodukten, so werden die mit 1,5ccm des zu prüfenden Serums — 0,5—1,0 cem Organstückchen gefüllten, für Pepton, aber nicht für Eiweiß durchlässigen Dialysierhülsen Nr. 579 von SCHLEICHER & ScHÜLL in einem mit 20 ccm Wasser ge- füllten Erlenmeyer-Kölbchen auf 16 Stunden in den Brutschrank ge- stell. Die Reaktion ist positiv, wenn 10 ccm des Dialysats mit 0,2 ccm einer 1-proz. Lösung von Triketohydrindenhydrat— Ninhydrin nach eine Minute langem Kochen Blaufärbung zeigt. Natürlich sind stets Kontrollen mit alleiniger Prüfung des Serums notwendig. Nach den Untersuchungen von Frank & Heımann, die unter 54 Fällen 53 positive Reaktionen erhielten, ist die Reaktion insofern nicht ganz spezifisch, als das Carcinomserum auch Plazentareiweib, ja sogar in noch höherem Grade als Carcinomeiweiß selbst abzubauen vermochte, so daß die Differentialdiagnose zwischen Gravidität und Carcinom offen bleibt. Die neuesten, in den Laboratorien von PALT- AUF & FREUND anscheinend sehr sorgfältig ausgeführten Versuche Erstens lassen jedoch, entsprechend den Angaben ABDERHALDENS selbst, keinen Zweifel daran, daß auch diese Unterscheidung scharf zu machen ist, denn von 37 Krebsseren bauten 36 Carcinom- aber kein einziges Plazentareiweiß ab, von 18 Seren Gravider 17 Placentar- eiweiß. 46 von 47 Kontrollseren, die zum Teil von Patienten mit schweren anderen Erkrankungen herrührten, waren nicht imstande, Carcinomeiweiß abzubauen. Die eine negative Reaktion unter den Carcinomseren bezog sich auf einen hochgradig kachektischen SO- jährigen Greis. Dieses negative Resultat beruht höchstwahrscheinlich, wie schon ABDERHALDEN angab, auf der Unfähigkeit stark kachekti- scher Personen, noch Schutzfermente zu bilden. 236 Huco AProLanT, Literatur. ABDERHALDEN, Ueber Serumfermentwirkung bei Schwangeren und Tumor- kranken. Münch. med. Wochenschr., 1913, Nr. 8. 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Präzipitine sind Reaktionsprodukte des tierischen Organismus, welche in dem Blutserum des Versuchstieres dadurch erzeugt werden können, daß ihm Eiweißsubstanzen tierischen oder pflanzlichen Ur- sprungs parenteral einverleibt werden. Das zur Bildung dieses Anti- körpers verwendete Antigen wird Präzipitinogen oder präzipitinogene Substanz, der gebildete Antikörper Präzipitin genannt (Zoo- oder Phytopräzipitin). Wenn Präzipitin und Präzipitinogen gemischt oder vorsichtig im Reagenzglase überschichtet werden, so entsteht ein Niederschlag, das Präzipitat. Das Präzipitat ist der sichtbare Aus- druck der biologischen Reaktion. Wir geben im folgenden zunächst eine kurze Zusammenstellung der wichtigsten Daten, welche die Entwickelung der Lehre von den Präzipitinen erkennen lassen. Bei dieser Zusammenstellung sind haupt- sächlich diejenigen Ergebnisse der Präzipitinforschung angeführt, welche die praktische Verwendbarkeit der Präzipitine betreffen. Für den gerichtlichen Sachverständigen sei auf das Buch von ÜHLENHUTH & WeıDanz: Praktische Anleitung zur Ausführung des biologischen Eiweiß- differenzierungsverfahrens mit besonderer Berücksichtigung der forensischen Blut- und Fleischuntersuchung, sowie der Gewinnung präzipitierender Sera (Gustav Fischer, Jena), sowie UHLENHUTH: Das biologische Verfahren zur Erkennung und Unterscheidung von Menschen- und Tierblut ete. Ausgewählte Sammlung von Arbeiten und Gutachten ete. (Gustav Fischer, Jena) hingewiesen. Die Eigenschaft, Präzipitine zu bilden, kommt, wie erwähnt, den tierischen und pflanzlichen Eiweißkörpern zu. Man unterscheidet danach Zoopräzipitine und Phytopräzipitine. Letztere wur- den zuerst entdeckt, und zwar nach Einspritzung von Bakterieneiweiß. R. Kraus, der Entdecker der Bakterienpräzipitine, stellte fest (1897), daß Filtrate von Bakterienkulturen, mit ihren Immunseris zusammen- gebracht, eine Trübung verursachten... Er erkannte gleichzeitig die Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 17 258 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Spezifität der Reaktion, indem nur das homologe Immunserum mit den zugehörigen Kulturfiltraten einen Niederschlag erzeugte, z. B. Cholera- immunserum mit Cholerakulturfiltraten, Typhusimmunserum mit Typhus- kulturfiltraten. In der Folge wurden dieselben Vorgänge auch bei an- deren Bakterien beobachtet, von MARMORER bei Streptokokken, von NıcoLE bei Colibakterien, von WLADIMIROFF bei Rotz-, von MARKL bei Pestbacillen. Den weiteren Ausbau der Lehre von den Bakterien- präzipitinen verdanken wir vornehmlich Kraus und seinen Mitarbei- tern. Es sei in dieser Beziehung auf den betreffenden Abschnitt dieses Handbuches Präzipitine (Bakterienpräzipitine) von Kraus hinge- wiesen. Der Nachweis, daß nicht allein pflanzliche, sondern auch tie- rische Eiweißkörper Präzipitine zu erzeugen imstande sind, wurde durch TscHistowItscH und durch Borver (1899) erbracht. TscHısto- wırscH beobachtete, daß das Serum von Kaninchen, die mit Pferde- oder Aalserum vorbehandelt waren, in dem Pferde- oder Aalserum eine Ausfällung hervorrief. BorpEer machte analoge Beobachtungen mit dem Serum eines Kaninchens, das mit defibriniertem Hühnerblut vor- behandelt war. Borper fand dann weiterhin, daß sich auch nach Einspritzung von Kuhmilch in dem Blutserum von Kaninchen Präzi- pitine bilden, welche das Kasein der Kuhmilch zur Ausfällung bringen. Diese Versuche von BorRpET mit dem von ihm so benannten Lakto- serum wurden dann in ähnlicher Weise von FısH wiederholt, der die Spezifität dieser Laktoserumreaktion zum ersten Male nachwies (Februar 1900), indem er fand, daß ein Kuhlaktoserum nur in Kuh- milch, nicht aber in Menschen- oder Ziegenmilch einen Niederschlag hervorruft. Gleiche Versuche, über welche EnHrLicH in der Croonian lecture (22. März 1900) berichtete, stellte MOoRGENROTH an; er kam zu demselben Resultat wie Fıst. Auch die von WAsSERMANN und ScHÜüTzE zu derselben Zeit unabhängig von diesen Forschern unter- nommenen Untersuchungen führten zu demselben Ergebnis und be- wiesen die Möglichkeit, die verschiedenen Milcharten biologisch von- einander zu unterscheiden. Mit dem Nachweis der Spezifität dieser Reaktionen war ihre praktische Verwertbarkeit auf eine sichere wissenschaftliche Grundlage gestellt, eine Tatsache, auf die Wassermann auf dem Kongreß für innere Medizin (1900) in einer Diskussionsbemerkung hingewiesen hat. EHrLicH, Myers und UHLENHUTH stellten weiterhin fest, daß nach Einspritzung von Hühnereiereiweiß in kristallinischem oder na- tivem Zustande in dem Serum der hiermit behandelten Kaninchen spezifische Präzipitine für Eiereiweiß auftreten. UHLENHUTH stu- dierte die Frage, ob es nicht möglich sei, mit Hilfe dieser spezifischen Reaktionen die Eiweißstoffe verschiedener Vogeleier zu unterscheiden. Diese Untersuchungen, die er auf Hühner-, Gänse-, Enten-, Puten-, Perlhuhn-, Tauben-, Möven- und Kibitzeier ausdehnte, führten zu positivem Ergebnis, denn es gelang in der Tat, die Eiweißstoffe der Eier, abgesehen von den nahe verwandten Vögeln, auf biologischem Wege zu differenzieren. Alle diese Beobachtungen beanspruchten ein um so größeres Interesse, als es auf chemischem Wege bisher nicht gelungen war, die genannten Eiweißkörper voneinander zu unter- scheiden. Besonders wichtig war die von UHtLEnHurH festgestellte Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 259 Tatsache, daß die Reaktion außerordentlich fein und empfindlich ist, so dab der spezifische Nachweis von Eiweiß noch möglich war bei Verdünnungen von 1:100000, während die gebräuchlichen chemischen Eiweißreaktionen schon bei Verdünnungen über 1:1000 versagten. Gelegentlich seiner Studien über die Unterscheidung der Eiweiß- stoffe der verschiedenen Vogeleier versuchte ÜUHLENHUTH mit Hilfe der biologischen Methode Unterschiede nachzuweisen zwischen den Eiweißkörpern des Hühnereies und des Hühnerblutes. Zu diesem Zweck wurden Kaninchen mit defibriniertem Hühnerblut einge- spritzt. Es zeigte sich, daß das Serum der so vorbehandelten Kanin- chen in einer stark verdünnten Hühnereiereiweißlösung erst nach längerer Zeit einen schwachen Niederschlag erzeugte, während in einer ebenso stark verdünnten lackfarbenen Hühnerblutlösung eine momentane starke Fällung zu beobachten war. Es war somit auf biologischem Wege bewiesen, daß eine Differenz zwischen den Eiweiß- körpern des Hühnereies und des Hühnerblutes bestehen müsse. Die Beobachtung, daß in der Hühnerblutlösung bei Zusatz des spezifischen Serums ein starker Niederschlag auftrat, während alle anderen zur Kontrolle herangezogenen Blutlösungen der verschiedensten Tiere klar blieben, gab UHLenHurH die Anregung zu der Ausarbei- tung einer Methode zur Unterscheidung der verschie- denen Blutarten. Das von UHLENHUTH und unabhängig kurz darauf auch von WASSERMANN & SCHÜTZE angegebene Verfahren hat die Frage der Blutdifferenzierung vom gerichtsärzt- lichen Standpunkt gelöst; denn es zeigte sich, daß das Serum von Kaninchen, die mit Menschen- oder Tierblut wiederholt einge- spritzt waren, nur in Lösungen der zur Vorbehandlung benutzten Blut- arten, auch wenn das Blut lange Zeit angetrocknet gewesen war, einen Niederschlag erzeugte. Dieser von den genannten Autoren in die Praxis eingeführte forensische Blutnachweis ist dann besonders von UHLENHUTH, in Gemeinschaft mit BEUMER, weiter ausgebaut worden. Die Methode ist in zahlreichen Untersuchungen nachgeprüft und be- züglich ihrer Brauchbarkeit anerkannt worden. Von einschlägigen Arbeiten sind u. a. diejenigen von BEUMER, WEIDANZ, BINDER, BIonDı, DIEUDONN£, STERN, ZIEMKE, MERTENS, MINOVIcI, ÖGIER, STOCkKIs, CoMMENTZ, NUTTALL, GRAHAM-SMITH, LANGER, LEBLANC, KISTEr, WOLFF, TARANUCHIN, BENING zu nennen, welche zum Teil noch mehr- fach Erwähnung finden werden. Bei der Feinheit und der Spezifität der biologischen Blutdiffe- renzierungsmethode lag es nahe, diese Methode auch für die Fleisch- beschau nutzbar zu machen. Durch umfangreiche Untersuchungen stellte UHLENHUTH fest, daß auch bei den verschiedensten jahrelang angetrocknet gewesenen Organen von Schweinen (Milz, Leber, Herz, Muskeln) die Reaktion noch positiv ausfiel, und daß somit die Her- kunft dieser Organe noch genau ermittelt werden konnte. Ferner wurde von ihm gezeigt, daß das Serum eines mit Schweineblut vor- behandelten Kaninchens nur in einem Schweinefleischauszuge, eines mit Katzenfleisch vorbehandelten Kaninchens nur in einem Auszuge von Katzenfleisch usw. einen Niederschlag erzeugte. Es wurden weiterhin spezifische Sera für den Hammel- und Pferdefleischnachweis angegeben, indem gleichzeitig — wie bei der Blutdifferenzierung — auf die Verwandtschaftsreaktionen (s. u.) zwischen Pferde- 172 260 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, und Eselfleisch, sowie zwischen Hammel-, Ziegen- und Rindfleisch hin- gewiesen wurde. Es wurde ferner von ÜHLENHUTH die für die Fleisch- beschau wichtige Tatsache festgestellt, daß der spezifische Nachweis auch noch in Räucherwaren gelingt. So konnte selbst an jahre- alten geräucherten Pferde- und Schweineschinken die Herkunft des Fleisches mit Sicherheit ermittelt werden. Ebenso gelang es, durch die spezifische Reaktion die Herkunft von Pferde- und sonstigen Mettwürsten festzustellen, falls nicht die reaktionsfähigen Eiweiß- körper, wie bei der Leberwurst, durch Kochen zerstört waren. Die Methode der Fleischuntersuchung, wie sie von UHLENHUTH & Jess auf Grund dieser Tatsachen vorgeschlagen und von UHLENHUTH, WEIDANZ & WEDEMANN ausgearbeitet worden ist, fand durch weitere Arbeiten von PIORKOWSKI, NÖTEL, MIESSNER & HERBST, v. RIEGLER, GROENING, Ruppin, W. A. SCHMIDT, SCHÜTZE, WEIDANZ, BORCHMANN, Fıenr u. a. Anerkennung und Bestätigung. Die wissenschaftlichen Grundlagen und die Methodik für die Anwendung der biologischen Methode beim forensischen Blutnach- weis und bei der Untersuchung verschiedener Fleischarten in der Fleischbeschau, sowie bei der Nahrungsmittelprüfung, sind so gesichert, daß in den meisten Kulturstaaten das biologische Verfahren auf be- hördliche Anordnung für die genannten Zwecke eingeführt worden ist. In Preußen schreibt ein Erlaß des Justizministers vom 8. Sep- tember 1903 die Anwendung der UHLEnHurtnHschen Methode der Blut- untersuchung für die gerichtliche Praxis vor. Aehnliche Verfügungen bestehen in Bayern, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen, Oester- reich, Rußland, Rumänien, Luxemburg, Aegypten usw. Im deutschen Fleischbeschaugesetz (S 16 Abs. 3 der Anlage a zu den am 1. April 1908 in Kraft getretenen Ausführungsbestimmungen D zum Fleisch- beschaugesetz) ist beim Vorliegen des Verdachtes verbotswidriger Einfuhr von zubereitetem Einhuferfleisch die Ausführung der bio- logischen Untersuchung vorgeschrieben. Dasselbe besagt die preußische Ministerialverfügung betr. Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 13. Oktober 1908. In dieser Verfügung wird auch auf die Anwendbarkeit des Verfahrens beim Verdacht von Wurstverfälschungen hinge- wiesen *). Durch die bisherigen Ausführungen sollte gezeigt werden, daß die Präzipitinforschung — von den Bakterienpräzipitinen wird dabei ab- gesehen — sich im wesentlichen mit der praktischen Eiweiß- differenzierung beschäftigt hat. In den folgenden Zusammenstellungen soll die Anordnung des umfangreichen Materials ebenfalls mehr nach praktischen Gesichtspunkten erfolgen. Es wird gezeigt werden, auf welchen Gebieten, in welcher Weise und bis zu welchem Grade eine Differenzierung von Eiweiß mittels der Präzipitine möglich ist. Die biologischen Vorgänge bei der Präzipitation werden an den Stellen besprochen werden, wo die Ergebnisse dieser Forschungen für das Verständnis der praktischen Anwendung der Präzipitine notwendig sind. Bezüglich der theoretischen Einzelheiten muß, um Wieder- holungen zu vermeiden, auf den bereits genannten Abschnitt dieses ..”) Vgl. hierzu UHLENHUTH & WEIDANZ, Prakt. Anl. ete., S. 129-134. (Siehe daselbst auch die forensischen Gutachten betr. Blut- und Fleichnachweis.) Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 261 Handbuches über Bakterienpräzipitine von R. Kraus hingewiesen werden, in dem über alle diese Fragen eingehend berichtet wird. Vorher ist gesagt worden, daß bereits in den ersten Arbeiten über Präzipitine von UHLENHUTH, WASSERMANN, ScHÜüTzE etc. der prak- tische Wert der Präzipitine in der Spezifität der Reaktion erkannt wurde. Wir werden daher zunächst die Frage der Art- und Organ- spezifität behandeln. Artspezifität. Verwandtschaftsreaktionen. Unter „Verwandtschaftsreaktion“ versteht man die Eigenschaft präzipitierender Sera, nicht allein in dem zur Vorbehandlung der serumspendenden Tiere verwendeten Eiweiß, sondern auch in den Eiweißlösungen verwandter Tierarten einen Niederschlag zu erzeugen. 1 2 B) 4 9 6 Rie-T. Das Prinzip der Artspezifität der Präzipitine ist hier durchbrochen, aber nur scheinbar; denn im allgemeinen ist nur das Eiweiß ver- wandter Tierarten imstande, gemeinschaftliche Präzipitine zu erzeugen, welche mit Eiweiß fremder Tierarten keinen Niederschlag geben. Menschenblutantisera geben einen Niederschlag nicht “allein mit Menschen-, sondern auch mit Affenblut. (UHLENHUTH, WASSERMANN, STERN, NUTTaLL.) Aehnliche Verwandtschaftsreaktionen bestehen zwischen Pferd, Esel, Tapir (UHLen#uTH, Dürck, Weıpanz), Hund, Fuchs, Wolf, Schakal (UHLENHUTH), Hammel, Ziege, Rind (U HLEN- HUTH), Schwein und Wildschwein (Unzextor) u. a. Man kann also, worauf UHLENHUTH zuerst auf Grund seiner systematischen Untersuchungen hingewiesen hat, die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Vertretern der einzelnen Tierarten im Reagenzglas de- monstrieren (siehe Fig. 1: Röhrchen 1 enthält eine Lösung von 262 PAuL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Menschenblut, Röhrchen 2 von Gorillablut, Röhrchen 3, 4-38 Ovon Pferde-, Rinder-, Schweine-, Taubenblut). Dabei scheinen biologische Differenzierungen nicht durchweg denjenigen nach zoologischen Merk- malen und Grundsätzen zu entsprechen. Wenigstens ist das Serum- eiweiß im System nahestehender Tierarten, Ratte und Maus, mit der Präzipitation und Komplementbindung ohne Schwierigkeiten zu trennen (UHLENHUTH & WEIDANZ, TROMMSDORFF, GRÄTZ, STEFFENHAGEN & SCHÖNBURG). SE IN In umfassender Weise ist die Präzipitinmethode zum Studium der verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Tieren von NUTTALL herangezogen, welcher an 900 verschiedenen Blutsorten mit 30 ver- schiedenen Antiseris 16000 Reaktionen angestellt hat. Seine ausge- dehnten Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Mensch und Affe sind von besonderem Interesse. Wir führen als Beispiel die folgende Versuchsreihe an: Das Serum eines mit Menschenblut vorbehandelten Kaninchens verursachte, zu 34 verschiedenen Menschenblutarten hinzugefügt, in allen Fällen einen starken Niederschlag. Dasselbe Serum, zu 8 Blutsorten von menschenähnlichen Affen (Orang-Utang, Gorilla, Schimpanse) zugesetzt, gab in allen acht Fällen einen ebenso starken Niederschlag wie in Menschenblut. Etwas schwächer reagierte auf dieses Serum das Blut von Hundsaffen und Meerkatzen; von 36 ver- schiedenen Blutarten dieser Gruppe gaben nur 4 eine „volle“ Reaktion, in allen anderen Fällen war ebenfalls eine deutliche, aber erst nach längerer Zeit auf- tretende Trübung zu verzeichnen. Soweit ‘das Resultat bei den Affen der alten Welt. Noch schwächer wurde die Reaktion bei den Affen der neuen Welt. Hier gab dasselbe Serum mit 13 Affenblutsorten der Cebidengruppe keine „volle“ Reaktion mehr, ein Niederschlag trat nicht mehr auf und es war nur noch nach längerer Zeit eine leichte Trübung zu verzeichnen. Dasselbe Resultat wurde bei 4 Hapaliden (Krallenaffen) erzielt. Das Blut zweier Lemuren (Halbaffen) reagierte überhaupt nicht mehr. _ UHLENHUTH kam zu den gleichen Ergebnissen, nur stellte er fest, daß mit hochwertigen Seris auch noch eine Reaktion in Blutlösungen der Halbaffen zu erzielen war. Diese Untersuchungen von UHLENHUTH, WASSERMANN, STERN und besonders von NurrtaLL bringen eine sehr sinnfällige Bestä- tigung der Deszendenzlehre von LAMARCK, DARWIN und HaArEcKEL. Zur Ermittelung verwandtschaftlicher Beziehungen ist die Prä- zipitinmethode nicht allein bei Säugetieren, sondern auch bei Fischen (NERESHEIMER, DUNBAR, KopamA) und Amphibien (v. DunGErn) an- gewendet worden. (Vgl. auch GALLI-VALERIO, JOCHMANN, NUTTALL, SMITH.) ... Kopama konnte im UHLENHUTHschen Laboratorium zeigen, daß sich mit Hilfe der Präzipitinreaktion die Familienverwandtschaft zwischen Rotaugen, Brassen, Schleie, Karpfen einerseits, Forelle und Lachs andererseits, zum sichtbaren Ausdruck bringen läßt. Von den Methoden, welche angegeben sind, um die durch die Verwandtschaftsreaktionen bedingten Einschränkungen der Artspezifi- tät der Präzipitinreaktion zu beseitigen, muß zunächst diejenige der spezifischen Absorption oder Absättigung genannt werden. Sie ist von WEICHARDT, AscoLı u. a., nach bekannten Vorgängen in der Immunitätslehre für die Differenzierung einzelner Eiweiß- körper angewendet und empfohlen. Wercmarpr glaubt, vermöge dieser Methode, nicht allein Menschen- und Affenblut, sondern auch das Blut artgleicher Individuen, also z. B. zweier Menschen unter- scheiden zu können. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 263 Um die Technik der spezifischen Absättigung zu veranschaulichen, geben wir die beiden Protokolle von WEICHARDT im folgenden im Wortlaut wieder: Es wurden je einem Kaninchen viermal je 5,0 cem mit etwas Phenol ver- setzten menschlichen Serums intravenös injiziert, und zwar von ein und demselben weiblichen Individuum (I). Am 26. Tage wurden dem Kaninchen etwa 40 cem Blut aus der linken Carotis entnommen. Das von diesem Blut erhaltene Diagnosenserum erwies sich als so hochwertig, daß 0,3 cem desselben zu 0,1 cem mit 10,0 cem physiologischer Kochsalzlösung verdünnten menschlichen Serums zugefügt, sofort deutliche Präzipitintrübung ergaben. Dieses menschliche Serum enthielt 0,07 Gesamteiweiß (KJELDAHL) in 1,0 ccm. Dem Diagnosenserum wurde zunächst der 10. Teil Affenserum I zugemischt und die Flüssigkeit von dem nach 15 Stunden im Eisschrank entstandenen Niederschlage mittels eines kleinen nicht zu dichten Tonfilters getrennt. Nochmals wurde !/,, Affenserum hinzugefügt und das Serum von dem Niederschlage wiederum getrennt und filtriert; 0,5 ccm des so gewonnenen Diagnosenserums, versetzt mit 0,1 cem Menschenserum I in 10 cem physiologischer Kochsalzlösung (Eiweißgehalt in 1 cem 0,07), ergab nach 15 Minuten bei Zimmertemperatur deutliche Trübung, nach 5 Stunden flockige Präzipitation. Dann wurde die gleiche Menge des Diagnosenserums mit dem Serum eines männlichen menschlichen Individuums (II) (Eiweißgehalt 0,06) versetzt. Die Reaktion verlief nahezu wie vorher; nach !/, Stunde deutliche mug: nach 5 Stunden fast genau dieselbe Menge flockigen Präzipitinnieder- schlages. Die Reaktion von 0,5 cem des Diagnosenserums, zu 0,1 ccm mit 10 ccm physiologischer Kochsalzlösung verdünnten Affenserums I zugesetzt, verlief da- dagegen ganz anders; hier entstand keine Trübung, nach 9 Stunden erst eine Spur eines feinen Niederschlages. Die Reaktion von 0,5 cem des Diagnosenserums, zu 0,1 cem mit 10 ccm physiologischer Kochsalzlösung verdünnten Affenserums II zugesetzt, verlief der vorigen ähnlich. Der Artunterschied zwischen Affen- und Menschenblut war somit deutlich und für jedermann in die Augen fallend. Um 2 Blutsorten zweier menschlichen Individuen zu unterscheiden, wurden dem Diagnosenserum von dem Kaninchen, welches nach der Blutentnahme aus der linken Carotis mit Blutserum des weiblichen Individuums I noch fort- behandelt worden war, !/;o Menschenblutserum II zugesetzt und die Flüssigkeit von dem in 15 Stunden entstandenen Präzipitat abfiltriert. Nochmaliges Versetzen mit 1/,, Menschenblutserum II, Absitzenlassen und Filtrieren. 0,3 cem dieses klaren Diagnosenserums wurden zugefügt zu 0,1 cem mit 10 cem physiologischer Kochsalzlösung vermischten Menschenserums I (Eiweißgehalt nach KJELDAHL 0,06) und dieselbe Menge (0,3 ccm) Diagnosenserums zu 0,1 ccm gleichfalls mit Kochsalzlösung verdünnten Menschenserums II (Eiweißgehalt 0,06). Re- aktion mit Menschenserum I sofort Trübung, die nach !/, Stunde in Präzipitation überging; mit Menschenserum II, welches anfangs vollständig klar blieb, nach 9 Stunden leichte Trübung. Also war zwischen den Seris der beiden mensch- lichen Individuen ein deutlich erkennbarer Unterschied. Auch zur individuellen Differenzierung von angetrocknetem Leichenblut hat WEICHARDT seine Methode benutzt. Dabei ist die möglichst gleiche Auf- bewahrung resp. Behandlung erforderlich. Es eignet sich am besten sofortige Antrocknung des Leichenblutes nicht über 30° C im hohen Vakuum. Die Antrocknung muß binnen 1—2 Stunden perfekt sein, damit nicht durch Bakterien- wucherungen das Trockenblut verändert wird. Das Blut ist im Exsikkator auf- zubewahren. So einfach das biologische Prinzip der Absättigung ist, so um- ständlich und schwierig ist die Herstellung derartiger „Diagnosensera“ und die praktische Anwendung der Methode auch in der Hand des Geübten (UHLENHUTH, EHRENROOTH). Einfacher, allerdings nicht unter allen Umständen anwendbar, ist die von UHLENHUTH ange- gebene Methode der kreuzweisen Immunisierung. Den Anlaß zu den einschlägigen Untersuchungen gab die Erledigung eines foren- sischen Gutachtens. 264 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, UHLENHUTH wurde ein blutbefleckter Spazierstock mit dem Ersuchen übersandt, die Herkunft dieser Blutflecken festzustellen. Der Mann, bei dem der Stock gelegentlich einer Haussuchung gefunden wurde, stand im Verdacht, ein Reh oder ein kleineres Stück Wild, Hase, Fuchs oder dergl., erlegt und auf dem Stocke fortgetragen zu haben. Der Mann be- hauptete aber, die Blutflecken rührten von Gänseblut her ; seine Mutter habe Gänse geschlachtet und aufgehängt, der Stock habe unter diesen Gänsen ge- standen und das Blut sei an dem Stocke heruntergelaufen. Es konnte zunächst festgestellt werden, daß das Serum eines mit Gänse- blut vorbehandelten Kaninchens in der Lösung des vom Stocke abgekratzten. bluthaltigen Materials einen Niederschlag nicht hervorrief, daß also Gänseblut ausgeschlossen war. Ebenso konnte UHLENHUTH bei Anwendung eines Rehblut- antiserums Rehblut mit Sicherheit ausschließen. Um nun weiterhin zu ent- scheiden, ob Hasenblut vorlag, versuchte er, ein Hasenantiserum herzustellen. Zu diesem Zwecke behandelte er Kaninchen mit Hasenblut vor, obwohl sich wegen der nahen Verwandtschaft des Hasen mit dem Kaninchen dagegen theo- retische Bedenken geltend machten. Um auf jeden Fall ein auf Hasenblut wirk- sames Antiserum zu erhalten, wurden außer drei Kaninchen gleichzeitig drei Hühner mit Hasenblut vorbehandelt. Da frisches Hasenblut damals während der Schonzeit nicht zu bekommen war, bediente sich UHLENHUTH angetrockneten, 4 Jahre alten Hasenblutes, welches er in 0,85-prozentiger Kochsalzlösung auflöste. Alle drei Kaninchen lieferten zu UHLENHUTHs Ueberraschung brauchbare, Hasenblut präzipitierende Sera. Auch die drei Hühner lieferten nach 4—5 intramuskulären Einspritzungen von Hasenblut wirksame Sera. Die von den Kaninchen, wie von den Hühnern gewonnenen Sera reagierten beide auf Hasen- blut, zeigten aber folgende Unterschiede: Das Serum der mit Hasenblut vorbe- handelten Kaninchen zu den verschiedensten Blutlösungen zunesetzt, gab nur im Hasenblut eine Reaktion; die Blutlösungen von zahmen und wilden Kaninchen blieben vollkommen klar. Mit dem vom Huhn gewonnenen Hasenantiserum war dagegen eine sichere Unterscheidung von Hasen- und Kaninchenblut nicht mög- lich, denn es erzeugte einen Niederschlag sowohl in Hasen- wie in Kaninchenblut. Mit Hilfe des von Kaninchen gewonnenen Hasen-Antiserums konnte der sichere Beweis geführt werden, daß das an dem Spazierstock des Wilddiebes befindliche Blut Hasenblut war. Die von UHLEnHUTH gefundene Tatsache, daß der Tierkörper auch auf die Einspritzung einer verwandten Blutart mit der Bildung von Präzipitinen zu reagieren vermag, war neu und stand mit ein- zelnen bis dahin in der Literatur niedergelegten Beobachtungen (Z. B. NoLr, BionpI, ScHhur) in Widerspruch. Die in derselben Richtung von UHLENHUTH angestellten Versuche an Hühnern und Tauben bewiesen dann weiterhin, daß Hühner gegen Taubenblut und Tauben gegen Hühnerblut Präzipitine zu liefern imstande sind, so daß man mit diesen präzipitierenden Seris in der Lage ist, Tauben- und Hühnerblut zu unterscheiden, während das mit den vom Kaninchen gewonnenen Antiseris nicht gelingt. Von hohem Interesse war es nun, diese Experimente auf die Unterscheidung von Menschen- und Affenblut auszu- dehnen. Analog den früheren Versuchen hätte UHLENHUTH nun Menschen mit Affen- blut und Affen mit Menschenblut einspritzen müssen. Da sich die erste Ver- suchsanordnung von selbst verbot, so behandelte er Affen mit Menschenblut vor. Es wurden mehrere Affen der alten Welt (Cercopithecus fuliginosus und Macacus rhesus) in geeigneten Zwischenräumen (alle 6 Tage) mit 5—10 ccm menschlichen Serums eingespritzt. Diese Tiere lieferten dann Sera, welche in Menschenblut- lösungen eine deutliche Trübung erzeugten. Affenblut zeigte dagegen nicht die geringste Reaktion, und so war es ein leichtes, mit diesem von Affen ge- wonnenen Serum Menschen- und Affenblut zu unterscheiden, während das mit einem von Kaninchen gewonnenen Menschen-Antiserum nicht gelingt. Es muß allerdings hervorgehoben werden, daß diese Antisera nicht sehr hochwertig Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 269 waren. Dagegen gelang es nicht, durch Vorbehandlung von Pferden auch mit großen Mengen von Eselserum spezifische Präzipitine gegen Eseleiweiß zu .er- zeugen, ebenso wenig durch Vorbehandlung von Hammeln mit Ziegenserum solche gegen Ziegeneiweiß, wahrscheinlich wegen der zu nahen Verwandtschaft des Bluteiweißes dieser Tiere. Für eine solche spricht auch die bei diesen Tieren beobachtete Kreuzung. Wo eine solehe vorkommt, ist auch eine Differenzierung durch die kreuzweise Immunisierung ausgeschlossen. Das Ausbleiben der Präzipitinbildung ist das feinste Reagens für den Nachweis naher Blutverwandtschaft unter den Tieren. Bruck hat die Differenzierung von Menschenrassen auf biologischem Wege studiert. Mit schwach präzipitierenden Seris unter Anwendung der Komplementbindungsmethode gelang es ihm mit Hilfe eines gegen Vertreter der weißen Rasse gerichteten Antiserums, diese von den Angehörigen der mongolischen und malayischen Rasse zu unterscheiden und gleichzeitig aus den erzielten Titergrößen auf die Verwandtschaft der einzelnen Rassen untereinander zu schließen. L1NnossIER & LEMOINE gelang es bei Nachprüfung dieser Versuche nicht, mit Hilfe der Präzipitinreaktion das Blut verschiedener Rassen derselben Tierart oder verschiedener menschlicher Individuen zu unterscheiden; sie Sind jedoch der Ansicht, daß daraus noch nicht auf eine absolute Identität der Serumeiweiß- körper geschlossen werden darf. Auch neuere von MARSHALL & TEAGUE sowie von FITZGERALD ausgeführte Untersuchungen konnten die Angaben von BRUCK nicht bestätigen; weder mit Hilfe der Präzipitinreaktion noch mittels der Komplement- bindung konnten sie das Blut verschiedener Menschenrassen differenzieren. Eine Rassendifferenzierung nach der Methode von. Bruck dürfte um so weniger gelingen, als es ja nicht einmal möglich ist, auf diese Weise mit Sicherheit Menschen- und Affenblut zu unterscheiden. ScHÜTZE fand, daß ein Kaninchenserum vom Kaninchen, welches mit Kaninchenblut vorbehandelt war, in 2 von 32 untersuchten Kaninchenblut- lösungen eine Präzipitinreaktion erzeugte, und glaubte eine Isopräzipitinbil- dung annehmen zu müssen. Solche Isopräzipitine sind späterhin von UHLENHUTH und anderen Autoren trotz der umfangreichsten Unter- suchungen nicht wieder beobachtet worden. Zahlreiche zahme Ka- ninchen, welche mit dem Blut wilder Kaninchen vorbehandelt wurden, zeigten niemals Isopräzipitine in ihrem Serum (UHLENHUTH). Auf die Verwandtschaftsreaktion hat man, wie wir noch sehen werden, in der Praxis Rücksicht zu nehmen. Mit den Angaben der Gerichte ist zwar meist schon das Blut einer verwandten Tierart ausgeschlossen, trotzdem empfiehlt es sich, in dem Gutachten darauf hinzuweisen. So würde man beispielsweise, wenn die ver- dächtige Blutlösung bei Zusatz eines Menschenantiserums einen deut- lichen Niederschlag geben würde, sagen: „es besteht das untersuchte Blut aus Menschenblut, falls Affenblut auszuschließen ist.‘ Sollte aber die Unterscheidung von Menschen- und Affenblut verlangt. werden, so müßte man das Serum eines mit Menschenblut vorbehan- delten Affen heranziehen. Aehnliches gilt bei der Unterscheidung von Hasen- und Kaninchenblut, Hühner- und Taubenblut etc. Auf die Geschlechtsdifferenzierung kommen wir noch zurück. Organspezifität und Differenzierung chemisch differenter Eiweißkörper. Unter bestimmten Voraussetzungen können nicht allein die Eiweib- stoffe verschiedener Tierarten, sondern auch die Eiweißkörper der 266 PAuL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Organe desselben Individuums differenziert werden. Gerade die Frage der Organspezifität ist Gegenstand umfangreicher Untersuchungen ge- wesen, deren Ergebnis für die praktische Anwendung der Präzipitine wichtig ist. Daß eine Differenzierung der Eiweißkörper desselben Individuums überhaupt möglich ist, war bereits durch die vorher be- schriebenen Untersuchungsergebnisse UHLENHUTHS bewiesen, daß zwischen den Eiweißkörpern des Hühnereies und des Hühnerblutes Unterschiede bestehen. Andererseits geben mit Menschenblut herge- stellte Antisera bekanntlich einen Niederschlag nicht allein mit Men- schenblut, sondern auch mit menschlichem Eiter, menschlichem Sperma und anderen menschlichen Eiweißstoffen, umgekehrt die mit diesen hergestellten Antisera einen Niederschlag im menschlichen Blut usw. Eine konstante Organspezifität gibt es demnach nicht. Bei der Darstellung der einschlägigen Verhältnisse beginnen wir mit den weiterhin von UHLENHUTH angestellten, die Differenzierung der verschiedenen im Hühnerei enthaltenen Eiweißkörper betreffenden Untersuchungen. Eiweißkörper der Vogeleier. Das Eiklar besteht aus Albu- minen und Globulinen, während das Eidotter vornehmlich Vitellin, ein eisenhaltiges Nuklein und Lecithin enthält. In Intervallen von mehreren Tagen wurden Kaninchen jedesmal 20,0 ccm einer verdünnten Dotterlösung in die Bauchhöhle eingespritzt. Nach ınehreren Injektionen erhielt UHLENHUTH ein hochwertiges Dotterantiserum. Um das Dotter ohne Beimengung von Eiweiß zur Vorbehandlung der Tiere zu benutzen, ließ er das Eigelb nach Abgießen des Eiklars in einem mit flüssiger Gelatine ge- füllten Wasserglase in der Gelatine erstarren und konnte nach dem Entfernen der obersten Gelatineschicht das Dotter mit einer Pipette isoliert gewinnen. Mit einem solchen Dotterantiserum war es ein leichtes, die Eiweißstoffe des Dotters und des Eiklars eines und desselben Eies voneinander zu unterscheiden ; denn bei gleichem Zusatz eines solchen Serums zu gleichmäßig stark verdünnten Dotter- und Eiklarlösungen trat im Dotter, selbst bei Verdünnungen von 1:4000, sofort eine deutliche Trübung auf, während die Eiklarlösung auch bei Konzen- tration von 1:50 vollständig klar blieb. Selbst bei sehr starken Konzentrationen von 1:10 und einem Serumzusatz von 1:5 wurde erst bei stundenlangem Stehen der Röhrchen in den Eiklarlösungen eine ganz leichte Trübung beobachtet, so daß sie bei der Differenzierung von Dotter und Eiklar völlig außer acht gelassen werden konnte. Es geht aus diesen Versuchen hervor, daß in demselben Ei die chemisch differenten Eiweißstoffe auch biologisch voneinander zu unterscheiden sind*). Es muß jedoch betont werden, daß das Hühner- dotterantiserum eine Trübung auch in einer Hühnerblutlösung hervor- ruft, jedoch ist dieselbe, wie man bei genauem quantitativen Arbeiten leicht feststellen kann, erheblich schwächer als im Dottereiweiß. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Kıuck & Inana. Das Dotterantiserum ist zur praktischen Anwendung für die Nahrungsmittelchemie von UHLENHUTH und OTTOLENGHI, unabhängig voneinander, in Vorschlag gebracht worden; es eignet sich auch für die Praxis in hohem Maße, da Bluteiweiß meistens ausgeschlossen werden kann, und es nur darauf ankommt, Dottereiweiß als solches nachzu- *) Mit Hilfe der sehr feinen Anaphylaxie-Reaktion ıst es nicht möglich, Eiklar und Dottereiweiß sicher zu differenzieren, wohl aber Dotter und Eiklar von Hämoglobin desselben Tieres, ss. UHLENHUTH & HAENDEL, Zeitschr. f. Im- munitätsf., Bd. 4, Heft 6, 1910. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 267 weisen, und die Frage weniger interessiert, ob dieses vom Huhn, der Ente oder von der Gans herstammt (s. auch SCHÜTZE). Versuche, die Eiweißkörper des Eiklars noch weiter zu differen- zieren, sind von UMBER gemacht worden. UMBER trennte das Albumin und Globulin des Hühnereiweißes durch fraktionierte Fällung mit Ammonsulfat und verwendete beide Eiweißkörper ge- trennt zur subkutanen Vorbehandlung der Kaninchen. Beide Arten von Anti- sera verursachten in verdünnten Eierklarlösungen Fällungen, in mehr oder minder intensiver Weise auch in Eierglobulinlösungen. Lösungen des kristallini- schen Eieralbumins wurden weder durch Globulinantiserum noch durch Albu- minantiserum gefällt. Nur einmal fällte das Serum eines mit Globulin vor- behandelten Kaninchens die Eieralbuminlösung. Es war also nicht möglich, die chemisch rein dargestellten Eiweißkörper des Hühnerserums voneinander zu unterscheiden. UMBER schließt aus seinen Versuchen, daß die verschiedenen Eiweißkörper sicherlich nicht als solche eine Bildung von spezifischen Prä- zipitinen im Serum hervorrufen, daß vielmehr den Eiweißkörpern der ver- schiedenen Tierarten nur eine für die jeweilige Art spezifische Substanz anzu- haften scheint. Sonderstellung des Linseneiweiß. Ektodermale Ge- bilde. Ein anderes Untersuchungsobjekt für die Frage der Organ- spezifität schien in den Eiweißkörpern tierischer Augen gegeben zu sein. Auch hier liegen, ähnlich wie im Ei, im Raume eng zusammen die chemisch sehr differenten Eiweißkörper des Glaskörpers und der Kristallinse. Letztere bestehen zum größten Teil aus Globulinen und Vitellin, während erstere einen dem Mucin nahestehenden Eiweiß- körper enthalten. UHLENHUTH konnte feststellen, daß die Kristallinse der einzige bis jetzt bekannte tierische Eiweißkörper ist, welcher mit einem Blutantiserum keine Reaktion gibt. Selbst die hochwertigsten Menschen-, Rinder-, Schweine- und Hammelblutantisera geben zu einer mit physiologischer NaCl-Lösung hergestellten Linsenauflösung der zugehörigen Tiere nicht die geringste Trübung, während andererseits in @Glaskörperlösungen und Kammerwasser sehr deutliche Reak- tionen auftreten. Um diese Frage noch weiter zu studieren, erzeugte UHLEN- HUTH durch wiederholte intravenöse Einspritzungen von Rinderlinsenlösungen ein spezifisches Antiserum. Um ganz sicher die Linsensubstanz zu isolieren, entfernte er die äußerste weiche Kapselschicht, so daß er das innere Linsen- gewebe, den Linsenkern, vor sich hatte. Diesen zerkleinerte er mit sterilen Pin- zetten, indem er ihn zerquetschte, und übergoß dieses zerquetschte Gewebe in sterilen ERLENMEYERSschen Kolben mit steriler physiologischer NaCl-Lösung. Nach mehrstündigem Stehen unter häufigem Umschütteln war eine genügend starke Lösung der Eiweißstoffe eingetreten, so daß sie nunmehr zur Ein- spritzung der Kaninchen verwendet werden konnte. UHLENHUTH stieß dabei auf erhebliche Schwierigkeiten, indem es ihm nicht gelingen wollte, hochwertige Sera zu erzielen. Erst nach längeren vergeblichen Versuchen bekam er hoch- wertige Antisera. Diese Linsenantisera hatten folgende Eigenschaften : Setzte man zu 2,0 ccm stark verdünnter Lösungen von Rinderlinsensubstanz, die beim Schütteln ziemlich starke Schaumbildung, sowie beim Kochen und Zusatz von Salpetersäure eine leichte Trübung zeigten, 0,1 ccm von dem Linsenanti- serum, so trat momentan eine starke wolkige Bodentrübung auf. In einer ziemlich konzentrierten Lösung von Glaskörperflüssigkeit war selbst nach ein- stündiger Beobachtung eine Trübung nicht zu konstatieren. Zu Blut- oder Serumlösungen vom Rind hinzugesetzt, zeigte sich nicht die geringste Reaktion, selbst bei einem Serumzusatz von 1:10. Ebenso wenig erzielte UHLENHUTH eine Reaktion in Sperma-, Fleisch- und Organlösungen vom Rind oder anderen Sekreten des Rindes, z. B. in Lösungen von Hornhautgewebe, auch nicht in Kuhmilch, die ebenso wie die Linse ein epitheliales Substrat darstellt, und in Eiweißlösungen anderer Tiere. Dotterlösungen, die ebenfalls Vitellin enthalten, reagierten in keiner Weise. 268 PauL UÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Die Eiweißstoffe der Linse können also nicht nur von denen des Glaskörpers und Kammerwassers, sondern auch von denen des Blutes und der anderen Organe, also Eiweißstoffen eines und desselben Tieres, unterschieden werden. Die Linsenantisera vermögen andererseits aber in Linsenlösungen anderer Tiere eine Reaktion auszulösen. UHLENHUTH stellte sich gleichstarke Lösungen der verschiedensten Säuge- tierlinsen her, vom Mensch, Pferd, Hammel, Schwein, Reh, Meerschweinchen, Maus, Ratte, Igel. In allen diesen Lösungen von frischen, wie auch von ange- trockneten Linsen trat bei Zusatz von 0,1 ccm Rinderlinsenantiserum eine fast momentane Reaktion auf, die von der in der Rinderlinsenlösung auftretenden quantitativ und qualitativ nicht zu unterscheiden war. Auch zu Lösungen von Kaninchenlinsen hinzugesetzt, trat mit dem) Antiserum eine ebenso, starke Reaktion auf, wie in den übrigen Eiweißlösungen. Das Antiserum konnte selbst in Lö- sungen von Linseneiweiß desselben, das Antiserum liefernden Kaninchens eine momentane starke Fällung hervorrufen. Von Kaninchen durch Einspritzungen von Kaninchenlinseneiweiß präzipitierende Sera zu gewinnen, ist trotz vielfacher Versuche (UHLENHUTH, WEIDANZ, TROMMSDORFF) nicht gelungen. UHLEN- HUTH prüfte weiterhin verschiedene Vogellinsen vom Huhn, Ente, Taube, Eule, Sperling ; auch in ihnen war eine Reaktion zu verzeichnen. Auch die Linsen der Frösche, sowie der Kreuzottern gaben eine deutliche, allerdings schwächere Trü- bung bei Zusatz des Linsenantiserums. Anders verhielten sich die Linsen der Fische. Schon äußerlich zeigen sie gewisse Besonderheiten; denn während die Linsen der Säugetiere, Vögel, Amphibien und Reptilien verhältnismäßig weiche Gebilde darstellen, sind die der Fische sehr hart und lösen sich nur sehr lang- sam in 0,85-prozentiger Kochsalzlösung. Nach längerer Zeit erhielt UHLENHUTH jedoch auch aus ihnen eiweißhaltige Flüssigkeiten, die genügend Eiweiß ent- hielten. Die Linsen stammten von folgenden Fischen: Hecht, Barsch, Kaul- barsch, Flunder, Hering, Aal, Plötz, Steinbutt, Hornfisch. Setzte UHLENHUTH nun zu solchen Lösungen, die, wie die Kochprobe und der Salpetersäurezusatz ergaben, ungefähr dieselbe Eiweißkonzentration hatten, wie die der Säugetiere, Vögel und Frösche, Linsenantiserum hinzu, so blieben diese Lösungen zunächst vollkommen klar. Erst bei stärkerem Serumzusatz und stundenlangem Stehen waren kaum merkliche Bodentrübungen wahrzunehmen. Auf Grund dieser Untersuchungen muß man an- nehmen, daß die Linsen der Säugetiere, Vögel und Am- phibien zum Teil gleichartige Eiweißsubstanzen ent- halten, die sich in denen der Fische aber nur in mini- malen Spuren nachweisen lassen. Die biologische Differenzierung des Linseneiweißes mittels der Präzipitation ist von RÖMER, Krusıus, KönIGsTEin u. a. fortgeführt worden. Die Untersuchungen sprechen für eine Organspezifität der Linse*). Aehnliche Verhältnisse glaubt Krusıus bei ektodermalen Horn- sebilden — Pferdehufen, Kuhhörnern, Kuhhufen, Menschenhaaren — gefunden zu haben. Um die antigenen Eigenschaften derselben kennen zu lernen, benutzte er eine Auflösung in Antiformin und fand auch hier art- und organ-spezifische Eigenschaften mit Hilfe der anaphylaktischen Reaktion. Krusıus glaubt, daß sowohl Linse als auch die Horngebilde in der embryonalen Anlage nur art- spezifisch waren und erst im Wachstum denaturiert wurden. Auch CLouGH er- zielte mit Epidermis und Haaren, die in Antiformin aufgelöst waren, bei An- wendung der Anaphylaxie-Reaktion zum Teil positive Resultate (siehe das einschlägige Kapitel dieses Handbuches). *) Auch mit Hilfe der Anaphylaxie-Reaktion konnte die ÖOrganspezifität der Linse bestätigt werden (UHLENHUTH & ANDREJEW, UHLENHUTH & HAEN- DEL, KRUSIUS, KrAUS, DOERR und SOHMA). KAPSENBERG will auch eine aller- dings minimale Artspezifität mit der Anaphylaxie-Reaktion nachgewiesen haben. (Siehe das einschlägige Kapitel dieses Handbuches. ) Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 269 Crurro behandelte Kaninchen mit in alkalischer Lösung zerriebenen Menschenhaaren. Das so gewonnene Serum gab einen Niederschlag mit dem Extrakt aus Menschenhaaren ; Normalserum gab keine Reaktion. Diese Befunde bedürfen der Nachprüfung. Bluteiweiß. Für die Beurteilung der Anwendung der Präzi- pitinmethode in der forensischen Praxis sind die das Bluteiweiß be- treffenden Untersuchungen offenbar die wichtigsten. Ein mit Menschenblut vorbehandeltes Kaninchen liefert ein Serum, das auch in anderen eiweißhaltigen Organsäften des Menschen eine Präzipitinreaktion hervorruft. So ist zuerst von UHLENHUTH, dann von BIONDI, STRUBE und SCHÜTZE darauf hingewiesen, daß das Menschenantiserum auch in menschlichem Sperma, wenn auch eine schwächere Reaktion wie in Blut, so doch eine deutliche Trü- bung hervorruft. Auch Auszüge von Knochen geben mit Immunseris, die mit dem homologen Serum hergestellt sind, spezifische Niederschläge (BEUMER, SCHÜTZE, STEFFENHAGEN und CLOUGH). Ebenso fällt die Reaktion in eitrigem Sputum positiv aus (UHLENHUTH). In verschiedenen auf Leinewand ange- trockneten Auswürfen von Influenzakranken und Pneumonikern wurde eine deutliche Reaktion erzielt, desgleichen in eitrigem Urin und Sekreten, die von Blasenkatarrhen herrührten und in angetrockneten Trippersekreten (UHLEN- HUTH). MERTENS hat die Reaktion auch in eiweißhaltigem Urin erhalten, ebenso ist es bekannt, daß sie in Hydrocelen- und Aseitesflüssigkeit positiv ausfällt. In normalem Urin, Schweiß, sowie Tränenflüssigkeit haben UHLEN- HUTH & WEIDANZ eine positive Reaktion nicht beobachtet. Diese Tatsachen sind in der forensischen Praxis zu beachten, be- sonders wenn es nicht gelingt, auf chemischem Wege den Nachweis von Blut zu erbringen. Man wird in solchen Fällen nur aussagen können, daß es sich um menschliches Eiweiß handelt, eventuell wird man bei spermaverdächtigen Flecken durch Anwendung der mikro- skopischen Untersuchung und Anstellung der Frorrnceschen Re- aktion das Vorhandensein von Sperma nachweisen können. Mit Rücksicht auf die forensische biologische Blutdifferenzierung und die Art der Vorbehandlung der Kaninchen lag es nahe, zu prüfen, ob Serumeiweiß und Erythrocyteneiweiß durch die Präzipitin- reaktion zu trennen seien. Es liegen über diesen Gegenstand Arbeiten vor unter anderem von KLEIN, BoRDET, NoLF, v. DUNGERN, BATELLI, CENTANNI, ForRD & Harsey, LEVENE, NAGELSCHMIDT, STEWART, Ho- RIuTsı, die sich über die Immunisierungsversuche mit Erythrocyten und die Spezifität der so erzeugten Präzipitine nicht einheitlich äußern. Krein fand bei seinen umfangreichen diesbezüglichen Versuchen, dab die nach Einspritzungen von Erythrocytenextrakten verschiedener Tiergattungen gebildeten Präzipitine nur in den Erythrocytenextrakten derjenigen Tiergattung Niederschläge hervorriefen, welche zu ihrer Herstellung verwendet waren, also z. B. mit Menschenerythrocyten hergestellte Antisera nur in dem zugehörigen Erythrocytenextrakt usw. In den zugehörigen Blutseris traten dagegen keine Präzipitate auf. Ebenso waren die Serumpräzipitine im allgemeinen nur für Serum spezifisch. Die Herstellung der Erythrocytenextrakte fand in der Weise statt, daß die mehrfach mit NaCl-Lösung gewaschenen Blutkörperchen in der 4-fachen Menge destillierten Wassers aufgelöst wurden. Diese lackfarbene Lösung wurde mit Kochsalzlösung im Verhältnis 1:9 verdünnt und zentrifugiert, bis die Lösung klar und frei von den Stromata geworden war. KLEIN glaubt, daß 270 PAUL UÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, die damit hergestellten Erythropräzipitine in anderen artgleichen Eiweißlösungen ebenso wenig einen Niederschlag geben wie im Serum, und daß sich bei An- wendung derartiger Antisera in der forensischen Praxis der chemische Nachweis des Blutes erübrigen werde. Auch HorıuTsI äußert sich über die Anwendung der mit gewaschenen Blutkörperchen hergestellten Präzipitinsera zum Zweck der Vermeidung von Gruppenreaktionen günstig. Leers hat die Angaben Kreıns nachgeprüft und nach intravenöser oder intraperitonealer Vorbehandlung von 11 Kaninchen mit Erythrocytenextrakten im ganzen 8 Erythropräzipitinsera erhalten. Von diesen waren 3 sowohl wegen ihrer Hochwertigkeit aus auch wegen ihrer Art- und ÖOrganspezifität forensisch brauchbar, d. h. sie präzipitierten Menschenblutlösungen in Verdünnungen von sooo PZW- Yasoo und */sooo, _Menschensperma und -sputum blieben ebenso wie artfremde Blutarten unbeeinflußt. LEERS glaubt, daß für die Anwendung der Erythropräzipitine in der forensischen Praxis Voraussetzung ist, daß das zu untersuchende Blut nicht zu alt und der Farbstoff in destilliertem Wasser noch gut ausziehbar ist. In ähnlichem Sinne äußert sich Mırro. Nach seinen Ver- suchen sind die erythropräzipitierenden Sera art- und organspezifisch und rea- gieren nur auf die Eiweißkörper der Blutkörperchen, dagegen nicht auf die homologen Eiweißkörper des Serums, des Spermas, der Milch und des Speichels. Die Reaktion der erythropräzipitierenden Sera hört aber auf, sobald die Oxyhämo- globinbänder der zu untersuchenden Blutflecken zu verschwinden beginnen, während die der Serumpräzipitine so lange bestehen bleibt, als das Untersuchungs- material Spuren von Eiweiß enthält. Die Art- und ÖOrganspezifität ist daher nur eine relative und erheischt bei der Anwendung der Erythropräzipitinsera in der forensischen Praxis Vorsichtsmaßregeln, wenn verwertbare Resultate erlangt werden sollen. UHLENHUTH & WeEıIDAanz äußern sich zu der Differenzierung von Blutkörperchen- und Serumeiweiß zustimmend, insofern als auch sie mit Serumantiseris, wenn das als Antigen für die Vorbehandlung der Kaninchen verwendete Serum frei von Hämoglobin war, in ge- waschenem aufgelösten Blut keine deutliche Reaktion beobachten konnten *). Die Blutlösungen waren aber sehr eiweißarm und es gelang auch in zahlreichen Versuchen nicht, hochwertige präzipitierende Antisera gegen Erythrocyten herzustellen. UHLENHUTH & WEIDANZ nehmen an, daß die Kaninchen auf die Ein- spritzung von Hämoglobineiweiß mit Antikörperbildung nur schwach reagieren. Auch Norr konnte nach Einspritzung von Hühnerblutkörperchen, welche von dem anhaftenden Serum sorgfältig befreit waren, Präzipitine nicht erzeugen. Auch unsere weiteren Erfahrungen der letzten Jahre haben uns bestätigt, daß es schwer ist, mit Erythrocytenextrakten präzipitierende Sera zu erhalten. . Nächst der Differenzierung von Blutserum- und Erythrocyten- eiweiß hat man versucht, die einzelnen Eiweißkörper des Serums zu isolieren, und deren antigene Eigenschaften geprüft. Ipzr & LEBLANC immunisierten isoliert mit Euglobulin, Pseudoglobulin und Hämoglobin des Rinderblutes und glauben, für die einzelnen Antigene spezifische Antikörper bekommen zu haben. NoLr konnte mit Albumin aus Pferdeserum überhaupt kein Präzipitin erzeugen. MICHAELIS & OPPENHEIMER verneinen auf Grund ihrer Versuche die Möglichkeit, spezifische Antisera her- zustellen. Durch Vorbehandlung mit Vollserum erhielten sie ein Antiserum, welches mit Vollserum und Globulin, aber nicht mit Albumin reagierte. Ein mit Albumin hergestelltes Antiserurm präzipitierte Albumin, in geringerem Grade auch Globulin und Pseudoglobulin. Das mit Globulin hergestellte Antiserum präzi- pitierte Albumin ebenfalls nicht. . .*#) Mittelst der Anaphylaxie-Reaktion ist nach UHLENHUTH & HAENDEL eine Differenzierung von Hämoglobin- und Serumeiweiß nicht möglich. Zeitschr. f. Immunitätsf., Bd. 4, Heft 6, 1910. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 271 Auch zur Klärung dieser Frage ist die Absättigungsmethode heran- gezogen worden. AscoLı benutzte zur Immunisierung von Kaninchen außer Pferdevollserum die in demselben enthaltenen Eiweißkörper, Euglobulin, Pseudo- globulin und zwei Albumosen. Die auf diese Weise hergestellten Antisera erzeugten in allen genannten Antigenen Präzipitate. Die Ergebnisse änderten sich aber, .wenn die Antisera mit den einzelnen Antigenen abgesättigt wurden. Wurde das Vollserum-Präzipitinserum nach maximaler Ausfällung mit Euglobulin-Pseudoglo- bulin bzw. einer der beiden Arten von Albuminlösungen abgesättigt, so löste der Zusatz einer neuen Menge derselben Lösung keine weitere Reaktion aus, während dagegen ein entsprechender Zusatz von jeder der 3 übrigen Eiweißlösungen oder von Vollserum einen neuen Niederschlag erzeugte. Das Serum eines Kaninchens, welch letzteres mit Euglobulin-, Pseudoglobulin- bzw. Albuminlösungen be- handelt worden war, gab nach Ausfällung mit einer der heterologen Lösungen mit der homologen Lösung oder mit Vollserum einen weiteren Niederschlag, nach primärem Zusatz von homologer Lösung in passender Menge konnte dagegen überhaupt keine weitere Reaktion mehr ausgelöst werden. MICHAELIS versetzte ein Vollserum-Immunserum bis zu maximaler Reaktion mit Euglobulinlösung und erhielt nach der Absättigung einen Niederschlag nur mehr mit Pseudo- globulinlösung und Albuminlösung, aber nicht mit Euglobulin. BERTARELLI konnte in ähnlicher Weise durch spezifische Absorption Albumine und Glo- buline des Serums differenzieren. Diesen positiven Untersuchungsergebnissen stehen die negativen von ÖOBERMEYER & Pıck, FUHRMANN, LINOSSIER & LEMOINE, UMBER, LANDSTEINER & CALVO, ÖPPENHEIMER uU. a. gegenüber, welche die Möglichkeit der Differenzierung chemisch isolierbarer Eiweißkörper des Serums nicht bestätigen konnten. BAUER & EnGEL konnten durch die Komplementbindungsmethode das Fibrinogen vom Serumglobulin und Albumin scharf differenzieren. Bei Anwendung der Präzipitation wurden aber Verwandtschafts- reaktionen sowohl mit den anderen Bluteiweißkörpern als auch mit artfremdem Fibrinogen beobachtet. Nach UHLENHUTH sind die ge- nannten, voneinander abweichenden Untersuchungsergebnisse darauf zurückzuführen, daß die chemischen Methoden der Reindarstellung der Eiweißkörper bisher noch nicht als vollkommen einwandfrei anzusehen sind; denn es ist ohne weiteres klar, daß man nur dann völlig einwandfreie Resultate erzielen kann, wenn man sicher ist, daß die zur Vorbehandlung der Versuchstiere benutzten Eiweiß- körper auch wirklich absolut reine Eiweißkörper darstellen. Von Versuchen, tierische Organe zu differenzieren, erwähnen wir diejenigen von FORSSNER, GRUND U. a., auf die hier nicht näher ein- gegangen werden kann; wir verweisen auf den betreffenden Abschnitt in dem Buch von ÜUHLENHUTH & WEIDANZ (l. c.). Eiweißkörper der Milch. Bezüglich der Differenzierung der Milcheiweißkörper ist bereits gesagt, daß WAssSERMANN & SCHÜTZE auf die Möglichkeit hingewiesen hatten, vermittels des Bor- peTschen Laktoserums die verschiedenen Milchsorten zu differenzieren. Andererseits wurde festgestellt, daß Laktosera auch in dem homologen Blut (Harsan & LANDSTEINER), in geringem Grade auch mit Sperma (ScHÜTzE) ein Präzipitat gaben. HAMBURGER untersuchte die Beziehungen zwischen Serum und Milch des Rindes; er stellte fest, daß ein mit Kuhmilch gewonnenes Anti- serum nicht allein die Kuhmilch, sondern auch das Blutserum des Rindes präzipitierte*). Nach den Angaben von UHLENHUTH & ScHürtzE gaben mit Rinderblut hergestellte Antisera eine Fällung in der Kuhmilch. Das Prä- zipitat war aber nur äußerst schwach und mit der spezifischen Fällung nicht zu verwechseln, obwohl die Antisera sehr hochwertig waren. Ebenso fanden *) Bezüglich der Differenzierung mit Hilfe der Anaphylaxie-Reaktion siehe UHLENHUTH & HAENDEL, 1. c. 272 PAUL ÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, HATBAN & LANDSTEINER, daß Menschenantisera auch mit Frauenmilch eine Reaktion gaben. MEYER konnte dagegen mit seinen durch Injektion von Rinderserum hergestellten Antiseris ein Präzipitat in der Kuhmilch nicht er- kennen. HAMBURGER trennte das Kasein und Albumin der frischen Kuhmilch durch Fällen mit stark verdünnter Essigsäure und injizierte mit jedem der Eiweißkörper Kaninchen. Das Albuminserum fällte die Albuminlösung und die Milch, jedoch nicht die Kaseinlösung, das Kaseinserum die Kaseinlösung und die Milch, jedoch nicht die Albuminlösung. Das Serum zweier Ochsen wurde durch beide Antisera nicht gefällt, ein drittes Mal bei Verwendung von Kälber- serum verursachten beide Antisera in diesem eine Fällung. Auch nach den Untersuchungen von A. KLEIN reagierten Kuhmilch — Kaseinantisera nie mit Rinderserum. Da HAMBURGER vermutete, durch den chemischen Eingriff die antikörperbildenden Stoffe geschädigt und auf diese Weise den negativen Aus- fall der Reaktion im Rinderserum verursacht zu haben, verfuhr er in folgender Weise: Er filtrierte nach den Angaben von SCHLOSSMANN Milch durch Ton- filter und trennte, da nur das Albumin die Filter passiert, dieses von dem Kasein. Die mit den beiden Eiweißkörpern hergestellten Antisera präzipitierten nur die zugehörigen Antigene, so daß die biologische Differenzierung der beiden Milcheiweißkörper erwiesen schien. Beide Antisera gaben aber auch mit Rinderblut eine Reaktion, was bei dem Kaseinantiserum deswegen auffällt, weil Kasein im Serum nicht vorhanden ist. SCHLOSSMANN & Moro prüften diese Ergebnisse hauptsächlich für die Frage der künstlichen oder natürlichen Säuglingsernährung nach. Aus ihren Versuchen ging hervor, daß Kuhmilch- albumin und Frauenmilchalbumin biologisch ganz verschiedene Körper und demnach die letzteren den ersteren für die Ernährung überlegen sind. In Be- stätigung der Angaben HAMBURGERS wurde ferner Kasein einerseits und das gelöste Milcheiweiß, worunter nicht allein Albumin, sondern auch Spuren von Globulin zu verstehen sind, als arteigne Eiweißkörper erkannt und schließlich die Angaben HAMBURGERs, daß Kuhlaktoserum auch Rinderserum fällt, für die Gattung Mensch bestätigt. Da Frauenmilchantiserum außer der Frauenmilch auch Menschenserum präzipitierte, glaubten SCHLOSSMANN & Moro, daß das Albumin der Milch mit einem der Eiweißkörper des Blutes identisch sei; daß auch das Parakasein differenziert werden kann, ist von MÜLLER gezeigt worden. Neuere Angaben über die Eiweißkörper der Milch stammen von BAUER, der auch das Colostrum in den Bereich der Untersuchungen zog und außer der Präzipitation auch die Komplementbindungsmethode anwandte. Seine mehr- fachen diesbezüglichen Veröffentlichungen haben folgende Ergebnisse: Alle mit Menschen- und mit Kuhmilch hergestellten Antisera präzipitierten außer dem homologen Antigen auch die homologen Blutsera und ebenso die mit Serum hergestellten Antisera außer dem gleichartigen Serum auch die gleichartige Milch. Colostrum wurde mit Frauenmilchantiserum geprüft und gab eine positive Reaktion. Hiervon abweichende Resultate gab die Komplementbindungsmethode. Eine Komplementbindung trat ein zwischen Kuhmilchantiserum und Kuhmilch, mit Rinderserum dagegen nicht, zwischen Menschenantiserum und Menschen- serum, mit Frauenmilch ebenfalls, aber in geringerem Grade, zwischen Frauen- milchantiserum und Frauenmilch sowie mit Frauencolostrum, mit Menschen- serum nur in geringem Grade, zwischen einem schwach präzipitierenden Frauen- colostrumantiserum und Frauencolostrum sowie Frauenmilch, mit Menschen- serum aber überhaupt nicht. BAUER zieht aus seinen Untersuchungen den Schluß, dem er hauptsächlich den Ausfall der Komplementbindung zugrunde legt, daß das Eiweißprodukt der Milchdrüse sich durchaus von dem Eiweiß des Blutes, aus dem die Drüse in letzter Linie ihr Nährsubstrat bezieht, dif- ferenzieren läßt und daß Eiweiß des Blutes in der Drüse organeigen gemacht wird. In neueren Untersuchungen BAavers, welche nur mit der Komplement- bindungsmethode angestellt sind, wird gezeigt, daß die Eiweißkörper der Molke sich vom Serum des gleichen oder verwandten Tieres nicht differenzieren lassen, sondern nur das Kasein Artcharakter hat. BAUEREISEN vertritt einen ähn- lichen Standpunkt wie BAvErR, indem er dem Kasein im Gegensatz zu den übrigen Eiweißkörpern der Milch eine biologische Sonderstellung zuweist. Be- züglich der anderen Eiweißkörper der Milch und des Serums läßt er dagegen nur einen graduellen Unterschied gelten. GrÄTzZ konnte eine absolute Differenzierung zwischen Milch, Colostrum und Blutserum des Rindes in unzweifelhafter Weise weder durch die Präzipi- tation und Komplementbindung noch mit der Anaphylaxie feststellen. Nach GrÄTzZ sind die quantitativen biologischen Differenzen zwischen den einzelnen Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 273 Eiweißkörpern durch die quantitativen Verhältnisse der gemeinsamen Eiweiß- körper bedingt. Die mit Colostrum gewonnenen Immunsera zeigten meistens, besonders mit den Präzipitaten, eine gleiche Qualität gegen Milch und Rinder- serum wie gegen das zur Vorbehandlung verwendete Antigen, nur einzelne zeigten im Komplementbindungsversuch, wie die mit Kuhmilch gewonnenen Antisera, die Möglichkeit einer Differenzierung zwischen Colostrum und Rinderserum. Die größere biologische Verwandtschaft des Colostrums zum Rinderserum als diejenige der Milch zu dem letzteren wird auf den stärkeren Gehalt des Colostrums an den beiden Flüssigkeiten gemeinsamen Eiweißkörpern zurück- geführt. Eine Präzipitinbildung nach Injektion der Abbauprodukte der peptischen Kaseinverdauung gelingt nicht mehr. Auch gegen Para- nuklein konnten bei Kaninchen keine präzipitierenden, sondern ver- einzelt nur komplementbindende Antikörper erzeugt werden (Gay, RoBERTSON und BAILSFORD), ebensowenig gegen die Aminosäure, die Glutaminsäure und das Leucin, die wichtigsten Bestandteile des Kaseins. Sekrete und Exkrete. Von Untersuchungen, welche Se- krete und Exkrete des tierischen Organismus betreffen, sind zunächst diejenigen zu nennen, welche die Absonderungen des Darms zu differenzieren versucht haben. BREZINA stellte sich Immunsera her unter Verwendung wässeriger Aus- züge von Hunde- und Menschenkot als Antigen. Die Kotimmunsera reagierten spezifisch mit dem Antigen, zum Teil auch mit dem Kot verwandter Tiere, z. B. Hundekotimmunserum mit Wolfs- und Fuchskot, dagegen nur schwach mit Serum, ebenso wie die Reaktion von Serumimmunserum mit Kotextrakt nur schwach war. Die Art der aufgenommenen Nahrung hatte keinen Zinfluß auf die Reaktion. FÜRSTENBERG fand, daß seine mit Menschenkot hergestellten Antisera nur mit Menschenkot, dagegen nicht mit Kaninchen- oder Schaf- kot reagierten. BREZINA & Ranzı fanden bei der Prüfung der wechselseitigen Beziehungen zwischen Kotextrakt-, Dünn-, Dickdarmzellen-, Dünndarmsekret- und Serumimmunseris und den zugehörigen Antigenen nur teilweise Unter- schiede. Gleichzeitig stellte WILENKO Versuche mit Menschenkotextrakten aus verschiedenen Darmpartien an, um deren Verhalten in bezug auf präzipitogene Eigenschaften kennen zu lernen. Die Menschenkotsera reagierten am stärksten mit Extrakten aus normalen Faeces, mit dem Inhalt aus Dünn- und Dickdarm nur schwach, mit Menschenserum nur in Spuren. Menschenimmunserum re- agierte mit Faeces nur in Spuren, mit Dünndarminhalt am stärksten, mit den tieferen Abschnitten fortschreitend schwächer. Mit dem Inhalt jedes einzelnen Darmabschnittes ließen sich spezifische Präzipitine herstellen. Die Präzipitin- reaktion mit Faeces von Darmkranken verhielt sich gewöhnlich abweichend von der Reaktion mit normalen Faeces und wies keinen einheitlichen Typus auf. SOHMA & WILENKO zogen auch das Meconium in das Bereich Jieser Unter- suchungen und kamen zu folgenden Ergebnissen: Meconiumantiserum gibt Niederschläge ohne quantitative Unterschiede mit Meconiumextrakt und Dünn- darminhaltextrakt, eine schwächere oder spurenweise Reaktion besteht gegen Säuglingskot und Menschenserum. Menschenkot Erwachsener reagiert auf Me- coniumantiserum nicht. Meconiumextrakt gibt Niederschläge nur mit Meconium- präzipitin, nicht dagegen mit anderen Darmpräzipitinen. Stuhl, entnommen bei demselben Individuum in verschiedenen Zeitabschnitten nach der Geburt, ändert seine Reaktion in dem Sinne, daß der Inhalt, der in den ersten 2 Tagen nur mit Meconiumserum reagiert, nicht aber mit Säuglingskotserum, vom 3. Tage die Reaktion ändert. Die Reaktion mit Säuglingskotserum wird immer stärker, mit Meconiumserum immer schwächer. In Fortsetzung ihrer Versuche stellten BREzInNA & Ranzı noch Immunsera von Galle her und verwendeten für die Fällungsversuche außer den vorher ge- nannten Antigenen noch Magensaft und Pankreasextrakt. Alle Stoffe wirkten präzipitinogen, in ihrer fällenden Wirkung auf das Immunserum aber niemals vollkommen gleich, während Kotextraktserum mit allen Stoffen vom Pylorus abwärts gleichmäßig reagierte und Kotextrakt von den Immunseris dieser Anti- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. I. 18 274 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, gene gleichmäßig präzipitiertt wurde. Antigene, welche oberhalb des Pylorus in den Verdauungskanal gelangten, wurden nicht nur bezüglich der Art-, son- dern auch bezüglich der Zustandspezifität denaturiert. Kotextraktserum reagierte auch schwach mit den im Kote reichlich vorkommenden Bakterien, und umge- kehrt. Zu diagnostischen Zwecken schien die biologische Kotanalyse aber nicht verwertbar zu sein. Die Differenzierung von Harneiweiß ist wegen der sich daraus ergebenden Beziehungen zum Eiweiß der Niere und des Blutserums interessant. Daß eiweißhaltiger Harn antigene Eigenschaften besitzt, ist durch die Untersuchungen von ÜUHLENHUTH, LECLAINCHE & VALLEE, MER- TENS & ZÜLZER, ScHÜrTzE erwiesen, welche nach Injektion von eiweib- haltigem Urin spezifische präzipitinhaltige Antisera erzeugten und zum Nachweis von Eiweiß benutzten. Ebenso rufen die Blutantisera Niederschläge in eiweißhaltigem Urin hervor. SCHATTENFROH konnte dagegen nach Einspritzung von normalem tieri- schen Harn Präzipitine nicht erzeugen. Ebenso fielen die Versuche von Mı- CHAELIS und FLEISCHMANN negativ aus. Nach ihren Untersuchungen gaben auch normale Sera mit Harn schwache Trübungen. Dagegen gelang es LAnD- STEINER und v. EISLER sowie FRIEDENTHAL, nach Injektion großer Mengen, 300 bis 400 cem, normalen menschlichen Harns Präzipitine zu erhalten, welche nur ganz minimale Präzipitation im menschlichen Serum, wohl aber in auf 60° C erhitztem Extrakt aus menschlichem blutfrei gewaschenem Nierengewebe deutliche Reaktion hervorriefen *). PRIBRAM immunisierte Kaninchen mit normalem Harn, mit Sediment eines nicht bluthaltigen Harns von chronischer Nephritis und mit „lysogener Sub- stanz“. Die letztere ist eine nach den Angaben SCHATTENFROHs durch Alkohol- Aether aus dem Harn fällbare, Hämolysinbildung hervorrufende Substanz. Prä- zipitine wurden nur nach Injektion mit normalem Harn und mit Iysogener Sub- stanz gebildet, nicht, oder nur in geringem Maße, nach Sedimentinjektion. Die Präzipitation war auffallenderweise mit Eiweißharn geringer als mit Normal- harn. GRUND prüfte eine Anzahl eiweißhaltiger Urine gegen Sera, die nach Absättigung mit Nierenpreßsaft spezifisch auf Blutserum, bzw. nach Absättigung mit Blutserum spezifisch auf Nierenpreßsaft vom Menschen reagierten. Er stellte fest, daß die Reaktion mit dem Blutimmunserum auch nach Absättigung mit Nierenpreßsaft bestehen blieb. Mit dem Nierenimmunserum, das vor der Absättigung eine gute Reaktion gegeben hatte, war nach der Absättigung mit Blutserum eine Reaktion gegenüber Harneiweiß nicht mehr zu erzielen. Untersuchungen darüber, woher das im menschlichen Harn vorkommende Eiweiß stamme, ob es unverändertes Blutserumeiweiß, ob es spezifisches Nieren- organeiweiß, oder endlich, ob es aus der Nahrung stammendes artfremdes Eiweiß, z. B. Hühner- oder Rindereiweiß sei, sind neuerdings von E. MORITZ angestellt. Als Antigen zur Immunisierung der Kaninchen wurde Menschenserum, Eiweiß aus Harn mit parenchymatöser Nephritis, Nierenorganeiweiß, Rinderserum, Eier- eiweiß verwendet. Die Ergebnisse von Untersuchungen der auf diese Weise ge- wonnenen Antisera mit Eiweißharnen waren folgende: Das Eiweiß des Harns besteht zum größten Teil aus spezifischem Harneiweiß, welches sich von dem Serumeiweiß und dem Nierenorganeiweiß trennen läßt. Das Harneiweiß ist nachweislich ein spezifisches Ausscheidungsprodukt der gereizten Nierenzelle. Spezifisches Nierenorganeiweiß, Rindereiweiß und Hühnereiweiß wurden im Harn nicht gefunden, das letztere bei gesunden Personen auch dann nicht, wenn sie täglich bis 25 rohe Hühnereier genossen hatten. Mit spezifischem Serum- präzipitin gaben Harne mit chemischer Eiweißreaktion stets positive Reaktionen, aber schwächer als mit spezifischem Harnpräzipitin. Eiweißharne, welche mit spezifischem Serumpräzipitin abgesättigt sind, gaben mit Harnpräzipitin noch eine positive Reaktion. Mit spezifischem Harnpräzipitin konnte im Harn noch *) Mit Hilfe der Anaphylaxie — bei Reinjektion mit Serum — lassen sich nach UHLENHUTH, HAENDEL und RHEIN die Urine der verschiedenen Tiere unterscheiden, nicht die Urine nahe verwandter Tiere (Mensch-Affe, Pferd-Esel). Zeitschr. f. Immunitätsf., 1913. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 275 ein Eiweißgehalt nachgewiesen werden, der sich dem chemischen Nachweis ent- zieht. HECKER immunisierte Kaninchen mit Blutserum aus menschlicher Nabelschnur und mit Rinderblut. Die auf diese Weise gewonnenen Antisera wurden mit den eiweißhaltigen Urinen von 6 Säuglingen, 14 größeren Kindern und' 3 Erwachsenen versetzt. 17mal, darunter bei 5 Säuglingen, trat nur Reaktion mit Menschen- antiserum auf, 6mal außerdem auch mit Rinderantiserum. Bei einem nur mit Kuhmilch gefütterten Kaninchen wurde durch intravenöse Einspritzung von Kaliumcehromat künstlich eine Nephritis gesetzt. Der Kaninchenharn gab mit Rinderantiserum eine Fällung, er enthielt also aus der Nahrung stammendes Eiweiß zu einer Zeit, als das Eiweiß chemisch noch nicht festgestellt werden konnte. Die ersten Versuche, ein spezifisches Antiserum gegen Sperma herzustellen, sind von STRUBE gemacht. Daß Sperma antigene Eigenschaften besitzt, war bereits von FARNUM festgestellt, welcher Kaninchen mit Nebenhodenextrakten immunisierte und auf diese Weise Antisera gewann, mit denen Menschen- und Tiersperma differen- ziert werden konnte. Derartige Antisera geben aber auch Niederschläge im homologen Blut und in homologen Organsäften (UHLENHUTH, H. PFEIFFER). STRUBE wandte daher die Absorptionsmethode an. Er behandelte seine Ka- ninchen mit Extrakt von Hoden menschlicher Leichen und mit Sperma von Patienten mit lebensfähigen Spermatozoen. Die auf diese Weise gewonnenen Antisera wirkten auf klare Spermalösungen schwach präzipitierend, aber ebenso auch auf Blutlösungen. Dieselbe Wirkung riefen umgekehrt auch Hämato- aktivsera hervor. Versuche, aus einer Sperma-, bezw. Blutlösung erst mit Hämatoserum alles Fällbare herauszuholen und dann mit Spermaserum ein spezifisches Präzipitat zu erhalten, gelangen nicht. Erfolgreicher waren die Versuche von H. PFEIFFER. Als Injektionsmaterial verwendete PFEIFFER Sper- matozoen des Rindes, die ausschließlich aus dem Kopfe des Nebenhodens durch Zerkleinern und leichtes Auspressen in physiologischer Kochsalzlösung in Emulsion gebracht wurden. Die Aufschwemmungen wurden zum Zweck der Entfernung von Erythrocyten und Gewebssäften in der Zentrifuge mit destillier- tem Wasser und dann mit Kochsalzlösung gewaschen. Das Sediment wurde ge- trocknet, zu einem Pulver verrieben und vor der Injektion in Kochsalzlösung auf- geschwemmt. Die auf diese Weise gewonnenen Immunsera präzipitierten Sperma- lösungen und Hodenextrakte in gleicher Stärke, heterologe artgleiche Extrakte dagegen gar nicht oder nur schwach. Am stärksten reagierten von den letzteren die Nierenlösungen. Nach elektiver Absorption gelang es aber, die nicht zu hoch- wertigen Immunsera zu hochspezifischen zu machen, so daß sie nur mit Hoden- extrakt und Spermalösung reagierten, dagegen z. B. nicht mit Blut, Serum, Niere, Milz, Pankreas, Ovariıum, Muskel, Eiter und Genitalschleim. Mit solchen Seris konnte nicht nur in verschiedenen Verdünnungen der Spermalösung, son- dern auch in Gemischen von Sperma und anderen Organextrakten das homologe Eiweiß mit Sicherheit nachgewiesen werden. Eine Uebersicht der Methoden des Spermanachweises findet sich bei KATHE. WEICHARDT und LIiEPMANN behandelten Kaninchen mit menschlichem Syneytialzelleneiweiß und gewannen ein Antiserum, das nach Absättigung mit menschlichem Blut nur mit Syneytialzelleneiweiß ein Präzipitat gab. Kıursı stellte ebenfalls nach Vorbehandlung der Tiere mit Syneytium ein placenta- spezifisches Syneytiopräzipitin dar, dessen Wirksamkeit auf Uterusmuskulatur und Schleimhaut, Aortenwand und Intima, Ovarıum, Hoden, WHARTOoNsche Sulze und Amnion geprüft wurde. Die Reaktion mit Amnion war stark, mit den Keimdrüsen schwach, mit den übrigen Organen negativ. Geschlechtsdifferenzierung. UHLENHUTH konnte in einem Falle feststellen, daß das Serum von mit Hühnereiweiß vorbehandelten Kaninchen in dem Blute von geschlechtsreifen Hühnern einen stär- keren Niederschlag erzeugte, als in dem von Hähnen. Versuche, mit Antiseris, die durch Einspritzung von menschlichem Sperma gewonnen waren, Männer- und Frauenblut zu differenzieren, mißlangen. 182 276 PAUL ÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Für die Differenzierung von Menschenrassen soll nach den Angaben von Bruck mit schwach präzipitierenden Seris die Komplementbindungsmethode brauchbar sein, die von demselben Autor auch zur Unterscheidung von Blut, Eiter und Sperma desselben Individuums mit Erfolg angewendet wurde (s. oben). Sehr eingehende und interessante Untersuchungen über Ge- schlechtsdifferenzierungen sind von DunBAr sowohl bei Tieren als auch bei Pflanzen mit positivem Ergebnis angestellt worden. Als Antigen für Herstellung der Immunsera wurden Pollen, Frucht und Blatt des Roggens verwendet. Das Polleneiweiß verhielt sich sowohl in der Präzipitation als auch im Komplementbindungsvermögen gegenüber dem Stengel, den Blättern und Wurzeln des Roggens wie artfremdes Eiweiß. Roggenfrucht und Blatt zeigten Verwandtschaft. Pollenimmunsera gaben mit den homologen Pollenextrakten auffallenderweise keine Präzipitation, nach der Annahme Dun- BARS deswegen, weil in den Pollen gewisse Stoffe enthalten sind, welche die Präzipitation hemmen. Soweit hatten die Versuche nur Anhaltspunkte dafür ergeben, daß männliche Geschlechtszellen sich von dem Eiweiß der übrigen Gewebsteile trennen lassen. Für die Beurteilung, wie sich männliche Geschlechts- zellen gegenüber den weiblichen, und wie sich beide Zellarten gegenüber den übrigen Gewebszellen desselben Organismus verhalten, hat DungBAr mit Erfolg Sperma und Rogen der Fische verwendet. Während der Laichzeit lösen sich die spezifischen Geschlechtszellen von den übrigen Organbestandteilen vollständig ab, so daß die Eiweißkörper isoliert gewonnen werden können. Untersucht wurden Aland, Güster, Rotauge, Brassen, Karpfen, Forelle. Männliche und weibliche Geschlechtszellen, z. B. des Aland, verhielten sich in der Präzipitation und Komplementbindung untereinander verschieden und beide verschieden gegen das Fleisch des Tieres. Die mit Blutserum hergestellten Immunsera gaben mit Rogen und Sperma nur eine Spur von Trübung bzw. Hemmung. Das Fleisch- eiweiß von Aal und Forelle reagierten serobiologisch verwandt. Die Geschlechts- zellen der Forelle reagierten aber gegenüber dem Fleisch der Forelle wie art- fremdes Eiweiß. Fleischeiweiß des Aales und Fleischeiweiß der Forelle standen einander also näher als Fleisch und Eiereiweiß der Forelle. DunBAar schließt aus seinen Untersuchungen, daß männliche und weibliche Geschlechtszellen der Pflanzen und Tiere sich serobiologisch gegeneinander und auch gegen andere Gewebsbestandteile desselben Organismus wie artfremd verhalten. Die Ana- phylaxie führt nicht zu so sicheren Ergebnissen wie Komplementbindung und Präzipitation. Durch Untersuchungen, welche UHLENHUTH, HAENnDEL und Ko- pama ausführten, konnten die Angaben Dunsars bestätigt werden, daß sich das Fischrogeneiweiß von dem Fleischeiweiß desselben Tieres unterscheiden läßt. UHLENHUTH und Kopama konnten weiterhin fest- stellen, dab man durch Vorbehandlung von Kaninchen mit Karpfen- rogenextrakten Antisera gewinnen kann, die in dem Serum weiblicher Tiere einen stärkeren Niederschlag erzeugen, als in demjenigen männ- licher Tiere. Die Reaktion trat allerdings nicht absolut regelmäßig bei allen Seren auf. Perrr konnte neuerdings durch Einspritzung von Stierhoden- substanz Präzipitine erzeugen, die im Blutserum des Stieres und der Kuh ziemlich gleichmäßig Niederschläge erzeugten. Sättigte er das Testikel-Antiserum nach WEICHARDT mit Kuhserum ab, so ergab sich ein deutlicher Unterschied zwischen Stier- und Kuhblut, indem das abgesättigte Serum mit Stierserum einen deutlichen Niederschlag zeigte, nicht aber mit Kuhserum. Durch eine andere Versuchsanordnung konnte er folgendes feststellen: Nach Vorbehandlung mehrerer Kaninchen mit Kuhblut hatte er ein Kuhblutantiserum gewonnen. Dieses ließ er so oft auf Kuhserum einwirken, bis keine Präzipitation mehr eintrat. Dasselbe geschah mit Kuhblutantiserum und Stierserum. Brachte er nun zu 1 cem des mit Kuhblutantiserum abgesättigten r 1 Die biologische Fiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 277 Kuhserums 1 cem einer Testikel-Antiserumlösung in einer Verdünnung von 1:10, so trat keine Präzipitation auf. Das mit Kuhblutantiserum abgesättigte Stier- serum präzipitierte aber in 5 Minuten deutlich mit der zugesetzten Testikel- Antiserumlösung. Es ließ sich also durch diese beiden Versuchsanordnungen mit Hilfe der spezifischen Absättigung Stierblut und Kuhblut trennen. Doch waren die Befunde nicht regelmäßig und ganz eindeutig. Anwendung der Präzipitinmethode in der Physiologie und klinischen Medizin. Stomachal bei Säuglingen und jungen Tieren — z. B. jungen Hunden, Katzen, Kaninchen — in großen Mengen eingeführtes Hühner- eiweiß, Milch und Rinderserum gehen in das Blut und in die Lymphe über und können durch die Präzipitinreaktion nachgewiesen werden. CANTACUZENE, GANGHOFNER & LANGER u. a. untersuchten, ob unter ge- wöhnlichen Verhältnissen der Nahrungsaufnahme der Uebergang genuiner Eiweiß- stoffe in die Blutbahn durch die Präzipitinreaktion sich nachweisen lasse. Sie konnten bei neugeborenen bis zu 6 Tage alten Hunden nach stomachaler Einver- leibung von Hühnereiweiß oder Rinderserum das Eiweiß im Blutserum des Tieres durch die Präzipitinreaktion nachweisen, ebenso bei neugeborenen Katzen, jungen Kaninchen (vom 3. bis 10. Lebenstag) und Ferkeln. Bei letzteren ließ sich auch Präzipitinbildung nach stomachaler Einverleibung von Hühnereiweiß fest- stellen. Bei älteren Tieren tritt ein nachweisbarer Uebergang von genuinem, körperfremdem Eiweiß nur nach „Eiweißüberfütterung“ auf (UHLENHUTH). Rinderserum direkt in den Dünndarm — mit Umgehung des Magens — eines älteren Hundes injiziert, ließ sich durch die Präzipitinreaktion im Blut nach- weisen. Nach künstlicher Läsion der Magenschleimhaut junger Hunde durch Sodalösung oder Krotonöl konnte ebenfalls ein Uebertritt von Hühnereiweiß in die Blutbahn durch die biologische Methode festgestellt werden. Versuche an menschlichen Säuglingen bestätigten das Ergebnis der Tier- versuche. Bei einem 3 Wochen alten Kinde, das 24 Stunden vor einer Operation 30 g Hühnereiweiß erhielt, konnte im Blut Hühnereiweiß nachgewiesen werden. Bei erwachsenen Individuen gelingt der Nachweis von aufge- nommenem Eiweiß durch die Präzipitinreaktion anscheinend nicht immer. So hatten HAMBURGER und SPERK nach Darreichung kleiner Mengen von Pferdeserum, Eiklar, rohem Rindfleisch an erwachsene Menschen negative Er- gebnisse. Dagegen konnte nach den Untersuchungen von BERNARD, DEBRE und PoRAK bei Menschen nach dem Genuß von rohem Pferdefleisch schon nach 15—30 Minuten nach der Aufnahme das heterologe Eiweiß durch die Präzipita- tion nachgewiesen werden. Die nachweisbare Menge war aber sehr gering, die Reaktion nach wenigen (2—3) Stunden wieder negativ. Dieselben Autoren haben Versuche über das Vorhandensein artfremder Eiweißkörper im zirkulierenden Blut nach intrarektaler Verabreichung derselben angestellt, indem sie das Serum tuberkulöser Individuen, welche im ganzen je 20 ecm Antituberkuloseserum vom Pferd per Klysma erhalten hatten, auf seinen Gehalt an Pferdeeiweiß prüften. Bei 14 von 33 Fällen war der Nachweis positiv. Für ein positives Ergebnis war anscheinend die Zeit von 14—24 Stunden nach der Seruminjektion am gün- stigsten, 12 Stunden nach dem Klysma vorgenommene Reaktionen waren negativ. AscoLı und BONFANTI konnten beim Menschen auch nach dem Genuß gebratenen Rindfleisches präzipitogene Substanzen nachweisen. Die Versuche, ob nach Verabreichung von Eiweiß durch den Verdauungs- kanal spezifische Präzipitine gebildet werden, haben im allgemeinen keine positiven Ergebnisse gehabt. HAMBURGER konnte bei Kaninchen nach Füt- terung mit Kuhmilch spezifisch präzipitierende Eigenschaften nicht feststellen, ebensowenig v. DUNGERN nach Fütterung von Majaplasma, CASTRONUovo nach Fütterung mit Pflanzeneiweiß bei Kaninchen und Hunden und Ascorı in 278 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, einem Selbstversuch nach 1!/; Monate dauerndem täglichen Genuß von rohen Hühnereiern. BERNARD, DEBRE und PorRAK fanden bei 18 tuberkulösen Indi- viduen, welche an 12 aufeinander folgenden Tagen insgesamt 20 cem Anti- tuberkuloseserum vom Pferd per Klysma erhalten hatten, nur einmal zwischen dem 15. und 16. Tage Präzipitine, welche am 24. Tage wieder verschwanden. In einem zweiten Falle bestand am 11. Tage eine zweifelhafte Reaktion. Bei ausgewachsenen Kaninchen konnten nach Ueberfütterung mit Hühner- eiweiß spezifische Präzipitine im Blutserum der Tiere erzeugt werden (UHLEN- HUTH, MICHAELIS, ASCOLI, OPPENHEIMER, BERTARELLI). Ausführliche Ver- suche an jungen Kaninchen wurden von Ossının gemacht. Er fand Präzipitine erst bei einem 49 Tage alten Kaninchen, bei jüngeren Tieren nicht. Wurden die jungen Kaninchen nicht mit Muttermilch, sondern künstlich genährt, dann wurde der Organismus in seiner Eigenschaft, auf die Einverleibung artfremden Eiweißes mit Antikörperbildung zu reagieren, gehemmt und die Präzipitine traten später auf. SCHKARIN konnte bei jungen Kaninchen am 47. Tage nach der Geburt Präzipitinbildung nachweisen. In der Annahme, daß die lädierte Schleimhaut des Darmes die Durch- gängigkeit für Kuhmilcheiweiß begünstige, bemühten sich HAMBURGER und MoRO im Blutserum von magendarmkranken Flaschenkindern Milcheiweiß oder spe- zifisches Präzipitin nachzuweisen. Diese zuerst hegätiv verlaufenen Unter- suchungen wurden von Moro allein weiter fortgesetzt. In dem aus dem Herz- blut von 22 an Atrophie gestorbenen Säuglingen gewonnenen Serum konnte er zweimal Präzipitine gegen Kuhmilch, einmal durch Komplementbindung auch Milcheiweiß nachweisen. Einen ähnlichen Befund von präzipitabler Substanz der Kuhmilch hatte BAuUER bei dem Blute eines Atrophikers. M. Ascorı untersuchte den Mechanismus der Albuminurie durch Eiereiweiß mit Hilfe der biologischen Methode. Er spritzte Kaninchen mit 5—10 ecem Eiweiß subkutan und konnte dann schon nach 1—2 Stunden mit den entsprechenden präzipitierenden Seris sowohl Kaninchen- wie Eiereiweiß im Urin nachweisen. Auch bei Applikation großer Mengen per os konnte er im Harn beide Eiweißarten nachweisen. Er stellte dann weiterhin Versuche an gesunden und nierenkranken Menschen an, denen er größere Mengen Eier mit der Nahrung gab, und fand, daß gesunde Menschen nach mäßigen Mengen keine Albuminurie zeigten; trotzdem konnte das art- fremde Eiweiß im kreisenden Blute durch die Präzipitinreaktion nachgewiesen werden. Bei Nierenkranken konnte er es unter denselben Bedingungen im Harn nachweisen, auch bei alimentärer Albuminurie, nach Genuß exzessiv großer Mengen von rohen Eiern bei Individuen mit scheinbar intakten Nieren konnte er das Eiereiweiß im Urin nachweisen, in beiden Fällen aber auch Bluteiweiß. Bei subkutaner Einverleibung geringer Mengen Eiereiweiß konnte er in der Regel keine Albuminurie beobachten, aber bei Einspritzung größerer Mengen trat sie deutlich hervor, und zwar wurde auch hier Blut- und Eiereiweiß aus- geschieden. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Untersuchungen von HAMBURGER und v. Reuss, die bei intravenöser Einspritzung von verschiedenen Eiweißarten, Rinder-, Schweine-, Menschen-, Hühnerserum, Milch und Eiklar ein gänzlich verschiedenes Verhalten bezüglich der Schnelligkeit der Ausschei- dung und des Auftretens der Präzipitinbildung feststellten. Milch und Eiklar wurden sehr schnell ausgeschieden (24 Stunden), während Serum noch lange Zeit durch die Präzipitinreaktion nachweisbar ist. Nach den Untersuchungen von CivcA & DANIELOPOLU sollen nach subkutaner Zufuhr von Pferdeserum das heterologe Eiweiß und spezifische Präzipitine im Blutserum, aber nicht in der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit nachweisbar sein. Versuche an Menschen über die Beeinflussung der mit der Nah- rung aufgenommenen fremden Eiweißkörper durch die Salzsäure sind von KENTZLER gemacht. KENTZLER untersuchte das Blutserum von verschiedenen Patienten 2 bis 3 Stunden nach dem Genuß bestimmter Milchmengen mittels der Präzipitin- reaktion auf das Auftreten von Kuhmilcheiweiß. Von 61 Fällen erhielt er eine minimale Reaktion nur in 6 Fällen, in denen Störungen der Magensekretion vorlagen. Er schließt daraus, daß der Organismus die durch den Magen auf- Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 279 genommenen Eiweißstoffe nicht in ihrer arteigenen Form aufnimmt, sondern erst nachdem sie durch die Salzsäure des Magensaftes ihrer Arteigenheit ent- kleidet sind. Ueber die Anwendung der biologischen Methoden an Se- und Exkreten des Verdauungstractus hat H. Cırron unter UÜHLEN- HurHus Leitung sehr bemerkenswerte Versuche angestellt. CITRON hat sich außer der Präzipitationsmethode auch der Anaphylaxie und der Komplementbindungsmethode bedient, mit den beiden zuletzt ge- nannten Methoden aber keine sicheren Ergebnisse erlangt, nicht allein wegen der umständlichen Methodik, sondern auch weil sie Fehler- quellen bedingten. Die Ergebnisse der mit der Präzipitation ange- stellten Versuche teilen wir im Auszuge mit: Durch Versuche an künstlichen Verdauungsgemischen wurde zunächst be- stätigt, daß Pepsinsalzsäure das Antigen rasch des Vermögens entkleidet, mit dem spezifischen Antiserum zu präzipitieren. Untersuchungen an Verdauungsprodukten ergaben, daß im tierischen Kot selbst nach wochenlanger intensiver Fütterung, sowohl mit arteigenem wie mit artfremdem Eiweiß, speziell Blut, keine Präzipitinreaktion nachweisbar ist. Beim gesunden Menschen wurde gleichfalls im Kot niemals eine Prä- zipitinreaktion erhalten. Der Grund ist erstens die bereits erwähnte Dena- turierung des Antigens durch den Magensaft, zweitens die vollkommene Re- sorption von Eiweiß im normalen Darm. Aus diesem Grunde wurde sie auch vermißt bei schwach blutendem Magengeschwür und bei Magencarcinom mit normaler Darmfunktion. Gefunden wurde sie regelmäßig bei Darmkatarrhen, sowohl des Dick- wie des Dünndarms. Ein positiver Befund wurde erhoben bei schwerer Duodenalblutung. Von 99 untersuchten Fällen menschlichen Magensafts — der zentrifugierte Magensaft wurde mit CaCO, und Tierkohle geschüttelt und durch ein Büchner- filter von konstanter Kieselgurschicht (10 cem einer 4-prozentigen Aufschwem- mung in physiologischer NaCl-Lösung) durchgesaugt — gab keiner, der freie HCl enthielt, eine Präzipitinreaktion, auch nicht bei starkem Blutgehalt und bei Carcinom. Magensäfte ohne freie Salzsäure reagierten teils positiv, teils negativ. Hierbei fiel auf, daß fast sämtliche negativ reagierenden Fälle anazider Magen- säfte leichten bzw. nervösen Magenkranken angehörten, während die Üarcinom- kranken durchweg positiv reagierten. CITRON glaubte zuerst, daß ein Magensaft, der keine freie Salzsäure enthält und keine Präzipitinreaktion gibt, nicht einem Magencarcinomkranken angehören kann. Später konnte CITRON nachweisen, daß auch Milchsäure in Verbindung mit Pepsin die Präzipitinreaktion zu hindern ver- mag. Eine solche Kombination kann aber im carcinomatösen Magensaft eintreten. Wurde durch Einbringen einer größeren Menge von Fett in den nüchternen Magen ein Rückfluß von Darmsaft in den Magen bewirkt, so gab ‘derselbe bei alkalischer Beschaffenheit Präzipitinreaktion. Wurde einem anaziden Magen- saft eine kleine Menge Serum und so viel Salzsäure hinzufügt, daß sie Kongopapier bläut, wurde in der großen Mehrzahl der Fälle ein Ausbleiben der Präzipitinreaktion erzielt. Es ist hiermit der biologische Beweis geliefert, daß sich Pepsin nicht nur bei Anwesenheit, sondern auch bei Mangel freier Salzsäure häufig findet. KrETRowskı benutzte die Präzipitinreaktion zum Nachweis von menschlichem und tierischem Blut im Kot. Er fand, daß da, wo die chemische Probe negativ ausfällt, auch die biologische versagt, daß die biologische Reaktion aber genau die Provenienz des Blutes zu bestimmen 'erlaubt. Von Versuchen, die Präzipitinreaktion für die klinische Dia- gnose zu verwerten, sind sodann diejenigen zu nennen, einzelne Formen von Geisteskrankheiten zu unterscheiden. GEISSLER spritzte Kaninchen mit dem Serum Geisteskranker und ver- suchte festzustellen, ob sich außer den Reaktionskörpern des gewöhnlichen Menschenserumeiweißes auch spezifische Reaktionsprodukte feststellen lassen. 280 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Bei der Reaktion wurden die Normalpräzipitine und Normalantigene durch nor- males Menschenserum bzw. Normalantiserum abgesättigt. Bei Katatonikern und Hebephrenikern konnten spezifische Reaktionen festgestellt werden, außerdem zeigten die Sera dieser Kranken untereinander Verwandtschaft. Nachprüfungen der GeIssL£erschen Reaktion durch Much hatten nur zum Teil ein positives Ergebnis. Unserer Ansicht nach sind die Resultate nicht beweiskräftig. Bei mangelhafter Technik können zu leicht Fehlschlüsse gemacht werden. Eine eingehende Prüfung haben die Versuche über die Brauch- barkeit der Präzipitinreaktion zur Erkennung von Echino- kokken- und Tänienerkrankungen erfahren. Jorst machte wohl als erster Versuche mit Echinococeus uni- locularis, Echinococeus multilocularis und Cysticercus tenuicollis. Das Blutserum echinokokkenkranker Rinder und Schweine besaß keine präzipitierende Wirkung auf Echinokokkenflüssigkeit.e. Auch durch systematische Immunisierung von Versuchstieren mit Echinokokken- und Tenuikollenflüssigkeit ließ sich kein spezifisches präzipitierendes Serum gewinnen. ‚Jost nimmt an, daß die Flüssigkeit der genannten Blasenwürmer nicht geeignet ist, eine nachweisbare Präzipitinbildung im Tierkörper auszulösen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam GHERADINI. Es ist recht fraglich, ob im Cysteninhalt ein spezifisches Echino- kokkeneiweiß vorkommt. FLEIG & LisBonNE gaben zuerst an, daß der Inhalt der Kchinococcus- blasen mit dem Serum der Kranken in 2 Fällen eine Präzipitinreaktion ge- geben habe. Sie brachten 2 ccm Hydatidenflüssigkeit und 12 Tropfen Serum der Kranken zusammen und beobachteten nach 5 Minuten, bzw. nach 6—10 Stunden eine Präzipitation. WELSH & OHAPMAN bestätigten diese Angaben. Sie fanden in 9 Fällen von Echinokokkenerkrankungen Präzipitation; bei 4 Verdachts- fällen, welche sich bei der Operation als echinokokkenfrei erwiesen, und bei 5 Gesunden keine Reaktion. Andere Hydatidenflüssigkeiten gaben keine Präzi- pitation weder mit dem Kranken- noch mit Kaninchenimmunserum. Trotzdem haben sich WELSH & CHAPMAN auch in späteren Versuchen für die Brauch- barkeit und Spezifität der Präzipitinreaktion zur klinischen Erkennung der Echinokokkeninfektion ausgesprochen. WEINBERG hatte unter 7 Fällen 2mal ein positives, 4mal ein negatives, lmal ein zweifelhaftes Resultat; außerdem fand er, daß auch das Serum Gesunder und an anderen Krankheiten Leidender mit der Oystenflüssigkeit ein Präzipitat gab. PuNnTonı untersuchte die Sera von Menschen und Ochsen, welche Echinococeuseysten hatten. Die Reaktion war bei 5 Menschen 2mal positiv, Imal undeutlich, 2mal negativ. Von 12 Ochsen- seris gaben 6 negative, 4 positive, 2 undeutliche Reaktionen. Von 20 zur Kon- trolle untersuchten Seris gaben 2 von mit Strongylus infizierten Schafen einen deutlichen Niederschlag. WEINBERG & JONESCO-MIHAIESTI untersuchten das Serum von 10 wegen Echinokokkeneysten operierten Personen mit der Meio- stagminreaktion, Komplementbindung und Präzipitation. Nur zwei Sera gaben mit Echinokokkenflüssigkeit positive Präzipitation. GrÄTZ konnte bei der Unter- suchung von 4 Fällen von Echinokokkeninfektion bei Schweinen mit der UHLEN- HuTHschen Präzipitationsmethode nicht eine Spur von Niederschlag oder Trü- bung bei der Vereinigung von Cystenflüssigkeit und Tierserum beobachten. Da- gegen ließ sich im Komplementbindungsversuch die Antikörperbildung sowohl bei den echinokokkenkranken Schweinen als auch im Serum der immunisierten Kaninchen nachweisen. PUTZER bediente sich zur Erkennung der Echino- kokkeninfektion ebenfalls der Präzipitin- und Komplementbindungsreaktion. Unter 5 Fällen sicherer Echinococcuseysten war die Präzipitinreaktion 2mal, die Komplementbindungsreaktion 4mal positiv. Bei 3 Verdachtsfällen, die sich bei der Operation oder Autopsie als negativ erwiesen, war die Komplementbindung immer, die Präzipitinreaktion nur Imal negativ. Auch BETTENCOURT u. a. glauben, daß die Komplementbindungsreaktion exaktere Resultate gibt. Dabei kann die Annahme von KurT MEYER unerörtert bleiben, daß die antigene Sub- Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 281 stanz der Komplementbindung bei der Helminthiasis überhaupt kein Eiweiß- körper ist, sondern ein lecithinähnliches Lipoid. Was den Wert der Präzipitinreaktion für die Echinokokken- diagnose anlangt, so kommt ihr im Hinblick auf die außerordentlich wechselnden Resultate eine entscheidende Bedeutung für die Praxis nicht zu. Ein negativer Befund ist nicht beweisend, ebenso wenig ein positiver, da auch das Serum gesunder Individuen nicht selten Prä- zipitine enthält. GrÄTZ betrachtet „die Versuche, die Serodiagnose der Echinokokken- infektion auf der Präzipitinmethode aufzubauen, auf Grund der bisherigen Er- fahrungen als gescheitert“. Im übrigen sei bezüglich der Einzelheiten auf die ausführliche Monographie von PFEILER verwiesen. Isaak & van DEN VELDEN übertrugen diese Untersuchungen auf die Erkennung der Bothriocephaluskrankheiten. Mit Bothriocephalus- eiweiß vorbehandelte Kaninchen lieferten spezifische Antikörper. Das Serum eines an Bothriocephalusanämie leidenden Kranken gab eine positive Reaktion mit dem Safte von Bothriocephalusproglottiden, normales Menschenserum dagegen nicht. J. LANGER immunisierte Tiere mit Auszügen aus den Proglottiden von Taenia mediocanellata, Taenia solium und Taenia cucumerina oder elliptica. Die Tiere lieferten präzipitierende Sera mit dem homo- logen Antigen und mit Eiweißlösungen nahestehender Parasiten. Dasselbe ge- lang FLECKSEDER und v. STEYSKAL mit den Extrakten aus dem Kopf und den Proglottiden der Taenia mediocanellata. Dagegen konnte LAnGER bei Menschen, welche an Taenia mediocanellata und an Taenia solium litten, ebenso bei Hunden mit Taenia elliptica keine Antikörper finden. Auch im Serum trichinöser Tiere konnten weder durch Präzipitation noch durch Komplementbindung spezifische Antikörper gefunden werden (ROoMANOVITCH). Ueber den Nachweis von Try- panosomenkrankheiten durch die Präzipitation ist von RUPPERT, sowie von WINKLER und WYSCHELESSKY berichtet worden. Die Versuche, im Blutserum von Kranken mit malignen Tumoren spezifische Präzipitine zu finden, gehen ebenso wie die Bestrebungen, die Krebsdiagnose durch Komplementbindungs- und Anaphylaxie- reaktion zu fördern, von der Voraussetzung des Vorhandenseins eines bisher unbekannten Carcinomerregers oder von der Annahme aus, dab das Geschwulstgewebe ein von dem Zelleneiweiß des betroffenen Indi- viduums verschiedenes sei. Den extremsten Standpunkt in der Erklärung der Krebsätiologie vertritt bekanntlich KELLING, welcher die Entstehung der Tumoren auf versprengte embryonale Keime tierischen Ursprungs zurückführt. Die Versuche KELLINGS wurden durch Furp und v. DUNGERN nachgeprüft, aber nicht bestätigt, vielmehr auf eine fehlerhafte Technik zurückgeführt. Die Mehrzahl der Untersucher ist in der Weise vorgegangen, daß Kaninchen oder andere Versuchstiere mit Krebsmaterial (KuLLMann, Sıromon, RANZI, MERTENS, LÖFFLER) oder mit dem Serum von Krebs- kranken (EnGEL, PRIBRAM, BERMBACH) vorbehandelt und die auf diese Weise gewonnenen Immunsera mit Krebsextrakten auf Nieder- schlagbildung untersucht wurden. EnGEL verwendete das Blutserum von 2 Krebskranken und Extrakt aus Mammakrebs als Antigen und erhielt präzipitierende Sera nicht allein gegen die zur Injektion verwendeten ‘Antigene, sondern auch gegen andere Eiweiß- substanzen kranker und gesunder Menschen. PRIBRAM immunisierte mit Serum von Krebskranken und mit normalem Menschenserum, WEIL mit carcinomatösen Asecitesflüssigkeiten, BERMBACH mit dem Serum je eines Kranken mit Leberkrebs, Speiseröhrenkrebs, tertiärer Lues 282 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, und Cholangitis. Die Präzipitationsversuche waren nicht spezifisch. LÖFFLER behandelte einen Esel mit durch trockene Hitze präpariertem Material aus Mammacareinom. Das Serum des Esels gab nicht allein mit dem Krebssaft, sondern auch mit normaler Drüsensubstanz einen Niederschlag. Die Entwickelung einer mit diesem Serum zu therapeutischen Zwecken behandelten Geschwulst wurde nicht gehemmt. KULLMANN erhielt mit seinen von Kaninchen gewonnenen Immunseris gegen Carcinomextrakt eine positive Reaktion auch mit dem Serum Krebskranker, mit dem Serum von Gesunden, Nephritikern, mit pleuritischen Exsudaten. Versuche, von Affen spezifische Antisera gegen Krebsextrakt zu gewinnen, mißlangen (RANZI). Sofern man von der Voraussetzung ausgeht, daß die Tumorzellen ein artfremdes Eiweiß darstellen, ist der Vorbehandlung der Kanin- chen mit Tumormaterial entgegenzuhalten, daß neben dem dem Körper des Versuchstieres eingeführten spezifischen Tumorgewebe gleichzeitig in Gestalt von Blut und Nachbargewebe auch dem Krebsträger art- gleiches Eiweiß zur Bildung von Antikörpern in Betracht kommen mußte. Saromon hat daher empfohlen, als Antigen getrocknete Carcinomzellen zu verwenden und diese durch Waschungen von dem anhaftenden Organeiweiß zu befreien. Auch dieser Weg führte nicht zum Ziel, wie die vorher erwähnten Versuche LÖFFLERS zeigen. Aussichtsreicher erschien die Methode der spezifischen Ab- sättigung, welche zuerst von MERTENns für die biologische Krebs- diagnose herangezogen wurde. MERTENS stellte sich ein „Fällserum“ her durch Vorbehandlung eines Kaninchens mit Aseitesflüssigkeit eines Herzkranken und ein „Kennserum“ durch Injektion von carcinomatösem Ascites. Die zu untersuchenden mensch- lichen Sera wurden zuerst mit den Fällserum so lange behandelt, bis keine Ausflockung mehr stattfand und dann erst der Prüfung mit dem Kennserum unterzogen. Von 5 Carcinomseris reagierten 3 mit dem Kennserum positiv, 2 negativ, eine positive Reaktion wurde aber auch bei einer einfachen jauchenden Wunde gefunden. Eine auf ähnlichen Prinzipien beruhende Methode ist von MARA- GLIANO zur Erkennung des Magencarcinoms angegeben. Nach entsprechender Diät und Leerspülung des Magens am Vorabend der Untersuchung erhielten die an Magenkrebs leidenden Patienten physiologische Na-Cl-Lösung zu trinken, dann wurde der Mageninhalt ausgehebert und als Antigen für die Versuchskaninchen verwendet. Das auf diese Weise gewonnene Kaninchenimmunserum wurde durch Zusatz von Menschenblutlösung 1:50 ab- gesättigt und dann mit den auf dieselbe Weise wie vorher gewonnenen Magen- ilüssigkeiten versetzt. Bei Anwendung dieser Methode gaben 8 Fälle benigner Gastritis und ein Fall von 17 sicheren Magencareinomen eine negative Reaktion, die übrigen 16 Magencarcinome reagierten positiv. Die Bedeutung dieser Befunde, die in ähnlicher Form auch von ROMkEs erhoben wurden, liegt in der Möglich- keit der Frühdiagnose des Magencareinoms (BARNES). SERAFINI & DIETZ hatten bei ähnlichen Untersuchungen keine gleichmäßigen Befunde; 6 Fälle nicht maligner Magenerkrankung gaben kein Präzipitat, aber auch 3 Fälle von sicherem Magenkrebs nicht, während 2 solche Fälle bald positiv, bald negativ reagierten. Man wird sich gegenüber den Befunden, welche die Möglichkeit eines biologischen Nachweises maligner Tumoren durch die Präzipitin- reaktion zu beweisen scheinen, zunächst noch skeptisch verhalten müssen. Eine ausführliche Zusammenstellung und Kritik aller bio- logischen Methoden findet sich bei Wırre und bei PALTAUF. Auf die Anwendung der Präzipitinreaktion zur Diagnose von Bakterien und bakteriellen Erkrankungen (wie Milzbrand, Rotz, Me- ningitis cerebrospinalis u. a.) soll hier nicht näher eingegangen werden, Die biologische Fiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 283 da diese Reaktionen in dem bereits genannten Artikel dieses Hand- buchs von R. Kraus über Präzipitine ausführlich abgehandelt sind. Präzipitine gegen pflanzliche Eiweißkörper. Phytopräzipitine. Wır beschränken uns darauf, in diesem Abschnitt eine Ueber- sicht derjenigen Untersuchungsergebnisse zu bringen, welche die Diffe- renzierung des Eiweiß’ höher organisierter Pflanzen betreffen. Die ersten einschlägigen Versuche wurden von KOowARSKI angestellt. KOowarskKI behandelte Kaninchen mit Albumosen des Weizenmehls, die er durch Ausziehen auf dem Wasserbade mit physiologischer NaCl-Lösung ge- wonnen hatte. Das hiermit gewonnene Antiserum gab Niederschläge außer in Weizenalbumosen auch in solchen von Gerste und Roggen, aber keinen in Lösungen von Hafer, sehr schwache in Lösungen von Erbsen. KoWArskI schloß daraus, daß pflanzliche Eiweißkörper nicht so verschieden seien wie tierische. Auch DungBAar fand in serobiologischer Beziehung ein näheres Verwandt- schaftsverhältnis zwischen Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Reis, Trespen, Raygras und Knäuelgras. Italienisches Raygras, Syringen, Goldrute, Ambrosia artemisiaefolia reagierten abweichend von den vorigen. RELANDER führte Prä- zipitinversuche mit 2 Wicken und 8 Gerstenabarten aus und kam zu dem Er- gebnis, daß man mit Hilfe der Präzipitinreaktion die Samen von verschiedenen Pflanzenarten und Abarten unterscheiden kann. ÖTTOLENGHI immunisierte mit wässerigem Extrakt von Roggenmutterkorn und erhielt ein Antiserum, welches mit dem zur Vorbehandlung verwendeten Antigen, aber nicht mit Extrakten von Roggen oder Weizen reagierte. JakoßyY und nach ihm LÖWENSTEIN berichteten, ein Antiserum gegen das aus Ricinussamen hergestellte Riein hergestellt zu haben. MIESSNER gelang es mit Antirieinseris in mit Rieinussamen verfälschten Futtermitteln durch Prä- zipitation das Riein auch in kleinen Mengen nachzuweisen. Nach BIERBAUM eignet sich für den forensischen Nachweis von nicht entgiftetem Ricinussamen in Futtermitteln die Komplementbindungsmethode besser als die Präzipitation. Antirieinsera gaben nämlich mit Extrakten aus Futtermitteln, die keine Rieinus- samen enthielten, ebenfalls Niederschläge, wie auch Normalsera Extrakte aus Futtermitteln mit und ohne Ricinussamenzusatz zu präzipitieren vermochten. BASHFORD erzeugte ein Präzipitin gegen Crotin, AzuMmA gegen Samen- und Keimextrakte von Reis, Gerste, Favabohnen und Sojabohnen. BERTARELLI wählte für seine Versuche Leguminosen : weiße einheimische Bohne (Phaseolus vulgaris), Erbse (Pisum sativum), Linse (Vicialens) und Futter- wicke (Vicia sativa). Das Bohnenantiserum präzipitierte Bohnenaufguß bis zu 1:3000, Aufgüsse von Erbse, Pferdebohne, Wicke nicht über 1:150. FErbsenanti- sera gaben in Erbsenverdünnungen von 1:4000 noch Niederschläge, in Bohnenauf- güssen bei 1:200, in Wickenaufgüssen bei 1:50. Linsenantisera gaben eine Reak- tion mit dem homologen Antigen bei 1:5000, mit Bohnen bei 1:400, mit Erbsen bei 1:300, mit Wicken bei 1:100. Wickenantisera gaben mit Wickenaufguß Niederschläge bei 1:3000, mit Erbsen- und Linsenaufgüssen bei 1:300, mit Bohnenaufgüssen bei 1:200 usw. Die Reaktionen schienen demnach quantitativ spezifisch zu sein. WENDELSTADT & FELLMER behandelten Kaninchen mit Extrak- ten aus Saubohnenfrucht (Vieia faba) und Frucht von weißer Bohne (Phaseolus vulgaris). Die Saubohnenfruchtantisera gaben außer mit dem Saubohnenextrakt fast gleichstarke Reaktionen mit grüner Maierbse (Pisum sativum) und Wicke (Vieia sativa), eine schwache Reaktion mit Linse (Ervum lens) und Hirse (Setaria germanica), keine Reaktion mit Hafer, Mais, weißer Bohne (Phaseolus vul- garis), türkischer Bohne (Phaseolus multiflorus), Gerste und Erdnuß (Apios tuberosa). Das Bohnenfruchtantiserum gab außer mit dem zur Vorbehandlung verwendeten Extrakt positive Resultate nur noch bei türkischer Bohne, negative Resultate bei: Saubohne, Erbse, Wicke, Hafer, Gerste, Linse, Erdnuß. Sau- bohnenfruchtantisera präzipitierten auch Saubohnenblattextrakte. Durch Kom- plementbindung und Anaphylaxie wurden diese Versuche ergänzt. Interessant ist die Beobachtung von WENDELSTADT & FELLMER, daß Bohnen- und Erbsen- sprößlinge, die mit ihrem Stiel in eine Mischung von Immunserum und Koch- 284 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, salzlösung gestellt waren, sich länger frisch hielten und weitertrieben, als solche, die in verdünntem Normalserum standen und in wenigen Tagen vertrocknet waren. Im Gegensatz dazu fand RAUBITSCHEK, daß manche seiner mit Linsen, Bohnen, Riein hergestellten Immunsera imstande waren, das Wachstum, resp. das Auskeimen der betreffenden Serumarten, die als Antigen benutzt. wurden, zu hemmen. Sehr bemerkenswert erscheinen die Versuche von E. C. SCHNEIDER über die hämagglutinierenden und präzipitierenden Eigenschaften der Bohnen ; er nimmt an, daß das Kaninchenserum ein normales Präzipitin für einzelne Bohnenproteine enthält. Schürze versuchte die verschiedenen Hefearten zu differenzieren, kam jedoch zu dem Resultat, daß die in der obergärigen und untergärigen Getreide- und Kartoffelhefe enthaltenen Eiweißkörper sich nicht sicher unterscheiden lassen und meint, daß diese Eiweißstoffe ihrer Natur nach gleichartig seien oder doch einander außerordentlich nahe stehen müssen. Dagegen gelang es ScHhürzk und Kowarskı sehr leicht, das Pflanzeneiweiß ‚„Roborat“ von Muskel- eiweiß, also pflanzliches und tierisches Eiweiß zu unterscheiden. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte CASTELLANI bei Versuchen, Roborat und Somatose zu unterscheiden. LusInt erzeugte ein spezifisches Serum gegen Opiumextrakt. UHLENHUTH & JunG haben präzipitierende Sera gegen Mohn-, Hanf- samen und Mandeln hergestellt; sie waren imstande, Mohn und Hanfsamen zu differenzieren, nicht aber süße und bittere Mandeln. Gegen Kokossameneiweiß haben UHLENHUTH & HAENDEL spezifische Sera erzeugt, in der Absicht, mit diesen das noch in dem Kokosöl vorhandene Eiweiß nachzuweisen. Das gelang aber nicht, da das Eiweiß in dem Kokosfett durch den Prozeß der Herstellung dieses Fettes verändert ist. Negative Ergebnisse hatten sie auch bei entsprechenden Versuchen mit Mandeleiweiß (resp. -öl) und TLeinsamen- eiweiß (resp. -öl). LoNDInI stellte fest, daß das Serum von Meerschweinchen und Kaninchen, die mit Oliven-, Baumwoll-, Erdnußöl vorbehandelt waren, ein spezifisches Präzipitierungsvermögen für die Wasserextrakte derselben Oele hatten. CATASTINI machte Versuche mit verschiedenen Pilzen, die vorher schon BERTARELLI ohne praktische Erfolge in Angriff genommen hatte, und hatte Schwierigkeiten mit der Gewinnung präzipitierender Antisera, offenbar wegen des geringen Eiweißgehaltes derselben. Die gewonnenen Antisera waren aber spezifisch, insofern als sie mit anderen Pilzen als den homologen quantitativ geringere Reaktionen gaben. Auch GALLI-VALERIO & BORNAND gelang es, spezifische präzipitierende Antisera gegen Agaricus muscarius herzustellen. MAGNUS & FRIEDENTHAL haben sich mehrfach mit der Differenzierung von pflanzlichem Eiweiß beschäftigt. Aus ihren Untersuchungen führen wir die Ergebnisse an. Hefe (Sacharomyces cerevisiae), Trüffel (Tuber brumale), Cham- pignon (Agaricus campestris) zeigten folgende verwandtschaftliche Beziehungen : Die mit Preßsäften hergestellten Antisera verursachten in dem zugehörigen Antigen stets starke Trübungen, außerdem traten starke Trübungen auf in der Mischung von Hefeantiserum mit Trüffelsaft, schwache Trübungen in den Mischungen von Trüffelantiserum und Hefesaft ; Champignonantiserum mit Hefe- saft und Trüffelsaft gab keine Reaktion, ebenso Hefeantiserum und Trüffel- antiserum mit Champignonsaft. MAGNUS & FRIEDENTHAL schließen daraus, daß die Hefe in näherer verwandtschaftlicher Beziehung zu der Trüffel als zum Champignon steht. Auch zur Differenzierung von Weizen und Erbse haben MaGnus & FRIEDENTHAL die Präzipitinmethode mit Vorteil angewendet. Die Spezifität der Reaktion bewährte sich darin, daß sie Vermengungen des Weizen- mehls mit Kastormehl (Vieia Faba) biologisch erkennen konnten. E Weitere Untersuchungen stellten MAGnuUs & FRIEDENTHAL an, um die Frage zu beantworten, ob die verschiedenen Zellelemente derselben Pflanze biologisch zu differenzieren sind. Als Untersuchungsmaterial wurde Roggen verwendet, von dem sowohl der Samen als auch die Pollen als Antigen für die Vorbehandlung der Kaninchen verwendet wurden. Die auf diese Weise ge- wonnenen Antisera wurden mit den beiden Antigenen, mit Preßsäften von Wurzeln und Sprossen 10-tägiger Keimpflanzen, vermischt. Es ergab sich aber eine vollkommene Artspezifität der Zellen. Neuerdings haben GALLI-VALERIO & BORNAND gezeigt, daß man mit dem Eiweiß von Sonnenblumensamen ein präzipitierendes Serum erzeugen kann; aber dieses Antiserum ist nicht streng spezifisch, insofern es ein geringeres, sich langsamer bildendes Präzipitat auch mit Eiweiß von Pflanzen derselben Familie gibt. Es war nicht möglich, mit diesem Antiserum Sonnenblumen- samenöl zu identifizieren. Die biologische Fiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 285 WILEnko fand, daß Samenextrakte in bestimmten Mengenverhältnissen mit Eiweißkörpern tierischer Provenienz unter Niederschlagsbildung und Kom- plementablenkung reagieren. Er hält es für möglich, daß es sich um eine all- gemeine biologische Reaktion handelt, die sich darin äußert, daß pflanzliche Eiweißkörper mit tierischen zusammengebracht unter Niederschlagsbildung re- agieren. "Aehnliche Erscheinungen waren von Kraus beobachtet, wenn er Riein mit den Seris solcher Individuen mischte, deren Erythrocyten durch Riein agglutiniert wurden. Dieselben Eigenschaften besitzen nach den Untersuchungen von LANDSTEINER & RAUBITSCHEK das Abrin und Bohnenextrakte auf Hühner- und Pferdeserum. Die wichtigsten Ergebnisse der biologischen Eiweißdifferenzierung in ihrer Anwendung auf die Pflanzensystematik sind neuerdings von JAUCHEN zusammengestellt. Sehr umfangreiche Untersuchungen über die Differenzierung der verschiedenen pflanzlichen Eiweißkörper, haupt- sächlich unter Anwendung der Anaphylaxie, haben auch Werıs & OsBoRNE angestellt, wegen deren Einzelheiten auf das Original ver- wiesen wird. In vielen der vorher genannten Arbeiten finden sich Angaben, daß spezifische und reine Eiweißextrakte aus Pflanzen und ebenso die Antisera nur mit Schwierigkeiten herzustellen sind, und dab die Antisera sehr schnell ihr Präzipitierungsvermögen ver- lieren. Versuche, präzipitierende Antisera gegen bestimmte Arznei- mittel herzustellen, sind von Lusınır gemacht. Dieselben sollen an dieser Stelle erwähnt werden, weil die zur Immunisierung der Ka- ninchen ausgewählten Antigene hauptsächlich dem Pflanzenreich an- gehören. Es gelang, ein spezifisches präzipitierendes Antiserum gegen I,ytta vesci- catoria, Smilax officinalis, Althaea officinalis, Jateorrhyza palmata und Digitalis purpurea herzustellen. Unsichere Ergebnisse wurden mit Aloe; mit Rheum palmatum und Picraena excelsa überhaupt keine Antisera erhalten. Die Bildung der Präzipitine erfolgte um so leichter und reichlicher, je größer der Gehalt der Substanzen an Stärke und Eiweißkörpern war. In diesem Zusammenhang sei zum Schluß über Versuche berichtet, präzipitierende Antisera gegen Farben herzustellen. DE ANGELIS stellte spezifische präzipitierende Sera gegen Methylenblau, Kongorot, Bismarckblau, Vesuvin und Hämatoxylin her, indem er Hunde und Kaninchen mit den Farbstoffen vorbehandelte. Der Niederschlag, welcher sich bei Zimmertemperatur in nicht sehr starken Verdünnungen kurz nach der Mischung bildete, wurde von einer für die Spezifität der Reaktion charakteristischen Verminderung der Intensität des Farbentones der Lösung begleitet. Die Antisera waren schlecht haltbar. Ueber die Richtigkeit dieser Befunde fehlen Bestätigungen. Technik der Eiweißdifferenzierung mittels Präzipitinen. A. Herstellung präzipitierender Antisera. Was die Technik und Methodik der Eiweißdifferenzierung betrifft, so muß bezüglich der Einzelheiten, die für gerichtliche Sachverständige von Wichtig- keit sind, auf das Buch von ÜUHLENHUTH und WEIDANZ: „Praktische An- leitung zur Ausführung des biologischen Eiweißdifferenzierungsverfahrens mit besonderer Berücksichtigung der forensischen Blut- und Fleischuntersuchung, sowie der Gewinnung präzipitierender Sera“ (Gustav Fischer, Jena) verwiesen werden. Hier kann nur in großen Zügen auf die Technik eingegangen werden. Zum Zwecke der Gewinnung präzipitierender Antisera sind, wie bereits in den vorigen Abschnitten erwähnt wurde, außer Kanin- 286 PAUL ÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, chen auch Meerschweinchen (UHLENHUTH, Macınzesco), Hammel, Ziesen (UHLENHUTH, SCHÜLLER), Rinder (Schürze), Pferde, Esel, Schafe, Hunde, Hühner (UnuLen#UuTH) und andere Tiere in Versuch oenommen worden. Für die Herstellung präzipitierender Sera für die Praxis kommt aber fast ausschließlich nur das Kaninchen in Be- tracht. ; Da die Vorbehandlung der Kaninchen mit artfremdem Eiweiß die Tiere angreift, zu Gewichtsabnahme, Freßunlust führt (Anaphylaxie), andererseits in jedem Fall die Gewinnung von möglichst viel Antiserum auf einmal erwünscht sein wird, ist großen gesunden, nicht zu alten Kaninchen der Vorzug zu geben. Kaninchen liefern durchschnittlich 7Ocem, große Tiere bis zu 80—100cem Serum. Nach Ossının gelingt, wie bereits oben erwähnt, dieGewinnung von Präzipitinen (Laktoserum) bei Kaninchen frühestens, wenn sie 49 Tage alt sind, bei künstlich ernährten Tieren im allgemeinen später als bei solchen, welche lange an der Mutter- brust genährt waren. Dafür, daß die Kaninchen schneller Präzipitine liefern, wenn man sie hungern läßt, haben sich bisher keine sicheren Anhaltspunkte er- geben. Dagegen verdient ein Vorschlag von LEERS Beachtung, Kaninchen, welche von Müttern stammen, welche ein gutes Antiserum lieferten, für die Immunisierung und für eine Zucht zu verwenden, da die Fähigkeit, präzipi- tierende Immunsera zu liefern, sich von der trächtigen Mutter angeblich auf deren Junge übertragen soll. Nach den Untersuchungen von MopıcA u. a. sollen die gleichzeitige Behandlung der Kaninchen mit Antigen und mit Phos- phor, Glyzerin oder Arsen (Atoxyl) die Bildung der Präzipitine beschleunigen und das präzipitierende Vermögen der Antisera erhöhen. Die Vorschriften für die Auswahl des Injektionsmate- rials können dahin zusammengefaßt werden, daß zur Vorbehandlung der Kaninchen am zweckmäßigsten dasjenige Eiweiß eingespritzt wird, das durch die Reaktion nachgewiesen werden soll. UHrtenHnurH hat für die Zwecke des forensischen Blutnachweises am Anfang nur defibriniertes Blut als Injektionsmaterial verwendet. Die Gewinnung und Herstellung defibrinierten Blutes ist aber um- ständlıch. Sofern flüssiges Blut zur Verfügung steht, verwendet man daher besser Blutserum, durch dessen Einspritzung Präzipitine besser erzeugt werden sollen (Norr). Menschenserum ist häufig schwer er- hältlich, daher verdient zunächst ein Vorschlag UHLENHUTHsS Be- achtung, sich des angetrockneten Blutes zu bedienen. UHLENHUTH empfiehlt Gerichtsärzten und allen denjenigen, welche sich be- rufsmäßig mit der biologischen Eiweißdifferenzierungsmethode zu befassen haben, sich eine Sammlung von Proben angetrockneten Blutes derjenigen Tierarten, deren Bestimmung forensisch in Betracht kommen kann, anzulegen. Das Blut wird am besten bei der Tötung aufgefangen, kann aber auch von der Leiche entnommen werden, vorausgesetzt, daß es noch nicht zersetzt ist. Verunreinigtes Leichenblut kann nach LÖFFLER verwendet werden, wenn es in getrocknetem Zustand eine halbe Stunde lang bei 150° sterilisiert wird. Das Blut wird im Vakuum (WEICHARDT) getrocknet oder einfacher (UHLENHUTH) in Petri- schalen in einer etwa !/, cem hohen Schicht ausgegossen oder ausgebreitet ; die Petrischalen werden im Brutschrank bei 37° so lange belassen, bis das Blut vollständig getrocknet ist und abgekratzt werden kann. Eine derartige Samm- lung hat den Vorteil, daß ihr Blutproben zur Anstellung von Kontrollen bei der Ausführung der Reaktion entnommen, und damit auch Blutlösungen für die Immunisierung der Kaninchen hergestellt werden können. Mit dem angetrock- neten Blutmaterial sind noch nach mehrjähriger Aufbewahrung präzipitierende Antisera hergestellt worden (UHLENHUTH). Trotzdem empfiehlt es sich, die alten Blutproben von Zeit zu Zeit durch neue zu ersetzen. Eine solche Samm- lung soll auch das Blut der bekanntesten Wildarten enthalten, denn in Wildererprozessen kommt die biologische Methode häufig zur Anwendung und das zur Vorbehandlung der Kaninchen notwendige Material ist während der Schonzeit nicht erhältlich. Die Verarbeitung des angetrockneten Bluts als Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 287 Injektionsmaterial geschieht in der Weise, daß das Blut im Mörser zu einem Pulver zerstoßen wird und in physiologischer Kochsalzlösung, nach MopıcA in Glyzerin, aufgelöst wird. Ein genauer Maßstab für die Eiweißkonzentration derartiger Lösung fehlt, es empfiehlt sich aber, dieselben möglichst konzentriert herzustellen. Die Verwendung von Blutserum verdient in denjenigen Fällen den Vorzug, in welchen dasselbe ohne Schwierigkeiten, in steriler Form und in ausreichender Menge zu erhalten ist. Das gilt ohne weiteres von großen Tieren, Pferden, Hammeln, Schweinen u. a. Von diesen kann aus der Jugularis steriles Blut in ausreichender Menge gewonnen werden, ohne daß die Tiere geschädigt werden. Oder es kann auf den Schlachthöfen bei der Tötung Blut in sterilen Gefäßen aufge- fangen werden. Hühnern, Gänsen, Enten, Tauben kann aus der Geflügelvene oder Arterie Blut entnommen werden. Kleinere Tiere, z. B. Ratten, Mäuse, Meerschweinchen, müssen durch Entblutung ge- tötet werden, wenn man ausreichende Mengen Serum für die Immuni- sierung erhalten will. Zur rationellen Ausnutzung des gewonnenen Blutes kann der Blutkuchen nach Absetzung des Serums bei gewöhn- licher Zimmertemperatur noch mit einem Gewicht beschwert werden (WASSERMANN). Bei steriler Entnahme und Verarbeitung kann das Serum den Kaninchen direkt eingespritzt werden. Manche aktive Sera, z. B. von Hühnern, Ratten, Mäusen, sind für Kaninchen stark toxisch und werden nur in inaktiviertem Zustand gut vertragen. Es empfiehlt sich daher vielleicht, in jedem Fall das Serum zu inakti- vieren, zumal da der Inaktivierungsprozeß das Serum für eine längere Aufbewahrung geeigneter zu machen scheint. Im Kaiserlichen Gesund- heitsamt wurde das für die Vorbehandlung der Kaninchen bestimmte Serum ohne Ausnahme inaktiviert, in solchen Fällen, in denen eine absolut sterile Entnahme nicht mit Sicherheit nachzuweisen war, außer- dem im UHLENHUTH-WEIDANZschen Apparat filtriert und in gewöhn- lichen zugeschmolzenen Reagenzgläsern mit durchschnittlichen Mengen von 15 ccm im Eisschrank aufgehoben. Andere Konservierungs- methoden sind die Aufbewahrung des Serums in Reagenzgläsern, deren Wattepfropfen in 10-prozentige Formalinlösung eingetaucht sind, Zu- sätze von Diaphtherin (SCHÜLLER, PRETTNER, EMMERICH), 0,5-pro- zentige Karbollösung, 3-prozentige Karbolkochsalzlösung, Chloroform (ZIEMKE) usw. Alle Zusätze sind entbehrlich, wenn man die vorher angegebene Methode befolgt. Auch die Aufbewahrung des Antigen- materials im Frigo-Apparat ist zweckmäßig. Menschenserum Kann der Untersucher vom eigenen Körper ge- winnen. Die Applikation eines Heurteloup ergibt nur 10 ccm Blut, ein Aderlab an der Beugeseite des Unterarms dagegen bis zu 150 ccm. Im Kaiserlichen Gesundheitsamte wurden die Menschenantisera zeit- weise in der Weise hergestellt, daß die Kaninchen mit den Resten derjenigen Sera vorbehandelt wurden, welche bei der Anstellung der Wassermannschen Reaktion übrig geblieben waren. Eine andere Be- zugsquelle für Menschenserum sind Entbindungsanstalten. Bei Beob- achtung der von UHLENHUTH hierfür gemachten Vorschriften können bei einer Geburt nach der Abnabelung des Kindes aus dem placen- taren Ende der Nabelschnur durch Druck auf die Gebärmutter 20 bis 30 cem Blut gewonnen werden. Diesen Methoden gegenüber stellt die Entnahme von Blut aus der menschlichen Leiche nur einen Notbehelf dar, trotzdem sie von verschiedenen Seiten angewendet und empfohlen 288 PAUL UÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, wird (ZıeMmke, NurtaıL, Hauser, W. A. SCHMIDT, WEICHARDT, ÖBERNDORFFER). Man kann nach steriler Eröffnung des Thorax und der Weichteile das Blut aus dem Herzen und den großen Gefäßen direkt entnehmen oder nach dem Vorschlag von HAuser durch Ein- führung eines Glasrohres in die Vena jugularis externa bei zweckent- sprechender Lagerung der Leiche und Pressen auf das Abdomen zum Ziele gelangen. Zur Entnahme von Blut bei Leichen auch ohne die Notwendigkeit einer Sektion hat OBERNDORFFER einen Apparat an- gegeben, mit welchem nach Einstich einer Nadel in den rechten Vorhof Blut direkt aspiriert werden kann. Alles von der Leiche gewonnene Blut wird den Verdacht bakterieller Verunreinigung erregen und daher vor dem Gebrauch oder der Aufbewahrung sterilisiert werden müssen. Im Notfall können auch die Produkte chirurgischer Eingriffe und Sekrete des menschlichen Körpers zur Immunisierung verwendet werden. Derartige Antisera sind mit Eiweißurin (MERTENS, ZÜLZER), Ascites (SCHÜTZE, ARTHUS & VANSTEENBERGHE), Hydrocelenflüssigkeit, Pleuraexsudat (DIEUDONNE, BUTZA), Cerebrospinalflüssigkeit (MAcınEscu) hergestellt worden. Diese Vorbehandlung ist aber in der Praxis nicht besonders zu empfehlen. Zur Erzeugung präzipitierender Pferdeantisera für die Zwecke der Auslandsfleischbeschau und der Nahrungsmittelkontrolle sind seit jeher Pferdefleischauszüge bevorzugt und auch neuerdings wieder empfohlen worden (Fornet & MÜLLER). Es sind verschiedene Me- thoden zur Herstellung derartiger Fleischsäfte empfohlen worden: Auspressen des zerkleinerten Fleisches durch Koliertücher in einer Preßmaschine oder Buchnerpresse, Gefrieren und schnelles Auftauen (GRÖNING), Auszug und Durchpressen der Fleischstücke in O,1-pro- zentiger Sodalösung (NörErL), physiologischer Kochsalzlösung (FoRNET & MÜLLER), sterilisierter Formalin-NaCl- oder Formalinkalkmagnesia- lösung (LörE), die letzteren gleichzeitig zur Konservierung u. a. In jedem Fall muß möglichst frisch entnommenes Fleisch für die Herstellung des Antigens benutzt werden. Die Verwendung desselben bietet trotzdem Schwierigkeiten. Nach den Untersuchungen von AscoLl, W. A. ScHMiDT, PIORKOWSKI, NÖTEL, Ruppın und unseren eigenen Erfahrungen reagiert nur ein geringer Teil der Kaninchen mit der Bildung von Antikörpern und liefert auch nur schwach präzipi- tierende Antisera, außerdem sind frische Fleischsäfte toxisch, so daß die Tiere an der Vergiftung zugrunde gehen. Die Toxizität kann den Fleischsäften nach W. A. Schmipr genommen werden, indem man sie durch Berkefeldkerzen filtriert. Auch die Injektion von Fleisch- säften, welche 1/, Stunde bei 60° im Wasserbad erwärmt wurden, scheint für Kaninchen unschädlich zu sein. Durch die Erhitzung fallen aber Eiweißkörper in großer Menge und damit vielleicht die wirksam- sten Bestandteile aus. Auch durch die Filtration werden die Auszüge offenbar eiweißärmer. Die Fleischsäfte können im Eisschrank oder im Frigoapparat aufbewahrt werden, ihre Haltbar- und Brauchbarkeit ist aber auch nach Zusatz der oben genannten Konservierungsmittel keine so lange dauernde wie diejenige des gewöhnlichen Blutserums. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden daher auch Pferdeantisera am besten durch Vorbehandlung der Kaninchen mit Serum her- gestellt (UHLENHUTH). Außer den Antiseris für den forensischen Blutnachweis und für die Auslandsfleischbeschau bzw. Nahrungsmittelkontrolle gewinnen Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 289 neuerdings Laktosera zur Unterscheidung verschiedener Milchsorten, Antisera gegen Hühnereigelb und Hühnereiklar bei der Unter- suchung von Eiernudeln und Eiweißpräparaten des Handels, Fisch- antisera zur Bestimmung von Kaviararten, zur Untersuchung von Wallfischfleisch, das unter der Deklaration von Rauchfleisch ein- geführt ist usw., an praktischer Bedeutung. Auch für die Her- stellung dieser Antisera gilt allgemein der Grundsatz, zur Immunisie- rung diejenige Substanz zu verwenden, deren Nachweis erbracht werden soll. Laktosera werden nach unserer Erfahrung am zweck- mäßigsten durch Vorbehandlung der Kaninchen mit durch Zentri- fugieren fettfrei gemachter Milch gewonnen. Es bedarf aber lang- andauernder Injektionen, bis Präzipitine gebildet werden. Als Methode der Einverleibung des Antigens bei Versuchstieren kommt praktisch nur die intravenöse, intraperi- toneale und subkutane Injektion in Betracht. Von den drei Methoden ist die erste die angreifendste, aber auch sicherste, die letzte diejenige, welche am langsamsten zum Ziel führt. Das Blut der Kaninchen vermag vermöge seiner natürlichen bakte- riziden Eigenschaften etwa eingebrachte Mikroorganismen zu über- winden, auch das Peritoneum ist ziemlich widerstandsfähig, während das Unterhautzellgewebe eines natürlichen Schutzes entbehrt. Zudem werden inaktivierte Sera von der Subeutis aus nur schwer resorbiert und aktive Sera können Nekrosen verursachen. Trotzdem können über die zweckmäßigste Art der Vorbehandlung allgemeingültige Vor- schriften nicht gemacht werden, da die Versuchstiere auch gegenüber verschiedenen Arten der Immunisierung je nach ihrer Individualität verschieden reagieren. Ueber die Technik der Injektion siehe UHLENHUTH & WEIDANZ (|. c.). Für die Beurteilung dessen, in welchen Zeitintervallen das Antigen dem Tierkörper zugeführt werden muß, ist es von Interesse, zu wissen, wie sich die Antikörperbildung in der Blut- bahn abspielt. Nach den Untersuchungen von RostoskI und von v. Dun- GERN dauert die auf eine erste Injektion folgende Latenzperiode, wäh- rend welcher keine Präzipitine gebildet werden, 4—5 Tage. Dann ist die Antikörperbildung nachweisbar, sie steigt, erreicht nach 2 Tagen ihr Maximum, bleibt auf dieser Höhe einige Zeit und fällt dann mehr oder weniger langsam. Erfolgt bei Kaninchen, welche bereits Präzipitine liefern, auf eine Erstinjektion eine Reinjektion, dann tritt zunächst innerhalb kurzer Zeit ein Abfall oder vollständiger Schwund der Anti- körperbildung ein, sie erreicht nach S Tagen die Akme, die höher ist als nach der ersten Injektion, und fällt dann allmählich wieder. Nach den Untersuchungen von HınTze ließ sich das einmal in einer Menge von 5 cem eingespritzte Pferdeserum bis zum 12. Tage nachweisen, das Präzipitin trat zwischen dem 7. und 9. Tage auf, erreichte am 13. Tage sein Maximum und sank dann langsam ab. Nach Injektionen von Eidotter war das Antigen durch die Präzipitation 5 Tage lang nach- weisbar, das Präzipitin trat am 4.—5. Tage auf. Es empfiehlt sich für die Praxis der Antiserumgewinnung, die Kaninchen in etwa 6- bis S-tägigen Intervallen zu behandeln. Bei der subkutanen und intra- peritonealen Injektion, bei welcher die Resorption langsam erfolgt, kann natürlich verhältnismäßig mehr Antigen verwendet werden als Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 19 290 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, bei der intravenösen, bei welcher die Injektionsflüssigkeit plötz- lich der Blutbahn zugeführt wird. Außerdem ist zu beachten, daß nach den Untersuchungen von HAMBURGER und von Reuss ver- schiedene Eiweißarten, wie Milch, Eiklar, Sera, bezüglich der Aus- scheidung und Präzipitinbildung ein verschiedenes Verhalten zeigen. Serum konnte durch die Präzipitinreaktion erheblich länger nachge- wiesen werden als Milch und Eiklar. Die Mengen des zuzuführenden Antigens werden zurzeit erheb- lich geringer bemessen als früher, wo man in der Annahme, durch Ein- spritzung reichlicher Eiweißmengen auch eine intensivere Antikörper- bildung zu erzielen, Mengen von 50 ccm und darüber verwendete. Die Untersuchungen von UHLENHUTH, NUTTALL, STRUBE, Bronpr haben aber gezeigt, daß erheblich geringere Mengen ebenfalls zum Ziele führen. Scrur konnte mit 0,004 g Eiweiß, OBERMAYER & Pick mit 0,02 g Ei- weiß, welche im Laufe eines Monats injiziert waren, Präzipitine eT- zeugen. STEFFENHAGEN & SCHOENBURG haben nach 3maliger Injek- tion von je 0,5 ccm Serum hochwertige Rattenantisera hergestellt. Nach dem Gesagten kann als Modus für die Gewinnung präzi- pitierender Sera ganz allgemein eine langsame und vorsichtige, die Individualität des Tieres berücksichtigende Vorbehandlung mit kleinen Mengen Antigen empfohlen werden. Wir spritzen neuerdings meistens 1,0—2,0 cem Serum intravenös und wiederholen diese Einspritzung nach 6—8 Tagen; dann werden nach weiteren 6—8 Tagen 4—5 ccm intraperitoneal eingespritzt; die erste Probeentnahme findet 10—14 Tage nach der letzten Injektion statt. Eine andere Methode ist die von FORNET & MÜLLER empfohlene Schnellimmunisierung. Sie bezweckt, den Tieren das zur Anti- körperbildung notwendige artfremde Eiweiß auf einmal zuzuführen, auf diese Weise das Zusammentreffen von artfremdem Eiweiß mit den auf Grund vorheriger Injektionen gebildeten Reaktionsprodukten zu vermeiden und den dadurch bedingten Tod der Tiere an Ueber- empfindlichkeit zu verhindern. Die Kaninchen erhalten z. B. an 3 aufeinanderfolgenden Tagen 5, 10 und 15 ccm Pferdemuskelsaft en werden am 12. Tage entblutet. BONHOFF & TsuzukKı haben die Angaben von FORNET & MÜLLER bestätigt. Neuerdings berichten auch GAY & FITZGERALD darüber, daß sie innerhalb von li Tagen durch intravenöse Injektion kleiner Mengen von Pferdeserum an drei aufeinanderfolgenden Tagen präzipitierende Sera erhalten haben, die für die Praxis genügen. Die Vorteile der Forxertschen Methode würden, unter der Voraussetzung ihrer Brauchbarkeit, in der Schnelligkeit der Herstellung präzi- pitierender Antisera und der Ersparnis an Kaninchen bestehen. Bald nach Erscheiner der ersten Arbeit von FORNET & MÜLLER hat TROMMSDORFF im UHLENHUTHschen Laboratorium 5 Kaninchen genau nach der Vorschrift von FORNET & MÜLLER, gleichzeitig 3 Kaninchen zur Kontrolle statt mit Muskelpreß- saft mit Pferdeserum behandelt. Die zuletzt genannten Kaninchen lieferten nach 12 Tagen überhaupt keine Präzipitine, von den zuerst genannten 5 Tieren gingen 2 nach der ersten Injektion spontan zugrunde, eins lieferte nach 12 Tagen keine Präzipitine; beı Verwendung des den beiden anderen am 12. Tage entnommenen Serums war in einer Pferdeserumverdünnung von 1:10 eine schwache Trübung zu erkennen. FORNET hat dann in einer größeren Arbeit ausführliche Protokolle seiner Schnellimmunisierungsmethode gebracht und neuerdings auf deren Vor- teile hingewiesen. Daraufhin wurden nochmal 10 Kaninchen in Versuch ge- nommen, von diesen 6 Tiere entsprechend den Vorschriften FORNETs mit dem von ihm angegebenen Pferdefleischpreßsaft, 4 Tiere mit dem wässerigen Auszug aus Pferdefleisch behandelt. Auffällig war, daß die Hälfte der Versuchstiere Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 291 bald nach der letzten Injektion zugrunde ging, obwohl sehr kräftige Kaninchen ausgesucht waren. Von den überlebenden Tieren lieferten 2 schwachwertige Anti- sera, 3 keine Präzipitine. Da nicht auszuschließen war, daß der Tod der Tiere auf eine etwaige Toxizität des frisch gewonnenen Fleischsaftes zurückzuführen war, wurden in einer letzten Versuchsreihe 2 Kaninchen mit durch Kieselgur- kerzen filtriertem Fleischsaft und zur Kontrolle 2 Kaninchen mit Pferdeserum nach der Schnellimmunisierungsmethode behandelt, alle 4 Tiere vom 12. Tage nach der letzten Injektion ab mit kleinen Serummengen nach unserer gewöhnlichen Me- thode in 6—S-tägigen Intervallen weiterbehandelt. In dieser Versuchsreihe ging kein Tier im Anschluß an die Schnellimmunisierung zugrunde, 3 lieferten am 12. Tage schwachwertige Antisera. Der Präzipitingehalt hob sich aber bei allen Tieren, nachdem sie in gewöhnlicher Weise weiterbehandelt wurden. Weitere Versuche wurden nicht mehr angestellt, da nach den Ergebnissen der- Balıen die Schnellimmunisierung keinerlei Vorteile zu bieten scheint. Die vorher gemachten Vorschläge einer langsamen nur intra- venösen oder zuerst intravenösen, dann intraperitonealen Vorbehand- lung schließen die Möglichkeit nicht aus, daß man auch auf anderem Wege, entweder nur intraperitoneal oder nur subkutan, mit größeren Mengen usw. ebenfalls zum Ziel kommen kann. Welche Methode man bevorzugt, hängt schließlich von der Erfahrung des ein- zelnen ab. Die Individualität der Tiere spielt dabei eine erhebliche Rolle. Ein unerwünschter und allen Untersuchern bekannter Zwischen- fall im Verlaufe der Vorbehandlung der Kaninchen ist der Tod der Tiere an Anaphylaxie infolge der wiederholten Eiweißinjektionen. Erfahrungsgemäß tritt dieser Zustand am häufigsten bei der dritten Einspritzung ein und betrifft meist die wertvollsten Tiere, welche bereits Präzipitine liefern. Von der Tatsache ausgehend, daß bei sensibilisierten Meerschweinchen eine der intracardialen oder intravenösen Reinjektion vorausgehende subkutane Ein- verleibung minimaler Mengen der homologen Eiweißart den anaphylaktischen Shock aufzuheben oder zu vermindern vermag, haben wir eine Zeitlang bei den einmal vorbehandelten Kaninchen jeder der folgenden intravenösen oder intra- peritonealen Reinjektionen, durchschnittlich 6 Stunden vorher, eine subkutane Injektion von 0,25—0,5 cem desselben Serums in NaCl-Lösung verdünnt, voraus- geschickt und keine Todesfälle mehr beobachtet. Als wir dann diese Behandlungs- weise bei 10 Kaninchen hintereinander systematisch zur Anwendung brachten, machten wir die Beobachtung, daß die Tiere alle am Leben blieben, daß aber keines derselben Präzipitine, auch nicht in Spuren, lieferte. Diese Erscheinung war auffällig, weil sich unter 10 in gewöhnlicher Weise vorbehandelten Ka- ninchen nach unseren Erfahrungen immer einzelne befinden, deren Serum Präzipitine enthält. Eine sichere Deutung kann diesem Befund nicht gegeben werden. Die Beobachtung verdient in größeren Versuchsreihen nachgeprüft zu werden. StryzowskI hat die Frage untersucht, ob der Kaninchenorganis- mus bei gleichzeitiger Einspritzung von zwei oder mehreren Seris verschiedener Art auch ein zwei oder mehrere adäquate Präzipitine enthaltendes Antiserum liefert, ob die etwa erzeugten Präzipitine unter sich äquivalent und ebenso hochwertig sind, wie sie nach der Einspritzung eines einzigen Serums entstehen, und schließlich, ob derartige mehrwertige präzipitierende Antisera Aussicht auf prak- tische Anwendung haben. Stryzowskı gelang es, bi-, tri- und tetra- valente Antisera herzustellen, deren Fällungsvermögen ungleichwertig und für menschliches Eiweiß auffallenderweise am schwächsten war. Die Frage der praktischen Verwendbarkeit derartiger Sera bejaht 192 292 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Stryzowskı insofern, als er glaubt, daß sie zur schnelleren Orientie- rung bei der Blutdiagnose dienlich sein werden. Nachdem die Kaninchen eine Zeitlang in der vorher geschilderten Weise behandelt sind, müssen durch eine Probeblutentnahme die präzipitierenden Eigenschaften des Serums festgestellt werden. Die Probeblutentnahme geschieht am einfachsten aus der Ohrarterie, eine solche aus der Femoralis (KısteEr & WOoLFF) ist umständlicher. Die in der Mitte des Ohres verlaufende, durch ihre Pulsation erkennbare Arterie wird durch einen heißen Tupfer, durch Xylol oder durch Beklopfen hyperämisch gemacht. Die Arterie wird mit der Schere möglichst peripher, um für spätere Untersuchungen Platz zu haben, angeschnitten und das Blut in einer Menge von 2—3 ccm in einem kleinen Zentrifugenglas aufgefangen. In flachen Schalen aufgefangenes Blut scheidet reichlicher Serum ab (NUTTALL); die Verwendung der Zentrifugenröhrchen hat aber den Vorteil, daß Te Serum aus ihnen nach dem Absetzen und Zentrifugieren für die Titer- stellung mit der Pipette direkt entnommen werden kann. Die durchschnittene Arterie wird umstochen und unterbunden. Nach den Untersuchungen von UHLENHUTH & BEUMER soll die Probeentnahme nach der 3. Injektion erfolgen. Ist diese intravenös erfolgt, so liegt der Höhepunkt der Präzipitinbildung etwa am 8. Tage, bei intraperitonealer Injektion 2 Tage später. Zur Bestimmung der Wertigkeit eines präzipitieren- den Serums sind verschiedene Methoden angegeben. WASSERMANN und ScHÜTze bezeichnen als „Normalpräzipitierungsserum“ ein Serum, welches in einer Menge von 1 ccm mit einer Auflösung von 0,1 ccm de- fibriniertem Blut in 5 ccm NaCl-Lösung nach einem einstündigen Auf- enthalt im Brutschrank bei 37° einen Niederschlag gibt. Ein solches Serum stellt eine „Präzipitierungseinheit“ dar; ein zu prüfendes Serum, das in einer Menge von 0,1 ccm denselben Niederschlag gibt, ist ein „lO-faches Normalpräzipitierungsserum“. Das Antigen für die Titerbestimmung wird hergestellt, indem Leinwandläppchen in die NaCl-Lösung gebracht werden, an denen je 0,1 ccm flüssiges Blut angetrocknet ist. In ähnlicher Weise setzt L. MicHarLıs zu konstanten Antigen- mengen steigende Präzipitinmengen und drückt den Titer in einem Bruch aus, in dessen Zähler die Antigenmenge, im Nenner die kleinste Menge Präzipitins steht, welche eine Trübung hervorruft. NUTTALL, Kraus, HAMBURGER, IpE messen die Höhe des Präzipitats, welches entsteht, wenn konstante Mengen präzipitierenden Serums und kon- stante Mengen präzipitabler Substanz zusammengebracht werden. Ein von NUTTALL & JucHLEY für diese Zwecke konstruierter Apparat besteht im wesentlichen aus einer Serie gleichkalibrierter senkrecht aufzustellender Kapillarröhren in einem Holzgestell; in diesen wird das abgesetzte Präzipitat aus 0,1 ccm Antiserum mit 0,5 ccm einer l-prozentigen homologen Serumverdünnung aufgesaugt und mit einem optischen Instrument gemessen. Die Untersuchungen mit dem Nur- raschen Apparat geben exakte wissenschaftliche Resultate; das Ver- fahren ist aber umständlich und zeitraubend. Ueber die Einzelheiten siehe UHLENHUTH & WeEIDanZz (I. c.). Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 293 Demgegenüber besitzt die Titerbestimmung nach UHLENHUTH & BEumErR, welche sich für die Wertmessung präzipitierender Antisera allgemein eingebürgert hat, den Vorzug großer Einfachheit. Sie beruht darauf, daß zu fallenden Antigenmengen (je 0,9 ccm fallender Serumverdünnungen von 1 Serum:1000 NaCl-Lösung bis zu 1:20 000) konstante Mengen (je 0,1 ccm) präzipitierenden Serums zugesetzt werden. Man bezeichnet als Titer eines präzipitierenden Antiserums diejenige Verdünnung des Antigens, in welcher innerhalb 5 Minuten nach Zusatz des Antiserums noch eine deutliche Reaktion eintritt. Demnach würde ein präzipitierendes Pferdeantiserum, von dem O,l ccm mit 0,9 ccm einer Pferdeserumverdünnung von 1:20000 innerhalb 5 Minuten eine deutliche Trübung gibt, den Titer von 1:20000 haben. (Näheres s. UHLENHUTH & WeEIDANZ, |. c.) Mit der Hochwertigkeit eines Antiserums sind die Anforderungen an seine Brauchbarkeit aber noch nicht erschöpft. Ein brauchbares Antiserum muß nach den Forderungen UHLEnHurtHs drei Bedingungen erfüllen: es muß klar, artspezifisch und hochwertig sein. Diesen Forderungen liegen langjährige Erfahrungen über die Eigen- tümlichkeit mancher Antisera zugrunde, welche nacheinander "be: sprochen werden sollen. Kaninchensera opaleszieren häufig. Die Opaleszenz ist nicht eine spezifische Eigenschaft präzipitierender Antisera, denn sie findet sich bei unvorbehandelten Kaninchen und vorbehandelten, welche keine Präzipitine liefern, ebenfalls. Sie ist bei präzipitierenden Seris deshalb besonders störend, weil nach Zusatz derselben zu klarem Antigen eine Trübung eintritt, welche einen positiven Ausfall der Reaktion vortäuscht. Nach der Abnahme und dem Absetzen des Serums im Zentrifugenröhrchen fällt die Opaleszenz zunächst kaum auf oder man nimmt beim Hineinblicken in das Glas einen eigen- artigen irisierenden Glanz wahr; erst nach dem Zusatz zum Antigen oder zu physiologischer Kochsalzlösung wird sie deutlich. Bleiben die Reagenzgläschen längere Zeit stehen, so kann sich ebenso wie bei den Präzipitaten ein Bodensatz bilden. Die Opaleszenz des Serums hängt vielleicht mit der Verdauungstätigkeit des Tieres zusammen, denn man kann beobachten, daß sie bei einer erneuten Titerstellung ver- schwunden ist, wenn man das Tier 24 Stunden hat hungern lassen. Die Opaleszenz des Serums ist also kein dauernder Zustand beim lebenden Tier. Opaleszierende Sera abzunehmen, in der Erwartung, sie durch Filtration oder chemische Zusätze zu klären, ist zwecklos. Die Prüfung der Artspezifität betrifft die bereits erörterte Eigenschaft mancher Antisera, besonders hochwertiger, auch in hetero- logen Eiweißlösungen eine Trübung zu verursachen, Diese heterologen Trübungen dürfen nicht mit den oben beschriebenen Verwandtschafts- reaktionen verwechselt werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dab die Präzipitinreaktion erst in entsprechenden Verdünnungen des Antigens spezifisch ist. Die Kontrollen zur Feststellung etwaiger heterologer Trübungen werden demnach nach der Vorschrift von UHLENHUTH erst in einer Serumverdünnung von 1:1000 her- gestellt. Leers hat mittels der Hemmung der spezifischen Reaktion durch Präzipitoidserum versucht, die heterologen Trübungen auszuschalten. Wie bekannt, verlieren Präzipitine durch Erhitzen auf 70° ihre 294 PAUL ÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, fällenden Eigenschaften und werden in Präzipitoide mit nur mehr bindenden Eigenschaften umgewandelt. Werden Antigene mit Prä- zipitoiden und dann mit Präzipitinen versetzt, tritt eine Hemmung der spezifischen Reaktion ein. Der praktischen Anwendung dieser Erscheinungen steht nach den eigenen Angaben von LEERS die Un- möglichkeit entgegen, das Präzipitoid exakt zu dosieren. Wird davon zu wenig zugesetzt, wird die Reaktion nur verlangsamt und nicht ge- hindert, zuviel Pr äzipitoid kann unter Umständen auch die heterologe Reaktion hemmen. Wenn für die Titerstellung Serum als Antigen nicht zur Ver- fügung steht, kann angetrocknetes Blut in folgender Weise verwendet werden: Erfahrungsgemäß ist festgestellt, daß eine Auflösung von ein- eetrocknetem Blut in phy siologischer NaCl- -Lösung in ihren Eiweiß- konzentrationen einer Serumverdünnung von 1:1000 ungefähr dann entspricht, wenn die Salpetersäurekochprobe eine eben erkennbare Trübung ergibt. Man verfährt dabei in der Art, daß man eine kon- zentrierte Stammlösung herstellt, steigende Mengen derselben zu meh- reren Reagenzgläsern mit gleichen Mengen NaÜUl-Lösungen so lange zusetzt und kleine Proben an der Hand der Salpetersäurekochprobe prüft, bis die vorgeschriebene Verdünnung gefunden ist. Eine andere Methode empfiehlt, mit einer Kapillarpipette Tropfen von je 0,05 ccm Blut auf Fließpapier oder Leinwandläppchen zu bringen und an- trocknen zu lassen. Ein ausgeschnittenes Blutfleckchen mit 50 ccm NaCl-Lösung aufgelöst entspricht einer Blutlösung von 1:1000. Eine Sammlung derartiger Läppchen hat den Vorzug langer Haltbarkeit. Die Verwendung von Blutlösungen für die Titerbestimmung hat da- segen den Nachteil, daß die Anwesenheit des Blutfarbstoffes die Er- kennung schwacher Trübungen erschwert (UHLENHUTH, BEUMER, Hauser, KıstEeR & Worrr) und das Hämoglobin unter Umständen auf den Ablauf der Reaktion hemmend wirken soll (Hauser). Serum ist reicher an Eiweiß und präzipitabler Substanz als die gleichen Mengen Blut. Die Titerstellung eines Antiserums an Serumverdün- nungen ergibt also eine höhere Wertigkeit als an Blutverdünnungen (ScHurz). Serum, das längere Zeit aufbewahrt ist, verliert anschei- nend an präzipitabler Substanz; möglichst frisch entnommenes Serum eignet sich daher am besten als Antigen für die Titration. ö Die von UHLENHUTH angegebene Methode der Titerstel- lung gestaltet sich nach dem vorher Gesagten demnach in folgender Weise: Der hierfür notwendige Bestand an Glassachen und Instrumen- tarium ist derselbe wie derjenige bei der noch zu besprechenden eigentlichen biologischen Reaktion. Das einfachste Reagenzglasgestell für vorliegenden Zweck ist das von UHLENHUTH & BEUMER (Fig. 2 und 3). Es faßt 12 kleine Reagenzgläser von 0,9 cm near und 11 cm Länge, welche in dem oberen Brett des Gestells frei hängen, so daß die Kuppe, des Glases genau beob- achtet werden kann. In dem Gestell von W. A. Schmi»DT haben die Rea- genzgläschen eine aus massivem Glas bestehende verlängerte Kuppe, mit welcher sie in der unteren Querplatte des Gestells feststehen. Diese Vor- richtung gestattet es ebenfalls, daß die Bildung eines Präzipitats im Grunde des Glases genau beobachtet werden kann. Das Gestell von W. A. ScHMiDT ist außerdem mit einem weißen Blatt zur Aufzeichnung der Befunde versehen, die Reagenzgläser können mit gläsernen Kuppen zugedeckt werden, damit keine Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 295 Fliegen in dıe Röhrchen hineinfallen. Das von DüÜrcK angegebene Gestell be- zweckt, die Bildung des Präzipitats in der Weise deutlich zur Anschauung zu bringen, daß die Röhrchen in eine Wanne mit Zedernholzöl gebracht werden. Das FRIEDBERGERsche Gestell ist eine Modifikation des UHLENHUTH-BEUMER- schen, die Reagenzgläschen sind kleiner als in diesem und hängen statt in einer Holzleiste in einem Drahtgeflecht. Von Glassachen werden außer den in bakteriologischen oder chemischen Laboratorien vorrätigen Erlenmeyerkolben, Reagenzgläsern etc. graduierte Pipetten mit 10 cem und mit 1 ccm gebraucht. Statt der letzteren können auch Glaskapillaren verwendet werden, die unter Voraussetzung des Vorhandenseins einer Gebläselampe im Laboratorium vom Untersucher selbst hergestellt werden können. 6—8 Tropfen aus einer Kapillar- pipette, durch Ausziehen eines Glasrohres von 5 mm Durchmesser hergestellt, entsprechen 0,1 ccm Flüssigkeit. Man kann aber auch diese Menge mit gra- duierter Pipette in eine Glasschale blasen und mit der Kapillarpipette auf- saugen, die letztere kalibrieren und für die Reaktion verwenden. Für die Ausführung der Titerstellung werden in die ersten drei Röhrchen des UHLEnHUTH-BEUMERSchen Gestells je 0,9 ccm Ver- dünnungen des homologen Serums von 1:1000, 1:10000 und 1:20 000, in das 4. und 5. Röhrchen je eine Verdünnung eines hetero- logen Serums 1:1000 und in das 6. Röhrchen 0,9 cem physiologischer NaCl-Lösung eingefüllt. Die Wahl der heterologen Serumverdün- nungen ist in das Belieben des Untersuchers gestellt, bei Austitrierung eines Menschenantiserums kann z. B. Pferde- und Schweineserum verwendet werden. Man kann die Zahl der Kontrollen auch ver- größern und statt zwei heterologer Sera deren mehrere auf Prä- zipitatbildung prüfen. Die Spezifitätsbestimmung würde dadurch an Genauigkeit gewinnen, im allgemeinen ist das aber nicht notwendig, denn ein Uebergreifen des Antiserums auf heterologe Eiweißarten pflegt sich bei der von UHLENHUTH vorgeschriebenen Beobachtungs- dauer von 20 Minuten meistens auch bei Verwendung von nur zwei Kontrollen, wenn auch graduell verschieden, zur Genüge zu dokumen- tieren. Alle für die Titration zu verwendenden Glassachen und die NaCl-Lösung müssen sorgfältig sterilisiert sein. Der Zusatz des Antiserums erfolgt in der Weise, daß man je 0,1 ccm vom Rande her den in dem Gestell hängenden Reagenzgläsern langsam zufügt. Das Gestell wird dabei mit der linken Hand zweckmäßig etwas schräg gehalten, die Spitze der mit der rechten Hand gehaltenen und mit dem Zeige- finger verschlossenen 1,0-ccem-Pipette wird senkrecht auf die unterhalb des Randes liegende Innenfläche des Reagenzglases aufgesetzt, durch Abheben des Zeigefingers wird die entsprechende Serummenge entleert (siehe Fig. 2). Das Antiserum läuft dann an der Wand des Reagenzglases langsam nach abwärts durch das Antigen hindurch und sammelt sich in der Kuppe, da es spezifisch schwerer ist als die NaCl-Verdünnung des Serums. Der Ablauf der Reaktion soll niemals bei direktem Einfall des Lichtes beobachtet werden, sondern nur in der Weise, daß hinter das Gestell ein schwarzer Pappschirm schräg gehalten wird (siehe Fig. 3). Der Ablauf einer positiven Reaktion vollzieht sich in der Weise, daß an der Berührungsstelle zwischen Antiserum und Antigen zuerst ein schwacher, aber scharft begrenzter grauer Ring auftritt. Dieser nimmt an Intensität allmählich zu, dabei wird die Flüssigkeits- schicht unmittelbar unterhalb und oberhalb des Ringes auch etwas getrübt. Dann nimmt die Flüssigkeit in der Kuppe eine zuerst hauchartige, dann wolkige Trübung an, nach 10—30 Minuten ist das Präzipitat als flockiger Bodensatz ausgefallen. Bei negativem Aus- fall der Reaktion ist das durch seinen gelblichen oder rötlichen Farbenton auffallende Antiserum in der Kuppe von der darüber be- 296 PAUL ÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, findlichen Serumverdünnung scharf abgesetzt, eine Trübung ist aber nicht erkennbar. Bei der UHLENHUTHSchen | Titerstellung gibt nicht die Menge des gebildeten Präzi- pitats die Wertbestimmung des geprüften Antiserums, sondern der zeitliche Ablauf der Re- aktion. Es empfiehlt sich also mit der Uhr in der Hand fest- zustellen, wann die Trübungen in den einzelnen Röhrchen aufgetreten sind. Ein brauch- bares Antiserum darf zunächst in den beiden Kontrollröhr- | chen mit den heterologen Seris und dem letzten Röhrchen mit | der NaÜl-Lösung keine Spur einer Trübung hervorrufen. Die Verwendung eines Pferdeanti- serums in der Nahrungsmittel- kontrolle, das z. B. auf Schweine- eiweiß übergreift, würde aus naheliegenden Gründen zu ver- hängnisvollen Irrtümern führen können, und trübe Antisera können, wie bereits auseinan- dergesetzt, positive Reaktio- nen vortäuschen. Die von URHLENHUTH für die Höhe Fig. 2. der Wertigkeit eines Anti- serums ausgearbeiteten Vor- schriften besagen, daß in dem 1. Röhrchen (Serumverdünnung 1:1000) innerhalb einer Minute ein deutliches Präzipitat sich gebildet habe, Fig. 3. in dem 2. (1:10000) und 3. (1:20000) nach 3 bzw. 5 Minuten der Beginn der Trübung (siehe Fig. 4) zu erkennen sein muß. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 297 In den Kontrollen darf innerhalb 20 Minuten eine Trübung nicht auftreten. Von manchen Autoren wird sowohl bei der Austitrierung der Antisera als auch bei Anstellung der eigentlichen Reaktion statt der Unterschichtung eine Mischung von Antiserum und Antigen vorge- nommen. Der positive Ausfall der Reaktion äußert sich alsdann in einer mehr oder weniger ausgesprochenen Trübung der gesamten Flüssigkeit. Es wird auch empfohlen, die das Antigen und Antiserum in Mischung enthaltenden Röhrchen in den 37 0-Brutschrank zu stellen und den Ablauf der Reaktion erst zu beobachten, wenn die Röhrchen sich einige Zeit darin befunden haben. Diese Methoden sind nach unseren Erfahrungen für die Praxis nicht brauchbar. 1 2 3 4 B) 6 Fig. 4. Ein abweichendes Verfahren ist bei der Titerstellung von Lakto- seris und Antieigelbseris anzuwenden, sofern Hühnereigelb und gewöhnliche Milch als Antigen benutzt wird. Die Forderung, nur mit absolut klaren Lösungen zu arbeiten, kann dabei nicht erfüllt werden, weil Eigelb und Milch auch in Verdünnungen in 1:20000 NaQl- Lösung noch leicht getrübte Emulsionen darstellen. Man kann fol- genden Weg einschlagen: Es werden Verdünnungen der Antigene her- gestellt von 1:10 bis zu 1:20000 und darüber. Nach Zusatz des Antiserums (0,1 ccm) zu 0,9 ccm der Antigenverdünnung äußert sich ein positiver Befund in einem, dem Agglutinationsphänomen ähn- lichen, flockigen Ausfall der präzipitablen Substanz. Die Röhrchen mit Zusatz von normalem Kaninchenserum zeigen kein derartiges Verhalten. Wenn nach der Probeentnahme ein Antiserum bei der Titer- stellung als hochwertig befunden wird, ist es zweckmäßig, das Tier zu entbluten. Da der Präzipitingehalt unter Umständen schon nach 24 Stunden erheblich abgenommen haben kann, empfiehlt es sich, die definitive Blutabnahme sofort vorzunehmen. Zu diesem Zweck werden nach ÜHLENHUTH bei dem chloroformierten Tier unter aseptischen Kautelen die Weichteile der Brust durchtrennt, der Brust- korb freigelegt, die vordere Brustwand entfernt und. die großen Ge- fäße an der Herzbasis durchschnitten. Das Tier wird auf diese 298 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Weise in die eigene Brusthöhle entblutet, das Blut mit sterilen Pi- petten aufgesaugt und in Glaszylindern 24 Stunden lang bei Zimmer- temperatur aufgehoben, bis sich das Serum abgeschieden hat. Siehe das Nähere bezüglich der Technik bei UHLENHUTH & WEIDANZ (:2e3): Eine andere Methode ist die fraktionierte Blutentnahme, durch welche die Gewinnung von möglichst viel Antiserum erreicht werden. soll (Hauser, LEERS u. a.). Das Tier wird, sobald es nach mehr- maliger Vorbehandlung ein hochwertiges Antiserum liefert, nicht ge- tötet, sondern bei möglichst guter Pflege am Leben gelassen, nach- dem ihm aus der Ohrarterie eine größere Menge Blut entnommen ist. Es wird mit kleinen Antigenmengen weiter behandelt; dann wird ihm wieder Blut abgenommen usf. Die fraktionierte Blutentnahme ist für das Tier schwächend, kann meist nur 4mal wiederholt werden und findet häufig ihr Ende dadurch, daß die Tiere keine Präzipitine mehr liefern (LEERS, BARTHE). Andere Autoren lassen die Kanin- chen ebenfalls leben, setzen die Immunisierung fort und entnehmen je nach Bedarf das für eine Reaktion notwendige Quantum Blut (MERKEL, HAUSER, GRÖNING, KISTER und Worrr). Die Entblutung ist, wenn das Serum hochwertig genugist, wohlin jedem Falle ratsam, denn das Serum verliert unter Umständen im Tier- körper schnell seine Wertigkeit. In verschlossenen Gläsern auf- bewahrte Antisera behalten häufig mehrere Jahre lang ihren Titer (WEIDANZ). Die Aufbewahrung eines klaren und sterilen Antiserums hat früher anscheinend erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Man hat daher entweder konservierende Zusätze gemacht oder das Serum in trockener Form aufbewahrt. UHLENHUTH selbst hat früher Karbol- säure oder Chloroform (Bıoxpı) zugesetzt. Andere Zusätze sind Aethylalkohol und arsenige Säure (LöFrrFLEr), Karbolkochsalzlösung, Diaphtherin (ScHÜLLer), Trikresol (Nurrart), Toluol, Xylol, Benzol, Chinosol, Sublimat u. a. (ScHUR). GRIGORJEw empfiehlt neuerdings zur Konservierung sowohl des für die Immunisierung der Ka- ninchen bestimmten menschlichen Blutserums als auch des von ihnen gewonnenen Antiserums 30-prozentigen Alkohol, der zu gleichen Volumteilen zugesetzt wird. Bei ganz frischem Material genügt auch der Zusatz von 20-prozentigem Alkohol. Die Flüssigkeiten wurden bei Zimmertemperatur gehalten und zeigten ein halbes Jahr lang keinerlei Verunreinigungen. Alle chemischen Agentien, besonders aber das Formalin (Marx, MERKEL) schädigen die Antisera. Corn, 3IONDI, .JACOBSTHAL, STOCKIS, v. EISLER trocknen das Serum im Exsikkator. Das Trockenserum soll Temperaturen von 130° aushalten (Bıonpı), löst sich aber schwer und nicht ganz klar (UHLENHUTH, SCHÜLLER). ÖTTOLENGHI, .‚JACOBSTHAL, V. EISLER, BERESTNEFF trocknen Serum auf Papier, BERESTNEFF auf weißem Filtrierpapier, v. EISLER auf schwarzem Naturpapier. Mengen von je 0,1 cem Antiserum werden auf je 1 qem große Stücke Papier gebracht und im Brutschrank getrocknet. Die Versendung derartigen Materials ist bequem (Kraus), es hält Temperaturen von 100° aus, muß aber dem Einfluß von Licht, Luft und Feuchtigkeit entzogen werden. Bei der Anstellung der Reaktion wird das Papier direkt in die Blut- oder Serumlösung hineingebracht, das schwarze Papier als Hintergrund im Reagenzglas macht En Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 299 gleichzeitig den Eintritt der Trübung sichtbar. ELISABETH PETROFF fand, daß präzipitierende Sera, 54 Stunden lang in flüssiger Luft bei — 190° aufbewahrt, ihre spezifischen Eigenschaften nicht verloren hatten. Die Schwierigkeiten einer sterilen Aufbewahrung des Antiserums mögen zum Teil in der Unzulänglichkeit der Filtrationsapparate zu suchen sein. Diesem Mangel hilft eine von UHLENHUTH und Wer panz angegebene Modifikation des Maassenschen Filtrationsapparates ab. Der Apparat besteht im Prinzip aus einer Berkefeldkerze und einer Saugflasche, aus welcher das Filtrat unter dem Schutz einer Glasglocke direkt in kleine Gläschen abgefüllt werden kann. Alle Teile sind gut sterilisierbar und einzeln zu ersetzen. Die Berkefeld- Fig. g ot kerzen können nach Beendigung der Filtration durch umgekehrte Filtration von Resten des Antiserums befreit und auf diese Weise nach der Sterilisierung nochmals benutzt werden. Seit der Ver- wendung dieses Apparates sind uns Verunreinigungen des Anti- serums, welche bei Anwendung des alten Filtrationsverfahrens nicht allzu selten waren, nicht mehr vorgekommen. Ueber die Technik der Filtration siehe UHLENHUTH & WEIDAaNnZ (l. e.). Im Kaiserlichen Gesundheitsamt werden die hochwertigen, für die Abgabe nach auswärts bestimmten Antisera direkt nach der Filtration in braune Reagenzgläschen von 12,5 cm Länge und 0,7 cm Durchmesser in Mengen von 2,0 ccm abgefüllt. Die gefüllten Röhr- chen werden sofort zugeschmolzen. In derselben Weise wird das Serum in den Sächsischen Serumwerken zubereitet und in den 300 PAUL UÜHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Handel zebracht. Das Wiener serotherapeutische Institut gibt das Serum in auf schwarzem Papier angetrocknetem Zustande ab (s. oben). Am kühlen Ort und vor Licht geschützt bewahren präzipitierende Antisera lange Zeit ihre Wertigkeit und Brauchbarkeit. Glänzende Auflagerungen auf der Oberfläche sind häufig durch Cholestearin- kristalle verursacht. Trübungen in der Kuppe können auf Auto- präzipitationen zurückgeführt werden, sie entstehen, wenn das Serum den Kaninchen abgenommen wurde, so lange noch freies Antigen in der Blutbahn kreiste (Weıpanz). Der Bildung der Autopräzipitate wird vorgebeugt, wenn die Vorbehandlung der Tiere in der vorher beschriebenen Weise erfolgt. Serum mit Autopräzipitation kann an Wertigkeit abnehmen; es muß nach dem Zentrifugieren nochmals aus- titriert werden. Mitunter findet man bei sonst klarem Serum in den Röhrchen kleine Schimmelpilzwucherungen; derartiges Serum kann unbedenklich verwendet werden. B. Anwendung des biologischen Verfahrens in der gerichts- ärztlichen Praxis. In der gerichtsärztlichen Praxis findet die Präzipitinmethode am häufigsten Anwendung bei der Blutdiagnose. Sie ist, wie gesagt, nur eine Eiweißdiagnose. Für die Feststellung, daß es sich um Blut und nicht etwa um andere eiweißhaltige Substanzen derselben Tier- art handelt, sind daher außerdem die physikalischen, chemi- schen und biologischen Proben auf Blutfarbstoff bzw. seine Zer- setzungsprodukte notwendig, auf die hier aber nicht eingegangen werden kann (s. UHLENHUTH & WeEIDANZ). Alle Glassachen und Lösungsmittel, welche für die Anstellung der Reaktion benötigt werden, müssen in trockener Hitze oder strömen- dem Dampf sterilisiert werden. Die UHLENHUTH-BEuMERschen Re- agenzgläser werden durch das häufige Auskochen und Sterilisieren brüchig und trübe; sie sollten also für die biologische Reaktion nicht zu häufig benutzt werden. Neue Gläser haben an der Kuppe infolge des Zuschmelzens häufig einen Ring, der bei Füllung des Röhrchens mit einer klaren Flüssigkeit eine Trübung vortäuschen kann. Die Röhrchen sollen vor der Benutzung also genau betrachtet werden. Das Untersuchungsobjekt muß zunächst zum Zwecke der Aus- laugung des etwa vorhandenen Bluteiweißes in eine Flüssigkeit ge- bracht werden. Als Lösungsmittel sind versucht worden: gewöhnliches Leitungswasser (UHLENHUTH, BEUMER), destilliertes Wasser und 1/,. physiologische NaCl- Lösung (STRUBE), 0,l-prozentige Natriumbikarbonatlösung (KRATTER). Bei Zusatz verschiedener Sera zu diesen Lösungsmitteln traten aber mehr oder weniger deutliche Trübungen ein. 1-—-2-prozentige Natriumbikarbonatlösungen, 2-prozentige Boraxlösungen, 1-prozentige Sodalösungen, Cyankalilösungen (ZIEMKE) blieben nach Zusatz von Serum klar, beim Kochen trat aber eine Ausfällung des Eiweißes nicht ein. Bei Zusatz des homologen. Antiserums zu Eiweiß-, Soda- und Boraxlösungen trat eine Hemmung der Reaktion ein. Die Präzipi- tine wurden demnach durch Alkalien aufgelöst. Nach den Untersuchungen von W. A. ScHhmipr sind Natron- und Kalilauge zur Auflösung eingetrockneter Ei- weißstoffe zu vermeiden, während Soda und Ammoniak unbedenklich angewendet werden können. GRIGORJEW extrahiert die Blutflecken mit verdünntem Alkohol (1:5), filtriert den rotbraun gefärbten alkoholischen Extrakt und läßt ihn in einem Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 301 Uhrschälchen verdunsten. Der Trockenrückstand wird in physiologischer NaCl- Lösung aufgelöst. Wir möchten lediglich die physiologische NaCl-Lösung als Lö- sungsmittel empfehlen. Das verdächtige Material wird, je nachdem es einer festen Unterlage (Holz, Eisenteile etc.) anhaftet, abgekrätzt oder ausgeschnitten und eventuell noch mechanisch zerkleinert und der Auslaugung mit NaCl-Lösung überlassen. Die Ausiaugung ist von der Menge und Löslichkeit der Eiweißkörper abhängig; sie kann sehr bald beendet sein, aber auch 24 Stunden dauern. Im letzteren Fall wird die Flüssigkeit zum Zwecke der Verhinderung des Bakterien- wachstums mit Chloroformzusatz in den Eisschrank gestellt. Es em- pfiehlt sich, die Gläser bei der Auslaugung ruhig stehen zu lassen und sie nicht zu schütteln, um möglichst klare Lösungen zu erhalten. Einen Hinweis darauf, daß Eiweiß in Lösung gegangen ist, kann die nach dem Schütteln eintretende Schaumbildung der Flüssigkeit geben. Gleichzeitig muß die Salpetersäurekochprobe angestellt werden. Da die Präzipitinreaktion, wie bereits mehrfach betont ist, nur in hohen Verdünnungen spezifisch ist, müssen Verdünnungen des verdächtigen Blutes hergestellt werden, die in ihrem Eiweißgehalt einer Serum- verdünnung von etwa 1:1000 entsprechen. Das geschieht mit der Salpetersäurekochprobe (s. oben). Die für die Reaktion zu benutzenden Auszüge müssen wasserklar sein; im allgemeinen empfiehlt es sich, sie bei Trübungen sofort zu filtrieren. Zur Klärung kann je nach dem Grad der Trübung Filtra- tion durch gewöhnliches Fließpapier stattfinden. Auch Glasstaub (NöTEL), gehärtetes Filtrierpapier nach SCHLEICHER & SCHÜLL, Trichter, welche über dem Filter mit gezupftem Filtrierpapier oder mit Asbest angefüllt sind, Büchnertrichter, welche eine 1—2 mm starke Schicht einer Lösung von ausgeglühter Kieselgur auf darunter liegendem angefeuchtetem Filtrierpapier enthalten (UHLENHUTH, WEIDANZz, WEDEMANN), schließlich Berkefeldkerzen sind geeignet. Bei kleinen Versuchsmengen bedient man sich mit Vorteil des von UHLENHUTH & Weıpanz angegebenen Mikrofiltrierapparats. Dabei ist zu beachten, daß die zuletzt genannten Verfahren eine schärfere Filtration bedingen, infolgedessen aber auch mehr Eiweißkörper zurückhalten und die Flüssigkeit eiweißärmer machen. Am zweck- mäßigsten wird so verfahren, daß die trüben Lösungen zuerst durch gewöhnliches Filtrierpapier filtriert und erst dann, wenn eine Klärung nicht eintritt, die anderen Methoden, soweit erforderlich, angewandt werden. Außer der Untersuchungsflüssigkeit werden nach der Vorschrift von UHtenuurH als Kontrollen noch eine Lösung derjenigen Blutart, deren Nachweis durch die Reaktion erbracht werden soll, Lösungen von 2 heterologen Blutarten und ein Auszug aus einer blutfreien Partie des Substrates verwendet, an dem das Untersuchungsmaterial haftete. Die Wahl der heterologen Blutproben ist belanglos, die- jenigen von Tieren, welche eine Verwandtschaftsreaktion geben, sind nicht zu verwenden. Gesetzt den Fall, daß festgestellt werden soll, ob ein verdächtiger Fleck an einer Manschette Menschenblut ist oder nicht, müßten folgende Lösungen hergestellt werden: eine Lösung des verdächtigen Blutflecks, eine Lösung von sicherem Menschenblut, eine Lösung z. B. von Rinder- und Schweineblut, ein 302 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, Auszug aus einem Stück der Manschette, an welchem Flecken nicht vorhanden waren. Bezüglich des Eiweißgehalts und der Klarheit der Kontrollblutlösungen‘ gilt dasselbe, was über die Behandlung der Untersuchungsflüssigkeit gesagt wurde. Das Lösungsmaterial kann der Sammlung angetrockneten Blutes in Substanz oder der mit ange- trockneten abgemessenen kleinen Blutmengen versehenen Papierstück- chen entnommen werden. Alle Lösungen müssen mit Lackmuspapier auf ihre Reaktion geprüft werden. Sie dürfen weder stark alkalisch noch stark sauer reagieren. Meist zeigen die Auszüge in der vor- geschriebenen Verdünnung von 1:1000 die richtige Reaktion. Alka- lien lösen die Präzipitate auf (TscHistowItsch). Säuren verhindern die präzipitierende Wirkung oder wirken schon an sich eiweißfällend. Als Neutralisationsmittel kommen 0,1-prozentige Sodalösung, Ma- gnesiumoxyd (W. A. Schmipr) und andere in Betracht. Die Not- wendigkeit einer Neutralisierung betrifft eventuell auch die Aus- züge aus dem Substrat. Holz, Baumrinden, Leder enthalten Säuren. Auszüge aus diesen Substanzen geben häufig mit Kaninchenesrum eine Trübung (UHLENHUTH, DÜRCK, GRAHAM-SMITH). An Holz, Stein, Gartenerde, Papier und den verschiedensten für die Untersuchung (GRAHAM-SMITH, ÜHLENHUTH, ZIEMKE) herangezogenen festen Sub- straten konnten Blutproben prompt erkannt werden. Es empfiehlt sich aber in jedem Fall, den Substratextrakt allein auf präzipitable Substanz zu untersuchen (UHLENHUTH, WASSERMANN). Bei Verwendung der bei der Titration der Antisera be- schriebenen Greestelle, Reagenzgläser und Pipetten gestaltet sich die Reaktion nach den Vorschriften UHLENHUTHS im einzelnen folgender- maben: In Röhrchen I und II wird die Untersuchungsflüssigkeit, in Röhrchen III die homologe, in Röhrchen IV und V je eine hetero- loge Blutlösung, in Röhrchen VI physiologische NaCl-Lösung, in Röhrchen VII Substratextrakt eingefüllt. Röhrchen II wird mit normalem Kaninchenserum, die übrigen Röhrchen werden mit spezifischem Antiserum in der bereits beschriebenen Weise unter- schichtet. Als Antigenmenge hat sich in vielfachen Untersuchungen 0,9 ccm, als Immunserummenge 0,1 ccm als praktisch bewährt. Der Ablauf der Reaktion ist bei Abblendung des Lichts durch einen schwarzen Schirm zu beobachten. Für die Beurteilung gelten folgende Regeln: Röhrchen III, IV, V, VI geben den Maßstab für die Brauchbarkeit des verwendeten Antiserums ab. In Röhrchen III muß innerhalb 1 Minute eine deutliche Trübung eingetreten sein (Wertigkeit des Antiserums), Röhrchen IV und V (Spezifität) und ebenso Röhrchen VI (Klarheit) dürfen innerhalb 20 Minuten eine Reaktion bzw. Trübung nicht zeigen. Nach den Erfahrungen von Kraus geben normale Sera bestimmter Tierarten mit solchen anderer Tierarten bisweilen Niederschläge, welche er als normalerweise im Blutserum gesunder Organismen vorkommende Präzipitine zu deuten geneigt ist. In Röhrchen II muß also durch einen negativen Ausfall der Beweis erbracht werden, daß das normale Kaninchenserum nicht schon an sich eine Trübung hervorruft. Schließlich muß nach dem vorher Gesagten auch der Ausfall der Reaktion im Röhrchen VII ein negativer sein. Nur dann, wenn der Ablauf der Reaktion in den 6 Kontrollröhrchen in der eben dargelegten Weise sich abspielt, kann das Resultat im Röhrchen I, das bei positivem Ausfall Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 3083 der Reaktion in gleicher Weise wie Röhrchen III eine Trübung zeigen muß, als sicheres gelten (siehe Fig. 6, Röhrchen VII mit Substrat- lösung ist fortgelassen). I II IIl IV Vi Val Fig. 6. Für die Fälle, in denen nur winzige Blutspuren untersucht werden sollen, kann die Hausersche Kapillarmethode mit Erfolg an- sewendet werden. Sie wird mit ganz fein ausgezogenen Kapillarröhr- chen ausgeführt, die durch Aufsaugen und Kochen in Wasser von den der Glaswand anhaftenden Ausscheidungen befreit und klar gemacht. werden. Man läßt in diese durch Kapillarität zuerst die Aus- laugungs- bzw. Kontrollflüssigkeit, dann behutsam das Antiserum bzw. das normale Kaninchenserum eintreten und verschließt mit Wachs. Die Zahl der Kontrollen und die Be- urteilung des Befundes richtet sich nach dem vorher Gesagten. Üarn- wATH hat die Havsersche Methode etwas modifiziert; er verwendet ein kleines Metallgestell mit Röhrchen von 2 mm Durchmesser und 6 cm Länge; in diese wird mit einem Kapillar- röhrchen zuerst das Antiserum und dann die Untersuchungsflüssigkeit usw. (siehe Fig. 7) eingefüll. Zur Er- kennung und Einstellung des Eiweiß- gehaltes kocht CARNwarTH die Unter- suchungsflüssigkeit in Kapillaren, & bläst dieselbe auf einen Objektträger und setzt ein Tröpfchen Salpetersäure zu. Die Carnwarhsche Methode läßt die Trübungen leichter erkennen, setzt aber doch das Vorhandensein von etwas mehr Untersuchungsflüssigkeit voraus als 304 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, die Havsersche Methode, für welche ein Tropfen zur Anstellung der Reaktion genügt. Der CarnwaArHschen Methode haben sich UHLEN- HUTH, WEIDANZ & AnGELOFF bei dem Nachweis der Herkunft von Blut in saugenden Insekten mit Erfolg bedient. Sie ist neuerdings auch von GaLı- VALERIO bei seinen Untersuchungen über die Be- ziehungen zwischen Blut- und Eiereiweiß von Vögeln und Reptilien zur Anwendung gebracht. Die Reaktion kann auch auf dem Objekt- träger oder im hängenden Tropfen angestellt und ihr Ablauf mikro- skopisch beobachtet werden (RosIn, GRÜNBAUM, TScHISTOVITSCH, TARcHETTI, MopıcaA & Broxpr). Diese letzte Methode ist zu minutiös, ihre Beurteilung setzt große Uebung voraus. Eine Methode, die Spezifität und Deutlichkeit der biologischen Reaktion zu erhöhen, ist von DEHNE angegeben. Sie beruht auf dem Prinzip der von ihm so benannten „spezifischen Löslichkeit“. Nach den bereits erwähnten Untersuchungen von MICHAELIS, v. DUNGERN, RoSTOSKI, EISENBERG, DEAN u. a. vermag ein Ueberschuß des homologen unverdünnten Antigens den Ablauf der Präzipitinreaktion in der Weise zu beeinflussen, daß eine Niederschlagsbildung überhaupt nicht zu- stande kommt, bzw. gehemmt oder eine durch Mischung von Präzipitin mit verdünntem homologen Antigen bereits entstandene Trübung verschwindet, wenn der Mischung nachträglich uud homologes Antigen im Ueberschuß zu- gesetzt wird. DEHNE "mischt je 2,0 ccm von Blutlösungen von ca. 1:1000 vom Menschen und verschiedenen Tieren mit je 0,1 cem Menschenantiserum. Der Inhalt des Röhrchens, in welchem die spezifische Trübung eintritt, wird in 4 Teile geteilt, jeder Teil in ein Reagenzglas gefüllt. Diesen Röhrchen wird homologes Menschenserum, 2mal heterologes Serum und physiologische NaCl- Lösung zugesetzt. Nach 1!/s-stündigem Aufenthalt im Thermostaten und 24- stündiger Aufbewahrung der Röhrchen bei Zimmertemperatur zeigt sich, daß das Röhrchen mit Menschenserumzusatz klar ist, während in den anderen 3 Röhrchen ein Niederschlag vorhanden ist. DEHNE empfiehlt diese Form der Reaktion, um bei positivem Ausfall der UntLenHhurHschen Reaktion der letzteren in der forensischen Praxis eine höhere Beweiskraft zu verleihen. Die Dermsesche Modifikation hat eine praktische Bedeutung nicht gewonnen. LEERS schließt aus seinen diesbezüglichen Nach- prüfungen, dab die passende Dosierung des Ueberschusses an Normal- serum schwierig sei, besonders bei Blutgemischen, weil jede Eiweib- lösung im Ueberschuß bis zu einem gewissen Grade hemmend wirkt. s fehlt auch in der Praxis jedes Bedürfnis nach einer derartigen Modifikation, wenn man sich an die oben angegebenen Vorschriften hält. Während der positive Ausfall der biologischen Reaktion bei An- stellung der erforderlichen Kontrollen mit Sicherheit die Anwesen- heit der homologen Blutart beweist, braucht der negative Ausfall nicht notwendigerweise dagegen zu sprechen, weil äußere Verhält- nisse die Blutspur in einer Weise verändert haben können, daß prä- zipitable Substanz nicht mehr vorhanden ist. Dazu gehört zunächst das Alter des Untersuchungsmaterials. Die Angaben von v. Hanse- MANN & Meyer, bei 3000 bis 5000 Jahre alten Mumien auf bio- logischem Wege ihre Herkunft bestimmt zu haben, würden dafür sprechen, daß die Präzipitinreaktion auch für sehr altes Unter- suchungsmaterial noch ihre Wirksamkeit behält. UHLENHUTH, BEUMER, W. A. ScHamipr konnten dagegen in größeren Untersuchungsreihen bei mehrtausendjährigen, Untexnurn bei 300-jährigen Mumien Ei- weiß mit der Präzipitinreaktion nicht mehr feststellen. Angetrocknete Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 305 Blutflecken konnten von UHLENHUTH noch nach 60 Jahren, von ZIEMKE nach 25 Jahren, von GRAHAM-SMITH & SANGER nach 30 Jahren, von Bıoxpı nach 15 Jahren identifiziert werden. Die Hitze hat einen sehr verschiedenen Einfluß, je nachdem flüssiges oder angetrocknetes Blut ihr ausgesetzt war. Die als Schädlichkeitsgrenzen für flüssiges Blut angegebenen Temperaturen liegen zwischen 60 und 90° (W. A. ScHMIDT, MÜLLER, MEYERS, BoRDET, SCHÜTZE, TSCHISTOWITSCH, EISENBERG, LECLAINCHE & VALLEE, GRAHAM-SMITH u. a.). Als äußerste Hitzegrade, welche die präzi- pitablen Substanzen des angetrockneten Blutes noch ertragen, werden Temperaturen von 160° (Ferrar), 150° (LörrLer), 130—150° (W. A. SCHMIDT) angegeben. Gefaultes Blut konnte noch nach 2 Jahren (UHLENHUTH & BEUMER), resp. nach 1 Jahr (GRAHAM-SMITH & SANGER), in zuge- schmolzenem Glas aufbewahrtes faules Blut noch nach 10 ‚Jahren iden- tifiziert werden (UHLENHUTH, WEIDANZ und STRYZOoWwsky). Die Re- aktion mit gefaultem Blut macht deswegen häufig Schwierigkeiten, weil die Extrakte schwer zu klären sind. Irsen berichtet über zwei kasuistische Fälle: einmal konnten Blutspuren an Laubmassen, die 7 Monate im Freien, zum Teil in der Schneeschmelze gelegen hatten, noch nachgewiesen werden, ein anderes Mal an blutbesudelter Erde nach Ablauf von 6 Wochen nicht mehr. Die Kenntnis desEinflusses vonChemikalien auf die Unter- suchungsobjekte ist deswegen von Wichtigkeit, weil Blutspritzer häufig nachträglich mit irgendwelchen Substanzen behandelt werden, um sie zu beseitigen. Die dabei angewandten Chemikalien bewirken im allge- meinen eine Veränderung der Eiweißkörper und können daher den Ab- lauf der Reaktion erheblich beeinträchtigen. Das gilt von starken Säuren, Alkalien und Antiseptieis. Nach Untersuchungen von UHLEN- HUTH & BEUMER können Soda-, Borax-, Natrium bicarbonicum-Lösungen, bereits in geringer Konzentration zur Verdünnung des Antigens ver- wendet, eine Hemmung der Reaktion bewirken. Kalk scheint die präzipitable Substanz nicht zu schädigen (ZıIEMkE), wirkt aber in- sofern störend, als er zu Antiserum (und Serum) zugesetzt, eine Trübung verursacht. Diese Trübung kann durch Zuführung von CO, und nachträgliche Filtration beseitigt werden (GRAHAM-SMITH). Auch konzentrierte Harnstofflösung (EisEnBer6), Pepsin und Tryp- sin (MıcHAELIS & ÜOPPENHEIMER) wirken zerstörend auf die prä- zipitable Substanz, obwohl mit „peptisch angedautem Eiweiß“, das keine Präzipitation mehr gab, bei Kaninchen noch Präzipitine erzeugt werden konnten. Von Antisepticis, welche nach den An- gaben von GRAHAM-SMITH und NurraLL in besonderem Maße auf den Ablauf der Reaktion schädigend einwirken können, sind unter anderem Formalin, Lysol, Silbernitrat, Sublimat zu nennen. Benzol, Chloroform, Aether scheinen dagegen unschädlich zu sein (UnHLen- HUTH & Weıpanz). Die zerstörende Wirkung der genannten Stoffe wird dadurch erhöht, daß heiße Lösungen zum Auswaschen benutzt werden (Lerrs), z. B. von Kaliseife. In gewöhnlichen, mit schwach alkalischer Seifenlösung hergestellten Blutwaschwässern konnte da- gegen von UÜHLENHUTH dasjenige, welches Menschenblut enthielt, ohne Schwierigkeiten bestimmt werden. Der Nachweis von Blut, welches an den verschiedenartigsten Materialien angetrocknet war, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 20 306 PAvL UutLexHuTH und KARL STEFFENHAGEN, celanz noch nach mehreren Jahren (ÜHLENHUTH, ZIEMKE, GRAHAM- Surrn). Rostbildung scheint auf die präzipitable Substanz nachteilig einzuwirken. CO (UHLENHUTH, ZIEMKE) zerstört die präzipitable Substanz nicht. Nach den Untersuchungen von DoERR & MoLDOoVAN ist ultraviolettes Licht imstande, sowohl spezifische Eiweißkörper nativer Sera zu denaturieren, als auch bei Eiweißantiseris die prä- zipitierenden Eigenschaften zu zerstören. Wir erwähnen diese theo- retisch sehr interessanten Untersuchungen, die in ähnlicher Weise auch von JonEsco-MIHAIESTI & Baron gemacht sind, obwohl sie für die praktische Ausführung der biologischen Eiweißdiagnose zurzeit keine Bedeutung haben. Da getrocknetes Blut gegenüber den genannten Schädlich- keiten widerstandsfähiger ist als flüssiges, empfiehlt es sich, wenn am Tatort flüssiges Blut gefunden wird, Proben des letzteren mit Fließ- papier aufzusaugen und statt des flüssigen Blutes dieses für die Unter- suchung einzuschicken (UHLENHUTH). Hie und da kommen in der forensischen Praxis Blutgemische zur Untersuchung, entweder wenn Blutspritzer nachträglich mit einer unverfänglichen Blutart bestrichen werden oder die Blutspritzer auf Kleidungsstücke geraten, welche schon vorher mit Blut besudelt waren, z. B. bei Metzgern. Praktische Versuche mit Mischungen mehrerer Blutsorten (UHLENHUTH, BEUMER, NUTTALL, ZIEMKE) haben gezeigt, daß jede der Blutarten nachweisbar war. Andererseits be- stehen Beobachtungen von HALBAN & LANDSTEINER, SACHS & BAUER, L. MiıcHaeLıs, RostoskI, Leers, daß bei Eiweißgemischen nur die stärker konzentrierte durch die Präzipitinreaktion nachweisbar sei, oder daß die stärkere Eiweißlösung die Reaktion der schwächeren hemmt. Sachs & Bauer schlagen deshalb vor, zum Nachweis kleiner Eiweißmengen in Eiweißgemischen die Komplementbindungsmethode in Anwendung zu bringen, da sie auch für kleine Mengen des homo- logen Antigens sehr empfindlich sei. Die genannten Beobachtungen rechtfertigen die Forderung, möglichst hochwertige Antisera für solche Fälle zu verwenden. Eine in ihrem biologischen Wesen begründete Beschränkung hat die Reaktion, wenn die Blutarten zweier verwandter Tiere unter- schieden werden sollen. Die kreuzweise Immunisierung und die Ab- sättigungsmethode können in der forensischen Praxis nur in be- stimmten Fällen, wie oben auseinandergesetzt wurde, zur Anwendung kommen. Daher sollte das Gutachten über die Differenzierung einer >lutart in solchen Fällen mit einem Vorbehalt abgegeben werden, daß z. B. Menschenblut vorliegt, wenn Affenblut auszuschließen sei usw. (UHLENHUTH). Ein auf der Präzipitinmethode beruhendes Verfahren zum quantitativen Blutnachweis ist von A. ScHhuLtz angegeben. Er benutzte hierzu zwei konstant auftretende Eigenschaften der biologischen Reaktion, daß die Intensität der spezifischen Trübungen von dem jeweiligen Grade der Blutverdünnung abhängig ist, und daß sich der zeitliche Ablauf der Trübungen ebenfalls nach bestimmten Gesetzen vollzieht. Vorbedingung für die quantitative Bestimmung ist die Kenntnis der Wertigkeit des zur Verwendung kommenden spezifischen Serums. Zur Bestimmung derselben werden Blutver- dünnungen hergestellt, z. B. 1:100, 1:200, 1:400, 1:600, 1:800, 1:1000, 1:2000, 1:4000, 1:6000, 1:8000, 1:10000, 1:12000, 1:16000, 1:20000 usw. Zu jeder dieser Verdünnungen kommt ein 10-prozentiger Zusatz des homologen Antiserums, Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 307 die einzelnen Röhrchen werden geschüttelt, der Beginn der spezifischen Trü- bungen bei den verschiedenen Konzentrationsgraden wird genau beobachtet. Auf diese Weise ist z. B. ermittelt worden, daß nach Zusatz des spezifischen Serums nach 30 Minuten bei der Verdünnung der Blutlösung von 1:10000 eine Trübung auftritt. _ Nach dieser Vorprüfung wird das bluthaltige Material unter häufigem Umschütteln mit 0,6-prozentiger Kochsalzlösung 24 Stunden ausgelaugt. Von dem klar filtrierten Extrakte werden Verdünnungen in fallenden Mengen angelegt und mit je 10 Prozent des bei der Vorprüfung auf seine Wertigkeit geprüften Anti- serums versetzt. Nach tüchtigem Durchschütteln wird der Beginn der Trü- bungen in den einzelnen Röhrchen schriftlich fixiert. Findet man nun beispiels- weise in einem Röhrchen 30 Minuten nach dem Antiserumzusatz eine be- ginnende Trübung, so ist das ein Beweis dafür, daß man es auch hier mit einem Konzentrationsgrad von 1:10000 zu tun hat. Für die Rechnung kommt dann folgendes in Betracht: Die Auslaugungs- flüssigkeit besteht aus den in Lösung gegangenen spezifischen Blutbestand- teilen, deren Menge ermittelt werden soll und die daher mit x bezeichnet wird, und der Kochsalzlösung, deren Menge bekannt ist und die mit k bezeichnet wird. Es verhält sich in der Auslaugungsflüssigkeit die Blutmenge zur Menge der Kochsalzlösung wie x:k. Wird jetzt ein abgemessenes Quantum dieser Auslaugungsflüssigkeit, z.B. 10 cem, mit ebensoviel 0,6-prozentiger Kochsalzlösung gemischt, so ist nunmehr das Verhältnis der Blutmenge zur Kochsalzlösung wie x:2k. Ein abgemessenes Quantum dieses Gemisches wieder mit der gleichen Menge Kochsalzlösung zusammengebracht, gibt ein Verhältnis von x:4k. Ist nun die Konzentration einer in dieser Weise angelegten Verdünnung schließlich ermittelt — sagen wir in der mit x:200k bezeichneten Verdünnung — so läßt sich daraus der Wert für x selbst berechnen. Beträgt die Konzentration z. B. 1:10000, so verhält sich 1:10000 =x:200k oder x=!/;ok, oder, wenn k 2500 cem beträgt, x = I0. Außer der Blutdiagnose kommt die DifferenzierungvonKnochen- material in der forensischen Praxis vor. Die kompakte Sub- stanz der Knochen ist arm an Gefäßen, enthält wenig Eiweiß und präzipitable Substanz. Knochen, an denen Mark, Periost und Weich- teile haften, eignen sich besser als Untersuchungsobjekte. Meistens sind die gerichtlichen Asservate irgendeinem Zerstörungsprozeb aus- gesetzt, z. B. verbrannt, gebleicht oder durch Aufenthalt im Wasser ausgelaugt. Die Präzipitinreaktion gelingt im allgemeinen nur dann, wenn diese Zerstörungsprozesse nicht erhebliche waren (BEUMER, SCHÜTZE, STEFFENHAGEN & CroucH). Für die Anstellung der Re- aktion wird möglichst viel Untersuchungsmaterial mit einem Hammer zu Knochenmehl zerschlagen, das letztere mit Benzin oder Aether mehrfach gewaschen, das Pulver getrocknet und mit NaCl-Lösung ausgezogen (STEFFENHAGEN & CroucH). Die Technik der Reaktion ist dieselbe wie bei der Blutdiagnose. Anhangsweise sei bemerkt, daß die Präzipitinreaktion schon häufig zur Entdeckung von Simulationen geführt hat, z. B. fingierter Albuminurie durch Zusatz von Hühnereiweiß zum Urin (Happa, IGEL, WEGNER), oder fingierter Hämoptoe dadurch, daß die Bett- wäsche von dem Kranken absichtlich mit fremden Blut begossen wurde (UHLENHUTH) usw. (s. die Gutachten bei UHLENHUTH). C. Anwendung des biologischen Eiweißdifferenzierungsveriahrens in der amtlichen Fleischbeschau und bei der Nahrungsmittel- kontrolle. Das biologische Eiweißdifferenzierungsverfahren kommt in der amtlichen Fleischbeschau weniger zur Erkennung frischen Flei- sches, das nur in ganzen Tierkörpern in das Inland eingeführt werden 20* 308 PAuL ÜUHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, darf, als vielmehr zur Feststellung verbotswidriger Einfuhr von zu- bereitetem Einhuferfleisch und in der Nahrungsmittelkontrolle hauptsächlich zur Untersuchung von Fleischgemengen zur Anwendung. Für die Untersuchung nach der biologischen Methode kommen also in Betracht gesalzenes, geräuchertes, gepökeltes Fleisch, alle diese in der Auslandstleischbeschau nach gesetzlicher Vorschrift in Stücken von mindestens 4 kg, ferner gefrorenes, ausgetrocknetes, gekochtes, ge- faultes Fleisch, Hackfleisch, Würste und jede unter falscher Dekla- ration gehende Fleischbereitung. Die genannten Arten der Zubereitung bedingen je nach der Intensität und Dauer des Prozesses eine mehr oder weniger starke Denaturierung der Eiweißsubstanzen und damit der präzipitablen Substanz. Praktische Erfahrungen lehren, daß hier (KLOSTERMANN u. a.) in besonderen Grade die Erhitzung in Be- tracht kommt, Untersuchungen über die nach Erhitzung in Fleisch- stücken und Würsten auftretenden Temperaturen und deren Einfluß auf die Präzipitinreaktion sind von W. A. ScHMIDT, WEIDANZ, BORCHMANN, FIEHE, v. RIEGLER, WINDMÜLLER, BAIER & REUCHLIN u. a. angestellt. WEIDANZ & BORCHMANN hatten noch eine positive Reaktion bei Pferde- mettwürsten, die 1—2 Stunden bei 70—90° über offenem Feuer und darauf 6 Minuten lang in siedendem Wasser gebrüht waren. Die Untersuchung von ge- bratenem Fleisch gibt bessere Aussichten als diejenige von Suppenfleisch (UHLEN- HUTH, WEIDANZ). Das Wärmeleitungsvermögen gekochter Würste ist langsam (W. A. ScHMIDT); in der Mitte einer 4 cm dicken Wurst betrug die Tempe- ratur nach 10 Minuten langem Kochen 68° und erst nach 25 Minuten 99—100°. Nach den Untersuchungen von W. A. SCHMIDT gab eine Stunde lang bei 90° erhitztes Serum mit einem gewöhnlichen Antiserum noch eine positive Reaktion. UHLENHUTH & WeEIDAnZz halten die Anwendung der biologischen Methode noch für aussichtsvoll, wenn die Temperatur im Inneren des Fleisches 60—70° nicht übersteigt. Auch nach WINDMÜLLER ist der Nachweis von Pferdefleisch durch Präzipitation zu erbringen, solange die Temperatur im Innern der Würste nicht 70° überschreitet. Diese Temperatur wird bei Würsten von 5 em Durch- messer erst in 20 Minuten erreicht. Eine so lange Erhitzung kommt aber in der a selten vor, da die Würste andernfalls an Wohlgeschmack verlieren würden. Die bereits erwähnten Untersuchungen von OBERMEYER & Pick, W. A. ScHhmipt, ForNnET, mit auf 70° erhitztem Eiweiß Antikörper zu erzeugen, welche dieses besser präzipitieren als natives Eiweiß, ebenso die ausgezeichneten Untersuchungen von W. A. ScHMIDT mit einem durch Vorbehandlung der Kaninchen mit bei 70° erhitztem und durch Natronlauge alkalisiertem Eiweiß gewonnenen Präzipitin haben eine allgemeine praktische Verwertung noch nicht gefunden. ‚Jedoch seien die wichtigsten Ergebnisse der Arbeiten von SCHMIDT hier in Kürze mitgeteilt. Blutserum, welches zunächst 30 Minuten lang einer Temperatur von 70° ausgesetzt, dann nach Zusatz von verdünnter Natronlauge 15—20 Minuten lang weiter erhitzt worden ist, so daß es nicht mehr mit Nativ- und Hitze- präzipitin reagiert, erzeugt im Tierkörper ein „Hitze-Alkali-Präzipitin“, welches mit folgenden Eigenschaften diesen Zweck erfüllt: Es reagiert sowohl mit der Injektionssubstanz, dem durch Hitze und Alkali denaturierten Serum, als auch mit Serum, welches nur erhitzt worden ist. Es reagiert mit 3 Stunden lang ge- kochtem, völlig unlöslichem Serum, welches durch Erwärmen mit 1/,, normaler Natronlauge in Lösung gebracht (aufgeschlossen) worden ist. Da die Artspezi- fität durch die Alkalibehandlung keine Einbuße erleidet, stellt dieses Präzipitin ein sicheres Mittel dar — und zwar das bis jetzt einzige Mittel — zur Differen- zierung vou unlöslichem Eiweiß. Es reagiert nicht mit nativem Serum, doch wird Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 309 dieses reaktionsfähig, sobald es (auch in der Kälte) mit Natronlauge behandelt wird. Diese Aktivierung gegenüber Hitze-Alkali-Präzipitin erfolgt ungefähr mit derselben Geschwindigkeit, wie die gleichzeitig stattfindende Inaktivierung gegen- über Nativ-Präzipitin: sobald die Reaktionsfähigkeit des mit NaOH behandelten Serums mit Nativ-Präzipitin vollständig erloschen ist, reagiert es mit dem Hitze- Alkali-Präzipitin am kräftigsten. Auf Grund der Eigenschaften der Injektionsflüssigkeit und des damit erzeugten Hitze-Alkali-Präzipitins nimmt SCHMIDT an, daß dieses aus zwei Präzipitinen besteht, von denen das eine vielleicht nur mit erhitztem, das andere mit durch NaOH verändertem Eiweiß reagiert und offenbar als Alkali- albuminat-Präzipitin anzusprechen ist. Doch reagiert das Präzipitin nur mit solehem Alkalialbuminat, welches durch einigermaßen vorsichtige Behandlung mit NaOH entstanden ist. Bei intensiverer Alkalieinwirkung verliert das Ei- Be Eigenschaft und ist dann auch unfähig, im Tierkörper Präzipitin zu en. Versuche, durch mäßige Behandlung von erhitztem Fleischsaft mit NaOH ein ähnliches Präzipitin für Muskeleiweiß darzustellen, führten zu keinem be- friedigenden Resultat. ScHmiprt glaubt aber, daß das mit Serumeiweiß er- zeugte Hitze-Alkali-Präzipitin in den meisten Fällen der Praxis auch für die Differenzierung von erhitzten Fleischprodukten ausreichen wird, da diese ja gewöhnlich genügend Bluteiweiß enthalten. Der durch die Pökelung des Fleisches verursachte hohe Koch- salzgehalt scheint an sich den Ablauf der Reaktion nicht erheblich zu hemmen, bedingt aber eine starke Auslaugung, so daß Eiweißlösungen in der notwendigen Konzentration häufig nicht mehr zu erhalten sind (UHLENHUTH, WEIDANZ). Als Kochsalzmengen, bei deren Anwesenheit noch deutliche Reaktionen beobachtet sind, werden 15—16 Prozent angegeben (UHLENHUTH, WEIDANZ, SCHÜLLER). Es empfiehlt sich, gesalzenes Fleisch in physiologischer NaCl- Lösung oder destilliertem Wasser einer Auslaugung zu unterziehen. Bei faulendem Fleisch nimmt die Auslaugungsfähigkeit mit zunehmender Fäulnis ab. In Untersuchungen über den Einfluß der Bodenbeschaffenheit auf Fleischproben, die in verschiedenen Boden- zusammensetzungen vergraben und der Fäulnis überlassen waren, fand LEcLErRaQ, daß die Fäulnis und damit der Verlust der Präzipitabilität am langsamsten in einer Mischung von Sand und Kies, demnächst in Pflanzenerde, und am schnellsten in einem Boden eintrat, dem kohlen- saurer Kalk zugesetzt war. Der hohe Bakteriengehalt faulenden Fleisches erschwert außerdem die Herstellung klarer Filtrate (UnLrx- HUTH, Weıpanz). Das letztere gilt auch von sehr fettem Fleisch, dessen Auszug daher mit Vorteil zuerst mit Chloroform (UHLENHUTH) oder Aether (Mırssxer) behandelt wird. Ganz allgemein gilt die Forderung, auch bei weitgehender Veränderung der Eiweißsubstanzen die biologische Reaktion zu versuchen. Die Ausführung der biologischen Reaktion in der Fleischbeschau und Nahrungsmittelkontrolle ist in ihren wissenschaftlichen Grund- lagen dieselbe wie bei der Unterscheidung verschiedener Blutsorten und setzt hier wie dort absolute Sterilität der für die Ausführung der Reaktion notwendigen Glassachen und Instrumente, Klarheit und ge- nügenden Eiweißgehalt der Untersuchungs- und Kontrollflüssigkeiten voraus (s. oben). Die Dauer der Auslaugung des Untersuchungsmaterials in physio- logischer NaCl-Lösung wird im allgemeinen länger währen müssen als bei Blutproben, da die vorher genannten Methoden der Zubereitung 310 PAUL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, die Eiweißsubstanzen mehr oder weniger verändern und eventuell nur geringe Mengen des Eiweißes unbeeinflußt lassen. Dafür steht meistens mehr Untersuchungsmaterial zur Verfügung als bei dem . forensischen Blutnachweis. Die Ausführungsbestimmungen zum Fleisch- beschaugesetz schreiben nach den Angaben UHLENHUTHS vor, daß Muskelfleisch für die Untersuchung entnommen werden soll. In den Fällen, in denen auch nach mehrtägiger Auslaugung des Unter- suchungsmaterials in NaCl-Lösung nicht genügend Eiweiß in Lösung gegangen ist, kann der von UHLENHUTH "angegebene Kinotherm*) angewendet werden, ein Apparat, der, am Zapfhahn der Wasserleitung angebracht, das Untersuchung smaterial in der Auslaugungsflüssigkeit bei bestimmter Temperatur andauernd schüttelt. Auch die Herstel- lung klarer Lösungen wird bisweilen größere Schwierigkeiten machen als bei der Blutdifferenzier ung. Gerade bei der Klärung trüber Fleisch- und Wurstauszüge haben sich UÜHLENHUTH und WeıpAanz mit Vorteil der Filtration durch ausgeglühte Kieselgur (Büchnersche Trichter) bedient. Bei der bakteriellen Verunreinigung gefaulten Fleisches wird man auch damit nicht auskommen, sondern Berkefeldkerzenfiltration in Anwendung bringen müssen (UHLENHUTH, WEIDANZ). Unter- suchungs- und Kontrollflüssigkeiten sollen in ihrem Eiweißgehalt einer Serumlösung von 1:1000 oder einer Muskelpreßsaftlösung von 1:300 entsprechen. Diese ist an dem Ausfall der Salpetersäure- Kochprobe zu erkennen (siehe UHLENHUTH und WEIDANZ |. c.). Als Kontrolllösungen sind Auszüge aus sicherem Pferdefleisch und Auszüge aus zwei heterologen Eiweißarten, als welche nach dem Wortlaut der Ausführungsbestimmungen zum Fleischbeschaugesetz Aus- züge aus Rind- und Schweinefleisch gewählt werden müssen, herzu- stellen. Die Reaktion verläuft im einzelnen in folgender Weise: In Röhr- chen I und II kommt Untersuchungsflüssigkeit, in Röhrchen III Aus- zug aus sicherem Pferdefleisch, in Röhrchen IV und V werden Aus- züge aus sicherem Rind- und Schweinefleisch, in Röhrchen VI phy- siologische NaÜl-Lösung eingefüllt. Röhrchen II wird dann mit nor- malem Kaninchenserum, die übrigen Röhrchen werden mit spezi- fischem Antiserum unterschichtet. Als Antigenmenge wird auch hier 0,9 ccm, als Immunserummenge 0,1 ccm verwendet. Voraussetzung für die Beurteilung des positiven oder negativen Ausfalls der Re- aktıon ist, daß von den 5 Kontrollen in Röhrchen III innerhalb einer Minute ein deutliches Präzipitat auftritt, die Röhrchen II, IV, V, VI dagegen klar bleiben. In Röhrchen I verläuft bei positivem Ausfall die Reaktion ähnlich wie in Röhrchen III. Der Gang und die Beurteilung der Reaktion sind beim biologischen Blutnachweis erörtert. Bei Wurstverfälschungen wird offenbar aus Rentabilitäts- gründen Pferdefleisch nur in erheblichen Mengen zugesetzt werden. Die Reaktion in Röhrchen I wird daher bei positivem Ausfall immer deutlich sein und bald eintreten, obwohl Auszüge von Gemischen heterologer Eiweißarten zur Untersuchung kommen, deren Summe den Ausfall der Salpetersäurekochprobe bedingt. Immerhin wird man aus diesen Gründen möglichst hochwertige Antisera anwenden müssen. Ueber die technischen Einzelheiten siehe UHLEXHUTH-WEIDACZ (l. C.). *) Zu beziehen von F. & M. LAUTENSCHLÄGER, Berlin. Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 311 Bei der Untersuchung von Fettgewebe und Schmalz hat eine Untersuchung bezüglich der Herkunft nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn gleichzeitig auch Spuren von Eiweiß darin enthalten sind. Das Fett wird daher zuerst mit erwärmtem Benzin oder Aether gelöst und abgegossen; der Rückstand kann der biologischen Reaktion unterzogen werden (UHLENHUTH, BEUMER, WEIDANZ, HüÜNnE, FIEHE). Gelbe Schmalz- sorten sind unter Erhitzung hergestellt und bieten für ein Gelingen der Re- aktion weniger Aussichten als die weißen Schmalzsorten (Hünxe). Die Technik der Reaktion ist ebenso wie bei Untersuchungen von Pferdedärmen (UHLEN- HUTH, WEIDANZ, BORCHMANN, MÜLLER) die vorher beschriebene. Bei Anwendung der UntenHutHschen Technik können natürlich alle Fleischsorten und Fleischgemenge, die unter falscher Deklaration gehen, bezüglich ihrer Herkunft bestimmt werden. YosHınaca konnte auf diese Weise Verfälschungen des in Japan öfters genossenen Schildkrötenfleisches (Clemmys japonica GrEY) durch Fleisch von Trionyx japonicus SchLez und mit Froschfleisch feststellen. Mit Fischantiseris können die verschiedenen Fischsorten unterschieden werden (NERESHEIMER, DUNBAR, Kovama). — Wallfischfleisch wird angeblich hie und da als Pökelfleisch eingeführt. Uns ist es nicht gelungen, mit Auszügen aus gepökeltem Wallfischfleisch Anti- sera herzustellen, so daß wir einschlägige Untersuchungen nicht vor- nehmen konnten. Für die Nahrungsmittelkontrolle kommt ferner die Untersuchung von Eiweißnährpräparaten des Handels in Betracht. UHLENHUTH hat die verschiedensten derartigen Präparate, Deyckes Alkali- albuminat, Nährstoff Heyden, Pepton Riedel, Kasein, Nutrose, Somatose, käuf- liche Serumpräparate geprüft. Wie aus den Arbeiten von UHLENHUTH, ÖTTO- LENGHI, GALLI-VALERIO und BORNAND, E. EMMERICH hervorgeht, ist es mög- lich, mit Hilfe von Milch- bzw. Eiereiweiß-Antiseris die verschiedenen im Handel befindlichen Milch- bzw. Eierpräparate bis zu einem gewissen Grade zu kon- trollieren. UHLENHUTH und WEIDANZ wiesen im Hämatogen Hommel und in käuflichem Hämoglobin Rindereiweiß nach. Ebenso wie v. GRUBER & HoRrI- ucHI konnten sie feststellen, daß in dem Fleischsaft „Puro“, der aus Preßsaft von frischem Öchsenfleisch hergestellt sein sollte, kein lösliches Rindereiweiß enthalten ist, sondern daß das chemisch nachweisbare Eiweiß aus Hühnereiweiß besteht. Zu denselben Ergebnissen kam auch W. A. SCHMIDT. Die Technik aller derartiger Untersuchungen ist dieselbe wie bei der Differenzierung des Bluteiweißes und beim Pferdefleischnachweis. Abweichend ist sie beim Nachweis verschiedener Milchsorten (WASSERMANN, SCHÜTZE, UHLENHUTH, MORO, GENGOU) bzw. Käsesorten (Sion, Laptes) mit Lactoseris, ebenso von Backwaren mit Hühnereigelbantiseris (UHLENHUTH, ÖTTOLENGHI, GALLI-VALERIO, EMMERICH), weil hier bzw. bei der Milch ganz klare Unter- suchungsflüssigkeiten nicht zu erhalten sind. Der positive Ausfall der Reaktion macht sich hier in einer flockigen, dem Agglutinationsphänomen ähnlichen Trü- bung der Untersuchungsflüssigkeiten geltend, deren Intensität an Kontrollen mit Zusatz von normalem Kaninchenserum beurteilt werden muß. Die Einzelheiten sind bei der Austitrierung der Sera besprochen. Einer Besprechung bedürfen schließlich noch die Methoden der biologischen Unterscheidung von Natur- und Kunsthonig. Prä- zipitierende Antisera gegen die im Honig enthaltenen Eiweißkörper haben LanGEer und ebenso RIEGLER hergestellt. Ein derartiges Ver- fahren erschien deshalb aussichtsreich, weil der natürliche Honis nach den Angaben von Könıs zwischen 0,03 und 2,67 Prozent, im Mittel 1,42 Prozent Eiweiß enthält. GarLI-VALERIO und BoRNAND 312 PAuL UHLENHUTH und KARL STEFFENHAGEN, fanden in neueren Untersuchungen bei Anwendung der KJELDAHL- schen Methode zwischen 0,192 Prozent und 0,612 Prozent Eiweiß. LANGER behandelte Kaninchen mit Eiweißlösungen, die er durch Dialy- sierung und Ausfällung mit Ammoniumsulfat aus dem Honig gewann, und fand, daß das Serum der Kaninchen mit Honiglösungen Präzipitate bildete. Zur Feststellung der Frage, ob die Eiweißkörper im Honig aus dem Pflanzenreiche oder aus der Biene stammen, wurden Kaninchen mit Honigeiweiß, Bienen- extrakten und mit wässerigen Auszügen der Blüten und des Samens der Honig- pflanzen immunisiert. Honigeiweißlösungen wurden durch Bienenextraktimmun- serum präzipitiert, ebenso die wässerigen Extrakte von Köpfen und Bruststücken frisch getöteter Bienen und Futtersaftverdünnungen durch Honigeiweißimmun- sera. Wässerige Extrakte von Blüten und Samen von Honigpflanzen wurden durch Honigeiweiß- und Bienenextraktimmunsera niemals präzipitiert. Dagegen sab Bienenextraktimmunserum eine positive Reaktion mit einem Fütterungs- honig, .der durch künstliche Fütterung von Bienen mit Rohrzuckerlösungen gewonnen wurde. Ein von der Erdhummel stammender Honig wurde von Bienenimmunserum nicht präzipitiert, Biene und Erdhummel scheinen also ver- schiedene Tierarten zu sein. GALLI-VALERIO und BORNAND haben die Befunde LANGERS nachgeprüft und bei Anwendung einer etwas verbesserten Technik für die Immunisierung der Kaninchen folgendes gefunden: Mit Honigeiweiß hergestellte Antisera präzipitieren Honigeiweiß, auch wenn es bei Verfälschungen nur in geringen Mengen vorhanden ist, den Extrakt von Bienen und Hummeln (bourdon), Melasse (melasse) dagegen nicht. Präzipitierende Sera mit Bienen- extrakt hergestellt, präzipitieren diesen und Honigeiweiß, aber nicht den Ex- trakt von Hummeln. Nach diesen Untersuchungsergebnissen würden Honige, welche nicht von Bienen stammen, durch den negativen Aus- fallder Präzipitation mitHonigeiweiß- und Bienenantiseris als solche zu erkennen sein. WALTHER hat neuerdings für die Untersuchung von Natur- und Kunsthonig auch die Komplementbindungsmethode herangezogen und gefunden, daß ein mit Naturhonig hergestelltes Antiserum nur mit Naturhonig und nicht mit Kunsthonig Komplement bindet. SCHÜTZE machte gleichzeitig ebenfalls Komplementbindungsversuche und kam zu (demselben Resultat. Das für diese Versuche verwendete Antiserum gegen Naturhonig gab mit Naturhonig eine Präzipitation, während das gleiche Antiserum mit Kunst- honig keine einwandsfreie Niederschlagsbildung bewirkte. Eine praktische Bedeutung kommt den Untersuchungen LANGERS deshalb zu, weil er beobachtet hat, daß Bienenhoniglösungen mit Anti- honigserum quantitativ stärkere Präzipitate geben als Mischungen aus Bienen- und Kunsthonig, und daß aus der genauen Beobachtung der Menge des Präzipitats ein Schluß auf die Zusammensetzung des Untersuchungsmaterials gezogen werden kann. Die Methode der Her- stellung der Antigene und ebenso die Immunisierung der Kaninchen ist anscheinend schwierig. Die Nachprüfung dieser Angaben ist durch die eingehenden Untersuchungen von Tmönt erfolgt. Tmönı hat auf Grund seiner Untersuchungsergebnisse ein Verfahren für serologische Honigunter- suchungen ausgearbeitet. Die Prüfung von 90 Honigproben und Zuckerarten mittels der quantita- tiven Präzipitinreaktion mit Antihonigserum ergab, daß 1) bei Zuckerarten kein Präzipitat auftrat; 2) Kunsthonige entweder wie Zuckerarten sich verhielten, oder, wo Nieder- schläge konstatiert wurden, dies nur bei 10-, resp. 15-prozentigen Lösungen der Fall war und nur in sehr kleinen Mengen ; 3) bei echten Bienenhonigen die mit dem gleichen Antihonigserum er- mittelten Schichthöhen der Präzipitate nur innerhalb kleiner Grenzen schwankten und stets auch bei l-prozentigen Lösungen noch ein deutlich sichtbares Präzipitat gebildet wurde; 4) bei „Mischhonigen“ aus echtem Bienenhonig und Kunsthonig die Prä- zipitatsäulchen entsprechend der Abnahme des Bienenhonigs in der Mischung kleiner ausfielen ; Gr er ee RÄT Dt Die biologische Eiweiß-Differenzierung mittels der Präzipitation usw. 313 5) Fütterungshonige deutlich geringere Präzipitatmengen ergaben, als echte reine Bienenhonige ; 6) bei gärenden Honigproben die Mengen des gebildeten Präzipitates, ver- glichen mit denjenigen, die bei echten Naturhonigen erhalten wurden, nicht abnahmen. Das von Tmönr ausgearbeitete Verfahren verläuft so, daß die Wirksamkeit eines bestimmten Antihonigserums an l-prozentigen, 2-prozentigen und 10-prozentigen Lösungen sicheren Bienenhonigs geprüft, dann Mischungen desselben Antiserums mit 1-prozentigen, 2-prozentigen und 10-prozentigen Lösungen des Untersuchungsmaterials in gleichen Mengen wie bei der Vorprüfung hergestellt, und schließlich die bei der Vorprüfung und der eigentlichen Reaktion entstandenen Präzipitatmengen miteinander verglichen werden. Gleiche oder größere Präzipitatquanta bei dem Untersuchungsmaterial im Vergleich zu dem Präzipitat des Kontrollhonigs lassen auf Echtheit des Untersuchungs- honigs schließen, wesentlich kleinere Präzipitatmengen des Prüfungs- materlals, als sie bei dem Kontrollhonig auftraten, deuten auf. Mischung von Bienenhonig mit Kunsthonig hin, während das gänz- liche Fehlen oder das Vorkommen sehr kleiner Mengen nur in der 10-prozentigen Lösung des Untersuchungsmaterials auf Kunsthonig oder solchen Honig hinweist, dessen Eiweißstoffe zerstört worden sind. Bei der Gewinnung von Bienenhonig kommt aber eine Schä- digung oder Vernichtung der Eiweißstoffe nicht vor. Ob die bio- logische Methode der Honiguntersuchung, die auch noch mit auf 70° erhitztem Honig gelingt, für die Praxis brauchbar ist, werden weitere Nachprüfungen und Erfahrungen lehren müssen. Versuche, die im Handel vorkommenden Olivenölverfäl- schungen mittels der Präzipitinmethode zu erkennen (LonDixr), können in der Praxis kaum als aussichtsreich bezeichnet werden. Dafür, daß Fette Präzipitine zu bilden vermögen, hat sich bisher kein sicherer Anhaltspunkt ergeben. Wenn nach Vorbehandlung von Ka- ninchen mit verschiedenen Oelen Präzipitationsvorgänge der ge- wonnenen Antisera mit den wässerigen Auszügen aus den Oelen be- obachtet worden sind, ist diese Erscheinung wohl damit zu erklären, daß die Oele auch geringe Mengen von Eiweiß enthalten haben. Mit Hilfe der Anaphylaxiereaktion gelang es auf Grund dieser Tatsache UHLENHUTH, HAENDEL und SCHERN, die Provenienz nativer Oele und Fette (Schmalz etc.) festzustellen (s. das einschlägige Kapitel dieses Handbuchs). Literatur. ADLER, O., & R., Ueber das Verhalten gewisser organischer Verbindungen gegenüber Blut, mit besonderer Berücksichtigung des Nachweises von Blut. Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 41, 1904. ALKAN, R., Ueber den Einfluß der Salzkonzentration auf die Präzipitinreaktion. Diss. Würzburg 1903. ALLERS, Ruporr, Die Anwendung und Bedeutung der Immunitätsforschung in der Psychiatrie. Zeitschr. f. Chemotherap., Ref., Jahrg. 1, S. 986, 1912. 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Die Einführung des Zellbegriffes als letzte biologische Einheit durch Scuwann war für die Erkenntnis der Organismenwelt und für die gesamte Biologie wohl einer der größten und bedeutendsten Fort- schritte in der Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften. Mit Hilfe des mit der Zeit immer mehr verbesserten Mikroskops war es möglich, die Zellen, auf welche alles, was im Organismus vor sich geht, wie Assimilation und Desassimilation etc., in letzter Linie zurückzu- führen ist, voneinander zu differenzieren. Vermöge ihrer Differen- zierung, der Bildung bestimmter Organe führen die Zellen verschie- dene Funktionen aus. Aber mit der Ausdifferenzierung der Zellen vermittels des Mikroskops und mikroskopischer Hilfsmittel allein kann das Problem des Zelllebens nicht erschlossen werden. Denn das, was in den lebenden Zellen vor sich geht, ist doch im wesentlichen chemi- scher Art. Und das liegt an der Grenze der Sichtbarkeit. Es war daher nötig, um in den Bau des feinsten Chemismus eindringen zu können, den Zellbegriff in eine große Zahl von Partialfunktionen zu zerlegen. Neue Forschungsmethoden mußten darum geschaffen wer- den, welche nicht nur zum Verständnis der Lebensvorgänge in der Zelle überhaupt beitragen konnten, sondern die auch die Grund- lage füreine wirklich rationelle Verwendung von Arznei- stoffen wurden. Eine dieser neuen Forschungsmethoden, die erst in den letzten Jahren zu einem ungeheuren Aufschwung kam, ist die Chemotherapie, die Wissenschaft, die sich mit der Wir- kung und dem Wirkungsmechanismus chemischer Sub- stanzen und vornehmlich der Arzneimittel auf die Zelle, resp. auf die Krankheitserreger beschäftigt. In früheren Zeiten nahm der Arzt seine Heilstoffe aus dem reichen Schatz der Natur, heute greift er dank dem großen Fortschritt der Chemie auch zu chemischen Mitteln, um mit deren Hilfe die Krankheit an der Wurzel zu fassen. In systematischer Weise Heilmittel ausfindig zu machen, die sich als spezifisch, d. h. gegen die Krankheitserreger gerichtet erweisen, ist die Hauptaufgabe der Chemotherapie. Die Vorbedingungen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. IIl. 22 338 EHRLICH und GOoNDER, für ein solches Arbeiten waren natürlich die großen Entdeckungen der letzten 50 Jahre auf dem Gebiete der Krankheitserreger. Erst eine genaue Kenntnis der pathogenen Mikroorganismen, die Aus- differenzierung durch gewisse Farbstoffe, das Studium der Entwick- lungsgeschichte der Krankheitserreger, überhaupt der gesamten Bio- logie der Parasiten konnten das Studium der Krankheiten im rascheren Lauf fördern und bessere Wege erschließen zur rationellen Bekäm- pfung der Krankheiten. Die bedeutungsvollen Arbeiten R. Kocns und L. PAsTEurs zeigten den ersten Weg, wie Bakterien reingezüchtet und auf gesunde Tiere übertragen werden konnten. Die experimentelle Uebertragung auf das Tier ermöglichte erst die richtige therapeutische Arbeit. Welche Früchte diese grundlegenden Arbeiten tragen konnten, beweisen die Erfolge L. Pasteurs in der Bekämpfung der Tollwut, die Tuberkulosestudien R. Kochs bei der Bekämpfung der Tuber- kulose und die Benrısesche Entdeckung der Antitoxine, die im Di- phtherieserum den idealsten Heilstoff bilden. Damit waren die Grund- lagen für die Serumtherapie geschaffen, und wir haben auch eine mächtige Waffe in der aktiven und passiven Immunisierung, die sich bei vielen Infektionskrankheiten bewährt hat. Aber es zeigte sich, daß gar viele, schwere Infektionskrankheiten, besonders chronischer Art, die namentlich durch Protozoen oder den Protozoen nahestehende Mikroorganismen (Spironemaceen) hervorgerufen werden, auf serum- therapeutischem Weg nicht zu beeinflussen waren. Hier müssen also andere Heilmittel helfen. An Stelle der Immunsera mußten chemische Heilmittel treten. Seit langer Zeit ist ja schon bekannt, daß chemische Stoffe schädliche Bakterien und andere der menschlichen Kultur feindliche Tiere oder Pflanzen auch höherer Organisation abzutöten vermögen. Die mannigfaltigen Desinfektionsmittel sind hier zu erwähnen. Aber derartige Desinfektionsmittel im Organismus zur Abtötung schäd- licher Parasiten oder Bakterien anzuwenden, stößt meist auf die größten Schwierigkeiten. Der bekannte Versuch R. Kochs, mit Milz- brand infizierte Laboratoriumstiere mit Sublimat zu sterilisieren, scheiterte daran, daß das Sublimat größere Verwandtschaft zu dem Organismus besaß, als zu den Bakterien. Die vom Tier vertragene Maximaldosis reichte nicht aus, die Bakterien abzutöten. Die Des- infektionsmittel sind meistens auch starke Zellgifte, die nicht nur den Parasiten treffen, sondern auch in viel höherem Maße den Organismus. Mittel mußten also gefunden werden, die wenig oder gar nicht „organotrop‘, d. h. mit den Organzellen in engere Verbindung treten, dagegen stark „parasitotrop“ sind, d. h. in engste Be- ziehungen zu den Parasiten treten, ohne dabei den Organismus zu schädigen. Damit war die Zusammenarbeit von Chemie und biologischem Tierexperiment als ein Haupterfordernis für die Chemotherapie gegeben. Bei der Wirkung chemischer Agentien auf den menschlichen oder tierischen Körper kommt eine Reihe von Faktoren in Betracht. In erster Linie hängt die Wirkung davon ab, auf welchem Wege das Agens in den Körper hineingelangt. Von Unterschied wird es sein, ob man ein Arzneimittel der Atmungsluft beimengt, ob man dasselbe in die Subeutis, direkt in die Blutbahn oder per os einbringt. Im letzten Falle z. B. unterliegt das Pharmakon den Einwirkungen der Sekrete zahlreicher, sehr verschiedener Drüsen. In zweiter Linie Chemotherapie. 339 kommt die Form in Frage, in welcher das Arzneimittel gegeben wird. Für die Art und namentlich für den zeitlichen Ablauf der Reaktion ist es wichtiger, ob man ein Mittel als Gas, in Lösung oder in Sub- stanz gibt. Im letzteren Falle müssen diese erst in dem Körper ge- löst werden. Vom Darm aus ist allerdings auch eine Aufnahme fester Körperchen möglich. Gasförmige Körper werden von der Lunge aus resorbiert. Schließlich wird die Wirkung davon abhängen, ob das einverleibte Mittel in den Körpersäften, der Lymphe und dem Blute löslich ist. Gelangt eine Lösung eines chemischen Körpers, bzw. ein Gas auf einem der eben beschriebenen Wege in die Zirkulation, so sind wiederum eine Reihe Möglichkeiten gegeben. Eine ganze Anzahl von Mitteln laufen durch den Körper wie durch ein Filter hindurch, sie werden quantitativ und qualitativ unverändert durch Nieren und Haut wieder ausgeschieden, ohne daß sie irgendeine Wirkung entfaltet haben. Andere Mittel aber erweisen sich als different, sie wirken zum Teil nur auf die Körperflüssigkeiten, zum Teil dagegen treten sie zu den Zellen in Wechselbeziehungen. Am besten läßt sich dies an den Farbstoffen direkt beobachten, von denen z. B. Eosin sämtliche Ge- webe des Körpers gleichmäßig färbt, während Neutralrot vielfach die Granula der Zellen färbt und Methylenblau eine spezifische Ver- wandtschaft zu Nervenfasern zeigt. Wieder andere, und diese sind es, welche uns hier zu beschäftigen haben, zeigen eine Affinität zu den körperfremden, aber im Organismus enthaltenen Zellen, zu den Parasiten. Längst bekannte Bei- spiele sind das Chinin und das Quecksilber. In neuerer Zeit sind eine Anzahl von erst jetzt synthetisch dargestellten chemischen Substanzen (Farbstoffe und Arsenverbindungen und viele andere) hinzugekommen. Auf Grund langjähriger Untersuchungen über die Verteilung ge- wisser Vitalfarbstoffe im tierischen Organismus kam Enrrıcn zu be- stimmten Anschauungen über die Verwandtschaft chemischer Sub- stanzen zu den Körperzellen. Je nach der Konstitution der ange- wandten Farbstoffe konnten die verschiedensten Lokalisationen der Substanzen im Organismus nachgewiesen werden. So unterschied EHRLICH neurotrope, lipotrope und polytrope Farbstoffe, da sie sich vornehmlich im Nervensystem, im Fettgewebe etc. aufspeicherten. Methylenblau z. B. gestattet beim Frosch und dessen Parasiten sogar, vital angewandt, im Mikroskop den Verlauf der feinsten Nervenfasern festzustellen. Neutralrot färbt fast in allen Zellen die sogenannten Granula. Ebenso wie diese Farbstoffe besondere Affinität zu gewissen Zellen im Organismus zeigten, so mußten auch Stoffe vorhanden sein, die ihre Tropie gegen die Parasiten richten. Diese Anschauungen führten EHRLICH zu den sogenannten Prinzipien der spezifischen Bin- dung, der primären Verankerung der Toxine und zur Theorie der Seitenketten der Zellen und der verschiedenen Gruppen der Moleküle, die so überaus befruchtend wirken konnte. Nutrizeptoren, Serumfestigkeit. Diejenigen Zellkomponenten, die befähigt sind, Nährstoffe für die Zelle aufzunehmen, zu assimilieren, bezeichnet Enrricr als „Nutri- zeptoren‘. Bei dem komplizierten System und der unendlichen Viel- fältigkeit und Spezifität der Zellfunktionen muß naturgemäß eine DES 340 EHRLICH und GOoNDER, eroße Reihe von Nutrizeptoren existieren, die immunisatorisch ganz allcemein in zwei Arten differenziert werden können: in solche, welche die einfachsten Funktionen haben, wie die Aufnahme von Fettsub- stanzen oder Zuckerarten, und die nicht zur Bildung spezifischer Anti- körper Anlaß geben, dann solche, die nach ihrer Resorption spezifische Antikörper im Blut erscheinen lassen. Besonders wichtig ist das Studium der Nutrizeptoren der Para- siten, da diese nach Abtötung der Bakterien im Organismus die Bildung der spezifischen, parasitenfeindlichen Antikörper auslösen. Tötet man durch ein chemotherapeutisches Agens bei einem infizierten Tier die Hauptmenge der Parasiten ab, so entstehen diese Antikörper, die ihrerseits imstande sind, den Rest der vom Pharmakon übrigge- lassenen Parasiten zu vernichten. Ist solches der Fall, so wird durch eine scheinbar zur Abtötung aller Parasiten ungenügende Dosis voll- kommene Heilung ausgelöst, wie das z. B. bei der Behandlung der Frambösie mit Salvarsan — um nur ein Beispiel anzuführen — ge- schieht. Aber nicht unter allen Umständen ist der Verlauf ein so glück- licher. Es hat sich nämlich gezeigt, daß gar nicht selten sich einzelne Bakterien der abtötenden Wirkung der Antikörper entziehen und daß sie dann allmählich sich den Antikörpern anpassen — serumfest werden. Durch diese Momente ist ein sehr inniges Verhältnis zwischen Serumfestigkeit und Chemotherapie gegeben, und es dürfte sich daher verlohnen, etwas näher auf diese Vorgänge einzugehen. Die grundlegenden Arbeiten über diese Probleme sowie auch über die Grundprinzipien der Chemotherapie wurden an einzelligen Mikro- organismen, zumeist an Trypanosomen, ausgeführt. Diese Parasiten sind trotz ihrer Einzelligkeit schon hoch organisierte Formen, an denen leicht mikroskopisch morphologische Details festzustellen sind; sie gestatten vor allem auch durch die leichte Uebertragung auf Labo- ratoriumstiere ein gutes und sicheres Experimentieren. Wie eine folgende Tabelle zeigt, ist ein serumfester Stamm sehr leicht zu züchten. Die bequemste Art ist folgende: Man infiziert eine Maus mit einem normalen Ausgangsstamm (in unserer Tabelle Trypanosoma brucei A). Sobald im Blut viele Trypanosomen erscheinen, heilt man das Tier durch ein geeignetes Mittel (z. B. Salvarsan). Darauf verschwinden die Trypanosomen sehr schnell. Am zweiten oder dritten Tag nach der Injektion oder auch später infiziert man die geheilte Maus von neuem mit dem Aus- gangsstamm. Nach einer gewöhnlich sehr verlängerten Inkubations- zeit nach mehr oder weniger langer Zeit treten dann im Blute der Maus Trypanosomen auf, die die Maus rasch zum Tode führen. Ueberträgt man diese Trypanosomen auf Mäuse, die vorher mit dem Ausgangsstamm infiziert waren und geheilt wurden (Tab. 1, B), und auch auf normale Mäuse (Tab. 1, C), so gehen die Infektionen gleichmäßig an, und die Tiere verfallen ungefähr zu gleicher Zeit dem Tode. Der erste Versuch (in Tab. 1 Mäuse A) ist für die beiden letzten Experimente (Tab. 1, Mäuse B, C) gleichsam die Kontrolle. Denn bringt man den Ausgangsstamm auf eine mit dem Ausgangs- stamm infizierte und geheilte Maus, so geht die Infektion nicht so- gleich an, sondern erst nach einer mehr oder weniger langen Zeit. Der oben gewonnene Trypanosomenstamm (Tab. 1, Mäuse A) hat also eine biologische Abänderung erfahren. Einige Trypanosomenvon Chemotherapie. 341 den vielen injizierten sind der Antikörperwirkung nicht verfallen, sondern haben ganz allmählich eine Abände- “rung erfahren, d. h. sie sind serumfest oder antikörper- fest geworden. Das gleiche erreicht man auf andere Art ebenfalls sehr bequem. Eine gut mit Tryp. brucei (s. Tab. 1, Mäuse a) infizierte Maus wird mit einer ungenügenden Dosis, d. h. nicht sterilisierenden Dosis be- handelt. Dann verschwinden die Trypanosomen auch sehr bald aus dem Blute. Nach mehr oder weniger langer Zeit tritt aber spontan ein Rezidiv ein. Auch hier ist es zu einer Antikörperbildung ge- kommen. Denn einige, nicht vom Heilmittel getroffene Trypanosomen, die versteckt in den Organen oder in den feinen Blutkapillaren zurück- blieben, passen sich allmählich den im Blute zirkulierenden Anti- körpern an und können dann ungeschädigt nach einer kürzeren oder längeren Zeit wieder im Blute auftreten und sich vermehren, wodurch der Tod der Maus herbeigeführt wird. Der so entstandene „Rezidiv- stamm“ hat andere biologische Verhältnisse, als der Ausgangsstamm. Impft man diesen Rezidivstamm auf Mäuse ab, so erliegen sie ebenso schnell dem Tode, wie die mit dem Ausgangsstamm infizierten Mäuse (Kontrolle zu a). Auch dieser Rezidivstamm läßt sich leicht auf Mäuse übertragen, die mit dem Ausgangsstamm infiziert und geheilt wurden (Tab. 1, Mäuse b), und zwar geht die Infektion in ebenso schneller Weise vor sich, wie eine normale Infektion. Mit dem Serum der vom Ausgangsstamm geheilten Mäuse können die Trypanosomen des Ausgangsstammes abgetötet werden, nicht aber die Trypa- nosomen der oben gewonnenen Rezidivstämme (EHRLICH, FRANKE, ROEHL, GULBRANSON, LEVADITI, MUTERMILCH, MESNIL, LEBOEUF und andere). Tabelle l. Mäuse A. Mäuse B. 1. Tag Infiziert nit normalen Tryp. 1. Tag Infiziert wie Mäuse A brucei(Ausgangsstamm) > —w 2» +Ww 2. === See 4, +++ 1 cem !/,. Salvarsan 4. „ +++ 1cem !/,. Salvarsan intravenös intravenös Sg N MM. 6. 9; 3 7. „ Zr 7. „ = ' 8. „ — Infiziert mitd. Ausgangs- Su 35 stamm, wie oben Pe ee 10, ,„ — 10% Per usw. bis 17. „ — Infiziert aus Rezidiv- 15. Tag + wRezidivstamm stamm von Mäuse A 16. „ ++ 1870.20. w ” 20. „ +++ IS ,. tot 2 rtot Kontrolle 2: Mäuse C. 1. Tag Infiziert wie Mäuse A und B 1. Tag Infiziert aus Rezidivstamm von Mäuse A nn He W 2. EM 3.5 ++ a nt u are 4. u +++ De tot De tot 342 EHRLICH und GONDER, Mäuse a. Mäuse b 1. Tag Infiziert wie oben A 1. Tag Infiziert wie oben A und B 2 nen ee 3, ++ 3273. Melrah . „+++ 1cem !/,o Salvarsan 4. „ +++ 1 cem!/,, Salvarsan in- intravenös travenös In == 5 „ 33 6. „ er 6. „ 7% ae Der 8. „ >= 8. „ Fo 9. „ —— 9. 2) $Iz 10. „ = 10. „ > ll. „ + w Rezidivstamm 13. „. — Iniiziert aus Rezidıy —> stamm von Mäuse a 12. „ ++ DR 7 4 03 1A 13. „ +++ 15: 0 7 Er VAetot 16. „ +++ Kontrollen verlaufen ebenso wieim obigen 17. „ tot Experiment Mäuse « Mäuse ß 1. Tag Infiziert aus dem Rezidiv- 1. Tag injiziert wie « stamm aus A oder a Da se SW 2 este Se Sl SEE 4. „ +++ 1cem !,. Salvarsan 4. „ +++ 1lcem !,. Salversan intravenös — intravenös Ds Se 6. „ — OR 7 „ 2 7. „ m Be 8. 50 — 9, „ — Infiziert mit Ausgangs- 9. „ — Infiziert mit Rezidiv- stamm wie A stamm wie « und ß 100 ee 10.42, II..,; 2-6 N 12. „ +++ ja ae ieh 5 it are Kontrolle, Ausgangsstamm Kontrolle, Rezidivstamm 1. Tag Infiziert mit Ausgangs- 1. Tag Infiziert wie Rezidivstamm wie stamm intraperitoneal a intraperiional De mE Pe I. 9 ++ 3: „++ 4. ” SFSpar 4. = +++ 5. „ tot nur Diese biologische Abänderung (die Serumfestigkeit) vererbt sich, ist also durchaus nicht so unwesentlicher Art. Man kann durch viele hundert Passagen die Rezidivstämme weiter verimpfen, ohne daß die abgeänderte Eigenschaft der Festigkeit gegen die durch die Abtötung des Aus- gangsstammes erzeugten Antikörper verloren geht. Enr- rıcH hat im Verein mit seinen Mitarbeitern Dr. Rönt und Frl. Gur- BRANSEN für diesen Vorgang eine Erklärung gegeben, die bei der Wichtigkeit der Rezidivstammbildung besonders bei Bekämpfung der Trypanosomiasen von so großer Wichtigkeit ist, daß sie hier des näheren erörtert werden soll. „In dem Ausgangsstamm ist eine bestimmte Gruppe „A“ von Nutri- zeptoren einheitlicher Art in reichem Maße vorhanden. Bei der Ab- tötung der Parasiten innerhalb des Tierkörpers wirkt durch die Auf- lösung der Parasitenleiber die Gruppe „A“ als Antigen und ruft den Antikörper hervor, der natürlich in enger Verwandtschaft zur Gruppe „A“ stehen muß. Dieser Antikörper wird, wenn man ihn in vitro Chemotherapie. 343 oder in vivo mit einem lebenden Parasiten in Berührung bringt, ver- ankert, wodurch die Parasiten eine biologische Abänderung erfahren, die zum Rezidivstamm führt. Die ursprüngliche Gruppierung „A“ verschwindet, und es tritt an deren Stelle eine neue Gruppierung „B“. Wie die Tabelle 1 (Mäuse « und ß) zeigt, läßt sich dieser Vorgang ebenfalls sehr gut experimentell demonstrieren. Ein geheilter Rezidivstamm kann wohl wieder mit dem Ausgangs- stamm infiziert werden («), eine Nachimpfung aber des Rezidivstammes mit dem Rezidivstamm geht zunächst nicht an (ß). Beide Stämme also, Ausgangsstamm und Rezidiv- stamm, sind nicht identisch und müssen demgemäß zwei verschieden funktionierende Gruppierungen besitzen. Eine neue Rezeptorenart ent- steht, während auf immunisatorischem Weg ein Rezeptor verschwand. Man hätte annehmen können, daß diese Antikörper direkte Gift- wirkungen auslösen, toxophore oder trypanolytische Gruppen enthalten, so daß die Verankerung eine Abtötung der Zellleiber auslösen müßte. Dem ist aber nicht so. Denn neben den gewöhnlichen Trypanosomen- stämmen, die nur eine einheitliche Gruppierung „A“, „B“, „C“ etc. enthalten, und die als „Unionen‘“ bezeichnet werden, kommen an- dere Stämme vor, die gleichzeitig zwei Gruppierungen, zZ. B. „A“ und „B“ in ihrem Protoplasma besitzen und deswegen „Binionen“ ge- nannt werden. Ein solcher Binio A—B kann nur dann eine Schä- digung erfahren, wenn gleichzeitig die Antikörper „A“ und „B“ ein- wirken. Er erfährt aber durchaus keine Schädigung, wenn der eine oder andere Antikörper allein in Wirkung tritt. Aus diesem Versuch geht hervor, daß die Anwesenheit von Antikörpern keine direkte toxische Wirkung auf die Trypanosomen ausübt, sondern die Wirkung kommt zustande, erst wenn die Antikörper die Zufuhr der Nährstoffe verhindern. Ein Binio „A—B‘“ kann, wenn seine Gruppierung „A“ durch die Antikörper verschlossen wird, vermittels seiner Gruppierung „B‘ weiter vegetieren und umgekehrt. Ebenso kann man auch Plurionen unterscheiden mit vielen Gruppierungen. Mischt man Trypanosomen im Reagenzglas mit verschiedenen Mengen Serum (Antikörper), so erfolgt eine Abtötung erst bei starken Konzentrationen, die die Ernährungszufuhr vollkommen abbinden. Es bildet sich ein Rezidivstamm bei geeigneter schwächerer Konzen- tration, die dem Parasiten eine noch schwache Lebensfähigkeit ge- währen- kann. Dabei erfolgt auch die Abänderung; ob man diese als Mutation oder Variation bezeichnen soll, ist vorderhand belanglos. Die Abänderung ist auf den Hunger des Protoplasmas eingestellt, auf dessen Einfluß neue potentielle Anlagen des Trypanosoms zur Entfaltung kommen. Damit ist auch der beste Nachweis erbracht, daß die Gruppierungen im wesentlichen als Nutrizeptoren aufzufassen sind. EHRLICH bezeichnet derartige Antikörper, die rein antinutritiv wirken, als „atrep- tisch“ und legt ihnen mit Rücksicht auf die gesamte Biologie eine sehr große Rolle bei. Chemozeptoren, Arzneifestigkeit. Für die Chemotherapie war es nun ein Haupterfordernis, auch für die Wirkungsweise der Arzneimittel eine Erklärung zu finden. Es kam darauf an, nachzuweisen, daß die Parasiten in ihrem Protoplasma bestimmte Gruppierungen besitzen, die die Fesselung bestimmter chemischer Substanzen bedingen. 344 EHRLICH und GONDER, Dabei stellte es sich aber heraus, daß die gestellte Frage, ob auch für die Aufnahme anderer weniger komplizierter Substanzen analoge Funktionsgruppen, wie wir sie bei den serumfesten Stämmen kennen gelernt haben, vorhanden sind, sich viel schwieriger gestaltete. EHRr- rıcm gelangte erst auf einem Umwege, und zwar führte derselbe über die arzneifesten Stämme, zu der richtigen Erklärung. Er gelangte zu der Anschauung, daß im Protoplasma der Parasiten ge- wisse Gruppierungen vorhanden sind, die imstande sind, sich mit gewissen Gruppierungen der Arzneimittel zu verbinden. Diese Affinitäten nennt erin Anlehnungan die Immunitätslehre Chemozeptoren. Anmerkung: Der einzige, welcher schon vorher in derZelle rezep- tive Substanzen, die für Chemikalien (Alkaloide) besondere Affinität besitzen, den Begriff der Rezeptoren für chemische Substanzen also, angenommen hat, war LANGLEY. Für die einfachsten Zellfunktionen, wie z. B. für die Sauerstoff- aufnahme war die Erklärung einfacher zu geben. Man konnte im Erythrocytenplasma bestimmte Gruppierungen annehmen, die zum Eisen sehr große Verwandtschaft besitzen, um mit ihm bestimmte komplexe Verbindung von charakteristischen Funktionen des Hämo- globinmoleküls, die Bindung an Sauerstoff einerseits und Kohlen- oxyd und Blausäure andererseits bilden *). Die Blutkörperchen sind demnach durch eine reiche Anwesenheit eisenhaltiger Zeptoren, die als Oxygenozeptoren wirken, ausgezeichnet. Und ähnlich dürfte es sich wohl mit den kupferhaltigen Respirationspigmenten niederer Tiere verhalten. Außerdem scheinen auch bestimmte Zeptoren zu existieren, die organisch gebundene Halogene fixieren können. Die Erfahrung, daß nach Eingabe von Jod-, Brom- und Chlorbenzol (nicht aber naclı anderen Derivaten des Benzolkernes) im Urin Parabrom- phenylcystine auftauchen, führt dazu, daß diese Halogenozeptoren mit Cystinresten, die an der Zelle haften, in enger Verbindung stehen. Das gründliche Studium des wichtigen Zusammenhangs von Kon- stitution und Wirkung der Arzneimittel führte dann auch EHRLICH und seine Schule zu der Erkenntnis, daß auch die Parasiten ganz bestimmte Angriffsstellen besitzen, präformierte Chemo- zeptoren. Während der Beweis einer Präformation für die Nutri- zeptoren durch den Uebertritt der losgelösten Rezeptoren ins Blut so leicht zu erbringen war, ist er für die einfacher gebauten Chemo- zeptoren nicht auf diese Weise zu geben, da dieselben nicht zur Ab- stoBung gelangen. Es ist EnruLicm und seinen Mitarbeitern FRANKE, Brownins & RoEHL gelungen, besondere Trypanosomenstämme zu züchten, die gegen trypanosomenfeindliche Medikamente fest sind, d. h. die durch die höchsterträglichsten Dosen dieser Medikamente in keiner Weise mehr beeinflußt werden konnten. Die parasitenfeind- lichen Stoffe waren Körper aus der Arsenreihe, Fuchsin und saure Azofarbstoffe aus der Benzopurpurinreihe, Trypanrot und später das von Mesnır aufgefundene Trypanblau. Die gefestigten Stämme waren *) In dieser Beziehung sei, nur auf die interessante Arbeit von MANCHOT über kohlenoxydbindende Eisensalze hingewiesen. MAancHoT fand, daß das Einwirkungsprodukt von Ammoniak auf Nitrobromidnatrium durch das von HOFFMANN entdeckte Trinatriumferro-penthacyan-monammin imstande ist, ähn- lich wie das Hämoglobin Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff zu binden. Es ist so bewiesen, daß es im Prinzip möglich ist, auf künstlichem Wege eisenhaltige Komplexe darzustellen, die z. B. ein ähnliches Gasbildungsvermögen wie der Blutfarbstoff besitzen. Chemotherapie. 345 vor allem durch eine ausgesprochene Stabilität dererworbe- nen Eigenschaften charakterisiert. Ein gegen Arsenikalien gefestigter Stamm behält seine einmal erworbene Festig- keit gegen Arsen über viele Jahre hindurch bei. Dabei änderu viele hundert Passagen durch Mäuse oder andere Tiere nichts. Ein zweites Charakteristikum und sehr wesentlich für die Arznei- festigkeit ist eine strenge Spezifität, welche darin besteht, daß sie sich nicht auf eine bestimmte Einzelverbindung beschränkt, sondern auf die ganze chemische Gruppie- rung, welcher die Einzelverbindung angehört, Bezug hat. So ist ein gegen Fuchsin gefestigter Stamm nicht allein gegen Fuchsin fest, sondern auch gegen eine ganze Reihe von verwandten Ver- bindungen, gegen Triphenylmethanfarbstoffe fest, z. B. gegen Mala- chitgrün, Aethylgrün u. a. Ein so gefestigter Stamm ist dagegen noch durch Trypanrot oder durch Arsenikalien zu beeinflussen. Die gleiche Spezifität zeigen auch die gegen Arsenikalien oder gegen Trypanrot, gefestigten Stämme. Es müssen also hier im Parasitenleibe gegenüber diesen drei Körperklassen drei streng voneinander geschiedene Zell- funktionen vorliegen. Durch sukzessive Behandlung eines Trypa- nosomenstammes mit den schon erwähnten Stoffen kann man schlieB- lich auch einen dreifach gefestigten Stamm erzielen, der gegen alle Vertreter der drei erwähnten Klassen ge- festigt ist. Gerade solche vielfach gefesteten Stämme sind für den im Laboratorium arbeitenden Chemotherapeutiker von allergrößter Wichtigkeit. Bei maximaler Festigkeit gegen bekannte parasitizide Chemikalien lassen sich dann rascher neue Typen trypanozider oder spirillizider, überhaupt parasitizider Agentien erkennen. Sollte bei- spielsweise eine neue Substanz, die normalerweise einen normalen Trypanosomenstamm abtötet, auf ihren Heiltypus geprüft werden, so läßt man diese Substanz auf den dreifach gefestigten Stamm ein- wirken. Ein neuer Heilstofftypus liegt erst dann vor, wenn bei der Behandlung mit der neuen Substanz der dreifach gefestigte Stamm abgetötet wird. Er entspricht dann keinem der drei erwähnten Heilstoffklassen, sondern er muß ein Vertreter einer neuen Heilstoff- klasse sein. Emrricn nannte solche doppelt, dreifach und mehr ge- festigeten Stämme das „cibrum therapeuticum“ für den Chemo- therapeutiker, „das therapeutische Sieb, mit welchem es gelingt, Zusammengehöriges und Differentes zu unterscheiden“. Die weitere Frage war nun die: Wie kommt eine solche Arznei- festigkeit zustande? Hier wurde der erste Aufschluß mit Trypano- somenstämmen gegeben, die gegen das bei den Trypanosomiasen zu- erst angewandte Atoxyl gefestigt werden konnten. Dabei unterstützen sich in vivo- und in vitro-Versuche. Da von verschiedenen Seiten konstatiert wurde, dab das Atoxyl als solches mit dem 5-wertigen Arsensäurerest nicht imstande ist, im Mischversuch Parasiten abzutöten, führten die Versuche des Speyer- hauses zu der Annahme, daß nur das dreiwertige Arsen, wie es in den Reduktionsprodukten der aromatischen Arsinsäure vorhanden ist, be- fähigt ist, die abtötende Wirkung auszulösen. Dreiwertige Arsen- derivate stellen z. B. dar: AsO 1) das Paramidophenylarsenoxyd resp. Arsenoxyde überhaupt Ga: die Analoga der arsenigen Säure darstellen; 346 EHrLIcH und GoNDER, AsH, RE 2) die Phenylarsine , die Analoga des Arsenwasserstoffes 4 darstellen und As=As | AI, 3) die Arsenobenzole en I» in denen zwei aromatische durch die Arsenogruppe ver- bunden sind. Von diesen drei Verbindungen wirken toxikologisch sowohl als auch parasitizid am stärksten die monomolekularen, also das Arsenoxyd und die Arsine. Für die Reagensglasversuche eignet. sich besonders das p-Aminophenylarsenoxyd, das Reduktionsprodukt des Atoxyls, während 1—2-proz. Atoxyllösungen zunächst die Para- siten nicht abtöten. Hier liegt also eine um das 10000-fache (Ta- belle 2) gesteigerte Wirkung vor. Die Versuche wurden von NEVEN ausgeführt an zwei verschie- denen arsenfesten Stämmen, die durch variierte Behandlung ver- schiedene Grade von Arsenfestigkeit besitzen. Der eine von ihnen, Asenstamm I, ist der schwächer, Arsenstamm II der stärker gefestigte. Tabelle 2. Abtötungsversuch im Reagenzglas bei verschiedenen Stämmen. Mit Paraoxyphenylarsenoxyd. a) Ausgangsstamm. Zeit Verdünnungen e = | 1:100000 | 1:10000000 | 1:20000000 | 1:40000000 | 1:100.000.000 en alle unbewegl.| gut beweglich. gut beweglich | gut beweglich | gut beweglich 3Min. dgl. schwach bewegl. schwach bewegl.| dgl. dgl. Di, Hi | alle unbewegl. dgl. schwach bewegl. ” 8, 5 | dgl. alle unbewegl. dgl. schwäch. beweg. 107, . | ” | dgl. einige unbeweg. dgl. 125; » | „ 5 alle unbewegl]. 3 15 „ „ | 62) „ dgl. + ZU : | > 7 e schwach bewegl. 25 „ 3 | 5 er “ einige unbeweg. Bl) ” „ „ „ | „ d l. 3, " | ;s | ” | B viele unbewegl. 40 „ „ | „ ”„ „ d l. 45 „ > | x R s d. meist. unbew. b) Arsenstamm I Zeit | = ix Verdünnungen _|.1:10000 | 1:20000 | 1:40000 1:100000 | 1:1000000 sofort |alle unbewegl.'schwäch. beweg. en beweglich | gut beweglich | gut beweglich 3Min. dgl. dgl. dgl. a I 3 ae 4 | Br E I) „ „ g | ’ ’ 198; » alle unbewegl. ischwäch. beweg. X £ 192, 5 | dgl. schwachbewegl. 3; R 20% a 3 alle unbewegl. ” | % 23.7, R x dgl. s 30 „ Re | e S schwäch. beyen x 30: 7 2 | = schwach beweg | = 40 „ „" „ » fast alle unbe ® 50 „ „ ’ y dgl. „ Chemotherapie. 347 c) Arsenstamm Il. Zeit Verdünnungen 1:10000 _ 1:20 000 1:40000 | 1:100000 1:1.000 000 sofort alle unbewegl. gut bew aan) gut beweglich | gut beweglich | gut beweglich 3Min. dgl. teilw. schwächer dgl. dgl. dgl. Hi = ‚schwach bewegl. schwäch. beweg. mäßig gut bew. & SE .; 5 dgl. | dgl. dgl. . 10%, 35 alle unbewegl. schwach bewegl. H 52: zn dgl. | dgl. ischwäch. beweg. n 20 ', 3 | + | | dgl. Is 2, *| P% ” ‚ alle unbewegl. | 5 y. ar, „ ni | dgl. ‚schwach bewegl. Ri 35 „ „ „ | „ | dgl. „ 40 .. ; | 5 ‚alle unbewegl. R- 50 „ „ „ | „ | dgl. „ Aus der Tabelle ergibt sich ohne weiteres, daß die arsenfesten Stämme durch geeignete "Konzentrationen der betreffenden Prüfungs- arsenikalien noch abgetötet wurden, daß aber je nach dem Grad der Festigung zu diesem Zwecke 10—100mal so starke Konzentrationen erforderlich waren. Diese Erscheinungen sind mit der Annahme, daß ein Schwund der Arsenozeptoren vorhanden sei, unvereinbar, da ja unter diesen Umständen, wie dies bei den arsenfesten Stämmen tatsächlich der Fall ist, das Arsenikale überhaupt gar keine schädigende Wirkung ausüben konnte. Dagegen versteht man diese Erscheinungen sehr gut, wenn man annimmt, daß unter diesen Umständen die Arseno- zeptoren der Zelle eine progressiv wachsende Verringerung ihrer Avidität zum dreiwertigen Arsen erfahren. Je weiter diese Ein- ziehung gediehen ist, desto fester ist der Arsenstamm. Am aller- schwersten ist es, Festigkeit zu erzielen gegen arsenige Säure, die auch auf die geringsten Aviditäten noch angreift, wie eine Beißzange auf einen Stummel. Daß der Arsenozeptor eine ganz bestimmte Funktion darstellt, die systematisch und sukzessiv auf immunisatorischem Wege ver- ringert werden kann, geht auch aus den Tierversuchen hervor, die EHrLıch und seine Mitarbeiter anstellten. Durch jahrelange Be- handlung ad maximum, bis eine weitere Steigerung nicht mehr er- folgte, mit p- -Amidophenylarsinsäure und deren Azetylprodukt wurde der oben genannte Arsenstamm I erzielt, der gegen eine Reihe von anderen Arsenikalien gleichzeitig gefestigt war, so gegen die p-oxydverbindung, gegen die Harnstoffverbindung, die Benzylidenverbindung und eine Reihe von Säurederivaten. Als aber dieser Arsenstamm I mit einer neuen Verbindung, dem ‚„Arsenophenylglyzin“, behandelt wurde, so zeigte sich der feste Stamm gegen diese Verbindung 2 — HS | SUN NH NH | | | COONa COONa 348 EHRLICH und GoNDER, fast ebenso empfindlich, wie der Ausgangsstamm. Nach vieler Mühe ge- lang es. auch diesen Stamm noch höher zu treiben in seiner Ärsenfestig- keit. Man erzielte einen Arsenstamm II, der schließlich auch fest gegen das Arsenophenylglyzin war, aber durch Brech- . weinstein beeinflußt wurde. Durch arsenige Säure konnte aber dieser Stamm II immer noch abgetötet werden. Das gab die Möglichkeit, noch weitere Steigerungen herbeizuführen. Ein dritter Arsen- stamm III konnte durch weitere Behandlung mit arseniger Säure er- zielt werden, die wie eine Beißzange auf die geringsten Reste der Avidität noch eingestellt ist. Die arsenige Säure besitzt wohl von allen Arsenikalien die maximalste Verwandtschaft zu dem Arseno- zeptor, so dab es lange Zeit schien, keinen Stamm züchten zu können, der auch gegen arsenige Säure fest wäre. Nach jahrelanger Behand- lung ist es dennoch gelungen, einen vierten Arsenstamm (IV) zu er- zielen, der auch gegen arsenige Säure fest war. Enrricn deutet die Einziehung der Avidität als chemischen Vorgang, insofern in der Nachbarschaft der betreffenden Arsen- gruppierung andere Gruppen entstehen oder verschwinden, die die Reaktionsfähigkeit verringern. Nach Ansicht EHrLıchs und seiner Schule besitzt daher das Protoplasma der Zelle eine große Zahl Partialfunktionen, die in Form differenter’Chemozer. toren zwischen den die Ernährung vermittelnden Nutri- zeptoren eingestreutsind. Aendern wir dasProtoplasma, beispielsweise bei Erzeugung eines Rezidivstammes, So können gelegentlich auch Abänderungen in den Chemo- zeptoren auftreten, als Beweis, daß auch die Chemo- zeptoren mit der Konstitution des Protoplasmasineinem Zusammenhang stehen. Wiehtige Ergänzungen über Chemozeptoren. Festigung durch orthochinoide Substanzen. Im vorhergehenden hatten wir festgestellt, daß die Arznei- festigkeit eine spezifische ist insofern, als der Arsenstamm nur fest ist gegen Arsen und Arsenikalien, nicht gegen Trypanblau etc. Nur eine Ausnahme besteht hier, indem Farbstoffe vom „orthochi- noiden“ Typus Verwandtschaft zum Arsenozeptor haben und im- stande sind, eine Einziehung desselben, mit anderen Wor- ten eine Arsenfestigkeit, auszulösen. Wie EHrRLIcH und sein Mitarbeiter Nerven nachwiesen, bedarf es, um diese Festigkeit zu erhalten, absolut keiner langen Reihe von Passagen und Injektionen, sondern die Einziehung des Rezeptors kann sehr schnell erfolgen. Das Interessante dabei ist, daß diese Farbstoffe nichts mit dem Arsen zu tun haben. Enrricn und Rönt hatten gefunden, daß ein aus Met- amidokresol und Formaldehyd erhältliches reines, speziell arsenfreies Pyronin C] | | (6) NH,/N/ N/NNH, H,O\ N CH Chemotherapie. 349 imstande war, einen pyroninfesten Stamm zu erzeugen, der gleichzeitig auch eine erhebliche Festigkeit gegenüber Arsenikalien zeigte. Gegen Arsacetin war dieser Stamm völlig fest, gegen Arsenophenylglyzin sehr beträchtlich fest, während mit Arsacetin gegen Arsenophenylglyzin auch bei langjähriger Behandlung hiermit keine wesentliche Festigung erreichbar ist. Wir-sehen daraus, daß der Pyroninfarbstoff weit stärker und rascher festigt, als manche Arsenikalien. Auch umgekehrt zeigt der oben erwähnte Arsenstamm II (fest gegen Arsenophenylglyzin) eine ziemlich weitgehende Festigkeit gegen Pyronin (Neven). Aus diesen Feststellungen geht unzweifelhaft her- vor,daßb derArsenozeptor für beide so verschiedenartige Typen die gleiche Angriffsstelle bieten muß. Diese Eigen- schaft, gleichzeitig gegen die eigene Gruppe und gegen Arsenikalien zu festigen, kommt nur den sogenannten orthochinoiden Farb- stoffen, nicht aber den parachinoiden zu. Der Typus der parachinoiden Farbstoffe, das Pararosanilin, wirkt auf arsenfeste Stämme genau wie auf normale Ausgangsstämme. Das Pyronin leitet sich von dem Typus eines Diphenylmethanfarbstoffes ab. Diese Diphenyl- methanfarbstoffe können aber nur dann die oben besprochene Festig- keit erzielen, wenn ihnen durch geeignete Substitution mit Sauerstoff- resten („Pyronin‘reihe) oder mit Stickstoffresten („Akridin‘reihe) eine orthochinoide Konstitution gegeben wird. Denn es hat sich auch herausgestellt, daß genau wie das Pyronin, auch Vertreter der Akridinreihe, besonders das von Brnna dargestellte Diamidoakridin und dessen Ammoniumverbindung, das Trypoflavin, dieselben Funk- tionen ausüben (Kupicke). Diamidoakridin Trypoflavin HCl CICH; | | N, N NEL 7 S/OSNELI SEND ner 5 | zum ’ le SEN N Später zeigte sich weiterhin, daß andere orthochinoide Farb- stoffe, die sich nicht von dem Diphenylmethan, sondern vom Di- phenylamin ableiten, „Oxazine“, sowie die von KEHRMANN her- gestellten Thiazine und von Bauer dargestellten Selenazine, in denen die beiden Phenylreste durch Sauerstoff resp. Schwefel oder Selen verbunden sind, die gleichen oder ähnlichen Eigenschaften besitzen. Ein besonders geeigneter Farbstoff hat die folgende Konstitution: OCl NE, NY NH: PYENANE N NH, Der Arsenozeptor hat demnach nicht nur die eine Funktion, das Arsen und die nächstliegenden Metalle an sich zu reißen, sondern er mußauch noch eine viel weiter- gehende Funktion besitzen, nämlich, eine große Reihe Fortkochinoider“ Substanzen zu fesseln. Der Arseno- zeptor ist also eine chemische auch auf „Orthochinone abgepaßte Zwinge“. ‚ das Triaminophenazoxoniumchlorid. 350 EHrLicn und GONDER, Von Interesse ist es, daß mit einigen dieser Farbstoffe es gelingt, die Verminderung der Avidität auch dem Auge sichtbar zu machen. Diese Farbstoffe verhalten sich nämlich gegenüber normalen und arsenfesten Trypanosomenstämmen verschieden. Die normalen Trypanosomen färben sich, wie dies GoNDER zeigte, sehr schnell noch während des Lebens und sterben ziemlich bald in den Farblösungen ab. Die arsenfesten Formen dagegen färben sich vital überhaupt nicht, und bleiben deshalb auch viel längere Zeit am Leben. Die Aviditätsverminderung ist durch diese Versuche, Ta- belle 3, dem Auge direkt sichtbar gemacht. Am besten eignet sich zum Nachweis das Triaminophenazselenoniumchlorid N Se Bone: N SL N NH, Mischt man die Farblösungen mit normalen Trypanosomen, so tritt vital in den Trypanosomenleibern eine rote bis rotviolette Färbung des Plasmas und der Kerne ein, was sich im Mikroskop nachweisen läßt. Die arsenfesten Trypanosomen färben sich erst, wenn sie schon einige Zeit tot sind. Tabelle 3. c) Trypanosoma brucei, normal, mit Triaminophenazselenoniumchlorid im Reagenzglas gemischt wie oben. Ein- Endverdünnung des Farbstoffes Kontrolle wirkungs- = ohne dauer 1: 3000 1:15000 | 1:30000 | 1:75000 | Farbstoff sofort |Sehr gut be-Sehr gut be-Sehr gut be- Sehr gut be-| Sehr gut be- weglich, un- weglich, un- weglich, un-; weglich, un- weglich gefärbt ı gefärbt gefärbt gefärbt 15 Minuten |/Ziemlich gutZiemlich gut Gut bewegl., Gut beweg- del. beweglich, röt- beweglich, röt- schwach lich, unge- lich gefärbt | lich gefärbt | rosa gefärbt| färbt !/, Stunde |Schwach be- Schwach be- Ziemlich be- dgl. del. weglich, gut weglich, gut wegl., etwas rotviolett ge-| rotviolett ge- rötlich ge- färbt ‚ färbt färbt 1 Stunde |Unbeweglich, Unbeweglich, Etwas beweg- Schwach be- dgl. rotviolett ge- rotviolett ge- lich, rötlich, wegl., etwas färbt ‚ färbt gefärbt rötl. gefärbt 2 Stunden Tot und stark Tot und stark Unbeweglich, Sehr schwach dgl. rotviolett ge-; rotviolett ge-, rotviolett bewegl., rot- färbt färbt | gefärbt violett ge- | dgl. ‚Tot, rotviolett del. 4 Stunden dgl. del. | gefärbt Chemotherapie. 35l d) Tryp. brucei, arsenfest und Triaminophenazselenoniumchlorid wie oben gemischt. Ein- | Endverdünnung des Farbstoffes Kontrolle wirkungs- | -—— ohne dauer 1: 300 1: 1500 | 1: 3000 Farbstoff sofort ‚Sehr gut beweglich, Sehr gut beweglich, Sehr gut beweg-| Sehr gut be- ungefärbt ungefärbt lich, ungefärbt, weglich 15 Minuten del. dgl. del. del. E Stunde „ „ „ „ 1 Stunde R u 55 » 2 Stunden 2. r „ | ” = | „ ” „ „ „ 20 5 Fast alle tot und Viele tot und rötlich Einige tot, viele Noch sehr rotviolett gefärbt, gefärbt, viele am schwach beweg-| schwach be- einige unbe-, Absterben undun- lich, alle un-| weglich weglich und gefärbt gefärbt ungefärbt Mutative Festigung. Was nun die Art der Festigung anlangt, so waren früher die arzneifesten Stämme nur durch lange fortgesetzte Behandlung in Tier- passagen, die sich oft auf Monate erstreckte, gewonnen, so daß man zu der Annahme gelangte, dab es sich hier um einen ganz allmählich und progressiv fortschreitenden Prozeß handelte. Es hat sich aber später herausgestellt, daß diese Anschauung nicht richtig ist, indem es mit gewissen Stoffen, Derivaten der Phenylarsinsäure, gelingt, schon nach einmaliger Behandlung eine sehr hohe Festigkeit gegen andere Arsenikalien zu erzielen, z. B. mit einem Kondensationsprodukt aus p-Oxymetaamidophenylarsenoxyd — Resorcylaldehyd. Eine Dosis von 0,01 g Arsacetin, die den Ausgangsstamm vollkommen abzutöten ver- mag, ist nach einmaliger Anwendung des genannten Produkts ohne Einfluß auf die behandelten Trypanosomen. Um einen solchen mutativ gefestigten Stamm zu erzielen, ver- fährt man am besten in der Weise, daß man in einer abgestuften Ver- suchsreihe die Mengen der betreffenden Substanz ausprobiert, die gerade imstande ist, nur eine gewisse Hemmung der Vermehrung, aber kein vollständiges Verschwinden der Parasiten auszulösen. Von einer mit einer auf diese Weise bestimmten Grenzdosis behandelten Maus impft man auf andere Mäuse am 4. oder 5. Tag, wenn zahl- reiche Parasiten im Blute sind, ab und behandelt dann die neu- geimpften Mäuse nach 24 Stunden mit abgestuften Mengen (Tab. 4). Die Trypanosomen verschwinden dann nicht, auch wenn starke Heil- dosen gegeben werden. Tabelle 4. Maus. 1. Tag infiziert mit Trypanosomen, die mit Arsacetin vorher geprüft waren, intraperitoneal 2. „ +w. 1:15000 — Kondensationsprodukt aus p-Oxymetaamino- e arsenoxyd + Resorceylaldehyd 4. A +S.w. 239, 6. „ +++ getötet und abgeimpft auf 4 Mäuse a, b, c, d 352 Enruich und GoNDEr, Prüfung mit Arsacetin. a. b. © d. Kontrolle 1. Tag infiziert 1. Tag infiziert 1. Tag infiziert 1. Tag infiziert 2. +w.1:30 2 „.+w1:220 27, tw L207 72 ae Arsacetin Arsacetin Arsacetin 3. u +++ en Be ne 3. er Fr a an an are arena 4. „ Fe Dr tot ei: DEE Di 6: 9, Außerordentlich verschieden wird die Festigkeit sein, mit welcher die verschiedenen Agentien von dem betreffenden CUhemozeptoren der Zelle gebunden werden. So gehen gewisse Farbstoffe, wie die meisten löslichen Farbstoffe, Eosine, die Sulfosäuren im Tierversuch sehr rasch durch den Körper, durchfliegen ihn, andere dagegen bleiben wochen- und monatelang in demselben gefesselt (Trypanblau). Auch bei den wichtigen komplizierteren Arsenikalien wird es Nebengrup- pierungen geben, die bald in sehr dauerhafter Weise durch die Chemozeptoren gebunden werden, bald aber nur in sehr lockerer Weise gefesselt sind, so daß bald im Laufe kurzer Zeit eine trennbare Verbindung ausgelöst wird. Je nach der Art der Nebengruppierungen bezeichnet man solche Arzneimittel, die fest an die Zelle gebunden werden, als „Zellhafter“, solche, die nur ganz vorübergehend ge- fesselt werden, als „Zellspringer“. Der Zellspringer, wie z. B. das Reduktionsprodukt aus dem Atoxyl, das p-aminophenylarsenoxyd durcheilt gleichsam wie eine „Kugel aus hartem giftigen Material“ den Organismus, wobei sie entweder tötet oder nur ver- wundet, aber niemals eine chemisch resorptive Störung verursacht. Die Zellhafter, wie z. B. das oben erwähnte Konden- sationsprodukt oder andere sessil gemachte Arsenikalien, sind mit „kleinen giftigen Kugeln“, die eine dauernde Beein- flussung des Rezeptorenapparates auslösen, Einziehung der Avidität, zu vergleichen. Auck in diesen Eigenschaften wird der Therapeutiker im Laufe seiner experimentellen Arbeiten eine gute Handhabe finden, besonders bei solchen Arzneimitteln, die eine rasche Arzneifestigkeit auslösen und so also Gruppierungen besitzen, die länger gebunden werden, neue bessere verankerungsfähige Gruppierungen von stärkerer Wirk- samkeit ausfindig zu machen. Auf diese Weise lernt der Chemothera- peutiker „zielen“, d. h. für jede Parasitenart muß er charakte- ristische Nebengruppierungen ausfindig machen, mit deren Hilfe man ein bestimmtes hochtherapeutisches Radikal, z. B. Arsen-, Jod-, Queck- silberreste, den betreffenden Parasiten aufzuzwingen vermag. Schwach wirksame Arzneimittel werden sehr schnell, hochwirksame dagegen nur sehr langsam oder gar nicht von der Parasitenzelle abgegeben. Wir haben demnach drei Wege, die zur Arzneifestigkeit führen: Einmal eine durch lange Generationen hindurch fort- gesetzte steigende Beeinflussung durch Arzneimittel, also durch progressive Gewöhnung langer Parasiten- generationen, wie sie auch praktisch beispielsweise bei der Bekämpfung der Schlafkrankheit erreicht werden kann, indem die Kranken durch wiederholte, kleine Atoxyldosen behandelt werden, so daß sehr leicht eine e Chemotherapie. 359 Gewöhnung der Trypanosomen und damit eine Festigkeit eintreten kann. Der zweite Weg ist die schnelle durch gewisse Farb- stoffe der Pyronin-, Akridin- oder Oxazinreihe hervor- serufene Aenderung im Parasitenstamm. Und der dritte Weg ist die plötzliche, mit einem Schlag hervorgerufene Aenderung, die mutative Festig- keit*). Im letzten Weg stimmen also auch serumfeste und arzneifeste Stämme überein. Prinzipiell bleibt aber der Unterschied in einer anderen Richtung: bei den serumfesten Stämmen handelt es sich um eine Rezeptorenart, die unter dem Einfluß des Serums zum Verschwinden gebracht wird, worauf nun vikariierend eine neue andersartige Rezeptorenart auf- tritt. — Bei den chemofesten Stämmen handelt es sich nicht um das Verschwinden einer Rezeptorenart und eine Neuersetzung, sondern nur um die Herabminde- rung einer bestimmten chemischen Funktion. Mehrfache Verankerung eines Arzneimittels. Ein zweiter sehr interessanter Fall ist der schon früher be- rührte Fall der Festigung des Atoxylstammes I, gegen Arseno- phenylglyein. Es hat sich herausgestellt, daß der Arsenstamm I und der daraus abgeleitete gegen Arsenophenylglycin gefestigte Stamm II genau die gleiche Avidität zum Arsen hatte. Der Beweis wurde in folgender Weise erbracht. Wir hatten einen Arsenstamm, der früher mit Nr. I bezeichnet war und der nicht fest war gegen Arsenophenylglyein. Durch kontinuierliche Behandlung mit Arseno- phenylelycin wurde dann ein weiterer Stamm gewonnen, der nun fest war gegen Arsenophenylglycin. Die Vergleichung dieser beiden Stämme, die als I und II bezeichnet werden sollen, zeigte, daß nun, wie das im Tierversuch nicht anders zu erwarten war, Stamm I 10mal so empfindlich gegen Arsenophenylglycin war als Stamm II. Beide Stämme wurden nun mit einer Ärsenverbindung geprüft, deren ab- tötende Wirkung auf den Arsenstamm I genau festgestellt war (S. Tab. 5). Die Erwartung, dab Arsenstamm II auch gegenüber diesem Agens eine höhere Resistenz besitzen würde, hat sich aber nicht erfüllt, wie die Tabelle zeigt. Es geht hieraus hervor, dab der Arsenstamm II gegenüber I keine weitere Einziehung seiner Avidität gegenüber Arsen erfahren hatte, und es mußte mithin eine Aenderung in einen andersartigen Zeptor des Protoplasmas stattgefunden haben, welcher die Herabsetzung der Empfindlichkeit gegenüber Arsenophenylelycin bewirkte. Da nach- gewiesen wurde, dab auch andere Derivate der Phenylarsinsäure, speziell die Arsenoderivate der Phenoxyessigsäure und die entspre- chende Thioverbindung *) Besonders wichtig ist es, daß auch bei Bakterien so schnell mutative Veränderungen ausgelöst werden können. So hat MORGENROTH mutativ einen chininfesten Pneumokokkenstamm erhalten. Auch von MARX und jüngst von SHIGA sind analoge Beobachtungen gemacht worden. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 23 354 EHRLICH und GONDER, As = As a A BN NP ns (6) S | | CH, CH, | | C0,C0O0OH C0,CO0H sich genau so verhielten wie Arsenophenylglycin. war der Beweis gegeben, daß bei der Wirkung des Arsenophenylglyeins und der anderen erwähnten Substanzen der Rest der Essigsäure in Aktion trete, daß in den Zellen ein Aceticozeptor vorhanden wäre, bei dem sekundär der mit Arsenophenylelycin gefestigte Stamm als Binder wirkt. Bei der Ueberführung des Arsenstammes I in den Arsen- stamm II durch Arsenophenylglycin wurde der Arsenozeptor nicht geändert, dagegen eine Herabminderung des Aceticozeptors ausgelöst, die in erhöhter Festigkeit zutage trat. Im Arsenstamm I ist der Aceticozeptor von starker, im Arsenstamm II von schwacher Funktion. Trotz der Verringerung der Avidität des Arsenozeptors kann dennoch der Arsenrest beim Arsenstamm I mit dem Arsenozeptor in Ver- bindung treten, weil hier bei Verwendung von Arsenophenylglycin der Aceticozeptor mit vollerhaltener Avidität in Aktion tritt, der die Arsengruppe sekundär in ihrer Avidität erhöht, so dab sie dennoch mit einem schwach aviden Arsenozeptor reagieren kann. Tabelle 5. Mischversuch im Reagenzglas Trypanosomen und Arsenophenylelyzin. Arsenstamm I. Arsenstamm II Zeit Verdünnungen Verdünnungen 150 | 13100 1:50 1:100 | sofort gut beweglich gut beweglich gut beweglich |gut beweglich 3 Minuten 2 F | ; 5 > pe % 5 ” schwächer beweglich | r > RR [4% » 6) 5 schwach beweglich | AN . ER + ” + 10 9 „ ”, | „ » F ’ „ ” 12 es alle unbeweglich |schwächer beweglich] ., ; r % 15 % ee > | ; En 3 » ” 18 = % M ı schwach beweglich | „, - 55 20 e IE 5 alle unbeweglich 5, 30 - % ; 2 > ; 40 ’ 3 „ 2) „ „ 50 j ; ; - Ba“ „ EnrriıcH erklärte den oben auseinandergesetzten Vorgang in der Weise, „daß nicht nur die Arsengruppe von dem Proto- plasma verankert wird, sondern daß auch die anderen Gruppierungen des chemischen Moleküls der verschie- denartigen Substitutionsprodukte der Phenylarsinsäure in gleicher Weise von den bestimmten Rezeptoren ge- fesselt werden. Der Arzneistoff wird gewissermaßen Chemotherapie. 359 in seinen verschiedenen Gruppierungen sukzessive von besonderen Fängen des Protoplasmas gefesselt, gleich wie ein Schmetterling, dessen einzelne Teile mit ver- schiedenen Nadeln fixiert werden. Genau wie der Schmetterling erst an dem Rumpf und dann sukzessive an den Flügeln aufgespannt wird, gilt das auch von den komplizierter gebauten Arzneisubstanzen. Auch hier können wir häufig eine Gruppierung experimentell fest- legen, die die „primäre“ Verankerung vermittelt. Eine solche Gruppe ist das primäre Haptophor, die anderen werden diesekundären Haptophore genannt. DasArseno- phenylglycin und andere ähnliche Verbindungen, die z. B. den erwähnten Arsenstamm I beeinflußten, die Arsenophenoxyessigsäure und die Arsenothioglycol- säure und verwandte Verbindungen besitzen eine Grup- pierung „CH,COOH“, so daß man außer dem Arsenrest noch diesen „Essigsäurerest“ in Rechnung ziehen muß. Gerade dieser bestimmteRezeptor für denRest derEssig- säure muß in den Zellen existieren, ein Aceticozeptor, der für die Wirkung des Arsenophenylglycins unter den oben erwähnten Stoffen maßgebend ist“. Für das erfolg- reichste Arsenpräparat, das Salvarsan, treten der Arsenozeptor und der Orthoamidophenolozeptor in Aktion. Je nach der Art der in den Parasiten präformierten Chemozeptoren kann man mit den dem Benzol- rest angefügten Seitenketten, wenn hier vom Arsenobenzol beispiels- weise die Rede ist, den Arsenrest den Parasiten aufzwingen. In allerneuester Zeit brachte EHRLICH einen neuen markanteren Ver- gleich mit einem Giftpfeil, der die Vorstellung besser illustriert, daß der Chemotherapeutiker zunächst Substanzen auffinden muß, die zu gewissen Zellen, Parasiten, Verwandtschaft haben, und daß er an diese Substanz Gruppen von hoher Wirksamkeit herbringen muß: „Schon THEOPHRASTUS PARACELsUS hat geäußert, daß die Arznei- mittel Spicula (Widerhaken) haben müßten, mit Hilfe derer sie sich in bestimmten Organen festsetzen. Im Sinne der modernen Chemie werden wir diese Spicula als bestimmte chemische Gruppierungen auffassen müssen, die eine große Verwandtschaft besitzen, zu be- stimmten Gruppierungen, die in den Zellen, insbesondere in der Parasitenzelle sitzen, und die gewissermaßen als Angelhaken dienen. Im Sinne der übrigen medizinischen Therminologie würde ich das Spiculum als die Haftgruppe oder hapto- phoreGruppebezeichnenundden Angelapparatder Para- sitenzelle als Empfänger oder Chemozeptor. Die Anwesenheit bestimmter Haftgruppen ist zwar eine not- wendige Voraussetzung für die Giftwirkung, aber keine im all- semeinen für sie ausreichende. Es können an eine Bakterienzelle sich hunderte Substanzen verankern und nur wenige sind imstande, eine Abtötung auszulösen. Es muß also in therapeutisch ge- eigneten Substanzen außer der Haftgruppe noch eine andere vorhanden sein, die als solche die Abtötung be- dingt und die daher als giftende oder toxophore Gruppe bezeichnet werden soll. Und dann hat es sich gezeigt, dab es notwendig ist, im allgemeinen noch eine dritte Gruppierung aufzufinden, welche die Verbindung zwischen Haft- und 23* E 356 EHRLICH und GONDER, Giftgruppe darstellt und derartgewissermaßen die Funk- tion eines Bindegliedes ausübt. Im Sinne des obigen Vergleichs würde also die Haftgruppe des Heilmittels der Spitze des Pfeils, das Bindeglied dem Schaft des Pfeils und die Giftgruppe etwa dem am Pfeilschaft an- gebrachten Pfeilgift entsprechen.“ — Beim Salvarsan, Di- oxydiamidoarsenobenzol fungiert die Arsengruppe als toxophore, der Benzolrest als Träger und die Amidophenylgruppierung als Spiculum, Verteilung der Chemozeptoren. Von besonderem Interesse wird die Verteilung der Chemozeptoren in der Parasitenzelle sein, soweit sie bisher aus den experimentellen chemotherapeutischen Versuchen hervorgeht. Denn sie gibt gleich- zeitig auch einen gewissen Aufschluß über den Wirkungsmechanismus der Arzneimittel. In einer so hoch differenzierten Zelle, wie der Trypanosomenzelle, die außer Plasmaleib und Hauptkern noch einen kleineren Kern, den sogenannten Blepharoplasten und eine undulie- rende Membran besitzt, werden die Chemozeptoren nicht diffus im Protoplasma verteilt sein, sondern es werden Unterschiede zwischen den einzelnen Zellkonstituentien bestehen, die auf die Chemozeptoren von Einfluß sind. Mit einem dem Salvarsan sehr nahestehenden Präparat, „Trypozid“ genannt, konnte der schon mehrmals genannte Arsenstamm I weiter- hin gefestigt werden, so daß mit Dosen, die den normalen Ausgangs- stamm abtöteten, am ersten Tag nach der Infektion keine Abtötung erzielt werden konnte. Bei Reagenzglasversuchen, Mischversuchen mit Trypozidlösungen und normalen und trypozidfesten Trypanosomen stellte sich nun wider Erwarten die paradoxe Erscheinung heraus, dab der feste Trypozidstamm gegen das Arsenikal weit empfindlicher war, als der normale Ausgangsstamm. 1/,,, der Trypozidlösungen tötete den festen Stamm in 3—7 Minuten ab, während der gewöhnliche normale Ausgangsstamm bis zu 50 Minuten unter diesen Umständen am Leben bleiben konnte. Wenn aber die Versuche anders angestellt wurden, und zwar in der Weise, daß die beiden Stämme mit stufen- weisen Verdünnungen desChemikals versetzt, und dann die Mischungen Tieren injiziert wurden, so zeigte es sich in bester Uebereinstimmung mit dem Tierversuch, daß bei dieser Versuchsanordnung der arsenfeste Stamm weit schwerer abgetötet wurdeals der normale Stamm (Tab. 6). Aus diesem grundsätzlichen Verhalten geht hervor, daß im Zell- leib der Trypanosomen zwei besondere Gruppierungen bestehen müssen: „L) biologische Substrate, die mit der Beweglichkeit des Proto- plasmas als solchem in Konnex stehen. Diese Substanzen zeigten eine ausgesprochene Ueberempfindlichkeit gegenüber dem verwandten Arse- nikal. 2) biologische Substrate, die mit der Vermehrung der Parasiten in Zusammenhang stehen und unterempfindlich sind. Der Kern oder der ganze Chromidialapparat ist unterempfindlich, das Protoplasma über- empfindlich.“ Auch Busx beobachtete, daß bei Paramäcien durch Trypanrot- lösungen die Lebensfähigkeit durchaus nicht beeinträchtigt wurde, die ie TE EEEEEEEEETEEEEEEHESGSREEERERSSEETEREEIREISTEERREREHERREHRTTEHEREEERSDRETEETETEEEE aa Chemotherapie. 397 Fortpflanzungsfähigkeit dagegen aber, selbst bei Anwendung von sehr starken Verdünnungen von Trypanrot, verloren ging. Tabelle 6. Trypanosomenaufschwemmung gemischt mit Trypozidlösungen. Mischungen Mäusen sofort subkutan injiziert. Normalstamm Trypozidstamm a) er Pa 213 4 | | Kontr. Kontr ’ 1:7000 ,1:4500 | 1:3000 |1:2000 | inf, |1:4800 |1:2400 | 1:2000 | 1:600, inf. 5 = | inf. ine | me) mE | inf. inf. | inf. inf. | | | | | | 1 _ _ = = + = - — e ie = — Ze — — 7 =8=5 3 A — — el | — — SFa8r 4 e tot tot ++ | + —_ tot Se er — = = = —. ji ssSee | Ara en 6 I +++ — — |) = Nr NL a De == 7 | tot | | 2 — | — tot So 8. = | Infektion nicht | — _ — — nicht — angegangen | | ange- | gan- | | | gen | Abtötung im Reagenzglas. Trypozidlösungen 1:500 in vitro. Ausgangsstamm unbeweglich nach 30—40 Min. Halbfester Stamm II unbeweglich nach 3—7 Min. Außerdem hatte es sich gezeigt (Browning), dab eine Reihe von Farbstoffen (Parafuchsin und basische Triphenylmethanfarbstoffe) einen Trypanosomenstamm in der Weise verändern kann, dab ein akut verlaufender, innerhalb 3—4 Tagen für Mäuse tödlicher Stamm zu einem chronisch rezidivierenden wird. Auch das deutet darauf hin, daß in diesem Fall, da ja die Er- nährungsbedingungen genügend sind, eine Schädigung des Chromidial- apparates vorliegt. Bei Arsenikalien findet man eine derartige Eigen- schaft nicht. Man kann biologisch, zum Teil auch mikroskopisch Angriffs- stellen unterscheiden. Das zeigt am eklatantesten der blepharoplast- lose Stamm WeERBITZKIs. WERBITZkI wies nach, daß eine Reihe orthochinoider Farbstoffe, die von KEHRMANN & Benpa hergestellt wurden — im Laufe der letzten Jahre wurde noch eine sehr große Anzahl neuer Präparate aufgefunden, die die gleiche Eigenschaft besitzen — befähigt ist, den zweiten, kleineren Kern, den Blepharo- plasten der Trypanosomen zum Verschwinden zu bringen und sogar eine blepharoplastfreie Trypanosomenrasse zu erzielen. Der blepharo- plastfreie Stamm behielt seine Eigenschaft weit über 500 Passagen bei. Daß in der Tat der Blepharoplast an Ort und Stelle durch die Chemikalien angegriffen wird, zeigten die Untersuchungen von Kuv- DICKE & GONDER, die an Trypanosoma lewisi, einem nicht pathogenen, von Natur aus gegen Chemikalien viel resistenteren Parasiten aus der Ratte, gemacht wurden. Der Blepharoplast sucht bei Behandlung der infizierten Ratten mit diesen orthochinoiden 398 EHRLICH und GONDER, Substanzen, z. B. mit Trypoflavin, von seinem ursprünglichen Platz im Hinterende des Parasiten nach dem Hauptkern hin zu fliehen. Das gelingt ihm aber nicht, da er der Einwirkung des Chemikals unterwegs schon unterliegt. Auch die Hauptkerne scheinen manchmal angegriffen zu werden, denn bei Anwendung dieser Substanzen treten häufig Chromatinbestandteile aus dem Kern in das Protoplasma über. Je nach der Parasitenart hat der Blepharoplast oder auch gewisse Be- standteile des Hauptkerns (Karyosom?) eine größere oder geringere Avidität, so daß es z. B. bei Tryp. brucei fast regelmäßig an Ort und Stelle, bei Trypanosoma lewisi sowohl an Ort und Stelle als auch aul der Wanderung zu einer Vernichtung des Blepharoplasten kommt. Bei Schizotrypanum’ Cruzi dagegen erfährt der Ble- pharoplast gar keine mikroskopisch sichtbaren Veränderungen. Auch Laveran & Roupskı konnten diese Untersuchungen über die Ein- wirkung von Trypoflavin auf Trypanosomen bestätigen. Indirekte Wirkung und direkte Verankerung. Schon aus früher Gesagtem geht’ hervor, daß nur ein dreiwertiges Arsen befähigt ist, eine abtötende Wirkung auf Parasiten auszuüben. Mischt man z. B. eine Aufschwemmung trypanosomenhaltigen Blutes mit einem fünfwertigen Arsenikal wie dem Atoxyl, so muß man hohe Konzentrationen anwenden, um diese Flagellaten abzutöten. Im Kör- per aber wirken einige Zentigramm des Mittels pro Kilo Gewicht, um in wenigen Stunden alle Parasiten aus der Blutbahn zum Ver- schwinden zu bringen. Im Blut wird aber niemals eine so hohe Konzentration des Atoxyls erreicht, wie dieselbe zur Abtötung in vitro notwendig ist. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen dem Mischungsversuch in vitro und dem Tierversuch zeigt deutlich, dab wir bei der Beurteilung der Arzneimittelwirkung neben der ver- ankernden Zelle, hier dem Trypanosomen, und der chemischen Substanz noch einen dritten Faktor in Rechnung setzen zu müssen, das ist der Organismus des Wirtstieres. Nur in einem Teil der Fälle wird eine chemische Substanz genau in der molekularen Zusammensetzung, wie sie in den Tierkörper hineingebracht wurde, den ganzen Körper passieren oder an Zellen verankert werden. Ein anderer Teil der chemischen Körper wird durch den Stoffwechsel des Körpers Um- wandlungen erleiden, und so erst auf gewisse Körperzellen oder Parasiten wirken. Bei dem Wirkungsmechanismus der Arzneimittel ergeben sich im allgemeinen vier Möglichkeiten. 1) Die Substanz beeinflußt in vitro sowohl wie in vivo sehr energisch die Parasiten, wie z. B. der Brechweinstein die Trypano- somen. Hier können wir annehmen, daß das Arzneimittel ohne weiteres mit den Zellen in Beziehung tritt. 2) Die Substanz bewirkt in vitro keine Abtötung und hat auch keine Heilwirkung. Es bedeutet das: Fehlen spezifischer Chemo- zeptoren in den Trypanosomen. 3) Die Wirkung beim Mischversuch ist eine sehr starke, der Heilversuch dagegen versagt vollkommen. Ein Beispiel hierfür bietet der bekannte Versuch von Rogerrt Koch, der nachwies, daß Sublimat, bei milzbrandinfizierten Tieren angewandt, in Dosen, die zur Abtötung der Milzbrandbacillen in vitro mehr als ausreichend waren, im Tier- Chemotherapie. 399 versuch nicht die geringste Wirkung ausübte, sondern daß die Tiere an Sublimatvergiftung starben. In diesem Falle hatten also die Organe (der Wirt) das gesamte Quecksilber für sich in Beschlag genommen, oder es hatte, wie man das auch ausdrücken kann, die Organo- tropie die Parasitotropie vollkommen und bis zur Wir- kungslosigkeit in den Schatten gestellt. Aehnliche Beob- achtungen hat EHrLıcH mit BEcHHoLD bei bromierten und halogenierten Phenolen machen können. Sie haben gefunden, daß diese Substanzen in großen Verdünnungen auf bestimmte Bakterien wirken, im Tier- versuch aber vollkommen wirkungslos sind. Daß es sich hier um Assoziationen, um Verbindungen mit Eiweißstoffen handelt, ergibt sich schon daraus, daß selbst durch Ersatz des Wassers durch Eiweib- lösung die Desinfektionskraft auf Bakterien außerordentlich herunter- gesetzt wird. Ganz eklatante Fälle hat auch Hara im Speyerhause beobachtet. Er fand eine größere Reihe von Stoffen, z. B. Methylen- blau, die Recurrensspironemen im Reagenzglas in einer Verdünnung von 1:6000000 abtöteten. Injiziert man aber diese Substanzen Mäusen, die mit Recurrens infiziert sind, derart, daß der Farbstoff- titre der Gesamtmäuse über 500mal so groß ist, als zur Abtötung der Spironemen ausreichend ist, so gelingt es nicht im mindesten, die Krankheit günstig zu beeinflussen. Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Relation von Organotropie und Parasitotropie nicht einmal 1:500 erreicht, das heißt, therapeutisch außerordentlich ungünstig ist. 4) Die Substanz ist im Reagenzglas ganz unwirksam, übt da- gegen im Tierkörper im Heilversuch eine schöne und starke Wirkung aus. Man bezeichnet das neuerdings als paradoxe oder indirekte Wirkung. Hier liegen zwei verschiedene Möglichkeiten vor: a) Es ist schon Mesnız aufgefallen, daß das Atoxyl, das im Heil- versuch beim Menschen — nach den Angaben von RoBERT KocH — noch in dem Verhältnis 1:120000 (0,5 g Atoxyldosis) die Trypano- somen binnen 5 Stunden abtötet, selbst in konzentrierten Lösungen keine Spur von Abtötung unter dem Mikroskop erkennen läßt. EHRLICH hat nun mit seinen Mitarbeitern den Nachweis erbringen können, daß in diesen Fällen die Wirkung des Atoxyls in vivo dadurch zu- stande kommt, daß die Substanz im Körper zu einer Verbindung, dem Paraaminophenylarsenoxyd reduziert wird, das selbst in ganz außer- ordentlichen Verdünnungen die Trypanosomen noch abtötet. Der chemische Grund dieser Erscheinungen ist darin zu sehen, daß im Atoxyl und seinen Verwandten der Arsenrest fünfwertig wie in der Arsensäure fungiert und daher keine Affinitäten mehr besitzt. In den genannten Reduktionsprodukten ist dagegen das Arsenmolekül in ungesättigter dreiwertiger Form wie in der arsenigen Säure vor- handen. Es besitzt noch Restaviditäten, mit Hilfe deren es imstande ist, sich chemisch zu addieren. Oder mit anderen Worten: der Arsenozeptor ist nur auf dreiwertiges Arsenradikale eingestellt und ist daher nicht imstande, auch fünfwertiges an sich zu reißen. b) Die zweite Möglichkeit der indirekten Wirkung ist wieder auf eine ganz andere Weise zu erklären. Man kann nämlich Fälle beobachten, und es findet sich das besonders bei der Gruppe der basischen Farbstoffe, in denen bestimmte Konzentrationen die Try- panosomen im Mischversuch anscheinend gar nicht schädigen und nichtsdestoweniger im Heilversuch eine sehr eklatante Wirkung aus- üben. Um über diese Erscheinung ins klare zu kommen, empfiehlt 360 EHRLICH und GONDER, es sich, eine zweite Versuchsform anzuwenden, die darin besteht, daß man die Gemische von Trypanosomenblut und den betreffenden Chemi- kalien, und zwar gleich eine ganze Reihe verschieden abgestufter Gemische, einem Satz von Tieren injiziert und die Resultate beob- achtet. Nimmt man z. B. ein bestimmtes Pyronin, so werden durch Lösung von 1:3000 die Parasiten anscheinend noch deutlich ge- schädigt, aber in Verdünnungen von 1:20000 bis 1:60000 zeigen sie nicht die mindeste Alteration. Injiziert man aber so schwache Ge- mische, so geht die Infektion nicht an. Das erklärt sich nur dadurch, dab die Parasiten als solche nicht von dem Stoff abgetötet werden, daß aber die Substanz mit bestimmten Apparaten, die mit der Ver- mehrung der Parasiten im Zusammenhang stehen, und deswegen wohl dem Kernapparat im weitesten Sinne angehören, in Verbindung tritt und dadurch verhindert, daß eine Vermehrung eintreten kann, So hat z. B. Busk gefunden, daß das Trypanrot für bestimmte Ciliaten, speziell Paramäcien, an und für sich gar nicht schädlich ist, indem sie wochenlang in starken Trypanrotlösungen zu leben ver- mögen, dab sie jedoch dabei ihre ‚Fortpflanzungsfähigkeit einbüßen, und dab sich diese Hemmungen selbst noch in großen Verdünnungen geltend machen. Sehr interessant ist das Verhalten der Spironemaceen gegen Sal- varsan und Neolsalvarsan. Schon Hara hatte angegeben, daß die Spironemen des Recurrens durch Salvarsan erst in höheren Kon- zentrationen eine Verminderung ihrer Beweglichkeit erfahren. Aehn- lich verhalten sich auch, wie von verschiedenen Seiten hervorgehoben worden ist, die Syphilistreponomen. Es ist nun von gegnerischer Seite — besonders von UHLENHUTH & FINGER — auf diese Ver- hältnisse immer ein besonderer Wert gelegt worden, indem hervor- gehoben wurde, daß diese Erscheinung darauf hinweise, daß die verwandten Arsenikale gar nicht direkt auf die Parasiten wirken, sondern dab sie die Körperzellen stimulieren zur Produktion einer die Bakterien abtötenden Substanz. CasteLLı hat nun gezeigt, daß, wenn man Spironemen mit ge- eigneten. die Lebensfähigkeit vollkommen erhaltenden Konzentrationen von Salvarsan oder Neosalvarsan behandelt, die Mischflüssigkeit dann abzentrifugiert und auswäscht, mit neuen Zusatzmengen und wieder- holtem Zentrifugieren ein Sediment von Spironemen erhält, die voll- kommen beweglich sind, genau wie die Kontrollröhrchen, die in analoger Weise, aber ohne Zusatz von Arsenikalien behandelt wurden. Man könnte also daraus schließen, daß das Arsenikale ohne jede Wirkung auf die Spironemen geblieben sei. Injiziert man aber die Sedimente, so werden die mit den Kontrollsedimenten behandelten Tiere sofort infiziert, während die mit dem Salvarsansediment behan- delten vollkommen gesund bleiben. Es folgt hieraus, daß die Spironemen Salvarsan aufgenommen haben müssen. Hier ist durch die Art des Versuches jede Spur gelösten Arsens entfernt und eine direkte Wirkung — Stimulation von Zellen — vollkommen ausgeschlossen. Es kann sich nur darum handeln, daß die Parasiten allergeringste Mengen, Spuren von Salvarsan und seinen Abkömmlingen, in sich aufgespeichert haben, und daß diese Spuren genügen, um die Lebensfähigkeit der Organismen innerhalb des Körpers auszuschließen. Chemotherapie. 361 Da auch, wie oben beschrieben, genau dieselben Resultate mit einem festen Farbstoff, dem Pyronin, erzielt worden sind, braucht man nicht an ein mystisches Abplatzen des Arsenrestes zu denken, sondern es genügt die Annahme, daß bestimmte Zellsubstrate ge- troffen sind, deren Funktion für die innerhalb des lebenden Körpers bestehenden Ansprüche unumgänglich notwendig ist. In dieser Beziehung sind auch die Versuche von Levapırtı & Tworr interessant. Die Treponemen eines Kaninchenschankers hatten ihre pathogene Wirkung schon 11 Stunden nach der Salvarsaninjektion voll- ständig verloren und konnten, trotzdem sie auch nach längerer Ein- wirkung von Salvarsan ihre volle Beweglichkeit noch hatten, keine In- fektion hervorrufen. Therapeutische Maxime. Kombinationstherapie. In dem Bestreben, die Parasiten abzutöten oder möglichst zu schwächen, kann man je nach der ‘Eigenart der Erkrankung nach vier therapeutischen Prinzipien verfahren: 1) Der erste Modus, die Therapia sterilisans magna, ent- spricht dem alten therapeutischen Axiom: „Frapper fort et frapper vite“. Und glücklicherweise hat sich herausgestellt, daß bei einer Reihe von Krankheiten schon die Befolgung des zweiten Teils, der Forderung: ‚frapper vite“, vollkommen genügt. 2) In manchen Fällen kann dieses Prinzip der Sterilisation mit einem Schlage verlassen werden, und zwar dann, wenn außerordentlich zahlreiche Parasiten im Organismus vorhanden sind. Es werden näm- lich durch die Abtötung und Auflösung derselben Gifte in Freiheit gesetzt, die in größeren Mengen sehr schädlich wirken. In diesen Fällen wird man sich also bemühen, die Abtötung der Parasiten in 2—3 Einzelakte zu zerlegen, entsprechend der Tyxparschen frak- tionierten Sterilisation. 3) Ist es bei manchen, insbesondere chronischen Affektionen, bei denen das Arzneimittel die Parasiten aus mechanischen Gründen nur schwer trifft, notwendig, nach dem Prinzip: „Gutta cavat lapidem“ eine lange, über Wochen sich erstreckende Therapie — chronische Sterilisation — durchzuführen. 4) Wird man in schwerer zu beeinflussenden Fällen möglichst eine Kombinationstherapie durchzuführen haben. Bei der wichtigen Kombinationstherapie handelt es sich gewisser- maßen um das Prinzip: „getrennt marschieren, vereint schlagen“. Vor allem muß hier bemerkt werden, daß man für die Kombi- nationstherapie solche Heilstoffe wählen muß, die im Parasiten ver- schiedenartige Chemozeptoren finden. So wird z. B. zwecklos sein, zwei Arsenikalien mit zwei- oder dreiwertigem As anzuwenden, auch wird man nicht z. B. Fuchsin mit dem verwandten Methylviolett kom- binieren, da gleiche Zeptoren vorhanden sind, sondern man muß die Fuchsinkörper mit Arsenikalien kombinieren. Zwei verschiedenartige Heilstoffe können eventuell in sehr kleinen Mengen dem Organismus zugeführt werden, ohne ihn dabei zu schädigen, ohne aber auch ihre parasitiziden Eigenschaften einzubüßen. Im Gegenteil wird häufig das Verhältnis der Heildosis, Dosis curativa und der toxischen 362 EHRLICH und GOoNDER, Dosis, Dosis toxica, äußerst günstig und weit kleiner als wenn die einzelnen Heilstoffe ein jeder für sich in Aktion treten würden. Durch eine solche Kombination von verschiedenen Typenklassen von Farbstoffen und Arsenikalien, die auch eine verschiedene Verteilung haben, wird das Prinzip, getrennt marschieren, vereint schlagen, da- durch daß die schädigenden Wirkungen quoad der Organe divergieren, quoad der Parasiten konvergieren, effektuiert. Inbesondere wird man solche Heilstoffe wählen, die die beiden Zellkonstituentien, Kern und Protoplasma isoliert angreifen. So z. B. konnten mit Hilfe basischer Farbstoffe, z. B. dem Para- fuchsin und Tryparosan, die sowieso, wie schon früher erwähnt wurde, den Chromidialapparat der Parasiten schädigen, zusammen mit Arseni- kalien viel bessere und leichtere Heilerfolge erzielt werden. Noch- mals sei betont, daß die Basis einer rationellen Kombina- tionstherapie vorallem die Kenntnis der Chemozeptoren ist. Und je mehr Typen von Chemozeptoren der Zelle, je mehr Angriffsflächen für eine Kombinationstherapie bekannt sind, um so größere Aussicht wird man auch in dem Erfolg einer chemotherapeutischen Behandlung haben können. Von besonderer Wichtigkeit ist auch fernerhin die Kombinations- therapie, insofern sie einer für die Therapie häufig schwer hemmenden Arzneifestigkeit vielleicht entgegenarbeitet. So scheint es, daß sogar durch eine Kombinationstherapie eine Arzneifestigkeit aufgehoben werden kann. NocHT & WERNER beobachteten bei einer chinin- festen Malariarasse (Tertiana aus Brasilien), daß die Parasiten wohl chininfest im Laufe einer Behandlung werden konnten, aber nicht arsenfest wurden und durch Salvarsan beeinflußt werden konnten. Als später ein Rezidiv auftrat, zeigte es sich, daß die Parasiten wieder chininempfindlich geworden waren, ihre Chininfestigkeit ver- loren hatten. Auch bei Syphilis haben die Erfolge der letzten Jahre gezeigt, daß eine Quecksilber-Salvarsantherapie von großem Nutzen sein kann. Quecksilberfeste Treponemenstämme wurden durch Sal- varsan abgetötet. Die Salvarsanbehandlung hatte auch zur Folge, daß eine Quecksilberfestigkeit verschwinden konnte. Möglicherweise be- hindert eine solche Kombinationstherapie überhaupt eine Arznei- festigkeit. Eine besondere zweckmäßige Therapie kann auch eine Kom- binationstherapie werden, wenn Chemotherapie und Serumtherapie zu gleicher Zeit einsetzen, denn auch diejenigen Giftangeln des Parasiten, die auf die durch den Parasiten in dem Organismus entstandenen Schutzstoffe des Blutes eingestellt sind, sind für die Heilwirkung von außerordentlichem Einfluß. So erfolgt z. B. bei der Hühner- spironemosis schon bei Anwendung kleiner Salvarsandosen schnelle Heilung durch die Mitwirkung der Antikörper, die durch die Ab- tötung der Parasiten in erhöhtem Maße gebildet werden. In dieser Beziehung möchten wir erwähnen, daß bei jedem einfachen thera- peutischen Akt die Antikörperbildung stattfinden muß. Daß die Antikörperbildung durch Arsenikalien über die Norm weit stärker stattfindet als ohne dieselben, ist auch bekannt. So haben FRIED- BERGER, MasuTA gezeigt, dab durch eine chemotherapeutische Be- handlung mit Arsenikalien die Antikörperwirkung auch erhöht wird. Auch BoEHnckE konnte dafür experimentelle Beweise erbringen. Es Chemotherapie. 363 könnte daher unter diesen Umständen eine Chemo-Serotherapie über- flüssig erscheinen. Aber wir dürfen nicht vergessen, daß bei der Sero- Chemotherapie ein gleichzeitiger Doppeleffekt stattfindet, wogegen er bei dem gewöhnlichen serumtherapeutischen Verfahren erst später in Aktion tritt. So konnte BIERBAUM schon experimentell durch kombinatorische Behandlung von Chemikalien und den Schutzstoffen des Blutes bei Rotlauf den Heileffekt ganz erheblich steigern. Kurze Zusammenstellung der zurzeit chemotherapeutisch heil- baren oder doch günstig beeinflußbaren Infektionskrankheiten. Protozoenkrankheiten. Malaria. Gegen das Malariafieber wurde schon im Mittelalter das Chinin als ein wirksames Antifiebermittel aus Südamerika nach Europa eingeführt und hat auch bis heute sich als bestes Antimalari- cum gehalten. Mit der in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu- nehmenden Kenntnis der eigentlichen Krankheitserreger und auch der therapeutischen Mittel und deren Wirkungsweise auf die Krankheits- erreger und den menschlichen und tierischen Organismus haben sich natürlich auch die Chininpräparate wesentlich gebessert. Das Chinin wird heute zumeist in Form bestimmter Salze verabreicht, so besonders als Chin.muriaticum (hydrochloricum), sulfuricum, tanni- cum etc. Die Applikation geschieht entweder per os oder per celysma oder auch durch Injektionen auf intramuskulärem oder sub- kutanem Wege. 0,5—1 g Chinin, die entweder in fraktionierten Dosen (NocHr) oder auch in ganzen oder halben Portionen dargereicht werden, sind die durchschnittlichen Tagesdosen bei der Bekämpfung. Auch prophylaktisch hat sich das Chinin sehr gut bewährt und findet in stark mit Malaria verseuchten Ländern auch praktische Anwendung. Bei der Behandlung ist wesentlich, den richtigen Zeit- punkt mit der Verabreichung zu wählen, da nicht alle Entwickelungs formen in gleicher Weise vom Chinin angegriffen werden. Vor allem sind es die freien, eben aus der Zerfallteilung resultierenden jungen Formen und die jüngeren und mittleren Parasiten, die am raschesten durch das Chinin abgetötet werden. Sehr resistent sind vor allem die Makrogametocyten. In den letzten Jahren sind wiederum neuere Chininpräparate in den Handel gekommen, von denen das durch NocHht & GıEmsA be- sonders empfohlene Urethanchinin (besonders zu Injektionen gut geeignet) und dann noch Chininderivate zu nennen sind, die durch MORGENROTH & HALBERSTÄDTER im Laboratorium an Trypanosomen und an Pneumokokken experimentell erprobt wurden. WERNER & Gıemsa hatten von Chininderivaten bereits im Dihydrochinin (Dihydrochinin. hydrochlor.) ein besseres Antimalaricum als im gewöhnlichen Chinin. Außer Chinin hat sich auch schon seit längerer Zeit das Me- thylenblau med. pur. Höchst bewährt, das durch Enrricn & GUTTMANN zuerst in die Malariatherapie eingeführt wurde. Gegen- über dem Quartanaparasit ist das Methylenblau in der parasiti- ziden Wirkung (1 g Dosis pro die) dem Chinin wohl gleichzusetzen. Dagegen scheint die W irkung bei Tertiana- und Tropicaparasiten eine 364 EHRLICH und GONDER, schwächere zu sein, wenngleich eine direkt abtötende Wirkung auch bei diesen Formen wahrzunehmen ist. Vor allem kann dann Me- thylenblau in Anwendung kommen, wenn Chinin wegen Idio- synkrasie oder wegen anderer Umstände, auch besonders wegen Schwarzwasserfiebergefahr nicht eingegeben werden kann. Wenn auch die eigentliche Ursache des Schwarzwasserfiebers noch nicht bekannt ist, so steht außer Zweifel, daß Voraussetzung für diese Erkrankung jedenfalls Malaria und eine unregelmäßige oder mangelhafte Chininkur (oder auch eine Kur mit anderen Medikamenten) ist, Allerdings kommt noch ein dritter Faktor hinzu, der vielleicht in einer durch Klima, Lebensweise oder dgl. herbeigeführten Kon- stitution im Organismus zu suchen ist. Bei vollkommener Chininintoleranz und dann auch bei den erst in allerletzter Zeit sehr gut bekannt gewordenen Fällen von Chininfestigkeit der Malariaparasiten, hat sich für eine Malaria- form, die Tertiana, das Salvarsan ausgezeichnet bewährt. Das Fieber konnte sofort kupiert werden, die Parasiten verschwanden nach einer einzigen Injektion. Interessant ist hierbei, daß bei auf- tretenden Rückfällen die Parasiten durch die Salvarsantherapie ihre Chininfestigkeit verloren hatten. Quartana und Tropica sind leider durch Salvarsan nicht zu beeinflussen. (WERNER, NOCHT, IVERSEN, TUSCHINSKY, NICOLLE, ÜONSELL, RINDFLEISCH, SCHAEFER, HARTWIGH, BrascH, Monn u. a.). Babesiosis und Leihsmaniosis. Die Erreger der Piro- plasmosen oder Babesiosen vom Rind, Pferd und Hund, die Babesien, werden ebenfalls chemotherapeutisch stark beeinflußt. Insbesondere sind die Azofarbstoffe aus der Benzidinreihe sehr wirksame Mittel, diese Krankheiten zu bekämpfen. Die beiden Mittel sind das von Mezsnır erprobte Trypanblau und das EnrricHscheTrypanrot. Das Trypanblau scheint das Trypanrot an parasitizider Wirkung zu übertreffen. Zur Bekämpfung der Hämoglobinurie besonders in den Tropen findet daher das Trypanblau auch schon allgemeine Verwen- dung. Es ist dabei selbstverständlich, daß mit genügenden Dosen ge- arbeitet wird. So vertragen Kühe und Pferde von einer 1-proz. Lösung gut 200 ccm und mehr, wenn intravenös injiziert wird. Nach NurTaLı, & Hapwen bewährte sich das Trypanblau sehr gut zur Bekämpfung von Babesia bigemina und Bab. canis, dem Er- reger der Hundepiroplasmose. Auch gegen Bab. equi, dem Erreger der Pferdepiroplasmose, wurden mit Trypanblau gute Resultate erzielt. Wenn THeILeR, K. F. Meyer und BorHELLo verschiedene Mißerfolge zu verzeichnen hatten, so lag das vielleicht an der zu geringen Dosierung des Therapeutikums, dann wohl auch an der nur „zum Teil“ auf intravenösem Wege erfolgten Injektion. Trypan- blau wird. subkutan injiziert, sehr schwer durch den Körper resorbiert, dagegen intravenös injiziert sehr gut vertragen. Von den durch Leishmania hervorgerufenen Krankheiten, vor- nehmlich Krankheiten der Tropen und Subtropen, ist vorerst nur eine Krankheitsform der Therapie zugänglich, nämlich die Aleppobeule, auch als Orient - und Dehlibeule oder als Dehli-Soor bezeichnet. Bei der Bekämpfung hat sich das Salvarsan außerordentlich gut bewährt. Eine Reihe von Publikationen zeugen davon, dab die sich auf die Haut (?) beschränkende Leishmaniosis, die Orientbeule, der Salvarsantherapie leicht zugänglich ist, dagegen die übrigen Chemotherapie. 365 Leishmaniosen, Kala-Azar und Splenomegalie der Kinder (Kala-Azar) nicht zu beeinflussen sind. Nach den verschiedenen Berichten (N1- COLLE, Hopara, FLu, CARYOPHYLLUS, SOTIRIADES, WELD, IwANnow, WELNIKOW, V. PETERSEN u. a.) heilen schon nach einer einzigen In- jektion die Geschwüre rasch, dadurch daß es zu einer Abtötung der Parasiten kommt. Die Dosen sind die für den Menschen gebräuch- lichen. 0,3—0,6 g. Trypanosomiasen. Die Trypanosomen wurden wegen der leichten Uebertragbarkeit, besonders auf die kleinen Laboratoriums- tiere, Mäuse, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen, gleichsam die Probiersteine für die chemotherapeutischen Grundprinzipien. Wegen der großen Anpassungsfähigkeit an die verschiedensten Organismen und der stark variierenden und mutierenden Eigenschaften der Trypanosomen ist es natürlich schwer, der Seuchen auch ganz Herr zu werden. Serotherapeutisch konnten bisher nur experimentell im Laboratorium bei kleineren Tieren einige Erfolge erzielt werden, die jedoch praktisch noch keine Anwendung finden konnten (LAVvERAN, MesnıL und ihre Mitarbeiter). Auch versuchte man nach Art einer Vaccination schützend einzugreifen. Dabei gelang es ebenfalls, kleinere Tiere auf bestimmte Zeit gegen eine Trypanosomeninfektion zu schützen. Mit abgetöteten Trypanosomen konnte SCHILLING sogar Pferde immunisieren, BRAUN & TEıcHMmann erreichten das gleiche mit getrockneten Trypanosomen bei Kaninchen, Mäusen und Ratten. Die Chemotherapie hat dagegen bei Mensch wie beim Großtier zum Teil recht gute Resultate zu verzeichnen, so dab berechtigte Hoffnung besteht, noch auf diesem Wege einen aussichtsreichen Er- folge zu erlangen. Von den Arzneimitteln sind in allererster Linie hier die Arsenikalien zu nennen. Tmomas wandte zuerst das Atoxyl gegen Trypanosomiasis an. ‘Später stellte Koch die Atoxyltherapie zur Bekämpfung der Schlafkrankheit auf eine größere Basis. Als es Enrzich & BERTHEIM gelang, die Konstitution von Atoxyl zu finden, konnte noch eine große Reihe von besseren Arsenpräparaten herge- stellt werden. Vor allem sollen hier ein Atoxylderivat, das Ars- acetin und Arsinverbindungen, das Arsenophenylglyzin, das Salvarsan und das Neosalvarsan genannt sein (EurLica und seine Mitarbeiter). In vielen anderen chemischen Verbindungen wirkt das Arsen ebenfalls stark trypanozid. Außer den bereits oben er- wähnten Heilmitteln sollen noch arsenige Säure (LÖFFLER, RuHs), das Arsentrisulfit (Auripigment) und eine Verbindung mit Anilin, das Arsenanilin (Laveran) erwähnt sein. Auch diese Heil- mittel wurden teilweise mit Erfolg gegen die verschiedenen Trypano- somiasen gebraucht. Von anderen Chemikalien müssen noch Quecksilberverbindungen und AÄntimonverbindungen genannt werden. Besonders Tartarus emeticus (THomson, PLIMMER) ist ein ausgezeichnetes trypanozides Heilmittel, das sich ebenso wie Arsen als Antimonanilin (La- VERAN) wirksam erwies. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen außer den Arsenikalien noch die verschiedensten Farbstoffe, so die schon früher erwähnten Azofarbstoffe der Benzidinreihe, Trypanblau (MesnıL, Eur- Lich), Trypanrot (Enkrich, Smica) und die Farbstoffe orthochi- noider Konstitution aus der Pyronin-, Oxazin-, Akridin-, Thiazinreihe. 366 EHrticH und GONDER, Von weiteren Farbstoffen müssen noch Tryparosan (EHRLICH) Parafuchsin (EmrricH) und Safranin (BrIEGER), letzteres am besten per os verabreicht, und Methylenblau (Enkticn) angeführt werden. Auch mit Chininderivaten wurden in letzter Zeit bei Trypano- somiasen bei Mäusen und Ratten Heilerfolge erzielt, so mit Hydro- chininchlorhydrat, Hydrochinin und Hydrochlorisochi- nin (MORGENROTH & HALBERSTÄDTER). Während es leicht ist, kleine Laboratoriumstiere, wie Mäuse und Ratten und Kaninchen, schon mit einer einzigen Dosis oft einige - Stunden noch vor dem Tode vollkommen zu heilen und zu sterilisieren (Sterilisatio magna), stößt der Praktiker draußen häufig auf große Schwierigkeiten. Das hat einmal seinen Grund darin, daß die auf unsere Laboratoriumstiere angewandte Dosen im Vergleich zum menschlichen Organismus und Großtier weit größere sind. Das Ver- hältnis der Dosis tolerata zur Dosis curativa verändert sich zum Nachteil der zu behandelnden Organismen. Dann auch ist die Entwickelungsgeschichte der Trypanosomen in den kleinen Tieren eine andere, als im. Menschen und im Großtier und daher gar nicht unwesentlich. Während in der Ratte und in der Maus die Trypano- somen sich fast ausschließlich im Blut weiter entwickeln und ganz selten in den Örganzellen sich aufhalten, befallen sie bei schlaf- kranken Menschen und bei Großtieren auch die Organe, vor allem das Nervensystem. Solange sich die Trypanosomen im Blut aufhalten, sind sie leichter abzutöten, dagegen dringen viele Heilmittel sehr schwer oder gar nicht in die Organe ein und kommen so gar nicht oder nur teilweise zur Wirkung. Auch biologische Verschiedenheiten sind von Bedeutung, insofern Unterschiede in der Arzneiempfindlich- keit zwischen den verschiedenen Trypanosomenstämmen bestehen. So scheint z. B. die Schlafkrankheit in Togo leichter der Chemotherapie zugänglich zu sein, als diejenige in Ostafrika. Enruicn legte daher von vorherein großen Wert auf die kom- binierte Behandlung der Trypanosomiasen sowohl wie auch der an- deren Krankheiten. Die verschiedenen Gruppierungen der Parasiten gestatten gleichzeitig die verschiedensten Arzneimittel zu verankern, so daß der Gesamterfolg auch ein besserer sein muß. In der Tat zeigei® auch viele Resultate kombinierter Behandlungsweise, dab mit dieser Methode erfolgreicher die Trypanosomiasen bekämpft werden können. Arsen in Verbindung mit Antimon und Farbstoffen werden mit geringeren Dosen mehr Erfolg haben können, als einzeln ange- wandt in großen Dosen. Spironemaceenerkrankungen. Sehr erfolgreich war die Chemotherapie bei einer Reihe von Krankheiten, welche durch eine besondere Familie von Protisten, die Spironemaceen, hervorgerufen werden. Mit den Trypanosomen oder anderen Flagellaten haben sie nicht, wie man lange annahm, nähere Verwandtschaft. Auch stehen sie in keinem engeren Zu- sammenhang mit den ähnlich aussehenden Spirillen (Bakterien). Wahrscheinlich scheinen sie eine besondere Gruppe für sich zu bilden, die nach der Art der Bewegung, der Fortpflanzung und des morpho- logischen Aufbaues isoliert dasteht. Vor den für die Chemotherapie in Betracht kommenden Formen interessieren zwei Gattungen, Treponema und Spironema. ER Chemotherapie. 367 Syphilis und Frambösie. Im Mittelpunkt der Spironema- ceenkrankheiten steht die den Menschen betreffende Syphilis mit dem Erreger Treponema pallidum (ScHauvinn). Als spezifisches Therapeuticum galt schon aus alter Zeit das Quecksilber und auch das Jod. Quecksilber, als reines Metall oder in Form von Salzen als Chlorür oder Chlorid (Kalomel und Sublimat) und in vielen anderen Verbindungen findet überall Anwendung. Die Krankheit kann geheilt oder wenigstens außerordentlich günstig in ihrem Verlauf beeinflußt werden. Jod als Jodkalium hat besonders bei Spätformen ebenfalls eine gute parasitizide Wirkung. — In letzter Zeit werden auch organische Quecksilberverbindungen vorläufig noch im Tierexperiment ausprobiert (Levapırı, KoLLE, ROTHERMUNDT, Date, Pescnic und andere). Von besonderer Bedeutung in der Syphilistherapie ist das Salvarsan und das Neosalvarsan geworden (Enrrich & Hara). Diese Arsenverbindungen erreichen bei richtiger und sorgfältiger Anwendung von absolut einwandsfreien Lösungen bei Syphilis in ca. 50 Proz. vollkommene Heilung und bei einer Kombinationsbehandlung mit Quecksilber nach den neuesten Resultaten sogar 90 Proz. Heilung. Natürlich beziehen sich diese Ergebnisse auf die rezenten Syphilis- formen. Auch die sekundären und tertiären Stadien werden ungemein stark beeinflußt. Eine Therapia magna sterilisans wird bei Frambösie (Treponema pertenue) sogar mit einer einzigen Injektion erzielt, so daß es wohl ein leichtes sein wird, besonders die von Frambösie in der Südsee so schwer heimgesuchten Inseln voll- ständig von der Krankheit zu befreien (MourRNEY, MATTMANN, ÜASTEL- LANI, STRONG, Aston, Rost, FLu, NATTAN-LARRIER, LEBER, BAER- MANN, SCHÜFFNER, KOCH, CAMPBELL, GRAHAM, ÜOTILE U. a.). Rückfallfieber undHühnerspironemosis. Von den Spiro- nemenerkrankungen, die chemotherapeutisch erfolgreich zu behandeln sind, ist vor allem das Rückfallfieber des Menschen zu nennen. Beim Rückfallfieber erreicht man mit einer einzigen Injektion von Salvar- san mit einem Schlag eine Sterilisatio magna. DieSpironemen verschwinden schon nach mehreren Stunden aus dem Blut, und die hohe Fiebertemperatur fällt schnell zur Normaltemperatur herab. Das Fieber kann also sofort kupiert werden. Rezidive werden ausgeschaltet (EurLich, Hara, Fıney, RopHaın, Pous, VANDERBRANDEN, REMESOW, SVENSON, NICOLLE, CoNSEIL, BLAIZOT, SMIRNÖFF, WASSKRESSENSKY, Iversen. BALFOUR, ARDIN, DELTEIL, NEGRE, RAYMAUD, SERGENT, GILLor und viele andere). Ebenso wie bei Rückfallfieber können schon sehr geringe, weit unter der erträglichen Dosis liegende Dosen von Salvarsan oder Neosalvarsan (0,005—0,0075 g pro kg Gewicht) bei der sehr schweren Spironemenseuche der Hühner mit einem Schlag heilend wirken (EurLicH, HATA, ROTHERMUNDT, DALE, BAUER, CASTELLI U. &.). Interessant ist hierbei, daß stärkere, aber noch gut erträgliche Dosen auch eine abtötende Wirkung auf die übertragenden Zecken haben (GONDER uned.). UÜHLENHUTH, BickEL, Gross waren die ersten, die mit Atoxyl gute Heilerfolge erzielten. Ulcus tropicum, Angina vincenti. Schließlich müssen noch zwei andere Spironemenerkrankungen erwähnt werden, das Tro- pengeschwür, Uleus tropicum und die Angina vincenti. Spi- ronema Schaudinni, der Erreger. von Ulcus tropicum, ver- ursacht in den tropischen Ländern besonders an den Unterschenkeln 368 EHRLICH und GONDER, der Menschen unangenehme, schwer heilende Geschwüre. Die Angina (vincenti), wahrscheinlich durch eine symbiotische Lebensweise von Spironema buccalis und dentium intermedia und Bacillus fusiformis hervorgerufen, führt zu schweren Schädigungen durch starke, oft eiterige Entzündungen an den Tonsillen und deren benach- barten Regionen. Hier haben Salvarsanlösungen, bei Ulcus tropi- cum durch Injektionen, bei Angina sogar lokal angewandt, rasche Heilung bewirkt (RoDENWALDT, WERNER, HALLENBERGER, GERLACH, PLAUT, GERBER, ZILZ, ÄCHARD, Mc. SOURDEL, GroUGET, MATHIES u. 2.). Von anderen Protozoenkrankheiten sind in allerletzter Zeit mit Salvarsan die in den Tropen weit verbreitete Amöbenruhr, her- vorgerufen durch Entamoeba hystolytica und tetragena, geheilt worden. Mit einer einzigen Injektion verschwanden die Amöben aus dem Stuhl (MıLıan, MATSURA, HATA). Bakterielle Krankheiten. In allerletzter Zeit ist man auch daran gegangen, die Bakterien auf chemotherapeutischem Weg zu bekämpfen. Soweit diese Arbeiten erkennen lassen, scheinen die Erfolge, die zum Teil im Experiment wie in der Praxis erzielt wurden, gute Hoffnung zu geben, auch bei diesen Mikroorganismen in systematischer Weise weiterzuarbeiten. Um natürlich die ganzen biologischen Verhältnisse der Bakterien gegenüber Arzneimitteln (die richtigen Chemozeptoren) kennen zu lernen, sind noch viele Arbeiten nötig. Schon rein morphologisch unterscheiden sich ja die Bakterien wesentlich von den vorher besprochenen Protozoen oder protozoen- ähnlichen Mikroorganismen. Eine feste derbe Membran schützt die kleinen Zelleiber nach außen hin. Eine höhere Differenzierung, wie ein ausgebildeter Kern, ein mit dem Kern in Verbindung stehendes Bewegungsorganell, eine geschlechtliche Differenzierung und dgl., wie wir sie bei Trypanosomen haben, finden wir nicht. Die starren, un- beweglichen Zelleiber werden durch pol- oder seitenständige Geißeln, die durch feinste Poren durch die Membran nach außen gelangen, fort- bewegt. Es ist daher natürlich, daß die Bekämpfung der Bakterien auf chemotherapeutischem Weg, d. h. mit Mitteln, die den Zell- körper direkt angreifen, sich schwieriger gestalten wird, als bei den plasmatischen, nackten oder nur mit feinsten plasmatischen Hüllen umgebenen Protozoen. Immerhin scheinen gleiche Ohemozeptoren so- wohl Protozoen als auch Bakterien eigen zu sein. Das beweisen die Resultate mit dem schon früher erwähnten Chinin und dem Salvarsan. Typhusbaecillen. Conrapı versuchte mit Narcotica, insbe- sondere mit Chloroform, experimentelle Typhusinfektionen beim Kaninchen zur Heilung zu bringen. Es gelang ihm auch durch rektale Einverleibung von Chloroformöl und Chloroformmilch tagelang hindurch (0,5 ccm Chloroform —- 4,5 ccm Rahmmilch oder 4 ccm Olivenöl) sowohl akute, als auch chronische Typhusinfektionen beim Kaninchen zu heilen. HAILER, Rımpau, ÜNGERMANN bestätigten diese Untersuchungen und konnten mit halogensubstituierten Aldehy- den, besonders mit Butylchloralhydrat, 8-Naphthol in Natriumkarbonat intravenös noch bessere Resultate erzielen. Chemotherapie. 369 Preumokokken: Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die Arbeiten MORGENROTHS und seiner Mitarbeiter HALBERSTAEDTER, Levy. RosENTHAL, KauUFMann. Mit Chininderivaten konnten die ge- nannten Autoren Pneumokokken-Infektionen in Mäusen heilen. Bekanntlich verhalten sich die Pneumokokken besonderen lecithin- lösenden Substanzen gegenüber ausnahmsweise anders, als die meisten Bakterien. Sie werden, wie die Trypanosomen, leicht durch Saponin und taurocholsaures Natrium aufgelöst. Sie scheinen vielleicht durch eine besondere Beschaffenheit der Membran den chemischen Agentien leichter zugänglich zu sein, als manche andere Bakterien. Mit Aethylhydrochinin, mit Hydrochinin, Aethylcuprein, be- sonders mit dem letztgenannten Präparat konnten starke Pneumo- kokkeninfektionen von Mäusen zur Hälfte geheilt werden; GUTMANN bestätigte die Untersuchungen und konnte außerdem bei Anwendung der Aethylhydrocupreinbase auch eine prophylaktische Wirkung fest- stellen. Nach experimentellen Untersuchungen von BOoEHNCKE scheinen die Pneumokokken auch durch Kampfer beeinflußt zu werden. Zu 50 Proz. werden gegen Pneumokokkeninfektion die Mäuse durch sub- kutane Injektionen von öligen oder ‘wässerig-alkoholischen Kampfer- lösungen geschützt. Gute Erfolge hat auch Leo mit Kampfer. Tuberkelbacillen. Auch die Tuberkelbacillen scheinen nach den Untersuchungen von v. Linpen und Strauss der Chemotherapie zugänglich zu werden. v. Linpen konnte bei experimentell erzeugter Tuberkulose beim Meerschweinchen mit Kupferchlorid und komplexen Kupferleeithinverbindungen in Verbindung mit Methylenblau (Chlor- oder ‚Jodwasserstoff des Methylenblau), injiziert oder aufgerieben, Heilerfolge erzielen. Strauss hatte bereits mit anorganischen und komplexen Cu-Salzen und Lecithin bei Lupus, lokal angewandt, günstigste klinische Resultate. Milzbrand- und Rotlaufbacillen. Vor allem auch scheinen die Arsenverbindungen, vornehmlich Salvarsan, die geeigneten Gruppierungen, die verankert werden, zu besitzen. So wurde Milz- brand beim Menschen äußerst günstig durch Salvarsan beeinflußt. BECKER & SCHUSTER erzielten sogar Heilung. Roos bezeichnet das Salvarsan direkt als ein Spezificum gegen Anthrax. Im Tierexperiment hatte BIErBaum zum Teil gute Erfolge. Es scheinen nicht unwesentlich für die Therapie auch die starken Virulenzunterschiede verschiedener Milzbrandstämme zu sein. Bei Rotlauf wurden bei kombinierter Behandlung mit Rotlaufserum ebenfalls Heilerfolge im Tierexperiment erhalten (Brersaum). Auch liegen Berichte aus Rußland vor über günstige Resultate bei der Behandlung des Pferderotz mitSalvarsan (BENEVOLENSKY). Pilzkrankheiten. Wenn eine systematische chemotherapeutische Bearbeitung der bakteriellen Erkrankungen erst noch im Anfangsstadium steht, so ist das noch mehr von den Pilzkrankheiten zu sagen. Experimentelle Studien liegen nur spärlich vor. Dagegen zeigen günstige Resultate aus der Praxis, daß auch bei diesen Krankheiten chemotherapeutisch vorgegangen werden kann. Horrmann erzielte mit Jod bei experi- menteller Spirotrichosis Heilerfolg.. Bei Blastomycosis, bei Mycosis fungoi des, bei dem afrikanischen Rotz der Pferde, Lym- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III, 24 370° EHRLICH und GONDER, phangitis epizootica, hervorgerufen durch Cryptococcus, einem Hefepilz, war das Salvarsan von ausgezeichneter Wirkung (HoFFMANN, BRAULT, SACHS, NEGRE, BRIDRE£E, VON PETERSEN). Andere parasitäre Krankheiten. Gegen Wurmkrankheiten wurden ja seit langer Zeit schon chemische Agentien oder pflanzliche Extrakte — letzterer Wirkung kann schließlich auch nur chemischer Art sein — angewandt. So das Extractum fil. mar. oder Extr. granat. Ein in der Vete- rinärheilkunde am meisten angewandtes Wurmmittel Tartarus sti- biatus. Ferner ist noch — besonders gegen tropische Darmwürmer wie gegen Anchylostomum duodenale — als spezifisches Heil- mittel das Thymol zu nennen. Gegen den in Afrika heimischen Sandfloh, der dem Europäer von größter Unannehmlichkeit werden kann, hatte nach Sack Sal- varsan ausgezeichnet gewirkt. Die Entzündungen an den Zehen verschwanden. Krankheiten unsicherer oder unbekannter Ursache. Es ist natürlich, daß der Praktiker bei Krankheiten unbekannter Ursache, deren Heilung sehr schwer oder gar nicht zu bewerkstelligen ist, zu neuen Mitteln greift, sobald sich dieselben im Experiment und auch in der Praxis bei anderen Krankheiten bereits bewährt haben. So kamı es auch, daß die für das Militär so ungemein wichtige Brustseuche der Pferde, eine infektiöse Lungenentzündung, mit Salvarsan behandelt wurde. Die Krankheit beginnt mit einem sehr schnell ansteigenden Fieber, das ungefähr 6—8 Tage anhält. Die Pferde werden durch das Fieber beträchtlich geschwächt und können auch für längere Zeit arbeitsunfähig werden. Eine einzige Injektion von Salvarsan (2—3 g) kupiert schon innerhalb 24 Stunden das Fieber, worauf eine rasche Erholung eintritt (Rırs, KIRSTEN, NEVEN, NEVERMANN, GORDIALKOWSKY, BEMELMAUS, REINKE, BAUER & Kar- STEINAT, PAETZ, DRAEGERT, Poss, GUMBOLD, KETTNER U. V. a.). Bei anderen Krankheiten sind mit Salvarsan zum Teil auch be- merkenswerte Erfolge erzielt worden, so haben bei Flecktyphus Kor- SCHUN, GRÜNFELD, HALPERNTWER, Uskow mit Salvarsan gute Resul- tate gehabt. LENZMmAnN, KLEMPERER, WoITA, LEROY, RINDFLEISCH konnten mit Salvarsan bei schwerem Scharlach das Fieber günstig beeinflussen, so daß eine schnellere Besserung eintrat. Hara, Sakv- RANE, TAKAYAMA, TAnIGUscHI, KarayamA berichten über den Heilerfolg bei einer in Japan verbreiteten sogenannten Rattenbißkrankheit. Von anderen Krankheiten sollen noch Anaemia splenica, perniziöse Anämie, Leukämie der Pferde, Chorea minor, Pocken, Banti, Psoriasis, Lichen, Pemphigus, Pellagra und auch das Gelb- fieber erwähnt werden, bei welchen von vielen Aerzten mit Salvar- san Heilung oder eine günstige Beeinflussung erzielt wurde. Weit schwieriger gestaltet sich eine chemotherapeutische Be- handlung bei solchen Erkrankungen, die auf eine Veränderung der Zelltätigkeit zurückzuführen sind. Es sind dies die den Menschen so schwer heimsuchenden bösartigen Geschwülste. Schwierig ist hier- bei das Problem insofern, als es sich nicht um körper, fremde“ Zellen handelt. die bekämpft werden müssen, sondern um körpereigene, nur Chemotherapie. Sl entartete Zellen. Man muß also Mittel finden, die diese entarteten Zellen treffen, ohne dabei den Organismus zu schädigen. Von weit- tragender Bedeutung für die experimentelle Chemotherapie der Ge- schwülste sind hier die experimentellen Studien von A. v. WAasseER- MANN, KEYSSER, M. WASSERMANN & HansEmann an Mäusetumoren. Unter dem Einfluß von Eosinselen (intravenös) trat eine Er- weichung der Geschwüre ein und in manchen Fällen auch Heilung. Radioaktive Substanzen (CÜzEerny), Arsenikalien (ÜZERNY, ZELLERU.A.), Cholin (WERNER, SzecsI), Kieselsäure (ZELLER), Kolloider Schwe- fel (Izar), Mesothorium (ÜzZErny, Caan, Pınkuss) und komplexe Metallverbindungen (NEUBERG, ÜasPparı, LöHE), Adrenalin, Suprarenin (Höchst [REICHER, ENGEL ]) sind ebenfalls Substanzen, die eine elektive Zerstörung der Tumorzellen auslösen. Damit ist bereits ein großer Fortschritt errungen, der gute Aussicht für die Zukunft gibt, auch dieser schweren Krankheit einmal Herr zu werden. Grundlegend für die ganze chemotherapentische Beeinflussung oder Heilung bleibt aber die experimentelle Arbeit im Laboratorium, die sich mit der Auswertung der in Betracht kommenden Präparate in toxischer und therapeutischer Beziehung und mit dem Wirkungs- mechanismus auf Parasit und Organismus zu befassen hat. Denn so ist es nur allein möglich, in systematischer Weise andere und bessere Heilmittel ausfindig zu machen. Das beste Beispiel ist das Salvarsan, das seine Entstehung einer zielbewußten und exakten Bearbeitung einer großen Reihe von Arsenverbindungen und deren Prüfung im biologischen Experiment verdankt. Literatur. ACHARD, Semaine med., 1911, Nr. 18. ArstTon, Brit. med. journ., 1911. — Brit. med. journ., 1912. ARDIN, DELTEIL, NEGRE, RayMAuD, Bull. soc. pathel. exot., 1911, Nr. 23. BALFOUR. New York med. journ., 1911, Nr. 22. BAERMANN & SCHUEFFNER, Arch. £. Schiffs- u. Tropenhyg., 1912, Beih. 4. BAUER, Deutsche Patentanmeldung F 34275 IV/22e. BECKER, Deutsche med. Zeitschr. £. Chir., Bd. 112, 1912. — Med. Klinik, 1912, Nr. 44. BEMELMAUS, Tijdschr. g. Veter., 1912. BIERBAUM, Deutsche med. Wochenschr., 1912, Nr. 43. BENEVOLENSKI, Centralbl. f. Bakt., Ref., Bd. 52, 1912. BOEHNCKE, Centralbl. f. Bakt., Ref., 1913. — Berl. klin. Wochenschr., 1913. BOTHELLHO, Rep. of the ar Vet. Bact. of Transvaal, Vol. 52, 1909. BRAScH, Münch. med. W ochenschr., 1911, Nr. 5. 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Für jede Infek- tionskrankheit reicht die Prophylaxe gerade so weit, wie die Kennt- nis des spezifischen Erregers (wobei allerdings manches auch durch Analogieschlüsse mit ähnlichen Infektionen und durch deren Ueber- einstimmung mit der epidemiologischen Praxis ergänzt werden kann). Innerhalb der Kenntnis des Erregers sind als Basis einer rationellen Prophylaxe hauptsächlich die biologischen Elemente von Bedeu- tung, insbesondere diejenigen, die sich auf das krankheitserregende Vermögen des Erregers, auf die Verhältnisse der Immunität und auf die Lebensbedingungen des Erregers innerhalb und außerhalb des in- fizierten Organismus beziehen, — während die Kenntnis der rein morphologischen Eigenschaften zwar von ausschlaggebender Bedeutung für die Diagnose und rechtzeitige Erkennung der Infektion ist, aber für die prophylaktischen Maßnahmen selbst relativ zurücktritt. So erklärt es sich, daß eine wirksame Prophylaxe gegen Seuchen exi- stiert, deren Erreger mikroskopisch noch nicht nachgewiesen werden konnte, so z. B. gegen Blattern, Hundswut und Rinderpest; anderer- seits ist für die Malaria, deren Erreger morphologisch schon seit einer Reihe von Jahren aufs genaueste bekannt war, ein rationelles System der Bekämpfung erst begründet worden, nachdem der Infektionsmodus und das Leben des Erregers außerhalb des menschlichen Körpers sicher erkannt worden. 376 E. GOTSCHLICH, Voraussetzung für eine rationelle Prophylaxe ist ferner, daß der spezifische Erreger auch die einzige und alleinige Ursache der gegebenen Infek- tionskrankheit ist. Auch dieser Nachweis ist für alle typischen Infektions- krankheiten in völlig einwandfreier Weise erbracht; die Tatsache, daß einige, klinisch scheinbar einheitliche Infektionskrankheiten, z. B. die Ruhr, in ätio- logischer Beziehung in verschiedene Typen zerfallen (bakterielle und Amöben- dysenterie), vermag natürlich hieran nichts zu ändern, indem es sich dann eben nicht um eine, sondern um mehrere verschiedene Infektionskrankheiten handelt, von denen für jede einzelne wieder das strenge Gesetz der Spezifizität des Erregers gilt. Ebensowenig ist die ausschließliche ätiologische Bedeutung des Erregers durch die Tatsache erschüttert, daß der gleiche klinische Sym- ptomenkomplex einer der bekannten Infektionskrankheiten gelegentlich auch durch andere Ursachen, sei es durch nichtspezifische Mikroorganismen (z. B. Streptokokkendiphtherie), sei es durch unorganisierte Agentien (Bild der Cholera bei Arsenvergiftung) hervorgerufen werden kann; in solchen Fällen zeigt dann aber ausnahmslos das epidemiologische Verhalten des Falles die spe- zifische Verschiedenheit der Erkrankung an; jedenfalls müssen wir an der un- umstößlichen Tatsache festhalten, daß noch nie eine der bekannten typischen Infektionskrankheiten mit allen ihren charakteristischen Merkmalen in kli- nischer und epidemiologischer Hinsicht durch irgendein anderes ätiologisches Moment verursacht worden ist als einzige und allein durch ihren spezifischen Er- reger. — Am schwersten schien die ausschließliche ätiologische Bedeutung des pathogenen Mikroben durch die Feststellung bedroht, daß derselbe nicht nur in den klinisch manifesten Fällen der durch ihn verursachten Infektion, sondern auch bei völlig gesunden Personen, sei es mehr oder minder häufig und nur zu Epidemiezeiten (Cholera) oder sogar ganz regelmäßig (Pneumococeus auf der Mundschleimhaut, Eiterkokken in der Haut) gefunden wurde. Betreffs ein- gehender Würdigung dieser Tatsachen muß auf die Kapitel „Latentes Vorkommen des Infektionserregers im Organismus“ (Allg. Biologie) und „Individuelle Dispo- sition und Immunität“ verwiesen werden; dieselben beweisen nichts weiter, als daß entweder die ursächliche Wirkung des Mikroben mehr oder weniger häufig durch die normalen Schutzvorrichtungen des Organismus gehemmt werden kann (Cholera), oder im anderen Fall (Pneumokokken und Eitererreger), daß die be- treffenden Mikroben überhaupt nicht als Parasiten im lebenden Gewebe vor- handen waren, sondern nur als harmlose Epiphyten auf seiner Oberfläche schma- rotzten. Jedenfalls ist die sogenannte „Krankheitsanlage“ stets nur als negativer Begriff aufzufassen, d. h. als das Fehlen oder die Abschwächung der betreffenden normalen Schutzvorrichtungen. Die Annahme einer positiven oder gar spezifischen „Krankheitsanlage“ für jede bestimmte Infektion, wobei diese Anlage wohl gar durch andere Agentien als den spezifischen Mikroben mani- fest gemacht werden könnte, und der Mikrob von seiner ursächlichen Stellung in die eines bloßen Begleiters (,Nosoparasiten“) herabgedrückt würde, ist gänz- lich aus der Luft gegriffen und entbehrt jedes Beweises. Man sollte es kaum für möglich halten, daß gegenüber dem so sicheren und einwandsfreien Tatsachen- material, das die Lehre von der spezifischen und ausschließlichen Bedeutung der Infektionserreger als Ursache der betreffenden Krankheiten zu einer der am besten begründeten Theorien der modernen Naturwissenschaft macht *), über- haupt noch solche Hypothesen wie der Nosoparasitismus auftreten konnten, in der Regel wurden sie auch von Autoren aufgestellt, die der Bakteriologie zu ferne stehen, um das überreiche Material genügend zu übersehen. — Von einem anderen Standpunkt, nämlich von philosophischen Betrachtungen über den Begriff der Ursache ausgehend, hat HVEPPE? gegen unsere Auffassung der pathogenen Mikroben als einziger und ausschließlicher Ursachen der Infektionskrankheiten polemisiert. Hiergegen sei bemerkt, daß der Begriff von Ursache und Wirkung in der Lehre von den Infektionskrankheiten in genau derselben Bedeutung ge- braucht wird, wie in allen anderen Zweigen der Naturwissenschaften; philo- sophische Spekulationen über den Begriff der Ursache haben einen Sinn nur außerhalb und unabhängig von aller Erfahrung, nicht aber innerhalb des Ge- bietes der empirischen Tatsachen und in Gegenüberstellung eines Gebietes der Naturwissenschaften gegen alle übrigen; in dieser letzteren Hinsicht vermögen solche Erörterungen nur Unklarheit und Verwirrung zu stiften. Als Praktiker bezeichnen wir daher mit vollem Recht den spezifischen Erreger als die alleinige Ursache der betreffenden Infektionskrankheit. *) Vgl. z. B. vom rein erkenntnistheoretischen Standpunkt aus die klassische Publikation R. KocHs!, „Ueber die Aetiologie der Tuberkulose“. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 3% Damit der spezifische Erreger im gegebenen einzelnen Falle seine Wirksamkeit äußern, d. h. die betreffende Infektionskrankheit her- vorrufen könne, müssen eine ganze Reihe von Bedingungen er- füllt sein: 1. Vorhandensein einer Infektionsquelle, von der aus die Erreger produziert und in lebendem virulenten Zustand nach außen geliefert werden: ohne eine solche ist nach dem Vorangegangenen das Zustandekommen der be- treffenden Krankheit undenkbar, und in der Tat hat die epidemiologische Er- fahrung bestätigt, daß exotische Seuchen, die in einem Lande nicht endemisch sind, wie z. B. Cholera und Pest, nie autochthon daselbst entstehen, sondern stets von außen eingeschleppt werden. Die wichtigste Infektionsquelle ist für die weitaus größte Mehrzahl der menschlichen Infektionskrankheiten der er- krankte Mensch selbst bzw. seine Ausscheidungsprodukte (auch bei Ma- laria, da die als Zwischenwirt fungierende Mücke in letzter Linie den Erreger auch wieder ganz ausschließlich aus den erkrankten Menschen beziehen kann, und folgerichtig die rationelle Prophylaxe, wie R. KocH gezeigt hat, sich gegen den malariakranken Menschen selbst zu wenden hat). Neben dem (im kli- nischen Sinne) erkrankten Menschen sind dann als nicht minder wichtige Infektionsquellen die latenten Fälle zu nennen, wobei ein Individuum von völlig (oder doch scheinbar) normalem Befinden lebenskräftige Infektions- erreger, zuweilen in ungeheurer Menge, in sich beherbergt und nach außen ver- streut („Bacillenträger“). Die Bedeutung dieser latenten Fälle für die Epidemio- logie und Prophylaxe ist erst in den letzten 10 Jahren so recht erkannt worden. Nächst dem Menschen kommen als Infektionsquellen erkrankte Tiere m Betracht, teils nur gelegentlich bei spezifisch menschlichen Infektionskrank- heiten (Ratten bei Pest), teils als ausschließliche Erzeuger des Virus bei den auf den Menschen übertragbaren Zoonosen (Rotz, Milzbrand, Hundswut). — Pflanzen kommen als Infektionsquellen relativ selten in Betracht (Aktinomyces auf Aehren, Milzbrandweiden). — Gegenüber der ganz überwiegenden Bedeutung der menschlichen und tierischen Infektionsquellen spielt die unbelebte Natur eine relativ untergeordnete Rolle, wenigstens wenn wir mit dem Begriff der In- fektionsquelle, wie soeben geschehen, das Kriterium der Produktion und Vermehrung des Erregers verbinden. Immerhin ist für einige Infektions- krankheiten die Infektionsquelle sogar ganz ausschließlich in der unbelebten Natur zu suchen, so für Tetanus und malignes Oedem im Boden, für Cholera infantum in verdorbener Milch usw. Ferner kann insbesondere im Wasser gelegentlich nicht nur eine Konservierung, sondern eine Vermehrung gewisser pathogener Keime stattfinden, so daß dann das Wasser nicht nur als Infektions weg dient. sondern zur selbständigen Infektionsquelle wird (Cholera). 2. Was die Infektionswege anlangt, auf denen das Virus von der Stätte seiner Erzeugung zum empfänglichen Organismus gelangt, so ist im wesentlichen eine direkte und eine indirekte Uebertragung zu unterscheiden. Betreffs der Bedeutung beider Modi für die einzelnen Infektionskrankheiten und betreffs der, ver- schiedenen Wege, welche die indirekte Infektion in der Außenwelt nimmt, wolle man die Tabelle am Schluß des Kapitels „Allgemeine Morphologie und Bio- logie“ im I. Band vergleichen. Für die indirekte Uebertragung können sowohl lebende Wesen als auch verschiedene Medien der unbelebten Natur (Wasser, Nahrungsmittel, Gebrauchsgegenstände) in Betracht kommen; für die durch Protozoen und andere tierische Parasiten erzeugten Infektionskrankheiten spielt die Uebertragung durch belebte Wesen die wichtigste, ja oft überhaupt eine geradezu ausschließliche Rolle, indem meist ein bestimmter lebender Ueber- träger (Anopheles bei Malaria, Glossinen bei Schlafkrankheit ete.) der exo- genen Reifung und Verbreitung des Virus dient; in solchen Fällen ist der Ueber- träger ebenso spezifisch wie der Erreger selbst. — Anders bei den durch Bak- terien und pflanzliche Parasiten erzeugten Infektionen; hier tritt die Ueber- tragung durch lebende Wesen mehr zurück (Uebertragung mittels infizierter Hand, durch Fliegen bei Cholera und Typhus, durch Flöhe bei Pest), während Wasser, Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände zahllose Chancen der in- direkten Infektion darbieten und so den Kreis der Wirksamkeit einer ursprüng- lichen Infektionsquelle oft räumlich und zeitlich ins Ungemessene erweitern können; so kann durch Wäsche eines Cholera- oder Pestkranken die Seuche noch nach Wochen und in einem anderen Erdteil verbreitet werden. In solchen Fällen bezeichnet man wohl das Agens, welches den Ansteckungsstoff ver- schleppt hat, selbst als Infektionsquelle, und es ist zuzugeben, daß die Tren- 318 E. GOTSCHLICH, nung beider Begriffe (Infektionsquelle und Infektionsweg) in praxi mehr oder minder willkürlich wird. — Für die direkte Uebertragung können die Se- und Exkrete, sowie die „Tröpfcheninfektion“ in Betracht kommen. Je an- dauernder und inniger der Kontakt mit den Kranken, desto mehr steigen die Chancen für die direkte Infektion; bei manchen Krankheiten (Lepra) kommt eine solche wohl nur bei dauerndem Zusammenleben vor. — In anschaulicher Weise hat M. NEISSER® die verschiedenen Infektionswege für eine Reihe von Infektionskrankheiten in Form eines graphischen Schemas dargestellt. 3. Der Ansteckungsstoff, der nun auf dem einen oder anderen Wege von der Stätte seiner Erzeugung zum empfänglichen Individuum gelangt ist, muß, um seine Wirksamkeit zu entfalten, durch eine Eintrittspforte ins Innere des Organismus eindringen; vgl. Bd. I, Kap. 2. 4. Das Virus muß in einer genügenden Menge und von genügend starkem Virulenzgrad sein. 5. Der Organismus muß für die betreffende Infektion empfänglich sein. Der Kausalnexus, der zum Zustandekommen einer Infektion führt, setzt sich also aus folgenden notwendigen Elementen zusammen: In- fektionsquelle, Transportweg, Eingangspforte, Menge und Qualität des Virus, Empfänglichkeit des Organismus. Wenn auch nur ein einziges Glied dieser Kette fehlt, so kann die Infektion nicht zustande kommen. A priori ist es für den Effekt also ganz gleichgültig, wo die prophy- laktischen Maßnahmen einsetzen, vorausgesetzt nur, daß der Erreger an irgendeiner Stelle seiner Laufbahn wirksam bekämpft wird. Auf den ersten Blick hin erscheint es am zweckmäßigsten und ein- fachsten, die Maßnahmen entweder nur am Anfang oder am Schluß dieser Laufbahn einsetzen zu lassen, d. h. entweder die Quellen der Infektion vollständig zu vernichten oder den Organismus für die Infektion unempfänglich zu machen; leider stellen sich einer solchen Vereinfachung des Verfahrens meist die Schwierigkeiten in der Praxis und die Unvollkommenheit unserer Mittel (besonders betreffs der Maßnahmen gegen die Empfänglichkeit des Organismus) hindernd ent- gegen. Es ist daher sicherer, die Maßnahmen nicht nur an einer einzelnen Stelle einzusetzen, sondern den Kampf mit dem Erreger aufzunehmen, wo auch immer man seiner habhaft werden kann. Andererseits freilich muß man sich auch vor unnützer Zersplitterung seiner Kräfte und Mittel hüten und nicht jeder theoretisch denkbaren, weit entfernten Möglichkeit nachlaufen wollen; stets müssen die wesentlichen Punkte im Auge behalten und auf sie alle Maßnahmen konzentriert werden. Welche Punkte nun als wesentlich in Betracht kommen, das ist sehr verschieden je nach der Natur der verschiedenen Krankheit, und auch bei der gleichen Infektion je nach den äußeren Umständen und je nach dem Ziel, das sich die Bekämpfung der Krank- heit zu stecken hat. So erklärt es sich, daß die gleiche Infektion von verschiedenen Gesichtspunkten aus und mit sehr verschiedenen Mitteln doch mit Erfolg bekämpft werden kann. So wird z. B. eine Person, die sich nur vorübergehend in einer Malariagegend aufhält, vortrefflich sich gegen Malaria durch prophylaktischen Chiningebrauch schützen, während ein anderer, der dauernd an einem Malariaort zu leben ge- zwungen ist, nebenbei vielleicht ein mückensicheres Haus konstruiert und eventuell versucht, die Mücken und ihre Brutstätten zu vernichten, wo dies mit Erfolg möglich ist; endlich die Sanitätsbehörden werden sich mit diesen, zu rein individuellem Schutz getroffenen Maßnahmen nicht begnügen, sondern nach dem Vorgang R. Kochs, behufs Aus- rottung der Malaria im ganzen Lande, auf möglichst vollständige Auf- findung aller Malariakranken und deren systematische Chininbehand- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 379 lung dringen. — Bei manchen Infektionskrankheiten tritt eine ein- zelne Maßregel ganz beherrschend in den Vordergrund, so bei Variola die Erreichung des Impfschutzes; bei anderen, insbesondere bei der Tuberkulose, müssen Maßnahmen auf den verschiedensten Gebieten zusammenwirken (Verhütung der Ausstreuung des Sputums, persön- licher Schutz gegen Tröpfcheninfektion, soziale Maßnahmen), um zum Resultat zu gelangen. — Maßnahmen, die sich gegen die In- fektionsquelle richten, sind z. B.: Vernichtung der Erreger innerhalb des infizierten Organismus, ohne Schädigung des letzteren (Chinintherapie bei Malaria); Vernichtung der Erreger samt dem sie beherbergenden Organis- mus (Tötung von Tieren, die mit Rotz, Wut, Milzbrand affiziert sind; Bekämpfung der Rindertuberkulose) ; Vernichtung bzw. Desinfektion der infektiösen Abgänge des Kranken; Fernhalten von exotischen Seuchen durch Quarantänen; Maßnahmen, die sich gegen die Transportwege der Infektion richten, z. B. Isolierung der Kranken in besonderen Spitälern; Krankentransport in besonderen Ambulanzen; Wohnungsdesinfektion ; Maßnahmen gegen Handel mit Lumpen und anderen verdächtigen Effekten usw. Hierzu kommen bei denjenigen Infektionskrankheiten, bei welchen neben dem spezifischen Erreger auch ein spezifischer Ueber- träger vorhanden ist (Mücken bei Malaria und Grelbfieber, Stech- fliegen bei Schlafkrankheit, Läuse bei Recurrens und Flecktyphus) noch die Maßnahmen gegen den betreffenden belebten Ueberträger, — Maßnahmen, die bisweilen — wie zZ. B. beim Gelbfieber — das ganze Bild beherrschen können. Maßnahmen an den Eintrittspforten der Infektion fallen meist in das Gebiet der individuellen Prophylaxe, z. B. Schutz kleinster Wunden vor Infektion, Schutz gegen ‚„Tröpfcheninfektion“; aber auch die Antisepsis und Asepsis des Chirurgen gehört hierher. Maßnahmen gegen Virulenzgrad und Menge des Virus fallen meist mit den bisher genannten zusammen, da es fast immer leichter ist, das infektiöse Agens ganz fernzuhalten, als es in qualitativer oder quan- titativer Hinsicht zu beeinflussen; immerhin gibt es eine Krankheit, bei der die einzig mögliche Prophylaxe im Großen sich ausschließlich gegen die Menge des Virus wendet: bei der Cholera infantum ist nach FrLüssE* die vollständige Vernichtung der in der frischen Kuhmilch stets nur vereinzelt vorhandenen Keime praktisch unausführbar und auch unnötig, weil erst Einführung einer sehr großen Menge derselben die toxischen Erscheinungen hervorruft; dagegen ist es leicht, diese letztere Möglichkeit durch Kochen der Milch zu verhindern. Maßnahmen gegen die Empfänglichkeit des Organismus sind einerseits spezifische Schutzimpfungen, andererseits Stählung des Körpers und Erhöhung seiner Resistenz durch hygienische Lebens- weise, soziale Maßnahmen usw. Im folgenden sollen die allgemein prophylaktischen Maßnahmen gegen Infektionskrankheiten systematisch abgehandelt werden, wobei wir als praktisches Einteilungsprinzip das Kriterium benutzen, in welchem Gebiete menschlicher Tätigkeit die Maßnahmen zur Aus- 380 E. GoTSCHLICH, führung zu gelangen haben. Hiernach gelangen zunächst zur Be- sprechung die direkten Maßnahmen gegen die Verbreitung der Infektion durch den erkrankten oder latent infizierten Men- schen und seine infektionsverdächtige unmittelbare Um- gebung; hierbei finden zweckmäßig die Maßnahmen zur Ab- wehr der Einschleppung exotischer Seuchen einerseits und die Bekämpfung der Seuchen im Inland andererseits getrennte Behandlung. Sodann ist zu erwägen, wie durch zielbewußte indivi- duelle Prophylaxe dem Eindringen der Erreger in den Organis- mus vorzubeugen sei; ferner, inwieweit Schutzmaßregeln, die sich gegen die Empfänglichkeit des Organismus richten, von Erfolg gekrönt sein können; endlich gar, ob nicht innerhalb des infizierten Organismus selbst gegenüber dem schon ein- gedrungenen Feind noch wirksame Maßregeln möglich sind. Schließ- lich ist die Bekämpfung der Infektionserreger außerhalb des Organismus, und zwar sowohl in Tieren, die zu ihrer Verbrei- tung beitragen können, als in der unbelebten Natur zu besprechen. Literatur. KocH, R., Mitteil. a. d. Kais. Ges.-Amte, Bd. 2. HUEPPE, Naturwissenschaftl. Einführung in die Bakteriologie. Wiesbaden 1896. NEISSER, M., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 27, 1898 (Habilit.-Schrift). FLÜGGE, Ebenda, 1894. Puw- B. Fernhaltung exotischer Infektionskrankheiten. (Internationale Abmachungen und Quarantänen.) I. Allgemeines über Abwehr exotischer Seuchen. Das radikalste Mittel zur Verhütung einer Infektionskrankheit wäre sicherlich die vollständige Fernhaltung der spezi- fischen Erreger. Bei der großen Mehrheit der Infektionskrank- heiten müssen wir leider von vornherein auf die gründliche Ausführ- barkeit dieses Prinzips verzichten, nämlich bei allen endemischen Infektionen (Tuberkulose, Abdominaltyphus, Diphtherie, Masern, Schar- lach, venerischen Erkrankungen, Malaria usw.), indem hier einerseits das Virus zu weit verbreitet ist und häufig an jedem einzelnen be- wohnten Orte Gelegenheit zur Ansteckung vorhanden sein kann, und andererseits auch nur eine vollständige Kenntnis aller vorkommen- den Krankheitsfälle praktisch vorläufig ganz unmöglich ist. Sehr wohl hingegen kommt die Fernhaltung der Infektionsquellen in Betracht für spezifisch exotische Krankheiten, die in den meisten Ländern (und besonders in den zivilisierten Staaten) nur ausnahmsweise, und auch da nachweislich immer nur auf eine Ein- schleppung hin, nie aber autochthon entstehen, — während sie für gewöhnlich auf einige außereuropäische Seuchenherde beschränkt bleiben. Der Umstand ferner, dab diese exotischen Seuchen bei ihrem Auftreten in Europa (besonders in früherer Zeit, da ein rationelles System der Prophylaxe noch völlig fehlte) meist in schreckenerregen- der Weise wüteten und neben ungeheuren Verlusten an Menschenleben noch unermeßlichen wirtschaftlichen Schaden stifteten, alles das mußte um so mehr zu rigorosen Maßnahmen einer absoluten Fernhaltung Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 381 der Seuche vom eigenen Lande gebieterisch drängen, je weniger eine wirksame Bekämpfung der einmal erschienenen Seuche im Inland möglich war. Als exotische Seuchen in dem soeben bezeichneten Sinne gelten für alle Länder Europas Pest, Cholera und Gelbfieber; dieselben haben auch noch das praktisch wichtige gemeinsame Merkmal, dah ihre ursprünglichen Herde, bei dem gegenwärtigen Stande des Welt- verkehrs mit Europa nur oder doch fast ausschließlich auf dem Seewege direkte Verbindung haben, — ein Umstand, der den Ab- wehrmaßbregeln Europas gegenüber diesen drei Seuchen eine ganz charakteristische gemeinsame Eigenart gegeben hat, die gerade das Thema des vorliegenden Kapitels bildet. Um kurz die endemischen Herde dieser drei exotischen Seuchen zu nennen, so ist das Gelbfieber in Zentral- und Südamerika heimisch, während Pest und Cholera in Indien und im fernen Osten zu Hause sind; für letztere beide Seuchen ist ferner Arabien, wo die Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten des Islams all- jährlich Tausende von Personen der ganzen mohammedanischen Welt unter den fragwürdigsten hygienischen Bedingungen vereinigt, ein gefürchtetes Verbin- dungsglied zwischen den Seuchenherden des fernen Ostens einerseits und Europa nebst "den Mittelmeerländern andererseits. Wir finden daher, daß alle inter- nationalen Abmachungen zur Abwehr von Pest und Cholera stets die Pilgerfahrt nach Mekka eingehend berücksichtigen. Bevor wir uns zur Besprechung und Kritik des gegenwärtigen Abwehrsystems dieser exotischen Seuchen wenden, seien noch kurz zwei Punkte erwähnt. Zunächst sei nochmals daran erinnert, daß die jetzt geltenden Abwehrmaßregeln zum großen Teil darauf basiert sind, daß der Verkehr mit den aubßereuropäischen Seuchenherden wesentlich auf dem Seewege erfolgt; in dieser Beziehung findet jedoch mehr und mehr eine erhebliche Wandlung zu gunsten des Landver- kehrs statt, je mehr die europäisch-asiatischen Bahnverbindungen (transsibirische Bahn, russisch-indischer und russisch-persischer Grenz- verkehr, Hedjazbahn, projektierte Bagdadbahn) ausgestaltet werden ; hat doch die Cholera schon mehrfach bei ihren großen Seuchenzügen von Indien aus den Landweg über Persien und Rußland eingeschlagen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß diese Verbindungen auf dem Landwege sehr viel unvollkommener kontrollierbar und (nach Ausbau der Eisenbahnen) rascher sein werden als die gegenwärtigen Trans- portwege zur See. Schon diese Erwägungen müssen uns dazu führen, den Quarantänemaßregeln keine ausschließliche oder auch nur präpon- derierende Rolle zuzuweisen, sondern vielmehr das wahre Heil in einer wirksamen Bekämpfung der Seuche im Inland zu suchen. Für die Verbreitung der Pest kommt allerdings dem Schiffsverkehr aus einem anderen Grunde eine ganz vorwiegende Bedeutung zu, weil nämlich auf diesem Wege leichter als sonst eine Verschleppung pest- infizierter Ratten stattfindet. Vgl. die statistische Zusammen- stellung der Pest auf Schiffen!* für den Zeitraum 1894— 1907. — Zweitens, wenn auch für ganz Europa nur Gelbfieber, Pest und Cholera als exotische Seuchen in Betracht kommen, so sind für einige Länder mit besonders entwickelter Zivilisation (speziell für Deutsch- land) schon jetzt noch einige andere Infektionen als ausschließlich exo- tischen Ursprungs anzusehen, so z.B. Recurrens, Flecktyphus, Pocken und Lepra; gegen diese Krankheiten (die übrigens in Deutschland fast ausschließlich auf dem Landwege eingeschleppt werden) sind daher 382 E. GoTscHLIcH, besondere Maßnahmen gerechtfertigt, und das Bestreben der Gesund- heitsbehörden muß dahin gehen, diese Seuchen nicht nur am Orte ihrer Erscheinung zu bekämpfen, sondern sie gänzlich und dauernd aus dem Lande zu bannen — eine Aufgabe, die schon jetzt als gelöst zu betrachten ist, da die genannten 4 Krankheiten glücklicherweise nur mehr in seltenen Fällen in Deutschland erscheinen. . Immerhin kann dieses erfreuliche Ergebnis der hygienischen Maßnahmen nur durch dauernde Wachsamkeit aufrecht erhalten werden und es ist daher nicht nur für Cholera, Pest und Gelbfieber, sondern auch für Flecktyphus, Pocken und Lepra eine einheitliche Gesetzgebung in Gestalt des Deutschen Reichsseuchengesetzeslvom30. Juni 1900 geschaffen, während die Bekämpfung der übrigen Infektions- krankheiten landesgesetzlichen Bestimmungen vorbehalten ist; vgl. betr. des preußischen Seuchengesetzes? später S. 399. — Andererseits bestehen zwischen einigen besonders interessierten Staa- ten noch spezielle internationale Abmachungen für einige andere Infektionskrankheiten außer den allgemeinen Sanitätskonven- tionen für Pest, Cholera und Gelbfieber; so z. B. spezielle Ab- machungen betr. Gelbfieber zwischen den amerikanischen Staaten (Sanitätskonvention von Washington? 1905), betr. Schlaf- krankheit zwischen den im tropischen Afrika interessierten Kolonial- mächten (deutsch-englische Konvention 1908). II. Die historische Entwickelung des Quarantänewesens. Das ursprüngliche Quarantänesystem, wie es zuerst im 15. Jahrhundert in den Mittelmeerhäfen gegen Provenienzen aus pestverseuchten Häfen des Orients angewandt wurde und sich bis gegen Mitte des 19. Jahrhunderts allenthalben erhalten hatte, bestand darin, daß sämtliche Schiffe und Passagiere — ohne Rücksicht darauf, ob unter denselben wirklich Fälle der Seuche vorgekommen waren oder nicht, einfach nur auf Grund ihrer Provenienz aus einem infizierten Hafen bzw. infizierten Lande — auf längere Zeit (früher meist 40 Tage; daher der Name „Quarantäne“!) im Ankunftshafen in besonderen Anstalten oder auch an Bord zurückgehalten und ärztlich beobachtet wurden, bis man sich des dauernd guten Gesundheitszustandes derselben versichert zu haben glaubte. In manchen südamerikanischen Staaten, welche den internationalen Sanitätskonventionen nicht: beigetreten sind, haben sich diese mittelalterlichen Gebräuche bis in die neueste Zeit erhalten und wurden sogar Schiffe mit Pest- oder Cholerakranken an Bord überhaupt nicht in die Quarantänestationen zugelassen, sondern mit Gewalt zur Umkehr gezwungen (NocHT’); vgl. auch über Quarantäneschwierigkeiten in Südamerika bei ÜBERNDORFER®, ©. FRÄNKEL!. In Europa sah man sich von Mitte des 19. Jahrhunderts an infolge des wachsenden Verkehrs und der enormen Beeinträchtigung der Handelsinteressen genötigt, an Reformen zu denken. Es kam eine Reihe von internationalen Sanitätskonferenzen zustande, deren Geschichte u. a. von PRousT® und KoBLER? eingehend geschildert worden ist. Hier kann die Entwickelung dieser komplizierten und noch dazu mit politischen Interessen vielfach verquickten Verhältnisse nur in ihren großen Zügen angedeutet werden. Schon die Konferenzen von Paris (1851 und 1859), sowie von Konstantinopel (1866) betonten die Notwendigkeit, an Stelle der bis- herigen mehr oder minder willkürlichen Maßregeln eine einheitliche Regelung auf wissenschaftlichen Prinzipien eintreten zu lassen; von durchaus modernem Geiste war dann ferner die auf der Wiener Konferenz (1874) zum ersten Mal gestellte Forderung, daß das Schicksal eines Schiffes nicht, wie bisher, von seiner Provenienz abhängen solle, sondern daß der Ausfall der ärztlichen Untersuchung im Ankunftshafen für die zu treffenden Maßnahmen entscheidend sei; nur die Kranken seien zurückzuhalten, während die Gesunden möglichst bald zum freien Verkehr zugelassen werden müßten. Diese Forde- rung trifft den Kern der Sache; mit Recht hebt NocHT5 hervor, daß, bei der gegenwärtigen Massenhaftigkeit und Geschwindigkeit des Weltverkehrs Qua- rantäneanstalten, die unterschiedslos für alle Provenienzen eines verseuchten Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 383 Gebietes angewendet werden sollten, in riesigem Maßstabe angelegt sein müßten und ungeheure Summen verschlingen würden, wenn nicht die ganze Sache zur leeren Formalität ausarten oder gar die Quarantäneanstalten selbst zu Seuchenherden werden sollen; die Undurchführbarkeit solcher Maßnahmen für die praktischen Verhältnisse des Weltverkehrs liegt hiernach auf der Hand. Erst die Venediger Konferenz von 1892 brachte jedoch die offizielle gesetzliche Anerkennung dieses Prinzips durch eine zwischen den europäischen Vertragsstaaten abgeschlossene Sanitätskonvention; je nach dem Ausfall der ärztlichen Visite im Ankunftshafen ist das Schiff entweder rein („indemne“), wenn weder bei der Abreise noch während der Fahrt Fälle der Seuche an Bord vorgekommen sind; oder verdächtig (,„suspect“), wenn zwar solche Fälle sich ereignet haben, jedoch nicht innerhalb der letzten Tage vor der Ankunft, wobei die freie Periode zwischen dem letzten Fall und der Ankunft des Schiffes länger sein muß als das Maximum der Inkubationsperiode der betreffenden Seuche beträgt; oder verseucht („infeet&), wenn das Schiff entweder Fälle der Seuche an Bord hat oder innerhalb der letzten Tage an Bord gehabt hat, so daß zwischen dem letzten Fall und der Ankunft noch nicht die Zeit der Inku- bationsdauer verstrichen ist und demnach die Möglichkeit des Vorhandenseins neuer latenter, noch im Inkubationsstadium befindlicher Fälle gegeben erscheint. Dieses Maximum der Inkubationszeit wurde in den folgenden Konferenzen für Cholera auf 5, für Pest auf 11 Tage festgelegt, doch wurde in den letzten beiden Konferenzen (1903 und 1911) die zur Unterscheidung zwischen „ver- seuchten“ und „verdächtigen“ Schiffen geltende Frist vor der Ankunft einheit- lich auf 7 Tage normiert. Von wichtigen neuen Prinzipien, die in den späteren Konferenzen zur Annahme gelangten, sei noch folgendes hervorgehoben. Die Dresdener Konferenz (1893), die sich im wesentlichen mehr mit den Maßnahmen zu Lande und im Grenzverkehr befaßte, sprach zuerst die Notwendigkeit einer obligatorischen internationalen Anzeige jedes konstatierten Seuche- ausbruchs (auch eines einzelnen Falles) aus; ferner begründete sie die für eine Entwickelung der ganzen Quarantänefrage im liberalen Sinne so überaus folgen- schwere Unterscheidung zwischen „Beobachtung“ (observation) und „Ueber- wachung“ (surveillancee), wobei die letztere, d. h. ärztliche Aufsicht ohne Beschränkung des Aufenthaltsortes, für unverdächtige Passagiere an Stelle der Internierung in ärztlichen Beobachtungsstationen weiteste Anwendung finden sollte. Die Pariser Konferenz’ von 1894 beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage der mohammedanischen Pilgerfahrt; die Konferenz in Venedig® trug den inzwischen über die Pest gemachten Erfahrungen Rechnung und ver- vollständigte die früher ledielich auf den Schutz gegen Cholera zugeschnittenen Maßregeln in entsprechender Weise. Auf der vorletzten Konferenz von Paris? wurden dann diese Schutzmaßnahmen weiter ausgebaut, insbesondere im Sinne der Maßnahmen gegen die Ratten. Die letzte internationale Sanitätskonferenz, die wiederum in Paris 1911/12 stattfand, beschäftigte sich hauptsächlich mit gewissen in den letzten Jahren aktuell gewordenen Fragen der Choleraprophylaxe, insbesondere mit der Möglichkeit von Maßnahmen gegen die Bacillenträger; auch wurde hier ein vollständiges Programm für die Quarantänevorschriften gegen Gelbfieber ausgearbeitet. Doch liegen bis jetzt nur vorläufige Berichte!? über die Arbeiten dieser Konferenz vor und bis zur Ausarbeitung und endgültigen Annahme der projektierten neuen Sanitäts- konvention von 1912 bleibt die Konvention von Paris 1903 die heute gültige ge- setzliche Basis des internationalen Quarantänewesens. III. Der jetzige Stand der Maßnahmen, soweit für eine allgemeine Prophylaxe von Interesse, läßt sich fol- gsendermaßen zusammenfassen : a) Allgemeine Grundsätze. 1. Als Basis der internationalen Seuchenprophylaxe ist die obli- gatorische Anzeige zwischen den Vertragsstaaten anerkannt: die Meldung der ersten Fälle erfolgt telegraphisch, später werden regel- mäßige Seuchenberichte veröffentlicht. Auch steht es jedem Staate frei, sich seitens eines infizierten Nachbarlandes einen besonderen 384 E. GoTSCHLICH, Nachrichtendienst zu schaffen. Die pünktliche Erfüllung der inter- nationalen Anzeigepflicht liegt übrigens im eigenen Interesse eines verseuchten Landes; je sorgfältiger alle Maßnahmen getroffen werden und je mehr die Meldungen über Auftreten und Stand der Seuchen wirklich Zutrauen verdienen, desto eher werden andere Staaten geneigt sein, im Verkehr alle unnötigen Beschränkungen zu vermeiden und die Quarantänemaßnahmen auf das geringste Maß einzuschränken ; umgekehrt ist eine ungenügende und unzuverlässige Berichterstattung geeignet, Mißtrauen und verschärfte Abwehrmaßregeln seitens anderer Staaten hervorzurufen. — Seit 1908 ist — entsprechend einer dahin- gehenden Resolution der vorletzten Pariser Konferenz — ein stän- digesinternationales Seuchenkomitee mit dem Sitze in Paris („Office Internationale d’Hygiene Publique‘) geschaffen, das einerseits als Zentralstelle für den epidemiolegischen Nachrichten- dienst gedacht ist und zu diesem Zweck ein monatliches Bulletin! herausgibt, andererseits den wissenschaftlichen Vorarbeiten für die internationalen Sanitätskonferenzen dient (vgl. z. B. den in der Sitzung von 1911 niedergelegten Spezialbericht!? über neuere Fragen der Choleradiagnose und über die Bedeutung der Choleraträger für die Verbreitung und Abwehr der Seuche). 2. Mit Rücksicht auf die enorme Entwickelung des Weltverkehrs geht die ganze moderne Entwickelung des Quarantänewesens darauf aus, ein praktisch erreichbares — natürlich immer nur re- latives — Maximum von Garantien mit einem Minimum der Beschränkung und Schädigung von Handel und Verkehr zu erreichen. Zu diesem Zweck ist de Anwendung von Quaran- tänemaßregeln örtlich und zeitlich beschränkt auf das verseuchte Gebiet („circonscription territoriale con- taminde“), während die übrigen Teile des Landes oder Staates, dem dieses verseuchte Gebiet angehört, von Quarantäne gänzlich frei bleiben. Mit Rücksicht auf die Möglichkeit, daß es sich bei ersten Fällen einer Seuche um importierte Infektion handelt, kann nach den geltenden Bestimmungen ein Gebiet erst dann als „verseucht“ be- zeichnet werden, wenn mehrere notorisch nichtimportierte Pestfälle daselbst vorgekommen sind oder wenn bei Cholera eine Herdbildung stattgefunden hat (d. h. wenn es nicht gelungen ist, die Seuche auf ihre ersten Fälle zu beschränken). — Ein Gebiet gilt nicht mehr als verseucht, wenn mehr als 5 Tage nach der Isolierung (bzw. Tod oder Heilung) des letzten Cholera- oder Pestfalles verflossen sind, ohne daß sich neue Fälle ereignet hätten; bei Pest wird außerdem der Nach- weis von Maßnahmen gegen Ratten verlangt. (Für Gelbfieber nor- miert die letzte Pariser Konferenz von Paris die genannte Frist auf 18 Tage.) Desgleichen werden Provenienzen, welche mindestens 5 Tage vor dem Ausbruch der Seuche das „verseuchte Gebiet“ ver- lassen haben, als unverdächtig bezeichnet. — Die Anwendung der Quarantänevorschriften auf die Provenienzen aus anerkannt „verseuchtem‘“ Gebiet erfolgt ganz allgemein in der Weise, daß eigentliche Verkehrsbeschränkungen sowohl für Personen (Internierung, Observation) als für Waren (Einfuhrverbot) nur bei sanz direktem Infektionsverdacht zulässig sind; auch die Maßnahmen zur Desinfektion und zur Bekämpfung der Ratten gelangen nur da zur Anwendung, wo spezielle Verdachtsmomente für eine stattge- fundene Infektion vorliegen; in allen übrigen Fällen, d. h. in ihrer & Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 385 weitaus überwiegenden Mehrheit werden die Provenienzen auch aus anerkannt ‚verseuchtem‘‘ Gebiet nur einer einfachen Ueberwachung ohne jede Verkehrsbeschränkung unterworfen (Revisionssystem). Natürlich ist ein so liberales Vorgehen nur dem allgemeinen Verkehr gegenüber gerechtfertigt, dessen großzügige Entwickelung und dessen erfahrungsmäßig geringen Infektionschancen weitergehende Maßb- nahmen weder erfordern noch auch überhaupt gestatten würden ; immer muß man sich aber bewußt sein — wie später noch ausgeführt werden soll, daß dieses System, aus einem Kompromiß zwischen den Forde- rungen des Verkehrs und jenen des Seuchenschutzes hervorgegangen, nur eine relative Sicherheit bietet. Es ist daher durchaus berechtigt und geboten, gegenüber solchen speziellen Verhältnissen, die größere Gefahren für die Verbreitung von Seuchen be- deuten, wie das z. B. beim Pilger- und Auswandererverkehr der Fall ist, schärfere Maßnahmen anzuwenden, um einen vollstän- digen Seuchenschutz zu erreichen, — um so mehr als dieses Erforder- nis ohne empfindlichere Störung des Weltverkehrs erreicht werden kann. Im folgenden sollen diese speziellen Schutzmaßregeln gesondert beschrieben werden, nachdem wir zuerst die geltenden Bestimmungen für den allgemeinen Verkehr, und zwar — entsprechend den total ver- schiedenen Bedingungen — gesondert für den See- und für den Land- verkehr besprochen haben. b) Seequarantänen. 3.Die Maßnahmen müssen schon vor und bei der Abfahrt eines Schiffes aus einem verseuchten Hafen beginnen. Zunächst ist die gesamte Besatzung des Schiffes inkl. sämtlicher Passagiere vor der Abfahrt auf ihren Gesundheitszustand ärztlich zu untersuchen; Personen mit verdächtigen Krankheitssymptomen werden von der Einschiffung ausgeschlossen. Ferner werden die schmutzige Wäsche und sonstige infektionsverdächtige zum persönlichen Gebäck gehörige Gegenstände vor der Einschiffung desinfiziert; bezüglich letzterer kann man sich dabei im allgemeinen auf die Passagiere dritter Klasse und die Schiffsbesatzung beschränken; hat doch die Erfahrung viel- fältig gezeigt, dab Angehörige der wohlhabenderen Klassen für die Verbreitung von Cholera und Pest (ganz besonders gilt dies für letz- tere!) so gut wie gar nicht in Betracht kommen. Betreffend Waren- verkehr siehe unten! — Das Schiff selbst muß vor der Abfahrt ordent- lich gereinigt und mit tadellosem Trinkwasser von durchaus unver- dächtiger Provenienz versehen sein. 4. Die Maßnahmen während der Ueberfahrt erstrecken sich namentlich auf allgemeine Reinlichkeit sowie auf Herrichtung geeigneter Isolierräume und Beobachtung von Desinfektionsvorschriften bei Vorkommen eines verdächtigen Krankheitsfalles. Für gewisse Kate- gorien von Schiffen (Pilger- und Auswandererschiffe; vgl. weiter unten!) ist das Vorhandensein eines Schiffsarztes und eines zu- verlässigen Dampfdesinfektionsofens obligatorisch ; in jedem Falle haben Schiffe, denen beides fehlt, bei Verdachtsgrund oder bei Ausbruch der Seuche an Bord, im Ankunftshafen eine härtere Behand- lung zu gewärtigen. 5. Die Maßnahmen im Ankunftshafen sind prinzipiell verschieden, je nach dem Ausfall der ärztlichen Untersuchung. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 25 386 E. GoTscHLIcCH, a) Gegenüber verseuchten Schiffen kommen folgende Maß- nahmen in Anwendung: Die noch an Bord befindlichen Pest- oder Cholerakranken werden ausgeschifft und in einem Isolierspital unter- gebracht; etwaige Leichen werden unter allen Kautelen bestattet. Die übrigen Personen können, je nach Ermessen der Gresundheits- behörde, entweder nur einer Ueberwachung ohne Beschränkung des Aufenthaltsorts, oder aber einer Internierung und Observation in der (Juarantäneanstalt (‚Lazarett‘) untergebracht werden; vgl. über Qua- rantäneanstalten bei RuppeEL1!®. Letztere Maßnahme wird namentlich gegenüber solchen Personen in Anwendung kommen, von denen nach Maßgabe der Verhältnisse (ungenügende Isolierung des Kranken an Bord während der Reise usw.) anzunehmen ist, daß sie der Infektion in besonderer Weise aus- gesetzt gewesen sind. In keinem Falle darf die Ueberwachung oder Observation länger als 10 Tage bei Pest, bzw. länger als 5 Tage bei Cholera andauern. Nach den neuesten Bestimmungen (Paris 1912) soll sowohl für Pest wie für Cholera ein Maximum von 5 Tagen gelten. Sämtliche auf dem Schiff befindliche Personen (Passagiere und Schiffsbesatzung) werden einer ärztlichen Untersuchung unterzogen, um zu ermitteln, ob sich unter ihnen noch andere Krankheitsfälle befinden; zu diesem Zwecke ist nach den Bestimmungen der letzten Pariser Konferenz (1912) — auch die Vornahme der bakteriologischen Untersuchung zulässig, doch muß dieselbe innerhalb der für die Quaran- täne geltenden maximalen Frist von 5 Tagen beendet sein. — Außer- dem findet die Desinfektion der von Pest- oder Cholerakranken be- nutzten Räume, — sowie weiterhin auch aller derjenigen Räume statt, für welche die Gesundheitsbehörde dies für notwendig hält; unter allen Umständen werden die schmutzige Wäsche und die per- sönlichen Effekten der Mannschaft, bei den Passagieren nach Er- messen des beamteten Arztes — desinfiziert. Bei Gelbfieber ist, entsprechend der Tatsache, daß das Virus nur im Körper des er- krankten Menschen und der Mücke vorhanden ist, von jeder Des- infektion abzusehen; dafür tritt Vernichtung der Mücken (durch Räucherungen) ein. Desgleichen erfolgt bei Pest Vertilgung der Ratten durch Clayton- oder Generatorgas (vgl. das betr. spezielle Kapitel in Bd. IV dieses Handbuchs). Cholerainfizierte Schiffe haben den (möglicherweise infizierten) Inhalt ihrer Trinkwasserbe- hältr und ihrer Wasserbalasttanks nach vorgängiger Desinfektion zu entleeren und hygienisch einwandfreies Trinkwasser aufzunehmen. b) Die Behandlung „verdächtiger“ Schiffe erfolgt nach genau denselben Grundsätzen, wie soeben für die „verseuchten‘ Schiffe angegeben; nur dab die sanitäre Ueberwachung der Passagiere und der Schiffsmannschaft ohne Verkehrsbeschränkung erfolgt und eine eigentliche „Observation“ derselben mit Internierung in Quarantäne- anstalten nicht stattfindet. C) „Reine“ Schiffe werden in europäischen Häfen nach günstigem Ausfall der ärztlichen Visite sofort zum freien Verkehr zugelassen; bei Vorhandensein besonderer Verdachtsgründe können die für verdächtige Schiffe geltenden Maßnahmen (Ueberwachung der Mannschaft und der Passagiere, Desinfektion, Entrattung) ganz oder teilweise zur Ausführung gelangen ; insbesondere ist die Ent- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 387 rattung obligatorisch, falls Pestratten oder auch nur eine ungewohnte Sterblichkeit unter den Ratten an Bord be- obachtet: worden waren. Die neueste Pariser Konferenz empfiehlt als ganz allgemeine Maßnahmen die periodisch (etwa alle 6 Monate) vorzunehmende Entrattung aller Schiffe; solche Schiffe, die sich diesen Maßnahmen unterziehen, sollen von den Quarantänebehörden besondere Vergünstigungen eingeräumt erhalten. Ferner gelten folgende Ausnahmebestimmungen: «) Gegenüber überfüllten (oder sonst in mangelhaften hygienischen Verhältnissen befindlichen) Schiffen können jederzeit strengere Maßnahmen, analog der Behandlung von Pilger- und Auswandererschiffen (vgl. weiter unten) zur Anwendung kommen; insbesondere kann hier die ärztliche Visite durch die bakteriologische Untersuchung vervollständigt werden. 8) In außereuropäischen Häfen (insbesondere in der Le- vante und im fernen Osten) können reine und verdächtige Schiffe zwecks Observation der Passagiere und Mannschaft in Quarantäne zurückgehalten werden, falls seit der Abfahrt vom infizierten Hafen weniger als 5 Tage verflossen waren; die an dieser Frist (welche als Inkubationszeit für Pest und Cholera angenommen ist) fehlenden Tage sind in Quarantäne zu ergänzen. y) Im Gegensatz zu den in beiden vorangegangenen Rubriken vorgesehenen schärferen Maßnahmen ist endlich auch eine teilweise oder gänzliche Befreiung von Quarantänemaßnahmen für diejenigen Schiffe vorgesehen, die sich in besonders günstigen hygienischen Verhältnissen befinden. So bei Schiffen, die Arzt und Desinfektionsapparat an Bord haben oder auf denen regel- mäßige Entrattung vorgenommen wird. Sogar die Befreiung von der ärztlichen Visite bei der Ankunft des Schiffes ist vorgesehen, falls ein von den Heimatbehörden des Ankunfthafens besonders bestellter Amtsarzt an Bord des Schiffes weilt, der verpflichtet ist, über jedes verdächtige Vorkommnis während der Reise bei der Ankunft sofort Bericht zu erstatten; für ein so weitgehendes liberales Regime, das besonders von NocHT befürwortet wird, sind natürlich spezielle Ab- machungen zwischen den Vertragsstaaten erforderlich. Außer diesen im europäischen Ankunftshafen zu treffenden Maßnahmen hat man nun gegenüber den aus Arabien, Indien und dem fernen Osten (d. h. den endemischen Heimstätten von Pest und Cholera) herkommenden Schiffen die sämtlich den Suezkanal passieren müssen, an diesem letzteren noch eine besondere Schutzwehr für Europa (und gleichzeitig Aegypten, das ja das natürliche Bindeglied zwischen Europa und den vorgenannten Ländern bildet) zu errichten gesucht. Diesem Zwecke dienen die Quarantäneanstalten im Roten Meer (,„Mosesquellen“ für Passagierverkehr, ElTor für Pilger), die unter der Autorität einer in Alexandrien residierenden ägyptisch-internationalen Behörde, des sogenannten „Conseil sanitaire, maritime et quarantenaire d’Egypte‘ stehen. Ueber die Organisation dieser Behörde vgl. KocH-GAFFKYS'® Cholerabericht, sowie die eingehende Monographie von BERARD!® und einige Notizen bei GOEBEL!?; vgl. auch die Protokolle der internationalen Sanitäts- konferenzen. Jedes Schiff, welches den Suezkanal passieren will, wird vorher einer genauen ärztlichen Visite unterworfen; die Behandlung des Schiffes richtet sich sowohl nach dem Ausfall der Visite als auch nach dem hygienischen Zu- stand des Schiffes, insbesondere danach, ob Arzt und Desinfektionsapparat an Bord vorhanden sind oder nicht. Verseuchte Schiffe landen in jedem Falle ihre Pest- bzw. Cholerakranken in der Quarantänestation, wo dieselben in einem Isolierspital untergebracht werden. Sämtliche Teile des Schiffes, die mit dem 25* 388 E. GOoTSCHLICH, Kranken in Berührung gekommen sind, werden gründlich desinfiziert, desgleichen die schmutzige Wäsche oder sonstige als infiziert zu erachtende Gebrauchsgegen- stände der Passagiere und der Besatzung. Die übrigen Insassen des Schiffes werden entweder sämtlich (bei Schiffen ohne Arzt und Desinfektionsapparat) am Lande in besonderen Räumen in Quarantäne gehalten, oder (falls Arzt und Desinfektionsapparat an Bord vorhanden) es werden nur die „verdächtigen Per- sonen“, d. h. solche, die mit den Kranken in Berührung gekommen waren, an Bord oder an Land einer Beobachtung unterzogen. Die Dauer dieser Obser- vation darf bei Pest 10 Tage, bei Cholera 5 Tage keinesfalls überschreiten, wobei der Anfang dieser Periode vom Datum des Auftretens des letzten Krank- heitsfalles an Bord gerechnet wird. Nach Erledigung dieser Observation (bzw. bei Ausschiffung der „verdächtigen Personen“ sogleich) wird das verseuchte Schiff zum „transit en; quarantaine“ durch den Suezkanal zugelassen; vgl. über die dabei behufs Vermeidung jeglichen Kontakts zwischen dem Schiff und dem Kanalufer angewandten Maßregeln den Text der Sanitäts-Konventionen. Reine Schiffe und solche verdächtige Schiffe, die mit Arzt und Desinfektions- apparat versehen sind, werden gleichfalls sofort zum transit en quarantaine zu- gelassen; verdächtige Schiffe ohne Arzt und Desinfektionsapparat müssen erst an der Quarantänestation anhalten, um daselbst der ärztlichen Revision der Schiffsinsassen und der Desinfektion der schmutzigen Wäsche sowie sonstiger infektionsverdächtiger Gegenstände unterzogen werden. Sperr- und Quarantänemaßregeln zu Lande. Früher versuchte man oft, die Einschleppung einer Seuche auf dem Land- wege durch völlige Absperrung der Grenze, mit Zuhilfenahme militärischer Bedeckung (,Cordon sanitaire“) zu erreichen. Die Erfahrung hat gezeigt, (z. B. noch im Jahre 1899 in ÖOporto), daß eine solche vollständige Ab- sperrung bei den heutigen Verkehrsverhältnissen absolut undurchführbar ist und nicht zum gewünschten Ziele führt. Gerade diejenigen fragwürdigen Ele- mente, die wir für Verschleppung von Seuchen am meisten zu fürchten haben (Schmuggler, Vagabunden, Prostituierte, Hausierer usw.), sind am schwierigsten zu kontrollieren; außerdem nimmt erfahrungsgemäß der Verkehr auf solchen Schleichwegen um so mehr zu, in je ausgedehnterem Maße die Sperrmaßregeln ausgeführt werden. Noch viel weniger wäre es möglich, den allgemeinen Grenz- verkehr, insbesondere den massenhaften Eisenbahnverkehr, durch Quarantäne. aufhalten oder kontrollieren zu wollen. Sperren und Quarantänen zu Lande haben nur da Aussicht auf Erfolg, wo sie in verkehrsarmen, leicht zu kon- trollierenden Gegenden, in beschränkter Ausdehnung, und vor allem mit Auf- gebot sehr bedeutender Mittel und äußerster Strenge durchgeführt werden können. Meist sind diese Verhältnisse nur in dünnbevölkerten außereuropäischen Gegenden verwirklicht; auch dann hängt das Gelingen einer Sperre noch wesentlich davon ab, daß man wirklich der allerersten Fälle habhaft geworden ist; meistens wird man zu spät kommen. Immerhin gelang es z. B. 1878 in Wetl- janka (an der Grenze des europäischen und asiatischen Rußlands) durch rigo- roseste Anwendung eines Militärkordons die Pest zu lokalisieren und an jeder weiteren Ausbreitung zu verhindern; desgleichen neuerdings mit Erfolg in dem russischen Orte Kolobowka (vgl. bei TcmıstovitcH!3 und ARUSTAMOY'!?), so werden auch die auf dem Landwege anlangenden Karawanen mohammedanischer Pilger in El Tor strenger Quarantäne unterworfen. In Europa kommen Land- quarantänen praktisch eigentlich nur für fremde durchreisende Auswan- derer in Betracht, in Deutschland speziell für die von Rußland kommenden Auswandererzüge; über die für diesen Zweck vorgesehenen Quarantäneanstalten an der russischen Grenze und im Inneren vgl. bei NocHT. Gegenüber solch spe- zifisch verdächtigem Durchgangsverkehr ist auch unter Umständen die Einrich- tung von „Quarantäne-Eisenbahnzügen“ rationell; solche Züge (wie sie z. B. seinerzeit vor Eröffnung des Suezkanals für den Durchgangsverkehr der außerägyptischen Pilger zwischen Alexandrien und Suez vorgesehen waren) passieren unter strenger Bewachung und halten nur an besonderen Stellen, an denen eine strenge Kontrolle leicht ausführbar ist. — Abgesehen von solchen Ausnahmefällen sind im übrigen Landquarantänen völlig aufgegeben — wobei es jedoch jedem Staat unbenommen bleibt, eine Grenze auf bestimmte Strecken zu schließen und den Durchgangsverkehr nur an gewissen besonders leicht kon- trollierbaren Punkten zu gestatten. Im übrigen bleibt als einzig wirksame Kon- trolle für den Landverkehr das Revisionssystem (vgl. unten). Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 389 d) Warenverkehr. Gegenüber den noch gar nicht lange Zeit zurückliegenden Vor- stellungen, welche (wahrscheinlich noch unter der Nachwirkung der früheren Anschauungen über die Genese der Infektionskrankheiten aus Fäulnisstoffen, „Miasmen“ und dgl.) eine ganze Anzahl von Warengattungen als an sich infektiös betrachteten und überhaupt dem Warenverkehr eine ganz übertriebene Bedeutung für die Ver- breitung von Epidemien beilegten, — hat sich in den letzten Sanıtäts- konferenzen die richtige Anschauung Bahn gebrochen, daß Waren an sich überhaupt nie die Seuche hervorrufen, sondern nur dann, wenn sie mit dem vom kranken Menschen bzw. kranken Tiere aus- geschiedenen Ansteckungsstoff infiziert sind. Desinfektionsvorschrif- ten oder Einfuhrverbot können daher nur solchen Provenienzen gegen- über erlassen werden, welche als infiziert zu betrachten sind; unter allen Umständen ist ein solcher Verdacht gegeben bei getragenen Kleidern und Wäschestücken, Bettzeug und Lumpen. Für Cholera kommen außerdem speziell für die Verhältnisse des Grenzverkehrs ge- wisse Nahrungsmittel, die in rohem Zustand verzehrt werden (Milch, Butter, Gemüse, Früchte) in Betracht. — Das früher beliebte Zurück- halten von Waren in Quarantäne ist als irrationell mit Recht auf- gegeben; jedoch können Waren, die von pestinfizierten Ratten sicht- lich angefressen oder mit Rattenkot beschmutzt sind, während einer Dauer von zwei Wochen in besonderen Gebäuden rattensicher gelagert werden, bevor ihre Zulassung zum freien Verkehr erfolgt, um während dieser Frist eine sichere Abtötung der den Waren etwa anhaftenden Pestbacillen zu erreichen. — Die sog. „Desinfektion“ von Briefen und Postsachen durch Räuchern, die früher häufig angewandt wurde (vgl. KocH-Garrky!5, Cholerabericht, sowie bei Tu. WeyL?0), ist als gänzlich nutzlos längst abgeschafft und der Briefverkehr bleibt jetzt völlig unbehelligt. e) Pilgerverkehr. Der Pilgerverkehr stellt in Seuchenzeiten stets eine große Gefahr für die Verbreitung der Infektion dar, weil beim Zusammenströmen srößerer Menschenmengen verschiedenster Herkunft an einem und demselben Orte von vornherein schon alle Bedingungen für die Ver- schleppung des Infektionsstoffs gegeben sind, und zudem infolge des Zusammendrängens meist ärmerer, hygienisch undisziplinierter Be- völkerungsklassen an den Pilgerstätten eine für die Entstehung und Verbreitung von Epidemien besonders gefährliche Situation geschaffen wird. Im Inland lassen sich solche Pilgerzüge und Wallfahrten noch leichter beherrschen und eventuell in Zeiten drohender Seuchengefahr ganz unterdrücken; viel schwieriger liegen die Verhältnisse bei den ge- waltigen Pilgerfahrten im Orient, wo viele Tausende oft von weither, aus fremden Ländern, zu ihren heiligen Stätten ziehen; erwähnt seien die christlichen Pilgerzüge nach Jerusalem, die besonders seitens der ärmeren russischen Bevölkerung unter häufig sehr primitiven Ver- hältnissen unternommen werden, — ferner die (besonders für die Seuchengeschichte der Cholera wichtigen) Pilgerfahrten nach den hei- ligen Stätten Vorderindiens (Puri, Hurdwar) sowie an der türkisch- persischen Grenze (Kerbela). Die größte Bedeutung für die Quaran- tänegesetzgebung hat jedoch die jährlich wiederkehrende moham- 390 E. GoTScHLICH, medanische Pilgerfahrt nach dem Hedjaz (Mekka und Medina) erlangt; es kommen daselbst jährlich Hunderttausende von Pilgern aus den Mittelmeerländern und dem ganzen Orient bis Ostasien unter den primitivsten hygienischen Verhältnissen zusammen, um sich nach wenigen Wochen wieder zu zerstreuen; und da unter den Heimatländern der Pilger fast immer einige verseucht sind (z. B. Indien), so liegt die Gefahr der Verschleppung und Weiterverbreitung der Seuchen nur allzu nahe. Außer der Türkei und Aegypten sind noch insbesondere Rußland, Oester- reich (bosnische Pilger!) und Frankreich (algierische Pilger!) einer Seuchen- einschleppung durch rückkehrende Pilger ausgesetzt. In richtiger Würdigung der von den Pilgerstätten aus permanent drohenden Seuchengefahr, und an- dererseits der großen Schwierigkeiten, womit die sachgemäße Ausführung hygienischer Maßnahmen unter den obwaltenden Verhältnissen zu kämpfen hat, sind von den Sanitätskonferenzen (Paris 1894 für Cholera, Venedig 1897 für Pest) für die Ueberwachung der Pilger besonders strenge Ausnahmebestimmungen erlassen worden und sind insbesondere die für Pilger bestimmten Quarantäne- anstalten an Orte gelegt worden, wo sie ganz isoliert und leicht der Kontrolle zugänglich sind. Die Maßnahmen beginnen bereits bei der Ab- reise der Pilger aus ihrer Heimat; vor der Abreise aus einem verseuchten Lande (bzw. an Bord) werden die Pilger einer strengen mehrtägigen Obser- vation und Desinfektion aller verdächtigen Effekten unterworfen, um die Ein- schiffung von infizierten Personen oder Gegenständen zu verhindern; behufs leichterer Kontrolle stehen in Britisch- und Niederländisch-Indien nur eine sehr beschränkte Anzahl (1—2) von Hafenplätzen den Pilgern zur Abreise offen. Pilger, die sich nicht über den Besitz der zur Pilgerfahrt erforderlichen Geldmittel ausweisen können, werden abgewiesen. Sehr zweckmäßig ist auch die in Aegypten übliche Maßregel, wonach jeder Pilger bei der Abreise einen Paß erhält, auf dem insbesondere seine genaue Adresse vermerkt ist; kein Pilger, der sich nicht bei der Rückkehr durch diesen Paß als in Aegypten ansässig ausweisen kann, darf in Aegypten landen; auf diese Weise wird in wirksamster Weise verhindert, daß sich nicht Pilger, teils wegen Mittellosig- keit, teils aus Unlust an regelmäßiger Arbeit, monatelang als obdachlose Vaga- bunden herumtreiben und zur Verbreitung aller möglicher Arten ansteckender Krankheiten beitragen. — Für Pilgerschiffe sind strenge Vorschriften erlassen, insbesondere was Anwesenheit von Arzt und Dampfdesinfektionsapparat, Maß- regeln gegen Ueberfüllung der Räume, Vorsorge für unverdächtiges Trinkwasser und genügende Ernährung der Pilger, Reinlichkeit und hinreichende Iso- lierungs- und Hospitalräume betrifft; doch stößt die Durchführung dieser Maß- regeln wegen ungenügender Zwangs- und Strafmaßregeln gegen die Kapitäne und Rheder auf große Schwierigkeiten. — Die Pilgerquarantäneanstalten im Roten Meere haben einen doppelten Zweck; zunächst sollen sie bei Hinfahrt eine Kontrolle über die Pilgerschiffe ausüben und das Eindringen der Seuche ins Hedjaz verhindern; für diesen Zweck ist für Schiffe aus Norden El Tor, für die Herkunft von Süden Kamaran bestimmt. Leider ist diese letztere Station, sowie die übrigen unter türkischer Verwaltung (‚Conseil superieur de sant& de Constan- tinople“) stehenden Quarantänestationen im Roten Meer und im Persichen Golf noch keineswegs in der Verfassung, um dieser Aufgabe vollständig gerecht zu werden. Desto wichtiger ist für Europa und Aegypten die Kontrolle der rück- kehrenden Pilger, die in El Tor stattfindet. Im Gegensatz zu dem früheren ungenügenden Zustand dieser Station, der zu einer Reihe von berechtigten herben Kritiken Anlaß gegeben hat (BIiTTEr?!, KARLINSKI?2, KAUFMANN ®, LUTscH ?), ist seit etwa fünfzehn Jahren unter der Leitung von M. A. RUFFER eine gründ- liche Reform durchgeführt worden, so daß EI Tor jetzt geradezu eine Muster- anstalt in großartigstem Stil darstellt, die bis 20000 Pilger gleichzeitig aufzu- nehmen vermag und mit allen erforderlichen Einrichtungen und mit fach- kundigem, trefflich geleitetem Personal ausgestattet ist (vgl. auch das Urteil der Deutschen Pestkommission®). Auch sei noch daran erinnert, daß in den letzten Jahren von RUFFER und seinen Mitarbeitern eine Reihe wert- voller wissenschaftlicher Arbeiten aus dieser Quarantänestation, besonders über die Choleradiagnose, hervorgegangen ist; vgl. Kapitel „Cholera“ in Bd. dieses Handbuchs. Die Station El Tor liegt an der Westküste der Sinaihalbinsel, auf der Landseite rings von Wüste umgeben und überdies durch Drahtgitter vom Hinterland völlig abgesperrt; diese Anordnung, in Verbindung mit den Schwierig- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 391 keiten der Landung, die nur an den dazu konstruierten Landungsbrücken möglich ist, verbürgen die völlige Isolierung des Lagers. Einmal gelandet, finden die Pilger keinen anderen Weg zum Inneren des Lagers offen als die Passage durch die in größten Dimensionen angelegte Desinfektionsanstalt, in der die „unreine“ von der „reinen“ Seite streng geschieden, ist. Die Pilger müssen sich vollständig entkleiden und ein Bad (Dusche) nehmen; bei den Pilgern weiblichen Geschlechts wird diese Prozedur durch europäische Aerztinnen und Wärterinnen kontrolliert. Unterdessen werden Kleider und Effekten der Pilger im Dampfofen bzw. auf chemischem Wege desinfiziert. Die auf der „reinen“ Seite austretenden Pilger werden sodann in „Sektionen“ verteilt, die voneinander durch doppelte Draht- gitter und freie Zwischenräume streng getrennt sind; bricht dann die Seuche auf der einen oder anderen Sektion aus, so bleibt doch stets die Ansteckung lokalisiert, und es ist nicht sogleich das ganze Lager infiziert. Die Zeit, welche die Pilger in diesen Sektionen in strenger Quarantäne unter beständiger ärztlicher Aufsicht zuzubringen haben, richtet sich zunächst danach, ob die Pilgerschaft als ver- seucht (,brut“) oder als unverdächtig (,‚net“) deklariert worden ist, d. h. ob im Hedjaz Fälle von Cholera oder Pest vorgekommen sind oder nicht; diese Er- klärung erfolgt durch den internationalen Gesundheitsrat in Alexandrien, der sich über den Gesundheitszustand im Hedjaz durch einen jedes Jahr eigens dorthin gesandten Delegierten vergewissert. Vgl. die Referate über diese sehr interessanten und für die Verhältnisse im Hedjaz charakteristischen Berichte in der „Hyg. Rundschau“. Auch bei Abwesenheit jeden Verdachts (,pe@lerinage net“) werden doch stets in El Tor die oben genannten Desinfektionsmaßregeln ausgeführt und überdies die Pilger nachträglich‘ 3 Tage in Quarantäne gehalten; im Falle von „pelerinage brut“ erhöht sich Dauer der Quarantäne auf 7 Tage, und kommt in einer Sektion ein Fall vor, so muß die ganze Sektion (nach geeigneten Desinfektionsmaßregeln) die Quarantäne von neuem beginnen, bis 7 Tage nach dem Zeitpunkt der Isolation des letzten Falles verstrichen sind. Es ist kein Zweifel, daß durch die energische Durchführung der Quaran- tänemaßregeln in El Tor ein sehr weitgehender Schutz gegen die Einschleppung der Seuche nach Aegypten und weiterhin auch Europa gegeben ist; es ist in den letzten Jahren mehrfach vorgekommen, daß die Cholera in einer ganzen Anzahl von Fällen — meist überhaupt erst dank der bakteriologischen Unter- suchung — in EI Tor konstatiert wurde und daß es dem zielbewußten Vorgehen der Quarantänebehörden gelang, die Seuche daselbst im Keime zu ersticken. Auch die auf dem Landwege eintreffenden Pilgerkarawanen werden in El Tor angehalten und denselben strengen Quarantänemaßregeln unterworfen wie die auf dem Seeweg eintreffenden Pilger. In den letzten Jahren, seit Fertigstellung der Hedjazbahn, droht die Gefahr, daß die rückkehrenden Pilger — mit Umgehung der mit großer Mühe geschaffenen Quarantäneanstalt El Tor — direkt mit der Eisenbahn in wenigen Tagen von Medina nach Syrien zurückkehren; es ist dadurch zweifellos die Seuchengefahr den Mittelmeerländern erheblich näher gerückt — eine Gefahr, auf die zuerst RUFFER ?° und später ÜLEMOW ?’ aufmerksam gemacht haben. Um dieser Gefahr zu begegnen, hat die türkische Verwaltung bei Tebouk in der Wüste im Südosten der Sinaihalbinsel eine Landquarantänestation geschaffen, deren Ausbau noch fortschreitet. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Station ihrer schwierigen Aufgabe wird gerecht werden können. In ähnlicher Weise, wie hier gegen Pilger, werden Ausnahmebestimmungen andernorts auch gegen Auswanderer bzw. Einwanderer angewandt, da es sich, im einen wie im anderen Falle, erfahrungsgemäß um große, schwierig disziplinierbare Massen handelt, deren individuelle Hygiene meist recht frag- würdiger Beschaffenheit ist. Auch hier beginnen die Maßnahmen schon vor der Abfahrt; in Hamburg und Bremen z. B. werden die Auswanderer in großen Quarantänestationen einige Tage vor der Abfahrt unter Beobachtung gehalten, gebadet und desinfiziert (NocHT?). Für Auswandererschiffe bestehen in Deutschland seit 1898 reichsgesetzliche Bestimmungen ?; der wesentlichste Fortschritt besteht darin, daß ein besonderer beamteter „Untersuchungsarzt“ vorgesehen ist, der vor Antritt der Reise die Zustände an Bord zu prüfen hat und der eine wirksame Kontrolle gegenüber dem Schiffsarzt ausübt (NocHT ??). Vgl. auch die allgemeinen Vorschriften betr. Kauffahrteischiffe 3° und die „An- leitung zur Gesundheitspflege an Bord von Kauffahrteischiffen“ ®!. Endlich Een die Auswanderer auch bei der Ankunft Quarantänemaßregeln unter- worfen. 392 E. GOTSCHLICH IV. Kritische Betrachtungen über Wirksamkeit und Grenzen des internationalen Seuchenschutzes. Fragen wir uns nun, inwieweit das heute geltende Quarantäne- system einen wirksamen Schutz gegen den Import von Seuchen bietet, und wo eventuell die Wirksamkeit dieser Schutzmaßregeln eine Grenze findet, so muß die Antwort ganz verschieden ausfallen, je nachdem es sich um die überaus liberalen Bestimmungen für denall- semeinen Verkehr oder um die strengen Ausnahmebestim- mungen für einzelne besonders gefährliche Kategorien von Reisenden (Pilger, Auswanderer) handelt. Für diese letzteren Fälle verfügen wir glücklicherweise über eine Reihe von überaus wirksamen Be- stimmungen, welche entweder (wie beim Durchgangsverkehr von Aus- wanderern) einer vollständigen Ausschließung jedes Kontakts dieser infektionsverdächtigen Provenienzen mit dem Inland gleichkommen — oder doch (wie z. B. bei der Ueberwachung des Pilgerverkehrs) durch die Möglichkeit der Anwendung sehr langer Quarantänen und die Internierung in besonders eingerichteten Quarantäneanstalten alle Mittel an die Hand geben, um jeden verdächtigen Fall rechtzeitig zu entdecken und die erforderlichen Maßnahmen zur Isolierung und Des- infektion in vollstem Umfange zu treffen. Diese Ausnahmebestim- mungen gewähren daher — sorgfältige Ausführung vorausgesetzt — wirklich eine sehr weitgehende Sicherheit, ja nahezu einen absoluten Schutz, soweit das bei der Unvollkommenheit aller menschlichen Ein- richtungen überhaupt praktisch erreichbar ist. — Ganz anders die Bestimmungen für den allgemeinen Verkehr; für diese muß die oben aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit eines absolut zuverlässigen Schutzes gegen die vom Ausland drohende Seuchengefahr unbedingt in verneinendem Sinne beantwortet werden. Ja man kann sogar noch einen Schritt weitergehen und mit gutem Recht behaupten, dab, abgesehen vielleicht von gewissen Ausnahmefällen, in denen aber äuberst strenge Maßnahmen und ganz außergewöhnlich lange Dauer der Quarantäne praktisch durchführbar sein müßten — nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft auch gar keine Verbesserung und Neugestaltung des Quarantänewesens abzusehen ist, die einen solchen absoluten Seuchenschutz gewährte. Der Grund hierfür liegt in einer doppelten prinzipiellen Schwierigkeit: 1) Die Anwendung aller Schutzmaßregeln ist nach den geltenden internationalen Abmachungen beschränkt auf Herkünfte aus dem sog. „verseuchten Greebiet‘ („circonscription territoriale con- taminee), über dessen Abgrenzung in räumlicher und zeitlicher Be- ziehung vgl. oben S. 384. Nun ist ja ohne weiteres klar und überdies durch die praktische epidemiologische Erfahrung vielfältig erwiesen, daß die Infektion von außerhalb des als „verseucht‘ anerkannten Ge- bietes in viel weiterer Ausdehnung existieren und sich von da aus unbemerkt verbreiten kann, ohne daß es ausführbar wäre, gegen diese Möglichkeiten sich durch Quarantänemaßnahmen zu schützen. Was zunächst die räumliche Abgrenzung eines „verseuchten Ge- bietes‘ angeht, so wird dieselbe immer mehr oder minder willkürlich bleiben, und es wird sich bei den heutigen Verkehrsmitteln in keiner Weise verhindern lassen, daß z. B. Personen aus den infizierten Ortschaften sich schon einige Stunden nach ihrer Abreise vom eigent- lichen Herd der Seuche in einem Hafen einschiffen und noch inner- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 393 halb der Inkubationszeit in benachbarten bisher seuchenfreien Ländern anlangen, — ganz abgesehen von der weiter unten zu besprechenden Infektionsgefahr seitens latenter Fälle. Nur in dieser Weise ist das (beispielsweise in den letzten Choleraepidemien in den Mittelmeer- ländern) beobachtete sprunghafte Auftreten der Seuche in bisher ver- schonten Gebieten — unter Umständen in großer Entfernung von den verseuchten Gebieten und scheinbar ohne allen Zusammenhang mit diesen letzteren — zu erklären. Auch in zeitlicher Beziehung ist eine scharfe Abgrenzung der Dauer der Infektionsgefahr seitens eines verseuchten Grebietes unmöglich; die für diesen Zweck vorgesehene Frist von 5 Tagen — entsprechend der Dauer der Inkubationszeit — ist ungenügend; erfahrungsgemäß kommen gerade bei Pest — bei der ja überhaupt (solange es sich um Bubonenpest handelt) die In- fektion von Mensch zu Mensch und damit auch die Dauer der In- kubationszeit für die zeitliche Entwickelung der Epidemie gar keine Bedeutung hat — häufig genug auch nach längerer Zeit wieder neue Fälle vor. Die buchstäbliche Befolgung der gegenwärtigen Konferenz- bestimmungen führt daher zu der Inkonsequenz, daß der gleiche Hafen im Verlauf weniger Tage bald als ‚rein‘, bald als „verseucht‘“ erklärt wird und demgemäß die Maßregeln bei der Abfahrt bald unter- drückt werden, bald wieder zur Ausführung gelangen, — während doch selbstverständlich die Seuche die ganze Zeit über, wenn auch zeitweise im Verborgenen, vorhanden war. Endlich ist auch in quan- titativer Hinsicht eine Beschränkung vorhanden, indem erst nach Konstatierung mehrerer nichtimportierter Pestfälle oder nach Bil- dung eines Choleraherdes das betr. Gebiet als „verseucht” ange- sprochen werden darf. Nun kann aber auch schon ein vereinzelter Fall zur Verschleppung der Infektion nach außen führen, — ganz abgesehen davon, daß oft genug die Seuche vielleicht schon weiter verbreitet ist, ohne daß die Erkrankungsfälle zur Kenntnis der Sani- tätsbehöde gelangt sind; gar bei der Pest stellt ja der menschliche Erkrankungsfall überhaupt nur einen Indikator für die — unter Um- ständen vielleicht schon recht ausgebreitete — Existenz von Ratten- pest dar. Die einzige Möglichkeit, um die durch die Verhältnisse not- gedrungen gegebene Einschränkung der Maßnahmen auf bestimmte mehr oder minder eng begrenzte Gebietsteile zu kompensieren, besteht in der möglichst ausgedehnten Anwendung derärztlichen Visiteim Ankunftshafen. Mit Recht verlangt NocHt?, daß in Seuchenzeiten alle einlaufenden Schiffe einer genauen ärztlichen Visite unterworfen werden sollen; noch besser ist es freilich, wenn das, wie in Hamburg, als allgemeine Regel durchgeführt ist, und wenn vor allem es mit dieser einmaligen Untersuchung nicht gleich endgültig abgetan ist, sondern die im Hafen liegenden Schiffe dauernd unter der Aufsicht des Hafenarztes verbleiben (GarrkyY®, NocHht“!, vgl. auch die „Vorschriften für die Gesundheitspolizei in den Häfen Deutschlands‘ #2). Eine sehr wesentliche Erleichterung und zugleich eine wirksame Bürgschaft für die Zuverlässigkeit der ärzt- lichen Visite im Ankunftshafen würde eine sichere Kontrolle des Gesundheitszustandes während der ganzen Reise bieten. Hier kommen wir auf den Schiffsarzt zu sprechen, ein etwas heikles Thema, das insbesondere von A. GÄrTNEr*3 und NocHr>“ in 394 E. GOTSCHLICH, meisterhafter Weise kritisch beleuchtet worden ist. Indem wir be- züglich Einzelheiten auf die Darstellung dieser erfahrenen Autoren verweisen, sei hier nur hervorgehoben, daß wesentlich zwei Ver- besserungen anzustreben sind: einmal muß die wissenschaftliche Vor- bildung der Schiffsärzte verbessert werden, wozu z. B. in Deutsch- land das in den letzten Jahren gegründete Institut für Schiffs- und Tropenhygiene sehr wesentlich beitragen dürfte; zweitens muß die autoritative Stellung des Schiffsarztes dem Rheder und Kapitän gegen- über gekräftigt werden; manche Autoren (KoBLER) gehen sogar So weit, eine Verstaatlichung des Instituts der Schiffsärzte anzustreben ; aber der gleiche Zweck läßt sich auch durch weniger eingreifende Maßregeln erreichen, so z. B. durch die in Deutschland geltenden Be- stimmungen, wonach der Schiffsarzt in ein gewisses Abhängigkeits- verhältnis von der Medizinalbehörde des betreffenden Hafens gerät, der er sich bei Abfahrt und Ankunft des Schiffes vorzustellen und Bericht zu erstatten hat; vgl. insbesondere oben die Bestimmungen über Auswandererschiffe. Sehr beachtenswert ist der Vorschlag GÄRT- neRS, daß die Vermittlung der Schiffsarztstellen nicht, wie bisher, auf privatem Wege, sondern durch eine fachkundige ärztliche Kom- mission erfolgen soll. — Nochr5@ hält sogar die Möglichkeit für gegeben, bei Anwesenheit eines hygienisch und bakteriologisch spezia- listisch vorgebildeten und für diesen Zweck besonders staatlich an- erkannten Schiffsarztes von der ärztlichen Visite im Ankunftshafen abzusehen und an ihrer Statt die eidlichen Erklärungen dieses be- amteten Arztes anzunehmen. Auch die Bestimmungen der beiden letzten Pariser Konferenzen stellen sich auf diesen Standpunkt und geben den Vertragstaaten anheim, in dieser Beziehung besondere Ver- einbarungen zu treffen. Immerhin stehen dem einige Bedenken ent- Segen; insbesondere bei kürzerer Ueberfahrt und bei großer Anzahl von Passagieren ist es selbst bei der größten Sorgfalt und gründ- lichsten Vorbildung dem Schiffsarzt einfach nicht möglich, sich ein sicheres Urteil über den Gesundheitszustand sämtlicher an Bord be- findlichen Personen zu bilden, — um so mehr als ungebildete Leute (besonders im Orient) die Hilfe des Arztes überhaupt nur sehr ungern in Anspruch nehmen. Auch ist es gar nicht ausgeschlossen, daß ver- dächtige Erkrankungen erst unmittelbar vor der Ankunft vorkommen. Aus allen diesen Gründen ist die ärztliche Visite bei der Ankunft nicht zu entbehren. 2) Das Quarantänewesen richtet sich einerseits gegen den er- krankten sowie gegen den eventuell im Inkubationsstadium der Krank- heit befindlichen Menschen, andererseits gegen die indirekte Infek- tion durch Waren und persönliche Effekten. Nun aber hat die fort- schreitende Erkenntnis der letzten Jahre gezeigt, daß daneben noch ein anderer Faktor in Betracht kommt, dessen Wirksamkeit sich den Quarantänemaßregeln nicht nur in ihrer jetzigen, sondern überhaupt in jeder zurzeit absehbaren Fassung entzieht, die latenten Fälle. Bacillenträger kommen praktisch nur für Cholera in Betracht, da nur bei dieser Seuche häufig eine längere Zeit (durch Tage oder Wochen) andauernde latente Ausscheidung des Erregers stattfindet ; bei Lungenpest sind solche Fälle nur sehr selten, und bei Bubonen- pest sind leichteste Fälle überhaupt nicht infektiös. Bei Gelbfieber gibt es keine latente Infektion, da das Virus nur während der ersten Tage des Fiebers im menschlichen Organismus vorhanden ist. Alloemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 395 Nun hat man ja versucht, auch für die Cholera die praktische Bedeutung der Bacillenträger in Frage zu stellen — teils auf Grund des epidemiologischen Verhaltens, welches zweifellos den erkrank- ten Menschen als hauptsächlichste Infektionsquelle erkennen läßt, — teils mit Heranziehung bakteriologischer Argumente, die sich ins- besondere auf die äußerst geringe Quantität des von den Bacillen- trägern ausgeschiedenen Virus beziehen. Vom epidemiologischen Stand- punkt ist hiergegen zu bemerken, dab allerdings der absolute Be- weis für die Entstehung einer Choleraausbruchs durch Bacillenträger aus äußeren Gründen nur einem günstigen Zufall zu verdanken sein wird; meist wird man zu diesem Nachweis zu spät kommen oder oft genug bleibt die erste Einschleppung überhaupt verborgen. Immerhin bleibt für viele Fälle, insbesondere bei sprunghafter Verbreitung der Seuche über weite Entfernung, die Erklärung einer Ansteckung durch latente Fälle die wahrscheinlichste, unter Umständen sogar die einzige wirklich in Betracht kommende Erklärungsmöglichkeit. Dazu kommt vom bakteriologischen Standpunkt aus, daß unter der Bezeichnung „latente Fälle“ oder „Bacillenträger‘“ ganz verschiedene Fälle zu- sammengefaßt werden, die für die Möglichkeit der Verbreitung der Ansteckung ebenso verschieden zu bewerten sind: während der eigent- liche Bacillenträger (oder „Zwischenträger“), bei dem jeder Krank- heitsprozeß fehlt und der Choleravibrio ein kümmerliches saprophyti- sches Dasein führt, wahrscheinlich sogar oft avirulent ist, für die Verschleppung der Infektion weniger in Betracht kommen mag, so liegt eine viel größere Gefahr seitens derjenigen „latenten Fälle“ vor, die nur äußerlich latent sind, in Wirklichkeit aber leichteste Er- krankungsfälle (Choleradiarrhöe) oder in Rekonvaleszenz befindliche Fälle darstellen, bei welchen oft große Mengen virulenter Cholera- vibrionen ausgeschieden werden. Das wirksamste Mittel zum Schutz vor diesen „Bacillen- trägern“ wäre ihre rechtzeitige Erkennung mittelst bak- teriologischer Diagnose; jedoch würde die allgemeine Durch- führung dieser Maßregel im Weltverkehr praktisch geradezu eine Unmöglichkeit bedeuten; ihre Anwendung beschränkt sich daher auf bestimmte besonders verdächtige Kategorien von Personen und ver- langt überdies ein zahlreiches bakteriologisch gut geschultes Personal. Solche Bedingungen sind z. B. in Pilger- und Emigrantenlazaretten gegeben ; vgl. z. B. die Berichte von F. GoTsScHLIcH 32, ZACHARIADIS 33 und WıLLmorE’* sowie den Bericht von SaccoxeE°®® über die Maß- nahmen in Neapel bei der Abreise von Auswanderern. Im allgemeinen Verkehr wird sich die Durchführung der bakteriologischen Unter- suchung zwecks Entdeckung von Bacillenträgern nur in beschränktem Umfange ermöglichen lassen, wie das z. B. in Holland gegenüber den aus Rußland (während der dortigen Choleraepidemie) eingetroffenen Schiffsbesatzungen geschehen ist (SWELLENGREBEL°®®); im größten Maßstab ist 1911 diese Maßregel gegenüber allen Passagieren dritter Klasse aus infizierten Häfen in den Vereinigten Staaten (vgl. Ministerial-Verordnung?’), sowie in Aegypten (vgl. Beschluß des Quarantänerats von Alexandrien®®) zur Anwendung gelangt; allein in Alexandrien sind in 51/, Monaten fast 35000 Personen bakterio- logisch untersucht worden (vgl. Bericht von CRENDIROPOULoS°®?). Die Beschlüsse der letzten internationalen Sanitätskonferenz (Paris 191210) sehen die Anwendung der bakteriologischen Untersuchung, zwecks 396 E. GOTSCHLICH, ‘ Entdeckung latenter Fälle, auf verseuchten und verdächtigen, sowie auf reinen Schiffen in überfülltem und unsauberem Zustande vor. — Uebrigens ist zu bedenken, daß auch die bakteriologische Unter- suchung — wenigstens wenn sie sich auf einmalige Probenahme be- schränken muß — keine vollständige Sicherheit bietet, da die Aus- scheidung des Virus bei manchem Bacillenträger intermittierend erfolgt. Aus dem Vorangegangenen ergibt sich, daß ein für den all- gemeinen Verkehr berechnetes Quarantänesystem niemals eine auch nur annähernd vollständige Garantie gegen die Einschleppung von Seuchen bieten kann; die Unmöglichkeit eines allgemein anwend- baren Schutzes gegenüber latenter Infektion und die notgedrungene Beschränkung der Maßnahmen auf- das sog. „verseuchte Gebiet“ be- dingen es, daß der internationale Seuchenschutz immer nur eine relative Sicherheit bieten kann. Es ist daher, auch bei der Abwehr exotischer Seuchen, das Schwergewicht auf die Maß- nahmen im Inland zu legen und insbesondere der Quarantäneschutz durch Ueberwachung der Passagiere am Bestimmungsort (Revisions- system) zu ergänzen (vgl. im folgenden Abschnitt). Literatur. 1. Deutsches Reichsseuchengesetz 1900. Veröffentl. d. Kaiserl. Ges.- Amts, 1900, Nr. 28 und 42. Ref. Hyg. Rundschau, 1900, S. 1010; vgl. auch KÜBLER, ref. ebenda, 1901, S. 659, ferner BURCKHARDT in GUTTENTAGS Sammlung Deutscher Reichsgesetze, Nr. 56, Berlin 1900; desgl. bei M. KIRCHNER, Die gesetzlichen Grundlagen der Seuchenbekämpfung im Deutsch. Reich. Jena 1907. . Preußisches Seuchengesetz 1905, vgl. bei KIRCHNER!, sowie bei Dems., Deutsche med. Wochenschr., 1906, S. 331. . Ref. Bull. de /’Off. internat. d’hyg. publ., I, 1909, Nr. 4 . Ref. ebenda, 1909, Nr. 6. . NoCHT, a) Quarantänen in TH. Weyts Handb. d. Hyg., Bd. 9, Jena 1900. b) EuLEnBURGs Realenzyklopädie der ges. aa a Aufl., €) Arche Tan u. Tropenhyg., 1897, Nr. 21. d) Vorlesungen f . Schiffsärzte. Leipzig 06 . OBERNDORFER, Münch. med. Wochenschr., 1902, Nr. 9. . FRÄNKEL, C., Hyg. Rundschau, 1894, Nr. 18. . PRoUST, La politique sanit. Paris 1896. . KOBLer, Wien. klin. Rundschau, 1898, Nr. 15/26. a. Conference sanitaire intern. de Paris 1903. Paris, Imp. Nat., 1904. Abdruck des Textes der Konvention im Bulletin de l’Office intern. 'W’hye. publ., I, Nn2e119 098 10:7Ibidz, IV, Nr! 2,1912. 11. Bulletin de office intern. d’hyg. publ. Paris 1909 ff. 12. Office intern. d’hyg. publ. — Session extraordinaire de mars 1911 du Comite permanent. Paris, Imp. Nat., 1911. 13. RuUPPEL in Tu. Weyıs Handb. d. Hye., Bd. 5. Jena 1896. 14. Bull. de !’Office intern. d’hyg. publ., L Nr. 10, 1909. 15. Arb. a. d. Kais. Ges.-Amte, Bd. 3, "Anhang, 1387. 16. BERARD, Le Conseil sanitaire maritime et quarant. d’Egypte. Alexandrien, Penasson, 1897. 17. GOEBEL, C., Deutsche med. Wochenschr., 1900, Nr. 32. 18. TcHISTOVITCH, Ann. inst. Pasteur, 1900. 19. ARUSTANOW, Deutsche med. Wochenschr., 1900, Nr. 47/48. 20. WEyL, Tm., Nachtrag z. Abschn. „Quarantänen“ in Tu. Weyıs Handb. d. Hysg., Bd. 9. Jena, G. Fischer, 1900. 21. BITTER, Ref. Hyg. Rundschau, 1894. ID Oma Wo SOXDO-Im I zz er Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 397 22. KARLINSKI, Wien. med. Wochenschr., 1891, Nr. 50; Ref. Hyg. Rundschau, 1394. 23. KAUFMANN, Die Quarantänestation El Tor. Berlin 1892. 24. LuTscH, Schiffsquarantänen. Hamburg 1892. 25. Arb. a. d. Kais. Ges.-Amte, Bd. 16. 26. RuFFER, M. A., Internat. med. Kongreß. Budapest 1907. 27. CLEMOW, Rev. d’hyg., T. 32, Nr. 3/4, 1910. 28. Veröff. Kais. Ges.-Amts, 1898, Nr. 15/16. 29. NocHT, Ref. Hyg. Rundschau, 1899. 30. Veröffentl. Kais. Ges.-Amts, 1899, Nr. 16. 31. Anleitung zur Gesundheitspflege am Bord von Kauffahrteischiffen. Bearb. im Kais. Ges.-Amt. Berlin, Springer, 1899. 32. GOTSCHLICH, F., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 53, Nr. 2. 33. ZACHARIADIS, Rapport general sur le campement quarant. de Tor, 1911/12. (Conseil sanit. marit. et quarant. d’Egypte.) 34. WILLMORE, Rapport sur l’existence du cholera parmis les troupes ottomanes transportees ä Tor. (Conseil sanit. marit. et quarant. d’Egypte.) Alexan- drie 1912. 35. SACCONE, ref. Bull. de l’Off. intern. d’hyg. publ., III, p. 1035, 1911. 36. SWELLENGREBEL, Ref. ebenda, 15. April 1911. 37. Ref. ebenda, Bd. 3, 1349, 1911. 38. Ref. ebenda, p. 1707. 39. CRENDIROPOULO, Rapport sur l’examen des selles des voyageurs provenant des pays infectes. Alexandrie 1912. (Conseil sanit. marit. et quarant. d’Egypte.) 40. GAFFKY, Deutsche Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspflege, Bd. 33, H.1; Schlußsätze, Nr. 5, 1901. 41. NocHT, Der Dienst des Hafenarztes in Hamburg. I. Bericht 1895, II. Bericht 1903; Ref. Hyg. Rundschau, 1895, S. 1144; 1904, S. 248. 42. Gesetzes-Sammlung, Nr. 40, 7. Sept. 1907. 43. GÄRTNER, A., Verhütung der Uebertragung und Verbreitung ansteckender Krankheiten in PENTZOLD & SrtinzinGs Handb. d. Therap. innerer Krankh., d. 1. C. Seuchenprophylaxe und -bekämpfung im Inland. I. Kontrolle von infiektionsverdächtigen Provyenienzen (Revisionssystem). Die aus Seuchenherden zureisenden Personen werden, ohne irgend- welche Beschränkung ihres Aufenthaltsortes, auf ihrer Weiterreise resp. am Ankunftsorte während einer der Inkubationsperiode ent- sprechenden Zeit von 5 Tagen durch die lokalen Sanitätsbehörden überwacht. Die zur See angelangten Personen werden zunächst bei der Ankunft einer ärztlichen Visite unterzogen und eventuell ihre schmutzige Wäsche desinfiziert. Der Eisenbahnverkehr ist mög- lichst unbehelligt zu belassen ; irgendwelche eingreifenden Maßregeln verbieten sich schon durch die Massenhaftigkeit dieses Verkehrs. Bei starken lokalisierten Epidemien mag man eine Untersuchung der ab- reisenden Personen (wenigstens der niederen Bevölkerungsklassen, unter denen ja erfahrungsgemäß die Seuchen stets viel häufiger auf- treten) versuchen, um solche Personen, die der Erkrankung verdächtig sind, von der Mitreise auszuschließen (vgl. über günstige Erfolge dieser Maßnahmen in Bombay den Bericht der Deutschen Pest- kommission). Im übrigen findet auch in Seuchezeiten eine all- gemeine und regelmäßige Untersuchung der Reisenden nicht statt; dagegen wird das Bahnpersonal angewiesen, jeden während der Reise vorkommenden verdächtigen Erkrankungsfall sofort zu melden und zu isolieren; außerdem werden eine Anzahl von Stationen mit Aerzten 398 E. GoTScHLIcH, und Isolierungsvorrichtungen versehen, so daß sie zur Aufnahme ver- dächtiger Kranker stets bereit sind. Auf diesen „Krankenüber- gabestationen“ sowie an Grenz- und Zollrevisionsstationen kann auch eine ärztliche Revision sämtlicher Abteile stattfinden. Wagen, in denen ein verdächtig Erkrankter befunden worden ist, werden sofort vom Verkehr ausgeschaltet und desinfiziert. Betreffs aller Einzelheiten vgl. die in Deutschland geltenden „Grundsätze für Maßnahmen im Eisenbahnverkehr zu Cholera- bzw. zu Pestzeiten“?. Vgl. die entsprechenden Bestimmungen in der Schweiz?°. Der häufig unternommene Versuch, in Seuchezeiten die aus infizierten Orten anlangenden Reisenden auf der Ankunftsstation anzuhalten und event. ihre schmutzige Wäsche usw. zu desinfizieren, hat sich als ganz unpraktisch heraus- gestellt; zu den in der Natur der Sache an sich liegenden Schwierigkeiten tritt auch noch häufig der Umstand hinzu, daß die Reisenden zu allerlei Mitteln ihre Zuflucht nehmen, um ihre wahre Provenienz zu verbergen und sich den lästigen Maßnahmen zu entziehen (z. B. Lösung der Fahrkarten auf eine nicht verseuchte Zwischenstation und Umtausch daselbst usw.). Das einzig richtige ist die Beobachtung am Ankunftsorte, und in den Wohnungen selbst. In Deutschland besteht seit 1893 die reichs- gesetzliche Bestimmung, daß Reisende, die aus verseuchten Orten anlangen, sich am Ankunftsort innerhalb 24 Stunden polizeilich zu melden haben. Aehnliche Bestimmungen bestehen in Frank- reich3a seit 1909; desgleichen in A’egypten, wo die Reisenden ge- halten sind, bei der Ankunft ihre Adresse für die nächsten 5 Tage anzugeben. Aber selbst in Ländern, in denen kein polizeiliches Melde- system besteht, wie z. B. sonst überall im Orient, ist die Revision der Reisenden am Ankunftsort sehr wohl durchführbar ; unter solchen schwierigen Verhältnissen empfiehlt es sich am meisten, durch be- sondere findige Agenten die Hotels und Herbergen, in denen die Reisenden abzusteigen pflegen, regelmäßig inspizieren zu lassen. Auch in Deutschland ist in Seuchezeiten eine solche ständige Bewachung gewisser Bevölkerungsklassen und ihrer Aufenthaltsorte (Herbergen, Pennen, Asyle, Zigeunerlager usw.) dringend zu empfehlen, um einen etwaigen Ausbruch der Seuche sogleich zu erkennen. II. Die rechtzeitige Erkennung besonders der ersten Fälle einer eingeschleppten Seuche bildet die Grundlage für die ganze rationelle Seuchenprophylaxe. Zur» sicheren Erreichung dieses Zwecks sind folgende Maßnahmen unbedingt er- forderlich: a) Obligatorische Leichenschau, am besten ausschließ- lich durch Aerzte, wie dies in der Tat bereits in einigen europäischen Staaten sowie in den meisten deutschen Großstädten eingeführt ist (vgl. Wernıcn* und Tau. Weyr 5). Vgl. über den Stand der obliga- torischen Leichenschau in Deutschland bei ScHwaLsEd. Wo eine allgemeine obligatorisch ärztliche Leichenschau (wegen Mangels an Aerzten, zu dünn gesäter Bevölkerung oder dergleichen) nicht aus- führbar ist, müssen wenigstens die Personen, denen die Leichenschau amtlich antvertraut ist (Barbiere, Heilgehilfen, ‚„Coroners“) mit den für Infektionskrankheiten charakteristischen oder verdächtigen Sym- ptomen hinreichend bekannt gemacht sein und unter ständiger Auf- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 399 sicht des beamteten Arztes stehen; der letztere ist in Seuchezeiten zu jedem irgendwie verdächtigen Fall zuzuziehen. Die beamteten Aerzte ihrerseits müssen durch beständige gewissenhafte Kontrolle der Mortalität dafür sorgen, daß ein etwa entstehender Seuchenaus- ausbruch noch rechtzeitig erkannt und im Keime erstickt werden kann; jede abnorme Erhöhung der Mortalität (besonders der Er- wachsenen von mittlerem Lebensalter) muß sogleich an Ort und Stelle näher untersucht werden. Eine zuverlässige Leichenschau ist die sicherste Garantie (GOTSCHLICH ®) gegen die Ausbreitung einer Seuche selbst in halbzivilisierten Ländern; denn Erkrankungsfälle (die in Heilung ausgehen) können oft verborgen bleiben, sei es daß eine indolente Bevölkerung ärztliche Hilfe überhaupt nicht oder doch nur selten in Anspruch nimmt, sei es, daß man sich auf die genaue Einhaltung der Anzeigepflicht seitens der Aerzte und Haushaltungsvorstände nicht verlassen kann; dagegen können Todesfälle, besonders bei gehäuftem Auftreten, nicht verborgen bleiben und führen demnach, unter Voraussetzung eines geordneten Leichenwesens, sicher und schnell zur Entdeckung des Seuchenausbruchs. Schwierigkeiten können in manchen Ländern dadurch entstehen, daß eine Besichtigung weiblicher Leichen durch Aerzte oder sonstige männliche Beamte nach den herrschenden Anschauungen (z.B. der mohammedanischen Bevölkerung) nicht zulässig erscheint; dann sind die weiblichen Leichen durch diplomierte Aerztinnen oder doch mindestens durch zuverlässige (unter ärztlicher Kontrolle stehende) Hebammen oder Nurses zu untersuchen. b) Anzeigepflicht für ansteckende Krankheiten. Zu einer rationellen Bekämpfung der Infektionskrankheiten ist es un- erläßlich, daß jeder Erkrankungsfall und auch jeder verdächtige Fall sofort der lokalen Sanitätsbehörde gemeldet wird. Die Meldung er- folgt am einfachsten und sichersten schriftlich, mittelst gedruckter, durch die Post frei zu befördernder Formulare. Die Anzeigepflicht darf sich nicht nur, wie das z. B. in dem alten preußischen Regulativ von 1835 für Ruhr, Scharlach und Masern vorgesehen war, auf ge- häuft auftretende oder bösartige Erkrankungen beschränken, sondern jeder einzelne Erkrankungsfall und jeder verdächtige Fall ist anzeigepflichtig. Ferner muß die Anzeige möglichst bald, nach dem preußischen Seuchengesetz von 1905 (M. KiIrcH- NER®) innerhalb 24 Stunden erfolgen, eine verspätete — oder gar erst beim Ausgang des Falles in Tod oder Genesung erfolgende — Anzeige hat nur geringen Wert, da sie zwar die Schlußdesinfektion der infizierten Wohnung, nicht aber alle anderen — teilweise un- gleich wichtigeren — Maßnahmen erlaubt (Isolierung, epidemiologische Nachforschungen usw.). — Die Anzeigepflicht muß sich auf alle direkt kontagiösen Krankheiten erstrecken; das preußische Seuchen- gesetz bezieht sich — außer auf die bereits im Reichsseuchengesetz genannten 6 exotischen Seuchen (Aussatz, Cholera, Pest, Gelbfieber, Pocken, Flecktyphus) — auf folgende Infektionskrankheiten: Di- phtherie, epidemische Cerebrospinalmeningitis, Puerperalfieber, Re- currens, Ruhr, Scharlach, Abdominaltyphus, Milzbrand, Rotz, Tollwut (sowie schon auf Bißverletzungen seitens wutverdächtiger Tiere), end- lich auf Todesfälle von Lungen- und Kehlkopftuberkulose. Masern, Keuchhusten und Erysipelas sind im preußischen Seuchengesetz nicht inbegriffen, doch wäre für diese Erkrankungen eine obligatorische Anzeige entschieden wünschenswert; dagegen ist der Verzicht auf die Anzeigepflicht bei Influenza und Röteln begreiflich. — Andererseits sind im preußischen Seuchengesetz noch einige nicht kontagiöse Infek- tionskrankheiten (Fleischvergiftung, Trichinose) anzeigepflichtig. In 400 E. GoTSCHLICH, erster Linie ist die Meldung vom behandelnden Arzt zu verlangen; ausgenommen von dieser ärztlichen Meldepflicht sind nur die veneri- schen Erkrankungen in der Privatpraxis, wo, der Natur der Erkrankung und den sonstigen Bedingungen gemäß, die Gefahr einer Weiterver- breitung der Infektion nicht existiert oder doch praktisch ganz zurück- tritt; sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so wäre auch für die venerischen Erkrankungen unbedingt Anzeige zu fordern, z. B. bei Erkrankung einer Puella publica. Nächst dem behandelnden Arzt sind nach dem preußischen Seuchengesetz zur Anzeige verpflichtet: der Haushaltungsvorstand, die mit der Pflege des Erkrankten be- schäftigten Personen, der Inhaber der Wohnung und endlich der Leichenschauer. Im ägyptischen Seuchengesetz? ist die An- zeigepflicht für Cholera und Pest sogar für jede Person vorgesehen, zu deren Kenntnis ein Fall der Seuche gelangt. Erfreulicherweise beginnt die Erkenntnis der Notwendigkeit der obligatorischen ärzt- lichen Anzeige sich allmählich mehr und mehr Bahn zu brechen, auch für Krankheitsfälle, die man früher unbedingt als unter das Berufs- seheimnis fallend angesehen hatte, wie z.B. insbesondere Tuberkulose. Das norwegische Gesetz°? von 1900 schreibt die Meldepflicht für alle tuberkulösen Erkrankungen vor, die mit infektiösen Ausschei- dungen einhergehen; vgl. auch die Bestimmungen in Sachsen®#, Trier®, New York: — sowie die speziellen Bestimmungen in schweizerischen Kurorten°’. Belehrung des Publikums, in zweckmäßiger leicht faßlicher Form, kann unter Umständen viel zu einer gewissenhafteren Meldung der Krankheitsfälle (sowie im all- gemeinen zu einer vernünftigen ruhigen Auffassung der Dinge) bei- tragen. In England wird die Meldung bezahlt, ein System, dessen Annahme GÄRrTNER® mit Recht auch für Deutschland verlangt. In Epidemiezeiten, besonders gegen Anfang und Ende der Epidemie, empfiehlt es sich, die Prämie zu erhöhen. Andererseits sollte Unter- lassung der Anzeige empfindlich geahndet werden, unter Umständen selbst mit Freiheitsstrafen. Eine der größten Schwierigkeiten, die sich der sorgfältigen Erfüllung der Meldepflicht entgegenstellen, bildet das Kurpfuschertum. Das ungebildete _ Publikum perhorresziert im allgemeinen die Anzeige der Erkrankungsfälle und wird dieselbe häufig dadurch zu umgeben suchen, daß es ärztlichen Beistand entweder gar nicht oder bei dem (seinen Wünschen willfähigen) Kurpfuscher sucht; dies schädigt dann in gleichem Maße sowohl die Interessen der Öffent- lichen Gesundheitspflege, als auch die Berufstätigkeit und die materielle Stel- lung der (ihrer Meldepflicht treu nachkommenden) Aerzte. Das einzig durch- greifende Mittel ist das Verbot des Kurpfuschertums; zur Ausübung des ärztlichen Berufes sollten nur staatlich approbierte Aerzte zugelassen werden. Wo (wie in Deutschland nach der Gewerbeordnung) die Ausübung ärztlicher Funktionen freigegeben ist, da sollte wenigstens der Kurpfuscher in genau der gleichen Weise zur Meldung infektiöser Krankheiten angehalten sein wie der Arzt und im Unterlassungsfall ganz besonders harte Bestrafung gewärtigen. Das letztere gilt noch mehr von pflichtvergessenen Aerzten, die (wie es leider zuweilen vorkommt!) sich dazu hergeben, Fälle von ansteckenden Krankheiten (wohl gar gegen Entgelt!) zu verheimlichen. c) In Seuchezeiten sind außerdem systematische Recher- chen in der Umgebung der bereits aufgefundenen Fälle unentbehrlich, teils um der Infektionsquelle und den Infektionswegen auf die Spur zu kommen, denen diese bereits konstatierten Fälle ihre Entstehung verdanken, teils um noch weitere, vielleicht verborgen gebliebene Fälle zu entdecken. Diese systematischen Nachforschungen Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 401 und Hausdurchsuchungen sind um so unentbehrlicher und erfahrungs- gemäß von um so größerem praktischen Erfolge gekrönt, je weniger man sich auf die offizielle Meldung der Fälle verlassen kann; ganz besonders gilt dies für halb- oder unzivilisierte Länder, in denen die Bevölkerung aus Indolenz oder aus Furcht überhaupt keine ärztliche Hilfe nachsucht. Vgl. z. B. über die guten Erfolge, die man in Indien mit diesen „search parties“ erzielt hat, den Bericht der Deut- scher Pestkommission. Für die Ausführung solcher Nachforschungen lassen sich kaum allgemein- gültige Vorschriften geben; genaue Kenntnis. der lokalen Verhältnisse, sowie Findigkeit und Takt einerseits, energische Ausführung andererseits sind die notwendigen Erfordernisse zum Gelingen. Der Arzt (wenigstens der beamtete Arzt für sich allein) ist keineswegs immer die geeignetste Persönlichkeit für diese Nachforschungen; schon für deutsche Verhältnisse fordert FLÜGGE°a mit Recht, daß Gendarmen zur Mitwirkung zugezogen werden sollen; im Aus- land vollends liegt die Sachlage oft viel schwieriger und ist die Mitwirkung findiger Agenten (die mit den Lebensgewohnheiten und persönlichen Verhält- nissen der zu überwachenden Bevölkerungsgruppe genau vertraut sein müssen) nicht zu entbehren. Sehr zweckmäßig ist es unter Umständen auch, sich der besonderen tätigen Mitwirkung der am Orte der Epidemie ansässigen Aerzte (die natürlich mit der Bevölkerung am meisten vertraut sind) zu sichern und einige derselben provisorisch in Dienst zu nehmen. Bei der in den letzten Jahren im Südwesten des Deutschen Reiches mit so großem Erfolg durchgeführten Schutzimpfung des Typhus und der Ruhr hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Diagnose und die epidemiologischen Recherchen derselben amtlichen Stelle (Typhusschutzimpfungsstation) zu über- weisen. d) Bakteriologische Untersuchungsanstalten sind um so unentbehrlicher, als die fortschreitende Erkenntnis der, Infektions- krankheiten klar gezeigt hat, wie leicht die rein klinische Diagnose, selbst in den Händen des geübtesten Praktikers, zu Irrtümern führen kann, wenn sie nicht durch die bakteriologische Untersuchung des Falles ergänzt und kontrolliert wird. Indem wir betreffs aller Ein- zelheiten auf die betreffenden Kapitel im speziellen Teil verweisen, sei hier nur hervorgehoben, daß einerseits das typische klinische Bild einer Infektionskrankheit (Cholera) unter Umständen durch ganz andere, nichtspezifische Ursachen vorgetäuscht werden kann (Arsen- vergiftung, Paratyphusinfektion), und daß andererseits die Seuche in Form leichtester Fälle auftreten kann, die klinisch gar nicht der be- treffenden Krankheit anzugehören scheinen, aber gerade darum für die Verbreitung der Infektion ganz besonders gefahrbringend sind (Cholera, Pestpneumonie); dazu kommen endlich die latenten Fälle ohne jede klinische Aeußerung (,Choleraträger“) und die zuweilen außerordentlich lange Zeit sich erhaltende Infektiosität rekonvale- szenter oder klinisch geheilter Fälle (insbesondere beim Abdominal- typhus). Endlich sei noch der überaus großen Verantwortlichkeit ge- dacht, die mit der raschen und richtigen Stellung der Diagnose beim ersten Ausbruch einer Seuche an einem Orte verknüpft ist; alles das macht es zur gebieterischen Pflicht, die Diagnose durch die bakterio- logische (unter allen Umständen zuverlässige) Untersuchung zu er- härten. Bakteriologische Untersuchungsanstalten müssen schon in seuchefreier Zeit in genügender Anzahl und mit genügender Ausrüstung vorhanden sein; auch bietet sich denselben dauernd durch die Untersuchung der endemischen In- fektionskrankheiten (insbesondere Tuberkulose und Diphtherie), sowie durch Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 26 402 E. GoTScHLICH, Ueberwachung der Wasserversorgung und sonstiger hygienischer Einrichtungen ein reiches Feld praktischer Tätigkeit. Da, wo hygienische Universitätsinstitute existieren, ergibt sich am einfachsten der Anschluß der Untersuchungsanstalt an dieselben (vgl. M. NEISSER & Heymann! und Ü. FrRÄNKEL"); sonst sind für jede Provinz (Mewıus!?2 fordert sogar für jeden Regierungsbezirk), jeden- falls für besonders exponierte Bezirke (Industriebezirke, Hafenstädte, große Garnisonen usw.) eigene Institute zu errichten. Auch kann es bisweilen zweck- mäßig sein, am Ort einer starklokalisierten Epidemie selbst ein „fliegendes Laboratorium“ einzurichten. Im Inland wird es meistens ausführbar sein, jeden Fall sowie die mit ihm in unmittelbarem Kontakt gewesenen scheinbar gesunden Personen (wenigstens bei Cholera) bakteriologisch zu untersuchen; im Ausland wird man sich — wenigstens inmitten einer großen Epidemie — oft nur auf die zweifel- haften Fälle beschränken müssen. In außereuropäischen Ländern stößt die zur Ausführung der bakteriologischen Untersuchung unternommene Autopsie oft auf große Schwierigkeiten, infolge der Anschauungen der betr. Bevölkerung; unter solchen schwierigen Verhältnissen ist dann der Eingriff an der Leiche auf das Allernotwendigste zu beschränken; glücklicherweise kommt man ja auch bei Cholera und Pest (um die es sich ja bei großen Seuchen fast aus- schließlich handelt) fast immer ohne vollständige Autopsie aus; bei Pest genügt die Punktion des Bubos oder Probeentnahme von Herzblut oder Milzsaft, bei Cholera Entnahme einer Dünndarmschlinge, wozu ein ganz kleiner Einschnitt ausreicht. Unter keinen Umständen darf aber die Ausführung der notwendig- sten prophylaktischen Maßregeln bis zur definitiven Erledigung der bakteriologischen Untersuchung verschoben werden (die bei Cholera 24—48 Stunden, bei Pest sogar mehrere Tage in Anspruch nehmen kann); bis zur völligen Klarstellung des Falles ist derselbe (sowie seine unmittelbare Umgebung) ganz wie ein positiver Fall zu be- handeln (Isolierung, Desinfektion); weitergehende allgemeine Maß- nahmen sind natürlich erst nach Erledigung der bakteriologischen Untersuchung zu veranlassen. Vorbedingung für das Gelingen der bakteriologischen Untersuchung ist natürlich die sachgemäße Ent- nahme und Versendung des Materials; zweckmäßig findet hierüber eine Belehrung der Aerzte, sei es durch Broschüren oder Rund- schreiben (vgl. z.B. „Anweisung zur Bekämpfung der Pest‘), sei es durch gedruckte Gebrauchsanweisungen, die den Entnahme- apparaten beigegeben sind (M. NEıssEr!0), statt. III. Isolierung des Kranken und Maßnahmen zur Verhütung der Ausstreuung iniektiösen Materiales. Im Prinzip ist die Isolierung des Patienten für alle diejenigen Infektionskrankheiten geboten, die sich durch direkte Ansteckung von Mensch zu Mensch verbreiten; Krankheiten, bei denen eine di- rekte Uebertragung nicht stattfindet, bedürfen auch keiner Isolierung (wie z. B. Tetanus, Cholera infantum). In praxi wird man noch weitere Unterschiede machen, je nachdem der einzelne Fall eine mehr oder minder große Gefahr für die Verbreitung der Infektion dar- stellt und je nach dem praktischen Erfolge, der von der Isolierung des Einzelfalles im Vergleich zur Wirksamkeit der übrigen Infektions- chancen zu erwarten steht. So wird es z. B. niemandem einfallen, bei Influenza strenge Isolierung des einzelnen Falles zu verlangen, weil deren Erfolg, gegenüber den massenhaften anderen Infektionschancen, gleich Null wäre; eine ähnliche Ueberlegung läßt auch bisweilen bei Masern (wenigstens bei gutartigen Epidemien) Isoliermaß- regeln als überflüssig erscheinen. Auch kann die gleiche Krankheit unter ver- schiedenen äußeren Umständen sehr verschiedene Maßnahmen rechtfertigen; so Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 403 bedarf z. B. bei venerischen Erkrankungen der gewöhnliche Patient keiner Isolierung, während eine infizierte Prostituierte streng zu isolieren ist. In neuester Zeit bricht sich erfreulicherweise die Erkenntnis der Notwendigkeit einer wirksamen Isolierung auch für solche Krankheiten Bahn, bei denen man noch bis vor kurzem an die Durchführung solcher Maßnahmen nicht hatte denken können; so dringt man z. B. neuerdings mit Recht wieder auf die Iso- lierung von Abdominaltyphus-Patienten, während dieselben früher meist in die allgemeinen Krankensäle mitten unter andere Kranke verlegt worden waren; vor allem zeigt sich auch die (durchaus rationelle) Tendenz einer Isolierung der für die Weiterverbreitung besonders gefährlichen fortgeschrittenen Fälle bei Tuber- kulose (in Heimstätten). Besonders strenge Maßregeln sind natürlich für die exotischen Krankheiten angebracht, da hier, wie schon mehrfach betont, das Be- streben der Gesundheitsbehörden nicht nur auf Bekämpfung, sondern auf rasche völlige Ausrottung der Seuche abzielen muß. Das deutsche Reichsseuchengesetz sieht für diese exotischen Krankheiten (Aus- satz, Cholera, Gelbfieber, Pest, Flecktyphus :und Pocken) die An- ordnung der Isolierung nicht nur für kranke, sondern auch für krankheitsverdächtige und sogar für ansteckungsver- dächtige Personen vor. Das preußische Seuchengesetz bestimmt die Isolierung kranker Personen bei Üerebrospinalmeningitis, Scharlach, Diphtherie, Ruhr und Tollwut, sowie bei Rotz, Recurrens und Abdominaltyphus: bei letzteren 3 Krankheiten kann die Absonderung auch schon für krankheitsverdächtige Personen angeordnet werden. Wo soll die obligatorische Isolierung des Erkrankten erfolgen, in seiner Wohnung oder in Isolierspitälern? Die Beantwortung dieser Frage hängt ganz von den Verhältnissen ab; sind die Bedingungen für eine zuverlässige Isolierung in der Wohnung des Erkrankten selbst erfüllt (sowohl in bezug auf die Räumlich- keiten als auch auf den guten Willen und die Zuverlässigkeit der An- gehörigen), so ist gegen die Isolierung im Hause nichts einzuwenden; findet der beamtete Arzt die erforderlichen Garantien nicht gegeben, so ist der Transport nach dem Isolierungsspital, eventuell selbst zwangsweise, durchzuführen, vorausgesetzt natürlich, daß dieser Trans- port bei dem Zustand des Kranken nicht eine direkte Gefahr für diesen letzteren involviert! Dies ist auch der Standpunkt des Deutschen Reichsseuchengesetzes. Wie weit die von seiten des beamteten Arztes für die Zulässigkeit der Isolierung in der eigenen Wohnung zu fordernden Garantien zu gehen haben, richtet sich wiederum nach der Natur der Krankheit und nach den äußeren Verhält- nissen; in einem Falle von Lungenpest wird man z. B. viel strengere Maß- nahmen fordern als in einem Fall einfacher Drüsenpest. Für England sieht die „Publice Health Act“ von 1875 die zwangsweise Ueberführung ins Krankenhaus für folgende Fälle vor: Obdachlosigkeit, Wohnen in einem Raum, der von mehr als einer Familie bewohnt ist, in Asylen, an Bord usw. Im allgemeinen sollte bei gefährlichen Infektionskrankheiten das Verbleiben des Patienten in der eigenen Wohnung nur dann gestattet werden, wenn ein besonderes als Isolierraum einzurichtendes Zimmer für den Kranken verfügbar ist, welches einen eigenen Eingang nach dem Korridor haben und ohne direkte Verbindung mit den anderen Zimmern der Wohnung sein muß, — und wenn man des guten Willens und ausreichenden Verständnisses seitens der Angehörigen versichert sein kann. Auch dann ist es bei Cholera und Pest immer noch erforderlich, daß die Woh- nung (bzw. das Haus) mit sämtlich darin befindlichen Personen polizeilich bewacht und vom Verkehr abgeschlossen ist, und daß die Ausführung der Maß- regeln täglich seitens des beamteten Arztes kontrolliert wird. Viel besser (in den meisten Fällen auch im eigensten Interesse des Patienten) ist die Ueber- führung in ein wohl eingerichtetes und geleitetes Isolierspital. Außer der Bezug- 26* 404 E. GOTSCHLICH, nahme auf Humanität und freie Selbstbestimmung des Xranken (Argumente, die selbstverständlich dem allgemeinen Wohle gegenüber zurücktreten müssen) wird gegen die obligatorische Ueberführung ins Isolierspital meist noch die Be- fürchtung geäußert, daß eine so rigorose Maßregel, die erfahrungsgemäß vom großen Publikum (und noch mehr in halb- oder unzivilisierten Ländern) per- horresziert wird, notwendig zur Verheimlichung von Fällen führen müsse. Diese Befürchtung besteht unzweifelhaft häufig zu Recht; die Frage ist dann nur, von zwei Uebeln das kleinere zu wählen, wobei man sich gegenwärtig halten muß, daß jeder nicht im Hospital isolierte Fall stets eine mehr oder minder große dauernde Infektionsgefahr repräsentiert, und andererseits daß der Verheimlichung von Fällen auch in anderer wirksamer Weise gesteuert werden kann; zumal gegen- über einer mißtrauischen unwissenden Bevölkerung nützt oft alles Entgegen- kommen der Sanitätsbehörden in diesem Punkte gar nichts. Genaue Kenntnis der lokalen Verhältnisse, sowie Takt und Energie sind hierbei unerläßlich, um das im gegebenen Falle richtige Vorgehen finden zu lassen. Wie lange soll die Isolation dauern? Für den Fall des tödlichen Ausgangs der Erkrankung ergibt sich die Antwort auf diese Frage von selbst; über Maßnahmen gegenüber der Leiche vgl. weiter unten. Bei Ausgang in Genesung muß es als Prinzip gelten, den Kranken so lange isoliert zu halten, als derselbe noch infektiös ist; bekanntlich ist die klininsche Tatsache der erfolgten vollständigen Genesung keineswegs ein Beweis für die Nichtinfektiosität des Falles; haben doch zahlreiche neuere Erfahrungen gezeigt, daß bei Pest- pneumonie, Diphtherie, Cholera, Abdominaltyphus die spezifischen Er- reger noch viele Wochen hindurch während der Rekonvaleszenz in gewissen Ausscheidungen (Sputum, Faeces, Harn) in vollvirulentem Zustand und in großen Mengen vorhanden sein können. Für exo- tische Seuchen ist auch in der Praxis unbedingt nach diesem Prinzip zu handeln; kein von Pestpneumonie oder Cholera Genesener sollte aus der Isolierung entlassen werden, bevor nicht durch die bakterio- logische Untersuchung der betreffenden Exkrete mindestens zweimal (um jede Fehlerquelle auszuschließen) die Abwesenheit der spezi- fischen Erreger festgestellt ist. Für einheimische Infektionskrankheiten wird sich dieses Prinzip in der Praxis vielleicht vorläufig noch nicht allgemein durchführen lassen; immerhin wird man versuchen, .sich diesem Ideal so viel als möglich anzunähern (da wo es die Verhältnisse erlauben!) und jedenfalls wird man sich immer der Ver- antwortung bewußt bleiben, die eine vorzeitige Aufhebung der Isolierung mit sich bringen kann. Unter allen Umständen müssen solche Rekonvaleszenten, bzw. ihre Umgebung auf die Möglichkeit des Fortbestehens der Ansteckung aufmerk- sam gemacht werden und sinngemäße Vorschriften zur Desinfektion ihre Exkrete und Hände (GAEHTGENS ®) erhalten. Insbesondere sind solche Bacillenträger von der Beschäftigung mit dem Nahrungsmittelgewerbe (Verkäufer, Köche, Hotelbedienstete) nach Möglichkeit auszuschließen. — Unter gewissen Verhältnissen, die eine genaue Kontrolle er- lauben, kann man der Gefahr der latenten Fälle noch viel wirksamer begegnen; so z. B. in Irrenanstalten, wo erfahrungsgemäß häufig durch solche latente Infektionsträger Epidemien von 'Typhus und Ruhr sich jahrelang erhalten, und wo systematische Ermittelungen der latenten Fälle durch bakteriologische Unter- suchung und dauernde Absonderung derselben durchzuführen sind (CL. NEISSER®®). Ferner im Heere, wo z. B. in Deutschland bei Genickstarre die Kokkenträger in der Umgebung des Kranken sofort ermittelt und streng isoliert‘ werden, eine Maßnahme, die um so leichter durchführbar ist, je früher man sogleich gegen die ersten Erkrankungsfälle vorgegangen war und damit der Gefahr der Ver- breitung der latenten Infektion vorgebeugt hatte (FLATTEN #!). Vgl. ferner “über die Maßnahmen in der englischen Armee in Indien, wo die Typhusrekonvaleszenten in besonderen Anstalten isoliert werden, die amtlichen Berichte von LEDING- HAM“ u. a. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 405 Auf Bau und Einrichtung von Isolierspitälern kann hier selbstverständlich nicht eingegangen werden; vgl. darüber die Werke von RurreL!3 und Liege, JacoBsoHn & MEYER!#. Oft kommt man in die Lage, ein Isolierspital improvisie- ren zu müssen; entweder kann man dann irgendein schon vorhan- denes und nach seiner Beschaffenheit einigermaßen geeignetes Ge- bäude benutzen, oder man bedient sich transportabler Baracken oder Zelte. Ueber Baracken vergl. in den beiden genannten Werken (sowie auch bei GoTSCHLICH® über einen von ScHIEss in Alexandrien erfundenen Typus kleiner billiger transportabler Holzbaracken, der sich im heißen Klima besonders. bewährt hat); im heißen Klima kann man auch Baracken sehr leicht durch Ver- wendung von Stroh- oder Bastmatten, die über Holzrahmen gespannt werden, improvisieren. Unter allen Umständen muß die ganze Anlage übersichtlich und leicht desinfizierbar sein; stets müssen mindestens folgende voneinander getrennte Räumlichkeiten zur Verfügung stehen: getrennte Abteilungen für die verschiedenen Geschlechter, — eine besondere Beobachtungsstation für verdächtige Fälle, in der die Kranken bis zur definitiven Diagnose verbleiben, — Räumlich- keiten für Wärter, Küche, Magazin usw. — Leichenhalle. Der Transport ansteckender Kranker (G. MEYER!) soll in eigens dafür bestimmten Krankentransportwagen erfolgen, die nach jedesmaligem Gebrauch sorgfältig zu desinfizieren sind. Wo dennoch, aus äußeren Gründen, die Ueberführung des Kranken mittels Privatfuhrwerks oder mittels der Eisenbahn erfolgen muß, ist dazu stets vorher die Genehmigung der Sanitätsbehörde erforder- lich, welch letztere die während und nach dem Transport erforder- lichen Sperr- und Desinfektionsmaßregeln anordnen wird. Mißb- bräuchliche Benutzung öffentlicher oder privater Transportmittel für die Ueberführung Infektionskranker ist schwer zu bestrafen. Betreffs der Hygiene des Krankenzimmers, der Behandlung in- fektiöser Se- und Exkrete, sowie der individuellen Pro- phylaxe für den Arzt und die Umgebung des Kranken vgl. im speziellen Teil bei den einzelnen Infektionskrankheiten, sowie bei Rumper16 und JÄGER!Ta, Im allgemeinen ist nur zu sagen, daß alle unnützen Gegenstände und Per- sonen aus dem Krankenzimmer zu entfernen sind, daß darin die größte Sauber- keit beobachtet und alle Vorschriften des Arztes peinlich genau befolgt werden, sowie insbesondere jede Staubentwickelung sorgfältig vermieden wird; im Kranken- zimmer muß sich ein mit desinfizierender Lösung gefülltes Becken befinden, in dem sich Angehörige und Pfleger nach jeder Berührung des Kranken, und ins- besondere vor jedem Verlassen des Krankenzimmers und vor jeder Mahlzeit (die selbstverständlich nie in demselben eingenommen werden darf!) die Hände zu desinfizieren haben; ein zweites größeres Gefäß mit desinfizierender Flüssigkeit muß für die Aufnahme der schmutzigen Wäsche usw. bereitstehen. Ueber Aus- bildung und Belehrung von Krankenpflegern vgl. LIEBE, JACOBSOHN & MEYER!#, sowie JAEGER!'b. Für das mit der Pflege infektiöser Erkrankten beschäftigte Personal sieht das preußische Seuchengesetz Verkehrsbeschränkungen, zwecks Verhütung der Ausstreuung der Infektion, vor. Im Anschluß an die Isolierung des Erkrankten seien hier noch die Maßnahmen gegen Weiterverbreitung der Infektion von seiten der Leichen Infektionskranker besprochen. Im Publikum wird diese Gefahr in der Regel sehr überschätzt; demgegenüber ist hervorzu- heben, daß die Leiche weit weniger Anlaß zur Ansteckung gibt als der Kranke, welcher durch seine infektiösen Ausscheidungen stets neuen Ansteckungsstoff produziert. 406 E. GoTSCHLICH, Immerhin kann die Leichenwaschung (die besonders im Örient eine bedeutungsvolle religiöse Zeremonie darstellt) zu einer Kontaktinfektion Ver- anlassung geben und ist daher mit desinfizierender Flüssigkeit (was ganz un- auffällig geschehen kann!) und unter ärztlicher Aufsicht auszuführen; auch ist die gewaschene Leiche in ein mit desinfizierender Flüssigkeit getränktes Laken gut einzuhüllen. Von der ordnungsmäßig eingesargten und gar von der beerdigten Leiche ist aber in praxi überhaupt keine Infektion mehr zu fürchten ; (vgl. über das rasche Zugrundegehen der spezifischen Erreger in der beerdigten Leiche Bd. I, S. 285f.). Fälle von langer Lebensdauer von Infektionserregern in Leichen sind nur bei andauernder strengster Kälte beobachtet. Unter solchen ganz außergewöhnlichen Bedingungen in der sibirischen Pestepidemie fand Schurupow4#3 Pestbacillen in Leichen in dauernd hart gefrorenem Boden noch nach Jahresfrist lebensfähig; unter solchen Ausnahmeverhältnissen käme dann even- tuell die Feuerbestattung in Betracht. Im allgemeinen aber haben Maßnahmen, die sich gegen die eingesargte Leiche richten (wie z. B. Beschränkung des Leichengefolges und der religiösen Zeremonien auf dem Friedhofe usw.), gar keinen Sinn und werden zudem von der Bevölkerung schwer empfunden. Sehr berechtigt ist dagegen das Verbot von Menschenansammlungen im Trauerhause, sowie ganz besonders das Verbot von Leichenschmäusen; letztere Unsitte hat nachweislich schon oft zur Ausbreitung der Cholera geführt (vgl. AMSTERDAMSKY 13). IV. Die Observation der Angehörigen und sonstiger der Infektion nachweislich ausgesetzt gewesenen Per- sonen stellt eine Ergänzung der soeben geschilderten Isolierungs- maßregeln dar. Selbst bei promptester Ausführung dieser letzteren Maßnahmen, und selbst wenn (was leider durchaus nicht immer der Fall ist!) die Erkrankung so frühzeitig gemeldet worden war, als überhaupt die Diagnose gestellt werden konnte, so darf man sich doch nicht verhehlen, daß von Beginn der Erkrankung an bis zum Einsetzen unserer Maßnahmen Gelegenheit genug vorhanden war zur Uebertragung des Virus auf die nächste Umgebung (Angehörige, Pfleger usw.). Es ist daher durchaus rationell, diese möglicherweise bereits infizierten („ansteckungsverdächtigen“, im Sinne des Deutschen Reichsseuchenge- setzes) Personen während der maximalen Dauer der Inkubationszeit unter ärzt- licher Beobachtung zu halten. Bei einheimischen Infektionskrankheiten genügt ärztliche Revision ohne Aufenthaltsbeschränkung (eventuell mit gleichzeitiger prophylaktischer Anwendung der Schutzimpfung z. B. bei Diphtherie); für Cholera und ausnahmslos für Lungenpest hingegen ist Internierung der ÖObser- vanden anzuordnen, sei es in der eigenen (vorher selbstverständlich desinfizier- ten!) Wohnung, sei es (was bedeutend vorzuziehen!) in eigenen Anstalten („Segregation-Camps“); vgl. über die Anwendung dieser letzteren im großen in Indien die Berichte der deutschen, englischen und ägyptischen Pestkommissionen. Die Anwendung der bakteriologischen Untersuchung erlaubt bei Cholera die Zeit der Internierung erheblich abzukürzen; ist die (der Sicherheit halber zweimal ausgeführte) bakteriologische Untersuchung (Pep- tonwasserkultur nach 8 und nach 24 Stunden) der Faeces negativ ausgefallen, so kann die betreffende Person unbesorgt als völlig unverdächtig aus der Obser- vation entlassen werden; meist wird dies schon nach 2 Tagen möglich sein. — Eine dauernde Observation der gesunden Angehörigen ist zweckmäßig bei Lepra anzuordnen. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 407 V. Meidung der Iniektionsgelegenheit. In einer Reihe von Fällen ist es nicht möglich, durch alleinige Anwendung der Isolierung des Erkrankten eine wirksame Prophylaxe und Bekämpfung der betreffenden Infektionskrankheiten zu erreichen: sei es, daß man mit der Tatsache rechnen muß, daß viele (insbesondere die leichten und latenten Fälle) gänzlich den Maßnahmen entgehen, sei es, dab bei der betreffenden Krankheit und unter den gegebenen örtlichen und sozialen Bedingungen eine wirksame und dauernde völlige Isolierung des Kranken überhaupt nicht möglich ist (Tuber- kulose, Trachom, venerische Erkrankungen usw.). In solchen Fällen tritt dann die Meidung der Infektionsgelegenheit in ihr Recht: zu diesem Zweck können wirksame Maßnahmen teils von seiten und für den Erkrankten selbst, teils von seiten und für das Publikum (mit spezieller Berücksichtigung be- sonders exponierter Personen) ins Werk gesetzt werden. 1. Von seiten des Erkrankten kommt zweierlei in Betracht. Wenn auch eine vollständige Isolierung unmöglich bzw. aus Gründen der Humanität un- tunlich ist (z. B. Behandlung von Leprafällen in der Familie bei nur ver- einzeltem Auftreten!), so kann doch der Kranke von gewissen Verhältnissen und aus gewissen Milieus ferngehalten werden, die ihrer Natur nach eine besonders große Gefahr der Weiterverbreitung der Infektion involvieren. Hier- her gehört die Frage des Heiratsverbotes bzw. der Notwendigkeit eines Ehekonsenses für Lepröse, Tuberkulöse, und venerisch Erkrankte; weiterhin die Fernhaltung Tuberkulöser aus der Armee, aus gewissen Berufsarten (Ammen), der Ausschluß von Typhusdauerausscheidern vom Nahrungsmittelgewerbe usw. Noch wichtiger seitens des Kranken ist die Erlernung des hygienisch riehtigen Verhaltens im Verkehr mit seiner Umgebung, wobei in erster Linie Reinlichkeit und außerdem die Befolgung gewisser meist recht einfacher Vorschriften (z. B. beim Husten, für Eß- und Trinkgeschirre usw.) zu nennen sind. 2. Von seiten des Publikums kommt gleichfalls an allererster Stelle die Reinlichkeit in Betracht (und zwar sowohl am eigenen Körper, als auch in Haus und Hof). Insbesondere für die Pest haben die übereinstimmenden Erfahrungen aller Beobachter der letzten Jahre ergeben, daß die Seuche fast ganz ausschließlich unter den niedrigen Bevölkerungsschichten wütet, während Personen, die auch nur die elementarsten hygienischen Vorschriften beobach- ten, selbst inmitten eines ganz durchseuchten Stadtteils fast absolut sicher sind. Leider steht es mit der Reinlichkeit selbst in zivilisierten Ländern und unter den sogenannten „besseren Ständen“ oft nicht wie es sollte (Fingernägel!, vgl. auch BORNTRÄGERS!? interessante Studie über „die Hand in ihrer Bedeu- tung als Infektionsträger‘‘); ja in manchen Gegenden Europas gehören Vollbäder selbst bei den Angehörigen der „besseren Stände“ noch zu den Seltenheiten und gibt es Erwachsene, die nur l1—2mal in ihrem Leben ein Reinigungsbad enommen haben! Es wäre schon viel erreicht, wenn die folgenden elementaren einlichkeitsvorschriften allgemein beobachtet würden: täglich mehrmaliges Waschen der Hände mit Wasser und Seife, insbesondere nach jeder Benutzung des Abtritts und vor jeder Mahlzeit; sorgfältige Reinhaltung der Nägel; tägliche Reinigung des Gesichtes und Halses, der Mundhöhle und der Zähne; tägliche Abwaschung der äußeren Geschlechtsteile und des Afters; regelmäßige Rein- haltung der Füße; von Zeit zu Zeit ein Voll- oder Brausebad, wozu ja heutzutage die Volks- und Schulbäder (Lassar?°) günstige Gelegenheit geben. Be- sonders für Säuglinge und Kinder sind häufige Reinigungsbäder unbedingt er- forderlich. Ueber Reinlichkeit in der Wohnung, sowie über individuelle Prophylaxe bezüglich Nahrung und Trinkwasser vgl. das letzte Kapitel dieses Abschnitts (S. 421 u. 433ff.). — Neben diesen allgemeinen hygienischen Vorschriften für das tägliche Leben, deren gewissenhafte Einhaltung die beste Bürgschaft gegen Infektion gewährt, kommen dann noch gegenüber einer im konkreten Fall vor- handenen Ansteckungsgefahr die folgenden Maßnahmen in Betracht. 408 E. GOTSCHLICH, Die Vermeidung der direkten Ansteckung ist eigentlich so selbst- verständlich, daß sie kaum der Erwähnung bedürfte; immerhin sei auf die folgen- den Uebelstände und Unsitten besonders hingewiesen. Da sind zunächst die so- genannten Krankenbesuche, die oft nur aus Neugier gemacht werden und dem Kranken selbst meist mehr schaden als nutzen; ohne dringende Veran- lassung sollte niemand das Zimmer, in dem ein ansteckender Kranker ver- pflegt wird, betreten; muß es dennoch geschehen, so soll man sich jedenfalls aller unnötigen Berührungen enthalten (z. B. sich nicht etwa auf das Bett setzen, den Kranken umarmen und küssen usw.). Ueber spezielle Prophylaxe seitens des Arztes und Pflegepersonals vgl. weiter unten! — Eine gefährliche Unsitte ist auch das Küssen von Kindern auf den Mund, wodurch insbesondere leicht eine Uebertragung etwaiger im Munde des Erwachsenen latent schmarotzender Di- phtheriebacillen auf die empfänglichen Schleimhäute des Kindes stattfinden kann! Desgleichen sei hier der in manchen Gegenden üblichen Unsitte gedacht, daß säugende Frauen fremde Säuglinge (bei Besuchen usw.) an der eigenen Brust tränken! Solchen oft recht fest eingewurzelten Mißbräuchen gegenüber hilft nur ganz allmählich Belehrung und Verbreitung besserer hygienischer Ein- sicht im großen Publikum. Wenn so auf der einen Seite bei der Vermeidung von Ansteckung im ge- wöhnlichen Leben häufig selbst die einfachsten Vorsichtsmaßregeln außer acht gelassen werden, so ist andererseits in Seuchezeiten oft eine arge Ueber- treibung der Ansteckungsfurcht zu konstatieren, die bisweilen zu ganz unsinniger Panik und massenhafter Auswanderung aus der verseuchten Ort- schaft führt, ohne daß die Leute bedenken, daß sie sich dabei oft in Ver- hältnisse begeben, die hygienisch viel bedenklicher sind als eine vernünftige Lebenshaltung am infizierten Orte selbst (Zusammengepferchtsein auf den aus einen verseuchten Hafen abgehenden Schiffen; Mangel an geeigneter Unter- kunft auf der Reise usw.) und daß gerade durch einen solchen Massenaus- zug unter ungünstigen hygienischen Bedingungen die Ausstreuung des Konta- giums gefördert werden kann! Das Verlassen einer infizierten Stadt ist für Leute, die gewillt und imstande sind, die (relativ einfachen) Schutzmaßregeln genau zu beobachten, selbst in halbzivilisierten Ländern nicht notwendig. Unter ganz primitiven Verhältnissen hingegen mag hier und da selbst die behördlich angeordnete zwangsweise Räumung einer ganzen Ortschaft das einzige Radikal- mittel zur Ausrottung der Seuche sein; selbst wilde Völkerschaften (am Hima- laya, in Uganda) kennen sehr genau den Wert dieser Maßregel gegenüber der Pest und verlassen schleunigst ihre Dörfer, sobald sich auffallende Sterblichkeit unter den Ratten zeigt (Koc#). In ähnlicher Weise kann z. B. auch im Kriege oder bei Expeditionen die Aufgabe des Lagerplatzes erforderlich sein, um eine allgemeine Malariainfektion zu verhüten! Neben der Meidung der direkten Ansteckungsquelle kommt dann noch eine Reihe von anderen Maßregeln in Betracht, die sich auf Meidung von speziellen Verhältnissen und Oertlichkeiten beziehen, die erfahrungsgemäß der Vervielfältigung der Infektionschancen Vorschub leisten (Meidung der Ansteckung am dritten Ort!). Hierher gehört das Verbot oder die möglichste Beschränkung von Pilger- und Wallfahrten, Märkten, Messen, Volksfesten, Manövern, Rekrutenaus- hebung und dergl. in Epidemiezeiten. Ganz besondere Erwähnung verdient die Maßregel der Fernhaltung (an ansteekenden Krank- heiten) erkrankter Schulkinder undihrer Geschwister von der Schule, sowie eventuell Schließung der Schule in stark verseuchten Oertlichkeiten; vgl. den preußischen Mi- nisterialerlaß®? von 1907 zur Verhütung der Verbreitung über- tragbarer Krankheiten durch die Schulen. Erkrankte Kinder sind bis zur vollständigen Genesung, d. h. bis zu dem Moment, an dem sie nicht mehr infektiös sind (Ende der Abschuppungsperiode bei Scharlach, negativer Ausfall der bakteriologischen Untersuchung bei Di- phtherie) vom Schulbesuch auszuschließen; desgleichen die Geschwister bis nach Ablauf einer der maximalen Dauer der Inkubationsperiode entsprechenden Zeit nach Erledigung des Falles (sei es durch Tod, oder durch Ueberführung ins Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 409 Spital, oder durch Genesung). Die beste Garantie für die gewissenhafte und rationelle Ausführung dieser Maßnahmen liegt in der kontrollierenden Tätigkeit des Schularztes, — eine hygienische Institution, deren Notwendigkeit (zuerst von H. CoHx betont) immer mehr anerkannt wird. Der Schulschluß am verseuchten Orte selbst ist dann von großem Nutzen, wenn man mit dem häufigen Vor- handensein latenter oder leichtester Fälle zu rechnen hat (Masern, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten); diese Maßregel erfüllt jedoch ihren Zweck nur dann (ZADER ??), wenn die Kinder auch außerhalb der Schule vor der Infektion be- hütet werden und nicht etwa sich überall ohne Aufsicht herumtreiben! — Vor der Wiederzulassung zum Schulbesuch ist das geheilte Kind (durch Reinigungs- bad), sowie seine Kleidung zu desinfizieren (VOLLMER?®); bei Diphtherie ist durch bakteriologische Untersuchung der Nachweis beizubringen, daß keine latente Ausscheidung des Virus stattfindet. 3. Strengere Maßregeln zur Vermeidung der Ansteckung rechtfertigen: sich für besonders gefährdete Personen, sei es daß dieselben eine höhere Em- Er Sprekkeit für die betreffende Erkrankung besitzen, oder daß sie, der Natur der äche nach, besonders häufigen Gelegenheiten zur Infektion ausgesetzt sind. Im ersten Falle kommen strengste Isoliermaßregeln in Betracht; so entfernt man z. B. besonders exponierte Kinder aus tuberkulösen Familien und läßt sie aus- wärts erziehen, um sie vor der daheim beständig drohenden Infektion zu be- hüten; so mögen z. B. in Influenzazeiten alte oder geschwächte Individuen (für die die Influenza ganz besonders gefahrbringend ist) versuchen, sich möglichst vollständig vom Verkehr mit der Außenwelt abzuschließen; hat doch die Er- fahrung gezeigt, daß ein solcher vollständiger Abschluß (z. B. in geschlossenen Anstalten) mit großer Sicherheit gegen die Influenzainfektion schützt. — Von Personen, die besonders häufigen Gelegenheiten zur Ansteckung ausgesetzt sind, seien vor allem Aerzte und Krankenpfleger genannt; bei diesen handelt es sich wiederum nicht allein um den Schutz ihrer eigenen Person, sondern auch um die Verhütung einer Weiterverbreitung der Infektion durch dieselben (in der Rolle von Mittelspersonen) auf andere Personen ihrer Klientel; letztere Rücksicht kann unter gewissen Umständen sogar prädominieren (Ver- hütung der Verschleppung des Kindbettfiebers durch Hebammen!). In erster Linie haben sich Arzt und Pfleger aller unnötigen Berührungen des Kranken zu enthalten; es ist unglaublich, wie viel in dieser Beziehung, auch gerade bei der ärztlichen Untersuchung, gefehlt wird! Es ist z. B. ganz unnötig, an einem typischen Hauterysipel lange herumzutasten; auch die Auskultation mit dem bloßen Ohr ist recht gefährlich (Lungenpest!) und daher durch An- wendung des Stethoskops zu ersetzen; direktes Anhusten seitens des Patienten ist strengstens zu vermeiden. Andere einfache Vorsichtsmaßregeln für den Arzt bestehen im Ablegen der Oberkleider im Vorzimmer, Aufstreifen der Aermel und Beinkleider und gründlicher Desinfektion der Hände und der Stiefelsohlen (event. auch Abbürsten der vordersten Teile der Aermel und der untersten Teile der Beinkleider) mittelst Sublimatlösung nach vollzogener Untersuchung des Kranken bzw. vor Verlassen des Krankenzimmers. Die Sublimatlösung trägt der Arzt am besten fertig bereitet in einem kleinen Fläschchen in der Tasche, da man sie am Orte selbst (besonders unter primitiven ärmlichen Verhältnissen) nicht immer bereiten kann; nach der Desinfektion werden die Hände nicht etwa an einem beliebigen, im Zimmer befindlichen (und möglicherweise in- fizierten) Handtuch abgetrocknet; sondern entweder benutzt der Arzt hierzu sein eigenes Taschentuch oder (noch besser für den gründlichen Erfolg der Des- infektion) er läßt das Sublimat durch Verreiben an den Händen allmählich antrocknen. In vielen Fällen wird der Arzt mit diesen Maßregeln, sowohl für sich, als auch für seine Angehörigen und seine übrige Klientel, auskommen; auch wird er im allgemeinen den Besuch beim ansteckenden Kranken an das Ende seiner Visiten legen. Hat man es aber mit außerordentlich infektiösen Er- krankungen (Scharlach, Lungenpest) zu tun, und das womöglich noch unter Verhältnissen, wo sich alle Infektionsmöglichkeiten nicht genau übersehen lassen, so muß man auch wirklich gewissenhaft strenge Schutzmaßregeln anwenden und sich nicht billigen Selbsttäuschungen hingeben, wie z. B. daß die Infektion der Kleidung durch einen Spaziergang „in der frischen Luft‘ beseitigt werden könne. Unter solchen Verhältnissen wird der Arzt über seiner Kleidung einen (leicht desinfizierbaren) leinenen Ueberrock tragen, oder nach dem Krankenbesuch seine Kleidung im Dampfofen (kleine praktische Modelle, mit Spiritus oder Gas heizbar, für das Sprechzimmer des Arztes, von THURSFIELD) sterilisieren. In der mandschurischen Lungenpestepidemie hat sich zum Schutze des Arztes und 410 E. GOTSCHLICH, Pflegers vor der Tröpfcheninfektion das Tragen von Schutzmasken bewährt (SCHREYER ®?). - Noch wichtiger, aber ungleich schwieriger in der Ausführung, sind die Maßregeln für den Pfleger; einmal, weil er in viel innigeren, langdauernden Kontakt mit dem Kranken kommt, zweitens auch, weil sein Verständnis und sein Verantwortlichkeitsgefühl meist geringer entwickelt ist als das des Arztes. Am besten ist es, wenn schon in seuchefreier Zeit geeignete Kräfte zu Kranken- pflegern ausgebildet werden; vgl. über diese Ausbildung die sehr detaillierte Schilderung DiETRIcHS!. Bei besonders infektiösen Krankheiten (und aus- nahmslos bei exotischen Seuchen!) sollte für solche Erkrankungsfälle, die nicht ins Hospital überführt, sondern in der eigenen Wohnung behandelt werden, die Zuziehung eines geprüften Krankenpflegers obligatorisch gemacht werden. Für den Pfleger gelten im allgemeinen dieselben Schutzmaßregeln, wie für den Arzt (vgl. oben); stets soll der Pfleger eine besondere leicht des- infizierbare Kleidung oder doch mindestens einen leinenen Ueberrock tragen; nie soll er im Krankenzimmer essen und trinken; auch muß er dafür sorgen, daß Reste von Eßwaren, die der Kranke übrigläßt, sogleich verbrannt und nicht etwa von den Angehörigen oder anderen Personen verzehrt werden! Bei ge- wissen sehr infektiösen Krankheiten (Pocken, Scharlach, Lungenpest) ist der Pfleger in der Wohnung des Kranken zu internieren und sein Verkehr mit der Außenwelt erst nach vorgängiger Desinfektion und nach einer (der Inkubations- zeit entsprechenden) Observation wieder zu gestatten. — Die hier für das Heil- personal angegebenen Schutzmaßregeln sollten sinngemäße Anwendung auch auf andere Personen, die mit den Kranken in intime Berührung kommen, finden (z. B. auf Geistliche). VI. Vernichtung des infektiösen Materiales durch Desinfektion. Vgl. „Desinfektionspraxis“ und im speziellen das Kapitel „Wohnungsdesinfektion“. VII. Praktische Durchführung der prophylaktischen Maßnahmen und Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes. Ein spezielles Eingehen auf die bestehenden Verhältnisse der Or- ganisation des Sanitätswesens würde den Rahmen dieses Handbuchs weit überschreiten (vgl. Rapmunn’a): eine außerordentlich lebens- volle und kritische Darstellung mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Verhältnisse siehe bei GÄRTNER®, vgl. auch das neue preußische Gesetz über den Dienst des Kreisarztes® Hier seien nur die Prinzipien angegeben, nach denen in der Praxis eine sinn- gemäße Durchführung der prophylaktischen Maßnahmen, wie sie in den vorangegangenen Paragraphen geschildert sind, erfolgen kann; denn bei der Seuchenprophylaxe kommt es nicht nur auf das „was“ der Maßnahmen, sondern ebensowohl auf das „wie“ der Ausführung an, wenn nicht alles in nutzlosen Schematismus ausarten soll und die Maßnahmen nicht bloß auf dem Papiere stehen sollen! Die wesentlichste Bedingung für das Gelingen der Seuchen- prophylaxe, gerade gegenüber dem plötzlichen unvermuteten Ausbruch exotischer Seuchen, ist, daß das ganze System schon in nor- maler Zeit fertig durchgebildet und das nötige Material und Personal vorhanden sein muß. Die Leitung der Maßnahmen muß in der Hand eines Fachmanns, eines Hygienikers, liegen; ganz besonders gilt auch das wieder für exotische Seuchen; eventuell ist ein hygienischer Sachverständiger an Ort und Stelle zu entsenden. Vgl. über die unbefriedigenden Erfahrungen, die man früher bei der Pestbekämpfung in Bombay unter Leitung von In- genieuren, Verwaltungsbeamten usw. gemacht hat, die kritische Dar- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 411 stellung Brrrers??. Auch die früher oft beliebte Leitung der Seuchen- bekämpfung durch lokale Sanitätskommissionen muß als durch- aus irrationell bezeichnet werden; denn einerseits wird dadurch eine wirklich einheitliche Leitung und Verantwortlichkeit un- möglich gemacht; ferner werden solche Körperschaften nur allzu oft durch lokale Rücksichten mehr oder minder gebunden sein und daher die nötige Umabhängigkeit im Handeln vermissen lassen. (Ueber die bedeutsame Rolle, welche diese Sanitätskommissionen in bezug auf Belehrung des Publikums spielen können, vgl. weiter unten.) Von größter Wichtigkeit ist die Beschaffenheit derjenigen Organe, die bei der Seuchenbekämpfung mit dem Publikum direkt zu tun haben, d. h. der beamteten Aerzte; auf ihrer Zuverlässigkeit beruht in letzter Linie sowohl die Erkenntnis der Verbreitung der Seuche, als auch die Art der Ausführung und der Wert der prophylaktischen Maßb- nahmen. Für die Brauchbarkeit des beamteten Arztes ist hauptsächlich zweierlei zu fordern: spezielle Ausbildung für seinen hygie- nischen Beruf und unabhängige Stellung. In ersterer Beziehung darf man sich nicht bloß auf Erreichung einer be- stimmten Ausbildung zur Zeit des Physikatsexamens beschränken, sondern es muß unbedingt für Weiterbildung gesorgt werden, damit der beamtete Arzt mit dem Fortschritt der Wissenschaft sich stets auf der Höhe hält; Mittel hierzu bieten regelmäßige Fortbildungskurse für Medizinalbeamte, die in hygieni- schen Instituten abgehalten werden; mit Recht weist GÄRTNER® auf die be- deutsamen Mittel hin, welche die deutsche Heeres- und Marineverwaltung für die Weiterbildung ihrer beamteten Aerzte aufwendet (Abkommandierungen an hygienische Institute, an das Hamburger Institut für Tropenhygiene [NocHT ®®], Errichtung eines hygienischen Instituts für jedes Armeekorps usw.). Zur Ge- währung einer von äußeren Einflüssen (Rücksichtnahme auf Klientel usw.) un- abhängigen Stellung — welche doch die Conditio sine qua non für das er- sprießliche Wirken des beamteten Arztes ist — gehört in erster Linie eine an- ständige Besoldung, so daß der beamtete Arzt nicht auf seine Privatpraxis angewiesen ist; auch das Verhältnis des beamteten zum behandelnden Arzt, in dessen Sphäre der erstere ja oft genug einzugreifen und auf dessen Mitwirkung er sich zu basieren hat, wird viel einfacher, wenn sich die beiden Kollegen nicht als Konkurrenten gegenüberstehen. Betreffs der Frage, ob dem beamteten Arzt die Privatpraxis ganz zu verbieten sei, lassen sich wichtige Gründe für und wider anführen; dafür spricht die ausschließliche Konzentration der Tätigkeit auf den amtlichen Bereich und das Fehlen jeder Konkurrenz mit den behandelnden Kollegen (Gründe, die unter allen Umständen für die höheren Sanitätsbeamten die Privatpraxis ausschließen); dagegen spricht die Be- fürchtung, daß der beamtete Arzt ohne klinische Tätigkeit nur allzuleicht die Fühlung mit der Praxis verlieren kann; zweckmäßig ist es unter Umständen, die eigentliche Privatpraxis zu verbieten, aber Hospital- und konsultierende Praxis zuzulassen. Zur unabhängigen Stellung des beamteten Arztes gehört ferner un- bedingt, daß seine Aufgabe und Verantwortlichkeit klar präzisiert ist, daß Kom- petenzstreitigkeiten und ungenügende unklare Instruktionen streng vermieden werden und daß endlich dem beamteten Arzt gesetzlich eine gewisse Initiative gewährleistet ist. In dieser letzteren Beziehung zeigt das neue deutsche Reichs- seuchengesetz einen bedeutenden Fortschritt, indem hier der beamtete Arzt „bei Gefahr im Verzuge‘“ ermächtigt und verpflichtet ist, die notwendigen Anordnungen selbst zu treffen, während früher (und auch jetzt noch in vielen Punkten!) = beamteten Arzt nur eine referierende, nicht aber eine exekutive Rolle zukam. Aber nicht nur für diesen speziellen Punkt (der Regelung der Befugnisse des beamteten Arztes gegenüber der Verwaltungsbehörde), sondern ganz im allgemeinen für die Durchführung der Seuchen- prophylaxe und -bekämpfung ist ein Seuchengesetz unentbehr- lich. Wir dürfen es uns nicht verhehlen, daß die wesentlichsten Maßb- nahmen, wie sie im vorangegangenen geschildert worden sind, als 412 E. GOTSCHLICH, Isolierung des Kranken, Observation infektionsverdächtiger Personen, Meldepflicht, Wohnungsdesinfektion, Verkehrsbeschränkungen usw., sämtlich in die persönliche Selbstbestimmung des einzelnen, und zum Teil sogar in recht empfindlicher Weise, eingreifen. Nun ist es ja zwar absolut selbstverständlich, daß die Freiheit des Individuums unter Umständen dem Wohle der Allgemeinheit untergeordnet werden muß, insbesondere, wenn es sich um Abwehr eines der Gesamtheit drohenden Unheils handelt; aber jedenfalls wird man nicht erwarten dürfen, daß diese Unterordnung immer gutwillig erfolgt, und daher ist eine gesetzliche Festlegung dieser Pflichten, sowie der eventuellen Entschädigungen — dazu Strafbestimmungen gegenüber Nichtbefol- gung dieser Vorschriften, durchaus unentbehrlich. Vgl. die eingehende Besprechung der für Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei M. KIRCHNER. Neben der zweckmäßigen Organisation des öffentlichen Gesund- heitswesens ist möglichst Belehrung des Publikums und Er- ziehung des Volkes zu hygienischer Lebensweise anzu- streben. Es muß zwar ausdrücklich hervorgehoben werden, daß auch in halb- oder unzivilisierten Ländern und inmitten einer unwissenden oder wohl gar widerstrebenden Bevölkerung durch zweckmäßige Organisation und strenge Maßnahmen eine erfolgreiche Bekämpfung der Seuchen durchführbar ist. Aber erstens ist das doch nur mit Aufwand großer Mittel und unter sehr bedeutenden Schwierigkeiten möglich: zweitens handelt es sich dabei meist um große Volksseuchen (Cholera und Pest), denen gegenüber die Furcht vor Ansteckung im Publikum unser Bundesgenosse wird und daher Ausnahmebestim- mungen durchgesetzt werden können. Ungleich leichter ist aber die Aufgabe der Seuchenprophylaxe in zivilisierten Ländern, und wenn heute das Schreckgespenst der Pest Europa gegenüber seine frühere Macht verloren hat, so ist das im wesentlichen dem Fortschritt der Zivilisation, der besseren Lebenshaltung und Einsicht der Bevölkerung zu danken. Gar gegenüber den einheimischen Infektionskrankheiten lassen sich Erfolge nur in beständigem Streben erzielen und ist hier- bei eine dauernde Mitwirkung und ein gewisses Verständnis des Publi- kums unerläßlich. Die hygienische Schulung des Volkes muß mit der Erziehung zur Reinlichkeit beginnen; wohltätig wirken hierbei insbesondere die Institu- tionen der Schulbäder und der Haushaltungsschulen. Eine treffliche Schulung ist für den jungen Mann in dieser ‘wie in anderer Beziehung der Dienst im Heere. Ferner sollte eine leicht faßliche Belehrung über die wichtig- sten hygienischen Fragen obligatorisch in den Lehrplan aller Schulen (BURGERSTEIN ?2) aufgenommen werden; auch volkstümliche Bücher und Bro- schüren, wie z. B. das vom Kaiserl. Gesundheitsamt herausgegebene Gesundheitsbüchlein, das Tuberkulose-Merkblatt (vgl. auch Sacus®! Gesundheitsfibel), die Veröffentlichungen des Deutschen Vereins zur Be- kämpfung der GeschlecHMtskrankheiten; auch hygienische Aus- stellungen, sowie populäre Kurse (JÄGER !’b) vermögen viel Gutes zu stiften, doch kann selbstverständlich ihr Einfluß nie so weit reichen als derjenige der Schule. — In Epidemiezeiten muß außerdem eine spezielle Beleh- rung des Publikums einerseits zur Anwendung der nötigen Schutzmaß- regeln, andererseits zur Verhütung von Panik und Uebertreibung stattfinden, sei es durch Kundgebungen in der Presse, durch öffentlichen Anschlag oder durch unentgeltlich zu haltende öffentliche Vorträge. In erster Linie soll diese Belehrung natürlich (schon um Mißverständnisse zu vermeiden) von ärztlicher (insbesondere von amtsärztlicher) Seite ausgehen; daneben aber wird eine Ver- breitung dieser ärztlichen Belehrung durch andere Persönlichkeiten (Geistliche, Fabrikvorstände, Arbeitgeber usw.) hochwillkommen sein. In dieser Beziehung Alloemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 413 vermögen auch die (in Preußen durch Regulativ von 1835 eingesetzten) lokalen Sanitäts- Kommissionen viel Gutes zu stiften, weil sie die betreffenden lokalen Verhältnisse genau kennen und das Vertrauen der betreffenden Bevölke- rung genießen; so stellen sie eine sehr zweckmäßig vermittelnde Instanz zwischen dem Publikum und der Sanitätsbehörde dar. Literatur. 1. Rundschreiben des deutschen Reichskanzlers, betr. Bekämpfung der Cholera, vom 17. Juni 1893; s. Veröff. d. Kais. Ges.-Amts, 1893. 2. „Anweisung zur Bekämpfung der Pest“, Anlage 9. Beilage zu Nr. 38 der Veröff. d. Kais. Ges.-Amts, 1902. 3. Veröff. d. Kais. Ges.-Amts, 1900, Nr. 7, S. 145. 3a. Ref. Bull. Off. internat. d’hyg. publ., 1909, Nr. 9. 4. WERNICH, Leichenwesen in Tu. Weyrs Handbuch der Hyg., Bd. 2 5. Tu. Weyı, Allgemeine Prophylaxe, ebd., Bd. 9. 5a, SCHWALBE, Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 1154. S E. GoTSCHLICH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 35, 1900. Veröff. d. Kais. Ges.-Amts, 1899, Nr. 29, S. 598. a . RAPMUND, „Das öffentliche Gesundheitswesen, Allgemeiner Teil“ in FRANKEN- STEIN & v. HEcKELs Handbuch der Staatswissenschaften, III. Abt., 6. Bd., Leipzig 1901. 8. A. GÄRTNER, Verhütung der Uebertragung und Verbreitung ansteckender Krankheiten (in PENTZOLDT & Stintzıngs Handbuch der Therapie innerer Krankheiten, Bd. 1). 8a. Veröff. d. Kais. Ges.-Amts, 1899, 878. 9. M. KIRCHNER, „Die gesetzlichen ae: der Seuchenbekämpfung im Deutschen Reiche“. Jena 1907. — Ders., Deutsche med. Wochenschr., 1906, S. 331. ga, FLÜGGE, Die Cholera in Oberschlesien 1894, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 12. 10. M. NeISSER & Heymann, Klin. Jahrbuch, Bd. 7, 1899. 11. ©. FRÄNKEL, Hyg. Rundschau, 1901, Nr. 5. 12. MEwıus, Zeitschr. f. Medizinalbeamte, 1900, S. 553. 13. Rupper, Bau und Einrichtung von Krankenhäusern in TH. Weyıs Hand- buch d. Hyg., Bd. 5. 14. LiEBE, JACOBSOHN & MEYER, Handb. der Krankenversorgung und Kranken- pflege, Bd. 1, Berlin 1899. 15. G. MEyErR, Hyg. Rundschau, 1900, S. 546. 16. RumPpeEr, ref. ebd., 1899, S. 772. 17. JÄGER, a) Deutsche med. Wochenschr., 1899, Nr. 18; Zeitschr. f. Kranken- pflege, 1896, Nr. 11. b) Hyg. Rundschau, 1898, Nr. 14. 18. AMSTERDAMSKY, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 3 ‚1594. 19. BORNTRÄGER, ref. Hys. Rundschau, 1900, S. 613. 20. Lassar, Die Kulturaufgabe der Veisbäder. "Rede (Berlin, Hirschwald), 1889. Hye. Rundschau, 1901, "Nr. 22. 21. Veröff. Kais. Ges.-Amts, 1900, Nr. 40; 1901, Nr. 11. 22. Ebenda, 1900, Nr. 44. 23. Ebenda, Nr. 52. 24. KoLLe, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 19, 139, 1895. Bısss & HUDDLESTON, ref. Baumgartens Jahresber., 1895, 8 S. 747. 25. Veröff. d. Kais. Ges. ei 1901, Nr. 2. 26. CL. NEISSER, Berl. klin. W ochenschr., 1910, Nr. 47. 27. ZADERK, Hye. Rundschau, 1896, Nr. 7/8. 28. VOLLMER, Berl. klin. Wochenschr., 1899, Nr. 34. 29. H. BITTER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 30, 448, 1899. 30. NocHT, Deutsche med. W ochenschr.. 1900, Nr. 12. 31. RL Gesundheitsfibel, Berlin (Dames), 1900; ref. Hyg. Rundschau, 1902, 125. 32. BURGERSTEIN, Zeitschr. f. Schulgesundheitspflege, 1397, Nr. 7. 33. GAEHTGENS, Arch. f. Hyg., Bd. 72, Nr. 34. Ref. Bull. de l’Off. internat. d’hyg. publ., I, 653; IL, 237; III, Nr. 5. 414 E. GoTSCHLICH, 35. FLATTEN, Klin. Jahrbuch, Bd. 20, Nr. 4, 1909. 36. SCHREYER, Münch. med. Wochenschr., 1911. 37. SCHURUPOW, ref. Deutsche med. Wochenschr., 1911, Nr. 37. D. Bekämpfung der Infektionserreger innerhalb des empfänglichen oder bereits infizierten Organismus. Der wesentlichste Teil der Prophylaxe von Infektionskrankheiten wird im allgemeinen immer in den in den beiden letzten Abschnitten geschilderten Maßnahmen enthalten sein, welche die Fernhaltung, Isolierung, Vermeidung und Unschädlichmachung der Infektionsquelle zum Ziel nehmen. Trotzdem die praktische Erfahrung (insbesondere bei Cholera und Pest) die glänzende Wirksamkeit dieser äußeren hygienischen Maßregeln genugsam dargetan hat, dürfen wir uns doch nicht verhehlen, daß diese Maßnahmen nicht immer mit völliger Sicherheit das Eindringen von Krankheitserregern in den Organismus verhüten können, ja dab sogar für gewisse Infektions- krankheiten ein solcher äußerer Schutz allein unter Umständen ver- sagt, weil eben entweder die Gelegenheit zur Infektion sehr verbreitet ist (Tuberkulose) oder die Uebertragung des Virus sehr leicht er- folgt (Variola). Unter solchen Umständen hat man sich nach Mitteln umgesehen, um auch dem in unsern Körper eingedrungenen Virus gegenüber gewaffnet zu sein, sei es daß man die Disposition zur In- fektion zu vermeiden bzw. möglichst herabzusetzen suchte, sei es dal) man sogar noch innerhalb des Organismus den daselbst schon ein- gedrungenen und etablierten Krankheitskeim zu bekämpfen und zu vernichten trachtete. I. Die Maßnahmen, die sich gegen die individuelle Disposition richten, können verschiedener Art sein. a) Allgemeine Kräftigung des Körpers und Hebung seines Ernährungszustandes, sowie im allgemeinen hygie- nisch zweckmäßige und geregelte Lebensweise. Es ist allbekannt, daß ein kräftiger wohlgenährter Organismus der Infektion weit besser widersteht als ein schwächlicher unter ungenügender Er- nährung leidender Körper. So unbestritten und wertvoll aber auch diese Erkenntnis für die individuelle Prophylaxe im einzelnen Falle ist, so wenig sind wir vorläufig leider in der Lage, dieselbe praktisch für die großen Massen zu realisieren, weil wir hier mit der harten Wirklichkeit der sozialen Verhältnisse zu rechnen haben. Wir dürfen uns nicht verhehlen, daß, trotz aller Fortschritte, die unbestritten auch in dieser Hinsicht gemacht worden sind, doch noch heutzutage (und auch für absehbare Zukunft) ein großer Teil der niederen Be- völkerungsschichten bezüglich Nahrung, Wohnung und sonstiger Le- bensführung in hygienisch durchaus ungenügenden Verhältnissen lebt, selbst in den zivilisiertesten Staatswesen. Jedenfalls wäre es ganz verfehlt, alles Heil von der Verbesserung der Lebenshaltung zu er- warten und unterdessen in stummer Resignation die Hände in den Schoß zu legen; da solche Fortschritte nur ganz langsam, im Laufe von Jahrzehnten errungen werden können, so hieße eine solche ein- seitige Betonung dieses Standpunktes nichts anderes, als für die Gegenwart überhaupt auf die Bekämpfung der betreffenden Infektion zu verzichten. Mit Recht tritt FrücGe!l gegen diesen, insbesondere für die Bekämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit von manchen f ’_ ie en a - > - Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 415 Autoren (vgl. z. B. RosensacH?) allzu einseitig vertretenen Stand- punkt auf, indem er geltend macht, daß gerade darin der Triumph der direkten gegen den Erreger gerichteten hygienischen Maßnahmen besteht, daß sie auch unter ungünstigen äußeren Bedingungen große Erfolge zu zeitigen vermögen. — Leichter erreichbar in der Praxis als eine wesentliche Verbesserung der Lebenshaltung ist schon eine syste- matische Stählung des Körpers und Erhöhung seiner Wider- standsfähigkeit; hier tut das Beste eine zweckmäßige körperliche Jugenderziehung und vor allem der Dienst im Heere. b) Vermeidung von Schädlichkeiten, teils allgemeiner Natur (insbesondere Alkoholismus!) teils spezieller prädisponie- render Momente; so wird ein zu Tuberkulose besonders disponiertes Individuum selbst geringfügige Erkrankungen der Atmungswege tun- lichst vermeiden oder doch vorhandene sofort zweckmäßig behandeln ; so wird jedermann in Cholerazeiten selbst leichten Gastrizismen die höchste Beachtung schenken usw. c) Die spezifische Beeinflussung der Disposition durch Schutzimpfung stützt sich auf die Erkenntnis des absolut spezifischen Wesens der Infektion, Resistenz und Immunität; vgl über dieses gegenwärtig unstreitig aktuellste Thema der Bakterio- logie die betreffenden Kapitel an anderer Stelle dieses Handbuchs; hier soll nur besprochen werden, inwieweit und auf welchen verschie- denen Wegen in der Praxis der Seuchenprophylaxe das Verfahren der Schutzimpfung angewendet werden kann. x) Das Ideal bestände in der allgemein-prophylaktischen Anwendung der Schutzimpfung für die ganze Bevölkerung; ein solches Verfahren (das, um wirksam zu sein, natürlich gesetzlich vorgeschrieben und behördlich durchgeführt werden muß!) rechtfertigt sich aber nur dann, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: erstens muß die Schutzimpfung tatsächlich einen wirksamen (praktisch so gut wie absolut sicheren) Schutz gegen die Infektion, und zwar auf Jahre hinaus, gewähren; zweitens muß sie einfach ausführbar und für den Geimpften absolut ungefährlich sein (bei der Bekämpfung von Tierseuchen, wo ja lediglich ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, kann unter Umständen von dieser Bedingung abgesehen werden!), drittens muß die Infektion, gegen die sich die betreffende Schutzimpfung richtet, wirklich eine allgemeine Gefahr für das ganze Volk, nicht bloß für den einzelnen involvieren. Alle diese Bedingungen treffen vorläufig nur bei den Blattern zu und tatsächlich ist die Schutzpockenimpfung bisher die einzige wirklich allgemeine und obligatorisch durchgeführte Schutzimpfung. Dagegen ist z. B. die HArr- KINEsche Schutzimpfung gegen Pest (vgl. daselbst) nicht zur allgemeinen und obligatorischen Anwendung zu empfehlen, da sie weder einen zuverlässigen, noch vor allem einen dauernden Schutz gewährt (BITTER?). Andererseits entsprach die alte Methode der Variolation nicht unserer zweiten oben aufgestellten Be- dingung, nämlich der Ungefährlichkeit für den Patienten. Endlich wird es auch niemandem einfallen, das PAstEursche Verfahren der Wutimpfung zur allgemein-prophylaktischen Anwendung zu empfehlen; es ist zwar ungefährlich und gewährt sicheren Schutz, aber die Gefahr der Wuterkrankung ist relativ gering und kommt lediglich für das Individuum, nicht für die Bevölkerung in Betracht. Es ist notwendig, einmal die Grenzen und die Bedingungen der Wirksam- keit einer allgemeinen und obligatorischen Schutzimpfung festzustellen, um der übertriebenen Wertschätzung, die manche Autoren diesem Verfahren gegenüber der direkten Bekämpfung der Seuche durch hygienische Maßnahmen gegen 416 E. GOTSCHLICH, den Erreger angedeihen lassen, entgegenzutreten; vgl. insbesondere BITTERS treffliche Kritik der ganz einseitigen Anschauungen HAFFKINEs über Pest- bekämpfung (ganz abgesehen davon, daß das Harrkınzsche Verfahren gar nicht einmal auch nur annähernd das leistet, was es müßte, um berechtigten An- sprüchen zu genügen!). Es hat ja im Prinzip gewiß etwas Bestechendes, der Infektion nur an dem einen Punkt entgegenzutreten, an dem man ihr sicher habhaft werden kann, nämlich am empfänglichen Individuum selbst, während die hygienischen Maßnahmen gegen die Seuche naturgemäß mit vieı zahlreicheren und zum Teil schwierig oder gar nicht zu kontrollierenden äußeren Beding- ungen zu rechnen haben. Aber andererseits muß man auch der Mängel eingedenk bleiben, die jedem System der Seuchenprophylaxe durch Schutzimpfung allein, mit Verzicht auf sonstige direkte Maßnahmen, anhaften würden; ein solches einseitiges System würde zwar bestenfalls den Geimpften absolut schützen, aber den Infektionsstoff ungestört lassen, so daß jeder Ungeimpfte oder mangelhaft Geimpfte, der in das betreffende Milieu kommt, (und das ist an Orten mit stark fluktuierender Bevölkerung ganz unvermeidlich, z. B. in Hafenstädten, im Grenz- verkehr usw.) sich schutzlos der Ansteckung preisgegeben sieht. Selbst bei den Blattern trifft dieser Einwand zu, und darum verzichtet auch die Sanitätsgesetz- gebung, trotz des nahezu absoluten Schutzes, den die Vaceination gewährt, nicht auf die strengste Anwendung der Isolierungs- und Desinfektionsmaßregeln in jedem Blatternfall. — Das richtige Verhältnis für alle die Fälle, in denen eine allgemeine und obligatorische Schutzimpfung nicht ausführbar ist (d. h. in allen Fällen, außer bei Variola) ist eben dies, daß die hygienischen Maßnahmen in erster Reihe kommen und die Basis des ganzen prophylaktischen Systems bilden, — während die Schutzimpfung als sekundäres Hilfsmittel für die indivi- duelle Prophylaxe da in Betracht kommt, wo die allgemeinen hygienischen Maßnahmen nicht mehr ausreichen. Diese Fälle lassen sich folgendermaßen rubrizieren: 8) Schutzimpfung für besonders exponierte Personen, so z. B. aktive Immunisierung (KoLLe, HAFFKINE, PFEIFFER, WRIGHT) von Personen, welche der Infektionsgelegenheit besonders ausgesetzt sind, mit abgetöteten oder avirulenten lebenden (STRoNG, CASTELLANI) Kulturen bei Cholera, Typhus und Pest, oder passive Immunisierung für den Fall, daß die besonders hohe Ansteckungs- gefahr nur für eine kurze Zeit besteht (so z. B. bei gesunden Ange- hörigen eines Diphtheriekranken usw.). y) Schutzimpfung nach bereits eingetretener (oder doch mutmaßlich eingetretener) Infektion, in solchen Fällen, in denen die Inkubationszeit der betreffenden Krankheit er- fahrungsgemäß lange genug dauert, um noch unterdessen eine (aktive oder passive) Immunisierung zustande kommen zu lassen. Ein klas- sisches Beispiel dafür ist die Anwendung der Pasrtrurschen Wut- schutzimpfung, die grundsätzlich nur nach erfolgter Ansteckung an- gewendet wird; desgleichen ist auch die Vaccination mit Nutzen noch nach stattgehabtem Kontakt mit einem Blatternkranken aus- führbar. Als Beispiele passiver Immunisierung unter der soeben be- sprochenen Indikation sei prophylaktische Anwendung von Tetanus- antitoxin bei Wunden, die Infektion mit Tetanussporen befürchten lassen, sowie von YersIıns Pestserum nach mutmaßlicher Pestinfek- tion (Verletzung bei Autopsie oder dgl.) genannt. II. Auch gegen den in den empfänglichen Organismus eingedrungenen und daselbst etablierten Mikroben lassen sich in gewissen Fällen noch wirksame Maßnahmen ergreifen; insoweit die selben mit dem therapeutischen Handeln des Arztes zusammenfallen und lediglich die Heilung des Einzelfalles bezwecken, gehört ihre Dar- stellung nicht in den Rahmen einer allgemeinen Prophylaxe; (vgl. darüber übrigens noch von einem anderen Gesichtspunkte aus die Kapitel „Innere Antisepsis“ im Abschnitt „Desinfektion“ und „Chemo- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 417 therapie“ an anderer Stelle dieses Handbuchs). Hier kommen die Maßnahmen gegen den Mikroben innerhalb des empfäng- lichen Organismus nur insoweit in Betracht, als denselben eine spezifisch prophylaktische Wirkung zukommt, sei es für die betreffende Person selbst, sei es für andere. In ersterer Hinsicht haben wir die Prophylaxe von Autoinfek- tionen, die seitens der auf den äußeren oder inneren Körperoberflächen schmarotzenden latenten Krankheitserreger drohen; so schützt man sich gegen Autoinfektion seitens der auf und in der Haut schmarotzenden Eitererreger durch Reinlichkeit; so ist insbesondere auch eine geregelte Mund- pflege (Röse#, RITTER) ein wirksamer Schutz gegen die von den Tonsillen (Diphtherie) oder von kariösen Zähnen (Aktinomyces) aus drohenden Gefahren. Auch operative Eingriffe können zum Zweck der radikalen Entfernung latent infizierter Herde in Betracht kommen, wie z. B. die Entfernung kariöser Zähne oder der Tonsillen (nach SCHICHHOLD® günstige Resultate bei rheumatischen Affektionen); die Exstirpation des Wurmfortsatzes bei latenter Amöbendysenterie (MARTINT?). Für die nähere und entferntere Umgebung des ansteckenden Kranken ist zunächst selbstverständlich jeder therapeutische Erfolg am Kranken prophylaktisch wichtig; denn jeder geheilte Fall bedeutet eben eine Infektionsquelle weniger. Von diesem Standpunkt aus ist denn auch unter Umständen ein gesetzlicher Zwang zur Behandlung, — wie ihn das preußische Seuchen- gesetz gegenüber Trachom, sowie (bei Personen, die gewerbsmäbig Unzucht treiben) gegenüber venerischen Krankheiten — durchaus gerechtfertigt. Die wichtigste — leider bisher noch zum größten Teil ungelöste — Aufgabe ist die Unschädlichmashung bzw. Entkeimung der Bacillenträger. Die Möglichkeit der radikalen Entfernung des Sitzes der latenten Infektion — (vgl. oben bei den Maßnahmen segen Autoinfektion) — ist leider nur selten gegeben, da die latente Infektion meist ganz streng lokalisiert ist; aus diesem Grunde führt z. B. die seinerzeit zur Heilung von Typhus-Dauerausscheidern vor- geschlagene Exstirpation der Gallenblase nicht zum Ziel, weil die Typhusbacillen auch in den Gallenwegen (selbst bis in ihre tieferen Verzweigungen hinein) wuchern (LoELE®). Die Anwendung che- mischer Desinfektionsmittel gibt keine zuverlässigen Resul- tate, selbst wenn die infizierten Herde leicht erreichbar und von ge- ringer Ausdehnung sind; so z. B. gibt es noch kein sicher wirkendes Mittel zur Abtötung von Diphtheriebacillen und Meningokokken im Rachen (ScHhLippr®, BETHGEI10, JocHhmann!i); von den angewandten Mitteln (Wasserstoffsuperoxyd, Protargol, Sozojodol, Natriumperborat) scheint sich das H,O, noch am besten zu bewähren. Man erinnere sich ferner an die großen Schwierigkeiten, die Gonorrhöe zur definitiven Heilung zu bringen; immerhin zeigt gerade dieses praktisch überaus wichtige Beispiel, daß durch konsequente, genügend lange Zeit fort- gesetzte Behandlung ein definitiver Heilerfolg erreicht werden kann. Ganz besondere Schwierigkeiten bietet die Entkeimung von Typhus- dauerausscheidern; während die Typhusbacillen im Harn durch ge- eignete Urgtropinmedikation sicher und rasch zum Verschwinden ge- bracht werden können (vgl. im speziellen Teil) — offenbar weil hier die Abspaltung des wirksamen Desinficiens (des Formaldehyds) am Orte der latenten Infektion selbst (in den Harnwegen) erfolst, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 27 418 ist es bisher noch nicht gelungen, die Ausscheidung der Typhusbacillen mit den Faeces zu sistieren. Gelegentlich werden Erfolge mit Dar- reichung von Menthol (STERN!?), salicylsaurem Natron (HıLsEr- MANN13), Jodkalium oder Acid. arsenicosum (TsuzucHı & Ismına lt) beobachtet, ferner hatte CowrApı!5 im Tierversuch sehr gute Resultate mit intrarectaler Anwendung von Chloroform; aber ein zuverlässiges Mittel steht noch aus und es bleibt hier eine der wichtigsten Fragen der modernen Seuchenprophylaxe zu lösen. — Die Anwendung von Bakterienextrakten (Pyocyanase zur Entkeimung von Di- phtherie- und Meningokokkenträgern, vgl. Lit. 9-41 oder von lebenden Bakterien (saure Milch) zwecks Abtötung der Typhusbacillen im Darm durch vitale Konkurrenz (englisch-indische Armee- berichte!6, Tmomson & LepıncHam!?) hat gleichfalls nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt. Dasselbe gilt von den Versuchen ak- tiver Immunisierung (selbst mit dem eigenen Typhusstamm des Trägers), die nur negative Resultate ergab (vgl. bei LEMKEI®, sowie Lit.16, 17); dagegen bewährte sich dieses Verfahren Prrruschky!? E. GOTSCHLICH, in 6 Fällen zur Entkeimung von Diphtheriebacillenträgern. Bei Protozoen- und Spirochätenerkrankungen ist eine wirksame Bekämpfung der latenten Infektion aussichtsreicher, weil diese Mikro- organismen eine elektive Empfänglichkeit gegenüber gewissen, den menschlichen Organismus verhältnismäßig wenig schädigenden, che- mischen Stoffen haben ; so war schon längst die Möglichkeit der defini- tiven Heilung der Syphilis durch konsequente Hg-Behandlung be- kannt, desgleichen die Unschädlichmachung der Malariaparasiten in den 15% latenten Fällen durch systematische Chininanwendung (nach Koch). In den letzten Jahren sind diese Fragen sehr aktuell ge- worden und insbesondere durch die grundlegenden Arbeiten EHRLICHS und UHLEnHuTHs über Chemotherapie (vgl. den speziellen Ab- schnitt dieses Handbuchs) einer ersprießlichen praktischen Lösung näher gebracht werden. Literatur. l. C. FLÜGGE, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 38, 19, 1901. . OÖ. ROSENBACH, Ref. Baumgartens Jahresber., 1892, S. 651. Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 32, 747, 1902, . BITTER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 30, 448, 1899. Röse, „Anleitung zur Zahn- und Mundpflege“. Jena, G. Fischer, 1900. . RITTER, „Zahn- und Mundpflege im Dienste der öffentlichen Gesundheit“ in Tu. Weyıs Handb. d. Hyg., 2. Suppl.-Bd., 4. Liefg., Jena 1903. . SCHICHHOLD, Münch. med. Wochenschr., 1910, S. 281. . MARTINI, Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg., 1908, S. 588. . LOELE, Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 33. . SCHLIPPE, ebenda, 1908, S. 588. . BETHGE, ebenda, 1910, Nr. 2. . JOCHMANN, Klin. Jahrb., Bd. 22, Nr. 4, 1910. . STERN, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 59, 1908. . HILGERMANN, Klin. Jahrb., Bd. 22, 291. . TsuzucHhıi & IsHipA, Deutsche med. Wochenschr., 1910, S. 1605. 3. CoNRADI, Freie Vereinigung für Mikrobiologie, Berlin; Orig.-Ber., Beilage z. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 47, 1910. „ Ref. Bullde LOff. d’hye. publ; T,; Nr. 8, II, Nr. 2% . THOMSON & LEDINGHAM, Ref. ebenda, T. 3, Nr. 2, 1911. . LEMKE, Zeitschr. f. Med.-Beamte, 1909, Nr. 9. . PETRUSCHKY, Arb. a. d. path. Inst. Tübingen, Bd. 6, Nr. 2, 1908. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 419 E. Bekämpfung der Infektionserreger in Tieren, die zu ihrer Verbreitung beitragen können. Die fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnis der Lebensverhältnisse der Infektionserreger außerhalb des infizierten menschlichen Organismus hat gerade in den letzten Jahren die (bei einigen Infektionskrankheiten geradezu ausschließ- liche) Bedeutung der Uebertragung und Weiterverbreitung des Virus durch Tiere dargetan und damit auch den prophylaktischen Bestrebungen neue und überaus mannigfaltige Wege gewiesen. Prinzipiell lassen sich drei Fälle (erkranktes Tier, Tier als Zwischenträger und als Zwischenwirt) unterscheiden, in denen ein Tier zur Verbreitung eines Infektionserregers beitragen kann (vgl. Bd. 1, S. 220ff.). Der außerordentlichen Mannigfaltigkeit der in diesen verschiedenen Be- ziehungen in Betracht kommenden Tierarten, sowie der überaus verschiedenen Infektionsmodi entspricht eine ebenso große Mannigfaltigkeit der prophylaktischen Maßnahmen, betreffend derer daher von Fall zu Fall auf die speziellen Ab- schnitte zu verweisen ist. Hier seien nur kurz die Grundsätze entwickelt, nach denen im allgemeinen eine Prophylaxe der Infektion durch Tiere zu gestalten ist. Es kommen zu diesem Zwecke drei Möglichkeiten in Betracht: entweder von vornherein die Infektion des Tieres zu verhüten, oder das Virus in und eventuell mit dem infizierten Tier zu vernichten, oder (wenn beides nicht aus- führbar ist) die Uebertragung des Infektionsstoffes vom Tier auf den Menschen zu verhindern. ad l. Die Verhütung des Zustandekommens der Infektion beim Tiere wäre natürlich das wirksamste Verfahren, weil hiermit alle Gefahr a limine abgewiesen wäre, und auch praktisch von um so größerer Bedeutung, als hiermit gleichzeitig bei Haustieren wirtschaftliche Vorteile, die Gesund- erhaltung des Tierbestandes, angestrebt und erreicht werden. Wenn es sich um Seuchen handelt, die im Inland gar nicht oder nur selten vorkommen und vom Ausland her eingeschleppt werden könnten, dann sind Einfuhr- verbote und Tierquarantänen am Platze; letztere können selbstverständlich in viel strengerer Form durchgeführt werden als dies gegenüber dem mensch- lichen Verkehr möglich ist. Hier sei nur daran erinnert, wie dank dieses Grenzschutzes Milzbrand und Rotz in Deutschland seltene Krankheiten geworden sind, ferner in wie vollkommener Weise sich England, begünstigt durch seine insulare Lage, durch rigorose Bestimmungen betr. der Einfuhr von Hunden, gegenüber der Hundswut geschützt hat. Vgl. auch oben S. 386 über die Quaran- tänebestimmungen, betr. Vertilgung von Ratten und Mücken auf pest- bzw. gelbfieberverdächtigen Schiffen. — Ist die Seuche im Inland heimisch, dann kommt es darauf an, jede Berührung der empfänglichen Tierarten mit dem Er- krankten zu verhindern; so ist jeder Gelbfieberfall mückensicher zu isolieren, damit die Stegomyien nicht Gelegenheit finden, sich mit dem virushaltigen Blut zu infizieren und die Seuche weiter zu verbreiten; desgleichen sind Dejektionen streng vor dem Kontakt mit Fliegen zu schützen. ad 2. Die Vernichtung des Infektionsstoffes im infizierten Tier erfolgt in zweierlei prinzipiell verschiedener Weise: a) Verhältnismäßig selten gelingt es bisher noch, das Virus im infi- zierten Tier zu vernichten, und dabei dennoch das Leben des betr. Tieres zu erhalten; für diese (soweit es sich um Haustiere handelt, auch wirt- schaftlich zweckmäßigste) Lösung fehlt es bis heute noch gegenüber den aller- meisten Infektionen an wirksamen Mitteln zur ‚inneren Antisepsis“ und es ist nur zu hoffen, daß hierin die modernen chemotherapeutischen Ergebnisse einen Wandel bringen werden. b) Meist läßt sich die Vernichtung des Ansteckungsstoffes in praktisch durchführbarer Weise nur gleichzeitig mit und durch die Tötung des infizierten Tieres selbst erreichen — eine Aufgabe, die auf keine großen Schwierigkeiten stößt, sobald es sich um Haustiere handelt (Milzbrand, Rotz, Hundswut), die aber sehr schwer zu lösen ist, falls es sich um frei- lebende wilde Tierarten handelt (Ratten und andere Nager bei Pest). In letz- terem Falle. wo ja der Natur der Sache nach die Kenntnis jedes einzelnen erkrankten Tieres einfach zur Unmöglichkeit wird, handelt es sich um die Organi- sation eines allgemeinen Vernichtungskampfes gegen die betr. Species, wenigstens an den der Infektion ausgesetzten Arten. Ueber die mannigfaltigen Y7# _ 420 E. GOTSCHLICH, zu diesem Behufe vorgeschlagenen Mittel (Abschuß und Fang der herren- losen Hunde gegenüber Tollwut, — direkter Fang in Fallen, Zahlung von Fang- prämien, chemisches Gift, künstliche Erzeugung von Infektionskrankheiten, Be- günstigung der natürlichen Feinde der zu vertilgenden Art gegenüber der Ratten- pest) vgl. die betr. speziellen Kapitel. Ein wirklicher Erfolg ist nur bei andauerndem systematischen Vorgehen zu erwarten; sonst werden die entstan- denen Lücken nur allzu rasch wieder durch die natürliche Vermehrung der betr. Tierart ausgefüllt. — Gegenüber manchen blutsaugenden Insekten (Mücken, Glossinen) ist die Möglichkeit einer rationellen Vertilgung durch das Vor- gehen gegen die Brutstätten derselben gegeben; so ist eine Mückenvertilgung im großen Stil an vielen Orten dadurch mit großem Erfolg bewerkstelligt worden, daß man nach Möglichkeit alle als Brutstätten der Mücken dienenden Tümpel ete. beseitigt und da, wo dies nicht möglich ist, die Mückenlarven im Wasser durch Luftabschluß abtötet; in ähnlicher Weise wird der Glossina die Möglichkeit zur Vermehrung durch Entfernung des Unterholzes an gefährdeten See- und Flußufern benommen. Daneben ist natürlich auch das Vorgehen gegen die er- wachsenen Formen (Imagines) nicht: zu vernachlässigen (z. B. durch Aus- räuchern der Mücken in Kanälen, Kellern ete.). — Gegenüber solchen krank- heitsübertragenden Insekten, die eine streng parasitische Lebensweise führen (Flöhe, Läuse), ist die einzig wirksame Prophylaxe in den Maßnahmen zur Rein- lichkeit am Haus und Körper zu suchen, — wie sie allerdings erst bei fortge- schrittener Zivilisation sich als allgemein durchführbar erweisen; daher sind auch gerade diejenigen Seuchen, die sich durch Parasiten des Menschen über- tragen (wie Fleckfieber und Rückfalltyphus durch Kleiderläuse) erst den Seg- nungen einer höheren Zivilisation gewichen. — ad 3. In allen den Fällen, in denen man mit der Existenz der Infektion unter gewissen Tierarten zu rechnen hat, bleibt als letzte Zuflucht die Fern- haltung dieser Tiere vom Menschen, so daß die Uebertragung der In- fektion ausgeschlossen ist. Die meisten hierher zu rechnenden Maßnahmen ge- hören in das Gebiet der individuellen Prophylaxe, wie z. B. der Schutz gegen Mücken durch das Moskitonetz, der Schutz der Nahrungsmittel vor In- fektion durch Fliegen, die Fernhaltung von Ratten von reinlich gehaltenen Woh- nungen usw. Aber auch die öffentliche Gesundheitspflege vermag sich auf diesem Gebiete zu betätigen, wie z. B. durch die systematische Assanierung zwecks Be- kämpfung der Ratten; selbst gesetzgeberisch kann in dieser Hinsicht vorgegangen werden, wie z. B. durch Verfügung des Maulkorbzwanges zur Verhütung von Tollwut; hierher gehören endlich aus dem Gebiete der Nahrungsmittelhygiene alle diejenigen Maßnahmen, die eine Verwendung von Milch, Fleisch und anderen Pro- dukten infizierter Tiere ausschließen (vgl. weiter unten S. 433). F. Bekämpfung der Infektionserreger in der unbelebten Natur. Im ersten Bande dieses Handbuches, S. 219—287, wurde das Vorkommen und Verhalten der pathogenen Mikroorganismen in der unbelebten Natur ge- schildert, und wir haben erkannt, daß viele Arten der bekanntesten Infektions- erreger in der Außenwelt längere Zeit sich lebensfähig zu erhalten, ja in einigen Medien unter günstigen Umständen zuweilen sogar zur Vermehrung ge- langen können. Unter Hinweis auf die dort niedergelegten Daten geben wir im folgenden eine allgemeine Uebersicht der prophylaktischen Maßnahmen, die sich gegen jene von der Außenwelt her drohenden Infektionsgefahren richten. Es ist natürlich im Rahmen dieses Handbuches nicht möglich, auf alle Einzel- heiten einzugehen, und ist in dieser Hinsicht auf die Handbücher der Hy- giene zu verweisen. Hier kann nur auf das für die Verbreitung der Seuchen unmittelbar Wichtige genauer eingegangen werden, während wir uns im übrigen auf eine Skizzierung in allgemeineren Zügen beschränken müssen. I. Prophylaxe gegen Luiftinfektion. Da die Möglichkeit einer Luftinfektion im Freien so gut wie gar nicht in Betracht kommt (vgl. übrigens noch weiter unten bei Abfallstoffen und Assanierung!), so wenden wir uns sogleich zu der praktisch ungleich wichtigeren Frage der Verhütung von Luft- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 421 infektion in geschlossenen Räumen. Betreffs aller Einzelheiten sei insbesondere auf das Kapitel „Tuberkulose“ im speziellen Teil verwiesen, ebendaselbst auf die Maßnahmen bei Lungenpest, In- fluenza, Diphtherie, Cerebrospinalmeningitis. Bei der Tuberkulose ist die Verhütung der Luftinfektion in geschlossenen Räumen überhaupt der wesentlichste Teil der gesamten prophylaktischen Bestrebungen. Im allgemeinen sei hier nur so viel gesagt, daß sich, entsprechend der zweifachen Natur der infektionstüchtigen Elemente in der Luft als „Stäubchen“ und „Tröpfchen“ auch die prophylaktischen Maß- nahmen in zwei entsprechenden Richtungen bewegen. Gegen die Stäubcheninfektion sind ins Feld zu führen: erstens Verhütung jeder Ausstreuung infektiösen Materials (schon wegen der Mög- lichkeit direkter Kontaktinfektion !), zweitens, wo doch eine solche Ausstreuung stattgefunden hat oder der Natur der Sache nach un- vermeidlich ist, Verhütung der Eintrocknung des infektiösen Materials (durch geeignete Auffangvorrichtung, Befeuchtung usw.); drittens Verhütung jeder Staubentwickelung; in Wohn- und Arbeitsräumen, vor allem aber in Krankenzimmern, sollte nie trocken abgestäubt und aufgekehrt, sondern stets feucht aufgewischt werden ; Manipulationen, bei denen Staubentwickelung unvermeidlich ist (als Teppichklopfen, Kleiderbürsten usw.) sollte nie in geschlossenen Räumen (auch nicht in Treppenhäusern und auf Balkons!), sondern ausschließlich im Freien erfolgen! Sehr zweckmäßig sind die me- chanischen Entstäubungsanlagen, in welchen der Staub ab- gesaugt und vollständig unschädlich gemacht wird. Endlich sei noch daran erinnert, daß da, wo einmal infektiöses staubförmiges Material in der Luft vorhanden ist, das einzige Mittel zur sicheren Beseitigung desselben ausschließlich in einer gründlichen Desinfektion des betreffenden Raumes gegeben ist, während Lüftung hierzu in keiner Weise imstande ist (vgl. Bd. I, S. 229). Gegenüber der kritiklosen Ueberschätzung der Rolle, welche der Venti- lation noch immer im großen Publikum, und selbst seitens vieler Aerzte und Gesundheitstechniker, gegenüber der Verhütung der Luftinfektion zugeschrieben wird, muß immer und immer wieder energisch Front gemacht werden. Die Be- strebungen für ausreichende Ventilation sind indirekt von Wert, indem dadurch der Reinlichkeit Vorschub geleistet und einer Ueberfüllung der Wohn- und Krankenzimmer vorgebeugt wird. Nur unter speziellen Umständen, z. B. in ge- wissen Fabrikbetrieben (Lumpen usw.), wo eine sehr machtvolle Ventilation am Ort der Staubentwickelung selbst einsetzt und den Staub im Augenblick seiner Bildung absaugt und unschädlich macht, vermag dieselbe einen direkten Einfluß gegen staubförmige Infektionsstoffe geltend zu machen. Die Maßnahmen gegenüber der Tröpfcheninfektion gehören ausschließlich in das Gebiet der individuellen Prophylaxe, und zwar sowohl seitens des die Tröpfchen produzierenden Patienten als auch seitens seiner Umgebung. Im allgemeinen genügt es voll- ständig (vgl. die grundlegenden Untersuchungen Frücges über die Verbreitung der Tuberkulose), wenn man sich von dem hustenden Patienten auf mindestens Armlänge entfernt hält und während der Hustenanfälle des Patienten den Kopf zur Seite hält, um direktes Angehustetwerden zu vermeiden. Selbst gegenüber einer so hoch- infektiösen Krankheit wie Lungenpest erwiesen sich diese einfachen Vorsichtsmaßregeln als recht wirksam; ein weitergehender Schutz für Personen, die dauernd der Infektion ausgesetzt sind (Arztund Pfleger), läßt sich durch Tragen von Respiratoren erreichen (ScHREYER!). 422 E. GOTSCHLICH, II. Verhütung der Iniektion vom Boden aus. Während in früherer Zeit unter dem beherrschenden Einfluß der v. PETTEN- KOFERschen „Bodentheorie“ (vgl. Bd.l, S.238ff.) der Boden geradezu als die Hauptaufgabe der Hygiene und Seuchenprophylaxe angesehen ‘wurde, hat die fortschreitende Erkenntnis gelehrt, daß die Beschaffenheit der tieferen Bodenschichten für den Verlauf und die Verbreitung der Infektionskrank- heiten geradezu als gleichgültig zu bezeichnen ist (abgesehen von gewissen Fällen bei Grund- und Quellwasserversorgung; vgl. weiter unten!). Die ober- flächlichen Bodenschichten kommen für die Seuchenprophylaxe zwar in Be- tracht, aber auch nicht an sich, sondern nur in bezug auf die dahin gelangten Abfallstoffe und infektiösen Exkrete (vgl. weiter unten). Nur bei zwei Seuchen sind spezielle Maßnahmen gegen hygienisch ungünstige Verhält- nisse der Bodenoberfläche möglich, nämlich bei Malariaböden und bei den sog. „Milzbrandweiden“, und zwar in beiden Fällen durch Austrocknung bzw. Verhütung von Ueberschwemmung. Im Grunde genommen ist auch hier eine direkte Einwirkung gegen den Infektionserreger selbst nur bei Milzbrand vorhanden, während bei der Malaria die günstige Wirkung der Bodenaustrock- nung sich nicht gegen den Erreger selbst, sondern gegen die ihm als Zwischen- wirt dienenden Mücken richtet. III. Prophylaxe der Trinkwasserinfektionen. Die Erfahrung der beiden letzten Jahrzehnte hat erwiesen, daß das Trinkwasser einen der wichtigsten Infektionsträger für Cholera, Typhus, Ruhr, Gastrointestinalerkrankungen der Kinder darstellt. Das was die Trinkwasserinfektionen so besonders verhängnisvoll erscheinen läßt, ist das massenhafte explosionsartige Auftreten gehäufter Er- krankungsfälle im Versorgungsbezirk einer infizierten Wasserentnahme- stelle (insbesondere bei Cholera!). Mit Rücksicht auf diese prädo- minierende Rolle des Trinkwassers in der Aetiologie von Cholera und Typhus rechtfertigen sich ganz besonders strenge Maß- regeln zur Ueberwachung der Wasserversorgung in Epi- demiezeiten. Die Hauptsache ist aber, daß schon in seuche- freier Zeit Vorsorge für eine gute Wasserversorgung getroffen sein muß. Unter allen Umständen ist, wenigstens für Städte und industrielle Distrikte, eine zentrale Wasserversorgung und Wasserreinigung anzustreben; zwar ist auch für den einzelnen eine hygienisch absolut einwandfreie Wasserversorgung und Wasser- reinigung im Hause möglich (vgl. weiter unten), jedoch setzt das stets eine gewisse Sorgfalt (und meist auch Ausgaben) von seiten des einzelnen voraus, und darauf wird man sich nie verlassen können, wenn es darauf ankommt, eine ganze Bevölkerung (zumal eine solche mit zahlreichen indolenten und mittellosen Individuen) vor den furcht- baren Gefahren der Trinkwasserverseuchung zu schützen. Für eine zentrale Wasserversorgung kommt in erster Linie Grundwasser in Betracht, indem dasselbe bei dichtem Zustand der über der wasser- führenden Schicht lagernden Bodenschichten die größten Garantien betreffs Keimfreiheit bietet (vel. Bd. I, S. 250£.). In jedem Falle, wo es sich um Einrichtung einer zentralen Wasserver- sorgung handelt, sollte man sich in erster Linie stets nach Grundwasser umsehen und auf andere Bezugsquellen nur dann zurückgreifen, wenn die praktischen Verhältnisse die Beschaffung von Grundwasser nicht gestatten. Die Schwierig- keiten, die das Grundwasser häufig durch seinen Eisen- und Mangangehalt bietet, lassen sich durch Anwendung chemischer Reinigungsmethoden verhält- nismäßig elicht überwinden. Orte mit allzu durchlässigen oberen Boden- schichten, sowie unmittelbare Nähe eines Flußlaufes sind zu vermeiden, da unter diesen Verhältnissen leicht Keime ins Grundwasser gelangen können (vgl. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 423 Bd. I, S. 250f.). Ueber alle diese Verhältnisse ist stets durch vorherige An- lage und mehrmonatliche Bewirtschaftung eines Versuchsbrunnens mit fort- laufender Kontrolle des Wassers, sowohl bezüglich der quantitativen Verhältnisse, wie auch des chemischen und bakteriologischen Verhaltens, volle Klarheit zu schaffen. Für den einzelnen Haushalt läßt sich das Grundwasser nutzbar machen durch Erschließung von Brunnen. Vgl. über Kesselbrunnen und die ihnen anhaftenden Mängel, sowie über die hygienisch durchaus einwand- freien Röhren- oder Abyssinierbrunnen Bd. I, S. 251, über die Grund- sätze zur Begutachtung von Brunnen ebenda S. 253. Uebrigens kann ein vor- handener Kesselbrunnen leicht in einen Röhrenbrunnen umgewandelt werden, indem man den Brunnenschacht (nach vorhergegangenem starken Abpumpen und event. Desinfektion!) mit einwandfreiem Material (unten Kies, oben Sand und Erde) auffüllt und wasserdicht abdeckt. — Ueber Versuche, künstliches Grundwasser durch Berieselung von Wiesen mit Öberflächenwasser und Wiedergewinnung desselben durch Sickergallerien usw. zu gewinnen, vgl. bei Laser !a; dieses Verfahren hat sich bis jetzt im Großen noch nicht bewährt. Quellwasser ist genau wie Grundwasser zu beurteilen; je- doch ist gerade hier, mit Rücksicht auf mehrfache üble Erfahrungen der letzten Zeit (GÄRTNER?), peinlich darauf zu achten, dab im Niederschlagsgebiet die oberen Bodenschichten undurchlässig sind und daß dasselbe von allen eventuell in Betracht kommenden Infektions- quellen (gedüngten Feldern und Gärten, menschlichen Niederlassungen) völlig freigehalten bleibt. Falls nicht absolute Garantien in dieser Hinsicht gegeben sind, so empfiehlt sich die Einrichtung einer fort- laufenden bakteriologischen Kontrolle; vgl. z. B. über die Verhält- nisse in Paris (Brenstock!b),. Talsperrenwasser ist je nach den örtlichen Bedingungen verschieden zu beurteilen. Sind alle ver- unreinigenden Momente aus dem Niederschlagsgebiet ferngehalten, ist man ferner sicher, daß die Zuflüsse zur Talsperre bei ihrem Eintritt in dieselbe immer und unter allen Umständen, z. B. auch zur Zeit der Schneeschmelze, von durchaus einwandfreier Beschaffenheit und nicht etwa selbst schon vorher der Infektion ausgesetzt sind, ist endlich das Staubecken selbst vor jeder Verunreinigung (Baden!) sicher geschützt, so kann man das Talsperrenwasser genau wie Quell- wasser beurteilen und von einer weiteren Reinigung absehen (vgl. z. B. Kruses?@ Untersuchungen an der Remscheider Talsperre). Sind dagegen diese Bedingungen nur unvollkommen erfüllt, so ist das Tal- sperrenwasser als Oberflächenwasser anzusehen und wie dieses grundsätzlich einer bakteriologisch wirksamen Reinigung zu unter- ziehen. Zur Reinigung des Oberflächenwassers für hygienische Gewerbe, insbesondere zum Gebrauch als Trinkwasser, kommen ver- schiedene Methoden in Betracht, von denen jedoch nur sehr wenige sich für den Großbetrieb eignen. a) Das einfachste und radikalste Mittel, um Wasser von sämt- lichen darin enthaltenen Infektionserregern zu befreien, ist das Ab- kochen; für den Haushalt, und ganz besonders in Epidemiezeiten, bleibt dies das beste Mittel zur Sterilisation des Wassers. Auch ist dıe beste Regel individueller Prophylaxe in bezug auf das Trink- wasser die, Wasser von nicht absolut einwandfreier Beschaffenheit und Provenienz nur in gekochtem Zustande zu genießen. Die früher gegen den Gebrauch gekochten Wassers erhobenen Bedenken sind durchaus hinfällig (BIZZozERO°®); selbst nach jahrelangem ununterbrochenen Gebrauch treten, wie Verfasser aus eigener Erfahrung bestätigen kann, keinerlei Gesundheitsstörungen auf. Es genügt ein ganz kurzes Aufkochen, da alle für 424 E. GOTSCHLICH, den Menschen praktisch in Betracht kommenden Infektionserreger schon bei Temperaturen von ca. 60° in wenigen Minuten, und bei 100° geradezu augen- blicklich getötet werden. Ein Uebelstand bleibt, daß das zum Siedepunkt er- hitzte und der spontanen Abkühlung überlassene Wasser hierzu einer langen Zeit bedarf, während der es (besonders bei offenem Stehen oder durch Mani- pulieren) erneuter Infektion ausgesetzt ist. Diesem Uebelstand ist durch be- sondere Wasserkochapparate (System W. v. SIEMENS) abgeholfen, in denen das heiße abgekochte Wasser durch das gegenströmende kalte Rohwasser gekühlt wird; gleichzeitig resultiert durch die Vorwärmung des letzteren eine bedeutende Heizersparnis; hygienisch arbeiten diese Apparate durchaus einwand- frei (SCHULTZ#, RUBNER & Davıps®, SCHÜDER & PROSKAUER®, letztere Ver- suche mit einem fahrbaren Apparat). In neuerer Zeit ist ein kleiner Apparat (LEPAGE) speziell für einzelne Haushaltungen angegeben, der auf demselben Prinzip beruht, dabei aber noch die zweckmäßige Neuerung aufweist, daß die Heizquelle (Spirituslampe) gleichzeitig auch ausschließlich die Fortbewegung des Wassers im Apparate bewirkt (durch Ueberdrücken des Wassers aus dem Heizkesselchen mittels Siphon); mit dem Erlöschen der Heizquelle kommt auch augenblicklich der Zufluß zum Stehen, so daß ein Durchpassieren unge- kochten Wassers während einer Unterbrechung des Siedens (ein Uebelstand, der bei manchen älteren Systemen zu fürchten war) unmöglich geworden ist. Verfasser hat bei eigenen Untersuchungen ausgezeichnete Resultate erhalten. Der Vollständigkeit halber sei noch die Gewinnung von keim- freiem Trinkwasser durch Destillation zu nennen, die allerdings wohl nur bei Meerwasser in Betracht kommt; in der ägyptischen Pilgerquarantänestation El Tor ist eine solche Anlage für den Tages- bedarf von 20090 Personen ausreichend vorhanden. Im allgemeinen aber eignet sich die Trinkwassersterilisierung durch Erhitzen nicht für den Großbetrieb, weil zu kostspielig. b) Sterilisation auf chemischem Wege. Die ersten Ver- suche in dieser Hinsicht gingen davon aus, daß es möglich ist, durch Zusatz gewisser Chemikalien zu trübem Wasser Niederschlagsbildung und Klärung zu erzielen. In der Tat erhielten V. & A. BABES’, BURLUREAUX®, FRANKLAND? durch Präzipitation mit Alaun, Aetzkalk, Eisensulfat, Eisenschwamm, Kreide, Kohlen- pulver usw. sehr beachtenswerte Verminderung der Keime, angeblich bei einigen Mitteln zuweilen auch vollständige Sterilisierung — bei Anwendung der Chemi- kalien in Dosen, die einer Verwendung als Trinkwasser nicht im Wege gestanden wären. Doch zeigte schon Teıcm !®, daß nach der anfänglichen Verminderung der Keime nachträglich wieder eine Vermehrung stattfindet und daß der Effekt der chemischen Behandlung (0,3 g Alaun pro Liter Wasser) Typhusbacillen gegenüber durchaus unzuverlässig war. PLAGGE & SCHUMBURG!! erwiesen, daß Cholerabacillen durch 0,3 Prom., Typhusbaeillen bei 1,2 Prom. Alaun binnen 26 Stunden im Spreewasser abgetötet wurden; die entsprechenden Werte für Kaliumpermanganat waren gar nur 0,002 Prom. und 0,013 Prom. ‚Jedoch: handelte es sich um filtrierte Bakterienaufschwemmungen; im Innern dickerer bakterienhaltiger Klümpchen bleiben die Keime lebend, desgleichen im Innern der durch Kalk (0,5 Prom.) ausgefällten Niederschlagsflocken, obgleich «as darüber- stehende Wasser selbst sich als bakterienfrei erwies. Auch hängt offenbar der Effekt sehr von der Beschaffenheit des Wassers ab; in sehr trübem tonhaltigen Wasser (z. B. Nilwasser) wird das Permanganat an die Tonteilchen gebunden, und der Sterilisationseffekt wird dementsprechend verringert. Zum großen Teile sind die vermeintlichen Sterilisationseffekte durch präzipitierende Mittel jeden- falls nur scheinbare und beruhen nur auf mechanischer Einschließung und Ausfällung in und mit dem entstehenden Sediment. Günstigere Resultate ergaben die Versuche mit den (stark bak- teriziden) Halogenen; Zusammenfassung der Literatur siehe bei ScHüper1%a und HrrschH !!a, TRAUBE!? beobachtete zuerst vollständige Sterilisierung (wenigstens der vegetatiren Formen) durch zweistündige Einwirkung von 0,0043 Prom. Chlor- kalk (entsprechend 0,001 Prom. Cl) und nachträgliche Bindung des nichtver- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 425 brauchten Chlor mittels 0,002 Prom. Natriumsulfit. Jedoch zeigten LoDE !% und BassEenGE!#, daß diese ursprünglich von TRAUBE angegebene Dosis nicht ausreichend sei; um in sehr stark verunreinigtem Wasser binnen 10 Minuten vollständige Abtötung der vegetativen Keime zu erreichen, war ein Zusatz von 0,15 Prom. Chlorkalk erforderlich; die Ausfällung erfolgt nach BAssEnGE besser und vollständiger durch doppelschwefligsauren Kalk. Um die nach der Neutralisation entstehende unappetitliche Trübung des Wassers zu beseitigen, setzte LopE!®b mit gutem Erfolge zwischen der Chlorkalkbehandlung und der Bindung des überschüssigen Chlors Salzsäure zu. LopE!?b vermochte mit seiner Methode selbst große Wassermengen (z. B. ein Schwimmbad von 150 cbm Inhalt!) zu sterilisieren. BABUCKE! bewies endlich, daß auch in typhus- infizierten Badewässern, die feste Faecespartikelchen enthalten, selbst im Innern dieser Partikeln, eine sichere Abtötung aller vegetativen Formen binnen !/a Stunde zu erreichen war, wenn man die Chlorkalkdosis auf 1 g pro Liter er- höhte; unter diesen Umständen kostet die Desinfektion eines Vollbades (200 Liter) nicht ganz 4 Pfg.*). HÜNERMANN & TEITER !6a empfehlen zur Trink- wasserdesinfektion mittels Chlor das Natriumhypochlorit (im Handel gelöst als Eau de Lavarraque); durch eine Dosis von 0,04 Prom. Chlor sollten Cholera- und Typhusbacillen binnen 10 Minuten abgetötet werden; in Harn- oder Faeces- aufschwemmungen jedoch traten Mißerfolge infolge von Bindung des Chlors seitens der organischen Substanzen ein. Vor allem aber wiesen SCHÜDER !7 und Rags!® nach, daß es sich fast stets nur um eine (zwar sehr erhebliche) Verminderung, nicht aber um eine sichere vollständige Abtötung handelt, indem bei Aussaat größerer Wassermengen (und insbesondere bei Anwendung von An- reicherungsverfahren) in dem (nach den gewöhnlichen Untersuchungsmethoden mit Verwendung geringer Aussaatmengen scheinbar keimfreien) Wasser doch noch vereinzelte pathogene Keime nachweisbar blieben; nach Rags gelang völlige Sterilisierung mit dem HÜNERMANN & Deiterschen Verfahren bei einer Ein- wirkung von 30 Minuten. In Nordamerika werden Hypochlorite und Chlorkalk im großen mit Erfolg zur Trinkwasserreinigung angewendet 18a (zit. nach SPITTA, =2109). Mit Rücksicht auf die der Chlordesinfektion anhaftenden Mängel, insbe- sondere die Unmöglichkeit einer genauen Dosierung (infolge Abnahme des Chlor- gehalts beim Lagern der verwendeten Präparate), führte ScHumBurG das Brom zu gleichem Zwecke ein; seine Versuche mit Wasser, das durch Zusatz von Kulturaufschwemmungen von Cholera- und Typhusbaeillen künstlich infiziert war (wobei jedoch durch vorgängige Filtration durch gehärtete Papierfilter Anwesenheit irgendwelcher größerer Partikeln in dem zu sterilisierenden Wasser ausgeschlossen war) ergaben, daß die Keime durch eine 5 Minuten lang dauernde Einwirkung von 0,06 & Brom pro Liter Wasser mit Sicherheit abge- tötet waren. Das Brom wurde in Form einer genau dosierten (eventuell in Glasröhrchen eingeschmolzenen) Brom-Bromkalilösung angewandt und das über- schüssige Brom nach Beendigung der Sterilisation durch 0,2 ccm einer 9-proz. Ammoniaklösung unschädlich gemacht. Später wurde die Neutralisation in praktischerer Form durch ein Gemisch von Natrium sulfurosum und Natrium carbonicum (in Tablettenform genau dosiert) bewirkt (PLAGGE?%, PLAGGE & SCHUMBURG!!). Die geringen Mengen von Bromsalzen, die im Wasser nach der Sterilisation verbleiben, verleihen dem Wasser einen leicht laugenhaften (an abgestandenes Selterswasser erinnernden) Geschmack, sind aber selbst bei längerem Gebrauch eines solchen Trinkwassers durchaus unbedenklich. Sehr wesentlich ist energisches Umrühren des Wassers während der Sterilisierung, da sich sonst das spezifisch schwerere Brom zu Boden senkt und der ge- wünschte Effekt ausbleibt (PrunL?!),. Durch hohen Härtegrad oder starken Gehalt an organischen Substanzen wird, infolge von Bindung des Broms, der Sterilisationseffekt beeinträchtigt; in diesem Falle ist so viel Brom zuzusetzen, daß das zu sterilisierende Wasser während 2—3 Minuten eine deutliche Gelb- färbung aufweist. Gegenüber diesen günstigen Erfolgen, denen noch die Versuche von KAzss??, BALLNER?® und TeESTI* anzuschließen wären, stehen jedoch die ungünstigen Resultate der praktischen Versuche von MORGENROTH & WEIGT >? *) Ueber Desinfektion von Badewasser vgl. auch bei NıcLanp!’a und FORSTER !%, die eine vollständige Abtötung von Cholerabacillen (allerdings in recht reinem Leitungswasser) durch Sublimat schon bei einer Verdünnung von. 1:30 Millionen beobachteten und daher das Sublimat zu gedachtem Zwecke empfehlen. 426 E. GOTSCHLICH, gelegentlich der Chinaexpedition, sowie vor allem der sorgfältigen Nachprüfungen durch SCHÜDER?*. Letzterer Autor ermittelte (durch Anwendung des Pepton- wasser-Anreicherungsverfahrens für Cholerabacillen und durch Aussaat größerer Mengen des „sterilisierten“ Wassers), daß das SCHUMBURGSche Wasserreini- gungsverfahren mittels Brom nur eine (zwar sehr erhebliche) Verminderung, nicht aber eine vollständige sichere Beseitigung der pathogenen Keime bewirkt; zudem ist für die Praxis ganz besonders bedenklich, daß die im Innern klein- ster Kulturbröckelehen enthaltenen Keime, wie auch SCHUMBURG und PFuHL selbst zugeben, nicht abgetötet werden; es ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß sich in infiziertem ‘Wasser derartige kleine infizierte Partikel (z. B. aus Faeces) finden. Vgl. auch die Polemik zwischen den beteiligten Autoren (PFUHL, SCHUMBURG, ISCHÜDER ?°), sowie die ebenfalls ungünstigen Resultate von ENGELS; jedenfalls wird man hiernach das Schumgurssche Verfahren der Wasserreini- gung nicht als für die Praxis genügend zuverlässig betrachten können. — Jod ist in den für die Praxis möglichen Konzentrationen ganz unbrauchbar zur Trink- wassersterilisierung (Kazss2?2). Unter den Fluorsalzen ist das Fluorsilber („Tachyol“) zur Trinkwasserdesinfektion vorgeschlagen worden; zitiert nach HETscH Ha. Wasserstoffsuperoxyd bewirkt nach ALTEHÖFER ?® und TRAUGOTT?® sichere Sterilisierung des Trinkwassers (wobei allerdings der Gehalt an orga- nischen Substanzen nicht allzu groß sein durfte), und insbesondere vollständige Abtötung der zugesetzten Typhus- und Cholerabacillen, in l-proz. Lösung binnen 24 Stunden. Derselbe Effekt tritt bei Verwendung von Natriumsuperoxyd nach BrLarz®° schon in 1-prom. Lösung bei Einwirkung von 3 Stunden gegen- über Cholera-, 6 Stunden gegenüber Typhusbacillen ein; als Geschmackscorrigens dient ein nachträglicher kleiner Zusatz von Zitronensäure. Noch günstigere Resultate ergaben die neueren Versuche von REICHEL?%a, CRONER?b und HerscH !!a mit Wasserstoffsuperoxyd und Maenesiumsuperoxyd; nach HETSCH genügt 0,15 Perhydrol zu einem Liter Wasser zugesetzt zur Abtötung von Typhus- bacillen binnen 20 Minuten. Auch hier wären aber jedenfalls Nachprüfungen mit Anwendung von Anreicherungsverfahren (vgl. bei SCHÜDER ?%) (drmgend zu empfehlen. Als einzige Methode einer Trinkwassersterilisation auf chemischem Wege, die wirklich zuverlässige Resultate ergibt und dabei auch für den Großbetrieb (städtische Wasserwerke) anwendbar ist, läßt sich bis jetzt nur die Sterilisation mittels Ozon bezeichnen. Schon 1891 hat OHLMÜLLER®! durch Laboratoriumsversuche nachgewiesen, dab Cholera- und Typhusbacillen im Wasser durch Ozon sicher und vollständig abgetötet werden, vorausgesetzt, daß der Gehalt an organischer Substanz nicht allzu hoch war. Durch Versuche im großen wurde dann durch van ERMENGEM®? in Holland und CALMETTE?° am Wasserwerk in Lille mittelst vervollkommneter Apparate (Systeme von TınvDaAL, ABRAHAM & MARMIER, wobei insbesondere mittels starker Abkühlung der Elektroden sehr viel höhere Spannungen und Ozonkonzentrationen erreicht wurden) gezeigt, daß auch bei sehr stark verunreinigtem Wasser sichere Sterilisation (mit Ausnahme verein- zelter sehr widerstandsfähiger Sporen) erreicht werden kann. Endlich wurde dann durch Sırmens & Harske (vgl. WEyL®t, ERLWEIN >?) die Trinkwasserreinigung mit Ozon so vervollkommnet, daß selbst ein sowohl in chemischer als bakteriologischer Hinsicht außerordent- lich stark verunreinigtes Oberflächenwasser (nach vorgängiger Be- freiung von suspendierten Stoffen mittels Schnellfilter) mit Sicher- heit sterilisiert werden kann. Von ganz besonderer praktischer Be- deutung ist, daß auch Typhus-, Ruhr- und Cholerabacillen, die dem Wasser in ungeheurer Menge zugesetzt waren (und zwar nicht etwa nur in Laboratoriumsversuchen, sondern auch in einer großen Ver- suchsanlage), stets mit Sicherheit abgetötet wurden (OÖHLMÜLLER & PraLn?%, SCHÜDER & PROSKAUER?T),. | Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 427 Nur muß eine möglichst innige Berührung jedes Wasserteilchens mit dem Ozon gewährleistet werden; so fanden SCHÜDER & PROSKAUER°", daß bei sehr. grobkörniger Packung des Sterilisationsturmes (in dem das Wasser von oben herabrieselt, der von unten eingeblasenen ozonhaltigen Luft entgegen, — bei Durchlaut von 1 cbm Wasser in 9 Minuten, und 25 cbm Luft von 3,4—4 g Ozon- gehalt pro Kubikmeter in 1 Stunde), die Sterilisation unsicher wurde, während sie bei feinkörniger Packung vollständig war. — Bericht über die Anwendung des Ozonverfahrens im Großbetrieb (z. B. in Paderborn)) vgl. bei ERLWEIN ®°a und ImBEAUX®2b; die Resultate sind durchweg günstig. Ferner sind auch Apparate zur Ozonisierung kleinerer Wassermengen für den einzelnen Haus- halt angegeben, die von dem elektrischen Strom einer gewöhnlichen Lichtleitung gespeist werden können (vgl. bei IMmBEAUX°>b); auch für diese kleineren Appa- rate ergab die bakteriologische Prüfung durchaus günstige Resultate (M.NeEıs- SER 36a). — Endlich sei hier noch der Apparate zur Sterilisation des Trinkwassers durch ultraviolettes Licht gedacht, die gleichfalls sehr brauchbare Resultate ergaben. e) Wasserreinigung durch Filtration. — Auf die unzähligen verschie- denen Filter, die zur Reinigung des Trinkwassers schon vorgeschlagen worden. sind (mit Verwendung der verschiedensten Materialien, als Kohle, Eisenschwamm, Holz, Papier, Cellulose, Kunststein, Asbest, Ton, Porzellan, Kieselgur), kann hier natürlich im einzelnen nicht eingegangen werden; vgl. die Uebersichten von PLAGGE®®, WOODHEAD & CARTWRIGHT Woop°®®. Als wirklich praktisch brauchbar haben sich die CHAMBERLANDschen Filter (aus Porzellanerde) und die BERKEFELD- NORDTMEYERschen Filter (aus Infusorienerde) bewährt; das letztere bietet den Vorteil weit größerer quantitativer Ergiebigkeit. Vgl. über günstige Resultate mit dem Berkefeld-Filter die Versuche von BITTER ®, LÜBBERT*!, PROSCHNIK*. Aber auch die Berkefeld-Filter werden, ebenso wie die Chamberland-Filter (KÜBLER*#), schon nach wenigen Tagen durch- wachsen (KIRCHNER *, WEYL®, JoLın#); zwar behauptete GRUBER®', daß sich bei ununterbrochenem Betrieb mit häufiger mechanischer Reinigung der Filteroberfläche und bei niedrigerer Außentemperatur das Durchwachsen lange Zeit hinausschieben lasse; auch fand SCHÖFER*#, daß pathogene Keime, die im Wasser nicht die für ihre Vermehrung erforderlichen Bedingungen, ins- besondere nicht einen gewissen Gehalt an Nährstoffen finden, nicht durch- wachsen; jedoch erfolgt das Durchwachsen bei künstlichem Zusatz von Nähr- material. Jedenfalls muß man KIRCHNER unbedingt beistimmen, wenn er — mit Rücksicht darauf, daß die Berkefeld-Filter nur während weniger Tage ein keimfreies Filtrat geben, und demgemäß häufig sterilisiert werden müssen (durch allmähliches Erwärmen und Auskochen der Filterkerze in Wasser!), sowie mit Rücksicht auf die Brüchigkeit des Filtermaterials (das bei dem häufigen Mani- pulieren und Reinigen leicht kleine Sprünge bekommt und damit für Bakterien durchlässig wird) — diese und ähnliche Filter als für den Großbetrieb unver- wendbar bezeichnet. Im einzelnen Haushalt, sowie auch zur Wasserversorgung einzelner Bevölkerungsgruppen (Kasernen), auch als öffentliche Zapfstellen (Druckständer an einer Wasserleitung) können diese Filter zweckmäßig verwendet werden, jedoch nur unter der Voraussetzung einer peinlich genauen Bedienung und Kontrolle. Für städtische Wasserversorgungen ist unter allen Filtersystemen einzig und allein die Sandfiltration brauchbar. Obgleich dieses Verfahren rein empirisch schon seit mehreren Jahrzehnten, besonders in England, zur Klärung des Trinkwassers angewendet worden war, wurden doch die Gesetze seiner hygienischen Wirksamkeit erst durch die grundlegenden Untersuchungen PIEFKEs#9 in rationeller Weise begründet. Vor allem ergab sich, daß die eigentliche filtrierende Wirkung (die Bak- terienretention) nicht dem Sande als solchem zukommt, sondern einem auf der Oberfläche der Sandschicht im Laufe der Filtration selbst entstehenden Häut- chen, das sich durch Verschleimung und Verfilzung des Sandes durch die Sinkstoffe, Bakterien und Algen des Rohwassers bildet. Diese Verschleimung des Sandes setzt sich nach unten zu in sehr rasch abnehmender Intensität fort und ist schon wenige Zentimeter unterhalb der Oberfläche kaum noch wahr- 428 E. GOTSCHLICH, nehmbar; parallel hiermit geht die Bakterienretention, die sich fast ausschließ- lich an der Oberfläche und in den unmittelbar darunter liegenden Sandschichten vollzieht; immerhin ist die Dicke der gesamten Sandschicht nicht ganz be- deutungslos für den Effekt der Filtration (REınscH °°%, Kruse °'a), weshalb man auch unter ein gewisses Minimum der Dicke (30 cm) nicht herabgeht. Alles kommt also auf die richtige Bildung und intakte Konservierung der oberfläch- lichen Filterhaut an; daher ist der bakteriologische Effekt des Filters ganz ungünstig im Anfang der Arbeitsperiode, wo die Filterhaut noch sehr unge- nügend ausgebildet ist; entsprechend steigt die Wirksamkeit des. Filters mit zunehmendem Alter, indem sich die oberflächliche Deckschicht mehr und mehr verdickt, bis schließlich dadurch die Widerstände im Filterkörper immer größer werden und damit der auf dem Filter lastende Druck dem intakten Bestand der Filterhaut gefährlich wird. Conditio sine qua non für die normale Aus- bildung und Erhaltung der filtrierenden Deckschicht ist endlich, daß das Filter absolut gleichmäßig arbeitet (wofür besondere automatisch wirkende Regulier- vorrichtungen vorgesehen sind) und daß die Geschwindigkeit der Filtration nicht über 100 mm pro Stunde (d. h. eine Tageslieferung von 2,4 cbm pro 1 qm Filterfläche hinausgeht. Jede Unregelmäßigkeit, sowie jede ungehörige Er- höhung der Filtergeschwindigkeit und des Filterdrucks beeinträchtigt oder zer- stört sogar (Risse, Sprünge!) die filtrierende Deckschicht und jede solche Stö- rung kommt sofort in einer Erhöhung der Keimzahl des Filtrats zum Ausdruck (REINSCH 3°). Wichtig ist vor allem, daß das Sandfilter, auch unter den günstigsten Bedingungen, nie absolut keimdicht arbeitet, sondern einen gewissen Bruchteil der spezifischen Keime des Rohwassers (auch für künstlich zugesetzte Typhus- und Cholerabacillen nach- gewiesen) durchläßt (C. FrÄnkeLSla C. FrRÄnkEL & PıErkeE>®, KaBrHer?®). Immerhin ist bei geordnetem sorgfältig überwachten Be- triebe die Reduktion der Bakterien des Rohwassers eine so erhebliche (bis etwa 1:3000), daß die Sandfilter einen sehr wirksamen Schutz gegen Epidemien zu gewähren vermögen; besonders hat sich das ge- zeigt gelegentlich der großen Hamburgen Choleraepidemie vom Jahre 1892, wo das unmittelbar benachbarte Altona, dank seiner sorgfältig überwachten Trinkwasserreinigung durch Sandfilter, fast ganz ver- schont blieb und wo die Grenzlinie, welche die Wasserversorgungs- bezirke der beiden (sonst gänzlich ineinander übergehenden) Städte scheidet, gleichzeitig eine fast unüberschreitbare ‚Schranke gegen die Cholera darstellte. Andererseits können Störungen oder Unregel- mäßigkeiten des Filterbetriebs, besonders in Zeiten drohender Epidemie, die verhängnisvollsten Folgen nach sich ziehen, und schon mehr- fach ist es gelungen, epidemische Ausbrüche von Cholera oder Typhus auf solche Unregelmäßigkeiten mit unzweifelhafter Gewißheit zurück- zuführen (R. KocnH5t, C. FrinkeLdlb, C. FrÄnkEL & PIErFKE>2b, PROSKAUER°3; vgl. auch über die Erfahrungen bei der großen Typhus- epidemie in Gelsenkirchen 5%» und neuerdings bei der Cholera in St. Petersburg [BLUMENTHAL)). Hieraus ergibt sich die absolute Notwendigkeit einer dauernden sorgfältigen Kontrolle der Sandfiltration, auch in epidemiefreien Zeiten; vgl. über die Grundsätze dieser Kontrolle bei R. Kocm* und das amtliche Rundschreiben‘ des deutschen Reichskanzlers. Diese Vorschriften lassen sich im wesentlichen in folgenden Punkten zusammenfassen: Tägliche bakteriologische Untersuchung des Reinwasserablaufs jedes einzelnen Filters, wobei das zulässige Maximum des Bakteriengehalts auf 100 pro ccm normiert ist; bei jeder bakteriologisch festgestellten Störung, sowie in den ersten Tagen nach der Reinigung (solange noch keine genügend wirksame Filterdecke gebildet ist) muß das betreffende Filter ausgeschaltet werden; Normierung der Filtergeschwindigkeit Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 429 auf höchstens 100 mm pro Stunde, des Filterdrucks auf höchstens SO cm Wassersäule, der filtrierenden Sandschicht auf mindestens 30 cm Höhe. Die Festsetzung der Ziffer von 100 (in Gelatine, bei Zählung mit bloßem Auge, nicht mit dem Mikroskop) entwickelungs- fähigen Keimen pro cm als höchster zulässiger Norm, ist natürlich bis zu einem gewissen Grade willkürlich; auch stammt ja ein grober Teil dieser Keime gar nicht aus dem Rohwasser, sondern aus den unteren Schichten des Filters selbst; immerhin hat die Erfahrung an einer großen Zahl von Wasserwerken gezeigt (Pannwıtz5?), daß diese Ziffer als Indikator gut gewählt ist. Zwei Uebelstände haften aber prinzipiell selbst dem bestkontrollierten Be- trieb von Sandfiltern an: erstens die schon erwähnte Tatsache, daß das Sand- filter nur eine relative, nicht aber eine absolute, Zurückhaltung der Keime des Rohwassers gewährleistet; — zweitens, was viel gravierender ist, der Umstand, daß das Filter bei der Reinigung mit zahlreichen Arbeitern in Berührung kommt, die in das Filterbett hineinsteigen, um daselbst die oberste Schlammschicht zu entfernen; hierbei ist eine Verunreinigung des Filters durch Infektionsstoffe, selbst bei strengster Kontrolle, kaum mit Sicherheit zu vermeiden und ins- besondere in Epidemiezeiten zu fürchten (typhusbacillenhaltiger Harn bei Rekon- valeszenten von Typhus!). — Was den ersten Punkt anbetrifft, so hat man sich zunächst bemüht, von vornherein bei der Auswahl des Rohwassers vorsichtig zu sein und die Schöpfstelle an einen vor Infektion möglichst geschützten Ort zu verlegen (vgl. über die dauernden Maßnahmen zum Schutz des Rohwassers der Londoner Wasserwerke bei NocHT®'), oder das Rohwasser durch Sedimen- tierung in geräumigen Klärbassins von einem Teil seiner Sinkstoffe zu befreien. Ferner hat GÖTZE°? mit sehr beachtenswertem Erfolge in Bremen das System der doppelten Filtration eingeführt, wobei das einmal filtrierte Wasser in einem zweiten Filter einer nochmaligen Filtration unterworfen wird und dabei natürlich die Chancen eines Durchtritts von Keimen vom Rohwasser ins Rein- wasser ganz außerordentlich vermindert werden; auch erfordert die Einrichtung des Systems der doppelten Filtration keineswegs Verdoppelung der ganzen An- lage, indem erstens in den Vorfiltern größere Filtriergeschwindigkeiten angewendet werden können und zweitens die doppelte Filtration in erster Linie auch nur für diejenigen Filter in Betracht kommt, die ein nicht ganz zuverlässiges Produkt liefern, insbesondere in den ersten Tagen nach der Reinigung; auch läßt sich das System der doppelten Filtration mittelst einfacher Vorrichtungen an jedem vorhandenen Filterwerk anbringen. In dem System von PUECH-ÜHABAL, das insbesondere in Frankreich, sowie auch in Magdeburg eingeführt ist, ist man sogar zu einer mehrfachen Filtration übergegangen; wie es scheint, mit recht gutem Erfolge (IMBEAUx & HazeEn 6%, KÖHLER®l, DIECKMANN 2). — Endlich ist der Versuche zu gedenken, durch Erzeugung feinflockiger Niederschläge im Rohwasser auf dem Filter eine künstliche Deckenbildung hervor- zurufen und dadurch das Filter von Anfang an leistungsfähiger und zuver- lässiger zu machen; unter Umständen ist eine solche chemische Vorbehandlung und künstliche Deckenbildung sogar ganz unentbehrlich, nämlich bei Wässern, die infolge der in ihnen suspendiert enthaltenen überaus feinen Tonteilchen überhaupt nicht zur spontanen Sedimentierung und Bildung einer Filterdecke tendieren, z. B. beim Nilwasser; hier leistet das BıTTersche Permanganat- verfahren (1 g KMnO, auf 1 cbm Rohwasser mit 24-stündiger Sedimentierung) gute Dienste (BITTER & GOTSCHLICH #). — Eine Abhilfe für den zweiten oben angeführten Uebelstand des Sandfiltersystems, betr. die Möglichkeit einer In- fektion seitens der Arbeiter bei der Filterreinigung, hat sich bei diesem System noch nicht gefunden; Vorschläge einer mechanischen Abhebung der Filterdecke ohne direktes Eingreifen menschlicher Arbeitskraft haben sich im großen bei den alten Sandfiletrn noch nicht bewähren können. Ueber die FıscHerschen Sandplattenfilter (bestehend aus porösem Kunststein), bei denen die Reinigung wie mechanisch, durch Umkehren des Stromes erfolgt, und die auch im Großen praktische Verwendung gefunden haben (Wormser Wasserwerk), liegen zwar günstige Berichte aus der Praxis vor; doch zeigte C. FRÄNKEL® durch Versuche mit spezifischen Keimen, daß ihre Retentionsfähigkeit ganz erheblich hinter der des alten Sandfilters zurücksteht. 430 E. GOTSCHLICH, Dagegen scheint das Erfordernis der rein mechanischen Reinigung, ohne jedes direkte Eingreifen von Menschenhand, in vollständig zufriedenstellender Weise gelöst durch das System der sog. amerikanischen oder Schnell- filter. Das Prinzip derselben besteht darin, daß durch Zusatz eines „koagu- lierenden Mittels“ (20—30 g Aluminiumsulfat pro 1 cbm Rohrwasser) die im Rohrwasser schwebenden, und an sich wenig oder gar nicht zur Sedimentierung tendierenden feinsten Tonteilchen zu Flocken zusammengeballt werden, und da- durch einerseits rasch eine überaus widerstandsfähige filtrierende Decke gebildet, andererseits das Rohwasser sehr energisch vorgeklärt wird; beide Momente ver- eint, erlauben die Anwendung von sehr hohen Filtriergeschwindigkeiten (4000 bis 5000 mm pro Stunde), wie man sie früher, solange man ausschließlich mit den — viel schwächer wirksamen und dabei sehr empfindlichen — natürlichen, ohne Anwendung von Koagulantien zustandekommenden Filterdecken operierte, schlecht- hin für unzulässig halten mußte; dadurch aber wird die Oberfläche der Filter im Verhältnis von 1:40—50 verkleinert und damit die Möglichkeit einer rein mechanischen Reinigung (mittels Rührwerk und Umkehrung des Wasserstroms!) gegeben. Ueber die günstigen Resultate betreffs Klärungseffekt und mechanische Verhältnisse waren sich schon frühere Untersucher einig, vgl. IMBEAux% und das Sammelreferat im Gesundheits-Ingenieur®, 1900); Untersuch- ungen von BITTER & GOTSCHLICH ® in Alexandrien wiesen außerdem nach, daß auch vom Standpunkt der Zurückhaltung spezifischer Keime des Rohwassers das amerikanische System dem alten Sandfilter durchaus ebenbürtig ist. Nicht ganz so günstige bakteriologische Resultate hatte FRIENBERGER®#, offenbar kommt viel auf die Beschaffenheit des Rohwassers an. IV. Die Beseitigung der Abiallstoffe ist dasjenige Gebiet der öffentlichen Gesundheitspflege und Seuchen- prophylaxe, auf dem zuerst (in England schon seit über 50 Jahren) ein systematisches aktives Vorgehen der Behörden und Kommunen stattgefunden hat, und zwar mit großen praktischen Erfolgen, wie sie sich in der statistisch festgestellten Verbesserung der Mortalitäts- verhältnisse und insbesondere in der starken Abnahme der Typhus- frequenz (vgl. Literatur bei v. Fopor „Der Boden“ in Tu. Weyrs Handbuch der Hygiene, Bd. I, Jena 1894) dokumentieren. Die theoretischen Anschauungen, von denen man in „vorbakterieller‘ Zeit bei diesen Bestrebungen ausging, waren allerdings zum Teil irrige, insofern als man — entsprechend den damaligen Vorstellungen über die Entstehung der In- fektionskrankheiten durch „Miasmen‘ — sich hauptsächlich und einseitig gegen die übelriechenden Produkte der Abfallstoffe richtete; haben doch manche Kreise bis heute sich noch nicht von solchen Vorstellungen (Kanalgase usw.!) freizumachen gewußt! Daraus entsprangen dann auch praktische Unzuträglich- keiten und Mißgriffe; insbesondere war die Folge der erwähnten theoretischen Anschauungen, daß man sich zu einseitig mit den Fäkalien beschäftigte und darüber andere Abfallstoffe, die bezüglich Infektiosität mindestens ebenso ge- fährlich sind (Hauswässer und Hausmüll) mehr oder minder vernachlässigte. Auch waren die älteren Bestrebungen zur Beseitigung der Abfallstoffe wesentlich auf die „Assanierung des Bodens“ gerichtet, (entsprechend den damaligen An- schauungen über die spezifische Bedeutung des Bodens für die Entstehung und Verbreitung von Seuchen) — während man andererseits die Verseuchung der öffentlichen Wasserläufe — die doch oft der Trinkwasserversorgung dienen — durch Einleitung von Kloakenwässern sorglos geschehen ließ. Unter Hinweis auf die in Bd. I, S. 232 gegebenen Darlegungen über das Verhalten pathogener Keime in Abfallstoffen müssen wir Fäkalien, Harn, Haus- wässer einerseits (flüssige bzw. halbflüssige Abfallstoffe) und Hausmüll anderer- seits (trockene Abfallstoffe), weil aus der unmittelbaren Umgebung bzw. aus den Ausscheidungen der Menschen selbst hervorgegangen, als infektionsverdächtig bezeichnen; dagegen sind Straßenkehricht und feuchter Straßenschmutz sowie Regenwasser als unverdächtig anzusehen und bedürfen dementsprechend keiner besonderen Behandlung (allerdings unter der Voraussetzung, daß nicht etwa die menschlichen Abfälle allenthalben auf Straßen und Plätzen verstreut sind, wie z. B. in halb- oder unzivilisierten Ländern, wo dann selbstverständlich auch Straßenkehricht und Straßenwässer als infektionsverdächtig zu gelten haben!). Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 431 Zwei Hauptgrundsätze lassen sich allgemein für die Beseitigung der infektionsverdächtigen Abfallstoffe aufstellen : erstens müssen die- selben in ordnungsmäßiger Weise gesammelt werden, damit jede Verstreuung und Ausbreitung von Infektionsmate- rial vermieden wird; zweitens müssen dieselben möglichst schnell definitiv in einer Weise untergebracht werden, die jede Ge- sundheitsschädigung und insbesondere jede Möglichkeit von In- fektion sicher ausschließt, oder doch dafür ein Maximum von Garantien bietet. Auf technische Einzelheiten kann hier unmöglich eingegangen werden; vgl. u. a. BEHRING, „Bekämpfung der Infektions- krankheiten“ (Hygienischer Teil, bearbeitet von Brıx, PrFuHnL & NocHT). Für die trockenen Abfallstoffe ist das beste Verfahren un- streitig die Verbrennung: über Kehrichtverbrennungsöfen („Destruktoren‘“) vgl. Literatur in Tue. Weyrs Handbuch der Hygiene. Das ältere (und leider auf dem europäischen Kontinent noch fast überall angewendete) Verfahren der Kehrichtabfuhr und Verwendung zu Dungzwecken leidet an dem sehr großen hy- sienischen Uebelstand der Kehrichtabladeplätze, die, wenn auch in großer Entfernung von den Städten angelegt, doch zu zahlreichen Kontakten des Kehrichts mit Lumpensammlern, ja wohl gar zur heim- lichen Wiedereinschleppung gerade der am meisten der Infektion verdächtigen Bestandteile des Kehrichts, der Lumpen, in die Städte, Veranlassung geben (vgl. über Lumpen noch weiter unten!). Außerdem bilden die Kehrichtabladeplätze Stätten für die Ratten und damit für Pestzeiten eine drohende Gefahr. Auf dem platten Lande stehen der Verwendung des Kehrichts und Mists zu Dung- zwecken, schon wegen der verhältnismäßig geringen in Betracht kom- menden Mengen, keine hygienischen Bedenken entgegen, vorausgesetzt, dab das Material ordnungsgemäß gesammelt und nicht etwa verstreut wird! Für die flüssigen Abgänge (Fäkalien, Harn, Hauswässer) ist das idealste Verfahren der Beseitigung unstreitig die allgemeine Schwemmkanalisation, wie dieselbe in England selbst für die meisten kleineren Orte eingeführt ist. In nicht kanalisierten Orten, sowie auf dem Lande ist die Auffangung von Fäkalien, Harn und Hauswässern in wasserdicht gemauerte Gruben das beste Verfahren und jedenfalls unbedingt der Abfuhr mittels Tonnen vorzuziehen, schon aus dem Grunde, weil beim Tonnensystem in der Regel nur auf Fäkalien und Urin, nicht aber auf die (ebenso gefährlichen) Haus- wässer Rücksicht genommen werden kann (um nicht zu große Flüssig- keitsmassen bewältigen zu müssen!); ferner sind auch die Gefahren der Verstreuung infektiösen Materials beim Tonnensystem viel größer als beim Grubensystem, um so mehr als man es bei ersterem stets mit relativ frischen Dejekten zu tun hat, in denen etwaige Infektions- erreger sich viel leichter lebensfähig erhalten können als im fauligen Grubeninhalt. Der Inhalt der Gruben oder Tonnen ist landwirtschaft- lich (als Dung) zu verwenden. Unter speziellen Verhältnissen können auch Fäkalien und Harn durch Verbrennen zerstört werden („Feuer- latrinen‘ in Kasernen). Der Kanalinhalt kann in gewissen Fällen direkt (oder doch nur nach grob- mechanischer Reinigung und Beseitigung der Schwimmstoffe) in die Vorflut abgelassen werden. So ist in Seestädten die direkte Einleitung in das Meer ohne Bedenken zu gestatten, vorausgesetzt, daß die Verhältnisse der Strömungen, sowie von Ebbe und Flut, nicht ein massenhaftes Anschwemmen an den Strand 432 E. GOTSCHLICH, befürchten lassen, ferner, daß keine Außenbänke in der Nähe’ der Kanalauslässe sich befinden und vor allem, daß die Einleitung wirklich ins offene Meer, nicht in eine enge Bucht oder Hafen erfolgt. So ist auch Binnenstädten in ge- wissen Fällen die direkte Einleitung ihrer Kanalwässer in einen Fluß zu ge- statten, vorausgesetzt, daß die Wassermasse des Flusses (im Verhältnis zu der Masse des einzuleitenden Kanalinhalts) sehr groß, die Strömungsgeschwindigkeit erheblich und eine vollständige Selbstreinigung des Flusses schon innerhalb der Strecke erreicht ist, innerhalb deren das Flußwasser nicht zu Trinkzwecken verwendet wird; diese Bedingungen sind jedoch, wenigstens für große Städte, selten erfüllt. Häufiger ist es möglich, die Einleitung in den Fluß nur zu Zeiten starker Regenfälle, wo der Kanalinhalt außerordentlich verdünnt ist, zu gestatten (Notauslässe der Kanäle). In den meisten Fällen ist eine Reinigung des Kanalinhalts ge- boten (vgl. Literatur bei DunBare9 und SCHMIDTMANN, THUMM & Reıcaze'®). Die Reinigung aufchemischen Wege bietet meist nur eine Klärung, nicht aber eine vollständige Entfernung der organischen Verunreinigungen und noch weniger eine sichere Des- infektion der im Kanalinhalt enthaltenen Keime; eine solche ist (nach Versuchen von DungBar69, DunBaR & Zırn6%, DunBar & Korn 69, SCHUHMACHER®%, ScHwarz69%) am besten mit Chlorkalk (in Dosen von etwa 1:5000) möglich; für die allgemeine Anwendung im großen ist das Verfahren zu teuer; doch kann dasselbe für Epidemiezeiten, sowie für gewisse besonders stark infizierte Ab- wässer (z. B. solche aus Infektionsspitälern) in Betracht kommen. — Dagegen erfüllt die Reinigung der Abwässer mittels Riesel- teldern alle hygienischen Anforderungen; auch ist hundertfältig bewiesen, daß von den Rieselfeldern keine Gesundheitsschädigungen, insbesondere keine Verbreitung von Infektionskrankheiten (Typhus) zu fürchten ist, sofern nur für einwandfreies Trinkwasser für die auf den Rieselfeldern tätigen Arbeiter gesorgt ist; vgl. die Monographie über Rieselfelder nebst Literatur in T#u. Weyrs Handbuch der Hy- giene, Bd. II. — Da für Berieselung geeignetes Terrain nicht in der Umgebung aller Städte zu haben ist, und da zudem auch die Kosten der Rieselfelder oft sehr erhebliche sind, so hat man in neuerer Zeit mit gutem Erfolge versucht, die auf den Rieselfeldern wirksamen Pro- zesse — die ja wesentlich nicht im Pflanzenwachstum, sondern in der biologischen Tätigkeit der Bodenbakterien beruhen — künstlich nachzuahmen. Hier sind zunächst das amerikanische System der Abwässerreinigung durch intermittierende Filtration in geeignetem, durchlässigem, nicht bebautem Gelände, vor allem aber die neuesten von England ausgegangenen biologischen Verfahren der Abwässerreinigung zu nennen (vgl. über Versuche in Eng- land NocHrt®? und Brıx‘t, über Versuche in Deutschland ScHMIDT- MANN '? und Hesse 3, sowie vor allem die eingehenden Versuche an der Hamburger Versuchsstation durch Dungar 69 w74, Das Wesent- liche der biologischen Reinigung ist eine intermittierende Filtration durch grobporige, zwischen je zwei Füllungen gelüftete, sog. „Oxy- dations“-Filter (bestehend aus Koks, Ziegelbrocken oder dgl.), in denen durch die Tätigkeit a@rober Bakterien eine vollständige geruchlose Verwesung der Fäulnisstoffe erfolgt; in einer anderen Form des biologischen Reinigungsverfahrens (Septic-tank-System) wird vor der Filtration eine Zersetzung der Kanaljauche unter Luft- abschluß durch Tätigkeit anaärober Bakterien bewirkt. Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 433 Die Maßnahmen zur hygienisch einwandfreien Beseitigung der Abfallstoffe werden gewöhnlich, gemeinsam mit der Trinkwasser- versorgung und einigen anderen, hier im Zusammenhang zu besprechen- den Bestrebungen als Assanierung bezeichnet und gehören in der Tat, auch schon vom Standpunkt der Verwaltungshygiene aus be- trachtet, zusammen, indem sich auf diesem Gebiete die Tätigkeit der Lokalbehörden (Kommunen, städtischen Verwaltungen) abzuspielen hat — während andererseits die direkten zur Bekämpfung einer vor- handenen Seuche ergriffenen Maßnahmen meist vom Staate geregelt und ausgeführt werden. Da allerdings die Vorarbeiten und Ausfüh- rungen so großer Projekte, wie Trinkwasserversorgung und Abwässer- beseitigung, oft die finanziellen Kräfte des Einzelgemeinwesens über- steigen, so ist es wünschenswert, daß der Staat den Kommunen in diesen Fragen mit Rat und Tat beisteht; vgl. z. B. über die Verhält- nisse in England bei NocHr®?, sowie über Staatshilfe in Süddeutsch- land (in besonders musterhafter Weise in Bayern) bei ©. FRÄNKEL®; auch in Preußen ist seit 1902 eine staatliche „Versuchs- und Prüfungs- anstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung‘ geschaffen. Außer den beiden soeben genannten Gebieten hygienischer Betätigung gehört zur Assanierung noch insbesondere die Wohnungsfürsorge; vgl. STUEBBEN, Allgemeine Wohnungshygiene in Bd. IV von Ta. Weyrs Handbuch der Hygiene, Jena 1899. Die hygienischen Grund- sätze auf diesem Gebiete lassen sich in folgendem zusammenfassen! Beseitigung enger winkliger Gassen und Eröffnung großer breiter Straßen und Plätze; Baureglements, durch welche Ueberfüllung und sonstige hygienische Unzuträglichkeiten in den Wohnungen verboten und die Erfüllung der elementarsten hygienischen Vorschriften (An- schluß an Wasserleitung und Kanalisation) gewährleistet wird; Kon- trolle dieser Bestimmungen durch amtliche Wohnungsinspektion ; Schaffung billiger hygienischer Wohnungen für die arbeitende Be- völkerung;; spezielle Fürsorge und Kontrolle über Schlafgängerwesen, Herbergen, Asyle usw. Viele dieser Bestimmungen richten sich direkt gegen die Ent- stehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten; andere Bestre- bungen der Assanierung fördern diesen Zweck in indirekter Weise, indem sie die Bevölkerung zur Reinlichkeit und geordneten Lebens- weise erziehen. Im Anschluß an die Beseitigung der Abfallstoffe sei hier noch kurz des Leichenwesens gedacht. Unter Hinweis auf das Bd. 1, S. 285 Ausgeführte können wir hier nur wiederholen, daß die ordnungsgemäß ausgeführte Be- erdigung der Leichen allen hygienischen Anforderungen entspricht und daß von der beerdigten Leiche keine Infektionsgefähr mehr ausgeht. Vom hygieni- schen Standpunkte aus besteht also absolut keine Notwendigkeit zur Einführung eines anderen Systems, z. B. der Feuerbestattung; selbst für Seuchezeiten ist dieselbe durchaus entbehrlich (ABEL?®). Dagegen wäre anzustreben die allge- meine Einführung von Leichenhallen, in welche die Leichen möglichst bald übergeführt würden, womit ein unnötiges (und unter Umständen gefährliches) längeres Verweilen derselben im Hause vermieden werden könnte. Ueber Behandlung der Leichen von Infektionskranken vor der Beerdigung (Leichenwaschung) usw. vgl. oben S. 405. V. Prophylaktische Maßnahmen gegen Nahrungsmittelinfektion. Unter Hinweis auf die Bd. I, S. 264ff. gegebenen Ausführungen über Vorkommen und Verhalten toxischer oder infektiöser Bakterien in Nahrungsmitteln besprechen wir im folgenden die wichtigsten pro- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 28 434 E. GOTSCHLICH, phylaktischen Maßnahmen, die teils von amtlicher Stelle, teils von Einzelnen selbst gegen die von infizierten Nahrungsmitteln her dro- henden Gefahren getroffen werden können. 1. Was zunächst die Milch anlangt, so läßt sich die gesamte Prophylaxe gegenüber allen praktisch in Betracht kommenden Infektionen einfach in den Satz zusammenfassen: Milch darf nur genossen werden, nachdem sie durch ausreichende Erhitzung (am einfachsten viertelstündiges Kochen) von den etwa in ihr enthaltenen gesundheitsschädlichen Keimen befreit ist; nach‘ dem Kochen soll die Milch möglichst kühl gehalten und nicht länger als 12, bei kühler Tem- peratur höchstens 24 Stunden aufbewahrt werden. 2. Frische (ungekochte) Butter sollte nur aus Molkereien bezogen werden, in denen dieselbe aus pasteurisiertem Rahm hergestellt wird, und zwar nicht etwa nur wegen der (strittigen!) Gefahr der Tuberkulose-Infektion, sondern auch wegen der eventuellen Möglichkeit des Vorhandenseins von 'Typhus- oder Cholerabaeillen; ganz besonders gilt dies natürlich für Epidemiezeiten. Auch gibt es übrigens praktische Apparate, mittels welcher man sich leicht selbst im eigenen Haushalt frische Butter aus vorher pasteurisierter Milch herstellen kann. 3. Fleisch sollte nie roh oder halbroh, sondern stets nur in genügend gekochtem oder gebratenem Zustand genossen werden — nicht nur behufs Vermeidung von bakterieller Infektion oder „Fleischvergiftung“, sondern. auch mit Rücksicht auf die (hier nicht näher zu betrachtenden) tierischen Parasiten des Fleisches (Eingeweidewürmer). Normales Aussehen des Fleisches ist durchaus nicht immer ein untrügliches Zeichen seiner Unschädlichkeit, da bei manchen Fleischvergiftungen das Fleisch von normalem Aussehen erscheint und doch von eminent toxisch wirkenden Bakterien durchsetzt sein kann (z. B. bei puerperaler Sepsis des Schlachttieres). Die sicherste Garantie bietet eine sorgfältige tierärztliche Inspektion des Schlachttieres und seiner inneren Organe; dies ist allerdings nur auf Schlachthöfen ausführbar, deren möglichst allge- meine Durchführung und obligatorische Benutzung auch für kleinere Orte an- zustreben ist. 4. Austern, die aus der Nähe von Kanalauslässen stammen, können für die Verbreitung von Typhus und Cholera in Betracht kommen; Austernbänke sollen daher vor solchen Verunreinigungen geschützt werden. 5. Fische sind, sobald sich auch nur Spuren von Zersetzung zeigen, un- bedingt vom Genuß auszuschließen, da erfahrungsgemäß Fischvergiftungen (durch toxisch wirkende Bakterien bedingt) ganz besonders schweren Verlauf zeigen. 6. Brot ist an sich nie infektionsverdächtig, da die in der Praxis in Be- tracht kommenden Keime, die etwa bei der Brotbereitung in den Teig gelangt wären, durch die beim Backprozeß entstehenden hohen Temperaturen sicher abgetötet werden. Selbstverständlich kann Brot, wie jeder andere Gegenstand, nachträglich durch Manipulation seitens infizierter Personen ebenfalls infiziert werden, aber natürlich nur äußerlich; in Epidemiezeiten (Cholera oder Typhus) ist das Brot vor dem Genuß auf kurze Zeit im Ofen zu erhitzen. 7. Gemüse, Salat und Früchte sind in rohem Zustand stets als in- fektionsverdächtig anzusehen (außer wenn die Provenienz derselben absolute Garantien in dieser Hinsicht bietet); und zwar kann die Infektiosität bewirkt sein: entweder direkt durch Dejektionen, die in den Gemüsebeeten verstreut sind (wie man das auf dem Lande unter verwahrlosten Verhältnissen zuweilen direkt beobachten kann) — oder durch infiziertes zur Spülung verwendetes Wasser (ganz besonders in Epidemiezeiten zu fürchten) — oder durch nachträglich vor- genommene Manipulation seitens infizierter Personen. Das Richtigste wäre es unstreitig, Gemüse, Salat und Früchte nur in gekochtem bzw. geschältem Zu- stand zu genießen; unbedingt ist diese Forderung für Epidemiezeiten aufzu- stellen. In normalen Zeiten ist wenigstens darauf zu dringen, daß vor dem Genuß in rohem bzw. ungeschältem Zustand eine wiederholte gründliche Ab- spülung in reinem unverdächtigen Wasser vorangeht. 8. Die meisten gebräuchlichen Getränke sind unverdächtig (vgl. Bd. 1, S. 274); künstliches Selterswasser, dessen Provenienz man nicht kennt, ist erst nachdem es zwei Wochen lang in wohlverschlossener Flasche aufbewahrt wurde, als sicher unverdächtig zu bezeichnen (vgl. Bd. I, S. 261f.). Eis darf nur dann direkt genossen werden, falls es aus durchaus unverdächtigem Wasser bereitet ist; sonst bewirkt man die Kühlung der Getränke besser durch Ein- ge ne ne ee RE ERREGER AM Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 435 stellen derselben in eisgefüllte Kühlgefäße, wobei eine direkte Berührung des Eises mit dem Getränk vermieden ist. Von allgemeinen Maßnahmen zur Nahrungsmittel- prophylaxe sei folgendes ausgeführt. Von amtlicher Seite ist der Nahrungsmittelverkauf zu überwachen, wobei in erster Linie auf Reinlichkeit zu achten ist; in dieser Beziehung liegen die Verhältnisse besonders im Klein- vertrieb von Nahrungsmitteln oft noch recht im argen (Hem ‘7), während große, hygienisch gut eigerichtete Markthallen, in denen besonders für reichliche Lieferung tadellosen Wassers, für prompte Entfernung der Abfallstoffe und für saubere. Latrinen zu sorgen ist, viel bessere Garantien und vor allem die Möglichkeit. einer viel wirksameren Kontrolle bieten. Unter keinen Umständen sollte es geduldet werden, daß die zum Nahrungsmittelverkauf be- stimmten Räume gleichzeitig noch als Wohn- und Schlafräume dienen, einmal schon aus Gründen der Sauberkeit, dann aber auch mit Rück- sicht auf die Möglichkeit von Infektionsübertragung. Ferner sollten die im Nahrungsmittelverkauf tätigen Personen strengstens angehalten sein, die etwa in ihrer Familie vorkommenden Fälle von Infektions- krankheiten sofort dem beamteten Arzt zu melden; ganz besonders gilt dies für Milch- und Gemüsehändler ; unter besonders gravierenden Umständen wäre die betreffende Verkaufsstelle zeitweise vom Ver- kehr auszuschließen. Typhus-Dauerausscheider sind unter allen Um- ständen vom Nahrungsmittelgewerbe fernzuhalten (vgl. oben S. 407). Verdorbene Nahrungsmittel sind zu zerstören und der Verkäufer zu bestrafen. In Cholerazeiten kann auch der Verkauf solcher Nahrungs- mittel inhibiert werden, die, obgleich in normaler Zeit unbeanstandet, doch erfahrungsgemäß zu gastro-enteritischen Störungen führen und so für den Choleraprozeß disponieren können, z. B. unreifes Obst; der Verkäufer ist eventuell zu entschädigen. Nahrungsmittel- fälschungen interessieren nur in wenigen Fällen die Seuchen- prophylaxe; insbesondere gehört hierher der Wasserzusatz zur Milch, durch den (bei Verwendung infektionsverdächtigen Wassers, wie das wohl meist der Fall sein wird!) sehr leicht Krankheitserreger in eine vorher völlig normale Milch gelangen können. Der Schwerpunkt der Nahrungsmittelprophylaxe liegt, wie schon aus den oben gegebenen speziellen Vorschriften hervorgeht, in der individuellen Prophylaxe, bzw. in den Maßnahmen im Haushalt. Hier wäre noch viel durch Verbreitung hygienischer Kenntnisse im Volk, insbesondere unter den Hausfrauen (JÄGER '®) zu erreichen! Zunächst ist wieder die Reinlichkeit in der Zubereitung und Aufbewahrung der Nahrungsmittel an erster Stelle zu nennen; insbesondere ist dabei auf die im Haushalt und Küche tätigen Dienstboten zu achten, die oft durch ihre Nachlässigkeit und abso- lute Unkenntnis der elementarsten hygienischen Regeln alle seitens der Familien- mitglieder aufgewendete Sorgfalt zur Vermeidung von Infektion illusorisch machen; ganz besonders gilt dies vom Ausland, wo farbige Diener verwendet werden; diese Leute, die vielleicht noch zudem außer dem Hause schlafen oder doch ganz unkontrollierbare Beziehungen zu mannisfachen Infektionsgelegen- heiten haben, sind ganz besonders geeignet, in ein Haus, in dem sonst die größte hygienische Sorgfalt herrscht, Cholera oder Typhus einzuschleppen; in der letzten ägyptischen Choleraepidemie hat Verfasser mehrfach Gelegenheit gehabt, solche ganz eklatante Fälle zu beobachten. Aber auch im Inland kommen oft genug schwere Unzuträglichkeiten vor, um nur z. B. die so beliebte Anordnung des Abtritts unmittelbar neben der Küche zu erwähnen; und wie wenige Dienst- 28* 436 E. GoTSCHLICH, boten, ja wie wenige sogenannte „Gebildete“ haben die löbliche Gewohnheit, sich nach jeder Benutzung des Abtritts die Hände zu waschen! — Nicht minder wichtig als die Behandlung der Nahrungsmittel selbst ist auch die Reinigung des Eß- und Trinkgeschirrs: das zur Spülung verwendete Wasser soll hygienisch einwandfrei sein und genau denselben Anforderungen entsprechen, die an Trinkwasser gestellt werden. In öffentlichen Lokalen soll die Spülung stets in fließendem Wasser, nie in wassergefüllten (stagnierenden) Behältern ge- schehen. Die im Haushalt für gewöhnlich übliche Reinigungsmethode des EBß- und Trinkgeschirrs (Auswaschen und nachträgliches Ausreiben mit trockenem Tuch) ist durchaus ungenügend, die etwa anhaftenden Infektionserreger (Strepto- kokken, Diphtheriebacillen, Tuberkelbaecillen) sicher zu beseitigen; hierzu ist Ab- waschen mit 50° warmer 2-proz. Sodalösung erforderlich (EsMArcH °®; vgl. auch Bd. I, S. 281). Daß tuberkulöse, lepröse, syphilitische Personen ihr eigenes Eß- und Trinkgeschirr für sich allein haben müssen, ist selbstverständlich. Ebenso selbstverständlich sollte es auch sein, daß Kinder nie, weder untereinander, und vor allem nicht mit Erwachsenen, gemeinsames Eß- und Trinkgeschirr be- nutzen, insbesondere mit Rücksicht auf die Möglichkeit von Diphtherieüber- tragung seitens latenter Fälle! — Wichtig ist ferner, die Nahrungsmittel (durch Bedeeken mit Drahtnetzen oder dergl.) vor Fliegen zu schützen, besonders bei hoher Außentemperatur, wo dieselben ganz massenhaft auftreten; ist es doch ganz zweifellos, daß Fliegen die Verbreitung von Typhus (FICcKEr®°), wahr- scheinlich auch von Cholera vermitteln können; auch in dieser Beziehung erweist sich die Nähe von Abtritten als besonders gefährlich. Ganz besondere Vorsicht ist, zumal in Epidemiezeiten, beim Genuß von Nahrungsmitteln am dritten Ort zu beobachten (in Gasthäusern, „Sommerfrischen“, auf Ausflügen usw.), um so mehr, je primitiver und unkontrollierbarer die Verhältnisse erscheinen ; unter solchen Verhältnissen erheischt es die Vorsicht, nur solche Nahrungs- mittel zu genießen, die nach Art ihrer Zubereitung durchaus unver- dächtig sind. VI. Prophylaxe im täglichen Leben, gegenüber bestimmten Berufen, und in speziellen hygienischen Verhältnissen. Schon in der alltäglichen Umgebung des Menschen sind vielfach Verhältnisse und Lebensgewohnheiten gegeben, die man ohne weiteres als permanente Infektionsgelegenheiten bezeichnen kann. Um mit der Wohnung zu beginnen, so ist hier der Fuß- boden als am meisten infektionsverdächtig an erster Stelle zu nennen (vgl. Bd. I, S. 279). An prophylaktischen Maßregeln sind zu er- wähnen: Verhütung unnötiger Beschmutzung (Reinigung des Schuh- werks vor dem Eintritt in die Wohnung, Spuckverbot), und regel- mäbige Reinigung durch Abwaschen mit Wasser und Seife; zweck- mäßig ist Oelfarbenanstrich oder Bedeckung mit. Linoleum (kost- spielig!), weil dadurch die Reinigung erleichtert wird; Teppiche er- schweren die Reinigung und sind daher in Kinder- und Kranken- zimmern zu vermeiden, im übrigen möglichst häufig durch gründ- liches Ausklopfen (aber nur im Freien!) zu reinigen. Gehen mit bloßen Füßen ist zu vermeiden; kleine Kinder sollen nicht auf der bloßen Diele umherkriechen, sondern auf einer über dieselbe ge- breiteten sauberen Decke. Das gleiche, was hier vom Fußboden der Wohnungen gesagt ist, gilt selbstverständlich auch von Treppen- häusern, Geländern, Türklinken und Abtritten, kurz von allen Teilen der Wohnung, die häufigen Berührungen, insbesondere seitens fremder Personen, ausgesetzt sind. Für Verhütung von Infektion ist Rein- lichkeit und Vermeidung aller unnötigen Berührungen, besonders an fremden Orten, zu nennen; wichtiger noch ist Vermeidung aller un- Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 437 nötigen Berührungen am eigenen Körper, insbesondere an Mund und Gesicht, wie es die Gewohnheit kleiner Kinder, leider aber auch vieler Erwachsener ist! — Ueber Wohnungsinfektion vgl. im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. Von den seitens der Kleidung drohenden Infektionsgefahren sei folgendes erwähnt. Daß getragene Kleider und Leibwäsche unter allen Umständen als infektionsverdächtig anzusehen sind und daß ihre Einfuhr aus verseuchten Ländern oder Orten verboten ist, wurde schon früher ausgeführt (vgl. S. 389). Auch ım Inland sollten getragene Kleider regelmäßig nur nach vorhergegangener Desinfek- tion wieder in Gebrauch genommen werden dürfen; gesetzliche Be- stimmungen in dieser Hinsicht über die Trödler, Althändler usw. wären sehr wünschenswert. Insbesondere ist der Lumpenhandel mit Rücksicht auf die Möglichkeit der Uebertragung von Infektions- krankheiten (Milzbrand, Pest und dgl.) unstreitig als sehr bedenklich anzusehen und in Epidemiezeiten am besten ganz zu verbieten. Auch für normale Verhältnisse wäre eine obligatorische Desinfektion aller zur Verarbeitung oder zum Versand kommenden Lumpen unstreitig das beste; mangels einer für die große Praxis geeigneten Methode muß jedoch diese prinzi- pielle Forderung vorläufig unerfüllt bleiben. Die gegenwärtig im Lumpenhandel bier und da übliche „Desinfektion“ mittelst Schwefelräucherungen ist gänzlich nutzlos; dagegen ist die Desinfektion der Verpackung der zum Versand fertigen Lumpenballen zweckmäßig (mittelst Sublimatlösung), indem auf diese Weise — in Verbindung mit dem Verbot jeder Oeffnung und Probeentnahme auf dem Transport — während desselben wenigstens die Verstreuung von Infektions- keimen verhindert wird. Gegen den beim Verarbeiten der Lumpen massenhaft entstehenden Staub sollten die Arbeiter durch wirksame Staubabsaugvorrich- tungen (EyFr®l) geschützt sein, auch sollen die Arbeiter während ihrer Be- schäftigung besondere waschbare Ueberkleider tragen und sich vor dem Essen, sowie vor Verlassen der Arbeitsstätte Gesicht, Hände und Füße mit Wasser und Seife gründlich reinigen; am besten ist es, wenn die Arbeiter unter dauernden ärztlicher Kontrolle stehen. Diese Vorschriften, sowie Bestimmungen über die Einrichtung und Lage der Lumpenmmagazine müssen gesetzlich festgelegt und ihre Ausführung streng kontrolliert werden; ganz besonders gilt die Notwendig- keit der Kontrolle für kleine Betriebe! — Daß Lumpen als „giftfangende Stoffe“ aus verseuchten Orten oder Ländern nicht exportiert werden dürfen, ist schon früher erwähnt; mit Recht machen jedoch die neueren gesetzlichen Vorschriften einen Unterschied zwischen Abfällen rein industrieller Provenienz und wirklichen Lumpen; nur die letzteren sind als infektionsverdächtig anzusehen. Getragene Bett- und Leibwäsche kann eine ganze Reihe von Infektionen vermitteln; Wäsche von infektiösen Kranken ist daher sogleich — und noch im Krankenzimmer selbst — (durch Einlegen in Behälter mit desinfizierenden Flüssigkeiten) unschädlich zu machen. Wäscherinnen sind begreiflicherweise vielen Infektionen besonders ausgesetzt und können andererseits auch in ihrem Betriebe, ohne selbst zu erkranken, zur Uebertragung von Infektionen Ver- anlassung geben; als praktische Regel ergibt sich hieraus, daß erstens mit un- reiner Wäsche so wenig als möglich manipuliert werden soll, sondern das Sor- tieren und dergleichen erst nachdem die Wäsche durch heißes Wasser (mit Seife oder Soda) sicher desinfiziert worden, vorgenommen werde; zweitens, daß Fami- lien besonders in Epidemiezeiten nie ihre Wäsche außer dem Hause waschen lassen sollen, um sich vor indirekter Infektion zu schützen. Auch die heutigen Kleidersitten können in einem Punkte zur Ver- breitung von Infektionskeimen beitragen, nämlich durch die Schleppe der Frauen- kleider auf der Straße, in Eisenbahn- und Tramwagen usw. Spezielle prophylaktische Maßnahmen kommen in Be- tracht bei einigen Berufen, und zwar teils zum Schutze der be- sonders exponierten Angehörigen des betreffenden Berufes selbst, teils zum Schutze der Allgemeinheit, indem durch die gewisse Berufe ausübenden Personen besonders leicht WUebertragungen des In- 438 E. GOTSCHLICH, fektionsstoffes auf dritte Personen zustande kommen. Ueber den persönlichen Schutz von Aerzten und Krankenpflegern vgl. oben S. 409. Hierher gehören ferner die Dienstanweisungen für Heb- ammen zur Verhütung des Puerperalfiebers. Ueber Maßregeln zur Verhütung der Uebertragung von Tierkrankheiten durch Abdecker, Gerber, Roßhaararbeiter usw. vgl. im Kapitel „Milzbrand‘ im speziellen Teil dieses Handbuches. | Ueber Trödler, Lumpensammler, Wäscherinnen vgl. das soeben Gesagte. — Eine gewisse Gefahr für die Allgemeinheit stellen auch die Leihbibliotheken, insbesondere die kleineren privaten Institute, dar; zur Verhütung einer Infektion seitens gebrauchter Bücher (die insbesondere für Diphtherie und akute Exantheme in Betracht kommen könnte) wäre obligatorische Desinfektion der ge- brauchten Bücher mittels Formalin oder im strömenden Dampf (Krausz 9?) anzustreben; vgl. über Bücherdesinfektion das betreffende Kapitel im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. In neuerer Zeit hat sich die Aufmerksamkeit auch auf die Hygiene der Barbierstuben gelenkt, nachdem zweifellose Erfahrungen vorlagen, daß Sy- philis (ein notorischer Fall bei SCHMOLcK !'°), Furunkeln, Impetigo contagiosa, und eine Reihe von Hautkrankheiten durch das Rasier- und Friseurgeschäft übertragen werden können; vgl. z. B. die in den Veröffentlichungen des Kais. Gesundheitsamts publizierten amtlichen Bestimmungen in Kanada°°, in Danzig usw., sowie bei BERGER°? und WEICHSELBAUM®®.. Am besten wäre es, wenn die Desinfektion aller Geräte nach jedesmaligem Gebrauch vorgeschrieben würde; vgl. die Zusammenstellung von KauscH°®* der zur Desinfektion im Barbier- und Friseurgewerbe vorgeschlagenen (größtenteils patentierten) Apparate. So- lange eine solche allgemeine Desinfektionsvorschrift nicht besteht, ist es das beste, wenn jeder Kunde sein eigenes Rasier- und Friseurzeug hält und ausschließlich nur dieses an sich zur Anwendung kommen läßt; daneben ist darauf zu dringen, daß der Barbier vor und nach jeder Erledigung eines Kunden sich sorgfältig die Hände wäscht, am besten mit Seife und Alkohol (LICHTENSTEIN !01); auch die Anlegung billiger Papierhandschuhe während der Arbeit, die immer nur für eine Person in Gebrauch kommen und dann sogleich zerrissen werden, ist em- pfehlenswert. Endlich und hauptsächlich sind mit sichtlichen Haut- und Haar- krankheiten behaftete Personen von öffentlichen Barbierstuben völlig auszu- schließen, Syphilitische im gleichen Sinne von ihrem behandelnden Arzte zu instruieren. Schließlich seien noch einige besondere Verhältnisse des heutigen Lebens genannt, für die spezielle Infektionsgefahren und dementsprechende Verhütungsmaßregeln in Betracht kommen. In den öffentlichen Transportgelegenheiten (Eisenbahn, Tram) kommt die Möglichkeit einer Infektion mit Tuberkulose in Betracht. Dab ansteckende Kranke nur mittels besonderen Krankenwagen trans- portiert werden sollen, wurde schon S. 405 ausgeführt. Ueber die Grundsätze der Maßnahmen für den Eisenbahnverkehr in Seuche- zeiten vgl. S. 397. — In gleicher Weise wie in öffentlichen Transport- gelegenheiten ist der Mensch auch in Gasthäusern usw. mehr als in seinem eigenen Heim verschiedenen Infektionen ausgesetzt; denn in einem wie im anderen Falle muß er sich in vieler Beziehung, z. B. betr. der Zubereitung der Nahrungsmittel, auf die — oft sehr zweifel- hafte — hygienische Sorgfalt anderer Personen verlassen. — Oft bestehen sogar in „Kurorten“ und „Sommerfrischen“ (z. B. bezüglich der Beseitigung der Abfallstoffe, Wasserversorgung, Behandlung an- steckender Krankheiten) recht primitive, durchaus unzulässige Ver- hältnisse (Lassar®"); vgl. über amtliche Erlasse zur Abstellung dieser Uebelstände in Deutschland®® und Oesterreich 89, Allgemeine Prophylaxe der Infektionskrankheiten. 439 Eine wichtige öffentliche Infektionsgelegenheit stellt auch die Schule dar: über Ausschluß infektionsverdächtiger Kinder (Geschwister der Erkrankten und Rekonvaleszenten) vom Schulbesuch und über die eventuell zu verfügende zeit- weilige Schließung der Schule in Epidemiezeiten vgl. oben S. 408, sowie den preußischen Ministerialerlaß°° von 1907. Unstreitig hat die Behörde, die den Eltern die Verpflichtung auferlegt, ihre Kinder zur Schule zu schicken, nun ihrerseits die verantwortungsvolle Pflicht, Uebertragung von Infektionen durch die Schule möglichst zu verhüten. Die beste Garantie in dieser Beziehung bietet die dauernde Ueberwachung der Schule und der Schulkinder durch einen beamteten, mit weitgehenden Befugnissen ausgestatteten Schularzt, eine Insti- tution, auf deren Notwendigkeit zuerst H. CoHn°?! mit Nachdruck hingewiesen hat, und die sich allmählich mit bestem Erfolg einbürgert. Demnächst ist auch die allgemeine Einführung von Schulbädern anzustreben. Endlich ist auf die Reinigung der Schulzimmer die größte Aufmerksamkeit zu verwenden, und zwar ist eine tägliche feuchte Reinigung (mit peinlicher Vermeidung von Staubentwickelung!) der Fußböden zu fordern (BENNSTEIN 9); zweckmäßig geschieht dies in Wiesbaden mit Hilfe fliegender Kolonnen von Arbeitsfrauen (SCHUBERT°®3). Ueber Verwendung von Oelen zur Staubbindung vgl. bei HEISE **. Noch besser wäre eine (außer der täglichen Reinigung “vorzunehmende) regel- mäßige (etwa wöchentlich einmal) prophylaktische Desinfektion der Fußböden (VoLLMER®?), am besten mit 1-prom. Sublimat; diese Maßregel sollte wenigstens in Zeiten drohender Epidemie (Diphtherie, Scharlach) durchgeführt werden. Besondere Erwähnung verdienen die militärischen Verhält- nisse, und zwar aus dem zweifachen Gesichtspunkt, daß einmal be- stimmte Infektionskrankheiten (Abdominaltyphus, Fleckfieber, Cere- brospinalmeningitis, Ruhr) erfahrungsgemäß besonders häufig in Kasernen und im Felde vorkommen, sowie andererseits, dab es im Interesse der Armee liegt, Infektionskrankheiten (insbesondere Tuber- kulose!) von vornherein vom Heere fernzuhalten und eventuell durch möglichst strenge Maßnahmen zu bekämpfen. Vgl. betreffs der genannten Krankheiten die zusammenfassen- den Darstellungen bei R. Kocm°, M. KIRCHNER??, in SCHIERNINGS ®® „Bibliothek v. Coler“, insbesondere in dem neuesten „Lehrbuch der Militärhygiene‘“ von BıscHorr, HOFFMANN & ScHWIENInG102, Bd. IV. — Endlich nimmt die Seuchenprophylaxe im Ausland, ins- besondere in halbzivilisierten Ländern, aus mehreren Gründen ein besonders großes Interesse in Anspruch; zunächst spielen sich die großen Volksseuchen in neuester Zeit hauptsächlich im Ausland ab; ferner stehen überseeische Länder heutzutage, teils infolge der Kolonialbestrebungen, teils infolge der überaus lebhaften Verhältnisse des Weltverkehrs, unserem Interesse viel näher als je zuvor; end- lich bieten die Seuchen selbst, sowie vor allem die Durchführung der prophylaktischen Maßnahmen unter den gänzlich verschiedenen Verhältnissen und Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, mit denen man im Ausland zu rechnen hat, viel Eigenartiges, und es treten Erfordernisse und Schwierigkeiten auf, mit denen man im Inland nie zu rechnen hat. Literatur. l. SCHREYER, Münch. med. Wochenschr., 1911. la. LAsEr, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 22, Nr. 18/19, 189. lb, BIENSTOCK, Hyg. Rundschau, 1903, Nr. 3. 2. GÄRTNER, A., Die Quellen in ihren Beziehungen zum Grundwasser und zum Typhus. Jen, G. Fischer, 1902. Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Ref., Bd. 33, Nr. 3/4, 1903. 2a. KRUSE, Centralbl. f. allg. Gesundheitspflege, 1901. 3. BIZZOZERO, Ref. Hyg. Rundschau, 1899, S. 1285. 440) E. GOTSCHLICH, SCHULTZE, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 15, 226, 1893. RUBNER & Davıps, Berl. klin. Wochenschr., 1893, Nr. 36. SCHÜDER & PROSKAUER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 40, 627, 1902. BABEs. V., & A., Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 12, Nr. 4/5, 1892. BURLUREAUX, Arch. de med. exper., 13892, p. 581. FRANKLAND, P.. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 13, Nr. 4, 1893. 10. TEICH, Arch. f. Hyg., Bd. 19, 62, 1893. 102. SCHÜDER, Gesundheits-Ing., 1903, S. 253 und 1908, S. 572. li. PLAGGE & SCHUMBURG, Veröff. a. d. Gebiete d. Militär-Sanitätswesens, 19300; H; 19. 1la. HETSCH, in Gedenkschr. f. LEUTHOLD, Bd. 1, 203. Berlin 1906. 12. TRAUBE, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 16, 149, 1894. 13. LoDE, a) Arch. f. 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Polemik zwischen PFUHL, SCHUMBURG, SCHÜDER. Zeitschr. f. Hyg., Bd.39 u. 40, 1902. 28. ALTEHÖFER, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 8, 129. 28a. ENGELS, Ebenda, Bd. 31, 651, 1902. 29. TRAUGOTT, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 14, 427, 1893. 29a. REICHEL, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 61, 49, 1908. 29b.CRONER, Ebenda, Bd. 58, 487, 1908, und Bd. 63, 319, 1909. 30. BLATZ, Ref. Baumgartens Jahresber., 1898, S. 938. ‚ 3l. OHLMÜLLER, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, 1891. 32. VAN ERMENGEM, Ann. de l’Inst. Pasteur, 1895, p. 673. 33. CALMETTE, Ibid., 1898, p. 344. 34. WEYL, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 26, 15. 39. ERLWEIN, Journ. f. Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1901, Nr. 30/31. 392. — Ber. über d. 14. intern. Hyg. Kongr., Bd. 3, Berlin 1907. 3b, de in Tr. Weyrs Betriebsführung städt. Werke, Bd. 1, 87, Leipzig 36. OHLMÜLLER & PRALL, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 18, H. 3, 1902. 362. NEISSER, M., Arb. a. d. Inst. f. exper. Therap. z. Frankfurt, Bd. 4, 81, 1908, 37. SCHÜDER & PROSKAUER, Zeitschr. f. 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FRÄNKEL, (., & PIEFKE, a) Vierteljahrsschr. £. öffentl. Gesundheitspflege, Bd. 23, 48, 1890; b) Zeitschr. f. Eye, Bd, Lt. 53. KABRHEL, Arch. f. Hyg., Bd. 22, 323, 1895. 54. Koch, R., Zeitschr. £. Hye., Bd. 14, 393; Bd. 15, 89, 1893. 55. PROSKAUER, Ebenda, Bd. 9, 103. & 56. Ref. Hys. Rundschau, 1901, S. 1081. 57. Veröff. Kais. Ges.-Amt, 1894, S. 114 u. 635; 1899, Nr. 7. 58. PANNWITZ, Arb. a. d. Kais. u Bd 53el59e: 59. GÖTZE, Arch. f. Hyg., Bd. 35, 227, 1899, und Bericht über d. 14. intern. Hye.-Kongr., Bd. 3, 152, Berlin 1907. 60. IMBEAUX & HazEn, Ebenda, Bd. 3, 182. 61. KÖHLER, Journ. f. ne und Wasserversorgung, 1907, S. 282. 62. DIECKMANN, Ebenda, 1909, 953. 63. BITTER & GOTSCHLICH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 59, 384ff., 1908. 64. FRIEDBERGER, Ebenda, Bd. 61, 355, 1908. 65. Gesundheits-Ingenieur, 1900, Nr. 13—16 und Nr. 19—23. 66. IMmBEAUX, L’alimentation en eau ete. A l’exposition universelle 1900. Paris, Bernard & Co., 1901/02. 67. NocHT, Hyg. Rundschau, 1902, Nr. 13. 68. 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Abreiben infizierter Wände mit Brot, Sterilisierung des Wassers durch Filtration), erfolgen kann, ohne daß dem Desinfektionsakte als solchem irgend eine keimschädigende Wirkung zukommt. In der übergroßen Mehrzahl der Fälle hingegen ist letzteres wirklich der Fall; durch bestimmte, teils physika- lische, teils chemische Einwirkungen (Desinfizientien) wird eine direkte Schädigung und, wenn irgend möglich, Abtötung der Krankheitserreger hervor- gerufen. Die Lehre von dieser Desinfektion im engeren Sinne (= Ab- tötung der Krankheitskeime) zerfällt naturgemäß in zwei Abschnitte; zunächst müssen wir die Desinfizientien selbst nach ihrer Natur und den Be- dingungen ihrer Wirkungsweise kennen lernen; dem Plan dieses Handbuchs ent- sprechend, ist hierbei von der Behandlung rein chemischer und pharmakologi- scher Fragen (wie z. B. den Beziehungen zwischen chemischer Konstitution und desinfizierender Wirkung) Abstand genommen worden und muß dieserhalb auf das an anderer Stelle dieses Bandes bearbeitete Kapitel von BÜRGI verwiesen werden. Im zweiten Abschnitt ist zu zeigen, wie in der Desinfektionspraxis die Anwendung der als brauchbar erkannten Desinfizientien auf die verschiedenen im täglichen Leben vorkommenden infizierten Gegenstände zu erfolgen hat. A. Die Desinfizientien. I. Allgemeines. Methodik und Theorie der Desinfektionswirkung. Die Schädigung, welche ein Mikrobe durch ungünstige äußere Einwirkungen erfährt, kann von sehr verschiedenem Grade sein und sich in mannigfacher Form äußern. In den leichtesten Fällen tritt nur eine (entweder temporäre oder auch vererbbare) Beeinträchtigung der einen oder anderen Lebensäußerung ein, während im übrigen Fortpflanzung und Entfaltung der sonstigen Lebenstätigkeiten des betreffenden Mikroben ungestört von statten gehen; vgl. im Kapitel „Variabilität“ (Bd. I, S. 149ff.). Stärkere Schädigungen bewirken eine Beeinträchtigung mehrerer oder sämtlicher Lebensfunktionen und insbesondere Verlangsamung des Wachstums, bis schließlich zur völligen Entwickelungshemmung. Der Mikrobe kann sich, solange er unter dem Einfluß des betreffenden schädigenden Agens 444 E. GOTSCHLICH, steht, nicht vermehren — obwohl sonst alle hierzu erforderlichen Lebensbedingungen vorhanden sind!) —, aber es ist nicht abgestorben, wie sich ganz einfach daraus ergibt, dab die Entwickelung wieder einsetzt, sobald der Mikrobe der betreffenden schädigenden Wirkung entzogen wird. Noch intensivere Schädigungen rufen endlich defini- tive Abtötung hervor; nach Aufhören der schädigenden Einwir- kung, und selbst trotz Uebertragung in optimale Bedingungen, findet kein Wachstum mehr statt. Die zahlenmäßigen Ausdrücke für den entwickelungshemmenden („antiseptischen“) Wert einer- seits, sowie für den keimtötenden („desinfizierenden‘) Wert (bei welchem letzteren man wiederum zwischen der Abtötung vegetativer Formen und Sporen unterscheiden muß!) sind für die Charakteristik eines gegebenen Desinficiens besonders bedeutungs- voll. Schon hier sei bemerkt (was noch später im einzelnen zu be- gründen), daß eine gesetzmäßige Beziehung zwischen diesen beiden Werten bei verschiedenen Desinfektionsmitteln — etwa in dem Sinne, daß wenn der eine bekannt, der andere berechnet werden könnte — nicht existiert; der fundamentale Unterschied beider Versuchsanord- nungen liegt zunächst schon darin, daß ceteris paribus der entwicke- lungshemmende Wert lediglich von den Intensität der schädigenden Wirkung (d. h. bei chemischen Desinfizientien lediglich von der Kon- zentration der Lösung) abhängt, während der bakterizide (resp. sporozide Wert gleichzeitig eine Funktion der Einwirkungszeit darstellt. Demgemäß wird jeder dieser beiden Werte nach gänzlich verschiedenen Methoden ermittelt. 1. Die Bestimmung des entwickelungshemmenden Wertes ist verhältnismäßig einfach und erfolgt in der Weise, daß eine Anzahl von Proben des gleichen Nährbodens, unter sonst gleichen Versuchsbedingungen, mit dem zu prüfenden Mikroben in gleicher Weise besät, dem betreffenden zu prüfen- den schädigenden Agens in quantitativ genau abgestuften verschiedenen Inten- sitätsgraden ausgesetzt werden (d.h. bei Prüfung chemischer Desinfizientien wird den Proben die betreffende chemische Substanz in verschiedenen Konzen- trationen zugesetzt); das geringste Maß des schädigenden Agens, welches eben noch völlige Entwickelungshemmung bewirkt, stellt den gesuchten Wert dar. Die Feststellung, ob noch Wachstum vorhanden ist oder nicht, kann entweder durch Beobachtung der Koloniebildung auf Platten erfolgen, oder durch direkte mikroskopische Beobachtung im hängenden Tropfen (BEHRING!a), und zwar am besten in (Rinder-)Blutserum, weil dies den natürlichen Verhältnissen am meisten entspricht. Die Zeit, über welche die Beobachtung ausgedehnt wurde, muß in jedem Falle angegeben werden, da manche Mittel nach längerer Zeit aus dem Substrat verschwinden, sei es durch Verflüchtigung oder durch allmäh- liche Umsetzung (Sublimat) und hiermit die entwickelungshemmende Wirkung aufhört; so z. B. genügt ein Sublimatgehalt des Blutserums von 1:10000, um jede Entwickelung auf 2 Tage zu hemmen, während, um diese Wirkung bis auf 8 Tage auszudehnen, selbst ein Gehalt von 1:6000 unzulänglich ist (BEHRING Ib). Um zu wirklich vergleichbaren Resultaten zu gelangen, kommt alles darauf an, daß in der gleichen Versuchsreihe wirklich alle anderen Versuchsbedingungen konstant sind und nur die Intensität (bzw. Konzentration) des zu prüfenden Desinfiziens variiert; dieses Erfordernis ist nicht so leicht zu erfüllen, als es den Anschein hat; insbesondere sind auch stets Kontrollversuche ohne Zusatz des betreffenden Desinfiziens erforderlich, um etwaige oligodynamische Wirkungen (vgl. Bd. 1, S. 256) mit Sicherheit anzuschließen. — Unter den Bedingungen, welche den entwicklungshemmenden Wert beeinflussen, kommt zunächst die Natur des betreffenden Mikroben selbst in Betracht, gewisse Arten (Cholera- vibrionen, Gonokokken) sind besonders vulnerabel; vgl. ferner betreffs der Em- pfindlichkeit: verschiedener Mikroben gegenüber Säure- und Alkaligehalt des Nährbodens, Bd. 1, S. 106. Die Sporenkeimung ist leichter zu hemmen als die vegetative Entwicklung. Wahrscheinlich hat auch die Menge der Aussaat einen Desinfektionslehre. 445 Einfluß, in dem Sinne, daß bei spärlicher Aussaat leichter Entwicklungshemmung eintritt. Durch allmähliche Angewöhnung an antiseptische Lösungen von lang- sam steigender Konzentration vermögen manche Arten schließlich bei Konzen- trationen zu wachsen, die vorher absolut entwicklungshemmend waren (Kos- SIAKOFF>, TRAMBUSTI%); besonders bemerkenswert ist, daß, wie zuerst von DaNYscz° beobachtet, die Angewöhnung des Milzbrandbacillus (gegenüber Arsenik und bakterizidem Rattenserum) mit morphologischen Veränderungen, nämlich Bildung dickerer schützender Schleimhüllen einhergeht; vgl. Näheres darüber in Bd. 1, S. 61. — Seitens des einwirkenden schädigenden Agens ist selbstverständlich in erster Linie seine spezifische Natur und Giftwirkung, demnächst die Intensität (z. B. der Temperaturgrad), speziell bei chemischen Einwirkungen die Kon- zentration maßgebend; im Gegensatz zu den bei der keimtötenden Wirkung obwaltenden Verhältnissen (vgl. weiter unten) ist hier nur die Menge der ge- lösten wirksamen Substanz, nicht aber der Dissoziationsgrad, ausschlaggebend (PauL & Krönıs?). Das Substrat, in dem sich die Bakterien befinden, beein- flußt das Resultat der Versuche in doppelter Weise: Einmal, indem chemische Bestandteile desselben mit dem einwirkenden Agens in Reaktion treten können und dadurch die schädigende Wirkung des letzteren durch teilweise Bindung und Ausfällung vermindert wird (deshalb die geringere entwielungshemmende Wirkung von Sublimat in Blutserum, im Vergleich mit wässerigen Lösungen). Zweitens aber ist das Milieu insofern von größter Bedeutung, je nachdem es für den betr. Mikroben optimale oder minder günstige Versuchsbedingungen repräsentiert; unter je günstigeren Lebensbedingungen die dem Versuch unter- worfenen Mikroben sich befinden, desto größer ist ihre Widerstandsfähigkeit und um so schwieriger gelingt die Entwicklungshemmung. Hierdurch erklären sich manche scheinbar paradoxe Verhältnisse; so z. B. hat die gleiche Säure einen sehr verschiedenen antiseptischen Wert, je nachdem sie auf eine in alkalischer oder neutraler Bouillon gewachsene Kultur einwirkt, und zwar findet nicht etwa eine einfache algebraische Addition der Acidität oder Alkaleszenz des Substrats zu der von außen- hinzugekommenen Säuremenge statt, sondern es besteht eine funktionelle Verknüpfung in dem Sinne, daß der zur Entwicklungs- hemmung erforderliche Säurezusatz in demjenigen Medium am größten sein muß, in dem der betr. Mikrob sein Optimum der Lebensbedingungen fand, und demgemäß äußert sich dieses Verhalten gegenüber verschiedenen Arten unter Umständer in entgegengesetztem Sinne. Analog erklärt sich der Einfluß der Temperatur, der sich hier in gerade entgegengesetzter Weise geltend macht, wie gegenüber der bakteriziden Wirkung; während .nämlich (vgl. weiter unten) die keimtötende Wirkung chemischer Desinfizientien durch jede Temperatur- erhöhung gesteigert wird, tritt umgekehrt die Entwicklungshemmung ceteris paribus bei Bruttemperatur schwieriger ein als bei Zimmertemperatur, — eben weil die Entfaltung aller Lebensäußerungen und damit auch die Resistenz des Mikroben bei Brutwärme intensiv gesteigert ist. So sah BEHRING! bei 24- stündiger Beobachtungsdauer in Bouillon vollständige Entwicklungshemmung bei 90° schon durch einen Sublimatgehalt von 1:500000 zustande kommen, während bei 36° der gleiche Effekt erst bei einer Konzentration von 1:125000- eintrat. 2. Sehr viel schwieriger ist die einwandfreie Bestimmung des keim- tötenden (desinfizierenden) Wertes eines Desinficiens. a) Methodik. Die Aufgabe stellt sich hierbei im Prinzip folgendermaßen: „Auf die möglichst von Nährbodenresten befreiten (vgl. weiter unten!) Bak- terien soll das betreffende zu prüfende Agens, unter gewissen, absolut konstant zu haltenden Bedingungen, während einer bestimmten Zeitdauer einwirken: hernach soll die schädigende Einwirkung vollständig aufhören, und die geprüften Bak- terien sind in bestimmte (möglichst optimale) Bedingungen zu bringen, um daselbst auf ihre Entwicklungsfähigkeit hin beobachtet zu werden.“ @«) Schon bei der Auswahl der Testobjekte erhebt sich eine ganze Reihe von Schwierigkeiten. Abgesehen von dem (noch später eingehend zu würdigenden) enormen Unterschied in der Resistenz zwischen vegetativen Formen und Sporen — der in jedem Falle eine getrennte Bestimmung der für beide Arten von Objekten gültigen keimtötenden Werte nötig macht — bestehen noch sehr erhebliche Rassen- und individuelle Differenzen. Nach R. KocHns® Vorgang wird zu Desinfektionsversuchen gewöhnlich die Milzbrandspore benutzt, da dieselbe sehr charakteristische (und auf dem Nähr- boden nicht konfluierende, demnach leicht zählbare) Kolonien bildet und vor allem auch den Tierversuch als Kontrolle neben der kulturellen Prüfung zuläßt. Indessen zeigte schon v. EsMArcH', daß Milzbrandsporen verschiedener Provenienz eine sehr ungleiche Resistenz sowohl gegenüber physikalischen (3 bis 446 E. GOTSCHLICH, 12 Minuten Resistenz gegen strömenden Dampf von 100°) als chemischen Ein- wirkungen (4 Tage bis 1 Monat gegen 5-proz. Karbol) aufwiesen; bestätigt von OÖTSUK1®, KoKkuUBo®a und DANNAPPEL?, welch letzterer sogar nur bei 70 Proz. der von ihm gegenüber strömendem Dampf geprüften Milzbrandsporen eine Resistenz von über einer Minute, bei manchen Sporen sogar nur von 5—15 Se- kunden konstatieren konnte. Dazu kommt, daß auch der gleiche Stamm, bei gleicher Behandlung (Antrocknung an Seidenfäden) keineswegs (wie ae: lich von C. FRÄNKEL!P behauptet) denselben Grad von Widerstandsfähigkeit behält; die letztere kann vielmehr auch bei verschiedenen Kulturen der gleichen Rasse bedeutende Differenzen aufweisen (R. WEIL!! PauL & Krönıs). Künst- liche Erhöhung der Resistenz ist bis jetzt nicht gelungen; dagegen konnte R. Weın!! durch systematische Abschwächung mittels Erhitzung haltbare „miti- gierte‘ Rassen des roten Kartoffelbacillus erzielen, dessen Sporen dann eine sehr konstante Resistenz (von ca. 8 Min. gegen strömenden Dampf) zeigten. Auch HOFFMANN a empfiehlt die Sporen eines saprophytischen Bacillus aus Garten- erde zu Desinfektionsversuchen. — Um das von einer gegebenen Kultur ge- wonnene Sporenmaterial einige Zeit auf annähernd konstanter Resistenz zu erhalten, empfiehlt es sich, dasselbe erst nach 2-tägiger Trocknung im Exsikkator zu benutzen und bei niederer Temperatur (7—10°) aufzubewahren; im Beginn der Trockenstarre steigt die Resistenz rasch, um dann langsam abzunehmen. Vegetative Formen sind gegen schädigende äußere Einwirkungen in alten Kul- turen viel empfänglicher (FICKER!?) als in jungen frisch ausgewachsenen; nur letztere sind daher zur Bereitung von Testobjekten zu verwenden. Uebrigens muß man, um zahlreiche innerhalb eines längeren Zeitraumes angestellte Ver- suchsreihen miteinander vergleichen zu können, für jede einzelne Versuchsreihe den augenblicklich geltenden Wert der Widerstandsfähigkeit feststellen; dies geschieht durch einen Kontrollversuch mit einem bekannten Desinficiens, z. B Sublimat (PauL & Krönıs?), oder 5-proz. Karbollösung (v. EsMARCH?) oder durch die Kochprobe (GEPPERT !2a). Innerhalb eines und desselben Sporenmaterials kommen nun außerdem noch enorme individuelle Differenzen in Betracht, indem die Resistenz der einzelnen Individuen gegenüber der gleichen schädigenden Einwirkung um das 10—20-fache variiert (PAUL & KRÖNIG); analoge Verhältnisse gelten auch für vegetative Formen, z. B. Staphylococc. pyogen. aur. (SAMTER??). Hieraus ergibt sich zweierlei: Erstens ist es hiernach offenbar unmöglich, die Wirk- samkeit eines Desinficiens gegenüber einem Mikroben durch einen absoluten Zahlenwert zu charakterisieren (z. B. „Sublimat tötet in Konzentration 1:1000 Milzbrandsporen in 60 Sekunden“); denn die verschiedenen Sporenindividuen sterben ja nach sehr ungleichen Einwirkungszeiten ab; und auch wenn man, wie dies bisher allgemein üblich, für die Beurteilung nur die definitive Ab- tötung sämtlicher in dem betr. Testmaterial enthaltenen Sporen zugrunde legt, so kann eine solche (für die Praxis ja unentbehrlich bleibende) kurze zahlen- mäßige Charakteristik doch höchstens einen allgemein orientierenden Wert haben; für die Zwecke wissenschaftlicher Vergleichung verschiedener Desinfektionsmittel ist diese Art der Beurteilung deshalb unverwendbar, weil gerade die Wider- standsfähigkeit der wenigen als letzte übriggebliebenen Sporen sehr variiert; für wissenschaftliche Zwecke ist es daher das einzig richtige, nach dem Vor- gang PauL & Krönıcs? den ganzen Ablauf des Desinfektionsvorganges (die Ab- sterbeordnung der verschiedenen Individuen des Testmaterials nach verschie- denen Einwirkungszeiten bis zur definitiven Abtötung) zahlenmäßig zu bestimmen. Der Verlauf dieser Absterbeordnung entspricht bei den Milzbrandsporen einem Exponentialgesetz (PauL & Krönıs?, CHIck & MARTIN 2, REICHENBACH ?!), d. h., die Abtötung der in einem gegebenen Zeitpunkt innerhalb der Einwirkung des Desinfiziens noch überlebenden Sporen erfolgt um so langsamer, je weiter der Absterbeprozeß fortschreitet — und die Anzahl der Sporen vermindert sich im Sinne einer geometrischen Reihe mit der Zunahme ihrer Resistenz. Während PauL & KRröNIG, sowie CHIckK & Marrın diese zahlenmäßig festgestellte Be- ziehung auf eine chemische Gesetzmäßigkeit — (nach Analogie der die In- version des Rohrzuckers beherrschenden) — zurückführten, zeigte REICHEN- BACH, daß trotz der scheinbar vollständigen äußeren Uebereinstimmung beider Prozesse doch kein innerer Zusammenhang obwaltet, sondern daß die beob- achtete Absterbeordnung der Milzbrandsporen auf individuellen Differenzen der Resistenz innerhalb des Sporenmaterials selbst beruht; denn einerseits gilt die gleiche Absterbeordnung bei Milzbrandsporen auch für physikalische Einwir- kungen (Abtötung durch Hitze), wo selbstverständlich von einer chemischen Beziehung zwischen Desinficiens und Spore keine Rede sein kann, und anderer- Desinfektionslehre. 447 seits folgt die Absterbeordnung bei anderen Sporenarten einer ganz anderen Formel. Nun kommen wir zum zweiten Punkte, zur Bedeutung der Menge der Aussaat, ein Moment, auf das übrigens schon vor PaAuL & KRröNnIGs grundlegenden Untersuchungen u. a. BOER!? und GRUBER !* hingewiesen haben; insbesondere stellte FICKErR! fest, daß auch gegenüber physikalischen Ein- wirkungen die Menge des Testmaterials eine wesentliche Rolle spielt; dichte Bakterienanschwemmungen widerstehen der Erhitzung längere Zeit als ver- dünnte. B) Die Zubereitung des Testmaterials für Desinfektionsversuche muß den folgenden Anforderungen gerecht werden. Zunächst dürfen die betr. Bakterien selbstverständlich nicht durch die Vorbereitung als solche geschädigt werden; zweitens müssen die Keime dem Desinficiens möglichst von Nähr- substrat befreit ausgesetzt werden — wenigstens solange es sich um Prüfung der Desinfizientien in rein wäßrigen Lösungen handelt — weil sonst kompli- zierte, ja unberechenbare Umsetzungen des Desinficiens mit dem Nährsubstrat Platz greifen; drittens muß das Testmaterial so beschaffen sein, daß dem Ein- dringen des Desinficiens keine Widerstände entgegenstehen, sondern alle einzelnen Keime wirklich von demselben erreicht werden; viertens muß eine quantitative Bestimmung sowohl der ursprünglichen Aussaat, wie auch nach verschiedenen Einwirkungszeiten des Desinficiens möglich sein; fünftens muB nach Beendigung der für den betr. Versuch vorgesehenen Einwirkungsdauer eine prompte und vollständige Entfernung des Desinficiens ausführbar sein, damit die etwa über- lebenden Keime nicht noch eine weitere unkontrollierbare Schädigung erfahren *); endlich wäre es für vergleichende Versuchsreihen wünschenswert, wenn das Testmaterial eine gewisse Haltbarkeit besäße und wenigstens eine Reihe von Tagen sich unverändert erhielte. Betrachten wir nun von diesen Gesichtspunkten aus die verschiedenen zur Prüfung der keimtötenden Wirkung angewandten Methoden! Nach der ursprüng- lichen, von R. KocH® angegebenen Methode wurden die Keime (Milzbrand- sporen) an sterilen Seidenfäden angetrocknet; die Entfernung des Des- inficiens nach Beendigung der Versuchszeit suchte man durch mehrfaches Ab- spülen der Sporenfäden in sterilem Wasser zu erreichen. Diese Methode ist den Verhältnissen der Desinfektionspraxis nachgebildet (BEHrınG!c, BECH- HOLD?) und verdient daher überall da Anwendung, wo es sıch um die prak- tische Auswertung eines Desinfiziens handelt. Für vergleichende wissenschaft- liche Untersuchungen (insbesondere für die Auswertung der Konzentration, in welcher eine gegebene chemische Substanz innerhalb einer bestimmten Zeit noch abtötend wirkt) ist diese Methode nicht geeignet. Abgesehen davon, daß erstens selbstverständlich die Methode nur für solche Keime anwendbar war, die das Austrocknen vertragen, sowie ferner, daß durch Krustenbildung der an dem Faden angetrockneten Kulturmassen das gleichmäßige Eindringen und die Tiefenwirkung des Desinficiens beeinträchtigt werden kann **) — liegt der haupt- sächlichste Nachteil der Methode darin, daß durch bloßes Abspülen des Sporen- fadens nie eine auch nur annähernd vollständige Entfernung des Desinficiens erreicht werden kann; die zurückbleibenden Reste des Desinficiens wirkten dann bei der nachfolgenden Uebertragung des Sporenfadens in Nährmaterial ent- wicklungshemmend, und es würde somit das Vorhandensein desinfizierender Wirkung vorgetäuscht, wo eine solche tatsächlich nicht bestand. Man suchte sich zwar vor einem solchen irrtümlichen Resultat dadurch zu schützen, daß man in denselben Nährboden noch andere unbehandelte Sporenfäden brachte und man glaubte, aus dem ungehinderten Auswachsen derselben auf das Fehlen ent- wicklungshemmender Stoffe im Nährsubstrat schließen zu können. Indessen gibt dieser Kontrollversuch keine Sicherheit, indem solche Sporen, die durch vorangegangene Einwirkung des Desinficiens geschädigt sind (ohne doch ab- getötet zu sein) nachher gegen entwicklungshemmende Einflüsse viel empfindlicher sind als normale Keime (GEPPERT!?b, SCHNEIDER & SELIGMANN®*) und z. B. schon durch einen Sublimatgehalt des Substrats von 1:2 Millionen vollständig am Auswachsen verhindert werden. Infolgedessen waren die mit der ursprüng- lichen Seidenfädenmethode gefundenen keimtötenden Werte viel zu hoch; z. B. *) Eine Schwierigkeit in dieser Beziehung entsteht natürlich nur bei chemischen Desinfektionsversuchen, während bei physikalischen Agentien selbst- verständlich nie solche Nachwirkungen vorkommen können. **) Um diesen Uebelstand zu vermeiden, hat man vorgeschlagen, die Sporen- fäden, statt im Dampftopf, durch trockene Hitze zu sterilisieren, weil dadurch ihr Gefüge lockerer wird. 448 E. GOTSCHLICH, scheinen bei dieser Versuchsanordnung Milzbrandsporen durch Sublimatlösung von 1:1000 schon in wenigen (3—7) Minuten abgetötet, während in Wirklichkeit, wie GEPPERT!2b mit seiner sogleich zu besprechenden verbesserten Methode nach- wies, noch nach 15 Minuten der Effekt ganz unsicher und unvollständig ist, und selbst in der Konzentration von 1:100 in 6—12 Minuten noch uicht sämt- liche Sporen abgetötet werden! GEPPERT!?b erreichte eine prompte und voll- ständige Beseitigung des Desinficiens nach beendigter Einwirkungszeit durch chemische Neutralisation, und Ueberführung in einen ungiftigen Körper (speziell beim Sublimat durch Ausfüllung desselben vermittelst Schwefelam- moniumlösung in Form des unlöslichen und ungiftigen Schwefelquecksilbers). GEPPERT!2b erwies gegenüber BEHRING!e, daß diese Ausfällung in Sporenfaden nur unvollständig gelingt (selbst bei sehr energischer Schwetelammonbehand- lung, z. B. 5 Minuten dauernde Einwirkung von 33-proz. Lösung!) und wandte daher das Testmaterial in Form von wässerigen Emulsionen an, eine Me- thode, die vor allem auch den Vorteil hat, ganz allgemein angewendet werden zu können, insbesondere auch denjenigen Bakterien gegenüber, welche die Aus- troecknung nicht vertragen. Immerhin darf auch die Emulsion in Wasser und selbst in physiologischer Kochsalzlösung nicht als ein für das Bakterienleben gleichgültiger Eingriff betrachtet werden, nachdem FıIcKEr!® nachgewiesen hat, daß Choleravibrionen in letzterer Lösung zum großen Teil in kürzester Frist zugrunde gehen; Kontrollversuche über das Verhalten der betreffenden Keime in der Emulsion ohne Desinfiziens sind daher unter allen Umständen erforder- lich. Gewisse sehr empfindliche Bakterien (Choleravibrionen, Gonokokken) wird man kaum anders als in Nährlösung auf ihr Verhalten gegenüber Desinfektions- mitteln untersuchen können; nur muß man sich dann bei Anwendung chemischer Stoffe klar sein, daß man es nicht mehr mit der betr. chemischen Substanz an sich, sondern mit sehr komplexen Verbindungen derselben mit den organi- schen Körpern des Nährsubstrats zu tun hat; solche Versuche, bei denen es ja mehr auf das Verhalten des betr. Mikroben als auf die Wirkungsweise der chemischen Substanz als solcher ankommt, sollten daher immer nur mit Des- infektionsmitteln angestellt werden, deren Wirksamkeit in wässerigen Lösungen aus anderen einwandfreien Versuchen bekannt ist. — Leider bietet aber die An- wendung der Testbakterien in Form von Emulsionen noch weitere Schwierig- keiten, insbesondere betr der Vorstellung wirklich homogener Aufschwemmungen (die in gleichem Volum stets die gleiche Keimzahl enthalten), sowie betr. des Uebelstandes, daß mit der auf den neuen Nährboden übertragenen Emulsion natürlich gleichzeitig ein Teil des neutralisierten bzw. ausgefällten Desinficiens mit übertragen wird (was unter Umständen gewiß nicht gleichgültig sein wird): vor allem aber sind Bakterienemulsionen durchaus nicht haltbar (nicht einmal wenige Stunden!), so daß demnach für jede Versuchsreihe neue Emulsionen hergestellt werden müßten und dadurch das ganze Verfahren sehr zeitraubend und umständlich wird. PaAuL & KrRÖNIG? — deren überaus umfangreichen und sorgfältigen Untersuchungen wir den größten Fortschritt in der wissenschaft- lichen Erkenntnis der Desinfektionsvorgänge verdankten — suchten daher eine Methodik zu schaffen, welche die Unzuträglichkeiten, die das Arbeiten mit Emulsionen mit sich bringt, vermeidet und doch die wesentlichen Vorzüge der- selben : Zugänglichkeit der Mikroben gegenüber dem Desinficiens einerseits, Mög- lichkeit der prompten Entfernung des letzteren nach beendigter Einwirkungs- zeit andererseits, wahrt. Sie erreichten dies dadurch, daß sie die Keime (Milz- brandsporen und Staphylococe. pyogen. aur., die beide das Austrocknen vertragen) an Granaten in dünner Schicht antrocknen ließen; an diesen haften einer- seits die Keime genügend fest, so daß sich nur verhältnismäßig wenige (und zwar immer annähernd der gleiche Prozentsatz!) während des Aufenthalts in der desinfizierenden Lösung und nachher m der zur Neutralisation angewandten Flüssigkeit ablösen; andernfalls gelingt es durch anhaltendes kräftiges Schütteln mit Wasser den größten Teil (und auch hier immer wieder annähernd denselben Prozentsatz!) der Keime vom Substrat abzulösen und zur Zählung zu bringen. Für die Brauchbarkeit der Methode sprechen die sehr gleichmäßigen numerischen Resultate derselben (vgl. bei PauL & KrönıG?) sowie die Uebereinstimmung mit Kontrollversuchen, die an Emulsionen angestellt waren, der einzige Ein- wurf, der gegen die Methode gemacht werden könnte (BAUMGARTEN !%) bezieht sich darauf, daß nach Behandlung mit Lösungen sehr verschiedener Substanzen der Prozentsatz der abgelösten Keime möglicherweise verschieden ist, so z. B. nach Einwirkung von Alkalien (durch Aufquellen und Auflösung der Inter- cellularsubstanz) viel größer als nach Einwirkung von Säuren: dadurch würde dann natürlich eine geringere Desinfektionswirkung der Alkalien vorgetäuscht, Desinfektionslehre. 449 und es fragt sich, ob die in den Versuchen PaAuL & Krönıss? gefundene größere Resistenz der Bakterien gegen Alkalien, verglichen mit derjenigen gegenüber Säuren, sich nicht, wenigstens zum Teil, in dieser Weise erklärt. y) Während der Einwirkung des Desinficiens müssen alle übrigen Versuchsbedingungen, insbesondere die Temperatur, möglichst konstant gehalten werden (vgl. weiter unten). Der Effekt wird nach genau bestimmten, verschie- denen Einwirkungszeiten (variierend von wenigen Sekunden bis zu Stunden und Tagen) kontrolliert. Für vergleichende Versuche mit verschiedenen chemischen Desinfizientien ist es absolut notwendig, Versuchsreihen mit verschiedenen Kon- zentrationen jeder einzelnen Substanz anzustellen, da charakteristische Differenzen zwischen verschiedenen Desinfizientien zuweilen nur bei gewissen Konzentra- tionen der Lösung auftreten, während in verdünnten Lösungen diese Unter- schiede (parallel mit den Unterschieden in der elektrolytischen Dissoziation, PauL!?) sich vollständig verwischen. Für die wissenschaftliche Vergleichung verschiedener chemischer Desinfizientien ist es ferner absolut nötig, äquimole- kulare Lösungen anzuwenden, d. h. solche, die im gleichen Volum die gleiche Anzahl von Molekülen enthalten (oder in denen die betreffenden Sub- stanzen im Verhältnis ihrer Molekulargewichte gelöst sind); die Konzentration der Lösung wird dann in der Anzahl von Litern angegeben, in der ein Gramm- molekül (ein „Mol“) der Substanz enthalten ist; so ist z. B. eine 0,11-proz. Sublimatlösung = ,„256 Liter“, d. h. nm 256 Litern derselben sind 271 — dies ist das Molekulargewicht von HgCl; — Gramm Sublimat enthalten. d) Auf die Notwendigkeit, das chemische Desinficiens nach beendigter Einwirkungszeit unschädlich zu machen, ist schon oben beı der Frage der Bereitung des Testobjekts hingewiesen worden, desgleichen auf die Unmöglichkeit, dieses Resultat durch bloßes Abspülen zu erreichen. Leider bleibt bei gewissen Desinfizientien keine andere Wahl, da für dieselben kein unschädliches Neutralisationsmittel bekannt ist (so besonders beim Phenol und seinen Abkömmlingen); in solchen Fällen kann man sich einigermaßen damit be- helfen, daß man die Abspülung in Lösungen vornimmt (z. B. sehr verdünntem Ammoniak), in denen sich die den Testbakterien etwa anhaftenden Reste des Desinficiens besonders gut lösen. Bei anderen chemischen Substanzen gelingt eine chemische Neutralisation durch Ueberführung in ungiftige bzw. unlösliche Körper, so durch Ausfällung von Metallsalzen mittelst Schwefelammonium, durch Absättigung von Säuren mit verdünntem Ammoniak, von Basen mit ver- dünnter Essigsäure, von Jod mit Natriumthiosulfat usw. Selbstverständlich muß man sich durch Kontrollversuche vergewissern, daß das zur Neutralisation ange- wandte Mittel nicht etwa selbst schädigend auf die Keime einwirkt; aus diesem Grunde ist z. B. die Ausfällung des Phenols durch Brom (als Tribromphenol ) für Desinfektionsversuche unbrauchbar. Sehr bemerkenswert ist die Tatsache (GEPPERT!?c, PAUL & SARWEY!?), daß bei langdauernder Anwendung starker Lösungen von Schwefelammonium gegenüber den mit Sublimat behandelten Sporen viel mehr derselben am Leben bleiben, als wenn die Neutralisation durch schwächere Lösungen, und. mit kürzerer Einwirkungszeit, erfolgte (obgleich doch auch im letzteren Falle das Schwefel- ammon stets im starken Ueberschuß vorhanden war!); dies spricht dafür, daß es gelingt, nicht nur die den Testobjekten oberflächlich anhaftenden Reste des Sublimats zu beseitigen, sondern auch das bereits in die Keime eingedrungene und mit ihrem Plasma in Wechselwirkung getretene Gift, wenigstens zum Teil wieder unschädlich zu machen; offenbar ist aber die Verbindung des letzteren mit dem Plasma eine so fest verankerte, daß die Sprengung desselben nur durch sehr energische neutralisierende Wirkung gelingt; es walten hier offenbar ganz ähn- liche Verhältnisse ob, wie in dem Verhalten des Tetanustoxins, vor und nach seiner Bindung mit der Nervensubstanz, gegenüber dem Antitoxin. — Diese Er- kenntnis des überaus zähen Festhaltens des Desinficiens am Bakterienleibe läßt es auch als aussichtslos erscheinen, die Testbakterien nach beendigter Ein- wirkungszeit dadurch von dem Desinficiens zu befreien, daß man sie aus der Lösung rasch durch Zentrifugieren entfernt (SCHÄFFER }3). e) Die Resultate der Desinfektionsversuche sind, nach be- endigter Einwirkung und Unschädlichmachung des Desinficiens, durch Zäh- lung der lebend gebliebenen Keime, vermittelst Aussaat auf Agar- platten und Beobachtung derselben bei Brüttemperatur festzustellen: eine Aus- dehnung der Beobachtungszeit über den dritten Tag hinaus scheint nach den Erfahrungen von BEHRING und GEPPERT nicht erforderlich zu sein. Da- gegen ist es eine andere Frage, ob die Keime, welche auf Agarplatten nicht mehr auswachsen, wirklich abgestorben sind oder ob sie nicht vielmehr in flüssigen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 29 450 E. GoTSCHLICH, Nährböden oder im Tierkörper noch zu neuem Leben erwachen könnten. Für vergleichende Desinfektionsversuche kommt eine solche Versuchsanordnung, wegen der Unmöglichkeit quantitativer Keimbestimmung, natürlich nicht in Be- tracht; auch kommt es hierbei gar nicht darauf an, ob ein paar der Keime wirklich nicht vollständig ‚abgetötet‘“ sein sollten, sondern es handelt sich ledig- lich darum, einen bestimmten empirischen Grad der Schädigung (z. B. das Nichtauswachsen auf Agarplatten) als brauchbaren Maßstab aufzustellen und die Konstanz dieses Maßstabes durch möglichst gleichartige Gestaltung der Ver- suchsbedingungen (Nährboden, Reaktion, Temperatur, Beobachtungszeit) zu garantieren. Von anderen (praktischen) Gesichtspunkten aus hingegen mag eine solche Feststellung bisweilen von Bedeutung sein; in der Tat konnte Verf. bei Er- hitzungsversuchen mit Pestbacillen feststellen, daß dieselben zuweilen im Tier- versuch sich noch als lebend und virulent erweisen, während das Kulturresultat (selbst bei massenhafter Einsaat in Bouillon!) negativ bleibt; ähnlich wird es sich wohl auch bei anderen empfindlichen Bakterien verhalten (Pneumo- und Gonokokken), so daß man in solchen Fällen den Ausfall der Impfung als Kri- terium der gelungenen Desinfektion dem bloßen Kulturverfahren vorziehen wird; das gleiche glaubte GEPPERT!?e auch betreffs der Milzbrandsporen nach- gewiesen zu haben, doch stellten BEHRING!e und HAMMERL?° fest, daß dieselben vor dem endgültigen Absterben in ein Stadium gelangen, in dem sie zwar nicht mehr infektionstüchtig sind, aber doch noch auf künstlichem Substrat auswachsen. — Die Methodik der Ermittelung des desinfizierenden Wertes einer gegebenen Substanz ist also sehr kompliziert und hat auf sehr zahlreiche Faktoren Rück- sicht zu nehmen, wenn man wissenschaftlich brauchbare und vor allem ver- gleichbare Resultate erhalten will. Sehr viele der in der Literatur niedergelegten Desinfektionsversuche sind nach durchaus ungenügenden Methoden ausgeführt und ihre Resultate haben demnach nur für eine ganz allgemeine Orientierung Wert. Grundsätze zur einheitlichen Wertbestimmung chemischer Desinfektion vgl. bei Tu. PauL!‘. Für die Zwecke der Praxis wird, besonders in England, zur vergleichenden Wertbestimmung der Desinfizientien die Methode von Rı- DEAL & WALKER??T angewendet; hierbei wird — unter sonst gleichen Versuchs- bedingungen — der keimtötende Wert der zu untersuchenden Substanz mit dem- jenigen reiner Karbolsäure verglichen; das Verhältnis der für Erreichung des gleichen Desinfektionseffektes erforderlichen Konzentration der zu untersuchen- den Lösung der Konzentration der angewandten Karbolsäurelösung, der sogen. „Phenolkoeffizient“ gibt einen Maßstab für die desinfizierende Wirksamkeit. b) Die wichtigsten Bedingungen, von welchen der keim- tötende Wert eines gegebenen schädigenden Agens gegenüber einem bestimmten Mikroben abhängt, sind die folgenden: z) Seitens der Mikroben kommen außer Substrat, Menge der Aussaat, Älters-, Rassen- und individuellen Differenzen (vgl. oben S. 446) und vor allem dem beherrschenden Unterschied zwischen vege- tativen Formen und Sporen (der noch weiter unten, bei Besprechung der Theorie der Desinfektionsvorgänge seine eingehende Würdigung finden soll), noch bemerkenswerte konstante Unterschiede in der Resistenz verschiedener Arten in Betracht. Im allgemeinen ist das Verhältnis der verschiedenen Arten betreffs Resistenz den verschiedensten chemischen und physikalischen Desinfektionsmitteln gegenüber konstant; Tuberkelbacillen und Staphylococc. pyogen. aur. stellen unter den vegetativen Formen die resistentesten Arten dar (letztere von BorcHmow zuweilen sogar widerstandsfähiger als Milz- brandsporen befunden!), während Choleravibrionen und Gonokokken als besonders vulnerable Arten am anderen Ende der Reihe stehen. Andererseits aber gibt es auch Beispiele spezifischer Empfind- lichkeit gewisser Arten gegenüber bestimmten Desinfizientien, durch welche andere Mikroben wenig oder gar nicht beeinflußt werden: so z. B. der Choleravibrio gegenüber Jodoform, Cholera- und Milzbrandbacillen gegen Malachitgrün (vgl. im speziellen Teil). Desinfektionslehre. 451 8) Seitens des Desinficiens kommt natürlich in erster Linie seine spezifische Natur und Wirksamkeit (qualitative Seite), sowie die Intensität der Einwirkung (quantitative Seite) in Be- tracht. Betreffs dieser Verhältnisse sei auf den an anderer Stelle dieses Handbuches von Bürcı berbeiteten chemischen Teil der Desinfektionslehre verwiesen; vgl. daselbst über die Beziehungen der - desinfizierenden Wirkung zum Dissoziationsgrad, sowie zur Lipoidlöslichkeit der betreffenden Substanz u. a. m. Hier sei nur noch auf einen für die Desinfektionspraxis wichtigen Punkt einge- gangen: Die Wirksamkeit der Desinfizientien in anderen als wäßrigen Lösungen, d. h. in Alkohol, Glyzerin, Oelen, eiweißhaltigen Flüssigkeiten oder Körpersäften. Schon in seiner ersten großen Desinfektionsarbeit hatte R. KocnH® festgestellt (be- stätigt u. a. von Urprr?’ und Lentr?®), daß alle Desinfektionsmittel, in absolutem Alkohol oder Oel gelöst, gar keine desinfizierende Wir- kung ausüben (selbst nicht nach wochenlanger Einwirkung). Die Unwirksamkeit öliger Lösungen erklärt sich einfach daraus, dab die Bakterien, als aus wasserhaltiger Substanz bestehend, von Oel überhaupt nicht benetzt werden und somit mit dem Desinfieiens gar nicht in Kontakt kommen; so erklärt sich auch die scheinbare Aus- nahme der Sublimatlösungen in Lanolin (GoTtstEın ??), welche die- selbe Wirksamkeit zeigen, wie wässerige; aber hier ist auch in der Tat gar nicht etwa das Sublimat im Lanolinfett gelöst, sondern es handelt sich vielmehr um eine wässerige Sublimatlösung, in der sich das (übrigens völlig indifferente) Fett in fein emulgiertem Zustand befindet. Bezüglich der Fähigkeit, gelöstes Desinficiens an ein wässeriges Medium abzugeben, verhalten sich ganz allgemein ver- schiedene Oele und Fette sehr verschieden (BRESLAUER®®, SCHEUR- LEN 1); letzterer Autor ermittelte, daß ein Oel um so leichter Karbol an Wasser abgebe, je geringer sein spezifisches Gewicht ist. Diese Verhältnisse haben praktische Bedeutung betreffs der Auswahl von Konstituentien für antiseptische Salben usw.; Gelböl und Ungent. leniens sind zu diesem Zweck viel geeigneter als Olivenöl und Vaseline. SaLomon 26a empfiehlt als Salbengrundlage (unter dem Namen „Lino- val“) eine Leinölfettsäure, die an sich bakterizid wirkt. — In alkoholischen Lösungen liegen schon kompliziertere Verhält- nisse vor; die Unwirksamkeit der Lösungen in absolutem Alkohol erklärt sich einerseits (bei den als Ionen wirkenden Desinfizientien) durch vollständige Zurückdrängung bzw. Aufhebung der elektro- Iytischen Dissoziation — andererseits (bei den als Moleküle wirkenden Stoffen) in Analogie mit der bekannten Tatsache, daß der Bakterien- leib auch aus Farblösungen in absolutem Alkohol keine Farbstoffe aufzunehmen vermag. Nun aber werden manche Desinfizientien (Phenol, Formaldehyd) durch jeden Alkoholzusatz (schon von 5 Proz.) in ihrer Wirkung beeinträchtigt, und zwar mit us Alkohol- mengen immer mehr; andere Desinfizientien hingegen (z. B. Silber- nitrat und Quecksilbersublimat) erfahren durch mäßigen Alkohol- zusatz eine Steigerung ihrer Wirksamkeit (Optimum bei 50 Proz. bzw. 25 Proz. Alkoholgehalt) (PauL & Krönıc 2b S. 533£.), und werden oft durch höhere Konzentrationen gehemmt. — Ganz unregelmäßig scheint das Verhalten verschiedener Desinfizientien im Glyzerin zu sein (v. WUNSCHHEIM®2), so z. B. ergibt der Vergleich der Lösung in reinem Glyzerin mit der in Wasser für Salzsäure eine höhere, für 99% 452 E. GOTSCHLICH, Schwefelsäure eine geringere Wirksamkeit in Glyzerin, während für Essigsäure kein Unterschied wahrnehmbar war. Wenn somit schon bei Lösungen in chemisch einheitlichen und wohlbe- kannten Flüssigkeiten so komplizierte (und zum Teil gar nicht im voraus zu übersehende!) Verhältnisse obwalten, um wieviel mehr muß dies erst der Fall sein in Nährmedien (Bouillon usw.) und Körperflüssigkeiten (Blutserum)! Gerade diese Verhältnisse aber haben für die Praxis ihre besondere Wichtigkeit; für die Bestimmung des praktischen Desinfektionswertes einer Substanz unter solchen Verhältnissen der Anwendung bleibt als einziges Mittel, in den Desinfektions- versuchen dieselben Bedingungen zu reproduzieren, unter denen man das Des- inficiens unter natürlichen Verhältnissen anwenden will (vgl. bei LuUBENAU>®). Unter allen Umständen ist die Abtötung der Keime in solchen „natürlichen“ Medien sehr viel schwieriger als in einfachen wässerigen Lösungen, und zwar gilt dies gleicherweise für schädigende Einwirkungen chemischer wie physi- kalischer Natur. Letztere Tatsache (von FICKER!?® durch Erwärmungsversuche an Choleravibrionen festgestellt) beweist, daß die Bakterien selbst in diesen ihnen adäquaten Medien resistenter (wahrscheinlich insbesondere weniger osmotischen Störungen ausgesetzt) sind als in wässerigen oder Salzlösungen. Außerdem aber kommen bei chemischen Agentien vor allem die Umsetzungen des Desinficiens mit dem leblosen Substrat in Betracht, wodurch ein Teil der betreffenden chemi- schen Substanz ausgefällt oder in unwirksame komplexe Verbindungen über- geführt, jedenfalls auf die eine wie die andere Weise der Desinfektionswirkung entzogen wird. Ganz besonders gilt dies von den Metallsalzen, die im Blut- serum sehr viel von ihrer sonstigen Wirksamkeit einbüßen; während die Milz- brandsporen in wässeriger Lösung durch Sublimat in der Verdünnung von 1: 1000 schon binnen 30 Minuten sicher abgetötet werden, ist dieser Effekt in eiweiß- haltigen Lösungen mit Sicherheit erst nach 24 Stunden zu erreichen und selbst bei Verwendung einer Sublimatlösung von 1:100 erst in 80 Minuten. Die Bin- dung des Sublimats an die Eiweißkörper, die in solchen Lösungen stattfindet, zeigt sich nicht sogleich in der Ausfällung eines Quecksilber- Albuminat-Nieder- schlags; letztere tritt erst ein, wenn der Sublimatgehalt des Serums 0,25 Prom. übersteigt. Aber auch solange eine solche Ausfällung noch nicht vorhanden ist oder falls dieselbe durch Zusatz geeigneter Mittel, die zur Bildung komplexer He-haltiger Ionen führen, hintangehalten wird, tritt doch die Verringerung des desinfektorischen Wertes des Sublimats unaufhaltsam ein. Immerhin wird es aus praktischen Gesichtspunkten zweckmäßig sein, die Bildung solcher Nieder- schläge zu verhindern, da in ihrem Innern event. Mikroben mechanisch mit- gerissen und so der Desinfektionswirkung entzogen werden können; zu diesem Zweck ist zuerst von LAPLACE®3 ein Zusatz von 5 Teilen Weinsäure oder Salz- säure auf einen Teil Sublimat vorgeschlagen; meist wird hierzu NaCl verwendet. Unter den allgemeinen Bedingungen, die den Desinfektionseffekt bestimmen, ist vor allem des beherrschenden Einflusses der Tem- peratur zu gedenken, der sich hier im gerade entgegengesetzten Sinne wie bei der Entwickelungshemmung geltend macht; Erhöhung der Temperatur steigert den Desinfektionseffekt stets sehr erheblich (Heınz®#, NocHrt35, HünermAanN [bei BeHrıng1@], HEIDER36, MADseEn & NyMman26); vgl. Zahlen weiter unten -im spe- ziellen Kapitel über Seifen. Diese Tatsache stimmt mit allem überein, was wir auch sonst von Beschleunigung chemischer Reaktionen durch höhere Temperaturen wissen; außerdem ist VRIJSHEID®’T geneigt, aus der zwischen 35—40° (Auskeimungstemperatur für die Milzbrand- sporen!) ganz rapid auftretenden Steigerung den Schluß zu ziehen, dab bei dieser Temperatur die Sporenhaut leichter permeabel wird. — Hierher gehört auch die zuerst durch v. EsmarcH 5 und KokuBo®? festgestellte Tatsache, dab die desinfizierende Wirkung des strömen- den Wasserdampf durch Zusatz von ganz geringen Mengen flüch- tiger chemischer Desinfizientien zum verdampfenden Wasser (1 Proz. Kreosot, Trikresol, Essigsäure und sogar schon 0,1 Proz. Formalin) in ganz erstaunlichem Grade gesteigert wird; Sporen von Kartoffel- Desinfektionslehre. 455 bacillen, die dem gewöhnlichen strömenden Wasserdampf von 100° bis zu 2 Stunden Trotz bieten konnten, erwiesen sich bei Zusatz von 1 Proz. Formaldehyd zum Dampf schon binnen 2 Minuten als abge- tötet. — Ueber die praktische Verwendung dieser Erfahrung zwecks kombinierter Wasserdampf -Formaldehyddesinfektion im Rubner- Apparat vgl. später. 3. Was das Wesen der Desinfektionswirkung anlangt, so ist bei der Mannigfaltigkeit der wirksamen Agentien schon von vornherein zu erwarten, daß die destruktiven Vorgänge, die sich an der Bakterienzelle abspielen, sehr verschiedener Natur sein müssen. In einzelnen Fällen (Absterben durch Austrocknen oder in Wasser) handelt es sich höchst wahrscheinlich um osmotische Störungen, die bei empfindlichen Bakterien zur 'Abtötung vollständig ausreichen. Andermal kommt das Absterben der Bakterien lediglich dadurch zu- stande, daß der Selbstzersetzungsprozeß des lebenden Plasmas so gesteigert wird, dab die Assimilationsvorgänge damit nicht mehr gleichen Schritt halten können (vgl. Bd. I, S. 87); in dieser Weise erklärt sich z. B. die keimtötende Wirkung mäßiger Erwärmung (40—60°) bei längerer Einwirkung. In anderen Fällen erfolgt das Absterben durch Oxydation des lebenden Plasmas, die bis zu vollständiger Verbrennung desselben fortschreiten kann (so z. B. bei Einwirkung von Cl, Ozon, Belichtung). Andere Des- infizientien wirken durch Auflösung des Bakterienleibes; hier sei an die Wirkung des Antiformins (vgl. Bd. I, S. 80) sowie an die Be- ziehungen der desinfizierenden Wirkung zur Lipoidlöslichkeit er- innert. Am häufigsten aber, und insbesondere bei den für die Desinfektionspraxis klassischen Mitteln (Hitze, Metallsalze, Phenol und seine Derivate), ist die desinfektorische Wirkung auf eine Koa- gulation des lebenden Plasmas der Bakterienzelle zurückzu- führen. Alle energischen (sporentötenden) Desinfizientien sind auch stark eiweißfällend (Weyrann); auch zeigt sich in Phenollösungen mit Salzzusatz ebensowohl eine Steigerung der eiweißfällenden wie der desinfizierenden Wirkung. (Aber nicht alle eiweißfällenden Mittel sind gute Desinfizientien; vgl. z. B. Alkohol und Tannin; es ist ja auch vorauszusehen, daß lebendes und totes Eiweiß sich vielen Reagentien gegenüber verschieden verhalten!) Besonders fruchtbar ist die Auffassung vieler Desinfektionsvorgänge als auf Koagulation beruhend für das Verständnis der bei der Hitzedesinfektion (vgl. daselbst weiter unten) auftretenden und geradezu beherrschenden Gegensätze zwischen trockener Hitze (ungesättigtem, überhitztem Dampf) einerseits, feuchter Hitze (gesättigtem oder gespanntem Dampf) andererseits, — sowie betreffs der Resistenz der vege- tativen Formen einerseits, der Sporen andererseits (RuUBNER®!). In beiden Fällen ist der Wassergehalt das ausschlaggebende Moment. Vegetative Formen enthalten ca. 80 Proz. Wasser, während die Leibessubstanz der Sporen einen sehr konzentrierten wasserarmen Ei- weißkörper darstellt; solche Eiweißkörper sind aber nach Lewırn *? und Haas®3 sehr schwierig und erst bei sehr hohen Temperaturen koagulierbar (Eiweiß von 6 Proz. Wassergehalt bei 145°, wasser- freies Eiweiß erst bei 170°). Trockene Hitze kann daher auf Sporen erst bei Temperaturen (140—170°) wirken, bei denen dieselbe che- mische Umsetzungen hervorruft, wie solche sich ja auch in der Braun- färbung von Wolle Baumwolle usw. kundgeben. Feuchte Hitze 454 E. GOTSCHLICH, (insbesondere gesättigter Dampf) hingegen bewirkt durch Wasser- abgabe an die (im trockenen Zustand überaus hygroskopischen) Keime zunächst Quellung und dann Gerinnung ihrer Leibessubstanz. Was die Koagulation durch chemische Einwirkungen, insbesondere Metall- salze anlangt, so ist durch Versuche von Löw an Algen, von Mann“ an Hefe- zellen nachgewiesen, daß durch Reduktion der Metallsalze zu niederen Oxydations- stufen oder sogar zum Metall selbst eine Speicherung und Fixierung des letz- teren im Zellleib stattfindet. Ferner konnte BEHRInG!a an den Doppel- eyaniden der Metalle, die durch lebloses Eiweiß fast gar nicht angegriffen werden und demnach rein den Effekt der Reduktion durch das lebende Plasma zeigen, — vermittelst vergleichender Prüfung ihres entwickelungshemmenden Wertes und ihrer Giftwirkung auf höhere Tiere zeigen, daß zwischen beiden Reihen ein vollständiger Parallelismus besteht und daß demnach in beiden Fällen der gleiche Reaktionsvorgang mit dem lebenden Plasma zugrunde liegt. Außer den bisher betrachteten allgemein wirksamen Des- infizientien (deren Effekt in ziemlich gleichartiger Weise den verschiedensten Bakterienarten gegenüber zutage tritt) gibt es nun aber auch noch spezifisch schädigende Agentien. Dies ergibt sich einmal aus der schon oben (S. 450) berührten elektiven Em- pfänglichkeit gegenüber gewissen Arten; ihre Vollendung er- reicht diese Elektion einerseits in den spezifischen Antikör- pern des Blutserums immunisierter Tiere (die ihre Wirkung nur einer einzigen gegebenen Art gegenüber manifestieren) andererseits in der „Chemotherapie“ (vgl. weiter unten). Diese weitgehende Elektion hat übrigens Analoga auch auf anderen Gebieten, nämlich in dem elektiven Verhalten der Bakterien gegenüber Nährstoffen und gärfähigem Material, sowie in dem gleichen Verhalten ungeformter Enzyme gegenüber den Zuckerarten usw. (vgl. in ©. FLÜGGEs „Mikroorganismen“, 3. Aufl., 1896, Bd. I, S. 150, 214, 268); hier wie dort liegt der letzte Grund der Elektion in dem hochkomplizierten „asymmetrischen“ Bau (E. FıscHER) der dabei beteiligten lebenden sowohl als leblosen chemischen Substanzen, der eine Reaktion nur mit bestimmten, analog konstituierten Agentien gestattet (so wie ein Schloß sich nur mit seinem eigenen, nicht mit jedem beliebigen Schlüssel öffnen läßt). — Das Vorhandensein spezifisch schädigender Desinfizientien zeigt sich aber ferner noch in der physiologischen Besonderheit ihrer Wirkung, wie z. B. Lähmung der Malariaplasmodien durch Chinin, sowie Anästhesierung (an der Aenderung des chemotaktischen Verhaltens erkennbar!) von Bakterien durch gewisse Dosen von Aether und Chloroform, ohne daß die übrigen Lebensfunk- tionen beeinträchtigt wurden (ROTHERT#°); ja es kann sogar das gleiche Agens (z. B. Kupfersalze) in gewissen (sehr schwachen) Konzentrationen lediglich eine spezifische (oligodynamische) Wirkung ausüben, während in höheren Konzentra- tionen die eigentliche desinfektorische Wirkung (durch Koagulation des Plasmas) eintritt, — und es sind sogar die morphologischen Veränderungen, die an der (Algen-)Zelle eintreten, die beiden Arten der Schädigung grundverschieden; vgl. bei FICKER!?, S. 49 Die Unterscheidung zwischen allgemein und elektiv wir- kenden Desinfizientien hat endlich noch eine große Bedeutung für die Frage der Möglichkeit einer „inneren Antisepsis‘“, d. h. einer Abtötung von Krankheitserregern in Blut und Geweben des infizierten Organismus. Praktische Ergebnisse sind in dieser Beziehung bisher auf zwei Wegen erreicht worden: erstens durch spezifische Serum- therapie, zweitens (und ganz besonders in den letzten Jahren durch die Forschungen von EHrLicH) durch Chemotherapie“, d.h. durch direkte Einwirkung chemischer Stoffe, wie Chinin bei Malaria, Hg bei Syphilis, organischen Arsenpräparaten und Farbstoffen bei Spirochäten- und Trypanosomeninfektionen. Hier müssen wir uns Desinfektionslehre. 455 selbstverständlich nur mit diesen prinzipiellen Andeutungen begnügen und betreffs aller Einzelheiten auf die einschlägigen speziellen Kapitel dieses Handbuchs verweisen. Jedenfalls sind Erfolge nur mit ganz elektiv wirksamen Substanzen, meist von sehr komplizierter chemi- scher Struktur, zu verzeichnen, und zwar fast ausschließlich gegen Protozoen- und Spirochäteninfektionen. SEIBERT #2 will mit Kampfer- injektionen Abtötung von Pneumokokken im Organismus erhalten haben. Die gegen Bakterien wirksamen Antiseptika, insbesondere die Metallsalze und Phenolderivate, sind aber für diesen Zweck unver- wendbar, da sie auf tierische Zellen weit stärker giftig wirken als auf Bakterien. Dieses Verhältnis der „relativen Giftigkeit“ hat BeHurına!a zahlen- mäßig in folgender Weise ausgedrückt; für Karbolsäure z. B. ist die tödliche Dosis für höhere Tiere bereits bei einer Dosis von 1:3000 Körpergewicht er- reicht, — während Entwickelungshemmung von Milzbrandbacillen im Blut- serum erst bei einem Verhältnis von 1:500 eintritt; also ist die Karbolsäure 6mal iftiger für die Tierkörper als für den Milzbrandbacillus.. In der Tat ergaben ie Versuche von R. KocH®, LörtE*, BAUMGARTEN & WASHBOURN #' voll- ständig negative Resultate betr. innerer Antisepsis bei Milzbrand; immerhin ist es BEHRING!a einige Male gelungen, infizierte Kaninchen dadurch zu retten, daß er unmittelbar vom Zeitpunkt der Infektion ab und während 2—3 Tagen fortgesetzt, durch wiederholte intravenöse AgNO;-Injektionen, in ihrem Blut einen Silbergehalt von 1:15000 erhielt; doch kam dabei das Leben der Tiere durch Silberintoxikation in äußerste Gefahr. Auch bei Impftuberkulose hatte CORNET #3 mit den verschiedensten Mitteln absolut negative Resultate. Auch die von BAccELLI und MARAGLIANO®a als Heilmittel gegen eine Reihe der verschiedensten Infektionen (insbesondere auch Tierkrankheiten) em- pfohlenen intravenösen Sublimatinjektionen haben sich nicht bewährt (SERA- FINI 4a, Spissu4#?) — (abgesehen natürlich von Syphilis, wo das Hg spezifisch wirkt!). Dasselbe läßt sich heute auch von der seitens ÜREDE°P inaugurierten Therapie septischer Infektionen mit kolloidem Silber, „Kollargol“ (teils als Schmierkur angewandt, teils intravenös injiziert) aussagen; nach der unter R. PFEIFFERS Leitung seitens E. CoHn°! ausgeführten Prüfung (daselbst Litera- tur) in vitro und im Tierkörper steht fest: erstens, daß dem kolloiden Silber zwar ein ausgesprochenes entwickelungshemmendes Vermögen (Grenzwert für Staphylococe. pyog. aur. schon bei 1:5000 im Blutserum), aber nur ein sehr ge- ringer keimtötender Wert zukommt (Staphylokokekn in destilliertem Wasser bei Ag-Gehalt von 1:100 erst in 10 Stunden abgetötet!); zweitens, daß das Kol- largol schon 45 Minuten nach seiner Einführung in die Blutbahn im kreisen- den Blut nicht mehr nachweisbar ist, sondern rasch in den Organen in Form eines unlöslichen, jeder antibakteriellen Wirksamkeit entbehrenden Niederschlags abgelagert wird. Auch mit Anwendung von Formalin zur inneren Antisepsis hatte UHmLanD°® gänzlich negative Ergebnisse. Eine richtige Vorstellung von der Schwierigkeit innerer Antisepsis kann man sich machen, wenn man sieht, wie schwierig es schon ist, am infizierten Organismus eine lokale desinfi- zierende Wirkung mit einer gewissen Tiefenwirkung zu erreichen; immerhin sind auch hier positive Erfolge zu verzeichnen, wie z. B. die Ag-Be- handlung der Gonorrhöe, die lokale Diphtherie-Therapie nach LÖFFLER°? (durch eine Mischung von 4 Proz. Eisenchlorid mit Alkohol und Toluol; die Mischung tötet dieke Kulturschichten von Diphtheriebacillen binnen 5 Sekunden ab!), sowie die Heilversuche BoERS5? an diphtherieinfizierten Meerschweinchen ver- mittelst Jodtrichlorid, Auronatrium chlorat. usw. Dagegen ist z. B. bis jetzt auf dem Gebiete der Darmdesinfektion trotz zahlreicher Versuche kein nennenswerter Erfolg erzielt worden (ESCHERICH 54, STERN®°). Ueber Hände- desinfektion vgl. das betreffende Kapitel im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. Literatur. la. BEHRING, Bekämpfung der Infektionskrankheiten. Leipzig 189. 1b.— Centralbl. f. Bakt., 1888, Nr. 1. le. — Deutsche med. Wochenschr., 1891, Nr. 29. 1d.— Zeitschr. f. Hyg., Bd. 9, 403. 456 E. GOTSCHLICH, 2a.PaAuUL & KRröNIG, Zeitschr. f. physikal. Chem., Bd. 21, 3, 1896; Zeitschr. | f. Hye., Bd. 25, 1, 1897. | 2b.— — Münch. med. W ochenschr., 1895, Nr. 12. | . KOSSIAKOFF, Ann. Pasteur, 1887, p. 469. . TRAMBUSTI, Lo Speriment., 1892, p. 29. . Danyscz, Ann. Pasteur, 1900, Nr. 10. Kos R., Mitt. Kais. Ges.-Amt, Bd. 1, 234. 7. ESMARCH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 5, 667, 1888. } Oreer Diss. Halle 1399. a.KoKUBo, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 34, Nr. 7, 1903. . DANNAPPEL, Ref. Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., Bd. 6, 841, 1900. 9a. HOFFMANN, Deutsche milit.-ärztl. Zeitschr., 1907, Nr. 16. 10. FRÄNKEL, C., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 6, 524, 1889. 11. Weır, R., Centralbl. f. Bakt., 1. 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SCHNEIDER & SELIGMANN, Zeitschr. f£. Hyg., Bd. 58, 413, 1908. 25. HAMMERL, Arch. f. Hyg., Bd. 14, 116, 1892. 26. MADSEN & NyMan, Zeitschr. £. Hys., Bd. 57, 388, 1907. 26a.SaLoMmon, Med. Klinik, 1908, Nr. 29. 27. CEPPI, Ref. Baumgartens Jahresber.., 1893285, 5572 28. LENTI, Ann. inst. Wigien., Roma, T, ar Bl 29. GOTTSTEIN, Therap. Monatsh., 1889, März. 30. BRESLAUER, Zeitschr. f. Hyg.. Bd. 20, 165. nl SCHEURLEN, Arch. f. Hyg., Bd. 25, a 32. v. WUNSCHHEIM, Ebenda, Bd. 39, Nr. 2, 1900. 33. LAPLACE, Deutsche med. Wochenschr., 1887, S. 866. 34. HENLE, Arch. f. Hyg., Bd. 9, 192. 35. NocHT, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 7,0921: 36. HEIDER, Arch rt.sHyg.,. Bd. 15,341. 37. VRIJHEID, Ref. Baumgartens Jahresber., 1896, S. 819. 38. v. ESMARCH, Hye. Rundschau, 1902, Nr. 19. 39. KoKuBo, COentralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 32, Nr. 3. 40. WEYLAND, Ebenda, Bd. 21, 799, 1897. 41. RUBNER, Hyg. Rundschau, 1899, Nr. 7. 42. LEWITH, Arch. f. exper. Path. u. Pharm., Bd. 26, 641, 1890. 43. Haas, Prag. med. 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Die Schädigung von Bakterien durch Licht wurde zuerst von DowNEs & BLuxT? in Faulflüssigkeiten beobachtet, sodann (um aus der Literatur nur die auf pathogene Keime bezüglichen Resultate herauszugreifen!) von ARLOING® für Milzbrandbacillen und -sporen, von BUCHNER* und JANOWSKI® für Typhus- und Colibacillen, sowie Choleravibrionen, von R. KocH°, MIGNEco®, JoUussET' und TRESKINSKAJA’a für den Tuberkelbacillus festgestellt. Eingehende Lite- raturverzeichnisse bei Raum? und DIEUDONNE!?. Unter den Bedingungen der Lichtwirkung ist in erster Linie die Intensität des Lichtes zu nennen: direktes Sonnenlicht wirkt viel stärker als diffuses Tageslicht und bewirkt oft schon nach wenigen Stunden vollständige Abtötung (Krus£E!!, NEUMARK?®A): diffuses Tageslicht schädigt einige Arten, z. B. Tuberkelbacillen, erst nach tagelanger Exposition. Im Sommer oder in größerer Höhe ist, wie zu erwarten, die bakterizide Wirkung des Lichtes stärker (TRESKINSKAJA A). Elektrisches Bogenlicht wirkt gleichfalls langsamer als direkte Besonnung (BUCHNER und MiıncK'’, SANTORI®, GEISLER'* CHMELEWSKY®). Es ist nicht angängig, die durch das Licht hervorgerufene Bakterienschädigung auf die begleitende Temperaturerhöhung zu beziehen; mag letzteres Moment auch im gleichen Sinne mitwirken (WIESNER 9a, THIELE & WoLr!0b) — so ist doch die bakterizide Wirkung des Lichtes vollständig erhalten, auch wenn dasselbe durch Absorption in einer dicken Wasserschicht oder Alaunlösung sämtlicher be- gleitender dunkler Wärmestrahlen beraubt war (DIEUDONNE!?, BUCHNER!?): letzterer Autor fand, daß im Flußwasser die Wirkung des Sonnenlichts bis zu 16 m Tiefe ungeschwächt und bis 3 m Tiefe noch eben merklich sich fortsetzt; wahrscheinlich spielt auch das Licht in der sog. „Selbstreinigung der Flüsse“ (vgl. Bd. 1, S. 249) eine erhebliche Rolle (Rapp ?’a). Alle Beobachter sind darüber einig, daß die ultraroten, roten und gelben Strahlen des Spektrums wenig oder gar nicht wirksam sind und daß die Wirkung hauptsächlich dem am stärksten brechbaren Teil des sichtbaren Spektrums sowie den ultravioletten Strahlen zukommt (THIELE & WoLr!'a, BıE!!a, HERTEL!?’, GARDENGHI!#a, CERNOVODEANU & BALonI2a). Sehr viel ultraviolette Strahlen werden durch Funkenentladung hochgespannter Induktionsströme erzeugt (besonders bei Verwendung von Aluminium-Elektroden, nach GÖRL!$); solches Licht hat stark bakterizide Eigenschaften (STREBEL!?); ebenso das sog. „Eisenlicht“, d. h. elektrisches Bogenlicht mit Verwendung von Eisenelektroden (CHATIN & NIco- Laot !"a), desgleichen das Licht von Quecksilberdampflampen (KELLER !°b). Auch das von (vorher belichtetem) Schwefelstrontium ausgestrahlte Phospho- reszenzlicht wirkt bakterizid; RortH1® fand verschiedene Krankheitserreger nach 7—8-stündiger Exposition abgetötet. Sehr bemerkenswert ist die Steige- rung der mikrobiziden Wirkung des Lichtes in Lösungen fluore- szierender Farbstoffe (Erythrosin, Eosin, Fluorescein), wie sie zuerst gegen- über Infusorien (Paramäcien) durch v. TAPPEINER?, RasB!, ULLMANN?, HALBERSTÄDTER ?!, später, wenn auch in geringerem und je nach den Arten sehr verschiedenem Grade auch gegenüber Bakterien (v. TAPPEINER & JODL- BAUER?®, REITZ2%, G. DREYER?®, HERTEL1?a) festgestellt worden ist. Hierbei können selbst sonst unwirksame (gelbe) Strahlen aktiviert werden, während allerdings rote Strahlen unwirksam bleiben (HuUBErR?%, METTLER?). Die ganze 458 E. GOoTSCHLICH, Erscheinung steht in Analogie zu der aus der photographischen Technik be- kannten Sensibilisierung der Platten durch Anwendung der oben ge- nannten Farbstoffe, wobei durch die Anwesenheit des Farbstoffes auch die sonst unwirksamen weniger brechbaren Strahlen zur Absorption und photochemischen Wirkung in der Platte befähigt werden; vgl. über die Theorie der Sensibili- sierung bei HALBERSTÄDTER?!. Ob jedoch diese Erklärung für sich allein zur Erklärung der „photodynamischen“ Wirkung der Farbstoffe gegenüber Mikro- organismen ausreicht, erscheint zweifelhaft, da zahlreiche Substanzen, die in der Photographie als Sensibilisatoren verwendet werden, keine solche photo- dynamische Wirkung gegenüber Mikroben zeigten und letztere nach TAPPEINER nur fluoreszierenden Stoffen zukommt und überdies an die (Gegenwart freien Sauerstoffs gebunden ist (TAPPEINER). Für das Verständnis der bakteriziden Wirksamkeit des Lichtes ist die Tatsache von Bedeutung, daß auch in sterilen Nährsubstraten bei Belichtung photochemische Veränderungen erfolgen, die sich in einer deutlichen Entwick- lungshemmung gegenüber nachträglicher Aussaat (auch wenn letztere vollständig im Dunkeln gehalten wird) dokumentieren; Kruse!! fand die Entwicklungs- hemmung von ungefähr dem gleichen Grade, wie die durch einen 1/,-proz. Karbolsäurezusatz bedingte. Was die Natur der dabei entstandenen bakterien-. feindlichen Stoffe anlangt, so kommen wahrscheinlich, je nach den Versuchs- bedingungen sehr verschiedene Arten von chemischen Körpern ın Betracht. DucLAux 28 sah in belichteter RauLınscher Flüssigkeit aus Weinsteinsäure Form- aldehyd entstehen; KrusE!! konstatiert, daß in den gebräuchlichen Nähr- medien die in Rede stehenden (hitzebeständigen!) Stoffe nur aus eiweißähnlichen Körpern (Pepton u. dgl.) entstehen und daß zu ihrer Bildung die Anwesenheit freien Sauerstoffs erforderlich sei. Bei Sauerstoffabschluß ist die bakterien- schädigende Wirksamkeit des Lichtes stark vermindert (Roux®!, MoMmonT®, DIEUDONNE!?, Tızzonı & CATTANI®?®, WESBROOK %, KEDZIOR ®”). Mit diesen Tatsachen stimmt die Beobachtung von RICHARDSoN 2? und DIEUDONNE!? über- ein, wonach in belichteten organischen Substraten bei Luftzutritt Wasser- stoffsuperoxyd entsteht; nach Novy & FREER°P entstehen auch organi- sche Peroxyde; alle diese Körper äußern (zum Teil sogar recht starke) bakterizide Wirkungen und sind daher wohl geeignet, zur Erklärung des schädigenden Einflusses des Lichtes auf Bakterien herangezogen zu werden. Andererseits erklärt HERTEL!?a die mikrobizide Wirkung des Lichts durch Re- duktionswirkung. Jedenfalls kommt die Abtötung der Mikroorganismen durch das Licht nicht etwa ausschließlich auf indirektem Wege, durch photochemische Veränderung des Substrats’ zustande; auch vom Nährsubstrat abgehobene und angetrocknete Bakterien werden durch Belich- tung getötet (WArD°®‘, Kruse!ii), und zwar im trockenen Zustand schwieriger als im feuchten (MomonT®2, NEUMARK 3a); ferner tritt bei gleicher Dauer der Belichtung eine viel intensivere Schädigung ein, wenn die ausgewachsene Kultur exponiert wird, als wenn zunächst das Substrat für sich allein belichtet und dann besät wird; endlich ist die Wirksamkeit der ultravioletten Strahlen, im Gegensatz zu derjenigen der sichtbaren Teile des Spektrums, nicht an Gegenwart freien Sauerstoffs gebunden (BıE!!a, THIELE & WOoLr!P). Was die praktischen Konsequenzen der Erkenntnis der bakteriziden Wirkung des Lichts anlangt, so macht sie in erster Linie die längst bekannte Tatsache verständlich, daß sich die Krank- heitserreger in der unbelebten Natur am besten in dunklen ge- schlossenen Räumen, im Innern von Wäschebündeln usw. halten, während sie bei Zutritt von Licht und Luft rasch unterliegen. Auch kann man unter Umständen (besonders unter primitiven Verhältnissen und in heißen Klimaten, wo die Sonnenwirkung eine sehr energische ist) von der „Sonnendesinfektion“ sehr wohl auch praktischen Gebrauch machen; doch muß man sich immer bewußt bleiben, daß die desinfizierende Wirkung sich nur auf die oberflächlichsten Schichten der Objekte beschränkt und in die Tiefe derselben gar nicht eindringt (v. EsmarcH®”). In technischer Beziehung haben die ultravioletten Strahlen zur Sterilisation von Trinkwasser und Milch Verwendung gefunden (BERTARELLI®, Hexrı & StopeL*'). Auch Desinfektionslehre. 459 zu therapeutischen Zwecken am Menschen hat die Belichtung in letzter Zeit weite Anwendung gefunden, insbesondere gegenüber ober- flächlichen Prozessen (Lupus usw.); vgl. über die Prinzipien der Fınsenschen Lichtbehandlung bei BıE®3 und insbesondere über die günstigen Erfolge bei Lupus bei Fınsen ®®. Indessen erscheint es doch recht fraglich, ob die beobachteten (unzweifelhaften) günstigen klinischen Erfolge auf bakterizider Wirkung des Lichts, oder nicht vielmehr auf Gewebsreiz beruht; nach KLinGMÜüLLER & HALBER- STÄDTER#® wurden wegen der in der Haut stattfindenden starken Absorption der Strahlen selbst nahe der Oberfläche gelagerte T.-B. nicht abgetötet. (Auch hier kann übrigens durch Sensibilisierung des Gewebes mittels Injektion von Farbstoffen eine erhebliche Tiefenwirkung erreicht werden; vgl. bei G. DREvER?? und Opier #1.) Andererseits kann der durch die Belichtung gesetzte Gewebsreiz die Körperzellen sogar ungünstiger beeinflussen als die eingedrungenen Mikroorganismen; so konnte DryGauskı*? konstatieren, daß milz- brandinfizierte Mäuse unter Bestrahlung seitens einer Glühlampe sogar eher starben als die Kontrolltiere; auch bei einer menschlichen Infektionskrankheit, der Variola, ist ja der Einfluß der chemisch wırksamen Lichtstrahlen ein entschieden ungünstiger, während in rotem (chemisch unwirksamen!) Licht die Vereiterung der Pusteln vermieden wird und die Heilung viel rascher von statten geht (Finsen #3, EnGEL-Bey“, BAER ®). 3. Röntgenstrahlen fanden MInKk*, WITTLIın®, BrAaısE & SamBuc?", ZeEıTl, Russ°2 vollständig wirkungslos, letzterer Autor selbst bei einer Ex- position von 48-stündiger Dauer und einem Abstand der Röhre von nur 20 mm. Demgegenüber stehen die positiven Erfolge von RIEDER °®’a, der schon nach einer Einwirkung von nur 20—30 Minuten (und bei Ausschluß aller sekundär wirk- samen Momente) auf Aussaaten von Choleravibrionen und Colibaecillen Ent- wickelungshemmung und sogar Abtötung zustande kommen sah; ausgewach- sene Kulturen sind viel resistenter. Auch das Lyssavirus wird durch einstündige Einwirkung von Röntgenstrahlen abgeschwächt (Frantzıus®). — Jedenfalls kommen auch hier die am Menschen beobachteten Heilerfolge nach Anwendung von Röntgenstrahlen bei öberflächlichen infektiösen Prozessen nicht auf Rech- nung bakterizider Wirkung, sondern vielmehr von Gewebsreizung. — Im Tier- versuch konnte RIEDER°’a keinerlei günstigen Einfluß der Bestrahlung auf Allgemeininfektionen (Eiterkokken, Milzbrand) feststellen, im Gegenteil schien die Bestrahlung die Tiere sogar ungünstig zu beeinflussen. Dagegen schienen lokale tuberkulöse Prozesse an der Impfstelle durch die Bestrahlung im Fort- schreiten gehindert zu werden. Die Radiumstrahlen üben in unmittelbarer Nähe der wirksamen Sub- stanz (bis zu wenigen Zentimeter Entfernung) entwickelungshemmenden Einfluß auf Bakterien aus, wobei der Einfluß aller in Betracht kommenden sekundären Momente durch Kontrollversuche ausgeschlossen wurde (R. PFEIFFER & FRIED- BERGER °#, ASCHKINASS & CASPARI”); HOFFMANN °® und GREEN °’ konnten bei mehrtägiger Bestrahlung sogar Abtötung von Milzbrandsporen beobachten. Auch die Radium-Emanation übt (bei genügender Konzentration und Einwirkungs- dauer) entwickelungshemmende und bakterizide Wirkungen aus (JANSEN 8, DORN, BAUMANN & VALENTINER9). Die antibakterielle Wirkung kommt jedoch nur der leicht-absorbierbaren Gruppe dieser Strahlen zu, während die schwer-absor- bierbaren Strahlen derselben Gruppe (die ja bekanntlich noch durch dieke Metall- platten hindurchgehen!) keinerlei Einfluß auf Bakterien auszuüben vermögen. Auch hier erscheint also vorläufig, wegen des Mangels einer Tiefenwirkung, die therapeutische Anwendung bei menschlichen Infektionen ausgeschlossen. 4. Die Einwirkung elektrischer Ströme auf Bakterien hat gleichfalls bis jetzt zu keinen greifbaren Erfolgen geführt, wenigstens soweit es sich um direkte Wirkungen des Stromes handelt und indirekte Wirkungen (Elektrolyse, Erwärmung, Ozon) ausgeschlossen sind. THIELE & WoLr°° sowie ZEIT51 sprechen dem elektrischen Strom als solchem (ob Gleich- oder Wechsel- 460 E. GOTSCHLICH, strom) jede antibakterielle Wirkung ab; dagegen beobachtete KRÜGER ®! (für konstanten Strom), sowie HELLER®? und FRAENKEL® (für Induktionsstrom) gewisse entwickelungshemmende Wirkungen, doch beruhen diese Wirkungen, die an die Gegenwart freien Os gebunden sind, nicht auf direkter elektrischer Wir- kung, sondern auf chemischen Prozessen, Bildung von H;0,, HNO;, HNO, (FOULERTON & KELLAS®t). Ferner konstatierten D’ARSONVAL & CHARRIN® Abschwächung, SPILKER & GOTTSTEIN 6 sogar Abtötung von Kulturen im elektrischen Felde, d. h. im Innern eines Solenoids, durch welches ein starker Strom von hoher Frequenzzahl (bis 800000 Oszillationen pro Sekunde) geleitet wurde; vgl. Kritisches und Polemik bei FRIEDENTHAL®? und GOTTSTEIN 6. — Beobachtungen über bakterizide Wirkung galvanischer Ströme in Nährlösungen (COHN & MENDELSSOHN ®, APOSTOLI & LAQUERRIERE’?, PROCHOWNIK & SpÄTH '!) sind auf elektrolytische Wirkungen des Stromes zu beziehen; nur die Anode ist wirksam, durch das daselbst (bei der Elektrolyse von Chloriden) frei- werdende Chlor bzw. unterchlorigsaure Salz. Auch sind mehrfache Versuche ge- macht worden, die elektrolytische Wirkung des Stroms zur Desinfektion bzw. Sterilisation von Abwässern und Gebrauchswasser zu verwenden (FERMI”, ÖPPERMANN °), ohne daß jedoch bis jetzt das Verhalten im großen zur Anwen- dung gelangt wäre; für diesen Zweck scheinen sich am besten eiserne Klektroden zu eignen; übrigens kommt die (in der Tat recht beträchtliche) Keimvermin- derung zum großen Teil einfach durch mechanisches Niederreißen der Bak- terien mit den bei der Elektrolyse gebildeten voluminösen Niederschlägen zustande. 5. Ganz aussichtslos sind die Versuche, Bakterien durch Drucksteige- rung zu schädigen: CERTES’* und KraAusE’° sahen sporenfreie Milzbrand- bacillen (letzterer Autor auch Tuberkelbacillen) selbst nach 24-stündiger Ein- wirkung eines Druckes von 500—600 Atmosphären völlig ungeschädigt bleiben ; nach RoGEr '6 erwies sich sogar ein Druck von 1000 Atmosphären als wirkungslos, und erst bei 2—3000 Atmosphären war eine gewisse (aber noch immer unvoll- ständige) Wirkung auf Erysipelstreptokokken und sporenfreie Milzbrandbaecillen zu konstatieren, während z. B. Staphylococe. pyog. aureus selbst bei diesen ex- tremen Druckwirkungen völlig intakt blieb; ähnliche Resultate hatten CHLOPIN & TAaMmMAnN 7. — Auch die Angabe von D’ARSONVAL & CHARRIN®, daß in CO; unter 50 Atmosphären Druck der Bac. pyocyan. binnen 6—23 Stunden absterbe, konnten SABRAZES & Bazın’® und SCHÄFFER & FREUDENREICH ‘9 bei Nach- prüfung an anderen Arten nicht bestätigen. Ueber die deletäre Wirkung höherer Sauerstoffspannungen vgl. Bd. I, S. 91f.; hier sei nochmals daran erinnert, daß bei dieser Versuchsanordnung nicht das mechanische Moment des Druckes, sondern allein der Partiardruck des Os (d. h. die energischere Oxydation) das Wirksame ist. Was den Einfluß mechanischer Erschütterungen auf Bakterien anlangt, so bleibt eine ruhige fließende Bewegung (HoPPE-SEYLER 0) sowie mäßiges Schütteln (GÄRTNER®l, LEONE®) ziemlich indifferent; ein geringes Maß mechanischer Erschütterung ist sogar für die Entwickelung mancher Bak- terien förderlich (MELTZER 8, Tumas®3). Intensives lange fortgesetztes Schüt- teln hingegen ‚bewirkt Entwickelungshemmung, bei tagelanger Einwirkung sogar Abtötung (HoRVATH®, REINKE®); letzterer Autor fand auch starke Schall- wellen, die durch die Nährmedien hindurchgeleitet wurden, in demselben Sinne wirksam. Die Bakterienleiber werden durch starkes Schütteln nicht etwa nur in große Trümmer zerstückt, sondern zu feinstem Detritus zermalmt (MELTZER®®). Sehr bemerkenswert ist endlich noch das differente Verhalten verschiedener Arten (MELTZERS4, B. ScHhmipDT®8’); letzterer Autor fand Eiterkokken sehr vulnerabel, während der Typhusbaeillus bei der gleichen Behandlung intakt blieb. 6. Auch gegen Kälte sind die Bakterien sehr widerstandsfähig. Selbst- verständlich tritt vollständige Entwickelungshemmung ein, sobald die Tempera- tur unter das zum Wachstum erforderliche Minimum (vgl. unter „Lebensbeding- ungen“, Bd. I, S. 86) sinkt; diese Tatsache findet ihre praktische Verwertung zur Konservierung von Nahrungsmitteln, sowohl im Kleinen im Haushalt als im Großen zum überseeischen Transport von gefrorenem Fleisch, Eismilch usw. Die Bakterien verharren dann in einem Zustand latenten Lebens, in dem sie nicht nur keinerlei Schädigung erfahren, sondern sogar besonders gut ihre Virulenz konservieren; vgl. betr. Milzbrandsporen bei Krönıs & Paur (l. c.); betr. Streptokokken bei PETRUSCHKY®®, betr. Diphtheriebaeillen bei ABEL°®, betr. Choleravibrio bei E. GOTSCHLICH & WEIGANG®9. — Aber auch bei Tempera- turen unter dem Gefrierpunkt, ja trotz häufig wiederholtem Gefrierenlassen und Wiederauftauen behalten die Bakterien sehr lange ihre Lebensfähigkeit und Desinfektionslehre. 461 Virulenz. Für die wichtigsten Infektionserreger ist nachgewiesen, daß sie bei wochen- und selbst monatelang anhaltender Winterkälte (bis unter — 30° ©) im Freien ohne Schädigung überwintern können. Vgl. betr. des Choleravibrios bei UFFELMANN ®!, RAPTSCHEWSKI®?, WNUKOW 93, KAsansKy ”*; (letzterer Autor konstatiert eine Resistenz von 3—4 Monaten gegen russische Winterkälte); die seitens mancher anderer Autoren beobachteten geringeren Resistenzwerte (RENK °®®, FINKELNBURG ®%, ABEL 9, KARSCHINSKI®®) erklären sich wohl aus individuellen Differenzen der einzelnen Kulturen; ältere, jahrelang fortgezüchtete Kulturen sind weniger widerstandsfähig als frische, — Choleravibrionen in Bouillon sind widerstandsfähiger als in Wasser oder gar Faeces (Weıss®). Typhuskulturen fanden PARK! und BREHME!V gefroren noch nach 9!/; Monaten lebend (letz- terer Autor sogar nach 40maligem Auftauen und Wiedergefrierenlassen binnen 32 Stunden!); Ruhrbacillen erhielten sich mindestens 2 Monate (SCHMIDT !"!; Diphtheriebacillen 2—3 Monate (ABEL °?%), Tuberkelbacillen in tuberkulösen Lungen bis zu 4 Monaten (CapEac & MALET!®%, vgl. auch bei GALTIER !03); sporenfreie Milzbrandbacillen sah KLEPZOFF!0% nach 12 Tagen ununterbrochener Einwirkung einer mittleren Temperatur von — 27° C ungeschädigt; Pestbaeillen ertrugen 3—4 Monate hindurch eine solche Kälte (Kasansky°®b); ja SCHURU- pow 90a fand dieselben in Pestleichen, die in gefrorenem Boden beerdigt waren, noch nach Jahresfrist lebend. — Aber selbst die exzessiv niedrigsten Temperaturen, die sich heutzutage künstlich erzeugen lassen, insbesondere durch flüssige Luft (— 190°), schädigen pathogene Keime (Staphylokokken, Milzbrandsporen, Diphtherie-- und Typhusbacillen) auch noch nach stunden- langer Einwirkung nicht (WHıITE!, ALLEN MACFADIEN!”, J. MEYER!OS, RAVENEL!0, BELLI'); ältere Literatur siehe in ©. FLÜGGEs „Mikroorganismen“, SEA, Bde I, S.- 441. 7. Unter allen physikalischen Agentien kommt der mächtigste antibakterielle Effekt der Einwirkung höherer Temperaturen zu, und die Erhitzung wird in der Tat auch in der Desinfektions- praxis in weitestem Umfange angewendet. Was zunächst die vege- tativen Formen anlangt, so ist schon in Bd. I, S. S6f., dieses Hand- buchs auseinandergesetzt worden, daß jede Erhöhung der Temperatur über das Optimum die Entwickelung verlangsamt und jede Er- höhung über das Maximum das Wachstum vollständig sistiert. Zwischen dieser Entwickelungshemmung oberhalb des Temperatur- maximums einerseits und dem latenten Leben unterhalb des Minimums andererseits besteht aber trotz äußerlicher Aehnlichkeit ein prin- zipieller Gegensatz; während im latenten Leben die Kräfte nur schlummern und der Bestand des Lebens sehr lange Zeit völlig intakt erhalten werden kann, ist umgekehrt die Entwickelungshemmung oberhalb des Temperaturmaximums durch ein Ueberhandnehmen der Selbstzersetzungsvorgänge im lebenden Plasma bedingt, demgegenüber die Assimilation nicht mehr Schritt zu halten vermag. Aus diesem Grunde vermag ein Bakterium sich oberhalb des Temperaturmaximums nicht lange lebensfähig zu erhalten, und die Erwärmung wirkt um so rascher, je höher sie ist. Vgl. spezielle Angaben betreffs der Resistenz der einzelnen Arten gegenüber Temperaturerhöhung in den speziellen Kapiteln bei jedem einzelnen Mikroben; im allge- meinen werden vegetative Formen im feuchten Zustand bzw. in Nähr- flüssigkeit durch 10—15 Minuten dauernde Einwirkung von Tem- peraturen von 50—60° vernichtet. Tuberkelbacillen sind etwas wider- standsfähiger, werden aber in Milch nach Hesse!!! bei 60° in 15 Minuten, nach Rosenau!?28 in 20 Minuten sicher getötet; vgl. Literatur über letzteren Gegenstand bei BARTHEL & STEnsTröm t1?, Levy & Bruns!13. — Die Angaben verschiedener Autoren über die Resistenz desselben Mikroben variieren oft sehr erheblich; vgl. bei M. Neisser}!# eine Zusammenstellung verschiedener, den 'Typhus- bacillus betr. Daten. Abgesehen von Rassendifferenzen zwischen den 462 E. GOTSCHLICH, einzelnen Kulturen liegt der Grund für die Verschiedenheit der Resultate offenbar in oft ganz geringfügigen Ungleichheiten der Versuchsmethodik ; insbesondere hat Fıcker! auf die Momente hin- gewiesen, die das Resultat beherrschen: In konzentrierter Aufschwem- mung, sowie in Nährlösung ist die Resistenz eine viel größere als in verdünnter Emulsion bzw. in Kochsalzlösung; ältere Individuen sind weniger resistent als jugendliche. — Durch trockene Hitze (sofern die betreffenden Bakterien das Antrocknen überhaupt vertragen, wie z. B. Eiterkokken, Tuberkelbacillen) werden auch vegetative Formen erst durch 11/,-stündige Einwirkung einer Temperatur von 80° ab- getötet (Koch & WOoLFFHÜGEL15). — In geradezu beherrschender Weise macht sich der Unterschied zwischen der Einwirkung trocke- ner und feuchter Hitze geltend gegenüber den so überaus wider- standsfähigen Sporen. Aus den soeben zitierten klassischen Unter- suchungen von R. Koch & WOoLFFHÜGEL!15 geht hervor, daß Milz- brandsporen durch trockene heiße Luft bei Temperaturen zwischen 100 und 120° selbst nach mehreren Stunden noch nicht ab- getötet werden und daß auch bei 140° ein sicherer Effekt erst nach 3-stündiger Einwirkung zu erreichen ist. Dagegen tritt in sieden- dem Wasser bzw. in gesättigtem Wasserdampf*) von100°C die Abtötung derselben Sporen schon nach 1—2 Minuten (höchstens 12 Minuten) ein (R. Koch, GAFrky & LörrLer 116, WoLrr!17). Aus dieser fundamentalen Feststellung des Unterschiedes in der Wirksam- keit der trockenen heiben Luft einerseits und des gesättigten Dampfes von 100° C andererseits geht ohne weiteres die Unverwendbarkeit der trockenen Hitze und die eminente Brauchbarkeit des Dampfes für die Desinfektionspraxis hervor; die beiden zitierten Arbeiten R. KocHs und seiner Mitarbeiter bilden die rationelle Basis für die gesamte modern Hitzedesinfektion. Alle späteren Versuche haben diese Fun- damentaltatsachen bestätigt und auch dem theoretischen Verständnis nähergebracht. Selbstverständlich ist zunächst, daß gespannter ge- sättigter Dampf (von mehr als 1 Atmosphäre Druck und ent- sprechend erhöhtem Siedepunkt) eine noch intensivere Wirkung hervorbringt, als ungespannter gesättigter Dampf von 100°; so fand CHRISTEN 113, daß die resistentesten Sporen gewisser Saprophyten (Erd- und Kartoffelbacillen), die in ungespanntem Dampf von 100° über 16 Stunden standzuhalten vermögen, in gespanntem Dampf bei 105—110° in 2—4 Stunden, bei 115° in 30—60 Minuten, bei 120° in 5—15 Minuten, bei 140% in 1 Minute abgetötet werden. Ebenso selbstverständlich ist andererseits, daß dem gesättigten Dampf vonniedrigerem Siedepunkteals 100° (durch Sieden unter negativem Druck erhalten) eine geringere desinfizierende Wirkung innewohnen muß als dem gesättisten Dampf von 100°; in der Tat konstatiert Rugner!!9%a, daß Milzbrandsporen, die bei 100° schon *) Gesättigter Dampf ist bei allen Temperaturen (je nach dem Druck) dem heißen Wasser von gleicher Temperatur überlegen an desinfizierender Wirkung (Schurt!2?) — nach EIJKMANN!30 wahrscheinlich deshalb, weil die Leibessubstanz der Bakterien im Dampf infolge freiwerdender Kondensations- wärme eine höhere Temperatur annimmt, als die des Dampfes — so wie z. die Temperatur in einem Salzsäckchen in 100-grädigem Dampf einige Grad über 100° steigt. Auch ist bei jeder Temperatur Sieden (unter erniedrigtem Druck) wirksamer als die gleiche Temperatur ohne Sieden bei Normaldruck — wahr- scheinlich wegen Bildung von Dampfbläschen im Innern des Bakterienleibes- bei ersterer Versuchanordnung (SCHUT). Desinfektionslehre. 463 in 1 Minute abgetötet wurden, bei 90° erst in 12 Minuten, bei 85° gar noch nicht immer in 1 Stunde vernichtet wurden. — Bisher haben wir nur den Effekt des Variierens der Siedepunkttemperatur (und damit des Dampfdruckes) bei konstanter voller Sättigung des Dampfes betrachtet und gefunden, daß unter diesen Bedingungen der desinfektorische Effekt eine Funktion der Temperatur ist. Nun gilt es, die Wirksamkeit des ungesättigten Dampfes zu unter- suchen, d. h. eines Dampfes, der in der Volumeinheit eine geringere Anzahl! von Wassermolekeln enthält, als er seiner Temperatur nach enthalten müßte, demnach „trockener“ ist als gesättigter Dampf und dessen Spannung demgemäß geringer ist, als sie seiner Temperatur nach sein müßte. Solcher ungesättigter Dampf läßt sich leicht durch Ueberhitzung gesättigten Dampfes erzeugen, indem man gewöhn- lichen Wasserdampf von 100° durch stark erhitzte Metallrohre gehen läßt; die desinfektorische Wirksamkeit solchen „überhitzten‘ Dampfes fand v. EsmarcH!20 sehr viel geringer als beim gesättigten Dampf von 100°; die Wirksamkeit erreicht bei 120—130° ihren tiefsten Stand, um dann allmählich wieder anzusteigen und erst bei 150 bis 200° ihre ursprüngliche Höhe wieder zu erreichen, aber bei so hohen Temperaturen wirkt ja freilich auch trockene Luft energisch desinfizierend! Selbstverständlich läßt sich auch überhitzter Dampf von niedrigerem Siedepunkt als 100° herstellen, bei Sieden unter negativem Druck (mittelst Wasserstrahlluftpumpe) und Ueberhitzung des so gewonnenen Dampfes, wie oben angegeben; auch hier fand Rusner!!9b dieselbe Abnahme der desinfizierenden Wirksamkeit; wäh- rend z. B. gesättigter Dampf von 95° nur wenig dem gesättigten Dampf von 100° nachgibt, zeigte Dampf, der durch Sieden bei 950 gewonnen und dann auf 100° überhitzt war, eine 5mal lang- samere Wirksamkeit als normaler 100-gradiger Wasserdampf. — Mangelhafte Sättigung des Dampfes läßt sich aber, außer durch Ueberhitzung, auch noch auf andere Weise bewirken, nämlich durch Luftbeimengung zum gesättigten Wasserdampf; in dem entstehen- den Luft-Dampfgemenge ist gleichfalls selbstverständlich die Anzahl der in der Volumeinheit vorhandenen Wasserdampfmolekeln und so- mit der Partiardruck des Dampfes (auf den es ja allein ankommt!) geringer als es der Temperatur des Gemenges entsprechend sein müßte. In der Tat erklärten schon R. Koch, GAFFKY & LÖFFLER in dieser Weise, daß zuweilen in dem v. Näcerischen Dampfkochtopf (der nach dem Prinzip des Parınschen Topfes konstruiert war) selbst bei 21/, Atmosphären Ueberdruck durch Luftbeimengung zum Dampf sichere Sterilisation nicht zu erreichen war; nach Rugner 9b ver- tragen Sporen, die im vollgesättigten Dampf von 100° zwischen l und 3 Minuten absterben, die Einwirkung eines mit 8,4 Proz. Luft gemischter Dampfes volle 3 Minuten, bei 20 Proz. Luftbeimengung bis zu 10 Minuten und bei 37 Proz. Luft gar bis über 30 Minuten! Während so die Desinfektionskraft des Dampfes durch Luftbei- mengung erheblich herabgesetzt wird, läßt sich umgekehrt die (wie wir gesehen haben, an sich ganz ungenügend) desinfizierende Wirk- samkeit der heißen Luft durch Befeuchtung steigern; Schumsurg !?1 wies nach, daß heiße Luft von 100° Temperatur und 60 Proz. rela- tiver Feuchtigkeit sämtliche sporenfreie pathogene Keime, auch Eiterkokken und Tuberkelbacillen (letztere im Sputum!), an Stoff- proben angetrocknet, binnen 1 Stunde sicher abtötet. 464 E. GOTSCHLICH, Alle diese verschiedenen Versuchsreihen sprechen in dem einen Sinne, nämlich, daß die desinfektorische Wirksamkeit der feuchten Hitze ceteris paribus um so größer ist, je mehr man sich dem Zustand vollständiger Sättigung nähert, und andererseits um so geringer wird, je geringer die Sättigung mit Wasser- dampf ist und je mehr man sich dem anderen Extrem, der trockenen heißen Luft, annähert. Der Grund für diese außerordentliche Ueberlegenheit feuchter gegenüber trockener Hitze in bezug auf ihre bakterizide Wirksamkeit ist schon oben im theoretischen Teil auseinandergesetzt worden; die Koagulation des Bakterienplasmas, auf welcher in letzter Linie der Desinfektionseffekt beruht, kommt bei um so niedrigerer Temperatur zustande, je größer sein Wassergehalt ist — und die trockenen Bakterienleiber und insbesondere die (fast wasserfreien) Sporen können aus dem umgebenden Medium um so leichter hygroskopisches Wasser aufnehmen, je größer die Sättigung desselben, d. h. die Zahl von Wasserdampfmolekeln in der Volumeinheit ist. Die bakterizide Wirkung trockener Hitze bei sehr hohen Temperaturgraden (140—200°) hingegen kommt wahrscheinlich geradezu durch Verbrennung zustande, so wie ja auch Wolle und Baumwolle bei diesen Graden schon chemische Zersetzungen erleiden (kenntlich durch Braunfärbung, H,S-Entwicklung) (RuBNEr !19a), Die feuchte Hitze (Dampf) ist nun aber der trockenen heißen Luft nicht allein von diesem bisher allein berücksichtigten biologi- schen Gesichtspunkte aus (betr. der Einwirkung auf das Bakterien- und Sporenplasma) überlegen, sondern vor allem auch von dem rein physikalischen (aber für die Desinfektions- praxis nicht minder bedeutsamen) Gesichtspunkt des Ein- dringensin die zu desinfizierenden porösen Objekte (Kleider- stoffe). Das höchst mangelhafte Eindringen trockener Wärme in einigermaßen umfangreiche Objekte wurde schon von R. Koch & WOLFFHÜGEL nachgewiesen; im Innern eines aus 19 wollenen Decken gebildeten Ballens betrug selbst nach nahezu 3-stündiger Einwirkung heißer Luft von 130—140° die Temperatur doch nur 35°! Durch mechanische Bewegung der Luft („Strömen“) wird zwar das Ein- dringen derselben (selbst in voluminöse Objekte) erheblich befördert, doch nicht in einem für die Desinfektionspraxis ausreichenden Maße (SCHUMBURG!!), Dagegen dringt bei Anwendung des Dampfes die Hitze rasch bis ins Innere poröser Objekte ein, wobei sich zwei Phasen unter- scheiden lassen. Zunächst wird die Luft aus allen Hohlräumen des Des- infektionsgutes durch den Dampf verdrängt, infolge der sehr erheblichen Differenz des spezifischen Gewichtes beider Medien: 1 Liter Luft von 20° wiegt 1,206 g, dagegen 1 Liter Dampf von 100° nur 0,606 g; um diesen Vorgang der Verdrängung der Luft durch den Dampf möglichst zu begünstigen, baut man daher die Des- infektionsapparate so, daß der Dampfeinstrom von oben und der Luft- abfluß nach unten erfolgt (GrugBer!?5). Zweitens findet an den Elementarteilen der Gewebe (Fasern usw.) Kondensation des Dampfes zu Wasser (Samguc!?2?) statt, und zwar in dem Maße, als es zur Erwärmung der Objekte von ihrer bisherigen Temperatur (im Mittel etwa 20°) auf Dampftemperatur bedarf. Das Vorhanden- sein dieser Kondensation ist direkt nachgewiesen an Proben in die Desinfektionsobjekte eingelegter trockener Kreide mit Methylenblau (Frosch & ÜCLARENBACH!23) resp. trockenem Ferrosulfat-Tanninpulver (TEUSCHER!?#); die Proben sind überall da, wohin die Kondensation gelangt ist, infolge der Befeuchtung gefärbt. Auf diese Weise hat man nachgewiesen, daß die Kondensation in den Desinfektionsobjekten zentripital in Form einer scharfen Grenzzone fortschreitet; die zur Erreichung des Desinfektionseffektes erforderliche Temperatur findet sich nur da, wo die Kondensationswelle passiert ist, während oft nur Desinfektionslehre. 465 wenige Zentimeter jenseits der Grenzzone (da, wo noch keine Konden- sation erfolgt ist) die Temperatur um mehr als 40° niedriger sein kann. Nur muß man sich diese „Kondensation“ nicht etwa gleichbedeutend mit Ausscheidung tropfbar-flüssigen Wassers, das in den Kapillaren abgelagert wer- den soll, darstellen (wie das von SamBuc getan wurde); das Wasser wird vielmehr von den Objekten in hygroskopischer Form gebunden (RuBNEr !?a) und die Rechnung ergibt, daß die zur Temperaturerhöhung von Kleiderstoffen von 20 auf 100° erforderliche Menge gebundenen hygroskopischen Wassers nur 1/5 bis !/,s derjenigen Wassermenge beträgt, welche die „minimale Wasser- kapazität“ des betr. Stoffes bezeichnet. Sehr bemerkenswert ist, daß hierbei im Innern trockener hygroskopischer Körper (z. B. Wolle) sehr erhebliche Tempe- raturerhöhungen, über die Temperatur des Dampfes hinaus (115°, in vorge- wärmter Wolle sogar bis 134°) entstehen können, indem durch die hygroskopische Bindung des Wassers selbst Wärme produziert wird (RuUBNER!!?a); es kann daher auch bei Anwendung einfachen gesättigten Dampfes von 100° zeitweise im Innern der Objekte „überhitzter‘“‘ Dampf vorhanden sein. — Das Strömen des Dampfes hat nur für die Füllungsdauer und die Luftverdrängung (VOGEL!?6) Bedeutung, nicht aber für den Desinfektionseffekt als solchen (GRUBER !”, FRoOSCH & ÜLARENBACH !23, WALZ & WINDSCHEID!??); ist einmal der Des- infektionsapparat vollständig gefüllt, so kann die Dampfzufuhr auf das zum Ersatz der durch Kondensation beständig eintretenden Dampfverluste erforder- liche Maß herabgesetzt werden. Ueber die Folgerungen, die sich aus dem Gesagten für Bau, Betrieb und Kontrolle von Dampfdesinfektionsapparaten ergeben, vgl. das betreffende spezielle Kapitel im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. Literatur. . FICKER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 29, 1899; Bd. 59, 1908. . Downes & BLuNT, Proc. London royal soc., Vol. 26, 488. . ARLOING, Compt. rend. acad. sc., T. 100 et 101; Arch. d. physiol. norm. et path., T. 7. . BUCHNER, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 9, 781; Bd. 12, 217. . Koch, R., Verhandl. d. 10. intern. hygien. Kongresses, Berlin 1900, Bd. 1. . MIGNEco, Arch. f. Hyg., Bd. 25, 361. . JOUSSET, Sem. med., 1900, Nr. 45. 7a. TRESKINSKAJA, Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 47, 681, 1910. 8. JANOWSKI, Ebenda, Bd. 8. 8a. NEUMARK, Ref. ebenda, Bd. 42, 323, 1908. 9. RAuM, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 6. 9a. WIESNER, Arch. f. Hyg., Bd. 61, 1, 1907. 10. DIEUDONNE, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 9, 412. 10a. THIELE & WoLr, Arch. f. Hyg., Bd. 57, 1906; b) Bd. 60, 1907. 11. Kruse, Zeitschr. f. 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Behufs spezieller Betrachtung ordnen wir die überaus große Anzahl der chemischen Desinfizientien in Haupt- und Unterabteilungen, und zwar soweit als möglich nach ihrer chemischen Zusammengehörigkeit. Indessen läßt sich diese Einteilung nicht immer durchführen, und müssen manche Gruppen che- misch ungleichartiger Körper (z. B. die der gasförmigen Desinfizientien, die wir im folgenden allenthalben aus den betreffenden chemischen Gruppen ausscheiden und am Schluß in einem eigenen Kapitel zusammen abhandeln) nach Maßgabe besonders charakteristischer gemeinsamer Eigentümlichkeiten ihrer Wirksamkeit zusammengefaßt werden. 1. Gediegene und kolloide Metalle. Die merkwürdige Tatsache, daß manche Metalle als solche eine ent- wickelungshemmende Wirkung auf Bakterien ausüben, wurde zuerst von MILLER! an einigen Goldpräparaten, die in der Zahnfüllungstechnik Anwendung finden, beobachtet. BEHRING? konstatierte, daß in einem gewissen Umkreis um ein in einer gleichmäßig besäten Gelatineplatte gelegenes Metallstückchen «as Wachs- tum gewisser Arten (Diphtherie-- und Milzbrandbacillen, sowie Pyocyaneus) völlig ausbleibt, während andere Arten nur mäßig (Choleravibrio) oder gar nicht gehindert werden (Typhus- und Rotzbacillen).. Die entwickelungshem- mende Wirkung bleibt bestehen auch wenn das Metallstückchen entfernt wird; dies spricht dafür, daß geringe Mengen des Metalls im Nährboden aufgelöst werden. BoHTtz’a fand auch die Filtrate der mit Metallpulvern behandelten Nährsubstrate bakterizid. CÜREDE? konnte direkt konstatieren, daß dünne Silber- plättchen sowohl auf eiternden Wunden als auf mit Staphylokokkeı besäten Agarplatten binnen weniger Tage verschwinden und daß das Silber in Form seines milchsauren Salzes gelöst wurde. In welcher Form die „Auflösung“ des che- misch so überaus schwer angreifbaren Goldes vor sich geht, ist vorläufig ganz unklar. Jedenfalls genügen schon ganz minimale Metallmengen, die sich sonst jedem anderen chemischen Nachweis entziehen, zur Hervorbringung der anti- bakteriellen Wirkung; vgl. bei FICKErR* über die „oligodynamische“ Wirkung des Kupfers, die noch in Verdünnungen von 1:50 Millionen sehr deutlich be- merkbar war und die den Glaswänden der einmal benutzten Gefäße außerordent- lich hartnäckig und trotz mehrfacher energischer Spülung anhaftet. — Ver- suche über die Wirksamkeit anderer gediegener Metalle vgl. noch bei THIELE & WoLr°, BROCHNIOWSKY® und L. BirTTEer#a, wobei jedoch in den Angaben verschiedener Autoren betreffs desselben Metalls öfters Widersprüche vor- kommen. Sehr bemerkenswert ist (THIELE & Worr°), daß die Wirksamkeit eines und desselben Metalls (Ag) sich erhöht, wenn man dasselbe mit elektro- negativen Metallen (Pd, Pt, Au) oder Kohle außerhalb des Nährbodens elektrisch- leitend verbindet, — und umgekehrt aufgehoben wird, wenn die Verbindung mit dem nur wenig stärker elektropositiven Palladium-Wasserstoff oder Kupfer er- folgt; andererseits tritt durch Verbindung mit stark elektropositiven Metallen (Fe, Zn, Al, Mg) sogar an solchen Metallen (als Kathode) entwickelungs- hemmende Wirkung ein, die sonst für sich allein ganz unwirksam sind, z. B. Pt, Pd. Rankın 6a konstatierte, daß die bakterizide Wirkung metallischen Zinks in Wasser an die Gegenwart freien Sauerstoffs gebunden ist. — Die Wirkung gediegener Metalle auf das Plasma des Bakterienleibes ist übrigens nicht ohne Analogie in der physiologischen Chemie, insofern SCHADEE VAN DER Dos’ fand, daß Hühnereiweiß mit metallischem Ag geschüttelt, schon nach 1/.—1 Minute in dem Sinne verändert wird, daß es in der Hitze nieht mehr gerinnt und nicht fault; vielleicht entsteht bei dieser Versuchsanordnung kolloidales Silber, wie das von BıasıortTı®b beim Kochen metallischen Silbers mit Wasser (deutlich bakterizide Wirkung!) beobachtet wurde. Vom kolloidalen Silber war schon oben (S. 455) gelegentlich der Frage seiner Verwendung für die „innere Antisepsis“ die Rede; hier sei nochmals erwähnt, daß dem kolloiden Silber zwar starke entwickelungshemmende aber nur geringe bakterizide Wirksamkeit zukommt; vgl. bei E. CoHn (zit. oben S. 455) und ScHMIpT®. Nach CERNO- VODEANU & HENRY’a ist die Wirksamkeit verschiedener Präparate des kolloiden Ag verschieden, und zwar um so größer, je kleiner die suspendierten Teilchen sind. Verschiedene Bakterienarten sind ungleich empfänglich, in besonders hohem Grade der Typhusbacillus. Unverdünntes kolloides Ag tötet nach BiIA- sIoTTI®b bei langer Einwirkung sogar Milzbrandsporen, aber nicht Tuberkel- Desinfektionslehre. 469 bacillen. — Kolloides Quecksilber ist noch stärker entwickelungshemmend als Sublimat (CERNOVODEANU & STODEL ’b). 2. Salze der Schwermetalle. a) Die Quecksilbersalze sind am eingehendsten studiert und für die Desinfektionspraxis am wichtigsten. Die größte praktische Bedeutung hat das Sublimat (HgÜl,) erlangt, dessen eminente bakterizide Eigenschaften zuerst von R. Kocn? erkannt wurden; und wenn auch durch spätere Versuche dargetan worden ist (vgl. oben S. 448f.), dab die Desinfektionskraft des Sublimats nicht eine so außerordentliche ist, als es zuerst den An- schein hatte, so behauptet doch das Sublimat in der Desinfektionspraxis unzweifelhaft die erste Stelle. Entwickelungshemmender Wert gegen- über Milzbrandbacillen in Gelatine bei 1:1000000, in Blutserum bei 1:100006 (Benrıng 2b). Vollständige Abtötung sämtlicher zum Ver- such verwendeter Milzbrandsporen sahen Krönıe & PaurL® durch 1,69-proz. Lösung nach 12—14 Minuten, durch 0,21-proz. Lösung in 80 Minuten, durch O,1-proz. Lösung erst nach 2 Stunden eintreten; in eiweißhaltigen Flüssigkeiten (BeHurIng & NocHT?b) tritt der Effekt noch langsamer ein, nämlich durch 1-proz. Lösung in 80 Minuten, durch 1-prom. Lösung noch nicht nach 3 Stunden, mit Sicherheit erst nach 24 Stunden (bei Zusatz von Schwefelsäure [9 Gewichtsteile auf 1 Teil Sublimat | durch 1-prom. Sublimatlösung schon nach 6 Stunden). Wesentlich ungünstigere Resultate ergaben die neueren Versuche von ÖTTOLENGHI9@; vereinzelte Milzbrandsporen wurden in 2,7-proz. Subli- matlösung noch nach 9 Tagen, Staphylococe. pyog. aur. bis zu 9 Stun- den (bei 13—14° und in wässeriger Aufschwemmung) lebensfähig aufgefunden — in Blutserum ‘bei Einwirkung der gleichen Lösung gar bis zu 24 Stunden. Auch ScHhumBurG®b sah selbst so wenig wider- standsfähige Keime wie Choleravibrionen noch nach ?/, Stunden in 1- prom. Sublimatlösung ihre Lebensfähigkeit bewahren. So hochgradige Resistenz erklärt sich wohl dadurch, daß die Keime durch eine ober- flächliche Schicht geronnenen Quecksilberalbuminats vor dem Ein- dringen des HgCl, geschützt sind; auch hat ja Prrzmann ?° bewiesen, daß dem Hg-Albuminat keine desinfizierende Wirkung zukommt. Zur Verhütung der Bildung eines Hg-Albuminatniederschlages in eiweißhaltigen Flüssigkeiten wurde zuerst von LarLacE!® und Pan- rıLıl! ein Zusatz von 5 Proz. Weinsäure oder Salzsäure empfohlen, später von LÜBBERT & SCHNEIDER!?, sowie BEHRINnG!?b zu gleichem Zweck Kochsalz. Durch letzteren Zusatz wird zwar in stärkeren Lösungen die desinfizierende Wirksamkeit des Sublimats vermindert; doch tritt in der gewöhnlich gebräuchlichen 1-prom. Sublimatlösung diese hindernde Wirkung fast ganz zurück. Immerhin machen Krönıs & Paur® darauf aufmerksam, daß der gegenwärtig für die ANGERER- schen!* Sublimatpastillen (nach dem Deutschen Arzneibuch) vorge- schriebene Kochsalzzusatz von 4,6 NaCl auf 1 HgCl, sehr wohl auf die Hälfte herabgesetzt werden könnte, indem sich auch dann bereits das leicht lösliche komplexe Salz Na,HgCl, bildet. Sublimatlösungen dürfen nicht in andauerndem Kontakt mit Kautschuk sich befinden, weil sonst: (durch die Bindung des Hg an den im Kautschuk ent- haltenen Schwefel) ihre desinfizierende Wirksamkeit beeinträchtigt wird oder ganz verloren gehen kann (GLenny & WarpoLEl?b). — 1 kg Sublimat kostet ca. 5 Mark. 470 E. GOTSCHLICH, Das Sublimat besitzt die unangenehme Nebenwirkung, daß es die menschliche Haut und Metallinstrumente stark angreift; unter den vorgeschlagenen Ersatzmitteln des Sublimats, die von diesen Nebenwirkungen frei sein sollen, ist in erster Linie das Queck- selberoxycyanid (Hg,Cy,0) zu nennen. Dasselbe zeigt zwar im Blutserum eine noch stärker entwickelungshemmende Wirkung als das Sublimat (Brnrına!®b), doch ist sein desinfizierender Wert sehr viel geringer (Pau & Krönıc®, v. SICHERER!); derselbe läßt sich jedoch durch Kochsalzzusatz steigern, und außerdem läßt sich das Mittel in verhältnismäßig sehr konzentrierten (1—2-proz.) Lösungen anwenden, ohne Aetzwirkungen hervorzurufen. Das letztere gilt auch von dem in letzter Zeit besonders für die Händedesinfektion (vgl. weiter ünten das betreffende Kapitel) empfohlenen „Sublamin“ (= Quecksilberäthyldiaminsulfat) (Engers1#a), welches von der ScHE- rınsschen Fabrik in Pastillenform in den Handel gebracht wird. Nach Scarpol*b sind Sublaminlösungen annähernd den Sublimatlösungen gleichwertig, wenn auch etwas schwächer; doch ist eineSublaminlösung von 3 Prom. deutlich einer Sublimatlösung von 1 Prom. überlegen: dabei sind die Sublaminlösungen, im Dunkeln aufbewahrt, 2 Monate haltbar und bewirken auch in stärkerer Konzentration keine Eiweiß- gerinnung. Ein anderes als. Sublimatersatz angepriesenes (STEINE- MANN!5) Präparat, das „Asterol“ (= paraphenolsulfosaures Hg- Ammoniumacetat) besitzt nach Verrun!? keinerlei Vorzüge vor dem Sublimat und hat eine 7mal geringere desinfizierende Wirksamkeit. Das „Afridol“ (ein oxyquecksilberkarbonsaures Alkalisalz) findet zur Herstellung von desinfizierender Seife Verwendung, die (bei etwa 4 Proz. Gehalt an organischer Hg-Verbindung) gute desinfizierende Wirksamkeit besitzt und weder Metalle noch Haut angreift (SCHRAUTH 17a), b) Unter den Silbersalzen spielt das Silbernitrat (Höllen- stein) die wichtigste Rolle; seine entwickelungshemmende Wirkung kommt der des Sublimats gleich (übertrifft dieselbe sogar gegenüber dem Rotzbacillus!) (BeurınG!’e, Boer 18); seine desinfizierende Wirk- samkeit in wässerigen Lösungen ist wesentlich geringer, in Blut- serum dagegen leistet es etwa Dmal mehr als Sublimat, indem Milz- brandsporen in Blutserum durch eine Lösung von 1:12000 in 70 Stunden abgetötet werden (durch Silberoxyd - Pentamethylendiamin von 1:2500 schon in 24 Stunden). Durch Ammoniakzusatz wird die Wirksamkeit des AgNO, wesentlich herabgesetzt (PauL & KRrönıs?), inden: Salze entstehen, in denen das Ag nicht als freies Ion, sondern als Bestandteil eines komplexen Ions auftritt. In kochsalzhaltigen Medien erleidet die Wirksamkeit des AgNO, infolge teilweiser Aus- fällung als AgCl eine erhebliche Einbuße. — Dieser Uebelstand ist (wenigstens zum Teil) vermieden in dem „Argentamin“ Aethıylendiaminsilberphosphat), welches bei Berührung mit eiweiß- und chloridhaltigen Flüssigkeiten nur eine Trübung, nicht eine Aus- fällung erleidet und gegenüber vegetativen Formen (insbesondere Gonokokken) eine energische bakterizide Wirksamkeit entfaltet (SCHÄFFER 19); dagegen existiert die von SCHÄFFER behauptete Sporo- zide Wirkung desselben keineswegs, indem in den Versuchen von Paus, & Krönıs® selbst nach 9-stündiger Einwirkung einer Lösung von 2,7 Proz. Ag-Gehalt die größte Mehrzahl der Sporen lebend blieb: bei der von ScHÄFFER gewählten Versuchsordnung (vgl. oben S. 449) Desinfektionslehre. 471 war eber die Entfernung der den Sporen anhaftenden Reste des Desinficiens nur sehr mangelhaft. — In den letzten Jahren hat man sich, insbesondere für die Zwecke der Gonorrhöebehandlung, bemüht, durch Kuppelung von AgNO, mit Eiweißkörpern Desinfizientien darzustellen, welche die Vorzüge möglichster Reizlosigkeit und Tiefen- wirkung miteinander verbinden sollen. Das erste dieser Präparate war das „Argonin“ oder „Argentumkasein“ (nach RÖöHMANN & LiEBRECHT aus 10 Teilen Kaseinnatrium —1 Teil AgNO, bereitet, 4,2 Proz. Ag enthaltend); nach R. Meyer? steht dasselbe in wässe- rigen Lösungen dem Argentamin zwar etwas nach, übertrifft es aber in eiweißhaltigen Flüssigkeiten und entfaltet erst in 5-fach stärkerer Lösung die gleiche Reizwirkung auf das Gewebe; durch Zusatz von 0,3—0,6 Proz. NH, wird seine desinfizierende Wirksamkeit zwar ganz bedeutend gesteigert, doch geht dabei leider auch sein reizloser Charakter verloren. Aehnlich konstituierte Präparate sind das PProtarool" (mit 8,3 Proz. Ag), das „Largin“” (mit 11,1 Proz. Ag), das „Albargin“ (Prunz?!) (mit 15 Proz. Ag), sowie das „Ichthar- gan“ (AuUFREcHT?2) (mit 33 Proz. Ag). Das milchsaure (,Actol“) und das zitronensaure („Itrol“) Silber sind zur inneren Antisepsis vorgeschlagen worden, sind aber noch weniger wirksam als Kollar- gol; dagegen mögen sie als lokal wirkende Antiseptica in Verband- mitteln usw. wohl brauchbar sein; Eiterkokken werden in 1/,—!/s- prom. Lösung in 30—45 Minuten getötet (C. MryvEr?3). Fluorsilber („Tachiol“) hat ungefähr das gleiche bakterizide Vermögen wie AgNO, (KErEZ?3a). ec) Von Goldsalzen zeigen die Aurichlorwasserstoffsäure HAuCl,, sowie ihr Natriumsalz, etwas schwächer auch das offizinelle Auronatrium chloratum ziemlich energische sporizide Wirkung nach einstündiger Einwirkung, während das Cyanid (KAuCy,), in dem das Gold Bestandteil der komplexen sehr wenig dissoziierten AuCy,-Gruppe ist, fast ohne jede Wirkung ist (PAuL & KRÖNIG°). d) Aus demselben Grunde ist auch die Platinchlorwasserstoffsäure (H,PtCl;) nur von sehr schwacher desinfizierender Wirkung. Auch Palladium- und noch mehr Iridiumverbindungen sind ziemlich wirkungslos (BEHRING?®b). e) Von den Kupfersalzen fanden PauL & Krönıs® das Bromid am stärksten wirksam (wenn nicht die Wirkung auf Zersetzung des Präparats zurückzuführen sein sollte!). Nach GREEN ?* erweist sich in Bouillon und eiweiß- haltigen Lösungen das CuCl, als das wirksamste Salz, während alle anderen un- lösliche Verbindungen eingehen; die Wirksamkeit der Salze (auf das Atomgewicht bezogen) soll mit dem Steigen des Cu-Gehaltes zunehmen, mit zwei Ausnahmen: Kupfersulfatammoniak war zu wenig wirksam (wahrscheinlich infolge rascher Zersetzung) und andererseits Cuprum sulfocarbolicum unverhältnismäßig zu stark wirksam (Karbolwirkung?). Alle Cu-Verbindungen haben nur sehr geringe sporizide Wirksamkeit, wie schon R. KocH® für das CuSO, nachgewiesen hat. Für manche Zwecke (z. B. Desinfektion von Dejekten) mögen ja Cu-Salze brauchbar sein, doch stehen uns dafür billigere und bessere Desinfizientien (Kalk) zur Verfügung. Betreffs der „oligodynamischen“ Wirkung von Cu-Salzen in stärkster Verdünnung vgl. Bd. 1, S. 256; möglicherweise könnte diese Wirkung noch praktisch zur Abtötung pathogener Bakterien im Trinkwasser herangezogen werden; nach BAssET-SMITH 2a werden Colibacillen in destilliertem Wasser durch CuSO, schon bei einer Verdünnung von 1:100000 getötet, nach Fow- LER?*b in klarem Leitungswasser bei einer Verdünnung von 1:60000 in 24 Stunden. f) Für Eisensalze ist der beherrschende Einfluß der elektrolytischen Disso- ziation durch SCHEURLEN & SPIRO® nachgewiesen; nur solche Eisensalze wirken desinfizierend, in denen das Fe als Kation enthalten ist (Fe>Cl;, FeSO,), während die Ferro- und Ferrieyansalze ganz unwirksam sind. Uebrigens ist auch der Desinfektionswert der ersteren Salze nur unbedeutend; selbst in 30-proz. Lösungen wirkt FeSO, nicht auf Milzbrandsporen und Tuberkel- bacillen, dagegen in 10-proz. Lösung (JÄGER ?’), — nach RıEcKE°?® sogar schon in 21/,-proz. Lösung — auf die gewöhnlichen vegetativren Formen. — Ueber 472 E. GoTSCHLICH, die Verwendung des Eisenchlorids (in Verbindung mit Alkohol und Toluol) zur lokalen Diphtheriebehandlung nach LÖFFLER?* vgl. oben S. 455. g) Von sonstigen Metallsalzen erwiesen sich (PauL & Krönıs®) Blei-, Nickel-, Kobalt-, Chrom- und Baryumsalze als ganz machtlos gegen- über Milzbrandsporen, während Chlorzink und Cadmiumchlorid nach 10-tägiger Behandlung eine mäßige Wirkung zeigten. — Thallium karbonat fand v. LINGELSHEIM ?®’® schon in Lösung von 1:7500 in Blutserum entwick- lungshemmend für Milzbrandbacillen. Liquor Alumin. acet. wirkt schwächer desinfizierend als Karbolsäure; dagegen zeigt „Alsol“ (= Alumin. acetico-tartaric.) in 5-proz. Lösung sogar sporizide Eigenschaften (AUFRECHT°®®). Die sog. ‚‚Estone‘“ entsprechen dem Liquor. alum. acet. in fester polymerisierter Form und wirken stark bakterizid (AUFRECHT 0a, BrLasıus®0b); Formeston tötet vegetative Formen in 1-proz. Lösung in 15 Minuten. Cer-, Thor- und Zirkonsalze wirken schon in l-promill. Lösung vollständig entwicklungshemmend, Didym- und Lauthan- salze sogar schon in t/,-promill. Lösung (DrossBach 31). 3. Alkalien. Die desinfizierende Wirksamkeit der Alkalihydrate steht nach PAuL & Krönıs® (S. 59£.) genau im Verhältnis ihres elektrolytischen Dissoziations- grades, d. h. der Konzentration der in der Lösung enthaltenen Hydroxyl- Ionen (-OH); daher sind Kalium-, Natrium- und Lithiumhydroxyd (und zwar in absteigender Reihe) starke Desinfizientien — (Abtötung von Sporen in Konzentration von 1 Liter, d. h. in Einfachnormallösung, binnen S—18 Stunden — Abtötung von Staphylokokken in Viertelnormallösung binnen 5—10 Minuten) — während das (nur in sehr geringem Grade dissoziierte) Ammoniak unter gleichen Bedingungen so gut wie gar keine Wirkung äußert. Dies stimmt mit den früheren Beobachtungen v. LINGELSHEIMsS?? überein, wonach auch für den entwickelungshemmenden Wert eines Alkalis nicht nur die Größe der titri- metrisch bestimmbaren Reaktionsänderung in Betracht kommt, sondern auch die spezifische Natur des betr. Alkalis; insbesondere hatte v. LINGELSHEIM 29 auch schon die geringere Wirksamkeit des Ammoniaks erkannt, von dem ein mal größerer Zusatz vertragen wurde als von Natronlauge. Für die Des- infektionspraxis unter primitiven Verhältnissen empfiehlt OTTOLENGHI°®!b die improvisierte Herstellung von NaOH-Lösungen durch Vermischen bestimmter Lösungen von gelöschtem Kalk und Soda. Die Alkalikarbonate wirken bei gewöhnlicher Temperatur nicht sporen- tötend; doch wird ihre Wirksamkeit durch Erwärmung außerordentlich ge- steigert; so sah BEHRING?@ in gewöhnlicher Waschlauge von ca. 1,4 Proz. Sodagehalt selbst die resistentesten Milzbrandsporen bei 85° in 8—10 Minuten, bei 75° in 20 Minuten absterben; HEIDER®!a erzielte dasselbe Resultat durch Einwirkung reiner 2-proz. Sodalösung bei 75° erst in 1—2 Stunden. Srmon 32a empfiehlt für die praktische Anwendung 5-proz. Sodalösung bei einer Temperatur von 60—62°; hierbei wurden Tuberkelbacillen im Sputum binnen 5 Minuten, Staph. pyog. aur. in 15 Minuten abgetötet. — Die Alkalibikarbonate be- sitzen, entsprechend ihrer sehr schwachen alkalischen Reaktion, keine nennens- werten antibakteriellen Eigenschaften. — Das Hydroxylamin (NH,.OH) (BEHRING!®b, HEInIscH ®), sowie das Hydrazinhydrat (F. MARSCHALL 3) besitzen zwar sehr erhebliche entwicklungshemmende Eigenschaften (in Rinder- blutserum ersteres schon bei 1:1500 völlig entwicklungshemmend, letzteres an- geblich sogar dem Sublimat überlegen!), doch nur geringe bakterizide Wirk- samkeit. Die alkalischen Seifen besitzen schon bei Zimmertemperatur ziem- lich erheblichen Desinfektionswert (DI MATTEI®t, REITHOFFER°®®, JOLLES®6); Choleravibrionen sind in 8-proz. Lösung in 2—3 Minuten, in 5-proz. Lösung in 5 Minuten, in 0,l-proz. Lösung in 24 Stunden — desgleichen Typhusbaeillen in 6-proz. Lösung in 30 Minuten, in 1l-proz. Lösung in 24 Stunden sicher ab- getötet. Durch Erwärmung wird die desinfizierende Wirksamkeit sehr erheb- lich gesteigert und bei 75—85° vermag 10-proz. Schmierseifenlösung sogar Milz- brandsporen binnen etwa !/, Stunde abzutöten (BEHRING?a). Die Schmierseife des Handels ist oft sehr verunreinigt und minderwertig (REITHOFFER >, BEYER ®®); letzterer Autor ermittelte, daß man bei Verwendung einer 3-proz. Schmierseifenlösung zur Desinfektion von mit Choleradejekten besudelter Wäsche Desinfektionslehre. 473 nur dann sichergeht, wenn zunächst die ganze Masse mindestens 1 Stunde lang auf 50° erwärmt und nachher noch 24 Stunden der Laugenwirkung über- lassen wird; für Abtötung von Typhus- und Diphtheriebacillen, sowie Staphylo- kokken ist sogar eine 48-stündige Dauer nötig. — Die Bedingungen der Des- infektionswirkung der Seifen und ihre Abhängigkeit von deren chemischer Zu- sammensetzung sind von REICHENBACH ®%a genau untersucht worden; die bak- terizide Wirkung der Seifen beruht nicht allein auf ihrer Alkaleszenz, sondern ist viel höher als dem Gehalt an freiem Alkali zukommen würde (schon früher von SERAFINI®? festgestellt); nach REICHENBACH wirken hierbei auch die fett- sauren Salze, und zwar nur diejenigen der gesättigten Fettsäuren mit, während den Salzen der ungesättigten Fettsäuren jede desinfizierende Wirkung abgeht. Ueber die Bedeutung der Seifenzusätze (Riechstoffe) sind die Meinungen geteilt; während REICHENBACH denselben keine Bedeutung beimißt, kommt KoNnrADpı?b zu dem entgegengesetzten Urteil. Eines der für die Desinfektionspraxis wichtigsten (LiBoRIUS°®’, PFUHL *°) und dabei billigsten Desinfektionsmittel ist der Aetzkalk, Caleiumhydroxyd Ca(OH)s. 100 kg gebrannter Kalk (CaO) (entsprechend ca. 1000 kg Kalkmilch) kosten nur etwa 1,20 M. Der Aetzkalk wirkt nur durch seine Alkaleszenz; seine neutralen Salze, z. B. der bei Berührung mit atmosphärischer Luft durch CO;-Einwirkung entstehende kohlensaure Kalk, sind gänzlich unwirksam. Bei Aufbewahrung unter Luftabschluß bewahrt der Aetzkalk noch nach Jahren seine desinfizierende Wirksamkeit (v. ESMARcH #%a, AuUER#%b). Es empfiehlt sich jedenfalls, die Kalkmilch stets frisch zu bereiten; zu diesem Zweck geht man am besten in folgender Weise vor (PFuHL°): Zu 1 kg möglichst reinem gebrannten Kalk (Ca0) fügt man langsam 600 ccm Wasser hinzu, wobei das Caleiumoxyd in eine feine pulverige Masse von Caleciumhydrat (,ge- löschter Kalk“) zerfällt; zu dieser Masse, deren Volumen etwa 2 Liter be- trägt, werden dann 8 Liter Wasser hinzugefügt, wodurch man 10 Liter der sog. 20-proz. Kalkmilch erhält. Die Abtötung von Choleravibrionen in Kanal- jauche erfolgt bei einem Gehalt von 3 Promill. Aetzkalk mit Sicherheit in 15 Minuten (Dun#ar“). Tünchung mit Kalkmilch tötete die (an Seidenfäden angetrockneten und an Brettern fixierten) vegetativen Erreger von Tierseuchen (JÄGER #2) nach 2-stündiger Einwirkung; dagegen bleiben Milzbrandsporen und Tuberkelbaeillen selbst nach 3mal wiederholter Tünchung lebensfähig. Durch Erwärmung auf 50° kann der Effekt wesentlich gesteigert werden (CITRon *a). — Frisch bereitetes gesättigtes Kalkwasser wird von BEYER®® zur Wäsche- ee empfohlen (vgl. das betr. Kapitel im Abschnitt „Desinfektions- praxis“). 4. Neutralsalze. In den neutralen Halogensalzen der Alkali- und Erdalkalimetalle kommt der spezifische Charakter des betr. Metalls in analoger Weise zum Ausdruck, wie bei den Alkalien (v. LINGELSHEIM 2°); in Blutserum hemmt NaCl erst bei einem Zusatz von 1:12,5 die Entwicklung von Milzbrandbacillen, während der gleiche Effekt durch Lithionchlorid schon bei 1:500, durch CaCl; bei 1:50 eintritt. Besonders praktisches Interesse bietet die Frage, ob das Kochsalz in denjenigen Mengenverhältnissen, in denen es zum Einpökeln von Fleisch ver- wendet wird, imstande ist, die für diese speziellen Verhältnisse in Betracht kommenden Krankheitserreger unschädlich zu machen. Jedoch ist diese Frage leider nach den im wesentlichen übereinstimmenden Versuchen von FÖRSTER & DE FREYTAG*, STADLER“, PETTERSON®, TERNI® zu verneinen; selbst unter dieken Lagen von Kochsalz gingen nur Cholera- und sporenfreie Milzbrand- bacillen binnen etwa 24 Stunden zugrunde, während Eiterkokken, Typhus-, Schweinerotlauf- und Tuberkelbacillen, sowie Milzbrandsporen noch nach Wochen und Monaten resistent blieben. Vollständige Entwickelungshemmung konnte LEWANDOWwSKY4#% erst bei Konzentrationen von über 25 Proz. NaCl kon- statieren, bei KNO, selbst in gesättigten Lösungen nicht. Ebensowenig wirksam ist auch der Borax, der erst bei einem Gehalt von 1/s—2 Proz. entwickelungs- ‘'bemmend wirkt (RorıLy#); Cholerabacillen werden durch 5-proz. Lösung in Gelatine in 17 Stunden abgetötet (LEo & SOMDERMANN#®). — Das kiesel- fluorwasserstoffsaure Natrium (,Salufer“) hat keine nennenswerte anti- bakterielle Wirkung (JÄGER, VIQUERAT5®). „Pyrieit“, d. h. eine Mischung von Borfluorverbindungen mit Na;SO, ist nach PrIOoR & ZIKEs*°a in 2-proz. Lösung ein wirksames Desinfieciens. 474 E. GOTSCHLICH, 5. Säuren. Die Säuren desinfizieren im allgemeinen nach Maßgabe ihres elektrolytischen Dissoziationsgrades, d. h. im Verhältnis der Konzen- tration der in der Lösung vorhandenen H-Ionen; doch kommt da- neben der Flußsäure (HF]), der Salpetersäure (HNO,) und der Tri- chloressigsäure (CCl,.COOH) eine spezifische Wirkung zu, so daß diese drei letztgenannten Säuren viel stärker desinfizieren, als ihrem Dissoziationsgrad zukommt; doch tritt diese spezifische Giftwirkung mit steigender Verdünnung allmählich hinter der Wirksamkeit der H-Ionen zurück (PauL & Krönıs®, S. 511). Die starken Säuren, in absteigender Reihe Ueberchlorsäure (HC1O,), Bromwasserstoffsäure (HBr), Chlorwasserstoffsäure (HCl), Oxalsäure (COOH,) und Schwefelsäure (H,SO,) haben stark sporizide Wirksamkeit {Ab- tötung der Sporen binnen 5—8 Stunden durch Einfachnormalsäure). Die Schwefelsäure, die früher irrtümlich für die stärkste aller Säuren gehalten wurde, desinfiziert, entsprechend ihrem geringsten Dissoziationsgrad, von allen starken Säuren am schwächsten (Sporen- abtötung noch nach 8 Stunden unvollständig!). In scheinbarem Widerspruch hierzu steht eine Angabe KırTasaTos 9, wo- nach die Schwefelsäure erheblich wirksamer sein sollte als die Salzsäure; in- dessen erklärt sich dieser Widerspruch währscheinlich aus der abweichenden Versuchsanordnung KITAsATos, der die Keime nach beendigter Einwirkung des Desinficiens in Gelatine brachte und das Auswachsen bei Zimmertemperatur beobachtete; in der Tat erhielt auch BoER!® bei vergleichenden Versuchen mit dieser Methodik einerseits und mit Aussaat in Bouillon bei Bruttemperatur andererseits die scheinbare Ueberlegenheit der H,SO, im ersten, dagegen die stärkere Wirksamkeit der HCl im zweiten Falle; die Sache erklärt sich wohl so, daß die durch die Säurewirkung bereits geschädigten (aber noch nicht abgetöteten) Keime durch die geringen ihnen anhaftenden Schwefelsäurereste zwar bei Zimmertemperatur, nicht aber bei der für sie optimalen Bruttemperatur am Auswachsen verhindert werden, während die flüchtige HCl allmählich aus dem Nährsubstrat entweicht und somit nachträglich auch Entwicklung bei Zimmertemperatur gestattet. Die mittelstarken Säuren (als Phosphor-, Ameisen- und Essig- säure) desinfizieren, ihrem viel geringeren Dissoziationsgrade ent- sprechend, weit schwächer (noch nach 30 Stunden viele Sporen lebend!) — und gar die äußerst wenig dissoziierte Blausäure hat auch fast gar keine desinfizierende Wirksamkeit; desgleichen die Rho- danate (NIcoLAs & Dugırr %92). — Diese Resultate von PauL& Krönıs® scheinen auf den ersten Blick in direktem Widerspruch zu der früheren Angabe v. LINGELSHEIMS?? zu Stehen, nach welcher alle Säuren in äquimolekularen Mengen etwa gleich starke antibakterielle Wirksamkeit haben sollten: nämlich Entwickelungshemmung von Milz- brandbacillen im Rinderblutserum bei einem freien Säuregehalt von 40 cem Normalsäure auf 1 Liter Nährflüssigkeit und Abtötung vege- tativer Formen bei etwa dem Doppelten dieses Wertes. Dieser Wider- spruch zwischen den Resultaten PauL & Krönıcs® einerseits, v. Lin- GELSHEIMS?9 andererseits ist aber nur scheinbar und erklärt sich ein- fach durch die verschiedenen Konzentrationsverhältnisse in beiden Versuchsreihen; v. LINGELSHEIM?? hat mit etwa 12—25-fach ge-° ringeren Konzentrationen gearbeitet, und in solchen starken Ver- dünnungen gleichen sich die Unterschiede der Dissoziation mehr und mehr aus. — Ueber verschiedene Empfindlichkeit verschiedener Bak- terienarten gegen Acidität (und Alkaleszenz) vgl. Bd. I, S. 106. Desinfektionslehre. 475 über die verschiedene Wirksamkeit einer Säure auf Bakterien in saurem, neutralem oder alkalischem Substrat, je nachdem für die betreffende Art des Optimum der Reaktion beschaffen ist, vgl. oben S. 445. — Für die Desinfektionspraxis kommen nur die rohe Schwefel- säure und Salzsäure in Betracht (Preis 10 bzw. 8 Mark für 100 kg); auch ist ihre Wirksamkeit, in Anbetracht der zerstörenden Wirkung dieser Substanzen auf die zu desinfizierenden Objekte, sehr be- schränkt; stets müssen die Säuren in starkem Ueberschuß ange- wand? werden, da man mit einer teilweisen Bindung bzw. Zersetzung derselben durch das Substrat rechnen muß. Die schweflige Säure wirkt zwar in Lösung noch stärker als Schwefelsäure und Phenol; doch ist ihre praktische Verwendbarkeit durch ihre Flüchtigkeit und Reaktionsfähigkeit sehr beeinträchtigt (HarLer #9). — Änhangs- weise sei hier noch der in den letzten Jahren entdeckten Stick- stoffwasserstoffsäure (N,H) gedacht, deren (Na- und Ammon-)Salze starke entwickelungshemmende Wirksamkeit äußern (SCHATTENFROH®?). Von organischen Säuren ist für die Desinfektionspraxis zu erwähnen, dab Zitronensäure in der gewöhnlich zu Limonaden verwendeten Kon- zentration (6 Prom. Zitronensäure — 50 Prom. Rohrzucker) Cholera- bacillen in 15—30 Minuten, Typhusbacillen erst in 22—34 Stunden abtötet; durch gleichzeitige Einwirkung des Sonnenlichtes läßt sich die zur Abtötung dieser Erreger erforderliche Zeit. ganz wesentlich abkürzen, für Cholerabacillen auf 5 Minuten, für Typhusbacillen auf 11/,—2 Stunden (RıEGEL?VYa). — Noch sei kurz des „Irrigals“, eines trockenen Holzessigpräpararats, gedacht, das zwar antiseptisch, aber nur schwach bakterizid ist (MoELLER°0b, Burow ?0e). 6. Oxydationsmittel. Die Oxydationsmittel ordnen sich ihrer desinfizierenden Wirk- samkeit nach genau in derselben Reihe an, wie nach ihrem chemisch- elektrischen Verhalten (nämlich in absteigender Reihenfolge: Ueber- mangansäure = HMnO,, Ueberschwefelsäure = H,S;0,, Chlorsäure= HCI1O;,, Dichromsäure = H,Cr,0, und Salpetersäure = HNO,), mit einziger Ausnahme des Chlors, welches, im Gegensatz zu seinem che- mischer Verhalten, betreffend seiner antibakteriellen Eigenschaften an erster Stelle der ganzen Reihe steht (PauL & Krönıs®); offenbar wirkt dasselbe nicht nur als Oxydationsmittel, sondern hat außerdem noch seine spezifische Halogenwirkung (vgl. das nächste Kapitel). — Praktisch wichtig ist insbesondere, daß das Kaliumpermanganat schon in gewöhnlicher wässeriger Lösung sehr energische des- infizierende Wirkung hat (Abtötung der Milzbrandsporen durch 4-proz. Lösung schon binnen 15 Minuten, durch 2-proz. Lösung binnen 40 Minuten). Auch die Persulfate sind starke Desinfizientien und dabei ungiftig; WACKER°! fand das Ammonsalz in 1l-proz. Lösung etwa dreimal wirksamer als die Karbolsäure. — Das Wasserstoffsuperoxyd (H;0;) ist insbesondere von TRAUGOTT°? als energisches (und dabei billiges und ungiftiges) Desinficiens erkannt worden; vgl. betr. seiner Anwendung zur Trinkwassersterilisation in der „Allg. Prophylaxe“, S. 493. Die käufliche (etwa 3 Proz. H;O, enthaltende) Lösung vernichtet binnen 60 Minuten auch Milzbrandsporen (PauL & KRÖNIG®, ein Nachteil ist die leichte Zersetzlichkeit dieser Lösung bei längerem Auf- bewahren. In neuerer Zeit kommt das Wasserstoffsuperoxyd in zwei ver- schiedenen Formen als handliches und haltbares Präparat in den Handel: erstens als ca.- 30-proz. Lösung („Perhydrol“ Merck); eine 1-proz. 476 E. GOTSCHLICH, Lösung mit diesem Präparat hergestellt, bewirkt sichere Abtötung von Staphylo- kokken und Diphtheriebacillen bei 35° binnen 3 Minuten (SCHMIDT °?a); zweitens als festes Präparat, haltbar und billig, in Form der sog. „Pergenol“- Pastillen (SacHs°2b, CRONER°?c); letzteres Präparat stellt eine Mischung von Natriumperborat mit weinsaurem Na dar. — Als „Peroxole‘“ (BEck°?) werden Kombinationen von H;O0, mit anderen Desinfizientien (unter .\lkoholzusatz) z. B. mit B-Naphthol, Kampfer usw. bezeichnet (,Naphthoxol“, „Kampferoxol“); es sind das wasserklare (und mit Wasser beliebig in jedem Verhältnis mischbare) Flüssigkeiten, die ihrerseits in 5—l0-proz. Lösungen angewandt werden; diese letzteren Lösungen sollen etwa der 1-promill. Sublimatlösung gleichwertig, dabei ungiftig und bis zu 6 Monaten haltbar sein. — Unter den organischen Peroxyden sollen einige, wie z. B. das Diacetyl- und Benzoylacetyl-Peroxyd in Berührung mit Wasser (vermittelst Abspaltung der überaus wirksamen Acetyl- und Benzoyl-Hydrogen-Peroxyde) sehr erhebliche antibakterielle Effekte ent- halten. ja schon in Lösung von 1:3000 die widerstandsfähigsten Sporen binnen einer Minute abtöten (Novy & FREER®#). — Ueber Ozon vgl. im Kapitel „Gasförmige Desinfizientien“ — sowie über seine Verwendung zur Trinkwasser- sterilisation im Abschnitt „Allg. Prophylaxe“, S. 494. 1..Halogene. Das Chlor in wässeriger Lösung ist wohl das mächtigste gegen- wärtig bekannte Desinficiens, indem es schon in 0,2-proz. Lösung resistente Milzbrandsporen binnen weniger Sekunden vernichtet (Gep- PERT®>); in 0,03-proz. Lösung ist die Abtötung der Milzbrandsporen gleichfalls schon binnen 2 Minuten vollständig und selbst einer 0,006- proz. Lösung widerstehen nach 5 Minuten nur noch wenige Exemplare. Das Brom steht dem Chlor an Desinfektionskraft nur wenig nach (Abtötung sämtlicher Sporen durch 0,06-proz. Lösung in 2 Minuten); dagegen wirkt das Jod merklich schwächer (Abtötung durch 0,02- proz. wässerige Lösung selbst nach 5 Minuten unvollständig) und seine Wirksamkeit wird durch Jodkaliumzusatz (wahrscheinlich in- folge von Bildung komplexer Ionen) noch mehr herabgesetzt (PauL & Krönıs®, S. 72£.); immerhin ist nach Gore *l!a die Lucorsche Lösung in 0,01—0,05-proz. Konzentration noch ein sehr wirksames Des- inficiens. Wegen der sehr eingreifenden Schädigungen, welche alle organischen Substrate durch die freien Halogene erleiden, ist, die Anwendung der letzteren in der Desinfektionspraxis leider sehr be- schränkt. Ein weiterer Uebelstand ist der, daß die wässerigen Lösungen der Halogene nicht haltbar sind und sich, insbesondere bei Berührung mit organischen Substanzen, rasch zersetzen, wobei das Halogen durch die letzteren Substanzen vollständig in Beschlag ge- nommen und absolut unwirksam gemacht wird. Für praktische An- wendung ist es daher geraten, nur ganz frisch bereitete Lösungen, oder noch besser, das Chlor in statu nascendi anzuwenden. Für diesen Zweck benutzten Pauvr & Krönıs sehr zweckmäßig eine Lösung von KMnO, mit Salzsäurezusatz; in dieser Lösung braucht die Konzentration des Chlors gar nicht einmal eine sehr hohe zu sein, da das bei der Desinfektion durch chemische Bindung ver- brauchte Chlor sofort wieder durch neu entstehendes ersetzt wird. Betreffend der desinfizierenden Wirkung wird eine solche kombi- nierte Lösung (1 Proz. KMnO, + 0,9 Proz. HC]) selbst von einer >-proz. Sublimatlösung nicht erreicht, da sie Milzbrandsporen binnen 2 Minuten mit Sicherheit abtötet. PBetreffs der Verwendbarkeit einer solchen Lösung zur Händedesinfektion vgl. weiter unten im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. — Aehnlich läßt sich durch Zusatz von Bromkalium zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten Kalium- Desinfektionslehre. 477 bromatlösung, wodurch Brom freigemacht wird, eine desinfizierende Lösung herstellen, die Milzbrandsporen fast augenblicklich abtötet. Chlorkalk [bestehend aus einem Gemisch von CaCl,, Ca(OH), und Ca(ClO),] gibt bei Behandlung mit Säuren, und auch schon mit der atmosphärischen CO, unterchlorige Säure ab, die dann ihrerseits freies Cl abspaltet; nach Jäger#? und Nissen 56 töten seine Lösungen schon in Konzentration von 0,1—0,2 Proz. vegetative Formen in 2—5 Minuten; doch wird seine Wirksamkeit in eiweiß- oder salz- haltigen Medien stark herabgesetzt, z. B. werden Typhusbacillen in Faeces durch 1 Proz. Chlorkalk erst in 10 Minuten abgetötet. Hier sei auch nochmals an die prompte bakterienauflösende Wirkung des „Antiformins“ (Gemisch von Natronlauge und unterchlorigsaurem Natron) gedacht; vgl. Bd. I, S. 80. Jodtrichlorid (JCl,) ist ein außerordentlich energisches Des- inficiens und kommt nahezu der Wirkung des freien Chlors gleich (RıspeL5?, BEHRING?a, TraucorT>2, v. TaveL & TscHircH 58); Cholera- bacillen werden durch Lösungen von 1:2000 in 1 Minute, Milzbrand- sporen durch 1 Proz. JCl, fast momentan abgetötet; diese Wirk- samkeit erfährt auch in eiweiß- und salzhaltigen Medien nur geringe Abschwächung (Cholera- und Typhusbacillen in Faeces schon durch 1-prom. Lösung in 15 Minuten abgetötet). Ueber die desinfizierende Wirksamkeit der Halogene in Gasform vgl. das letzte Kapitel dieses Abschnitts. 8. Kohlenstoffverbindungen der aliphatischen Reihe. Kohle, in feingepulvertem Zustand auf Kulturen des Tuberkelbacillus aufgestreut, zeigte keinerlei antibakterielle Wirkung (PAPAsoTIrıu 6%). Des- gleichen sind die Kohlenwasserstoffe vollständig unwirksam, wie z. B. von PAPAsoTIRIoU 0b betr. des Petroleums gegenüber Diphtheriekulturen, sowie von DAHMEN 6% betr. der sog. „Vasogene“ (d. h. Vaseline, in welcher durch Imprägnation mit Sauerstoff unter Druck alle oxydablen Stoffe oxydiert sind) gegenüber Choleravibrionen festgestellt ist. (Dagegen geben die „Vasogene“ in Verbindung mit anderen Desinfizientien recht gut wirksame Emulsionen; so tötet das 0,2-proz. Kreosotvasogen Typhusbaecillen in 5 Minuten — das 3-proz. Kreolinvasogen Eiterkokken fast augenblicklich). Der gewöhnliche Aethylalkohol (C,;H,.OH) entfaltet bereits in sehr schwachen Konzentrationen (deren Wirkung zum ersten Male von Wırcım #2 eingehend untersucht worden ist) entwickelungs- hemmenden Einfluß; die Wirkung beginnt bereits bei 0,1 Proz., doch sind fast alle Bakterienarten noch bei einem Alkoholgehalt des Nährbodens von 5 Proz. entwickelungsfähig, vereinzelte Arten noch bei 7—8 Proz., keine bei 10 Proz. Der Alkohol wird besser ver- tragen, wenn er zu der bereits in Entwickelung begriffenen Kultur hinzugesetzt wird, als wenn die Aussaat direkt in das alkoholhaltige Medium erfolgt. — Sporen vermag bei gewöhnlicher Temperatur weder absoluter noch verdünnter Alkohol abzutöten; R. Kocm? fand Milzbrandsporen selbst nach mehrmonatlichem Liegen in absolutem Alkohol vollkommen ungeschädigt. Siedende Alkohol (Methyl-, Aethyl- und Propylalkohol) sind in ihrer Wirkung auf die im Rohcatgut vorkommenden Sporen von SauL63 untersucht; es ergab sich, daß der Desinfektionswert siedender absoluter Alkohole gleich Null ist, während wasserverdünnte Alkohole innerhalb gewisser Kon- zentrationsgrenzen eine. ziemlich gleichbleibende sporizide Wirksam- keit haben; steigt jedoch die Alkoholkonzentration über einen ge- 478 E. GOoTScHLICH, wissen kritischen Punkt (beim Methylalkohol zwischen 40 und 50 Proz., beim Aethylalkohol zwischen 80 und 90 Proz., beim Propylalkohol zwischen 90 und 100 Proz. gelegen), so sinkt der Desinfektionswert des siedenden Gemisches rasch auf Null herab. Die höchste Wirk- samkeit entfaltet der siedende Propylalkohol bei 11—40 Proz. Kon- zentration. — Eine analoge Abhängigkeit der desinfizierenden Wirk- samkeit’von der Konzentration war gegenüber den vegetativen Formen schon früher von Ersteın®* gefunden worden; absoluter Alkohol ist gegenüber angetrockneten vegetativen Keimen absolut wir- kungslos; unter den verschiedenen Verdünnungen übt der 50-proz. Alkohol die stärkste desinfizierende Wirkung aus. Bestätigungen dieser Angaben wurden von MINERVINI®®, BERTARELLI®®, SALZWEDEL & Eıswer 67, BarsıEekow 68 und WeıcL6? (von letzteren beiden Autoren auch für den Methylalkohol) erbracht. Gegenüber Bakterien in feuchtem Zustande jedoch ist ein solcher Unterschied verschiedener Konzentrationen nicht wahrzunehmen (WINcKLEr’®, Hansen 7%), auch absoluter Alkohol wirkt hier bakterizid, wie schon von Yersın 'i segenüber Tuberkelbacillenreinkulturen nachgewiesen wurde (die in 5 Minuten absterben), sowie von SCHILL & FIscHEr"? betreffs tuber- kulösen Sputums (in einer Mischung aus 1 Teil Sputum — 4 Teile absoluten Alkohols in 24 Stunden abgetötet), desgleichen von AHL- FELD & VanHLeE'?a, BarsIEKow#® betreffs mit Eiter infizierten be- feuchteten Seidenfäden (Sterilisation in 2 Minuten) konstatiert ist. Der absolute Alkohol wird eben innerhalb des Desinfektions- objektes selbst durch das in demselben enthaltene Wasser verdünnt und dadurch wirksam gemacht. Der Unterschied des Desinfektionswertes zwischen verdünntem und abso- lutem Alkohol erklärt sich wohl in erster Linie in derselben Weise (nach physikalisch-chemischen Prinzipien) wie die analogen Differenzen in der Wirk- samkeit von anderen chemischen Desinfizientien und von Farbstoffen in ver- dünnten und absoluten alkoholischen Lösungen. Außerdem aber spielt wahr- scheinlich noch der Umstand mit, daß bei Anwendung stark konzentrierten Alkohols durch die eiweißfällende Wirkung des letzteren in den äußeren Bak- terienschichten des Desinfektionsobjekts eine undurchdringliche Schicht ge- schaffen wird, welche die tieferen Schichten vor dem Eindringen des Alkohols schützt; in der Tat konnte WEIGL$6° nachweisen, daß in Parallelversuchen mit 80—90-proz. Methylalkohol in den geschüttelten Proben (in denen natürlich die Ausfällung in dieckeren Klumpen und die Bildung einer Schutzschicht hintange- halten wird) die Keimtötung sehr viel rascher eintrat als in ungeschüttelten Proben. Seinem praktischen Desinfektionswerte nach stellt sich der 50-proz. Alkohol etwa in die Mitte zwischen die 1-prom. Sublimat- und die 3-proz. Karbollösung; vor beiden hat er den Vorzug voraus, dab er viel weniger giftig ist und daß seine Wirksamkeit durch alkalische oder saure Zusätze nicht nur nicht abgeschwächt, sondern sogar erhöht wird (SALZWEDEL & ELsnER6T, WeıcL$9). Gegenüber in Serum angetrockneten Keimen fand Wırcın 62b den Alkohol sogar wirksamer als die 2-prom. Sublimatlösung. Dagegen beruht die Des- infektionswirkung des offizinellen Seifenspiritus (BArsıEkow ®) nur auf seinem Alkoholgehalt (43 Proz.); Staphylokokken und Pyo- cyaneus werden in feuchtem Zustand in 2 Minuten, angetrocknet in 5 Minuten sicher abgetötet. — Vgl. über die Anwendung des Alkohols und des Seifenspiritus zur Händedesinfektion das betreffende Kapitel im Abschnitt „Desinfektionspraxis“. — Betreffs Alkohol- dämpfen siehe im Schlußkapitel dieses Abschnitts. Desinfektionslehre. 479 Die desinfizierende Wirksamkeit höherer Alkohole (und Aldehyde) wächst mit steigendem Molekulargewicht (Wırcın ®?b, STADLER la), Aceton und Aether töteten in R. KocHs? Experimenten einen Teil der dem Versuch unterworfenen Milzbrandsporen nach 5 bzw. 38 Tagen; nach 30 Tagen war der Effekt beim Aether ein vollständiger. Betreffs der organischen Säuren vgl. das oben im Kapitel „Säuren“ Gesagte (S. 474). Formaldehyd (H.COH), der Aldehyd der Ameisensäure, hat in den letzten Jahren eine ganz außerordentliche Bedeutung als Desinficiens erlangt; seine 40-proz. wässerige Lösung kommt unter dem Namen „Formalin“ in den Handel. (Im folgenden sind alle quantitativen Angaben auf diese käufliche Lösung, nicht auf das gasförmige Formaldehyd, bezogen; um die Formalinprozente in entsprechendeFormaldehydkonzentrationen umzurechnen, muß man die betreffende Ziffer mit 0,4 multiplizieren!) Dieentwickelungs- hemmende Wirksamkeit des Formalins (zuerst von Lorw & FISCHER ??, sowie BUCHNER & SEGALL’* entdeckt) ist außerordent- lich stark, selbst in eiweißhaltigen Flüssigkeiten; so fand Trırrar?5 in Fleischwasser merkliche Wirkung schon bei einem Zu- satz von 1:50000, vollständige Entwickelungshemmung bei 1:12000, desgleichen Warrter ‘6 in Gelatinenährböden bei 1:10000, nach SLA- TER & RıpeaL'? tritt die völlige Entwickelungshemmung in Bouillon für verschiedene Arten bei sehr verschiedenen Konzentrationen ein, so z. B. für Cholera- und ‚Rotzbacillen schon bei 1:20000, dagegen für Staphylococc. pyg. aur. erst bei 1:5000. In eigentümlichem Kontrast mit dieser stark entwickelungshemmenden steht die relativ viel geringere bakterizide Wirksamkeit. In 2,5-proz. For- malinlösung in Bouillon starben zwar sporenfreie Milzbrandbacillen und Choleravibrionen in weniger als 15 Minuten, Staph. pyog. aur. aber erst zwischen 50 und 60 Minuten ab (SLATER & RipEauL'”); 5 Proz. Formalinzusatz tötet den gelben Eitercoccus in Bouillon auch erst in 30—35 Minuten (Brum '8, AscoLı®0). (An Seidenfäden ange- trocknete Eiterkokken sollen nach GEGNER’? durch 2,5-proz. For- malinlösung schon in 1 Minute abgetötet werden.) Durch mäßige Er- wärmung (bis 35—38°) läßt sich zwar die Wirksamkeit steigern, aber doch nicht in genügendem Maße, um das Formalin zu einer für chirurgische Zwecke erforderlichen Schnelldesinfektion brauchbar er- scheinen zu lassen, indem auch bei 38° und selbst bei Anwendung 10-proz. Formalinlösungen Sterilität binnen 5 Minuten nicht mit Sicherheit zu erreichen ist (VANDERLINDEN & DE Buck8!). — Milz- brandsporen werden durch 12,5—15 Proz. Formalin bei Zimmer- temperatur in etwa 1!/, Stunden vollständig abgetötet (PortEvin ®?, PauL & Krönıs®); bei 35° erfolgt die Abtötung in 30 Minuten, bei 92° in 5 Minuten (Portevin); auch nahezu reines Formalin (von 35 Proz. Formaldehydgehalt) vermochte in den Versuchen von PavL & Krönıse nicht, sämtliche Milzbrandsporen in 10 Minuten (wohl aber in 60 Minuten) abzutöten; auch durch Kochsalzzusatz läßt sich die Wirkung nicht steigern. — Ungleich bedeutsamer ist für die Praxis die desinfektorische Wirksamkeit der Formalindämpfe ge- worden, worüber vgl. im letzten Kapitel dieses Abschnitts. Des Zusammenhangs halber seien auch hier sogleich einige Desinfektions- präparate erwähnt, die sich vom Formaldehyd ableiten bzw. deren Desinfektions- wert auf ihrem Formaldehydgehalt beruht. So z. B. das „Lysoform“, das eine 480 E. GOTSCHLICH, parfümierte, konzentriert-alkoholische Kaliseifenlösung, mit Formalin gesättigt, darstellt. Nach den Untersuchungen von ÜRAMER°®®, HAMMER®#, [ELSNER®, SEIDEWITZ 8, SYMANSKI°®' und GALLI-VALERIO°®’a ist die desinfizierende Wirk- samkeit des Präparats nur eine mäßige und nach A. PruHL®® in 3-proz. Lösung etwa derjenigen der 5-proz. Karbolsäure an die Seite zu stellen; chirurgische Verbandsstoffe, die mit Eiter infiziert waren, erwiesen sich selbst nach acht- stündigem Aufenthalt in 3-proz. Lysoformlösung nicht als mit Sicherheit steri- lisiert. Durch Erwärmung auf 50° läßt sich die Wirksamkeit des Lysoforms so steigern, daß 1-proz. Lösungen vegetative Keime binnen 1 Minute mit Sicher- heit abtöteten (SCHNEIDER ®%2). Empfehlenswerte Eigenschaften des Lysoforms sind seine prompte desodorisierende Wirkung und der Mangel von Aetzwirkung auf Hände und Instrumente. Das billigere „Rohlysoform‘“, das sich von dem vorstehenden Präparat nur durch den Mangel an ätherischen Oelen unter- scheidet, hat dieselbe desinfizierende Wirksamkeit wie das Lysoform (STRÖSZNER®®b). Eine andere Formalinseife (Ham) und das sog. „Septoforma“ sind von KOoKUBoS9 untersucht; wie beim Formalin selbst ist die Wirksamkeit dieser Präparate gegenüber Milzbrandsporen sehr viel erheblicher als gegen Eiter- kokken; in ersterer Beziehung sind die genannten Präparate gleichkonzentrierten Karbollösungen bei weitem . überlegen, während sie gegenüber den Eiterkokken sehr weit hinter der Wirkung der Karbolsäure zurückbleiben. Hierher gehören ferner „Sapoformol“ (STÜBEN®?e) und „Morbicid‘ (SCHNEIDER 3%a, SELIG- MANN °4b, TÖPFER ®c, KÜSTER %d); letzteres Präparat — auch in einer billigeren Form als „Morbicid technisch“ hergestellt (v. BöHm®°a, KESSLERSb) — ist eine Harzseife von etwa 12 Proz. Formaldehydgehalt und wirkt (bei etwa 3mal geringerem Formaldehydgehalt) trotzdem ebenso energisch desinfizierend und dabei viel weniger giftig und ätzend als das 40-proz. Formalin. Ein recht wirksames Präparat ist ferner das „Para-Parisol“ (eine Verbindung von Formaldehyd mit verseiften Naphthochinonen von ca. 12 Proz. Formaldehydgehalt), das Milzbrandsporen in 3-proz. Lösung binnen 2 Stunden abtötet (HoLZAPPEL*®®a), Die durch Einwirkung von Formaldehyd auf Phenol erhaltenen, als „Sali- genin” und „Eugenoform“ bezeichneten Präparate haben nur mäßig bak- terizide Wirksamkeit (G. Coun®2a); Cholerabacillen werden durch 2-proz. Saligenin erst in 1/, Stunde abgetötet. Das „Melioform“ (MEYER S°b, GALLI-VALERIO®®e) stellt eine Kombination von 25 Proz. Formaldehyd mit 15 Proz. essigsaurer: Tonerde dar; vgl. auch betr. „Formeston“ oben S. 472. Endlich sei hier noch der — von BEHRING®®d speziell für die Abtötung von Tuberkelbaeillen in Milch vorgeschlagenen — Kombination von H20? + Formaldehyd = Sufo- nin“ gedacht. — - Von den übrigen Aldehyden ist das Acrolein (Allylaldehyd) zu nennen, das (in Lösungen von !/,—1 Proz.) dem Formaldehyd sogar überlegen sein soll (Koch & FucHs°°); seiner Verwendung in der Desinfektionspraxis dürfte je- doch die starke Giftigkeit des Präparats im Wege stehen. Unter den Halogensubstitutionsprodukten der Kohlenwasserstoffe ist zu- nächst das Chloroform (CHCl,) zu erwähnen. Auf Milzbrandsporen ist zwar dasselbe ohne jeden Einfluß (R. KocH°); dagegen vermag es sporenfreie Mikroben in relativ kurzer Zeit zu schädigen (SALKOWSKI°®!); durch gesättigtes Chloroformwasser werden selbst Massenkulturen von Cholerabaeillen binnen l Minute abgetötet; die Abtötung geht ohne tiefgreifende : chemische Um- setzungen vor sich, insbesondere bleiben die der Leibessubstanz des Cholera- vibrio selbst angehörigen „primären Giftstoffe“ desselben (R. PFEIFFER) hierbei intakt. Auch Chloroformdämpfe besitzen energische antibakterielle Wirkung (BuCHNER & SEGALL'#). Nach KIRCHNER®? eignet sich das Chloroform treff- lieh zur Sterilisierung eiweißhaltiger Flüssigkeiten, z. B. Blutserum; ein Chloro- formzusatz von 1—2 Proz. genügt, um das Serum dauernd steril zu erhalten und beeinträchtigt dabei keineswegs die übrigen Eigenschaften desselben; vor dem Gebrauch des Serums (als Nährsubstrat) läßt sich das Chloroform leicht durch mäßiges Erwärmen (bis 40—50°) verjagen. Sehr bemerkenswert ist, daß die desinfizierende Wirksamkeit des Chloroforms streng an die Gegenwart von Wasser (wenn auch nur kleiner Mengen!) gebunden ist (Lossen >). Das Chloralhydrat hat eine etwa dreimal geringere antibakterielle Wirksamkeit als das Chloroform. — Eingehende Besprechung verdient: 9. Jodoform und seine Ersatzmittel. In auffallendem Gegensatz zu der aus der chirurgischen Praxis seit langer Zeit bekannten günstigen Wirkung des Jodoforms als Desinfektionslehre. 481 Streupulver für eiternde und jauchige Geschwürsflächen, sowie be- sonders bei tuberkulösen Prozessen steht die Tatsache, daß seine bak- terizide Wirksamkeit nur eine ganz geringeist. Bereits bei Ver- suchen in vitro (sei es mit feiner Verteilung des Jodoforms im Nähr- boden, sei es mit Aufpuderung desselben auf die Bakterienaussaaten) bleiben die meisten Arten völlig ungeschädigt. Prompte Abtötung er- folgt nur beim Choleravibrio (A. NEISSERY®, BucHner?); Tuberkel- bacillenkulturen werden erst nach 2—3-wöchentlichem Kontakt mit Jodoformpulver oder nach 30—50-tägiger Einwirkung von Jodo- formdämpfen abgetötet (Tıranus??, TRoJsE & TangL?®, WAGNER), wobei der definitiven Abtötung ein Stadium der Abschwächung voraufgeht. Anderen Bakterienarten gegenüber ließ sich höchstens eine gewisse Entwickelungshemmung beobachten, wie sie z. B. von Benrıng 1002 gegenüber dem Staphylococc. pyog. aur., von A. NEISSER? gegenüber Milzbrand- und Mäuseseptikämiebacillen, von KronAcHEr!"! für Rotz-, von Anastassorrl!1# für Diphtheriebacillen festgestellt wurde. Noch andere Beobachter, wie Hryv & Rovsına 102, Baum- GARTEN103, Kunz!02, pe Ruyrter105, SCHNIRER 106, SEnGER10T, Kar- LInsk1108, MerTEns109 hatten völlig negative Ergebnisse. (Nach Foxsecat10 sollen stärkere antibakterielle Wirkungen hervortreten, wenn das Jodoform nicht als feines Pulver in Kulturmedien verteilt, sondern dem letzteren in Aceton gelöst zugesetzt wird.) Wenn schon die Versuche in vitro eine so geringe direkte antibakterielle Wirk- samkeit des Jodoforms ergeben, so ist natürlich noch viel weniger eine Abtötung von Infektionserregern im lebenden Organismus zu er- warten: in der Tat sprechen die Versuche sämtlicher Beobachter (Rovsına!1l, LüsgerT!!2, BAauUMmGARTEN & Kunz, TrosE & TanGL) durchaus in diesem negativen Sinne, selbst wenn das .‚odoform, wie in den letztgenannten Versuchsreihen (l. c.) dem infektiösem Material in 40—100-facher Menge beigemischt war! — Wie erklärt sich nun unter diesen Umständen die eminent fäulniswidrige Eigen- schaft des Jodoforms in Wunden, Geschwüren usw.? Diese Wir- kung ist nach BenrınG10%a darauf zurückzuführen, daß das Jodo- form durch die bei der Fäulnis auftretendenReduktions- prozesse unter Jodabspaltung zerlegt wird; die hierbei entstehenden löslichen Jodverbindungen wirken einerseits schä- digend auf die Fäulniserreger — andererseits paaren sie sich mit den seitens der Erreger gelieferten Ptomainen zu ungiftigen reizlosen Ver- bindungen, wie das Benrına 100 für das Kadaverin direkt beweisen konnte. — Diese Zersetzung des Jodoforms tritt aber nicht bloß bei Berührung mit faulenden Stoffen ein, sondern es genügt hierzu nach Schmipr 43 schon die Einwirkung normaler Körperflüssigkeiten bei Bruttemperatur (z. B. Blut, Hydrocelenflüssigkeit, Urin, Leuko- cyten usw.), wobei die Jodabspaltung wahrscheinlich im wesentlichen durch den basischen Hexonkern des Eiweißmoleküls bewirkt wird. Nach Heıres!13a Versuchen mit Organbrei geht die Zersetzung des Jodoforms nur bei Luftabschluß durch die reduzierenden Bestandteile der Körperzellen vor sich; die desinfektorisch wirksame Substanz und übrigens auch das toxische Agens bei der Jodoformvergiftung ist Dijodacetyliden, eine Verbindung, die an desinfizierender Wir- kung sogar ‘das Sublimat übertrifft. — Die aus der chirurgischen Praxis bekannte spezifische Heilkraft des Jodoforms bei tuberkulösen Prozessen erklärt sich wahrscheinlich durch Reizwirkung des Jodo- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. IIl. 3 482 E. GoTSCHLICH, #7 forms (bzw. des abgespaltenen Jods) auf das tuberkulöse Gewebe (v. STUBENRAUCH 115), Ein Uebelstand, der die praktische Anwendung des Jodoforms (insbesondere aus gewissen gesellschaftlichen Rücksichten) erschwert, ist sein penetranter und überaus charakteristischer Geruch, der sich auch durch künst- lich zugesetzte Duftstoffe wie Cumarin und Teerprodukte (,Jodoformbituminat“ hat zudem gewebsreizende Wirkung!) nicht ganz verdecken läßt. Man suchte demnach geruchlose Jodoformersatzmittel zu schaffen, indem man das Jodoform in Doppelverbindungen mit anderen Körpern überführte, aus denen sich die wirksame Substanz bei Berührung mit lebenden Geweben und Körperflüssig- keiten wieder abspalten sollte. So gelangte man durch Paarung des Jodoforms mit Hexamethylentetramin zum „Jodoformin“ = (CH;); . N, . CHJ;, sowie durch Paarung mit Aethyljodid zum „Jodoformal“ = 0,H,J . CHJ;3. Beide Präparate sollen zwar in vitro stärker wirken als Jodoform (REUTER !!6), aber geruchlos sind sie keineswegs, da sie schon bei Berührung mit Wasser in ihre Komponenten zerfallen. Neuerdings wird als bestes Ersatzmittel das „Novo- jodin“ (= Hexamethylentetramindijodid) gerühmt, das im Gewebe Jod und Formaldehyd abspaltet und wirksamer ist als Jodoform, dabei billig und ge- ruchlos (PoLLannp''a, ENGLING"*b, JanKku"); für die Anwendung auf zarten Schleimhäuten wird das Präparat zur Verhütung von Aetzwirkung mit Bolus alba vermischt. Ferner sind von Jodoformeiweißverbindungen KrROoMAYERS!!'" „Jodoformogen“, sowie DIETERICHS „Eigone“ zu nennen; betr. letzterer Präparate vgl. die günstigen bakteriologischen Resultate von ÜRZELLITZER !!8 und FISCHER & BEDDIES !!?”. — Andere Forscher wandten sich der Aufgabe zu, jodierte aromatische Verbindungen zu finden, die in ähnlicher Weise wie Jodoform bei Berührung mit dem lebenden Gewebe Jod abspalten und die durch ihre physikalischen Eigenschaften befähigt wären als Wundstreupulver zu dienen; vielfach kamen sogar ganz äußerliche Aehnlich- keiten (insbesondere die gelbe Farbe!) eines Präparates in Betracht. Unter der Menge solcher Präparate, die in den letzten Jahren angepriesen wurden, ist unzweifelhaft manches Brauchbare, während wiele andere Substanzen die ge- stellten Erwartungen nicht erfüllt haben. Vgl. auch das zusammenfassende Referat von W. ScHmıpr!20, Ganz allgemein läßt sich sagen (S. FRÄNKEL 121, S. 395ff.), daß unter den jodierten Substitutionsprodukten der Phenole, Phenol- karbolsäure und ihrer Ester nur diejenigen als Jodoformersatz dienen können, die das Jod leicht abspaltbar in der Seitenkette enthalten, nicht aber die im Kern jodierten Verbindungen; natürlich können letztere (wie z. B. das Trijod- kresol) durch ihren aromatischen Kern (Kresolgruppen) sonstige antiseptische Wirkungen ausüben. Von diesem Gesichtspunkt aus ist es zu verstehen, daß das „Aristol“ (= Dithymoldijodid) HELLER !2?) und das „Europhen“ (= Iso- butylorthokresolfodid) (CHRISTMANN 123) brauchbare Jodoformersatzmittel sind und auch bei Versuchen in vitro sich ähnlich wie Jodoform verhalten; dagegen sind z. B. das „Sanoform“ (= Dijodsalicylsäuremethyläther) (SCHLESINGER 124), das Loretin (—Meta-Jodorthoxychinolinanasulfosäure), sowie das „Nosophen (= Tetrajodphenolphthalein) und sein als „Antinosin“ bezeichnetes Na-Salz (LıiEven 125) unfähig im Organismus Jod abzuspalten; dasselbe gilt auch von „S0ozojodol“ (= Dijodparaphenolsulfosäure), das schon als Säure, und noch viel weniger als Neutralsalz (mit Na oder K), nur sehr geringe antiseptische Wirkung hat (LÜBBERT!!"b), während die energische Wirksamkeit seines Hg- Salzes (SrirıG!26) selbstverständlich nur auf dem Hg-Gehalt beruht. — Da- gegen scheinen im Kern jodierte Pyrrole und Thiophene zur Jodabspaltung im Organismus befähigt zu sein; in ersterer Beziehung sei das „Jodol“ (= Tetra- jodpyrrol) genannt, das jedoch nach RıEDLIN!?? nur sehr geringen Wert hat; andererseits das Thiophendijodid (SPIEGLER 28) bei dem Jodabspaltung im Organismus (durch Harnuntersuchung!) direkt nachgewiesen und das schon in vitro, mehr noch in Wunden, antibakteriell wirksam ist. Eine erhebliche Tiefen- wirkung wird dem „Isoform“ (= Parajodoanisol) nachgerühmt (WINTERBERG). Endlich sind unter den Jodoformersatzmitteln noch gewisse Wismutsalze zu nennen; so zunächst das „Airol“ (eine basische Wismuth-Oxyjodidverbin- dung), das nach HÄGLErR!?? schon in feuchter Luft, mehr noch in Berührung mit dem lebenden Gewebe Jod abspaltet und in vitro sich ganz analog verhält wie Jodoform (auch hier sind Choleravibrionen am empfindlichsten!). Andere Bisalze, wie z. B. das „Dermatol“ (= basisch-gallussaures Bi) (ROHRER 13%) oder das „Xeroform“ (= Bi-Tribromphenylat) (HrssE!3%, DRÄER!??) ent- halten gar kein Jod.und können daher lediglich in ihrer Eigenschaft als Wund- Desinfektionslehre. 483 streupulver, nicht aber nach ihrer chemischen Wirkung, als Jodoformersatz be- zeichnet werden. Letzteres gilt auch von dem „Ichthoform“ (= Thiohydro- carbur-sulfon-formaldehydat.) einem schwarzbraunen unlöslichen Pulver, das durch Formaldehyd-Abspaltung wirkt und bereits in vitro ziemlich bedeutende ent- wickelungshemmende Wirksamkeit zeigt (AUFRECHT!?1, RABOowW & GALLI-VALE- RIo132); desgleichen von dem „Almatein“, einem Hämatoxylin-Formaldehyd- präparat (VEnus132a); hierher gehört endlich auch das „Gallicin“ (= Gallus- säure-Methyläther) (MErZz 135). 10. Phenol (Karbolsäure) und Kresole. Dem Benzol (Benzin), O,H,, kommt nur eine gewisse entwicke- lungshemmende (CUmassevant 136), nicht aber bakterizide Wirkung zu (Rurpp137); Milzbrandsporen erwiesen sich selbst nach 20-tägigem Aufenthalt im Benzol völlig ungeschädigt (R. Koch?). Das Phenol (Karbolsäure), C,H;.OH, spielt in der Desinfek- tionspraxis eine ganz hervorragende Rolle. Zwar steht seine desinfi- zierende Wirksamkeit weit hinter derjenigen des Sublimats zurück; auch ist die Karbolsäure ziemlich teuer, übelriechend und giftig (in den zur Anwendung gelangenden 3—5-proz. Lösungen sogar weit stärker giftig als die 1-prom. Sublimatlösung!) und erzeugt auf der menschlichen Haut zuweilen Aetzwirkungen (Parästhesien, sogar Gangrän); doch werden alle diese Nachteile reichlich aufgewogen durch die große Zuverlässigkeit, mit der die Karbolsäure unter allen Umständen und unbeirrt durch andere in der Desinfektionsflüssig- keit vorhandene Substanzen (Eiweißkörper, Salze, Alkalien, Säuren) ihre Wirkung ausübt. Im vorteilhaften Gegensatz zu den meisten anorganischen Desinfizientien (insbesondere den Metallsalzen) besitzt nämlich die Karbolsäure eine sehr feste, nur schwierig angreifbare chemische Konstitution, und die wenigen Verbindungen, welche die Karbolsäure mit Säuren oder Alkalien bildet, wirken selbst wieder desinfizierend. In eiweißhaltigen Flüssigkeiten tritt zwar unter der Einwirkung von Phenol und Kresolen auch eine Ausfällung ein, je- doch sehr langsam, erst binnen Stunden oder Tagen (SCHÜRMAYER !#1), In nicht ganz reinen Phenolpräparaten tritt unter dem Einflusse des Lichtes Rotfärbung ein, die jedoch für die desinfizierende Wirkung belanglos ist. — Entwickelungshemmung zeigt sich erst bei einem Karbolgehalt des Nährsubstrats von 1:1250 und wird vollständig bei 1:850 (R. KocH?). Vegetative Formen der verschiedensten Krank- heitserreger werden durch 3-proz. Karbolsäure ausnahmslos in 8 Se- kunden abgetötet (GÄRTNER & PLaccE!#2),; diese Konzentration ist daher für die gewöhnliche Desinfektionspraxis vollständig aus- reichend. — Abtötung von Milzbrandsporen läßt sich bei gewöhn- licher Temperatur selbst durch Einwirkung 7-proz. Karbolsäure — (in größerer Menge löst sich Phenol in Wasser nicht auf) — und bei einer Einwirkungsdauer von 38 Tagen nicht mit Sicherheit erreichen (GEPPERT143); vgl. analoge negative Resultate betr. 5-proz. Karbol- lösung bei GurTtmann & MERKE!#; auch durch unverdünntes Acid. carbol. liquefactum (von ca. 90 Proz. Phenolgehalt) läßt sich kein stärkerer Fffekt erzielen (Krönıs & Paur®); immerhin zeigt sich nach 24-stündiger Einwirkung der 24-stündigen Lösung ein großer Teil der Sporen abgetötet. Dagegen läßt sich durch Erwärmen auf 370 der desinfektorische Effekt der Karbolsäure so verstärken, daß sichere Abtötung sämtlicher Sporen in 5-proz. Lösung binnen 3 Stun- den, in 4-proz. nach 4 Stunden, in 3-proz. nach 24 Stunden eintritt 484 E. GOTSCHLICH, (NocHt!#). Auch durch Zusatz von Salzsäure und Weinsäure (LaPpLAacEi%b, JÄGER ??), sowie insbesondere durch NaCl und Neutral- salze läßt sich die Wirksamkeit der Karbolsäure sehr steigern; da- gegen wirkt jeder Alkoholzusatz ungünstig und Karbollösungen in absolutem Alkohol sind völlig unwirksam (vgl. oben S. 451f.). Ueber die sogenannten „Karbolsäuretabletten“ vgl. unten 488. Die drei isomeren Kresole C-CH, C-CH, C-CH, Rn FETT N HC 'C-OH HC. CH S na | | | | HC Is HC cC:oH HC CH z a Nez CH CH C-OH Orthokresol (1-2) Metakresol (1-3) Parakresol (1-4) sind in reinem Zustande von Ü. FrÄnkEL12l, BuTTErsack 146, ScHürz1!48, GrUBER!D?, HAMmMERL1!#Tb, SCHNEIDER!57, SEeyBoLp158, so- wie in Form des als „Trikresol‘“ (ScHErınG) bezeichneten Gemisches von Hammer !#’a, BRronsTEIn 149, OEHMICHEN1°0 untersucht worden. Dieselben sind der Karbolsäure an desinfizierender Wirksamkeit be- deutend überlegen (vegetative Formen durch 1 Proz. Ortho- und Parakresol schon in 1 Minute getötet, noch rascher durch Meta- kresol!), insbesondere in eiweißhaltigen Flüssigkeiten, aber aller- dings auch giftiger als Phenol (besonders die Paraverbindung). Im Wasser sind sie nur wenig löslich (Orthokresol zu 2,5 Proz., Para- kresol zu 1,8 Proz., Metakresol zu 0,5 Proz.). Letzterer Umstand erschwerte lange Zeit eine rationelle Verwendung der sogenannten „rohen Karbolsäure“ (richtiger als Rohkresol zu bezeichnen, vgl. bei H. ScHxeiper157a), einer braunen dickflüssigen, sehr billigen Substanz, die bei der Karbolsäuregewinnung als Rest zurückbleibt und — neben (für die Desinfektion wertlosen, Kohlenwasserstoffen und Pyridinbasen, sowie geringen Mengen von Phenol usw. — als wirksamen Bestandteil eben die (zwischen 1850 und 205° C siedenden) Kresole enthält (©. FrÄnkeL!5l). — Die Prozentziffern, die zur Bezeichnung des Wertes der verschiedenen im Handel vor- kommenden Präparate dienen, z. B. „25-proz. rohe Karbolsäure‘“, beziehen sich auf Löslichkeit in Natronlauge. — Die in der rohen Karbolsäure enthaltenen Kresole lassen sich durch verschiedene Methoden in Lösung bringen und nutzbar machen: a) Durch Vermischung derrohen Karbolsäure mit gleichen Volumteilen roher Schwefelsäure erhielten LarzacE!0b und C. FrÄNnkKEL1! eine sirupartige, im Wasser leicht lösliche Flüssigkeit von sehr bedeutender desinfektorischer Wirksamkeit. Die ziemlich komplizierten chemischen Verhältnisse, welche bei der „Aufschließung“ des Kresol mittels Schwefelsäure in Betracht kommen, sind durch die Studien von SCHNEIDER1?’a klargestellt worden. Die Kresole können zunächst als solche neben der Säure in der Lösung vor- handen sein; solche Kresol-Säuregemische lassen sich durch Ver- mischen einer 2-proz. wässerigen Kresollösung mit 2 Proz. Säure dar- stellen (SCHNEIDER). Oder es bilden sich chemische Verbindungen Desinfektionslehre. 485 zwischen Kresol und Säure, und zwar entweder Kresylschwefel- säuren (mit Eintritt der Sulfogruppe in die Seitenkette) oder Kresylsulfosäuren (mit Eintritt der Sulfogruppe im Kern). Letztere, von geringerer desinfizierender Wirksamkeit, bilden sich bei Erhitzen (FränkeL!5l, Fischer & KoskE!9); auch geht hierbei die Orthophenolsulfoäure (= „Aseptol“) (HwrrpE!23) in die weniger wirksame Paraverbindung über. Es ist daher für die Aufschließung der rohen Karbolsäure mit Schwefel- säure zweckmäßig, wenn die bei der Mischung auftretende spontane Erhitzung durch sorgfältige Kühlung und langsames Eingießen der Schwefelsäure in dünnem Strahle vermieden wird. Zur Charakterisierung des Desinfektionswertes dieser verschiedenen Klassen von Körpern diene, daß Milzbrandsporen: durch Phenol (Karbolsäure) selbst in 7-proz. Lösung und noch nach 40 Tagen noch nicht abgetötet sind, durch Ortho- und Paraphenolsulfosäure in 5-proz. Lösung binnen 3 bzw. 12 Tagen abgetötet sind, durch ein Gemisch aller drei Kresole in saurer (0,3-proz. Lösung in 8—20 Stunden abgetötet sind. Hierher gehört auch das sog. „Sanatol“ (BoLın !5#), sowie das in den letzten Jahren mit viel Reklame angepriesene „Automors“, das jedoch nach den übereinstimmenden Prüfungen seitens FLEMMING!?b, RoEPKE !??e, L. BITTER 5a, EINECKER !#b, FRIEDLÄNDER !Ö4c, MESSENZEHL!*d nichts an- deres als ein Kresolschwefelsäurepräparat iste Endlich seien hier noch die durch Säureaufschließung des rohen Naphtha (,Masut“) (BARTOSCHEWITZ!) und des russischen Nadelholzteeres (NENCKI & SIEBER 1?) enthaltenen Desinfizientien erwähnt. Leider sind diese billigen sauren Lösungen nur für die grobe Des- infektion geeignet (Ställe, Aborte usw.). b) Dagegen lassen sich durch Aufschließung der rohen Karbolsäure mittels Alkalien wirksame Substanzen gewinnen, welche die infizierten Objekte nicht beschädigen und auch für die chirurgische Desinfektionspraxis verwendbar sind. Die beiden haupt- sächlichen Repräsentanten der im Handel vorkommenden „Kresol- seifen“, das „Kreolin“ und das „Lysol“, unterscheiden sich schon äußerlich dadurch, daß bei Verdünnung mit Wasser das Kreolin milchige Emulsionen gibt, während Lysol ganz klar in Lösung geht. Ueber den Grund dieses verschiedenartigen Verhaltens von Körpern, die doch in prinzipiell gleicher Weise (nämlich durch Aufschließung der rohen Karbolsäure mittelst Seife) gewonnen sind, ist viel gestritten worden. Nach R. OTTO & BECKURTS!$#0 sollte das ausschlaggebende Moment darin zu suchen sein, daß zur Herstellung des Kreolins eine Harzseife, zum Lysol dagegen eine Leinölseife verwendet ist; ENGLER!%! nahm an, daß im Kreolin eine Lösung der Seife im Teeröl vorliege — während Lysol umgekehrt eine Lösung des Teeröls in der Seife sei (daher im ersteren Falle das Trübwerden durch Aus- scheidung feinster Teeröltröpfehen bei Wasserzusatz!). HuEPPE!5®b jedoch stellte fest, daß es lediglich auf das Ausgangsmaterial ankomme, bzw. auf das Prozent- verhältnis der (unlöslichen) Kohlenwasserstoffe zu den (löslichen; Kresolen in demselben; Teeröle, die an Kohlenwasserstoffen reich sind, geben mit Seife nur Emulsionen (Kreolin mit höchstens 27 Proz. Kresolgehalt), während Teeröle, die viel Kresole und wenig Kohlenwasserstoffe enthalten, klare Lösungen geben (Lysol mit etwa 50 Proz. Kresolgehalt). HAMMER!6 konnte dies durch direkte Versuche mit reinen Substanzen der einen und der anderen Gruppe (Kresol einerseits — Xylol und Petroleum andererseits) bei Auflösung derselben in gleichen Seifemengen beweisen; die beiden letzteren Substanzen gaben erst mit der sechsfach größeren Seifenmenge, als es beim Kresol der Fall war, klare Lö- sungen, sonst nur Emulsionen; auch ließ sich einerseits durch Seifenzusatz zum Kreolin eine klare Lösung erzielen — und andererseits erzeugte ein Zusatz von Xylol zu der vorher klaren Lysollösung sofort Trübung; endlich ist noch bemerkenswert, daß die Löslichkeit der Kohlenwasserstoffe durch gleichzeitige Anwesenheit von Phenol befördert wird (wie das im Lysol der Fall ist). — Unter den verschiedenen Kreolinen sind einerseits die englischen Präparate „Creolin Pearson“, „Jeyes. Fluid“, „Izal“ (0. NEUMANN!$6, KRÜGER 16a, 486 E. GOTSCHLICH, L. BITTER 163b, BRÜHL !6°c) — (hierher gehört auch das ganz ähnlich zusammen- gesetzte und dabei billigere „Creolin Austria“, HAMMER 162) — andererseits das sog. deutsche „Kreolin Artmann“ zu unterscheiden ; das letztere hat einen weit geringeren Desinfektionswert. Der Unterschied (Weyr 164, HENLE165) liegt teils im Ausgangsmaterial (im englischen Kreolin mehr Kresol, im deutschen mehr Kohlenwasserstoff), teils in der Natur des Emulgens (im englischen Präparat Harzseife, im deutschen ein gummiähnlicher Stoff). Jedoch scheint die Zu- sammensetzung des „ARTMANNschen Kreolins“ im Laufe der Zeit erheblich gewechselt zu haben; Paurn & Krönıs® berichten im Jahre 1897 von einem derartigen Präparat, ‘das eine von der soeben geschilderten völlig abweichende chemische Konstitution hat und dessen Desinfektionswert in den Versuchen mit Milzbrandsporen etwa demjenigen des Creolin Pearson gleichkam. Die bakteriologischen Prüfungen des Kreolins (v. EsmarcnH 166, SIRENA & Auzssı!6”, Hente!65, HÜnERMANN168) sind in ihren Einzel- heiten zum Teil widersprechend; die Erklärung kann einmal in der Verschiedenartigkeit der Präparate liegen (ungleicher Kresolgehalt je nach dem Ausgangsmaterial), andererseits auch darin, daß die frisch- bereitete wässerige Lösung stärker desinfiziert als eine solche, die einige Zeit gestanden hat (HenLe). Nach BenrınG!b verhält sich der Desinfektionswert von Karbolsäure, Kresol und Kreolin in Bouillon ungefähr wie 1:3,5:10; in eiweißhaltigen Flüssigkeiten jedoch nimmt aus noch unaufgeklärten Gründen) die Wirksamkeit des Kreolins sehr stark ab und ist z. B. in Blutserum etwa 50mal geringer als in Bouillon und 3—4mal geringer als der entsprechende Desinfektionswert der Karbolsäure (Benrına!3d). Milzbrandsporen werden selbst durch reines Kreolin, und selbst bei einer Einwirkungsdauer von 5 Wochen, nicht getötet (HÜNERMANN 168, PauL & Krönıc®); die entgegenstehen- den positiven Resultate EısengerGs169 sind (wegen Mitübertragung von Desinficiens auf das Nährsubstrat) nicht einwandfrei. Entsprechend seiner chemischen Konstitution hat Lysol eine viel stärkere desinfizierende Wirkung; in 0,3-proz. Lösung vernichtet es Eiterkokken in Bouillon in 30 Minuten. Die Wirkung auf Milzbrand- sporen ist bei gewöhnlicher Temperatur nur gering (nach Hammer 162 durch O,5-proz. Lösung erst in 8 Tagen abgetötet — nach Paur & Krönıs® in 2-proz. Lösung in 4 Tagen nur sehr geringe Wirksamkeit); durch gleichzeitige Erwärmung läßt sich jedoch der Effekt so steigern, dab z. B. bei 55° in 10-proz. Lösung schon binnen 5 Minuten alle Sporen sicher absterben. In eiweißhaltigen Flüssigkeiten ist der Des- infektionswert des Lysols herabgesetzt, aber nicht in so erheblichem Grade wie beim Kreolin. — In hartem Wasser gibt das Lysol trübe Lösungen (durch Ausfällung der Erdalkalien).. Die Lysollösungen sind schlüpfrig, was für manche Zwecke lästig empfunden wird, i anderen Fällen aber (z. B. für den Geburtshelfer) einen Vorteil be- deutet. Ueber Lysolvergiftungen vgl. bei BurGL!?0, Kayser !T?2 und FrıEs !”"., — Die vortreffliche desinfizierende Wirksamkeit des Lysols beruht sowohl auf dem zu seiner Fabrikation verwendeten Ausgangsmaterial (Trikresol) als auch auf der zur Aufschließung desselben angewandten Seife (Leinölseife). Was das Ausgangsmaterial anbelangt, so war zwar von einigen Autoren, wie HERZOG, EMDE (zit. "nach H. SCHNEIDER 157b), FeHrs 3 die Ansicht geäußert worden, daß das Orthokresol den beiden anderen Isomeren gegenüber an desinfizierender Wirksamkeit zurückstehe und deshalb aus dem zur Herstellung von Kresolseife zu verwendenden Rohkresolgemisch auszuschließen sei; und tatsächlich war dies auch in dem auf Grund des preußischen Ministerialerlasses vom 19. Okt. 1907 für die Hebammenpraxis vorgeschriebenen offizinellen Liquor cresol. saponat. geschehen. Jedoch erreicht diese — nach den soeben angegebenen Vorschriften lediglich aus Meta- und Parakresol hergestellte — Kresolseifenlösung nicht die Desinfektionslehre. 487 desinfizierende Wirksamkeit des Lysols und ist überdies oft von ungleichmäßiger Zusammensetzung (SCHNEIDER !’b, WoLr!' Saıto!'d, Rapp'“, ÜEBELMES- SER!TT, SELIGMANN !’8); auch konnte SCHNEIDER"” auf Grund kritischer Prü- fung der Literatur, sowie nach eigener experimenteller Prüfung der Frage, nach- weisen, daß die behauptete Minderwertigkeit des Orthokresols in Wirklichkeit nicht besteht; dieselbe war aus vergleichenden Versuchen zwischen verschiedenen Fraktionen des Rohkresols von niederem und höherem Siedepunkt gefolgert worden, wobei die tatsächlich beobachtete geringere Wirksamkeit der niedrig siedenden Anteile irrtümlich auf das Orthokresol bezogen worden war, während sich die- selbe in der Tat durch den Gehalt dieser Fraktionen an (dem den Kresolen bedeutend an Desinfektionskraft nachstehenden) Phenol erklärt und vergleichende Versuche an den rein dargestellten drei Isomeren der Kıresole die annähernd gleiche Wirksamkeit derselben in der Seifenlösung ergaben. Wie erwähnt, kommt für die Ueberlegenheit des Lysols gegenüber anderen ähnlichen Prä- paraten aber auch die Beschaffenheit der zu seiner Fabrikation verwendeten Seife in Betracht; nach SCHNEIDER !5’b bestehen in den Kresolseifenlösungen beide Komponenten (Kresol und Seife) unabhängig nebeneinander *), während durch chemische Bindung (wobei Alkali in die OH-Gruppe eintritt) das weniger wirksame Kresolalkali auftritt; diese chemische Bindung tritt ein, wenn in der Seife freies Alkali vorhanden ist, z. B. infolge hydrolytischer Spaltung, zu welcher die (für die Lysolfabrikation verwendete) Leinölseife weniger neigt als z. B. Rübölseifen. — Präparate von ähnlicher chemischer Konstitution und Wirksamkeit wie das Lysol (und zum Teil billiger) sind: „Sapokresol“ (WoLr!30), — „Sapo [3 karbol“ (RoLL!), — „Kresapol“ (TaveL & ToMmARKIN !#), — „Bacillo!‘ (CRAMER !%, EnGELs!#3), — „Paralysol“ (NıEter!®), — „Ennan“ (Worr 8), — „Metakalin“ (WESENBERG!®) und das von Kohlenwasser- stoffen völlig freie „Kresol-Raschig“ (SCHÜRMAYER!®5). — Bemerkens- werten Erfolg hat auch die Kombination von Trikresol mit Aethylendiamin ana (= „Kresamin“) gegeben (SCHÄFFER!?, ECKSTEIN 18); das Präparat tötet in 2-proz. Lösung Milzbrandsporen in Wasser suspendiert schon nach 2 Tagen, in Blutserum dagegen selbst in 5-proz. Lösung noch nicht in 42 Tagen; wegen seiner (durch die eiweißlösende Eigenschaft der organischen Base ver- mittelten) Tiefenwirkung ist es vielleicht zur Händedesinfektion geeignet. Speziell für die grobe Desinfektion (Abscheuern von Böden, Holzwerk usw.) ist endlich die NocHtsche!4#5 Karbolseifenlösung berechnet, d. h. eine heiß bereitete Lösung von 6 Proz. Schmierseife und 5 Proz. roher (sog. „l00- proz.“) Karbolsäure, die auch nach dem Erkalten klar bleibt; etwa vorhandene Teertropfen können, um Beschädigungen der zu desinfizierenden Gegenstände zu vermeiden, durch Abseifen entfernt werden. Das Präparat ist sehn: billig, überall leicht herzustellen und hat den großen Vorteil, gleichzeitig Reinigung und Desinfektion zu leisten. Vegetative Formen werden bei gewöhnlicher Tem- peratur durch 11/,-proz. Lösung in 30 Minuten, Milzbrandsporen bei 50° in 5-proz. Lösung binnen 6 Stunden sicher abgetötet. c) Die in der rohen Karbolsäure enthaltenen Kresole lassen sich auch in neutrale Lösung bringen durch Zusatz gewisser Salze; HuErpE!®b fand zu diesem Zweck zuerst das Natriumsalicylat brauchbar, später auch die Salze aller Orthooxybenzoösäuren, sowie der Orthobenzolsulfosäuren und der entsprechenden Naphthalinderivatee Am besten bewährte sich ein Gemisch aller drei Kresole mit kreolinsaurem Natrium als Lösungsmittel. Dieses, von HUEPPE und HAMMER!# als „Solveol“ bezeichnet und für die chirurgische Antisepsis empfohlen (HILLER !%°), enthält keine wertlosen Pyridine und Kohlen- wasserstoffe, sondern nur Kresole im Verhältnis von etwa 24 Proz. Mischung (d. h. etwa halb so viel wie das Lysol). Der Desinfektionswert des Solveols ist etwas geringer als der des Lysols, wenn man zum Vergleich Lösungen von gleichem Kresolgehalt heranzieht (VAHLE1!91, SCHÜRMAYER "*!*, Schütz !??). — Ein ähnliches, aber für die grobe Desinfektion berechnetes Präparat ist das „Solutol“ (HvrrpE13®c), durch Auflösung von Rohkresol im Ueberschuß in Natronlauge bereitet; hierbei bildet sich Kresolnatrium, welches das Kresol in Lösung hält; Solutol enthält ca. 60 Proz. Kresol, wovon !/, frei, ®/, an Na gebunden. Nach Hurrpe soll das Solutol in 0,5-proz. Lösung alle vegetativen Keime binnen 5 Minuten, Sporen in 10-proz. Lösung in 3 Tagen, in 20-proz. . *) In allen Kresolseifenlösungen und auch in Gemischen von Seife und reinem Phenol tritt eine wechselseitige Erhöhung der desinfizierenden Wirkung beider Komponenten ein (HELLER !"9), 488 E. GOTSCHLICH, Lösung in 2 Tagen töten; PaAuL & KrönıG® hingegen sehen selbst bei An- wendung konzentrierten Solutols noch nach 4 Tagen nicht vollständigen Effekt (wenn auch die allermeisten Sporen abgestorben waren) und 2,5-proz. Lösung fast ganz unwirksam war; bei gleichzeitiger Erwärmung auf 55° soll nach HvErPpE die Abtötung der Sporen schon binnen 5—10 Minuten erfolgen. Auf der direkten (wenn auch geringen) Wasserlöslichkeit der Kresole (vgl. oben S. 484) beruht endlich ein speziell für lange Einwirkungsdauer (bei Des- infektion von Grubeninhalt, Urin-Kotgemischen usw.) berechnetes Präparat, das sog. „Saprol“, welches in glücklicher Weise Desodorisation und Desinfektion vereinigt (SCHEURLEN 19%, LAsER!%, KEILER!9, PFUHL'!”, GÖRBING!”) und dabei außerordentlich billig ist (1 kg = 40 Pfg.). „Saprol“ ist ein Gemisch von 80 Teilen roher (ca. „50—60-proz.“) Karbolsäure mit 20 Teilen Mineralöl und enthält etwa 40—45 Proz. Kresol. Die desinfizierende Wirkung des Saprols ist gleich der einer Kresollösung von gleichem Prozentgehalt. Das Saprol ist (dank der Mineralbeimischung) leichter als Wasser und schwimmt daher, der zu desinfizierenden Flüssigkeit zugesetzt, auf deren Oberfläche in Form einer dünnen Deckschicht; letztere verhindert einerseits das Entweichen von Fäulnisgasen und wirkt also desodorisierend, — andererseits gibt sie allmählich Kresol an die zu desinfizierende Flüssigkeit ab. In dünnen Fäkalflüssigkeiten wird aus dem zu- gesetzten Saprol binnen 2—3 Tagen etwa der dritte Teil des darin enthaltenen Kresols abgegeben (SCHEURLEN); bei einem Saprolzusatz von 2 Proz. kann man also mit Sicherheit darauf rechnen, daß in der zu desinfizierenden Flüssig- keit überall ein Kresolgehalt von 0,5 Proz. zustande kommt, eine Konzentration, die eine sichere Abtötung aller vegetativen Krankheitserreger garantiert. Wo jedoch — wie in der Praxis sehr häufig — gröbere Fäkalmassen vorliegen, da wird der Desinfektionseffekt wegen der Schwierigkeiten des Eindringens recht unsicher und tritt erst nach mehreren Tagen ein (BICKEL & Kraus!?%a),. In den letzten Jahren hat man auch die reinen Kresole und ihre Derivate für die Desinfektionspraxis nutzbar zu machen gesucht; wenn auch diese Präparate für die Anwendung im großen wegen ihres hohen Preises mit den soeben besprochenen Produkten aus der rohen Karbolsäure nicht kon- kurrieren können, so haben sie dafür andere Vorzüge, z. B. hohe desinfek- torische Wirksamkeit, die sie für manche Zwecke, z. B. die chirurgische Des- infektion, brauchbar erscheinen lassen. Hier sind zunächst die chemischen Ver- bindungen des Phenols und der Kresole mit Oxalsäure zu nennen, die eine dem Ausgangsmaterial gegenüber erheblich erhöhte desinfizierende Wirksamkeit zeigen (HAILER!?). Am bekanntesten in dieser Reihe ist das „Phenostal“ (chemisch = Diphenyloxalsäureester = C,H; . O—C(OH;) . C(OH;) . OC,H;) (CRONER & SCHINDLER 199, SCHNEIDER 200, ErB 201, KALÄHNE ?®, MOLDOVAN?®, KÜSTER?%), das auch in Pastillenform als sog. „Karbolsäuretabletten“ in den Handel kommt und in seiner Desinfektionswirkung sowohl der Karbolsäure als auch dem Lysol erheblich überlegen ist; in 11/,-proz. Lösung werden Eiterkokken in vier Minuten, in 5-proz. Lösung Milzbrandsporen binnen 11/, Stunden abgetötet; die Nachteile des Präparates bestehen in seiner starken Giftigkeit, dem hohen Preise, der Herabsetzung seiner Wirksamkeit durch Alkali, Salze und Eiweiß, sowie in der durch seine Anwendung eintretenden Schwärzung von Metallinstrumenten (MoLpovan 2%). Ein analoges vom Kresol abgeleitetes Präparat ist das sog. „Kresosteril“ (— Metakresol-Orthooxalsäureester) (BIEROTTE?®). — Sehr energische Desinfizientien finden sich unter den Halogensubstitutions- produkten des Phenols und Kresols; so wurde das Parachlorophenol (C;H, .Cl.OH) von SPENGLER?% in 2-proz. Lösung zur Sputumdesinfektion empfohlen; in den letzten Jahren haben besonders BECHHOLD & EHRLICH 27a, sowie LAUBENHEIMER 208 auf diese Körper aufmerksam gemacht; als besonders wirksam, und dabei bedeutend weniger giftig als Lysol fand letzterer Autor das Chlor-meta-Kresol, das in 1-proz. Lösung Staphylokokken schon binnen 30 Sekunden abtötet. Als Aufschließungsmittel zur Herstellung wässeriger Lö- sungen verwendete LAUBENHEIMER ricinolsaures, sowie rieinolsulfosaures Kalium und dioxystearinsaures Kalium. Von anderen Aufschließungsmitteln, die zur Her- stellung hochprozentiger Kresollösungen in den letzten Jahren empfohlen sind, seien noch hydrinden-sulfosaures Na (Kraus?20%), sowie Alkohol (HILLer 10) a über die durch Anytol erhaltenen Kresollösungen vgl. im nächsten Abschnitt. 11. Andere Benzolderivate und höhere Homologe. Von Kohlenwasserstoffen sei außer dem bereits S. 483 erwähnten Benzol zunächst das „Ichthyol“, ein Gemenge schwefelhaltiger Kohlen- Desinfektionslehre. 489 wasserstoffe, genannt, das nach LAarrTEux:!! in 3—7-proz. Lösungen binnen 5 Minuten die verschiedenen vegetativen Formen abtötet. Ein ähnliches Prä- parat ist das sog. „Anytin“, welches ein sehr starkes Lösungsvermögen für sonst in Wasser nur wenig oder gar nicht lösliche Stoffe (Kresol, Jod usw.) be- sitzt; die so gewonnenen Lösungen heißen „Anytole“ und zeigen sehr starke bakterizide Eigenschaften (LÖFFLER 12); z. B. tötet das Metakresol-Anytol (mit einem Kresolgehalt von 40 Proz.) in 3-proz. Lösung alle vegetativen Keime schon in 2—3 Minuten, sowie in 5—L0-proz. Lösung selbst die resistentesten Milzbrandsporen binnen 36 Stunden. Anytin und Anytol zeigen (ähnlich wie Ichthyol) ein gewisses elektives Verhalten gegenüber verschiedenen Bakterien- arten, indem Typhus- und Cholerabaeillen nur verhältnismäßig wenig, dagegen Diphtherie-, Milzbrandbacillen und Streptokokken stark beeinflußt werden. Anilin C,H,.NH;) besitzt stark entwickelungshemmende Eigenschaften ; vollständige Hemmung bei einem Zusatz von Anilinwasser zum Nährboden im Verhältnis von 1:5 (RıEDLın!3®). — Acetanilid (,„Antifebrin“) hat nach LEPINE!3® und WaLsH !#° nur geringe entwickelungshemmende, gar keine bak- terizide Wirksamkeit. Trinitrophenol (= „Pikrinsäure“), C;,H>.(NO3)3. .OH wirkt nach DE LA Croıx?l3 in Q,l-proz. Lösung entwickelungshemmend, in 0,5—1-proz. bakterizid. Von höheren Phenolen ist das Orthodioxybenzol, C,H,(OH;) [1.2], (= „Pyrokatechin“) von Duscsan?l4, die Meta- und Paraverbindung (= „Besorcein“ bzw. „Hydrochinon“) von LÜBBERT?! untersucht worden; antiseptischer Wert gering, vollständige Entwickelungshemmung des Staph. pyog. aur. erst bei einem Gehalt von 1 bzw. !/, Proz. Der Pyrokatechin- Aethyläther (unter den Bezeichnungen „Thanatol“, „Guäthol“, „Aja- kol“) soll nach Vas2!16 in 1—2-promill. Lösungen vegetative Formen abtöten. — Das „Kreosot“, ein wechselndes Gemenge von Guajakol, GE(oE CH, 1.2), und Kreosol C,H, jocit [1.3.4], tötet nach GUTTMANN *’ sporenfreie OH Bacillen in 0,3-proz. Lösung in 1—2 Minuten und hemmt die Entwickelung der Tuberkelbacillen auf erstarrtem Blutserum schon bei einem Gehalt des Nährbodens von 1:2000. Auch das Guajakol für sich allein untersucht (KUPRIANOWw 218), steht an desinfizierender Wirksamkeit dem Karbol und Kresol nach; durch 33-proz. Alkoholzusatz soll seine Wirkung gesteigert werden. Unter den Säuren, die sich vom Benzolkern ableiten, wirkt die Benzoäsäure (C,H,.COOH) schon in Verdünnung von 1:2000 in Fäulnis- gemischen (SALKOWSKI?!?, BUCHOLTZ?0, DE LA CRroIx°") und bei 1: 400 auf Eiterkokken (LÜBBERT 215) entwickelungshemmend, läßt dagegen Milzbrand- sporen selbst nach monatelanger Einwirkung völlig unbeeinflußt (R. KocH?). In der Reihe der Homologen der Benzoesäure: Phenylessigsäure, Phenyl- propion- und -buttersäure steigt nach Parry Laws?! der Desinfektions- wert mit dem Molekulargewicht (d. h. gerade umgekehrt wie bei den Fett- säuren!. — Die Salieylsäure = ÖOrthooxybenzoesäure C,H, < OH [1.2] hemmt die Entwickelung der Staphylokokken bei 1:655 (LÜBBERT?!), des Milzbrandbaeillus bei 1:1500 (R. KocH?), hat dagegen nur geringe bakterizide Kraft (SAMTER???) und ist gegenüber Sporen ganz wirkungslos. Die Para- und Metaverbindungen sind hier sowohl, wie bei der höheren homologen Kresatinsäure unwirksam (WEHMER?2). — Die Salicylsäure- phenylester EX con C,H, = ,„Salol“) ist von NENcKI (vgl. bei S. FRÄNKEL!21, S. 373ff.) für die Darmdesinfektion (vgl. jedoch oben S. 195) vorgeschlagen worden, indem unter dem Einfluß des Pankreasfermentes der Ester allmählich verseift und die wirksame Phenylgruppe (an der in der Formel mit |] bezeichneten Stelle!) abgespalten wird. Parachlorosalol soll noch stärker wirksam sein (entsprechend der Ueberlegenheit des Parachloro- phenols über die Karbolsäure). — Salieyl- und Benzoösäure-Aldehyd wirken in 0,1-proz. Lösung entwickelungshemmend (SALKowsk1?!?). — Tannin (Gerbsäure) C,H, < och tötet Colibaeillen und Staphylokokken in !/,-proz. Lösung in 2 Stunden (WALLICZER ??*). Die Naphthalingruppe weist energische Desinfizientien auf; Naphthalin selbst, C,oH;, ist nach BoucHArD (zit. bei RIDEAaL?!, S. 178) stärker wirksam als Phenol. Noch intensiver wirken «- und B-Naphthol, C,,H-.OH (Maxı- 490 E. GOTSCHLICH, MOVITCH ??5, STEWART & STERNBERG”* ), indem z. B. Cholerabacillen schon durch Lösungen von 1:16000 in ihrer Entwickelung gehemmt und dureh 1/,-promill. Lösung in 15 Minuten abgetötet werden. BECHHOLD 2b fand, in Analogie mit den entsprechenden Verbindungen der Phenolreihe, die Halogensubstitutionsprodukte (besonders des «-Naph- thols als sehr wirksame Desinfizientien, deren Wirkungsgrad übrigens gegenüber verschiedenen Bakterienarten ein sehr verschieden hoher war (,„halbspezifische“ chemische Desinfizientien). SCHNEIDER ??? konnte Naphthol —+ Soda ana in wässerige Lösung bringen und erhielt ein Präparat von geringerer Giftigkeit und etwa doppelt so hoher Desinfektionskraft als dem Lysol eigen ist. Die «-Oxynaphthoäsäure hat nur sehr schwache desinfizierende Wirk- samkeit (LÜBBERT!!2b); dasselbe gilt auch von „Alumnol“ (= Al-Salz einer Naphtholsulfosäure) (HEINTZ & LIEBRECHT?°), doch ist die entwickelungs- hemmende Wirksamkeit dieses Präparats recht beträchtlich (schon in 0,1-promill. Lösung merklich, bei 4-promill. vollständig). Thymol, C,oH,4, ist ein ener- gisches Antiseptikum; Entwickelungshemmung schon bei 1:80000 merklich (R. KocH ?), bei 1:10000 gegenüber Staph. pyog. aur. vollständig (LÜBBERT?!?); betr. seiner bakteriziden Wirksamkeit bestehen widersprechende Angaben; während nach PAnE?23! bei 37° schon in Q,l-proz. Lösung Abtötung von Eiterkokken erfolgt, hatte ScHmipT?3la bei seinen Versuchen mit Faulflüssigkeiten ganz negative Ergebnisse. Terpentinöl zeigt nach R. KocH® schon von 1:75000 an merkliche entwickelungshemmende Eigenschaften; Milzbrandsporen in reinem Terpentinöl binnen 5 Tagen abgestorben. Die ziemlich erheblich desinfizierende Wirksamkeit des Terpentinöls (GRAwITzZ23®) wird in Gelatine sehr stark herab- gesetzt (ÜHRISTMAS - DIRCKINGK - HOLMFELD 3). — Kampfer und Menthol (BEHRING!b) wirken in 2 Promill. entwickelungshemmend; die Wirksamkeit des Kampfers läßt sich durch mäßige Erwärmung (bis 45°) erheblich steigern (LÖWENSTEIN 240), 12. Alkaloide (Chinolinderivate usw.). Chinolin selbst wirkt in 0,2-proz. Lösung entwickelungshemmend (Do- NATH 232); noch stärker wirkt Chinolinrhodanat (EDINGER & TREUPEL?°?). Von Oxychinolinderivaten sind zu nennen: „Chinosol“ (auch in Pastillenform käuflich!) entgegen den günstigen Berichten von BARSZCZEWSKI?®#, später von VOoURLOUD°® und Busck”’ ziemlich unwirksam gefunden; 1-proz. Lösungen töten Typhus und Coli binnen 30 Minuten, nicht aber Eiterkokken. — „Dia- phtherin“ (= Oxychinaseptol, d. h. 2 Moleküle Oxychinolin durch 1 Molekül Orthophenolsulfosäure gekuppelt) hat stark entwickelungshemmende Wirksam- keit (EMMERICH & KRONACHER?®®, ROHRER 2%). Der entwickelungshemmende Wert folgender Substanzen für Staph. pyog. aur. ergab nach LüÜBBERT?: Kairin 1:400, Thallin 1:1100, Chinin; muriatie. 1:550, Meorphs muriatic. erst bei ca. 1:50, Antipyrın erst 1:26! Antipyrin tötet nach VIAnnA?3° Diphtheriebaeillen in 5-proz. Lösung erst in 24 Stunden. 13. Organische Farbstoffe. Unter denselben befinden sich, wie bereits R. Kocm? erkannt hat, eine An- zahl starkwirkender Desinfizientien; nach BEHRING!?b ist der entwickelungs- hemmende Wert von Cyanin und Malachitgrün gegenüber Milzbrandbaeillen in Blutserum ca. 1:40000, d. h. demjenigen des Sublimats mehrfach überlegen. Methylviolett oder Pyoktanin (STILLING ?4!, JanowskK1?42) wirkt gleich- falls bei einem Gehalt von 1:10000 entwickelungshemmend auf die verschiedensten Krankheitserreger, doch konnten GARRE & TRroJE2#3 noch nach 12-stündiger Einwirkung einer l-prom. Lösung keine Abtötung erreichen. Gelbes Pyoktanin („Auramin“) äußert erst bei 1:1000 entwickelungshemmenden Einfluß (LunkE- wITscH ?#). — CUhrysarobin wurde von CaMPAnA2# gegenüber Eiterungen wirkungslos befunden. Uebrigens hat nach S. FRÄNKEL (l. c. S. 421) die anti- septische Wirksamkeit der Farbstoffe nichts zu tun mit denjenigen Atomgruppen ihres Moleküls, an welche die Farbwirkung gebunden jst; der antiseptische Wert eines Präparats hängt von dem allgemeinen chemischen Aufbau und ins- besondere von der Beschaffenheit des aromatischen Kerns ab. Auch das sehr auffallende elektive Verhalten der Farbstoffe, das sich bezüglich der Des- infektionswirkung in ähnlicher Weise geltend macht wie betr. der Färbbarkeit (indem z. B. Malachitgrün auf Milzbrand- und Cholerabacillen etwa 100mal intensiver einwirken als auf Typhusbacillen!), beschränkt sich nicht allein auf Desinfektionslehre. 491 die Gruppe der Farbstoffe, sondern tritt hier nur besonders augenfällig hervor; analoge elektive Wirkungen finden sich ja auch bei ungefärbten Substanzen, sowohl in pharmakologischer Beziehung als betr. Desinfektionswirkung (vgl. z. B. bei Formalin und Lysoform sowie bei den Halogenderivaten der Phenole). Hier sei endlich noch der elektiven chemotherapeutischen Wirkung gewisser Farbstoffe gegenüber Trypanosomen gedacht (EHRLICH). 14. Aetherische Oele. Gewisse ätherische Oele haben sehr starke antibakterielle Eigenschaften und kommen hierin fast einer l-promill. Sublimatlösung nahe. So fand schon R. KocH°®, daß das Senföl gegenüber Milzbrandbacillen in Bouillon schon bei einer Verdünnung von 1:330000 merkliche, bei 1:33000 vollständige Ent- wickelungshemmung ausübt. Hier wie beim Knoblauchsaft, der in 2-proz. Lösung Cholerabacillen binnen 2 Minuten abtötet (InGIannı°*, CAsELLA ?#), beruht die Wirkung auf dem Gehalt an Sulfallyl. Spezielle Versuchsreihen über die bakterizide Wirkung ätherischer Oele (in Substanz oder in Emulsion mit Nährsubstrat) vgl. bei CHAMBERLAND °# und CADEAC & MEUNIER?®; der Desinfektionswert der verschiedenen Oele ist sehr ungleich, indem manche selbst nach 10-tägiger Einwirkung gar keinen schädigenden Effekt ausüben, während andere, wie z. B. das Ceyloner Zimmetöl vegetative Keime binnen 12 Minuten abtöten; auch im Blutserum entfaltet Zimmetöl eine sehr erhebliche ent- wickelungshemmende Wirksamkeit, welche diejenige der Karbolsäure um das Dreifache übertraf (BEHRING!b). Ueber Aethrole vgl. bei WEBER ®?®a. Manche Oele wirken nur in Substanz, nicht aber in Emulsion, z. B. Rosmarin-, Lavendel- und Eucalyptusöl (RIEDLIN). Auch in Dampfform enthalten mancheätherische Oele (insbesondere Zimmet-, Origanum-, Fenchel-, Lavendel- und Nelkenöl) sehr energische bakterizide Eigenschaften (CHAMBERLAND ?#, OMELTSCHENKO°, BLA1IzZ0oT & CapDaLcuEs?l), oft schon nach einer nur wenige Minuten be- tragenden Einwirkungsdauer; andere Oele (Niaouli- und Cajaputöl) wirken in Dampfform nur entwickelungshemmend (FoRNE22). Bemerkenswert ist, daß nach OÖMELTSCHENKO 2° das Absterben der Bakterien unter der Einwirkung flüchtiger Oele mit einer Abnahme der Färbbarkeit durch Anilinfarben und mit körniger Degeneration des Bakterienleibes einhergeht. — Auch der Tabak- rauch wirkt auf manche Bakterien entwickelungshemmend, insbesondere auf Choleravibrionen und Bac. Friedländer (TAssınarı?2°); nach KÖRNER’ erklärt sich hierdurch vielleicht die Seltenheit der Zahnkaries bei starken Rauchern. Die antibakterielle Wirkung beruht sicher nicht auf den im Tabakrauch ent- haltenen (sehr kleinen) Nikotinmengen, da dieses Alkaloid selbst bei einem Zusatz von 0,5 Proz. zu Nährbouillon nicht entwickelungshemmend wirkt (HEBERT 5); vielmehr sind nach FALKENBERG 6 die wasserlöslichen Bestand- teile des Tabakrauches dafür verantwortlich zu machen; nach Durchleiten durch Wasser verschwindet die antibakterielle Wirkung. Von den Dämpfen der im Tabakrauch vorkommenden Pyridinbasen wies FALKENBERG?° direkt nach, daß sie bei genügend langer Einwirkungsdauer selbst dicke Schichten von Bak- terien durchdringen und abtöten. — Tabakinfus zum Nährboden zugesetzi wirkt erst von 4 Proz. ab deutlich entwickelungshemmend. — Auch der beim Rösten des Kaffees entstehende Rauch hat antibakterielle Eigenschaften (PuırLıps?5?); 10 Proz. Kaffeeinfus zum Nährboden zugesetzt, tötet Cholera- bacillen in 3 Stunden, Eiterkokken in 6 Tagen (Hrım 25, LÜDERITZ 9). 15. Antibakterielle Substanzen des tierischen Organismus. Betreffs der bakterienschädigenden Wirkung von Organextrakten vergleiche Bd. 1, Seite 103. SEGALE 8b führt diese (auch an Alkohol-, Aether- und Acetonextrakten beobachteten) Wirkungen auf langsame Oxydation mit Freiwerden aktiven Sauerstoffs zurück (ähnlich wie beim Terpentinöl). Unter den chemisch wohldefinierten Substanzen des tierischen Organismus, Jie bisher auf ihre antibakterielle Wirksamkeit geprüft wurden, sind zu nennen: Nuklein- säure (H. KosseEL?6) zeigt ein ausgesprochen elektives Verhalten gegenüber verschiedenen Bakterienarten, indem sie in 0,5-proz. Lösung Üholerabacillen schon in 3—5 Minuten, "Typhusbaeillen in 11/, Stunden, Eiterkokken erst In 6 Stunden abtötet; Milzbrandsporen bleiben selbst nach 24-stündiger Einwirkung intakt. Die antibakteriellen Eigenschaften der Nukleinsäure beruhen auf ihrer 492 E. GOoTSCHLICH, eminenten eiweißfällenden Wirksamkeit. Die bakteriziden und bakteriolytischen Eigenschaften der gallensauren Salze (LönHteın ?%%a) und des Lecithins (BASSENGE ?60b) beruhen auf ihrer lipoidlösenden Wirksamkeit. Ueber die „Alexine“ des normalen Blutserums und über „spezifische Antikörper“ vgl. an anderer Stelle dieses Handbuches. 16. Gasförmige Desinfizientien. Eine gemeinsame Besprechung der zu Desinfektionszwecken vor- geschlagenen gasförmigen Körper rechtfertigt sich trotz der großen Verschiedenheit derselben vom rein chemischen Standpunkte aus, durch die Tatsache, daß einerseits eine und dieselbe chemische Substanz ganz verschiedene desinfizierende Wirksamkeit als Gas und in Lösung zeigen kann (vgl. weiter unten betr. Chlor und Ozon), — sowie andererseits, daß sämtlichen gasförmigen Desinfizientien in ihrer Wirkungsweise auf Bakterien, und speziell in der Desinfektionspraxis im großen, gewisse charakteristische Merkmale (und zwar Uebel- stände!) anhaften, die lediglich auf der Anwendung des betreffenden Mittels in Gasform beruhen. — Die Desinfektion durch gasförmige Mittel war früher, als man die Ursache der Infektionskrankheiten statt in geformten Erregern vielmehr in ‚flüchtigen Kontagien und Miasmen“ suchte, sehr plausibel; eine eingehende, auf die exakte Kenntnis der Infektionserreger gestützte Untersuchung dieser Mittel hat jedoch erst ergeben, welch große, ja zum Teil unüberwindliche Schwierigkeiten einer rationellen Desinfektion durch gas- oder dampf- förmige Substanzen entgegenstehen ; in der Tat hat sich von den zahl- reichen zu praktischen Versuchen herangezogenen Substanzen nur eine einzige als zur Anwendung für die allgemeine Desinfektionspraxis geeignet erwiesen: der Formaldehyd, über den am Ende dieses Kapitels eingehend verhandelt werden soll. Für manche Gase fehlt es schon an der ersten Voraussetzung für eine etwaige Verwendung zu Desinfektionszwecken, indem denselben auch in kon- zentriertem reinen Zustand jede bakterizide Wirkung abgeht. Dies gilt in erster Linie von dem völlig indifferenten Wasserstoff und Stickstoff, sowie von Stickstoffoxydul und Kohlenoxyd, die nach FRANKLAND °61 nur schwach entwickelungshemmend wirken. Betr. der schädigenden Wirkung des Sauerstoffs auf die Anaöroben (sowie unter mehreren Atmosphären Druck auch auf gewisse Aöroben!) vgl. Bd. 1, S. 91. Kohlensäure (C. FRÄNKEL?®, | BERGHAUS 263) wirkt in reinem Zustand zwar auf viele Saprophyten wachstums- hemmend, auf Choleravibrionen, sporenfreie Milzbrandbacillen und Staphylokokken sogar abtötend (aber unvollständig!); dagegen gedeihen manche Arten (Typhus- and Friedländer-Bacillen) in reiner CO, fast ebenso gut wie bei Luftzutritt und jedenfalls ermöglicht schon eine geringe Luftbeimengung selbst den em- pfindlichsten Arten wieder normales Wachstum. Auch CO, unter hohem Druck (bis 50—60 Atmosphären) hat nur sehr unsichere bakterizide Wirksamkeit (vgl. oben S. 460). — Leuchtgas (Kraparıs?32) schädigt zwar die meisten pathogenen Keime (verhindert übrigens die Fäulnis nicht!); doch erfolgt Ab- tötung erst binnen ca. 2 Wochen. — Stickoxyd soll nach FRANKLAND 26 Choleravibrionen und Pyocyaneus abzutöten vermögen. — Betr. Schwefel- wasserstoff stehen den positiven Angaben FRANKLANDs 6 die selbst trotz stundenlanger Einwirkung völlig negativen Ergebnisse GRAUERs 2% gegenüber. — Selbst ein in wässeriger Lösung so aggressiver Körper wie Flußsäure (FIH) (Entwickelungshemmung in Lösung schon bei 1:10000 vollständig!) vermochte als Gas in GRANCHER & CHANTARDSs 266 Versuchen Tuberkelbaeillenkulturen selbst bei 41/,-stündiger Einwirkung nur abzuschwächen, nicht aber zu töten (obgleich das Kulturglas sehr stark angegriffen wurde!), wahrscheinlich wegen mangelnder Tiefenwirkung; 'TRUDEAU 26° will hingegen positive Resultate erhalten haben. — Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse beim Ozon; in wässeriger Lösung (beim Durchleiten durch Flüssigkeiten) entfaltet das Ozon erhebliche bakterizide Wirksamkeit (OÖBERNDÖRFER 279, RANSOME & FOULERTON 8°), und hierauf be- Desinfektionslehre. 493 ruht ja auch seine Verwendbarkeit zur Trinkwassersterilisation im großen (vgl. in der Allgem. Prophylaxe S. 425); als Gas jedoch vermag Ozon nur eine ganz unzuverlässige desinfizierende Wirkung auszuüben und scheidet daher für die Zwecke der Desinfektionspraxis völlig aus (SONNTAG ?'®%, OHLMÜLLER ?’, ÖHRIST- mas?'S), — Daß Ammoniakdämpfe nur eine geringe antiseptische Wirk- samkeit entfalten würden, war schon nach dem geringen Desinfektionswert des Ammoniaks in Lösung (vgl. oben S.472) zu erwarten; entgegen den günstigeren Angaben RıGLErRs?% sind sonst alle Untersucher über die Unverwendbarkeit der NH,-Dämpfe für die Desinfektionspraxis einig (M. FREUDENREICH ?', BORDONI-UFFREDUZZI?'l, MORENO 269), Auch Sublimatdämpfe, durch Erhitzen von HgCl; gewonnen, sind für die Desinfektion ganz ungeeignet, da sich dieselben infolge von Abkühlung . längst zu festem Sublimat verdichtet haben und aus der Luft verschwinden, bevor sie überhaupt mit den zu desinfizierenden Objekten in Berührung gekommen sind (HERAEUS ?®®, KREIBOHM ’®*), Alle bisher genannten Gase und Dämpfe scheiden also von vorn- herein von einer Verwendung für die Desinfektionspraxis aus, indem dieselben selbst unter den günstigsten Bedingungen des Laboratorium- experiments entweder gar keine oder doch nur eine ganz ungenügende bakterizide Wirkung entfalten. Nun gibt es aber Gase, die im La- boratoriumexperiment schon in großer Verdünnung starke bakterizide Effekte entfalten: so die schweflige Säure, mit der Koch & WOoLrrHüceEL?7? in einem Glaskasten sporenfreie Bacillen bei einem Gehalt von 0,5—0,3 Volumproz. binnen 24 Stunden abzutöten ver- mochten; so ferner Chlor und Brom, mit denen Fischer & Pros- KAUER?'3 bei ähnlicher Versuchsanordnung mit 0,2—0,3 Volumproz. Cl binnen 24 Stunden und mit 0,3 Proz. Br sogar binnen 3 Stunden vollständigen Desinfektionseffekt sahen. In größeren Räumen (und schon in einem kleinen Keller von nur 28 cbm Inhalt und nur mit einem Fenster und einer Tür) aber wurden die Resultate sofort völlig unsicher, teils weil es wegen der 60—80 Proz. betragenden Verluste fast nie gelang, einen zur Keimabtötung ausreichenden Prozentgehalt der Luft an dem wirksamen Gas herzustellen, teils wegen der (durch die große Differenz der spezifischen Gewichte von Gas und Luft bedingten) durchaus ungleichmäßigen Ver- teilung des Gases im Raum; vgl. auch die (trotz Anwendung bedeutender Mengen der betr. Chemikalien) durchaus ungünstigen Resultate betr. Wohnungsdesinfektion vermittels Schwefel- und Chlor- räucherungen bei A. GÄRTNER & ScHoTTE 221, sowie Krupın ?8?. Außerdem aber zeigte sich der Uebelstand, daß die Bakterien in trockenem Zustand von den gasförmigen Desinfizientien bei den angegebenen Konzentrationen nur sehr schwierig angegriffen werden (vgl. auch bei Bıccs?’* und DusIer & Brünr??5), sondern nur bei intensiver Anfeuchtung der Objekte bzw. Sättigung der Luft mit Wasserdampf; unter solchen Verhältnissen bewirken die genannten Gase aber irreparable Beschädigungen der zu des- infizierenden Gegenstände. Eine für die Praxis brauchbare Gestalt nahm die Desinfektion mittels schwefliger Säure erst an, nachdem es gelang, durch den Clayton-Apparat große Mengen des Gases in trockenem abgekühlten Zustand zu erzeugen und — ohne wesentliche Schädigung für die meisten in Betracht kommenden Objekte — einen hohen Prozent- gehalt und eine gleichmäßige Verteilung des Gases in dem zu des- infizierenden Raume zu erreichen. Das Verfahren, welches einer englischen Gesellschaft (,‚The Clayton Fire Extinguishing and Dis- 494 E. GOTSCHLICH, infecting System‘) patentiert ist, besteht in folgendem: In beson- deren Apparaten wird Schwefel bei sehr reichlichem (durch einen kräftigen Ventilator vermittelten) Luftzutritt verbrannt; das so ent- stehende „Clayton-Gas“ besteht nicht nur aus schwefliger Säure (SO,), sondern enthält (in einem viel höheren Prozentsatz als dies bei der gewöhnlichen Verbrennung des Schwefels der Fall ist) Schwefel- säureanhydrid (SO,) und vielleicht auch noch kleine Mengen höherer, nicht genau bekannter Oxydationsprodukte. Das Claytongas wird sogleich (mittels Wasserzirkulation) energisch gekühlt und in trocke- nem kühlen Zustand durch den bereits erwähnten Ventilator mit sroßer Gewalt in den zu desinfizierenden Raum eingeblasen, während gleichzeitig die Luft aus dem Raume energisch angesogen und hier- mit eine überaus gründliche Durchmischung und starke Strömungs- geschwindigkeit des Gases im Versuchsraum erzielt wird. Hierauf beruht die energische Penetrationsfähigkeit des Claytongases und die daraus resultierende sehr erhebliche Tiefenwirkung; Verf. konnte in seinen (nicht veröffentlichten) Versuchen binnen wenigen Stunden Eindringen des Claytongases durch mehr als 50 cm tiefe, fest- gestopfte Watteschichten in engen Röhren (1—1!/, cm Durchmesser) konstatieren und fand in einem Versuchszimmer von etwa 100 cbm Inhalt — nach 3-stündiger Injektion des Gases mit konstanter Er- haltung eines Prozentsatzes von 8 Proz., sowie nachfolgendem mehr- stündigem Verweilen — sporenlose Bakterien (auch Staphylococcus pyogenes aur., sowie Wanzen, Flöhe und Läuse im Inneren von dicken Matratzen und Kleiderbündeln, welch letztere in einem Schrank mit angelehnter Tür befindlich, ausnahmslos abgetötet; kurz, Resultate, wie sie mit keinem anderen Verfahren mit Anwendung gasförmiger Desinfizientien erreichbar sind. Auch in größeren Räumen (bis zu 1000 cbm Inhalt) wurden noch brauchbare Resultate — obgleich nicht ausnahmslos — erzielt, doch nur mit Anwendung sehr langer Des- infektionsdauer (über 24-stündige Gaseinleitung). Ueberhaupt konnte Verf. günstige Resultate auch in kleineren Räumen nur bei Anwen- dung der größeren Modelle der Clayton-Apparate (mit Motorantrieb des Ventilators) erhalten, während die kleineren Apparate mit Hand- betrieb selbst für kleine Räume sich als ganz ungenügend erwiesen. — Vgl. über günstige Resultate mit dem Crayronschen Verfahren, insbesondere bei der Desinfektion und Entrattung von Schiffen, die Angaben von Proust & Faıvre3l2, TAnnER HEWLETT, WiILLson & SIMPSON, CALMETTE, ÜLEMOW, SAVAGE & WALFORD, ROBERTSON U. a. (sämtlich zitiert nach Smrson3l3, S. 359ff.), ferner HaLvane & Wape®l#, 'TREMBUR 14a und Prarn315. Für sichere Abtötung sporen- freier Bakterien ist die Anwendung einer etwa 8-proz. Mischung durch mehrere Stunden erforderlich; Sporen werden nicht abgetötet. Schwierigkeiten können sich unter Umständen der Erreichung der erforderlichen Konzentration infolge starker Absorption des Gases durch Wolle, Baumwolle (z. B. in Lumpenmagazinen), sowie vor allem durch feuchte Objekte entgegenstellen. Die meisten Objekte werden durch das Claytongas nicht beschädigt; Kleiderstoffe müssen (durch einfaches Bedecken mit Papier) vor der \bleichenden und ätzenden Wirkung der ausfallenden SO;-Teilchen geschützt werden; Metallteile sind gründlich einzufetten. Dagegen werden Früchte, Mehl und Fleisch stark geschädigt und ist das Verfahren gegenüber solchen Schiffsladungen nicht anwendbar (HarLpane & Wane>l#, Desinfektionslehre. 495 WERNER316), Auch für die Wohnungsdesinfektion wird das Ver- fahren — mit Ausnahme derjenigen Fälle, wo gleichzeitig die Ver- tilgung des Ungeziefers in Betracht kommt — meist mit Vorteil durch die einfachere und billigere Formalindesinfektion zu ersetzen sein, für die Desinfektion von Eisenbahnwagen durch das RUBNER- sche kombinierte Verfahren mit Wasserdampf und Formaldehyd unter erniedrigtem Druck vgl. später S. 515. — Die Desinfektion mit Formaldehyd ist dagegen, sowohl wegen ihrer Wirksamkeit gegen die Krankheitserreger, als auch wegen des Fehlens jeder Schädigung der zu desinfizierenden Objekte, als end- lich wegen ihrer Einfachheit und Billigkeit, einer allgemeinen An- wendung, insbesondere für die Wohnungsdesinfektion fähig. In bezug auf Tiefenwirkung steht allerdings die Formaldehyddesinfektion gegen- über dem Clayton-Verfahren zurück, doch ist eine gewisse, für die Desinfektionspraxis ausreichende Tiefenwirkung (nach Tomarkın ®17 mit Frücces Verfahren bis zu 50 cm und durch 3 Wolldecken hin- durch) vorhanden, die sich nach LassaBLikre®18 durch Erwärmen auf 50—60° ganz erheblich steigern läßt; hiermit nähert man sich schon dem Rusnerschen Verfahren (vgl. S. 515). Für die Des- infektionspraxis (und speziell für die Wohnungsdesinfektion, vgl. weiter unten S. 518f£f.) ist übrigens aber schon das Gelingen einer ein- wandfreien Oberflächendesinfektion sehr wertvoll, ja für viele Fälle sogar völlig ausreichend; in anderen Fällen, wo angenommen werden muß, daß infektiöse Stoffe in die Tiefe gewisser zu desinfizierender Objekte gedrungen sind, können dann diese letzteren gesondert durch andere Mittel desinfiziert werden; insbesondere tritt in der Des- infektionspraxis in gewissen Fällen die Dampfdesinfektion als Ergänzung der Formaldehyddesinfektion auf. Es ist im Rahmen dieses Handbuchs unmöglich, auch nur einigermaßen vollständig auf die (bereits mehrere Hunderte von Arbeiten umfassende!) Lite- ratur über Formaldehyddesinfektion einzugehen; vgl. die zusammenfassenden Uebersichten (mit Literaturverzeichnissen!) von OÖ. Hess?®5° (bis 1898), von REISCHAUER ?® (bis 1901), von KauscH ®19, sowie zahlreiche Einzelreferate in den BAUMGARTENschen Jahresberichten und im Centralblatt für Bakteriologie. Ueber die bei der Prüfung der Formaldehyddesinfektion zu beobachtende Tech- nik vgl. u. a. bei Hüne°2%. Im folgenden soll nur in großen Zügen die Ent- wickelung der Formaldehyddesinfektion angegeben und nur da auf Einzelheiten eingegangen werden, wo es sich um Dinge von anerkannter Bedeutung für das theoretische Verständnis und die praktische Verwendung dieser Desinfektions- methode handelt. Was zunächst die Methoden der Erzeugung des gasförmigen Formaldehyds für die Wohnungsdesinfektion anbelangt, so be- gnügte man sich in den ersten Versuchen (vgl. z. B. bei LEHMann ?®7), das Gas aus seiner unter dem Namen ‚„Formalin‘“ käuflichen ca. 40-proz. Lösung an der Luft spontan verdunsten zu lassen; jedoch mußte man, um zu einigermaßen brauchbaren Resultaten zu gelangen, sehr große Mengen Formalin und während sehr langer Zeit anwenden; das Verfahren war daher teuer, unsicher und erlaubte keine quantitative Dosierung. Dasselbe gilt auch von den sog. „Formalinlampen“, in denen das Formaldehyd dadurch erzeugt wurde, daß Dämpfe von Methylalkohol über glühendes Platin geleitet wurden; der einzige der auf diesem Prinzip kon- struierten Apparate, der bei Versuchen in größerem Maßstabe bakteriologisch zuverlässige Resultate ergab, war TRrıLLATS2®® „Appareil formogene ä pro- jection“; doch blieb das Verfahren stets unökonomisch, da nach STRÜVER ?°? 496 E. GOoTSCHLICH, etwa nur 7—8 Proz. des Methylalkohols zu Formaldehyd oxydiert werden, wäh- rend der Rest nutzlos vollständig verbrennt. Auch erfolgte die Erzeugung des Formaldehyds auf diesem Wege viel zu langsam, so daß es bei den unvermeid- lichen Verlusten durch Undichtigkeiten des zu desinfizierenden Raumes, sowie durch Niederschlagsbildung (vgl. weiter unten) sehr schwierig zu einer genügen- den Konzentration des Gases im Raume kam. Um rasch große Mengen von Formaldehydgas zu erzeugen, boten sich zwei Wege: entweder durch rasche Verdampfung aus wässe- rigen Lösungen („Formalin‘“), wobei jedoch durch geeignete (so- gleich zu besprechende) Mittel das Eintreten von Polymerisierung des Formaldehyds zu dem am Boden des Verdampfungsgefäßes als feste unlösliche Masse sich abscheidenden und somit für die Zwecke der Desinfektion verloren gehenden Trioxymethylen (Paraformaldehyd, durch Zusammentritt von drei Molekülen wie Formaldehyd entstehend) verhindert werden muß; oder zweitens durch trockene Erhitzung (auf etwa 150°) eben dieses Polymerisierungsproduktes (das von ScHERInG in Pastillenform in den Handel gebracht wird), wo- bei das feste Paraform sich wieder vollständig in gasförmiges Form- aldehyd zurückverwandeln läßt. Auf letzterem Prinzip basiert der von SCHERING unter dem Namen ‚„Aeskulap‘ konstruierte Apparat, in welchem die in einem Drahtkorb untergebrachten „Formalinpastillen“ (a 1 g) durch eine Spiritusflamme vergast werden (Aronson 290). Nachprüfungen der Methode ergeben zunächst wechselnde und unsichere Resultate, bis durch Untersuchungen von anderer Seite (vgl. weiter unten) die Notwendigkeit der Sättigung der Luft des Versuchsraumes mit Wasser- dampf für das Zustandekommen der Desinfektionswirkung klargestellt war und dieser Forderung in einer Neukonstruktion (,kombinierter Aeskulap“) (Aronson 290) dadurch Rechnung getragen wurde, daß gleichzeitig mit der Vergasung der Formalinpastillen noch eine reich- liche Verdampfung von Wasser stattfand. Die Resultate mit diesem neuen Apparate waren durchweg sehr zufriedenstellend (M. NEıssEr®®1, AsBA & RonDELL1?29%, Kaup293), Allen Methoden, die vom festen Paraform ausgehen — (vgl. auch noch weiter unten bei der „apparatlosen Formalindesinfektion“) — haftet der Uebel- stand an, daß das Präparat ziemlich teuer ist; sie können daher mit den später zu besprechenden Methoden, bei denen flüssiges Formalin benutzt wird, nur dann konkurrieren, wenn der Kostenpunkt gegenüber den sonstigen Vorteilen eines festen Präparates (z. B. leichte Transportierbarkeit) in den Hintergrund tritt; aus letzterem Grunde hat z. B. PrFuHL > für Kriegszwecke die Verwendung von Paraformpastillen (unmittelbar vor Gebrauch in heißem Wasser zu lösen!) zur Speisung des FLüsszEschen Apparates (vgl. weiter unten!) empfohlen. Zu gleichenn Zwecke ist — insbesondere für Improvisationen — das „Festoform“ (ein Formalinseifenpräparat) empfohlen (XYLANDER 332, WALTER®”, WOLFF- ISNER 394); doch hatte YAKIMOFF °° nicht so günstige Resultate und tadelt auch die unvollkommene Löslichkeit des Präparates. Was die Methoden der Erzeugung des Formaldehydgases durch rasches Verdampfen von flüssigem Formalin betrifft, so ist hierbei, wie gesagt, die Polymerisierung des letzteren im Verdampfungsgefäß selbst zu verhindern. Dies gelingt durch Zusatz gewisser chemischer Substanzen. So wird in TRILLATS?®® „Autoclave formogene“ eine Mischung von For- malin mit 20 Proz. Chlorcalecium (das sog. „Formochlorit“) unter Druck von 3—4 Atmosphären verdampft und damit in der Tat eine vortreffliche Aus- nutzung des Materials erreicht; sehr zahlreiche Nachprüfungen (vgl. bei REr- SCHAUER 28, S. 580f.) ergaben die praktische Brauchbarkeit und Zuverlässig- keit des Verfahrens selbst für große Räume. Doch ist der Apparat sehr teuer und nicht ganz leicht zu bedienen. — Weniger günstig und jedenfalls nicht eindeutig lauten die Versuchsresultate mit dem von ÖOPPERMANN & ROSEN- Desinfektionslehre. 497 BERG? empfohlenen „Holzin“ (d. h. einer Lösung von 35 Proz. Formaldehyd in Methylalkohol mit einem Zusatz von 5 Proz. Menthol); zudem ist das Prä- parat viel zu teuer. WALTER & SCHLOSSMANN 2%9 setzten dem Formalin 10 Proz. Glyzerin zu und bewirkten feinste Verteilung dieser als „Glykoformal“ bezeichneten Mi- schung in dem zu desinfizierenden Raume vermittelst des LinsneErschen sog. Vernebelungsapparates, in welchem das Glykoformal durch eingeleiteten Wasser- dampf teils verdampft, teils versprüht wird. Dieser Prozeß geht sehr rasch vor sich und ist etwa binnen 20 Minuten beendet; auch wird eine etwa 3mal so große Menge von Formaldehyd als bei anderen Verfahren entwickelt, näm- lich 7,5 g per Kubikmeter. Diese hohe Konzentration macht es möglich, auf eine so peinlich genaue Abdichtung des zu desinfizierenden Raumes, wie sie bei den anderen Ver- fahren unerläßlich ist, zu verzichten, da eben selbst trotz eintretender großer Verluste stets noch eine hinreichende Menge des Desinficiens vorhanden ist. So erklärt sich auch, daß die bakteriologischen Resultate nach dem nahezu einstimmigen Urteil aller Untersucher (vgl. bei REISCHAUER, S. 592ff.) vor- zügliche sind, ja daß die Abtötung der Keime oft auch an schwierig zugäng- - liehen Stellen, unter einer Bedeckung in „toten Ecken“ usw. vor sich geht, wo andere Methoden vollständig versagen. Selbstverständlich ist diese energischere Wirkung in erster Linie auf die Anwendung größerer Formaldehydmengen zurück- zuführen, wenn auch nicht geleugnet werden soll, daß dank der Anwesenheit des so überaus imbibitionsfähigen Glyzerins auch die Niederschlagsbildung an den zu desinfizierenden Flächen (vgl. weiter unten!) erleichtert werden mag. Da nun aber auch beim Glykoformalverfahren eine für die Desinfektionspraxis ausreichende Tiefenwirkung doch nicht auch nur annähernd erreicht wird -— und da andererseits eine zuverlässige Oberflächendesinfektion auch schon mit viel geringeren Formaldehydmengen zu bewirken ist, so wird man in den beim WALTER-SCHLOSSMANNschen Verfahren angewandten hohen Konzentrationen eine unnötige Verteuerung erblicken müssen, ohne daß damit etwas Wesentliches gewonnen worden sei; im Gegenteil ist die nachträgliche Beseitigung des überaus intensiven tagelang haftenden Formaldehydgeruches um so schwieriger. Ein schlimmer Uebelstand des Verfahrens, der dasselbe als für die Praxis durchaus ungeeignet erscheinen läßt, ist es endlich, daß das Glyzerin alle Gegenstände des Zimmers in Form eines lange Zeit haftenden klebrigen Ueberzuges bedeckt, ja feinere Polituren angreift. Am besten hat sich in der Praxis die von FLücce 00 und seinen Schülern (M. Neısser?9l, v. Brunn?0l, PoLeck °02, REICHENBACH 32T) ausgearbeitete sog. „Breslauer Methode‘ bewährt, bei welcher das Formaldehydgas durch Verdampfen verdünnter wässeriger Formalinlösungen erzeugt wird, ohne daß Polymerisierung ein- tritt. Formalinlösungen mit Boraxzusatz („Formobor‘) bieten in dieser Beziehung vor den einfachen wässerigen Lösungen keinen Vorteil (KuTscHer 326). v. BRunn >01 stellte fest, daß noch in 20-proz. Lösungen mit der Zeit Paraform ausgeschieden wird, indem dieselben beim Verdampfen weniger Formaldehyd abgeben als Wasser und so immer konzentrierter werden; das umgekehrte Verhältnis findet bei sehr verdünnten Lösungen statt, und in der Mitte steht etwa eine Lösung von 7—8 Proz. Formaldehydgehalt, in welcher das Ver- hältnis zwischen Formaldehyd und Wasser während der ganzen Dauer der Verdampfung annähernd konstant bleibt; eine solche, durch Ver- dünnen von 1 Teil käuflichem Formalin mit 4 Teilen Wasser erhaltene Lösung dient zur Speisung des Breslauer Apparates. Derselbe be- steht aus einem einfachen flachen Kupferkessel mit ziemlich enger Abströmungsöffnung im Deckel, der durch einen (von einem eisernen Schutzmantel umgebenen) Spiritusbrenner erhitzt wird; die Aufstellung des Apparates erfolgt entweder im Zimmer selbst oder (bei sehr engen Stuben) außerhalb, wobei dann der entwickelte Dampf vermittels Schlauch durch das Schlüsselloch in das Zimmer eingeleitet wird. Der gleichzeitig mit dem Formaldehyd in reichlicher Menge erzeugte Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 32 498 E. GOTSCHLICH, Wasserdampf bewirkt die für das Zustandekommen des Desinfektions- effektes erforderliche Uebersättigung des Raumes mit Feuchtigkeit und energische Niederschlagsbildung des Formaldehyds auf allen zu desinfizierenden Flächen. Eine zuverlässige Oberflächendesinfektion — und übrigens auch eine gewisse Tiefenwirkung (Tomarkın ?!7) — läßt sich, nach den zahlreichen über diesen Punkt vorliegenden Ver- suchen, beim Breslauer Apparat mit der Dosis von 21/, g Formaldehyd pro Kubikmeter binnen 7 Stunden, mit der doppelten Dosis binnen 3l/, Stunden erreichen. Alle bekannten Krankheitserreger, auch in den meisten Fällen Milzbrandsporen (JÖRGENSsEN ?22), sowie Tuber- kelbacillen, falls nicht gerade in dickerem Schleim ausgetrocknet (vgl. die Polemik zwischen Früccz 3??2a und SPENGLER ?22b, sowie bei Bon- HOFF323, WERNER®324, ToMARKIN317, Craccıa325), werden auf diese Weise sicher abgetötet, vorausgesetzt, daß dieselben dem Desinficiens wirklich zugänglich sind; dagegen werden natürlich dicke Lagen von Sputum, Faeces, Diphtheriemembranen usw., sowie versteckt liegende Keime nicht abgetötet. Was die letzteren anlangt, so sind sie durch geeignete Vorbereitung des Desinfektionsgutes (vgl. weiter unten) der Formaldehydwirkung zugänglich zu machen; im übrigen läßt sich die Formaldehyddesinfektion leicht durch Desinfektion gewisser Ob- jekte mittels desinfizierender Lösungen bzw. Dampf ergänzen (ver- gleiche später im Kapitel „Wohnungsdesinfektion“). Durch sorg- fältige Abdichtung des Zimmers vor der Desinfektion (durch Verkleben der Fugen mit Kitt, sowie durch Abdichten von Türen und Fenstern mittels sublimatgetränkter Wattestreifen) wird Form- aldehydverlusten während der Dauer der Desinfektion vorgebeugt. — Vor allem ist auch in der „Breslauer Methode‘ zum ersten Male ein einfaches und rationelles Verfahren zur prompten Beseitigung des Formaldehyds nach beendigter Desinfektion angewandt, indem (un- mittelbar nach beendigter Desinfektion und ohne vorher zu lüften!) von außen durch das Schlüsselloch eine der verdampften Formalin- menge entsprechende Menge von Ammoniakdampf eingeleitet wird, wobei Formaldehyd und Ammoniak sich zu dem (völlig geruchlosen und unschädlichen) Hexamethylentetramin verbinden und dadurch das Zimmer sogleich wieder bewohnbar wird. Die nach dem Kubikinhalt des Raumes erforderlichen Mengen von Formalin, Wasser, Spiritus und Ammoniak werden einer einfachen Tabelle entnommen, welche hier nach Frücses Grundriß der Hygiene, 5. Aufl., S. 570 (1902) für die beiden gebräuchlichen Konzentrationen und Einwirkungszeiten reproduziert ist. Die mit der Breslauer Methode erhaltenen Resultate (und zwar sowohl bei Laboratoriumsversuchen als in der Desinfektionspraxis) sind stets vollständig zufriedenstellend ausgefallen; nur Nowack ®0% berichtet über Mißerfolge, die sich jedoch nach M. Neıssers?9l ein- gehender Kritik durch unzweckmäßige Technik und Wahl eines ganz ungeeigneten Testmaterials (Gartenerde, deren Sporen nicht einmal durch die gewöhnliche Dampfdesinfektion abgetötet werden!) erklären. Der Breslauer Apparat ist bei seiner einfachen Konstruktion nur selten reparaturbedürftig und kann von jedem intelligenten Klempner für den Preis von 40—50 Mark hergestellt werden; im Notfall läßt sich derselbe mittelst eines Papinschen Topfes oder sogar durch eine einfache Blechbüchse auf einem gewöhnlichen Petroleumkocher improvisieren (JÄGER & MaGnus°%). Gelegent- liche Improvisationen sind ferner in der Weise ausführbar, daß das Formalin- wassergemisch über glühend gemachte eiserne Bolzen (KrRELL) oder Kugel- Desinfektionslehre. 499 Tabelle I. Der „Breslauer Apparat“ ist zu beschicken mit*): bei 2,5 g Formaldehyd auf 1 cbm Raum | bei 5 g Formaldehyd auf 1 cbm Raum Raum- | | ars Raum- “| iR =0, :n Formalin' 7 | Spiritus =n. :n | Formalin| ur Spiritus en ı 40 Proz. | Wasser | 36 Proz. | &* öße in | 40 Proz. Wasser | 36 Proz. cbm 10 200 800 100 10 400 600 100 20 250 1000 250 20 500 750 250 30 300 1200 300 30 600 900 300 40 400 1600 400 40 800 1200 400 50 450 1800 500 50 900 1350 500 60 500 2000 600 60 1000 1500 600 20 |. 550 2200 650 7 1100 1650 650 80 650 2600 750 80 1300 1950 750 90 700 2800 850 90 1400 2100 900 100 750 3000 950 2100... 71500 2250 950 110 800 3200 1050 110 1600 2400 1050 120 900 3600 1150 120 1800 2700 1150 130 950 3800 1200 130 1900 2850 1200 140 | 1000 4000 1300 140 2000 3000 1300 150 | 1050 4200 | 1400 | 150 2100 | 3150 1400 Tabelle IL Der „Ammoniakentwickler“ ist zu beschicken mit: bei 2,5 g Formaldehyd pro cbm | bei 5 g Formaldehyd pro cbm Raum- | P iR Raum- “nu ;„ Ammoniak, Spiritus ee a 25 Proz. | 86 Proz. Be 2 Ammoniak Spiritus 25 Proz. | 86 Proz. | cbm | | | | 0] 100 | 0 10. | 250 15 20 0 | 20 | 300 30 30 50 | 30 400 40 40 350 35 40 550 50 50 0 | & 50 600 60 60 500 50 60 750 75 70 600 55 70 ro BR) so | 60 65 80 | 1000 100 oo | zo 75 0 | 1150 | 1% 100 | 800 so 100, 1200 | 180 110 900 90 110 13550 | 10 120 1000 100 10 | 1500 | 10 130 1050 105 | 130 | 1600 160 10 | 10 110 140 | 1750 170 150 1200 10 | 10 | 180 180 ketten (SPRINGFELD) oder Chamottesteine (STEINITZ ?2?) gegossen und so rasch verdampft wird, — wobei jedoch darauf zu achten ist, daß die genannten glühen- den Körper ganz von dem zu verdampfenden Gemisch bedeckt werden, weil sonst Selbstentzündung eintreten kann; VOGEL, DIEUDONNE®b, STEINITZ°?" und BEITZKE3% hatten mit solchergestalt improvisierten Desinfektionsversuchen zu- verlässige Resultate. Auch die Ammoniakentwickelung läßt sich in Ermangelung eines Äpparats in folgender Weise improvisieren (HILGERMANN °2®): Für je 1000 cem Formalin werden je 750 g Salmiak + 750 g gebranntem Kalk — 750 cem heißem (nicht siedendem) Wasser in einem hohen Eimer gemischt und *) Bei Zimmern von mehr als 150 ebm Inhalt sind unbedingt zwei Appa- rate zu verwenden. Auch bei Räumen zwischen 100 und 150 cbm empfiehlt es sich zwei Apparate zu benutzen und jeden mit der halben erforderlichen Menge Formalin, Wasser und Spiritus zu beschicken. 32* 500 E. GOTSCHLICH, nach Umrühren durch die geöffnete Tür in das Innere des zu desinfizierenden Zimmers geschoben. — Der Früscszesche Apparat läßt sich mittelst Einleitung des Formaldehyddampfgemisches durch einen Schlauch auch außerhalb des zu desinfizierenden Zimmers aufstellen, wobei der Dampf durch das Schlüsselloch eingeleitet wird; in ähnlicher Weise läßt sich das Verfahren auch zur Schrank- desinfektion, z. B. zwecks Desinfektion der Kleider des Arztes verwenden (MENDE 29). Endlich ist noch derjenigen Apparate zu gedenken, bei denen die Verteilung des Formaldehyds in dem zu desinfizierenden Raume nicht durch Verdampfen, sondern durch Versprühen in Form feinster Tröpfchen mittels eines Dampfstrahls (ganz ähnlich wie bei den gebräuchlichen Dampfinhalationsapparaten) erzielt wird, und die sich in der Praxis gleichfalls trefflich bewährt haben, wie insbesondere die von ÜCzAPLEwsK130” und Prausnıtz?08 angegebenen Konstruktionen. Das Prinzip dieser Apparate muß als durchaus rationell bezeichnet werden, nachdem erkannt ist (vgl. weiter unten), daß es sich bei der Formaldehyddesinfektion eigentlich gar nicht um eine Gasdesinfektion, sondern um Wirkung des mit dem Wasser nieder- geschlagenen Formalins handelt; auch ist durch P. Tu. MüLLer ?09 nachgewiesen, daß die verteilende Kraft der Sprayapparate ziemlich die gleiche ist, wie die bei der Verdampfung wirksame. In den letzten Jahren sind verschiedene Methoden ausgearbeitet worden, um die Formalindesinfektion ohne Apparat auszu- führen und so ihre Anwendung billiger und einfacher, insbesondere für ländliche Distrikte, zu gestalten. Unter den hierher gehörigen Me- thoden seien die folgenden in Kürze näher besprochen: Auf der Vergasung des festen Paraformaldehyds beruht das KRELL-ELB- sche Verfahren des sog. „Carboformal-Glühblocks“; die Paraformmasse (50 g) ist von einer Hülse von Preßkohle umschlossen, die, einmal angezündet, langsamı fortglimmt und so den Paraldehydkern allmählich zur Vergasung bringt; die nötige Feuchtigkeit soll durch Besprengen des Fußbodens mit Wasser und durch Aufhängen nasser Tücher erzeugt werden. Leider hat sich dieses (wegen seiner Einfachheit auf den ersten Blick sehr bestechende) Verfahren nicht bewährt; gegenüber den ersten sehr günstigen Resultaten EnocHs°®* (die sich durch Vorhandensein starker Luftfeuchtigkeit bei seinen Versuchen erklären!) — ergaben die seitens DIEUDONNES®® und REISCHAUERSs?® angestellten Nach- prüfungen, daß mit der von der Fabrik angegebenen Arbeitsweise keine zuver- lässigen Resultate mangels genügender Luftfeuchtigkeit zu erreichen sind, daß vielmehr nebenbei reichliche Wasserverdampfung zu erfolgen hat (womit natür- lich die Einfachheit der Methode, die gerade ihren Hauptvorzug ausmachte, verloren geht!); ja LanGeE®® und LiEpkE>®° hatten selbst bei reichlicher Wasserverdampfung unzulängliche Resultate. — Ein ähnliches Produkt „Formardol“ wurde von BOoEHNCcKE°»! auch nur bei einer gegenüber der Angabe der Fabrik auf das Doppelte erhöhten Dosis und gleichzeitiger starker Wasserverdampfung als brauchbar befunden. Das „Autanverfahren“ beruht auf der von EICHENGRÜN ®36 entdeckten Reaktion zwischen einem Gemenge von Paraform und Bariumsuperoxyd einer- seits und Wasser andererseits; das genannte in trockenem Zustand durchaus reaktionslose Gemenge entwickelt bei Wasserzusatz große Mengen von Form- aldehyd- und Wasserdampf. Die Firma F. BAyER (Elberfeld) bringt das ge- nannte Gemenge in Blechbüchsen verpackt unter dem Namen ‚„Autan“ in den Handel, wobei die Büchse gleichzeitig als Maßgefäß der zuzusetzenden Wasser- menge verwendet wird, und je nach der Größe des zu desinfizierenden Raumes verschiedene Füllungen Autan verbraucht werden. Die Methode ist überaus einfach und sauber und erfordert zu ihrer Anwendung keinerlei Vorbereitungen und Hilfsapparate außer irgendeinem gewöhnlichen großen Gefäß zum Anrühren der Mischung. Gegenüber den ersten günstigen Berichten von WESENBERG ®®", SELTER 341, STERNBERG 38, NIETER®”*, TOMARKIN & HELLER *’ stellte sich bald heraus, daß das Präparat in den von der Fabrik angegebenen Mengen eine ungenügende Menge sowohl von Formaldehyd als von Wasserdampf entwickelt, an EEE Pe ee Be — Desinfektionslehre. 501 und daß auch die Verteilung der Dämpfe in dem zu desinfizierenden Raume ungleichmäßig ist; vgl. insbesondere die kritische Uebersicht der Frage (nebst Literatur) bei CHRISTIAN ®#, sowie die Angaben von HAMMERL°®#, Kır- STEIN34, BALLNER & REIBMAYER3#, NIETER & BLasıus®, MARMANN *® XYLANDER #7, GOoSSNER 3%, FiIscHER 3#, LÖSENER ®’, INGELFINGER ”'. Auch hatten schon die ersten Untersucher erkannt, daß eine sorgfältige Abdichtung des Raumes ebenso wie bei der mittelst Apparaten ausgeführten Formalindes- infektion, unentbehrlich ist. — Mit dem unterdessen von der Fabrik in bedeutend verstärkter Dosis herausgegebenen „Neu-Autan“ („Packung B“) sind die Resul- tate ganz erheblich besser und werden von manchen Autoren geradezu den mit dem FrLüsseschen Apparat erhaltenen an die Seite gestellt (FRANK °?2, PrROoS- KAUER & SCHNEIDER °’®, SELTER 34la, LANGERMANN®”*, NIETER °°®”, ENDRES®®, KROMBHOLZ°°, L. BITTER®®7); doch ist die Methode nicht immer ganz zu- verlässig (MARMANN ®#6a, FROMME°?S) und wird man wegen der unvermeid- lichen Verluste an Formaldehyd, sowie insbesondere bei höheren Anforderungen and unter schwierigen Verhältnissen, um sicher zu gehen, noch wesentlich höhere Dosen als in der Gebrauchsanweisung angegeben verwenden (ÄUER- BACH & PLÜDDEMANN 59, H. LÖFFLER 6%, BLasıus & BIEROTTI®%). Ein zu- sammenfassendes Urteil über Autan läßt sich in dem Sinne abgeben, daß hier — bei Anwendung genügend hoher Dosen und sorgfältiger Abdichtung — eine sehr brauchbare und zuverlässige Methode, vorliegt, die jedoch für die allgemeine Anwendung mit dem Früsszschen Apparat schon deshalb nicht konkurrieren kann, weil sie viel zu teuer ist (CHRISTIAN %3, HOFFMANN & STRUNCK °%)*). Aehnliches gilt von den dem Autan ähnlichen Präparaten: „Aldogene“ (CARTERET) — Gemisch von 1 Paraform —+ 2 Chlorkalk + 3 Wasser; das Prä- parat ist sehr teuer, gibt aber bei Anwendung genügender Dosis gute Resultate (BOEHNCKE#65); ferner von den Formalinseifenpräparaten „Autoform“ und „Festoform“ (vgl. bei KALÄHNE & STRUNCK ®6b, LÖSENER 50, BOEHNCKE°®°a, CRONER & PAUCKE°E). — Als die einfachste, wirksamste und billigste der für die apparatlose Form- aldehyddesinfektion angegebenen Methoden ist das Formalin-Permanga- nat- Verfahren anzusehen, welches auf der durch Aufeinanderwirken von l'orma- lin und kristallisiertem Kaliumpermanganat (KMnO,) bei Anwesenheit von Wasser einsetzenden stürmischen Entwickelung von Formaldehyd und Wasser- dampf beruht. Das Verhalten, ursprünglich von Evans & RusseL in Amerika angegeben, litt in seiner ursprünglichen Gestalt noch an der ungenügenden Wasserdampfsättigung der Luft, sowie an eintretender Polymerisation des Form- aldehyds; in seiner neuen von DoERR & RAUBITSCHER 36 modifizierten Form sind durch Vermehrung der Permanganat- und Wassermengen diese Uebelstände beseitigt; nach DOERR & RAUBITSCHER 36 sind für 100 Kubikmeter zu des- infizierenden Raumes 2 Liter Formalin + 2 Kilo KMnO, — 2 Liter Wasser erforderlich; ähnliche Rezepte bei KırsTEın 36%, LÖsENER°®? und HıLGER- MANN 50 (bei letzterem Autor verstärkte Dosen für Desinfektion öffentlicher Fuhrwerke). Das Gemisch ist in großen Gefäßen anzurühren, von mindestens der doppelten Kapazität als der angewandten Flüssigkeitsmenge entspricht, damit kein Ueberschäumen stattfindet; zuweilen kommt sogar Selbstentzündung vor! Um eine allzu heftige Reaktion zu vermeiden, rühre man das Permanganat erst mit Wasser an und setze dann das Formalin zu; auch soll die Heftigkeit der Reaktion durch Zusatz von etwas Ameisensäure oder Oxalsäure gemildert werden (BOEHNCKE). — Ueber die Wirksamkeit des Verfahrens sind alle Untersucher einig (NIETER & BLasıus 34, MARMANN 34a, CRONER & PAUCKE 367, LÖSENER °°°, BOEHNCKE°®, HILGERMANN 371, KIRSTEIN 369, WALBUM 372, STEFFENHAGEN & WEDEMANN®”", desgleichen geben fast alle Untersucher dem Permanganatverfahren den Vorzug vor dem Autan, teils wegen der desinfizierenden Wirksamkeit, teils wegen der Billigkeit; doch ist das Verfahren immer noch etwa doppelt so teuer wie die Desinfektion mit dem Früsseschen Apparat. Für den Transport läßt sich das Permanganat-Verfahren noch handlicher (allerdings auch teuerer) gestalten, wenn man das flüssige Formalin durch festes Paraform ersetzt (KALÄHNE & STRUNCK 374, HANNES375, LOCKEMANN 376, JAKOBITZ °””, KIRSTEIN°®); das Mi- schungsverhältnis wird dann etwas anders, nach KALÄHNE & STRUNcK z.B. 1 festes Paraform + 2!/, KMnO, + 3 Wasser; pro Kubikmeter des zu des- infizierenden Raumes sind 10 g Paraform zu rechnen. — Das ähnlich zusammen- *) GALLI-VALERIO?# und KIRCHGAESSER & HILGERMANN ?%* haben das Autanverfahren mit Erfolg zur Schrankdesinfektion verwendet. 502 E. GoTscHLIcH, gesetzte Handelspräparat „Formangan“ (E. SCHREIBER ®'®, BOEHNCKE°®°a) hat sich weniger gut bewährt. — Was das Verhalten des (auf die eine oder die andere Weise er- zeugten) Formaldehyds in dem zu desinfizierenden Raume, seine Beziehung zu den zu desinfizierenden Gegenständen und die Abhängigkeit des Effekts von den äußeren Ver- suchsbedingungen anlangt, so kommen folgende Punkte in Be- tracht: i. Dank dem Umstand, daß die Molekulargewichte von Luft und Form- aldehyd annähernd gleich sind (28,94: 30), findet die Mischung beider Gase leicht und gleichmäßig statt. Bei denjenigen Verfahren, die den gasförmigen Formaldehyd durch Erhitzung erzeugen, findet allerdings insofern eine etwas ungleichmäßige Verteilung statt, als das erwärmte Gas sich zuerst vorwiegend in der Höhe ansammelt; doch wirkt dieser Umstand (wegen der sogleich ein- tretenden energischen Niederschlagsbildung) in den gewöhnlichen Fällen der Desinfektionspraxis nicht störend; höchstens könnte eine solche Störung für sehr hohe Räume ih Betracht kommen und ließe sich dann durch künstliche Venti- lation beheben (GEHRKE°!O, OEHMICHEN 14); doch darf dieselbe nicht ein- seitig erfolgen, sondern es müßte eine allseitig gleichmäßig verteilte Luftbewegung erzeugt werden (durch Ventilator auf langsam rotierendem Gestell) (MAYER & WOLPERT'°"?), 2. Von der mangelnden Tiefenwirkung des Form- aldehyds — (ein Uebelstand, den derselbe mit allen anderen gas- förmigen Desinfizientien gemeinsam hat) — ist schon oben die Rede gewesen. Diesem Uebelstand läßt sich in erster Linie durch zweck- mäßige Vorbereitung der zu desinfizierenden Objekte be- gegnen; dieselben müssen möglichst ausgebreitet (auf einem Gestell oder dgl.) aufgehängt werden, so daß das Gas von allen Seiten leicht Zutritt hat und „tote Ecken“ vermieden sind; Schubladen sind mög- lichst weit hervorzuziehen. — Außerdem hat man, speziell für die Zwecke der Kleiderdesinfektion, durch folgende direkte Maßnahmen ' das Eindringen des Formaldehyds in die Tiefe der Objekte zu befördern gesucht: Künstliche Bewegung der Objekte im Formalindampf (Aus & RONDELLI®2®?); starkes Strömen des in hoher Konzentration und in engem abgeschlossenen Raume angewandten Formaldehydgases; bei der sog. „Danzi- ger Methode“ (PETRUSCHKY°®‘, Hınz°®®1) werden sehr große Mengen des - Gases in das Innere eines die Desinfektionsobjekte enthaltenden Kleiderschrankes eingeleitet (vgl. jedoch Kritik dieser komplizierten und eingreifenden Methode bei v. BRunN®%); — vorherige Evakuierung der Luft aus der Des- infektionskammer, wobei VoGzs°®® in WLaboratoriumsversuchen sehr günstige Resultate erhielt; doch geben in der Praxis die auf diesem Prinzip schon früher in Frankreich konstruierten Apparate nur bei mehrmaliger Wiederholung des Verfahrens (Evakuierung und Einströmen von Formaldehyd) günstige Resultate (vgl. bei REISCHAUER, S. 647), und sowohl MERKEL°®? als DunBAR & MUSE- HOLD °®* fanden diese Methode zur Desinfektion von Borsten, Roßhaaren usw. unverwendbar. — Am besten läßt sich, wie oben erwähnt, die fehlende Tiefen- wirkung des Formaldehyds durch Kombination dieses Verfahrens mit der Dampf- desinfektion ersetzen. 3. Die Beziehungen des Formaldehyds zu den zu des- infizierenden Objekten sind insbesondere durch die Forschungen von RUBNER & PEERENBOOM°®5 klargestellt worden. Dieselben kon- statierten in Bestätigung einer zuerst von STRÜVER gemachten Beob- achtung, daß schon kurze Zeit nach Beendigung der Formaldehyd- entwickelung nur noch ein kleiner Bruchteil desselben als Gas in der Luft des Versuchsraumes enthalten ist (nach v. Bsunw unmittelbar Desinfektionslehre. 503 nach beeindigter Entwickelung nur 12—16 Proz.). Der größte Teil des Formaldehyds schlägt sich alsbald nieder, und zwar in trockener Luft als festes Puraform, bei Anwesenheit von Wasserdampf aber in Form wässeriger Lösung; dieser letztere Niederschlag vom im Wasser gelösten Formalin ist es, dem die desinfi- zierende Wirksamkeit innewohnt. Bei ungenügender Luftfeuchtigkeit im Versuchsraum kommt diese Nieder- schlagsbildung (und somit auch der Desinfektionseffekt) nicht überall zustande, insbesondere nicht an fettigen oder erwärmten Objekten (Heizrohre usw.); daher die ungenügenden und zum Teil untereinander widersprechenden Ver- suchsresultate aus der Zeit, in welcher der dominierende Einfluß der Feuchtig- keit noch nicht erkannt war. _Um eine sichere Niederschlagsbildung an allen zu desinfizierenden Flächen zu erzielen, muß daher die Luft mit Wasserdampf übersättigt werden (was durch Verdampfen von 3 Liter Wasser auf 100 cbm Luftraum erzielt werden kann). Bei unvollständiger Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit lassen sich die Resultate schon wesentlich durch Anfeuchtung der zu desinfizierenden Objekte verbessern (HAMMERL & KERMAU- NER 386); eine solche vorbereitende Durchfeuchtung der Objekte erwies sich nach LÜBBERT®®” in dem überaus trockenen Klima von Deutsch-Südwest- afrika sogar als unerläßlich, um zu brauchbaren Resultaten mit der Breslauer Methode zu gelangen; ebenso beruht die Schwierigkeit der Desinfektion dickerer Sputumteile vermittelst Formalin zum Teil gerade auf der geringen Imbibitions- fähigkeit des Sputums (SPENGLER 88, STEINITZ °®°). 4. Der Einfluß der Temperatur des Raumes auf den Desinfek- tionseffekt äußert sich in zweifacher Hinsicht. Stärker erhitzte Stellen (Heiz- körper usw.) sind, wie soeben erwähnt, der Formaldehyddesinfektion unzu- gänglich, weil an ihnen keine Kondensation stattfindet; solche Stellen müssen daher gesondert (mit Sublimat oder dergl.) behandelt werden. Andererseits aber kann bei sehr niedriger Zimmertemperatur (in der Nähe von 0°), selbst trotz Entwickelung sehr großer Formaldehydmengen, jede desinfizierende Wirkung ausbleiben (MAYER & WOLPERT°’®b), — teils weil bei diesen Temperaturen die Polymerisierung des verdampften Formaldehyds viel intensiver auftritt, teils weil die desinfizierende Wirksamkeit des Formaldehyds (wie aller anderen Desinfi- zientien) direkt von der Temperatur abhängig ist. In solchen Fällen läßt sich die Wirkung durch mäßiges Heizen sehr steigern; um ungleichmäßige Er- wärmung zu vermeiden, wird die Heizung am besten 24 Stunden vor der Des- infektion erfolgen; im Notfall ist aber der zu desinfizierende Raum auch un- mittelbar vor der Desinfektion (ev. mittelst Kohlenbecken) zu erwärmen. Ueber die sehr bemerkenswerte desinfizierende Wirksamkeit von Form- aldehyddämpfen bei höherer Temperatur (selbst bei nur ganz geringen For- malinbeimengungen zum Wasserdampf im Dampfdesinfektionsofen) vgl. S. 515. Von anderen organischen Substanzen in Dampfform sind Al- kohol und Essigsäure geprüft worden (besonders mit Rücksicht auf die Frage der Desinfektion von Haaren und Borsten, die ja aber jetzt durch Dun- BAR & MUSEHOLD°®® in dem Sinne gelöst ist, daß dieselbe einfach und ohne jede Schädigung des Materials im strömenden Wasserdampf erfolgen kann). Der aus siedendem 90—95-proz. Alkohol erzeugte Dampf hat keine sporizide Wir- kung; dagegen kommt 40—75-proz. Alkohol in Dampfform in seiner energi- schen Wirksamkeit fast dem strömenden Wasserdampf gleich (EwaLn °%#) —, während wiederum merkwürdigerweise Alkohol von geringer Konzentration (10 Proz.) in Dampfform völlig unwirksam ist (SEIGE 390, v. BRUNN 391, G.FRANK®”?b) Auch die Dämpfe der höheren Alkohole und Aldehyde haben starke bakterizide Wirkung (LEvI DELLA Vıpa 39%, BoccHIA 3%). — Die Dämpfe des konzentrierten und auch noch der 75-proz. Essigsäure, sowie des Holzessigs töten Milzbrand- sporen schon binnen 5 Minuten; der sog. „Spiritusvorlauf“ ist dagegen an sich allein viel weniger wirksam, doch kann seine desinfektorische Energie durch Formalinzusatz gesteigert werden (G. FRANK). — Jedenfalls liegt für die prak- tische Verwendung dieser Dämpfe gar kein Grund vor (Mehrkosten, Feuers- on) — Endlich sei erwähnt, daß auch der durch Verbrennen von Holz oder troh (ARNOLD39) entstehende Rauch desinfizierende Eigenschaften besitzt; PaArozz1°9° berichtet über gelungene praktische Versuche in größeren Räumen; TRILLAT 398 konnte die Anwesenheit von Formaldehyd im Rauch nachweisen. 504 E. GOTSCHLICH, Literatur. l. MiLLER, Verhandl. der deutsch. odontolog. Gesellsch., 1889. 2a. BEHRING, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 9, 432. £ 2b.— Bekämpfung der Infektionskrankheiten, Leipzig 1899. 3. CREDE, Berl. klin. Wochenschr., 1901, Nr. 37. 3a. BoHTZz, Inaug.-Diss. Gießen 1905. 4. FICKER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 29, 1899. 4a. 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SEIGE, Arb. a. d. Kais. Ges. -Amt, Bd. 18, 363. 391. v. Brunn, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt.. Bd. 28, 309. nen 6. Zeitschr. f. öffentliche Chem., 1899, ref. Hyg. Rundschau, 900, S. 294. 392b.— Münch. med. Wochenschr., 1901, Nr. 4. 393. PALozzı, ref. Hyg. Rundschau, 1897, S. 39. 394. EwAaLD, Ebenda, 1905, Nr. 2. 512 E. GoTscHLIicH, 395. LEVI DELLA. VıDa, ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 43, 573, 1909. 396. BoccHIA, Ebenda, Orig., Bd. 50, Nr. 4, 1909. 397. ARNOLD, Lancet, 1907, Vol. 1, p. 1220. 398. TRILLAT, Ann. Inst. Pasteur, 1905, Nr. 11. B. Desinfektionspraxis. I. Dampfdesinfektionsöfen und -anstalten. Die Dampfdesinfektion ist bis jetzt das einzige Verfahren, dem eine sichere und energische Tiefenwirkung zukommt; sie muß daher überall da angewandt werden, wo es sich um Objekte handelt, die nicht nur an ihrer unmittelbaren Oberfläche infiziert sind, son- dern bei denen vorauszusetzen ist, daß Krankheitserreger (mit den Exkreten des Kranken) bis in eine gewisse Tiefe eingedrungen sind (z. B. Betten, Matratzen, Kleidungsstücke, Teppiche usw.); daher ist für gewisse Gruppen von Infektionskrankheiten die Dampfdesinfektion ein integrierender Bestandteil der Wohnungsdesinfektion (vgl. daselbst im nächsten Kapitel), während sie bei anderen Krankheiten entbehrlich ist. Die Ausführung der Dampfdesinfektion erfolgt in Dampfdesinfektionsöfen, die entweder in einer Dampfdes- infektionsanstalt fest aufgestellt oder transportabel sind. Ein Dampfdesinfektionsapparat (,„Dampfofen‘“) weist zwei Haupt- teile auf: 1) den Dampfkessel mit der Feuerung, 2) die Dampfdesinfektionskammer. Beide Bestandteile stellen entweder zwei voneinander selbständige (neben- einanderstehende) Apparate dar, und sind nur durch das Dampfzuführungsrohr miteinander verbunden (wie das für alle größeren Apparate die Regel ist), oder der untere Teil des die Desinfektionskammer umgebenden Mantelraumes wird mit Wasser gefüllt und dient so selbst als Dampfkessel (wie in den THURSFIELDschen Apparaten); letztere kompendiöse Anordnung ist in der Tat für kleinere Apparate recht empfehlenswert. Der Dampfkessel liefert entweder ganz ungespannten Dampf (wie in den THURSFIELDschen Apparaten), oder ger spannten Dampf; im letzteren Falle muß der Kessel mit Manometer und Sicher- heitsventil versehen sein. Die Anwendung einer geringen Dampfspannung (bis höchstens !/;, Atmosphäre Ueberdruck) bietet manche Vorteile betr. rascheren Ein-_ dringens des Dampfes und sicherer Erzielung einer Temperatur von 100° in allen Teilen der Desinfektionskammer; höhere Spannungen aber sind mindestens entbehrlich, indem der Vorteil der auf diese Weise erreichten geringen Ab- kürzung der Desinfektionsdauer in keinem Verhältnis steht zu den Mehrkosten der komplizierten Apparate und den Schwierigkeiten ihrer Bedienung und Reparatur. Besonders für außereuropäische Länder, wo man die Bedienung der Apparate Eingeborenen anvertrauen muß, ist die einfachste Konstruktion die beste*). Die Dampfdesinfektionskammer ist ein eiserner Kasten von rundem, ovalem oder viereckigem Querschnitt und von verschiedener Größe, entweder nur an der einen oder an beiden Stirnseiten mit je einer dampfdicht abschließenden Tür versehen. Die Form der Dampfkammer ist ziemlich gleichgültig: voraus- gesetzt, daß der Dampf von der Einströmungsöffnung aus an alle Punkte der Kammer in horizontaler Richtung gelangen kann, sind „tote Ecken“ ausge- schlossen (FROSCH & CLARENBACH®). Die Größe einer zu wählenden Dampf- kammer richtet sich ganz nach den lokalen Verhältnissen; sehr große Apparate (in die man mittelst fahrbaren Gestells eine ganze unzerlegte Bettstelle bringen kann) eignen sich nur für Betriebe mit sehr reichlichem Material; für länd- *) Ein geringer Ueberdruck läßt sich (auch bei THURSFIELDschen Appa- raten, die mit ungespanntem Dampf arbeiten) dadurch erzielen, daß man in der Dampfdesinfektionskammer die Ausströmungsöffnung des Dampfes etwas enger anlegt, als die Einströmungsöffnung (OÖVERBECK & MEYER). Desinfektionslehre. 513 liche Verhältnisse (SCHMIDTMANN®) ist ein kleiner transportabler Apparat von ein bis höchstens zwei Kubikmeter Rauminhalt viel praktischer. Selbstver- ständlich muß die Größe der Desinfektionskammer zu der Größe und Leistungs- fähigkeit des Dampfkessels in einem richtigen Verhältnis stehen; d. h. es muß eine genügende Menge von Dampf in der Zeiteinheit geliefert werden, um die Desintektionskammer vollständig mit Dampf zu füllen und die durch Kondensa- tion entstehenden Verluste zu decken; dagegen ist beständiges starkes Strömen während der ganzen Desinfektionsdauer nicht erforderlich (vgl. oben S. 465). — Die Einströmungsöffnung des Dampfes muß im obersten Teil, der Abstrom am Boden der Dampfkammer angeordnet sein, um das „Herausfallen“ der Luft aus den Objekten zu begünstigen. In den mit hochgespanntem Dampf arbeitenden Apparaten von GFNESTE & HERSCHER (Paris) wird die Luftverdrängung durch plötzliches „Ausblasen“ des Dampfes bewirkt. Die älteren THURSFIELD- schen Apparate, in denen mit einem Gemisch von heißer Luft und Wasser- dampf gearbeitet wurde, gaben ganz ungenügende Resultate, während die neueren Modelle desselben Konstruktionstypus, in denen für Austreibung der Luft gesorgt war, tadellos funktionieren (GRUBER®, SoyKkA'). Auch die Rippenheizkörper, die in manchen Apparaten zum Zwecke einer Ueberhitzung des Dampfes ange- bracht waren, sind nach dem von S. 463 her bekannten üblen Einfluß der Ueberhitzung auf die desinfizierende Wirksamkeit des Dampfes zu verwerfen; in der Tat fanden v. ESMARCH?c, sowie PROSKAUER & CONRADIS, daß solche Apparate ganz unsicher funktionieren, indem nicht an allen Stellen der Des- infektionskammer Milzbrandsporen abgetötet werden konnten; selbst bei schein- bar ganz gleicher Konstruktion kann der eine Apparat gute, der andere unsichere Resultate geben. Für die Desinfektionspraxis muß aber durchaus die Forderung erfüllt sein, daß Milzbrandsporen stets und an allen Stellen der Desinfektionskammer abgetötet werden. Dieses Experimentum crucis sollte bei jedem neuangeschafften Apparat angestellt und womöglich nach längerer Betriebsdauer in regelmäßigen Zwischenräumen wieder- holt werden. Statt dieser (unter allen Umständen sichersten) bakterio- logischen Prüfungsmethode kann man auch eine rein physikalische Untersuchung mit Hilfe von Maximumthermometern vornehmen; die- selben müssen in allen Teilen des Apparates mindestens 99—100 anzeigen. (Bisweilen zeigt das Maximumthermometer bei dieser Prü- fung einige Grade über 100°; vgl. über das Zustandekommen dieser Ueberhitzung im Innern der Objekte die Untersuchungen RUBNERS oben S. 465). In einem wie im anderen Falle müssen die Testobjekte (Milzbrandsporen oder Maximalthermometer) den natürlichen Verhält- nissen entsprechend gelagert sein, d. h. im Innern solcher Objekte, wie sie für die praktische Desinfektion in Betracht kommen (Kleider- bündel, Matratzen usw.), wobei selbstverständlich — ebensowohl für die praktische Benutzung des Apparates — das Desinfektionsgut nicht zu fest gepackt sein darf. — Ein Apparat, der bei dieser fundamentalen Prüfung nicht in allen seinen Teilen absolut positive und eindeutige Resultate gibt, ist praktisch unbrauchbar; man darf keineswegs glauben, daß an Stellen, wo die Temperatur nicht 99 bis 100° erreicht hat (bzw. Milzbrandsporen nicht abgetötet worden sind), doch wenigstens eine nur um wenige Grade von 100° abweichende Temperatur geherrscht habe; vielmehr können in unvollkommenen Apparaten oder bei ungenügender Einwirkungsdauer des Dampfes zwischen verschiedenen Stellen im Innern, die nur wenige Zentimeter voneinander entfernt liegen, Differenzen von 40° und mehr vor- kommen! — Hat man sich davon überzeugt, daß ein gegebener Dampfdesinfektionapparat dieser ersten Grundbedingung genügt, so kommt für die praktische Benutzung desselben ferner noch die Ein- dringungsdauer des Dampfes in Betracht, d. h. die Zeit, nach Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 33 514 E. GOoTSCHLICH, welcher in allen Teilen des Apparates vom Moment des Dampf- einlasses bzw. von dem Moment an gerechnet, an dem das Thermo- meter im Dampfabströmungsrohr 100° zeigt — die Temperatur von 100° erreicht ist; offenbar kann erst von diesem Augenblicke an die eigentliche Desinfektionsdauer (d. h. die Zeit, während welcher der Dampf an allen Stellen des Apparates die desinfektorische Wirk- samkeit entfaltet) gerechnet werden. Die Bestimmung der Ein- dringungsdauer erfolgt in der Weise, daß man an verschiedenen Stellen — und insbesondere etwas unterhalb der Mitte, wo (in Anbetracht der Tatsache, daß das Eindringen des Dampfes wesentlich von oben stattfindet) die Temperatur von 100° zuletzt erreicht wird — Signalthermometer (WoLrrHücEL!?) einlegt,. die bei Er- reichung des gewünschten Wärmegrades einen elektrischen Kontakt schließen und mittels der aus dem Apparat ins Freie geführten Leitungsdrähte ein elektrisches Glockensignal ertönen lassen; ein sehr praktisches Modell ist von F. & M. LAUTENSCHLÄGER ange- geben. Früher verwendete man zur Auslösung des Kontaktes leicht schmelzbare Legierungen; doch sind dieselben weniger zuverlässig, da ihr Schmelzpunkt sowohl beim Lagern als ins- besondere beim Umschmelzen erhebliche Aenderungen erfahren kann (WOLFFHÜGEL!0b). — Auf dem gleichen Prinzip beruht die von STICKER!! als Probe gelungener Desinfektion vorgeschlagene Beob- achtung der Schmelzung von Phenantren (Schmelzpunkt 98°) und Brenzkatechin (Schmelzpunkt 104°), ersteres für ungespannten Dampf, letzteres für Dampf mit geringem Ueberdruck; auch KurscHer Ha hatte mit diesen Kontrollröhrchen recht gute Resultate. — Duncker 1? schlug vor, als Indikator für das stattgehabte Eindringen des Dampfes ins Innere der Objekte nicht die Temperatur, sondern die Feuchtig- keit heranzuziehen, ein Prinzip, das theoretisch bei der dominierenden Bedeutung, welche dem Sättigungsgrade des Dampfes für das Ge- lingen der Desinfektion zukommt, gewiß berechtigt war. ‚Jedoch funktioniert der von Duncker angegebene „Dampffeuchtigkeits- messer“ (beruhend auf der im Dampf erfolgenden Verkürzung von Darmsaiten, wodurch ein elektrisches Glockensignal ausgelöst wird) nicht zuverlässig; nach den von SANDER & ÜLARENBACHL3, DRÄER 1 und DreyEr!® angestellten Nachprüfungen erfolgt die Verkürzung der Saiten in sehr unregelmäßiger Weise, und so kann einerseits das Signal schon bei Temperaturen von SO—85° erfolgen, während ander- mal bisweilen der bakteriologische Effekt der Desinfektion ein voll- kommener ist, aber das Signal ausbleibt. Nach Feststellung der Eindringungsdauer des Dampfes (gewöhnlich zwischen 30 und 60 Minuten) wird für den Heizer eine Instruktion ausgearbeitet, nach welcher die Bedienung des Apparates zu erfolgen hat. Die zu desinfi- zierenden Objekte müssen der Einwirkung des Dampfes ausgesetzt bleiben während einer Zeit, welche der Summe der Eindringungsdauer plus etwas 15 bis 20 Minuten für den eigentlichen Desinfektionsprozeß entspricht. Fettig oder ölig beschmutzte Objekte bedürfen einer längeren Eindringungsdauer (TEU- SCHER 16). Nach Beendigung der Desinfektion findet in den modernen größeren Apparaten noch innerhalb der Desinfektionskammer selbst eine Trocknung der Objekte statt (v. EsMArRcH?b), indem heiße trockene Luft durch den Apparat geblasen wird und damit eine rasche Entfernung einerseits des im Apparat enthaltenen Dampfes, andererseits der in den Objekten abgelagerten ge- ringen Kondenswassermengen stattfindet; doch sind diese letzteren Mengen bei richtigem Betriebe so unbedeutend, daß selbst bei Fehlen einer Trockenvorrich- tung schon einfach durch Ausbreiten der desinfizierten Objekte (auf Regalen usw.), eventuell durch Ausschütteln derselben, nahezu der gleiche Zweck er- Desinfektionslehre. 515 reicht werden kann. In den meisten neueren Apparaten sind übrigens auch Vor- kehrungen getroffen, um eine Vorwärmung der zu desinfizierenden Objekte im Apparat selbst vor der Dampfdesinfektion vornehmen zu können, — sei es mitetls Durchleiten von heißer Luft, sei es durch den Dampf selbst, der, ehe er in die Desinfektionskammer eintritt, erst einen die letztere mantelförmig umgeben- den Raum durchstreift; durch diese Vorwärmung wird einerseits die Dauer der Desinfektion erheblich abgekürzt und andererseits einer übermäßigen Bildung von Kondenswasser vorgebeugt. — Um Wärmeverluste seitens der Desinfektions- kammer nach außen hin zu vermeiden, ist dieselbe bei manchen Systemen mit einem Wärmeschutzmantel bekleidet; letzterer kann auch mittelst wollener Decken oder Strohmatten leicht improvisiert werden, wie das insbesondere bei Auf- stellung transportabler Apparate im Freien, zumal bei kalter Witterung ratsam ist; auch ist die Aufstellung eines transportablen Apparates an einem möglichst freigelegenen Orte vorzunehmen, damit genügende Zugwirkung für die Feuerung des Dampfkessels vorhanden ist! — Auch läßt sich unter ganz primitiven Verhältnissen ein Dampfdesinfektionsapparat ziemlich leicht improvisieren, vor- ausgesetzt, daß ein Dampfkessel vorhanden ist (Schiffskessel, Fabrik usw.); als Dampfdesinfektionskammer kann eine Tonne (nach AMUNDSEN & UsSTVvEDT! in norwegischen ländlichen Bezirken zur Tuberkulosebekämpfung mit Erfolg angewandt) oder ein gewöhnlicher Holzverschlag (A. GÄRTNER !®) dienen; vergl. über Improvisationen von Dampfdesinfektionsapparaten an Bord bei NocHT **. In Choleraepidemien kann man sich auch mit Vorteil eines gewöhnlichen Back- ofens zur trockenen Hitzedesinfektion bedienen (Haasıs!!, BORNTRÄGER 2°), doch ist mit Rücksicht auf die Schwierigkeit des Eindringens der heißen Luft in die Desinfektionsobjekte auf möglichst lockere Lagerung der letzteren Bedacht zu nehmen und die Desinfektionsdauer auf mindestens 3 Stunden auszudehnen. Von der Dampfdesinfektion (wenigstens in der bisher üblichen Weise mit gesättigtem Dampf von 100° Siedepunkt) sind auszuschließen alle Pelz-, Leder- und Gummisachen, da sie im Dampf schrumpfen und brüchig werden, — ferner kostbare Stoffe (Samt, Plüsch, gestickte Uniformen, elegante Hüte), da sie an Farbe und Facon verlieren ; — sowie Wäsche mit Blut- oder Kot- flecken (da diese „einbrennen“ und dann dauernd sichtbar bleiben). Betreffs Wäsche vgl. weiter unten (S. 517). Für Pelze, Uniformen, Lederwaren und überhaupt alle Gegenstände, die durch die Einwirkung des gesättigten Dampfes von 100° beschädigt werden würden, hatte SCHUMBURG! zunächst die An- wendung heißer Luft von 100° mit 60 Proz. relativer Feuchtigkeit vor- geschlagen — eine Methode, durch die es in der Tat gelingt, die vegetativen Formen der Krankheitserreger binnen 1 Stunde abzutöten, während Sporen am Leben bleiben; vgl. über die ungenügende desinfizierende Wirksamkeit des (durch Luftbeimengung) ungesättigten Dampfes, oben S. 463. Allen Anforderungen genügt dagegen das in den letzten Jahren zu hoher technischer Vollkommenheit ausgebildete kombinierte Verfahren der Desinfektion im Gemisch von Formaldehyd und Wasserdampf bei erniedrigtem Druck; auf Grund der zuerst durch v. EsMArcH ?a gefundenen und später von KoKUBo°a, HERZOG?b und HaArToG 3c bestätigten Tatsache, daß schon ein geringer Formaldehydzusatz genügt, um die (an sich keineswegs bedeutende) Desinfektionskraft des ge- sättigten Dampfes von niederer Temperatur (bei erniedrigtem Druck) ganz außerordentlich zu erhöhen, legte RUBNER a die Grundsätze für eine rationelle Anwendung dieses kombinierten Verfahrens für die Desinfektionspraxis dar. Der nach diesen Angaben von der Firma F. & M. LAUTENSCHLÄGER (Berlin) konstruierte sog. „Universal-Dampf-Desinfektionsapparat“ (Rubner-Apparat) zeich- net sich durch seine universelle Verwendbarkeit (für verschiedene Drucke und Temperaturen, je nach der Empfindlichkeit der zu desinfizierenden Objekte) aus, und teilt — bei vollständiger Schonung selbst der empfindlichsten Objekte — mit den Desinfektionsapparaten alten Systems (mit Verwendung gesättigten Dampfes von 100° und darüber, bei normalem oder etwas erhöhtem Atmo- sphärendruck) — die Vorzüge zuverlässiger sporizider Wirkung, selbst im Innern infizierte Gegenstände (CHRISTIANtb, HOFFMANN, GIns®d). Der RUBNERsche Universalapparat wird jetzt auch fahrbar hergestellt (VAssEL°e) und empfiehlt sich in dieser Form insbesondere für ausgedehnte ländliche Distrikte. Feststehende Apparate werden in den verschiedensten Dimensionen hergestellt, bis zu solcher Größe, daß ein ganzer Eisenbahnwagen in der Des- infektionskammer Platz findet; hier einige Notizen über eine solche Anlage in Potsdam (nach Hrınzeö5a): Der Apparat leistet die Abtötung von Milzbrand- sporen und Wanzen, selbst im Inneren von Kissen, bei einer Temperatur von 55° und bei 6-stündiger Einwirkung des durch Verdampfung 8-proz. Formalin- 516 E. GOTSCHLICH, lösung erzeugten Gases, wobei eine Desinfektion eines Waggons (die früher bis zu 3000 M. kostete) nur noch auf 645 M. zu stehen kommt und so die An- schaffungskosten des Apparates (79000 M.) sich bald bezahlt machen. — Ueber andere Vakuumdesinfektionsapparate vgl. bei HArTMAnN:b und MAYER & WALDMANNe; doch scheint sich der GUBNERsche Universalapparat bisher am besten bewährt zu haben. Bei dem auch zur Zimmerdesinfektion angewandten japanischen Verfahren (UyamA, TzuzuKı, OsHIDA & Mapsupa>5d) und das Formalin in flüssiger, feinst versprühter Form dem Dampfe beigemischt. — Bei allen anderen der gewöhnlichen Dampfdesinfektion unterworfenen Gegen- ständen lassen sich Beschädigungen bei sachgemäßem Betriebe leicht vermeiden; insbesondere sind die Gegenstände vor direkter Berührung mit den Eisenwänden des Apparates zu bewahren, weil dadurch Rostflecke oder auch starke Durch- nässung mit dem an den Wänden sich ansammelnden Kondenswasser bewirkt werden kann; ferner sind Kleidungsstücke so im Apparat aufzuhängen bzw. hinzulegen, daß scharfe Knickungen (,Kniffe“) vermieden werden, weil diese sonst auch nach der Dampfeinwirkung dauernd bestehen bleiben; Teppiche sind zu rollen. In Desinfektionsanstalten mit geordnetem Betriebe sind die Dampföfen am besten so aufzustellen, dab diejenige Seite, auf welcher die infizierten Objekte angefahren und in die Oefen gebracht werden („infizierte oder unreine Seite“), vermittels einer durchgehenden Scheidewand ohne Oeffnungen vollständig von der- jenigen Seite getrennt ist, auf der die Ausladung der desinfizierten Objekte aus den Apparaten erfolgt („reine Seite“); nur auf diese Weise wird die Möglichkeit einer Reinfektion der Objekte in der Desinfektionsanstalt selbst vermieden. Die Verständigung zwischen beiden getrennten Abteilungen erfolgt am besten nur durch Sprachrohr oder Telephon, oder auch durch ein in die Trennungswand fest ein- gelassenes Glasfenster (nicht zum Oeffnen eingerichtet). Jede der beiden Abteilungen hat am besten eigenes Personal und eigene Transportwagen für die Abholung der infizierten bzw. für den Rück- transport der desinfizierten Objekte. Es ist nicht ratsam, dem Publikum den direkten Zutritt zur Desinfektionsanstalt zu gestatten, inden auf diese Weise durch unsachgemäßen Transport infizierter Objekte sehr leicht eine Verstreuung infektiösen Materials stattfinden kann. Das einzig richtige ist vielmehr, den Transport des Des- infektionsgutes (in geschlossenen und mit Sublimatlösung angefeuch- teten Säcken) durch geschulte Desinfektoren bewirken zu lassen; dieselben sind am besten in den hygienischen Instituten aus- zubilden und einer amtlichen Prüfung zu unterziehen; auch während ihrer Tätigkeit sind sie der Aufsicht des beamteten Arztes zu unter- stellen. Ueber die Tätigkeit der Desinfektoren in der zu desinfizieren- den Wohnung vgl. das nächste Kapitel. In der Desinfektions- anstalt sind auf der unreinen Seite Räumlichkeiten vorzusehen, in denen die Desinfektoren nach beendigter Arbeit den Anzug wechseln und sich waschen, eventuell ein Brausebad nehmen; zweckmäßig sind diese Räumlichkeiten so zu legen, daß sie den einzig möglichen Durchgang von der unreinen zur reinen Abteilung bilden ; insbesondere mub diese Einrichtung in Quarantäneanstalten für Pilger- und Aus- wandererverkehr getroffen werden, in denen nicht nur die Kleider und sonstigen Effekten der unter Quarantäne gestellten Personen, sondern auch diese letzteren selbst. (durch Reinigungsbad) einer gründ- lichen Desinfektion unterworfen werden müssen. In solchen An- stalten ist es auch unumgänglich, auf der „‚unreinen Seite“ eine Sortierung der seitens der Pilger usw. selbst (regellos und voll- ständig durcheinander) beigebrachten Effekten vorzunehmen, um die- Desinfektionslehre. 517 selben, je nach ihren verschiedenen Kategorien, verschiedenen Des- infektionsverfahren zu unterwerfen. — Bei gewöhnlichen Des- infektionsanstalten hingegen ist diese Sortierung schon innerhalb der Wohnung selbst vorzunehmen und insbesondere die beschmutzte Wäsche in einem gesonderten Sacke einzuliefern (vgl. weiter unten). Außer den Dampfdesinfektionsöfen gehören zu jeder ordnungsmäßigen Desinfektionsanstalt noch folgende Einrichtungen: Behälter von etwa 1 Kubikmeter Inhalt, die mit Sublimatlösung oder Kresolwasser gefüllt sind und zur Desinfektion der stark beschmutzten Wäsche dienen, da letztere (vgl. oben S. 515) bei der Dampfdesinfektion beschädigt würde. Noch zweckmäßiger lassen sich diese Behälter durch den RIETSCHEL & HENNEBERGschen Wäschedesinfektionsapparat ersetzen, in dem die beschmutzte Wäsche in heißer Karbolseifenlösung gleichzeitig ge- reinigt und desinfiziert wird; die Erwärmung der Flüssigkeit erfolgt mittels Dampfschlange, wobei durch automatische Reguliervorrichtungen ein Ansteigen der Temperatur über 97° und somit das Einbrennen der Flecke verhütet wird. Vgl. Literatur und Vergleich der verschiedenen Methoden zur Wäschedesin- fektion bei FÖRSTER ?!. Für oberflächlich infizierte Wäschestücke ist auch schon die gewöhn- liche Anwendung des heißen Bügeleisens eine praktisch brauchbare Desinfektion (SVEHLA 21a). Zweckmäßig ist ferner die Einrichtung eines Verbrennungsofens, z. B. nach dem von KEIDEL?? angegebenen Modell, für Tierkadaver, Abfälle usw. — Die zum Transport der Objekte dienenden Transportwagen müssen mit Oelfarbe gestrichen oder mit Blech ausgeschlagen sein, um mit desinfi- zierenden Flüssigkeiten leicht abgewaschen werden zu können. Die Desinfektionsanstalt umfaßt ferner Stallungen, Magazine (in denen sowohl die chemischen Desinfizienten als auch die Apparate und Uten- silien für die Formalindesinfektion usw. vorrätig gehalten werden) und Bureau. Ueber Einrichtung und Betrieb von Desinfektionsanstalten vgl. bei PrunL?®. Literatur. l. SCHUMBURG, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 41, 167, 1902. 2a.v. ESMARCH, Hyg. Rundschau, 1902. 2b.— Zeitschr. f. Hyg., Bd. 3, 342, 1887. 2c.— Ebenda, Bd. 4, 398, 1888. 3. FROSCH & CLARENBACH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. ’9, 183, 1890. 32. KOKUBo, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 32, Nr. 3. 3b. HERZOG, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 34, Nr. 2, 1903. 3c. HARTOG, Inaug.-Diss. Marburg 1905. 4. aan Deutsche Viertelj. f. öffentl. Gesundheitspfl., Bd. 27, 169, 5 4a.RUBNER, Arch. f. Hyg., Bd. 56, Nr. 3, 1906. 4b. CHRISTIAN, Hyg. Rundschau, 1909, Nr. 5. 4ec. HOFFMANN, Med. Klin., 1909, Nr. 17. 4d.Giıns, Desinf., Bd. 3, Nr. 8, 1910. gr EERBECK & DE MEYER,. ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 4, Nr.5 u. 11, da. HEINZE, Desinf., Bd. 3, Nr. 9. 9b. HARTMANN, Gesundh.-Ing., 1911, S. 428. 5c.MAYER & WALDMANN, Ebenda, Nr. 19. an, TzuzukI, OsHIDA & MATSUDA, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 58, 465, de. VASSEL, Desinf., Bd. 3, Nr. 11, 1910. 6. GRUBER, Gesundh.-Ing., 1888, Nr. 9. (. SOYKA, Prager med. Wochenschr., 1888, Nr. 15/16. 8. PROSKAUER & CONRADI, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 40, 134, 1902. 9. RUBNER, Hyg. Rundschau, 1899. 10a. WOLFFHÜGEL, Tagebl. d. 59. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte, 1886, S. 433; Gesundh.-Ing., 1887, Nr. 1. 10b.— Hyg. Rundschau, 1897, S. 1212. 518 E. GOoTSCcHLICH, ll. STICKER, Centralbl. f. Gynäkol., 1899, Nr. 49. ler = TSCHER, Berl. klin. Wochenschr., 1910, Nr. 18. 12. DUNCKER, Ueber das Eindringen des Wasserdampfes in die Desinlektions- objekte, 3. Aufl., Leipzig 1882; ref. Baumgartens Jahresber., 1892, S. 643. 13. SANDER & ÜLARENBACH, Gesundh.- Da 1893, Nr. 20. 14. DRÄER, Hyg. Rundschau, 1894, Nr. 5. 19: DREYER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 22, 314, 1896. 16. TEUSCHER, Ebenda, Bd. 9, 492, 1891. 17. AMUNDSEN & UVSTEDT, ref. Baumgartens Jahresber., 1896, S. 809. 18. GÄRTNER, A., Die Verhütung der Uebertragung und Verbreitung ansteckender Krankheiten in PENZOLD & STINTzinGs Handbuch d. Therapie innerer Krankheiten, Bd. 1, Jena, G. Fischer, 1902. 19. Haasıs, Deutsche med. Wochenschr., 1892, Nr. 38. 20. BORNTRÄGER, Ebenda, Nr. 40. 21.. FÖRSTER, Hyg. Rundschau, 1900, Nr. 11. 2la.SvEHLA, Arch. f. Hyg., Bd. 70, 373, 1909. 22. KEIDEL, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 23, 466, 1898. 23. PFUHL, E., Desinfektionsanstalten und Desinfektionsapparate, in BEHRING, Die Bekämpfung der Infektionskrankheiten, Hyg. Teil. Leipzig, G. Thieme, 1594. 24. NoCHT, Ueber Schiffsdesinfektion, ebenda. II. Wohnungsdesiniektion. Das Ziel der Wohnungsdesinfektion ist die Unschädlichmachung der in der unmittelbaren Umgebung des Infektionskranken (Woh- nung, Kleidung, Gebrauchsgegenstände) seitens des letzteren ver- streuten Infektionserreger. Zwar wird man sich unter allen Um- ständen bemühen, schon während der Krankheitsdauer die Ver- streuung infektiösen Materials möglichst zu verhüten, vielmehr das letztere, wenn möglich, schon am Orte und im Augenblick seiner Ent- stehung unschädlich zu machen (vgl. über die Maßnahmen im Krankenzimmer Abschnitt „Allg. Prophylaxe“ S. 405); doch kann die Isolierung des Patienten erst dann aufgehoben und seine Wohnung wieder zum freien Verkehr zugelassen werden, wenn eine gründliche „Schlußdesinfektion“ stattgefunden hat. Bei Infektionskrankheiten mit überaus chronischem Verlauf (Tuberkulose, Lepra, Trachom) tritt naturgemäß die Bedeutung einer solchen Schlußdes- infektion relativ zurück gegenüber den Maßnahmen während des Krankheits- verlaufes; immerhin ist sie auch hier stets zu vollziehen, sobald durch Er- ledigung des Falles (sei es durch Tod, Transport ins Hospital, Wohnungs- wechsel oder Genesung) die Produktion infektiösen Materials in den betr. Räumlichkeiten aufhört. Desto größer ist die Bedeutung der Wohnungsdesin- fektion bei akuten Infektionskrankheiten, wo während der Krankheitsdauer häufig eine ganz massenhafte Ausscheidung von Infektionserregern erfolgt war; die einzige prinzipielle Schwierigkeit, die sich hier erhebt, liegt darin, daß die klinische Genesung des Krankheitsfalles und das Aufhören seiner Infektiosität oft durchaus nicht zusammenfallen, vielmehr nach manchen Krankheiten die Erreger noch lange Zeit seitens des Rekonvaleszenten in virulentem Zustand aus- geschieden werden. Die theoretische Forderung, daß solche latente Fälle bis zur Erreichung der durch bakteriologische Untersuchung festzustellenden Nichtinfektiosität ge- rade so wie wirkliche klinische Erkrankungsfälle isoliert werden müssen und ihre Ausscheidungen zu desinfizieren seien, ist zwar für exotische Seuchen (Cholera und Pest) in vollem Umfange allgemein durchführbar, schwierig da- gegen für Diphtherie und Abdominaltyphus. In solchen Fällen wird man die Schlußdesinfektion an demjenigen Zeitpunkte vornehmen, an dem die massen- hafte Ausscheidung von Infektionserregern, wie sie während des klinischen Pro- zesses bestand, aufgehört hat, um dem (quantitativ in seiner Infektiosität ja meist viel beschränkteren) latenten Prozesse Platz zu machen. Desinfektionslehre. 519 Die Frage, was und wie im gegebenen Falle zu desinfizieren sei, hat eine rationelle Lösung erst in den letzten Jahren gefunden, nachdem man gelernt hatte, im einzelnen Falle individualisierend, je nach der Art der vorliegenden Infektionskrankheit, sowie auch mit Berücksichtigung der äußeren Verhältnisse, vorzugehen. Früher wurde vielfach in recht schematischer Weise ‚darauflos‘‘ desinfiziert, wodurch eine Menge unnützer Plackereien und Sachbeschädigungen verursacht wurde und damit natürlich das ganze Verfahren außer- ordentlich unpopulär, ja in den Augen einsichtiger Aerzte geradezu diskreditiert werden mußte. Für die neuere Gestaltung des Wohnungs- desinfektionswesens sind insbesondere die Arbeiten FLÜGGEs und seiner Schüler bahnbrechend geworden, und zwar in zweifacher Hinsicht; einmal verdanken wir erst FrLücce! die richtige Erkenntnis der Be- deutung der Luft als Infektionsträger, wonach für eine ganze Reihe von Infektionskrankheiten frühere übertriebene Vorstellungen über ubiquitäre Verbreitung des Ansteckungsstoffes im Krankenzimmer und dementsprechend ebenso übertriebene Desinfektionsmaßregeln wesentlich eingeschränkt werden konnten; andererseits erlaubt die von FrLüscgE? geschaffene „Breslauer Methode“ der Formalindes- infektion (vgl. oben S. 497 ff) — in vorteilhaftem Gegensatz zu den früheren komplizierten und nachgewiesenermaßen unsicheren Me- thoden (FLÜGGE?, SILBERSCHMIDT 25) — eine einfache und zuverlässige, sozusagen automatisch sich vollziehende, Wohnungsdesinfektion, bei der man viel weniger als ehedem auf die (schwierig zu kontrollierende und leicht ermüdende) Sorgfalt der Desinfektoren angewiesen ist und bei der insbesondere das vom Publikum als überaus lästig angesehene Ausräumen der Wohnung und Transport der Gegenstände nach der Des- infektionsanstalt ganz vermieden oder doch auf ein viel geringeres Maß eingeschränkt wird; mit Recht sagt FrLüsee, daß damit in der Wohnungsdesinfektion ein gewaltiger Schritt vorwärts getan worden ist. — Für manche Infektionskrankheiten kommt die Wohnungs- desinfektion überhaupt nicht in Betracht, sei es, weil der Infektions- stoff gar nicht nach außen abgeschieden wird [Malaria, Tetanus*)| oder weil derselbe in der Außenwelt spontan rasch zugrunde geht (Lues, Gonorrhöe); aus letzterem Grunde ist z. B. auch bei Influenza in den meisten Fällen die Wohnungdesinfektion entbehrlich. Die anderen Desinfektionskrankheiten lassen sich (im wesent- lichen der von FrücgE? gegebenen Einteilung folgend) betreffs des für die Wohnungsdesinfektion zu wählenden Vorgehens in drei Gruppen unterbringen: 1) Infektionskrankheiten, bei denen (wegen der Uebertragung der Erreger durch die Luft) eine ubiquitäre Verbreitung des Ansteckungsstoffes im ganzen Krankenzimmer ange- nommen werden muß, dabei jedoch andererseits (mit Rücksicht auf die Art der ansteckenden Ausscheidungsprodukte) tieferes Ein- dringen in die Objekte als ausgeschlossen gelten kann. Hierher gehören Scharlach, Masern, Keuchhusten, Influenza, Diphthe- rie, Cerebrospinalmeningitis. Für die Krankheiten dieser Gruppe ge- nügt Formalindesinfektion und ist von Dampfdesinfektion abzusehen. *) Bei unkomplizierter Beulenpest wird zwar auch seitens des Erkrankten kein infektiöses Material ausgeschieden; doch ist hier die Wohnungsdesinfektion wegen des Vorhandenseins der seitens der Ratten ausgestreuten Infektionser- reger geboten. 520 E. GoTSCHLIcH, 2) Infektionskrankheiten, bei denen einerseits (teils wegen Luftinfektion, teils wegen Beteiligung von Ungeziefer, Fliegen oder Ratten) ubiquitäre Verbreitung des Infektionsstoffes, anderer- seits aber (wegen Vorhandenseins reichlicher flüssiger Abgänge oder wegen Ungeziefer) auch gleichzeitig Infektion des Inneren poröser Objekte angenommen werden muß. Hierher gehören: Tuberkulose, Lepra, Pocken, Pest, Abdominaltyphus, septische Er- krankungen, Flecktyphus, Recurrens. Für diese Krankheiten ist selbstverständlich in erster Linie (wie bei der vorigen Gruppe) die Formalindesinfektion anzuwenden; außerdem aber sind Ma- tratzen und Bettzeug (sowie andere voluminöse Objekte, die nicht mit desinfizierenden Lösungen durchnäßt werden dürfen) imDampf- ofen zu desinfizieren. { 3) Infektionskrankheiten, bei denen (aus genannten Gründen) zwar Tiefeninfektion der Objekte vorhanden ist, wo aber eine ubiquitäre Ausstreuung des Ansteckungsstoffes durch die Luft als ausgeschlossen gelten kann, und wo demnach von Forma- lindesinfektion des Raumes vollständig abgesehen wer- den darf und nur die der Berührung mit dem Kranken ausgesetzt gewesenen Gegenstände (Bettzeug, Wäsche, Eß- und Trinkgeschirr, Abort) mittels chemischer desinfizierender Lösungen behandelt zu werden brauchen. Dies gilt für Cholera und Ruhr. Auch für leerstehende Phthisikerwohnungen ist die Formalindesinfektion ent- behrlich (Kırsrteınd2) und genügt Abreiben aller infektionsver- dächtigen Teile, insbesondere des Fußbodens, mit 5-prom. Sublimat- lösung mit nachfolgender gründlicher Reinigung mit heißem Wasser und Seife. — Selbstverständlich müssen solche chemische Des- infektionsmittel auch bei den Krankheiten der ersten und zweiten Gruppe als notwendige Ergänzung der Formalindesinfektion für alle die Objekte herangezogen werden, denen gegenüber das Form- aldehydgas (wegen seiner mangelnden Eindringungsfähigkeit) macht- los ist (z. B. angetrocknete dicke Sputumkrusten, verschmutzte Fuß- bodenritzen, warme Wandteile, Ofenrohre usw.); diese Notwendigkeit ist auch stets von FLücge selbst betont worden. Für die Praxis kommen als Desinfektionslösungen fast ausschließlich Sublimat- und Kresolseifenlösung in Betracht, außerdem Kalkmilch und Chlorkalk für Latrinendesinfektion. Natürlich wird man sich nicht sklavisch an diese Einteilung binden, sondern im gegebenen Falle mit offenem Blick für die äußeren Verhältnisse handeln. So wird man z. B. in einem Scharlachfalle gegenüber etwa vorhandenen mit Dejekten durchtränkten Matratzen sich nicht mit der Formalindesinfektion begnügen, sondern dieselben dem Dampfofen überantworten; umgekehrt ist bei Abdominaltyphus und auch bei Diphtherie die Formalindesinfektion oft über- flüssig, nämlich dann, wenn nach Maßgabe der ganzen Sachlage (geräumiges Krankenzimmer, stattgehabte sorgfältige Ueberwachung des Patienten und so- fortige Desinfektion seiner Abgänge, Fehlen stärkeren Hustens bei Diphtherie) angenommen werden darf, daß in dem betreffenden Falle keine unkontrollier- bare Ausstreuung infektiösen Materials stattgefunden hat, sondern der An- steckungsstoff nur an der unmittelbaren Umgebung des Krankenbettes haftet. Da wo eine Formaldehyddesinfektion nicht ausführbar ist — sei es mangels der erforderlichen Apparate, sei es wegen der Unmög- lichkeit einer ausreichenden Abdichtung der Wohnung (letzteres be- sonders bei der leichten Bauart in den Tropen) — muß man auf die frühere Methode der Wohnungsdesinfektion zurückgreifen. Desinfektionslehre. 521 Dieselbe besteht darin, daß alle als infiziert anzusehenden Betten und Kleidungsstücke dem Dampfofen überwiesen werden, während Wäsche, Pelz- und Ledersachen, Fußboden und Holzteile mit Sublimat- lösung desinfiziert, polierte Möbel mit trockenem Tuch scharf ab- gerieben werden. Die zur Desinfektion des Fußbodens und der son- stigen als infiziert anzusehenden Holzteile verwendete Sublimat- lösung muß, wenn man sicher geben will, eine Konzentration von 5—10 Prom. haben und wenn möglich in erwärmtem Zustande an- gewendet werden (OTTOLENGHI?®, ABB & RONDELLI®); die von einigen Seiten geäußerte Befürchtung der Möglichkeit einer Sublimat- vergiftung durch Inhalation seitens der Bewohner der solchergestalt desinfizierten Räumlichkeiten besteht nicht zu Recht, da BErTA- RELLI? selbst nach viertelstündiger energischer Anwendung eines Sprays von 5-prozentiger (!) Sublimatlösung schon eine Stunde nachher in der Luft des betreffenden Raumes keine Spur Sublimat mehr nachzuweisen vermochte. Sımox #2 empfiehlt als sehr wirksames und zweckmäßiges Desinficiens für Fußböden und Holzteile die auf über 60° erwärmte 2-proz. Sodalösung, die z. B. Tuberkelbacillen binnen 5 Minuten abtötet. Wertlose Gegenstände sowie Nahrungsreste werden verbrannt; da- gegen darf das nicht mit etwa vorgefundenen Arzneien geschehen, da unter denselben explosive Körper (Aether, chlorsaures Kali) sein können; Arzneien sind in den Abort zu schütten. Die Desinfektion der Wände erfolgte nach dem alten System der Wohnungsdesinfek- tion meist durch Abreiben mit Brot (welch letzteres nach Ge- brauch zu verbrennen) (EsmarcH°). Ferner wurden zu diesem Zwecke schon von GUTTMANN & MERKE® Sprayapparate vorgeschlagen (mit Anwendung 1-prom. Sublimatlösung); doch müssen diese Apparate, um wirksam zu sein, einen sehr feinen und gleichmäßigen Spray liefern, so daß das Desinficiens in Form feinster Tröpfchen in alle Un- ebenheiten und Ritzen einzudringen vermag (Toxzıc?); immerhin wird in neuerer Zeit mehrfach über recht günstige Erfolge mit solchen (leicht zu bedienenden) Sprayapparaten berichtet (P. REILLE®, KISTER & MarrtHes?, Assa & RonDELLI®®), und auch Verfasser sah dieselben in Alexandrien sich ausgezeichnet bewähren. — Mit Oelfarbe ge- strichene Wände lassen sich leicht und ohne Beschädigung mit des- infizierenden Lösungen abwaschen; für mit Kalk getünchte Wände ist die beste Desinfektion ein neuer Anstrich mit frischer Kalkmilch (der auch Farbe beigemengt werden kann). In den letzten Jahren ist es der Technik gelungen, Anstrichfarben von ziemlich starkem desinfektorischen Wert (DEyckE!?!, HEIMES!!, Rapp12, Bosco13, JacoBıtz!#, BROCHNIOWskY'", Huns!®) selbst gegenüber Tuberkelbaeillen in Sputum (RABINOWITSCH 16, XyLANDER !6a, Weiss !6b) herzu- stellen; besonders wirksam erwiesen sich gewisse mit Porzellan-Email-Farben hergestellte Anstriche, auf denen Cholera-, Typhus-, Diphtheriebacillen und Eiterkokken schon binnen 4—12 Stunden, tuberkulöses Sputum binnen 4 Tagen seine Infektionsfähigkeit einbüßte. Die Wirkung beruht darauf, daß der als Bindemittel der genannten Farbenanstriche verwendete Leinölfirnis an Luft durch langsame Oxydation flüchtige Säuren und Aldehyde von hoher Des- infektionskraft (darunter Akrolein, Formaldehyd und Ameisensäure) entwickelt (RApp13b, JACOBITZ!4, GHIGLIONE!#c), daneben mögen auch die physikalischen Eigenschaften der betreffenden Farbe eine Rolle spielen (DeyckeE !', Bosco '?). Praktisch besonders wichtig ist, daß die desinfizierende Wirksamkeit dieser An- strichfarben noch nach Wochen und Monaten ungeschwächt fortbesteht (JACOBITZ, RABINOWITSCH) und daß dieselben die Einwirkung der gebräuchlichen Des- infektionsmittel (Sublimat, Karbol, Formalin) anstandslos vertragen. Solche 522 E. GoTscHLicH, desinfizierende Wandanstriche eignen sich daher für solche Räumlichkeiten, die einerseits häufigen Berührungen mit Infektionsstoffen ausgesetzt sind und in denen es andererseits auf möglichst sichere Unschädlichmachung der verstreuten Keime ankommt (z. B. Operations- und Krankensäle, Heilstätten usw.). Doch fand SALTYKOoW!? nicht immer eine zuverlässige Desinfektionswirkung der Porzellan-Emailfarbe; auch ist nach HüxneE!’a die vorhandene desinfizierende Wirksamkeit nicht von langer Dauer. Hiernach können die sog. desinfizierenden Wandanstriche nie die Desinfektion mittels der gewöhnlichen Methoden entbehr- lich machen. Auch unter ganz primitiven Verhältnissen (z. B. in unzivilisierten Ländern) ist eine praktisch für die Zwecke der Seuchenbekämpfung ausreichende Wohnungs- desinfektion mit den einfachsten Mitteln möglich: Tünchung der Wohnräume mit Kalkmilch, Einlegen der infizierten Wäsche in Sublimatlösung, Verbrennen aller wertlosen Gegenstände (bzw. Ersatz von Strohmatten u. dgl.), mehrtägige Besonnung von Kleidern und Möbeln. Ueberhaupt kommt es gerade bei der Wohnungsdesinfektion nicht nur darauf an, was getan wird, sondern vor allem, wie die Aus- führung erfolgt. Für Erreichung einer zuverlässigen Desinfektion ist vor allem ein geschultes Personal nötig (vgl. oben 8. 516); hat man einmal einen Stamm gut ausgebildeter Desinfektoren, so kann jeder einzelne unter ihnen eventuell bei plötzlicher Vergrößerung des Betriebes in Epidemiezeiten leicht eine Anzahl anderer Leute so weit anlernen, dab sie unter seiner Aufsicht richtig zu arbeiten vermögen. Außerdem unterstehen die Desinfektoren selbstverständlich der Auf- sicht des beamteten Arztes. Die Desinfektoren müssen mit einer zweckentsprechenden Dienstinstruktion sowie mit einem Ver- zeichnis der für jede Desinfektion mitzuführenden Gegenstände ver- sehen sein (vgl. z. B. bei FrücczE? S. 580 die für Breslau geltende Dienstordnung, sowie Kırsteins!? „Leitfaden für Desinfektoren in Frage und Antwort“, Berlin [Springer], 2. Aufl. 1905). Diese Dienstinstruktion enthält ‘in erster Linie natürlich die technischen Anweisungen über die Handhabung der verschiedenen Desinfektionsmittel und -methoden (vgl. Einzelheiten und Tabelle betr. Formaldehyddesinfektion oben S.498f.); ferner müssen Bestimmungen vorgesehen sein, um eine Weiterverbreitung des Ansteckungsstoffes gelegentlich der Ausführung der Desinfektionsmaßnahmen auf dritte Personen und auf die Desinfektoren selbst zu verhüten und endlich allen, Sachbeschädigungen und Reklamationen nach Möglichkeit vorzubeugen. Um eine Ausstreuung von Infektionsmaterial zu verhüten, ist streng darauf zu achten, daß der Transport infizierter Objekte nach der Desinfektionsanstalt stets unter gehöriger Verpackung (in mit Sublimat getränkten Säcken), sowie auf direktem Wege erfolgt, ohne daß die Desinfektionskolonne dabei zugleich andere Wohnungen berührt oder wohl gar im Wirtshaus einkehrt oder öffentliche Fuhrwerke be- nutzt! Der Ordnung wegen ist von allen nach der Desinfektionsanstalt zu trans- portierenden Sachen während des Verpackens im Beisein des Besitzers ein doppeltes Verzeichnis anzufertigen, von dem ein Exemplar dem Inhaber der Wohnung, das andere der Desinfektionsanstalt zu übergeben ist. Zum Schutz der Desinfektoren gegen Infektion dienen folgende Maßnahmen: Die Leute haben während der Arbeit über ihrer Kleidung einen leinenen Arbeitsanzug (auch Mütze und Leinwandstiefel) sowie einen vor den Mund festgebundenen Schwamm zu tragen; Anzug und Schwamm sind vor Betreten des infizierten Raumes an- und erst nach völlig beendeter Arbeit in demselben abzulegen; die Desinfektion des Arbeitsanzuges erfolgt entweder (bei Formaldehyddesinfektion) in dem zu behandelnden Raum selbst — oder derselbe wird mit den für den Dampfofen bestimmten Sachen zusammengepackt. Staubentwickelung während der Arbeit ist tunlichst zu vermeiden. Handelt es sich um einen außerordentlich infektiösen Krankheitsfall (Lungenpest, Pocken), so kann vor Betreten des Raumes bereits vermittelst Einleiten von Formaldehyddampf von außen durch das Schlüssel- loch der größte Teil der vorhandenen Infektionserreger unschädlich gemacht und erst dann die nötigen Manipulationen in dem Raum betreffs einer vollständigen Desinfektion lege artis unternommen werden. Selbstverständlich darf der Des- infektor während seiner Arbeit nicht essen und trinken; nach beendeter Arbeit Desinfektionslehre. 523 hat er Gesicht und Hände, sowie Haupt- und Barthaar gründlich mit Sublimat zu waschen. Die Wohnungsdesinfektion sollte für alle gemein- gefährlichen Infektionskrankheiten (inkl. Fälle von offener Tuberkulose) obligatorisch und selbstverständlich ge- bührenfrei sein. Der jetzige Zustand, wonach für jede Desinfek- tion ziemlich erhebliche Gebühren zu zahlen sind und die Befreiung von der Zahlung derselben im Unvermögensfalle allzusehr den Cha- rakter einer Armenunterstützung trägt, ist der Sache schädlich und führt vielfach zu dem Bestreben, die Fälle von ansteckenden Krank- heiten zu verheimlichen, um die Desinfektion zu umgehen; dadurch wird aber gerade das Gegenteil von dem erreicht, was man er- strebte. In der Ausführung begegnet die Wohnungsdesinfektion auch jetzt noch gewissen Schwierigkeiten, insbesondere in der Wohnung der Armen und auf dem Lande; um nur einen Punkt hervorzuheben, so ist es oft eine schwierige Frage, wo sich in denjenigen (leider nur allzu häufigen) Fällen, in denen die ganze Wohnung nur aus einem einzigen Zimmer besteht, die Familie während der (oft mehrere Stun- den beanspruchenden) Desinfektion ihres einzigen Wohnraumes auf- halten soll. Das erste (und bei exotischen Seuchen unbedingt anzu- wendende) Verfahren ist selbstverständlich, die Familie während der Desinfektion zu evakuieren und provisorisch in einem Observations- kamp, Krankenhaus oder (wie das nach PruntL!® in Berlin üblich) im Asyl für Obdachlose unterzubringen; dieses Verfahren ist auch das einzige, welches gleichzeitig eine Desinfektion der (gewiß oft infizierten) Kleider ermöglicht, welche die Leute auf dem Leibe tragen, sowie endlich eine Körperdesinfektion durch Bad. Trotz der Schwierigkeiten, welche einer vollkommenen Ausfüh- rung der Wohnungsdesinfektion noch vielfach entgegenstehen, darf man sich nicht entmutigen lassen; die günstigen Erfolge derselben in der Praxis beweisen am besten, daß die Wohnungsdesinfektion neben der Isolierung während der Krankheit unsere wichtigste Waffe im Kampfe gegen die Seuchen darstellt. Anhang. Unter den Gebrauchsgegenständen (vgl. auch das nächste Kapitel) machen die Bücher am meisten Schwierigkeiten; Lıon 19 empfiehlt Formalindesinfektion, doch hatte v. ScHAB 2° hierbei teilweise ungenügende Resultate. Die gewöhn- liche Desinfektion ist zwar nach PETRUSCHKY?! und Krausz 2? auch für Bücher und Akten ein durchaus sicheres Verfahren, wobei jedoch Ledereinbände und geklebte Flächen erheblich leiden; Tintenschrift verblaßt nicht. Ein schonendes und für vegetative Formen (bei 24—48-stündiger Ein- wirkung selbst für Tuberkelbacillen) wirksames Verfahren, besteht in der Ein- wirkung feuchter heißer Luft, von etwa 75—80° Wärme und 30—40 Proz. relativer Feuchtigkeit (MosEBAcH 23, FINDEL?3a, BALLNER?, XYLANDER !6a). Noch wirksamer, auch gegenüber Sporen, und ebenso schonend, ist die Des- infektion im Formaldehydwasserdampf (Rubner-Apparat); vgl. bei GLAsEr®, TRAUTMANN 31, SOBERNHEIM & SELIGMANN 32, BERLIOZ°®, DESFOSsSES °#; letztere beiden Autoren konnten den Formaldehyd auch durch Aethylaldehyd ersetzen. GÄRTNER endlich empfiehlt zu gleichem Zweck ein Gemisch von Alkohol- und Wasserdampf (zu gleichen Teilen) bei etwa 55° und schuf einen speziellen Apparat für die praktische Anwendung im großen; in diesem Apparat können binnen 10 Stunden bis zu 4000 Bücher desinfiziert werden. Die Desinfektion öffentlicher Fuhrwerke (Droschken, Kranken- wagen, Eisenbahn- und Tramwagen), die dem Transport von Infektionskranken 524 E. GoTscHLIcCH, gedient haben, erfolgt unter sinngemäßer Anwendung der für die Wohnungs- desinfektion angegebenen Regeln; Boden und Trittbretter, sowie Lederpolster werden mit Sublimat (oder Kresolseifenlösung) gewaschen, Vorhänge, Teppiche, Polster im Dampfofen desinfiziert; vgl. auch in der „Allgemeinen Prophylaxe“. Vortreffliche Resultate hatte schon REICHENBACH ? mit der Formalindesinfek- tion von Eisenbahnwagen erzielt; Schwierigkeiten ergaben sich nur bei Vorhandensein von Polstern, wegen mangelnder Tiefenwirkung. Das sicherste und schonendste Verfahren ist auch hier die Desinfektion im RuBnerschen Universalapparat mit Formaldehyd und Wasserdampf bei erniedrigtem Druck. Die Schiffsdesinfektion bietet gewisse ganz eigenartige - Verhält- nisse, die hier nur angedeutet werden können; betr. aller Einzelheiten sei auf die umfassende und autoritative Darstellung NocHTs?? verwiesen. In manchen Fällen wird es sich ja nur um Desinfektion einzelner Wohn- und Schlaf- räume handeln, die dann nach den allgemeinen Regeln ohne Schwierigkeiten vollzogen werden; auch die Formalindesinfektion ist hierzu schon in größtem Maßstabe mit praktisch gutem Erfolge angewandt worden (MONTIZAMBERT ?*); — Schwierigkeiten eigener Art bietet dagegen die insbesondere zur Abwehr der Cholera in Betracht kommende Desinfektion des Bilschwassers (d.h. des im untersten Schiffsraum angesammelten Schmutzwassers, das teils aus den Abwässern des Schiffes selbst stammt, teils von außen (verseuchtes Hafenwasser) aufgenommen wird und in beiden Beziehungen natürlich infektionsverdächtig ist; letzteres gilt auch von dem in verseuchten Häfen eingenommenen Wasser- ballast. Eine rationelle Desinfektion des Bilsch- und Ballastwassers erfordert vor allem genaue Kenntnis der (oft sehr komplizierten und auf Schiffen ver- schiedener Bauart ganz verschieden gestalteten) untersten Räume des Schiffes und ihrer Zugänglichkeit (vgl. bei NocHTt, S. 476ff.); im gegebenen Falle ver- ständigt man sich über das einzuschlagende Verfahren vorher mit dem Schiffs- ingenieur. Zur Desinfektion des Bilschwassers verwendet man entweder Subli- mat, oder nach NocHT besser Kalkmilch; hierbei muß ein Kalkgehalt von 0,5 Proz. des zu desinfizierenden Wassers erreicht werden, was sich durch starke alkalische Reaktionen (auf rotes Lackmuspapier) kundgibt. — Bei der Desinfektion pestinfizierter oder auch nur pestverdächtiger Schiffe ist eine möglichst vollständige Vertilgung der Schiffsratten die Hauptsache, ver- mittelst des von NOCHT & GIEMSA°®* ausgearbeiteten und mit bestem Erfolg geprüften Verfahrens der Einleitung von Generatorgas in die unteren Räume des Schiffes; vgl. betr. Einzelheiten sowie betr. des zum gleichen Zwecke em- pfohlenen Clayton-Gases (im wesentlichen aus schwefligen Säuren bestehend) im Abschnitt „Pest“ dieses Handbuches. Literatur. 1k en C., Zeitschr. f. Hyg., Bd. 25, 179, 1897; Bd. 30, 107, 1899; Bd. 38, 1, Mole 2. — Ebenda, Bd. 29, 276, 1898; Klin. Jahrb., Bd. 7, 1900; „Die Wohnungs- desinfektion durch Formaldehyd“, Jena 1900; „Grundriß d. Hyg.“, 5. Aufl., Leipzig (Veit), 1902, S. 568 ff. 3% OTTSEENORE, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 35, 1901; „Desinfektion“, Bd. 4, Nr. 2/3, 4. BERTARELLI, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 42, Nr. 3, 1903. 4da.SıMon, Ebenda, Bd. 43, 1904. 5. v. ESMARcCH, Ebenda, Bd. 2, 491, 1887. 5a. KIRSTEIN, „Desinfektion“, Bd. 3, Nr. 5, 1910. 6. GUTTMANN & MERKE, Virch. Arch., Bd. 107, 459, 1887. ‘. Tonzıs, Hyg. Rundschau, 1902, Nr. 16. 8. REILLE, P., Ann. d’hyg. publ. et de med. legale, 3. ser., T. 45, 1901. 9. KISTER & MATTHES, Gesundh.-Ing., 1903, Nr. 7. 9a.ABBA & RONDELLI, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 33, Nr. 10, 1903. 10. DEYCKE, Ebenda, Bd. 23, Nr. 24, 1897. 11. HEIMES, Deutsche med. Wochenschr., 1899, Nr. 11. 13. Rapp, Apotheker-Ztg., 1901, Nr. 86; Arch. f. Hyg., Bd. 47, 291, 1903. 14. Bosco, zit. nach JAcoBITZ, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 37, 70, 1901. 15. BROCHNIOWSKY, Diss. Petersburg 1901; Ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., BdI3272150: 15a.HunHs, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 56, Nr. 3, 190%. 16. RABINOWITSCH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 40, 529, 1902. Desinfektionslehre. 525 16a. XYEANDER, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 29, Nr. 2, 1908; Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 104. 16b. WEISS, „Desinfektion“, Bd. 2, Nr. 6, 1909. 16c. GHIGLIONE, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 35, Nr. 1, 1903. 17. SALTYKoW, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 62, Nr. 3, 1909. 17a. Hüne, Ebenda, Bd. 69, Nr. 2, 1911. 17b. KIRSTEIN, F., „Leitfaden für Desinfektoren in Frage und Antwort“, Berlin (Springer), 1901. 18. PruHnrL, „Desinfektionsanstalten und Desinfektionsapparate“ in BEHRING, „Die Bekämpfung der Infektionskrankh.“, Hyg. Teil, Leipzig (G. Thieme), 1894. 19. Lion, Diss. Würzburg; Ref. Hyg. Rundschau, 1897, Nr. 6. 20. v. ScHAB, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 21, Nr. 4, 189. 21. PETRUSCHKY, Gesundheit, Bd. 24, Nr. 2, 1899. 22. KRAUSZ, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 37, 241, 1901. 23. NocHT, „Ueber Schiffsdesinfektion“ in BEHRINGs Handbuch, zit. nach 18, 1894. 24. NoCHT & GIEMSA, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, 1903. 25. SILBERSCHMIDT, Korrespondenzbl. f. Schweizer Aerzte, 1898, Nr. 7. 26. REICHENBACH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 39, 428, 1902. 27. MONTIZAMBERT, ref. Hyg. Rundschau, 1900, Nr. 21. 28. MosSEBACH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 50, 485. 28a. FINDEL, Ebenda, Bd. 57, Nr. 1, 1907. 29. BALLNER, „Ueber die Desinfektion von Büchern .... mittelst feuchter heißer Luft“. Wien (Deuticke), 1907. 30. GLASER, „Das österreich. Sanitätswesen“, 1907. Nr. 28, Beilage; Ref. Ge- sundh.-Ing., 1908, Nr. 4. 31. TRAUTMANN, Zeitschr. f. Tub., Bd. 10, Nr. 6, 190%. 32. SOBERNHEIM & SELIGMANN, „Desinfektion“, Bd. 3, Nr. 11, 1910. 33. BERLIOZ, Compt. rend. soc. Biol., Paris 1908. 34. DESFOSSES, Presse med., 1909, Nr. 53. 35. GÄRTNER, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 62, Nr. 1, 1908. III. Desinfektion menschlicher und tierischer Exkrete und Abiallstoffe. Ueber die Desinfektion krankhafter Se- und Exkrete, sowie der damit ver- unreinigten Gegenstände ist bereits an verschiedenen Stellen der „Allgemeinen Prophylaxe“ verhandelt werden; vergl. S. 470. Besondere Schwierigkeiten bietet die Desinfektion des tuberkulösen Spu- tums: chemische Desinfizientien dringen, wenn nicht eime (in praxi meist un- ausführbare) energische Durchmischung stattgefunden hat, in die zähen Ballen des Auswurfs nur sehr langsam ein und sind daher erst bei Anwendung starker Lösungen und bei langer Anwendungsdauer zuverlässig. Sublimat wirkt in Lösung von 5 Prom. (bei Anwendung der zehnfachen Menge, im Verhältnis der zu desinfizierenden Menge des Auswurfs) erst nach 1!/; Stunden (StEINITZ13). Derselbe Autor fand 1-proz. Jodtrichlorid- und 50-proz. Formaliniösung (entsprechend 4 Proz. Formaldehydgehalt) noch nach 3 Stunden nicht sicher wirksam; Phenol wirkt in 3-proz. Lösung erst nach 8 Stunden (GEILINGER?), Lysol nach GERLACH? in 5-proz. Lösung in 3 Stunden, nach SPENGLER?* in 10-proz. Lösung erst binnen 12 Stunden ; die Unterschiede erklären sich wohl durch verschiedene Zähigkeit des verwendeten Sputums. LAnGLoIs® schlägt mit Rücksicht auf diese Schwierigkeiten die Desinfektion des Sputums mit käuflicher Soda- oder Pottaschelösung vor. Am sichersten ist jedenfalls die Sterilisation durch Auskochen, wozu KIRCHNER *® einen zweckmäßigen Apparat angegeben hat, — oder durch Verbrennung des Sputums samt dem aus brennbarem Material hergestellten Spucknapf (STEINITZ?!). — Im engen Zusammenhang mit der Frage der Sputumdesinfektion steht auch die Frage der Desinfektion der mit tuberkulösem Auswurf infizierten Wäsche; die für diesen Zweck von ROEPKE & BuscH?? empfohlene Anwendung einer 2-proz. Rohlysoformlösung erweist sich nach KAUFMANN & MirrtscH ®° und KAISER ?? trotz 12—24-stündiger Anwendung als ungenügend; falls man nicht sogleich die Desinfektion durch Auskochen oder im Dampf anwenden kann empfiehlt es sich, die Wäsche für 3 Stunden in 5-prom. Sublimatlösung einzu- legen (KIRSTEIN 30). — 526 E. GOTSCHLICH, Die Desinfektion der Exkremente erfolgt am Krankenbett am besten mit Chlorkalk; Stechbecken, Abtrittsbecken und Sitzbecken sind mit Lysol ab- zuwaschen. Bei Vorhandensein geformter Fäkalmassen ist, mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten des Eindringens des Desinficiens, die Einwirkungsdauer auf mehrere Stunden zu bemessen; KAISER?! und FROMME°? empfehlen zu diesem Zwecke die Anwendung roher Natronlauge. Hier noch einiges über Fäkalien- desinfektion im großen. Für Spitäler mit zahlreichen infektiösen Kranken bewährt sich am besten das Auskochen aller infizierten Gefäße samt Inhalt in einem gemeinsamen Apparat (von RIETSCHEL & HENNEBERG zu beziehen), und zwar in einer Kaliumpermanganatlösung, wodurch Entwicklung üblen Geruchs vollständig vermieden wird (MERKE!). Für die Latrinendesinfektion be- währt sich am besten Kalkmilch (PrunL?), mit der die Fäkalien zu gleichen Teilen gründlich zu mischen sind; jedenfalls muß die Reaktion des Desinfektions- gemisches bei Prüfung mit Lackmuspapier sich als stark alkalisch erweisen. Durch Zusatz von Aetzkalk (im Verhältnis von 8 Proz.) läßt sich auch in den sonst hygienisch durchaus unzureichenden Erdstreuklosetts rasche Vernichtung pathogener Keime bewirken, vorausgesetzt, daß für gründliche Durchmischung gesorgt wird (etwa °/, kg Kalkerdegemisch per Defäkation zu rechnen) (SINN- HUBER?°). Bei der Desinfektion mit Chlorkalk genügt ein Zusatz von 1 Proz., also per Kubikmeter Latrineninhalt etwa 10 kg Chlorkalk; gründlich durchzu- mischen! Auch zur Desinfektion von Abwässern im großen ist Chlorkalk am empfehlenswertesten;: zur Erzielung einer sicheren Wirkung ist der Chlorkalk mindestens im: Verhältnis von 1:1000 anzuwenden, bei einer Einwirkungsdauer von 2 Stunden (KRANEPUHL!?). — Ueber die Desinfektion des Gruben- inhaltes mit Saprol vgl. oben S. 488. Bei der Desinfektion von Tonnen und Kübeln ist auch deren (häufig beschmutzte) Außenseite zu berücksichtigen ; KornsTÄDT* empfiehlt gründliches Ausspritzen und Bespülen der Wände mit einem Dampfstrahl, mindestens eine Minute lang. — Zahlreiche Versuche sind gemacht worden, um ein einfaches und sicheres Verfahren der Fäkaliendesinfek- tion zu finden, das gleichzeitig die landwirtschaftliche Verwendung der- selben (zu Dungzwecken) nicht behindert; zu diesem Zweck bewährt sich am besten die Desinfektion mit Torfmull, dessen bakterizide Eigenschaften (zuerst von SCHROEDER° entdeckt) durch Zusatz von Superphosphat, noch mehr aber von Säuren, insbesondere Schwefel- und Phosphorsäure (bis 10 Proz.) erheblich verstärkt werden können, wodurch zugleich der Dungwert erhöht wird (KLır- STEIN®, C. FRÄNKEL & KLIPSTEIN ’, STUTZER & BURRI®, A. GÄRTNER, LÖFF- LER & ABEL!®, J. H. VoGEL!!); günstig ist auch die starke Absorptionsfähigkeit des Torfmulls, der bis zum zehnfachen seines Eigengewichts Fäkalien aufzusaugen vermag (KLIPSTEIN®). Typhusbacillen sind (entsprechend ihrer größeren Re- sistenz gegen Säure) erheblich schwieriger abzutöten als Cholerabaeillen ; während letztere z. B. in 2 Proz. Schwefelsäure-Torfmull binnen wenigen Stunden abge- tötet waren, vermochten sich Typhusbacillen in diesem Gemisch oft bis zu 12 Tagen lebensfähig zu erhalten (LörrfLeER & ABEL!?), und selbst in einem 10-proz. Säuregemisch bis zu 12 Stunden (KLıpsTEin®). Aus dem gleichen Grunde sind alte (alkalisch reagierende) Fäkalien schwieriger zu desinfizieren als frische. Unter allen Umständen ist für eine innige Durchmischung der Fäkalien mit dem sauren Torfmull zu sorgen, wie das wohl nur durch maschinelle Hilfsmittel (Rührwerke) sicher erreichbar ist (A. GÄRTNER); die bloße Zwischenstreu von Torfmull ohne innige Durchmischung ist zur Erreichung des Desinfektionseffektes durchaus unzureichend. Die Unschädlichmachung infektiöser tierischer Kadaver er- folgt am einfachsten an Ort und Stelle (jedoch in einiger Entfernung von Woh- nungen, Ställen, Weiden, öffentlichen Wegen usw.) durch tiefes Vergraben (in etwa 3 m Tiefe), wobei der Kadaver in Aetzkalk eingebettet und nach Zuschütten des Lochs die ganze Umgebung gehörig mit frisch bereiteter Kalkmilch durch- tränkt wird. Wo das Vergraben an Ort und Stelle untunlich ist, muß bei dem Transport darauf geachtet werden, daß keine Verstreuung infektiösen Materials stattfindet (Blut, Fäkalien usw.); zu diesem Zweck muß der Kadaver vorher von den etwa oberflächlich anhaftenden Keimen durch Abspülen mit Sublimat oder besser durch Absengen (nach vorgängigem Uebergießen mit Petroleum) be- freit werden und ist darauf, in ein mit Sublimat getränktes Segeltuch eingehüllt, vermittels sicher schließenden (mit Blech ausgeschlagenen) Wagens nach der Abdeckerei zu transportieren. Leider entspricht die an vielen Orten übliche Art und Weise des Transports oft keineswegs diesen Bedingungen. In der Ab- deckerei erfolgt die Vernichtung infektiöser Tierkadaver am "besten in Ver- brennungsöfen (Korr!*, KEIDEL!’) oder durch das von AIME GIRARD ange- Desinfektionslehre. 527 gebene Verfahren der Auflösung in roher Schwefelsäure von 66° Be. (Huonx !%). Betr. der Desinfektion von Fellen, Haaren und Borsten vergl. das Kapitel „Milzbrand‘“ im speziellen Teil dieses Handbuchs. Auch hier erweist sich die Anwendung des RuBnerschen Universal- Apparates (vgl. oben S. 515) als schonendes und sicheres Verfahren (GIns>3). Bei manchen Seuchen der Schlacht- tiere darf zwar das Fleisch nicht in rohem, wohl aber in gekochtem Zustand zum Konsum zugelassen werden; solches „bedingt gesundheitsschädliche Fleisch“ ist auf dem Schlachthof selbst in besonderen Kochapparaten zu steri- lisieren (ABEL!?). Zur Stalldesinfektıon sind nur solche Desinfizientien brauchbar, deren Wirksamkeit durch Anwesenheit reichlicher Mengen organischen Materials (Mist) nicht beeinträchtigt wird; Formalindesinfektion ist für Ställe und Viehwagen nur dann mit Erfolg verwendbar, wenn die infizierte Streu völlig entfernt und separat desinfiziert wird (REICHENBACH ?', PERKUHN®®). Am besten bewähren sich frisch bereitete Kalkmilch oder Karbol-Schwefelsäuregemisch, mit denen der Mist und der Stallboden möglichst intensiv und unter Anwendung möglichst reich- licher Mengen zu imprägnieren ist; am besten wird der Mist nachträglich unter Begießen mit Petroleum verbrannt, oder wo dies nicht angängig, tief vergraben. Der Dünger kann auch durch die bei geeigneter „Packung“ entstehende „Selbsterhitzung‘“ desinfiziert werden; binnen 14 Tagen fand PFEILER ®* sogar Milzbrandspuren abgetötet, während BoHTz°> nicht so günstige Resultate hatte. Holzteile in den Ställen, sowie Viehwagen, die zum: Transport von infizierten Tieren gedient haben, werden durch Ausscheuern mit Kalkmilch oder heißer Karbolseifenlösung desinfiziert; wenn es sich um Abtötung von Milzbrandsporen handelt, so ist nach FROEHNER°® am meisten die gründliche Anwendung 5-prom. Sublimatlösung zu empfehlen. — Die Einlage von saurer Torfstreu, die (bei einem Schwefelsäuregehalt von 2 Proz.) nach STUTZER, BURRI & HERFELDT !* allerdings vegetative Fommen von Tierseuchenerregern abtötet, ohne die Tiere selbst zu schädigen) genügt für sich allein zu einer ausreichenden Stalldesin- fektion keineswegs (W. EBER!?, KÜNNEMANN?O, RABE?!), offenbar weil die Durchmischung mit den infektiösen Ausscheidungen ganz ungenügend ist. Literatur. . MERKE, Berl. klin. Wochenschr., 1892, Nr. 38. . PFUHL, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 7, 363, 1890. SINNHUBER, Diss. Königsberg 1896. KornsTÄDT, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 15, 72, 189. SCHRÖDER, Diss. Marburg 1891. KLIPsSTEIN, Hyg. Rundschau, 1893, Nr. 24. FRÄNKEL, C., & KLIPSTEIN, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 15, 333, 1893. STUTZER & BurRI, Ebenda, Bd. 14, 453, 1893. GÄRTNER, A., Ebenda, Bd. 18, 263, 1894. . LÖFFLER & ABEL, ref. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 16, 30, 1894. . VoGEL, J. H., Die keimtötende Wirkung des Torfmulls.. 4 Gutachten von a GÄRTNER, Ü©. FRÄNKEL, LÖFFLER; ref. Baumgartens Jahresber., LS Hk 12. KRANEPUHL, ref. Gesundh.-Ing., 1908, 167. 13. STEINITZ, Zeutschr. f. Hyg., Bd. 38, 118, 1901 (Lit.!). 14. Korı, Gesundh.-Ing., 1893. 15. KEIDEL, Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Bd. 24. 16. Hvon, ref. Baumgartens Jahresber., 1898, S. 394. 17. Ageı, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 30, 374, 1899. 18. I LZER, BURRI & HERFELDT, Centralbl. f. Bakt., II. Abt., Bd. 1, 841, ». 19. EBER, W., ref. Baumgartens Jahresber., 1897, S. 1004f. 20. KÜNNEMANN, Ebenda. 21. RABE, Ebenda. 2la.STEINITZ, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 38, 118, 1901 (Lit.!). 22. GEILINGER, Arch. f. Hyg., Bd. 71, 87, 1909. 23. GERLACH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 10. 24. SPENGLER, Münch. med. Wochenschr., 1891, Nr. 45. 25. LANnGLoIs, Presse med., 1907, Nr. 6. 26. KIRCHNER, Arch. f. Hyg., Bd. 12; Klin. Jahrbuch, Bd. 22, Nr. 1, 1909. 27. ROEPKE & Busch, Zeitschr. f. Tub., Bd. 14, Nr. 3, 1909. HSemnasrww- mu 528 E. GOTSCHLICH, 28. KAUFMANN & MIETScH, Ebenda, Bd. 12, Nr. 5, 1908. 29. KAISER, Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 714. 30. KIRSTEIN, Desinfektion, Bd. 3, Nr. 5, 1910. 3l. KAISER, Arch. f. Hyg., Bd. 60, Nr. 2, 1907. 32. FROMME, Desinfektion, Bd. 3, Nr. 1, 1910. 33. Gıins, Ebenda, Bd. 3, Nr. 8, 1910. 34. PFEILER, Inaug.-Diss. Berlin 1905. 35. BoHTZ, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 33, Nr. 2, 1910. 36. FROEHNER, Deutsche tierärztl. Wochenschr., 1905, Nr. 42. 37. REICHENBACH, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 39, 428, 1902. 38. PERKUHN, Inaug.-Diss. Gießen 1905. IV. Chirurgische Desinfiektionspraxis und Händedesiniektion. Als Grundsatz der chirurgischen Desinfektionspraxis muß gelten, daß alles, was mit der Wunde in Berührung kommt (Instru- mente, Verbandstoffe, Nahtmaterial) inkl. der Hände des Operateurs und der Assistenten, sowie das Operationsfeld selbst, keimfrei sein und während der ganzen Dauer der Operation bzw. der Wundbehand- lung keimfrei bleiben muß. Diese Forderung läßt sich schon jetzt für alle leblosen Gegenstände, die mit der Wunde in Berührung kommen, in vollstem Umfange erfüllen, während, wie wir sehen werden, eine absolute Sterilität des Operationsfeldes und der mensch- lichen Hand vorläufig nicht mit Sicherheit zu erreichen ist. Die Sterilisierung der Metallinstrumente (Injektionsspritzen usw.) erfolgt am sichersten durch Auskochen (5 Minuten lang) in 1-proz. Sodalösung (SCHIMMELBUSCH!); selbst Milzbrandsporen werden durch dieses Verfahren binnen zwei Minuten sicher abgetötet; die Schärfe der Messer leidet hierbei nicht, vorausgesetzt, daß (durch Einsetzen in ein geeignetes Gestell) das Anschlagen derselben in der siedenden Flüssigkeit verhindert wird (IHLE?). Die Instrumente müssen behufs Sterilisation durch Auskochen ganz aus Metall ge- fertigt und event. leicht auseinander zu nehmen sein, damit die desinfizierende Wirkung nicht gehemmt werde. Neuerdings empfiehlt Cowrapr10 als noch wirksamere Methode das Auskochen in Sesamöl bei 200°. Die Sterilisation mittels trockener Hitze gelingt zwar mit Hilfe besonderer Apparate, die eine gleichmäßige Temperatur in ihrem Innern verbürgen, gleichfalls vortrefflich, erfordert aber stets sehr viel längere Zeit (wenigstens 2 Stunden). Sehr zweckmäßig, aber teuer sind kleinere Instrumente (Spritzennadeln, Impfmesser- chen usw.) aus Iridiumplatin, das so hart wie Stahl ist und das Ausglühen ohne Schaden verträgt. Von chemischen Desinfizientien eignen sich Aue oxyceyanid (vergl. oben S. 470) und insbesondere Seifenspiritus (POLAK®), der an Instrumenten angetrocknete Staphylokokken binnen 15 Minuten abtötet; die Entfernung der schlüpfrigen Seifenlösung gelingt leicht mittels 50-proz. Alkohols oder 3-proz. Borsäure. Große Schwierigkeiten macht die Sterilisation der Bürsten, weshalb SCHLEICH * von ihrem Gebrauch ganz abraten zu müssen glaubt; auch SCHENK & ZaurFAL? finden das von WINTERNITZ® als absolut zuverlässig angegebene Verfahren (10 Minuten Kochen in 1l-proz. Soda und Aufbewahrung in 1l-prom. Sublimat) nicht ganz sicher und empfehlen vielmehr Desinfektion im gespannten Dampf; auch ist es zweckmäßig, die für die mechanische Reinigung der Hände verwendeten Bürsten von denen zur chemischen Desinfektion dienenden völlig getrennt zu halten. Gewisse Schwierigkeiten bestehen auch für die Desinfektion elastischer Katheter, einmal weil das enge Lumen derselben nicht leicht zugänglich ist (1-prom. Sublimat selbst nach 30-stündiger Einwirkung von DELAGINIEREH als unsicher befunden), zweitens weil durch die meisten energischen Desinfizientien das Material leidet. Die einzig sichere Sterilisierungsmethode für Katheter ist das Auskochen oder die Dampfdesinfektion (GOLDBERG !%!). Auf die Notwendigkeit strengster Asepsis beim Katheterismus (auch sorgfältige Desinfektion der Urethral- mündung) hat besonders KUTNER ! hingewiesen und hat (ebenso wie EHRMANN?) einen kleinen praktischen Apparat angegeben, in dem der Katheter sowohl von außen wie von innen von strömendem Dampf umspült wird; Apparate zur Des- Desinfektionslehre. 529 infektion in Formalindampf, vergl. bei KATZENSTEIN? und LorB!‘. Furp!” empfiehlt für die Desinfektion von Gummischläuchen die Einwirkung 50-proz. Glyzerins bei 70° während 20 Minuten. — Ueber Desinfektion von Gummihand- schuhen vergl. weiter unten S. 537. Unter den als Nahtmaterial angewendeten Stoffen sind Metalligaturen und Seidenfäden selbstverständlich leicht und sicher durch Auskochen zu sterilisieren; Braun !? empfiehlt die Seidenfäden mit Celloidin zu imprägnieren, um die poröse Beschaffenheit und rauhe Oberfläche des Fadens, die sonst leicht zur Ansiedlung von Hautbakterien und zu Fadeneiterungen (Krönrs@!?b) Veran- lassung geben, zu beseitigen. WEDERHAKE 103 empfiehlt silberimprägnierte Seide. — Ganz besonders strenge Anforderungen sind an die Sterilisierung des Katguts zu stellen, da dasselbe schon wegen seiner Herkunft (aus Därmen fabriziert) über- aus infektionsverdächtig ist und in der Tat schon in einer ganzen Reihe von Fällen nachweislich Wundinfektionen verursacht hat; kritische Zusammenstellung bei BRUNNER !#a, die meisten Fälle beziehen sich auf Catgut, das mit (dem als völlig unwirksam erkannten) Karbolöl desinfiziert worden war. Das Rohcatgut enthält fast regelmäßig sehr widerstandsfähige Sporen von Saprophyten und in etwa 1 Proz. der Fälle Tetanuskeime (BoccH1A 1%); eine Zusammenstellung von 33 Fällen von Tetanusinfektion durch Catgut findet sich bei KLEINERTZ!®. Auch die Möglichkeit der Infektion mit Milzbrandsporen wäre bei Verwendung von Därmen milzbrandiger Tiere (z. B. bei ausländischem Material) nicht von der Hand zu weisen. Der Nachweis lebensfähiger Keime im Catgut ist übrigens nicht immer ganz leicht, da dieselben im Innern des fest zusammengedrehten Fadens dem kulturellen Nachweis entgehen können; HoFFMANnN !0® empfiehlt zu diesem Zweck den Faden vorher durch 1/,-proz. Sodalösung bei 55° auflockern zu lassen; Kumn!®, HEERFORDTH° und BERTARELLI"! empfehlen neben der kul- turellen Untersuchung auch stets die Prüfung im Tierversuch, insbesondere: durch Verimpfung in die vordere Augenkammer des Kaninchens. — Aber selbst durch notorisch steriles Catgut sahen PoppErT!? und OrLAnDı!‘ Eiterung zu- stande kommen, indem dasselbe als totes organisches Material den Kokken der menschlichen Haut einen willkommenen Nährboden biete. Dazu kommen die großen Schwierigkeiten einer gründlichen Sterilisierung, weil das Material einer- seits stark fettig imbibiert ist und daher von desinfizierenden Lösungen nur schwierig benetzt wird und andererseits durch viele sonst bewährte Desinfektions- verfahren geschädigt, insbesondere durch Kochen in Wasser (infolge Aufquellung) völlig unbrauchbar gemacht wird. Hiernach erscheint es begreiflich, wenn manche Autoren (SCHLEICH *) von der Verwendung des Catguts in der Chirurgie über- haupt nichts mehr wissen wollten; jedoch haben die großen anderweitigen Vor- züge des Catguts (besonders seine Resorbierbarkeit) immer wieder dazu an- gespornt, praktisch brauchbare Desinfektionsverfahren für dasselbe zu schaffen; vergl. Zusammenfassung und Kritik der verschiedenen Verfahren bei SCHÄFFER !, BERTARELLI & BoccHIA 106, HEINEMANN !0, Sehr wichtig ist eine vor der eigent- lichen Desinfektion vorzunehmende gründliche Entfettung des Catguts, ver- mittels Einlegen in Aether auf !/s—2 Tage (BRAATZ1!®), event. nach vorgängiger. mechanischer Reinigung vermittels Abbürsten mit Alkohol (BrAaATz!®) oder Kaliseife (BRunner 14a). Hernach kann die Sterilisation entweder auf che- mischem Wege oder durch Erhitzen bewirkt werden. Unter den chemischen Verfahren seien genannt: die KörTEsche Methode der Sterilisation mit (frischem) Juniperusöl, nach JAcogı!? nach 5—6-tägiger Einwirkung zu- verlässig; — die Behandlung mit BERGMANNscher Lösung (80 Alkohol, 20 Wasser, l g Sublimat), nach SCHÄFFER !?T binnen 2 Tagen sicher wirkend; ferner die von LISTER !!2 angegebene Behandlung des Catgut mit einer Mischung von Sublimat und Chromsulfat, wobei nach 24-stündiger Anwendung das Catgut nicht nur selbst steril, sondern auch noch antiseptisch wirksam sein soll; — die von SrıcH !!? und CREDE!! empfohlene Imprägnierung des Catgut mit Silbernitrat; — die Sterilisation mit Jodjodkaliumlösung (MArTıNn 116, DELLA RosA!!. — Auch das HoFMEISTERsche?° Verfahren: zuerst Formalinhärtung in 2—5-proz. Lösung während 24—48 Stunden und nachher Auskochung in Wasser ist sehr wirksam (vergl. die einzelnen Angaben bei HALBAN & HLAWACZER ?!, VOLLMER ?? Koss- MANN 23, KrÖnIG!?b, SCHÄFFER!', Haıst '®), doch soll die Festigkeit des so behandelten Materials nach einigen Angaben bedeutend herabgesetzt sein. — Für die Sterilisation durch Hitze sind die folgenden Verfahren angegeben: Einwirkung trockener Hitze von 140° durch 3—4 Stunden (Braarz!°, DAr- LInG ?#), wobei nach letzterem Autor das Catgut zweckmäßig in paraffiniertes Papier eingewickelt wird; — 10—30 Minuten langes Kochen in gesättigter wässeriger Ammonsulfatlösung (ELSBERG 3); — 3-stündiges Kochen in Xylol Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 34 530 E. GoTSCHLICH, im Autoklaven (BRUNNER !4b); Auskochen in Paraffinöl mit nachträglicher Jod- Acetonbehandlung (McDonaLp !18). — Die sichersten Resultate scheint Krö- nıcs 13a Methode des Auskochens in Cumol (Siedepunkt 168—178°) zu ge- währen und wird solchergestalt sterilisiertes Catgut auch fabrikmäßig hergestellt (Krönıs !3c). Ueber die Verwendbarkeit siedender Alkohole zur Oatgutsterili- sation bestehen widersprechende Angaben; nach R£rın ?° sicheres Resultat durch Einwirkung von Alkoholdämpfen bei 120° im Autoklaven; nach Saun ? sind zwar siedende reine Alkohole unbrauchbar, doch soll Sterilisation in einem Siedegemisch von 85 Alkohol, 10 Wasser, 5 Karbolsäure erfolgen; indessen ist dieses Verfahren nach HALBAN & HLAWACZEK ?! und SCHÄFFER !? unzuverlässig; sicherer Effekt dagegen nach letzterem Autor durch viertelstündiges Kochen in 85-proz. Alkohol mit 1 Proz. Sublimatzusatz; HEINEMANN !%? empfiehlt halbstündige Sterilisation im 70-proz. Alkoholdampf. Zur Aufbewahrung des sterilisierten Catgut dient meist alkoholische Sublimatlösung; THOMALLA°® emp- fiehlt Imprägnation mit einer Formalin-Gelatinelösung, weil das so aufbewahrte Catgut im Stichkanal der Nähte Formalin abspaltet und so noch eine desinfi- zierende Nachwirkung ausüben soll. Gerade die Vielheit der für Catgutsterili- sation angegebenen Methoden beweist, daß wir über eine wirklich absolut zu- verlässige Methode noch nicht verfügen. Angesichts dieser Schwierigkeiten fordert Kumn 10 mit Recht eine vollständig aseptische Herstellung des Cat- guts, angefangen von der Entnahme des Rohmaterials im Schlachthaus bis zur definitiven Verarbeitung und Aufbewahrung; trotzdem die klinischen Erfahrun- gen mit dem Kunnschen „Sterilcatgut‘“ gute sind (BERTELSMANN HP), so muß doch nach LENTZ & LoCKEMANN!?2O bezweifelt werden, ob diese aseptische Herstellung wırklich praktisch durchführbar ist; jedenfalls sind diese Autoren sowie WOITHE!?! mit KuHn 10% über die Notwendigkeit einer staatlichen Beauf- sichtigung und besonderer Vorschriften für die Entnahme und Fabrikation des Catguts einig. Verbandstoffe werden am besten im strömenden Dampf sterilisiert (SCHIMMELBUSCH!, DAvIDsoHNn3, TURNER & KRUPIN?, FESSLER®P); sehr zweckmäßig sind die im Dampf sterilisierten Dünkrssenschen 3 Verbände, die in verlöteten Blechbüchsen zum Verkauf gelangen und eine unbegrenzte Halt- barkeit besitzen. Von der früher geübten Imprägnation der Verbandstoffe mit Antiseptieis (Sublimat) (LisTEr®?) ist man völlig abgekommen, nachdem die von SCHLANGE®#, v. EISELSBERG 55, LAPLAcE36, BENZoN®T, EHLERS °® angestellten Prüfungen ergeben haben, daß einerseits die käuflichen, mit Sublimat imprägnierten Ver- . bandstoffe keineswegs immer steril waren, und daß andererseits die antiseptische Wirksamkeit selbst stark imprägnierter (1—4-proz.) Sublimatgaze ganz illuso- risch ist, da schon ganz geringe Mengen von Wundsekret zur Bindung des Subli- mats genügen. Auch die käufliche „aseptische‘“ Watte fand NORMOTTE!?? (in Frankreich) stark infiziert (mit Bact. coli, Staphylokokken und Streptokokken, _ darunter sogar pathogenen Arten !). Zu günstigeren Resultaten kamen LÖFFLER °° und PruHt 4° bei der Prüfung der in der deutschen Armee eingeführten „Subli- matpäckchen“; dieselben erwiesen sich stets als steril (wohl wegen ihres höheren Sublimatgehalts, vielleicht auch wegen der gleichzeitigen Imprägnierung mit Glycerin) und behielten noch nach über 2-jährigem Lagern einen genügend hohen Sublimatgehalt. Die Sterilisation der für subkutane Injektion (oder als Augen- wasser) bestimmten medikamentösen Flüssigkeiten macht gewisse Schwierig- keiten, da viele der in Frage kommenden Lösungen (insbesondere von Alka- loiden, als Atropin, Cocain, Morphin usw.) durch Siedehitze in unkontrollier- barer Weise verändert werden (MARINnUccI®!, FRANKE2); andererseits ist nach- gewiesen, daß solche seit längerer Zeit im Gebrauch befindliche Lösungen öfters pathogene Bakterien (Pyocyaneus, Eiterkokken) enthalten, und daß die letzteren in den gebräuchlichen Konzentrationen dieser Lösungen sich stunden- bis wochenlang am Leben erhalten können (FERRARI®, SıpLErR*#). Im solchen Fällen läßt sich die Sterilisation durch Sublimatzusatz im Verhältnis von 1:10000 bewirken, oder durch Verwendung von Chloroformwasser zur Lösung; oder man hält sich konzentrierte Stammlösungen in 50-proz. Alkohol vorrätig, aus denen die zum Gebrauch am Kranken dienenden schwächeren Lösungen jedesmal frisch bereitet werden (SIDLER“). — Ueber die Gefahr der Tetanus- injektion durch Injektion käuflicher Gelatine (zum Zweck von Blutstillung) vgl. bei Kruc!23, KuHun!2, Levy & Bruns1!2ö, SCHMIEDICKE "?°; neuerdings ist sicher sterile Gelatine von vollständig aseptischer Herstellung, und zur In- jektion fertig in zugeschmolzenen Röhren aufbewahrt, im Handel. — Chine- Desinfektionslehre. Hal sische Tusche (zu Tätowierungen von Hornhautflecken verwendet) kann pa- thogene Keime enthalten und muß daher sterilisiert werden (trocken bei 160° oder feucht 15 Minuten bei 78° [v. SICHERER ®]). Während somit die Sterilisation der äußeren Gegenstände, die für die chirurgische Praxis in Betracht kommt, in völlig einwandfreier Weise gelingt, stehen der Desinfektion am lebenden Körper ungleich größere Schwierigkeiten entgegen; einerseits weil sowohl der Intensität wie der Einwirkungsdauer unserer desinfizierenden Maß- nahmen hier mit Rücksicht auf die Intakterhaltung des lebenden Ge- webes ziemlich enge Grenzen gezogen sind, andererseits weil wir in Haut und Schleimhäuten auch in gesundem Zustande jederzeit mit der Anwesenheit von Bakterien (und darunter auch sehr oft pathogenen Keimen in latentem Zustande) zu rechnen haben, die nicht nur an der Oberfläche, sondern auch in der Tiefe des Gewebes (insbesondere in den Drüsen) sitzen und für die von außen einwirkenden Desinfizientien sehr schwer oder gar nicht zugänglich sind. — Auf Schleimhäuten ist von der Erzielung einer einigermaßen sicheren Sterilität Keine Rede, da jede energischere desinfizierende Einwirkung das zarte Ge- webe derselben in viel höherem Grade schädigen würde, als die darin schmarotzenden Bakterien; immerhin kann durch vorsichtige anti- septische Spülung mechanisch ein Teil der oberflächlich haftenden Keime abgeschwemmt werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, daß die desinfizierende Lösung wirklich an die zu behandelnde Körper- stelle hingelangt; bei den gebräuchlichen Gurgelungen ist das z. B. in ganz ungenügender Weise der Fall (Harrwacus!??) und ein viel wirksamerer Effekt läßt sich auf rein mechanischem Wege durch Schlucker kleiner Brotmengen erreichen. Aber selbst die äußere Haut, die doch einer energischen Bearbeitung mit Desinfektions- mitteln zugänglich ist, läßt sich nach dem übereinstimmenden Urteil aller Untersucher nicht mit Sicherheit sterilisieren (LAUENSTEIN #6, SAMTER’, GoTTSTEIN#, SCHUMACHER); in der Tiefe bleiben die Keime oft intakt, wie sich aus der Untersuchung exzidierter Haut- stückchen oder auch nur mit Hilfe energischer Abschabung zeigen läßt. LANDERER & Krämer wollen in S0—90 Proz. der Fälle voll- ständige Sterilisierung des Operationsfeldes durch 12—36-stündige Einwirkung 1-proz. Formalinkompressen erzielt haben. In den letzten Jahren wurden zu diesem Zwecke ferner empfohlen: wieder- holte Behandlung mit Seifenspiritus (SIKEMEIER 128), mit Acetonalkohol (v. Herrr129%), mit Alkohol-+5 Proz. Tannin (ZABLUDowsKı130, LANnGEMaR 13%), mit Petroleum und Benzin (Zarrı!31), mit „Gaudanin“, d. h. einer antrocknenden und dadurch einen schützenden Ueberzug bildenden Lösung von Gummi in Formanbenzin + Formanäther (Döperreın !3la, LiTTAuEer132). Vor allem aber gibt die Jodbehand- lung des Operationsfeldes nach GrossicH 133 nach dem übereinstimmen- den Urteil zahlreicher Beobachter sehr gute Resultate; meistens wird die Anwendung der offizinellen Jodtinktur empfohlen (LanGe- MARK134, Hxsse134a, Lanz135, KnokE!36, Könıs 137, KrartocHvın138, FEDERMANN!39, KurscHer!#%, Uncer!l, ZasLupowsky!3%b, MÜL- LER1#2, STREITBERGER!1#, GRrERow!@, Braun!#5, Grey!*, Hor- MANN!#T, Brewirtt1#, STRETTON!#9, WATERHoUSE & FENnwıck 150, Turner!5l u. a.); die Jodtinktur wird entweder für sich allein angewandt oder nach vorausgegangener Behandlung der Haut mit 34% 532 E. GOTSCHLICH, Tanninalkohol (LAnGEmAax 19%), Acetonalkohol (v. HErFr!?9b) oder gewöhnlichem Alkohol (Nast-KoLzB!52, Donatı!53)*). Andere Me- thoden der Jodbehandlung des Operationsfeldes sind: Anwendung des Jods gelöst in Chloroform (LAurens15#) oder in Benzin (Hevs- NER155, Frank 156, Brunn 157, PÜRCKHAUER158, Bocnpan 159); vermittels Joddampf, durch Gebläse an glühendem Platindraht vorbeigeführt (JuUnGENGEL!60). In allen Fällen handelt es sich auch bei der Jod- behandlung der Haut nicht um vollständige Keimabtötung, sondern um Fixation der in den tiefer liegenden Schichten der Haut liegen- den Keime (vgl. z. B. bei KutscHer !#% und Brewırr 1#8), Die Schwierigkeiten, welche sich der Abtötung der auf und in der Haut anwesenden Keime entgegensetzen, sind graduell ver- schieden, sowohl nach dem Individuum als auch nach der Körper- stelle; die Abtötung der Keime gelingt um so vollständiger, je weicher die Haut und je weniger sie beständigen Verunreinigungen ausgesetzt ist; daher ist z. B. die Haut von Frauen und Kindern leichter zu desinfizieren; ebenso gelingt verhältnismäßig leicht die Desinfektion der Haut an Brust und Bauch; auf die größten Schwierigkeiten hingegen stößt: die Händedesinfektion. Dies liegt in den Besonderheiten des anatomischen Baues der mensch- lichen Haut an der Hand begründet. In den tieferen Schichten der Haut, bedeckt von einer stark verhornten und noch dazu fettig im- prägnierten (und somit nur schwierig benetzbaren) Epidermis, vor allem aber in den zahlreichen Hautfalten und -drüsen und gar erst im Nagelfalz und Unternagelraum sind die Bakterien der Einwirkung chemischer Desinfizientien überaus schwer zugänglich. Die Schwierig- keiten, welche der Händedesinfektion entgegenstehen, sind immer deutlicher erkannt worden, je größere Anforderungen man an die Versuchsmethodik stellte; während z. B. die ersten Unter- sucher (Kümmenl, Forster?) sich damit begnügten, das Steril- bleiben eines Fingerabdruckes in Nährböden als vollgültigen Be- weis für die erreichte Desinfektion anzusehen, stellte FÜRBRINGER? mit Recht die Anforderung, daß der Unternagelraum sich als steril erweisen müsse und daß man sich nicht nur mit der Unter- suchung der oberflächlichen Schichten (durch Abdruck) begnügen dürfe, sondern (mit Hilfe energischer mechanischer Bearbeitung durch Abreiben und Ausschaben der Haut, nach vorgängiger Erweichung derselben im Weasserbade) die tiefen Schichten zur Untersuchung heranziehen müsse. Während sich ferner nach Antrennp die Unter- suchung (mit allen soeben genannten Mitteln) nur auf einen ein- zigen Finger beschränkte, erheben PauL & Sarwzey®#, den Ver- hältnissen der Praxis entsprechend, mit Recht die Forderung, die ganze Hand (nach GoTtTsteIn & BLUMBERG sogar beide Hände) zu untersuchen, wobei durch eine musterhafte Methodik (Ausführung aller Manipulationen in einem allseitig geschlossenen „Händeunter- f *) Jodtinktur wird auch zur Behandlung kleinster Verletzungen, wie sie im täglichen Leben vorkommen, empfohlen (Payr !#1, ScHanz !62), Desinfektionslehre. 533 unreinigung von außen sicher ausgeschlossen ist. VoGEL16% empfiehlt außerdem zur Kontrolle des Resultates die Hand nach beendigter Desinfektion im DBırrschen Heißluftkasten eine halbe Stunde schwitzen zu lassen, wobei die in der Tiefe befindlichen Keime an die Oberfläche gefördert und dort bakteriologisch nachweisbar werden. — Je mehr mit der Verfeinerung der Methodik die Schwierigkeiten der Händedesinfektion zutage traten und — um das Ergebnis sogleich zu nehmen — nachdem erst einmal die Unmöglichkeit einer voll- ständigen Sterilisation der Hand dargetan war, desto mehr ging das praktische Bestreben dahin, die früheren komplizierten Methoden durch möglichst einfache zu ersetzen, um ein praktisch brauchbares Resultat mit geringsten Mitteln zu erhalten; vgl. eine historische Uebersicht bei v. Brunn 16%, Schon die ersten Untersucher (KümmeELl, FoRsTEr >?) erkannten richtig das Wesen der bei der Händedesinfektion in Betracht kommen- den Schwierigkeiten und betonten daher, daß durch alleinige An- wendung chemischer Desinfektionsmittel (selbst 1-proz. Sublimats) nur sehr selten vollständige Sterilisation erreicht wird, und dab un- bedingt der chemischen Desinfektion eine gründliche mechanische Reinigung vorausgehen müsse, vermittels Wa- schen mit Kaliseife und heißem Wasser, wobei die Nagelfalze und Unternagelräume besonders sorgfältig zu behandeln sind (Für- BRINGER ®®a, BoLL®*). Der bedeutendste Schritt vorwärts wurde dann von FÜRBRINGER?a getan, indem er zeigte, daß die Resultate der Händedesinfektion sehr wesentlich bessere werden, wenn man zwischen der mechanischen Reinigung und der chemi- schen Desinfektion eine (etwa eine Minute lang dauernde) Waschung mit starkem Alkohol (nicht unter 80 Proz.) ein- schaltet. Seitdem steht die Rolle des Alkohols und die Erklärung der Art seiner Wirksamkeit im Mittelpunkt der ganzen Hände- desinfektionsfrage; zusammenfassendes Referat über die Rolle des Alkohols (bis 1899) bei FÜRBRINGER3“, Zunächst fehlte es nicht an Erklärungsversuchen in dem Sinne, daß die mit Anwendung von Alkohol erhaltenen günstigen Resultate nur scheinbare seien (Lanps- BERG, Krönıc6), indem unter der Einwirkung des Alkohols das Gewebe sich so kontrahiere, daß es bei der nachträglichen Probe- nahme weniger leicht Bakterien abgibt als die normale Epidermis; dieser Einwand besteht jedoch (wenigstens in vollem Umfang) nicht zu Recht, da nach Autrerp & VaHLe5? auch durch energische Auf- weichung der mit Alkohol desinfizierten Hand (in heißem Wasser) das günstige Resultat der Alkoholbehandlung nicht rückgängig ge- macht wird; vgl. auch die Polemik zwischen FÜRBRINGER>>b und LAnDsgerc’Ööb. Der günstige Einfluß des Alkohols besteht also wirklich; derselbe ist nach den vorliegenden zahlreichen Arbeiten über diesen Punkt sehr komplexer Natur, indem der Alkohol einmal eine vorbereitende Rolle spielt und so die nach- folgende chemische Desinfektion begünstigt, und indem er andererseits selbst eine direkt bakterizide Wirksamkeit äußert. Was zunächst die vorbereitende Rolle des Alkohols anbelangt, so ist auch diese keine einheitliche, sondern setzt an verschiedenen Punkten ein; zunächst kommt die Lösung und Wegschwemmung des fettigen Hautsekrets in Betracht (FÜRBRINGER Pa u. °, Rer- 534 E. GoTscHLicH, NIKE°8, HÄGLerR68); doch hat Aether, trotz seines viel größeren Lösungsvermögens für Fette, im Händedesinfektionsversuch eine bei weitem unsicherere Wirkung als Alkohol; also müssen bei letzterem noch andere Momente in Betracht kommen. Hier ist insbesondere zu nennen, daß der Alkohol, dank seines starken Diffusionsvermögens, tief in die vorher durchfeuchtete Haut eindringt (AHLFELD®>B, IGERS- HEIMER!”l), (wie das von RiELÄnDER®0 und FerL®! durch mikro- chemische Reaktionen an exzidierten Hautstückchen direkt nachge- wiesen werden konnte), die in den Hautporen steckende Luft ver- drängt (Braarz®2) und damit dem nachfolgenden chemischen Des- inficiens den Weg in die Tiefe bahnt. — Außer dieser lediglich vorbereitenden Rolle kommt aber dem Alkohol bei der Händedesinfek- tion auch noch eine direkte bakterizide Wirksamkeit zu (AHLFELD 59%, FÜRBRINGER & FREYHAN 62, DANIELSSOHN & Hess 6°), ins- besondere, wenn sich das bakterienhaltige Material in stark ange- feuchtetem, gequollenem Zustand befindet (vgl. oben S. 478); hierauf gründet sich Antrenns59% Methode der „Heißwasseralkohol- desinfektion‘, bei der lediglich mechanische Reinigung der Hände mit heißem Wasser und Seife (3 Minuten lang) und darauf folgende sründliche Behandlung der Hand (Nagelfalze und Unternagelraum) mit 96-proz. Alkohol zur Anwendung gelangt und von der sonst üblichen chemischen nachfolgenden Desinfektion ganz abgesehen wird. AHLFELD Selbst erreichte mit dieser Methode in über 87 Proz. der Fälle vollständige Sterilität (wobei allerdings nur ein einziger Finger geprüft wurde); Nachprüfungen mit verschärfter Methodik (Prü- fung der ganzen Hand, und nach vorangegangener energischer mecha- nischer Bearbeitung, Ueberimpfung ganzer Epidermisschuppen) seitens Pau & Sarwey 64H, Sarwey 165, GoTTSTEIN & BLUMBERG 65, BuMmMm ST, Fürm & Monaupr166 zeigten nun allerdings, dab vollständige Sterili- tät der Hand mit dieser Methode nicht erreichbar war; immerhin erwies sich AHLFELDs Methode wegen ihrer Einfachheit für die Praxis (besonders für Hebammen) als sehr brauchbar (AHLrELD 5%, TJADEN 66, LAUENSTEIN @6b, v. HERFF169). — Eine noch weiter gehende Vereinfachung dieser Methode wurde von MıxuLıcz69 geschaffen, indem er die beiden bisher aufeinanderfolgenden Waschungen in heißem Seifenwasser und Alokohol in einen einzigen Akt, Waschung mit offizinellem Seifenspiritus, zusammenzog; durch 3 Minuten lang dauernde Behandlung der Hände mit Seifenspiritus erreichte Mıxuriıcz in 40 Proz. der Fälle vollständige Keimfreiheit, wobei eine erhebliche Tiefenwirkung zu konstatieren war; Bestätigung dieser günstigen Resultate erfolgte seitens VOLLBRECHT’?O und HaneL"L, doch wiesen PAuL & Sarwery®#!H mit verfeinerter Methodik nach, daß nur eine sehr erhebliche Keimverminderung, aber nie voll- ständige Keimfreiheit erreicht wird; ungünstige Resultate ergab auch die von Encers’5%a angestellte Nachprüfung. Von VoLL- BRECHT O0 und PFÖörRRINGEr'? wurden feste Alkoholseifen (von letzterem Autor noch mit Zusatz von Bimsteinpulver) hergestellt, die sich bei der bakteriologischen Prüfung als ebenso wirksam er- wıesen wie flüssiger Seifenspiritus und wegen ihrer Handlichkeit be- sonders für Landpraxis und Felddienst geeignet erscheinen. Grleich- falls günstige Resultate mit Alkohol-Seifen-Salben hatte SeLrer 167, während nach KurscHEr!#8® diese festen Alkoholpräparate dem flüssigen Alkohol in der Wirkung doch erheblich unterlegen sind. Desinfektionslehre. 535 Eine noch weitergehende Vereinfachung der Methoden zur Hände- desinfektion schlug ScHhumsurG!?0 vor, wonach die Waschung mit Wasser und Seife in Fortfall kommen oder doch auf eine ganz kurzdauernde Reinigung zu beschränken sei und die ganze Prozedur nur in einer gründlichen Abreibung der Hände mit Alkohol (mittelst Wattebausch) zu bestehen hat. ScHumsurG!?70 macht gegen die bisher übliche energische Bearbeitung der Hände mit Seife und Bürste mit Recht, zweierlei geltend: erstens, daß dadurch der Keimgehalt der Hand — wenigstens was die tiefsitzenden Keime betrifft — doch nicht erheblich herabgesetzt wird; zweitens daß infolge dieser Prozedur, besonders bei häufiger Wiederholung, die Hand vielfach von Rissen und Schrunden durchsetzt wird, welche nachher gerade die gefährlichsten und am schwierigsten zugänglichsten Schlupfwinkel für Bakterien darstellen. Als schonende Nachbehandlung empfiehlt SCHUMBURG für außergewöhnliche Fälle eine Desinfektion mit 10-proz. Wasserstoffsuperoxydlösung. Statt gewöhnlichen Alkohols empfiehlt SCHUMBURG eine Alkohol-Aethermischung (2:1) +1/, Proz. Salpeter- säure oder 1 Proz. Formalin; v. Hrrrr 169 empfiehlt statt des Aether- zusatzes Aceton. Die Nachprüfungen der Schumgursschen Methode (seitens der Medizinalabteilung des Preuß. Kriegsmini- steriums!72, sowie seitens Heck 173, Meissner 1%, Oerı1?5) ergaben recht günstige Resultate; durch die Alkoholbehandlung wurde eine Verminderung von über 99 Proz. der an der Hand haftenden Bak- terien erreicht; immerhin ist die bloße Alkoholbehandlung ohne voran- gegangene Waschung nur als Notbehelf anzusehen (PFIsTErer1"6, Sıck 177) und wenigstens eine kurzdauernde Seifenwaschung voraus- zuschicken, sowie eine chemische Desinfektion anzuschließen. Bei aller Anerkennung der hohen bakteriziden Wirksamkeit des Alkohols für sich allein (in den Methoden von AHLrELD, MIKULICZ und SCHUMBURG) ist aber doch absolut kein Grund einzusehen, warum man nicht (nach der ursprünglichen Fürskıngerschen Vorschrift) nach der Alkoholwaschung noch ein chemisches Desinficiens anwenden solle (wie dies ja von SCHUMBURG auch vorgesehen ist); die Sicherheit des ganzen Verfahrens kann doch dadurch nur gewinnen, und die An- wendung einer desinfizierenden Lösung ist im Vergleich zu der voran- gegangenen Abseifung und Alkoholwaschung so wenig zeitraubend und kostspielig, dab man, der bloßen Vereinfachung des Verfahrens zuliebe, darauf nicht verzichten sollte. Dies um so weniger, als einerseits, wie wir gesehen haben, das Ergebnis der auf bloße Alkohol- desinfektion basierten Methoden durchaus nicht ein vollständiges ist und andererseits direkte vergleichende Prüfungen unzweifelhaft die Ueberlegenheit einer kombinierten Methode gegenüber der bloßen Alkoholdesinfektion ergeben haben (VocerL!6, KLEemm!'8, KRrönıs & Fürs 9%, Fürh & MeıssL?%). Endlich ist hier zu bemerken, daß auch auf dem Gebiete der Händedesinfektion durch chemische Mittel in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht worden sind. So empfahl J. Harn ‘6 die Anwendung des Sublimats in alkoholischer Lösung; nach PauL & Sarwey6#VIsind Aceton und Methylalkohol noch empfehlenswertere Lösungsmittel; neuerdings wiesen BoxHorr "7 und Ensers’öb unzweifelhaft die bedeutende Ueberlegenheit alkoho- lischer Lösungen von Lysoform, Bacillol und Sublamin nach, gegen- über den wässerigen Lösungen derselben Substanzen (selbst wenn 536 E. GOoTSCHLICH, der Anwendung der wässerigen Lösung eine Alkoholwaschung voraus- gegangen war). Auf die Brauchbarkeit der beiden organischen Hg- Verbindungen: Heg-äthylendiamincitrat und Hg-äthylendiaminsulfat (= Sublamin) hatten zuerst Krönıs & BLumBErG'* hingewiesen; Be- stätigungen seitens BLUMBERG ‘8, FürH ‘?, EnGELS ‘5a; zweckmäßig ist insbesondere, daß, wegen Mangels der beim Sublimat so störenden Aetzwirkung auf die Haut, das Sublamin, falls erforderlich, in sehr starken Konzentrationen (bis 1 Proz.) ohne jeden Schaden angewendet werden kann. — Ferner ist eine überaus energische chemische Me- thode der Händedesinfektion durch ein (frisch zu bereitendes) Ge- misch von Kalium-Permanganatlösungen mit Salzsäure (wobei Chlor in statu nascendi wirkt) von SENGER®l, sowie von PAUL & KrönıG® angegeben. Bi Desgleichen ist, wie für das Operationsfeld (vgl. oben S. 531), so auch für die Hände des Chirurgen die Desinfektion mittels Jodtinktur (Brünınat9, DEcKER180), Jod-Jodkaliumlösung (Herz- FELD181), Jodbenzinoform (GRassMmann 182) mit Erfolg angewendet worden. Viel versprechend sind auch für diesen Zweck die Halogen- Derivate der Kresole (vgl. oben S. 488, sowie bei OkAnpa 183), Beiläufig sei noch erwähnt, daß auch Versuche einer auf rein mechanischer Wirkung beruhenden Händedesinfektion gemacht worden sind; hierher gehören ScHLEICHsS „Marmorstaubseife“, sowie die Singersche Sandseife, die sich beide — mögen dieselben auch vor- trefflich mechanisch wirkende Mittel sein (DEELEMANN '®) — als Desinficiens absolut nicht bewährt haben (Paun & Sarwey bt!!! KrönIG & BLUMBERG'®b, SCHENK & ZAUFAL). Das Gesamtergebnis der zahlreichen bisher angestellten Versuche über Händedesinfektion lautet leider dahin, daß eine Methode, die sicher und unter allen Umständen andauernde vollstän- dige Keimfreiheit der Hände verbürgt, bis jetzt noch nicht existiert (PauL & Sarwey6#Vl GoTTstEIN & BLUMBERG®S, R. ScHÄFFER8?). Dabei ist allerdings für praktische Verhältnisse zu beachten, daß die nach einer sorgfältigen Händedesinfektion an der Hand noch zurückbleibenden Mi- kroben fast ausschließlich Bewohner der tieferen Hautschichten (meist Staphylo- eocc. albus) sind, — während diejenigen Mikroben, mit denen man sich von außen her infiziert, mehr oberflächlich sitzen und daher absichtlich „infizierte“ Hände tatsächlich vollständig sterilisierbar sind (HEenkE®, FÜTH'?, KRÖNIG & BLUMBERG'#, Speck !%5, Seitz 14); die Versuche gelingen mit Streptokokken und Tetragenes, nicht aber mit dem —- als besonders widerstandsfähig bekannten — Staphylococcus pyogenes (ENGELS5c, SCHUMACHER 186). Ob aller- dings genügende Berechtigung zu der von KRÖNIG & BLUMBERG# aufgestellten Behauptung vorhanden ist, das Kriterium einer gelungenen Händedesinfektion sei nicht in der Erreichung vollständiger Sterilität, sondern in der Abtötung bekannter absichtlich „infizierender“ Bakterien zu suchen, erscheint doch recht zweifelhaft; keinesfalls aber wird man den genannten Autoren zustimmen können, wenn sie zur Prüfung des Versuchsresultats nicht die Kultur, sondern aus- schließlich den Tierversuch heranziehen wollen, indem es nicht darauf an- komme, daß die betr. Erreger abgetötet, sondern nur, daß sie nicht mehr. infektiös seien; der Chirurg wird sich, bei den völlig unberechenbaren Ver- hältnissen der Empfänglichkeit der Gewebe, nur dann mit dem Resultat seiner Händedesinfektion beruhigen können, wenn er der erfolgten definitiven Ab- tötung der betr. Keime versichert sein kann. Jedenfalls darf die Erkenntnis, daß eine absolut sichere Hände- desinfektion bis heute noch nicht möglich ist, nicht entmutigend Desinfektionslehre. 537 wirken, vielmehr muß sie ein Ansporn sein, bei der Ausführung der Händedesinfektion stets mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit vorzugehen, um das Möglichste zu erreichen. Auch wird es sich empfehlen, während der Dauer der Operation von Zeit zu Zeit eine erneute Abspülung mit Alkohol und Desinficiens vorzunehmen (Monaupt8#, Rypycıer 187), da der Keimgehalt desinfizierter Hände (selbst unter steriler Bedeckung, vgl. weiter unten) mit der Zeit zu- nimmt, teils infolge Mazeration der Oberhaut, teils (auch bei völligem Ausschluß der letzteren) durch den Schweiß, der die in den Drüsen- gängen sitzenden Bakterien allmählich an die Oberfläche bringt. Um eine solche Ausspülung der Schweißdrüsen schon vor der Ope- ration möglichst zu begünstigen, empfiehlt MonHaupr®* möglichst lang ausgedehnte und möglichst heiße Waschung, LüÜBBERT®? sogar Anwendung eines lokalen Heißluftschwitzbades und energische Hand- massage während der Einwirkung von Alkohol und Desinficiens. Die Unzulänglichkeit der bisherigen Händedesinfektionsmethoden quoad vollständige und dauernde Sterilität, hat endlich an das Auskunftsmittel steriler Operationshandschuhe denken lassen. In erster Linie kommen hier die von DÖDERLEIN®® empfohlenen dünnen Gummihandschuhe in Betracht, welche vollständig undurchlässig sind und dabei leicht durch Aus- kochen oder (schonender) in aufgespanntem Zustand im Dampf sterilisiert werden können (FLaTAau!8®, FIEDLER & IwasE!8%, MEYER!?, Juvara & JI- AMI 191): auch haften selbstverständlich die etwa während der Operation von außen an den Handschuh gelangenden Keime nur ganz oberflächlich und sind durch kurzes Abspülen leicht zu beseitigen (DETTMAR®?). Leider scheinen der Verwendbarkeit dieser Gummihandschuhe beim Operieren praktische Bedenken entgegenzustehen (KÜSTER®®, NÄGELI-AKERBLOM ®°); dagegen herrscht Ein- stimmigkeit darüber, daß dieselben einen trefflichen Schutz für die Hand gewähren (DÖDERLEIN ®’, LENZ®°0); jeder Operateur sollte sich daher derselben bei Vornahme septischer Manipulationen bedienen, um seine Hand vor Be- rührung mit Infektionsstoffen zu bewahren (FEHLInG!?2, HAMMESFAHR 1?3). — Zum Schutz der Körpergewebe gegen die der Hand des Operateurs etwa an- haftenden Keime sind insbesondere von Mıkurıcz® Trikothandschuhe empfohlen worden; doch zeigt sich der Keimgehalt ihrer Oberfläche während der Dauer der Operation stets vermehrt, und zwar aus zwei Gründen. Erstens nimmt der Handschuh aus der äußeren Umgebung Keime auf, was übrigens durchaus nicht immer als ein Nachteil angesehen zu werden braucht, indem der Handschuh auch aus der Wunde Keime aufnimmt, d. h. wie ein Tupfer wirkt (Orıtz°®!); zweitens aber (und das ist viel wichtiger) erfolgt während der Operation eine Keimzunahme von der Hand aus (vergl. oben), wie GOTTSTEIN & BLUMBERG®> einwandfrei auch an solchen Zwirnhandschuhen nachweisen konnten, die vor äußeren Verunreinigungen geschützt, unter Gummihandschuhen getragen wurden. Durch Gebrauch eng gewebter Zwirnhandschuhe und häufigen Wechsel derselben während der Operation lassen sich diese Uebelstände ver- meiden; solche Handschuhe halten die Keime in ihren Maschen zurück und geben sie nicht an die Wunde ab, und in der Tat konnte HEıLE? im Tier- versuch mit künstlich infizierten Händen (Tetragenus, Mäuseseptikämie) die Brauchbarkeit dieses Händeschutzes beweisen. Uebrigens läßt sich eine solche Vorsichtsmaßregel auch improvisieren, indem man bei notorisch be- sonders infektionsgefährlichen Akten der Operation (z. B. bei stumpfem Prä- parieren) den Finger mit steriler Gaze umwickelt (KLEMmM?). — Endlich haben mehrere Autoren vorgeschlagen, die Handschuhe durch einen undurch- lässigen Ueberzug auf der (vorher desinfizierten und getrockneten) Hand selbst zu ersetzen, der vor jeder Operation erneuert werden könne. MENGE** empfahl zuerst zu diesem Zweck (sowie übrigens auch zur Imprägnierung von Trikothandschuhen) einen Paraffin-Xylolüberzug, ferner Kossmann°® das sog. „Chirol“, d. h. eine Lösung von Hartharzen und fetten Oelen in einem Aether-Alkoholgemisch, die an der trockenen Hand binnen 2—3 Minuten zu einem geschmeidigen, nicht klebrigen undurchlässigen Ueberzug erstarrt; der letzterer läßt sich durch Alkoholwaschung leicht wieder entfernen. Vgl. das Referat von KauscH®?® über verschiedene derartige Präparate. In den letzten 538 E. GOTSCHLICH, Jahren wurden zu gleichem Zwecke jodhaltige — und darum an sich stark desinfizierende Präparate empfohlen; so „Chirosoter“ (eine Lösung von Jod und wachsartigen Substanzen in Tetrachlorkohlenstoff (MEISSNER !?4, vON Brunn !?5, KrLarp & Dönıtz 196), — ferner „Dermagummit“, eine jodhaltige Kautschuklösung (WEDERHAKE !?’, WOoLFF-EISNER !9). Vgl. auch betr. „Gau- danin“ oben S. 531. Indessen zeigten Nachprüfungen seitens L£EvAI°, ERLER®, SCHÄFFER 9 und BECKER!?®, daß alle diese Ueberzüge sehr bald, schon binnen weniger Minuten Kontinuitätstrennungen aufweisen, und daß insbesondere mit zunehmender Schweißsekretion die der Hand anhaftenden Bakterien (an spe- zifischen Keimen nachgewiesen) durch den Ueberzug hindurchgeschwemmt werden. Diese vermeintlich „desinfizierenden“ Hautüberzüge sind daher, als ganz un- sicher wirkend, aufzugeben. Literatur. . SCHIMMELBUSCH, ref. Baumgartens Jahresber., 1891, S. 621; „Anleitung zur aseptischen Wundbehandlung‘“, Berlin, Hirschwald, 1892. . 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Dementsprechend versteht man unter desinfizierenden Substanzen die das infizierende Agens vernichtenden chemischen Mittel und stellt sie ihrer Wirkung nach in einen ge- wissen Gegensatz zu den Antiseptika, die nur einen entwickelungs- hemmenden Einfluß auf Parasiten ausüben. Diese Abgrenzung ist aus praktischen und theoretischen Gründen notwendig. Da es jedoch in den meisten Fällen die gleichen Stoffe sind, die je nach ihrer Menge und Konzentration und je nach der Art des beeinflußten Mikroorganis- mus und seines Milieus bald antiseptisch, bald desinfizierend wirken, da ferner die biologischen Verhältnisse der Wachstumsbehinderung einerseits, und die Bedingungen des Zelltodes andererseits wenig ge- klärt sind, kann in der vorliegenden Abhandlung zwischen entwicke- lungsstörenden und abtötenden Substanzen keine bestimmte trennende Linie gezogen werden, und der grundsätzliche Unterschied soll nur dann Erwähnung finden, wenn er zur Besprechung chemischer oder chemisch-physikalischer Fragen Anlaß gibt. Wir kennen allgemeine, d. h. alle oder nahezu alle Parasiten schädigende und spezifische, d. h. nur auf einen einzelnen Mikro- organismus oder eine einzelne Gruppe von Mikroorganismen wirkende Desinfektionsmittel. Da die infizierenden Keime ohne Ausnahme lebende Organismen sind, darf man wohl annehmen, daß die ersten allgemeine, die zweiten spezifische Zellgifte sind. An Stelle des Ausdruckes Zellgift findet man häufiger die Bezeichnung Proto- plasmagift. Darunter versteht der Pharmakologe eine Substanz, die jedes lebende Protoplasma schädigt, ohne dabei makroskopisch oder mikroskopisch wahrnehmbare Veränderungen erzeugen zu müssen. Das Protoplasmagift steht daher in einem Gegensatz einerseits zu den Aetzmitteln, die eine sichtbare Gewebszerstörung verursachen, anderer- 544 Emın Bürgı, seits zu den Giften, die nur bestimmte Organe und Organteile an- greifen, also eine Auswahl treffen. Das Wort Protoplasmagift ist aber durch die Bezeichnung „Zellgift‘ zu ersetzen, da in den meisten Fällen nur die Wirkung auf die Zelle im ganzen sicher steht und durchaus nicht gesagt werden kann, ob das Protoplasma oder der Kern eine direkte Schädigung erleiden. EHRLICH und seine Schüler konnten in einzelnen Fällen sogar mit Bestimmtheit die isolierte Wir- kung auf den Kern feststellen. Allerdings handelte es sich dabei um spezifisch wirkende und im strengsten Sinne des Wortes antiseptische, nicht desinfizierende Substanzen. Dennoch dürfte diese ebenso wich- tige als seltene Beobachtung hier erwähnt werden. Noch besser als von Zellgiften schlechthin spricht man von all- gemeinen Zellgiften; denn jedes Gift ist eigentlich ein Zellgift. Allgemeine Desinfektionsmittel sind gewöhnlich auch allgemeine Zellgifte, doch brauchen sie das theoretisch nicht unbedingt zu sein. Man könnte sich sehr wohl Substanzen denken, die nur zu besonderen Stoffen des Bakterienleibes, nicht aber zu denen anderer Zellen in Beziehung treten. Dagegen müssen eigentliche allgemeine Zellgifte auch allgemeine Desinfektionsmittel sein. Als Beispiel mögen hier die Narkotica der Fettreihe erwähnt werden, die man mehr wegen ihrer Wirkung auf das Zentralnervensystem kennt, die aber tatsächlich auch desinfizierende Eigenschaften haben. Zwischen den allgemeinen und den spezifischen Desinfektionsmitteln gibt es keine scharfe Grenze. Allgemeine Zellgifte können dennoch unter besonderen Bedingungen spezifisch wirken, und umgekehrt. Als Beispiel diene das Queck- silber, resp. seine Salze. Sie sind ganz unzweifelhaft allgemeine Zellgifte, die jedes Gewebe ohne Ausnahme schädigen und töten können. In kleineren Dosen wirken sie aber spezifisch auf luetische Veränderungen, ohne dabei den Gesamtorganismus wesentlich zu beeinflussen. Der Grund, warum ein allgemeines Desinfektionsmittel unter besonderen Verhältnissen ein spezifisches sein kann, ist nicht immer derselbe. Es kann eine besonders starke Empfindlichkeit oder Verwandtschaft eines bestimmten Mikroorganismus gegen das Mittel vorliegen, es können aber auch ganz andere Ursachen maßgebend sein. Eines darf jedenfalls nicht vergessen werden: Wenn es auch allgemeine Zellgifte gibt, d. h. Gifte, gegen die alle Zellen empfindlich sind, so gibt es doch keine Gifte, gegen die alle Zellen ohne Ausnahme gleich empfindlich sind. Eine chemische oder chemisch-physikalische Betrachtung des Des- infektionsprozesses hat mit all den Schwierigkeiten zu rechnen, die sich einer Uebertragung der in der unbelebten Welt herrschenden Ge- setze auf die Eigenschaften der lebendigen Substanz immer entgegen- stellen. Man mag sich die Abtötung eines Mikroorganismus genau .wie die Vergiftung einer jeden anderen Zelle als einen durch Ver- schiebung chemischer oder physikalischer Verhältnisse bedingten Vor- gang denken, unter allen Umständen ist nur der eine der zwei reagierenden Stoffe, nämlich das Desinfektionsmittel, ein relativ einfacher, genau zu definierender Körper, der andere stellt ein leben- diges Wesen, also ein ungemein kompliziertes, in seiner Zusammen- setzung nur teilweise bekanntes Etwas dar. Auch für ein von vita- listischen Vorstellungen reines Denken wird es unmöglich, das pharma- kologische Geschehen, gestützt auf chemisch -physikalische Vorstel- lungen, zu überblicken. Eine jede Zelle besteht aus morphologisch mehr oder weniger scharf getrennten Abschnitten, von denen uns hier namentlich die Hüllen und das Innere interessieren müssen. Chemisch betrachtet ist sie ein Gemisch von zahlreichen, einfachen und hoch- Chemische Desinfektionslehre. 545 komplizierten Stoffen, die zum Teil in Form flüssiger und halb- flüssiger Kolloide, zum Teil als Kristalloide vorhanden, zum Teil unter- einander gemengt, zum Teil durch innere Membranen voneinander räumlich geschieden sind. Einige Substanzen haben sich zu alle- dem mehr oder weniger fest miteinander verbunden. Der Tod einer Zelle wäre chemisch als ein dauernder Stillstand der ihr im Leben eigenen, auf- und abbauenden Prozesse zu bezeichnen, dem der Zerfall der unbeständigen Stoffe zum Teil unter Mitwirkung der autolytischen Fermente folgt. Gewöhnlich nimmt man an, daß ein Gift einen Mikro- organismus nur töten kann, wenn es seine Hüllen zu durchdringen vermag. Doch läßt sich auch der Fall denken, daß ein die Zelle um- spülendes Gift die Assimilationsprozesse hindert und dadurch in- direkt das Leben aufhebt. Das gleiche könnte auch von den Hüllen aus geschehen. Ist die schädigende Substanz in das Innere einge- drungen, so kann sie durch Bildung von mehr .oder weniger festen Verbindungen den Zellchemismus grundsätzlich ändern, sie kann aber auch bei bloß physikalischer Auflösung in den Zellbestandteilen den zum Leben notwendigen Stoffwechsel hindern oder eine Zustandsände- rung der Kolloide bedingen. Alle diese Prozesse — auch die che- mischen Bedingungen — sind unter Umständen reversibel. Sie führen zunächst mit oder ohne vorhergehende Erregung zu Lähmungen, die bei längerer Dauer den Tod nach sich ziehen. Diese Darstellung soll nicht etwa alle Möglichkeiten ausschöpfen, sondern nur einen unge- fähren Begriff von der Vielheit der Vorgänge geben, die sich bei der Desinfektion abspielen können. Bei der großen Zahl chemisch ver- schiedenartiger Zellstoffe und Desinfektionsmittel, die miteinander in chemische oder physikalische Beziehungen treten können, ist ein einheitlicher letzter Grund der abtötenden Wirkung nicht anzunehmen. Jedes Desinficiens oder wenigstens jede Gruppe von Desinfizientien hat wohl eine besondere Art, die Mikroorganismen anzugreifen, und die verschiedenen Parasiten verhalten sich dem gleichen Mittel gegen- über ungleich. Die Ansichten der verschiedensten Autoren lauten in dieser Hinsicht so übereinstimmend, daß auf die Hervorhebung einzelner Namen verzichtet werden kann. Die Endursache der Desinfektion ist für keinen einzigen Fall sicher festgestellt. Daß sie chemischer oder physikalischer Natur ist, entspricht den herrschenden Hypothesen, denen die größte Wahrschein- lichkeit zukommt, ist aber im strengen Sinne des Wortes auch nicht bewiesen. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle die Theorie, die VERWORN von den Wirkungen der Narkotika gegeben und reichlich experimentell gestützt hat. Sie unterdrücken nach seinen Untersuchungen, die freilich nicht ohne Wider- spruch geblieben sind, die Fähigkeit der Nervenzellen, Oxydationen auszuführen, und ändern dadurch deren Stoffwechsel von Grund aus. Die nächstliegende Ursache zu diesem nachgewiesenen Einfluß der Narkotika sucht VERWORN in einer Behinderung der Sauerstoffübertragung in die lebende Substanz. Wir wollen uns hier nicht mit der Frage befassen, ob die durch die Narkotika tatsächlich bewirkte akute Erstickung der Zellen wirklich den ersten und eigentlichen Grund der Lähmung oder nur eine ihrer Folgen darstellt. Da die Narkotika der Fett- reihe wenigstens teilweise auch Desinficientien sind, kann die Beobachtung VERWoRNns vielleicht auch für die abtötende Kraft dieser Substanzen O-bedürftigen Mikroorganismen gegenüber Gültigkeit haben. Wir hätten dann zum ersten Male einen tieferen Einblick in das chemische Geschehen bei einem bestimmten Desinfektionsprozesse gewonnen. Zu ähnlich einfachen Vorstellungen, führen Auffassungen, wie sie H. MEyEr für die lipoidlöslichen Narkotika geltend ge- macht hat. Man .kann annehmen, daß diese und viele andere Substanzen die Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 35 546 | Eumıt Bürgı, Zellmembranen undurchlässig machen und damit den natürlichen Stoffwechsel unterdrücken. Die Impermeabilität kann eine totale oder partielle sein, sie kann für die Richtung von außen nach innen oder für die von innen nach außen oder für beide gelten, sie kann alle Stoffe oder nur einzelne betreffen, (dennoch muß sie eine schwere Störung oder auch den Tod der Zelle bedingen. Die Unter- suchungen ZANGGERS sind es namentlich, welche uns über die Wichtigkeit und die leichte Beeinflußbarkeit der Zellmembranen aufgeklärt haben. W. STRAUB zeigte, daß die für einzelne Vergiftungen maßgebende Membrandeformation oft nur während des Durchtrittes eines Giftes durch die Zellhaut besteht. Ist Ruhe eingetreten, also das chemisch-physikalische Gleichgewicht zwischen Innensub- stanz und Umspülungsflüssigkeit erreicht, verschwinden oder vermindern sich die Vergiftungssymptome, selbst wenn dann das Zellinnere das Maximum des Giftes aufgenommen hat. Diese kinetische Wirkungsweise ist für einige Fälle be- wiesen und muß daher erwähnt werden, trotzdem sie bis dahin bei Desinfektions- vorgängen nicht experimentell geprüft wurde und vielleicht überhaupt nur be- schränkte Gültigkeit hat. Gegensatz zu diesen physikalischen Auffassungen der Giftwirkung steht die bekannte Rezeptorenlehre EnrLicHhs. Nach ihr ist der Vergiftungs- vorgang chemischer Natur, bedingt durch die Bindung des Giftes an einen bestimmten Stoff, den Rezeptor der Zelle. Der Rezeptor kann für ein einzelnes Gift oder für eine ganze Giftgruppe eingestellt sein. Die Anschauung EHRLICHS hat den Vorzug großer Bildlichkeit und relativer Einfachheit. Der glückliche Ausdruck „Rezeptor“ kann auch bei physikalischen Vorgängen verwendet werden und würde dann z. B. die lösende Substanz bedeuten (Bürgı). Will man also den Prozeß der Abtötung von Mikroorganismen auf physikalische oder chemische Zustandsänderungen zurückführen, so drängen sich eine Reihe von Fragen auf, von denen wir vorderhand nur die hauptsächlichsten herausgreifen wollen. Sie lauten: 1) Entspricht der Verlauf der Desinfektion den Gesetzen einer chemischen Reaktion oder nicht? 2) Wenn ja, sind physikalische Vorgänge mitbeteiligt? 3) Um was für chemische bzw. physikalische Veränderungen han- delt es sich? 4) Betreffen die desinfizierenden Prozesse die Zellmembran oder das Zellinnere? 5) Inwiefern bedingen sie den Tod der Zelle? Zahlreiche Nebenfragen sind schon aus dem vorher Mitgeteilten ohne Schwierigkeiten ableitbar. B. Die Desinfektion als chemische Reaktion. Ohne sich speziell mit der Frage zu befassen, was für chemische Reaktionen bei dem Prozesse der Abtötung von Mikroorganismen er- folgen, haben eine Anzahl Forscher die chemische Natur des Des- infektionsvorganges aus der Art seines Verlaufes zu begründen ge- sucht. Der von ihnen aufgestellte Hauptsatz lautet: Die Desinfek- tion geht nach der Gleichung einer monomolekularen Re- aktion vor sich. Monomolekular nennen wir einen chemischen Vor- gang, bei welchem nur ein Molekül eine Umsetzung erleidet. Das gewöhnliche Beispiel für eine solche Reaktion bildet die Spaltung von Rohrzuckermolekülen durch die Wasserstoff-Ionen von Säuren. Der eine der Stoffe — und zwar der unveränderliche — ist bei unimole- kularen Reaktionen meist in großem Ueberschuß vorhanden. Im Des- infektionsvorgang würde er durch das desinfizierende Agens darge- stellt. Das Verhältnis zwischen der umgesetzten Stoffmenge und dem hierfür notwendigen Zeitmaß nennt man Reaktionsgeschwindigkeit. Sie ist in jedem Momente der noch nicht umgesetzten Substanzmenge Chemische Desinfektionslehre. 547 proportional und hängt im übrigen namentlich von der Konzentration des einwirkenden Stoffes und der Temperatur ab. Nennen wir t die Zeit, in der y Mole einer ursprünglichen Menge a zer- legt worden sind, und betrachten das kleinste Zeitmaß dt, so kommen wir zu der Gleichung dy or Bye Die Reaktionsgeschwindigkeit ist durch den Bruch = ausgedrückt, sie muß immer zu der noch nicht zersetzten Stoffmenge a—y in Proportion stehen. Der Wert ES eulen eine Konstante, die für jede Reaktion gesondert festzu- y dt Zeit zunimmt, vermindert sich die Konzentration des sich umsetzenden Stoffes. Bei bimolekularen Reaktionen ist die Reaktionsgeschwindigkeit dem Produkte der beiden Konzentrationen proportional. Die Gleichung der monomolekularen Reaktion lautet auf den Desinfektionsvorgang übertragen db 27 dE Was t und k bedeuten, haben wir schon erwähnt. B stellt die ursprüngliche Bakterienzahl dar, b die nach der Zeit t abgetötete; B—b also die noch vor- handene Bakterienmenge; k wird auch als Desinfektionsgeschwindigkeitskonstante bezeichnet. Wenn man die Zahl der in einer beliebigen Zeit abgetöteten Bakterien be- . will, so integriert man die Gleichung und gelangt dann zu dem Ausdruck : stellen ist. trägt in der Formel ein negatives Vorzeichen, denn während die = (B-b)k Aus ar Formel berechnete REICHENBACH schließlich den Wert für B—b —4:- t, Wenn diese Gleichungen richtig sein sollen, so muß natürlich k bei kon- stanter Temperatur, aber bei wechselnden Werten von B, b und t, konstant bleiben (siehe u. a. die Darstellung von CRONER). Die ersten, die auf be- stimmte mathematische Beziehungen zwischen den verschiedenen Bestandteilen eines Desinfektionsgemisches aufmerksam gemacht haben, waren PAuL und Krönıs. Genaue Berechnungen stellten sie indessen nicht an. Dagegen findet sich in ihrer Arbeit eine mathematische Darstellung ihrer Resultate durch IKEDA. Er stellte für die Abtötung von Milzbrandsporen durch Sublimat die Formel auf: n t ı . — — konstant. In, is, n, und n» bezeichnen die Zahl der überlebenden Bakterien in den Zeiten t, und t>. Ikeva hatte wie später HARIETTE CHıck die Zeiten, die bis zur Abtötung eines bestimmten Teiles der ursprünglichen Bakterienzahl verstreichen, als Grundlage für seine Berechnungen genommen. Seine mathematischen Darstellungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, sagen in der Hauptsache aus, daß Konzentration und Desinfektionszeit einander umgekehrt proportional sind. Nicht ıhm, sondern MAavsen & NyMENn kommt das Verdienst zu, zuerst auf die Aehnlichkeit des Desinfektionsprozesses mit dem Gang einer mono- molekularen Reaktion aufmerksam gemacht zu haben. Sie berechneten diesen Zusammenhang zunächst auch aus den Ergebnissen von PaurL & Krönıs, denen sie eigene Untersuchungen beifügten. Nach ihren Angaben ist die Uebereinstimmung der beiden Vorgänge eine voll- _ ständige. Wenn sie die Bakterienzahl auf die Ordinate, die Zeiten auf die Abszisse eines Ordinatensystems eintrugen, erhielten sie eine 35* 548 Eumıtu Bürgı, Kurve, die nach der Abszisse andauernd und von Anfang an konvex verlief. Die Sporenzahl sank einer Kurve entlang, die die Abszissen- achse als Asymptote hatte und konnte also theoretisch nie gleich Null werden (s. Fig. 1). Tatsächlich sind denn auch die letzten Keime außerordentlich schwer abzutöten, wie uns na- mentlich die Versuche von OTTOLENGHI gelehrt haben. Nicht lange nach MapsENn & NYMAnN ver- öffentlichtte H. Cnick ähnliche Ergebnisse aus- gedehnter Untersuchun- gen. Auch sie fand eine annähernde Ueberein- stimmung zwischen dem 012345078 81mm ısıcızıeıgzon2ammm Verlauf des Desinfek- tionsprozesses und einer Fig. 1. Nach MADSEN & NYMan. monomolekularen Reak- tion. Die Analogie war am klarsten bei Verwen- dung von Milzbrandsporen als Testobjekt und Sublimat als Desinficiens. Versuche mit Paratyphusbacillen ergaben dagegen ein wesentlich ab- weichendes Resultat. Die Reaktionsgeschwindigkeit nahm bedeutend schneller ab, als man der Formel nach hätte erwarten sollen. Die eingehendsten neueren Ermittelungen des Reaktionsvorganges bei der Desinfektion verdanken wir Tr. PauL sowie seinen Mitarbeitern G. Biırstein und A. Reuss. PAuL untersuchte zuerst den zeitlichen Verlauf des Absterbens trockener Bakterien bei niederen Temperaturen. Der chemische Vorgang wurde — wohl nicht mit ausreichender Be- gründung — als reiner Oxydationsprozeß angesprochen. Die Atmung der an Granaten angetrockneten Bakterien (Staphylokokken) „geht wenn auch in beschränktem Maße, weiter vor sich, und es muß in den Bakterien hierfür eine gewisse Menge von oxydierbaren Stoffen vorhanden sein, welche durch den die Zellmembranen durchdringenden Sauerstoff allmählich oxydiert werden“. Es handelt sich also um eine chemische Reaktion in einem heterogenen System, in welchem die Reaktionsgeschwindigkeit in jedem Augenblick von der Konzen- tration — Dichte der gasförmigen Phase und der Größe der Be- rührungsfläche zwischen Gas und festem Stoff, ferner von der Temperatur abhängig ist. Inwiefern auch die Diffusionsgeschwindig- keit des Gases eine Rolle spielt, werden wir später besprechen. Die Reaktionsgeschwindigkeit verläuft in jedem Zeitmomente nach der Grleichung Yv k200: wobei k eine Konstante, c die (in ‘diesen Versuchen stets gleich- bleibende) Konzentration, OÖ die Oberfläche (Berührungsfläche) be- deutet. Da O durch die Zahl der in jeder Zeit noch lebenden Bakterien ausgedrückt werden kann, gelangt Pau auch hier zu der Formel N AN K= 2,302 log — Chemische Desinfektionslehre. 549 die sich nur durch den Faktor 2,302 von den oben angegebenen Gleichungen einer monomolekularen Reaktion unterscheidet. N und n entsprechen B und b der früheren Formel. Auch die im Texte stehende Kurve entspricht demnach der von MApsEn & NYMAN zu- erst für den Desinfektionsverlauf aufgestellten. In weiteren Versuchen fanden Pau, BirstEin & Reuss die Gültigkeit der monomolekularen Gleichung auch bei verschiedenen anderen Desinfektionsprozessen im allgemeinen bestätigt. Bis dahin wurde der Verlauf des Desinfektionsprozesses nur bei einer gleichbleibenden Konzentration des Desinfektionsmittels betrachtet. Er wurde durch die Gleichung einer monomolekularen Reaktion ausgedrückt. Charak- teristisch war dabei, daß die Konstante k für jedes Bakterium und jedes Des- inficiens einen besonderen Wert darstellt. PAuL, BIRSTEIN & Reuss teilen K in K’ und K“ ein, wobei K‘ einen von dem Wirkungsgrade des Desinfektions- mittels, K‘ einen von der Widerstandskraft des Mikroorganismus abhängigen Faktor darstellt. Es ergibt sich daraus leicht das Verhältnis K’ K—= — K“ Will man nun eine Gleichung aufstellen, die für verschiedene Konzentrationen des gleichen Desinfektionsmittels gilt, so kann man im Anschluß an die oben angegebenen Formeln zunächst von der Beziehung db => K (B—b) Cn ausgehen. © bezeichnet hier die Konzentration des Desinfektionsmittels, n einen Exponenten, der sehr verschiedene Werte annehmen kann. Die Integration ergibt wiederum die Gleichung: B an Out ®(B-h) K ist nur für eine Konzentration konstant. Bedeuten C und OÖ’ zwei verschie- dene Konzentrationen, so entsprechen ihnen k und k’ und wir gelangen zu dem Ausdruck : k‘ yH n log t-log k und n sind die zwei für ein Desinfektionsmittel bei verschiedenen Konzentra- tionen maßgebenden Werte. ; h : HARIETTE CHick hatte für den Desinfektionsvorgang bei zwei verschie- denen Konzentrationen bereits einen mathematischen Ausdruck gefunden. Wenn sie von den Zeiten tn und to ausging, in denen bei den zwei verschiedenen Konzentrationen Cn und Co des gleichen Desinfektionsmittels die Abtötung der gleichen Bakterienzahl stattgefunden hatte, so erhielt sie die Gleichung : | r Cn - tn G=%, &-% Sie gelangt dann zu dem Werte: C-t=A-al Hierbei ist a eine von der Konzentration unabhängige Größe und A ein Pro- portionalitätsfaktor, der zu dem verwendeten Zeitmaße und der benutzten Kon- zentration in Beziehungen steht. Paur, Bırsteın & Reuss kamen dann durch mathematische Ueberlegungen, auf die hier nicht eingegangen werden kann, und Berechnungen ihrer Resultate zu der einfachen Beziehung: K=A.CB K= — konstant. und bemerken dazu: Die Gleichung besagt: h b „Die Desinfektionsgeschwindigkeitskonstante K, die den Verlauf der Ab- tötung der Bakterien durch ein gelöstes Desinfektionsmittel zum Ausdruck bringt, ist nicht direkt proportional der Konzentration dieses Stoffes, sondern einer konstanten Potenz der Konzentration.“ A ist dabei ein Proportionalitäts- faktor. B ist von der Konzentration des Desinfektionsmittels unabhängig und wird als Konzentrationsexponent bezeichnet. 550 Eumın Bürgı, Eine weitere Gleichung lautet: I — (t = Zeit, P—= einem Proportionalitätsfaktor). Da nun K=A-0B, so folgt N een PAuL, BIRSTEIN & Reuss schreiben dazu: „Diese Gleichung besagt: Die Zeiten, die zur Abtötung eines gegebenen Bruchteiles der ursprünglichen Bakterienmenge durch ein Desinfektionsmittel bei verschiedenen Konzentrationen erforderlich sind, sind umgekehrt propor- tional einer konstanten Potenz der Konzentrationen.“ Die Gleichung K — A-C wendeten sie dann in erster Linie auf den bei der Wirkung von Quecksilberchlorid beobachteten Desinfektionsverlauf an. B hatte hier einen Wert von 5—7. Das heißt also : die Desinfektionsgeschwindig- keitskonstante des Quecksilberions nimmt mit der 5. bis 7. Potenz seiner Konzentration zu. Eine Untersuchung der Desinfektionswirkung der Salzsäure in wässerigen Lösungen bei verschiedener Konzentration ergab ferner für B bei Verdünnungen, die den gleichen Dissoziationsgrad hatten, einen Wert von etwa 0,5. Die desinfizierende Wirkung der Salzsäure wächst also langsamer als ihre Konzentration, ungefähr proportional der Quadratwurzel aus der letzteren. Frühere Versuche der gleichen Autoren hatten ergeben, daß bei einer Einwirkung von Sauerstoff-Stickstoffgemischen auf Bakterien die Desinfektionsgeschwindig- keitskonstanten sich wie die Quadratwurzeln aus den Sauerstoffkonzentrationen verhielten. Im Gegensatze dazu erwies sich die Desinfektionsgeschwindigkeits- konstante der wässerigen n- Buttersäure in 6,6—26-litrigen Lösungen dem Quadrate, die der Essigsäure in 2—31-litrigen Lösungen einfach der Säure- konzentration proportional. Für die n-Buttersäure würde also die Formel lauten: K=A.C’, für die Essigsäure K=A-C. Da der Exponent B (allgemeine Formel K = AB) für den Vorgang charakteristisch sein soll, der die Zufuhr des Giftes in das Innere der Zelle ver- mittelt (Adsorption, Verteilung), muß auf die eben gemachten Angaben später noch einmal zurückgegriffen werden. Will man den Desinfektionsprozeß als chemische Reaktion be- zeichnen, so hat man schließlich festzustellen, daß beide Vorgänge durch Temperaturunterschiede ähnlich beeinflußt werden. MADSEN & Nyman haben auch hier zuerst eine genauere Uebereinstimmung finden wollen. Sie geben an, daß bei den von ihnen untersuchten Desinfektionsprozessen die Desinfektionsgeschwindigkeitskonstante K um das 2,5-fache erhöht wird, wenn die Temperatur um 10° ansteigt. Die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion nimmt im allgemeinen mit steigender Temperatur im gleichen Maße zu. Die Ergebnisse von HARIETTE CHick waren auch nach dieser Richtung hin weniger gleich- mäßige. Bei Verwendung von Metallsalzen als Desinfektionsmittel wurde die Reaktionsgeschwindigkeit im allgemeinen mit der Erhöhung der Temperatur um 10° dreimal größer. Versuche mit anderen Sub- stanzen (Phenol) aber ergaben von der chemischen Regel stark ab- weichende Resultate. Die Reaktions- resp. Desinfektionsgeschwindig- keit konnte dann bei der gleichen Temperaturvermehrung um das 7-fache, ja noch mehr zunehmen. Pavr gibt an, daß das Absterben von trockenen Bakterien unter der Einwirkung von Sauerstoff bei Zimmertemperatur (16—18°) etwa 1,7mal schneller vor sich geht als bei Eisschranktemperatur (6—8°). Die besonderen Verhältnisse bei abnorm tiefen Temperaturen (s. Paur) sollen hier nicht erwähnt werden. Für das Absterben der Bakterien in Sauerstoff konstatierten dann PauL, Birsteiın & Reuss folgende Einflüsse der Temperatur. Die Zunahme der Desinfektionsgeschwindigkeit ist bei dem höheren Temperaturintervall von 24,9—37,4° pro 10° kleiner als bei dem nn Er v a = Chemische Desinfektionslehre. 551 niederen von 18° bis 37,4°. Im allgemeinen entspricht aber die durch Temperaturerhöhung geschaffene Vermehrung der Desinfektionsge- schwindigkeit den Verhältnissen, die wir bei chemischen Reaktionen vorfinden. (Beschleunigung um das 2—3-fache, für die angegebenen Fälle etwa um das 2,83—3,16-fache. ) PAuL, BIRSTEIN & Reuss haben schließlich auch noch den Einfluß der “ Temperatur auf die Desinfektionsgeschwindigkeit der Salzsäure untersucht. Sie verwendeten dabei 100-litrige —= 1!/,.o normale wässerige Salzsäure und fanden durchschnittlich eine 2—3-fache Vermehrung der Desinfektionsgeschwindigkeit pro 10° Temperaturerhöhung. Die Untersuchungen bewegten sich in den Temperaturgrenzen 1° bis 4/°. Die von ARRHENIUS für den Einfluß der Temperatur aufgestellte Gleichung lautet: Q (T,—Te ) 2.TT, Kr Ren 2C- (Kt, und Kt, bedeuten die Reaktionsgeschwindigkeiten bei den Temperaturen t, und to, Q stellt eine Konstante dar, To und T, sind die absoluten Temperaturen.) Die Ergebnisse von PAuL, BIRSTEIN & Reuss stimmen im allgemeinen zu dieser Formel, weichen aber doch insofern von ihr ab, als @ sich nicht als konstant erwies, sondern mit steigender Temperatur deutlich zunahm. Der Wert @ ist von der Wärmetönung, die bei chemischen Reaktionen auftritt, ab- hängig. Reaktionen, die unter negativer Wärmetönung — also endotherm — ver- laufen, gehen nach dem van T’Horrschen Prinzip des beweglichen Gleich- gewichtes mit steigender Temperatur rascher vor sich. Da nun in dem vor- fiegenden Falle die Reaktionsgeschwindigkeit bei höheren Temperaturen durch Wärmevermehrung mehr beschleunigt wird als bei niederen, schließen PAUL, BIRSTEIN & Reuss, daß der untersuchte Desinfektionsprozeß unter negativer Wärmetönung verläuft, die mit steigender Temperatur zunimmt. Will man, gestützt auf alle diese Untersuchungen und Berech- nungen, die Wirkungsweise eines Desinfektionsmittels bestimmen, so hat man also vor allem drei Faktoren zu berücksichtigen, die Des- infektionsgeschwindigkeit, den Konzentrationsexponenten und den Tem- peraturkoeffizienten. Diese drei Werte ändern sich aber auch mit den als Testobjekt verwendeten Mikroorganismen, sind also nicht nur für jedes Desinficiens, sondern auch für jeden Parasiten gesondert zu ermitteln. Wenn nun auch nicht geleugnet werden kann, daß der Verlauf der Abtötung von Bakterien durch ein Desinfektionsmittel weitgehende Aehnlichkeit mit dem einer monomolekularen Reaktion hat, so stehen doch der vollkommenen Gleichstellung der beiden Vorgänge gewichtige Gründe gegenüber. Namentlich wirkt die Temperatur auf den Des- infektionsprozeß in vielen Fällen ganz anders ein als auf eine mono- molekulare Reaktion. Eine durch überzeugende Klarheit ausgezeichnete Kritik der rein chemischen Betrachtungsweise gab ReıchensacHh. Daß der Desinfek- tionsprozeß im allgemeinen einem Exponentialgesetze folgt, bestreitet er nicht. Aber gerade die Tatsache, daß man für die Abtötung von an Granaten angetrockneten oder suspendierten Bakterien durch physi- kalische (trockene und feuchte Hitze) Momente sowie durch alle möglichen chemischen Substanzen, die sich in verschiedenen Aggregats- zuständen (flüssigen und gasförmigen) befinden, immer einen Re- aktionsverlauf dieser Art bekommt, läßt ihn vermuten, daß der Schluß, die aus den Resultaten berechnete Gleichung beweise den chemischen Charakter des Desinfektionsprozesses, auf einer Täuschung beruhen könne. Daß Crıck den Einfluß der Temperatur auf die Desinfek- tionsgeschwindigkeit in vielen Fällen recht abweichend von dem bei 552 Eumır Bürgı, chemischen Vorgängen beobachteten gefunden hatte, wurde schon er- wähnt. C. 'Erskman hat die Ueberlebungskurve von Bakterien bei ihrer Abtötung durch Hitze untersucht. Die Mikroorganismen werden durch dieses keimvernichtende Moment viel gleichmäßiger beeinflußt als durch chemische Mittel. Die Intensität der Einwirkung bleibt während der Dauer des Versuches immer ungefähr die gleiche, während sie sich bei Verwendung desinfizierender Substanzen wegen verschie- dener Nebenreaktionen (Verbindungen mit den Bakterienleibern, den Stoffen des Mediums, Zusammenklumpung der Keime etc.) ändert. Die Untersuchungen E1JKMANS wurden mit einem nicht sporenbildenden Mikroorganismus, Bac. coli communis, angestellt. Die verwendeten Temperaturen, die zur Erlangung einer charakteristischen Kurve nicht zu hoch liegen, d. h. nicht zu rasch abtöten dürfen, wurden zwischen 47—52,20 C gewählt. Je nach der Menge des benutzten Bakterien- materials erhielt EıskMmAn in Uebereinstimmung mit den Angaben FIcKkers wechselnde Resultate. FIcKEr hatte gezeigt, daß die Zahl der Keime den Desinfektionsverlauf stark beeinflußt. Eine größere Bakterienmenge ist demnach bei gleicher Konzentration des desinfi- zierenden Agens schwerer zu vernichten als eine kleine. Diese sehr wichtige Beobachtung FIcKErs ist inzwischen noch von vielen anderen Autoren bestätigt worden. Die Kurven Eıskmans wurden in erster Linie nach der Zahl der überlebenden Bakterien aufgestellt. Sie zeigten sich insofern von den durch Mavsen & NyMan sowie durch Paur u. a. angegebenen verschieden, als sie regelmäßig in ihrem Anfangsteil konkav und dann erst konvex gegen die Abszisse ver- liefen. Eıskman bezeichnet den Typus als v-Figur und erinnert, daß viele biologische Vorgänge nach dieser Gesetz- 10000 mäßigkeit verlaufen. Ich gebe hier eine von 9000 P . . . Se seinen Lurven wieder {s. Fig. 2). PaaRaad NICHEBENEEE NÄHE regen 024 6 8101214 0.13 3:4 558,7 787 910200 Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Nach EIJKMAN. Nach REICHENBACH. Solche Kurven entstehen immer dann, wenn Organismen von geringer, mittlerer und starker Resistenz einer zerstörenden Schäd- lichkeit ausgesetzt sind, und die Individuen von mittelgroßer Wider- standskraft sich dabei in der Mehrzahl befinden. Zunächst sterben die wenigen, die am empfänglichsten sind, dann die große Menge der mittelstarken, endlich langsam die resistenten. REICHENBACH drückt die Eigentümlichkeit dieses Absterbeverlaufes sehr anschaulich durch die folgende Treppenkurve aus (s. Fig. 3): Der Vorgang einer monokularen Reaktion würde dann nach dieser Art der Darstellung nachfolgendes Bild ergeben (s. Fig. 4): Nach Figur 3 verlaufen zweifellos eine große Menge von Lebensvorgängen. Wir wollen hier ein ganz einfaches Beispiel geben. Eine größere Gesellschaft, meinetwegen eine Schulklasse, besteigt einen hohen Berg. Zunächst bleiben alle beisammen, nach 1—2 Stunden kommen einige wenige, die abnorm schwächlich Chemische Desinfektionslehre. 553 sind, den anderen nicht mehr nach, schließlich lassen wiederum einige wenige, die besonders kräftig oder gut trainiert sind, alle anderen hinter sich. Auch viele Epidemien verlaufen nach diesem Typus. Nicht zu vergessen ist immerhin, daß bei solchen Vorgängen viele Momente störend auf den charakteristischen Verlauf einwirken können. Es lassen sich aber auch Geschehnisse im Leben denken, die nach einem Exponentialgesetz vor sich gehen. Nehmen wir z. B. an, eine Abteilung Soldaten, die den Befehl hat, einen bestimmten Standort innezuhalten, wird eine längere Zeit mit der gleichen Intensität beschossen. Hier macht die Widerstandsfähigkeit der einzelnen nichts aus. Gleich im An- fang fallen die meisten, die weitere Abnahme der Abteilung erfolgt proportional der noch vorhandenen Anzahl. Denken wir uns dagegen statt Kugeln Pfeile und die verschiedenen Krieger verschieden gepanzert, einige wenige gar nicht, die meisten leicht, einzelne schwer, so erkennen wir, daß die Außergefechts- setzung nach einer Kurve mit Wendepunkt erfolgen müßte. So verläuft z. B. die Abtötung von Senfsamen durch HgÜl,, wie REICHEN- BACH aus den Resultaten von HEWLETT berechnet, nach Figur 3 und nach EIJKMAN auch der Prozeß der Abtötung von Bakterien durch Hitze. REICHEN- BACH macht aber gegen die Schlüsse des letzteren verschiedenes geltend. Die EIJKMANschen Kurven sind, wie REICHENBACH richtig hervorhebt, eigentlich keine Binomial-, sondern Exponentialkurven mit unregelmäßigem Anfang. Rechnet man die kleine Konkavität gegen die Abszisse, die immer nur den aller- ersten Anfangsteil betrifft, weg, so verlaufen auch die ErSsKMANschen Kurven ganz wie die von MADSEN, NyMAN, PAuL und anderen für den Desinfektions- verlauf angegebenen — also hyperbelförmig. Aehnliche Resultate wie EIIKMAN hatte teilweise auch OHıck erhalten. Der Wendepunkt der konkav-konvexen Linie liegt aber immer sehr nahe an ihrem Anfang, weit oberhalb der Mitte, REICHENBACH vermutet, daß man einen zu langsam abfallenden Anfangsteil der Kurve immer erhalten muß, wenn man die erste Probeentnahme früh genug macht. Er erklärt sich das mit der Annahme, „daß Keime von so geringer Re- sistenz, wie der Zeit der ersten Probeentnahme entspricht, in der betreffenden (von EIJSKMAN untersuchten) Bakterienmenge gar nicht vorhanden waren“. Für seine Deutung spricht ihm auch die Tatsache, daß in den meisten EIJKMAN- schen Versuchen die Konstante bei der ersten Entnahme etwas zu klein gefunden wurde. EISKMAN selber schloß aus dem eigentümlichen Anfangsverlauf seiner Kurven auf eine Inkubationsperiode des Absterbevorganges. Auch andere Einwände, die gegen den Exponentialgleichungscharakter des Desinfektionsprozesses gemacht worden sind, werden von REICHENBACH zurück- gewiesen. EIJSKMAN hatte nicht nur die überlebenden, sondern auch die in be- stimmten Zeiten abgetöteten Bakterien gezählt, und die mit diesen Zahlen ge- wonnene Reihe von der anderen stark abweichend und unregelmäßiger gefunden. REICHENBACH erklärt aber die mangelnde Uebereinstimmung ungezwungen aus der Tatsache, daß bei dieser Art der Zählung nicht die beobachteten Werte selbst, sondern ihre Differenzen berechnet werden und der relative Fehler der Auf- stellung dadurch stark anwachsen muß. Auch gegen die Formel von IKEDA, die freilich auch auf einen gleichmäßigen, aber von dem einer lixponential- gleichung stark abweichenden Verlauf der Absterbekurve schließen läßt, macht REICHENBACH überzeugende Gründe geltend (IKkEepA hatte den Ausdruck n!lt — k gefunden. Demnach müßte die Anzahl der überlebenden dem Quadrate der Einwirkungszeit umgekehrt proportional sein.) Wenn nun auch REICHENBACH die Tatsache, „daß der Absterbevorgang der Bakterien in einer ganzen Reihe von Fällen wirklich nach einer Exponential- kurve verläuft,“ betont, so hält er doch die Auffassung des Desinfektionsprozesses als einer monomolekularen chemischen Reaktion für irrig. Der Zerfall von Rohrzuckermolekülen unter dem katalytischen Einfluß von Wasserstoffionen (beliebtes Beispiel einer monomolekularen Reaktion) erfolgt nach der Anzahl der Zusammenstöße zwischen den Molekülen und den Ionen. Bei der Reaktion ändert sich nur die Konzentration des Rohrzuckers, die Zu- sammenstöße gehen also in jedem Momente proportional der vorhandenen Rohr- zuckermenge vor sich. Bakterien sind ungleich größer als die kleinsten Moleküle irgendeines Desinfektionsmittels, dagegen ist die Zahl der Moleküle viel be- trächtlicher als die der Bakterien. Deshalb sind alle Bakterien in einer desinfi- zierenden Flüssigkeit zu jeder Zeit ungefähr gleich zahlreichen Zusammenstößen mit den Molekülen des Desinfektionsmittels ausgesetzt, und es wäre nicht ein- zusehen, warum, wenn alle Bakterien von- gleicher Resistenz wären, das eine früher absterben sollte als das andere. Das gleiche Verhältnis zwischen Mikro- organismen und abtötendem Momente haben wir, wenn die Bakterien durch hohe 554 Eumın Bürgt, Temperaturen vernichtet werden. Bakterien kann man nicht einfach mit Mole- külen identifizieren. Aehnliche Argumente bringt REICHENBACH gegen die Auf- fassungen, die PauL über den Absterbevorgang der Bakterien durch Sauerstoff geäußert hat, vor. Die Sauerstoffaufnahme, und damit die Absterbegeschwindig- keit, ist allerdings der Oberfläche proportional. Die Tatsache, daß bei dem Oxydationsprozeß von einer großen Bakterienzahl die einen früher als die anderen absterben, wird damit aber nicht erklärt, denn auch hier trifft die gleiche Schäd- lichkeit alle Bakterien gleichzeitig und gleich stark. Nur der Absterbevorgang eines jeden einzelnen Bakteriums, bei dem die Oxydationen der Oberfläche pro- portional verlaufen, könnte nach dem Gesetze einer monomolekularen Reaktion verlaufen. Auch hier muß die Exponentialgleichung der Ausdruck anderer Verhältnisse sein und die rein chemische Natur des Desinfektionsprozesses nur vortäuschen. Die Weiterführung eines der früher angegebenen Beispiele mag das von REICHENBACH über die Größenunterschiede der Bakterien und der desinfizieren- den Moleküle Gesagte illustrieren: die Kugeln können so dicht in eine Reihe von Soldaten einschlagen, daß alle auf einmal fallen. Tatsächlich stimmen aber auch recht viele bei dem Desinfektionsprozeß beob- achtete Verhältnisse nicht mit den Eigentümlichkeiten einer ınonomolekuiaren Reaktion überein. Wir erwähnten schon, daß der Einfluß der "Temperatur auf den Desinfektionsverlauf nicht immer dem Typus entspricht, den man bei chemi- schen Vorgängen zu erwarten pflegt. Daß die Desinfektionskraft einer Lösung allerdings mit der Temperatur steigt, ist außer Frage. Schon R. KocH, dessen Arbeiten hier überall die eigentliche Grundlage bilden, hat das überzeugend nach- gewiesen. Von anderen Autoren, deren Arbeiten für diese Frage grundlegend waren, sind namentlich GRUBER, HEIDER, BEHRING und PAvL hervorzuheben. MADSEN & Nyman fanden den Einfluß der Temperatur auf den Desinfektions- prozeß im allgemeinen identisch mit dem bei einer monomolekularen Reaktion beobachteten. PAauL, BIRSTEIN & Reuss haben die von ihnen bei der Unter- suchung der HÜCl-Wirkung auf Bakterien wahrgenommenen Abweichungen auf besondere physikalisch-chemische Verhältnisse (Beeinflussung der Wärmetönung etc.), von denen schon die Rede war, zurückgeführt. Bei der Abtötung von Bakterien durch Sauerstoff ermittelten die gleichen Autoren einen Temperaturko6ffizienten, der für eine Temperatursteigerung von 10° zwischen 2 „und 3 lag. Er erwies sich aber als inkonstant, da er im unter- suchten Temperaturgebiete (18—37°) mit steigender Temperatur abnahm. Das Studium des Temperatureinflusses auf die Reaktionsgeschwindigkeit wurde be- nutzt, um Aufschluß über die Natur des Desinfektionsprozesses mit Sauerstoff zu erhalten. Um einfache Diffusionsverhältnisse konnte es sich nicht handeln ; denn die Diffusionskoöffizienten würden bei steigender Temperatur eine arith- metische Reihe bilden, während sie nach den von PAuL, BIRSTEIN & REuss - ermittelten Zahlen eine geometrische Reihe darstellen müßten. Immerhin erwies sich in diesen Untersuchungen der Temperatureinfluß komplizierter als er bei rein chemischen Reaktionen zu sein pflegt. Bei diesen wird allerdings die Geschwindigkeitsvermehrung pro 10° Temperaturerhöhung mit steigenden Tem- peraturen ebenfalls geringfügiger, aber die Abnahme ist viel unbedeutender. Bei dem Absterben der Bakterien in Sauerstoff verminderte sie sich bei Unter- schieden von 20% um 50 Proz. PAauL, BIRSTEIN & Reuss versuchten zunächst das Dissoziationsgleichgewicht des Sauerstoffes für die Erklärung dieser Ab- weichung zu benutzen. Eine mit dem Ansteigen der Temperatur verlaufende Verminderung des Temperaturkoöffizienten wäre zu erwarten, wenn in dem Gleichgewicht 0,220 eine Verschiebung zu gunsten des molekularen Sauerstoffes eintreten würde. Das wäre aber nur möglich, wenn der Zerfall von Sauer- stoffmolekeln unter Wärmeentwickelung vor sich gehen würde, die Dissoziation von Gasmolekülen verläuft aber allgemein endotherm. PAuL, BIRSTEIN & REuSsSs erklären sich schließlich die beobachtete Inkonstanz des Temperaturkoöffizienten bei der O-Desinfektion aus Adsorptionsverhältnissen. Mit dem Wachsen der Temperatur wird die Konzentration des Sauerstoffes an der Bakterienoberfläche immer geringer. Da auch aus anderen später zu besprechenden Untersuchungen auf das Bestehen von Adsorptionsvorgängen geschlossen werden konnte, wurde diese Erklärung vorläufig als richtig angenommen. PAuL, BIRSTEIN & Reuss machen also den Versuch, den eigenartigen Einfluß der Temperatur bei verschiedenen Desinfektionsprozessen auf verschie- dene chemische und physikalische Verhältnisse zurückzuführen und aus ihnen zu erklären. F. CRONER konnte aber nachweisen, daß eine Erhöhung der Tem- Chemische Desinfektionslehre. 555 peratur nicht unter allen Umständen die Desinfektionsgeschwindigkeit zu ver- mehren braucht. Als Desinfektionsmittel kamen bei diesen Versuchen das Phenol und das Lysol zur Verwendung. ÜRONER sagte sich, daß mit wachsender Tem- peratur bis zu einem gewissen Grade auch die Lebensenergie der Bakterien, nicht nur die Kraft des Desinficiens zunehmen müsse, und fand diese einem echt bio- logischen Denken entsprungene Vermutung durch das Experiment vielfach be- stätigt. Bei Zimmertemperatur waren oft geringere Mengen Desinfektionsmittel zur Abtötung von Bakterien notwendig als bei 37°, also bei dem ungefähren Optimum für das Bakterienwachstum. H. REICHENBACH hat eine Erklärung für die Tatsache, daß der Absterbe- vorgang der Bakterien, obwohl er nicht einfach mit einer monomolekularen chemi- schen Reaktion in Analogie gesetzt werden darf, im allgemeinen doch nach einer Exponentialgleichung verläuft, zu geben gesucht. Da sowohl das Ab- sterben, wie auch die Zunahme der Bakterien nach einem solchen Gesetze er- folgt, sucht er zwischen beiden Vorgängen einen inneren Zusammenhang, und a um einer Lösung des Problemes näher zu kommen, verschiedene An- nahmen. Bei gleichmäßiger Teilung einer Anzahl a Bakterien, müssen in der n-ten Generation 2n—1.a Individuen vorhanden sein. Zunächst ist nun wahr- scheinlich, daß sich nicht alle Individuen gleichzeitig teilen, sondern einige früher, andere später, und es müssen in diesem Fall, der der Wahrscheinlichkeit entspricht, Mikroorganismen mit verschiedenem Generationsalter entstehen. Ein weiterer Teil bleibt ungeteilt zurück, oder gelangt bei bestimmten Arten zur: Sporulation. Denkt man sich den jeweiligen zurückbleibenden Bruchteil von Mikroorganismen konstant, so lehrt eine einfache Berechnung, daß in einer Bakterienkultur die einzelnen Altersstufen eine geometrische Reihe bilden. Die weitere Voraussetzung, daß die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Zellen mit dem Generationsalter wächst, führt dann zu einer biologischen Erklärung für den Exponentialcharakter des Absterbevorganges von Bakterien. REICHENBACH hat seinen auf verschiedene Hypothesen gegründeten Ausrechnungen, die hier nicht im einzelnen wiedergegeben werden können, auch noch eine experimentelle Stütze zu verleihen gesucht. Zu diesem Zwecke verfolgte er den Verlauf des Absterbens verschieden alter Kulturen. Die Vermehrung der von ihm unter- suchten Bakterien (Bouillonkultur von Paratyphus B) ging so vor sich, daß nach einer kurzen Inkubation von etwa 30 Minuten die Entwickelung zuerst langsam anfing, dann rasch zunahm, 4 Stunden lang konstant blieb ünd hierauf abfiel. Der Vermehrungsquotient zeigte dabei erhebliche Veränderungen. Wurden nun junge, d. h. weniger als 7 Stunden alte Kulturen abgetötet, so fiel die Absterbe- kurve gleich am Beginn stark ab und entsprach dem Exponentialgesetze wenig. Es waren also hier eine große Zahl von Keimen mit geringer, ziemlich gleich- förmiger Resistenz vorhanden, daneben eine kleinere Menge mit größerer aber verschieden starker Widerstandsfähigkeit. Dieses Verhalten entsprach den Vor- aussetzungen von REICHENBACH. In diesen jungen Kulturen war eben erst ein kleiner Bruchteil in der Teilung zurückgeblieben. Bei älteren Kulturen verlief der Absterbevorgang dagegen der REICHENBAcHschen Forderung entsprechend genau im Sinne einer Exponentialkurve. In seinen Schlußfolgerungen führt REICHENBACH näher aus, warum für die Zeitdauer, die zur Abtötung von Bak- ferien notwendig ist, auch die Zahl der ursprünglich vorhandenen Mikro- organismen in Betracht fallen muß, und liefert damit eine Bestätigung und Er- klärung der schon erwähnten Beobachtung Fıckers. Die Formel, die REICHEN- og a BACH für diese Tatsache aufstellt, lautet: t — ‚und sie sagt: die Zeit, oO ” welche nötig ist, eine Bakterienmenge a bis auf einen Keim zu vermindern, ist proportional dem Logarithmus von a. REICHENBACH führt also den Exponentialcharakter des Absterbevorganges von Bakterien im wesentlichen auf zwei Momente zurück: 1) auf die ungleich- zeitige, aber nach bestimmten Regeln verlaufende Teilung der in der Kultur vorhandenen Individuen und 2) auf die verschiedene Resistenz der dadurch ent- stehenden verschieden alten Generationen. Seinen Untersuchungen nach müssen die älteren Individuen die bedeutend resistenteren sein. Dieser Schluß ist aller- dings ein indirekter, und ein sicherer Beweis für seine Richtigkeit fehlt. Tat- sächlich sind junge Zellen häufig widerstandsfähiger als alte (vide z. B. die Arbeit von Haxpovsky über die Hämolyse), doch könnten sich Bakterien möglicherweise so verhalten, wie REICHENBACH es voraussetzt. In neuester Zeit hat EISKMAN zeigen können, daß bei der Abtötung von Mikroorganismen einige Species allerdings eine Absterbeordnung aufweisen, die 556 EmıL Bürgı, dem Typus der monomolekularen Reaktion entspricht. Bei anderen Parasiten aber fand er keinen konstanten, sondern einen im verlaufenden Prozeß zu- oder abnehmenden Faktor der Desinfektionsgeschwindigkeit. Ja selbst bei Unter- suchungen der gleichen Species erhielt Eıskman gelegentlich einen wechselnden Typus des Desinfektionsverlaufes. Auch der von E. MEYER, sowie von KÜsTER & BOoJAKOWsKY geleistete Nachweis, daß die Desinfektion nicht nur durch die Konzentration, sondern auch durch die absolute Menge des verwendeten Mittels beeinflußt wird, kann gegen den zuerst von MADsSEN & NYMANn aufgestellten einfachen Ausdruck des Ab- sterbevorganges von Bakterien mitverwertet werden, noch mehr die von KÜSTER & AUTENRIETH gemachte Angabe, daß bei Einwirkung von Phenol auf Bak- terien regelmäßig eine gewisse Menge Phenol verschwindet. Eine vollkommene Ueberstimmung zwischen dem Verlauf des Desinfektionsprozesses und dem einer monomolekularen chemischen Reaktion hätte eigentlich überraschen müssen. EIJKMAN, ÜRONER und REICHENBACH haben mit Recht biologische Auffassungen den rein chemisch-physikalischen gegenüber geltend gemacht. Mathematische Gleichungen werden viel zu leicht zur Darstellung biologischer Vorgänge verwertet. Die Ableitungen aus der zunächst aufgestellten Formel sind gewöhnlich richtig, zu dem ersten mathe- matischen Ausdruck aber gelangt man selten ohne eine gewisse Will- kürlichkeit. Gerade die Desinfektionsliteratur gibt dafür viele Bei- spiele. Wenn man die Hoffnung hegt, einmal den ganzen Desinfektions- vorgang auf chemische und physikalische Verhältnisse zurückzuführen, also aus ihnen erklären zu können, darf man sich eigentlich erst recht nicht wundern, daß er nicht restlos auf die Gleichung einer monomole- kularen Reaktion zu bringen ist. Es ist ein Verdienst von PAuL, BiRstEeiın & Reuss, physikalische Momente als maßgebend für ver- schiedene Abweichungen von der Grundregel direkt in den Kreis der Berechnungen gezogen zu haben. Die Erkenntnis, daß der Desinfektions- verlauf gewöhnlich im Sinne einer Exponentialkurve verläuft, die wir in erster Linie MAapsen & Nyman zu verdanken haben, hat immerhin einen wesentlichen Fortschritt bedeutet, obwohl ihre Allgemeingültig- keit nachträglich durch verschiedene widerstreitende Ergebnisse in Zweifel gezogen werden mußte, und obwohl sie heute nicht mehr so einfach begründet werden kann wie früher. Zusammenfassend können wir sagen: Der Desinfektionsprozeß verläuft im allgemeinen — aber nicht immer — nach der Art einer monomolekularen Reaktion, aber wahr- scheinlich nicht aus chemischen, sondern aus biologischen Gründen. Die vielen Abweichungen von dieser Regel können zum Teil auf biologische, zum Teil auf physikalische Momente zurückgeführt werden. C. Lösung, Adsorption und chemische Bindung. Selbst wenn die Desinfektion in letzter Linie als chemische Re- aktion aufzufassen wäre, müßte sie doch zunächst durch physikalische Vorgänge eingeleitet werden. Daß die bloße Lösung einer Substanz in Mikroorganismen Zustandsänderungen des Zellinnern oder der Mem- bran hervorrufen kann, die ein Absterben der Parasiten zur Folge haben, wurde schon hervorgehoben. Bei der großen Zahl von Bak- terien und von Desinfektionsmitteln ist eine einheitliche Deutung des Desinfektionsvorganges a priori unwahrscheinlich. Eine erste Illu- stration zu dieser Meinung mögen die Arbeiten von R. O. HERZOG .— Chemische Desinfektionslehre. 557 & R. Berzeu bilden. Diese Autoren ließen verschiedene Desinfektions- mittel in wechselnden Konzentrationen auf Preßhefe einwirken, zentri- fugierten dann ab und bestimmten die nicht aufgenommene Giftmenge. Zur Untersuchung kamen das Chloroform als lipoidlösliches, das Silber- nitrat als eiweißfällendes Mittel, sowie Formaldehyd und Phenol. Silbernitrat und Chloroform wurden offenbar adsorbiert, bei den Chloro- formversuchen fiel der ungewöhnlich große Adsorptionsexponent aller- dings aus dem gewöhnlichen Rahmen heraus, von Formaldehyd wurde immer eine kleine, konstante, von der Konzentration unabhängige Menge gebunden; eine Phenolaufnahme konnte nicht nachgewiesen werden. Demnach werden (in Preßhefe) Chloroform und Silbernitrat adsorbiert, Formaldehyd wird chemisch gebunden (allerdings rever- silbel), und Phenol löst sich offenbar einfach in der Zelle (vide später!). Diese Versuche zeigen deutlich, wie ungleichartig die chemisch-physikalischen Beziehungen zwischen Zelle und Desinfektions- mittel bei verschiedenen Substanzen liegen. Daß auch die Ungleich- artigkeit der Mikroorganismen bestimmend auf diese Verhältnisse ein- wirkt, ist vorauszusehen (siehe u. a. BECHHOLD). Für das Durchdringen eines Giftes in eine Zelle ist der sogenannte Diffusionskoeffizient in erster Linie maßgebend. Er bezeichnet die Stoffmenge, die bei einem Konzentrationsgefälle 1 pro Zentimeter einen Querschnitt von 1 ccm pro Sekunde passiert. Daß er im allgemeinen dem Molekulargewichte des diffundierenden Stoffes umgekehrt pro- portional ist, möge hier nur kurz erwähnt sein. Für die schließlich von der Zelle aufgenommene Menge kommen in Betracht: der Hrxrysche Verteilungssatz, die Adsorption und die chemische Bindung. Wird ein in zwei nicht mischbaren Flüssigkeiten a und b lös- licher Körper c mit diesen Flüssigkeiten geschüttelt, so kommt ihm, vorausgesetzt, daß er in beiden Lösungsmitteln die gleiche Molekular- sröße hat, ein konstanter Teilungskoeffizient zu. So läßt sich der Henrysche Verteilungssatz relativ einfach auszudrücken. Die von BERTHELOT & JUNGFLEISCH angegebene, von SPIRO als Beispiel benutzte Tabelle mag das illustrieren. Benzo6säure verteilt sich zwischen Aether und Wasser in der folgenden Weise: Wasser | Aether nl m Teilungskoeffizienten ccm | cem Wasser | Aether C,/C, C | C, | R 70,0 30,0 | 42,4 2.1: 6,0 49,0 | 49,0 | 43,8 7,4 | 6,0 28,0 | 55,5 | 47,4 2,9 6,0 C,/C; ist nur solange konstant, als ce in a und b die gleiche Molekulargröße hat. Nennen wir die Konzentrationen Ca und Cp, und nehmen wir an, daß ec in a ein n-mal größeres Molekulargewicht besitzt, so erhalten wir das Verhältnis Ca/Cpn — konstant. Durch Adsorptionsvorgänge wird aber die Verteilung wesentlich verändert. Mit ihnen hat man immer zu rechnen, wenn sich Ober- flächenwirkungen geltend machen können. Haben wir in Wasser zwei Stoffe, den einen gelöst, den andern suspendiert, so konzentriert sich der gelöste an der Oberfläche des suspendierten (resp. kolloidal gelösten) immer dann, wenn er die Oberflächenspannung des Wassers 558 Emıt Bürgı, herabsetzt. Im gegenteiligen Fall, den wir hier erfahrungsgemäß nicht ins Auge zu fassen brauchen, würde eine Verminderung der Kon- zentration an der Grenzschicht, eine sogenannte negative Adsorption zustande kommen. Die allgemeine Adsorptionsformel lautet: en C, n wobei C, eine der Oberflächenkonzentrationen proportionale Größe, C, die in der Umgebung noch vorhandene Konzentration, k eine Konstante, den Adsorptions- koeffizienten und r (stets < 1) den Adsorptionsexponenten darstellen. Ich gebe eine absichtlich vereinfachte Formel. k hängt sowohl von der Natur des adsorbierenden, wie auch des adsorbierten Stoffes ab, der Adsorptionsexponent ist dagegen von beiden ziemlich unabhängig. Charakteristisch ist für die Ad- sorption, daß bei niederen Konzentrationen des gelösten Stoffes relativ mehr ad- sorbiert wird. Trägt man die Konzentrationen des gelösten Stoffes in Wasser in die Abszisse, die ÖOberflächenkonzentrationen in die Ordinate eines Ordi- natensystems ein, so erhält man dementsprechend eine zuerst steil ansteigende, dann abgeflachte, nach der Abszisse konkave Kurve, die aus der Adsorptions- literatur genugsam bekannt sein dürfte. Ueber die chemische Bindung, den dritten Fall, den wir be- trachten müssen, möchte ich nur das eine bemerken: Sie ist nicht un- bedingt als irreversibel zu bezeichnen. Sie kann praktisch irre- versibel sein, sie braucht es aber nicht. Theoretisch sind alle che- mischen Reaktionen reversibel. Lockere chemische Bindungen zeigen ihre Reversibilität in praxi oft genug. Mit allen drei Vorgängen haben wir bei der Betrachtung des Desinfektionsprozesses zu rechnen. Eine Aufschwemmung von Bak- terien hat für das unbewaffnete Auge den Charakter einer trüben Lösung. In Wirklichkeit stellt sie eine Suspension zahlreicher kleiner Körperchen dar, die eine enorme Oberfläche repräsentieren. Adsor- ptionsvorgänge sind also, sobald ein Stoff in dieser Suspensionsflüssig- keit gelöst ist, wahrscheinlich. Die Stoffe diffundieren in das Zell- innere, nachdem sie vorher adsorbiert, in einzelnen Fällen viel- leicht auch nicht adsorbiert worden sind, und sind dann dort physi- kalisch gelöst oder chemisch gebunden vorhanden. Das Verhältnis ihrer Löslichkeit in den Zellstoffen zu der Löslichkeit in der Des- infektionsflüssigkeit sowie ihre chemischen Affinitäten sind also von wesentlicher Bedeutung für den Desinfektionsvorgang. Es ist keine Frage, daß alle drei Vorgänge, zu denen sich dann noch die Diffusionsgeschwindigkeit hinzugesellt, miteinander in Betracht fallen können. Eine desinfizierende Substanz kann z. B. an der Bakterienoberfläche durch Adsorption konzentriert werden, dann wird sie zunächst ihrer Löslichkeit entsprechend von der Zelle aufgenommen und schließlich verbindet sie sich mit irgendeinem Stoff des Mikroorganismus. Lösung und chemische Bindung können die Zellmembran allein betreffen oder auch das Zellinnere. Die Diffusion durch die Zellhaut, deren Existenz übrigens nicht etwa für alle Fälle feststeht, stellen sich einige Autoren durchaus mechanisch vor, ein- fach als ein Durchdringen feinster Poren. Vorstellungen, die von einer Auflösung der penetrierenden Substanzen in der Membran ausgehen, sind wohl richtiger. Beim Uebertreten des Desinfektionsmittels in das Innere des Bakteriums begegnen wir der Frage physikalische Chemische Desinfektionslehre. 559 Lösung oder chemische Bindung nochmals. Ja, es ist klar, daß sich auch im Zellinneren Adsorptionsvorgänge geltend machen können, denn hier sind zahlreiche kolloidale und kristalloide Stoffe gelöst und halbflüssig nebeneinander vorhanden, zum Teil allerdings wohl auch zu einer schwer zu definierenden physikalisch-chemischen Einheit zusammengefaßt. Der erste Vorgang, dem wir begegnen können, wenn wir die einzelnen Phasen des Desinfektionsprozesses zeitlich richtig an uns vorübergehen lassen, ist die Adsorption. Was sie chemisch-physi- kalisch bedeutet, haben wir kurz dargetan. Sie konzentriert eine gelöste Substanz an der Oberfläche einer suspendierten andern Sub- stanz (eventuell konzentriert ‘sie auch ein Gas an der Oberfläche eines festen Körpers etc.), sie macht damit eine schwach desinfizierende Lösung beträchtlich wirksamer. Die weiteren Prozesse in der Zell- haut und im Zellinnern spielen sich dann ab, wie wenn — bei fehlen- der Adsorption — eine bedeutend stärkere Konzentration verwendet worden wäre. Daß HERZOG & BETZEL das Auftreten von Adsorptionsvorgängen bei Ein- wirkung verschiedener Desinfektionsmittel auf Preßhefe nachgewiesen haben, wurde schon angegeben. Wir mußten auch schon einige Resultate von PAuL, BIRSTEIN & Reuss, die nach der gleichen Richtung zielen, anführen, wollen sie aber an dieser Stelle etwas genauer mitteilen. Bei ihren ersten Versuchen, die das Absterben von Bakterien in Sauerstoff-Stickstoffgemischen zum Gegenstand hatten, machten sie u. a. auch den Versuch, die erhaltenen Resultate aus Adsorptionsgleichgewichten zu erklären. Daß die Hrnrysche Regel nicht in Betracht fallen konnte, war klar (vide oben). Die Konzentration des aufgenommenen Gases hätte seinem Partialdruck direkt proportional sein müssen. Die Desinfektionsgeschwindig- keitskonstanten von Sauerstoff-Stickstoffgemischen verhielten sich aber wie die Quadratwurzeln aus den Sauerstoffkonzentrationen. Das würde aus Adsorptions- verhältnissen erklärt werden können, wenn der Adsorptionsexponent !/n — !/a wäre. Derselbe ist jedoch für den Sauerstoff nicht bekannt. PAuL, BIRSTEIN & Reuss konnten aber den schon besprochenen Einfluß der Temperatur am besten aus der Annahme von Adsorptionsverhältnissen erklären. Eine kurze Wieder- holung des Wesentlichen ist hier nicht zu umgehen. Steigerung der Temperatur bewirkt eine starke Vermehrung der Reaktions-(Desinfektions- geschwindigkeit. Diese Zunahme ist aber pro 10° bei höheren Temperaturen geringer als bei niedrigen. Im allgemeinen steigt mit der Temperatur der Adsorptionsexponent während der Koöffizient abnimmt.. Die Abnahme des Koeffizienten macht aber bedeutend mehr aus als die Zunahme des Exponenten. Die Adsorption sinkt also bei steigender Temperatur. PauL, BIRSTEIN & Reuss haben für die Desinfektionsgeschwindigkeits- konstante K die früher besprochene Formel aufgestellt K=A-CB B könnte nun ihren Anschauungen nach auch bei der Desinfektion mit Salz- säure einfach den Adsorptionsexponenten darstellen. B soll überhaupt für den Vorgang charakteristisch sein, durch den die Zufuhr des Giftes in das Innere der Zelle vermittelt wird (Adsorption, Verteilung). Es beträgt hier 0,5; d. h. die desinfizierende Wirkung der Salzsäure wächst langsamer als ihre Konzentration, ungefähr proportional der Quadratwurzel aus der letzteren. Ueber die Adsorption stark dissoziierter Stoffe sind wir allerdings wenig orientiert, immerhin haben ver- schiedene Autoren eine positive Adsorption von Salzsäure in verdünnten Lösungen beobachtet, die der sehon erwähnten Adsorptionsisotherme ungefähr folgt. Die Untersuchungen von PAuL, BIRSTEIN & Reuss über die Desinfektions- kraft der Essigsäure und der n-Buttersäure bei verschiedenen Konzentrationen ergaben dagegen keine Anhaltspunkte für die Annahme von Adsorptionsvor- gängen, trotzdem diese bei schwachen Elektrolyten noch eher zu erwarten ge- wesen wären. Die Bedeutung der Adsorption bei dem Desinfektionsvorgang hat H. BECH- HOLD am eingehendsten besprochen und untersucht. Er ist wohl auch der erste, der bestimmt auf sie aufmerksam gemacht hat. Nach FREUNDLICH werden 560 Emın Bürgı, folgende Stoffe nur schwach adsorbiert: 1) Salze (besonders die der unedlen Metalle), stark dissoziierte Stoffe, Substanzen, die viele OH-Gruppen oder die Sulfogruppe im Moleküle enthalten. BEcHHoLD hebt die relativ geringe Brauch- barkeit dieser Chemikalien zu Desinfektionszwecken hervor. Im Gegensatze zu ihnen kommt den Schwermetallsalzen, wie P. MoRAWITZ gezeigt hat, eine unge- wöhnlich hohe Adsorptionsfähigkeit zu. Das Sublimat ist auch in dieser Hin- sicht allen anderen bis dahin untersuchten, beträchtlich überlegen. Stark ad- sorbiert werden unter den organischen Körpern auch noch die Halogene, unter den organischen die Substanzen, welche die Phenylgruppe enthalten. Sie alle werden in wässeriger Lösung besser adsorbiert als in Oel, in Alkohol oder Aceton. Daß sie in diesen Substanzen gelöst auch schlechter desinfizieren, ist bekannt und soll später auch noch besprochen werden. Die zuerst von KocH, dann von vielen anderen Autoren (u. a. BECHHOLD, sowie BECHHOLD & EHRLICH) nach- gewiesene desinfizierende Wirkung äußerst, verdünnter Lösungen, z. B. von Sublimat, von Tetrachlor-o-Biphenol, Tribrom-Naphthol wird auf Adsorptions-' verhältnisse zurückgeführt. Bei geringen Konzentrationen wird die gelöste Sub- stanz fast vollständig adsorbiert, bei höheren verteilt sie sich immer mehr nach dem Satze von Henry. BECHHOLD erwähnt hier mit Recht, daß man diese Wirksamkeit stark verdünnter Lösungen auch aus dem Auftreten chemischer Bindungen erklären könne, und daß diese Annahme in einzelnen Fällen richtig sei. Bei Adsorption trete aber im allgemeinen nur Entwickelungshemmung (die nachträglich freilich auch Abtötung werden kann) ein, bei chemischer Bindun dagegen Desinfektion, der erste Prozeß sei reversibel, der zweite könne irreversibe sein. Hierzu haben wir uns schon geäußert. Die Adsorption ist unter allen Um- ständen nur als die Einleitung zum eigentlichen Desinfektionsprozesse anzu- sehen. Bloße physikalische Lösung kann unter Umständen abtötend wirken, chemische Bindungen können reversibel sein. Immerhin haben die Annahmen BECHHOLDs eine hohe Wahrscheinlichkeit für sich. BECHHOLD bespricht dann die für die Erkenntnis von Adsorptionsvorgängen bei der Desinfektion verwendeten Methoden. Er teilt sie in chemische und bio- logische ein. Nach den chemischen (Berücksichtigung der Konzentrationsver- minderung der Desinfektionsflüssigkeit) arbeiteten HERZOG & BETZEL, KÜSTER und seine Mitarbeiter, ferner REICHEL, der die Aufnahme von Phenol aus wässeriger Lösung durch Oel, Eiweiß und Bakterienleiber der HEnRyschen Regel entsprechend gefunden hat (siehe später). HERZOG & BETZEL haben die Ver- teilungsform für das Phenol, wie oben angegeben, nicht genau ieststellen können, BECHHOLD glaubt, daß in ihren Versuchen die Konzentrationsverminderung in der Desinfektionsflüssigkeit zu gering war, um einen chemischen Nachweis zu gestatten. Nach biologischen Methoden (Berücksichtigung der Geschwindigkeit des Absterbens) arbeiteten hauptsächlich PAuL, BIRSTEIN & Reuss. Mit Rück- sicht auf die Einwände von REICHENBACH, CRONER & EIJKMAN die Auffassung des Desinfektionsprozesses als monomolekulare Reaktion betreffend, ist gegen die Richtigkeit dieser „biologischen Methode“ vieles zu sagen. Die erhaltenen Kurven bringen uns vielleicht nicht den Gang der Adsorption, sondern die in den wechselnden Konzentrationen verschiedene Widerstandsfähigkeit der einzelnen Wachstumsstadien zum Ausdruck. Neuerdings haben auch noch KÜsTER und RortHAuUB die Adsorption von Phenol durch Bakterien nachgewiesen. Wir werden auf diese Arbeit später noch einmal zurückkommen müssen. Aus all diesen Angaben läßt sich schließen, daß die Adsorption als vorbereitendes (konzentrierendes) Moment für die Desinfektion in vielen Fällen eine wesentliche Rolle spielt. Ueber Größe und Ver- breitung dieses Vorganges bei den verschiedenen Desinfizientien und Mikroorganismen sind wir aber nur sehr ungenau unterrichtet. Die theoretischen Auffassungen und Deduktionen überwiegen an Zahl die brauchbaren experimentellen Resultate, sie sind aber einleuchtend, und manches, was bis jetzt unverständlich oder wenigstens erzwungen gedeutet scheint, wird vielleicht bei Berücksichtigung eventueller Ad- sorptionsvorgänge, auf die früher zu wenig geachtet wurde, seine richtige Aufklärung finden. Wir haben schon hervorgehoben, daß nach den Untersuchungen Reiches bei der Einwirkung von Phenol auf Mikroorganismen Ad- sorptionserscheinungen nicht in Kraft treten und daß sich die Ver- Chemische Desinfektionslehre. 56l teilung dieses Desinfektionsmittels zwischen Wasser und Bakterien- leibern einfach nach der Hrnxryschen Regel vollziehen soll. In diesen Falle hängt die Wirksamkeit eines Desinficiens in erster Linie von seinen Löslichkeitsverhältnissen ab. Je löslicher es in den Bakteriensubstanzen ist, desto stärker wird im allgemeinen sein Effekt sein. Die Beziehungen zwischen dem Phenol und den Zell- stoffen sind besser untersucht als die irgendeines andern Des- infektionsmittels. Die Anregung zu diesen Studien gab R. Koch in seiner grundlegenden Arbeit über Desinfektion (1881), in welcher die geringe Desinfektionskraft alkoholischer und öliger Phenollösungen den wäßrigen gegenüber zum ersten Male mitgeteilt wurde. WoLFr- HÜGEL & KNorRE stellten dann auf seine Veranlassung die ersten Versuche über die Verteilung des Phenols zwischen Wasser und Oel an. Sie bewiesen, daß Phenol leichter von Wasser zu Oel geht als umgekehrt, kamen aber zu keiner klaren theoretischen Erkenntnis dieses Vorganges. Eine wesentliche Förderung brachte auf diesem Gebiete die Arbeit SCHEURLENs. Er zeigte, daß die Wirkung einer wäßrigen Phenollösung durch einen Kochsalzzusatz erheblich gesteigert wird. Fügte man zu 1-proz. Karbolwasser soviel NaCl, als ohne Trü- bung zu erzeugen möglich war, so erhielt es die desinfizierende Kraft einer konzentrierten Phenollösung. Die von SCHEURLEN zu diesem Befund gegebene Erklärung erwies sich allerdings als unrichtig, war aber an sich sehr interessant. Er nahm an, daß die Hydratbildung des Phenols in Wasser durch Salzzusatz vermindert und dab damit eine höhere Phenolkonzentration erzeugt würde. In einer weiteren Arbeit mit Spıro verwarf er indessen diesen Erklärungsversuch, und beide Autoren brachten die Verstärkung der Phenolwirkung durch Kochsalz mit dem Prozeß der Aussalzung in Zusammenhang. SPIRO ist dieser Annahme später gemeinschaftlich mit H. Bruns noch weiter nachgegangen. Besonders instruktiv erscheint hier der Hinweis auf analoge Erscheinungen bei der Färbung. Eine in verdünnte alko- holische Fuchsinlösung gebrachte Seidenfaser färbt sich wenig. Durch Zusatz von Wasser aber wird der Farbstoff aus dem Lösungsmittel in die Seide hineingedrängt. Alkohol entzieht der Faser das Fuchsin, Wasser bringt es wieder an die Seide. Umgekehrt wie Alkohol wirken Salze. Die Seidenfaser wird mit dem Bakterienleib, der Farbstoff mit dem Phenol in Parallele gesetzt. Das Phenol bildet nach diesen Autoren mit dem Eiweiß ein leicht zersetzliches Additionsprodukt. Der Prozeß der Desinfektion wäre demnach nicht rein physikalisch zu verstehen. Aber solche schwache chemische Beziehungen sind, wie Spıro hervorgehoben hat, von bloßen Lösungsaffinitäten nicht scharf zu scheiden. Die weiteren an dieser Stelle vorhandenen Angaben sollen wegen ihrer grundlegenden Bedeutung hier eine wörtliche Wiedergabe finden: „Wenn auf der einen Seite Wasser, auf der anderen Bakterienleiber ein und demselben Körper, in diesem Falle dem Phenol, als Lösungsmittel dienen können, so wird sich je nach dem Verteilungsfaktor das vorhandene Desinficiens zwischen den beiden Systemen verteilen ; lockere ich jetzt die „Affinität“, den Zusammenhang zwischen Phenol und Wasser, dadurch, daß ich dem Wasser Kochsalz zusetze, so wird der Verteilungsfaktor zu gunsten des Bakterienleibes geändert, und es wird in den Bakterienleib mehr Phenol eindringen, ebenso wie in eine Seidenfaser aus alkoholischer Fuchsinlösung mehr Farbstoff eindringt, je mehr Wasser ich zu der Lösung setze.“ 3 Dementsprechend verstärken alle Körper die Desinfektionskraft von Phenol, die es aus seiner wässerigen Lösung ausfällen. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 36 562 Emıt Bürgı, Pau & Krönıs konnten die Verstärkung der Phenolwirkung durch Kochsalz ebenfalls bestätigen. Auch BECKMANN, der mit ver- schiedenen Bakterienarten gearbeitet hatte, erhielt ähnliche Resultate. Er suchte den Grund für die Vermehrung der Desinfektionskraft in einer Wasserentziehung durch Kochsalz, doch genügte ihm diese Er- klärung keineswegs, und er verwies auf spätere Versuche. WEYLAND und im Anschluß an ihn Römer brachten dagegen die Phenolwirkung mit einer Eiweißfällung in Zusammenhang, und der letztere schloß aus verschiedenen Versuchen, daß auch eine Vorbehandlung der Bak- terien durch Kochsalz wirke, weil durch sie die Hüllen der Mikro- organismen geschädigt und damit durchgängiger für das Phenol ge- macht würden. Srıro & Bruns konnten diese Resultate durchaus nicht bestätigen. Auch die vielfach nachgewiesene Unschädlichkeit des Kochsalzes für Bakterien erwähnen sie als ein gegen die Auf- fassung Römers sprechendes Moment. Sprıro & Bruns konnten ferner zeigen, daß das dem Phenol so nahe verwandte Brenzkatechin nicht durch NaCl, durch das es nicht ausgefällt wird, wohl aber durch Na;SO, und (NH,)>sSO, in seiner desinfizierenden Wirkung verstärkt wird, und durch beide Substanzen wird es auch ausgesalzen. Sie fanden auch keine Uebereinstimmung zwischen der eiweibfällenden und der die Phenolwirkung steigernden Eigenschaft verschiedener Salze. Alkohol, ein gutes Fällungsmittel für Eiweiß und ein gutes Lösungsmittel für Phenol, setzte dessen desinfizierende Wirkung be- deutend herab, Harnstoff und Glyzerin, die keinen Einfluß auf die Löslichkeit des Phenols haben, veränderten auch seine Desinfektions- kraft nicht. Bei äquimolekularen Quantitäten von NaCl, KCl, NaBr, NaJ, NaNO, und essigsaurem Natrium war eine Kongruenz zwischen Phenolfärbung und Vermehrung seines Desinfektionsstoffes zu kon- statieren. Die Größe der Ionisation ist dabei nicht von Bedeutung. Jodnatrium, das die gleiche Ionisationskonstante besitzt wie Natrium- chlorid, wirkt weniger stark vermehrend auf die desinfizierende Kraft des Phenols. Srrro, dessen Anschauungen über die Phenolwirkung in der Hauptsache maßgebend geblieben sind, sucht also in der Ver- teilung des Phenols zwischen Lösungsmittel und Bakterienzelle die Grundlage für die Desinfektionswirkung. Wir möchten diese Auf- fassungen hier nicht weiter besprechen, ohne vorher der gegenwärtig so viel verwendeten Lipoidtheorie zu gedenken. Sie lehrt bekanntlich, dab eine jede Zelle von einer Lipoidhülle umgeben sei, und daß nur solche Substanzen in das Protoplasma gelangen können, die in dieser Membran löslich sind. Der Begriff der Lipoide ist ein sehr vager ge- worden. Charakteristisch ist für sie eigentlich nur noch ihre Löslich- keit in Aether, Chloroform, Petroläther und ähnlichen Substanzen (vgl. u. a. die Monographie von Ivar Banc). Einige sind fettähnlich (Leecithin), andere nicht (Cholesterin), viele sind von ganz unbe- kannter Konstitution. Die Existenz einer lipoiden Zellmembran ist unbewiesen. Eventuell handelt es sich nur um sogenannte Oberflächen- häute (BECHHOLD u. a.). Die Wichtigkeit der Lipoide für die Ver- mittelung narkotischer Wirkungen ist überzeugend nachgewiesen (MEYER, OVERTON), obwohl auch hier Einschränkungen gelten müssen. Von den Desinfektionsmitteln sind vor allem die Phenole (im weitesten Sinne des Wortes) als lipoidlöslich zu betrachten. Die geringe Lipoid- löslichkeit der Schwermetallsalze wurde zwar auch schon als maß- gebend für den Desinfektionswert bezeichnet. Die Beweise fehlen :# Chemische Desinfektionslehre. 563 aber gänzlich. Urteilt man ohne Befangenheit, so muß man im Gegen- teil die hohe desinfizierende Kraft dieser Substanzen als einen Beweis gegen die dominierende Bedeutung der Lipoidlöslichkeit betrachten. Ueber die Verteilung des Phenols zwischen Wasser und Bakterien- substanzen hat H. ReıcHer die eingehendsten Untersuchungen, die eine richtige Fortsetzung der Arbeiten von Srıro bedeuten, angestellt. Zunächst wurde die Phenolverteilung zwischen Oel und Wasser und ihre Beeinflussung durch NaCl nochmals genau festgestellt. Diesen Untersuchungen nach befindet sich das Phenol in Wasser wie in Oel in einfacher echter Lösung, und zwar in beiden Fällen als Phenolhydrat (2 C,H,OH + H,O). Für die Oel- lösung gilt das natürlich nur, wenn das Phenol aus Wasser in Oel übergeht. Bei Wassergegenwart kann das Oel bedeutend mehr Phenol aufnehmen (44,34 Proz.) als wenn der letztere Körper in getrocknetem Zustande aufgelöst wird. Der Teilungsfaktor besaß eine in weiten Grenzen ausreichende Konstanz. Wurde nun zu dem System Wasser—Oel—Phenol Kochsalz zugesetzt, so zeigte sich eine mit der Zunahme des NaCl-Gehaltes ansteigende Verteilungsverschiebung des Phenols zugunsten der Oelphase. Von den weiteren Ergebnissen hebe ich nur die folgenden hervor: Die Wasserlöslichkeit des Phenols ist bei Gegenwart von Oel niedriger. „Diese Verschiebung des genannten Faktors zugunsten des Oels für den Phenolsättigungszustand, der dort durch den mutmaßlichen Oelgehalt der Phenolphase erklärt wurde, findet sich nun hier bei den Kochsalzversuchen in noch ausgesprochenerem Maße und verhältnismäßig um so ausgesprochener, je weniger NaÜl vorhanden ist.“ Gesättigte Phenollösungen kommen aber für den Desinfektionsprozeß kaum in Betracht. Im allgemeinen gilt der Satz, daß gleiche — in arithmetischer Progression wachsende — NaCl-Konzentrationen ver- hältnismäßig gleiche, geometrisch wachsende Erhöhungen des Teilungsfaktors bedingen. Wurde an Stelle des Olivenöls Cholestearin gewählt, resp. in Olivenöl aufgelöstes Cholestearin, so waren die Verteilungsverhältnisse im Prinzip die gleichen. Olivenöl kann also bei solchen Versuchen als Vertreter der Zelllipoide verwendet: werden. In einer zweiten Versuchsreihe wurden die Beziehungen des Phenols zu Eiweiß und die Beeinflussung eines Wasser-Phenol-Eiweißsystems durch Koch- salz untersucht. Das Eiweiß bildet mit den Lipoiden die wichtigste Substanz- gruppe der Zelle, ja die eigentlichen Lebensvorgänge spielen sich wohl in ihm ab» Es war aus bekannten physikalisch-chemischen Tatsachen a priori anzu- nehmen, daß die Verteilungsverhältnisse des Phenoles zwischen Wasser und Ei- weiß und ihre Beeinflussung durch Kochsalz ähnlichen Gesetzen folgen würden, wie sie bei dem früher untersuchten System, das an Stelle des Eiweiß Oel enthalten hatte, beobachtet worden waren. Tatsächlich fand sich denn auch ein im wesentlichen gleichsinniger Einfluß der Salzgegenwart auf die Phenolver- teilung zwischen Wasser und einer Eiweißphase wie zwischen Wasser und Oel. Als Eiweiß kamen aus Eiklar und aus Pferdeserum gewonnene hitzekoagulierte Scheibehen zur Verwendung. Die Eiweißstoffe hielten das Phenol nicht fest. Durch Reversibilitätsversuche war der scharfe Gleichgewichtszustand der Eiweiß- Phenol-Bindung zu erbringen. Das Phenol war aus dem Coagulum ganz aus- ziehbar, und da die pro Gramm Coagulum gebundenen Phenolmengen mit steigendem Phenolgehalte der Lösung nicht ab- sondern zunahmen, wurde ge- schlossen, daß es sich um ein echtes Lösungsgleichgewicht und nicht um Ad- sorptionsvorgänge handle. Wurden an Stelle der Coagula Bakterienmassen- kulturen (B. pyocyaneum) verwendet, so waren die Verteilungsverhältnisse wiederum analoge. „Auch hier findet eine echte Lösungsverteilung statt, deren Gleichgewicht durch Salz in typischer Weise zu verschieben ist.“ Nach der allgemeinen Annahme verändern Phenollösungen ihre Konzentration während der Einwirkung auf Bakterien nicht wesentlich. REICHEL untersuchte nun weiter, ob Konzentrationsgemische von Phenol und NaCl, die nach der von ihm gefundenen Gesetzmäßigkeit einen gleichen inneren Phenolgehalt der Zelle be- dingen, auch tatsächlich die gleiche desinfizierende Kraft besitzen. Die Er- gebnisse konnten die in dieser Fragestellung liegende Annahme im sroßen und ganzen bestätigen. Allerdings beobachtete REICHEL hier einige wesentliche Abweichungen. Bei kurzdauernden Versuchen wirkten phenolreiche, kochsalzarme Lösungen verhält- nismäßig rascher. Diese Resultate änderten sich aber, als durch eine nächste Reihe von Versuchen die Frage beantwortet wurde, welcher Phenolgehalt bei 564 Emın Bürgı, Gegenwart einer bestimmten Salzmenge (5 Proz. NaCl) mit 1 Proz. Phenol in salzfreier Lösung gleich wirksam sei. Hier zeigten die salzhaltigen Lösungen einen stärkeren Desinfektionswert. Die Abweichungen in diesen Resultaten wurden aus einem unbekannten Einfluß des Salzes auf die Diffusibilität der Phasengrenzschicht zurückgeführt. Um dieses störende Moment auszuschalten, wurde die Desinfektionskraft verschiedener Lösungen nach längeren Zeiträumen festgestellt. Hier fiel nur noch die Einwirkung Auf besonders resistente Bak- terien in Betracht und die Diffusibilität des Phenols spielte keine Rolle mehr. Aus diesen Versuchen ging mit Bestimmtheit hervor, daß „gleiche Wirksamkeit mit gleichem Einfluß auf die Innenphenolkonzentration einer damit im Gleich- gewicht befindlichen (salzfreien) Phase eindeutig verknüpft sei“ Die Erreichung einer bestimmten Tosuneskonzertei an Phenol in der Körpersubstanz der Bakterien bildet also eine an sich genügende Bedingung des Zelltodes. Nach den sehr eingehenden Untersuchungen REICHELS, auf die wir etwas genauer eingehen mußten, wird somit die Aufnahme von Phenol aus einer wässerigen Lösung durch Bak- terien von der einfachsten Form des Verteilungssatzes beherrscht. Die Wirkung des im Protoplasma gelösten Phenols kann als eine ferment- hemmende angesehen werden, aus den Verteilungsversuchen mit Eiweiß geht aber u.a. auch hervor, daß das Phenol im Verhältnis zu seiner Kon- zentration das Quellungswasser des Eiweiß zu verdrängen imstande ist, Die Desinfektion durch Phenol kann daher auch mit allen Prozessen verglichen werden, die wasserentziehend wirken (Hitzekoagulation etc.). An eine direkt koagulierende Wirkung des Phenols im Sinne einer irreversiblen Umwandlung eines Sols in ein Gel ist aber dabei nicht zu denken. Nach Srıro trübt ein Zusatz von wenigstens 0,6 Proz. Phenol eine Eiweißlösung, bei 1,5 Proz. erhält man sogar einen dicken weißen Niederschlag. Gibt man nun aber mehr Eiweiblösung zu, so verschwindet die Trübung wieder. Es handelt sich hier also um eine reversible Eiweißfällung, wie sie auch durch Alkohol und Aussalzen (nach Gareorrı selbst durch Schwermetallsalze) hervor- gerufen wird. Verflüssigtes Phenol vermag aber auch Eiweiß aufzu- lösen, und die Lösung ist nachher kochbeständig. Phenol und Eiweib lösen sich also gegenseitig mit großer Intensität und die scheinbare Fällung beruht nach ReıcHEL auf der Abscheidung einer zweiten flüssigen, an Phenol und Eiweiß reichen Phase. Wenn Molekular- bindungen existieren, müssen es sehr lockere sein. Man kann mit der Annahme einer echten Lösung zwischen Phenol und Eiweiß aus- kommen. Jedenfalls halten die Eiweißstoffe das Phenol nicht fest, man kann es aus einer Lösung auch bei Gegenwart von Eiweib gut mit der Br-Titrationsmethode bestimmen. Bedeutungsvoll ist auch der von REICHEL geleistete Nachweis, daß man die für Phenol eigen- tümliche Verteilung ebensogut aus einer Löslichkeit in den Eiweib- substanzen wie in den Lipoiden der Bakterien erklären kann. REICHEL weist denn auch auf einige Arbeiten hin, die die ausschlaggebende Be- deutung der Lipoidmembran etwas in Frage gezogen haben. Wir möchten diese Literatur, bei der auch die neuen Arbeiten ASHERS Erwähnung finden müßten, des verfügbaren Raumes wegen hier nicht diskutieren, zumal strikte Beweise weder nach der einen noch nach der andern Seite hin zu erbringen sind. Jedenfalls kann man sich die Plasmahülle ebensogut eiweißartig denken wie lipoid. Da zu alledem bekannt ist, daß Lipoide (z. B. Lecithin) mit Eiweiß lockere Bindungen eingehen, hat man auch eine direkte Stütze für die An- nahme einer aus diesen beiden für die Zelle wesentlichen Substanz- gruppen zusammengesetzten Membran. Chemische Desinfektionslehre. 565 Die meisten Autoren sind der Ueberzeugung, daß, falls dem Des- infektionsprozeß eine chemische Bindung zugrunde liege, die aller- schwächsten Konzentrationen des Desinfektionsmittels bei langedauern- der Einwirkung schließlich zur Abtötung von Mikroorganismen ge- nügen müßten. Diese Annahme setzt natürlich voraus, daß das Des- inficiens in die Zelle hinein diffundiert. Ganz schwache Konzen- trationen wirken nun tatsächlich, wie schon angegeben wurde, häufig mit der Zeit abtötend. Wir können uns das aber durch die Annahme von Adsorptionsvorgängen erklären. Andererseits steht fest, dab ge- wisse Desinfektionsmittel, z. B. Phenole, nicht mehr wirken — auch bei längstem Zusammenbleiben mit Bakterien nicht — wenn ihre Konzentration unter eine bestimmte Grenze heruntersinkt. Wenn die Mikroorganismen sich dem Desinfektionsmittel gegenüber gänzlich passiv verhalten würden, dann würden solche Feststellungen allerdings gegen das Eintreten einer chemischen Bindung sprechen. Aber es ist sehr wohl möglich, daß die Bakterien kleine Mengen Desinficiens nicht nur binden, sondern auch zerstören können, ja, daß diese Fähig- keit sich mit der Zeit sogar steigert. Das ist allerdings auch nur eine aus Analogien mit dem Verhalten anderer Zellen abgeleitete Vermutung, die selbstverständlich die Existenz von chemischen Bin- dungen nicht beweist. Aber es dürfte wohl an der Zeit sein, die Be- ziehungen der Mikroorganismen zu den Desinfektionsprozessen wiederum mehr von biologischen Gesichtspunkten aus zu betrachten. Man weiß doch heute — ich erwähne nur dieses eine Beispiel — zur Genüge, dab die Mikroben sogar eine so schwer deutbare Eigen- schaft, wie sie die Gewöhnung an bestimmte Gifte und Giftgruppen darstellt, ausbilden können. Wir haben schon des öftern die Arbeiten KÜSTERs und seiner Mitarbeiter hervorgehoben. Sie stehen zum Teil — namentlich wegen der Annahme von Adsorptionsvorgängen — in einem Gegensatz zu den Ergebnissen von REICHEL. So fanden KÜSTER & BoJAarSsKY, daß, wenn eine genügend große Bakterien- menge in wässerige Phenollösung gebracht wird, eine nachweisbare Verminde- rung des Phenolgehaltes der Lösung eintritt. Diese ist abhängig von der Menge der Bakterien, der Zeit der Einwirkung und der absoluten Menge und Konzen- tration des Phenols. Aehnliches gibt ERNST MEYER an, ebenso KÜSTER und seine weiteren Mitarbeiter AUTENRIETH und ROTHAUB. Wichtig ist an diesen Untersuchungen namentlich der Nachweis, daß auch die absolute Menge des Desinfektionsmittels von Bedeutung ist. Diese Tatsache ist schwer deutbar, da man sich das Desinfektionsmittel den Bakteriensubstanzen gegenüber immer als in großem Ueberschuß vorhanden denkt, auch dann, wenn man es in verhältnismäßig kleinen Mengen und ge- ringen Konzentrationen verwendet. Rein chemisch-physikalische Vorstellungen werden für sie wohl kaum eine hinreichende Erklärung schaffen. In Verbindung mit den anderen Feststellungen KÜSTERs spricht sie aber entschieden für eine Verankerung des Desinfektionsmittels (Phenol) durch die Mikroorganismen. Die Verankerung ist reversibel. Die Absorption geht mit der beginnenden Ab- tötung der Bakterien zurück und erreicht, wenn die Hauptmenge abgestorben ist, beinahe wieder den Nullpunkt. Da Adsorption und chemische Bindung nebeneinander vorkommen können, hat BecHnHorLp durch W. ScHELLENs untersuchen lassen, wie viel von einem Desinficiens gebunden und wie viel adsorbiert wird. Als Desinfektionsmittel wurden gewählt: Sublimat, Quecksilberceyanid und Quecksilberacetat, an Stelle der Bakterien wurden Fruchthaare von Eriodendron sowie Fasern von Jute, Seide und Wolle verwendet. Alle Quecksilbersalzlösungen enthielten 1 g Hg. Von Sublimat wurde im allgemeinen mehr adsorbiert als fixiert; immerhin wurde I 566 Enmın Bürgı, etwa ein Drittel der aus der Lösung verschwundenen Menge gebunden. @uecksilbereyanid wurde fast nur adsorbiert, Quecksilberacetat besser adsorbiert und verhältnismäßig noch besser fixiert als Sublimat. BEcH- HOLD verwendet diese Untersuchungsreihe, um einen neuen Beweis für die Ueberlegenheit des Sublimates dem Quecksilbercyanid gegen- über zu geben. Die mit Quecksilberacetat, das tatsächlich kein gutes Desinficiens ist, erhaltenen Resultate machen diese Ableitungen jedoch problematisch. Chemische Bindungen sind an Bakterien naturgemäß am schwierig- sten festzustellen. Ein direkter Nachweis im Bakterienleib ist vor- derhand so gut wie ausgeschlossen. Immerhin kann man hoffen, ihn mit der Zeit zu erbringen. Ich verweise hier auf eine Arbeit CoHNnHEIMS, der Farbstoffbindungen in Zellen beobachten konnte. Da nun die Penetration der Hülle sowie die Auflösung im Plasma der chemischen Bindung unter allen Umständen vorangehen müssen, wird man bei Untersuchungen, die auf Veränderungen der Konzen- tration und Menge des Desinfektionsmittels fußen, immer mit drei verschiedenen Vorgängen gleichzeitig zu rechnen haben, zu denen sich dann noch in vielen Fällen die Adsorption gesellt. Denkt man sich außerdem das Innere der Zelle in verschiedene Fächer eingeteilt, nicht nur in Protoplasma und Kern, so erkennt man die relative Untertauglichkeit unserer Untersuchungsmittel zur Lösung solcher Fragen. Die Verteilung eines Desinfektionsmittels zwischen Parasit und Körper, also seine Parasitotropie und Organotropie, kann ebenso gut von physikalischen wie von chemischen Affinitäten geleitet werden. Die lösende kann so gut wie die bindende Substanz als Rezeptor bezeichnet werden. Ebenso kann die große Verschiedenheit der Wirkung ein und desselben Desinfektionsmittels verschie- denen Bakterien gegenüber (vide hauptsächlich BECHHOLD) ebenso gut aus physikalischen wie aus chemischen Besonderheiten erklärt werden. Adsorption, Diffusion, einfache Lösung in Membran, Protoplasma und Kern (soweit er vorhanden ist) und chemische Bindung können bei ein und demselben Desinfektionsprozeß nacheinander zur Geltung kommen, aber nur in den wenigsten Fällen sind wir über die vor- wiegende oder ausschließliche Bedeutung des einen dieser Faktoren genau orientiert. D. Wirkung von Ionen und Molekülen. Die kristalloiden Substanzen werden bekanntlich in Elektrolyte und Nichtelektrolyte eingeteilt. Die Elektrolyte sind nach der Theorie von ARRHENIUS in wässeriger Lösung teilweise dissoziiert, d. h. in Ionen gespalten. Die Grundlagen für diese Anschauung bilden haupt- sächlich zwei Eigenschaften solcher Lösungen: der osmotische Druck ist größer als der Molekelzahl der in ihnen gelösten Substanz ent- spricht, und sie leiten den elektrischen Strom. Für jede Konzen- tration besteht zwischen den dissoziierten und in Ionen zerlegten Molekülen ein bestimmtes Gleichgewicht. Die Dissoziation schreitet parallel mit der Verdünnung vorwärts. Für die chemischen Re- aktionen der Elektrolyte fallen im allgemeinen nur ihre Ionen in Be- tracht. Krönıs & PAUL sowie SCHEURLEN & SPIRo gebührt das Ver- dienst, auf die Beziehungen zwischen Dissoziation und Desinfektion zum ersten Male hingewiesen und sie zum Gegenstande experimenteller Untersuchungen gemacht zu haben. Zwischen den von den genannten Chemische Desinfektionslehre. 567 Autoren gewählten Methoden bestand insofern ein prinzipieller Unter- schied, als SCHEURLEN & Spıro das Desinfektionsmittel im Gegensatz zu dem Vorgehen von Krönıs & Paur nicht vor der Ueberimpfung der Probe chemisch vernichteten. Auf das Methodische kann ich sonst auch hier nicht näher eingehen. Die Versuche beweisen, daß die Desinfektion durch Elektrolyte in hohem Maße von ihrem Disso- ziationsgrade abhängig, zum Teil sogar fast vollständig durch ihn bestimmt ist. Die Dissoziation an und für sich desinfiziert natürlich nicht, sie bildet nur eine Vorbedingung für die Desinfektion. PauL & Krönıc, deren Arbeiten auf diesem Gebiete die grundlegendsten sind, haben bei ihren mit der Granatmethode ausgeführten Versuchen äqui- molekulare Mengen der verschiedenen Desinfektionsmittel angewendet. Zunächst wurden die Salze verschiedener Edelmetalle (Quecksilber, Silber, Gold, Kupfer) auf ihre desinfizierende Wirkung geprüft. Festzustellen war die Bedeutung des Metallions, des Säureions, und des nicht dissoziierten Moleküls.. Zu dem Ende wurden erstens verschiedene Salze desselben Metalles, die nicht den gleichen Dissoziationsgrad haben, miteinander verglichen und außerdem der Einfluß ge- prüft, den ein Zurückdrängen der Dissoziation auf die Desinfektionskraft hatte. Die verschiedenen Quecksilbersalze (Mercurichlorid, Mercuribromid, Mercuri- rhodanid, Mercurijodidd und Mercuricyanid) wirkten ihrem Dissoziationsgräd entsprechend. Aehnliche Ergebnisse erhielten Krönıs & Paur bei der Prüfung von Silber-, Gold- und Kupfersalzen. Befand sich in einer Metallsalzlösung das Metall in Form eines komplexen Ions, so wirkte die Flüssigkeit wenig desinfizierend. Ebenso erwies sich die Desinfektionskraft der Metallsalze in Alkohol- und Aetherlösungen, allgemein gesagt in Lösungen, in denen diese Salze wenig dissoziiert sind, als sehr gering- fügig.. Wurde der Dissoziationsgrad einer Metallsalzlösung durch Zusatz eines anderen Salzes mit dem gleichen Säureion zurückgedrängt (z. B. durch Hinzu- fügen von NaCl aber auch von KCl und HCl zu HgÜCl, in Wasser), so wurde auch die Desinfektionswirkung herabgesetzt, und zwar in einer der Dissoziations- verminderung ziemlich gut entsprechenden Stärke. Zusatz von Chloriden zwei- wertiger Kationen (HgCls ZnCl;,, CdCl; etc.) setzte den Dissoziationsgrad sowie die Desinfektionskraft weniger stark herab. Eine weitere Untersuchungs- reihe sollte den Anteil des Säureions und des nicht dissoziierten Moleküls an der Desinfektion hervortreten lassen. Zu diesem Zwecke wurden zunächst eine Anzahl von Salzen desselben Metalls mit annähernd gleichem Dissoziationsgrad geprüft. An einer großen Reihe von Silbersalzen, ferner von Quecksilber, Gold, Platin und Kupferverbindungen ete. wurde erwiesen, daß die Desinfektionskraft der Metallsalzlösungen nicht nur von der Konzentration der in ihr befindlichen Metallionen, sondern auch von der Art und der Konzentration der Anionen und auch von dem nicht dissoziierten Anteil abhängig ist. BEHRINGs Ansicht, „daß der desinfizierende Wert der Quecksilberverbindungen im wesentlichen nur von dem Gehalt an löslichem Quecksilber abhängig ist“, war damit widerlegt. Die für sich allein auf ihren Desinfektionswert geprüften Säuren (HFI, HCI, HBr, HCN, HCIO,, HNO,H,SO,, H,SiFl,, H,PO,, CC1,0OOH, CHC1,COOH, HOOC-—-COOH, HCOOH, CH,COON) wirkten im allgemeinen im Verhältnis ihres Dissoziationsgrades, d. h. entsprechend der Konzentration der in der Lösung enthaltenen Wasserstoffionen. Außerdem fanden PauL & Krönıs, daß „den Anionen, bzw. den nicht dissoziierten Molekeln der Flußsäure, Salpeter- säure und Trichlosessigsäure eine spezifische Giftwirkung zukomme. Diese spezifische Wirkung tritt mit steigender Verdünnung gegenüber der Giftwirkung der Wasserstoffionen zurück“. Die untersuchten Basen (K, Na, Li, NH,-hydroxyd.) desinfizierten ebenfalls ihrem Dissoziationsgrade entsprechend, doch schien das H-Ion gegenüber Staphylococcus aureus pyogenes und Milzbrandsporen weniger giftig als das H-Ion. EB Von organischen Verbindungen kamen in erster Linie Substanzen der Phenolreihe zur Prüfung (Phenol, Solveol, Solutol, Lysol und Creolin). Phenol hat den Charakter einer schwachen Säure, ist demgemäb ın wässeriger Lösung geringgradig in C,H;O-Ionen und H-Ionen gespalten. Da aber eine 4-proz. Lösung von Phenolnatrium, bei der eine viel weitergehende Dissoziation auftritt, fast wirkungslos blieb, während die entsprechende Phenol- lösung stark desinfiziert, kann die Wirkung des Phenoles nicht im Zusammenhang mit seiner Dissoziation stehen. SCHEURLEN & Spıro hatten ungefähr gleichzeitig 568 Emıt Bürgt, mit KRÖNIG & Patr die stärkere desinfizierende Kraft des Quecksilberchlorides dem Quecksilberhyposulfit gegenüber auf die Dissoziationsverhältnisse zurück- geführt. Die von ihnen gefundenen Ausnahmen, die sie auf eine besondere Giftigkeit gewisser Quecksilberverbindungen (z. B. Hg-Aethylehlorid) zurück- führten, wurden von KRÖNIG & PAuL nicht anerkannt und waren offenbar auch nach SCHEURLENS eigenen späteren Aussagen nur scheinbare, durch die Me- thodik bedingte. PAuL, BIRSTEIN & Reuss machen in einer ihrer schon oft zitierten Ar- beiten (Biochem. Zeitschr., Bd. 25, S. 224) auf gewisse Eigentümlichkeiten der HgCl;-Dissoziation aufmerksam. Neben der Dissoziation spielt sich bei steigender Verdünnung ein Vorgang ab, der die Quecksilberionenkonzentration herabsetzt. Es handelt sich wahrscheinlich um eine hydrolytische Spaltung, für die der Ausdruck : 2 HgCl, + H,O = (HgCl) 20 +,H:+20l' gilt. Die Chlorionen drängen dann wiederum die elektrolytische Dissoziation HgCl,2Hg“ + 2Cl' zurück. Die Desinfektionswirkung nimmt daher mit steigender Verdünnung mehr ab als nach der einfachen Dissoziationsgleichung zu erwarten wäre. Um Miß- verständnisse zu verhindern, möge hier noch erwähnt werden, daß nicht der Dissoziationsgrad an und für sich, sondern die Ionenkonzentration für die Des- infektionskraft maßgebend sind. Die Verdünnung verstärkt also zunächst den Desinfektionswert und setzt ihn nachher wieder herab. Wie schon erwähnt, machen die Arbeiten von Krönıs & PAuL auch eine Mitbeteiligung des nicht dissoziierten Anteiles an der Des- infektion wahrscheinlich. Sie ist immerhin geringfügig. Die Disso- ziation bildet also die hauptsächlichste Vorbedingung für die bak- terientötende Wirkung eigentlicher Elektrolyte. Für den endgültigen Effekt aber ist die desinfizierende Qualität der Ionen entscheidend. Hat man es mit Säuren oder Laugen zu tun, und kann man wirklich annehmen, daß bei diesen Substanzen nur die H- resp. OH-Ionen wirksam sind, so steht die desinfizierende Wirksamkeit der einzelnen Glieder dieser Gruppen in direkter Proportion zu ihrem Dissoziations- erad. Metallsalze dagegen lassen sich, was ihre Desinfektionskraft betrifft, unter sich nicht so einfach vergleichen. Abgesehen von der Dissoziation ist hier die spezifische desinfizierende Kraft der verschie- denen Ionen zu unterscheiden. Das Quecksilber-Ion steht oben an, es wirkt bedeutend stärker als irgendein anderes Kation. Eine genaue’ Reihenfolge läßt sich für die anderen Metall-Ionen kaum angeben. Dem Quecksilber stehen von den gebräuchlichsten Schwermetallen relativ an Desinfektionskraft am nächsten das Silber, das Zink und das Kupfer. Für das wirksamste Säure-Ion (Anion) müßte man nach den Untersuchungen von Krönıs & Paur das Ion Cl halten, folgen würden dann (ungefähre Angabe) nach absteigender Kraft. geordnet die Ionen NO,, SO, und schließlich die organischen Anionen. Nach solchen Reihen läßt sich die Desinfektionskraft eines Metall- salzes annähernd a priori schätzen. Vorbedingung ist natürlich die Löslichkeit der Substanz. Silberchlorid ist z. B. wegen seiner relativen Unlöslichkeit ganz unwirksam. Die von Krönıs & PaAurL unter- suchten Säuren wirkten auf Milzbrandsporen nach absteigender Kraft geordnet in folgender Reihenfolge: Flußsäure, Salpetersäure, Trichloressigsäure, Ueberchlorsäure, Bromwasserstoffsäure, Essigsäure Chloressigsäure, Cyanwasserstoff- säure*). *) Vor ihnen hatte v. LINGELSHEIM die Behauptung aufgestellt, daß die sämtlichen anorganischen und organischen Säuren in äquivalenten Mengen ver- Chemische Desinfektionslehre. 569 STEVENS & CLARK konnten in ihren Experimenten den gesetzmäßigen Zu- sammenhang zwischen Desinfektion und Dissoziation der Säuren nicht be- stätigen. MANFRED BIAaL nahm dann die Versuche von PauL & KRÖNIG wieder auf. Er bemerkte, daß die beiden Autoren eigentlich zu starke Kon- zentrationen verwendet hätten, bei denen neben der H-Ionenkonzentration auch die oxydative Eigenschaft der Säuren wirksam wird. Er unter- suchte namentlich die Desinfektionskraft verschiedener Säuren bei gleicher Kon- zentration aber ungleicher Dissoziation. Als Testobjekt wurde Hefe verwendet. Die Desinfektionswirkung entsprach dem Dissoziationsgrade. Am stärksten wirkten die in dünnen Konzentrationen völlig (HCl, H>;SO,, HNO;,CC1,COOH), mittelstark die etwas weniger (HOOO—COOH, HCOOH, H,PO,), am schwächsten die kaum dissoziierten Säuren (CH,—COOH, CH,-CH,-COOH und CH,-CH,- CH,-COOH). i 2 Weitere Resultate seiner Untersuchungen sollen später erwähnt werden. Der von ihm wie von KrÖNIG & PauL gezogene Hauptschluß auf die dominierende Bedeutung der H-Ionenkonzentration kann aber in seiner ganzen Bestimmiheit nicht mehr aufrechterhalten werden. WINSLOoW & LOCKRIDGE untersuchten die Wirkung verschiedener Säuren auf Typhus- und Colibacillen und kamen zu folgenden Ergebnissen und Schlüssen : Die desinfizierende Kraft der Salz- und Schwefelsäure hängt nicht von der Säuremenge direkt ab, sondern von dem Dissoziationsgrad, die beiden Säuren wirken entsprechend der pro Volumeinheit vorhandenen H-Ionenzahl. Dagegen steht der Desinfektionswert der Essig- und der Benzoesäure in Proportion zu der in der Lösung vorhandenen Säuremenge. Die Dissoziation hat für die Desinfektionskraft dieser beiden Körper wenig zu be- deuten. LOCKEMANN & Lucius zeigten — hierin zunächst in Webereinstim- mung mit PauL & KrönIsG — daß die Flußsäure besser antiseptisch und besser desinfizierend wirkt als die Salzsäure, trotzdem sie wenig dissoziiert ist. Zusatz von Natriumfluorid setzte ihre Wirkung herab, dagegen wurde die Salzsäure durch NaCl-Beifügung in ihrer Desinfektionskraft verstärkt, ebenso durch ge- wisse Mengen Natriumfluorid (große setzten die Wirkung wieder herab). NaCl vermochte dagegen den Desinfektionswert der Flußsäure nicht zu erhöhen. Diese Arbeiten, deren Resultate zum Teil vieldeutig sind, sprechen jedenfalls für eine größere Wirkung der Anionen und des nicht dissoziierten Anteiles bei der Säuredesinfektion. HAILER hat die Desinfektionskraft der Schwefel-, Oxal-, Zitronen-, Wein-, Essig- und Borsäure verglichen. Am stärksten wirkte die ‚Schwefelsäure. Essig-, Wein- und Zitronensäure wirkten in äquimolekularen Mengen ungefähr gleich stark, weniger die Oxalsäure, am schwächsten die Bor- säure. Kombinierte er diese Säuren mit Phenol, so verstärkten sie die Des- infektionskraft des letzteren in einer etwas anderen Reihenfolge, Oxalsäure wirkte dann am meisten, es folgten H,;SO,, Essig-, Wein-, Zitronen-, Borsäure. Besonderes Interesse gewähren auf diesem Gebiete die schon angeführten Arbeiten von PauL, BIRSTEIN & Revss über die Kinetik der Giftwirkung von gelösten Stoffen, denen sich die unter Paurs Leitung angestellte Arbeit von LupwıG KLocMAn anschließt. Paur, BiRSTEIN & Reuvss stellten die Desinfektionswirkung verschiedener anorganischer und organischer Säuren in isohydrischen wässerigen Lösungen fest. Für Salzsäure, Chlorsäure und Flußsäure lag der Wert der Desinfektions- Geschwindigkeitskonstanten durchschnittlich bei 0,025, für Salpetersäure, Schwefel- säure und Bromwasserstoffsäure erhob er sich auf 0,06 und am höchsten erwies er sich für die Ueberchlorsäure und die Jodwasserstoffsäure, bei denen er die Zahlen 0,12—0,15 erreichte. Die Autoren schlossen daraus, daß die Wasser- stoffionenkonzentration für die Desinfektionswirkung der Säuren nicht allein ausschlaggebend sein könne, sondern daß auch dem Anion eine wesentliche Bedeutung zuerkannt werden müsse. Da nun die Anionen, wie aus anderen Versuchen (mit Alkalisalzen) hervorgeht, an und für sich keine Giftwirkung für die untersuchten Mikroorganismen haben, müssen sie nach diesen Versuchen, ohne selbst Desinfizienten zu sein, einen beschleunigenden, also aktivierenden Einfluß auf die Desinfektionswirkung der Wasserstoffionen ausüben. Sie sind positive Giftkatalysatoren. Die Wirkungen der Essigsäure und der n-Buttersäure änderten sich mit den Konzentrationen der beiden Substanzen in verschiedener Intensität. Für die Essigsäure bestand eine ziemlich genaue Proportionalität wendet, gleich stark desinfizierten. Seine Resultate stehen aber nur in einem scheinbaren Widerspruch zu denen von PıuL & Krönıs. Er verwendete zu stark verdünnte Lösungen, bei denen die Dissoziationsunterschiede ausgeglichen waren. 570 Emin Bürgı, zwischen Desinfektionswirkung und Konzentration, bei der n-Buttersäure nahm dagegen die Desinfektionskraft mit dem Quadrate der Konzentration zu. Daher wirkten beide Säuren in verdünnten Lösungen nahezu gleich, während sie bei hoher Konzentration starke Verschiedenheiten zeigten. Die Wirkung der Essig- säure sowie der n-Buttersäure überstieg die einer 100-literigen Salzsäure mit viel höherer Wasserstoffionenkonzentration bedeutend. Eine 1,65-litrige Butter- säure tötete Staphylokokken viel rascher ab als eine ihr isohydrische 2-litrige Essigsäure. Aus diesen Tatsachen folgt, daß hier die Wasserstoffionenkonzen- tration keine wesentliche Rolle für den Desinfektionsprozeß spielt, sondern daß namentlich die Anionen und die nicht dissoziierten Moleküle in Betracht fallen. In einer letzten Arbeit studierten PAUL, BIRSTEIN & Reuss den Einfluß der Neutralsalze auf die Desinfektionsgeschwindigkeit von Säuren. Die ver- wendeten Salze hatten teils ein gemeinschaftliches, teils ein verschiedenes Anion mit den untersuchten Säuren und wurden in verschiedenen Konzentrationen zu- gesetzt. Wurde zu der Säure von der Formel HX die äquivalente Menge eines Salzes MeX, zugefügt, so erreichte die Desinfektionsgeschwindigkeitskonstante den Wert der stärker desinfizierenden Säure HX;. Beispiele: Salzsäure plus NaNO, wirkt wie HNO,, HCl plus KCIO, wie Ueberchlorsäure. Aus Kom- binationsversuchen mit HCl und Brom- resp. Jodsalzen ging mit ziemlicher Sicherheit hervor, daß das Cl-Ion eine besondere Stellung einnimmt. Im Gegen- satze zu den anderen Anionen der Säuren wirkt es nicht katalytisch, die Des- infektionskraft der Salzsäure hängt also nur von der H-Ionenkonzentration ab, wie schon aus den früheren nur mit Säuren vorgenommenen Versuchen hervorzu- gehen schien. Die Desinfektionsgeschwindigkeitskonstanten dieser Säure - Salzgemische verhielten sich annähernd den in ihnen enthaltenen Salzkonzentrationen pro- portional. Nicht die Beschleunigung sondern die gesamte Reaktionsgeschwindig- keit des Desinfektionsvorganges war der Konzentration des Neutralsalzes oder seines wirksamen IJones entsprechend. Weitere Ueberlegungen führten zu fol- gender Vorstellung: Auch die Wasserstoffionen der Säure wirken nicht in be- sonderer Weise abtötend, sie beschleunigen nur einen Abtötungsvorgang, der ohnehin bei in HsO suspendierten Bakterien vor sich geht. Der Zusatz der Neutralsalze vermehrt dann die ursprüngliche Abtötungsgeschwindigkeit noch- mals. Sie können die Desinfektionswirkung der Säuren nur um das 2—3-fache steigern, deshalb scheinen sie an sich unwirksam, sie sind aber nur sehr viel weniger wirksam als die H-Ionen. In der Literatur finden sich viele Angaben über die Beschleunigung katalytischer Wirkungen durch Hinzufügung von Neu- tralsalzen. (Beispiel: Zuckerinversion durch Säuren). Vor PAurL, BIRSTEIN & Reuss hat schon MANFRED BiIAL den aktivierenden Einfluß von Neutral- salzen auf die Säurewirkung Hefezellen gegenüber nachgewiesen. Wenn auch PAuL, BIRSTEIN & REUSSs gegen seine Methodik einige Einwände geltend machen, so bleibt doch die Tatsache, daß er das Richtige erkannt hat, bestehen. Auch er hat übrigens schon auf die Analogie mit gewissen chemischen Reaktionen (siehe oben) hingewiesen. Die Arbeit Krocmans bildet eine Fortsetzung und Ergänzung der Untersuchungen von PAuL, BIRSTEIN & Reuss. Die Wasser- stoffionenkonzentration erwies sich für den Desinfektionswert von Chlorsäure, Schwefelsäure, Malon- und Bernsteinsäure als ziemlich maßgebend, nicht aber für den der Salpetersäure, der Ueberchlorsäure, der Ameisen- und der Propion- säure. Anionenwirkungen und Wirkungen des nicht dissoziierten Moleküles werden damit aufs neue wahrscheinlich gemacht. Da die Schwefelsäurewirkung der Ionenkonzentration proportional stieg, andererseits aber durch Paur, BIR- STEIN & Reuss eine katalytische Kraft des SO,-Ions anzunehmen war, wurde der Einfluß von Na;SO, auf die Salzsäuredesinfektion untersucht. Der Zusatz blieb ohne wesentliche Wirkung. Natriumchlorid wirkte negativ katalytisch auf HCl, doch waren die Resultate nicht ganz überzeugend. Schließlich hat KLOCMAN die Wirkung der nicht dissoziierten Essigsäuremoleküle durch folgende Ver- suchsanordnung wahrscheinlich gemacht. Er stellte die Desinfektionskraft von Essigsäure-Salzsäuregemischen fest, in denen die Dissoziation der Essigsäure fast vollständig durch die HCl zurückgedrängt war. Die Salzsäure selbst wirkt wie angegeben nur der H-Ionenkonzentration entsprechend. Aus diesen Ver- suchen ging unzweideutig hervor, daß neben den H-Ionen der Salzsäure auch den nicht dissoziierten Essigsäuremolekülen ein Anteil an der Desinfektions- wirkung zukommt. Die noch vor kurzem herrschende Ansicht, daß für die Desinfek- tionswirkung der Säuren einzig die Weasserstoffionenkonzentration Chemische Desinfektionslehre. 571 maßgebend sei, muß also aufgegeben werden. Sie hat vielleicht nur für die Salzsäure volle Gültigkeit, bei den anderen spielt auch das Anion und teilweise das nicht dissoziierte Molekül eine wesentliche Rolle. Am meisten gilt das letztere für die organischen Säuren, die sich freilich nicht alle prinzipiell gleich verhalten, bei denen aber die Abweichung von der zunächst erkannten Gesetzmäßigkeit am deut- lichsten zutage tritt. Möglicherweise mag hierbei ihre größere Lipoid- löslichkeit (Overron) etwas ausmachen. Die Forschung hat auf diesem Gebiete noch vieles zu klären. Irrtümlich wäre auch, die ur- sprünglichen Angaben von Krönıs & Paur als widerlegt zu betrachten. Die späteren Arbeiten haben sie nur modifiziert. Nach wie vor müssen wir der H-Ionenkonzentration eine hohe Bedeutung für den Desinfek- tionswert der Säuren beimessen, die Mitwirkung der Anionen und der nicht dissoziierten Moleküle steht aber für die meisten Fälle fest und kann unter Umständen dem ersten Moment an Kraft über- legen sein. Eine desinfizierende Bedeutung der Anionen war eigentlich auch schon aus den Untersuchungen der Schwermetallsalze durch Krönıs & Paur u. a. wahrscheinlich geworden. Wir haben oben eine gewisse Reihenfolge der Anionen nach ihrem desinfizierenden Werte zu geben gesucht, bemerken aber, daß es unmöglich ist, die wirklichen Verhält- nisse jetzt schon genau zu erkennen. Daß der Dissoziationsgrad für die Desinfektion durch Schwermetallsalze viel zu bedeuten hat, ist sicher nachgewiesen, aber andere Momente spielen unzweifelhaft mit. Das Sublimat wirkt z. B. bei geringer Hg-Ionenkonzentration stärker als das Quecksilbernitrat. Ob hierfür seine größere Lipoidlöslich- keit ausschlaggebend ist, ob die wenig untersuchten Adsorptionsver- hältnisse die Ausnahmen zu erklären vermögen, oder ob irgendein anderes unbekanntes Etwas mitspielt, läßt sich vorderhand nicht mit Sicherheit sagen. Im großen und ganzen bestehen die Auf- fassungen von KrönısG & PAUL sowie von SPIRO über die dominierende Bedeutung der lIonisation der Schwermetallsalze für ihre desinfi- zierende Kraft zu Recht. Auch SCHRAUTH & SCHOELLER konnten das für die gewöhnlichen Quecksilbersalze bestätigen. Dab verschiedene von ihnen, sowie von BLUMENTHAL hergestellte aromatische Queck- silberverbindungen komplexer Natur als ganze Moleküle wirken, spricht nicht dagegen. Auch dem nicht dissoziierten Molekül ein- facher Quecksilbersalze kommt nach Pau & Krönıc desinfizierende Bedeutung zu, nur steht sie gegen die Hg-Ionenwirkung zurück. Wir hätten demnach etwa die folgenden Verhältnisse: Bei leicht disso- ziierenden Hg-Verbindungen wirken namentlich die Metallionen, weniger die Anionen, am schwächsten (?) das nicht dissoziierte Molekül, es gelingt aber, hochkomplizierte organische Hg-Präparate herzustellen, deren ganzes Molekül große keimtötende Kraft besitzt. Vor Pıuvs & Krönıs hat schon Dreser auf die Bedeutung der disso- ziablen Quecksilbersalze komplexen Verbindungen gegenüber aufmerk- sam gemacht. Seine Untersuchungen beschäftigten sich allerdings weniger mit der Desinfektionskraft als mit der Toxizität des Queck- silbers niederen und höheren Organismen gegenüber. L. SABATTANI hat diese Anschauung später wieder aufgegriffen und weiter verfolgt. Daß das Quecksilber aber im Inneren eines Organismus nicht mehr als Ion wirken kann, haben ScCHRAUTH & SCHOELLER theoretisch über- zeugend dargelegt. Die meisten Hg-Präparate sind einfach ihrem 572 Eumır Bürgı, Quecksilbergehalte entsprechend giftig, denn aus den meisten wird das Metall offenbar zuerst frei (ABeLın & Bürcı). Immerhin bleibt eine Anzahl Verbindungen übrig, die im Verhältnis zu ihrem .Hg- Grehalte wenig giftig sind, da sie offenbar das Metall nicht freigeben. Der therapeutische Effekt steht nicht immer in Parallele zu der Toxizität (Korte, ROTHERMUNDT und DALE). Diese Arbeiten ge- hören indessen mehr in das Gebiet der Chemotherapie als in das der allgemeinen Desinfektion. E. Konstitution und desinfizierende Wirkung *). Da wir die Desinfektionsmittel als allgemeine Zellgifte auffassen, können wir uns über die große Zahl und die Verschiedenartigkeit ihrer Gruppen nicht wundern. Nur die hauptsächlichsten sollen hier be- sprochen werden. Spıro hat die Desinfizientien, je nachdem sie als Ionen oder als ganze Moleküle zur Wirkung gelangen, in selche erster bzw. zweiter Ordnung eingeteilt. Diese Unterscheidung kann aber, wie aus der Darstellung des letzten Kapitels hervorgeht, nicht mehr mit ganzer Schärfe ge- macht werden, da sich die Grenzen zwischen diesen zwei Haupt- klassen immer mehr verwischen. Viele Desinfektionsmittel sind Sub- stanzen von großer chemischer Reaktionsfähigkeit, die in be- stimmten Konzentrationen geeignet sind, lebendes Protoplasma sichtbar zu zerstören (Beispiele: Säuren, Alkalien, Halogene, Oxydationsmittel, Schwermetallsalze), die Wirkungsweise der anderen dagegen ist viel schwerer faßbar (Beispiele: Phenole im weitesten Sinne des Wortes). Da. aber die letzte Ursache der Bakterienabtötung für kein einziges Desinficiens ganz sicher ermittelt ist, scheint eine Einteilung dieser Arzneien nach ihrer chemischen Natur immer noch die rationellste, Demgemäßb haben wir zunächst zwischen anorganischen und or- ganischen Desinfektionsmitteln zu unterscheiden. Die ersteren sind ausnahmslos stark reaktionsfähige Körper, daher auch durchschnitt- lich von allgemeiner und nicht von spezifischer Wirkung. Wir kennen freilich gerade unter ihnen zwei wesentliche Ausnahmen (Hg, J); dennoch dürfte es zweckmäßiger sein, chemotherapeutisch wertvolle Substanzen auf dem Gebiete der organischen, speziell der aromatischen Verbindungen, deren Verwandtschaft zu Körperzellen und Parasiten differenzierter ist, zu suchen. Auf die allerverschiedensten Zellsubstanzen können namentlich die Oxydationsmittel und vielleicht auch die freien Halogene einwirken. Die ersteren desinfizieren im allgemeinen entsprechend ihrer Stellung in der für Oxydationsmittel auf Grund ihres elek- trischen Verhaltens aufgestellten Reihe (Krönıs & Paur). Ueber Einzelheiten sind wir aber wenig aufgeklärt. So entzieht sich die relativ geringe Wirksamkeit hoher H,0,-Konzentrationen (REICHEN- BACH) sowie neutraler Lösungen derselben Substanz im Gegensatz zu alkalischen und sauren (ÜRONER) noch einem genaueren Verständnis. Jedenfalls kann der in Freiheit gesetzte Sauerstoff nicht allein Träger der Desinfektionswirkung sein, denn die Zersetzung des H,O, geht in *) Da in den Kapiteln über Chemotherapie und in der Desinfektionslehre von GOTSCHLICH in diesem Handbuche schon viele Einzelheiten aus diesem Gebiete behandelt worden sind, sollen hier mit Rücksicht auf den beschränkten Raum nur die allerwichtigsten Tatsachen Erwähnung finden. Chemische Desinfektionslehre. 573 alkalischer Lösung am schnellsten vor sich, die saure desinfiziert aber besser. H,O, wirkt in einer Bakteriensuspension zuerst auf die lebende Substanz der Mikroorganismen, dann erst auf die Bestandteile der Nährflüssigkeit (Küster). Ozon verhält sich umgekehrt. Die Desinfektionswirkung der Halogene, Chlor, Brom, Jod, ist in ihrer Größe dem Atomgewicht dieser Substanzen umgekehrt proportional. Das Chlor desinfiziert bedeutend stärker als seiner Stellung in der Reihe der Oxydationsmittel entspricht. Eine zweite Hauptgruppe unter den anorganischen Desinfektions- mitteln kann man aus all den Substanzen bilden, die durch eine be- sondere Affinität zu den Eiweißstoffen ausgezeichnet sind. Hierher gehören die Alkalien, die Säuren und die Schwer- metallsalze. Auf einen eventuellen Zusammenhang zwischen Des- infektion und Eiweißfällung hat zuerst WEyLanD hingewiesen. Seinen Auffassungen hat sich kurz nachher Römer angeschlossen. Auf die angekündigte gründlichere Bearbeitung des Gegenstandes durch BEcH- HOLD darf man gespannt sein. Sie scheint jedenfalls notwendig. Wir haben gesehen, daß für die Desinfektionskraft nahezu aller Substanzen dieser Gruppe der Dissoziationsgrad Bedeutung hat. Aber nicht nur die Ionen (Anionen und Kationen), sondern auch die nicht gespaltenen Moleküle sind wirksam, und die Dissoziation selbst desinfiziert nicht. Die Verbindung dieser Desinfektionsmittel, resp. ihrer Ionen mit dem Eiweiß könnte also doch das eigentliche desinfizierende Moment dar- stellen. Jedenfalls spricht man besser von einer Bindung zwischen Eiweiß und Desinficiens als von einer Eiweibfällung, denn eine Fäl- lung tritt nur innerhalb bestimmter Konzentrationsgrenzen ein, die vielleicht bei der Abtötung des Bakteriums nicht vorliegen. Daß alle Substanzen dieser Gruppe Eiweißverbindungen bilden, ist genugsam bekannt. Die Frage der Reversibilität dieser Bindungen darf dagegen als unentschieden betrachtet werden (GALEOTTI, s. auch BECHHOLD und andere). Die Alkalien sollen ihrer Hydroxylionenkonzentration ent- sprechend desinfizieren (Krönıs & Paur), wobei nicht zu vergessen ist, daß das OH-Ion schwächer wirkt als das H-Ion (gewisse Analogie mit der Eiweißfällung). Ob die Kationen hierbei wirklich gar keine Bedeutung haben, muß durch weitere Untersuchungen erst entschieden werden. Die geringere Wirkung der OH-Ionen den H-Ionen gegen- über kann eigentlich nicht wundern, da die Großzahl der Bakterien das Optimum ihres Wachstums bei schwach alkalischer Reaktion finden. Die Seifen werden im allgemeinen einfach den Alkalien zu- gezählt. Eine genauere Analyse ihrer desinfizierenden Wirkung gab H. REICHEngBAcH. Bei den gewöhnlichen Seifenlösungen fallen als Be- standteile in Betracht: die fettsauren Salze, das überschüssige Alkali und die eventuellen Zusätze. Die Desinfektionskraft nimmt im all- gemeinen mit der Molekulargröße ab, doch treten dabei die Stearine wegen ihrer verhältnismäßig zu hohen Wirkung aus der Reihe. Die ungesättigten Säuren sind weniger wirksam als die gesättigten. Die Kalisalze haben relativ hohe Wirksamkeit (Bedeutung der Kationen). Die verschiedenen desinfizierenden Momente potenzieren sich in ihrer Stärke bei gleichzeitiger Wirkung. Ueber die Säuren wurde schon in dem früheren Kapitel (Disso- ziation) das Notwendige gesagt. Ihre Desinfektionskraft hängt ab 574 Emıt Bürgı, von der H-Ionenkonzentration, aber auch vom Anion (Ausnahme HÜl und eventuell auch H,SO,) und vom nicht dissoziierten Molekül. Das letztere spielt namentlich bei den organischen Säuren eine wich- tige Rolle (am besten bewiesen für die Essigsäure). Die Bedeutung der Dissoziation für die Schwermetallsalze wurde schon eingehend besprochen. Die wichtigsten Ausnahmen von der zuerst von KRÖNIG & PAUL sowie SPIRO gefundenen Gesetzmäßigkeit haben uns SCHRAUTH & SCHÖLLER sowie BLUMENTHAL und seine Mitarbeiter zur Kenntnis gebracht. Aber diese Aus- nahmen sind doch nur scheinbare. In allen von diesen Autoren untersuchten Quecksilberpräparaten befindet sich das Metall in Verbindung mit einem aromati- schen Kern, und solchen Substanzen kann schon infolge ihrer chemischen Kon- figuration Desinfektionswert zukommen. Man kann sie ebenso gut zu den orga- nischen aromatischen Desinfektionsmitteln zählen wie zu den Hg-Präparaten. SCHRAUTH & SCHÖLLER gingen in ihren Untersuchungen von dem Natriumsalz der Oxyquecksilberbenzoesäure von der Formel /N HgOH x R. COONa aus. Wurde die Hydroxylgruppe durch Halogen ersetzt, so verminderte sich der Desinfektionswert wenig, mehr durch Schwefel, am meisten, wenn beide Valenzen des Quecksilbers an einen Benzolkern gebunden wurden. Die Desinfektionskraft dieser Verbindungen soll der Festigkeit, mit der das zweite Radikal an dem mit einer Valenz an den aromatischen Kern gebundenen Quecksilber hängt, umgekehrt. proportional sein. Die Verbindungen, in denen das Hg mit jeder Valenz an einem aromatischen Kern hängt, sind die beständigsten, daher die unwirksamsten. Die gleichen Autoren haben Derivate des oxy-quecksilberbenzoesauren Natriums untersucht, in denen verschiedene Substitutionen direkt am Benzolkern (im Orthostellung zu der Karboxylgruppe) vorgenommen worden waren. Die Ein- führung eines Cl- oder J-Atoms, einer Methyl- oder Methoxygruppe steigerte die Desinfektionskraft, die Hydroxyl-, Sulfo- und Amidogruppe setzte sie herab. Der Eintritt einer zweiten ÖOxyquecksilbergruppe wirkte desinfektionsver- mehrend ete. Die Arbeiten BLUMENTHALs beschäftigen sich ausschließlich mit Ver- bindungen, in denen das Quecksilber mit beiden Affinitäten an einen Benzolring gebunden ist und in denen dann verschiedene Substituierungen am Kern vorge- nommen wurden. Sie sind von ausschließlich chemotherapeutischem Interesse und können daher hier nicht weiter besprochen werden. Die Affinität der Schwermetallsalze zu den Eiweißkörpern, die vielleicht den eigentlichen Grund ihrer keimtötenden Kraft ausmacht, kann ihren praktischen Desinfektionswert eventuell auch stark ver- mindern, immer dann nämlich, wenn diese Mittel in eiweißhaltigen Medien wirken sollen. Die zahlreichen Bestrebungen, Schwermetall- verbindungen herzustellen, die desinfizieren, ohne sich mit dem Ei- weiß der Bakterienumgebung zu verankern, sind daher gerechtfertigt. Der Wunsch, die Tiefenwirkung der Silbersalze zu vermehren, ver- folgte im Grunde das gleiche Ziel. Der gangbarste Weg war die Herstellung löslicher Silbereiweißverbindungen, die nach überein- stimmendem Urteil die gesuchten Vorzüge bis zu einem gewissen Grade besitzen. (Eigentlich handelt es sich nicht um wahre Silber- eiweißverbindungen, sondern um Salze, denen ein Schutzkolloid bei- gegeben ist.) Die meisten Hg-Präparate dagegen, die keine Eiweiß- niederschläge erzeugen, sind von geringerer Desinfektionskraft und nicht weniger toxisch (AgEeLın & Bürcı) als das Sublimat. Bei den dissoziablen Schwermetallsalzen steht der Desinfektionswert in Beziehung zu dem Atomgewicht der Kationen (N. Luzınt). Die schwersten sind die wirksamsten. Die kolloidalen Schwer- Chemische Desinfektionslehre. 575 metalle nehmen, was ihre Desinfektionskraft betrifft, den Schwer- metallsalzen gegenüber vielleicht nur scheinbar eine besondere Stel- lung ein. PorTıG hat jedenfalls gezeigt, daß das Kollargol gleiche Toxizität wie komplexe Silbersalze besitzt. Damit wurde die Bildung solcher Verbindungen aus den kolloidalen Metallen wahrscheinlich. O©. Gros und M. O’Coxor haben diese Untersuchungen fortgesetzt und die Resultate im großen und ganzen bestätigt. Die kolloidalen Metalle rufen außerdem als feinverteilte Fremd- körperchen Leukocytose hervor und können wahrscheinlich Gifte der Bak- terien adsorbieren. Ihre katalytische Wirkung dürfte für den Desinfektions- prozeß wohl kaum in Betracht fallen. Die direkten Untersuchungen ihrer Des- infektionskraft haben ergeben, daß sie mehr ein entwickelungshemmendes als ein keimtötendes Vermögen "besitzen (CoHnn, Foa & AGAZZOTTI etc.). Möglicher- weise wirken sie auch in dieser Richtung nur nach Maßgabe ihrer Umwandlung in Salze. Doch können auch ihre Oberflächenkräfte und andere, vorläufig nicht bekannte Momente (siehe das über die reinen Metalle Gesagte) eine Rolle spielen. Ueber die Wirkung von Silbersalzen bei Gegenwart kochsalzhaltiger Medien hat ©. Gros vor kurzem interessante Mitteilungen gemacht, die für die Auf- fassung des desinfizierenden Wertes kolloidaler Schwermetalle Bedeutung ge- winnen können. Nach seinen Untersuchungen kann man annehmen, daß ein Silberpräparat, das nur wenig Silber in Lösung gehen läßt, proportional mit der Aufnahme des gelösten Anteils durch die Bakterienleiber, immer wieder neues Silber in Lösung schickt. In kochsalzhaltigen Medien hängt daher die Wirksamkeit der Silberverbindungen von der Löslichkeit des gebildeten Chlor- silbers ab. Silberpräparate mit Schutzkolloiden (Protargol, Albargin und Sophol) verhalten sich insofern anderes als dissoziable Silberverbindungen, als bei ihnen selbst in hohen Konzentrationen keine Chlorsilberfällung stattfindet. Eigentliche Silbersalze bilden dagegen bei Gegenwart von NaCl kolloidales und festes Chlor- silber, aus denen das "Silber dann wiederum nach Maßgabe seiner Absorption durch die Bakterien in Lösung gehen muß. Stark konzentrierte dissoziable Silberlösungen wirken relativ schwach und langsam, weil sich sofort eine Menge festes Chlorsilber bildet. Die zuerst von MıLLER gemachte und seitdem viel bestätigte Beobachtung, daß gediegene Metalle (Gold, Silber etc.) anti- septisch und unter Umständen keimtötend wirken können, hat noch keine ausreichende Erklärung gefunden. Hie und da mag etwas von dem Metall durch die Flüssigkeit des Nährbodens in Lösung gehen (BEHRINnG), aber die von NÄceLı konstatierten Tatsachen, daß Algen in Süßwasser absterben, wenn gewisse Metalle (Kupfer, Silber, Blei, Zink, Eisen, Quecksilber) in die Flüssigkeit gebracht werden, und daß eine nachweisbare Auflösung dieser Stoffe dabei nicht statt- findet, spricht für eine andere, vorläufig allerdings noch ganz unbe- kannte Ursache der Giftwirkung. Diese oligodynamische Eigenschaft besitzen die Metalle nach IsrkaeL & KLıncmann, sowie nach CHrı- STIAN, V. EsMarcH u. a. auch Bakterien gegenüber. Wird das Metall aus dem Wasser entfernt, so behält das letztere die desinfizierende Kraft bei. Das Wasser muß aber rein sein, Zusätze heben die keim- tötende Wirkung auf. Die organischen Desinfektionsmittel zeichnen sich den bisher besprochenen — vornehmlich auch den eiweißfällenden — gegenüber durch ihre Lipoidlöslichkeit aus. Doch haben sie auch starke Verwandtschaft zum Eiweiß (REıcHer u. a.) und der Zusammenhang ihrer Desinfektionskraft mit ihrer Lipoidlöslichkeit ist nicht aus- reichend bewiesen. Unter den Alkoholen ist der gewöhnliche Alkohol, der Aethyl- alkohol, als Desinfektionsmittel am gebräuchlichsten. Am besten wirkt er in 50—70-proz. Lösung (EPSTEIN, MINERVINI, WEIGL, BEYER u. a.). Nach Wırcıv steigt die Desinfektionskraft der Alkohole mit der, 576 Emın Bürgı, Molekulargröße, dementsprechend wirkt Propyl- mehr als Aethyl- alkohol und dieser mehr als die Methylverbindung. Tertiäre Alkohole wirken dagegen bedeutend schwächer als primäre und fallen damit aus der Reihe. Verglichen wurden äquimolekulare Lösungen, aber auch Lösungen mit gleichen Volum- und Gewichtsprozenten. Immer zeigten sich die gleichen Beziehungen. StApLErR konnte dies Resultat bestätigen. F. Frey prüfte die Wirkung des Alkohols auf Eiweiß und brachte sie in Parallele zu dem Desinfektionsvorgang. Nur 60—70-proz. Lösungen koagulieren Ei- weiß so, daß es seine Löslichkeit und Quellungsfähigkeit in Wasser verliert. Stärkere und schwächere Konzentrationen sind nicht wirk- sam. Schumgurs fand dagegen absoluten Alkohol stark bakterizid, stärker als 1-proz. Sublimatlösung. Er glaubt, dab der absolute, Alkohol nur dann nicht wirke, wenn er durch Eiweißkoagulabildung eine Schutzschicht um die Bakterien herum erzeuge. Für die Hände- desinfektion wäre er also sehr geeignet, weniger für die Abtötung von Bakterien in eiweißhaltigen Medien. Da ist ihm 60—-70-proz. Alkohol überlegen. Auch der nächsthöheren Oxydationsstufe der aliphatischen Ver- bindungen, den Aldehyden, kommt desinfizierende Wirkung zu. Am bekanntesten ist die des Formaldehydes. Die anderen Aldehyde sind für die Desinfektionspraxis ohne besondere Bedeutung geblieben. Ihre entwickelungshemmende Kraft nimmt nach STADLER wenigstens bei den niederen Homologen mit steigendem Molekular- gewicht ab, verhält sich also umgekehrt wie bei den Alkoholen (auch umgekehrt zu der Lipoidlöslichkeit). Der Formaldehyd hat, abgesehen von seiner Lipoidlöslichkeit, die allerdings geringer ist, als die seiner höheren Homologen, starke Affi- nität zu den Eiweißkörpern. Er bildet mit ihnen feste Verbindungen, die sich durch besondere physikalische Eigenschaften auszeichnen. Doch ist es fraglich, ob seine desinfizierende Kraft damit zusammen- hängt. Jedenfalls ist er mehr Antiseptum als Desinficiens. Außer den Alkoholen und den Aldehyden wirken noch andere Mittel aus der Gruppe der Narkotika der Fettreihe keimtötend. Neuerdings hat namentlich das Chloroform nach dieser Richtung hin Verwendung gefunden. Eine Parallelität zwischen Lipoidlöslich- keit und parasitozider Wirkung läßt sich aber nicht aufstellen. Die aliphatischen Säuren sind schon früher besprochen worden. Die wichtigsten organischen Desinfektionsmittel finden sich in der aromatischen Reihe, speziell in der Phenolgruppe, vor. Die chemisch-physikalische Verwandtschaft der Karbolsäure zu den Li- poiden und zu den Eiweibkörpern wurde schon eingehend erörtert. Charakteristisch ist für die Phenole wie für die Alkohole der ali- phatischen Reihe das Hydroxylradikal. Ist das Wasserstoffatom dieser Gruppe durch ein organisches Radikal ersetzt, so ist die desinfi- zierende Wirkung bedeutend vermindert. Doch kommt auch schon dem nicht hydroxylierten Benzol Desinfektionswirkung zu. Die zweifach und dreifach hydroxylierten Phenole haben etwas höhere Desinfektions- kraft als das Phenol, sind aber giftiger (nicht allgemein) und haben niemals starke Verwendung finden können. Im allgemeinen wird die desinfizierende Kraft des Phenols durch Einführung von Methyl- gruppen oder von Halogen an Stelle von Kernwasserstoffen gesteigert. Unter den Kreosolen von der allgemeinen Formel C,H,ÖHCH;, ist 17 [wor Chemische Desinfektionslehre. ! wahrscheinlich die Metaverbindung die am stärksten, die Ortho- verbindung die am schwächsten desinfizierende. Ein Gemisch der drei Kresole wirkt aber mehr als eine Kresollösung von entsprechender Konzentration. BecHHoLp und EurLricH zeigten, dab durch Ein- führung von Halogen in den Kern des Phenols die Desinfektions- kraft gesteigert wird, und zwar entsprechend der Halogenatomzahl. Alkylgruppen hatten ähnliche Wirkung, ebenso erwies sich die Ver- bindung zweier Phenole, bzw. Halogenphenole als stärker desinfi- zierend, sei es, daß die beiden Kerne direkt oder sei es, dab sie durch Vermittelung von Gruppen vereinigt waren. BecHHoLp hat diese Untersuchungen später fortgesetzt und ist in der Gruppe der Phenole, Kresole und Naphthole zu Desinfektionsmitteln von be- merkenswerter Kraft und teilweise spezifischer Wirkung gelangt. Auch hier handelte es sich vorwiegend um Halogenderivate. K. LAUBENHEIMER hat in seiner bemerkenswerten Monographie über Phenol und seine Derivate das Chlor-m-Kresol als das wirk- samste und dabei ungiftigste Glied der Phenolreihe bezeichnet. Dieses Präparat von der Formel kommt in ricinolsaurem Kali gelöst unter dem Namen Phobrol in den Handel. Die Phenolderivate sind vielfach nur durch Vermitte- lung anderer Substanzen, die dann auch wieder desinfizierende Eigen- schaften besitzen können, in Lösung zu halten. Hierüber finden sich schon in der Abhandlung GorscHLicHhs die notwendigen Angaben. Es ist klar, daß die Löslichkeitsverhältnisse für die praktische Des- infektion besonders hohe Bedeutung haben. Schwer lösliche - Sub- stanzen sind zur allgemeinen äußeren Desinfektion meist wenig ge- eignet, können aber bestimmten Indikationen oft besser genügen als leichtlösliche (Beispiel: Darmdesinfektion durch Thymol). Zu den Phe- nolen gehören eigentlich auch die Teerpräparate. Die aromatischen Säuren sind weniger wirksam als die ent- sprechenden Alkohole (Phenole). Der Eintritt einer COOH-Gruppe in ein Phenol setzt den Desinfektionswert im allgemeinen herab (BEcCHHoLD & EHrrich). Daß die Substanz dabei spezifische Eigen- schaften erhalten kann (Salicylsäure), spricht nicht dagegen. Die desinfizierende Bedeutung der Terpene, die chemisch den Phenolen nahestehen, ist wenig geklärt. Vielleicht kann ihre Wirkung auf Paramäcien, die von H. ScHwaAsL untersucht worden ist, in Analogie zu ihren bakterientötenden Eigenschaften gesetzt werden. SCHWABL zeigte, daß der Grad ihrer Giftigkeit für Paramäcien mit der Erniedrigung der Oberflächenspannung, die sie in wässerigen Lösungen hervorrufen, parallel geht. Das Froschherz beeinflußten die O-haltigen Terpene am meisten. Die ätherischen Oele stellen chemisch keinen einheitlichen Begriff dar. Sie besitzen zwar, wie schon R. KocH beobachtete, zum Teil stark desinfizierende Eigenschaften, doch sind wir über die Art ihrer Wirkung ganz im unklaren. Aehnliches läßt sich von der Gruppe der Farbstoffe sagen, die allerdings auf dem Gebiete der Chemo- therapie einige Bedeutung erlangt haben. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 37 578 EmıL Bürcı, Die Wirkung eines Desinfektionsmittels kann durch Zusätze an und für sich nicht desinfizierender Substanzen oder durch Kombi- nation mit einem anderen Desinficiens beeinflußt werden. Sowohl Verminderungen als Vermehrungen des Effektes sind dabei beobachtet worden. So verändert das Kochsalz (wie wir schon erwähnt haben), ohne an und für sich wirksam zu sein, die Desinfektionskraft ver- schiedener Stoffe. Die Wirkung des Phenols verstärkt es, die des Sublimates setzt es herab. Die Gründe sind eingehend erörtert worden. Aehnlich wie das Kochsalz beeinflussen andere Salze andere Glieder der Phenolreihe, sie verdrängen das Desinficiens aus dem Lösungs- mittel (Wasser) in die Mikroorganismen hinein. Andererseits vermindert Kochsalz die Desinfektionskraft des Sublimates durch Herabsetzung seiner Dissoziation, und ähnlich wirken andere Salze auf andere Desinfizientien, wenn sie ein Ion gemeinsam haben. Meistens ist uns jedoch der Grund, weshalb der Effekt einer Substanz durch den Zusatz einer anderen beeinflußt wird, nicht so genau bekannt. Man spricht bei Erhöhung der Desinfektionskraft häufig von Aktivierung und Sensibilisierung, aber damit hat man wohl eine Bezeichnung aber keine Erklärung für den eigentlichen Vorgang gegeben. Folgende Möglichkeiten sind bei einer weiteren Bearbei- tung dieses Grebietes namentlich ins Auge zu fassen: 1) Die zwei Substanzen können einen neuen chemischen Körper darstellen; 2) die Löslichkeit der einen Substanz kann durch die andere verändert werden, 3) die Durchlässigkeit der Zellmembran für die eine Sub- stanz wird durch die andere beeinflußt; 4) die Zelle wird durch die Imprägnation mit der einen Substanz aufnahmefähiger (oder unfähiger ) für die andere. Alle diese Möglichkeiten, von denen die ersten zwei leicht, die anderen schwer experimentell zu prüfen sind, können auch für den Fall gelten, daß die eine Substanz an und für sich kein Desinficiens ist. Bürcı hat — namentlich an narkotischen und diuretischen Arzneien — gezeigt, daß eine Erhöhung der Wirkung durch Kombination (also ein über dem Additionsergebnis liegender Effekt) bei Vereinigung von zwei oder mehr Gliedern aus derselben engeren pharmakologischen Gruppe nicht zu erwarten ist. Die Un- gleichartigkeit der Kombinationsglieder bildet eine Vorbedingung für die sogenannte Potenzierung. Diese auf zahlreiche Tatsachen ge- gründete Regel wurde aus dem gleichzeitigen Funktionieren zweier verschiedener (chemischer oder physikalischer) Rezeptoren erklärt. Daß diese Gesetzmäßigkeit Ausnahmen erleiden kann, wurde schon durch die Aufstellung von vier anderen Möglichkeiten (siehe oben) dokumentiert. Bürcı hat außerdem gezeigt, daß auch dann eine Ver- starkung des Effektes zustande kommt, wenn zwei Einzelwirkungen kurz aufeinander folgen, so daß die zweite stattfindet, bevor die erste erloschen ist. Die Versuche von Rapp beweisen, daß dieser Satz auch für den Desinfektionsprozeß unter Umständen Gültigkeit hat. Sub- stanzgemenge, deren einzelne Glieder verschieden rasch diffundieren, können also auch Potenzierungswirkung entfalten (selbst wenn die Glieder alle zu der gleichen Gruppe gehören). Daß die Kombination von Desinfektionsmitteln zu Potenzierungswirkungen führen kann, ist schon lange bekannt. Systematische Untersuchungen über die Frage der Desinfektionsgemische sind dagegen nur von Tsuzukı auf Chemische Desinfektionslehre. 579 einem relativ kleinen Gebiete durchgeführt worden. Die Arbeit Bressiscs ist nicht über die Anfänge hinausgekommen. Bekannt ist seit langem die Steigerung der Sublimatwirkung durch Alkohol- zusatz (Krönıs & Paur). Hier handelt es sich um zwei beiderseits wirksame Desinfizientien. Andererseits schwächt der Alkohol häufig die Phenolwirkung (R. Koch, SpırRo & Bruns, BERTARELLI) ab, aber offenbar nur, weil er das Phenol an sich reißt. Unter Umständen kann er auch die Wirkung von Phenolen steigern (EpsTEin), ebenso wie er den Desinfektionswert der Seifen erhöht. Viel besprochen und benutzt ist ferner die Effektvermehrung der Phenole (und auch des Sublimats) durch einen Zusatz von Säuren (siehe u. a. die schon erwähnte Arbeit von Haıter). Daß die Seifen selbst ein Kombinationspräparat mit potenziertem Effekte darstellen, wurde schon angegeben (REICHENBACH). Von anderen Arbeiten über Kombi- nationen hebe ich nur die folgenden hervor: PoPorr kombinierte Sublimat mit einer ganzen Reihe von Substanzen (Salze, Säuren und Phenol), Grıgınoux Karbolsäure mit Naphthol, Aether und Terpen- tin, beide fanden im allgemeinen Potenzierungen. Zahlreiche andere Autoren konstatierten Aehnliches (CHRISTMAS, LAHARPE, LEPINE etc.). Doch fehlt diesen und anderen Arbeiten die klare, bestimmte Frage- stellung. Rasp konnte dagegen die potenzierende Kraft der Seifen für Phenol überzeugend nachweisen (siehe auch für Gemische von Phenolen mit Säuren und Seifen die grundlegende Arbeit SCHNEIDERS). B. ZEHL hat die Wirkungen von Giftgemischen auf Schimmelpilze untersucht, aber durchaus keine Gesetzmäßigkeit finden können. M. Tsuzuxı dagegen, der die Kombinationstherapie der Trypanosomen- Infektion systematisch durchgeprüft hat, konstatierte, dab die Kombi- nation von Mitteln aus ein und derselben chemischen Gruppe. un- günstigere Resultate mit Bezug auf den Heileffekt gibt, als die Kombination von Mitteln aus verschiedenen chemisch weniger ver- wandten Gruppen. G. Bressine untersuchte Kombinationen von Phenol und Phormol, sowie von Phenol und Sublimat. Seine aller- dings noch recht spärlichen Resultate scheinen ebenso wie die Er- gebnisse Tsuzuxıs für die Richtigkeit der Regel von Bürcı zu sprechen. Das gleiche läßt sich auch von verschiedenen früheren, zum Teil hier angeführten Arbeiten sagen; doch würde eine Auf- zählung der einzelnen Publikationen zu weit führen. Eine gründliche Ermittelung der Wirkung von Desinfektionsmittel - Kombinationen scheint jedenfalls notwendig und aussichtsreich. Literatur. ABELIN, J., Deutsche med. Wochenschr., 1912, Nr. 39. Banc, J., Chemie und Biochemie der Lipoide. 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SENEKA (Oedip.) und Ovıp (Metam., VII) beschreiben gleich- falls milzbrandartige Erkrankungen. Nach Prinivs (Hist. nat., Lib. 26) war der Milzbrand in dem narbonensischen Gallien eınheimisch und wurde von dort im Jahre 164 n. Chr. zuerst nach Italien eingeschleppt. Zwei Konsuln, Rufus und Bassus, sollen an Milzbrand gestorben sein. Von den arabischen Aerzten wurde dann in späterer Zeit der Milzbrand des Menschen zum Gegenstand genauerer Untersuchungen gemacht und als „persisches Feuer‘ beschrieben. Allmählich gewann der Milzbrand in den folgenden Jahrhunderten immer mehr an Umfang und Bedeutung, trat sehr häufig in Form von Epidemien auf und verbreitete sich wiederholt in Seuchenzügen über die meisten Länder und Erdteile.e. In den Jahren 896 und 992 wurde fast ganz Europa heimge- sucht, Rinder, Schafe und auch Schweine fielen massenhaft der Seuche zum Opfer. Während der Epidemiejahre 1375/76 hatte namentlich Süddeutschland sehr schwere Verluste zu beklagen, die ganz besonders das Wild betroffen haben sollen. Aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind weitere verheerende Seuchenzüge bekannt geworden, und nach ATHANASIUS KIRCHER (Serutin, pest., Rom 1655) wurde im Jahre 1617 eine Krankheit, die zumeist die Ochsen befallen hatte, in ausgedehntestem Maße auf den Menschen übertragen, so daß schließlich 60 000 Personen daran zugrunde gingen. Genauere Beobachtungen und Mitteilungen über die Verbreitung des Milz- brandes stammen erst aus dem 18. Jahrhundert (WILL, CHABERT u. a.), doch kann es kaum einem Zweifel unterliegen, daß vieles von dem, was als Milzbrand damals und selbst noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bezeichnet und beschrieben wurde, in Wirklichkeit nichts mit echtem Milzbrand zu tun hatte, daß vielmehr der Name „Milzbrand“ eine Sammelbezeichnung für eine Reihe der verschiedensten Tierseuchen darstellte. So finden wir Namen wie Milzseuche, Milzfieber, brandiges Blut, gelber Schelm, schwarze Blatter, Sommerseuche, 584 G. SOBERNHEIM, Beulenfieber, Sumpffieber, Beulenpest usw., und in Frankreich sprach man als gleichbedeutend von charbon apoplectique, fievre charbonneuse, charbon sympto- matique, charbon böenin, emphyseme charbonneux, sang de rate, fievre spleni- que ete. (HEUSINGER, W. KocH, PÜTZ). Der entscheidende Fortschritt datiert von der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Erst mit dem Augenblick, als man die Ursache des Milzbrandes in einem wohlcharakterisierten Lebewesen aus der Klasse der Bakterien erkannte, war die gesamte Milzbrandforschung auf eine gesicherte Grundlage gestellt, die es ermöglichte, über Art der Verbreitung, Ansteckungsweise, Mittel zur Bekämpfung usw. zu klaren Anschauungen zu gelangen. II. Allgemeines über Vorkommen des Milzbrandes. A. Geographische Verbreitung. Der Milzbrand kommt fast in allen Ländern und Erdteilen vor. In Europa sind es namentlich die östlichen Länder, die am meisten be- fallen werden, ganz besonders Rußland. Bekannt sind die Ver- heerungen, die daselbst in den Jahren 1864—1866 durch die „Sibi- rische Pest‘ angerichtet wurden und auch Tausende von Menschen zum Opfer forderten. Eine von der preußischen Regierung zur Er- mittelung des Charakters der fraglichen Seuche dorthin gesandte Kom- mission stellte fest, daß es sich um nichts anderes als um Milzbrand handelte. Im Jahre 1864 sollen allein 72000 Pferde gefallen sein, und in den Jahren 1864—1870 gingen im Gouvernement Nowgorod über 65000 Pferde, Kühe und Schafe, sowie 528 Menschen an Milz- brand zugrunde. Von anderen Gebieten, die besonders unter Milzbrand zu leiden haben, sind dann die unteren Donauländer zu nennen, sowie Un- garn, Galizien, Böhmen, Frankreich undDeutschland. Bei uns sind die oberbayerischen Alpen, Thüringen und die Pro- vinz Sachsen in erster Linie als Milzbrandgegenden hervorzuheben. In der Schweiz tritt der Milzbrand in einigen sumpfigen Tälern, aber auch auf den Alpenweiden auf, ferner in Spanien, Portugal, Italien, ebenso, wenn auch seltener, in Großbritannien, Däne- mark, Schweden, Norwegen, Belgien, Holland. Von außereuropäischen Ländern befällt der Milzbrand Nord-, Mittel- und Südamerika, wo er besonders in den La Plata- Staaten, Chile und Südbrasilien sehr verbreitet ist. Die „Garo- tilha“ in Brasilien, eine immer tödlich verlaufende Krankheit der Rinder, isö Milzbrand (MArcHoUx & SALIMBENI); das gleiche bestätigt Carını für Garotilha der Schweine. In Afrika kommt der Milz- brand in erster Linie im Nildelta, ferner in Südafrika, auch in unseren afrikanischen Kolonien, vor, in Asien besonders in Persien, Ostindien, China usw. Daß der Milzbrand auch in Australien heimisch ist, wurde durch LoIr, GERMOND & Hınps festgestellt, die zeigten, daß eine bis dahin ihrer Natur nach unbekannte und jährlich ca. 300000 Hammel hinraffende Seuche Milzbrand war. Die Ausbreitung des Milzbrandes ist auch heute noch eine recht beträchtliche. Einige statistische Aufzeichnungen mögen hier Platz finden. Nach den im Kais. Gesundheitsamte bearbeiteten Jahresberichten über die Verbreitung von Tierseuchen im Deutschen Reiche erkrankten an Milzbrand: Ev Milzbrand. 585 Im Jahre | Rinder | Pferde | Schafe Schweine) Ziegen | Diverse | Zusammen 1900 3 461 142 390 531 | 6 N 4.050 1901 | 4263 134 | 1361 65; all 20 er 5843 1902 4.003 134 | 62% Szar 8 — 4 852 1908 | 3990 150 | 339 136 11 > 4.626 194 | 4571 17208 5-1111 58 12 er 5 959 1905 | 5308 172 509 131 13 = 6133 1906 | 5390 183 502 137 14 — 6226 1907 _ | 5343 127 492 205 14 = 6181 1908 4865 | 125 | 369 216 13 G | 55% 1909 5110 | 15 409 258 14 STR REIG Zusammen| 46304 | 149 | 612 | 1374 | 125 6 55 410 Die Sterblichkeit schwankte zwischen 96 und 98,5 Proz. Im Jahre 1910 betrug die Zahl der Milzbrandfälle: in Rußland 44 208 in Italien 2.067 in Großbritannien 1 759 in der Schweiz 233 in den Niederlanden 748 in Schweden 355 in Norwegen 368 In Frankreich kam Milzbrand in 455 Ställen, in Dänemark in 211 Be- ständen vor. In den Jahren 1903—1908 wurden an Milzbranderkrankungen amtlich ge- meldet in: Rumänien 1477 Rinder, 179 Pferde Bosnien und Herzegowina 1615 55 214 L Serbien 305 5 32 7 In Ungarn erkrankten im Jahre 1903 an Milzbrand 3297 Rinder, 502 Schafe, 283 Pferde, 46 Schweine. B. Oertliche und zeitliche Verhältnisse. In den einzelnen Ländern sind es wiederum ganz besondere Distrikte und Plätze, auf die sich der Milzbrand mit Vorliebe konzen- triert. Hier, an diesen sog. Milzbrandherden, tritt also die Seuche stationär (enzootisch) auf und fordert alljährlich und regelmäßig eine gröbere oder geringere Zahl von Opfern, im Gegensatz zu an- deren Plätzen, an denen der Milzbrand sich gelegentlich in spora- discher Form bemerkbar macht. Für das stationäre, aber nicht selten auch für das sporadische Auftreten sind, wie man schon seit langen Zeiten beobachten konnte, gewisse äußere Verhältnisse des Bodens und des Klimas, im be- sonderen die Niederschläge, von Bedeutung. Kalk-, Mergel-, Ton- und Lehmboden, sowie lockerer schwarzer Humusboden werden be- sonders von Milzbrand bevorzugt. Auch in sumpfigen Gegenden, die reich an Mooren (Torfmooren), Wiesen, Morästen usw., ist der Milz- brand sehr verbreitet; endlich findet er auch auf Steppenböden gün- stige Bedingungen. Den wesentlichsten Einfluß aber üben zweifellos Feuchtigkeit und Temperaturverhältnisse aus, Faktoren, welche der Ansiedlung, Ent- wickelung und Verbreitung der Krankheitserreger Vorschub leisten. Besonders ist es der Wechsel in der Feuchtigkeit des Bodens, dem in dieser Beziehung eine bedeutsame Rolle zufällt und dem auch z. B. 586 G. SOBERNHEIM, nach den Untersuchungen BoLLINGERS (1885) in den Milzbranddistrikten Oberbayerns für den Verlauf der Seuche die Hauptschuld beizumessen ist. Eine zu starke Durchtränkung des Bodens auf der einen Seite, ein zu hoher Grad der Trockenheit andererseits stellen keine günstigen Infektionsbedingungen dar. Am häufigsten sieht man Milzbranderkran- kungen auftreten, sobald Sümpfe etwas einzutrocknen beginnen oder umgekehrt, in noch höherem Grade, sobald heiße, dürre Gegenden nach starken Niederschlägen gewisse Mengen von Feuchtigkeit in sich auf- nehmen. Namentlich pflegen Niederungen, welche zu bestimmten Zeiten der Ueberschwemmung ausgesetzt sind, die Hauptmilzbrand- distrikte darzustellen, und es ist geradezu Regel, daß in Milzbrand- ländern Herden, die unter derartigen Verhältnissen an bestimmte Weide- und Tränkplätze geführt werden, von Milzbrand befallen werden. Indessen kommt der Milzbrand auch an höher gelegenen Plätzen zum Ausbruch, sobald nur die sonstigen Infektionsbedingungen vorhanden sind, und man kann, wie z. B. in den bayerischen Alpen, die Seuche bis zu einer Höhe von 1300 m verfolgen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß nach alledem Milzbranderkran- kungen im Frühjahr und im Sommer am häufigsten sein müssen, wie dies auch tatsächlich die Erfahrung gelehrt hat. Im besonderen ist bei uns die Zeit von Mitte Juni bis Ende September als die Hauptmilzbrandperiode zu bezeichnen. Daneben kommen aber auch zu anderen Zeiten Ausbrüche der Krankheit vor, und Stallinfektionen im Winter zählen keines- wegs zu den Seltenheiten. Hierbei spielen jedoch Verhältnisse beson- derer Art, auf die wir bei späterer Gelegenheit noch eingehender zurückkommen werden, eine ausschlaggebende Rolle. Für Deutschland verteilen sich die in den Jahren 1887—1908 nee gemeldeten Milzbrandfälle nach Jahreszeiten folgender- maßen: 1. Quartal = 22693 2. „= 24861 3: 2.226203 4. = 2941 C. Vorkommen des Milzbrandes bei den einzelnen Tierarten. Der Milzbrand befällt zwar in erster Linie Tiere, vornehmlich das Herdenvieh, kann aber doch gelegentlich auf den Menschen übertragen werden. Personen, die mit milzbrandkranken bzw. mit an Milzbrand zugrunde gegangenen Tieren zu tun haben oder mit der Verarbeitung tierischen Materials beschäftigt sind, sind einer Infektionsgefahr ausgesetzt. Von den Tieren erkranken Rinder und Schafe am häufigsten. Während Unterschiede zwischen den einzelnen Rinderrassen in dieser Hinsicht nicht sicher erwiesen sind, hat man bei Schafen die Beobach- tung gemacht, dab die algerischen und marokkanischen Hammel eine sehr weitgehende Immunität an den Tag legen. Der Milzbrand kann ferner Pferde befallen, Schweine, Ziegen, Rot- und Damwild, Hasen, Büffel, Kamele, Hunde, Katzen und, allerdings recht selten, das Geflügel (Hühner, Enten und Gänse). Milzbrandinfektion bei einer Strauß- henne beschreibt RoBERTSon. Milzbrand. 587 Daß auch Raubtiere der Milzbrandinfektion zugänglich sind, dafür liefert die Mitteilung von JEnsEen den sicheren Beweis, der eine Milzbrandepidemie im Zoologischen Garten von Kopenhagen beschreibt. Hier erkrankte eine größere Anzahl von Raubtieren nach der Fütterung mit dem Fleisch eines an Milzbrand gestorbenen Pferdes, und es gingen 2 Leoparden, 2 Pumas, 3 Waschbären, 4 Nasen- bären, 3 Iltisse, 1 Steinmarder an der Infektion zugrunde. Eine ganz analoge Beobachtung ist später durch Lange aus dem Zoologischen Garten zu Posen mitgeteilt worden, woselbst nach Fütterung mit milzbrandigem Fleisch 2 Silberlöwen, 1 Jaguar, ] Schakal, 3 Waschbären und 2 Rüsselbären starben, 1 Königstiger schwer erkrankte. Die Empfänglichkeit des Elephanten ergibt sich aus einer Beobachtung von SONNENBRODT, der bei einem 10 Jahre alten, unter Unruhe und großen Schmerzen plötzlich eingegangenen Elephanten eines Zirkus Milzbrand als Todesursache feststellte. Ueber die der experimentellen Milzbrandinfektion zugäng- lichen, aber unter natürlichen Bedingungen von Milzbrand meist nicht befallenen Tierarten, wie Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Ratten usw. wird an späterer Stelle ausführlich berichtet werden. Erwähnt sei, daß MoseBAacH den spontanen Ausbruch einer Milzbrandseuche unter Meerschweinchen im hygienischen Institut zu Bonn beob- achtete. Infizierte Torfstreu hatte offenbar den Anlaß hierzu ge- geben. III. Aetiologie. Im Jahre 1855 berichtete zuerst POLLENDER über Beobachtungen, die er -im Herbst des Jahres 1849 bei der mikroskopischen Untersuchung der Organe milzbrandgefallener Tiere gemacht hatte. Er fand in dem Blute, sowie in der Milz und in dem den Milzbrandbeulen entstammenden Gewebssafte von Rindern 18—24 Stunden nach dem Tode neben anderen eigentümlichen Veränderungen, wie namentlich Auflösung der roten Blutkörperchen, stabförmige, äußerst kleine und feine Elemente. Die Zahl dieser Gebilde erschien als eine sehr große, und ihrer Form nach wurden sie von POLLENDER als „nicht geschlängelte, nicht wellenförmige, nicht eingeschnürte, sondern ganz gerade, platte, in ihrem Verlauf nicht verästelte, bewegungslose Körper“ beschrieben. BRAUELL, der unabhängig von POLLENDER ähnliches beobachtet hatte, konnte später, in den Jahren 1857/58, diese Angaben bestätigen und nach mancher Richtung hin ergänzen. Er sah im Blut von Menschen, Schafen und Pferden, die an Milzbrand zugrunde gegangen waren, die gleichen Elemente, wie sie POLLENDER bei Rindern gefunden Ratte, und konstatierte deren Ver- breitung durch das ganze Gefäßsystem des Organismus. Durch zahlreiche Impfversuche aber glückte es ihm fernerhin, eine erfolgreiche Uebertragung der Krankheit auf die verschiedensten Tiere herbeizuführen. Da stets, sowohl bei den spontan erkrankten wie bei den künstlich infizierten Individuen, die charak- teristischen Stäbchen mikroskopisch nachweisbar waren, während sie unter sonstigen Verhältnissen im Blute niemals zur Beobachtung gelangten, sprach sich BRAUELTL schon mit Entschiedenheit für die ganz spezifische Bedeutung der beschriebenen Stäbchen aus, ohne freilich über deren Charakter etwas Genaueres zu ermitteln. Er wurde in seiner Ansicht durch den Umstand bestärkt, daß das Blut des Fötus eines an Milzbrand gestorbenen Tieres frei von Stäbchen be- funden wurde und dementsprechend bei Verimpfung auf andere Tiere keine Infektion hervorzurufen vermochte, während das stäbchenhaltige Blut des Mutter- tieres hochgradig infektiöse Eigenschaften besaß. . Neben den beiden soeben genannten Forschern ist es DavAInE, der zuerst die Aufmerksamkeit auf das Vorkommen eigentümlich geformter Elemente im Blute von Milzbrandtieren lenkte. Schon 1850 hatte er in Gemeinschaft mit tAYER im Blute von Schafen diese Gebilde wahrgenommen, von denen zunächst nur ausgesagt werden konnte: „Il y avait en outre dans le sang des petits corps 588 G. SOBERNHEIM, filiformes ayant environ le double en longueur du globule sanguin; ces petits corps n’offraient point de mouvements spontan6s“. Erst 13 Jahre später, im Jahre 1863, vermutlich angeregt durch die in- zwischen veröffentlichten Mitteilungen der deutschen Forscher, setzte DAavAIınE seine Untersuchungen fort und gelangte durch eine Reihe bemerkenswerter Be- obachtungen zu der Anschauung, daß die fraglichen Gebilde zu dem Milzbrand in ursächliche Beziehung zu setzen seien. Auch ihm glückte die erfolgreiche Uebertragung des stäbchenhaltigen Blutes auf Kaninchen und weiße Ratten, vor allen Dingen aber der einwandfreie Beweis, daß nur stäbchenhaltiges Blut imstande ist, die Krankheit her- vorzurufen, stäbcehenfreies dagegen nicht. DAvAInE machte zuerst die Beobachtung, daß bei milzbrandinfizierten Tieren (Kaninchen) die stäbchen- förmigen Elemente frühestens 5 Stunden vor dem Tode im Blute aufzutreten pflegen und daß erst von diesem Zeitpunkt an das Blut der infizierten Tiere die Fähigkeit besitzt, bei anderen Individuen Milzbrand zu erzeugen. Vorher, solange also das Blut noch frei von Stäbchen ist, äußert es dagegen keine in- fektiösen Eigenschaften. In dem gleichen Sinne sprach der weitere Versuch, daß nämlich stäbehenhaltiges Milzbrandblut selbst in millionenfacher Verdün- nung noch seine infektiösen Eigenschaften bewahrte, diese letzteren also kaum auf die Anwesenheit von unbelebten Fermenten oder sonstigen Gärungsstoffen, wie man sich früher dachte, zurückgeführt werden konnten. TIEGEL & KLEBs zeigten alsdann, daß Milzbrandblut, das unter Druck durch Tonzellen filtriert und damit seines Gehaltes an jenen stäbehenförmigen Gebilden beraubt wird, nicht mehr virulent ist, während der von dem Filter festgehaltene Rückstand Tiere tötet. Diese Versuche sind später in ähnlicher Weise durch PASTEUR & JOUBERT wiederholt und bestätigt worden. Erst RoBERT KocHs Eingreifen in die Milzbrandforschung war von aus- schlaggebender Bedeutung und brachte den entscheidenden Fortschritt. War auch mit den eben berichteten Beobachtungen der ursächliche Zusammenhang zwischen den im Blute von Milzbrandtieren vorkommenden Stäbchen und der Krankheit in hohem Maße wahrscheinlich gemacht, so lieferten doch erst KocHs Versuche den einwandfreien und unwiderleglichen Beweis. Koch (1876) konnte zeigen, daß diese Gebilde tatsächlich Mikroorganismen sind, die, wie bereits F. CoHn vermutet hatte, in die Klasse der „Bacillen“ ge- hören, sich durch Teilung fortpflanzen und außerhalb des Körpers ent- ‘wickelungsfähig sind. Es glückte ihm aber nicht nur die künstliche Züchtung dieser Mikroorganismen, sondern auch die bedeutsame Feststellung, daß mit derartigen Kulturen nun bei Tieren Milzbrand hervor- gerufen werden kann, ganz wie nach der Verimpfung von Blut erkrankter oder verstorbener Tiere. Er fand auch, daß längere Auf- bewahrung des Milzbrandmaterials (Blutes) unter den verschiedensten Beding- ungen (trocken, feucht, verdünnt und unverdünnt, faulend usw.) unter Um- ständen Jahre lang möglich ist und die Infektiosität in keiner Weise schädigt, solange entwickelungsfähige, d. h. lebende Keime vorhanden bleiben. Erst mit dem Zugrundegehen dieser letzteren verliert das Milzbrandblut oder sonstiges Milzbrandmaterial seine Virulenz. „.. Das größte Verdienst Kocns um die Klärung der Milzbrandätiologie aber liest vor allen Dingen in der Entdeckung der Sporenbildung des Milz- brandbaeillus. Die beiden Sätze der ersten KocHschen Arbeit: „Im Blut des toten Tieres oder in anderen geeigneten Nährflüssigkeiten wachsen die Baeillen innerhalb gewisser Temperaturgrenzen und bei Luftzu- tritt zu außerordentlich langen, unverzweigten, leptothrixähnlichen Fäden aus, unter Bildung zahlreicher Sporen“ und „Die Sporen des Bacillus anthracis entwickeln sich unter gewissen Be- dingungen (bestimmter Temperatur, Nährflüssigkeit und Luftzutritt) wieder unmittelbar zu den ursprünglich im Blute vorkommenden Bacillen“ enthalten in kurzen Worten das wichtige Ergebnis jener grundlegenden Unter- suchungen. Der Kreis der Formveränderungen des Milzbranderregers war damit ge- schlossen und dessen vollständige Entwickelungsgeschichte gegeben, nun aber auch die Aetiologie in befriedigender Weise aufgedeckt und in ihren Beziehungen zu örtlichen Verhältnissen (Boden usw.) dem allgemeinen Verständnis näher ge- führt. Die Kenntnis der vegetativen Formen des Milzbrandbaeillus konnte allein für sich nicht alle die eigentümlichen Beobachtungen und. epidemiologischen Erfahrungen bezüglich Uebertragung und Verbreitung des Milzbrandes aufklären, | Milzbrand. 389 vielmehr bezeichnete erst die genaue Erforschung der Bedingungen der Sporen- bildung und die Erkennung der Sporen als echter Dauerformen, wie wir sehen werden. den hohen wissenschaftlichen und praktischen Fortschritt. Alle späteren Arbeiten können wir lediglich als Ergänzung und weiteren Ausbau dieser KocHschen Untersuchungen betrachten *). A. Morphologie. Der Milzbrandbacillus (Bac. anthracis) ist ein Stäbchen, dessen Länge auf 4,5—10 u, dessen Dicke auf 1—1,25 „ angegeben wird. Er ist unbeweglich. Untersucht man Blut oder Gewebssaft, am besten Milzsaft eines an Milzbrand eingegangenen Tieres, z. B. einer Maus oder eines Meer- schweinchens, zunächst ungefärbt, im hängenden Tropfen, so er- blickt man zwischen den roten Blutkörperchen reiche Mengen der charakteristischen Stäbchen. Sie erscheinen als glashelle zylindrische Elemente von homogener Beschaffenheit mit abgerundeten Enden und entbehren jeder Spur von Eigenbewegung. Auch Molekularbewegung ist meist nur in sehr geringem Grade wahrzunehmen. Die Stäbchen liegen gewöhnlich isoliert, höchstens zu zweien oder dreien in klei- neren Verbänden aneinander gereiht. Längere Fäden sind bei der Untersuchung frischen Milzbrandblutes in der Regel nicht zu kon- statieren. Weitere Besonderheiten der Form pflegen erst bei der An- wendung der gebräuchlichen oder ganz spezieller Färbemethoden zu- tage zu treten, doch kann man unter Umständen auch schon im un- gefärbten Präparat einige Einzelheiten andeutungsweise wahrnehmen. Man beobachtet, wie R. KLErr hervorhebt, bei geeigneter Abblendung, dab das einzelne Milzbrandstäbchen nicht ein zusammenhängendes, gleichmäßiges Gebilde darstellt, vielmehr scheinbar aus mehreren Einzelgliedern zusammengesetzt ist und auch in seiner Substanz eine Reihe verschiedener Schichten aufweist. Im angetrockneten, aber un- gefärbten Ausstrichpräparat tritt dies noch deutlicher hervor. Alle übrigen Verhältnisse lassen sich jedoch erst im gefärbten Zustande mit der gewünschten Klarheit erkennen. Der Milzbrand- bacillus ist der Färbung mit den gebräuchlichen wässerigen Anilin- farbstofflösungen (Fuchsin, Gentianaviolett, Methylenblau) leicht zu- gänglich und färbt sich außerdem gut nach der Gramschen Methode. Zw eckmäßig ist es, gerade in dem "letzteren Falle, die Fixierung der Präparate mit Alkohol vorzunehmen, den man auf das Deckglas auf- bringt und nun rasch abbrennt. Im einfach gefärbten Präparat, bei der Untersuchung in Wasser oder aber nach Einbettung in Kanada- balsam, zeigen die Milzbrandbacillen vielfach schon gewisse Ab- weichungen von den im frischen Zustande beobachteten Formeigen- tümlichkeiten. Neben der schärferen Abkantung der Enden sind es namentlich zwei Erscheinungen, auf die man schon seit langer Zeit aufmerksam geworden ist. Die einzelnen Stäbchen treten nämlich zunächst nicht mehr als gleichmäßige zylindrische Gebilde hervor, vielmehr pflegen sie eine etwas stärkere Verdickung der Enden zu zeigen, eine leicht kolbenförmige Anschwellung, und leichzeitig eine =) De gilt auch von den Arbeiten PasTEURs auf dem Gebiete der Milz- brandätiologie. Es dürfte nicht ohne Interesse sein, daran zu erinnern, daß KocH seine grundlegenden Entdeckungen am 27. Mai 1876 abgeschlossen der Oeffentlichkeit bekannt geben konnte, während PASTEUR nahezu ein Jahr später, am 30. April 1877, der französischen Akademie die ersten Mitteilungen über Milzbrand machte. 590 G. SOBERNHEIM, tellerförmige Einziehung der kurzen Endflächen, etwa vergleichbar den Gelenkpfannen eines Knochens (C. FRAENKEL, 1890). Der letz- tere Umstand bewirkt es dann, daß dort, wo zwei Stäbchen aneinander- stoßen, eine bikonvexe Lücke wahrzunehmen ist. Sind eine Reihe von Stäbchen, welche das eben beschriebene Verhalten darbieten, mit- einander verbunden, so kommt es zur Entstehung eines Gebildes, das man mit dem Aussehen eines Bambusrohres verglichen hat. Wenn diese Bambusform der Milzbrandbacillen auch keineswegs in allen Fällen und regelmäßig zu konstatieren ist, so findet man sie doch häufig genug, um sie als eine charakteristische Eigenschaft des ge- färbten Milzbrandbacillus aufzufassen. Der von verschiedenen Seiten (JoHne, R. Kıetr u. a.) geltend gemachte Einwand, daß es sich hierbei gar nicht um die wahre Form der Bacillen handele, sondern um Veränderungen, die teils künstlich durch die Art der Präparation hervorgerufen, teils als gewöhnliche Zellteilungserscheinungen auf- zufassen seien, dürfte an dem diagnostischen Wert dieser Formen kaum etwas ändern. Man findet eben die beschriebenen Bambus- formen lediglich bei der Färbung von Milzbrandbacillen und kann daher zunächst wohl von der Frage, wie ihre Entstehung zu er- klären sei, völlig absehen. JoHnE ist der Ansicht, daß die kolben- förmige Endanschwellung nur vorgetäuscht werde und in Wahrheit auf einer Einschnürung des Mittelstückes beruhe, hervorgerufen durch die beginnende Teilung der Stäbchen, während R. Krerr die Ver- dickung der Enden auf eine Kon- traktion der Plasmahülle zurück- führen will. Wenn beide aber ferner die Fxistenz einer leicht tellerförmigen Vertiefung an den Enden der Stäbchen überhaupt in Abrede stellen, so sei demgegen- über nochmals hervorgehoben, dab es sich dabei keineswegs um ein konstantes, bei sämtlichen Stäbchen stets erkennbares Phänomen han- delt. Daß es indessen tatsächlich existiert, dürfte durch eine Reihe einwandfreier mikroskopischer Auf- nahmen über jeden Zweifel sicher- gestellt sein. Fig. 1. Milzbrandbaeillen, Milz- saft, Maus. Ausstrichpräparat, Fär- Als eine weitere bemerkens- bung mit verdünntem ‚Karbolfuchsin. werte Eigenschaft stellt sich im ge- Vergr. 1000-fach. färbten Präparat die sog. Kapsel der Milzbrandbacilen dar. Man erblickt auch wiederum nicht regelmäßig, aber doch oft bei einer ganzen Anzahl von Stäbchen um einen zentralen, intensiv gefärbten Teil eine hellere blaßgefärbte Zone. Serarını war der erste, der auf die Erscheinung aufmerksam machte, sie als Kapselbildung deutete und deren Färbbarkeit nachwies, zugleich aber auch betonte, daß nur aus dem Tierkörper stammendes frisches Material, nicht aber die aus Reinkulturen gewonnenen Milzbrandstäbchen jene Kapsel er- kennen ließen. METSCHNIKOFF (1884) hatte sie wohl auch schon wahrgenommen, aber nicht als Kapsel angesprochen. Um das ge- nauere Studium der Milzbrandkapseln, ihre Darstellung, Färbung > 4 ei Milzbrand. 591 und Deutung hat sich alsdann namentlich Jose und nach ihm eine größere Zahl von Forschern verdient gemacht. Wie diese „Kapsel“ zu deuten und ob es sich dabei, wie die einen betonten (KERN, HINTERBERGER), um einen unter allen Verhältnissen nachweis- baren integrierenden Bestandteil der Bakterienzelle handelt oder aber um eine unter dem Einfluß der tierischen Körpersäfte bzw. anderer chemischer Substanzen künstlich zur Quellung gebrachte Gallerthülle (Jonxe), blieb längere Zeit eine offene Frage. Wenn ENDERLE neuer- dings das Vorhandensein einer Kapsel überhaupt bestreitet und die ungefärbten Höfe als Lücken auffaßt, die durch Schrumpfung der Bacilleu entstanden sein sollen, also als Kunstprodukte, so steht dies mit anderweitigen Beobachtungen durchaus in Widerspruch. Nach den Untersuchungen von: GRUBER & FUTAKI, LÖHLEIN, PREISZ u. a. han- delt es sich bei der Kapselbildung jedenfalls um einen Vorgang, der mit der Virulenz der Milzbrandbacillen in engerem Zusammenhang steht. Preısz betrachtet auf Grund eingehender Studien die Kapsel als das Produkt einer Umwandlung der Zellmembran, die sich innerhalb des Tierkörpers oder auch bei Züchtung der Bakterien im Blutserum vollzieht. Näheres hierüber wird später in dem Abschnitt „Immuni- tät“ mitgeteilt (vgl. S. 666). Deutlicher und sicherer als bei der gewöhnlichen Art der Fär- bung lassen sich die Kapseln mit Hilfe besonderer Färbungs- methoden zur Darstellung bringen, wobei zugleich die feinere Struk- tur der Milzbrandbacillen klarer erkennbar wird. Man sieht alsdann, was im ungefärbten Präparat nur unvollkommen angedeutet, daß das einzelne, von einer Kapsel um- schlossene Stäbchen in seiner Längs- richtung durch Querlücken unter- brochen und damit in mehrere, 2—3, Teilglieder von 1—1!/,—2 u Länge zerlegt ist (KLETT, LürkE, JJoHNE). Mit Joune darf man diese Er- scheinung wohl als den Ausdruck fortschreitender Teilung der Bak- terien auffassen. Ferner aber hat man im Inneren der eben er- wähnten Einzelglieder noch eine ab- gegrenzte zentrale Partie als „Kern- körperchen“ Br ä x nee en ueanebacienn Milz a \ a -+2)- saft, Maus, Ausstrichpräparat. Kapsel- Man würde demnach an dem Milz- färbung nach RäBIGEr. Vergr. 1000- brandbacillus 3 Schichten zu un- fach. terscheiden haben, nämlich eine äußere Kapsel, von Krerr auch als Plasmahülle bezeichnet, ferner den eigentlichen Protoplasmakörper, der segmentiert ist und aus mehreren Einzelgliedern besteht, und endlich das Kernkörperchen oder Kernstäbchen. OrroLencHı (1911) beschreibt Querstreifung der Kapsel, die bei Safraninfärbung besonders deutlich hervortritt. Kapselfärbung. SERAFINI bediente sich der FRIEDLÄNDERschen Me- thode der Pneumokokken-Kapselfärbung: EHRLICHs Gentianaviolettlösung, wenige Minuten, Entfärbung in 90-proz. Alkohol, 15—20 Sekunden, Abspülen in destil- liertem Wasser usw. 592 G. SOBERNHEIM, Das Jouxesche Verfahren der Kapselfärbung ist das folgende: Das frische Präparat, am besten Milzsaft, wird, nachdem es völlig lufttrocken, vorsichtig durch dreimaliges Hindurchziehen durch die Flamme fixiert, hierauf mit 2-proz, wässeriger Lösung von Gentianaviolett unter vorsichtigem Erwärmen 1/,—!/s Minute behandelt. Dann folgt ganz kurzes Eintauchen in Wasser, Behandlung mit 1—2-proz. Essigsäure, 6—10 Sekunden, hierauf Abspülen und Untersuchung in Wasser. Mit Hilfe des Jomneschen Verfahrens lassen sich die Milzbrand- kapseln in der Tat ausgezeichnet und mit der größten Sicherheit zur Darstel- lung bringen. Sie erscheinen als mattgefärbter Hof. Bei der Benutzung von Reinkulturen treten Kapseln für gewöhnlich nicht hervor, obwohl auch hier ge- legentlich Ausnahmen vorkommen (JoHNE, NÖTZEL 1896, Haase u. a.). R. Krertt wendet zur Kapselfärbung ein anderes Verfahren an. Nach seiner Vorschrift fixiert man das gut lufttrockene Ausstrichpräparat, das man womöglich einige Stunden erst liegen läßt, in der Flamme. Es folgt alsdann ganz kurzes Eintauchen in eine wässerige rasch färbende Lösung (Fuchsin oder Violett) und Abspülen in Wasser. Hierauf gibt man auf die bestrichene Deckglasseite destilliertes Wasser und zieht das Präparat 6—12mal durch die Flamme. Ab- spülen und Untersuchung in Wasser. Erscheint die Kapsel nicht deutlich genug, so kann man das Präparat mit aufgelegtem Deckglas noch einige Male durch die Flamme ziehen und kräftig erwärmen. Für die endgültige Untersuchung ist auch Einschluß in Kanadabalsam zulässig. Nach Lürke bringt man auf das Deckglas 0,2-proz. Gentianaviolettlösung, erhitzt direkt bis zum Aufkochen, und spült gründlich ab. Die Lürkesche Methode ist einfach und scheint ebenso sichere Resultate zu geben wie das JoHungsche Verfahren, macht also die Anwendung der Essigsäure entbehrlich. Nach HOLTZENDORF soll 5 Minuten lange Färbung des Ausstrichpräparates mit konzentrierter alkoholischer Methylenblaulösung und einfaches Abspülen in Wasser genügen, um die Kapseln deutlich darzustellen. NöTzEL (1896) bringt zum Zweck der Kapselfärbung die Milzbrandbacillen im fixierten Präparat durch 5-proz. Essigsäure (einige Minuten) oder 1-proz. Kalilauge (3, höchstens 5 Minuten) zum Quellen und färbt hierauf, nach sorg- fältigem Abspülen in Wasser, mit Gentianaviolett. KERN erzielte gute Resultate bei Färben des Ausstrichpräparates mit Anilin- wasserfuchsin oder ZıeHıschem Karbolfuchsin oder LÖFFLERs Methylenblau unter kräftigem Erwärmen über der Flamme (4—6mal zum Dampfen erhitzen), dann Abspülen und Untersuchen in Wasser. Hrım (1891) fand, daß bei Behandlung mit LÖFFLERschem Methylenblau die Milzbrandkapseln im Ausstrichpräparat von Gewebssaft sehr schön hervor- treten und als rosagefärbte Hülle das blaue Stäbchen einschließen. Bei de- generativen Veränderungen der Bakterien nimmt die blau färbbare Substanz mehr und mehr ab, so daß schließlich nur rosagefärbte schollenartige Gebilde von en resultieren. Die rot färbbare Substanz ist nach Heım (1904) Muein. Nach OLT gelingt es mit Hilfe einer 3-proz. wässerigen Lösung von Safranin, Abspülen und Untersuchen in Wasser, die Stäbehen rot, die Kapseln gelb zu färben. Zur Herstellung der Safraninlösung bringt man 3 g des Farbstoffes in 100 ccm siedendes Wasser und filtriert später vom Bodensatz ab. Eine einfache und sehr gute Methode ist von RÄBIGER angegeben worden, darin bestehend, daß die Fixierung der Präparate nicht in der Flamme, sondern mit Hilfe von Formalin vorgenommen und gleichzeitig mit der Färbung verbunden wird. RÄBIGER bedient sich zu diesem Zwecke einer Formalin-Gen- tianaviolettlösung, die man so herstellt, daß man etwa 100—150 g des käuf- lichen Formalins (40-proz.) auf 15—20 &g Gentianaviolettpulver gießt, kräftig verrührt und einige Stunden, z. B. über Nacht, stehen läßt. Diese kaltgesättigte Lösung wird filtriert, was sehr langsam von statten geht, ist dann aber sogleich gebrauchsfertig. Sie stellt eine glyzerinartige Flüssigkeit mit goldig schimmern- der Oberfläche dar. Für die Färbung ist das Material in möglichst dünner Schicht aufzutragen und, nachdem es gut lufttrocken (nicht fixiert), für ca. 20 Se- kunden zu färben. Hierauf Abspülen mit Wasser und Einbetten in Balsam. Die Kapsel erscheint rötlichviolett, der Bacillenleib dunkelviolett. SCHMIDT, der bei der Nachprüfung ausgezeichnete Erfolge hatte, empfiehlt nicht 20 Sekunden, sondern längere Zeit, etwa 4—5 Minuten, zu färben. Marx rät, die Stamm- lösung zum Gebrauch noch weiter mit Formalin zu verdünnen, und hat damit vorzügliche Präparate erhalten. Eine Reihe weiterer Methoden gestattet eine Doppelfärbung der Milz- brandkapseln. So ist eine solche zuerst durch PravEsE bekannt gegeben worden, Pe u Milzbrand. 593 die nicht nur in frischem, aus dem Tierkörper stammendem Material, sondern auch. in Reinkulturen, sowie in Schnittpräparaten zu positiven Ergebnissen führen soll. Die Vorschrift lautet: Die Präparate werden in ZıEeatscher Lösung im Wärmeofen gehalten, und zwar Deckglaspräparate 2 Stunden bei 60—70°, Schnitte 3 Stunden bei 45—50°. Nach dem Abkühlen gründliches Waschen in Wasser, Entfärben mit Alkohol-Fluoreszin (2—5 Minuten), flüchtiges Ein- tauchen in absoluten Alkohol, Abwaschen in Wasser, wenige Sekunden Ein- tauchen in wässerige Lösung von Kalikarbonat (1:10000). Hieran schließt sich die Gegenfärbung mit LÖFFLERschem Methylenblau, und zwar Deckgläser (nach dem Trocknen) 5 Minuten lang, dann Abspülen, Trocknen, Einlegen in Kanada- balsam. Schnitte sind 15-20 Minuten in LörFFLERschem Methylenblau zu färben, dann mit 1-proz. Essigsäure zu differenzieren und mit reinem Wasser auszuwaschen. Zum Schluß Alkohol, Xylol, Kanadabalsam. Die Bacillen er- scheinen in diesen Präparaten blau, die Kapseln rot. Einfacher und bequemer sind die Doppelfärbungsmethoden von KLETT und KAUFMANN. R. KLETT gibt für sein Verfahren folgende Vorschrift: Das Deckglasaus- strichpräparat (Milzsaft usw.) wird gut lufttrocken mit alkoholisch-wässeriger Methylenblaulösung (1:10:100) über der Flamme bis zum Aufkochen erwärmt und dann mit Wasser abgespült. Hierauf läßt man eine Fuchsinlösung von der gleichen Konzentration wie die Methylenblaulösung 5 Sekunden einwirken und spült wieder mit Wasser ab. Die inneren Teile der Bacillen erscheinen blau, die Hüllen leicht rosa gefärbt. KAUFMANN erhält eine Doppelfärbung der Kapseln, indem er die Präparate einige Minuten mit LÖFFLERs Methylenblau färbt, dann 4 Minuten in Arg.-nitr.- Lösung (1/>s-proz.) oder in Protargollösung (!/,-proz.) differenziert und nun in wässeriger Fuchsinlösung (1:20) 5—10 Sekunden behandelt. Der Kern der Bacillen nimmt hierbei eine tiefblaue bis schwarze Farbe an, die Kapsel erscheint intensiv dunkelrot. Endlich tritt auch bei Anwendung einiger nicht eigentlich für die Kapsel- färbung bestimmter Methoden die Kapsel der Milzbrandbacillen sehr deutlich hervor. So gibt die RomA- NOWwsKYsche Eosin- -Methylen- blaufärbung, die von ZETT- now mit bestem Erfolge zum Studium des feineren Baues der Bakterienzelle benutzt wurde (cf. Bd. I, 8. 356), auch beim Milzbrand sehr schöne Präparate. Man sieht hier die Bacillen, die ihre Zusammensetzung aus rot gefärbter Chromatin- und blau gefärbter Plasmasubstanz deutlich erkennen lassen, von einer hellrötlichen Kapsel ein- geschlossen (Fig. 3). HINTER- BERGER konnte mit Hilfe der von ihm in besonderer Weise modifizierten VAN ERMEN- GEMschen Geißelfärbungs- methode (siehe Bd. I) auch in Reinkulturen und verschie- denen Agarnährböden eine Kapsel nachweisen, welche bei dieser Art der "Färbung noch von einer weiteren, zar- teren und breiteren Hülle ein- h geschlossen erscheinen soll. Fig. 3. Milzbrandblut, Maus. Ausstrichpräparat. Gleichzeitig ist nach HINTER- Färbung nach ROMANOWSKY. Vergr. 600-fach. BERGER in derartigen Prä- paraten (von mindestens 20- bis 48-stündigen Kulturen) ein die Bakterien wie ein Strahlenkranz umgebendes oder auch von einem Ende pinselförmig ausstrahlendes, vielfach verzweigtes Netzwerk zarter Fäden erkennbar, das wohl mit den von MıGuLA beschriebenen geißelähnlichen, von der verquellenden Bakterienmembran ausgehenden Schleim- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 38 594 G. SOBERNHEIM, fäden identisch sein dürfte. Aehnliche Fäden und Fadennetze konnte GEMELLI bei Anwendung einer eigenen Geißelfärbungsmethode (cf. Methodik, Bd. I, S. 351) zur Darstellung bringen. Offenbar ist auch die gelegentlich anzutreffende Angabe, daß man mit Hilfe der Geißelfärbung an den Milzbrandbacillen .peritriche Geißeln nachweisen könne (DuronD u. a.), auf derartige Erscheinungen zurück- zuführen; die „Geißeln“ sind in diesem Falle nichts weiter als die durch Quellungsvorgänge bewirkten Auffaserungen der Kapselhülle.e. Hamm erklärt die aus der Silberimprägnierung erhaltenen geißelähnlichen Gebilde einfach für Kunstprodukte. Schließlich sei erwähnt, daß es Bon gelungen ist, durch Verteilung des Bakterienmaterials in einer eiweißreichen Flüssigkeit bei allen von ihm unter- suchten Arten, so auch beim Milzbrandbacillus, Kapseln in den Reinkulturen zu erhalten. Man bringt nach BonI auf das Deckglas ein Tröpfchen einer filtrierten Mischung von einem Hühnereiweiß, 50 ccm Glyzerin und 2 Tropfen Formalin, schwemmt die Bakterien darin auf, breitet gut aus und trocknet über der Flamme bis zum völligen Verdampfen des Glyzerins. Dann folgt Färbung mit Karbol- fuchsin (20—30 Sekunden). Eine Gegenfärbung mit LÖFFLERschem Methylen- blau (4—6 Minuten) ist nicht nötig, aber oft zweckmäßig. Es stehen uns somit zahlreiche Methoden zur Verfügung, die eine Darstellung der Milzbrandkapseln gestatten. In der Regel liefern die verschiedenen Färbungen aber immer nur im frischen Blute oder (Grewebssaft, nicht in Reinkulturen, zuverlässige Resultate, und höch- stens bei Kultivierung in flüssigem Blutserum ist eine Kapsel ebenso sicher wie im Milzbrandblut färbbar (Jomnwe). Indessen ist einigen Forschern auch der Nachweis von Milzbrandkapseln in Reinkulturen geglückt. Außer den erwähnten Färbeverfahren von PIAnESE, HINTER- BERGER und Bonı scheint namentlich die Zusammensetzung des Nähr- bodens von Bedeutung zu sein. So gibt KopamaA an, daß durch hohe Alkaleszenz oder Zusatz von Hühnereiweiß der Milzbrandbacillus auf Agarnährböden zur Kapselbildung gebracht werden kann; STEIN- SCHNEIDEk konnte diese Beobachtung für Hühnereiweiß-Agar be- stätigen. In Serumkulturen, in denen die zunächst erkennbare Kapsel- bildung später wieder verschwindet, läßt sie sich durch Zusatz von Glykogen, Maltose, Glykose, auch Saccharose und Lävulose von neuem erzeugen; in Bouillon bewirken die gleichen Zusätze keine Kapselbildung (OrrorencHt [1911]. Ebenso ruft Beimischung frischen Serums wieder Kapselbildung hervor (OLıvero). Daß ge- legentlich auch in Schnittpräparaten eine Kapsel zu beobachten ist, wird von verschiedenen Seiten angegeben; nach GÜNTHER soll sie unter Umständen schon bei der gewöhnlichen Methylenblaufärbung sichtbar sein. Auch die Gramsche Methode kann, wie erwähnt, zur Färbung der Milzbrandbacillen benutzt werden und gibt recht schöne und an- schauliche Bilder. Bei Anwendung des Verfahrens für Blut- oder Gewebssaftpräparate (Gegenfärbung mit Eosin) ist aber von den morphologischen Eigentümlichkeiten, die bei einfacher Färbung bzw. mit Hilfe der Kapselfärbungsmethoden beobachtet werden, wie Bam- busform, Kapsel und Gliederung der einzelnen Stäbchen nichts wahr- zunehmen. Die Stäbchen erscheinen meist mit abgerundeten Ecken, Die Form des Milzbrandbacillus erfährt sofort eine Reihe be- merkenswerter und charakteristischer Veränderungen, sobald wir ihn den Bedingungen seines natürlichen Vorkommens im Blute und in den Gewebssäften von Mensch und Tier entziehen und auf künst- liche Substrate übertragen. Abgeschen davon, daß gewisse Er- scheinungen hier nicht mehr mit der gleichen Deutlichkeit wahr- zunehmen sind wie im frischen Milzbrandblut, ‚treten nunmehr Milzbrand. 395 neue Entwickelungsformen auf. Man kann sich von diesen Form- veränderungen ohne weiteres und vielleicht am einfachsten über- zeugen, wenn man nach dem Vorgange von R. Koch eine kleine Menge Milzbrandblut in einem Tröpfchen Nährflüssigkeit, wie Humor aqueus oder Nährbouillon, aufschwemmt und nun im hohlgeschliffenen Ob- jektträger, durch Vaselineabschluß sorgfältig gegen Verdunstung ge- schützt. im Brutschrank bei ca. 37° der weiteren Entwickelung über- läßt. Schon nach rela- tiv kurzer Zeit, nach wenigen Stunden, sieht man, daß die ursprüng- lich einzeln liegenden oder höchstens in Ver- binden von 2-34 Gliedern angeordneten Elemente sich vermehrt haben und zu kürze- ren oder längeren Fäden ausgewachsen sind, die sich unter Umständen durch ein ganzes Gesichtsfeld er- strecken und zunächst wohl noch die Scheide- wand der einzelnen Glieder erkennen lassen. In einem späteren Sta- dium, nach etwa 12 Stunden, sind diese Fä- Fig. 4. Milzbrandblut, Maus. Ausstrichpräparat, den noch weit größer Färbung nach Gram. (Gegenfärbung mit Eosin.) und zahlreicher gewor- Vergr. 750-fach. den, in schlingenartigen Windungen zu haarzopf- oder schiffstauähnlichen Formen (Ü. Frarn- KEL, 1890) angeordnet, während zugleich die ursprünglich homogene und durchsichtige Struktur der Bakterien einer leicht granulierten und trüben Beschaffenheit Platz zu machen scheint. Untersucht man zu einer noch späteren Zeit, nach etwa 24 Stunden, so ist das Bild wiederum ein anderes geworden, insofers, als die vielfach ver- schlungenen und gewundenen Bakterienknäuel, die nun einzelne Ab- schnitte und Abgrenzungen kaum noch erkennen lassen, im Inneren des plasmatischen Inhalts deutlich eine größere Anzahl mehr oder minder stark lichtbrechender kleiner Körnchen aufweisen. Schlieb- lich ändert sich auch dieses Aussehen und man findet im Inneren der Milzbrandfäden, perlschnurartig aneinander gereiht, stark licht- brechende, glänzende Körperchen von eiförmiger Gestalt, die Milz- brandsporen. Nachdem die Milzbrandsporen zur vollen Entwickelung gelangt sind, pflegt der Rest der Bakterienzelle bzw. der Bakterien- fäden der Degeneration und Auflösung anheimzufallen, so dab all- mählich die Sporen in Freiheit treten und nur noch allein sichtbar sind. Der zeitliche Verlauf des ganzen Prozesses ist begreiflicherweise durch eine Reihe der verschiedensten Momente, wie Beschaffenheit des Nährsubstrates, Temperatur, Sauerstoffzutritt usw., bedingt, Verhält- nisse, auf die wir bei der Erörterung des Wachstums, der Sporen- 38* 596 G. SOBERNHEIM, bildung und der Sporenkeimung noch eingehender zurückkommen werden. Schon hier sei indessen darauf hingewiesen, daß der Milzbrand- bacillus ganz besonders dazu neigt, auf scheinbar geringfügige Aende- rung seiner Ernährungs- und Wachstumsbedingungen sofort mit atypi- scher Entwickelung und der Bildung von Involutionsformen zu re- agieren. So sieht man gar nicht selten stark aufgequollene und wurst- förmig verdickte Elemente und statt der sonst so charakteristischen Faden- und Knäuelbildung kurze, spiralig aufgerollte Gebilde, statt, der Sporen nur kümmerlich entwickelte, sporenähnliche Körper, die lediglich durch gewisse, den Sporen zukommende Eigenschaften ihre wahre Natur zu erkennen geben. Sicherlich sind manche als „Varie- täten“ des Milzbrandbacillus benannte Formveränderungen in dieser Weise zu erklären, nicht aber als Abarten im eigentlich naturwissen- schaftlichen Sinne aufzufassen. So beschrieben beispielsweise CHAU- vEAU & PHiısauıx als Varietät einen Bacillus anthracis clavi- formis, den sie aus einer schwach virulenten alten Rasse durch Ver- impfung auf Tiere erzielt haben wollen, und Prısarıx (1900) züchtete im Hundekörper einen „Bac. anthracis brevigemmans“ heran. In ähnlichem Sinne sind vielleicht auch die Angaben von LIGNIkRES & DUrrIENn über atypische Milzbrandformen in Gestalt von spiralig gedrehten oder an einem Ende hakenförmig gekrümmten Fäden u. dgl, zu deuten. Indessen kommen nach neueren Beobachtungen auf dem Wege mutationsartiger Umwandlung zweifellos auch Varietäten des Milzbrandes zustande (vgl. S. 602). B. Wachstumsverhältnisse. Allgemeine Wachstumsbedingungen. Der Milzbrandbacillus zählt zu den aäroben Mikroorganis- men. Daß er auch unter ana@roben Bedingungen lebensfähig bleibt, ist von den verschiedensten Seiten festgestellt worden (Lisorrus u. a.). Niemals aber kommt es bei Abschluß der Sauerstoffs zu einer gleich kräftigen Entwickelung der Milzbrandkulturen wie sonst, und fast alle Untersucher sind darin einig, daß das fakultativ anaörobe Wachs- tum des Milzbrandbacillus immer nur eine kümmerliche Existenz unter ungünstigen Bedingungen darstellt. Hiermit stimmt auch die Tat- sache überein, daß Milzbrandkulturen bei ana&rober Züchtung weniger widerstandsfähig sind und rascher zugrunde gehen als bei aörobem Wachstum (SANFELICE). Bezüglich der Temperatur gestattet der Milzbrandbacillus re- latıv weitgehende Schwankungen, indem er etwa zwischen 15° und 430 zu gedeihen vermag. Schon R. Koch (1881) hatte dem Einfluß der Temperatur auf die Entwickelung des Milzbrandbacillus seine Auf- merksamkeit zugewendet und konnte als Ergebnis genauerer Prüfungen die folgenden Werte angeben: Bei 30-400 findet das Auswachsen zu Fäden und die Sporenbildung gewöhnlich innerhalb 24 Stunden statt; bei 25—30° in 35—40 Stunden, bei 230 in 48—50 Stunden; bei 210 sind schon 72 Stunden zur Beendigung des Prozesses erforderlich ; bei 15° pflegen erst nach ca. 5 Tagen die ersten Sporen aufzutreten, bei 16° erst nach 7 Tagen, indem die Sporenbildung gleichzeitig auch eine viel spärlichere bleibt, und unter 15° konnte von Kocu weder Wachs- Milzbrand. 597 tum noch Sporenbildung beobachtet werden. Die üppigsten und best- entwickelten sporenhaltigen Kulturen wurden bei einer Züchtungs- temperatur von 20—25° erhalten. Die obere Wachstumsgrenze der Milzbrandbacillen ist bei etwa 43° gegeben, obwohl schon von 40° aufwärts sich gewisse Schädigungen an den Kulturen bemerkbar machen, und bei 42—43° Sporenbildung nicht mehr regelmäßig zu beobachten ist. Sehr bemerkenswert sind die Feststellungen von D1EUDoNNE (1894) über die künstliche Anpassung der Milzbrandbacillen an Temperaturen, die unterhalb oder oberhalb des Züchtungsoptimum ge- legen sind. Es ergibt sich daraus, daß es möglich ist, durch ganz all- mählichen und vorsichtigen Uebergang den Milzbrandbacillus auch an weniger zusagende Temperaturverhältnisse zu gewöhnen und selbst noch bei niedrigen Temperaturen von ca. 12—16° zu üppiger Ent- wickelung zu bringen. Auch bei höheren Temperaturen von 41—43° konnten relativ günstige Ergebnisse erzielt werden. Außer den gewöhnlichen Kulturmedien (Bouillon, Gelatine, Agar, Blut- serum usw.) sind eine Reihe der verschiedensten Substrate mit Erfolg für die künstliche Züchtung des Milzbrandbacillus verwendet worden, sofern diese nur neutrale oder schwach alkalische Reaktion besitzen. Daß aber selbst auf saurem Substrat unter Umständen eine Entwickelung von Milzbrandbacillen möglich ist, scheint aus den Untersuchungen von SCHLÜTER hervorzugehen, der bei Zusatz von 0,2 Proz. Milchsäure oder 0,2 Proz. Alaun recht gut entwickelte Kulturen erhalten haben will. Die Art der Säure dürfte dabei vielleicht eine Rolle spielen. Nach R. KocHs Ermittelungen gedeiht der Milzbrandbacillus gut auf neutrali- sierten oder schwach alkalischen Infusen von Heu und gewissen Grassorten, auf Erbsenstrohinfus, frischen Kartoffeln und Rübensaft, namentlich aber findet auf zerquetschten, stärkemehlhaltigen Sämereien ausgezeichnetes Wachstum statt. Gerste sowohl wie Mais, und ganz besonders Weizen, stellen zerquetscht und mit Wasser angesetzt vortreffliche Substrate dar. Ein üppiges und vorzügliches Wachstum wurde durch ARTEMOWITSCH auf sterilisierten Gurkenscheiben und neutralisiertem Gurkensaft konstatiert, desgleichen auf den neutralisierten aus- gepreßten Säften von Birnen, Zwiebeln und Rüben, wogegen auf frischen Birnen die Entwickelung nur eine kümmerliche war. Daß Züchtung in Harn gelingt, war bereits durch PASTEUR (1878) festgestellt worden; nach BUTTERSACK eignet sich namentlich Eiweißharn gut, wogegen in alkalischem Rinder-, Schaf- oder Pterdeharn eine Entwickelung ausbleibt (RıvoLTA, KıTT, 1885). Nach BucHNEr wachsen Milzbrandbacillen in 10-proz. Peptonlösung und in 10—40-proz. Rohr- zuckerlösung rasch und üppig. DEyYcKE benutzte mit Erfolg zlyzerinhaltigen Alkalialbuminatagar, TARANUCHIN zeigte, daß Zusatz von reinem Leeithin zum Nährboden die Entwickelung der vegetativen Formen befördert, Sporenbildung aber hemmt, während Zusatz von Eigelb (Eigelbagar) auch der Sporenbildung günstig ist. Auf Hirnpeptonagar, d. h. einem Agar, zu dessen Herstellung ein wässeriger Auszug von Kälberhirn als Grundlage diente, haben Popwyssorzky & TARANUCHIN üppige Kulturen erzielt; auch HINTERBERGER empfiehlt diesen Nährboden als einen sehr vortrefflichen. MAayEr (1899) erhielt auf Speichel- drüsen- und Mueinnährböden gutes Wachstum. RoDET & Parıs wollen gefunden haben, daß in nährstoffarmen Medien im allgemeinen lange Fäden, in nährstoff- reichen dagegen vorwiegend kurze Füden gebildet werden. Auf eiweißfreiem Substrat endlich gedeiht der Milzbrandbacillus nach den einschlägigen Unter- suchungen von C. FRAENKEL (1894), BIELECKT u. a. nur kümmerlich. Wachstum auf den einzelnen Nährsubstraten. Nährbouillon: Ueberträgt man Milzbrandkeime in Nährbouillon, so kommt es hier zu einer außerordentlich charakteristischen Form der Entwickelung. Die Bouillon — und das gleiche gilt von sonstigen flüssigen Nährsubstraten — wird nicht in toto getrübt, läßt vielmehr eine Flockenbildung erkennen, die gewöhnlich von den tieferen Teilen der Flüssigkeit, wohin die ausgesäten Bakterien infolge ihrer Schwere 598 G. SOBERNHEIM, und ihres Mangels an Eigenbewegung niedersinken, ihren Ausgang nimmt. Die flockige, schleimige Bakterienmasse zieht sich von dem Boden nach den oberen Partien des Nährsubstrates in Form von lockeren, vielfach verzweigten Schleimfäden und läßt den übrigen Teil der Nährbouillon klar. Unter Umständen, namentlich wenn man die in Entwickelung begriffene Kultur einmal aufgeschüttelt hat, kann aber diese eigentümliche Wachstumserscheinung verschwinden und statt dessen eine allgemeine Trübung der Bouillon stattfinden. Aber auch in diesem Falle sammelt sich die Hauptmasse der Kultur in Gestalt eines flockigen schleimigen Bodensatzes in der Tiefe des Röhrchens. In Schüttelkulturen, d. h. bei beständigem Schütteln, läßt sich üppiges Wachstum unter diffuser milchiger Trübung der Flüssigkeit erzielen (Lucer). Die mikroskopische Untersuchung lehrt, daß das äußere Ver- halten dem vorhin beschriebenen Auswachsen der Stäbchen zu längeren Fäden, Schlingen und Knäueln entspricht. Dabei sei indessen bemerkt, daß infolge des ungenügenden Sauerstoffzutritts Sporenbildung in der- artigen Bouillonkulturen, im Gegensatz zu der Züchtung des Milz- brandbacillus im hängenden Bouillontropfen, nicht selten erst spät und unvollkommen eintritt. Nährgelatine: Auf der Gelatineplatte entwickelt sich der Milzbrandbacillus bei geeigneter Zimmertemperatur (18—20°) in 2 bis 3 Tagen zu sehr charakteristischen Kolonieformen. Schon bei ober- flächlicher Betrachtung bemerkt man, daß die einzelne Kolonie kein zusammenhängendes und kompaktes Gebilde darstellt, sondern ein lockeres Gefüge aufweist. Noch deutlicher tritt diese Erscheinung hervor, sobald man die Platte bei schwacher Vergrößerung (ca. 80-fach) der mikroskopischen Besichtigung unterwirft. Man sieht hier, wie von dem zentralen, etwas massigeren Teil der Bakterienanhäufung die Kolonie nach den Rändern zu sich in eine Reihe von schnörkelartigen Ausläufern auflöst und in das umgebende Nährsubstrat zahlreiche ver- schlungene, geschlängelte, fadenförmige Fortsätze aussendet. Man hat daher vielfach von der ,„Medusenform“ der Milzbrandkolonie ge- sprochen, weil die Ausläufer um das Zentrum der Bakterienmasse ähnlich angeordnet erscheinen, wie die Schlangen um das Haupt der Medusa. Im mikroskopischen Klatschpräparat kann man sich bei starker Vergrößerung sehr schön von dem Aufbau der einzelnen Aus- läufer und Schlingen aus den charakteristischen Milzbrandstäbchen überzeugen. Vermöge eines peptonisierenden Fermentes, das man auch aus den Kulturen künstlich dargestellt hat (Fermr), bewirkt der Milzbrand- bacillus bei seinem Wachstum auf Nährgelatine eine Verflüssigung des Substrates. Auf der Gelatineplatte macht sich diese Verflüssigung deutlich, wenn auch langsam bemerkbar, so daß im Umkreise der Kolonie allmählich eine flache, mit flüssiger Gelatine gefüllte Delle entsteht und die Kolonie selbst unter das Niveau des Substrates ein- sinkt. Die verflüssigende Kraft des Milzbrandbacillus hält sich inner- halb bescheidener Grenzen und steht beispielsweise hinter der von Heu-, Proteus- oder anderen, energisch peptonisierenden Bakterien er- heblich zurück. In der Gelatinestichkultur kommt es zunächst zu einer Ent- wickelung der Bakterien längs des Impfstiches, am üppigsten in den oberen Partien, und erst nach einer Reihe von Tagen beobachtet man En EEE Milzbrand. 599 häufig ein Ausstrahlen von Fortsätzen, die sich von dem Impfstich fast rechtwinkelig in die Umgebung des 'Nährbodens erstrecken. Es ge- winnt dadurch die Stichkultur ein stacheliges, borstiges Aussehen und läßt sich in ganz typischen Fällen wohl auch mit der Gestalt eines „umgekehrten Tannenbaumes“ vergleichen. In manchen Fällen bleibt jedoch dieses charakteristische Verhalten aus und es findet einfach eine Entwickelung längs des Impfstiches statt. Die Verflüssigung schreitet von oben her langsam nach der Tiefe fort. Marzuschıra beobachtete bei einem 11/, Jahre auf 10-proz. Nährgelatine in Zimmertemperatur fortgezüchteten, sonst völlige normalen Milzbrandstamme erst nach 50 Tagen sehr spärliche Ver- flüssigung der Gelatinestichkultur. Fig. 5. Fig. 5. Milzbrand-Stichkultur in Gelatine, 4-tägig. Fig. 6. Junge, isolierte Milzbrandkolonie auf der Agarplatte. Klatsch- präparat, Färbung mit verdünntem Karbolfuchsin. Vergr. ca. 100-fach. Es sei an dieser Stelle bereits hervorgehoben, daß es auch auf der Nährgelatine in der ersten Zeit nicht zur Sporenbildung kommt, weil die gewöhnliche Zimmertemperatur hierzu nicht auszureichen pflegt. Als absolut sporenfrei sind indessen Gelatinekulturen des Milzbrand- bacillus nicht zu bezeichnen, vielmehr gelingt es meist, bei etwas längerer Beobachtungsdauer (4—5 Tage), sporentragende Stäb- chen nachzuweisen. Nur in den ersten Tagen der Züchtung, bis zur vollen Entwickelung der Kulturen, ist gewöhnlich auf Gelatinenähr- böden eine Sporenbildung nicht zu entdecken. Nähragar: Auf der Agarplatte präsentiert sich die Milzbrand- kolonie ganz “ähnlich, wie auf der Gelatineplatte und gibt hier sowohl bei makroskopischer wie mikroskopischer Betrachtung ihre lockere, nach der Peripherie hin in arabeskenförmige Ausläufer und Fortsätze sich auflösende Struktur zu erkennen. Das Klatschpräparat, das im übrigen dem der Greelatineplatte außerordentlich ähnlich ist, unter- scheidet sich von letzterem dadurch, daß man im Innern der Stäbchen beginnende und auch vollendete Sporenbildung beobachten kann, je nach dem Alter der Kolonie. Nach wenigen Tagen können sich aus 600 G. SOBERNHEIM, der Oberfläche der Kolonie Knötchen erheben, die durch Auskeimen von Sporen des primären Rasens entstehen, aus den „sekundären“ Kolonien dann tertiäre Knötchen und so fort, so daß schließlich warzenartice Kolonieformen zustande kommen (Preısz 1903). Fig. 7. Fig. 8. Fig. 7. Milzbrandkolonie (Rand- partie mit Ausläufern) von der Agarplatte. Klatschpräparat, Färbung mit verdünntem Karbolfuchsin. Vergr. ca. 100-fach. Fig.S. Milzbrandkolonie (Ausläufer), Agarplatte, Klatschpräparat, Färbung mit verdünntem Karbolfuchsin. Vergr. 500- fach. Fig. 9. Milzbrandkolonie (Ausläufer), Agarplatte, Klatschpräparat, Färbung mit verdünntem Karbolfuchsin. Vergr. 1000- fach. Fig. 9. Die Agarstichkultur zeigt mitunter ein ähnlich stacheliges Aussehen wie der Gelatinestich, bietet im allgemeinen aber keine be- sonderen Eigentümlichkeiten, und auf der Oberfläche von schräg er- starrtem Ägar entwickelt sich die Milzbrandkultur in Form eines ziemlich üppigen, grauweißlichen Rasens, der einen matten Glanz besitzt, von zäher Beschaffenheit ist und sich mit der Oese nicht leicht ablösen läßt. Bei dem Versuch, zur Abimpfung kleine Mengen zu entnehmen, muß man diese meistens mit der Platinnadel etwas gewalt- sam von der zähschleimigen und fadenziehenden Bakterienmasse los- trennen. Das Wachstum auf Glyzerinagar zeigt gegenüber dem auf ge- wöhnlichem Nähragar keinerlei Differenzen. Kartoffel: Auf der Oberfläche gekochter Kartoffelnährböden, in der Form der Kocnschen Kartoffelscheiben, der EsmarcHaschen Milzbrand. 601 Kartoffelschälchen oder der Grogısschen Kartoffelröhrchen usw., ge- deiht der Milzbrandbacillus außerordentlich üppig, in Gestalt eines weißen mattglänzenden Bakterienrasens, in dem sich schon sehr früh- zeitig ganz außerordentlich reiche Mengen von Milzbrandsporen nach- weisen lassen. Es scheint freilich, als ob die äußerst schwankende chemische Zusammensetzung dieses uns von der Natur gelieferten Nährsubstrates, im besonderen die Reaktion der Kartoffel, für deren Verwendung zu Kulturzwecken gerade bei dem Milzbrandbacillus eine sehr große Rolle spielt und Wachstum, sowie Sporenbildung in schwer- wiegendem Maße beeinflußt. Man kann gelegentlich wahrnehmen, daß die Entwickelung der Milzbrandkartoffelkulturen eine wenig üppige ist und Sporen gar nicht oder höchst unvollkommen gebildet werden. Es finden sich in derartigen Fällen glänzende, wohl als sporo- gene Körner aufzufassende Granula innerhalb der stark degenerierten, aufgequollenen und unförmigen bakteriellen Elemente. Blutserum: Auf schräg erstarrtem Rinderblutserum entwickelt sich die Milzbrandkultur als weißlich-gelber, von der Farbe des Nähr- bodens nur wenig sich abhebender Bakterienrasen, unter langsam fort- schreitender Verflüssigung des Nährsubstrates. Statt des gewöhnlichen Rinderblutserums kann mit gleichem Erfolge auch Lörrtersches Blut- serum vom Rinde, Pferde usw. Verwendung finden. Eigentümliches federkielartiges Wachstum läßt sich mitunter an Strichkulturen auf schräg erstarrtem Serum beobachten, wie zuerst EPPpInGEr (1894) angegeben hat. Aehnlich wie dies bei anderen Bakterien in Gelatine- kulturen beschrieben ist (KURTH, SERGENT, JACOBSEN U. a.), ent- wickeln sich von dem Impfstrich Seitenäste, die der Kultur ein ge- fiedertes Aussehen verleihen. Nach E1sengerG (1909) ist gelatiniertes (70—75°) Serum besser geeignet als fast erstarrtes, er ist geneigt, die Erscheinung mit ‚Jacogsen auf elastische Zugkräfte zurückzuführen und spricht von „elastikotropischem‘“ Vorgang. Milch: Infolge Bildung eines labartigen Fermentes, das die Milz- brandbacillen erzeugen (LÖFFLEeR 1887, Roger 1893), wird Milch zunächst zur Gerinnung gebracht. Später wird das ausgefällte Kasein von oben her langsam: peptonisiert. Bei Züchtung in größeren Kultur- gefäßen (Kolben), in denen der Sauerstoff der Luft mit der Milch eine breitere Berührungsfläche findet, bleibt die im Reagenzglase zu beobachtende Gerinnung aus, und es tritt statt dessen nur eine gelb- bräunliche Verfärbung ein, bedingt durch die Umwandlung des Kaseins in eine nicht fällbare Modifikation (Roger). Chemische Veränderung des Substrats. Bezüglich der chemischen Veränderung des Nährsub- strats ist hervorzuheben, daß der Milzbrandbacillus bei Züchtung in Lackmusagar (Stichkulturen) eine Entfärbung des Nährbodens bewirkt und damit reduzierende Fähigkeit bekundet (Bermrıne 1889). Bei Zusatz selenigsaurer Salze, wie Natr. selenosum, zu Agar- oder Gelatinenährböden erscheinen die Kolonien infolge Reduktion der selenigen Säure zu metallischem Selen rot gefärbt (SCHEURLEN 1900, A. Krerr 1900). Auf eine Art von Pigmentbildung, da- durch charakterisiert, daß bei andauernder Fortzüchtung der Milz- brandbacillen in Bouillon, Agar, Milch die Nährböden eine mehr oder minder ausgesprochene Braunfärbung geben, hat Axpreszw aufmerk- 602 G. SOBERNHEIM, sam gemacht. Harnstoff, dem Nährboden (Peptonwasser) zugesetzt, wird durch Milzbrandbacillen nicht angegriffen (NONNOTTE & SAar- TorY). Auf geeignetem Nährboden (10-proz. Peptonlösung) ist Bildung von Schwefelwasserstoff nachweisbar (PETRI & MaassEnN). Säurebildung auf den verschiedensten Substraten, namentlich Blut- serum, wurde durch BEHRInG (1889) konstatiert, später von anderer Seite (v. SomMArUGA u. a.) bestätigt. Durch Züchtung in Lackmus- molke läßt sich diese Säurebildung sehr schön demonstrieren und titri- metrisch genauer bestimmen; sie soll für virulenten Milzbrand — 0,1 Proz. Zehntel-Normalsäure entsprechen (PrrruscHhky 1890). Indol wird vom Milzbrandbacillus nicht gebildet (Perrı, LEwANDOWwSKI). In Blutbouillon macht sich hämolytische Wirkung bemerkbar. Auch auf der Blutagarplatte zeigt der Milzbrandbacillus fast stets ein starkes Hämolysierungsvermögen ; Kaninchen- und Hammelblut werden rascher angegriffen als Pferdeblut (v. Krocn). Daneben läßt sich H,S-Bildung nachweisen, wenn ungewaschene, also noch mit Serum- resten behaftete Blutkörperchen zur Herstellung des Blutagars be- nutzt werden; bei Zusatz gewaschener Blutkörperchen ist dies nicht der Fall (v. Krocn). Bei Kultivierung in Nutrosebouillon konnten Heyrovsky & LANDSTEINER in der durch Zentrifugieren keimfrei ge- machten Kulturflüssigkeit ein thermolabiles Hämotoxin nachweisen. Die Wirkung war indessen nur schwach-und schwankend. In gewöhn- licher Bouillon läßt sich ein Hämolysin in der Regel nicht gewinnen; die hämolytische Fähigkeit scheint hier unmittelbar an die Lebens- tätigkeit der Bakterien gebunden zu sein. In Milch soll nach den Er- mittelungen von Iwanow der Milzbrandbacillus Fette und Zucker nicht angreifen und nur aus dem Kasein flüchtige Säuren abspalten ; in jungen Kulturen konntelwanow vorwiegend Ameisensäure, daneben Essigsäure und auch Kapronsäure auffinden. Roter (1893) stellte fest, daß der Milzbrandbacillus Glykogen zerstört, und zwar sowohl innerhalb wie außerhalb des Tierkörpers, während Zucker nur im Reagenzglase, nicht aber im Tierkörper angegriffen wird. Aehnliches fand Maumovs, der zeigte, daß auf stärkehaltigen Substraten der Milzbrandbacillus die Stärke in Zucker umsetzt und diesen letzteren später allmählich verzehrt. Nach Narıas wird hierbei Milch- und Essigsäure gebildet. Auch Fermı wies ein diastatisches Ferment in Milzbrandkulturen nach. Die bereits erwähnte proteolytische Wirkung fugaten von Milzbrandkulturen durch MALFITANO & STRADA, an ab- getöteten (Toluol) Bouillonkulturen durch Lazarus näher studiert worden. Ueber die Bildung giftiger Substanzen vgl. S. 639. Varietätenbildung. Auch der Milzbrandbacillus unterliegt, wie neuere Beobachtungen gelehrt haben, bisweilen biologischen Veränderungen, die sich analog den bei anderen Bakterienarten bekannten mutationsähnlichen Vorgängen entwickeln. Zuerst von Preısz, dann von EISENBERG (1912), BAERTHLEIN, MARKOoFF (1912) u. a. ist die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung gelenkt worden. Sie ist dadurch charakterisiert, daß sich aus einer ursprünglich homogenen, von einer Einzelkolonie stammenden Kultur auf gewissen Nährböden atypische Formen ab- spalten. So gelangte MARKoFF bei der genaueren Untersuchung von Milzbrand. 603 53 Milzbrandstämmen zur Aufstellung von 5 verschiedenen Varietäten, die vor allem durch das Aussehen der Agarkolonie, dann aber auch durch das Wachstum in Bouillon, sowie in der Gelatinestichkultur und durch gewisse morphologische Besonderheiten von dem typischen Verhalten des Milzbrandbacillus und auch untereinander abwichen. Die Kolonien der Milzbrandvarietäten zeigen gewöhnlich mehr runde, glatte und regelmäßige Formen, entweder ganz ohne Fortsätze oder mit spärlichen, vorwiegend strahlenförmigen Ausläufern; dabei können die Kolonien nach Durchsichtigkeit, Farbe, trockener oder feuchter, zarter oder kompakter Beschaffenheit usw. noch weitere Differenzen aufweisen. In der Gelatine fehlt mitunter das borstenförmige Wachs- tum, Bouillon wird von manchen Varietäten diffus getrübt, statt fadenförmiger Verbände sind mikroskopisch nur isolierte Elemente erkennbar. BAERTHLEIN sah bei mutierenden Milzbrandstämmen zwei Varietäten entstehen, die durch morphologische und kulturelle Be- sonderheiten ausgezeichnet waren und deren eine in der Regel keine oder nur sehr unvollkommene Sporenbildung aufwies. Nach Eisen- BERG entstehen auf dem Wege der Auslese asporogene Varietäten (vgl. später). C. Sporenbildung und Sporenkeimung. 1. Sporenbildung. Die Sporenbildung der Milzbrandbacillen ist an die Erfüllung ganz bestimmter Bedingungen geknüpft, die mit denen der einfachen Ent- wickelung und Ernährung nicht ohne weiteres zusammenfallen. Auch ist die sporenbildende Fähigkeit verschiedener Stämme durchaus nicht immer die gleiche. Die Sporenbildung des Milzbrandes ist in erster Linie abhängig von der Anwesenheit freien Sauerstoffs, eine Tatsache, die es sofort verständlich macht, weshalb innerhalb des tierischen Orga- nismus niemals die Entstehung von Sporen möglich ist, und wir daher bei der Untersuchung von frischem Blute oder Gewebs- säften von Individuen, die an Milzbrand zugrunde gegangen sind, immer nur die vegetativen Formen des Erregers antreffen. Durch einen sehr einfachen und hübschen, von Turrö (1891) ange- gebenen Versuch läßt sich das Sauerstoffbedürfnis der sporenbildenden Bakterien gut demonstrieren. Bringt man nämlich ein mit Milzbrand- blut geimpftes Agartröpfchen auf ein Deckglas, das man in bekannter Weise auf einen hohlgeschliffenen Objektträger auflegt und mit Vase- line fixiert, so läßt sich nach 24-stündigem Aufenthalt dieses „hängen- den Agartröpfchens“ im Brutschrank die Beobachtung machen, daß lediglich in den freien, der Einwirkung des Sauerstoffs leicht zu- gänglichen Randpartien gute und üppige Sporulation erfolgt ist, wäh- rend im Inneren des Tropfens meist nur sporenfreie Milzbrandstäb- chen vorhanden sind. .... „ Man hat gelegentlich gegen diese, seit R. KocH bekannte und durch lang- jährige Beobachtungen bestätigte Tatsache Einwände zu erheben versucht und auch in ana&äroben Milzbrandkulturen Sporenbildung feststellen wollen. So hat Weıt (1899) mitgeteilt, daß es ihm gelungen sei, bei Kulturen, die auf be- sonderen Nährsubstraten, nämlich auf einem mit 25 Proz. Traubenzuckerbouillon versetzten Schafblutserum, sowie ferner auf Kartoffelscheiben, auf 5-proz. Quitten- und Eibischschleim und auf 10-pröz. Weizenauszug in Wasserstoffatmosphäre gezüchtet waren, Sporenbildung nachzuweisen. Demgegenüber gelangte A. KLETT 604 G. SOBERNHEIM, (1900) bei einer diesbezüglichen Nachprüfung zu etwas abweichenden Ergeb- nissen. Wohl aber wollte KLETT wiederum gefunden haben, daß die gewöhnliche Art der anaöroben Züchtung nur deshalb eine Sporenbildung verhindere, weil der Wasserstoff selbst kein ganz indifferentes Gas darstelle, sondern eine direkt schädigende Wirkung auf die Kulturen ausübe. Man erhalte ein durchaus anderes Resultat, sobald an Stelle des Wasserstoffes der in dieser Hinsicht völlig indifferente Stickstoff trete. In einer Stickstoffatmosphäre soll nach den Angaben von KLETT der Milzbrandbacillus tatsächlich Sporen bilden. Auch diese auf- fällige Angabe konnte indessen alsbald auf Grund sorgfältiger Nachprüfungen durch Weıtr (1901), JAcoBITZ und SLUPSKI als irrtümlich erwiesen und auf eine fehlerhafte Versuchsanordnung zurückgeführt werden. Ebensowenig gelang es KUYLENSTIERNA unter ana@roben Bedingungen Sporenbildung zu erzielen. Er erwärmte die Kulturflüssigkeit im Wasserbade auf 30—40° und evakuierte die Röhrchen mittels Quecksilber-Wasserstrahlpumpe; als Nährflüssigkeiten dienten: Peptonbouillon, Meerschweinchenblutbouillon, Traubenzuckerbouillon, Haferextrakt, Weizenkleister, Althaea-Schleim usw. In ca. 200 Proben wurden hierbei Milz- brandbacillen so gut wie niemals zur Sporenbildung gebracht. Ganz vereinzelte Ausnahmen waren durch unvermeidliche Fehlerquellen veranlaßt. Auch GÄRTNER (1903) bestätigt, daß bei Anaärobiose Sporenbildung ausbleibt. Neben dem Sauerstoff ist es die Temperatur, die, wie bereits von KocH hervorgehoben, auf den Verlauf der Sporenbildung einen entscheidenden Einfluß ausübt. Die Untersuchungen von Weır (1899) haben ergeben, daß Sporenbildung bei 370 und 31° innerhalb 16 Stunden erfolgt und beendet ist, bei 240 in 36 Stunden, bei 18° in 50 Stunden, während bei 12° der Erfolg meist ein unsicherer bleibt. SCHREIBER Will bei 12° zwar noch kümmerliches Wachstum, aber schon unter 14° niemals Sporenbildung beobachtet haben. Kırr und BAUMGARTEN behaupten sogar, daß unter 13° nur noch ganz ausnahms- weise Sporenbildung erfolge. Auch für die Sporenbildung zibt es ein gewisses Optimum der Temperatur. Von R. Koch wurde als gün- stigste Temperatur eine solche von 20—25° bezeichnet; nach Baum- GARTEN und Kırr liegt das Temperaturoptimum für Sporenbildung bei etwa 30°, nach GÜNTHER bei 28°, von anderer Seite (SCHREIBER) ist 340 als günstigste Temperatur angegeben worden, und ich selbst, möchte auf Grund vielfacher Beobachtungen diese Mitteilungen dahin bestätigen, daß in der Tat die beste Sporenausbeute erhalten zu werden pflegt, wenn man die Milzbrandkulturen nicht bei eigentlicher Brut- wärme, sondern bei etwas niedrigeren Temperaturen züchtet. Bei 32 bis 35° sind die Ergebnisse bessere als bei 37—389. Was endlich die Beschaffenheit des Nährsubstrates an- langt, so ist neben der gekochten Kartoffelscheibe vor allem ein peptonfreier Agar der Sporenbildung günstig (Buchner). Nach BEH- RING (1889) wird durch Zusatz von Kalkwasser (0,05-proz.) und Caleiumchlorid (1:200) zur Bouillon die Sporulation befördert. In Glaskörperflüssigkeit und Kammerwasser von Rindern und Kaninchen kommt es zu besonders üppiger Sporenentwickelung (Koch, BeH- RING). Eine zweckmäßige Methode zur Erzielung möglichst sporen- reichen Materials besteht nach Turrö (1891) ferner in dem Auf- gießen von Bouillonaufschwemmungen auf Agarplatten. Auch ich selbst habe bei dieser Art der Züchtung ausgezeichnete Erfahrungen gemacht und Kann sie für den angedeuteten Zweck sehr empfehlen. Auf Gips, in Form von Stäbchen oder Blöckchen, die mit Bouillon getränkt werden, findet nach FoRsTER eine ungewöhnlich rasche und üppige Sporenbildung statt. (Vgl. auch MARxER und JAcoBSTHAL & PFERSDORFF). Auf der anderen Seite pflegen weniger zweckmäßige Nährsubstrate, die an sich schon dem Wachstum der Milzbrand- Milzbrand. 605 bakterien nicht sonderlich günstig sind, die Sporenbildung zurückzu- halten und zu beeinträchtigen. Es sei in diesem Zusammenhange auf die später noch genauer zu besprechende Tatsache hingewiesen, dab im defibrinierten Blut und im flüssigen Blutserum eine Sporenbildung des Milzbrandbacillus nur schwer zu erzielen ist. Ueber die Bedeutung des Phänomens der Sporulation ist man auch für den besonderen Fall des Milzbrandes noch zu keinem ganz sicheren Urteil gelangt. Tatsache ist lediglich, daß Sporen erst dann aufzutreten pflegen, wenn die Milzbrandkultur den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreicht oder bereits überschritten hat (BEHRInG). Nach BUCHNER soll der Milzbrandbacillus sich in dem Augenblick zur Sporenbildung anschicken, wo er nach einem Stadium üppiger Entwickelung in eine Art des Hungerzu- standes versetzt wird, und es sollen daher die Sporen in den gewöhnlichen Kul- turen entstehen, sobald sich unter dem Einfluß des Wachstums eine Erschöpfung der Nährstoffe geltend macht. Daß unter dauernd ungünstigen Er- nährungsverhältnissen eine Sporulation sehr erschwert ist oder überhaupt nicht zustande zu kommen pflegt, ist sicherlich zutreffend und von den verschiedensten Seiten experimentell bestätigt worden (LEHMANN 1890, OsBoRNE). Daß andererseits auch eine ununterbrochene und dauernde Züchtung in nährstoff- reichen Kulturmedien meist nicht zur Sporenbildung führt, ist durch SCHREI- BER gleichfalls wahrscheinlich gemacht. Es ist eben nach BucHNEr der plötz- liche Uebergang von günstigen in ungünstige Lebens- und Er- nährungsbedingungen das entscheidende Moment für das Einsetzen der Sporenbildung. In Bestätigung dieser Auffassung konnte BUCHNER z. B. auch konstatieren, daß eine Uebertragung der üppig entwickelten Milzbrandbakterien aus Bouillonkulturen in physiologische Kochsalzlösung, destilliertes Wasser usw. alsbald das Auftreten reichlicher Sporen zur Folge hat. Will man sich, wie das von verschiedenen Seiten geschehen ist (SCHREIBER u. a.), der BuUCHNERschen Anschauung über die Bedingungen der Sporulation anschließen, so wird man auf der anderen Seite nicht vergessen dürfen, daß gewisse Tatsachen hiermit doch nicht ohne weiteres in Einklang stehen, zum wenigsten aber noch der Auf- klärung bedürfen. Hierzu zählt vor allen Dingen die Beobachtung, daß Milz- brandbacillen auf alten Milzbrandnährböden, z. B. auf keimfreien Filtraten älterer Milzbrandbouillonkulturen, in denen die frühere Generation bereits Sporen ge- bildet hatte, von neuem zur Entwiekelung und selbst Sporulation gebracht werden können. Wenn wir ferner annehmen dürfen, daß, wie R. KocH bei seinen ersten Beobachtungen im Humor aqueus des Rindes konstatiert zu haben glaubt und KROMPECHER späterhin in Agarkulturen bemerkt haben will, Milzbrandsporen in einem und demselben Nährmedium zunächst entstehen und später wieder zur Stäbchenform auskeimen, so kann dies der BucHxErschen Theorie kaum zur Stütze gereichen. Nach GÄRTNER stellen die Sporen sowohl eine Frucht- als eine Dauerform dar; sie bilden sich, wenn die Milzbrandbacillen gut, doch nicht übermäßig genährt sind, aber auch dann, wenn die Art gefährdet ist. Was die Art und Weise anbelangt, in der sich die Sporenbildung der Milz- brandbacillen vollzieht, so macht sich zunächst eine Trübung des ursprünglich durchsichtigen homogenen Protoplasmas der Bakterienzelle bemerkbar. Die Stäb- chen weisen eine feine Granulation auf und gewinnen ein gleichsam „gepuder- tes“ Aussehen (BUTTERSACK). Das Vorstadium der eigentlichen Sporenbildung ist dann durch das Auftreten einer größeren Anzahl von stark lichtbrechenden Körnchen im Inneren des Bakterienleibes charakterisiert, die nach den Unter- suchungen von BUNGE als echte sporogene Granula, d. h. als Anfangsformen der Sporen aufzufassen und von den sogenannten metachromatischen Granula, wie wir sie mit Hilfe der BABES-ERNSTschen Körnchenfärbung auch bei Milz- brandbacillen darstellen können, wohl zu unterscheiden sind. Ebenso haben sie wahrscheinlich mit den bei Anwendung der Romanowskyschen Färbung durch ZETTNOW in der Bakterienzelle nachgewiesenen Chromatinkörnern nichts zu tun. Die sporogenen Granula der Milzbrandbacillen, wie übrigens auch anderer sporen- bildender Arten, lassen sich im Gegensatz zu den übrigen Körnungen bei Be- handlung mit kochendem Methylenblau ohne weiteres färben und geben nach BunGE damit schon ihre Beziehungen zu den eigentlichen Sporenelementen zu erkennen. Später ist es KROMPECHER gelungen, im Innern der Milzbrand- bacillen außer den bisher bekannten. und eben erwähnten Körnchenarten noch eine weitere nachzuweisen, die sich mit Karbolmethylenblau metachromatisch intensiv hellrot färbt, den BunGeschen Granula vielleicht nahesteht, durch er- 606 G. SOBERNHEIM, hebliche Resistenz gegen Hitze ausgezeichnet ist und daher nach KROMPECHERS Ansicht gleichfalls Beziehungen zur Sporenbildung haben dürfte. Durch PRrEISZ ist der Zusammenhang weiter geklärt und über die Beziehungen der BunGE- schen Granula zu den metachromatischen Körnchen KROMPECHERs Aufschluß gebracht worden. PrEısz unterscheidet die säurefeste Substanz, die nach Behandlung der Präparate mit kochendem Karbolfuchsin und Schwefelsäure in Form roter Körnchen erscheint, und die am besten mit Karbolmethylenblau darstellbaren metachromatischen Körnchen. Die säurefesten Granula sind nach Preısz identisch mit den BunGeEschen Körperchen, haben ihre Bildungs- stelle ım axial gelegenen Plasmazentrum des Milzbrandstäbehens und stehen in inniger Beziehung zur Sporulation, in dem Sinne, daß die säurefeste Substanz als Reservestoff, keinesfalls aber förmlich, zum Aufbau der Spore verwendet wird. Sie besteht wahrscheinlich aus einem fettartigen Körper. Die säurefesten Körper- chen weisen jedoch fast niemals einheitliche Beschaffenheit auf, sondern enthalten eingelagert die metachromatische Substanz (KROMPECHERS Körnchen). Während man früher annahm, daß durch einfache Verschmelzung der sporogenen Körner schließlich die fertige Spore entstände, haben die eingehenden Untersuchungen von NAXKANISsHI und Ascorı (1901) zu einem etwas abweichenden Ergebnis geführt. Es gewinnt hiernach den Anschein, als ob die sporogenen Körner durch eine Vereinigung und Verschmelzung nicht nur untereinander, sondern auch gleichzeitig mit gewissen Bestandteilen der kernhaltigen Substanz der Bakterien- zelle zur Entstehung der fertigen Sporen führen. Ja, AscoLı vertritt sogar die Anschauung, daß die verschiedenen als sporogene Körner beschriebenen Granulationen gleichsam als Degenerations- und Alters- erscheinungen des zur Sporulation schreitenden Milzbrandbacillus auf- zufassen seien, die unabhängig von den wahren Sporen existierten und mit den letzteren überhaupt in keinem direkten Zusammenhange ständen. Auch Preısz bestreitet, daß die Sporen einfach aus dem Heranwachsen oder Zusammenfließen präformierter Körnchen hervor- gehen. Nach seinen Beobachtungen vollzieht sich die Sporenbildung so, daß vornehmlich die Rindenschicht des Plasmas und ein chroma- tisches Körnchen (Zellkern) daran beteiligt sind, und zwar stets an einem Pol der Zelle. Hier gewinnt zunächst die Rindenschicht an Färbbarkeit, bildet gegen den übrigen Teil der Zelle eine Scheidewand und schließt einen Zellkern ein. Damit ist die Sporenanlage ge- geben. Durch Vergrößerung, Abnahme der Färbbarkeit, Verlust des Kerns und Ablösung von der Mutterzelle charakterisiert sich die Umwandlung dieser Anlage zur Vorspore. Aus dem zentralen Teil der Vorspore wird der Körper der fertigen Spore, aus dem peri- pherischen Teil die Sporenhülle. Durch mikrochemische Studien ist Ruzıcka zu der Anschauung gelangt, daß es sich bei der Sporenbildung um eine Umwandlung des Chromatins in eine chemisch verschiedene, körnchenförmig auftretende Substanz handelt; die Sporenbildung soll gewissermaßen das Wachs- tum des Chromatins regulieren und ein Uebermaß an Chromatin ver- hindern. Die unter gewissen Bedingungen, namentlich bei Züchtung auf Glyzerinagar, in Milzbrandkulturen auftretenden „sporoiden Kugeln“ sind trotz großer Aehnlichkeit mit echten Sporen von diesen letzteren nach Ruzıcka doch sicher durch ihr verschiedenes färberisches Verhalten zu unterscheiden. Ueber die Bedeutung anderer, mehrfach beschriebener Körnungen, die bei dem Studium der feineren Struktur der Milzbrandbacillen auf- gedeckt wurden, sowie über den Zusammenhang dieser Gebilde mit den bisher besprochenen Granulaformen und mit der Sporulation über- Milzbrand. 607 haupt läßt sich ein bestimmtes Urteil kaum abgeben. DIETRICH & LIEBERMEISTER beobachteten im Innern der Stäbchen glänzende Körn- chen, die sie nach gewissen chemischen Reaktionen anfänglich als Sauerstoffüberträger deuteten ; OrroLenGHr (1904) konnte durch vitale Färbung mit Neutralrot gewisse Teile des Milzbrandbacillus in Form von Körnchen, sowie unregelmäßig gestalteten Schollen, Blöckchen und Fäden differenzieren; nach A. MEYER, GRIMME, EISENBERG (1909) u. a. handelt es sich bei den erwähnten Körnchen wahrscheinlich um Fetttröpfchen, eine Ansicht, der sich auch Dierrıcn später im wesentlichen anschloß. Das Vorkommen von Fett war schon früher von Sara angegeben. Mit Hilfe der Silberimprägnierung lassen sich ebenfalls Körnchen nachweisen (YAMAMOTO). Jeder Bacillus bildet stets nur eine Spore, die in der Mitte des Stäbchens ihren Platz hat. Dadurch, daß der Rest der Bakterienzelle allmählich und ungleichmäßig zugrunde geht, kann es unter Um- ständen den Anschein erwecken, als rücke die Spore mehr an das eine oder andere Ende, doch beruht dies auf Täuschung. Die Milzbrandsporen stellen hellglänzende Gebilde dar, die sich für das geübte Auge durch ihre Form von sehr vielen anderen ähn- lichen Bakteriensporen unterscheiden lassen. Sie sind von eiförmiger Gestalt und nähern sich der Kugelform mehr als dies bei vielen anderen, meist länglicher gearteten Sporen der Fall ist. Sie besitzen eine sehr derbe Membran, nach den Untersuchungen von NAKANISHI sogar wahrscheinlich eine doppelte Sporenhaut. Die innere, stark ent- wickelte Sporenhülle (Endosporium) soll dabei nur an den Polen von der äußeren zarten Hülle (Ectosporium) abstehen und so einen halb- mondförmigen Zwischenraum entstehen lassen. ILkEwiıcz gibt an, daß es ihm gelungen sei, mit Hilfe einer besonderen Osmiumbehandlung (Modifikation einer von Korossow, Zeitschr. f. wissenschaftl. Mikr., Bd. 9, 1892, angegebenen Methode) in den Sporen je ein bis zwei schwarze Körnchen zur Darstellung zu bringen, die er als Sporenkerne auffassen möchte. Ihrer chemischen Zusammensetzung nach sollen die Sporen mehr Fettsubstanzen und mehr stickstoffhaltige Körper ent- halten als die Milzbrandfäden, und zwar die Sporen ca. 77,75 Proz. Eiweiß, die Fäden nur 42,5 Proz. Eiweiß (Dyrmonr). Die Färbung der Sporen kann mit Hilfe der hierfür gebräuchlichen Methoden vorgenommen werden. Man behandelt die Präparate mit Anilinwasser- fuchsin oder Karbolfuchsin, unter starkem Erwärmen, 2—3 Minuten, entfärbt in Alkohol und benutzt zur Gegenfärbung Methylenblau. Indessen bereitet die An- wendung dieser Methode gerade bei der Darstellung der Milzbrandsporen nicht selten gewisse Schwierigkeiten, so daß man sich oft vergebens bemüht. Novy rät daher, nach der Fuchsinfärbung und Entfärbung in Alkohol zunächst in Wasser mikroskopisch den Erfolg zu prüfen und bei ungenügendem Resultat nochmals den Farbstoff einwirken zu lassen. Canon modifizierte die Methode derart, daß er das auf Objektträgern ausgestrichene und fixierte Material ganz ähnlich wie bei der Tuberkelbacillenfärbung behandelt: 4- bis 5maliges Aufbringen frischer Karbolfuchsinlösung und Aufkochen, Gegenfärbung mit 25-proz. Schwefelsäure- Methylenblaulösung (1—2 Minuten). Auch die übrigen Methoden der Sporenfärbung sind mehr oder minder brauchbar (s. Bd. I, S. 346). Nach MÖLLER färbt man Milzbrandsporen in folgender Weise. Das luft- trockene Präparat wird in der Flamme oder 2 Minuten in absolutem Alkohol fixiert und dann zur Entziehung des Fettes in Chloroform gebracht. Hierauf erfolgt Abspülen mit Wasser und Behandlung mit 5-proz. Chromsäure, 2 Minuten, dann wieder gründliches Abspülen. Zur Färbung des so behandelten Präparates . dient Karbolfuchsin, das ca. 1 Minute unter Erwärmen und einmaligem Auf- kochen einwirken muß. Entfärbung in 5-proz. Schwefelsäure, Abspülen, Gegen- 608 G. SOBERNHEIM, färbung mit Methylenblau oder Malachitgrün. ForH (1892) findet die MÖLLER- sche Methode einfach und zuverlässig, Konnte anstatt der Chromsäure Wasser- stoffsuperoxyd (2,7 Proz.) mit Vorteil benutzen. Gut scheint sich zur Färbung der Milzbrandsporen das Verfahren von AuJESZKY (1895) zu eignen. Das lufttrockene (nicht fixierte) Präparat wird mit der bestrichenen Seite auf eine im Porzellanschälchen zum Kochen erhitzte !/,-proz. Salzsäure aufgelegt und so 3—4 Minuten belassen. Dann folgt Ab- spülen mit Wasser, Trocknen, Fixieren, Färbung mit ZıeHuscher Lösung oder Anilinwasserfuchsin, unter wiederholtem Erwärmen, bis dreimal Dämpfe auf- steigen. Man läßt dann 1—2 Minuten abkühlen und entfärbt mit 4—5-proz. Schwefelsäure. Gegenfärbung mit Methylenblau oder Malachitgrün, 1—2 Minuten. WALDMANN empfiehlt Behandeln des Präparates (Objektträgerausstrich ) mit 0,2-proz. wässeriger Methylenblaulösung, die mit Kalilauge (0,01 Proz.) ver- setzt wird, unter Aufkochen, 1—2 Minuten. Hierauf Abspülen mit Wasser und Gegenfärbung mit verdünntem Karbolfuchsin. Als eine ganz ausgezeichnete und empfehlenswerte Methode, die bei der Färbung der Milzbrandsporen eigentlich niemals im Stiche läßt und fast aus- nahmslos günstige Resultate liefert, ist das A. Kreıinsche Verfahren zu nennen. Man stellt sich hierbei eine Aufschwemmung des sporenhaltigen Materials in physiologischer Kochsalz- lösung her und mischt diese, etwa 1—2 cem, im Uhr- schälchen mit dem gleichen (Juantum einer filtrierten ZiEHLschen Karbolfuchsin- lösung. Die Mischung wird nun erwärmt, bis Dämpfe aufsteigen, ca. 6 Minuten, worauf man mit der Platin- öse ein kleines Tröpfehen der Flüssigkeit entnimmt und auf dem Deckglase aus- breitet. Man läßt das Prä- parat lufttrocken werden und - fixiert zweimal in der Flamme. Entfärbung in 1-proz. Schwefelsäure, wenige Sekunden (1—2), Abspülen in Wasser, Nach- färbung mit verdünnter Methylenblaulösung, ohne Erwärmen, 3—4 Minuten. Als eine zweckmäßige, wenn Fig. 10. Milzbrandbaeillen (Agar) mit Sporen. auch nur eringfügige Sporenfärbung nach A. KLEIN. Vergr. 600-fach. Modifikation des KLEIN- schen Verfahrens sei er- wähnt, daß man die Mischung von Sporenaufschwemmung und Fuchsinlösung im Reagenzglase herstellen und einfach über der Gasflamme erwärmen kann. Die Sporenfärbung vollzieht sich hierbei gewöhnlich noch etwas rascher und intensiver, ohne daß im übrigen Form und Färbbarkeit der Bakterienfäden ge- schädigt würden (Fig. 10). 2. Sporenkeimung. Werden Milzbrandsporen in geeignete Nährsubstrate übertragen und unter günstigen Entwickelungsbedingungen gehalten, so keimen sıe allmählich wieder zu Stäbchen aus. Nach R. Koch wächst dabei die Sporenhülle zu einem langgezorenen, eiförmigen oder walzen- förmigen Körper aus, während die an den einen Pol rückende Spore selbst allmählich mehr und mehr an Glanz verliert, schließlich zer- fällt und verschwindet. pE Bary beschreibt den Vorgang so, daß die Spore an Glanz einbüßen und größer werden solle, bis allmählich Milzbrand. 609 die Sporenhaut einfach verquillt. Weitere Untersuchungen von PrAazmowsky zeigten indessen, daß diese Beobachtungen sich lediglich auf das Anfangsstadium der Sporenkeimung erstrecken, diese letztere selbst aber noch nicht in der richtigen Weise erklären. PRAzmowsKY stellte fest, daß nach einigen Stunden aus der vergrößerten Spore durch ein polares Loch der Bacillus heraustritt und die Sporenhaut abwirft, eine Beobachtung, wie sie durch die späteren eingehen- den Untersuchungen von GRETHE im wesentlichen bestätigt werden konnte. GrRETHE fand, daß bei 35—370 in etwa 3/„—11/, Stunden die Auskeimung der Milzbrandsporen sich vollzieht. Dabei nehmen die Sporen unter Verlust ihres Glanzes zunächst völlige Kugelgestalt an, um sich alsdann wieder in der Längsrichtung zu strecken und in diesem Stadium eine große Aehnlichkeit mit jungen Milzbrandstäbchen an den Tag zu legen. Nur pflegen die Enden etwas mehr abgerundet zu erscheinen. Dann schlüpft der Bacillus an dem einen Ende in der Längsachse heraus und streift die Sporenhülle ab, die nun direkt hinter dem Bacillus liegt. Preısz (1904), der den Vorgang mittels vitaler Färbung verfolgte, gelangte zu ähnlichen Beobachtungen. Na- KANISHT will neben dieser „polaren“ auch in selteneren Fällen eine „äquatoriale‘‘ Auskeimung der Milzbrandsporen beobachtet haben. Ver- suche von Weıtn (1901) haben zu dem bemerkenswerten Ergebnis ge- führt, daß bei der Uebertragung in geeignetes Nährmaterial und Ge- währung günstiger Entwickelungsbedingungen innerhalb bestimmter, mit der Temperatur wechselnder Zeit doch immer nur ein Teil der ausgesäten Sporen zur Auskeimung schreitet. Dieser Prozeß beginnt nach Weırs Ermittelungen bei 37 und 30° in der Regel nach etwa 8 Stunden, bei 24° nach 16 Stunden, bei 18° nach 70 Stunden, bei 12° unregelmäßig, kann aber bei 7°, ja mitunter anscheinend sogar bei 0° noch erfolgen. 3. Asporogene Stämme. Durch LEHMANN (1887) wurde zuerst darauf aufmerksam gemacht, daß gewisse Milzbrandstämme auch unter sonst ausreichenden Be- dingungen niemals Sporen bilden. Er konstatierte diese Tatsache für eine Reihe von Kulturen, die sämtlich Abkömmlinge einer seit Jahren im Laboratorium in Gelatine fortgezüchteten Milzbrandkultur waren und auf Kartoffeln im Inneren der Fäden nur glänzende Körnchen, niemals aber echte Sporen zustandekommen ließen. Eine Umwandlung dieser zufällig gewonnenen asporogenen Rasse in die typische, sporen- bildende Art gelang nicht. Eine Verminderung der Virulenz war nicht nachzuweisen. BEHRING (1889) suchte dann diese Frage weiter zu klären und auf experi- mentellem Wege asporogene Milzbrandstämme zu erzeugen. Das Verfahren, dessen sich BEHRING für seine Zwecke bediente, bestand in der Züchtung der Kulturen in Gelatine, die mit geringen Mengen verschiedener antibakterieller Substanzen versetzt war (Salzsäure, Natronlauge, Rosolsäure, Lackmustinktur, Safranin, Malachitgrün usw.). Nach 2 Monaten konnten in Salzsäuregelatine (1-proz. Normalsäure), bzw. in Rosolsäuregelatine (Zusatz bis zu starker Rot- färbung) zwei asporogene Stämme gewonnen werden. Obwohl im allgemeinen von den gewöhnlichen typischen Milzbrandkulturen kaum unterschieden, zeigten die so erhaltenen asporogenen Rassen doch auf Agar rasch Degenerationsformen und starben in der Regel nach wenigen Wochen (3—4) ab. v. BEHRING ist daher geneigt, in der: Asporogenität der Milzbrandkulturen das Zeichen eines degenerativen Prozesses zu erblicken, aber, wie er ausdrücklich betont, ohne Aenderung der Morphologie und der Infektiosität. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 39 610 G. SOBERNHEIM, Roux (1890) bediente sich zur Erzeugung asporogener Milzbrandstämme eines etwas anderen Verfahrens. Die ursprünglich von ihm und CHAMBERLAND bei ihren Abschwächungsversuchen empfohlene Methode, die in der Züchtung der Kulturen in einer mit Kaliumbichromat (1:2000) versetzten Nährbouillon be- stand, wurde später in folgender Weise verbessert. Eine Anzahl von Bouillon- röhrchen wird mit Phenollösung versetzt, im Verhältnis von 2:10000 bis 20:10000, und nun mit Milzbrand geimpft. In der Phenolbouillon von der Kon- zentration 2:10000 bis 6:10000 findet gewöhnlich noch Sporenbildung statt, während in den Röhrchen mit stärkster Konzentration (20:10000) Wachstum überhaupt ausbleibt. In den dazwischen gelegenen Phenolverdünnungen, die ein Wachstum noch gestatten, kommt es in der Regel nicht zur Entstehung von Sporen. Kulturen, die in der eben beschriebenen Weise nach 8—10-tägigem Wachstum gewonnen werden, sollen nach Roux dauernd die Fähigkeit der Sporenbildung eingebüßt haben und sich damit als echte asporogene Rassen dar- stellen. Die Virulenz dieser Stämme ist unverändert. Nur wenn eine längere Züchtung als 8S—10 Tage in der Phenolbouillon stattgefunden hat, macht sich auch eine Abnahme der pathogenen Wirksamkeit bemerkbar. Auf dem Wege der Tierpassage bei Tauben und Kaninchen kann eine Steigerung der Virulenz, aber keine Rückkehr der Sporulation erzielt werden. Noch über eine Reihe anderer Methoden zur Gewinnung asporogener Stämme wird berichtet, die sich ebenfalls dahin charakterisieren lassen, daß man bei der Züchtung der Kulturen gewisse entwickelungsschädigende Einflüsse zur Geltung bringt. So fand BoRMANs, daß Kultivierung der Bakterien in Schaf-, Kalb- und Pferdeserum für den angedeuteten Zweck mit Erfolg benutzt werden kann, wenn man regelmäßige Uebertragungen in kurzen Zwischenräumen von Serum zu Serum ausführt. PHISALIX (1892 und 1893), sowie SURMONT & ARNOULD konnten sporenbildende Kulturen durch längere Züchtung bei 42° in eine asporogene Varietät umbilden. Indessen zeigte der so gewonnene asporogene Milzbrand Neigung zur Rückkehr der Sporulation, namentlich, wie PHISALIX feststellte, bei Züchtung in Bouillon mit Zusatz von frischem Meerschweinchen- blut. Vor allen Dingen aber machen die letztgenannten Forscher darauf aufmerk- sam, daß gleichzeitig mit der Asporogenität sich auch mehr oder minder ausge- sprochene Abnahme der Virulenz einzustellen pflegte, insofern als die Kulturen für Meerschweinchen und Mäuse nur noch unvollkommene Pathogenität besaßen. Auch ergibt sich aus den Angaben von PHISALIX ohne Zweifel, daß seine asporo- genen Milzbrandstämme Zeichen weitgehender Degeneration und alle diejenigen Veränderungen aufwiesen, wie wir sie gerade als ein charakteristisches, wenn auch nicht konstantes Zeichen abgeschwächter Kulturen, in Form von Bildung längerer Fäden, Aufquellung der Hüllen, Zerfall, schlechter Färbbarkeit usw. noch kennen lernen werden. In gleichem Sinne spricht wohl die Angabe Momonts, daß asporogene Milzbrandkulturen weniger widerstandsfähig sind (gegen Aus- troeknung), als die gewöhnlichen Stämme. Ebenso fand PFERSDORFF den nach der Rouxschen Methode gewonnenen asporogenen Milzbrand degeneriert und abgeschwächt. Die Frage ist dann neuer- dings nochmals eingehend von BAUDET geprüft worden, mit dem Ergebnis, daß bei der Untersuchung von 18 Milzbrandstämmen und bei Anwendung der ver- schiedenen Methoden überhaupt nur in 4 Fällen asporogene Kulturen erhalten wurden. Durch Züchtung in karbolisierter Bouillon (Roux) gelang es, 2 viru- lente Milzbrandstämme und 1 Kultur des II. Vaccin asporogen zu machen, durch Zusatz von Diaphtherin (Oxychinaseptol) nur 1 Kultur des II. Vacein. Die erhaltenen asporogenen Stämme bewahrten diese Eigenschaft bei weiterer Züchtung und trotz mehrfacher Tierpassagen, waren aber nur noch für Mäuse pathogen. Ich kann aus eigener Erfahrung hinzufügen, daß die von mir selbst hergestellten oder aus anderen Laboratorien bezogenen asporogenen Milzbrand- kulturen niemals volle Virulenz zeigten. Es kann kaum ‚wunderbar erscheinen, wenn die degenerativen Ver- änderungen der Bakterien, wie sie sich unter dem Einfluß schädigender Mittel in den Kulturen vollziehen und schließlich in dem Verluste der sporenbildenden Kraft zum Ausdruck gelangen, auch die tier- pathogene Wirksamkeit in Mitleidenschaft ziehen. Höch- stens das Gegenteil müßte uns überraschen, und, wenn man z. B. nach v. Benring in dem Ausbleiben der Sporenbildung lediglich „eine par- tielle Schädigung der physiologischen bzw. morphologischen Eigen- IE rn u ABER TER ERBE LLORET NE un Milzbrand. 611 schaften des Milzbrandes“ erblicken und also annehmen wollte, dab unbeschadet der Virulenz einer Kultur die Sporenbildung dauernd unterdrückt werden kann, und wenn LEHMANN, sowie Roux über ganz analoge Beobachtungen berichten, so stehen dem die wider- sprechenden Angaben aller anderen Autoren entgegen. Jedenfalls dürfte wohl die Frage, ob es tatsächlich echte asporogene Milz- brandrassen gibt, sei es unter natürlichen Verhältnissen entstanden oder aber künstlich erzeugt, die über volle Pathogenität verfügen, genau so wie die sporenbildenden Arten, nach den jetzt vor- liegenden Erfahrungen zum mindesten zweifelhaft sein. Auf einen wichtigen Punkt sei hierbei die Aufmerksamkeit ge- lenkt. Schon Surmont & ArnovLp, Heım (1894) u. a. betonen mit Nachdruck die großen Schwierigkeiten, die sich ihnen bei der Ge- winnung der asporogenen Stämme mit Hilfe der verschiedenen Me- thoden ergeben haben, eine Aeußerung, der Verf. auf Grund eigener Beobachtungen durchaus beipflichten muß. Nur die Rouxsche Me- thode soll nach Surmont & ARNOoULD einigermaßen zuverlässige Re- sultate liefern, was freilich nach Bauper auch nicht ganz zutrifft. Es kommt aber, wie jeder Bakteriologe gewiß oft genug schon erfahren hat, gar nicht selten vor, daß Milzbrandkulturen plötzlich hinsicht- lich der Sporenbildung versagen, ohne daß eine Ursache hierfür irgend- wie nachgewiesen werden könnte. So bemüht man sich unter Um- ständen tagelang vergeblich, Sporenbildung zu erzielen, bis plötzlich wieder, aus ebenso unbekannten Ursachen, höchstens vielleicht bei Benutzung eines neuen, im übrigen aber in genau der gleichen Weise hergestellten Nährbodens Sporen in der gewünschten Weise gebildet werden. Durch diese Erscheinung des vorübergehenden unaufgeklärten Ausbleibens der Sporulation bei gewöhnlichen sporenbildenden Milz- brandstämmen kann eine asporogene Varietät vorgetäuscht werden, die dann natürlich auch über volle Virulenz verfügt. Es ist das Verdienst von EISENBERG, hier neuerdings wertvolle Auf- schlüsse gebracht zu haben. Durch exakte, systematische Unter- suchungen konnte EIsEnBERG (1912) feststellen, daß in Laboratoriums- stämmen des Milzbrandbacillus zwei Rassen von verschiedener „bio- logischer Dignität“ oft nebeneinander vorkommen, eine sporogene und eine asporogene, die ihre Eigenschaften in weiteren Generationen konstant erhalten. Aehnliche Wahrnehmungen hatte schon PRreısz gemacht. Daneben sollen einheitliche Stämme, die nur einen asporo- genen oder sporogenen Typus enthalten, sehr selten sein. Durch Erhitzen auf 70—90° läßt sich nach EIsEnBere aus den Milzbrand- mischkulturen eine Auslese der sporogenen, durch häufiges Ueber- impfen junger Kulturen eine Auslese der asporogenen Rasse durchführen. Eine Umwandlung der reinen sporogenen Rasse, in die asporogene Varietät konnte Eisengere aber fernerhin durch Züchtung der Bakterien auf Glyzerinagar, weniger sicher auf Trauben- zuckeragar, nach 5—20maliger Passage erzielen. Die Bedeutung dieser Feststellungen dürfte darin liegen, daß sie einmal das Vor- kommen und die Entstehung asporogener Milzbrandrassen unter natür- lichen Verhältnissen bestätigen, dann aber auch die Bedingungen, unter denen dies der Fall, dem Verständnis näher führen. Aehnliche Beobachtungen anderer Autoren, wie namentlich Preısz, SELTER, BAERTHLEIN erfahren hierdurch eine weitere Aufklärung und Er- gänzung. Das Wesentliche ist eben, um dies nochmals zu betonen, 39* 612 G. SOBERNHEIM, [4] daß asporogene Milzbrandstämme auf natürlichem Wege aus sporogenen Rassen hervorgehen können, und zwar offenbar unter dem Einfluß gewisser unbekannter und unbeabsichtigter geringfügiger Schädigungen, die der Nährboden ausübt und die in Glyzerin- und Traubenzuckeragar sich besonders rasch geltend machen; aus Misch- kulturen kann unter Umständen auf dem Wege der Auslese eine reine asporogene Rasse entstehen. Der asporogene Charakter der Kulturen bleibt nach EIsENBERG selbst nach vielfachen Tierpassagen (8—11, bei Meerschweinchen) konstant erhalten. Gleichzeitig wird aber von EisEnBERG betont, daß viele asporogene Kulturen nur mangelhafte Virulenz besitzen, was Verf. für einige, ihm freundlichst über- lassene Stämme bestätigen kann. Von Interesse ist bei diesem Stande unserer Kenntnisse auch eine neuere Mitteilung M. MÜLLERs, der aus einer an Milzbrand eingegangenen Kuh direkt einen asporogenen Milzbrandstamm gewann; die Virulenz des Stammes für Versuchstiere sing allmählich völlig verloren. D. Resistenz der Milzbrandbacillen und Milzbrandsporen gegenüber schädigenden Einflüssen. Während Milzbrandkeime in Stäbchenform nur einen wenig höheren Resistenzgrad zeigen, als er auch manchen anderen sporen- freien Bakterienarten eigen ist, sind Milzbrandsporen durch hohe Widerstandsfähigkeit ausgezeichnet. Man hielt sie in früheren Zeiten für die dauerhaftesten Bakterienformen. Heute wissen wir, daß dies nicht zutreffend ist, daß vielmehr von gewissen saprophytischen Arten aus der Gruppe der Kartoffelbacillen noch weit resistentere Sporen ge- bildet werden können. Immerhin stellen unter den pathogenen Keimen die Milzbrandsporen die widerstandsfähigsten Gebilde dar und haben daher seit jeher gewissermaßen als das vorgeschriebene Testobjekt für alle Desinfektionsprüfungen gedient. Sie werden entweder in Form von Emulsionen oder aber zweckmäßiger an Seidenfäden an- getrocknet der Einwirkung des Desinfektionsmittels ausgesetzt. Die Sporen sind in dieser letzteren Form außerordentlich haltbar und können noch nach 10—12 Jahren (Areıto & Draco) und selbst 17 Jahren (Busson) lebensfähig und virulent befunden werden. In alten Gelatinekulturen fand Sz£kery Milzbrandsporen sogar noch nach 181/, Jahren lebensfähig. Herstellung der Milzbrandsporenfäden: Man benutzt als Ausgangsmaterial am besten eine Kartoffel- oder auch Agarkultur, auf der üppige Sporenbildung eingetreten ist. Hiervon wird eine dichte, milchig trübe Aufschwemmung: in steri- lisiertem Wasser bereitet und diese nunmehr mit einer größeren Anzahl von sterilisierten Seidenfäden (1—2 cm lang) beschickt. Nachdem die Fäden Ge- legenheit gehabt haben, sich gründlich mit der Flüssigkeit zu imprägnieren (etwa 10—15 Minuten), werden sie auf steriler Unterlage, wozu sich der Boden einer sterilisierten Petrischale gut eignet, zum Trocknen ausgebreitet. Es ist dabei darauf zu achten, daß die Fäden wohl getrennt voneinander zu liegen kommen und möglichst rasch getrocknet werden, um ein nachträgliches Auskeimen der Sporen unter allen Umständen zu verhüten. Die Trocknung erfolgt am zweck- mäßigsten im Exsikkator oder im Brutschrank, unter leichter Öeffnung des Deckels der Petrischale. Die Widerstandsfähigkeit der Milzbrandsporen unter- liegt sehr erheblichen Schwankungen. Es ist das Verdienst von v. EsmarcH (1888), wohl zuerst auf die Bedeutung der Herkunft der Sporen und auf die diesbezüglichen Differenzen verschiedener Milz- Milzbrand. 613 brandrassen die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben. So erklärt es sich, wenn beispielsweise die Angaben über die bakterizide Wirkung der Karbolsäure auf Milzbrandsporen so außerordentlich divergieren. R. Kock (1881) fand Milzbrandsporen in 5-proz. Karbolsäure nach 2 Tagen abgetötet, GuUTTMAanN dagegen nach 37 Tagen, C. FRAENKEL (1889) sogar nach 40 Tagen noch lebend, v. EsmarcH selbst einige Proben nach 4 Tagen abgetötet, andere wiederum, von einem anderen Milzbrandstamme gewonnen, nach 40 Tagen noch entwickelungsfähig. Auch der Dampfdesinfektion widerstanden nach v. EsmarcHs ET- mittelungen die einzelnen Sporenproben, je nach ihrer Abstammung, verschieden lange Zeiten, die zwischen 3 und 12 Minuten schwankten. Daß ferner bei einem und demselben Sporenmaterial, d. h. Abkömm- lingen des gleichen Stammes, die einzelnen Sporenindividuen sich durch ihre Widerstandsfähigkeit recht erheblich unterscheiden können, ist von mehreren Seiten hervorgehoben worden (GEPPERT 1891, Krö- nıG & Paurt). Das Alter der Sporen, im besonderen der an Seiden- fäden zur Antrocknung gebrachten, spielt insofern eine Rolle, als sich zunächst innerhalb der ersten Zeit (ca. 24 Stunden) eine ausge- sprochene Resistenzsteigerung bemerkbar macht (C. FRAENKEL, Krö- nıG & PauL, OtsuKI). Den so einmal erlangten Resistenzgrad scheinen die Sporen dann allerdings gleichsam als Rasseneigentümlichkeit zu bewahren, eine zuerst von Ü. FRAENKEL festgestellte Tatsache, die durch die Untersuchungen von Otsukı erneute Bestätigung erfahren hat. Die hiermit in einem gewissen Widerspruch stehende Angabe von Krönıs & Paur, daß sich bei den angetrockneten Milzbrandsporen nach anfänglicher Resistenzzunahme bis zu einem gewissen Maximum eine spätere kontinuierliche Abnahme der Widerstandsfähigkeit be- merkbar mache, konnte durch Ortsuxı bei Aufbewahrung der Proben bis zu 120 Tagen nicht bestätigt werden. Uebrigens erwähnen Keö- nIG & Paur selbst, dab die Resistenz der Milzbrandsporen im Eis- schrank (ca. 7°) nahezu konstant erhalten bleibt. Orsukı vermochte aber ferner, gestützt auf umfangreiche experimentelle Prüfungen, den Nachweis zu erbringen, dab die Beschaffenheit der Objekte, an denen die Milzbrandsporen angetrocknet sind, deren Widerstands- fähigkeit in nicht unbeträchtlichem Maße beeinflußt. So sind die an porenreichen Substanzen (Seide, Wolle, Filtrierpapier, Baumwolle usw.) haftenden Sporen weniger leicht der Vernichtung zugänglich als das an glatten Gegenständen (Glasperlen, Granaten usw.) angetrocknete Ma- terial. Die ältere Feststellung GEPPErRTs, daß Milzbrandsporenemul- sionen sich in der Regel gegenüber Desinfizientien weit resistenter ver- halten als Sporenseidenfäden, sei in diesem Zusammenhange gleich- falls erwähnt. Aehnliche Resultate erhielt auch Zırorra. Von mancher Seite hat man der Temperatur, bei der die Sporenbildung erfolgte, eine gewisse Bedeutung für die Resistenz der entstandenen Sporen beimessen wollen, doch lassen die bisher vor- liegenden, einander stark widersprechenden Angaben ein klares Urteil nicht zu. So will z. B. FRAnKkLanD konstatiert haben, daß die bei 18—20° gebildeten Sporen widerstandsfähiger seien als die bei 35 bis 38° erhaltenen, während Weır (1899) gerade umgekehrt die von einer Temperatur von 370 stammenden Sporen widerstandsfähiger fand als die von 31°, 24% oder 18°, und Orsuxı Unterschiede über- haupt nicht feststellen konnte. Daß endlich auch Art und Zusammen- setzung des Nährsubstrates nicht nur für die Widerstandsfähig- 614 G. SOBERNHEIM, keit der vegetativen Formen, sondern auch für die der Milzbrand- sporen in Betracht zu ziehen ist, wurde bereits durch v. EsmAarcH hervorgehoben. Wenn wir hiernach die einzelnen Mittel und Methoden kurz ins Auge fassen, so werden wir dieser Verhältnisse eingedenk sein müssen und die für die Widerstandsfähigkeit der Milzbrandbacillen und Milz- brandsporen gemachten Feststellungen — wenigstens soweit physi- kalische und chemische Schädigungen in Betracht kommen — einfach als Durchschnittswerte, etwa für Keime von mittlerer Resistenz, an- sehen dürfen. 1. Physikalische Schädigungen. Milzbrandbacillen werden durch Erhitzen auf 55° nach Roux & ÜHAMBERLAND (1888) erst nach 40 Minuten abgetötet, durch Erhitzen auf 50 bis 55° in frischem Milzbrandblut nach einer Stunde (MomonT). Im getrock- neten Milzbrandblut erfolgt Abtötung bei Erhitzen auf ca. 100° sogar erst nach 2 Stunden (MomonT). Sporenfreie Bouillonkulturen gehen nach Erwärmen auf 65° in 5!/s Minuten, bei 75° in 3 Minuten, bei 80° in einer Minute zugrunde (Weir, 1399). Nach EISENBERG (1908) besitzen die verschiedenen Individuen einer und derselben Kultur keine ganz gleichmäßige Thermoresistenz. Milzbrandsporen sterben bei Einwirkung heißer Luft von 140° erst nach 3 Stunden ab (R. KocH & WOLFFHÜGEL). Wasserdampf von 95° tötet Milz- brandsporen innerhalb 10 Minuten (KocH, GAFFKY & LÖFFLER, 1881), im strömenden Wasserdampf von 100° gehen sie gewöhnlich nach 1—3 Minuten zugrunde; eine längere Resistenz ist selten. Formaldehyd-Wasserdampf im par- tiellen Vakuum wirkt bei ca. 60° nach etwa !/, Stunde abtötend. In siedendem Wasser fand GEPPERT (1890) Milzbrandsporen nach 5 Minuten noch ent- wickelungsfähig. Auf der anderen Seite scheint nach einzelnen Beobachtungen auch eine stark erniedrigte Temperatur auf Milzbrandkulturen einen nachteiligen Einfluß auszuüben. WEır (1899) will festgestellt haben, daß von 6—8° abwärts nach gewisser Zeit Entwickelungsfähigkeit und Virulenz der Milzbrandkulturen leiden. KLEPZOFF sah bei einer durchschnittlichen Kälte (Rußland) von — 24° Milzbrandbacillen nach 12 Tagen, bei — 10,6% nach 24 Tagen zugrunde gehen. PıctErT & JounG konnten durch Temperaturen von —130° Milzbrandbaeillen in wenigen Stunden abtöten, während andererseits bei starker Kälteeinwirkung in flüssiger Luft (— 180°) Sporen und sporenfreie Bakterien durch RAVENEL (1599) und BELLI nach 3, bzw. 15 Stunden noch lebend gefunden wurden. Daß Milzbrandsporen gegenüber der Trocknung ganz außerordentlich resistent sind, ist schon aus den früher erörterten Verhältnissen ersichtlich. Die aus jahrelang getrockneten Milzbrandsporen (Seidenfäden) wieder neu gezüchteten Stämme zeigen mitunter atypische Wachstumseigentümlichkeiten {ScAGLIos1). Das Verhalten der Milzbrandbacillen ist durch MomonT in umfassenden und vielfach variierten Experimenten studiert worden. Es ergab sich hierbei, daß Milzbrandbaeillen in Kaninchenblut, das auf Glas zur Antrocknung gebracht war, beı Zimmertemperatur (16—22°) unter Luftzutritt nach 57 Tagen, im Vakuum nach 48 Tagen abstarben, während bei 33° nach 45, bzw. 50 Tagen Abtötung erfolgte. An Seidenfäden getrocknete Milzbrandbaeillen gingen im Vakuum bei Zimmertemperatur nach 70 Tagen zugrunde. Hoher Druck von 15—20 Atm. wirkt schädigend und bringt Kulturen bei 35° rasch zum Absterben (WoSSNESSENSKY). Daß das Licht, im besonderen die Sonnenbestrahlung, auch für den Milzbrand einen exquisit schädlichen Faktor darstellt und merkwürdigerweise die Sporen leichter ihrer Keimfähigkeit beraubt, als die sporenfreien Bacillen, ist zuerst durch ARLOING (1886) festgestellt, dann durch Roux (1887) bestätigt worden, der namentlich zeigte, daß hier die Mitwirkung des Sauerstoffes der Luft von größter Bedeutung ist. Roux fand nämlich, daß sterile Nährbouillon, längere Zeit der Sonnenbestrahlung bei Luftzutritt ausgesetzt, desinfizierende Eigen- schaften erwarb, während in einer in gleicher Weise, aber unter Luftabschluß be- handelten Nährbouillon die später eingebrachten Sporen sich ungestört entwickeln konnten. Im Einklang hiermit steht die von MomoxT mitgeteilte Beobachtung, daß Bouillonkulturen bei Luftzutritt durch das Sonnenlicht nach 21/, Stunden Milzbrand. 615 abgetötet werden, im Vakuum dagegen noch nach 50-stündiger Einwirkung lebens- fähig bleiben. Im getrockneten Blut gehen Milzbrandbacillen, wie MOoMoNT weiter fand, unter dem Einfluß der Sonnenbestrahlung (Temperatur 25—35°), je nach Dicke der Schicht, Luftzutritt usw. nach 6!1/s—15 Stunden zugrunde. (setrocknete Bouillonkulturen starben am Lichte bei Luftzutritt nach 5, im Vakuum nach 61/; Stunden ab. Sporen widerstanden der Belichtung mehr als 100 Stunden. Nach NEUMARK gehen Milzbrandsporen und Milzbrandbacillen, auf Agarplatten ausgesät, bei Sonnenbestrahlung nach 20—30 Minuten zugrunde, wobei die Sporen nur eine wenig höhere Resistenz zeigen. Diffuses Tageslicht wirkt bei gleicher Versuchsanordnung äußerst schwach und tötet Bacillen bisweilen nach ca. 11 Std., Sporen aber noch nicht innerhalb 2 Tagen. Aus den Versuchen von WARD ergibt sich ferner, daß es wesentlich der blauviolette Teil des Sonnenspektrums ist, der auf Milzbrandbacillen und Milzbrandsporen bakterizid wirkt, eine Angabe, die durch DIEUDONNE (1894) bestätigt und dahin ergänzt wurde, daß hierdurch im Nährboden (Agar- und Gelatineplatten) H>O; zur Entstehung gelangt. Gegen- über dem elektrischen Licht fand Jansen Sporen 3—4mal resistenter als die vegetativen Formen; ultraviolette Strahlen wirkten auf Sporen und Bacillen etwa ebenso stark. Der galvanische Strom von 200-300 M.-A. tötet Milzbrandsporen nach halb- bis einstündiger Einwirkung (PROCHOWNIK & SPÄTH). Röntgen- strahlen blieben nach einer Einwirkung von 60 Minuten bis zu 3 Stunden 5 Minuten in den Versuchen von BLAISE & Samsuc ohne Einfluß auf Lebens- fähigkeit und Virulenz von Milzbrandkulturen, während RiEDER nach 1—3- stündiger Einwirkung in sorgfältig durchgeführten Experimenten die auf Agar- platte ausgesäten Milzbrandkeime mit Sicherheit abgetötet fand. 2. Chemische Schädigungen. Die Angaben über die Wirkung des Sublimats auf Milzbrandsporen gehen aus den früher angeführten Gründen ziemlich weit auseinander. Nach Ü. FRAENKEL (1889) gehen in !/s-prom. Sublimatlösung Sporen in 40 Minuten zugrunde, in l-prom. Lösung, sowie in !/>s-prom. Salzsäuresublimat nach 20 Minuten. GEP- PERT (1889) fand dagegen Sporen, die 2—3 Stunden in Sublimat gelegen hatten, noch nicht sicher abgetötet, benutzte allerdings Milzbrandsporenemulsion, nicht Sporenseidenfäden. 1-proz. Sublimatlösung tötet nach GEPPERT in 6—12 Min. Auch nach HEIDER ist Sublimat in 1-prom. Lösung innerhalb 2 Stunden noch unwirksam; Erwärmen der Flüssigkeit auf 55° gibt keinen viel besseren Erfolg. In der Verdünnung von 1:10000 ist Sublimat für Milzbrand entwickelungs- hemmend (BEHRING, 1889). Argentum nitr. soll nach v. BEHRING bei 1:25000 ein Wachstum nicht mehr zulassen, HEIDER fand die Wirksamkeit da- gegen weit geringer und selbst in I-proz. Lösung nach 54 Stunden noch keine Abtötung der Sporen. Erwärmte Lösungen (55°) von Silbernitrat (1-proz.) sind nach 2 Stunden, solche von Chlorzink (5-proz.) und Kupfervitriol (5-proz.) nach 21/,, bzw. 6!/; Stunden für Abtötung von Milzbrandsporen unzu- reichend (HEIDER). Einige metallische Kolloide (Silber, Kobalt, Quecksilber ) töten Milzbrandbacillen stark ab (ToRRACA). In 1-proz. Karbollösung mit Kochsalzzusatz (24 Proz.) sah SCHEURLEN (1895) Milzbrandsporen in spätestens 3 Tagen zugrunde gehen, RÖMER in 1-proz. Karbollösung mit Zusatz von Kochsalz (11,8 Proz.), Natriumsulfat (14,2 Proz.), Natriumnitrat (17,0 Proz.) usw. nach 6—7 Tagen. PanE (1890) fand, daß Karbolsäure (5-proz.) bei Erwärmung auf 37° Milzbrandsporen nach 2—3 Stunden abtötet, bei 9—10° dagegen noch nach 10 Tagen unverändert läßt. Bei 55° tötet 5-proz. Karbolsäure Milzbrandsporen in 1—2 Stunden, bei 75° in 3 Minuten (HEIDER). Lysol (5-proz. Lösung) tötet Milzbrandsporen nach “ Stunden (ForHu, 1891), Kreolin, in 10-proz. Lösung, sporenfreie Bacillen in 10—20 Minuten, während Milzbrandsporen selbst durch 60-proz. Lösung in ihrer Entwickelungsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden (SırEna & ALESST, 1891, a). Selbst nach 35 Tagen vermag Kreolin (rein) Milzbrandsporen nicht abzutöten (HÜNERMANN). Kresolseifenlösung des deutschen Arzneibuchs (5 Proz.; wirkt nach 1 Stunde auf Milzbrandsporen noch nicht abtötend. Thymol (2-prom.) läßt Milzbrandsporen nach 7-täg. Einwirkung bei 34° noch lebend (PanE). In Chlorwasser (0,2-proz.) gehen Milzbrandsporen in ca. 15 Sekun- den zugrunde (GEPPERT). Antiformin (5—10-proz.) bringt Milzbrandbacillen und Milzbrandsporen binnen kurzem vollständig zur Auflösung. Wasserstoff- superoxyd tötet Milzbrandsporen bei 26—28° in 15 Minuten (PanE). Ozon er- 616 G. SOBERNHEIM, weist sich gegenüber Milzbrandsporen als ziemlich wirkungslos (ÖHLMÜLLER). Formalin soll Milzbrandsporen in 1-proz. Lösung nach 2 Stunden, in 2—5-proz. Lösung nach 1 Stunde, in 10—20-proz. Lösung nach 10 Minuten töten (HAMMER & FEITLER). Unverdünntes Formalin (40-proz. Formaldehyd) tötet Milzbrandsporen nach 1—5 Minuten ab. In Verdünnung 1:20000 wirkt Form- aldehyd in Bouillonkulturen entwickelungshemmend (ARONSoN). Durch Salz- säure (1,5—3-proz.) werden Milzbrandbacillen nach 48 Stunden abgetötet, während Milzbrandsporen in 2-proz. Salzsäure nach 24-stündiger Einwirkung noch un- beeinflußt bleiben (DryMonT). Kalkmilch (20-proz. und 50-proz.) tötet Milz- brandbacillen nach 24 Stunden, Sporen dagegen nach 48-stündiger Einwirkung noch nicht (DE GIAXA). Zusatz von Chlorkalk (O,1-proz.) zu Bouillonkulturen läßt sporenfreie Bacillen schon in 1 Minute absterben, während bei Sporen, selbst in stärkerer Konzentration (5-proz. Chlorkalklösung) Abtötung je nach Resistenz erst in 1/s—4!/; Stunden erfolgt (Nıssen, 1890). Durch Einpöckeln gehen Milzbrandbacillen im Fleisch nach länger als 14 Tagen (PrucH), bei einem Salzgehalt von ca. ”—10 Proz. nach 4 Wochen zugrunde; Sporen werden durch Einpökeln nicht beeinflußt (ABEL). Auch Kochsalzlösung wirkt schon in schwacher Konzentration schädigend auf Milzbrandbacillen. Die bei dem Gerbe- prozeß zur Anwendung gelangenden Lösungen, wie Kalkäscher (Aetzkalk und Ammoniak), Quebracho-Brühe usw. töten Milzbrandsporen nach vielen Tagen noch nicht ab (KESSLER). Versuche wie sie durch v. BEHRING (1887), LÖTE u. v. a. angestellt worden sind, die Desinfektionskraft gewisser chemischer Substanzen gegenüber Milzbrand auch innerhalb des Tierkörpers zur Geltung zu bringen, gehören nach unseren heutigen Anschauungen in das Gebiet der resistenzsteigernden Eingriffe. 3. Biologische Schädigungen. .a) Antagonistische Bakterien. Der Milzbrandbacillus wird durch Berührung mit einer Reihe an- derer Bakterienarten ungünstig beeinflußt und in seiner Entwickelung behindert oder völlig unterdrückt. Als Hauptantagonist ist der Ba- cillus pyocyaneus bekannt, der in flüssigen wie auf festen Sub- straten seine milzbrandfeindlichen Eigenschaften äußert (CHARRIN & (GUIGNARD, BOUCHARD, EMMERICH, WOODHEAD & Woonp). In Misch- kulturen in Bouillon entwickelt sich lediglich der Bac. pyocyaneus, während die Milzbrandkeime absterben. Führt man über die Ober- fläche einer Agar- oder besser Gelatineplatte eine Reihe von parallelen Impfstrichen, und zwar abwechselnd von Milzbrand und Pyocyaneus, so entwickeln sich lediglich die letzteren. Ein ähnliches Resultat wird erhalten, wenn man die beiden Bakterien in Form von Kreuzstrichen aussät, indem hierbei an den Kreuzungspunkten die Milzbrandkulturen steril bleiben (BLacoverscHrvsk1). Die entwickelungshemmende Wir- kung des Bac. pyocyaneus ist, wie sich hieraus bereits ergibt, auf die Produktion eines löslichen Stoffes zurückzuführen, mit dessen Studium sich bekanntlich Emmerich und seine Mitarbeiter (Löw, KorscHun, Saıpa) in eingehenden Untersuchungen beschäftigt haben. Das von ihnen aus Kulturen des Bac. pyocyaneus dargestellte bakteriolytische Enzym, die Pyocyanase, löst im Reagenzglase Milzbrandbacillen energisch auf und äußert auch im Tierkörper antibakterielle Eigen- schaften, die mit Erfolg zur Heilung milzbrandinfizierter Tiere (Ka- ninchen) verwendet werden können. Auch ForTInEAU berichtet über Heilerfolge bei Meerschweinchen, Kaninchen und Hammeln. Daß die antagonistischen Wirkungen, welche der Bac. pyocyaneus sowohl, wie eine Reihe noch weiter zu besprechender Bakterienarten innerhalb des Tierkörpers auf den Milzbrandbacillus ausüben, nicht einfach als eine direkte Bakterienschädigung aufzufassen, sondern höchstwahr- Milzbrand. 617 scheinlich auf Einflüsse zurückzuführen sind, die mit der künstlich gesteigerten Resistenz des tierischen Organismus in engstem Zu- sammenhange stehen, möge an dieser Stelle nur kurz angedeutet werden. Es wird darauf bei späterer Gelegenheit zurückzukommen sein. Die Pyocyanase zeigt eine sehr beträchtliche Widerstandsfähig- keit und wird, wie TAvErnarı in Bestätigung der EmMmErıcHschen Angaben fand, durch stärkeres Erhitzen (30 Minuten bei 100°) in ihrer bakteriolytischen Wirkung nur unbedeutend alteriert. Auch von anderer Seite (DIETRICH, KLIMOFF, VAERST, Krause) ist über bestätigende Ergebnisse berichtet worden, nur dab man die Bakterien- auflösung durch Pyocyanase nicht als Enzymwirkung, vielmehr als Ausdruck osmotischer Veränderungen auffassen will (DIETRICH). Daß Streptokokken auf Milzbrandbacillen antagonistisch ein- wirken, ist gleichfalls durch EmmErRIcH (1886), sowie EMMERICH & pı Marter festgestellt worden. Die Milzbrandinfektion der Kanin- chen ließ sich auch mit Streptokokken erfolgreich bekämpfen. In - Mischkulturen auf Agar und Gelatine soll der Streptococcus das Wachstum des Milzbrandbacillus unterdrücken (DoEHLE), während umgekehrt nach Turrö (1891) Milzbrandkulturen das Wachstum von Streptokokken begünstigen. R Der Staphylococcus äußert seine antagonistischen Eigen- schaften in vitro nur innerhalb enger Grenzen, in sehr ausgesprochener Weise dagegen im Tierkörper. Dab bei gleichzeitiger Anwesenheit von Staphylokokken die Milzbrandinfektion bei Tieren (Kaninchen, Meer- schweinchen, Mäusen) wesentlich milder verläuft und unter Um- ständen nicht zum Tode führt, ist durch CzarLewskı (1889), Baum- GARTEN, BECO, FRANK (1889), BERGONZINI u. a. übereinstimmend kon- statiert worden. Nach Pane wirken alkoholische Extrakte aus Staphylokokken (auch Pneumokokken und Pyocyaneus) bakterizid auf Milzbrandbacillen. Nach Buchner, v. DUNGERN und Pawrowsky erweist sich der FRIEDLÄnDERsche Pneumoniebacillus bei Kaninchen als wirksamer Ant- agonist des Milzbrandbacillus. Auch der Pneumococcus soll nach Pane (1894) in künstlichen Kulturen, namentlich Bouillon, schä- digend auf Milzbrandbacillen einwirken, während er sich nach Münr- MANN in dieser Hinsicht indifferent verhält. Auf sterilisierter Cholera- bouillon pflegt, wie Zacarı fand, der Milzbrandbacillus kümmerlich zu wachsen und eine Abschwächung seiner Virulenz zu erfahren, um so stärker, je älter die Cholerakulturen gewesen, während SIROTININ auf „Choleragelatine‘ ein ebenso gutes Wachstum des Milzbrand- bacillus konstatierte, wie auf gewöhnlicher Nährgelatine. Bakterien der Geflügelcholera sind indifferent; Milzbrand und Geflügelcholera entwickeln sich in Kultur und Tierkörper nebeneinander ohne jede Wechselwirkung (Gram). Auf Typhusgelatine ist die Entwickelung des Milzbrandbacillus etwas behindert (Sırorının). Als weitere Ant- agonisten sind zu nennen: Bac. fluorescens liq. (Orrrzky), Bac. pro- digiosus (Pawrowsky, Roger 1895), Bac. phosphorescens (FrEUDEN- REICH). Auch die eigenen Stoffwechselprodukte des Milzbrandbacillus können unter Umständen entwickelungshemmende Eigenschaften be- sitzen. MaArLrıtano will aus Milzbrandkulturen eine durch Erhitzen auf 65° zerstörbare Substanz, „Protease“, gewonnen haben, die Milz- brandbacillen im Reagenzglase zur Auflösung bringt und somit auto- bakteriolytische Wirkung äußert. Demgegenüber sei hervorgehoben, 618 G. SOBERNHEIM, daß FREUDENREICH auf filtrierter Milzbrandbouillon, SIRoTININ auf sterilisierter Milzbrandgelatine gutes Wachstum erhielten. Nach Hürrz & Woop bewährte sich ein milzbrandähnlicher Saprophyt im Tierkörper als Antagonist des Milzbrandbacillus. Endlich wäre zu erwähnen, daß sporenfreie Milzbrandbacillen in nicht sterilisierter Milch der Konkurrenz der zahlreichen Milchbak- terien innerhalb kurzer Zeit, nach ca. 24 Stunden, erliegen (CARo, InGHILLERT), und daß auch gewisse Produkte der Fäulnisbakterien eine rasche Abtötung herbeiführen. Nach Kostsurın & Krainsky soll ,„Fäulnistoxin“, in Gestalt von filtrierten und bei 65° eingedickten Fäulnisextrakten aus gefaulter Fleischbrühe oder Fleischinfusen, schon in geringen Mengen von 0,1—1 Proz. Milzbrandkulturen ihrer Viru- lenz berauben. Ueber die Wirkung der Stalljauche vgl. S. 658. b) Körpersäfte. Die Körpersäfte, namentlich das Blutserum, verschiedener Tier- arten stellen für den Milzbrandbacillus ein ungünstiges Nährsubstrat dar und wirken zum Teil abtötend. Es kommt dabei meist zu charak- teristischen Formveränderungen, die sich durch Kontraktion des Protoplasmas, Abhebung von der Zellwand und Zertrennung in kleine, kugelige Abschnitte als plasmolytische Erscheinungen zu erkennen geben (BaumGArTENn 1899). Ob hierbei antibakterielle Stoffe, ent- sprechend der fast allgemeinen Annahme der Bakteriölogen, die eigent- liche Ursache sind, oder ob es sich nach der Anschauung der Baum- GARTENSchen Schule wesentlich um osmotische Einflüsse handelt, möge an dieser Stelle unerörtert bleiben. Nur so viel sei schon hier kurz bemerkt, daß ein gesetzmäßiger Zusammenhang zwischen der Em- pfänglichkeit einer Tierart und der bakteriziden Kraft seiner Körper- säfte nicht ohne weiteres nachweisbar ist (LuBArscH 1889, RoSATZIN UviNae)): Besonders stark bakterizid wirkt Kaninchenserum, das nach Pane (1891) in der Menge von 1 ccm nahezu 8000 Milzbrandkeime ab- tötet. Es scheint, als enthielte das Kaninchenserum ein gerade den Milzbrandbakterien schädliches Agens, das bei Erwärmen auf 57° erst nach 24 Stunden zerstört wird (WıLpeE). Humor aqueus und Pericardialflüssigkeit von Kaninchen wirken nach Nurtarı gleich- falls stark bakterizid, wogegen Manou&kLıan den Humor aqueus des Kaninchens unwirksam fand. Auch das Blutserum von weißen Ratten läßt Milzbrandbacillen nur schwer zur Entwickelung gelangen, und zwar, wie v. BEHRING (1888) annimmt, infolge seiner hohen Alkaleszenz. Es gelang v. BEH- RING nämlich, durch Säurebehandlung der Tiere (2-proz. Oxalsäure sub- kutan) oder durch Chloroformnarkose Verminderung der Alkaleszenz des Blutes herbeizuführen und damit das Rattenserum in einen guten Nährboden für Milzbrandbacillen umzuwandeln. Danysz zeigte, daß durch andauernde Uebertragung in Rattenserum die Milzbrandbacillen allmählich an dieses Medium gewöhnt werden und darin gut gedeihen. Vgl. auch Pırenne, Horton. Hundeserum übt auf Milzbrand- bacillen keine erheblichere Schädirung aus, ebensowenig Katzen- serum (BaıL). Das Blutserum von Rindern und Hammeln wirkt nur schwach entwickelungshemmend, desgleichen Hühner- und Tau- benblut. Auch in dem Humor aqueus eines hochimmunisierten Milzbrand. 619 Schafes fand Manov£Lıan keine milzbrandfeindliche Wirkung, so wenig wie bei normalen Hammeln. Nach SponGaro fehlt das bakte- rizide Vermögen dem Taubenserum und -plasma, während das Blut stark bakterizid wirkt. Die exquisit milzbrandfeindlichen Eigen- schaften, welche die Froschlymphe im Tierkörper äußert, sind im Reagenzglase nicht nachweisbar (Prrruschky 1839). In dem pleuritischen Exsudat des Menschen sah Nurraut die Milzbrandbacillen rasch zugrunde gehen. Ganz allgemein soll ar- terielles Blut stärker bakterizid wirken als venöses (v. Fopor 1890). Das Sekret der Tränendrüsen höherer Säugetiere ist nach DE Bono & Frısco für Milzbrandbacillen und Sporen völlig unwirksam. Tierischer Harn wirkt unter Umständen bakterizid (JaHn). Glyzerin-Auszüge aus Kaninchenorganen enthalten hitzebeständige, durch 65° nicht zerstörbare Stoffe, die Milzbrandbacillen abtöten (CHRISTMAS, BITTER 1892), während gewöhnliche Kochsalzextrakte aus Milz von Hunden und Kaninchen, ebenso wie Thymusextrakte vom Kalbe, entgegen der Angabe von Hankın (1890) durch BITTER als wirkungslos befunden wurden. Lrvıncoop sah auf Nährsubstraten, die aus wässerigen, durch Filtration keimfrei gemachten Organ- extrakten (Schweineleber, Schweinemilz, Ochsenleber, Schafmilz etc.) hergestellt wurden, entschiedene Wachstumshemmung. Die durch Auf- kochen sterilisierten Organextrakte wirkten dagegen nicht mehr bak- terienfeindlich. Turrö (1900 und 1902) stellte fest, daß frisch aus- gepreßter Schilddrüsen-, Nieren- und Muskelsaft vom Schwein und Rind innerhalb 1—3 Tagen bei einer Temperatur von 35—38° min- destens 10 Proz. seines Gewichtes 1-tägiger Milzbrandkultur verdaut. Auch das Hühnerei, bzw. die Mischung des Weißen mit Dotter übt. diese bakteriolytische Wirkung aus, wobei die Stäbchen die bekannten Erscheinungen der Plasmolyse aufweisen und bei Färbung nach Gram den sauren Farbstoff (Eosin) aufnehmen. Im Magensaft von Hunden, Hammeln und Menschen gehen Milzbrandbacillen nach 1/,—!/, Stunde zugrunde (STRAUS & Würrtz, KurLow & WAGNER). Durch Trypsin und Pepsin werden Milzbrandbacillen bei Anwesenheit von Salzsäure verdaut (Sıswarr). Rindergalle soll nach BERNABEr auf Milzbrand- bacillen schädigend einwirken, wogegen SıEgEr fand, daß Galle und gallensalzhaltige Nährböden, sowie Zusatz von Galle zu gewöhnlichen Nährsubstraten das Wachstum wenig beeinflussen. Nur im Tier- körper scheint die Galle nach SıEBEr infektionswidrige Eigenschaften zu äußern. E. Pathogenes Verhalten. Der Milzbrand kann experimentell auf eine Reihe verschiedener Tierarten übertragen werden. Darunter sind auch solche der künst- lichen Infektion zugänglich, die unter natürlichen Verhältnissen nicht erkranken. Reinkulturen des Milzbrandbacillus, Sporenfäden, Milz- brandblut, Gewebssäfte (Milzsaft) oder Organstückchen von Milz- brandtieren sind in gleicher Weise für diesen Zweck geeignet. 1. Empfänglichkeit der Tierarten. Als hochempfänglich sindMeerschweinchen und weißeMäuse zu bezeichnen; aber auch Kaninchen erliegen der Impfung aus- nahmslos und prompt innerhalb der gewöhnlichen Zeit (24—42 Stun- 620 G. SOBERNHEIM, den), sofern es sich nur um hochvirulentes Milzbrandmaterial handelt. (BAUMGARTEN, SOBERNHEIM). Die Empfänglichkeit der Ratten hat den Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gebildet (LöFrter 1881, METSCHNIKOFF 1890, v. BeHrinG 1888, Haut u. v.a.). Ursprünglich als mehr oder weniger immun betrachtet, haben sie sich bei ge- nauerer Prüfung als sehr wohl empfänglich herausgestellt, allerdings bei weitem nicht in dem Maße wie die eben genannten Tiere. Rassen- unterschiede und Ernährungsverhältnisse sind bei ihnen von Bedeu- tung. Nach K. Mürrers umfassenden Prüfungen überlebten von schwarzen Ratten 79,4 Proz. die Milzbrandimpfung, von weißen Ratten 14 Proz., von schwarz-weißen 23,4 Proz. und von grau-weiben 36,3 Proz. Impfung mit Milzstückchen frisch verendeter Meerschwein- chen wirkte bei ihnen am sichersten. Frank (1890) sah weiße Ratten, denen Sporenseidenfäden in die Bauchhöhle gebracht wurden, regel- mäßig zugrunde gehen. Der Tod tritt bei Ratten gewöhnlich erst am dritten Tage ein. Zwick beobachtete nach subkutaner Impfung, so- wie nach Fütterung bei Ratten akuten, subakuten oder chronischen Verlauf, wobei die Tiere innerhalb 4—38 Tagen starben. Rinder legen gegenüber der künstlichen Infektion eine Resistenz an den Tag, die zu ihrer ausgesprochenen Disposition für eine Spontan- erkrankung in auffallendem Gegensatz steht. Selbst nach Ver- impfung relativ großer Mengen virulentester Milzbrandkeime kommen die Tiere bisweilen mit dem Leben davon. Es scheint, als ob Kühe und Kälber besonders widerstandsfähig seien. Demgegenüber erweisen sich Schafe im Versuche genau so empfänglich, wie unter natürlichen Ver- hältnissen und gehen nach der Einverleibung geringster Virusmengen nach einem bis längstens zwei Tagen an Milzbrand zugrunde. Weniger empfänglich sind Schweine. Ueber erfolgreiche In- fektion von Schweinen durch subkutane Impfung berichten v. RAtz, TSCHERNOGOROFF u. a., während dabei gleichzeitig die Unempfäng- lichkeit der Tiere für Fütterung mit Bacillen oder sporenhaltigem Material betont wird. Nach v. Rärz scheinen Ferkel von 4 bis 6 Monaten sich resistenter zu verhalten als ältere Tiere, die ungarische Rasse resistenter als amerikanische und englische Schweine. Von anderer Seite (ÜROOKSHANK, TROMBITAS) war früher mitgeteilt worden, daß Schweine auch für experimentellen Fütterungsmilzbrand em- pfänglich seien; TromgITas sah sogar nach Verfütterung von Fleisch einer milzbrandkranken Kuh sämtliche Versuchstiere (14 Schweine) binnen 6 Tagen an Milzbrand eingehen. Neuere Untersuchungen von RoDEWALD, MaaG u. a. stellen fest, daß das Schwein gegen jede Art der künstlichen Milzbrandinfektion (subkutan, intraperitoneal, Sporen- fütterung) eine sehr hochgradige natürliche Resistenz besitzt. Im “nklang hiermit steht die in jüngster Zeit vielfach beobachtete Tatsache, daß bei der Schlachtung von Schweinen, die völlig gesund schienen, als unerwarteter und anscheinend harmloser Befund eine eng lokalisierte Form des Milzbrandes (Drüsenmilzbrand etc.) ange- troffen werden kann. Die Fütterung mit gewissen Nährpräparaten (Fischmehl) ruft, wie angenommen wird, diese lokalisierte, nicht tödliche Milzbrandinfektion hervor (vgl. S. 654). Hunde sind am sichersten durch intravenöse Injektion großer Bakterienmengen zu töten (Toussamrt). Capkac erzielte Erfolg durch intratracheale Impfung. Jedenfalls aber sind Hunde im allgemeinen doch weit em- pfänglicher als vielfach angenommen; die gewöhnlichen Mischrassen ee see Milzbrand. 621 gehen auch bei subkutaner Infektion meist ein (Baır 1902, Sar- FELICE 1902). Buswıp sah einen Fuchs nach Fütterung mit milz- brandigem Fleisch an Allgemeininfektion eingehen. Vgl. im übrigen bezüglich der Raubtiere S. 587. Nach EKKERT gehen Renntiere nach der Impfung mit Milz- brand zugrunde. Loır fand, daß eine Anzahl australischer Säugetierarten, wie Känguruhratte, australische Katze, das große Känguruh und der australische Bär (Koala) für die sub- kutane Milzbrandimpfung höchst empfänglich sind und nach längstens 42 Stunden eingehen. Bei Fütterung war der Erfolg weniger sicher. Vögel sind für Milzbrandimpfungen nur in sehr beschränktem Maße empfänglich. So gehen die in eine Hauttasche eingebrachten Milzbrandsporen, wie Weyr feststellen konnte, bei Hühnern nach 4, bei Tauben nach ca. 6 Tagen zugrunde, eine Tatsache, die SaccHı für Milzbrandbacillen in ganz analoger Weise bestätigt fand. Tauben können, wie die Untersuchungen von ÜOEMLER, PERRONcITo, Kırr (1886) u. a., dann aber namentlich von CzapLewskı (1889 und 1892) gezeigt haben, noch am leichtesten infiziert werden. Besonders em- pfänglich erscheinen junge Individuen. Nach SALvIoLT & SPONGARO geben Tauben bei künstlicher Infektion, in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen von ÖEMLER, eine Sterblichkeit von etwa 31,5 Proz. CzapLewskı fand nur eine solche von 18,2 Proz. Am’ sichersten ge- lingt nach METSCHNIKOFF (1890) die Infektion der Tauben von der vorderen Augenkammer aus, während Fütterung in der Regel ohne Erfolg ist (DEMLER, FEseR). HOFHERR sah 5 mit Sporen gefütterte Tauben sämtlich an Milzbrand eingehen. Noch unempfänglicher sind Hühner, Gänse, Sperlinge und Enten (OEMLER, Kırr 1886). Bei Fütterungsversuchen gelang es HorHERR nur bei 2 von 20 Hühnern und bei 1 von 4 Enten Milzbrand zu erzeugen. Frösche verhalten sich unter gewöhnlichen Verhältnissen gegen- über der experimentellen Milzbrandinfektion gänzlich refraktär, wie schon R. KocH bei seinen ersten Versuchen feststellen konnte. Die in den dorsalen Lymphsack der Tiere eingebrachten Sporen gelangen überhaupt nicht zur Auskeimung, während Milzbrandbacillen unter dem Einfluß der Körpersäfte sowohl, wie der phagocytären Elemente sehr rasch vernichtet werden*). Nur die künstlich an niedere Temperaturen gewöhnten Milzbrandkulturen sind nach den Ermitte- lungen von DiEuponn& imstande, Frösche unter Umständen zu töten. Schnecken sind gegen Impfmilzbrand immun (KArRLINsKI, KowaLevsky) und zeigen nur, bei 32° gehalten, eine gewisse Em- pfänglichkeit (Lopez 1903). Fischen fand Kröten für Milzbrand sehr empfänglich, indem die geimpften Tiere sämtlich nach 2—6 Tagen starben; GAaLLı-VALERIO & VourLoup konnten diese Angabe nicht bestätigen und halten Kröten für genau so unempfänglich wie andere Kaltblüter. Goldfische sollen nach PernıcEe & Porracı (1392) nach Milzbrandimpfung gelegentlich an typischer allgemeiner Infek- tion zugrunde gehen, und bei Seepferdchen (Hippocampus) führt, wie SaprRazes & CoLomsor fanden, subkutane und intraperitoneale *) Der lebhafte Kampf um die Frage, ob „Phagocyten“ oder „Alexine“ die natürliche Immunität bedingen, ist seinerzeit gerade wesentlich mit Hilfe des Froschexperimentes beim Milzbrand geführt worden. Vergl. hierüber die ein- schlägigen Abschnitte in Bd. I (Hau) und II (METSCHNIKOFF). 622 G. SOBERNHEIM, Impfung nach 6—8 Tagen zum Tode. CArtErına infizierte Tri- tonen erfolgreich mit frischer Milzbrandemulsion aus Meerschwein- chenleber. Schildkröten sind refraktär (R. Koch). 2. Individuelle Resistenz der Versuchstiere. Die Widerstandsfähigkeit des einzelnen Individuums gegen- über der experimentellen Milzbrandinfektion kann durch verschieden- artige Einflüsse in günstigem oder ungünstigem Sinne verändert werden. Als resistenzsteigernde Momente sind zunächst, wie bereits früher erwähnt, viele der sogenannten antagonistischen Bakterien- wirkungen zu betrachten. Aehnlich sind die Angaben zu beurteilen, welche von der günstigen Wirkung desinfizierender Substanzen (v. BEH- rına 1887, LöTE, Spissu, UHmLann u. a.) innerhalb des Tierkörpers, von der Heilwirkung des Natr. bicarbon. (v. Fopor 1890), von erfolg- reichen Terpentininjektionen (FocHIER & MERIEUx) usw. berichten, ähnlich auch die Mitteilungen von WOooLDRIDGE, HAnkın (1891) u. a., wonach Tieren durch Vorbehandlung mit Eiweißlösungen beson- derer Art ein sehr erheblicher Impfschutz gegen Milzbrand verliehen werden kann. So will ferner Auszszky (1898) bei Kaninchen durch Injektion von Milzemulsion gesunder Tiere in zahlreichen Ver- suchen eine erhöhte Resistenz bewirkt haben. Durch alkalische Ex- trakte aus Milz und Nieren erzielte Tusını sowohl resistenz- steigernde als auch umgekehrt resistenzvermindernde Wirkung. Nach Coxravı (1901) üben die filtrierten, auf dem Wege der „Auto- lyse“ gewonnenen Organsäfte von Kalbsthymus und Stierhoden bei intravenöser Injektion auf Kaninchen eine resistenzsteigernde Wirkung aus, und auch Meerschweinchen, denen derartige Säfte, aus Rinder- milz stammend, mit virulentem Milzbrand gemischt, intraperitoneal eingespritzt werden, überstehen diesen Eingriff. Aehnliches war früher durch BrIEGER, Kırasato & WASSERMANN konstatiert worden, denen es gelang, durch Thymusextrakte, die mit der Milz von Milz- brandtieren verrieben und dann 15 Minuten lang auf 70° erhitzt wurden, bei Mäusen und Meerschweinchen Resistenzsteigerung zu er- zielen. Bemerkenswert ist, daß Brzzora demgegenüber zu ab- weichenden Resultaten gelangte und gerade umgekehrt eine vermin- derte Resistenz feststellte, wenn er Meerschweinchen eine Mischung von Milzbrandkultur und Leberextrakt (von Kaninchen oder Meer- schweinchen) subkutan oder intraperitoneal injizierte. Es waren hier weit geringere Mengen des nicht sehr virulenten Stammes zur Tötung der Tiere hinreichend, als wenn die Bakterien einfach in Kochsalz- lösung aufgeschwemmt wurden. Durch die Extraktbeimischung werden nach BrzzorLa die Bakterien selbst kaum beeinflußt, die natürliche Resistenz des Tieres nur herabgesetzt. Eine durch Hetol (zimt- saures Natron) bei Kaninchen künstlich erzeugte Hyperleukocytose steigert nach Borum die Resistenz gegen Milzbrand so gut wie gar nicht. Durch besondere operative Eingriffe kann man lokal auf die Widerstandsfähigkeit der Tiere in günstigem Sinne einwirken. Die Durchschneidung des N. cruralis und N. ischiadicus bei Tauben an einem Bein zeigte sich bei Versuchen von SaLvıoLı & SPONGARO zwar zunächst ohne Einfluß, ließ aber später, ca. 40 Tage Milzbrand. 623 nach der Operation, eine deutliche örtliche Resistenzsteigerung zutage treten, indem die subkutane Impfung an dem operierten Bein viel harmloser verlief als bei Kontrolltieren. Für die Durchschneidung des N. ischiadiecus bei Kaninchen. war früher bereits durch DacHE & Marvoz Aehnliches gefunden worden. Die Durchschneidung des N. sympathicus oder der sensiblen Nerven bei Kaninchen übt demgegen- über, wie FRENkEL feststellte, eine nennenswerte Wirkung auf den Verlauf der Milzbrandinfektion kaum aus. Eine lokale Resistenzsteigerung kann ferner auf dem Wege venöser Stauung herbeigeführt werden (NorTzEeL 1900). Kanin- chen, bei denen man am Ohr oder an einer Extremität durch Um- schnürung Stauungshyperämie erzeugt, pflegen nach Lösung der Liga- tur einer Milzbrandimpfung im Bereich des abgeschnürten Gliedes meist zu widerstehen. In dem Transsudat, das alle Gewebsmaschen reichlich erfüllt, sind die injizierten Milzbrandbacillen bereits nach 24 Stunden mikroskopisch oder kulturell nicht mehr nachweisbar. Auch in vitro äußern derartige Transsudate sehr beträchtliche bakterizide Wirkung. Dice Bedeutung der künstlichen Verminderung der Resi- stenz für den Verlauf der Milzbrandinfektion ist in zahlreichen Ex- perimenten geprüft worden. Hierzu zählt zunächst die Beobachtung, daß durch sehr eingreifende und gewaltsame Aenderung der Körpertemperatur Tiere außerordentlich viel empfänglicher ge- macht werden können. Hühner und Tauben *), welche in kühles Wasser längere Zeit eingetaucht gehalten werden, erliegen gewöhnlich einer Milzbrandinfektion rascher und sicherer als die Kontrolltiere (PASTEUR, JOUBERT & ÜHAMBERLAND). Bedeutende Erniedrigung der Körpertemperatur durch Antipyrin soll nach K. WAGnEr bei Hühnern in der gleichen Weise wirken. Umgekehrt setzt bei Kaltblütern, näm- lich Fröschen, eine Erhöhung der Körperwärme, wie zuerst GIBIER und METSCHNIKOFF (1884) zeigten, die natürliche Widerstandsfähig- keit so stark herab, daß die von Natur refraktären Tiere nunmehr erfolgreich mit Milzbrand infiziert werden können. Die eingespritzten Bakterien vermehren sich, auch Sporen keimen aus, und führen sehr rasch eine Allgemeininfektion herbei. Die Angabe der eben ge- nannten Forscher, daß Frösche, die z. B. im Brutschranke gehalten werden, regelmäßig einer Milzbrandimpfung erliegen, ist späterhin von vielen Seiten (PETRUSCHKY 1888, Lusarsch 1888, FAHREN- HOLTZ, 'TRAPEZNIKOFF U. a.) bestätigt worden; es kann aber wohl kaum einem Zweifel unterliegen, daß hier, ebenso wie bei den in kühles Wasser getauchten Hühnern und Tauben, nicht einfach die der Ent- wickelung der Bakterien günstigere Temperatur, vielmehr der an sich schwer schädigende Eingriff die wahre Schuld trägt. Es ist diese Anschauung mit entschiedenstem Nachdruck namentlich durch Lv- BARSCH vertreten worden, der zeigen konnte, daß Frösche bei längerem Aufenthalte im Brutschranke sehr häufig auch ohne nachfolgende In- fektion zugrunde gehen. Daß Erkältung Tiere für Milzbrand empfänglicher macht, wird von Prısarıx (1897) auf Grund einer Beobachtung angenommen, wo- nach in einer Menagerie zwei Raubtiere, nämlich ein Panther und ein ") Die normale Körpertemperatur der Tiere beträgt ca. 42° und sollte nach PASTEUR die Ursache für deren geringe Empfänglichkeit sein. 624 G. SOBERNHEIM, Tiger, die von Bronchitis befallen waren, an Milzbrand eingingen. Durch Lope ist dann das Moment der Erkältung genauer studiert und gezeigt worden, dab entfiederte Hühner und geschorene Ratten einer für Kontrolltiere unwirksamen Milzbrandinfektion leicht erliegen. Noch deutlicher trat diese Wirkung zutage, wenn die so vorbehandelten Tiere gewisse Zeit der abkühlenden Wirkung eines starken Luftstromes aus- gesetzt wurden. Der Einfluß der Ermüdung ist durch CHArRın & RoGErR in der Weise studiert worden, daß sie Ratten in einer rotierenden Trom- mel stundenlang laufen ließen und nun zeigten, daß derartige Indi- viduen viel sicherer und rascher einer Milzbrandimpfung erlagen als die Kontrolltiere, ja selbst mittels abgeschwächter Kulturen getötet werden konnten. Zügochsen scheinen durch angestrengte Feldarbeit eine erhebliche Herabsetzung ihrer Resistenz zu erfahren. Die Art der Ernährung kann auf den Verlauf der Infektion von Einfluß sein, insofern als Feser und K. MÜLLER Ratten nach Brot- fütterung für Milzbrand weit empfänglicher fanden, als die auf Fleischkost gesetzten Tiere. Im Einklang hiermit dürfte vielleicht die Tatsache stehen, daß ganz allgemein fleischfressende Tiere (Raub- tiere, Hunde, Katzen usw.) sich gegen Milzbrand resistenter ver- halten als Pflanzenfresser. CANALIS & MOoRPURGOo machten durch Hungern Tauben und Hühner für Milzbrand besonders empfänglich, während bei weiben Ratten das gleiche Verfahren versagte. SaccHı bestätigte diese Er- gebnisse bei Tauben, die er mit sporenfreiem Material (Meerschwein- chenmilz) infizierte. Harrıs fand dagegen, daß bei Mäusen durch Hungern eine größere Empfänglichkeit für Sporenfütterung nicht zu erreichen ist. PERNICE & Auzssı zeigten, dab Hunde, Hühner und Tauben durch Durst (Wasserentziehung) für Milzbrand sehr em- pfänglich werden. Nach KurscHhuX gelingt es, auch Dohlen und noch besser Sperlinge durch Hungern, Dursten, Frieren usw. der Milz- brandinfektion zugänglicher zu machen. Nach Rostowzew scheint Gravidität die Resistenz herab- zusetzen. Drei gravide Frauen, die an Milzbrand (Pustula maligna) erkrankt waren, starben, während bei drei anderen, in gleicher Weise infizierten, aber nicht graviden weiblichen Personen die Krankheit zur Genesung führte. Durch Lichtbestrahlung mit Hilfe einer 50-kerzigen Glüh- lampe erhöhte v. DrıcAarskı die Empfänglichkeit von Mäusen für Milzbrand. Die Entfernung der Milz wirkt ungünstig auf den Verlauf der Milzbrandinfektion. So konnte BarpacH entmilzte Hunde viel leichter töten als normale, indem von 25 Tieren 19 einer intravenösen Injektion erlagen, von der gleichen Zahl unbehandelter Kontrollhunde aber nur 5. Auch bei Kaninchen sprachen die Ergebnisse in dem gleichen Sinne; von 35 Tieren, denen die Milz entfernt worden war, gingen 26 bei intravenöser Impfung mit dem für Kontrolltiere völlig unwirksamen I. Vaccin ohne weiteres zugrunde. MELNIKOW-Ras- WEDENKOW gelangte bei Kaninchen zu ähnlichen Resultaten, während von anderer Seite eine höhere Empfänglichkeit der entmilzten Tiere (Kaninchen und Meerschweinchen) nicht konstatiert werden konnte (v. KurLow, MARTINOTTI & Barsaccı). Sırena (1909) will sogar gefunden haben, daß entmilzte Meerschweinchen und Kaninchen einer Milzbrand. 625 Milzbrandinfektion besser widerstehen als normale Tiere. Nach Sar- auırıco erhöht Blutentziehung bei Hunden nicht deren Empfäng- lichkeit für Milzbrand. Daß Tiere (Tauben), denen man eine ganze Großhirnhemisphäre exstirpiert, leichter an Milzbrand zugrunde gehen, ist durch Lonpon, sowie SaLvıoLı & SpoxnGaro in besonderen Versuchen erwiesen worden, aber auch wohl ohnedies einleuchtend. Wie namentlich die letztgenannten beiden Forscher dartun konnten, gelingt es übrigens, die resistenzvermindernde Wirkung dieser schwer eingreifenden Operation zu paralysieren, wenn man nachträglich für geeignete künstliche Ernährung der operierten Individuen sorgt. Es können dann, wie sich zeigte, Tauben selbst nach totaler Exstirpation des Großhirns eine Milzbrandimpfung ebensogut überstehen wie nor- male Tiere. Durchschneidung des Rückenmarkes bei Tauben be- wirkt Verminderung der Resistenz. Die Tiere sterben nach der Impfung mit starkem Oedem an der Impfstelle (SAwTscHEnko 1891). Entfernung einer Niere soll nach Bonarpı auf Empfänglichkeit der Tiere und Verlauf der Infektion ohne nennenswerten Einfluß sein, während PEernıcE & Porracı (1893) bei Hunden nach Erschwerung der Harnsekretion doch höhere Empfänglichkeit konstatierten. Die stark resistenzwidrige Eigenschaft des Alkohols ist durch DELEARDE, namentlich aber durch die sehr gründlichen Untersuchungen von Lartıinen in das hellste Licht gerückt worden. Der letztere konnte zeigen, daß durch längere Darreichung größerer oder kleinerer Alkoholgaben Hunde, Hühner und Tauben eine nicht unerhebliche, weit über die Norm gesteigerte Empfänglichkeit für die Impfung mit virulenter Milzbrandkulturen erwarben, und daß auch Kaninchen und Meerschweinchen bei gleicher Art der Vorbehandlung der Infektion mit Milzbrandvacceins weit zugänglicher wurden als die Kontrolltiere. Auch GoLpgBeErsG fand sowohl bei akuter, wie nach chronischer Alkohol- intoxikation die Resistenz der Tauben gegen Milzbrand stark er- niedrist. ZaGarı & InnocEntTE wollen bei alkoholbehandelten, wie übrigens auch bei angestrengten, hungernden usw. Tieren einen Par- allelismus zwischen Herabsetzung der Empfänglichkeit und ver- minderter Alkaleszenz des Blutes konstatiert haben. Frösche sind durch Curare, Hunde durch Choralhydrat und Alkohol für Milzbrand empfänglicher zu machen (Praranta). Capkac fand, dab durch vorhergehende Sublimatinjektion (0,5 mg pro Kilo Körper- gewicht) die Milzbrandresistenz von Hunden herabgesetzt wird. Ca- LAMIDA bestätigt diese Angabe, betont aber, daß bei Hühnern eine gleiche Wirkung des Sublimats nicht zu konstatieren ist. Nach intra- venöser Injektion von Chloralhydrat will Smoncını bei Kaninchen sogar vom Darm aus durch Milzbrandbacillen sichere Infektion er- reicht haben. Chloroformäthernarkose hebt nach Kırın & Cox- WELL die Immunität von Fröschen und weißen Ratten für Milzbrand völlig auf, wenn die Infektion während der Narkose oder kurz vorher erfolgt. Einatmung von Kohlensäure läßt Kaninchen und Meer- schweinchen einer späteren Milzbrandinfektion, auch mit abge- schwächten Kulturen, rascher und sicherer erliegen als sonst. Ebenso sterben Hühner und Tauben nach vorhergehender Kohlensäure-Inhala- tion weit prompter. Kohlenoxyd-, Schwefelwasserstoff- und Schwefel- kohlenstoff-Einatmung wirkt in der gleichen Weise (pr MATTEL). Durch Vorbehandlung mit Phloridzin, Pyrogallol, sowie Wut- virus konnte MarTEL die Resistenz von Hunden erheblich herab- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 40 626 G. SOBERNHEIM, setzen. Nach Martzew soll subkutane Impfung mit Filtraten von Milzbrandbouillonkulturen Kaninchen für eine spätere Infektion (nach 10—18 Tagen) empfänglicher machen. 3. Virulenz der Kulturen. Der Milzbrandbacillus zählt zu den exquisitinfektiösen Bak- terien derart, daß Impfung mit allergeringsten Mengen, wie z. B. das Ritzen mit der infizierten Platinnadel, schon sicheren Tod der Tiere zur Folge haben kann. Einige wenige Keime einer hochvirulenten Milzbrandkultur, möglicherweise sogar ein einziger Keim, rufen bei vollempfänglichen Tieren eine tödliche Infektion hervor (WATsoNn CHEYNE, GABRITSCHEWSKY, SOBERNHEIM, BARBER U. a.). Dies gilt in gleicher Weise für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen, und wenn sich in der Literatur nicht selten Mitteilungen finden, wonach für die letztgenannte Tierart weit größere Bakterienmengen erforder- lich seien, so ist dies nur bei Verwendung nicht vollvirulenter Milz- brandkulturen der Fall. Die Zahl der verimpften Keime ist, wie sich mit Hilfe einer exakten Dosierung unschwer feststellen läßt, auf den Verlauf derIn- fektion und den Zeitpunkt des Todes innerhalb gewisser Grenzen von Einfluß, nicht aber für den endgültigen tödlichen Ausgang. Voraus- setzung ist dabei, daß es sich um einen vollvirulenten Milz- brandstamm und eine vollempfängliche Tierart handelt. So sterben z. B. Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen selbst nach Verimpfung von !/so000000 Oese virulenter Kultur genau so gut, wie nach Impfung mit einer ganzen Oese, nur daß in dem letzteren Falle der Tod nach 24—36 Stunden, in dem anderen aber erst nach 5 bis 10 Tagen zu erfolgen pflegt. Für eine und dieselbe Kultur läßt sich somit etwa die folgende Skala ermitteln: Eine Maus stirbt bei sub- kutaner Infektion mit !/,go Oese nach 24—30 Stunden, mit 1/;ooo bis \/ıo0ooo Vese nach 30—40, mit 1/ıoo.ooo Oese nach 5058, mit 1/5300 000 Oese nach 75—82 Stunden, mit 1, 000000 Oese nach ca. 4 und mit go 000000 Vese nach 5—6 Tagen. Die Virulenz scheint, freilich weniger als dies bei anderen patho- genen Mikroroganismen der Fall, der natürlichen Abschwächung zu unterliegen, indem bei längerer Fortzüchtung im Laboratorium der ursprüngliche Grad der Infektiosität eine Abnahme aufweist (Koch, GAFFKY & LöFFLErR 1884, Artorne 1890, PanE 1892 u. a.), indessen läßt sie sich leicht auf dem üblichen Wege der Tierpassage wieder- herstellen. Nach den übereinstimmenden” Angaben von METSCHNI- KOFF (1890), SAWTSCHENKO (1891), DiEuDonNE (1894) u. a. gelingt dies am besten durch Verimpfung auf Tauben. Es soll damit nicht. nur eine spezifische Virulenzsteigerung der Milzbrandbakterien für diese eine Tierart, vielmehr eine allgemeine Erhöhung der Patho- genität auch für. andere Tiere, wie z. B. Meerschweinchen und Ka- ninchen, erreichbar sein. Das gleiche will: METSCHNIKOFF (1890) durch Tierpassage bei Ratten erzielt haben, und MArTEL bewirkte durch Hundepassage eine Virulenzsteigerung der Milzbrandbakterien für Hunde, Katzen, Tauben und Schafe. Zur Erhaltung der Virulenz bewährt sich Einschmelzen von Milzbrandaufschwemmungen (Kochsalzlösung) in Glaskapillaren und Aufbewahrung im Eisschrank, sowie Konservierung in Gestalt von Milzbrand. 627 Sporenseidenfäden. Nach der ersten Verimpfung auf Tiere, am besten Kaninchen, gewinnt man sofort wieder vollvirulente Kulturen. Ueber die Beziehungen der Virulenz zur Fähigkeit der Kapsel- bildung, sowie über Aggressine etc. vgl. Abschnitt „Immunität“. Praktisch wie theoretisch bedeutsam ist aber vor allem die Tat- sache, daß man imstande ist, auf künstlichem Wege Milzbrand- kulturen abzuschwächen. Zahlreiche Methoden können für diesen Zweck Verwendung finden. a) Methoden der Abschwächung. TOoUusSSAINT war der erste*), der Milzbrandbakterien künstlich abschwächte, indem er defibriniertes Milzbrandblut 10 Minuten bei 55° erhitzte. Er selbst war freilich der Ansicht, daß durch diesen Eingriff eine völlige Abtötung der Bakterien erreicht worden sei. Es ist das Verdienst PASTEURs, den Vorgang in seiner wahren Bedeutung erkannt und aufgeklärt zu haben. PASTEUR, CHAMBERLAND & Roux benutzten gleichfalls die Einwirkung erhöhter Temperaturen, aber in etwas anderer Weise, da sich die ToussaınTtsche Methode als wenig zuverlässig erwies. Sie bewirkten die Abschwächung durch länger dauernde Züchtung der Kulturen in neutraler Hühnerbouillon bei 42--43°,. Durch KocH, GAFFKY & LÖFFLER (1884) wurden die PASTEUR- schen Angaben im wesentlichen bestätigt, vor allen Dingen aber dahin ergänzt, daß sie einen Weg zeigten, um den Grad der Abschwächung in jedem Falle mit Bestimmtheit- zu fixieren. Sie stellten fest, daß die Empfänglichkeit von Kanin- chen, Meerschweinchen und Mäusen in der genannten Reihenfolge der fort- schreitenden Virulenzabnahme der Milzbrandkulturen parallel geht, in dem Sinne, daß zunächst Kaninchen, später Meerschweinchen und zuletzt Mäuse auf die Impfung mit den entsprechenden Kulturen nicht mehr reagieren. Mit der Dauer der Züchtung nimmt die Virulenz der Bakterien in pro- gressiver Weise ab, wobei es gleichgültig zu sein scheint, ob eine und dieselbe Kultur während der ganzen Zeit bei 42—43° gehalten, oder aber regelmäßig. etwa täglich, eine Abimpfung auf neuen Nährboden vorgenommen wird. Ebenso kann statt der PastEurschen Hühnerbouillon auch gewöhnliche Rinder- oder Pferdebouillon, sowie Agar mit gleichem Erfolge Verwendung finden. Schon nach wenigen Tagen verliert der Milzbrand unter den erwähnten Bedingungen seine sichere Wirkung für Kaninchen, nach 10—20 Tagen geht die Infektiosität für Meerschweinchen allmählich verloren, so daß der sog. „Mäusemilzbrand“, ein nur noch bei Mäusen tödlicher Stamm, resultiert, und nach noch längerer Zeit kann endlich eine völlig avirulente Varietät erhalten werden. Ganz exakte zeitliche Werte für die Züchtung lassen sich infolge der verschiedenen unberechenbaren Einflüsse, die bei dem Zustandekommen der Abschwächung mitwirken, begreif- licherweise nicht angeben. Nach Preısz (1908) scheint sich die Abschwächung nicht gleichzeitig und gleichmäßig bei allen Bakterien einer Kultur zu voll- ziehen, so daß aus einem der Abschwächung unterworfenen Stamm nebeneinander Varietäten verschiedener Wirkung isoliert werden können. Man muß von einer Einzelkolonie abimpfen, um eine Kultur von bestimmtem, konstantem Virulenz- grad zu erhalten. Die von PASTEUR zu Schutzimpfungszwecken benutzten Vaccins (ef. Abschnitt VIII, Immunität) sind abgeschwächte Milzbrandkulturen, deren eine (I. Vacein) für Meerschweinchen, deren andere (II. Vaccein) für Kaninchen nicht mehr volle pathogene Wirksamkeit besitzt. Die Abschwächung der so erhaltenen Kulturen erweist sich, wie PASTEUR und seine Mitarbeiter, CHAMBERLAND und Rovx, fanden, als eine konstante und bleibt bei weiterer Uebertragung in Bouillon und Fortzüchtung bei gewöhn- licher Brütwärme, 35—37°, dauernd unverändert. Auch auf dem Wege der Tierpassage ist eine Rückkehr zur Virulenz schwer zu erzielen, und nur ganz ausnahmsweise und zufällig pflegt dies beobachtet zu werden, namentlich dann, wenn die Abschwächung der Kulturen in sehr kurzer Zeit bewirkt worden war (KocH, GAFFKY & LÖFFLER). TSILINnSKI fand eine mäßige Virulenzzunahme des I. Vacein nach Kaninchen- und Mäusepassage durch 15—16 Generationen. Nach ...) Ueber die ältere Angabe BucHners (1830), daß es ihm gelungen sei, Milzbrandbacillen durch künstliche Abschwächung in Heubacillen umzuzüchten, können wir heute wohl hinweggehen. 40* 628 G. SOBERNHEIM, CIENKOWSKI soll es gelingen, die Konstanz des einmal vorhandenen Virulenz- grades bei abgeschwächten Kulturen durch Murmeltierpassage noch weiter zu sichern. Nach PastEurs Auffassung sollte wesentlich der Sauerstoff der Luft die Abschwächung herbeiführen, die hohe Temperatur aber lediglich die Sporenbildung verhindern und damit eine langdauernde Einwirkung des Sauerstoffes auf die Stäbehenformen ermöglichen, während KocH gerade umgekehrt in der erhöhten Temperatur das abschwächende Moment erblickte, um so mehr als geringe Tem- peraturdifferenzen Gang und Grad der Abschwächung sehr entscheidend be- einflußten. Dieser Anschauung schloß sich auch CHAuUvEAU (1882) an, auf Grund von Versuchen, die dafür zu sprechen schienen, daß bei Sauerstoff- abschluß eine Abschwächung durch erhöhte Temperatur noch rascher erfolgt. CHAauvEAU (1883) modifizierte im übrigen das PasrtEursche Verfahren in der Weise, daß Hühnerbouillon, mit Milzbrandblut geimpft, nur 20 Stunden bei 42—-43° belassen, dann für 1—3 Stunden, je nach der gewünschten Abschwächung, auf 47° erwärmt wurde. Ein neues Verfahren CHauvzAus (1884) bestand in der Züchtung der Milz- brandbaeillen bei 33—39° unter gleichzeitigem Druck von 8 Atmosphären. Eine Rückkehr der Virulenz läßt sich jedoch bei derartig abgeschwächten Kul- turen nach CHAauvEAau (1889) durch Züchtung in Blutbouillon wieder herbei- führen, und zwar bewirkt Zusatz von Meerschweinchenblut zur Bouillon Viru- lenzsteigerung für Meerschweinchen, Mäuse und Kaninchen, Zusatz von Hammel- blut auch eine solche für Schafe. WOSSNESSENSKY hatte in ähnlicher Weise Abschwächung durch Züchtung der Kulturen bei 42—43° unter 3—6 Atmosphären Druck erzielt. Demgegenüber erreicht man durch Kultivierung der * Bakterien bei 35° unter 3—13 Atmo- sphären Druck, wie WOossNEssENSKY fand, gerade das Umgekehrte, nämlich Zunahme der Virulenz. ArLoınG (1886) konstatierte, daß das Sonnenlicht, ehe es Kulturen ab- tötet, eine Verminderung der Virulenz bewirkt. Vgl. auch PAnsını, DI Donna und andere. Roux & CHAMBERLAND bedienten sich zur künstlichen Abschwächung des Zusatzes von Desinfizientien zum Nährsubstrat. So konnte durch Karbol- säure (1 Teil : 600-800 Teile Bouillon) oder Schwefelsäure (1:200) Ab- schwächung erreicht werden. Ebenso bewährte sich gut Zusatz von doppeltehrom- saurem Kali (1:2000—1:5000) zur Bouillon, wodurch Sporenbildung ver- hindert, rasche Abschwächung herbeigeführt und bereits nach 10 Tagen ein für Schafe völlig avirulenter Milzbrandstamm erhalten wurde. Abgeschwächte Milzbrandstämme sind ferner durch Züchtung der Bakterien auf fetthaltigen Nährböden (MANFREDI), durch Einwirkung von Pyoctanin (ERAUD & HUGOUNENQ), Meerwasser (PInNnA) usw. zu erhalten. Bei Kulti- vierung in filtrierter toxinhaltiger Diphtheriebouillon will MurıLLo nach wiederholten Passagen einen stark abgeschwächten und asporogenen Milzbrand gewonnen haben. Im Körper refraktärer oder wenig empfänglicher Tierarten (Frösche) scheint gleichfalls bisweilen Abschwächung der Kulturen beobachtet zu sein (LUBARSCH 1888, SAnARELLI 1891). OGATA & JASUHARA wollen bei Züchtung auf sterilisiertem Froschblut den Mäusemilzbrand völlig avirulent ge- macht haben. Demgegenüber stellte DirTTHoRN fest, daß in der Leber des Frosches eine Abnahme der Virulenz für Mäuse selbst nach zahlreichen Passagen (25) nicht stattfindet. Trotz gewisser morphologischer Degenerationserscheinungen schien in seinen Versuchen die Virulenz des Passagemilzbrandes eher zuzunehmen. Nach PrısaLıx (1900) werden Milzbrandbacillen im Hundekörper ihrer Virulenz beraubt. Aehnliches konstatierte Frank (1890) für Sporenfäden, die einige Zeit (24 Stunden und länger) im Körper der weißen Ratte verweilt hatten. Im Körper des Blutegels tritt gleichfalls Abschwächung ein (MARINO). . „Inwieweit endlich in dem Serum künstlich immunisierter Tiere die Virulenz der Milzbrandbakterien herabgesetzt wird, wie dies z. B. METSCHNIKOFF (1887), pe Nırris u. a. behaupten, wird bei späterer Gelegenheit (Kapitel „Immunität“) noch weiter zu erörtern sein. b) Eigenschaften der abgeschwächten Stämme. Es gelingt somit durch eine Reihe verschiedener Methoden in den Besitz abgeschwächter Milzbrandstämme zu gelangen, die im allge- meinen den künstlich geschaffenen Abschwächungsgrad nunmehr als EETETIBDUETDER Milzbrand. 529 unveränderliche Eigenschaft bewahren. Diese echte Abschwächung ist, im Gegensatz zu der geringeren pathogenen Wirksamkeit, wie sie natürlich auch bei an und für sich virulenten Stämmen in älteren Bouillon-, Gelatine- usw. Kulturen angetroffen und vielfach mit Un- recht als „Abschwächung“ bezeichnet wird, dadurch charakterisiert, dab selbst junge, 12—18-stündige, unter besten Wachstumsbedingungen entwickelte Kulturen niemals volle Virulenz an den Tag legen. Es äußert sich, wie wir sahen, diese verminderte Pathogenität der abge- schwächten Milzbrandstämme zunächst in dem un gleichmäßigen Verhalten der verschiedenen Tierarten, sie ist aber auch ferner die Ursache, daß die einzelnen Individuen der gleichen Mierart auf die Impfung in sehr verschiedener Weise reagieren und eine sichere Dosierung wie bei virulenten Kulturen in keiner Weise mehr gestatten. Es kann sich z. B. ereignen, dab von 3 Kaninchen, die mit gleichen Virusmengen des PastEurschen Vacein II geimpft werden, das eine nach 3 Tacen stirbt, das zweite nach längerer Erkrankung mit dem Leben dav onkommt, das dritte überhaupt nicht in nennenswerter Weise reagiert. Auch sieht man mitunter Tiere, die eine relativ geringe Dosis erhalten haben, der Infektion erliegen, wäh- rend andere mit einer höheren Dosis ohne alle Krankheitserschei- nungen bleiben. Dies ist bei virulenten Kul- turen niemals der Fall. Nach morpho- logischem Verhalten bestehen zwischen den abgeschwächten Milz- brandstämmen und den virulenten nur relativ geringfügige Differen- zen. Schon PAsTEUR fand, daß die durch Züchtung bei höheren Temperaturen gewon- nenen Vaccins äußer- lich dem virulenten Milzbrand vollkommen glichen, ‚eine Beobach- Fig. 11. Abgeschwächter Milzbrand, Milzsaft, tung, die von KocH Maus. Ausstrichpräparat, Alkoholfixierung, Fuchsin- und seinen Mitarbeitern färbung. Vergr. 750-fach. im wesentlichen be- stätigt werden konnte. Das gleiche gilt ganz allgemein von abgeschwächten Kulturen, und es unterscheidet sich z. B. der „Mäusemilzbrand‘ oder selbst ein völlig avirulenter Milzbrandstamm in dieser Hinsicht kaum von den aller- virulentesten Kulturen. Gewöhnlich wird als eine charakteristische Eigentümlichkeit der abgeschwächten Milzbrandstämme ihre Neigung zu) längerer Fadenbild ung angegeben, während man von anderer Seite (PASTEUR, CHAMBERLAND & Roux) gerade das Umgekehrte, nämlich die ausge- 630 G. SOBERNHEIM, sprochene Neigung, in Bouillonkulturen nur ganz kurze Fäden zu bilden und dementsprechend sich leichter und diffuser in der Flüssig- keit zu verteilen, als charakteristisch hervorgehoben hat. Offenbar spielen Eigentümlichkeiten der ursprünglichen Milzbrandrasse, viel- leicht auch die Art der künstlichen Abschwächung hierbei eine Rolle. Ebenso sind die neuerdings beobachteten mutationsartigen Typen- änderungen wohl von Einfluß. Wenigstens scheinen bei abge- schwächten Stämmen ebenso wie bei. virulenten natürliche Varietäten aufzutreten, die sich durch morphologische und kulturelle Besonder- heiten von dem eigentlichen Typus unterscheiden (MARKOFF). Deutlicher können gewisse morphologische Besonderseiten inner- halb des Tierkörpers zutage treten, und man findet in der Tat bei Anfertigung frischer Ausstrichpräparate aus Blut oder Milzsaft von Tieren (Mäusen), die nach der Impfung mit abgeschwächten Kulturen zugrunde gegangen sind, in manchen Fällen längere, dabei gleich- zeitig in ihrer äußeren Form veränderte Mil zbrandelemente. Die Fäden sind verdickt, lassen schon bei gewöhnlicher Färbung (Fuchsin) eine stark entwickelte Kapsel, sowie Zerfallserscheinungen des proto- plasmatischen Zellinhalts erkennen und erscheinen dort, wo die ein- zelnen Stäbchen sich gegeneinander absetzen, kugelig aufgetrieben (Fis. 11). In Beine präparaten sieht man bis- weilen die feinen Ge- fäße, besonders schön und instruktiv die Glo- merulischlingen der Nie- ren, mit ungewöhnlich langen Milzbrandfäden und Knäueln angefüllt (Fig. 12). Wir haben es hier wohl mit einer Erscheinung zu tun, die auf eine besondere Em- pfindlichkeit der abge- schwächten Bakterien zu- rückzuführen ist, diesen aber nicht etwa als kon- stantes und spezifisches Fig. 12. Abgeschwächter Milzbrand, Niere, Mer- Merkmal zukommt, viel- schweinchen. Se hnittpräparat, Färbung nach GRAM. mehr auch bei viru- (Gegenfärbung: Lithionkarmin.) Vergr. 750-fach. jenten Kulturen beobach- tet werden kann, sobald. die letzteren einer länger dauernden schädigenden Einwirkung der tierischen Gewebssäfte unterworfen sind. So erhält man ganz analoge Bilder von Milzbrandhacillen, die, wie früher erwähnt, einige Zeit in flüssigem Serum be- lassen werden, oder aber in a vom Milzsaft solcher Tiere, die mit geringsten Spuren (Y;oo000—Yı 000000 Oese) virulenten Milzbrandes infiziert und erst nach einer größeren Anzahl von Tagen eingegangen sind, endlich auch bei Verimpfung virulenter Kulturen auf wenig empfängliche Tiere, wie z. B. Frösche, in deren Körper Milzbrand. 631 die Bakterien unter gewissen Bedingungen zu äußerst langen Fäden und verflochtenen Spirulinenformen auswachsen können (PETRUSCHKY 1888). Anderseits lassen sich die beschriebenen Eigentümlichkeiten keineswegs etwa regelmäßig bei abgeschwächtem Milzbrand beobachten. Meist zeigen abgeschwächte Bacillen in Blut und Gewebssaft der nach der Impfung eingegangenen Tiere das gleiche morphologische Verhalten wie virulente. Ebenso wie durch die äußere Form lassen die abgeschwächten Stämme auch in ihrem kulturellen Verhalten nur geringfügige Unterschiede gegenüber virulenten Kulturen hervortreten. So zeigen abgeschwächte Milzbrandkulturen gelegentlich ein etwas verzögertes und weniger üppiges Wachstum, wie zuerst schon durch PAsTEUR, Koch, CHAUvEAU u. a., dann namentlich aber durch SMIrRnow in eingehenden Untersuchungen dargetan werden konnte. Im Gegensatz zu CHuauveat, der das schwächere Wachstum einfach mit der Ueber- tragung in neues Nährmaterial zu erklären suchte, betonte SMIRNOW mit Entschiedenheit, daß die Wachstumsverminderung ohne Frage als eine Herabsetzung der Lebens- und Proliferationsenergie der Bakterien und damit als eine Art degenerativer Ver- änderung aufzufassen sei. Auf allen Substraten pflegt die Ent- wickelung im Vergleich mit virulenten Stämmen etwas langsamer, die Verflüssigung der Nährgelatine unvollkommener zu erfolgen, und zwar proportional dem Grade der Abschwächung (SMIRNOW, (GrAMA- LEIA). Die Kolonien zeigen mitunter eine sehr homogene, glattrandige Beschaffenheit. Auch neigen wenig virulente oder ganz avirulente Stämme zu raschem Absterben auf künstlichen Substraten. Sporen- bildung erfolgt dagegen bei den Pasteurschen Vaccins so gut wie auch sonst, bleibt höchstens bei dem Mäusemilzbrand etwas zurück und fehlt in der Regel nur bei den völlig avirulenten Kulturen. Die Behauptung, daß die Zahl der Bages-Ernstschen Körnchen bei viru- lenten Stämmen eine größere sei als bei abgeschwächten, kann nach den Untersuchungen von AscorLı und KROMPECHER kaum als all- gemein gültige Regel angesehen werden. Gewisse Unterschiede sollen hinsichtlich der Kapselbildung bestehen, und manche Autoren er- blicken neuerdings hierin geradezu das Wesen der Abschwächung (vgl. S. 666). Nach Preısz ist die von ihm in besonderer Weise ge- wonnene und genauer untersuchte Kapselsubstanz (,Anthrakomuein‘) bei dem abgeschwächten Milzbrand weicher als bei virulenten Bak- terien; sie zerfließt rascher und löst sich leichter. Völlig avirulente Stämme können nach Preısz überhaupt keine Kapsel mehr bilden. Der Stoffwechsel gibt gewisse Alterationen zu erkennen. Nach v. BEHrınG (1888) soll der abgeschwächte Milzbrand weniger Säure als vollvirulente Kulturen produzieren, während die Reduktionsfähig- keit, geprüft an Stichkulturen in Lackmusagar, sowie die Bildung von Schwefelwasserstoff der Virulenz umgekehrt proportional zu verlaufen scheint (v. BEHRING, ANDREJEw). Ferner will AnDREIEw gefunden haben, daß die Fähigkeit, Glyzerin und Fette (Olivenöl) zu spalten, umgekehrt, die Fähigkeit, Stärke in Zucker umzusetzen und Eiweiß zu peptonisieren, dagegen direkt proportional der Bakterienvirulenz ist. Gegenüber Schädigungen sind die abgeschwächten Bakterien weniger resistent als virulente. So wirkt Zusatz von Salzsäure oder Karbolsäure zur Gelatine auf die Vaccins stärker entwickelungs- hemmend, als auf andere Kulturen (Smirxow). 5-proz. Karbolsäure 632 G. SOBERNHEIM, tötet die Sporen der abgeschwächten Kulturen sicher nach 5—8 Tagen (SMIRNow), und Erhitzen auf 80° schädigt sie gleichfalls in erheb- licheren Maße als virulente Milzbrandsporen (CHauvEeau 1833). 4. Infektionsmodus. Als Eintrittspforten für die experimentelle Milzbrandinfektion stehen alle drei überhaupt in Betracht kommenden Wege offen, näm- lich Impfung, Fütterung und Inhalation. a) Impfung. Die einfachste und gebräuchlichste Art der Milzbrandimpfung ist diesubkutane, wobei man das Impfmaterial entweder unter die Haut spritzt oder in eine Hauttasche einträgt. Die Benutzung sporenfreien oder sporenhaltigen Materials läßt irgendwelche Differenzen kaum her- vortreten. Die Tiere gehen beispielsweise nach der Impfung mit viru- lenter junger Milzbrandkultur oder frischen Milzbrandorganen genau in der gleichen Weise zugrunde, wie nach der Einverleibung von Sporenseidenfäden. Bei empfänglichen Tieren, z.B. Meerschweinchen, genügt es schon, das virulente Material in die kurz geschorene, intakte oder durch oberflächliche Abschürfungen und Skarifikationen leicht lädierte Haut einzureiben (MACHNOFF, GALTIER, TREUTLEIN). Ja selbst vorsichtiges Aufträufeln oder Aufpinseln der Bakterien kann nach GALTIER von der rasierten und skarifizierten Rückenhaut der Meerschweinchen aus wirksam sein. Durch frische Wunden wird, wie die später noch näher zu besprechenden Untersuchungen von SCHIMMELBUSCH (1894) gelehrt haben, die Aufnahme der Milzbrand- keime sehr wesentlich begünstigt. Diese Tatsache ist auch von anderer Seite, durch NoETzEeL (1898 und 1900), dem eine Infektion von frischen Wunden aus durch Einreiben des Infektionsstoffes immer sicher gelang, bestätigt, durch FRIEDRICH aber dahin eingeschränkt worden, daß ein bloßes Eintauchen frischer Wunden in eine virulente Milzbrandemulsion, ohne weitere mechanische Unterstützung, nicht zu einer allgemeinen Infektion zu führen pflegt. Daß junges Granu- lationsgewebe, sowie natürlicher oder künstlich erzeugter Wundschorf (Brand- oder Aetzschorf) im Gegensatz zu frischen Wunden ein Ein- dringen der äußerlich aufgetragenen Milzbrandbakterien verhindert, ist durch AranassıErFf, NOETZEL (1897), P. Conan, Gans u. a. in zahlreichen Versuchen festgestellt worden. Während vielfach behauptet wird, daß von der Blutbahn aus eine Milzbrandinfektion sicherer zu erzielen sei als bei subkutaner Verimpfung, dürfte eher wohl das Gegenteil den Tatsachen entsprechen. Es kann nach den Ermittelungen von NorrtzeL (1398) kaum einem Zweifel unterliegen, daß Tiere eine reine intravenöse Injektion von beträchtlichen Bakterienmengen, wie sie bei subkutaner Ver- impfung ohne weiteres tödlich wirken, noch zu ertragen vermögen, sofern nur mit Sicherheit eine Infektion des Unterhaut-Zellgewebes vermieden wird. Die ältere Angabe von v. Fopor (1886), daß auch mit Vermeidung einer Infektion der umgebenden Gewebe Milzbrand- bakterien bei direkter Einbringung in die Blutbahn sicher zum Tode führen, ist jedenfalls dahin zu modifizieren, daß bei exakter Dosierung des Infektionsstoffes (NoETZEL) die Ueberlegenheit der subkutanen Impfung unverkennbar hervortritt. Nach Koschaıx soll Infektion von Milzbrand. 633 der Ohrvene aus bei Kaninchen rascher zum Tode führen, als In- jektion der Bakterien in einen Ast der Pfortader. Nach RocEr & GARNIER bleiben Tiere bei Injektion von Milzbrandbacillen in die Pfortader oder Darmvenen am Leben. -Reine intraperitoneale Impfung wirkt gleichfalls unsicherer als die subkutane, sobald eine Infektion der Bauchdecken sorgfältig vermieden wird. Kaninchen und Meerschweinchen widerstehen in diesem Falle der intraperitonealen Injektion selbst größerer Mengen virulentester Kultur (NoETZEL 1898, van LEENT). Milzbrandsporen gelangen nach Ranzırwsky in der Bauchhöhle von Meerschweinchen schwerer zur Auskeimung als im Unterhautzellgewebe. Impfungen in die Hornhaut sind bei Kaninchen wenig wirksam. Frank (1885) fand bei Einbringung des Infektionsstoffes durch Schnitt oder Stich in die Kaninchencornea nur geringe Trübung als Folge des Traumas, aber keinerlei infektiöse Erscheinungen. Aehn- liche Erfahrungen hat LiaKHovETsky gemacht, während STRAUS so- wohl mit Sporen wie mit sporenfreiem Milzbrandblut etwas bessere Resultate erhalten und die Tiere nach 1—2 Wochen getötet haben will. Hırora konnte durch Uebertragung von Milzbrandbakterien in den intakten Conjunctivalsack bei Mäusen, Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen so gut wie niemals Allgemeininfektion erzielen, wie dies früher auch bereits durch BRAUNnscHwEIG festgestellt worden war. Die positiven Ergebnisse von RÖMER (1899) und MAYER (1900) sind offenbar durch stärkeres, gewaltsames Einreiben des Materials in die Conjunctiva zu erklären. Von der vorderen Augenkammer aus gelingt eine Milzbrandinfektion nach MArTINnoTTI & TEDEScHI, sowie BAUMGARTEN Sicher, wogegen MANFREDI & Vıora bei Kanin- chen und Meerschweinchen erst relativ große Mengen von 1/ao—!/ao ccm virulenter Milzbrandkultur wirksam fanden. Intracerebrale Im- pfung erwies sich ferner nach den Untersuchungen von MARTINOTTI & TepescHı bei Kaninchen und Meerschweinchen viel wirksamer als die subkutane. Auch Hunde, weiße und graue Ratten, Tauben und oft selbst Schildkröten, denen nach Trepanation oder durch eine kleine Oeffnung des Schädeldaches mittels feiner Glasröhrchen Milzbrand- keime eingebracht wurden, gingen fast ausnahmslos zugrunde. Ebenso wirkte Impfung in das Lendenmark. Für Meerschweinchen konnte der sichere und rapide tödliche Verlauf innerhalb 12—18 Stunden nach intracerebraler Milzbrandimpfung durch Pane (1892) bestätigt werden. Impfungen in das Knochenmark führte Costantınt aus. b) Fütterung. Schwieriger als durch Impfung gelingt die Infektion der Ver- suchstiere vom Magendarmkanal aus, wie schon durch Koch, GAFFKY & LÖFFLER (1884) bei ihren ersten grundlegenden Prüfungen festgestellt wurde. Für Milzbrandbacillen kommt diese Eintritts- pforte wohl überhaupt nicht in Betracht, da sie in dem Magen, wesentlich unter dem Einfluß des sauren Magensaftes, schon meist abgetötet werden und somit überhaupt nicht Gelegenheit finden, in die tieferen Abschnitte des Verdauungstractus zu gelangen. Aber auch die- jenigen Bacillen, welche den Magen passieren, können nicht in die Darmwand tiefer eindringen und werden ziemlich rasch ausgeschieden (UFFENHEIMER). Die Fütterung selbst hochempfänglicher Tierarten 634 G. SOBERNHEIM, mit sporenfreiem Kulturmaterial oder mit Organstückchen und Ge- webssäften von Milzbrandtieren bleibt völlig wirkungslos. Auch die Erfahrung, daß Menschen nach dem Genusse milzbrandigen Fleisches in der Regel nicht an primärem Darmmilzbrand zu erkranken pflegen, dürfte in gleichem Sinne sprechen. In Fällen, wo sporenfreie Milz- brandkeime nach Einverleibung per os doch einmal zu einer Infektion führen, läßt sich als Eintrittspforte immer die Schleimhaut von Mund oder Rachen (Tonsillen) nachweisen; es handelt sich dann also um eine Art Impfung, nicht um eine Darminfektion. Nur junge, neugeborene Tiere machen nach v. BEnrıns (1903) eine Ausnahme von der eben erwähnten Regel. Versuche an Meer- schweinchen zeigten ihm, daß Verfütterung von virulenten Milzbrand- bacillen in diesem Falle tödlich wirkt, und daß selbst avirulente Ba- cillen die Darmwand durchdringen und in das Blut übergehen können, während die Tiere am Leben bleiben. Als Durchtrittsstelle spricht v. Berring die Magen- und Blinddarmwandung an. Erwachsene Meer- schweinchen verhielten sich gegenüber dem gleichen Infektionsmodus auch in seinen Versuchen refraktär. UFFENHEIMER konnte freilich die v. Benrınsschen Angaben in keiner Weise bestätigen. Er gelangte bei gleicher Versuchsanordnung in umfangreichen Experimenten zu völlig entgegengesetzten Ergebnissen und konnte bei neugeborenen Tieren (Meerschweinchen) durch Milzbrandbacillen niemals eine Infektion vom Darm aus erzielen, selbst nicht durch Verfütterung hochvirulenter Kulturen. Demgegenüber stößt die Erzeugung von Darm- oder Fütterungs- milzbrand auf dem Wege der Sporeninfektion auf keine erheblichen Schwierigkeiten. Es steht dieser Infektionsmodus vielleicht an Sicher- heit des Erfolges hinter dem der Impfung zurück, führt aber doch in den meisten Fällen, wenigstens bei hochempfänglichen Tierarten, zum Ziele. Die einverleibten Sporen keimen im Darm aus, dringen in die Darmschleimhaut ein, wo sie sich nunmehr weiter vermehren und nach örtlicher Einwirkung in Form von hämorrhagischer Infiltration und Geschwürsbildung alsbald zur Allgemeininfektion schreiten. So konnten R. Koch und seine Mitarbeiter Schafe dadurch töten, daß sie ihnen entweder größere Mengen sporenhaltiger Milzbrandkultur per os ein- flößten oder aber längere Zeit hindurch Sporenseidenfäden dem Futter beimischten. Auch Kaninchen, Meerschweinchen und Ratten sind durch Verfütterung großer Sporenmengen zu infizieren (Ü. FRAENKEL 1890, SOBERNHEIM, NIkoLsky), während ein gleiches bei weißen Mäusen nach den Ermittelungen von R. Koch (1876), KoRKUNOFF u. a. nicht gelingen, die Darmschleimhaut dieser Tiere vielmehr einen sicheren Schutzwall darstellen soll. Tödlicher Verlauf nach Sporen- fütterung bei Mäusen spricht, wie KoRKUNOFF zeigte, für Aufnahme der Sporen von anderen Stellen aus, namentlich von Mund- und Rachenschleimhaut. Auch CROooKSHANK weist darauf hin, daß die Tonsillen bei der Milzbrandfütterung als Eintrittspforten nicht ohne Bedeutung seien. Die Schwierigkeit, bei wenig empfänglichen Tieren, wie z. B. Schweinen, eine Fütterungsinfektion zu erreichen, ist bereits früher hervorgehoben worden. c) Inhalation. Daß auch die Lungen als Eintrittspforte den Milzbrandkeimen offen stehen, hat zuerst BucHner (1880,1887u.1888) in überzeugender Milzbrand. 635 Weise dargetan. Es gelang ihm, Milzbrandinfektion bei Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen dadurch herbeizuführen, dab er die Tiere getrocknete und verstäubte Milzbrandsporen, die an verschieden- artigen Staubmassen (Kohlepulver, Talk etc.) hafteten, einatmen lieb. Bei der Inhalation naß verstäubter Sporen und Stäbchen war der Erfolg weniger sicher. Ebenso erwies es sich als nötig, möglichst große Bakterienmengen den Lungen zuzuführen. Durch genauere histologische Untersuchungen und Kontrollversuche konnte festgestellt werden, daß es sich in diesen Fällen tatsächlich immer um echten, primären Inhalationsmilzbrand handelte, bei dem die Aufnahme der Keime in Stäbchen- oder Sporenform lediglich von der Lungenober- fläche aus stattgefunden hatte. Im besonderen wurde von BUCHNER die auch später von anderer Seite (MUSKATBLÜTH) bestätigte Tatsache betont, dab eine erfolgreiche Infektion auch bei völlig unver- sehrter Beschaffenheit der Alveolarschleimhaut zustande kommt. Je nach der Verwendung von Milzbrandsporen oder Milzbrand- bacillen war der Verlauf bei den Buchxerschen Versuchen übrigens ein verschiedener. Während in dem ersteren Falle die aus den Sporen ausgekeimten Stäbchen direkt durch die Alveolarwand in die Grefäße (Kapillaren) hineinwuchsen und zu einer Allgemeininfektion führten, ohne weitere nennenswerte örtliche Entzündungserscheinungen zu veranlassen, trat bei der Einatmung von Milzbrandbacillen die Lokal- reaktion in den Vordergrund. Es kam stets schon frühzeitig zur Ent- stehung einer serofibrinösen Pneumonie und Anfüllung der Alveolen mit reichen Mengen eines Exsudates, in dem sich die Stäbchen zu dichten Knäueln entwickelten. Die BucHxerschen Versuche fanden durch MuskATBLürTH, der die Bakterien intratracheal injizierte, weit- gehende Bestätigung und Ergänzung. Ebenso zeigte ENDERLEN, dab auch bei größeren Tieren, nämlich Schafen, eine Milzbrandinfektion mittels Sporen von den Lungen aus zu erreichen ist. 3 Versuchstiere starben prompt 2—7 Tage nach der Inhalation, während Verfütterung der Sporen an ein Kontrollschaf ohne Erfolg blieb. WvyssokowITscH (1889) wählte einen etwas anderen Infektionsmodus, kam aber auch zu den gleichen Ergebnissen. Er injizierte mittels Trachealkatheters das Kulturmaterial den Tieren (Kaninchen) direkt in die Luftröhre und erreichte von hier aus Uebertritt der Bakterien in le Blutbahn und Allgemeininfektion. In entschiedenem Gegensatz zu den bisher berichteten Versuchs- ergebnissen und Beobachtungen stehen die Angaben anderer Autoren. So gelangte Morse bei Nachprüfung der Buchwerschen Versuche zu gänzlich negativen Resultaten. Ebenso berichtet HILDEBRANDT, völlig abweichend von WyssokowıtscH, daß es ihm bei Einführung viru- lenter Milzbrandbouillonkulturen 0, 1—0,5 ccm) durch eine vernarbte Trachealfistel niemals geglückt sei, Kaninchen von den Lungen aus zu infizieren. Tscuıstovitch will bei ähnlicher Versuchsanordnung konstatiert haben, daß die Milzbrandbacillen in den Lungen von Phagocyten aufcenommen und vernichtet werden. Positive Ergebnisse sind nach seiner Ansicht lediglich durch eine Infektion der Haut- wunde, nicht aber durch Aufnahme der Bakterien von den Lungen aus zu erklären. Aehnlich äußert sich Gramarschrkorr auf Grund von Infektionsversuchen an Kaninchen mit Milzbrandsporen und Milz- brandbacillen. In keinem Falle kam es zur Entstehung einer Pneu- monie oder Allgemeininfektion, sofern nur eine vorsichtige Injektion 636 G. SOBERNHEIM, in die Trachea unter sorgfältiger Vermeidung einer Wundinfektion vorgenommen wurde. Die intakte Lungenoberfläche übt sogar nach dem Ausfall der GRAMATSCHIKOFFSchen Versuche eine vernichtende Wirkung auf Milzbrandbacillen aus, die nach kurzem Aufenthalt in den Alveolen Degenerationserscheinungen und bei der Verimpfung auf Mäuse deutliche Virulenzabnahme erkennen lassen. SNEL bestätigt gleichfalls, daß virulente Milzbrandbacillen und Milzbrandsporen bei Einführung in die Meerschweinchenlunge per Sonde und ohne Ver- letzung der Trachea oder des submukösen Gewebes rasch zugrunde gehen, und zwar die Bacillen schon nach ca. 1 Stunde, aber niemals eine Allgemeininfektion herbeiführen. Der Anschauung, daß von der intakten Lungenoberfläche aus eine Aufnahme der Milzbrandsporen oder Bacillen nicht stattfinde, schließt sich auch BAumGARTENn (1890) an. Er glaubt, gestützt auf die Beobachtungen von HILDEBRANDT, (FRAMATSCHIKOFF, ÜROOKSHANK U. a., daß bei dem „Inhalationsmilz- brand“ nicht die Lungen, sondern die Tonsillen, sowie Epiglottis, Larynx und Trachea die wahren Eintrittspforten darstellen. Im Hin- blick auf die vielen, in exakter Weise gewonnenen positiven Ergeb- nisse, sowie namentlich auf die später zu erwähnenden, durch gründ- liche histologische Untersuchungen gestützten Beobachtungen ErPrıx- GERS beim Menschen dürfte diese Anschauung jedoch nicht allgemein gültig und haltbar sein. Ohne Zweifel setzt das normale Lungen- epithel dem Eindringen von Mikroorganismen ein starkes Hindernis in den Weg, das aber von infektiösen Bakterienarten, wie z. B. Pneumokokken, Tuberkelbacillen u. a. besiegt werden kann und darum sicherlich auch für den Milzbrand nicht unüberwindlich sein dürfte. Daß erheblichere Bakterienmengen zur erfolgreichen Infektion in- haliert werden müssen, hat ja BucHner ausdrücklich anerkannt. Offenbar verhalten sich aber auch in dieser Hinsicht die einzelnen Tierarten verschieden, und es ist bemerkenswert, daß unter natür- lichen Verhältnissen lediglich der Mensch, aber keine der an sich viel empfänglicheren Tierarten von spontanem Lungenmilzbrand be- fallen wird. 5. Verlauf der experimentellen Infektion. a) Allgemeiner Verlauf. Nach der Infektion zeigen die Versuchstiere zunächst keinerlei irgendwie auffällige Symptome und erscheinen völlig gesund, abge- sehen von einer mehr oder minder erheblichen teigigen Anschwellung an der Injektionsstelle, wie sie bei subkutaner Impfung in der Regel zur Entwickelung gelangt. Erst kurze Zeit, unter Umständen nur wenige Minuten vor dem Tode, der bei hochempfänglichen Tieren, wie Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen, nach 1—2 Tagen zu erfolgen pflegt, treten die ersten Krankheitssymptome auf. Die Tiere kauern ruhig in einer Ecke des Käfigs, bis sie plötzlich umfallen und kurz darauf meist unter Krampferscheinungen zugrunde gehen. Fieber- hafte Steigerung der Körpertemperatur ist während des ganzen Krank- heitsverlaufes gewöhnlich nicht zu konstatieren. Dies gilt aber nur für kleinere Versuchstiere. Rinder und Schafe dagegen zeigen bei künstlicher Infektion etwa die gleichen Erscheinungen wie bei Spontanerkrankung und fiebern stark. Milzbrand. 637 Bei der Sektion findet man, wenn es sich um Impfmilzbrand handelt, an der Injektionsstelle ein ausgebreitetes sulzig-ödematöses Infiltrat, ferner die Milz stark vergrößert und von tief dunkelroter Färbung, im übrigen alle auch für den spontan erworbenen Milzbrand charakteristischen pathologischen Veränderungen (vgl. S.654). Die mikro- skopische Untersuchung lehrt, daß die Milzbrandbakterien durch den ganzen Körper verbreitet sind und das ausgesprochene Bild einer Septikämie darbieten. Die Verbreitung der Bakterien und die Art ihrer Verteilung innerhalb der einzelnen Organe läßt sich an Schnittpräparaten sehr schön zur Anschauung bringen. Die Her- stellung der Präparate kann auf dem Wege der einfachen Färbung mit Hilfe der gewöhnlichen wässerigen Lösungen der Anilinfarbstoffe erfolgen, oder aber zweckmäßigerweise nach der Gramschen Doppel- färbungsmethode. Sehr gut pflegt die Färbung zu gelingen, wenn man Fig. 13. Fig. 14. Fig. 13. Milzbrandbaeillen, Lunge, Meerschweinchen, Schnittpräparat. Färbung nach GRAM. Vergr. 600-fach. - Fig. 14. Milzbrandbaeillen, Milz, Meerschweinchen. Schnittpräparat. Färbung nach GRAM. (Gegenfärbung: Lithionkarmin.) Vergr. 750-fach. das Anilinwasser mit der alkoholischen Gentianaviolettlösung im Ver- hältnis von 2:1 oder selbst zu gleichen Teilen mischt und hiermit die Präparate ganz kurze Zeit, wenige Sekunden, behandelt. Statt des Gramschen Verfahrens sind auch dessen Modifikationen nach GÜNTHER, ÜZAPLEWSKI, KÜHNE und NIcoLLE, sowie die WEIGERTsSche Fibrinfärbung (cf. Methodik, Bd. I) mit bestem Erfolge zu benutzen. Man sieht alsdann die feinsten Kapillaren massenhaft mit Milzbrand- fäden angefüllt und stellenweise geradezu verstopft, während das Lumen der größeren Gefäße nur relativ spärlichen Bakteriengehalt aufweist. Besonders dicht durchsetzt von Milzbrandbacillen erscheint die Milz, auch dieLeber; in den Nieren sind es vorwiegend dieGlome- ruli, deren Schlingen mit Bakterien angefüllt sind, in der Darm- 638 G. SOBERNHEIM, schleimhaut finden sich in den Spitzen der Darmzotten reichlichere Anhäufungen. Auch im Knochenmark, wo sie eine Nekrose der stark vermehrten Markelemente bewirken, sind die Bakterien nach RoGER & Josuk regelmäßig anzutreffen. Eigenartige Beziehungen der Milzbrandbacillen zu endothelialen Zellen glaubten v. BEHRING & Much gefunden zu haben, indem sie an den Herzendothelien von Milzbrandtieren bei Färbung mit Me- thylenblau-Eosinlösung eine „Oxyphilie‘‘ — Rotfärbung des Cytoplasma — feststellten. Nach Hem (1904) scheint dıese oxyphile Substanz indessen nicht den Endothelien, sondern den Milzbrandbacillen zu entstammen und mit dem Mucin der Bacillen identisch zu sein. Heınm vermag daher auch der von v. BEHRING & Much ausgesprochenen Vermutung, daß die Oxyphilie mit der Antikörperbildung im Zu- sammenhang stehe, nicht beizupflichten. Eine Abweichung von dem typischen Krankheitsverlauf und pathologischen Bilde ist mitunter dann zu beobachten, wenn die In- fektion entweder mit weniger virulentem Material, also mit abge- schwächten Kulturen, oder aber an einer wenig empfänglichen Tier- art vorgenommen wird. In diesem Falle kann die Milzvergrößerung sich auf ein sehr geringfügiges Maß beschränken, die Veränderung der inneren Organe überhaupt nur unbedeutender Natur sein, vor allen Dingen die Zahl der Milzbrandbakterien in Blut und Gewebe weit hinter dem gewöhnlichen Befunde zurückstehen, während nur die Lokalerscheinungen ausgeprägteren Charakter zu tragen pflegen. So findet man öfters bei Meerschweinchen, Kaninchen, aber auch bei größeren Tieren, wie Schafen und Rindern, nach der Impfung mit einer tödlichen Menge abgeschwächter Kultur eine ödematöse Durch- tränkung des subkutanen Gewebes in einer Form und Ausdehnung, wie es bei der Verwendung hochvirulenten Materials nur selten zu beobachten ist. Auch bei nicht tödlichem Verlauf kommt es gelegent- lich zu sehr ausgebreiteten Infiltrationen, die allmählich nach außen durchbrechen, einen weißlichgelben, eiterähnlichen, sehr zähen, sterilen Inhalt entleeren, um erst nach längerer Zeit, unter Abstoßung nekro- tischer Hautstücke, wieder zur Rückbildung zu schreiten. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man die stärkere Lokalreaktion als ein Zeichen des erschwerten Eindringens der Bakterien in die inneren Gewebe und damit gleichsam als eine Abwehrmaßregel des infizierten Organismus betrachtet. In Uebereinstimmung hiermit ereignet es sich gelegentlich auch umgekehrt, daß die Verimpfung hochvirulenter Kul- turen bei sehr empfänglichen Tieren eine rasch verlaufende tödliche Allgemeininfektion herbeiführt, ohne daß es zur Entstehung irgendwie nennenswerter örtlicher Erscheinungen kommt. In diesem Zusammenhang sei ferner bemerkt, daß — gleichfalls ab- weichend von dem gewöhnlichen Verhalten — Tiere, die der Impfung mit abgeschwächter Kultur unterworfen werden, mit mehr oder minder erheblicher Temperatursteigerung zu reagieren pflegen. Von den morphologischen Veränderungen, welche bei abgeschwächter Infektion an den Bakterien innerhalb des Tierkörpers zu konstatieren sind, ist bereits an früherer Stelle die Rede gewesen. b) Wirkungsweise der Bakterien. Der Verlauf der experimentellen Infektion steht in engstem Zu- sammenhange mit der Verbreitung der Milzbrandkeime im Milzbrand. 639 Organismus. Ehe wir jedoch diesen Verhältnissen weiter nach- gehen, sei die wichtige Frage erörtert, welchen Eigenschaften und welchen Kräften die Milzbrandbakterien überhaupt ihre pathogene Wirksamkeit verdanken. «) Untersuchungen über Milzbrandgifte. Daß die intensive Vermehrung und weitgehende Verbreitung der Milzbrandbakterien innerhalb des Organismus für das Zustandekommen der Infektion von größter Bedeutung ist, kann kaum einem Zweifel unterliegen. Ebensowenig ist wohl in Abrede zu stellen, daß bei der massenhaften Ansammlung der Bakterien in lebenswichtigen Organen und bei der oft durch nahezu vollständige Verstopfung der Blut- kapillaren bewirkten Behinderung der Zirkulation das einfach mecha- nische Moment sehr gewichtig in die Wagschale fällt. Daß hierin indessen nicht das Wesen der infektiösen Wirkung zu suchen, und der Milzbrandtod der Tiere nicht etwa, wie man sich früher wohl vorstellen mochte, gewissermaßen auf eine „innere Erstickung“ zurück- zuführen ist, ergibt sich schon aus der Tatsache, daß in vielen Fällen die Zahl der Milzbrandbakterien eben eine relativ geringfügige bleibt, daß namentlich aber so weitgehende Läsionen des Gewebes (Nekrosen usw.), wie wir sie unter solcher Voraussetzung annehmen müßten, sehr häufig nicht wahrzunehmen sind. STRUEFF nimmt freilich neuer- dings wieder als Ursache des akuten Milzbrandtodes eine bakterielle Embolie der Lungen an. Nichts lag näher, als auch für den Milz- brand genau wie für die sonst bekannten Infektionskrankheiten an die Existenz eines spezifischen Krankheitsgiftes zu denken. Zahlreiche Untersuchungen haben sich mit dieser Frage beschäftigt. Die älteren Beobachtungen von ARCHANGELSKI, ROLOFF, OSOoL u. a., wonach die Milzbrandbacillen überhaupt nicht den primären Infektionsstoff dar- stellen, vielmehr erst aus gewissen „Protokokken“ unter dem Einfluß eines unorganischen, chemischen Giftes entstehen und wirksam werden sollten, dürfen wir wohl übergehen, um so mehr als die Angaben der genannten Autoren durch W. Koch nicht in einem Punkte bestätigt werden konnten. Ebensowenig führten die Untersuchungen von TATARSKI über Milzbrandgifte in Kulturen und Organen zu einwandfreien Ergebnissen. HorrA ist der erste, der auf experimenteller Grundlage die Anschauung vertrat, daß Milzbrandbacillen aus komplexen, im Organismus vorhandenen Verbindungen toxische Stoffe abspalten. Aus Fleisch- brei, der sterilisiertt und mit Milzbrandbakterien geimpft wurde, konnte durch HorrA ein sehr giftiger alkaloidartiger Körper extrahiert werden, der für Ka- ninchen, Meerschweinchen, auch Frösche in sehr kleinen Dosen tödlich war und milzbrandähnlichen Krankheitsverlauf bewirken sollte. Auch aus dem Körper von Milzbrandtieren will HorrA ein sehr wirksames Gift „Anthraein“ dargestellt haben. Hankın (1889) gewann aus Milzbrandkulturen eine Albumose, die bei Mäusen und Kaninchen in kleinen Dosen immunisierend, in größeren giftig wirkte. Bei späteren Versuchen fanden ferner HAnKkIN & WESBROOK in Kulturen, die in Fleischextrakt (Lösung 1:1000) unter Fibrinzusatz, sowie in besonders hergestellten Peptonlösungen bei 20° gezüchtet wurden, neben einem tryptischen Ferment eine Albumose, die für Ratten und Frösche sehr giftig war, nicht aber für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen. Die Ergebnisse, zu denen PETERMANN bei Nachprüfung dieser Untersuchungen gelangte, sprechen indessen nicht gerade zugunsten der Hankınschen Angaben. MArTıN berichtet über giftige Proto- und Deuteroalbumosen, sowie Alkaloide, die er aus Milz- brandkulturen auf reinen Alkalialbuminat-Nährböden erhalten haben will. Die Wirksamkeit der Albumosen wird nach Marrtın durch Kochen zerstört, die der Alkaloide wenig beeinflußt; letztere bleiben auch nach dem Erhitzen für Meer- schweinchen tödlich. Die Alkaloide bewirken Oedem und Tod, die Albumosen hauptsächlich Fieber. Auch im Körper von Tieren (Meerschweinchen, Schaf), die an Milzbrand gestorben, will MARTIN die gleichen Giftstoffe gefunden haben. 640 G. SOBERNHEIM, Durch die Verarbeitung wässeriger Auszüge von Milzbrandorganen (Leber, Milz, Lungen, Nieren) nach der Methode der Toxalbumindarstellung (cf. Bd. TI, Bakteriengifte) gelangten BRIEGER & Ü. FRAENKEL in den Besitz von giftigen Substanzen. BALP & ÜARBONE gewannen aus den Organen eines an Mi gestorbenen Menschen Eiweißstoffe, die für Mäuse und Meerschweinchen in ge- ringen Mengen toxisch waren. LanpI konnte aus Blut und Organen von Milz- brandtieren Albumosen darstellen, die schwache Giftigkeit für Kaninchen, Meer- schweinchen und Mäuse besaßen, gewann indessen ganz ähnliche Eiweißkörper aus den Organen völlig gesunder Tiere. In Milzbrandkulturen ließen sich keine giftigen Albumosen auffinden. MARTINOTTI & TEDESCHI wiesen in dem Gehirn von Milzbrandtieren toxische Substanzen nach. In gekochten Milzbrandkulturen fand KLEMPERER ein Protein, das bei Versuchstieren Fieber erzeugte, während E. Kreın (1894) durch intraperitoneale Verimpfung aufgekochter Kulturen (5 Minuten in kochendem Wasser) bei Meerschweinchen keinerlei Krankheits- erscheinungen entstehen sah. HEıMm & GEYGER konnten bei der Züchtung in Hühnereiern aus Milzbrandkulturen stark giftige Verbindungen erhalten. Die Ausbeute war allerdings gering, die bei Mäusen damit hervorgerufene Erkrankung von Milzbrand recht verschieden. Durch zahlreiche Experimente hat dann MARMIER den Beweis für die Existenz eines Milzbrandtoxins zu erbringen ge- sucht und glaubt auch, in einem durch Züchtung der Bakterien in glyzerin- haltiger Peptonnährlösung bei 20° erhaltenen Produkt einen Giftstoff ge- funden zu haben, der für die spezifische Wirkung der lebenden Infektionserreger verantwortlich zu machen sei. Man wird indessen bei genauerer Durchsicht der MArMIERschen Angaben und Versuchsprotokolle dieser Ansicht nicht ohne weiteres beipflichten können. Endlich gibt Boıpın an, daß mittels Chloroform und Aether Fettextrakte aus Milzbrandkulturen zu gewinnen sind, die bei Ver- suchstieren Oedem erzeugen. Nach einem patentierten Verfahren der Firma KALLE & Co., Biebrich a. Rh., soll es gelingen, Milzbrandbaeillen durch Be- handlung mit Natriumnitritlösung (0,5 Proz.) und verdünnter Salzsäure, weiter- hin durch Versetzen mit Aetzkali (1 Proz.) und Dimethylharnstoff (0,5 Proz.) zur Auflösung und Auslaugung zu bringen, sowie schließlich durch Fällung mit Essigsäure und Trocknung im Vakuum eine Substanz zu gewinnen, die in Mengen von 0,003 g noch ein ausgewachsenes Kaninchen tötet. Schon diese kurze Zusammenstellung läßt erkennen, daß die Angaben der verschiedenen Forscher außerordentlich voneinander ab- weichen und keine eindeutigen Schlüsse gestatten. Es ist wohl sicher, daß die bisher erwähnten, mit Hilfe aller möglichen Methoden aus Kulturen und Organen dargestellten Substanzen nichts weiter als toxische Zersetzungsprodukte sind, die mit dem eigent- lichen spezifischen Milzbrandgifte nichts zu tun haben. Hierfür spricht vor allem die Tatsache, daß Abtötung oder Ausscheidung der lebenden Milzbrandkeime dem Milzbrandmaterial — mögen es Kulturen, Organsäfte, Blut oder dgl. sein — in jedem Falle seine Infektiosität nimmt. Daß die keimfreien Filtrate von Milzbrandblut und Milzbrandkulturen ohne jede Giftwirkung auf empfängliche Versuchstiere bleiben, ist schon von den ältesten Untersuchern, wie PASTEUR & JOUBERT, NENCKI und vielen anderen, in neuerer Zeit wieder durch LEvyY & BECKMANN sichergestellt worden, und die Pezenlölige Angabe Arroınss (1890), der mit filtrierten Milzbrandkulturen ei Lämmern, Kaninchen und selbst Hunden toxische, unter Umständen sogar tödliche Wirkung erzielt haben will, ist bis auf ähnliche Beobachtungen MARXERS unbestätigt geblieben. MARXER gibt an, ein Endotoxin aus asporogenen Kulturen in Form keimfreier Bouillonfiltrate gewonnen und hiermit anaphylaxieähnliche Erscheinungen bei den Versuchstieren hervorgerufen zu haben; das Gift soll auch in sporenbildenden Kulturen, nur in viel geringerer Menge, vorhanden sein. Auch die Mitteilung W. KocnHs, daß die intravenöse Injektion großer Mengen von Kulturfiltraten (Hühnerbouillon) bei Schafen und Kaninchen starke Dyspnoö@ und Temperatursteigerung um 1-—2° hervorzurufen vermag, kann natürlich nicht als beweisend angesehen werden. Ebensowenig ist dies der Fall bezüglich der an sich interessanten Beobachtung von BIANcHI-MARIOTTI, daß filtrierte Milzbrandkulturen nach intravenöser Injektion bei Kaninchen das isotonische Vermögen des Blutes verändern und den Hämoglobingehalt herab- setzen. Demgegenüber berechtigen die Versuche von SANARELLI (1893), wo- nach Kaninchen, denen Milzbrandkulturen in Kollodiumsäckchen unter die Haut Milzbrand. 641 gebracht werden, völlig gesund bleiben, obwohl die Bakterien erst nach 20 bis 27 Tagen absterben, wohl sicherlich zu dem Schlusse, daß auch innerhalb des Tierkörpers lösliche, dialysierbare Giftstoffe nicht gebildet werden. Im be- sonderen aber liefern die gründlichen Untersuchungen ConrRADıs (1899) den Beweis, daß mit Hilfe der sonst gebräuchlichen Methoden weder intracelluläre noch extracelluläre Giftstoffe der Milzbrand- bacillen nachgewiesen werden können. Auch die plasmatischen Preß- säfte erweisen sich bei Milzbrandbakterien im Gegensatz zu den meisten übrigen Bakterienarten als völlig unwirksam und besitzen weder giftige noch immuni- sierende Eigenschaften (HAHN, CoNRADI). Wenn demgegenüber von LEvY & PFERSDORFF angegeben wird, daß die durch Autolyse gewonnenen Leibes- substanzen der Milzbrandbacillen für Mäuse giftig und tödlich seien, so muß man in Anbetracht des enormen Bakterienmaterials von ca. 1—2 g, das zur Erzielung einer tödlichen Dosis erforderlich war, ihren Versuchen die Beweis- kraft absprechen. Schüttelextrakte und Antiforminextrakte sind ungiftig. Es soll natürlich die Existenz eines spezifischen Milzbrandgiftes nicht geleugnet werden. Die Tatsache, daß Tiere, z. B. Meerschwein- chen und Kaninchen, nach subkutaner Infektion bis kurz vor dem Tode ohne jegliche Allgemeinerscheinungen bleiben, obwohl das Lokal- infiltrat von ganz enormen Bakterienmengen durchsetzt ist, spricht vielleicht nicht gerade zugunsten der Gifthypothese; anderseits aber finden wir bei der großen Mehrzahl der Tierarten, vor allen Dingen auch beim Menschen, die Infektion von Anfang an durch Allgemein- erscheinungen ausgezeichnet, die durchaus den Charakter einer schweren Intoxikation darbieten. Hämolytische Vorgänge sind ebenfalls zu berücksichtigen, wenn auch die bisherigen Versuche zur Gewinnung eines spezifischen Hämolysins wenig befriedigend aus- gegangen sind. Vgl. HeryrRovsky & LANDSTEINER, ÜASAGRANDI (1902), Venza u.a. Die Zahl der roten Blutkörperchen nimmt im Verlauf der Milzbrandinfektion, und zwar in dem letzten Stadium erheblich ab, wie neuerdings von Burow durch genaue Zählungen im Kaninchen- experiment festgestellt worden ist; nach seinen Versuchen scheint der Tod dann einzutreten, wenn die Zahl der Erythrocyten um etwa zwei Drittel zurückgegangen ist. Jedenfalls dürfte die Zerstörung der Blut- körperchen, sowie Lösung und Veränderung des Blutfarbstoffs bei der Milzbrandinfektion eine wichtige Rolle spielen. ScLavo hat ferner als erster beobachtet, daß bei Kaninchen unter Umständen Milzbrand- lähmungen auftreten können. Er fand diese Erscheinungen bei Tieren, die eine intravenöse Injektion von Milzbrandserum erhalten hatten und darauf mit Kultur subkutan geimpft worden waren. Die Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen zeigten sich bei allen Kaninchen (9 unter 352) an den hinteren Extremitäten, und zwar 16—31 Tage nach der Im- pfung. Sämtliche Tiere gingen kürzere oder längere Zeit nach dem Be- ginn der Lähmungen zugrunde, ohne daß sich, mit Ausnahme eines einzigen Falles, Milzbrandbacillen in Blut oder Organen nachweisen ließen. ScLavo ist daher geneigt, diese Beobachtungen im EHRrLIcH- schen Sinne einer Toxonwirkung zu deuten. Neuerdings beob- achtete Markorr (1911) bei Kaninchen nach intraperitonealer In- jektion von keimfreien Schüttelextrakten aus Milzbrandkulturen vor- übergehende Paresen. Es mag erwähnt sein, daß auch bei Rin- dern, die Milzbrand überstanden haben, gelegentlich lähmungsartige Schwäche der Beine längere Zeit zurückbleibt. Der exakte Nachweis eines spezifischen Milzbrandgiftes steht jedenfalls bisher noch aus. Welche Bedeutung der Anaphylaxie und dem anaphylaktischen Gift für die Milzbrandinfektion Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 41 642 G. SOBERNHEIM, zukommt, bedarf erst weiterer Klärung. Die Angabe von Rosenau & AnDERson, daß es möglich sei, Versuchstiere (Meerschweinchen) mit Extrakten aus Milzbrandkulturen zu sensibilisieren und anaphy- laktisch zu machen, konnte durch Verf. (1910) nicht bestätigt werden. Auch die Vorbehandlung mit lebenden abgeschwächten Kulturen löste bei der Reinfektion mit Milzbrandextrakten keine anaphylaktischen Symptome aus. Ganz in Uebereinstimmung hiermit befindet sich die Feststellung von BIERBAUM & BOoEHNcKE, daß es nicht gelingt, im Reagenzglase durch Digerieren mit frischem Meerschweinchenserum aus Milzbrandextrakten ein anaphylaktisches Gift abzuspalten. Wohl aber läßt sich nach ScHÜTzE, BIERBAUM & BOEHNCKE, ARONSON eine akut wirksame und unter anaphylaktischen Erscheinungen tötende toxische Substanz aus Milzbrandvollbakterien gewinnen, wenn man die Kulturen, mit oder ohne vorhergehende Sensibilisierung, mit nor- malem Meerschweinchenserum in der üblichen Weise behandelt. Ein Ueberschuß von Immunserum scheint der Sensibilisierung bzw. Gift- bildung nachteilig zu sein. Wie BıersBaum & BorHncke fanden, ist die Gewinnung des Giftes aus lebenden Bakterien leichter, als aus erhitzten (100°), indem gewöhnlich der Bakterienrasen von 1/, bis 3 Agarkulturen eine tödliche Dosis lieferte, von erhitzten Bakterien für den gleichen Zweck aber etwa 1?/,—2 Agarkulturen erforderlich waren. Virulente und abgeschwächte Stämme liefern das anaphylak- tische Gift. MARxER ist geneigt, das von ihm in Kulturen und im Urin vergifteter Tiere nachgewiesene ‚„Milzbrandgift“ als ein dem Anaphylaxiegift zum mindesten nahe verwandtes, wenn nicht iden- tisches Toxin aufzufassen, doch gründet sich diese Vermutung wesent- lich auf Analogieschlüsse. 3) Verbreitung der Bakterien innerhalb des Tierkörpers. Der Eintritt der verimpften Bakterien in die Blutbahn und die Verschleppung in entferntere Organe erfolgt bereits sehr kurze Zeit nach der Infektion. Frank & LusarscH stellten fest, daß Kaninchen, die am Ohr mit Milzbrand geimpft wurden, auch dann noch prompt innerhalb 30 Stunden zugrunde gingen, wenn ihnen das infizierte Ohr 3 Stunden nach der Impfung abgeschnitten wurde. SCHIMMEL- susch (1894) zeigte, daß Milzbrandbacillen von frischen, blutenden Wunden aus bei weißen Mäusen sehr rasch aufgenommen und schon nach einer halben Stunde in Lunge, Leber, Milz und Nieren nachge- wiesen werden können. Das gleiche Resultat wurde bei Mäusen und Kaninchen erhalten, die intramuskulär oder subkutan mit Bacillen oder Sporen infiziert worden waren (SCHIMMELBUSCH & RICKER). Wurden weiße Mäuse am Schwanz geimpft und der letztere alsdann 2 cm oberhalb der Injektionsstelle abgetragen, so war es schon nach 10 Minuten nicht mehr möglich, die Tiere zu retten (SCHIMMELBUSCH 1895). Die Verbreitung der Milzbrandkeime dürfte dabei in erster Linie auf dem Wege der Lymphbahnen erfolgen. Wie WyssokowItscH (1591) durch systematische kulturelle Untersuchung der Lymphdrüsen, des Blutes und der inneren Organe an Kaninchen ermitteln konnte, gelangen die subkutan z. B. am Schenkel verimpften Milzbrandkeime durch Becken- und Retroperitonealdrüsen in den Ductus ‚thoracicus und von hier aus in die V. jugularis. Auch Brzancon & Lasg& fanden gleichfalls nach subkutaner Milzbrandimpfung (Schenkel, Meerschwein- chen) sehr bald nach der Infektion eine Erkrankung der regionären Milzbrand. 643 Lymphdrüsen, wogegen NOETZEL (1898) auf die Möglichkeit hinge- wiesen hat, daß Milzbrandbacillen von Wunden aus durch direkten Eintritt in die Blutgefäße in den Kreislauf gelangen, ohne zuvor Lymphbahnen und Lymphdrüsen zu passieren. Das Blut dient den eingedrungenen Keimen zunächst lediglich als Vehikel, das sie durch den Körper in die einzelnen Organe verschleppt und daselbst ablagert. Die Bakterien vermögen sich anfänglich im Blut noch nicht zu halten oder gar zu vermehren und sind selbst nach intravenöser Injektion in der ersten Zeit zwar in der Leber, Milz, Lunge usw. nachweisbar, nicht aber im Blut (Wvysso- KowıtscH 1886, WERIGOo).. Nach WeERrI&Go sollen intravenös einge- spritzte Bakterien 7—15 Minuten nach der Injektion in den inneren Organen ihre Maximalzahl erreichen, dann bis zur 11.—15. Stunde eine Verminderung erfahren, um schließlich sich wieder rasch zu ver- mehren. Bei jungen Kaninchen fand J. Koch Ablagerung der Milz- brandbakterien im Knochenmark (Epiphyse). Erstin einem relativ späten Stadium treten die Milz- brandbakterien in größeren Mengen im Blute auf, eine Tat- sache, die bereits den allerersten Beobachtern aufgefallen war (Da- VAINE, R. Koch). Während bis dahin die Keime hauptsächlich an der Injektionsstelle zu weitester Vermehrung gelangen, erfolgt nun plötzlich der Einbruch in den Kreislauf und damit eine Ueberschwem- mung des gesamten Organismus, unter dem Bilde einer Septikämie. Die Bakterien sind alsbald in den inneren Organen in reicher Zahl anzutreffen und sammeln sich außer in der Milz namentlich in den Lungen in großen Mengen an (SAWTSCHENKO 1891, PETRUSCHKY 1588, ROHRSCHNEIDER U. &.). R. Koch (1876) fand bei Mäusen 14—16 Stunden nach der Infek- tion die ersten Bacillen im Blute. Genauere Ermittelungen von FRANK & Lusarsch an Meerschweinchen haben festgestellt, daß bei Tieren, die mit Milzbrandsporen subkutan geimpft wurden und innerhalb 34 Stunden eingingen, die Bakterien nie vor der 17. Stunde, meistens später, regelmäßig aber nach 22 Stunden im Blute nachweisbar waren. Auch bei Kaninchen traten die subkutan verimpften Bakterien erst kurze Zeit vor dem Tode im Blute auf, doch waren die Befunde hier etwas unregelmäßiger als bei Meerschweinchen. SIRENA gibt für die Verbreitung der Milzbrandbacillen von der Infektionsstelle aus über den ganzen Körper die Zeit nach der 12. Stunde an (12—24 Stunden). Nach Wırpe erfolgt die allgemeine Ueberschwemmung des Kreis- laufs mit Bakterien überhaupt erst in der Agonie. Es liegt auf der Hand, daß das eben besprochene Verhalten der Bakterien innerhalb des Tierkörpers mit den Krankheitserscheinungen im engsten Zusammenhange steht, insofern, als gewöhnlich erst in dem Augenblicke, wenn der Einbruch der Bakterien in die Blutbahn er- folet, die infizierten Tiere (Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse) Zeichen der Erkrankung erkennen lassen. Mit der Annahme, dab die plötzliche Ueberschwemmung des Organismus mit Krankheits- keimen durch die Erschöpfung der Schutzkräfte des Blutes in letzter Linie bedingt sei, stehen eine Reihe von Beobachtungen im Einklang, wonach die bakterizide Wirkung des Serums bei Kaninchen zur Zeit des reichlichen Auftretens von Bakterien im Blute abnimmt oder ganz schwindet (Denys & Kaısın, SzbkeLy & Szana u. a.). Der gegenteiligen Angabe Coxrapıs (1900), der bei Kaninchen und Hun- 41* 644 G. SOBERNHEIM, den auch im Stadium der Bakterienüberschwemmung, bis in die Agonie, die bakterizide Kraft des Blutes unvermindert fand, ist durch Wırve auf Grund experimenteller Nachprüfung mit Entschiedenheit widersprochen worden. Auch Preısz konstatierte im letzten Stadium der Erkrankung ein Verschwinden der anthrakoziden Kraft des Serums. Die Alkaleszenz des Gesamtblutes wie des Serums nimmt bei tödlicher Milzbrandinfektion dauernd ab (v. RıcLEr). Erwähnt sei endlich, daß bei nicht tödlicher Infektion mit ab- geschwächten Kulturen nach den Untersuchungen von Bitter (1888) und O. MerscHhnıkorr an Hammeln und Kaninchen die Bakterien dauernd lokalisiert bleiben nd an der Injektionsstelle allmählich der Vernichtung anheimfallen, ohne überhaupt jemals an entfernte Stellen des Organismus zu gelangen. GAMALEIiA ist freilich anderer Ansicht und glaubt, daß auch in diesem Falle eine allgemeine Ver- breitung der Bakterien zustande kommt, bis die letzteren durch die bakterienfeindlichen Kräfte des Körpers zerstört werden. c) Ausscheidung der Bakterien. Die Ausscheidung der Bakterien aus dem Körper geht sehr früh- zeitig, auf verschiedenen Wegen, von statten. Nieren, Darm, Magen, Galle usw. sollen bei Meerschweinchen schon 4—6 Stunden nach sub- kutaner Infektion Milzbrandbakterien enthalten können (PERNICE & ScacLıosı). Im besonderen sind es die Nieren, die für die Aus- scheidung in Betracht kommen (PHıLipowicz). Die von WYyssoko- wıtscH (1886), BoccarDı u. a. vertretene Anschauung, daß die Nieren- sefäße im unversehrten Zustande für Milzbrandkeime nicht durch- gängig seien, sondern erst bei pathologischen Veränderungen, speziell Blutungen, den Bakteriendurchtritt gestatten, erscheint freilich durch Beobachtungen von BıepL & Kraus in Frage gestellt. Die genannten Forscher konnten nämlich bei Hunden und Kaninchen nach intra, venöser Injektion den Uebergang der Milzbrandbacillen in den Harn unter Umständen schon innerhalb weniger Minuten beobachten, zu einer Zeit also, die nachweislich zur Entstehung schwerer Läsionen noch nicht ausgereicht hatte. Auch Tramsustı & Marruccı, die außer im Harn auch in den Faeces regelmäßig Milzbrandbacillen nach- weisen konnten, betonen nachdrücklichst, daß dabei in den Nieren oder in der Darmschleimhaut mikroskopisch irgendwelche histologi- schen Veränderungen, wie Nekrose oder Hämorrhagien, niemals zu erkennen waren. Das Auftreten der Bakterien in der Galle wurde von Tramsustı & Marruccer in einem einzigen Falle beobachtet und zählt wohi zu Seltenheiten. Die Galle wird sowohl bei subkutaner wie intravenöser Injektion so gut wie regelmäßig steril gefunden (BERNABEI, KoscHin, TKATSCHENKo). Uebergang der Bakterien in die Milch der infizierten Tiere ist durch Sırzna konstatiert, dagegen durch WELE- MINSKY, sowie Basch & WELEMINSKY u. a. bei Meerschweinchen ent- schieden in Abrede gestellt worden.‘ Bei 6 säugenden Tieren dieser Art wurden nach subkutaner Impfung niemals Milzbrandkeime in der Milch angetroffen. Auch bei schutzgeimpften, also mit abgeschwächten Kulturen infizierten Kühen werden Milzbrandbacillen in der Milch regelmäßig vermißt (NEKLJUDow, RAEBIGER, Burow [1912]). Bei Kühen, die von tödlichem Milzbrand befallen werden, gehen die Milz- brandbacillen offenbar erst kurz vor dem Tode in die Milch über, N Milzbrand. 645 wenigstens konnte sie Mc. FapyEan (1909) nur bei verendeten Tieren, nicht aber in der Milch der lebenden Kühe nachweisen. Zu lebhaften Erörterungen und zahlreichen Experimenten hat end- lich auch die Frage nach der placentaren Uebertragung der Milzbrandbakterien Anlaß gegeben. Sicherlich stellt die Placenta einen Wall dar, den Milzbrandkeime ebenso wie andere Mikroorganismen oder selbst gelöste Substanzen (Toxine, Antitoxine usw.) nicht einfach un- gehindert passieren können. Das haben die älteren Beobachtungen der ersten Untersucher (Davaıne, BRAUELL, R. KocH) schon gelehrt und spätere Versuche von ÜHAUVEAU, STRAUS & ÜHAMBERLAND, Morısanı, BIRCH-HIRSCHFELD, WOLFF, MarLvoz, Massa u. a. weiter bestätigt. Immerhin aber ist die Möglichkeit eines placentaren Durch- tritts der Bakterien nicht von der Hand zu weisen, und es lassen namentlich eine größere Reihe von Beobachtungen am Menschen keinen Zweifel, daß auch unter natürlichen Verhältnissen eine Milz- brandinfektion sehr wohl auf den Fötus übertragen werden kann (MARCHAND, PALTAUF, ROSTOWZEW, HOFMANN). Ein gewisses Interesse beanspruchen daher die Bedingungen, unter denen die Milzbrandbacillen aus der mütterlichen in die fötale Placenta ge- langen und in den kindlichen Organismus eindringen. Ganz allgemein scheint dies überhaupt nur bei tödlich verlaufender Infektion der Fall zu sein, während Beobachtungen, denen zufolge eine in Heilung übergehende Milzbranderkrankung der Mutter eine Infektion des Fötus zur Folge hat, nicht vorliegen dürften. Im übrigen aber spielen, wie sich aus den vielfachen experimentellen Fest- stellungen ganz unzweifelhaft ergibt, neben der Virulenz der Kulturen be- sondere Eigentümlichkeiten der verschiedenen Tierarten eine geradezu entscheidende Rolle. Außer den bereits erwähnten positiven Befunden beim Menschen, denen freilich auch negative gegenüberstehen (MORISANI, KOLESSNI- KOW, EPPINGER), hat man hauptsächlich bei Meerschweinchen, weit seltener schon bei Kaninchen, die Jungen der infizierten Muttertiere mit Milzbrand- bacillen behaftet gefunden. Alle Forscher bestätigen indessen übereinstimmend, daß es sich auch hier keineswegs etwa um die Regel, sondern lediglich um Ausnahmefälle handele, die man immer nur an einer sehr beschränkten Anzahl von Individuen beobachten könne. So konstatierte ROSENBLATH eine placentare Uebertragung bei 9 Meerschweinchenföten 3mal, Larıs in 15 Versuchen Smal, LuBAarscH (1891) bei Meerschweinchen in etwa der Hälfte der Fälle, bei Ka- ninchen ganz vereinzelt, BIRCH-HIRSCHFELD unter 3 Kaninchen bei 2 Tieren mit 5 Föten, nicht aber bei den 6 Föten des dritten Tieres, MaLvoz bei 32 Kaninchenföten nur 2mal, während WoLrr bei der Infektion von 9 Muttertieren (Kaninchen und Meerschweinchen) in den fötalen Organen mikroskopisch nie- mals, kulturell auf 156 Röhrchen 6mal und mittels Verimpfung auf Mäuse und Meerschweinchen 3mal Milzbrandbacillen nachweisen konnte. Weiße Mäuse lassen demgegenüber eine Infektion des Fötus so gut wie niemals zustande kommen (MOoRISANI, BIRCH-HIRSCHFELD, LUBARSCH), und auch bei Ratten konnte LuUBARSCH in keinem einzigen Falle eine derartige Uebertragung fest- stellen. Ebenso dürften sich Schafe nach den Untersuchungen von ($0ORDZIAL- KOWSKI in dieser Hinsicht den letztgenannten Tierarten anreihen. G. infizierte 20 trächtige Schafe subkutan mit Milzbrand und erhielt, nachdem die Tiere innerhalb 40—50 Stunden eingegangen waren, bei der Untersuchung der Em- bryoneu (23) mit Hilfe von Kulturverfahren und Impfung nur auf 3 unter 432 Kulturen ganz spärliche und kümmerliche Kolonien. Bei 2 trächtigen Ziegen endlich fand BIRCH-HIRSCHFELD die fötalen Organe infiziert, bei einer trächtigeen Hündin dagegen nicht. Es möge an dieser Stelle betont werden, daß die natürliche Empfänglichkeit der Tierarten mit diesen Verhältnissen kaum in unmittelbarem Zusammenhang stehen kann, insofern als z. B. gerade die hochempfänglichen Mäuse einen placentaren Durchtritt der Keime ebenso sicher verhindern, wie die weit weniger empfänglichen Ratten und Hunde, anderseits aber die sehr resistenten Ziegen einen solchen Uebergang gestatten. Daß die Virulenz der Kulturen und die Dauer des Krankheits- verlaufs von Bedeutung für die fötale Infektion sind, ist namentlich durch KouBassorr, SIMON und LUBARSCH hervorgehoben worden. Je virulenter das 646 G. SOBERNHEIM, Impfmaterial, desto sicherer kann auf den Uebergang in den kindlichen Organis- mus gerechnet werden; andererseits darf der Krankheitsverlauf kein allzu rascher sein, weil sonst den Bakterien die Zeit fehlt von der mütterlichen in die fötale Placenta hindurchzuwachsen. So konnte LUBARSCH feststellen, daß bei Tieren, die er 20—24 Stunden nach der Infektion tötete, niemals ein Uebergang in das fötale Blut stattgefunden hatte. Das Eindringen der Bakterien wird natürlicher- weise durch Läsionen der Placenta sehr erheblich begünstigt, und es erklärt sich somit wohl ohne weiteres, daß gerade bei langsam fortschreitendem Infektions- verlaut die allmählich auftretenden kleinsten Hämorrhagien einen locus minoris resistentiae schaffen. MarLvoz will bei Meerschweinchen sehr häufig, seltener bei Kaninchen derartige Veränderungen in der Placenta angetroffen haben und damit das bei der erstgenannten Tierart viel häufigere Ergebnis der placentaren Infektion erklären. Daß indessen auch bei scheinbar völlig intakter Placenta ein Durchtritt nicht ausgeschlossen ist, kann auf Grund vielfacher sorgfältiger mikroskopischer Untersuchungen mit Bestimmtheit behauptet werden (BIRCH- HIRSCHFELD, LATIS u. a.). Der Uebergang der Milzbrandbaeillen vollzieht sich dabei nach BIRCH-HIRSCHFELD in der Weise, daß entweder vereinzelte Keime durch das Epithel der Chorionzotten hindurchtreten oder aber die Bakterien „aus den feineren, von zelligen Wänden begrenzten Bluträumen der Placenta materna in das Gewebe der zwischen den Läppchen der letzteren verlaufenden epithellosen sog. Haftzotten“ hineinwachsen. ; Die Frage, ob nicht die fötalen Körpersäfte vielleicht dem Eindringen und der AÄnsiedelung von Milzbrandkeimen spezifisch antibakterielle Hindernisse entgegensetzen, ist bisher auffälligerweise kaum in Betracht gezogen worden. Da fast alle Untersucher mit großer Uebereinstimmung konstatieren, daß selbst bei positiven Befunden die Zahl der Keime in Blut und Organen des Fötus stets eine äußerst geringfügige zu sein pflegt und weit hinter der des ımütterlichen Blutes zurücksteht, wäre es sehr wohl denkbar, daß auch bei dem Milzbrand gerade dem fötalen Organismus besondere bakterienfeindliche Kräfte und Stoffe zur Verfügung stehen. Äehnliches ist bekanntlich bei manchen anderen Infektionskrankheiten schon beobachtet (Diphtherie). Endlich bleibe nicht unerwähnt, daß LIiNGArD bei Kaninchen einen Fötus im Mutterleibe mit Milzbrand infizierte, mit dem Erfolge, daß nur (dieser Fötus einging, während die übrigen Föten und das Muttertier am Leben blieben. IV. Verbreitung und Uebertragung des Infektionsstoffes unter natürlichen Verhältnissen. Die auffälligen Beziehungen der Krankheit zu gewissen Oert- lichkeiten ließen Pasteur (1880) vermuten, daß der Boden dabei eine entscheidende Rolle spielen müsse, und er stellte sich vor, daß .die vergrabenen Tierkadaver als die eigentliche Brutstätte für Milzbrandsporen anzusehen seien und die tieferen Bodenschichten mit infektiösem Material durchseuchten. Aus der Tiefe sollte dann der Transport der Krankheitskeime an die Oberfläche wesentlich durch die Regenwürmer besorgt werden, welche die Sporen in ihren Darmtractus aufnähmen. An der Bodenoberfläche würde hierauf der Infektionsstoff deponiert, durch Staub und Wind weiter verbreitet und auf den Futterstoffen abgelagert. Die PAsteursche Lehre fand Anhänger und man forderte schon als Radikalmittel gegen den Milzbrand die Bekämpfung der Regen- würmer (Rontrs, Recram). Erst R. Koc# (1881) konnte das Irrige und Unhaltbare dieser Anschauungen dartun, indem er darauf hinwies, daß die Entstehung der Milzbrandsporen in der Tiefe des Erdbodens wahrscheinlich kaum möglich sei, unter gewöhnlichen Ver- hältnissen aber sicherlich nicht dort, vielmehr an der Oberfläche erfolge, ein Transport durch Regenwürmer in der von PAstEur ge- dachten Weise also überhaupt gar nicht in Frage komme. Aus späteren sorgfältigen Untersuchungen Krrasaros geht hervor, daß in Milzbrand. 647 ” der Tat: die Sporenbildung des Milzbrandbacillus schon in 1/,—1 m Tiefe eine sehr unvollkommene ist, in 1!/, m Tiefe höchstens im Monat Juli noch stattfindet, durch die gleichzeitige Anwesenheit von Fäul- nisbakterien jedoch auch hier meist unterdrückt zu werden pflegt. Daß die somit mindestens als entbehrlich charakterisierte Regen- würmer-Hypothese aber auch tatsächlich unrichtig war, konnte durch die weitere Feststellung experimentell erwiesen werden, daB Regen- würmer gar nicht imstande sind, aus einer mit Milzbrandsporen in- fizierten Erde die Keime in sich aufzunehmen (R.Kocr#). Die Regen- würmerfrage durfte damit für den Milzbrand als endgültig abgetan angesehen werden und, wenn späterhin noch gelegentlich der Versuch gemacht worden ist, die Beweiskraft der Koc#schen Ermittelungen abzuschwächen (BoLLINGER 1886), so hat die weitere Forschung doch in unzweifelhafter und überzeugender Weise zugunsten R. KocHs entschieden. Die Verbreitung des Infektionsstoffes vollzieht sich in der Natur, wie KocH schon sehr bald erkannt hatte, derart, daß nicht die ver- grabenen, sondern gerade die unbeerdigten, frei liegen- den Milzbrandkadaver die Keime ausstreuen, die nun an der Bodenoberfläche unter günstigen Entwicke- lungsbedingungen zur Sporenbildung schreiten. Aus den Körperöffnungen der gefallenen Tiere ergießen sich stets reiche Mengen blutig gefärbter, bakterienhaltiger Flüssigkeit, alle bei der Sektion oder dem Zerschneiden des Fells austretenden, mit Blut ver- mischten Abgänge enthalten gleichfalls Milzbrandbacillen, endlich pflegen die Tiere auch schon während der Krankheit blutige Aus- flüsse und blutigen Harn abzusondern — kurz, jedes milzbrandinfi- zierte Individuum, namentlich aber jeder Milzbrandkadaver, gibt an seine Umgebung eine erhebliche Bakterienmenge ab. Bei genügender Wärme und Feuchtigkeit kommt es nun sehr bald zur Entwickelung von Sporen, wobei schon die eiweißreichen tierischen Körpersäfte, mit denen die Bacillen ausgeschieden werden, sowie namentlich die Fäkalien (FEseR, SCHRAKAMP, Kırrr 1885) ein günstiges Nährsubstrat darstellen; auch Substanzen des Erdbodens sind gewiß förderlich. Eine größere Anzahl von Pflanzenstoffen ist, wie Koch zeigen konnte, (vgl. S. 597), hierfür sehr wohl geeignet, ebenso scheint der Kalkgehalt des Bodens infolge der damit ermöglichten Bindung der Pflanzen- säuren (BEHRInG 1889) ins Gewicht zu fallen. Die Pflanzen selbst lassen Milzbrandkeime in ihrem Innern nicht zur Entwickelung ge- langen; weder von der Wurzel aus, noch durch verletzte Blätter und Stengel vermögen Milzbrandbacillen in das Pflanzengewebe einzu- dringen (MÜLLSCHITZKY). Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß das epidemiologisch so entscheidende Ereignis der Sporenbildung sich nun nicht etwa buch- stäblich an der „Oberfläche“ des Bodens vollzieht, sondern sehr wohl auch, wie die Ermittelungen von Soyka, Kırasaro u. a. gezeigt haben, bis in eine gewisse Tiefe noch zu verfolgen ist. Nur ist hier sehr bald, in erster Linie infolge der abnehmenden Temperatur, eine Grenze gezogen, und damit für gewöhnlich, im Gegensatz zu der alten Pasteurschen Vorstellung, die Persistenz des Infektionsstoffes auf die alleroberflächlichsten Bodenschichten beschränkt. Nach alledem erklärt es sich ungezwungen, daß der Platz, an dem ein Tier an Milzbrand gefallen, eine Quelle weiterer Infektionen 648 G. SOBERNHEIM, abzugeben pflegt. Vermöge ihrer sehr erheblichen Resistenz gegenüber äußeren Schädigungen können sich die einmal gebildeten Milzbrand- sporen zunächst an Ort und Stelle für längere Zeit fest einnisten, dann aber auch bei Verschleppung in die nähere oder entferntere Um- gebung eine dauernde Infektionsgefahr bedingen. Durch stärkere Niederschläge, Ueberschwemmungen usw. wird eine Verbreitung der Keime über weite Strecken und eine Durchseuchung der Wiesen und Weideplätze in erster Linie herbeigeführt. Daneben stehen begreif- licherweise noch viele andere Wege der Uebertragung offen. So be- richtet SILBERSCHMIDT über die interessante Beobachtung, daß eine Roßhaarspinnerei für Rinder den Infektionsherd darstellte, indem der sporenhaltige Staub der Fabrik auf einem Misthaufen gesammelt wurde, der später zur Düngung der Wiesen und Felder diente. In ganz ähnlicher Weise konnte RavEneL (1898) einen Zusammen- hang zwischen Milzbranderkrankungen und den Abwässern einer Gerberei nachweisen. Auch GÄRTNER & Dammann beobachteten einen solchen Fall. Nach Sırena & ScacLıosı halten sich Milzbrandsporen in feuchter oder trockener Erde 2—3 Jahre, in Trinkwasser 17, in Jauche unter Umständen 15 Monate. WOoLFFHÜGEL & RIEDEL wollen sogar gefunden haben, daß im Fluß-, Brunnen- und Leitungswasser eine Vermehrung der Milzbrandbakterien stattfände, was indessen von Borron be- stritten wird. Dagegen gibt letzterer an, daß Milzbrandsporen im gewöhnlichen Wasser 1 Jahr haltbar seien. Nach HocHSTETTER, SIRENA u. a. können Sporen mindestens 3—6 Monate im Wasser lebens- fähig und virulent bleiben. Von der ganz außerordentlichen Wider- standsfähigkeit des Milzbrandcontagiums gibt auch die Beobachtung einen Begriff, wonach Kiesgruben, in denen Milzbrandkadaver ver- scharrt worden waren, nach 12 bzw. 20 Jahren noch virulente Sporen enthielten, die zum plötzlichen Ausbruch des Milzbrandes Veranlassung gaben, als der Kies zur Aufschüttung benutzt wurde (cf. WANCKE, KıssuTH, MÜLLER U. a.). Die Infektion der Tiere erfolgt in der Weise, daß sie mit dem Futter Milzbrandsporen aufnehmen. Diese Tatsache erkannt und namentlich gegenüber Pasteur nachdrücklichst betont zu haben, ist das große Verdienst R. Kochs. Er zeigte, daß der Milz- brand in der weit überwiegenden Mehrzahl aller Fälle, ja geradezu ausschließlich, auf dem Wege der Nahrungsaufnahme akquiriert wird und sich damit als Fütterungs- oder Darmmilzbrand charak- terisiert. Daher ist es verständlich, daß das Vieh, Rinder und Schafe, nicht nur im Sommer, im Freien und auf Weide- und Tränkplätzen von Milzbrand heimgesucht wird, sondern daß auch unter anderen Bedingungen durch infiziertes Futter (Rübenschnitzel, Heu, Mais usw.) Stallinfektionen, selbst in den Wintermonaten, hervorgerufen werden können. Der Nachweis der Krankheitskeime in dem ver- dächtigen Futter oder Wasser ist nicht immer leicht zu erbringen, obwohl es scheint, daß unter natürlichen Verhältnissen eine sichere Infektion auf dem Wege der Sporenfütterung nur nach Aufnahme größerer Sporenmengen zustande kommt (OPPERMANN). Immerhin aber ist der Nachweis doch in einer Reihe von Fällen geglückt. So hat man mehrfach in stark verunreinigtem Wasser, dessen Genuß bei Tieren Milzbrand hervorgerufen hatte, den Erreger aufgefunden (GALTIER, DIATROPTOFF U. a.). Frank (1886) entdeckte Milzbrand- Milzbrand. 649 keime in dem Lehmboden eines Futterraums, auch Remsorn teilt einen analogen Befund mit. Neben dem Fütterungsmilzbrand spielen andere Infektionsarten bei Tieren eine nur untergeordnete Rolle. Impfmilzbrand kommt ge- legentlich dadurch zustande, dab die Tiere entweder durch sporen- haltiges, kratzendes Futter, wie Disteln, Gerstenähren usw. sich von der Maul- und Rachenschleimhaut aus infizieren (PAstEur) oder aber infolge leichter Hautverletzungen, Insektenstiche u. dgl. an Haut- milzbrand erkranken. Auch die Uebertragung durch Fliegen ist zu berücksichtigen (SCHUBERG & Börnc). Ob ein primärer, auf dem Wege der Inhalation erfolgender Lungenmilzbrand bei Tieren unter natürlichen Verhältnissen überhaupt vorkommt, muß bezweifelt werden. Einwandfreie Beobachtungen dieser Art scheinen wenigstens . bisher nicht vorzuliegen. Ein von Cap£ac & MaALLET an Schafen in der Weise ausgeführter Versuch, daß mittels eines Schlauches gesunde Tiere mit milzbrandinfizierten an den Köpfen zusammengebunden wurden, bis die letzteren starben, hatte ein negatives Ergebnis. Eine Uebertragung der Infektion erfolgte nicht. Nur ein Punkt noch bedarf der Erwähnung. Da der Krankheits- stoff durch ein infiziertes Medium, das Futter, den Tieren zugeführt wird, so muß das Vorkommen sporadischer Erkrankungen auf einem Weideplatz, mehr noch in einem Stalle, als höchst auffällig be- zeichnet werden. Würde sich beim Milzbrande die Infektion haupt- sächlich nur von Individuum zu Individuum mitteilen, so wäre dies schon eher begreiflich, bei einer zentralen, alle Tiere in gleicher Weise gefährdenden Infektionsquelle aber ist es auf den ersten Blick nicht recht einleuchtend, weshalb z. B. in dem Bestande eines Rinder- stalles gelegentlich nur ein einziger Milzbrandfall vorkommt, die übrigen Rinder aber verschont bleiben. Es könnte ja hierbei die Menge und Verteilung des Infektions- stoffes, also der Sporen, eine Rolle spielen, derart, daß eben in manchen Fällen nur vereinzelte Individuen überhaupt in die Lage kämen, etwas davon aufzunehmen, und sicherlich wird man diesem Moment eine außerordentlich große, vielleicht entscheidende Bedeutung beizumessen haben. Andererseits darf aber noch, wie ich glaube, ein weiterer, bisher wenig berücksichtigter Umstand Beachtung beanspruchen. Es ist in hohem Maße wahrscheinlich, daß der Milzbrand gerade unter den Rindern in milderer Form und zugleich weit verbrei- teter auftritt, als man glaubt oder auch festzustellen vermag; nur tödliche oder mit schweren Allgemeinerscheinungen, örtlichen An- schwellunger usw. einhergehende Erkrankungen werden als Milz- brandfälle registriert, während ohne Frage leichtere Erkrankungs- formen, die vielleicht höchstens mit kurzem Fieber, leicht vermin- derter Freßlust usw. verbunden sind, sehr häufig übersehen oder nicht nach ihrem wahren Charakter erkannt werden, ja wohl überhaupt schwer als Milzbrand diagnostiziert werden können. Daß derartiges vorkommt und daß bei dem Milzbrand, ebenso wie ausnahmslos bei sämtlichen bisher genauer studierten Infektionskrankheiten, neben den schweren auch ganz leichte Fälle auftreten können, wird man ohne weiteres annehmen dürfen und damit die auffällige Tatsache der scheinbar ganz isolierten Erkrankungen dem Verständnis näher führen. So vertritt z. B. Mac Fanyzan den Standpunkt, daß in Milz- branddistrikten und infizierten Beständen schon eine Temperatur- 650 G. SOBERNHEIM, steigerung unter Umständen auf Milzbrand zurückzuführen ist und daß regelmäßige Temperaturmessungen meist den ersten sicheren An- haltspunkt für die Infektion bieten. Vgl. auch HuryrA & MAREK. Für die Richtigkeit dieser Anschauungen dürfte ferner die Tatsache sprechen, daß zufolge experimenteller Feststellungen die Empfäng- lichkeit der Rinder weit hinter dem Grade zurückbleibt, den man nach den bisherigen Beobachtungen über Schwere und Verlauf der Spontan- erkrankungen eigentlich voraussetzen müßte (vgl. S. 620). Der Milzbrand des Menschen befällt vornehmlich solche Personen, die nach ihrem Berufe mit der Pflege von Tieren oder der Verarbeitung tierischen Materials beschäftigt sind (vgl. MoseBaAcH, LINDEMANN, BECKER u. a.). In Rußland erkrankten in den Jahren 1904—1909 durchschnittlich pro Jahr 16000 Menschen, in Italien 1890—1900 jährlich ca. 2100 Menschen. Deutschland ist in dieser Hinsicht erheblich günstiger gestellt. Nach den Jahresberichten über die Verbreitung der Tierseuchen im Deutschen Reich erkrankten in den Jahren 1900—1908 in Deutschland insgesamt 1042 Per- sonen an Milzbrand, bei einer gleichzeitigen Erkrankungsziffer unter den Tieren von 49458. Im Jahre 1910 betrug die Zahl der Milzbrand- fälle 287, hierunter 40 mit tödlichem Verlauf. Gewisse industrielle Betriebe stellen zu den Milzbrand- erkrankungen des Menschen ein erhebliches Kontingent. In Roßhaar- spinnereien, Gerbereien*), Bürsten- und Pinselfabriken, bei Woll- und Lumpensortierern tritt der Milzbrand des öfteren auf, kommt aber auch bei Pelz- und Handschuhverfertigern, Sattlern, Schuhmachern usw. vor. BEcKER berichtet über Milzbrand bei Schauerleuten, Hafen- und Speicherarbeitern, RıseL beobachtete einen Milzbrandfall bei Verarbeitung von Drogen, zu deren Verpackung rohe Häute dienten. Ferner sind unter Umständen Schlächter, Schäfer, Abdecker, Landwirte und Viehbesitzer, Fleischbeschauer usw. gefährdet, und auch Fälle von Laboratoriumsinfektion bei Bakteriologen und Labo- ratoriumsdienern sind nicht unbekannt. Im Gegensatz zu dem fast ausschließlich stomachalen Infektions- modus der Tiere kann der Mensch auf dem Wege der Impfung, von der äußeren Haut aus, durch die Nahrung und durch Inhalation den Krankheitskeim aufnehmen. Am häufigsten ist der Hautmilz- brand des Menschen, der sich von kleineren Verletzungen und Schrun- den der äußeren Haut aus entwickelt und mit Vorliebe die mit frischen Teilen von Milzbrandtieren umgehenden Personen, wie Schlächter und Abdecker, befällt. Aber auch in Gerbereien, Kammgarn- und Roß- haarspinnereien usw. tritt der Milzbrand gerade in dieser Form, unter dem Bilde der „Pustula maligna“ auf. Es ist das Verdienst von Davaınz & RAIMBERT, zuerst die Milzbrandnatur der Pustula maligna erwiesen zu haben. Seltener schon erfolgt die Infektion auf dem Wege der Atmung. Die „Woolsorters disease‘ ist eine unter den Lumpensortierern und Wollarbeitern zuerst in England bekannt gewordene und weitver- breitete Krankheit, die sich sehr bald als Lungenmilzbrand heraus- stellte (GREENFIELD) und in ihrem Wesen vor allen Dingen durch *) Die vielfach verbreitete Anschauung, wonach wesentlich ausländische Felle als milzbrandgefährlich zu betrachten seien, ist nicht zutreffend. Auch die Verarbeitung einheimischer Häute, besonders von Schaffellen, führt nachge- wiesenermaßen oft genug zu Milzbranderkrankungen (GARRELS, HUEPPE u. a.). Milzbrand. 651 die eingehenden Untersuchungen Eprrıncers klargelegt worden ist. Es werden hier mit dem Staube des verarbeiteten Materials Milzbrand- sporen eingeatmet, die nun auskeimen, um alsdann in Stäbchenform den Lymphbahnen entlang sich in Lunge, Pleura und Bronchialdrüsen weiter zu verbreiten und schließlich eine Allgemeininfektion herbei- zuführen (EPPINGER, PALTAUF). Auf das Vorkommen des primären Darmmilzbrandes beim Menschen endlich haben BoLLinGEer (1872) und E. WAGNER zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt. Diese Art der Infektion ist nicht allzu häufig und ereignet sich meist dann, wenn Personen, die mit sporen- haltigem Material, wie Fellen, Borsten, Haaren usw. zu tun haben, ohne vorhergehende gründliche desinfizierende Reinigung ihre Mahl- zeiten einnehmen (vgl. STEIN). Auf gewissen Nahrungsmitteln, wie z.B. Brot (Trortz&y), Butter (ScaLa & Arszssı), oder Obst (OELrı) halten sich Milzbrandsporen relativ lange. Einen Fall von Milzbrand des Menschen nach Wassergenuß beschreiben Zıa Noury & Haıpar. Der Genuß des Fleisches von milzbrandkranken Tieren pflegt dagegen in der Regel keine Darminfektion zu veranlassen, offenbar deshalb, weil die Krankheitserreger sich hier nicht in der von der Darm- schleimhaut aus allein wirksamen Form der Sporen vorfinden und daher auch schon durch die Zubereitung des Fleisches (Kochen, Braten usw.), bzw. durch die weitere Verarbeitung zu Würsten und Dauer- ware meist unschädlich gemacht werden (vgl. Huryra 1908). Dab natürlich bei längerer und namentlich unzweckmäßiger Aufbewahrung milzbrandigen Fleisches in feuchter, warmer Atmosphäre Sporenbildung erfolgen, und so der Genuß dieses Materials schließlich doch Darm- milzbrand hervorrufen kann, ist experimentell durch ScHmIpT-MÜHr- HEIM festgestellt und durch die klinisch epidemiologische Beobachtung mehrfach bestätigt. Ebenso versteht es sich von selbst, dab milz- brandinfizierte Fleischwaren und sonstige Nahrungsmittel, auch wenn sie den Erreger nur in Bacillenform enthalten, von der Schleimhaut der Lippen, des Mundes, Rachens usw. aus gefährlich werden können. V. Krankheitsformen, Krankheitsverlauf und pathologische Veränderungen. Der Milzbrand des Rindes tritt am häufigsten als akut fieber- hafte Erkrankung ohne äußere Lokalisation auf. Die Temperatur steigt plötzlich auf 41—42° an, während die Tiere gleichzeitig Allge- meinerscheinungen in Gestalt von großer Hinfälligkeit und Benommen- heit darbieten. Unter Umständen gesellt sich hierzu noch Atemnot, Hämaturie und blutiger Ausfluß aus den natürlichen Körperöffnungen, namentlich aus dem After. Der Tod der Tiere erfolgt gewöhnlich nach 1—2 Tagen unter Zittern und Krampferscheinungen. Nicht selten nimmt die Krankheit aber auch einen etwas anderen, und zwar ganz rapiden Verlauf, derart, daß scheinbar völlig gesunde Tiere im Stalle oder auf der Weide plötzlich umfallen und in wenigen Minuten, höchstens wenigen Stunden, verenden. Man pflegt diese Form als Anthrax acutissimus oder als apoplektiformen Milzbrand zu bezeichnen. Hierzu sind ebenfalls die oft genug Zu beobachtenden Fälle zu zählen, in denen Rinder, die vorher keinerlei Krankheitssymptome aufgewiesen hatten, am Morgen im Stalle tot aufgefunden werden. i Er x 652 G. SOBERNHEIM, Weniger häufig sind subakute Milzbrandfälle beim Rinde, ob- wohl auch diese vorkommen. Sie gehen mit wiederholten Fieber- remissionen einher und erstrecken sich auf 3—7 Tage. Der äußere Milzbrand des Rindes, der als Milzbrandkar- bunkelan den verschiedensten Hautstellen auftreten kann, entwickelt sich entweder als Sekundärerscheinung im Verlaufe des akuten und subakuten Milzbrandes oder als eigentliche Primärerkrankung. Die Karbunkel, die sehr bedeutende Ausdehnung erreichen und gelegent- lich die ganze Brust- oder Schulter- oder Halspartie bedecken können, sind kaum schmerzhaft. Auch Karbunkel der Mundschleimhaut und Zunge kommen vor. Die Prognose des Milzbrandkarbunkels ist eine erheblich günstigere als die der nicht lokalisierten allgemeinen Infektionsform. Bei Schafen verläuft die Krankheit zumeist unter dem Bilde des apoplektiformen Milzbrandes und rafft die Tiere ohne irgendwelche Prodrome plötzlich dahin. Sie brechen zusammen und gehen unter Krämpfen zugrunde. Ein längerer Krankheitsverlauf ist selten und pflegt auch dann nicht mehr als höchstens einige Stunden zu betragen. Ebenso kommen Karbunkel bei Schafen nur ganz ausnahmsweise zur Beobachtung. Pferde sterben gewöhnlich unter akuten Erscheinungen innerhalb von 1—2 Tagen, können aber auch mit Karbunkeln er- kranken und in diesem Falle etwas länger, 2—3 Tage, am Leben bleiben. Der Milzbrand des Schweins ist nicht selten durch Kar- bunkel der Rachen- und Kehlkopfschleimhaut charakterisiert, geht aber gewöhnlich mit so unbestimmten Symptomen einher, daß Ver- wechslungen möglich sind und eine Diagnose erst bei der Sektion gestellt werden kann. Auch scheint der Milzbrand des Schweins bei der ziemlich hohen natürlichen Unempfänglichkeit dieser Tierart meist nur leicht, selbst ohne die geringsten Krankheitserscheinungen, zu verlaufen und in Heilung überzugehen, daher mitunter verbreiteter vorzukommen, als man bis vor kurzem noch glaubte. Beim Hunde zeigt der Milzbrand in der Regel die Form des Rachen- und Kehl- kopfmilzbrandes (Karbunkel der Schleimhäute), ähnlich wie beim Schwein, doch können auch Darmmilzbrand, sowie Hautkarbunkel beobachtet werden. Das Geflügel, das freilich nur zu Zeiten aus- gedehnterer Epizootien gelegentlich erkrankt, zeigt meist stürmischen Krankheitsverlauf, wobei der Tod unter Zittern und Krämpfen ganz plötzlich erfolgen kann. Nur selten zieht sich die Krankheit etwas länger hin, derart, daß die Tiere unter Zeichen allgemeiner Mattig- keit, sowie Dyspno&, blutigen Diarrhöen usw. nach etwa einem Tage eingehen. Milzbrandkarbunkel können dabei an den verschiedensten Stellen (Kamm, Extremitäten, Zunge, Gaumen usw.) beobachtet werden (FRIEDBERGER & FRÖHNER). Für den Milzbrand des Menschen ist Verlauf und Prognose im wesentlichen bedingt durch den Infektionsmodus. Der Hautmilz- brand, in der Form der Pustula maligna, ist im allgemeinen als rein lokale Affektion charakterisiert, die in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle bei sachgemäßer Behandlung einen günstigen Verlauf auf- weist und zur Heilung führt. An der Eintrittsstelle (Schrunden, Abschürfungen usw.) des Infektionserregers, gewöhnlich Arm oder Gesicht *), kommt es zur Entstehung einer mit serösem, blutig-serösem oder auch leicht eitrigem Inhalt gefüllten Blase und im Anschluß *) Unter 66 Fällen von Hautmilzbrand, die KorÄnYI beobachtete, waren 4lmal das Gesicht, 21mal die oberen Extremitäten befallen. Milzbrand. 653 hieran zu einer furunkel-, bzw. karbunkelartigen Infiltration des Ge- webes. Statt einer Pustula maligna können auch mehr oder minder zahlreiche kleinere Bläschen, gewöhnlich kranzartig geordnet, auf der entzündlich geröteten Haut den Beginn der Erkrankung darstellen („aureole vesiculaire“). In der Umgebung des Lokalaffektes macht sich alsdann vielfach eine ödematöse Durchtränkung der Haut be- merkbar, die unter Umständen sehr erhebliche Ausdehnung annehmen und sich z. B. über die ganze Brust- und Rückenhaut erstrecken kann. Fieber fehlt oft, ebenso halten sich sonstige Allgemeinsymptome innerhalb enger Grenzen, solange nicht der Prozeß in ein Stadium schwerer Allgemeininfektion übergeht. Selbst allerschwerste Fälle aber pflegen noch relativ häufig den Ausgang in Heilung zu nehmen. Der Tod kann erfolgen — meist erst nach 6—8-tägiger Krankheit —, so- bald es zu einer Generalisierung des Infektionsstoffes im Blute und in den inneren Organen kommt, bisweilen aber auch gewissermaßen infolge rein mechanischer Ursachen, wenn nämlich eine sehr hoch- gradige ödematöse Infiltration des Halses, des Rachens, des Kehl- kopfes usw. eine, selbst auf dem Wege der Tracheotomie nicht mehr zu behebende Erstickung herbeiführt. Nach Becker liefert die bakte- riologische Blutuntersuchung in prognostischer Hinsicht wichtige und geradezu entscheidende Anhaltspunkte. In tödlich verlaufenden Fällen sind regelmäßig intra vitam Milzbrandbacillen im Blute nachweisbar, zum Teil in erheblichen Mengen (bis zu 300—400 Keimen in 1 ccm). Der Befund von Milzbrandbacillen gibt daher stets eine schlechte Prognose, während klinisch schwere Fälle, ohne Bacillen im Blute, in Heilung übergehen. Lungenmilzbrand und Darmmilzbrand des Menschen treten unter dem Bilde einer schweren, fieberhaften Allgemeinerkran- kung auf, oft mit unbestimmten Symptomen, und führen meist nach kurzem und stürmischem Verlauf in wenigen Tagen zum Tode, in der Regel noch ehe der wahre Charakter der Affektion mit Sicherheit. erkannt worden ist. Im Gegensatz zur Pustula maligna gibt also der sogenannte „innere“ Milzbrand beim Menschen eine äußerst un- günstige Prognose, indessen ist der Verlauf nicht, wie man früher anzunehmen geneigt war, unter allen Umständen tödlich. Nach Er- PINGER beträgt die Sterblichkeit des Lungenmilzbrandes ca. 50 Proz., SCHOTTMÜLLER schätzt sie etwas höher; auch bei dem Darmmilzbrand sind gelegentlich mildere Erkrankungsformen und Heilungen beob- achtet worden. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des klinischen Bildes sei nur so viel bemerkt, daß der Darmmilzbrand des Menschen nach einem kurzen Prodromalstadium unbestimmter Beschwerden, wie Schwindelgefühl, Kopfschmerz usw., mit heftigsten Intoxikations- erscheinungen von seiten des Magendarmkanals einhergeht, bestehend in Uebelkeit, galligem, auch blutigem Erbrechen, lebhafter Schmerz- haftigkeit und Auftreibung des Leibes, sowie profusen, oft blutigen Darmentleerungen. Demgegenüber setzt der Lungenmilzbrand meist plötzlich mit einem Schüttelfrost ein und läßt ausgesprochene bronchitische und pneumonische Erscheinungen in den Vordergrund des Krankheitsbildes treten (starke Dyspnoö, Auswurf von schaumig- klebriger, seltener blutiger Beschaffenheit, stechende Brustschmerzen usw.). Das Sensorium ist meist frei, das Fieber kann relativ gering- fügig sein. Auch subnormale Temperaturen kommen vor. Unter Kollaps erfolgt der Tod nach 3—7 Tagen. 654 G. SOBERNHEIM, Endlich wird als eine seltene Form des menschlichen Milz- brandes die der reinen Milzbrandseptikämie beschrieben, wobei die Krankheit ohne deutliche Eintrittspforte bzw. ohne Primärerschei- nungen von seiten der Haut, des Darmes oder der Lungen einfach unter dem Bilde einer schweren Allgemeininfektion verläuft (Baum- GARTEN 1876, CURSCHMANN, MARCHAND). Die pathologischen Veränderungen des Milzbrandes be- stehen bei Tieren vor allem in einer eigentümlich teerartigen Be- schaffenheit des Blutes. Nach Räsaxnzew ist im Milzbrandblut der Sauerstoff um die Hälfte seines Volumens vermindert, Kohlensäure dagegen und Stickstoff weisen relative Zunahme auf. Daneben findet man mehr oder minder starke Vergrößerung der Milz, die eine tief schwarzrote Farbe und außerordentlich weiche, zerfließliche Konsistenz der Pulpa erkennen läßt, sowie allgemeine sulzig-hämorrhagische In- filtrationen des Bindegewebes.. Außerdem sind zahlreiche Hämor- rhagien in den verschiedensten Organen, besonders unter dem Epicard, vorhanden, ferner parenchymatöse Schwellung der Leber und der Nieren, Erosionen der Magen- und Darmschleimhaut, namentlich im Bereich der Solitärfollikel und Pryrrschen Plaques, und unter Um- ständen hierselbst furunkulöse Schleimhautschwellung und -Nekrose. Alle diese Erscheinungen sind indessen nur in besonders typischen Fällen vollständig ausgeprägt. Der Sektionsbefund kann ein recht wechselvolles Bild zeigen, so daß bisweilen erst genaueste Unter- suchung die Diagnose ermöglicht. ‚Je resistenter eine bestimmte Tier- art ist, um so unregelmäßiger scheint sich der Befund zu gestalten. Namentlich hat der Milzbrand des Schweins in neuerer Zeit die Auf- merksamkeit in Anspruch genommen, und aus den zahlreichen, sich mit dieser Frage beschäftigenden Veröffentlichungen geht hervor, dab die pathologischen Veränderungen sehr verschiedenartigen und atypi- schen Charakter aufweisen können und von anderen Affektionen zu- nächst oft kaum zu unterscheiden sind; differential-diagnostisch kommen Rotlauf, Schweinepest, Septikämie usw. in Betracht (Dam- MANN & FREESE, HoRN, EGGEBRECHT, SCHABUROW, STRAUSS, BURG- GRAF, PFEILER, SEIBOLD U. V. a.). Der Milzbrand des Schweines zeigt die Neigung zur Lokalisierung. Auch bei der nicht häufigen septikämischen Form ist meistens eine besonders starke Beteiligung des Rachens zu konstatieren. DAMMANN & FREESE (1909) unter- scheiden zwei Hauptformen, nämlich den Rachenmilzbrand (,„Anthraxbräune“), wobei die sonst für Milzbrand charakteristischen Veränderungen, insbesondere die der Milz, vorhanden sein oder fehlen können, und den Darmmilzbrand. Auf eine ganz besonders eng begrenzte Art der Lokalisation haben vor kurzem ELsÄssER & SIEBEL hingewiesen, Die Erkrankung beschränkt sich in solehen Fällen ledigliclı auf einen oder mehrere Gekröslymphknoten, und selbst inner- halb einer und derselben Drüse kann der Prozeß auf einen eng umschriebenen Raum begrenzt sein, während der übrige Teil der Drüse normal erscheint. Ver- änderungen am ekröse, bestehend in serös-sulziger Infiltration, gelber bis schwarzroter Verfärbung usw., kommen daneben mitunter vor, doch ist das Ge- kröse in anderen Fällen vollständig normal. Auch die submaxillaren und retropharyngealen Lymphdrüsen können als einzige Drüsen erkrankt sein. Bemerkenswert ist eben bei dieser rein lokalen Form des Milzbrandes, daß alle übrigen Organe, auch die Milz, keinerlei pathologische Veränderungen darbieten. Milzbrandbacillen können nur in den erkrankten Stellen, sonst in keinem Organ, auch nicht im Blut nachgewiesen werden, und ebenso fällt die Präzi- zipitinreaktion nach AscoLı nur mit Material von dem Lokalaffekt positiv aus. Nach ErsÄsser wurden im Jahre 1912 auf dem Bremer Schlachthof 267 Fälle von Milzbrand, hauptsächlich rein lokaler Art, ermittelt, in den ersten 5 Monaten des Jahres 1913 schon 214. Auch von anderer Seite wurden diese Beobachtungen Milzbrand. 655 bestätigt (GLAGE, SCHMITZ, JUNACK, TIEDE u. a.). Vermutlich hat die Ein- führung eines neuen Futtermittels (Fischmehl) zum häufigen Auftreten dieser Form des lokalisierten Fütterungsmilzbrands bei Schweinen Anlaß gegeben ; MıEssnER konnte in der Tat im Fischmehl (3 Proben) den Milzbranderreger nachweisen. Vgl. auch NıEns. Die sanitätspolizeiliche Beurteilung des streng lokalen Milzbrandes ist offenbar eine schwierige Frage, sie hat in Preußen gegen- über den sonstigen Bestimmungen eine Milderung erfahren (Min.-Erlaß vom 14. 4. 13.). Beim Menschen sind die Veränderungen im allgemeinen die gleichen. Auch hier zeigt das Blut eine dunkle, lackfarbene, dick- flüssige Beschaffenheit, die Milz leicht zerfließliche Konsistenz, wäh- rend anderseits die Milzvergrößerung, wie auch die Schwellung der Leber, weit weniger ausgesprochen zu sein pflegt, als bei Tieren, und selbst vollständig fehlen kann. Bei Darmmilzbrand konstatiert man im besonderen ausgedehnte ödematöse Infiltration der Schleimhaut mit Hämorrhagien und Karbunkeln, namentlich im Bereich des oberen Dünndarmes, außerdem erhebliche Schwellung der Mesenterialdrüsen. Handelt es sich um Inhalationsmilzbrand, so treten auffällige Ver- änderungen im Bereiche des gesamten Respirationstractus hervor, die, mit blutig-fleckiger Infiltration der Nasenschleimhaut beginnend, sich in Form von ödematöser Schwellung und Blutungen in Kehl- kopf und Trachea bis in die Lungen verfolgen lassen. Die Lungen weisen Infarkte von dunkelblauroter Farbe auf, die Pleura ist ver- dickt, die Pleurahöhle enthält größere Mengen (2—4 Liter) seröser Flüssigkeit, meist von trübem, weißgelblichem Aussehen. Endlich sei bemerkt, daß bei Milzbrandleichen, menschlichen so- wohl wie tierischen, Totenstarre nur kurz anzudauern oder ganz zu fehlen pflegt. Fäulnis tritt rasch ein. VI. Diagnose. Für die Erkennung des Milzbrandes kommt der Nachweis des spezifischen Krankheitserregers, die bakteriologische Diagnose, in erster Linie in Betracht. Man wird sich dieses Hilfsmittels unter allen Umständen zur Sicherung der Diagnose zu bedienen haben. Wissen wir doch, daß der Milzbrand des Menschen nicht selten zur Verwechslung mit anderen Affektionen, wie z. B. Morbus Werlhofii (JaworskI & NENncKT), Cholera (KrumsHorz), Fleischvergiftung, Typhus, Pneumonie u. a. Veranlassung geben kann und selbst bei der Sektion eine unzweifelhafte Diagnose ohne bakterielle Prüfung kaum gestattet. Auch bei Tieren, namentlich Rindern, würde die einfache klinische Beobachtung, ebenso wie der nicht durch bakteriologische Untersuchung gestützte Sektionsbefund mit der Möglichkeit einer Fehldiagnose zu rechnen haben. Im besonderen kommen hinsichtlich der pathologischen Veränderungen Krankheiten wie Rauschbrand, ma- lignes Oedem, Sepsis, Petechialfieber, Wild- und Rinderseuche usw. differentialdiagnostisch in Betracht (OsterTas). Ueber den Milzbrand des Schweins vgl. oben. ‚ Als allgemeines Gesetz für die bakteriologische Milzbrand- diagnose gilt, daß mikroskopische Untersuchung, Kultur- verfahren und Tierversuch stets nebeneinander anzu- wenden sind, wozu sich in bestimmten Fällen noch die Serodia- gnostik (Präzipitation) gesellt. Nicht als ob die eine oder andere Art der Untersuchung für sich allein versagte und eine Auffindung 656 G. SOBERNHEIM, der Milzbrandbacillen nicht gestattete, nur dürfen wir uns nicht, wie zahlreiche Beobachtungen gelehrt haben, auf eine einzelne Methode des Nachweises verlassen und etwa für alle Fälle beschränken. Sehr häufig wird die mikroskopische Untersuchung schon die charak- teristischen Formen der Milzbrandstäbchen aufdecken. Namentlich wird dies dann zutreffen, wenn es sich um die Untersuchung von frischem Milzbrandblut, Milzsaft oder sonstigen bakterienreichen Gewebsflüssigkeiten handelt, doch kann selbst hier die einfache mikro- skopische Prüfung im Stiche lassen oder zu Täuschungen führen. In noch höherem Maße ist mit dieser Möglichkeit zu rechnen, sobald be- reits Fäulnis eingetreten und das Material (Blut, Organsaft usw.) durch eine Reihe andersartiger Mikroorganismen verunreinigt ist. Mit der Kapselfärbung gelangt man alsdann auch nicht zum Ziel. Nach R. Krerr sind die Kapseln der Milzbrandbacillen im Ka- daverblut bis zum 4. Tage, nach MEHRDoRF bis zum 12. Tage, nach Bernpr bis zum 13. Tage nachweisbar, nach neueren Untersuchungen (BoNGERT, FISCHOEDER u. a.) muß indessen mit einem viel rascheren Verschwinden gerechnet werden. Vor allem aber geben verschiedene andere Bakterienarten gleichfalls Kapselfärbung. So sind z. B. nach den Erfahrungen Bernprs in Milz und Blut von Pferden, die nach kurzer Krankheit gefallen sind, dann aber einige Zeit gelegen haben, häufiger kapseltragende Fäulnisstäbchen von milzbrandähnlichem Cha- rakter zu finden. Auch NorTzEL (1896) gibt an, daß gewisse Kadaver- bakterien der Kapselfärbungsmethode der Milzbrandbacillen zugänglich sind. Die gleichen Erfahrungen machte BongErt. Man ist dann also auf Kulturverfahren und Tierversuch angewiesen, die beide als gleichberechtigte und gleichwertige Methoden neben- einander stehen und überhaupt in jedem Falle zur Untersuchung herangezogen werden müssen. Von mancher Seite (LANGE, GOTTSTEIN 1902, GLYXn & Lewis u.a.) wird zwar der Tierversuch als das feinere Reagens empfohlen, das in solchen Fällen, in denen die Kultur versage, noch! ein positives Resultat liefere, doch ist meist gerade das umgekehrte Verhältnis beobachtet worden (©. FRAENKEL, BONGERT, FISCHOEDER, KÄSEWURM, DiepricHhs u. a.); die Anwesenheit und antagonistische Wirksam- keit anderer, in dem Ausgangsmaterial vorhandener Bakterienarten kann unter Umständen jede Erkrankung der Versuchstiere verhindern, dagegen die Entwickelung isolierter Milzbrandkolonien auf der Agar- platte noch zulassen. Indessen sind auch für Kulturverfahren und Tierversuch die Grenzen der Leistungsfähigkeit verhältnismäßig eng gezogen, da in älterem, fauligem Material der Nachweis des Milzbranderregers auf Schwierigkeiten stößt. Was die Ausführung der bakteriologischen Unter- suchung im einzelnen anlangt, so kommt für die mikroskopische Prüfung das frische Präparat (hängender Tropfen) und die Färbung in Betracht. Neben der einfachen Färbung ist Kapselfärbung, sowie Doppelfärbung nach Gram vorzunehmen. Mac FapyEan gibt an, dab sich durch alkalische Methylenblaulösung (Methylenblau 1 Proz., Natriumbicarbonat 0,5 Proz.) im Milzbrandblut zwischen den Bacillen violett oder purpurrot gefärbte körnige Massen darstellen lassen, die sowohl in frischem als auch in altem Blut, weniger deutlich in Ge- webssäften, vorhanden und für Milzbrand spezifisch seien. Es handelt sich bei dieser auch von anderer Seite (SCHÄFFER, MULLIE) gemachten Milzbrand. 657 Beobachtung wohl im wesentlichen um die Hrımsche Färbung (vgl. S. 592). Für den kulturellen Nachweis empfiehlt sich Ausstrich des Materials auf Agarplatten oder Agarröhrchen. Als Versuchs- tiere sind Mäuse oder besser Meerschweinchen zu wählen, denen das verdächtige Material, wenn nötig nach Aufschwemmung in Koch- salzlösung, unter die Haut gespritzt wird. Als Untersuchungsmaterial sind neben Blut und Gewebssäften der verschiedenen Organe (Milz, Lungen usw.) Lokalaffekte zu berücksichtigen; dem- entsprechend sind unter Umständen Inhalt der Pustula maligna, Oedemsaft, Darmentleerungen, Sputum, Urin usw. bakteriologisch zu prüfen. Zu bemerken ist, daß bei Sektionsmaterial vom Menschen nicht selten das Blut bakterienarm ist, so daß infolge rasch eintretender Fäulnis der Nachweis auf Schwierigkeiten stoßen kann. EPPINGER empfiehlt daher die Untersuchung der Gehirnventrikel- flüssigkeit, aus der die Isolierung der Milzbrandbacillen immer noch am sicher- sten gelingen soll. Auch die Lungen pflegen für den Nachweis der Bacillen ge- eignet zu sein (EPPINGER, Hırzıc). Bei Tieren (Rindern, Pferden und namentlich Schweinen) können, zumal bei sehr akutem Verlauf, gleichfalls die Milzbrandbacillen im Blute nur äußerst spärlich vorhanden sein. FIORENTINI rät, bei Rindern und Pferden die Mesenterialdrüsen, OSTERTAG, beim Schwein die ödematösen Schwellungen der Rachen- und Kehlkopfgegend zur genaueren Untersuchung auszuwählen. Nach einigen Autoren (SZASZ, STEMMER) gibt die Untersuchung der Lungen gute Resultate; FISCHOEDER empfiehlt Probematerial aus einer oberflächlichen Vene zu entnehmen; nach WULFF ist das Blut peri- herer Venen (Ohr- oder Schwanzvene) jedenfalls besser als Milzsaft; Cıuca & eco fanden Hautstückchen, die getrocknet, abgekratzt, in Bouillon !/, Std. auf 65° erhitzt und dann zu Agarplatten verarbeitet werden, für den bakteriellen Nachweis besonders geeignet. Cıuca & SToIcEsco konnten auf diese Weise bei fauligenn Kadavermaterial selbst nach 14 Monaten noch die Milzbranddiagnose stellen; ähnliche Resultate erhielt PFEILER. Der Darminhalt (Coecum und Rectum) ist nach Cıuca & FENEA bei fauligem Material gleichfalls zum Nach- weis von Milzbrandbacillen (Sporen) geeignet. WULFF empfiehlt ganz besonders die Untersuchung des Knochenmarks. In manchen, namentlich frischen Fällen genügt es mitunter, ohne vollständige Sektion des Kadavers mittels einer Spritze von außen durch die Haut etwas Milzsaft zu aspirieren; man erhält so aus- reichendes Untersuchungsmaterial. RıssLInG hat für den gleichen Zweck ein stiletartiges Instrument angegeben. Die Versendung verdächtigen Materials an eine bakteriologische Unter- suchungsstelle kann in verschiedener Weise erfolgen. Außer ÖOrganstücken und Ausscheidungen der oben erwähnten Art kommt in erster Linie Blut in Betracht, das nach mehrfachen Beobachtungen (DAMMANN & FREESE, WULFF u. a.) ge- eigneter zu sein scheint als Milzsaft. Es wird empfohlen, Blut (oder Milzsaft) in möglichst dicker Schicht auf Objektträgern oder an der inneren Wand eines Reagenzglases zur Antrocknung zu bringen und so zu verschicken (BoNGERT, HosanG, FISCHOEDER 1903 u. a.). OLT schlägt vor, eine gekochte Kartoffel in der Mitte aufzubrechen und die Bruchflächen zum Auftragen des Blutes zu benutzen; die alsdann wieder zusammengelegte Kartoffel läßt sich gut versenden und zugleich längere Zeit für Untersuchungszwecke aufbewahren. Viel Beachtung hat die im Forsrterschen Laboratorium ausgearbeitete Methode der Gipsstäbcehen gefunden. Nach MARXER, sowie JACOBSTHAL & PFERSDORFF empfiehlt es sich, Gipsstäbchen, die mit steriler Bouillon imprägniert werden, mit dem verdächtigen Blut oder ähnlichem Material zu bestreichen und in sterilen Reagenzgläsern zu verschicken; durch dieses Verfahren wird, wie Laboratoriums- versuche gezeigt haben, eine rasche Sporenbildung der in dem Ausgangsmaterial vorhandenen Milzbrandbaeillen erreicht und damit deren Nachweis auch in älterem, faulem Blut erleichtert. DE BrLıEcK bestätigt die Brauchbarkeit der Methode, EBERLE gleichfalls, fand aber auch andere Substrate, namentlich Papp- deckel, zum Antrocknen des Blutes geeignet. ScHÜLLER benutzte mit Wasser angefeuchtete, kleinfingerdicke Rollen von Filtrierpapier zum Aufstreichen ‘des Blutes und erhielt damit bessere Resultate als mit der Gipsstäbchen- methode; PREUSSE empfiehlt Blut in dicker Schicht auf Fließpapier einzu- trocknen. Nach DaAMMANN & FREESE, GRABERT u. a. ist das SCHÜLLERSche Verfahren der Papierröllchen den Gipsstäbchen überlegen, wogegen MÜLLER & ENGLER, sowie FOoTH & WVULFF die entgegengesetzten Resultate erhielten; FoTH fand kantige Gipsstäbehen besser als runde, MÜLLER & ENGLER geben an, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 42 ar Aa 658 G. SOBERNHEIM, daß durch feuchten Ton und feuchte Kreide die Leistungsfähigkeit der Gips- stäbehen (infolge schnellerer Sporulation) noch übertroffen wird. Die Versendung lufttrockener Deekglasausstriche leistet in vielen Fällen Gutes (DAMMANN & FREESE, FISCHOEDER u. v. a.). Nach HEIM ist es empfehlenswert, Seiden- fäden mit dem verdächtigen Material (Blut, Gewebssaft) zu durchtränken und im Exsikkator zu trocknen; Milzbrandbacillen bleiben hierbei lange Zeit haltbar. Die Ausführungsbestimmungen zu dem deutschen Reichs-Viehseuchen- gesetz vom 25. Juli 1911 schreiben für die Fälle, in denen das amtstierärztliche (Gutachten von einer anderen Untersuchungsstelle nachzuprüfen ist, die Einsendung von 3 lufttrockenen, ungefärbten, nicht erwärmten Deckglaspräparaten vor, sowie Proben von frisch aus einer Ohr- oder Halsvene entnommenem Blut oder von Milzbrei, in dieker Schicht auf 3 Stückchen neuen sauberen Filtrierpapiers (von ca. 10 cm Größe) aufgetragen. Der Nachweis der Milzbrandbakterien in und auf unbelebten Objekten, z. B. Fellen, Borsten, Lumpen, Heu, Stroh, im Wasser, in der Jauche usw., ist schwierig und glückt, wie bereits früher erwähnt, nur in recht spärlichen Fällen. Der Umstand, daß hier die. Milz- brandkeime (Sporen) meist in sehr geringer Zahl, andere, saprophy- tische Arten dagegen in ganz enormen Mengen vorhanden zu sein pflegen, dürfte dieses Ergebnis ohne weiteres verständlich machen. Auch scheint speziell die keimfreie Kadaverjauche eine hochgradige bakterizide Wirkung auf Milzbrandbacillen auszuüben (ScHIPP, STEIN); freilich nicht auf Milzbrandsporen (Rorn). Im Staube einer Gerberei (Remgorp) und einer Roßhaarspinnerei (SILBERSCHMIDT), auf Büffel- haaren (v. GRUBER), Ziegenhaaren (Hrım), Roßhaaren (Russ, ATHA- nas), sowie auf ausländischen Tierhäuten (REicHEL) wurden Milz- brandkeime gelegentlich nachgewiesen. Nach GRUBER verfährt man am besten so, daß man das Untersuchungsmaterial bzw. eine hiervon hergestellte Aufschwemmung zunächst einer 1/,—!/,-stündigen Er- hitzung auf 60—70° unterwirft und damit durch Ausschaltung aller vegetativen Formen eine weitgehende Reinigung bewirkt. Die Schwierigkeiten, die dem Nachweis der Milzbrandbakterien mit Hilfe des Tierversuchs durch gleichzeitige Anwesenheit von Sporen des malignen Oedems erwachsen können, wußte GRUBER mit Vorteil in der Weise zu umgehen, daß er die Bouillonaufschwemmungen des verdächtigen Materials vor dem Erhitzen erst einige Zeit unter streng anaeroben Bedingungen bei Brutwärme hielt. Es wurden so die Oedemsporen zum Auskeimen gebracht, die Bacillenformen durch die spätere Erhitzung auf 60—70° abgetötet und die Milzbrandsporen schließlich fast in Reinkultur gewonnen. Zum Nachweis von Milz- brandkeimen in Boden-, Futter-, Wasserproben u. dgl. wurde von GRABERT auch die Gipsstäbchenmethode als Anreicherungsverfahren mit Vorteil benutzt. In differentialdiagnostischer Hinsicht bereitet die Er- kennung der Milzbrandbacillen keine Schwierigkeiten. Die Bacillen des malignen Oedems, die ihnen morphologisch nahestehen, sind in- folge fehlender Kapselbildung, sowie mit Hilfe von Kultur und Tier- versuch jederzeit leicht zu unterscheiden. Das gleiche gilt von manchen, nach Form und Größe an das Aussehen der Milzbrand- baeillen erinnernden Fäulnisbakterien. Nur bei der Untersuchung be- sonderer unbelebter Objekte, wie namentlich von Rübenschnitzeln, Dünger und Stallmist stößt man nicht selten auf Bakterien, die in ihrem morphologischen und kulturellen Verhalten, nach Sporenbildung und Form der Kolonien, eine so weitgehende Uebereinstimmung mit echten Milzbrandbaeillen aufweisen können, daß erst genaueste Prü- Milzbrand. 659 fung eine sichere Entscheidung bringt. Oft läßt sich Eigenbewegung, wenn auch schwache, feststellen, vielfach gibt erst der Tierversuch Aufschluß. Zuerst bekannt und genauer studiert waren von milzbrand- ähnlichen Arten der im Boden gefundene Bac. anthracoides (Hürre & Woop), Bac. pseudanthracis aus Futtermehl (Burkı), Bac. sessilis aus Rinderblut (L. Krerıy). Seitdem hat man noch viele andere Bakterien dieser Gruppe kennen gelernt, so den Bac. anthracis similis (Mc Fırıann), Pseudomilzbrandbacillus (KaEsEwurm), Bac. anthracis mirabilis (PHıLipse); weitere Arten wurden von Hoppe u. a. beschrieben. Eine Serodiagnostik des Milzbrandes, wie sie von LAMBOTTE & MartcHau ähnlich der Wıparschen Probe beim Menschen versucht worden ist, erscheint aussichtslos, weil nach den Ermittelungen der eben genannten Forscher auch normales menschliches Blutserum, zum Teil in starker Verdünnung, schon agglutinierende Wirkung auf Milz- brandbacillen ausübt. Wohl aber hat das serodiagnostische Verfahren in einer anderen Form der Anwendung zu äußerst günstigen Ergeb- nissen geführt und praktische Bedeutung erlangt. Durch Ascorı wurde zuerst gezeigt, dab die Wirkung, die ein präzipitierendes Milzbrandserum auf Extrakte aus Milzbrand- kulturen und -organen ausübt, mit Vorteil für diagnostische Zwecke verwertet werden kann. Insbesondere bewährte sich ihm die Präzi- pitationsmethode gerade dann, wenn es sich um den Milzbrand- nachweis bei älteren, in Fäulnis übergegangenen Kadavern und Or- sanen handelte, bei denen die bakteriologische Untersuchung ver- sagte. Man hat nach Ascorı in solchen Fällen nur nötig, einen in besonderer Weise hergestellten Organauszug mit dem Milzbrand- präzipitin in Berührung zu bringen, um an der sofort eintretenden Trü- bung die Anwesenheit des Milzbrandantigens zu erkennen und damit, auch ohne direkten bakteriellen Nachweis, die Diagnose zu sichern. In zahlreichen Arbeiten hat die Präzipitinmethode, wie sie durch AscorLı & Varentı begründet, durch AscoLr weiter ausgebaut wurde, Nachprüfung und Bestätigung erfahren (BIERBAUM, PFEILER, Ron- CAGLIO, ZIBORDI, FAVERO, CASALOTTI, DE GASPERI, GRANUCCI, LEBRE, MARKOFF, RUPPERT, ‚FLEMMING, PRESSLER, NEGRONI, LEONCINT, FISCHOEDER, PROFE, SILVA, SZYMANOWSKI & ZAGAJA U. V. a.); besonders eingehend haben Schütz & PreEıLer das Verfahren nach wissenschaft- licher und praktischer Richtung geprüft. Zur Ausführung der Präzipitinreaktion ist ein Milzbrand- serum erforderlich, das sofort oder wenigstens nach kürzester Einwirkungs- dauer mit dem Milzbrandextrakt eine Trübung gibt. (Ueber die Gewinnung präzipitierender Milzbrandsera vergl. auch Abschnitt VIII, Seite 682.) Da die Reaktion, wie schon AscoLı & VALENTI fanden, keine absolut spezi- fische ist und auch mit Extrakten aus milzbrandähnlichen Bakterien ge- legentlich positiv ausfallen kann, ist es nötig, die hierin liegende Möglichkeit einer Fehldiagnose für die Praxis auszuschalten. ScHÜTzZ & PFEILER empfehlen daher, nicht allzu hochwertige Sera für die Präzipitinreaktion zu verwenden, und halten den in gleicher Absicht von AscoLı gemachten Vorschlag, die aus ver- dächtigen Organen gewonnenen Extrakte etwa 10—100-fach zu verdünnen, für weniger geeignet. Nach den experimentellen Feststellungen von ScHÜüTz & PFEILER lassen sich nämlich die geringen Mengen von „Pseudomilzbrandantigen“, wie sie in fauligem Kadavermaterial durch milzbrandähnliche Stäbchen etwa eimmal erzeugt werden, überhaupt nur durch äußerst hochwertige Sera nach- weisen, reagieren aber nicht auf Sera von mäßigem Präzipitingehalt; anderer- seits kann bei stärkerer Verdünnung der Extrakte die Reaktion selbst mit sicherem Milzbrandmaterial negativ ausfallen. Zur Extraktbereitung soll nach den 42% 660 G. SOBERNHEIM, ersten Angaben von AscoLI & VALENTI ein Stück des verdächtigen Organs nach Verreibung mit Quarzsand und Behandlung mit Chloroform 6—12 Stunden mit Kochsalzlösung extrahiert werden. Die Hitzebeständigkeit der präzipitablen Substanz gestattet aber, wie AscoLı später feststellte, eine vereinfachte und be- schleunigte Extraktbereitung, in Form von Kochextrakten, und macht das Ver- fahren für die Praxis bequem anwendbar. AscoLı hat für die ‚Anstellung der „Thermopräzipitation“ ein eigenes Instrumentarium angegeben. Nach AscoLıs Vorschrift wird eine verdächtige Probe mit der 5—10-fachen Menge physiologischer Kochsalzlösung kurz gekocht und das Dekokt durch Filtrierpapier filtriert. Die Thermopräzipitation, d. h. die Verwendung derartiger Kochextrakte zur Anstellung der Präzipitinreaktion, liefert, entsprechend den Angaben AscoLis, auch nach den Erfahrungen der meisten anderen Untersucher zuverlässige Re- sultate; Schütz & PFEILER geben den durch langsame Extraktion gewonnenen Auszügen den Vorzug. Schüttelextrakte scheinen keine nennenswerten Vorteile zu bieten (SCHÜTZ & PFEILER). Die Extrakte müssen vollkommen klar sein. Von Organen scheint die Milz für den Antigennachweis (d. h. Extraktbereitung) am geeignetsten zu sein (RONCAGLIO, SZYMANOWSKI & ZaAGAJA u. a.), doch können auch Muskeln (FAvERO), sowie andere Organe (Lungen, Leber, Nieren, Blut und Exsudate usw.) zur Untersuchung verwendet werden (ScHÜüTz & PFEILER). Als Extraktionsmittel kommen außer gewöhnlicher Kochsalzlösung auch Karbolkochsalzlösung (SCHÜTZ & PFEILER), Essigsäure(1:1000)-Kochsalz- lösung (AscoLil, GRANuccı), destilliertes oder gewöhnliches Wasser (GRANUCCI) usw. in Betracht. Die Präzipitinreaktion wird als Schichtprobe ausgeführt; das Serum wird unverdünnt, der Extrakt unverdünnt oder verdünnt (vgl. oben) angewendet, Nur eine sofort an der Berührungsstelle beider Flüssigkeiten auftretende ring- förmige Trübung ist als positiver Ausfall der Reaktion zu deuten. Die bei allen Serumreaktionen erforderlichen Kontrollen sind auch bei der Milzbrandpräzipi- tation zu berücksichtigen, doch kann man sich nach ScHÜTzZ & PFEILER im ein- zelnen Falle auf die gleichzeitige Prüfung des Serums mit einem sicheren Milz- brandextrakt und einem normalen Extrakt beschränken. Nach allgemeiner Erfahrung liefert das Ascorısche Verfahren so zuverlässige Resultate, daß seine Anwendung für den praktischen Milzbrandnachweis neben der bakteriologischen Untersuchung durchaus anzuraten ist. Namentlich bei der Prüfung älteren, faulisen Materials führt die Präzipitinreaktion meist allein zum Ziel und zur sicheren Diagnose. Für praktische Zwecke ist der spezifische Charakter der Reaktion so ausgesprochen, daß sowohl der positive als der nega- tive Ausfall zu ganz bestimmten Schlüssen berechtigen (AscoLi, DE GASPERI, SCHÜTZ & PFEILER u. v. a.). Die Angabe FıscHorpers, daß auch in solchen Fällen, in denen das Vorhandensein von Milzbrand ganz ausgeschlossen ist, häufig eine Präzipitation auftrete, steht mit den sonst vorliegenden Erfahrungen und Berichten in Widerspruch und ist in einer späteren Veröffentlichung (1913) von ihm selbst wieder zurückgenommen worden. Die Leistungsfähigkeit und der praktische Wert des Verfahrens werden ganz besonders durch Be- obachtungen illustriert, die für die außerordentliche, nahezu unbe- grenzte Haltbarkeit des Antigens zeugen. Organstücke, die 500 bis 550 Tage der Fäulnis überlassen waren, gaben in Versuchen von SCHÜTZ & PFEILER noch deutliche Präzipitinreaktion; GRANUccI er- zielte das gleiche mit Organen, die 11 Jahre in Alkohol gelegen hatten. Nach Ziısorpı wird durch Konservierung des Materials in Alkohol, Glyzerin und Formalin die Präzipitinreaktion nicht geschädigt, was jedoch Granuvcceı für Formalin nicht bestätigt. Der Antigennachweis in Milzbrandhäuten (Preıter & Neumann) kann mit Vorteil zur Prüfung von importierten Fellen verwendet werden (NEgronxt). Für die Nahrungsmittelkontrolle ist es von Bedeutung, daß nach den Untersuchungen SıLvas die Verarbeitung milzbrandigen Fleisches auch Milzbrand. 661 bei Würsten, die das Salzen und Trocknen durchgemacht haben (Salami), noch nachgewiesen werden kann. Aehnlich wie die Präzipitation empfiehlt DJOUBELIEFF die An- wendung der Komplementbindungsreaktion für diagnostische Zwecke. VI. Prophylaxe und Therapie. Die Bekämpfung des Milzbrandes auf prophylaktischem Wege schließt sich im wesentlichen den ganz allgemein für die meisten Infektionskrankheiten festgelegten Grundsätzen an und fordert zu- nächst sofortige, rascheste Tilgung der Infektionskeime am Orte ihrer Entstehung. Daher ist als wichtigste Maßnahme die sachge- mäßeBeseitigungund Vernichtungder Milzbrandkadaver zu betrachten. Zu welchen höchst bedenklichen Folgen eine Mißb- achtung dieses Gebotes zu führen vermag, haben die Erfahrungen mit der „sibirischen Pest‘ in Rußland in den Jahren 1864-1866 (vgl. S. 584) zur Genüge gelehrt, wo man die zum Ziehen der Kähne benutzten und an Milzbrand verendeten Schiffspferde einfach in den Fluß geworfen oder unverscharrt im Freien gelassen hatte (Pütz). Schon im Jahre 1869 erschien in München ein vom 14. Sep- tember datiertes landesherrliches Mandat, welches rügt, daß man das an der leidigen Sucht gefallene Vieh nicht vorschriftsmäßig tief und an abgelegenen Orten verscharre, und dessen bessere Vergrabung streng .befiehlt. Durch Reichsgesetz vom 26. Juni 1909 ist in Deutschland bestimmt, daß Milzbrandkadaver von gefallenen oder getöteten Tieren sofort unschädlich zu beseitigen sind und nicht abgehäutet werden dürfen. Auch für Fälle, in denen nur Milzbrandverdacht besteht, gelten die gleichen Vorschriften. Milzbrandkranke Tiere, ebenso wie milzbrandverdächtige dürfen nicht geschlachtet werden. Im übrigen sind natürlich alle von dem kranken oder verendeten Tier berührten Objekte nach den gewöhnlichen Regeln der Desinfek- tion zu behandeln, ganz besonders ist für eine gründliche Stalldes- infektion vermittelst Kresollösung, Kalkmilch oder dgl. Sorge zu tragen. Streu und Stallmist werden am sichersten durch Verbrennung vernichtet. In einem sehr zweckmäßigen Formular hat NEVERMANN die Anweisungen zusammengestellt, die der Kreistierarzt (in Preußen) nach Auftreten des Milz- brandes in einem Viehbestande dem Besitzer zu erteilen hat. Der wichtigste Abschnitt hieraus lautet: . Für milzbrandkranke oder der Seuche verdächtige Tiere sind tunlichst eigene Wärter zu bestellen und besondere Futter- und Trinkgeschirre, sowie be- sondere Stallgerätschaften zu verwenden. Personen, die Verletzungen an den Händen oder an anderen unbedeckten Körperteilen haben, dürfen zur Wartung solcher Tiere nicht verwendet werden. Räumlichkeiten, in denen sich die milzbrandkranken oder der Seuche ver- dächtigen Tiere befinden, dürfen, abgesehen von Notfällen, ohne ortspolizeiliche Genehmigung nur von Ihnen oder Ihrem Vertreter, von den mit der Beauf- sichtigung, Wartung und Pflege der Tiere betrauten Personen und von Tier- ärzten betreten werden. Die Räumlichkeiten dürfen von Personen mit bloßen Füßen nicht betreten werden. Personen, die mit blutigen Ausscheidungen milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Tiere in Berührung gekommen sind, haben möglichst sofort die Hände und andere etwa beschmutzte Körperteile, beschmutzte Kleidungsstücke und beschmutztes Schuhzeug zu reinigen und zu desinfizieren. Die Desinfektion hat durch Abwaschen mit Formaldehydlösung oder Sublimatwasser zu erfolgen. Das Schuhzeug ist wiederholt und sorgfältig mit Lappen abzureiben, die mit einer 662 G. SOBERNHEIM, der genannten Lösungen getränkt sind. Kleidungsstücke, die nur wenig be- schmutzt sind, können in der Weise desinfiziert werden, daß sie mit einer der senannten Lösungen befeuchtet oder feucht gebürstet werden. Tiere, die an Milzbrand erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, dürfen nicht geschlachtet werden. Als Schlachtung gilt jede mit Blutentziehung ver- bundene Tötung eines Tieres, auch ohne darauf folgende Zerlegung. Heilversuche an milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Tieren dürfen nur von Tierärzten vorgenommen werden. Die Vornahme blutiger Operationen an solchen Tieren ist nur Tierärzten gestattet und darf erst nach der Absonderung der Tiere stattfinden. Milch, Haare, Wolle milzbrandkranker oder der Seuche verdächtiger Tiere sind unschädlich zu beseitigen. Die Kadaver und Kadaverteile (Fleisch, Häute, Blut, Eingeweide, Hörner, Klauen usw.) gefallener oder getöteter milzbrandkranker oder der Seuche ver- dächtiger Tiere müssen sofort nach Anweisung des beamteten Tierarztes un- schädlich beseitigt werden. Das Abhäuten der Kadaver ist verboten. Eine Oeffnung der Kadaver darf ohne ortspolizeiliche Erlaubnis nur von Tierärzten oder unter deren Leitung vorgenommen werden. Bis zu ihrer unschädlichen Beseitigung sind die Kadaver oder Kadaverteile dicht zu bedecken und tunlichst unter sicherem Verschlusse so aufzubewahren, daß ihre Berührung durch Tiere oder Menschen und eine anderweitige Verschleppung von Krankheitskeimen nach Möglichkeit vermieden wird. Die Vernichtung der Tierkadaver erfolgt am besten durch Ver- brennung oder ein gleichwertiges Verfahren, wie es die für diesen Zweck konstruierten Dampfdesinfektionsapparate oder Heiß- luftsterilisatoren darstellen. Die Ausführungsvorschriften zum deut- schen Viehseuchengesetz verstehen unter der „unschädlichen Be- seitigung‘‘ von Tierkadavern: a) Kochen oder Dämpfen bis zum Zerfall der Weichteile, b) trockene Destillation, c) Behandlung auf chemischem Wege bis zur Auflösung der Weichteile, d) Verbrennen bis zur Asche. Wo diese Art der Beseitigung aus irgendeinem Grunde nicht möglich ist, kommt das Vergraben der Kadaver in Betracht. Hierbei sind aber eine Reihe von Vorsichtsmaßregeln strengstens zu beachten. Werden die Kadaver möglichst frisch und ohne längeren Transport vergraben, so wird damit die Entwicke- lung der Sporen hintangehalten und eine Vernichtung der Milz- brandstäbchen, wie die einschlägigen, speziell auf diesen Punkt gerichteten Untersuchungen von HEJJA, FESER, PETRI, v. EsMARCH (1889), Karuınskı, Kırasato u. a. ergeben haben, nach relativ kurzer Zeit, innerhalb weniger Wochen, herbeigeführt. In allen Fällen, in denen man eine längere Persistenz der Keime, zum Teil über Monate und Jahre, nachweisen konnte, handelte es sich stets um Kadaver, die zuvor an der Luft gelegen und hier bereits Sporen gebildet hatten oder aber in zu geringe, eine Sporenentwickelung noch zulassende Tiefe versenkt worden waren. Es muß eben ein sachgemäßes, wirkliches Vergraben in ca. 2-3 m Tiefe, nicht ein oberflächliches ‚„Ver- scharren“ der Kadaver vorgenommen werden. Aber selbst wenn Milzbrandkeime (Sporen) in beerdigten Kadavern auch nach längerer Dauer (1 Jahr) noch ihre Lebensfähigkeit bewahren, so ist damit, wie LöseEner feststellte, eine Gefahr für die Nachbarschaft kaum ver- bunden, insofern, als nach den sorgfältigen Untersuchungen LÖösENERS eine Verschleppung der Keime in das umgebende Erdreich und Grundwasser bei gewöhnlichen Bodenverhältnissen nicht zustande kommt. Dennoch ist es ratsam, wie es auch das deutsche Viehseuchengesetz vorschreibt, bei der Wahl des Platzes die Nähe von menschlichen Wohnungen, Viehställen, Bäumen, Ge- Milzbrand. 663 wässern, Weideplätzen und öffentlichen Wegen zu vermeiden. Humus-, Lehm- und Tonböden sind wenig geeignet, auch Kies- und Sandlager, die zur Ausbeutung bestimmt sind, dürfen nicht benutzt werden. Zweckmäßig ist es, die Kadaver in den Gruben mit Desinfektions- mitteln zu bedecken, oder in frisch gelöschten Kalk oder dgl. ein- zubetten. Wo die Vernichtung der Kadaver in der Abdeckerei erfolgt, mub dem Transport die größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die besteingerichteten Anstalten dieser Art sind unzureichend, sobald nicht die Abholung und Beförderung der Milzbrandkadaver nach ‚hygienischen Grundsätzen sorgfältig geregelt und überwacht wird. Hierzu ist erforderlich, daß gut schließende und desinfizierbare Wagen, Behälter usw. benutzt werden, die jede Ausstreuung des In- fektionsstoffes mit Sicherheit verhindern, daß aber auch bei dem Auf- und Abladen der Kadaver mit der höchsten Vorsicht verfahren wird. Die Prophylaxe des menschlichen Milzbrandes hat zu- ‘nächst die Aufgabe, die in bestimmten industriellen Betrieben erfah- rungsgemäß stark gefährdeten Personen durch hygienische Maßnahmen allgemeiner Art nach Möglichkeit zu schützen. Peinlichste Sauber- keit, zweckmäßige Kleidung, strengste Vorschriften bezüglich Ein- nehmens der Mahlzeiten, regelmäßige Desinfektionen, Verhütung der Staubentwickelung bzw. sofortige Absaugung des entstehenden Staubes usw. würden hier zu nennen sein. Hauptsächlich aber ist eine gründ- liche Sterilisierung des infektionsverdächtigen Materials vor der Ver- arbeitung unbedingt geboten, eine Forderung, die freilich auf recht er- hebliche, bisher noch nicht in befriedigender Weise überwundene Schwierigkeiten stößt. Alle hier in Frage stehenden Gegenstände, wie Felle, Haare, Wolle, Borsten usw., werden unter dem Einfluß eingreifender Desinfektionsmaßnahmen in mehr oder minder beträcht- lichem Grade geschädigt und unter Umständen für eine weitere Ver- arbeitung entwertet, ja selbst gänzlich unbrauchbar gemacht. Zum Schutze der Hadern- und Wollzupfer ist die Sterilisierung des Roh- materials im gespannten Dampfe vorgeschlagen worden (EPPINGER), für Roßhaarspinnereien empfehlen KügLer und MuvseHorn auf Grund der im Reichsgesundheitsamt angestellten Untersuchungen halbstündige Desinfektion im Wasserdampf bei 0,15 Atmosphäre Ueberdruck, wäh- rend das empfindlichere Material der Bürsten- und Pinselindustrie nach KüsLer am besten entweder durch mehrstündiges Kochen in Wasser, oder aber durch t/,—!/s-stündiges Kochen in 2-proz. Perman- ganatlösung und nachfolgendes Bleichen in 3—4-proz. schwetliger Säure zu behandeln ist. Die Desinfektion größerer Roßhaar- und namentlich Ziegenhaarballen, wie sie aus dem Auslande eintreffen, gelingt nach LAUBENHEIMER selbst bei vorschriftsmäßiger Behandlung mittels gespannten Dampfes (0,15 Atm. Ueberdruck, t/, Stunde) nur unvollkommen. LAUBENHEIMER empfiehlt daher, die Ballen zunächst unter besonderen Vorsichtsmaßregeln zu lockern und in kleinere Bündel zu zerlegen. Für Felle hat man die Formaldehyddesinfektion heranzuziehen gesucht. Nach den Feststellungen von Gruser (1896) soll durch Behandlung mit Formalindämpfen die Brauchbarkeit des Rohmaterials für weitere technische Verarbeitung nicht nachteilig beeinflußt werden. Vgl. auch Gruzers (1901) eingehende Darstellung der Maßnahmen zur Verhütung des Milzbrandes in Gewerbebetrieben durch Hadern, Felle, Roßhaare usw. Wie v. EsmarcH (1902) fand, 664 G. SOBERNHEIM, werden in !/,-proz. Formaldehyd-Wasserdampf bei 70° Milzbrand- sporen auf Fellen in 3 Minuten abgetötet. Weniger günstige Re- sultate erzielte XyLANnDER. Versuche mit den neueren Apparaten für Formaldehyd-Dampfdesinfektion im Vakuum (sog. „Rubner-System‘“) haben weiterhin gezeigt, daß bei ca. 1-stündiger Einwirkung eine Ab- tötung von Milzbrandsporen auch bei dichterer Lagerung der Gegen- stände möglich ist. Nur scheinen gewisse Arten von Rohfellen (Ziegenfelle) durch diesen Eingriff zu leiden (STREPPEL, Gıns); bei festgeschnürten großen Ballen stößt auch die Desinfektion auf Schwierigkeiten. Die Behandlung mit Desinfektionslösungen (Lysol, Kresolseifenlösung, Kalkmilch) hat manche Nachteile; erst in jüng- ster Zeit scheint hier ein wesentlicher Fortschritt erreicht zu sein. So hat SCHATTENFROH eine „Pickelbeize‘“, wie sie auch sonst zur Behand- lung von Fellen zwecks Konservierung (,Pickeln“) in Gebrauch ist, zur Desinfektion von Milzbrandfellen (Ziegen- und Lammfellen ) mit Er- folg verwendet. Die Felle werden in einer Lösung von 1 Proz. Salz- säure und 8 Proz. Kochsalz 6 Stunden bei 40° gehalten (zweckmäßiger als 48 Stunden bei 20—22° in 2 Proz. Salzsäure und 10 Proz. Koch- salz), nachher durch eine dünne Sodalösung gezogen und gewaschen. Das Verfahren ist unschädlich für die Felle, wirksam gegen Milz- brandsporen (SCHATTENFROH, REICHEL & GEGENBAUER, MOEGLE, HirL- GERMANN & MARMANN). SEYMOUR-Jones empfiehlt Einlegen der Felle in ein Wasser, dem 1 Proz. einer 90-proz. Ameisensäure und 1:5000 Sublimat (vorher gelöst) zugesetzt wird, für dieDauer von 24 Stunden ; hierauf Behandlung mit konzentrierter Sodalösung (1 Stunde). Auch diese Methode scheint sich zu bewähren (ScCHNÜRER 1911, MOoEGLE); HILGERMANN & MArRMAnN erhielten damit freilich keine günstigen Resultate. BREKLE will die Milzbrandsporen auskeimen lassen, um dann der Desinfektion leichtere Bedingungen zu schaffen; Labo- ratoriumsversuche an Meerschweinchenhäuten (Einlegen in Bouillon, 48 Stunden bei 43—44°) waren erfolgreich. Ausdrücklich bemerkt sei, daß nach übereinstimmendem Ergebnis zahlreicher experimenteller Ermittelungen (RAvEneL 1898, GRIGLIOo, KessLEr u. a.), in Einklang mit der praktischen Erfahrung, die ver- schiedenen Arten des Gerbverfahrens eine Abtötung der Milzbrand- sporen im allgemeinen nicht: bewirken. Da bei uns in vielen Gegenden namentlich die Verarbeitung von Schaffellen die Hauptursache für das Auftreten des Milzbrandes beim Menschen abgibt, andererseits aber die sogenannten „Sterblingsfelle‘“ fast ausnahmslos von Milzbrand- sterblingen herzurühren pflegen, erscheint eine von GARRELS gegebene Anregung sehr beachtenswert, wonach ganz allgemein Schaf-Sterb- lingsfelle von dem freien Verkehr ausgeschlossen und, als stets in- fektionsverdächtig, gesondert verarbeitet werden sollen. Inwieweit eine spätere, noch radikalere, vom hygienischen Standpunkte aber sicher sehr zweckmäßige Forderung GarrErs, nämlich die Sterblings- felle überhaupt von jeder weiteren Verwendung auszuschließen, mit ökonomischen Interessen vereinbar ist, mag hier unerörtert bleiben. Bezüglich der therapeutischen Behandlung des Milzbrandes sei kurz bemerkt, daß man vielfach auch beim Menschen bestrebt ist, von einer operativen Entfernung des lokalen Hautaffektes (Pustula maligna) oder den namentlich früher bevorzugten tiefen Inzisionen Abstand zu nehmen und statt dessen exspektativ zu verfahren, wie dies bei den Milzbrandkarbunkeln der Tiere schon längst geschieht Milzbrand. 665 (vgl. Horrmann 1904). Feuchte Umschläge, warme Alkoholverbände, Kreolinsalbe und ähnliche Mittel sollen sich hier bewährt haben. Auch Injektionen von Karbolsäure etc. werden empfohlen. Die Behandlung des Lungen- und Darmmilzbrandes kann sich natürlich nur auf rein symptomatische Maßnahmen beschränken. Von der inneren Darreichung von Kreolin, Karbolsäure, Salicylsäure, Jod, Arsen usw. will man, ebenso wie von subkutanen Sublimatinjek- tionen oder intravenöser Injektion von Argent. colloidale, bei Tieren mitunter gute Erfolge gesehen haben. Ausgezeichnete Heilwirkung scheint nach neueren klinischen Beobachtungen bei Menschen und nach Laboratoriumsversuchen an Meerschweinchen dem Salvarsan zuzu- kommen (BECKER, BETTMANN & LAUBENHEIMER, SCHUSTER, BIER- BAUM). Von der spezifisch-prophylaktischen und -therapeutischen Be- kämpfung des Milzbrandes auf dem Wege der Schutzimpfung und Serumtherapie wird in einem späteren Kapitel (IX) ausführlich die Rede sein. VIII. Immunität. A. Natürliche Immunität. Wie verschieden die Empfänglichkeit der einzelnen Tierarten und gewisser Tierrassen für Milzbrand ist, wurde bereits an früherer Stelle erwähnt (vgl. S. 619). Von der höchsten Empfänglichkeit der Mäuse und Meerschweinchen führt eine ganze Stufenleiter von Re- sistenzgraden zu dem refraktären Verhalten solcher Tierarten, die, wie z. B. das Geflügel oder die Kaltblüter, als „natürlich immun“ bezeichnet werden müssen. Eine Erklärung für diese Verhältnisse zu finden, hat man sich schon seit den ersten Anfängen der experimen- tellen Milzbrandforschung bemüht, und insbesondere hat gerade das Problem der Milzbrandimmunität Anlaß und Grundlage für die ersten wichtigen Untersuchungen über die normalen Schutzkräfte des Organismus, Phagocyten und zellfreie Körpersäfte, abgegeben. (Vgl. daher die entsprechenden allgemeinen Kapitel des Handbuches. ) Die Ergebnisse waren lange Zeit wenig befriedigend. Daß eine zu hohe Körpertemperatur bei den Vögeln, oder eine zu niedrige bei den Fröschen, oder die stark alkalische Reaktion des Blutes bei den Ratten, oder ganz allgemein bakterizide Eigenschaften des Blutserums in letzter Linie nicht die natürliche Immunität bedingen konnten, wurde sehr bald klar. Die Tatsache, daß z. B. das Blut hoch empfänglicher Tierarten, wie Kaninchen, im Reagenzglase Milzbrandbacillen äußerst energisch abtötet, während andererseits Hunde- und Hühnerserum, also das Serum zweier natürlich resistenter bzw. refraktärer Tier- arten, so gut wie jeder bakteriziden Wirkung ermangelt, zeigt ohne weiteres, wie wenig man die in vitro nachweisbaren bakteriziden Serumfunktionen zur Erklärung der natürlichen Arten- und Rassen- immunität heranziehen durfte. Zwischen der Resistenz einer Tierart und der anthrakoziden Wirkung ihres Blutserums, geprüft im Re- agenzglasversuch, besteht eben kein Parallelismus. Auch die Phago- cytenlehre erlitt auf diesem Gebiete anfänglich Schiffbruch; durch die Arbeiten einer Reihe von Forschern (PETRUSCHKY, FRANK u. a.) wurde sehr bald festgestellt, daß die Phagocytose in dem von METSCHNIKOFF gedachten Sinne sicherlich nicht als einzige und aus- 666 G. SOBERNHEIM, reichende Ursache der natürlichen Immunität in Betracht kommen konnte. Dennoch muß wahrscheinlich sowohl den Phagocyten als auch den zellfreien Körpersäften auf Grund neuerer Untersuchungen eine wichtige Rolle zugeschrieben werden. Die Arbeiten der letzten Jahre haben durch genaues Studium des Infektionsverlaufes die Aufmerksam- keit auf eigenartige Beziehungen zwischen Bakterien und Tierkörper hingelenkt und damit auch das Immunitätsproblem der Lösung näher geführt. Im Vordergrunde der Betrachtungen steht die Tatsache, daß der Milzbrandbacillus innerhalb des Tierkörpers sich mit einer Kapsel umgibt. Diese Beobachtung war zwar längst bekannt, wurde früher aber nicht genügend bei experimentellen Untersuchungen berücksichtigt. Die Kapselbildung ist für die Frage der Immunität insofern von sanz besonderer Bedeutung, als kapseltragende und kapselfreie Milz- brandbacillen sich biologisch, namentlich in ihrer Resistenz gegenüber den Schutzkräften des Organismus durchaus verschieden verhalten. Das gilt in erster Linie bezüglich der Phagocytose. Werden die Bacillen einer Milzbrandkultur im Reagenzglase mit frischen, ge- waschenen Leukocyten in Berührung gebracht, so tritt alsbald lebhafte Phagocytose ein, auch wenn es sich um einen hochvirulenten Milz- brandstamm handelt. In dieser Hin- sicht zeigen die Leukocyten der verschiedenen Tierarten fast völlige Uebereinstimmung, und es ist gleichgültig, ob sie einer empfäng- lichen oder einer gegen Milzbrand immunen Tierart entstammen. Die Fig. 15. Milzbrandbacillen und Leukocyten des Hundes, des Ka- Meerschweinchenleukocyten. Einwir- Minchens, des Meerschweinchens, kung im Reagenzglase bei 37° 20 Mi- des Huhnes usw. vermögen Kultur- nuten. Phagocytose. Ausstrichpräpa- bacillen rasch aufzunehmen und zu =: Färbung mit verdünntem Karbol- vernichten (Ba & Perrersson, uchsin. Vergr. 750-fach. = 3 LöHLEIN, LAMBOTTE & STIENNON, WrıcHT & DoucLas, GRUBER & FurTakı, Tsupa, Toyosumı u. a... Diese Wirkung geht allein und ausschließlich von den Leukocyten aus und erfährt durch Zusatz von aktivem oder inaktivem Serum keine irgendwie nennenswerte Steigerung. Nach GRUBER & FUTart ist die Phagoeyt tose bei Huhn und Hund eine besonders kräftige, tritt aber auch bei Kaninchen und Meerschweinchen ein; nur vollzieht sich in letzterem Falle die Ab- tötung der Bakterien in etwas anderer, recht charakteristischer Weise, indem die Kaninchen- oder Meerschweinchenleukocyten die Milzbrand- fäden umklammern, sich an ihnen perlschnurartig aufreihen und sie durch „Kontakttötung“ vernichten. Soweit die Leukocyten em- pfänglicher Tierarten, wie Kaninchen und Meerschweinchen, in Be- tracht kommen, schienen somit die Vorgänge im Reagenzglase keinen Rückschluß auf den Verlauf der Infektion innerhalb des Organismus zu gestatten. Denn wenn auch hier eine gleichstarke Phagocytose einsetzte, wie in vitro, so müßte das Tier eben gegen die Infektion Milzbrand. 667 geschützt, also unempfänglich sein. Daher war es von großer Be- deutung, als sich herausstellte, daß die Kapselbacillen, wie wir sie im Tierkörper antreffen, sich auch außerhalb des Organismus anders verhalten als die kapselfreien Kulturbacillen und der Phagocytose nicht zugänglich sind (LöHLEın, GRUBER & Furakı). Bringt man die aus der Peritonealhöhle oder aus der Oedemflüssigkeit von Milzbrandtieren gewonnenen Bacillen mit Kaninchen- oder Meerschweinchenleukocyten zusammen, so bleibt jede phagocytäre Wirkung aus, so dab in der Tat „Körperbacillen“ (,„Kapselbacillen“, „tierische“ Ba- cillen) bei allen derartigen Versuchen und Deutungen von den Kulturbacillen streng geschieden werden müssen. Worauf dieser Unterschied beruht und welche biologische Bedeutung der Kapsel bei- zumessen ist, darüber gehen die Ansichten der Forscher heute noch auseinander. Während DEvuTscH, GRUBER, LÖHLEIN, STIENNON und namentlich Preısz (1909) in der Kapselbildung eine Schutzmaßregel der Bakterien erblicken, durch die sie sich der schädigenden Einflüsse der Phagocyten und der Körpersäfte zu erwehren suchen, ScLavo die gleiche Erscheinung wiederum als Degenerationsvorgang auffabt, er- blicken Baıt und seine Schule, sowie FrscHoEDer in der Hüllenbildung den Ausdruck abnormer Sekretionen und gewissermaßen einen Krank- heitszustand der Bakterien; EısengerG (1908) betrachtet das Phä- nomen der Kapselbildung als eine Reaktion auf einen Nahrungsreiz, und auch die „antiblastische“ Theorie Ascorıs deutet in ähnlicher Weise den Vorgang als einen mit dem Anpassungsvermögen der Bak- terien eng verknüpften Prozeß. Versuche, mit Hilfe der nach be- sonderem Verfahren dargestellten Kapselsubstanz („Anthrakomucin ) immunisierende Wirkung zu erzielen, hatten keinen Erfolg (Preiısz). Jedenfalls ist die Tatsache allgemein anerkannt und bestätigt, daß die aus dem infizierten Organismus stammenden kapseltragenden Bacillen in vitro von den Phagocyten nicht aufgenommen werden, und es kann daher in diesem Zusammenhange die Frage zunächst un- erörtert bleiben, ob die im Tierkörper erworbene Hülle nun die eigent- liche Ursache der Phagocytenfestigkeit der Bakterien oder nur eine zufällige Begleiterscheinung darstellt. Eine „animalisierende“ Wirkung, wie sie der Tierkörper auf Milzbrandbacillen ausübt, läßt sich auch im Reagenzglase erreichen. Werden Kulturbacillen mit dem Serum irgendeiner Tierart in Berüh- rung gebracht und einige Zeit hierin belassen und fortgezüchtet, so ge- winnen sie ein Aussehen, das ganz dem Charakter der Körperbacillen entspricht; sie umgeben sich mit einer Kapsel, Milzbrandsporen keimen in dem Serum direkt zu Kapselbacillen aus. Die Sera em- pfänglicher und unempfänglicher Tierarten lassen hierin keine durch- greifenden Differenzen erkennen, und es ist weiterhin bemerkenswert, daß die Kapselbildung ebensogut im milzbrandfeindlichen wie im nicht feindlichen, im aktiven wie im inaktivierten, im frischen wie im alten Serum erfolgt (FISCHOEDER). Kopama, der in jüngster Zeit diese Verhältnisse eingehend untersucht hat, gibt an, dab Kapsel- bildung im Hühnerserum in 5 Stunden eintritt, im Rattenserum un- vollkommen, im Serum des Frosches überhaupt nicht; im Serum von Maus und Meerschweinchen werden sehr gute Kapseln in 2—6 Stunden gebildet, ebenso im inaktiven Pferde- und Rinderserum nach Verlauf von 5—24 Stunden, kaum aber im inaktiven Kaninchenserum in 24 Stunden. Gegenüber den Kapselbakterien derartiger Serum- 668 G. SOBERNHEIM, kulturen versagt die Phagocytenwirkung nach den Feststellungen von LÖHLEIN, GRUBER & Furaxı, Baıt u. v. a. gleichfalls, und es besteht zwischen den im infizierten Organismus entstandenen und den aus dem Serum gezüchteten Kapselstäbchen hinsichtlich ihrer Phagocyten- resistenz kein Unterschied. Also auch hier eine völlige Ueberein- stimmung zwischen Tier- und Reagenzglasversuch. Neben den Phagocyten spielen als Schutzkräfte des Organismus die anthrakoziden Eigenschaften des Serums eine wichtige, nach Ansicht verschiedener Forscher (Preısz u. a.) sogar die wichtigste und entscheidende Rolle. Ueber die Natur der milzbrandfeindlichen Stoffe, wie sie eine Reihe von Serumarten besitzen, haben erst neuere Arbeiten weitere Aufklärung gebracht. Daß die bakterizide Wirkung des Kaninchen- oder Rattenserums nicht in der gewöhnlichen Weise zu erklären und etwa auf ein Ambozeptor-Komplementsystem zurück- zuführen ist, ergab sich sehr bald. Nach den Untersuchungen von BaıL, PETTERSSon, Preısz, Kreısıch, Tsupa, Toyosumı, WEL & Nunokawa kann es aber als gesicherte Tatsache gelten, daß die Leukocyten eine Quelle stark bakterizid wirkender Sub- stanzen darstellen und Wohl in der Hauptsache für die milz- brandfeindlichen Serumwirkungen verantwortlich zu machen sind. GRUBER & FUTAKI, sowie SCHNEIDER und BarrEAU fanden, dab auch die Blutplättchen eine Substanz von energisch bakteriziden Fähig- keiten, ein „Plakin“, enthalten und unter gewissen Bedingungen an die Körpersäfte abgeben. Werden Milzbrandbacillen mit leukocyten- haltiger Flüssigkeit (Serum) zusammengebracht, so erfolgt ihre Ver- nichtung nicht ausschließlich auf dem Wege der Phagocytose, sondern auch extracellulär in dem zellfreien Medium, und es läßt sich durch Versuche mit abgetöteten (gefrorenen) Zellen oder mit Leukocyten- extrakten leicht erweisen, daß der Untergang der Bakterien tatsäch- lich durch bakterizide Leukocytenstoffe herbeigeführt wird. Die Leukocyten ihrerseits vermögen also den Infektionserreger ent- weder auf dem Wege der Phagocytose (intracellulär) oder durch Ab- scheidung anthrakozider Stoffe unschädlich zu machen. Das Problem der Milzbrandinfektion und Milzbrandimmunität erfährt nun aber da- durch eine neue Komplikation, daß sich tierische Kapselbacillen den selösten Leukocytenstoffen gegenüber genau so labil verhalten wie die kapselfreien Kulturbacillen. Reagenzglasversuch und Tierversuch lehren übereinstimmend, daß die tierischen Bacillen der Säfte- bakterizidie und der bakteriziden — nicht phagocytären — Kraft der Leukocyten ohne jede Spur von stärkerer Resistenz rasch erliegen (Tsupa, Toyosumı, WEIL & NUNOKAWA, FISCHOEDER, SUZUKI, OLIVERO, Donarı [1910], Kopama). Die Wider- standsfähigkeit gegen Phagocytenwirkung, wie sie die Kapselbacillen in so ausgesprochenem Maße an den Tag legen, wird somit in ihrer Bedeutung für den Verlauf des Infektionsprozesses nicht unwesent- lich eingeschränkt; auch wenn sie der Phagocytose entgehen, sind die tierischen Bacillen trotz ihrer Kapselhülle von einer extracellulären Vernichtung durch „aphagozide Leukocytenwirkung‘ (Bart) bedroht. Alle diese Feststellungen haben wertvolle Beiträge zur Milz- brandfrage gebracht und unsere Kenntnisse von den im infizierten Organismus sich abspielenden Vorgängen sehr gefördert. Durch die Untersuchungen von Deutsch und Lönteı hat sich fernerhin ergeben, daß sich die im Reagenzglas beobachteten Erscheinungen in vieler ee 1 REN Milzbrand. 669 Hinsicht tatsächlich auf den Tierversuch übertragen und zur Er- klärung des Infektionsverlaufes heranziehen lassen. Wenn man nämlich gewisse Mengen eines virulenten Kulturmilzbrandes Meer- schweinchen intraperitoneal injiziert, so setzt alsbald eine lebhafte Phagocytosc ein, und die Bacillen verschwinden, zum Teil auch unter extracellulärer Degeneration, aus der Bauchhöhle. Erst nach einiger Zeit, gewöhnlich nach etwa 20 Stunden, erscheinen die Bacillen wieder, nun aber in veränderter Gestalt als kapseltragende „Körper- bacillen‘“, und sind in dieser zweiten Generation gegen den Angriff der Phagocyten und gelösten anthrokoziden Stoffe geschützt; sie ver- mehren sich ungehindert, treten im Blute auf und töten das Tier. Schon diese letztere Beobachtung aber weist, bei aller sonstigen Ueber- einstimmung mit dem Reagenzglasversuch, auf eine neue wichtige Frage hin. Warum werden die in dem Sekundärstadium auftretenden Kapselbacillen nicht extracellulär abgetötet, ebenso wie im Re- agenzglasversuch? Warum sind die in den Meerschweinchenleukocyten nachweislich vorhandenen und von ihnen trennbaren bakteriziden Stoffe im Meerschweinchenkörper jetzt unwirksam? Preısz weist auf die von ihm gefundene Tatsache hin, daß die Kapselsubstanz der Körper- bacillen imstande ist, die Wirkung anthrakozider Sera (Kaninchen- serum, Pferdeserum) aufzuheben. WEIL & Nuxokawa, BaıL & WEIL, Suzukı ziehen die Aggressinwirkung zur Erklärung heran. Sie nehmen zwar, ähnlich wie GRUBER & FUTAKT, SCHNEIDER und auch PETTERSson, an, daß die anthrakoziden Stoffe von den lebenden Leukocyten nur auf einen Reiz hin abgesondert werden, der von den Milzbrandbacillen ausgeht, sie folgern aber weiter, dab in dem Körper des hochempfänglichen Meerschweinchens der Austritt dieser Stoffe aus den Zellen offenbar verhindert werden muß, und zwar durch das Aggressin des Milzbrandbacillus. Die Versuche von BaıL & WEIL, sowie Suzukı geben hierfür in der Tat Anhaltspunkte, insofern als sich zeigte, daß durch Zusatz von Aggressin, in Form sterilen Exsudates infizierter Tiere, die bakterizide Wirkung der Leukocyten auf Kapselbacillen im Reagenzglase deutlich vermindert wird. Das Aggressin wirkt dabei nur hemmend auf die Leukocytenbakterizidie empfänglicher Tiere (Maus, Meerschweinchen, Kaninchen), nicht aber auf die Leukocyten von Taube und Huhn. Hieraus würde sich zu- gleich ein Gesichtspunkt für die Deutung des Immunitätszustandes natürlich refraktärer Tierarten ergeben. Immerhin wird man bei Berücksichtigung der vielgestaltigen Verhältnisse gestehen müssen, daß die Hauptfrage des vorliegenden Problems, die Frage nach Ursache und Wesen der natürlichen Immunität, heute noch nicht allgemein in befriedigender Weise beantwortet werden kann. Denn auch die hier berichteten neueren wichtigen Beobachtungen über das biologische Verhalten des Milzbrandbacillus innerhalb und außerhalb des Tier- körpers zeigen nur den Weg, auf dem weitere Aufschlüsse zu erwarten sind, sie erklären aber noch nicht in einwandfreier und eindeutiger Weise. worauf der tiefgreifende Unterschied im Infektionsverlauf bei empfänglichen und unempfänglichen Tierarten beruht; sie erklären nicht. warum das empfängliche Meerschweinchen durch einen einzigen kapsellosen Kulturbacillus getötet wird, das refraktäre Huhn selbst der Einverleibung von Hunderten und Tausenden von bekapselten Körperbacillen zu widerstehen vermag. Erklärungsversuche und Einzelbeobachtungen liegen zwar vor, bedürfen aber wohl noch 670 G. SOBERNHEIM, weiterer, allgemeiner Bestätigung. Wichtig erscheint die Angabe von Preısz, wonach bei den empfänglichen Säugetieren die Mehrzahl der Bacillen in der Regel Kapseln bildet, bei den immunen Vögeln die Kapselbildung dagegen vollständig zu fehlen pflegt und die ein- geführten Keime sehr bald absterben. Er bestätigt damit die Beob- achtungen von GRUBER & Furakı, dab es im subkutanen Bindegewebe von Meerschweinchen und Kaninchen rasch zu einer Wucherung von Kapselbacillen kommt, daß aber beim Hunde und beim Huhne die Milzbrandbacillen zugrunde gehen, ehe sie Zeit finden, Kapseln zu bilden. Auch die weitere von Preısz festgestellte Tatsache, daß be- kapselte Stäbchen in der Subeutis von Hühnern und Tauben mehrere Tage länger leben als unbekapselte Kulturbacillen, verdient in diesem Zusammenhang Erwähnung. Ausbleiben oder Eintritt der Kapsel- bildung würde somit nach GRUBER & FUTAKI, sowie Preısz über den weiteren Infektionsverlauf entscheiden und den Zustand natürlicher Immunität oder Empfänglichkeit erklären, in dem Sinne, dab Tier- arten von hoher Empfänglichkeit der Entstehung von Kapselbacillen kein Hindernis in den Weg legen können, refraktäre Tierarten aber eine Kapselbildung bis zu weitgehendem Maße zu verhindern ver- mögen. Anhaltspunkte für dieses differente Verhalten haben GRUBER & Furaxkı auch tatsächlich gefunden, indem sie feststellten, daß die Lymphe im Unterhautzellgewebe des Meerschweinchens und Ka- ninchens nur geringe anthrakozide Wirkung ausübt, die gleiche Lymphe des Huhnes aber über außerordentlich reiche Mengen milz- brandfeindlicher Stoffe, teils von vornherein, teils durch Ansamm- lung von Leukocytenstoffen ausübt. Daneben sprechen GRUBER & Furaxı auch den Phagocyten eine wichtige Rolle zu und glauben, den Grad der Freßtätigkeit der Leukocyten von Kaninchen, Meerschwein- chen, Hund und Huhn in Uebereinstimmung mit der verschiedenen Empfänglichkeit dieser Tierarten bringen zu können. Daß den Blut- plättchen für die natürliche Milzbrandimmunität eine Bedeutung nicht zukommt, wird durch eine aus dem Grugerschen Laboratorium hervorgegangene Arbeit von Barrrau dargetan: das für Milzbrand empfängliche Pferd besitzt hochwirksame Plakine, Rind, Ziege und Schaf entbehren des Plakins fast vollständig, aber auch das Schwein und der stark refraktäre Hund äußern nicht die geringste Plakin- wirkung; das plakinreiche Kaninchen ist nicht viel resistenter, als Meerschweinchen und Maus, die kein Plakin liefern. Die gleichen Resultate erhielt Wergrrzkı; nach ihm liefern die Blutplättchen von Kaninchen, Ratte und Pferd ein wirksames ‚„Plakanthrakozidin‘, aber auch mit starken individuellen Schwankungen, während Rind, Hammel, Schwein, Hund, Huhn und Mensch — also empfängliche und unempfängliche Arten — in ihrem Plakin keine milzbrandfeind- lichen Stoffe besitzen. Kopama kommt zu dem Schlusse, daß weder bei den natürlich refraktären, noch bei den empfänglichen Tierarten für ihre Immunität bzw. Empfänglichkeit eine einheitliche Ursache angenommen werden kann; die Resistenz der Frösche, Hühner und weißen Ratten gegen Milzbrand ist bei jeder dieser Tierarten eine andere und beruht auf einer komplizierten Wirkung verschiedener Faktoren (Phagocytose, Bakterizidie, Körperwärme etc.), wie ander- seits auch die Empfänglichkeit der Maus, des Meerschweinchens und des Kaninchens nicht übereinstimmend zu erklären ist. So sieht KopamA z. B. die natürliche Immunität des Huhnes in der hohen Milzbrand. 671 Körpertemperatur, der energischen phagocytären Wirkung und starken Verdauungskraft der Leukocyten und in der unerschöpflichen bakte- riziden Substanz begründet, welche die Leukocyten nur auf Reiz der Milzbrandbacillen produzieren. Als Ursache der Froschimmunität nimmt Kopama in erster Linie die Phagocytose an, da auch einge- kapselte Milzbrandbacillen im Froschkörper die Kapsel verlieren und phagocytiert werden; daneben wirkt das Serum entwickelungshem- mend und hindert die Kapselbildung, auch stellt die niedrige Körper- temperatur einen Schutz dar. B. Erworbene Immunität. Das Ueberstehen einer Spontanerkrankung hinterläßt für einige Zeit Immunität. Ebenso läßt sich auf dem Wege künst- licher Immunisierung bei empfänglichen Tierarten Immunität er- zeugen, und zwar durch die verschiedenen Methoden der aktiven, passiven und kombinierten (aktiven und passiven) Immuni- sierung. Aktive Immunität. 1. Immunisierung mit abgeschwächten Kulturen. Toussaınt berichtete im Jahre 1880 über die erfolgreiche Im- munisierung von Tieren gegen Milzbrand, und zwar, wie er angab, mit Hilfe bakterienfreien Milzbrandmaterials. Die Tovssamvtsche Me- thode bestand darin, daß das Blut von Milzbrandtieren 10 Minuten auf 55° erhitzt und nun in Mengen von 3—6 ccm Schafen injiziert wurde. Es handelte sich bei diesen Versuchen indessen nicht um ein bakterienfreies Impfmaterial, vielmehr um die Verwendung leben- der Bakterien, die unter dem Einfluß des erwähnten Eingriffs keine völlige Abtötung, sondern nur eine Herabsetzungihrer patho- genen Wirksamkeit erfahren hatten. Diese bedeutsame Fest- stellung bildete für PastEur den Ausgangspunkt seiner eigenen Schutz- impfungsmethode. Zur Immunisierung von Schafen und Rindern wurde im Jahre 1851 an Stelle des unzuverlässigen Toussaıntschen Verfahrens durch Pasteur eine Methode empfohlen, die darin besteht, daß die betreffen- den Individuen mit zwei in verschiedenem Grade abgeschwächten Stämmen in einem zwölftägigen Intervall geimpft werden. Diese Stämme. „premier vaccin“ und „deuxieme vaccin“, wurden durch Züchtung virulenter Milzbrandkulturen bei höherer Temperatur in der früher (8. 627) beschriebenen Weise gewonnen und waren in ihrer Pathogenität derart bemessen, daß Vacein I nur noch weiße Mäuse mit Sicherheit, Meerschweinchen dagegen nicht mehr regel- mäßig tötete, während Vaccin II für Meerschweinchen, nicht aber mehr für sämtliche Kaninchen tödlich war. Die Impfung mit Vaccin I erwies sich zur erfolgreichen Immunisierung als unzureichend und sollte lediglich als Vorbereitung dienen für die Impfung mit dem stärkeren eigentlich immunisierenden Vacein II. Die Pasteursche Schutzimpfung wurde in dem denkwürdigen Versuch von PovILLy-LE-ForRT zum ersten Male einer größeren Corona von Sachverständigen demonstriert. 24 Hammel, 1 Ziege, 6 Rinder wurden in der eben geschilderten Weise mit Vacein I und II 672 G. SOBERNHEIM, präventiv geimpft und 14 Tage nach der letzten Injektion gleich- zeitig mit 24 Hammeln, 1 Ziege und 4 Rindern, welche zur Kontrolle dienen sollten, mit sporenhaltiger virulenter Milzbrandkultur sub- kutan infiziert. Zwei Tage später waren sämtliche vorbehandelten Tiere völlig munter und ohne alle Krankheitserscheinungen, während die nicht immunisierten Rinder die schwersten Symptome des Impfmilz- brandes darboten, alle übrigen Kontrolltiere bereits tot waren. Wenn auch in der Folgezeit hinsichtlich der praktischen Verwertung und Brauchbarkeit dieser Schutzimpfungsmethode mancherlei Zweifel ge- äußert wurden, und spätere Versuche sowohl im Experiment wie in der Praxis nicht gleich günstig ausgefallen sind, so war doch ohne Frage hiermit in zielbewußter Weise der sichere und wissenschaft- lich bedeutsame Beweis erbracht, daß unter Benutzung abge- schwächter Milzbrandkulturen eine Immunisierung höchst empfänglicher Tiere gegen Milzbrand gelingt. Wissen wir, daß auch bei anderen Infektionskrankheiten der Erfolg der Immunisierung nicht zum geringsten Teil von Besonder- heiten der in Betracht kommenden Tierart abhängig ist, so gilt dies in ausgesprochenem Maße vom Milzbrand. Weitere Untersuchungen führten nämlich zu dem wichtigen Resultat, daß das Pasteursche Ver- fahren vollkommen versagt oder wenigstens außerordentlich un- zuverlässige Ergebnisse liefert, sobald man seine An- wendung bei kleineren Tieren versucht. Schon KocH und seine Mitarbeiter, GAFFKY und LöFFLER, kamen auf Grund um- fassender, an einem zahlreichen Tiermaterial ausgeführter Prüfungen zu dem Schlusse, daß Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Mäuse mit Hilfe der Pasreurschen Impfstoffe gegen eine Infektion mit virulentem Milzbrand nicht immunisiert werden können. Es gelingt zwar, wie spätere Untersuchungen gezeigt haben, in etwas anderer Weise auch bei diesen Tieren mit abgeschwächten Kulturen gelegent- lich eine aktive Immunisierung zu bewirken, doch ist dies meist mit allergrößten Schwierigkeiten verbunden und höchst unsicher. Was zunächst Kaninchen anlangt, so hatten auch Roux & ÜHAMBER- LAND, die sich dieser Frage später mit besonderem Interesse annahmen, bei sub- kutaner Verimpfung der PAstEurschen Vaccins nur Mißerfolge zu verzeichnen und empfahlen als brauchbare Methode die Einspritzung großer Mengen des I. Vacein (40 cem) in die Ohrvene. Die Injektion soll dann nach 2—3 Tagen wiederholt und nun eine subkutane Impfung mit 0,25 cem des II. Vacein angeschlossen werden. Wenn auch die Angaben Rouxs & CHAMBER- LANDS von anderer Seite nicht bestätigt werden konnten (MELNIKOW-RASWE- DENKOW) und nicht in vollem Umfange zutreffen, so kann man sich immerhin überzeugen, daß tatsächlich eine Immunisierung von Kaninchen mit Hilfe des erwähnten Verfahrens möglich ist. Freilich fallen meist eine größere Anzahl von Tieren dem Immunisierungsprozeß bzw. der ersten Probeimpfung zum Opfer. Es scheint daher zweckmäßig, noch vorsichtiger und langsamer zu operieren und die Vorbehandlung der Tiere unter ganz allmählicher Steigerung der Dosis und Virulenz der Kulturen vorzunehmen, wie dies wohl zuerst durch FELTZ geschehen, der unter Benutzung von 3—4, in verschiedenem Grade abgestuften Vaceins zum Ziele gelangte. Auf Grund eigener Erfahrungen und in Ueberein- stimmung mit den auch von MARCHoUx in gleichem Sinne gemachten Beob- achtungen kann Verf. diese Angabe nur bestätigen. Wenn man Kaninchen in Zwischenräumen von 8—10 Tagen mit je.2—3 subkutanen Injektionen des I. und II. Vacein behandelt, so widerstehen sie später in der Regel der Impfung mit virulenter Kultur und können unter Umständen sogar zu einer recht erheblichen Immunität gebracht werden. 3 Die Immunisierung von Meerschweinchen ist ein äußerst schwieriges Problem. Bei Anwendung der bei Kaninchen bewährten langsamen Immuni- Milzbrand. 675 sierungsmethode werden Meerschweinchen meist nur bis zur Widerstandsfähig- keit gegen eine Kultur von der Virulenz des II. Vaccin PASTEUR gebracht. Es liegen indessen eine Reihe von Beobachtungen vor, nach denen in der Tat eine Immunisierung von Meerschweinchen selbst gegen virulenteste Kultur gelungen zu sein scheint. So ist, wie den Angaben v. BEHRINGS und METSCHNIKOFFS zu entnehmen, WERNICKE*) bei diesen Tieren zum Ziele gelangt, und ebenso hat DE NırTıs Meerschweinchen durch langsame, über 2—3 Monate sich erstreckende systematische Vorbehandlung mit PAstEurs Vacein I und II so weit immuni- sieren können, daß sie die subkutane Impfung mit 1/; cem virulenter Bouillon- kultur ohne weiteres vertrugen, während die Kontrolltiere in 30 Stunden zu- grunde gingen. Die Hauptschwierigkeit besteht nach pE Nırrıs wesentlich beim Uebergang von einem Vaccin zum andern. Mäuse gegen virulenten Milzbrand zu immunisieren, ist noch schwieriger. Eine sichere Immunität gegenüber dem „Mäusemilzbrand‘“ oder dem I. Vacein, wie sie gelegentlich erreicht wird, ist ein seltener Erfolg, eine weitergehende Steigerung aber oder gar Festigung gegenüber virulenten Kulturen dürfte ge- radezu als Kuriosum betrachtet werden. Es kommt wohl hin und wieder vor, daß Mäuse nach zweckentsprechender Vorbereitung eine virulente Infektion einmal überstehen, doch pflegen solche Individuen bei der nächsten Impfung ohne weiteres zugrunde zu gehen (vgl. BARBER). Daß Tiere, die von Natur eine mehr oder minder starke Immunität gegen Milzbrand besitzen, sich in ihrer Widerstandsfähigkeit auf künstlichkem Wege noch weiter unterstützen lassen, ist leicht zu begreifen. SAWTSCHENKO hat Ratten und Hunde immunisiert; bei Ratten erzielte er hochgradige und sichere Immunität dadurch, daß er sie unter vorsichtiger Steigerung der Dosis mit intraperitonealen Injektionen des I. und II. Vacein in 7—10-täg. Zwischen - räumen behandelte, während bei Hunden die Anwendung des I. Vaccin sich als entbehrlich erwies und Immunität dadurch bewirkt werden konnte, daß die Tiere von vornherein subkutane Injektionen des II. Vacein erhielten, die mehr- fach in 10-tägigen Zwischenräumen wiederholt wurden. Tauben sind von pE Nırris mit Hilfe der Pasteurschen Methode durch subkutane und intra- muskuläre Injektionen gegen große Dosen virulenter Kultur immunisiert worden. Für den Erfolg aktiver Immunisierung ist nach alledem die Tierart von geradezu entscheidender Bedeutung. Der Infektions- modus dagegen, dem man früher gleichfalls eine sehr erhebliche Rolle zuschreiben wollte, scheint weniger in Betracht zu kommen, in- sofern als die einem Individuum verliehene Immunität sich auch dann geltend macht, wenn die Infektionserreger nicht, wie bei den bisher erörterten Versuchen subkutan, sondern auf anderem Wege dem Organismus einverleibt werden. Dab die Pasreursche Methode Schafen auch gegen den natürlichen Infektionsmodus, nämlich die Aufnahme von Milzbrandsporen mit der Nahrung, Schutz zu verleihen vermag, ist bereits durch Koch, GAFFKY & LörrLer bei ihren ersten diesbezüglichen Untersuchungen mit Sicherheit erkannt worden. Es zeigte sich, daß Tiere, die nur die Impfung mit den beiden Pasteurschen Vacceins oder aber bereits nachträglich eine Kontroll- impfung mit virulenter Kultur überstanden hatten, die Verfütterung beträchtlicher Mengen virulenter Milzbrandsporen vertrugen. Wenn Koch und seine Mitarbeiter aus ihren Experimenten zwar den weiteren Schluß zogen, daß der Schutz gegenüber der stomachalen Einführung des Milzbrandvirus ein den praktischen Anforderungen nicht genügender sei, da von zehn immunisierten Schafen zwei der späteren Infektion ebenso wie die Kontroll- tiere erlagen, so ist doch die Feststellung, daß eine derartige Immunisierung überhaupt möglich ist, von hohem wissenschaftlichen Interesse. Ja es ergibt sich sogar bei genauer Durchsicht der KocHschen Protokolle, daß der erzielte Impfschutz ein sehr erheblicher war, den wir in seinem ganzen quantitativen *) Einer privaten Mitteilung WERNICKEs verdanke ich die Kenntnis, daß Meerschweinchen schließlich sogar gegen eine ganze Agarkultur virulenten Milz- brandes (,Rattenmilzbrand“) immunisiert werden konnten. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 43 674 G. SOBERNHEIM, Werte wohl erst heute recht zu würdigen vermögen. Wenn wir erfahren, daß die vorbehandeiten Schafe regelmäßig mit erbsen- bis haselnußgroßen Portionen frischer virulenter Milzbrandsporen zwei, drei, ja selbst neun Tage hintereinander sefüttert wurden, ohne daran zugrunde zu gehen, und wenn ferner Tiere, welche die erste Fütterung überstanden hatten, noch nach 9 Monaten eine Immunität gegenüber dem Fütterungsmilzbrand an den Tag legten, so handelte es sich zweifellos um einen Grad von Widerstandsfähigkeit, wie er sich gegenüber der subkutanen Infektion kaum in höherem Maße offenbaren kann. Bei eigenen nach dieser Richtung hin angestellten Versuchen ist Verf. zu ähnlichen Re- sultaten gelangt und hat Schafe sowohl auf dem Wege der aktiven wie nament- lich auch auf dem der später noch zu erwähnenden kombinierten und selbst passiven Immunisierung gegen die Sporenfütterung anscheinend ebenso sicher schützen können, wie gegenüber der subkutanen Infektion. Auch Kaninchen, die nach früheren Ausführungen nicht ohne Schwierigkeit zu immunisieren sind, vertragen, sobald sie einmal einen gewissen Grad von Immunität erlangt haben, die stomachäle Einführung großer Quantitäten virulenter Milzbrand- sporen so gut, wie die subkutane Verimpfung von Kulturen oder Milzbrandblut. Lediglich gegenüber der intravenösen Infektion schien die Immunität sich in etwas geringerem Maße zu bewähren. Freilich bezog sich diese von ScLavo festgestellte Tatsache in erster Linie auf den Fall exzessiver Immunitäts- steigerung und Einverleibung sehr großer Virusmengen, wie dies zur Antikörper- erzeugung erforderlich ist. Nach neueren Erfahrungen ist aber doch auch hier eine hochgradige Immunität zu erreichen (SCHÜTZ & PFEILER). Die Möglichkeit, durch Vorbehandlung mit künstlich abgeschwächten Kul- turen Tiere, insbesondere Rinder und Schafe, gegen Milzbrand zu immunisieren, war vor allem für die praktische Seuchenbekämpfung von größter Be- deutung. Ueber die Anwendung des PAsTEurschen Verfahrens und verwandter Methoden in der Praxis wird in einem späteren Abschnitt berichtet werden (vgl. S. 690). 2. Immunisierung mit virulenten Kulturen. Daß die Anwendung kleinster Mengen virulenter Kultur zur Erzeugung eines Impfschutzes gegen Milzbrand bei hochempfänglichen Tieren, die bereits der Einkeiminfektion zum Opfer fallen, unmöglich ist, und lediglich bei solchen, die von Haus aus eine gewisse natürliche Resistenz besitzen, in Frage kommen kann, ist ohne weiteres klar. Eine Immunisierung von Kaninchen, Meerschwein- chen und weißen Mäusen auf diesem Wege verbietet sich daher von selbst. Erwähnung verdient die Angabe von GABRITSCHEWSKY, daß Kaninchen, die eine Impfung mit starken Verdünnungen virulenter Bouillonkultur vertragen hatten, bei wiederholter Infektion zugrunde gingen. Bemerkenswert sind ferner Untersuchungen von MANFREDI & VIoLa, die Kaninchen und Meerschweinchen einer Vorbehandlung mit virulenter Kultur in der Weise unterwarfen, daß sie das Material den Tieren in die vordere Augen- kammer einführten. Auf diesem Wege war es ihnen möglich, geringe Bakterien- mengen ohne schädliche Folgen zu verimpfen und unter fortgesetzter allmäh- licher Steigerung selbst solche Dosen anzuwenden, die für Kontrolltiere ohne weiteres tödlich gewesen wären. Leider wird die Beweiskraft dieser Beobach- tungen, sowie die der weiteren Angabe, daß die so präparierten Individuen auch die subkutane Impfung mit 1/.—1/, cem virulenter Bouillonkultur an- standslos vertrugen, dadurch herabgemindert, daß Kontrollversuche an unbe- handelten Tieren nicht vorgenommen wurden; wenigstens fehlt jegliche Angabe dieser Art. Endlich sei in diesem Zusammenhang einer von Verf. wiederholt gemachten Beobachtung gedacht, daß Rinder meist die Impfung mit kleinsten Mengen (ca. 1/ıooon Oese) virulenter Kultur überstehen und hiernach gegen die Infektion mit größeren, sonst tödlichen Dosen geschützt sind. Praktische Bedeutung kommt dieser Art von Immunisierung natürlich nicht zu. 3. Immunisierung mit abgetöteten Bakterien und mit Bakterienprodukten. Es wurde bereits erwähnt, daß Pasteur die Toussaıntsche Me- thode unzuverlässig fand. Wurden die Bakterien nämlich tatsächlich, Milzbrand. 6% wie Tovssaınr meinte und wollte, völlig abgetötet, so erwies sich der Impfstoff als unbrauchbar. Auch LÖFFLER hatte bei genauer Befolgung der von ToussaInT gegebenen Vorschriften bei Meerschweinchen, Mäusen und Kaninchen nur Mißerfolge zu verzeichnen. RoUx & CHAMBERLAND, die sich späterhin dieser Versuche von neuem und mit großer Sorgfalt annahmen, ermittelten zunächst, daß bei Erhitzen auf 55 bis 58% eine Abtötung der Milzbrandbaeillen nicht mit Sicherheit erfolgt. Selbst 1—1!/,-stündige Einwirkung dieser Temperatur ließ die Bakterien unter Umständen noch lebensfähig.. Die Anwendung höherer Temperaturen von 100 bis 115° reichte zwar aus, um die aus Milz und Blut von Milzbrandtieren ge- wonnenen Extrakte sicher zu sterilisieren, doch erwies sich ein derartiges Material selbst in größeren Mengen von 80 ccm zur Immunisierung von Schafen als völlig unwirksam. Schließlich geben Roux & CHAMBERLAND eine Methode an, mit der es ihnen tatsächlich geglückt sein soll, eine Immunisierung auf chemischem Wege bei Schafen herbeizuführen. Sie bedienten sich zu diesem Zwecke des Blutes aus Milz und Herz eines an Milzbrand gestorbenen Hammels, das in Röhrchen eingeschmolzen, an 5 aufeinanderfolgenden Tagen je 1 Stunde auf 58° erhitzt wurde und bei kultureller Prüfung sich nunmehr steril zeigte. Durch wiederholte Vorbehandlung mit steigenden Dosen konnten mehrere Schafe so weit gebracht werden, daß sie der Probeimpfung widerstanden, während die Kon- trolltiere prompt eingingen. Jedoch war die erzielte Immunität nur schwach und von kurzer Dauer. Obwohl zur Immunisierung große Mengen sterilen Blutes (über 100 ecm) verwendet worden waren, reagierten die Tiere auf die Probe- impfung allgemein mit heftigem Fieber; einzelne Individuen erlagen sogar der Infektion. Es kommt hinzu, daß auch dieser schwache Grad von Immunität nach 24 Tagen so gut wie erloschen war. Eine einmalige intravenöse Injektion großer Mengen sterilisierten Blutes (80—90 ccm) führte bei Schafen nur zu einem ganz ungenügenden Impfschutz. Alle Versuche endlich, aus Milzbrand- blut und Milzbrandmilz auf dem Wege der Filtration oder Alkoholfällung in den Besitz immunisatorisch wirksamer chemischer Substanzen zu gelangen, schlugen vollkommen fehl. WOOLDRIDGE züchtete Milzbrandbakterien in Eiweißlösungen, die aus Thy- mus- und Hodensubstanz vom Kalbe mittels Alkali gewonnen waren, und will mit derartigen, später durch Kochen bezw. Filtration sterilisierten Kultur- lösungen Kaninchen gegen subkutane Milzbrandinfektion immunisiert haben. Die Tiere erhielten 25—30 ccm intravenös eingespritzt. Die Versuche WooLD- RIDGES gestatten jedoch kaum eine Deutung im Sinne echter Immunität, schon deshalb nicht, weil die Probeimpfung der vorbehandelten Kaninchen mit nicht vollvirulenter Kultur erfolgte, und als Kontrolltiere lediglich Meerschweinchen zur Verfügung standen. Die Vermutung, daß es sich in diesem Falle einfach um Resistenzerscheinungen gehandelt habe, wird dadurch geradezu zur Gewiß- heit, daß WOoLDRIDGE selbst später das gleiche Resultat mit den erwähnten Extrakten allein, also ohne Züchtung von Milzbrandbacillen, erreichte. Frei- lich wurde auch diese letztere Angabe von anderer Seite in Zweifel gezogen (WRIGHT, GRAMATSCHIKOFF U. a.). WYssoKowITscH will Kaninchen und Schafe mit sterilisiertem Vacein I und II gegen Milzbrand immunisiert haben. HaNKIn stellte aus Milzbrandkulturen nach besonderer Methode eine Albumose dar, die bei Mäusen und Kaninchen immunisierende Wirkung äußern sollte. Die Angaben HankIns sind bei späterer Nachprüfung, namentlich durch PETERMANN, in keiner Weise bestätigt worden, vielmehr zeigte sich, daß die mit dem Albumosepräparat vorbehandelten Tiere, Kaninchen, Meerschwein- chen- und Mäuse, fast ausnahmslos der Milzbrandinfektion ebensogut erlagen, wie die Kontrolltiere. Auch KLEMPERER erzielte mit einem aus erhitzten Milz- brandkulturen dargestellten Proteid keine Schutzwirkung bei Kaninchen. MALTZEW hat mit filtrierten Milzbrandkulturen Kaninchen subkutan ge- impft, hiernach aber keine Spur von Immunität, sondern anscheinend sogar eine erhöhte Empfänglichkeit der betreffenden Individuen beobachtet. DE CHRISTMAS konnte Kaninchen mit Blut und Organen von Milzbrand- tieren, nach Abtötung der darin enthaltenen Keime durch Eucalyptusöl, gegen Milzbrand immunisieren. Das gleiche Resultat erhielt er bei Benutzung keim- freier Filtrate einer 5—6-tägigen Milzbrandkultur, die in einer aus Eigelb, Eiweiß und alkalischer Bouillon bestehenden Lösung gezüchtet war. 43* 676 G. SOBERNHEIM, ARLOING bediente sich zur Gewinnung der keimfreien Kulturflüssigkeit von Milzbrandbacillen eines möglichst schonenden Verfahrens, indem er unter Ver- meidung jeglicher Erhitzung oder Filtration durch einfaches Abhebern von Bouillonkulturen die Bakterienleiber aus dem flüssigen Substrat eliminierte. Durch wiederholte Injektion von je 10 ccm oder einmalige Injektion größerer Mengen gelang es ihm, Lämmer gegen Milzbrand zu immunisieren. Bei Alkoholfällung blieb die wirksame Substanz in Lösung. BRIEGER, KITASATO & WASSERMANN stellten Immunisierungsversuche an einem reichen Tiermaterial von 150 Mäusen und 35 Meerschweinchen an. Sie verfuhren zunächst nach der von WOO0oLDRIDGE angegebenen Methode und züchteten Milzbrandbacillen in Thymus-, Fischsperma- und Lymphdrüsenzell- extrakten. Die Kulturen wurden alsdann 10 Minuten bei 100° sterilisiert und nun zur Vorbehandlung von Tieren benutzt, die verschieden lange Zeit, von 1 Tag bis zu 8 Wochen, intraperitoneale Einspritzungen erhielten. Der Erfolg war ein völlig negativer; in keinem Falle wurde Immunität beobachtet. In einer zweiten Gruppe von Versuchsreihen diente als Impfmaterial Milzbrandmilz, vom Meerschweinchen gewonnen, die mit Thymusextrakt verrieben und hierauf 15 Minuten bei 70° erhitzt wurde. Hier trat ein gewisser Schutzeffekt insofern hervor, als die präventiv geimpften Individuen nach der Probeinfektion zum Teil etwas länger lebten als die Kontrolltiere, zum Teil sogar mit dem Leben davon- kamen. Dieses günstige Ergebnis war indessen nur dann zu verzeichnen, wenn zur Infektion eine Kultur benutzt wurde, die eine etwas herabgesetzte Patho- genität besaß und die Kontrolltiere erst nach 60 Stunden tötete. Bei Impfung mit frischer Milzbrandmilz starben die vorbehandelten Tiere genau so, wie die Kontrolltiere. Hann konnte mit Milzbrandplasmin, d. h. den nach der BucHNERschen Methode aus den Bakterienleibern gewonnenen Preßsäften, immunisierende Wir- kung nicht erzielen. MorPuco fand die Galle von Milzbrandtieren (Kaninchen und Meerschwein- chen) bei Kaninchen ohne immunisierende Kraft. VAERST prüfte Milzbrandkulturen, die durch Vermischen mit Pyocyanase- lösung (EMMERICH) getötet und aufgelöst worden waren, an Kaninchen. Es zeigte sich nicht die geringste Schutzwirkung, da die Tiere nach energischer, wochenlanger Vorbehandlung der ersten Infektion mit virulentem Material rettungs- los zum Opfer fielen. Demgegenüber gibt D’AGATA zwar an, daß sich durch Vermischung von Milzbrand- und Pyocyaneuskulturen ein brauchbarer Milzbrand- impfstoff gewinnen läßt, doch erhält man bei diesem in besonderer Weise vorzu- nehmenden Verfahren nur abgeschwächte, nicht abgetötete Milzbrandbakterien. Ein „Anthrakase-Immunproteidin“ wollen EMMERICH und 'TTHÖNNESSEN mit Erfolg zur Immunisierung von Kaninchen und Schafen verwendet haben. Sie verfuhren bei der Herstellung des Präparates nach den von EMMERICH & Löw schon früher gegebenen Vorschriften; das Präparat wird durch Vermischen der keimfreien Filtrate älterer Milzbrandkulturen, die noch besonderer Be- handlung unterliegen, mit zerkleinerter Schweinemilz und kohlensaurem Kali ge- wonnen. Die mitgeteilten Ergebnisse sprechen indessen nicht zugunsten einer immunisierenden Wirkung dieses Impfstoffes. ÜASAGRANDI konnte bei Kaninchen und Meerschweinchen mit den keim- freien Filtraten von Milzbrandkulturen, die in Bouillon oder Albumoselösung gezüchtet waren, Immunität nicht erzielen, dagegen erwiesen sich Filtrate von Kulturen in Alkalialbuminat oder in oxalsaurem Blutplasma für Kaninchen schützend. Durch Pepsinverdauung und Plasmolyse ließen sich aus den Bak- terienleibern keine immunisierenden Stoffe gewinnen. Besonders wirksame Sub- stanzen wurden erhalten, wenn die Organe an Milzbrand eingegangener Tiere bei einem Druck von 400 Atmosphären ausgepreßt und die Rückstände nun mit physiologischer Kochsalzlösung ausgezogen wurden. Derartige Extrakte. ver- mochten Schafe und Kaninchen, nicht aber Meerschweinchen, sicher gegen Milz- brand zu schützen, eine Eigenschaft, die von CASAGRANDI zum Teil auf die Nukleohistone der Gewebselemente, zum Teil auf Nukleoproteide der Milzbrand- bacillen zurückgeführt wird. Mit einem aus Milzbrandkulturen hergestellten Nukleoproteid können nach TıiBerTI Kaninchen und Schafe immunisiert werden, eine Angabe, die von GALEOTTI & Rossı bestätigt, von anderer Seite aber (VIGORITA, CASAGRANDI) entschieden bestritten worden ist. Trıncas versuchte nach dem LöFFLERschen Verfahren aus Milzbrand- kulturen einen Impfstoff herzustellen und erhielt späterhin auch durch Ein- Milzbrand. 677 wirkung von Leukocyten auf Milzbrandbacillen eine wirksame Substanz. Er will Meerschweinchen hiermit gegen Milzbrand immunisiert haben. DExYCKE & MucH geben an, daß sie durch Aufschließung der Milzbrand- bacillen mit Leeithin deren endobacilläre Eiweißkörper gewinnen und zur er- folgreichen Immunisierung von Meerschweinchen verwenden konnten. Ein aus Milzbrandkulturen gewonnenes „Anthraxoin“ und ähnliche Prä- parate („Anthraxin“, „Anthraxase“) zeigten nach Versuchen Dawsons keinerlei immunisierende Wirkung. Ueberblickt man die Gesamtheit dieser Ergebnisse, so erscheinen die Angaben der verschiedenen Autoren recht widersprechend. Viele Versuche sind völlig negativ ausgefallen, andere nicht eindeutig ver- laufen. Immerhin ist es einigen Forschern offenbar gelungen, durch Verwendung erhitzter Milzbrandkulturen, sterilisierten Milzbrand- blutes, keimfreier Filtrate usw. gelegentlich Tieren einen gewissen Impfschutz zu verleihen, und es fragt sich nur, ob es sich hierbei in der Tat um eine echte Form spezifischer Immunität oder nicht viel- mehr um die bekannten Erscheinungen der Resistenzsteigerung ge- handelt hat. Fast allgemein finden wir in solchen Fällen hervor- gehoben, daß die Vorbehandlung nur einen kleinen Bruchteil der dem Versuch unterworfenen Tiere gerettet habe, bei diesen der Impf- schutz aber auch ein ziemlich begrenzter gewesen sei. So betonen be- reits Roux & ÜHAMBERLAND, dab ihre mit abgetöteten Kulturen bei Schafen erzielten Erfolge sich doch sehr wesentlich von der z. B. mit den Pasteurschen Vaccins erreichbaren Immunität unterschieden, und BRIEGER, KıTasaTO & WASSERMANN sprechen es gleichfalls ohne weiteres aus, daß die von ihnen beobachteten Schutzwirkungen kaum mit wahrer Immunität identifiziert werden können. Es handelt sich eben wohl bei den mit keimfreiem Material bewirkten Im- munisierungen vielfach nur um eine Resistenzerhöhung des Organismus, wie wir sie auch durch Verwendung nicht spezifischen Materials, z. B. Verreibungen oder Extrakte normaler Organe, nach den Ermittelungen von Av- JESZKY, CONRADI U. v. a. jederzeit erreichen können. Hierfür spricht auch die Tatsache, daß die vorbehandelten Tiere — soweit man es geprüft hat — immer nur einer einmaligen Infektion widerstehen, bei einer wiederholten Einspritzung virulenter Milzbrandbakterien aber zugrunde gehen. Die Frage der Milzbrandimmunisierung mit Hilfe keimfreien Kulturmaterials intra- und extracellulärer Art dürfte also ganz ähnlich liegen wie die nach der Existenz eines spezifischen Milzbrandgiftes. Bei der völligen Ungiftigkeit der keimfreien Kultur- produkte hat eine immunisierende Wirkung von vornherein wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Ob es möglich ist, Tiere mit dem so- genannten anaphylaktischen Gift gegen Milzbrand zu immunisieren, wurde bisher nicht geprüft. Dennoch gibt es nach den Untersuchungen Baızs einen Weg, um durch steriles Milzbrandmaterial Tieren Immunität zu verleihen, nämlich vermittelst der Aggressinimmunisierung. Barr verwendet für diesen Zweck das ödematöse Infiltrat der an Milzbrandinfektion eingegangenen Tiere (Schafe oder Kaninchen, auch Meerschweinchen). Die in vorsichtiger Weise keimfrei gemachte Oedemflüssigkeit stellt das Milzbrandaggressin dar, ruft auch in größeren Dosen bei Schafen, Kaninchen und Meerschweinchen keinerlei Krankheitserscheinungen hervor und vermag Tieren ausgesprochene Immunität gegen Milzbrand zu verleihen. Bei Schafen sind nach Baız für die Vorbehandlung 2,5 678 G. SOBERNHEIM, bis 15 ccm Aggressin erforderlich, bei Kaninchen genügen 2—5 cem. Auch Meerschweinchen lassen sich schützen. Das der Tierart homologe Aggressin gibt gewöhnlich die sichersten Resultate. Statt des keim- freien Oedems sind auch Peritonealexsudat oder Blut (in sterilisiertem Zustande) als Aggressin brauchbar. Stärkeres Erhitzen soll die Aggressinwirkung zerstören, Filtration sie beträchtlich verringern. Daß es sich bei der Aggressinimmunisierung um eine Form aktiver Im- munisierung handelt, folgert BaıL aus der Tatsache, daß der Impf- schutz erst nach 8—10 Tagen eintritt; werden die Tiere vor dieser Zeit einer Probeinfektion unterworfen, so gehen sie zum Teil noch rascher zugrunde als die Kontrolltiere, lassen also die infektions- befördernde Wirkung des Aggressins erkennen. Ueber spezifische Antikörper im Blute aggressinbehandelter Tiere vgl. S. 685. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß einige ältere Beobach- tungen, wie die von Muzıo, wonach aus Leber, Milz und Oedem von Milzbrandkaninchen eine vaccinierende Substanz gewonnen werden kann, oder die Angabe WERrnIckEs, daß die sterilisierte Milz von Milzbrandtieren (Meerschweinchen) antigene Eigenschaften besitze und im Körper anderer Meerschweinchen wirksame Antikörper er- zeuge, vielleicht gleichfalls im Sinne einer Aggressinimmunisierung zu deuten sind. Das gleiche gilt von ähnlichen Versuchen ÜASAGRANDIS, GALTIERS u. a. Auch die neuere Mitteilung MArKorFFs (1911), daß Kaninchen durch Vorbehandlung mit keimfreien Schüttelextrak- ten aus Milzbrandkulturen gegenüber einer Milzbrandinfektion deut- lich gesteigerte Resistenz erwerben, verdient hier Erwähnung. Worauf die aktive Milzbrandimmunität beruht, und welche Kräfte hierbei im Spiele sind, wird bei der Besprechung des Milzbrandserums noch eingehender zu erörtern sein. Passive Immunität. Die ersten Versuche einer Serumimmunisierung gegen Milzbrand wurden von OGATA & JASUHARA unternommen, die für diesen Zweck das Blut von zwei natürlich immunen Tierarten benutzten, nämlich Frosch- und Hundeblut. Sie berichteten, daß sie imstande waren, Mäuse gegen die Impfung mit abge- schwächtem Milzbrand (,Mäusemilzbrand“) zu schützen, wenn den Tieren ge- ringe Mengen des Blutes 72 Stunden vorher bis zu 5 Stunden nachher injiziert wurden, und wollen bei Meerschweinchen und Kaninchen auf demselben Wege Immunität selbst gegenüber virulentem Milzbrand erzielt haben. Eine Nachprüfung dieser Angaben von den verschiedensten Seiten (PANE, BERGONZINI, SERAFINI & ERRIQUEZ, PETERMANN, LAZARUS & WEYL u. a.) hat die eben erwähnten Befunde nicht bestätigt, vielmehr zu dem einstimmigen Resultat geführt, daß das Blut bzw. Blutserum natürlich immuner oder wenigstens mit einer gewissen Resistenz ausgestatteter Tiere, wie Frosch, Hund, Ratte, Huhn usw. jeder immunisieren- den Fähigkeit ermangelt. Es kann hinzugefügt und bereits an dieser Stelle ausdrücklich hervorgehoben werden, daß die völlige immunisatori- sche Unwirksamkeit des normalen Serums nicht nur für die von Natur mehr oder minder refraktären, sondern auch für hochempfängliche Tiere, wie Kaninchen, Meerschweinchen, Rinder usw. als er- wiesen anzusehen ist (ScLAvo, MARCHOUX, SOBERNHEIM, SCHUBERT). Offenbar handelte es sich bei den Beobachtungen von OGATA & JASUHARA um Verhältnisse, wie sie durch Hankın, v. BEHRING und namentlich durch METSCHNIKOFF & Roux für das Rattenserum erkannt worden sind. Es gelingt: nämlich Mäuse gegen Milzbrand zu schützen, sobald man dem Serum inner- halb oder außerhalb des Körpers eine direkte Einwirkung auf die Bakterien gestattet. Ein solcher Erfolg, der besonders dann in die Augen springt, wenn Mischungen von Serum und Kultur den Tieren injiziert werden, hat natürlich wer Milzbrand. 679 mit eigentlicher Immunisierung nichts zu tun, sondern beruht lediglich auf den bakterientötenden oder bakterienschädigenden Einflüssen des Serums. In dem Blute künstlich immunisierter Tiere sind spezi- fische Schutzstoffe zum ersten Male im Jahre 1395 durch ScLavo und MarcHorvx nachgewiesen worden. Beide kamen etwa gleichzeitig und unabhängig voneinander zu dem Resultat, daß das Serum von Tieren, die einer längeren, hochgradigen aktiven Immunisierung unter- worfen werden, imstande ist, anderen Individuen ausgesprochenen Schutz gegen Milzbrand zu verleihen. Scravo benutzte anfänglich das Serum eines Hammels, der nach längerer Behandlung schließlich die Infektion mit mehreren Agar- kulturen ohne erhebliche Krankheitserscheinungen zu überwinden ver- mochte, und konnte mit geringen Mengen von 2 ccm Kaninchen mit Sicherheit gegen eine Milzbrandinfektion schützen, der unbehandelte Kontrolltiere in etwa 48 Stunden erlagen. Ja es glückt sogar, die infizierten Tiere auch dann noch zu retten, wenn das Serum bis zu 12 Stunden nach der Infektion injiziert wurde. Das Serum eines in ähn- licher Weise vorbehandelten Lammes war weniger wirksam. Dagegen wurde in späteren Versuchen (1396) von einem Esel, der sich unter den zur Serumerzeugung geprüften Tierarten am besten bewährte, ein ganz besonders hochwertiges Serum gewonnen. MARCHoUx gewann sein Milzbrandserum teils von Kaninchen, teils von einem Hammel. Die Kaninchen, die nach Vorbehandlung mit den Pasteurschen Vaccins gegen virulenten Milzbrand derart, immunisiert worden waren, daß sie schließlich die enormen Mengen von 20 ccm virulenter Kultur vertrugen, lieferten ein Serum, das in gewissen Mengen (6 ccm) andere Kaninchen vor der tödlichen Wir- kung einer 24 Stunden später erfolgenden Milzbrandinfektion zu schützen vermochte. Ein noch stärker wirksames Serum war das des Hammels, von dem bereits 1 ccm sich als schützende Dosis erwies. Ein sehr wesentlicher Unterschied gegenüber ScLavo besteht in den Angaben MarcHouxs jedoch insofern, als die Schutzkraft des Milz- brandserums lediglich dann hervortreten sollte, wenn es sich um eine Infektion mit sporenfreiem Material, in Gestalt des asporo- genen Milzbrandes, handelte, während ScLavo das Milzbrandserum sowohl gegenüber Milzbrandbacillen wie Milzbrandsporen immuni- satorisch wirksam gefunden hatte. Die Angaben von ScLravo und MarcHoux konnte Verf. bald durch eigene Versuche nach ihrem Hauptinhalt bestätigen und gleich- falls mit dem Serum eines hochimmunen Hammels bei Kaninchen spezifische Schutzwirkungen auslösen. Nur bezüglich des Grades der Leistungsfähigkeit wurden abweichende Ergebnisse erhalten, indem das Serum zwar geeignet war, den Tod der Versuchstiere (Kaninchen ) längere Zeit, gelegentlich bis zu 8 Tagen, zu verzögern, nicht aber ihn endgültig zu verhindern. Die Resultate waren bei Bacillen- und Sporeninfektion genau die gleichen. Die Vermutung, daß nicht die Minderwertigkeit des Serums, sondern vorwiegend die Virulenz der Prüfungskultur in Verbindung mit der hohen Empfänglich- keit der Versuchstiere für den unzureichenden Immunisierungs- effekt verantwortlich zu machen sei, wurde durch die weitere Ent- wickelung der Dinge. bestätigt. Zwar vermag man mit Hilfe sehr hochwertiger Sera bessere Resultate zu erzielen und Kaninchen vor dem Tode zu schützen, doch stößt ein sicherer Erfolg auf nahezu 680 G. SOBERNHEIM, unüberwindliche Schwierigkeiten. Am meisten empfiehlt es sich, ent- sprechend einem Vorschlage Scravos die Seruminjektion intravenös vorzunehmen, wodurch es tatsächlich gelingt, eine größere Anzahl von Kaninchen gegen die subkutane Impfung mit virulentestem Material zu schützen, besonders dann, wenn die Infektion etwa gleichzeitig oder höchstens kurze Zeit nach der Serumeinverleibung vorgenommen wird. Auch hier machen sich aber Einflüsse individueller Art be- merkbar, insofern als der Verlauf gewöhnlich ein unregel- mäßiger ist und streng gesetzmäßige Beziehungen zwischen Serummenge und Schutzwirkung vermissen läßt; Tiere mit kleineren Serumdosen überleben oft die Infektion, während solche mit großen Dosen eingehen. Versuche, wie sie durch SCHUBERT unternommen wurden, in der Absicht, eine etwa ungenügende Komplettierung des Milzbrandserums im Kaninchenkörper durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen, kamen zu keinem befriedigenderen Resultat. Wurde das Milzbrand- serum mit normalem Serum (Komplement) gemischt und nach ein- stündiger Aufbewahrung im Brütschrank den Tieren injiziert, oder aber Serum und Kultur zum Zwecke möglichst fester Bindung des „Ambozeptors“ und energischer „Sensibilisierung“ der Bakterien im Reagenzglase erst 1 Stunde lang bei Zimmertemperatur miteinander in Berührung gebracht und so zur Injektion benutzt, so blieb es doch stets bei jenem unregelmäßigen, von der Serumdosierung unabhängigen Verlaufe. Günstigere Resultate lassen sich allenfalls erzielen, wenn man zur Infektion der vorbehandelten Tiere eine weniger virulente Kultur benutzt, doch werden alsdann auch sofort die Kontrollen un- genau, und man kann unter Umständen sogar mit normalem Serum Schutzeffekte erhalten. Für die Wertbestimmung eines Milzbrandserums fällt dieser Umstand natürlich höchst unangenehm und erschwerend ins Gewicht. Eine ganz exakte Titrierung etwa nach Art des für antitoxische Sera so vorzüglich funktionierenden Prüfungsmodus ist hier eben nicht zu erreichen. Eine Immunisierung von Meerschweinchen ist nur gegenüber abgeschwächten Kulturen möglich. So ist es ScLavo gelungen, diese Tiere durch hochwertiges Serum zu schützen, sobald er die Infektion mit dem I. Vacein und in einer Dosis vornahm, daß die Kontrolltiere nicht vor dem 3. Tage zugrunde gingen. Gegenüber virulenten Kul- turen haben MArcHoUx, MENDEZ u. a. sich bei Meerschweinchen ver- geblich bemüht. Es stimmen eben alle Beobachter darin überein, daß neben der Tierart die Virulenz der Kultur gerade bei kleineren Laboratoriumstieren als Faktor von ausschlaggebender Bedeutung zu betrachten ist, und ohne Zweifel sind auch Schutz- und Heilerfolge, wie sie MENDEzZ mit so winzigen Dosen von 0,05—0,5 cem :.bei Kaninchen erreicht haben will, nicht anders als durch Verwendung eines nur mäßig virulenten Milzbrandstammes zu erklären. Ratten lassen sich durch Milzbrandserum immunisieren, doch gelingt es auch bei ihnen nicht, regelmäßige, der Serummenge ent- sprechende Resultate zu erhalten. Ueber Serumimmunisierung von Mäusen berichtet Preısz, doch sind die Resultate im allgemeinen sehr unsicher (BAIL, SOBERNHEIM). Als ein weiterer und namentlich in praktischer Hinsicht wichtiger Fortschritt mußte es angesprochen werden, als sich zeigte, daß Schafe Milzbrand. 681 durch spezifisches Serum mit Sicherheit gegen Milzbrand immunisiert werden können. Der erste Versuch dieser Art wurde von Verf. in der Weise angestellt, daß 3 Tiere größere Serummengen (50—200 ccm) subkutan erhielten und nach 24 Stunden mit virulentem Milzbrand infi- ziert wurden; ein 4. Tier erhielt 24 Stunden vor der Infektion 25 ccm Serum und nachträglich wiederholte Einspritzungen von je 10 ccm Serum; ein 5. Tier endlich wurde erst 1 Stunde nach der Impfung in Behandlung genommen und mehrfach mit größeren Serummengen inji- ziert. Sämtliche Tiere kamen mit dem Leben davon, während zwei zur Kontrolle mit 100 bzw. 200 cem normalen Hammelserums behandelte Schafe der Infektion innerhalb kürzester Frist (36 bzw. 47 Stunden) und unter typischen Erscheinungen erlagen. Den hiermit erbrachten Beweis für die prophylaktische, ja, wie es schien, sogar therapeutische Wirksamkeit des Milzbrandserums bei Schafen konnte Verf. später durch wiederholte Experimente gleicher Art unter Verwendung geringerer Serummengen von neuem festigen und im weiteren Verlauf auch auf Rinder ausdehnen. Von anderer Seite folgten bald bestätigende Beobachtungen (MENDEZ, SCLAVO). Scravo namentlich zeigte, daß es durch intravenöse Injektion eines wirksamen Serums (10 ccm) unter Umständen gelingt, Tiere auch dann noch zu retten, wenn die Milzbrandbakterien in die Blutbahn über- getreten sind. Wie bereits an früherer Stelle erwähnt, schützte die Serum- immunisierung Schafe auch gegen die Fütterung mit sporenhalti- sem Material. Die Uebertragung dieser Versuche in die Praxis hat zu günstigen Ergebnissen geführt. Es hat sich gezeigt, dab man mit Hilfe eines hochwertigen Milzbrandserums den Milzbrand so- wohl prophylaktisch als auch therapeutisch erfolg- reich bekämpfen kann. 1. Gewinnung des Milzbrandserums. Von allen Seiten ist übereinstimmend konstatiert worden, daß spezi- fische Schutzstoffe im Blute künstlich immunisierter Individuen ledig- lich dann zur Entwickelung gelangen, wenn es sich um eine äußerst hochgradige aktive Immunität handelt. So erklären sich die völlig ergebnislosen “Versuche, die GABRITSCHEWSKY schon vor Jahren mit Gewebssaft aus Muskeln und inneren Organen, sowie Blut von Kaninchen an- stellte, die nach der Methode von ROUX-CHAMBERLAND immunisiert worden waren. Auch Rinder und Schafe, die einfach der PastEurschen Schutzimpfung oder der Serovacceination unterworfen werden oder selbst eine einmalige Infektion mit virulenter Milzbrandkultur überstanden haben, besitzen noch kein spezifisch wirk- sames Serum. Ja selbst das Ueberstehen einer Spontanerkrankung ist nicht aus- reichend, um im Blute der Tiere wirksame Antikörper in nennenswerter Menge zu erzeugen, und auch im Blute von Menschen, die von einer schweren Milz- branderkrankung genesen sind, können spezifische Schutzstoffe gewöhnlich nicht nachgewiesen werden (KoSSEL, SOBERNHEIM). GUILLAIN, BoIDIN & Fies- SINGER beschreiben neuerdings einen Fall, in dem ihnen dies gelungen ist. Erst bei exzessiver Steigerung der Immunität durch Einverleibung enormer Virusmengen kommt es allmählich zu spezifischen Blutveränderungen. Für die Gewinnung eines hochwertigen Milzbrandserums ist die Wahl der Tierart nicht ohne Bedeutung, wobei überdies, genau wie bei der Er- zeugung anderer Immunsera, individuelle Verschiedenheiten eine große Rolle spielen. Unter den von Verf. verwendeten Tierarten, nämlich Rindern, Pferden und Schafen, scheinen die letzteren in bezug auf Wirksamkeit des Serums die beste Ausbeute zu liefern, während Scravo, "CARıSI u. a. von Eseln das stärkste Milzbrandserum gewonnen haben. Maultiere sind ebenfalls brauch- 682 G. SOBERNHEIM, bar, desgleichen Ziegen und Hunde. Auch sonst wird vielfach hervorgehoben, daß solche Tiere, die von Natur aus gegen Milzbrand ziemlich resistent sind, nach weiterer künstlicher Immunisierung meist bessere Antikörperproduzenten sind, als die empfänglicheren und daher a priori vielleicht geeigneter erschei- nenden Tierarten. So hat beispielsweise SAWTSCHENKO Ratten und Hunde mit bestem Erfolge zur Darstellung eines kräftigen Milzbrandserums benutzt, und pE Nırrıs hat die interessante, bereits früher durch WERNICKE gemachte Be- obachtung bestätigen können, daß das Serum künstlich immunisierter Tauben bei Mäusen und Meerschweinchen gegenüber der Infektion mit Vaccin II aus- gesprochene Schutzwirkung entfaltet, während ein von Meerschweinchen ge- wonnenes Immunserum sich bei den gleichen Tierarten als völlig unzulänglich erwies. Die Herstellung im Großen erfolgt gewöhnlich von Rindern und Pferden; auch Schafe und Esel werden benutzt. Was den Gang der Immunisierung bei den zur Serumerzeugung be- stimmten Tieren anlangt, so ist das hierbei übliche Verfahren durchaus identisch mit den auch sonst bei der Serumbereitung bewährten Maßnahmen. Die Tiere werden zunächst gegen virulenten Milzbrand gefestigt, sei es, daß man sie nach der PastEurschen Methode, oder aber durch Milzbrandserum, oder endlich durch kombinierte Vorbehandlung mit gleichzeitiger Einspritzung von Serum und Kultur für die weiteren Schritte vorbereitet. Ist eine Impfung mit virulenter Kultur erst einmal überstanden, so kann die Steigerung der Immunität relativ leicht bewirkt werden. In 2—3 Monaten vertragen die Tiere gewöhnlich schon mehrere Massenkulturen. Pferde und Rinder lassen sich etwas energischer und rascher vorwärtsbringen als Schafe. Es empfiehlt sich möglichst virulente Kul- turen zu verwenden. Die Tiere werden am besten in 10—14-tägigen Intervallen mit immer größeren Mengen virulenter Kultur geimpft, wobei nach allen bis- herigen Erfahrungen die subkutane Injektion sich wohl am besten bewährt. Intravenöse Injektionen fördern den Gang der Immunisierung nicht mehr als subkutane erheischen aber noch größere Vorsicht. Sie wurden anfänglich von SCLAVO versucht und werden neuerdings namentlich von SCHÜTZ & PFEILER zur Gewinnung präzipitierender Sera empfohlen (vgl. unten). Ob Bouillonkulturen oder Aufschwemmungen von Agarkulturen benutzt werden, scheint von größerer Bedeutung nicht zu sein, obwohl natürlich der letztere Operationsmodus vorzuziehen ist, sobald beträchtliche Virusmengen in- jiziert werden sollen. Auf die einzelnen Injektionen reagieren die Tiere einige Tage mit mehr oder minder starkem Fieber. Es ist wiederholt aufgefallen, daß ohne nach- weisliche Ursache und ohne sichtliche Veränderung in dem Allgemeinbefinden der Tiere oftmals in einem späteren Stadium, etwa 8—10 Tage nach der In- jektion, eine erneute plötzliche aber rasch vorübergehende Temperatursteigerung auftritt. Auch von örtlicher Reaktion pflegen die Kulturinjektionen gefolgt zu sein, und man kann bei Pferden und Rindern, etwas seltener schon bei Schafen, gelegentlich Anschwellungen an der Injektionsstelle von sehr erheblicher Aus- dehnung beobachten. . Die Blutentnahme wird am besten 2—3 Wochen nach der letzten Ein- spritzung vorgenommen, nachdem die Tiere 1/,—1l Massenkultur (KoLLesche Schale) vertragen haben. . Die Haltbarkeit des Milzbrandserums ist eine ganz außerordentliche. Unter Karbolzusatz bewahrt es in der Regel jahrelang seine Wirksamkeit in fast unveränderter Stärke. Ueber die Herstellung des Bartschen Milzbrandserums liegen nur kurze Angaben vor. Hiernach werden die Tiere (Kaninchen oder Schafe) durch wieder- holte Injektionen mit sterilisiertem Milzbrandödem vorbehandelt. Für die Prüfung des Serums hat sich der folgende Gang nach Verf.s Erfahrungen gut bewährt. Eine Anzahl von Kaninchen, gewöhnlich 5, erhalten zunächst Serummengen von 2—6 cem intravenös und werden 5—10 Minuten später mit 1/,o0o0 Oese virulenter Kultur subkutan infiziert. Ein Kontrolltier erhält 6 cem normales Serum der entsprechenden Tierart und hierauf die gleiche Infektionsdosis wie die anderen. Ein Serum ist dann als ausreichend spezifisch wirksam anzusehen, wenn von den vorbehandelten Tieren mindestens 2 mit dem Leben davonkommen, die übrigen später als das Kontrolltier sterben. Gestaltet sich das Ergebnis noch günstiger, so liegt ein besonders hochwertiges Serum vor. Es hat nach früheren Darlegungen nichts zu besagen und ist sogar Regel, daß die Tiere außer der Reihe am Leben bleiben bzw. sterben. Milzbrand. 683 MENDEZ nahm die Prüfung des Serums anfänglich an Kaninchen vor, später an Meerschweinchen, denen Mischungen von Serum und Kultur subkutan injiziert werden. Eine Serumdosis, die bei Vermischung mit der 1000-fach töd- lichen Dosis einer mäßig virulenten Kultur imstande ist, den Tod des Tieres gegenüber dem Kontrolltier um 6—8 Stunden zu verzögern, wird als 1/, I-E. bezeichnet. Nach anderweitigen Erfahrungen muß es zweifelhaft erscheinen, ob eine so exakte Wertbestimmung des Milzbrandserums überhaupt möglich ist. DETRE-DEUTScCH prüft an Kaninchen, ähnlich dem von Verf. geübten Ver- fahren, und spricht von einem Normalserum, wenn 2 cem bei intravenöser In- jektion ausreichen, um ein 1,5 kg schweres Tier gegen eine nach 18 Stunden vorgenommene Infektion mit virulenter Kultur zu schützen. AscoLı bedient sich eines abgeschwächten, für Kaninchen, Esel und Ziegen avirulenten Stammes, in Form eines von ihm hergestellten Sporenvaceins. Die Prüfung des Serums erfolgt an Meerschweinchen, derart, daß die Tiere zunächst das Serum intraperitoneal injiziert erhalten und 24 Stunden später mit dem Vacein subkutan (Achselhöhle) geimpft werden. Der Prüfungsmodus hat sich ihm bei der Auswertung verschiedener Milzbrandsera gut bewährt. 2. Wirkungsweise des Serums. Bei dem vorwiegend septikämischen Charakter der Milzbrand- infektion suchte man die Wirkungsweise des Milzbrandserums von vornherein als eine antibakterielle zu deuten. Zahlreiche Unter- suchungen, die sich mit der Klärung dieser Frage beschäftigten, haben dies auch weiterhin wahrscheinlich gemacht, zugleich aber den Be- weis erbracht, daß Milzbrandserum und Milzbrandimmunität sich dem Schema sonst bekannter antibakterieller Funktionen nicht einfügen, vielmehr unabhängig von bakteriolytischen, bakteriotropen, aggluti- nierenden usw. Einflüssen ihre Wirkung ausüben. Die große Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit der Milzbrandantikörper wurde bereits hervorgehoben. Luft, Licht und Temperaturen zwischen 5° und 45° pflegen den Schutzwert eines Serums kaum zu berühren, auch durch Erhitzen auf 60—70° wird das Milzbrandserum gewöhnlich nicht abgeschwächt. Nur das Ge- frieren scheint die Wirksamkeit des Milzbrandserums nachteilig zu beeinflussen. Bei der Filtration durch Berkefeld-Filter kann nach den Beobachtungen Verf.s mitunter eine Abschwächung der Schutz- kraft eintreten, wogegen AscoLı Filtrate genau so wirksam fand, wie das unfiltrierte Serum; offenbar spielt die Beschaffenheit der Filter- kerzen hierbei eine Rolle Nach Ascorr ist die Immunsubstanz des Serums bei Esel und Ziege zum größten Teil an das Pseudoglobulin des Serums gebunden, bei der Ziege in geringer Menge auch an das Euglobulin. Das Milzbrandserum wirkt nicht nach Art eines bakterio- lytischen Antikörpers (SAWTSCHENKO, ÄSCOLI, SOBERNHEIM, BAIL, Preısz). Die bakterizide Kraft, die das Milzbrandserum auf Milz- brandbakterien im Reagenzglase ausübt, ist in keiner Weise unter- schieden von der des normalen Serums der gleichen Tierart. Ein von Schafen, Rindern oder Pferden gewonnenes Milzbrandserum verhält sich in dieser Hinsicht zu den Bakterien einer virulenten Kultur oder des Vaccin I und II genau so, wie normales Rinder-, Hammel- und Pferdeserum (SOBERNHEIM). Für Ratten- und Hundeserum hat Saw- TSCHENKO durchaus analoge Verhältnisse ermittelt und gezeigt, dab das Rattenserum in jedem Falle stark bakterientötend auf Milzbrand- bacillen einwirkt, gleichgültig, ob es normalen oder immunisierten In- dividuen entstammt, während Hundeserum in beiden Fällen bakterien- ei Qi 684 G. SOBERNHEIM, feindliche Eigenschaften vermissen läßt. Der Mangel spezifisch-bak- terizider Wirkungen, wie er dem frisch gewonnenen Immunserum somit eigen ist, läßt sich auch nicht durch Komplementzu- satz ausgleichen. Nur ÖTTOLENGHI gibt an, daß sich bei. Nor- malserum und Immunserum vom Esel die bakterizide Kraft durch Erhitzen auf 57—58° zerstören, durch Zusatz normalen Serums aber wiederherstellen lasse. Eine Bindung des Antikörpers an das Antigen findet nach den Untersuchungen Ascorıs nicht statt. Werden Milz- brandbakterien mit Milzbrandserum einige Stunden im Brütschrank und hierauf noch weiterhin im Eisschrank in Berührung gelassen, so zeigt das von den Bakterien durch Filtration wieder befreite Serum genau den gleichen Schutzwert wie vorher; anderseits besitzen auch die von dem Serum wieder getrennten Bacillen ihre volle Virulenz. Innerhalb des Tierkörpers ist die Wirkung eines bakteriolytischen Ambozeptors ebensowenig wie im Reagenzglase zu erkennen. Bei Versuchen, die nach Art des Preırrerschen Versuchs in der Weise angestellt werden, daß man Mischungen von Serum und Kultur Kaninchen oder Meerschweinchen intraperitoneal injiziert, ist eine Einschmelzung der Bakterien zu Granula nicht zu beobachten. Eine extracelluläre Auflösung der Bakterien, die wohl gelegentlich wahr- zunehmen ist. unterscheidet sich in keiner Hinsicht von den analogen Prozessen, wie man sie auch bei den Kontrolltieren, die normales Serum oder nur die Kultur erhalten haben, wahrzunehmen vermag (SOBERN- HEIM). Wie bei der natürlichen war auch bei der erworbenen Immunität die Bedeutung der Phagocytose viel umstritten. Nach dem gegen- wärtigen Stande unserer Kenntnisse ist aber wohl zu sagen, daß dieser Vorgang höchstens eine sekundäre Rolle spielt, und daß bakterio- trope Eigenschaften dem Milzbrandserum fehlen. MarcHovx glaubte bei seinen Untersuchungen eine wesentliche Mitwirkung der Phago- cyten beobachtet und in dieser Beziehung einen fundamentalen Unterschied zwischen dem spezifischen Immunserum und dem normalen Serum gefunden zu haben. Verf. konnte jedoch bei ähnlicher Ver- suchsanordnung diese Differenzen nicht bestätigen, weder gegenüber virulenten, noch gegenüber abgeschwächten (Vacein I und II) Milz- brandstämmen. Auf den Verlauf der intraperitonealen Infektion bei Meerschweinchen übte das Milzbrandserum kaum einen anderen Ein- fluß aus als normales Serum; die Phagocytose zeigt in beiden Fällen den gleichen Charakter. Bei der Verwendung von Immunserum kann sich der Vorgang gelegentlich einmal etwas rascher abspielen, doch erscheint in anderen Fällen gerade umgekehrt die Phagocytose bei den Kontrolltieren fast noch stärker als bei den eigentlichen Versuchstieren. Von tiefgreifenden spezifischen Unterschieden dürfte jedenfalls keine Rede sein (SOBERNHEIM, GoTTSTEIN). In Einklang mit diesen Beob- achtungen stehen im großen und ganzen auch Befunde, wie sie WERIGO bei seinen Untersuchungen über das Schicksal der Milzbrandbacillen im Körper immunisierter Kaninchen erhoben hat. WeERIGo ist zwar geneigt, der Phagocytose einen wesentlichen Anteil an der Vernichtung der dem Organismus zugeführten Bakterien zuzuschreiben, findet sie aber auch bei normalen Kaninchen vom Beginn der Infektion an wirksam. Nur scheint ihm bei immunen Tieren die Abtötung der Bakterien sicherer, rascher und energischer zu erfolgen; es würde sich Milzbrand. 685 hiernach also mehr um quantitative Differenzen handeln. Preısz lehnt auf Grund seiner eingehenden experimentellen Studien die Phagocytose als primär bedeutsame Ursache der Milzbrandimmunität vollkommen ab und hat phagocytosebefördernde Wirkungen des Milz- brandserums nicht konstatieren können. Phagocytäre Prozesse ver- laufen nach seinen Feststellungen bei immunisierten und normalen Tieren in gleicher Weise. Am meisten Anhänger hat zur Zeit wohl die Auffassung, daß bei den engen Beziehungen, die zwischen Kapselbildung und Virulenz der Milzbrandbacillen zu bestehen scheinen, die Wirkung des Milz- brandserums sich gegen die Kapseln richten und ihre Ent- stehung verhindern muß. GRrUBER & FUTAKI, LÖHLEIN, DEUTSCH u. a. stehen auf diesem Standpunkt. Auch Ascouı betrachtet die Milz- brandimmunität als eine „antiblastische“ und nimmt an, daß es die zur Kapselbildung führenden Anpassungsvorgänge hemmt. Er konnte zeigen, daß bei passiv immunisierten Meerschweinchen Kulturbacillen ihren kulturellen Charakter bewahren und keine Kapseln erzeugen, sowie daß die schützende Kraft des Milzbrandserums dieser keim- widrigen Wirkung parallel geht. Im Reagenzglase ist freilich ein solcher Einfluß nicht nachzuweisen; das Immunserum läßt ebenso wie jedes normale Serum die Milzbrandbacillen zu Kapselformen aus- wachsen. Aehnlich äußert sich Preisz zur Frage der Serumwirkung. Er hat ebenfalls durch vergleichende Untersuchungen über das Schicksal der Milzbrandbakterien an der Impfstelle bei normalen sowie bei passiv immunisierten Tieren, und zwar bei Mäusen und Meerschweinchen, bemerkenswerte Unterschiede ermitteln können. Während das mit Serum vorbehandelte Tier die Bakterien noch vor jeder Kapsel- bildung an der Impfstelle rasch und massenhaft abzutöten vermag, erzeugen die Bacillen des Kontrolltieres reichliche Kapseln, sterben nur teilweise ab und überleben das Tier. Preısz nimmt für die erworbene Immunität des Individuums die gleiche Ursache an wie für die natürliche Immunität gewisser Tierarten und glaubt, daß die bakteriziden Leukocytenstoffe (PETTERsSon) wesentlich an der Ver- nichtung der Milzbrandkeime beteiligt sind. Nach seiner Ansicht wirkt daher das Milzbrandserum auf ındirektem Wege bakteri- zid, nämlich dadurch, daß es den tierischen Organismus befähigt, jene anthrakoziden Stoffe rasch und in besonders reichen Mengen zu er- zeugen, ehe der eingedrungene Kulturbacillus Zeit findet, die Kapsel- form anzunehmen. Baıtr zieht zur Erklärung die Aggressinlehre heran. Er deutet die Wirkung des Milzbrandserums als eine anti- aggressive und nimmt an, daß die Milzbrandbacillen im passiv und aktiv immunisierten Tiere ihres Aggressins beraubt werden und in- folgedessen der Vernichtung durch die normalen Schutzstoffe des Organismus anheimfallen. Durch eine Reihe von Versuchen glaubte Baıt auch eine direkte Einwirkung des Milzbrandserums auf das spe- zifische Aggressin und eine Abschwächung bzw. Erschöpfung des Serums durch Aggressinzusatz nachweisen zu können, doch stehen die Ergebnisse mit analogen Experimenten Ascorıs nicht in Ein: klang; auch erscheint ihre Deutung nicht ganz überzeugend. Trotz mancher Meinungsverschiedenheiten im einzelnen sind die meisten Forscher darin einig, daß das Wesen der Milzbrandimmunität und die Wirkungsweise des Milzbrandserums auf der raschen Vernich- tung der lebenden Milzbrandkeime beruhen. Ebenso scheint Einigkeit 686 G. SOBERNHEIM, darüber zu bestehen, daß eine Abtötung der Infektionserreger im im- munisierten Organismus nur möglich ist, weil oder so lange die Kapselbildung der Bacillen ausbleibt. Ob kapselwidrige Eigenschaften des Serums oder besonders energische Abtötungsvorgänge dieses Re- sultat bedingen, „ist hierbei von untergeordneter Bedeutung. . Indessen möge auf einige Tatsachen hingewiesen werden, die sich mit diesen Anschauungen doch nicht ganz in Einklang bringen lassen. Nament- lich das Studium der Immunitätsverhältnisse bei hochimmuni- sierten Tieren führt zu eigentümlichen Beobachtungen. So läßt sich z. B. bei immunisierten Schafen, die eine subkutane Infektion von 4—5 Massenkulturen erhalten haben, in dem Infiltrat der Impfstelle die Anwesenheit von Milzbrandbacillen kulturell und selbst mikroskopisch tage-, mitunter eine Woche lang nachweisen, ein Zeichen, daß die Abtötung sich keineswegs in besonders rascher Weise vollzieht. Nach METScCHNIKOFF gelingt es, bei immunisierten Ratten oft noch nach 14 Tagen aus dem subkutanen Exsudat, das reiche Mengen von Phagocyten enthält, Milzbrandbacillen zu züchten, und MarcHoux vermochte die Lebensfähigkeit von Milz- brandsporen in einem lokalen Infiltrat sogar nach 70 Tagen durch das Kulturverdahren zu konstatieren. Vor allem aber bezieht sich diese Persistenz der Bakterien nicht nur auf die Impfstelle, sondern auch auf die inneren Organe und das Blut. Die früher geäußerte Ver- mutung, das Milzbrandserum hindere eine Generalisierung des Virus, kann hiernach nicht mehr aufrecht erhalten werden. So beobachtet man des öfteren, daß bei Tieren (Pferden, Rindern, Schafen), die schon eine hohe aktive Immunität erlangt haben, nach der Injektion größerer Bakterienmengen (2—3 Massenkulturen) etwa 9—10 Tage später Milzbrandbacillen in. großer Zahl im Blute auftreten und einige Zeit kreisen, ohne daß die Tiere irgendwelche Krankheitserscheinungen darbieten; höchstens wird ein leichter Temperaturanstieg wahrge- nommen. In solchen Fällen ist offenbar von einer raschen und voll- ständigen Abtötung keine Rede, und man ist fast versucht, an anti- toxische Einflüsse zu denken. Aehnliches hat Baız bei Kaninchen beobachtet. Er fand im Körper aktiv oder passiv immunisierter Tiere die Zahl der injizierten Milzbrandbacillen nach verhältnismäßig kurzer Zeit (15—20 Stunden) zwar erheblich geringer als bei den gleichzeitig infizierten Kontrolltieren, dennoch aber die Organe des immunisierten Tieres keineswegs etwa steril. Also auch hier gehen die Milzbrand- bacillen durchaus nicht besonders schnell zugrunde. Berücksichtigt man fernerhin den Umstand, daß immunisierte Individuen nicht nur gegen Kulturbacillen, sondern in gleichem Maße auch gegen eine Infektion mit Kapselbacillen geschützt sind, daß sie also die Impfung mit großen Mengen virulenten Milzbrandblutes ebensogut vertragen wie eineKul- turinjektion, so mehren sich zugleich die Zweifel an der allgemeinen Gültigkeit der vorher entwickelten Anschauungen über die Beziehungen zwischen Immunität und Kapselbildung. Die Tatsache endlich, daß im Körper immuner Tiere sogar direkt Kapselbacillen entstehen können, ohne daß dem Individuum hieraus ein Schaden erwächst, spricht in gleichem Sinne. Selbst Preısz gibt zu, daß im passiv immunisierten Organismus unter gewissen Bedingungen Kapselbildung erfolgen kann, noch viel auffälliger aber ist es wohl, daß das gleiche bisweilen auch bei aktiv hochimmunisierten Tieren eintritt (SOBERNHEIM, BAIL). Wenn somit einmal in vielen Fällen eine längere Persistenz lebender und viru- Milzbrand. 687 lenter Milzbrandbakterien im Körper immunisierter Individuen beob- achtet werden kann, ferner aber auch feststeht, dab selbst große Mengen von Kapselbacillen dem immunen Organismus nichts schaden, mitunter sogar erst in diesem Organismus gebildet werden und in seinem Blute, gewissermaßen als harmlose Saprophyten, massenhaft vegetieren, so können die zur Zeit vorliegenden Erklärungen unmöglich erschöpfend sein und für alle Fälle zutreffen. Der immunisierte Organismus ver- mag der Kapselformen sicherlich ebenso gut Herr zu werden wie der Kulturbacillen; das ergibt sich aus den eben erwähnten Beobachtungen, insbesondere aber auch aus der Heilkraft des Milzbrandserums, die nach vielfacher Erfahrung sich selbst dann noch bewährt, wenn das Blut des infizierten Individuums bereits reiche Bakterienmengen ent- hält (ScLavo, Burow, JÄGER, BECKER u. a.). Hier gelingt es also dem spezifischen Antikörper des Serums ohne weiteres, die den Körper überschwemmenden ‚tierischen‘ Bacillen unschädlich zu machen. Die bakteriologische Prüfung bestätigt, daß nach der Seruminjektion tat- sächlich die Bacillen rasch aus dem Blute verschwinden. Die Vermutung, dab die virulenten Bakterien, wenn sie im Körper der immunisierten Individuen auch nicht zugrunde gehen, so doch wenigstens alsbald eine Abschwächung erfahren, hat durch experi- mentelle Beweise bisher nicht gestützt werden können. Längere Züch- tung virulenter Milzbrandbacillen in dem Immunserum beeinflußt deren pathogene Wirksamkeit nicht anders als der Aufenthalt in normalem Serum, wie Versuche mit Hammel-, Rinder- und Pferdeserum gezeigt haben und pe Nırris auch für das Serum immunisierter Meerschwein- chen konstatieren konnte. Es gewinnt sogar fast den Anschein, als ob der längere Aufenthalt im Serum den Milzbrandbacillen eine ganz be- sondere Virulenz verleiht. Offenbar tritt, wie Dawysz für das Ratten- serum festgestellt hat, nun Gewöhnung der Bakterien an die keim- widrigen Einflüsse des Serums ein (vgl. auch SacHAarorr). Eine ge- ringe Abschwächung, wie sie DE Nırris in vitro bei Einwirkung des Immunserums von Tauben gefunden zu haben glaubt, ist bei der von ihm gewählten Versuchsanordnung nicht ganz überzeugend. Zu- dem äußerten Milzbrandbacillen, die immunisierten Tauben injiziert und 9—24 Stunden nach der Infektion dem Gewebssaft der Impfstelle wieder entnommen wurden, bei Verimpfung auf Mäuse und Meer- schweinchen vollste Virulenz. Auch die Angabe von SANFELICE, daß Sporenseidenfäden, die einem passiv immunisierten Kaninchen sub- kutan eingeführt und nach 15—20 Minuten entfernt wurden, sich für Kaninchen nicht mehr virulent zeigten, kann ohne weiteres nicht im Sinne einer Abschwächung gedeutet werden. Sie widerspricht über- dies den Erfahrungen, die man mit Milzbrandbacillen aus dem Körper hochimmunisierter Tiere gemacht hat; derartige Keime zeigen sich mindestens ebenso virulent, wie der Ausgangsstamm, von dem sie herrühren. Mi Ueber Agglutination lauten die Angaben bei dem Milzbrand- serum recht widersprechend. Es ist sicher, daß oft genug eine agglu- tinierende Einwirkung des Serums auf Milzbrandbacillen mikro- skopisch und makroskopisch zu beobachten ist, ebenso sicher aber auch, daß bei der Unbeweglichkeit der Baeillen und ihrer großen Neicung, sich schon von vornherein in knäuelartigen Verbänden an- zuordnen, die Beurteilung des Agglutinationsvorganges vielfach Schwierigkeiten bereitet. Immerhin erhält man mit manchem Serum 688 G. SOBERNHEIM, selbst in stärkeren Verdünnungen deutliche Agglutination. Ander- seits wird sie sehr häufig selbst bei hochwertigen Milzbrandseris ver- mißt, nicht selten aber auch bei dem Serum völlig normaler Individuen beobachtet. So gibt pe Nırrıs zwar an, dab normales Taubenserum keine agglutinierenden Fähigkeiten besitzt, während das Serum künst- lich immunisierter Tauben sich ihm in Verdünnungen von 1:50 deut- lich wirksam zeigte, doch fand SAWTSCHENKOo eine derartige spezifische Differenz bei Pferdeserum und Hundeserum nicht ausgeprägt. Pferde- serunı wirkte in jedem Falle agglutinierend, gleichgültig, ob es normalen oder präventiv geimpften Tieren entstammte, während Hundeserum beider Kategorien niemals agglutinierende Fähigkeit äußerte. RıssLins konstatierte für normales Pferde- und Rinderserum eine agglutinierende Wirkung. Entgegen der von Verf. gemachten Angabe, daß eine spezifisch-agglutinierende Fähigkeit dem Milzbrand- serum gewöhnlich fehle, berichtete Carını, dab er eine Reihe ver- schiedener Milzbrandsera, zum Teil noch in Verdünnungen 1:50000 bis 150000, ja selbst 1:500000, wirksam fand. GoTTsTEın gelangte bei einer erneuten Nachprüfung dieser Verhältnisse zu völlig negativen Ergebnissen; mehrere hochwertige Sera vom Pferde, Rinde und Hammel zeigten keine Agglutinationskraft. Auch BaıL spricht dem Milzbrandserum besondere agglutinierende Fähigkeiten ab; Donarı erhielt zwar agglutinierende Sera, fand die Wirkung aber nicht ganz spezifisch. Die Prüfung der Agglutinationskraft gegenüber den abge- schwächten Stämmen des Pasteurschen Vaccin I und II, die gewöhn- lich nicht zu fadenförmigen Elementen auswachsen und daher von vornherein für den angedeuteten Zweck vielleicht geeigneter er- scheinen durften, vermag auch keine schärferen Unterschiede auf- zudecken. Man kann vielmehr die auffällige Tatsache konstatieren, dab ein Serum z. B. die Bakterien des virulenten Milzbrandes und des I. Vaccin agglutiniert, nicht aber die des II. Vaccin, während ein anderes vielleicht den virulenten Milzbrand und das II. Vaccin un- beeinflußt läßt, dagegen mit den Kulturen des I. Vaccin eine deutliche Agglutination gibt. Nach Gencou wird Vaccin I schon durch eine Reihe verschiedener normaler Sera, wie Meerschweinchen-, Rinder-, Hunde- und Menschenserum agglutiniert. Diese Agglutinationskraft erfährt bei Tieren, die einmal oder auch wiederholt mit Injektionen des Vaccin I behandelt werden, eine ganz außerordentliche Steige- rung, wie übereinstimmend für Meerschweinchen, Hund und Ziege konstatiert werden konnte. Da andererseits eine Impfung mit viru- lentem Milzbrand bei Individuen der gleichen Tierarten eine Er- höhung der Agglutinationskraft des Serums für Vaccein I nicht zur Folge hatte, so ist GEnGou geneigt, in der Milzbrandagglutination eine nur den einzelnen Bakterienstamm, nicht aber die ganze Bak- terienart treffende Wirkung zu erblicken („Agglutination specifique pour la race microbienne injectee et non pour l’espece“‘). Demgegen- über ist hervorzuheben, daß Marvoz die gleichen Resultate bei Ein- wirkung von gewöhnlicher Bouillon oder keimfreien Filtraten von Milzbrandkulturen erhalten und auch hier konstatiert haben will, wie die „beweglichen“ Bacillen des I. Vaccin ihre Beweglichkeit einbüßen und sich zu Haufen vereinigen. Wenn auch die Frage der Agglutination für das Milzbrandserum wohl noch weiterer Klärung bedarf, so läßt sich doch schon so viel Milzbrand. 689 sagen, daß ein Parallelismus zwischen agglutinierender und immunisierender Kraft des Serums auf keinen Fall besteht, und die vorhandene oder aber fehlende Agglu- tinationswirkung auf den Immunitätsgrad des serum- liefernden Tieres durchaus keinen Rückschluß gestattet. Es scheint, als ob die Agglutination, ähnlich wie die Präzipitation, nur eine Nebenerscheinung darstellt, die einige Sera aufweisen, andere wieder nicht, und daß möglicherweise die Art der Serumgewinnung dabei eine Rolle spielt. Eine präzipitierende Wirkung des Milzbrandserums wurde zuerst von Bat beobachtet; bei Vermischen des Serums mit Milzbrand- .ödem trat in seinen Versuchen eine Niederschlagsbildung ein. GRUBER & Furaxı erhielten mit Extrakten von Milzbrandkulturen ebenfalls spezifische Niederschläge, wogegen Verf. mit zahlreichen Sera zu negativen Resultaten gelangte und auch Baız später wieder den spezi- fischen Charakter der Reaktion in Zweifel zog. Erst die Unter- suchungen von AscoLı & Varentı haben diese Verhältnisse geklärt. Sie konstatierten, daß in der Tat eine spezifische Niederschlagsbildung mit Milzbrandextrakten und -ödemen nachweisbar ist, aber keines- wegs bei jedem Serum, denn unter den von ihnen zunächst daraufhin geprüften ca. 30 Sera besaßen nur 3 diese präzipitierende Fähigkeit. Auch die Erfahrungen anderer Autoren sprachen in dem gleichen Sinne, insbesondere bestätigten die Untersuchungen von ScHüTz & PrEILerR, daß die Mehrzahl der Milzbrandimmunsera der Präzi- pitationswirkung ermangelt. Die Präzipitation ist nur eine Eigenschaft einzelner Sera; sie ist unabhängig von der spezi- fischen Schutzkraft des Serums. Für die Gewinnung präzipitierender Sera ist der Gang der Vorbehandlung, sowie die Wahl der Tierart von größter Bedeutung. Nach AscoLı eignet sich besonders der Esel, der nach längerer Immunisierung mit großen Mengen wenig virulenter Kulturen ein gut wirksames Serum zu liefern pflegt. Schütz & Preiter machten die gleichen Erfahrungen und erhielten durch Vor- behandlung mit wiederholten intravenösen Injektionen von einer oder mehreren Massenkulturen vom Esel fast ausnahmslos und auch in kurzer Zeit ein stark präzipitierendes Milzbrandserum. Andere Tier- arten (Schafe, Ziegen, Pferde) sind nach ihren Untersuchungen weniger geeignet. und auch Kaninchen, die von MArkorr empfohlen wurden, geben unsichere Resultate. Extrakte an Stelle lebender Kulturen zu verwenden, ist zwar möglich (ScLavo, MArKoFF), scheint aber weniger vorteilhaft zu sein, als Vorbehandlung mit lebenden Kulturen. Ueber die diagnostische Verwertung der Präzipitinreaktion ist bereits an früherer Stelle berichtet worden (vgl. S. 659). Auch die Komplementbindung scheint von gewissen Zu- fälligkeiten abhängig zu sein. BoRDET & GENGoU und später ÜLER er- hielten spezifische Reaktionen, wogegen Baır und Verf. mit Milzbrand- ödem una Milzbrandextrakten keine sichere Komplementbindung nach- zuweisen vermochten. Marvoz will bei der Prüfung normaler Sera einen Zusammenhang zwischen der Milzbrandresistenz bzw. Empfäng- lichkeit der Tierart und der hemmenden Wirkung des Serums konsta- tiert haben; normales Hammelserum gab bei Vermischung mit Milz- brandbakterien besonders starke Komplementbindungsreaktion. BorpIn & Fıessinger gelangten zu ähnlichen Ergebnissen, fanden aber die hemmende Wirkung der Sera schwankend und abhängig von chemisch- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 44 690 G. SOBERNHEIM, physikalischen Alterationen des Serums. In dem Serum eines Men- schen, der eine Milzbrandinfektion überstanden hatte, wiesen GuIL- LaIn, BoIDIn & FIESSINGER spezifisch komplementbindende Stoffe nach, Paccanaro fand sie in dem Serum von aggressinimmunisierten Meer- schweinchen. Vergleichende Prüfungen, die Verf. neuerdings unter Verwendung verschiedener Milzbrandsera vom Rind, Schaf und. Pferd vornahm, hatten, wie früher, ein negatives Ergebnis, sobald keim- freies Extraktmaterial oder Milzbrandödem als Reagens benutzt wurde. Wenigstens waren deutliche spezifische Ausschläge im Vergleich mit den Kontrollen (Normalserum) nicht zu konstatieren. Dagegen zeigte sich eine mehr oder minder starke Hemmungsreaktion bei Verwendung von Aufschwemmungen lebender Bakterien, und wenn auch die quanti- tativen Unterschiede gegenüber der komplementbindenden Wirkung normaler Sera oft nicht sehr groß waren, so handelte es sich dabei doch wohl um spezifische Vorgänge. Freilich übten keineswegs sämtliche Milzbrandsera eine solche Wirkung aus; viele versagten auch mit Bakterienaufschwemmungen, und es war namentlich von Interesse fest- zustellen, daß präzipitierende Sera in dieser Hinsicht keine günsti- gseren Resultate gaben. Ein Parallelismus zwischen präzipitierender und komplementbindender Fähigkeit des Milzbrandserums dürfte je- denfalls nicht bestehen, denn die stärkste Reaktion wurde gerade mit einem Serum erhalten, das keine Spur von Präzipitation er- kennen ließ. Daß die Komplementbindung auch außer Zusammen- hang mit dem Schutzwert des Serums steht, ergibt sich aus allen diesen Beobachtungen. IX. Schutz- und Heilimpfungsverfahren zur Bekämpfung des Milzbrandes. 1. Pasteursche Methode und verwandte Verfahren. Pasteursche Methode. Zur Impfung nach PAsTEur werden Bouillonkulturen des I. und II. Vacein benutzt. Die Injektion des II. Vaccin hat 12—14 Tage nach der des I. zu erfolgen. Rinder er- halten je 0,25 ccm, Schafe die Hälfte eingespritzt. Als Injektionsstelle soll bei Schafen die Innenfläche der Oberschenkel, bei Rindern die Haut hinter den Schultern benutzt werden. Die Impfung kann auch bei Pferden, Ziegen und Schweinen Anwendung finden. Neuerdings wurden im äußersten Norden des europäischen Rußlands Renntiere mit Erfolg geimpft (Beswarowıcz). Die Impfstoffe, die von dem In- stitut Pasteur in Paris oder in anderen Ländern von den damit be- trauten Laboratorien hergestellt und abgegeben werden, bewahren nur kurze Zeit, höchstens eine Woche, ihre immunisierende Kraft. Es ist bekannt, daß die nach der ersten Empfehlung dieser Methode alsbald im Großen angestellten Prüfungen zum Teil wenig befriedigende Ergebnisse lieferten und deshalb vielfach eine höchst skeptische Beurteilung des Verfahrens zur Folge hatten (R. Koch, Kırr, Lesky u. a... Bei den Impfungen, wie sie z. B. in den ersten Jahren in Kapuvar, Packisch und an manchen anderen Plätzen vor- genommen wurden, kam es entweder zu Impfverlusten, welche die praktische Brauchbarkeit der Methode doch recht fragwürdig er- scheinen ließen, oder aber der Impfschutz erwies sich als so unzu- reichend, daß die präventiv behandelten Tiere später der experi- Milzbrand. 691 mentellen bzw. Spontaninfektion erlagen. Noch im Jahre 1887, auf dem 6. internationalen hygienischen Kongresse in Wien, war das Urteil über den Wert der Pasreurschen Impfungen keineswegs geklärt, und während man auf Grund der in Frankreich inzwischen gesammelten Erfahrungen der Anwendung der Methode entschieden das Wort redete (CHAMBERLAND), wurde von anderer Seite (LÖFFLER) der ent- gegengesetzte oder wenigstens ein weit gemäßigterer und zurück- haltenderer Standpunkt vertreten. Unglücksfälle, wie sie im August des Jahres 1888 sich bei Odessa ereigneten, wo durch Verwechslung der Vaccins mit virulentem Milzbrand zahlreiche Tiere an der Impfung zugrunde gingen, konnten natürlich nicht der Methode als solcher zur Last fallen, waren immerhin aber kaum geeignet, dem Verfahren zu allgemeinerer Anerkennung zu verhelfen. Trotz alledem haben die - Pasteurschen Impfungen im Laufe der Zeit mehr und mehr Feld ge- wonnen und nach Ueberwindung gewisser, im Anfang wohl vor- handener Mängel in der Herstellung der Vaceins sich ohne Frage als eine sehr nutzbringende Maßnahme erwiesen. Das Pastzursche Verfahren bedingt heute nur noch mäßige Impfverluste, die sich bei Rindern auf etwa 1°/,, belaufen dürf- ten, bei Schafen etwas höher stellen. Die Erfolge sind im großen und ganzen befriedigend, und zwar auch wieder bei Rindern besser als bei Schafen. Jedenfalls ist es in vielen ausgesprochenen Milz- branddistrikten gelungen, eine sehr erhebliche Einschränkung der Seuche herbeizuführen, womit gleichzeitig, wie NocarRD & LECLAINCHE hervorheben, ein Rückgang der Milzbranderkrankungen bei Men- schen verbunden zu sein pflegt: „Les medecins de ces pays ne voient pour ainsi dire plus de pustules malignes“. Als Dauer des Impfschutzes wird im allgemeinen ein Jahr an- genommen. Auch soll die Immunität von den geimpften Muttertieren auf die Jungen vererbt werden. Diese letztere, wissenschaftlich gewiß interessante Tatsache, wie sie namentlich durch CmauvEau an Schafen, dann durch VaırzLarp an Kaninchen experimentell fest- gestellt werden konnte, dürfte praktisch ohne erheblichere Bedeutung sein. Die ererbte Immunität ist nach Grad und Dauer nur eng begrenzt. Einige Zahlen mögen die Verbreitung der Pasrrurschen Im- pfungen in Frankreich und anderen Ländern illustrieren: Bis 1. Januar 1900 wurden im ganzen mehr als 11 Millionen Tiere nach Pasrteurscher Methode geimpft, davon über 3!/; Millionen allein in Ungarn. In Frankreich erstreckt sich die Zahl der jährlichen Impfungen auf 250 000 bis 350000 Schafe und 30 000—50000 Rinder und Pferde. Nach dem Berichte HurTyras über die PasrtEurschen Impfungen in Ungarn wurden im Jahre 1900 = 8955 Pferde, 190811 Rinder und 346 101 Schafe geimpft. In den 12 Jahren 1889—1900 betrug die Zahl der Impfungen: 39506 Pferde, hiervon fielen an Milzbrand zwischen den beiden Impfungen 41—0,1 Proz. später innerhalb eines Jahres 30 0.09 Gesamtverlust ma 0.197 Proz 718266 Rinder, es starben zwischen den Impfungen 174 —= 0,02 Proz. im Laufe eines Jahres 144 — 0,02 Gesamtverlust 318= 0,04 Proz. 1247231 Schafe, Verluste zwischen den Impfungen 2904 = 0,26 Proz. innerhalb eines Jahres BT7U= a Gesamtverlust 6618 = 0,59 Proz. 44* 692 G. SOBERNHEIM, In Italien lieferte im Jahre 1899 das serumtherapeutische Institut in Mailand PAstEursche Vaceins für 79840 Rinder und 143358 Schafe. Die Impfstoffe gelangten besonders in Sardinien zur Anwendung. Die PastEurschen Impfungen sind außerdem in Rußland, Brasilien, Argen- tinien, Australien eingeführt. CHauvEaus Methode. Das Verfahren CHAUVEAUs besteht darin, daß eine durch Züchtung bei 33—39° unter gleichzeitigem Druck von 8 Atmosphären abgeschwächte Milzbrandkultur als Vacein für Schafe, Rinder und Pferde benutzt wird. Die ersten von CHAUVEAU selbst in Arles (Provence) an Schafen ausge- führten Versuche lieferten anscheinend günstige Resultate. Auch von Hess, der diese Methode in der Schweiz zur Anwendung brachte, von ROoSSIGNOL u. a. liegen anerkennende Berichte vor. Trotz alledem hat sich das CHAauvEAusche Impfverfahren in der Praxis weniger bewährt und scheint lediglich in Chile noch weitere Anwendung zu finden. Die CHAauvEauschen Vaceins werden daselbst in Santiago hergestellt, derart, daß man abgeschwächte Sporen 30 Tage bei 36 bis 37° in Hühnerbouillon kultiviert. Bei vorsichtiger Aufbewahrung sollen diese Impfstoffe mehrere Monate ihre Wirksamkeit bewahren. Zum Unterschied von der PastEurschen Methode genügt eine einmalige In- jektion, und zwar !/;, ccm für Schafe, !/,, ccm für Rinder. In der letzten Zeit wurden in Chile durchschnittlich 80000—85000 Tiere pro Jahr zeimpft. Die Erfolge bei Rindern werden als gute, bei Schafen als mäßige bezeichnet. Das namentlich in Rußland beliebte Verfahren von ÜCIENKOWSKI schließt sich auf das engste der PastEurschen Methode an und kann als eine Modifikation der letzteren bezeichnet werden. Es besteht darin, daß die Vaceins I und II wiederholt durch den Körper von Murmeltieren geschickt werden, wodurch nach CIENKOWSKI die Konstanz der Wirksamkeit besser gesichert werden soll. An Stelle der wesentlich nur vegetative Bakterienformen enthaltenden Bouillon- kulturen bevorzugt CIENKOWSKI die Sporenvaccins, denen durch Zusatz von zwei Teilen Glyzerin zu einem Teil Kultur eine hohe Haltbarkeit verliehen werden kann. Die Sporenvaceins werden namentlich für Versendung nach ent- fernter gelegenen Orten empfohlen. Eine Kommission, die im Auftrage der russischen Regierung im Sommer 1897 die verschiedenen in Rußland gebräuchlichen Milzbrandimpfstoffe einer ver- ne Prüfung zu unterwerfen hatte, sprach sich über die Wirksamkeit er CIENKOWSKIschen Methode außerordentlich lobend aus und wollte damit günstigere Resultate erzielt haben als bei Benutzung der gewöhnlichen PASTEUR- schen Vaceins. Dem Berichte über die Tätigkeit der bakteriologischen Station des Char- kower Veterinärinstitutes ist zu entnehmen, daß z. B. im Jahre 1897 in zwölf südwestlichen Gouvernements Rußlands 5584 Pferde, 19572 Rinder, 174172 Schafe, 35 Schweine und 2 Maultiere nach CIENKowsKIs Methode gegen Milz- brand geimpft wurden. Die Sterblichkeit bei Schafen war 0,36 Proz., bei Pferden 0,25 Proz. und bei Rindern 0,09 Proz. Im Veterinärinstitut zu Kasan ‚werden von LANGE nach einer unbekannten Methode Milzbrandvaccins hergestellt, die im Prinzip wohl den PAsTEUr- schen gleichen dürften. Sie gelangen als Bacillen- oder Sporenvaceins (mit Glyzerin konserviert) zur Anwendung. Im Jahre 1900 wurden im Institut LANGEs Impfstoffe abgegeben für 41166 Rinder, 40015 Pferde, 32726 Schafe, 1121 Kamele, 297 Schweine, 64 Ziegen, 2 Maulesel. Nach den Untersuchungen der oben bereits erwähnten russischen Kommission sind die Leistungen des LanGeschen Ver- fahrens nur mäßige. , „Menpez gibt für die Herstellung der PastTEurschen Vaceins ganz besondere, bis in alle Einzelheiten ausgearbeitete Vorschriften, nach denen von ihm die Impfstoffe in Buenos-Aires bereitet werden. Die Wirkung und Haltbarkeit der Vaceins soll bei diesem Verfahren eine besonders gute sein, Die Zusammensetzung eines späterhin von ihm empfohlenen und auch in Argentinien mehrfach ver- suchten neuen Impfstoffs, den er als „vyacuna argentina unica“ bezeichnet, ist von MENDEZ nicht näher bekanntgegeben. Die Methode bedingt nur eine einmalige Impfung, die nicht lediglich wie alle bisher besprochenen Methoden zu prophylaktischen Zwecken, sondern auch zur Heilung erkrankter Tiere ge- eignet sein soll. Vermutlich dürfte an Stelle eines rein aktiv immunisierenden Vaceins eine Mischung von Kultur und Immunserum zur Anwendung gelangen. ‚Dawson empfiehlt in letzter Zeit ebenfalls einen einzigen Impfstoff („single vaccine“), der nach der PastEurschen Abschwächungsmethode aus virulenter Kultur gewonnen und in seinem Wirkungsgrade so bemessen wird, daß er nach Milzbrand. 693 einmaliger Einspritzung größeren Tieren (Schafen) sicheren Schutz gewährt, ohne schädliche Nebenwirkungen zu äußern. MELoNnI (Neapel) gewinnt abgeschwächte Kulturen nicht durch Züchtung bei höherer Temperatur, sondern auf chemischem Wege, hält sich im übrigen aber durchaus an das PAstEursche Verfahren. Die Vaccins werden in verschiedenen Virulenzgraden für Lämmer, erwachsene Schafe und Rinder hergestellt. In Italien sollen mehr als 100000 Tiere nach dieser Methode mit gutem Erfolge geimpft worden sein. In Ungarn werden von DEUTSCH Sporenvaccins hergestellt, die durch Auf- schwemmung alter Agarkulturen in einer Salz-Glyzerin-Wassermischung bereitet werden und Wochen und Monate haltbar sein sollen. Eine zweimalige Impfung mit 12-tägiger Pause, wie bei PASTEUR, ist erforderlich. Schafe erhalten 0,1 cem, Pferde und Hornvieh 0,2 ccm. Im Jahre 1901/2 wurden in Ungarn 102860 Schafe, 106650 Rinder, 3880 Pferde nach DEUTSCH geimpft, die Ver- luste im Impfjahre betrugen 0,12 Proz. für Schafe, 0,03 Proz. für Rinder und 0,026 für Pferde. 2. Kombinierte aktive und passive Immunisierung. (Serovaccination, Simultanimpfung.) Das Verfahren einer kombinierten aktiven und passiven Immunisierung schließt sich der Methode der Simultanimpfung an, wie sie zuerst und mit Erfolg von KoLLe & Turner bei der Rinderpest, dann von Lorenz bei dem Schweinerotlauf angewendet worden ist. Es bietet den Vorteil, dab die Erzielung einer aktiven Immunität wesentlich beschleunigt wird und schafft anderseits, gegen- über dem transitorischen Charakter der rein passiven Immunität, einen beständigeren und nachhaltigeren Schutz. Die ersten Versuche, die Verf. mit diesem Verfahren anstellte, waren ermutigend, so daß es angezeigt schien, die Methode für die Praxis weiter auszugestalten und auch außerhalb des Laboratoriums unter natürlichen Verhält- nissen zu erproben. Bei dem kombinierten Verfahren (Simultanimpfung) wird das Milzbrandserum gleichzeitig mit einer in ihrer Viru- lenz etwas abgeschwächten und etwa dem Pasteurschen Vaccin II gleichkommenden Milzbrandkultur eingespritzt. Anfänglich benutzte Verf. fertige Mischungen. Aus verschiedenen Gründen wurde späterhin eine getrennte Injektion der beiden Impfstoffe bevorzugt. Die Herstellung und Prüfung des Serums -erfolgt nach den an früherer Stelle angegebenen Grundsätzen, als Bakterienmaterial empfiehlt Verf. nicht Bouillonkulturen, sondern Aufschwemmungen junger Agarkulturen in Kochsalzlösung, in denen die Lebensfähiskeit und Virulenz der Bakterien viel längere Zeit gleichmäßig erhalten bleibt. Für Rinder und Pferde beträgt die Serumdosis 5 cem, für Schafe 4 ccm, die Kulturdosis 0,5 ccm bzw. 0,25 ccm. Beide Einspritzungen werden subkutan vorgenommen, an Hautstellen, die möglichst voneinander getrennt sind, also am besten z. B. an den beiden Halsseiten bei Rindern und Pferden, an den beiden Hinterschenkeln bei Schafen. Eine irgendwie nennens- werte Reaktion folgt der Impfung nicht. Schafe zeigen in der Regel nur für einige Tage eine mehr oder minder starke Temperatur- steigerung, ohne sonstige Störung des Allgemeinbefindens oder ört- liche Veränderungen. Eine Ausscheidung der Bakterien mit der Milch, dem Harn, dem Speichel und den Faeces der geimpften Tiere findet naclı den Feststellungen Burows nicht statt. 694 G. SOBERNHEIM, Durch zahlreiche Experimentaluntersuchungen hat Verf. den Be- weis erbracht, daß Schafe sowohl wie Rinder mit Hilfe der Simultan- methode sicher immunisiert werden können, und daß der so erzeugte starke Impfschutz sich auch gegenüber der stomachalen Infektion mit Milzbrandsporen äußert (Versuche an Schafen). Die Erfahrungen Fig. 16. Simultanimpfung auf einer Estancia in Südamerika (Argentinien). Eintreiben der Rinder in die „Manga“. in der Praxis führten zu gleich günstigen Ergebnissen. Das Ver- fahren der kombinierten Immunisierung ist seit dem Jahre 1902 im Laufe der Zeit unter praktischen Verhältnissen in verschiedenen Ländern in weitestem Umfange angewendet worden und hat sich Fig. 17. Simultanimpfung auf einer Estancia in Südamerika (Argentinien). Impfung der Rinder. hierbei als ein wirksames Mittel zur Bekämpfung des Milzbrandes bewährt. Die Zahl der ausgeführten Impfungen beläuft sich zur- zeit auf viele Hunderttausende, wovon der weit überwiegende An- teil auf Rinder entfällt; daneben kommen Schafe und Pferde, sowie vereinzelte Impfungen von Schweinen in Betracht. In erster Linie war an diesen Impfungen Südamerika (Argentinien und Uruguay) be- teiligst, wo eine Reihe größerer, von Milzbrand stark heimgesuchter Estancias ein geeignetes Operationsfeld abgaben. Weiterhin und Milzbrand. 695 namentlich in den letzten Jahren wurden auch in europäischen Län- dern, Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Rumänien u. a. zahlreiche Schutzimpfungen nach dem Simultanverfahren vorgenommen. Auf Grund aller dieser Erfahrungen läßt sich das Urteil über den Wert der Methode dahin zusammenfassen, daß sie bei nahezu völliger Un- Fig. 18. Wie Fig. 17. Durch Schiebetüren kann jedes Rind in der „Manga“ einzeln abgesperrt werden. 2 Personen impfen, die eine Serum, die andere Kultur. sefährlichkeit einen außerordentlich starken und dauer- haften Impfschutz zu gewähren vermag (vgl. SOBERNHEIM, JAEGER, RIEGLER, RAEBIGER, KLINKE, SCHNÜRER, JÖHNK, BUROW U.a.). Fig. 19. Estancia in Südamerika (Uruguay). Bereitstellung der Impfstoffe; Füllen und Zureichen der Spritzen. Abgesehen von vereinzelten heftigeren Impfreaktionen und selbst Impf- verlusten, wie sie in der ersten Zeit bei stark arbeitenden Zugochsen und Schafen, vermutlich wegen Verwendung eines zu virulenten Bak- terienstammes, ausnahmsweise aufgetreten sind, haben sich irgendwie 696 G. SOBERNHEIM, nennenswerte Nachteile der Impfung nicht mehr gezeigt. Die anfäng- lich, namentlich auf Grund derartiger Impfverluste, hin und wieder segen das Verfahren geäußerten Bedenken (Lorues, HumMmeEL, HEıne, STAnız u.a.) dürften inzwischen durch den weiteren Verlauf der Dinge widerlegt sein. Impfverluste sind nach Burow in den letzten 6 Jahren trotz zahlreicher jährlicher Impfungen überhaupt nicht mehr vor- gekommen. Dabei zeigte sich das Verfahren in den meisten Fällen imstande, den Milzbrand völlig zu unterdrücken, derart, daß die Krankheit dort, wo sie bereits ausgebrochen war, nach der Imp£fungalsbald zum Stillstand kam, oder aberin solchen Gegenden und Tierbeständen, die früher erfahrungsge- mäß regelmäßig unter Milzbrand zu leiden hatten, über- haupt nicht wieder erschien. Zugunsten der kombinierten Immunisierung dürfte gegenüber dem PaAsteurschen Verfahren der Umstand sprechen, daß bei mindestens gleicher, wenn nicht über- legener Wirksamkeit nur eine einmalige Behandlung der Tiere erforderlich ist, ein Nutzen, der namentlich in viehreichen Gegenden, wo es sich oft um die Vornahme großer Massenimpfungen handelt, sehr erheblich in die Wagschale fällt. Auch ist von Be- deutung, daß die Tiere viel rascher, nämlich schon 10—12 Tage nach der Impfung, immun sind und diesen Schutz unter gewöhnlichen Verhältnissen für 1 Jahr und selbst länger zu bewahren scheinen. Wiederholt ist man vor einigen Jahren auf eigentümliche Reaktions- erscheinungen aufmerksam geworden, die sich mitunter in unmittelbarem An- schluß an die Impfung einstellen und offenbar anaphylaktischen Charakter tragen (KENDZIORRA, REINSHAGEN, KOVÄRZIK, ZINNER, ALEXANDRESCU & CrucA u. a.). Sie sind bei Rindern und Pferden beobachtet worden, äußern sich in starker Unruhe, Anschwellen der Haut an Kopf und Hals, der Augenlider und Schleimhäute, schaumigem Ausfluß aus dem Maule usw., gewinnen öfters ein bedrohliches Aussehen, gehen aber meist rasch vorüber. Todesfälle sind nur höchst vereinzelt aufgetreten. Betroffen werden in der Regel solche Tiere, die nach längerer Pause von neuem geimpft werden, doch hat man mitunter auch in erstmalig geimpften Beständen anaphylaktische Reaktionen erhalten. Die Ein- verleibung fremdartigen Serums, namentlich im Wiederholungsfalle, trägt einzig und allein die Schuld hieran ; da nach dem Vorschlage Verf.s lange Zeit immer ein Milchserum von Pferden, Rindern und Schafen benutzt wurde oder auch z. B. Pferdesera für Schutzimpfung von Rindern Verwendung fanden, war die Möglichkeit zur Auslösung anaphylaktischer Erscheinungen vorhanden. Für die Praxis hat sich hieraus die Lehre ergeben, immer das der Tierart homologe Serum anzuwenden. Seitdem dies geschieht, sind Reaktionen der beschriebenen Art nicht mehr beobachtet worden (BuUROW). ALEXANDRESCU & CrucA be- richten über einen interessanten und überzeugenden Versuch, bei dem es ihnen gelungen ist, durch Erzeugung von Antianaphylaxie — vorherige Einspritzung einer kleinen Serumdosis — anaphylaktische Erscheinungen zu verhüten. Tg ann 3. Anwendung des Milzbrandserums zu Schutz- und Heilzwecken. Das Milzbrandserum gewährt auch für sich allein, in der Form der rein passiven Immunisierung, einen ausreichenden Schutz gegenüberderSpontanerkrankung. Man wird von der Serum- schutzimpfung überall da mit Vorteil Gebrauch machen können, wo es sich darum handelt, bedrohten Beständen sofort Immunität zu verleihen. Daß dies in der Tat meist sicher gelingt, ist durch lang- jährige Erfahrungen festgestellt. So wurde das Milzbrandserum viel- fach bei plötzlichem Ausbruch des Milzbrandes in einem Rinder-, Schaf- oder Pferdebestand angewendet, mit dem Ergebnis, daß es in solchen Fällen gelang, der Seuche mit einem Schlage Einhalt zu tun Milzbrand. 697 und die noch nicht von der Infektion ergriffenen, aber nach Lage der Verhältnisse gefährdeten Tiere vor Erkrankung zu schützen. Es hat sich gezeigt, daß durch subkutane Injektion von 10—20—25 ccm Serum ein recht erheblicher Impfschutz zu erreichen ist. Insbesondere weisen verschiedene Beobachtungen darauf hin, daß diese passive Im- munität von längerer Dauer zu sein scheint, als von vornherein zu vermuten war, und sich unter Umständen über viele Wochen, ja selbst einige Monate (2—3) erstrecken kann. Trotzdem wird es sich em- pfehlen, bei fortbestehender Infektionsgefahr durch eine spätere ak- tive Nachimpfung den einmal geschaffenen Impfschutz dauerhaft zu gestalten. Für diesen Zweck hat sich die nachträgliche Simultan- impfung durchaus bewährt (SOBERNHEIM); auch das Pasteursche Ver- fahren kann herangezogen werden (Carını). Das Milzbrandserum bietet den weiteren Vorteil, daß es auch als Heilmittel wirksam ist. Es hat in einer großen Zahl von Fällen zur Rettung erkrankter Tiere (Schafe, Rinder, Pferde) Verwendung gefunden. ‚Je nach Schwere und Stadium der Erkrankung gelingt es, durch die Injektion von 23>—50—100—150 ccm Tiere zu retten; selbst allerschwerste Erscheinungen sind durch Milzbrand- serum mit Erfolg zu behandeln, wenn man größere Serum- mengen mehrmals injiziert, am besten intravenös. Deutsch em- pfiehlt, für Heilzwecke bei Rindern täglich bis zur Genesung 20 bis 30 ccm Serum intravenös oder subkutan zu injizieren. MENnDEZ will bei Schafen und Rindern schon mit 10—20 ccm Serum eklatante Heilerfolge erreicht haben und sogar über ein Serum verfügen, das in Mengen von 1/,—1 ccm bei Schafen und Rindern Heilkraft äußern soll. Die Heilkraft des Milzbrandserums wird auf Grund praktischer Erfahrungen überdies bestätigt von RIEGLER, JAEGER, LOTHES, SIMMAT, KENDZIORRA, GAZZANIGA, VARGA, HaALasZ, RAEBIGER, MORITZ, ÖETILE, HARTENSTEIN, Lowe, KELETI, Masını u. a., wobei verschiedentlich hervorgehoben wird, daß selbst nach Auftreten der Bakterien im ° Blute eine Rettung der erkrankten Tiere möglich war (ScLavo, JAEGER, RIEGLER). Beim Menschen ist die Serumtherapie des Milzbrandes etwa zu gleicher Zeit von ScLavo in Italien und von MENnDEZ in den La Plata-Staaten in Angriff genommen worden. Zahlreiche Ver- öffentlichungen aus beiden Ländern bestätigen den Erfolg und rühmen den unverkennbar günstigen Einfluß, den die Seruminjektion auf Lokal- und Allgemeinerscheinungen ausübt (ScLavo, PIZZINI, SANNA, MENDEZ & LEMOoSs, ABBA, LAZZARETTI, CICOGNANI, Dasst u. v.a.). Auch. die Statistik spricht zugunsten der Serumtherapie, indem nach einer Zusammenstellung ScLavos in Italien die Sterblichkeit der injizierten Fälle nur 6,09 Proz. betrug, bei einer früheren allgemeinen Milz- brandmortalität von 24,16 Proz., und Menpez für Argentinien sogar einen noch geringeren Prozentsatz der Sterbefälle bei spezifischer Serumbehandlung angibt. In Deutschland ist die Zahl der serum- therapeutisch behandelten Fälle bisher noch ziemlich gering (Wins, LäÄwen, KoELscH, BEYER, PODTIAGIN, BECKER), immerhin scheint es, als ob man auch hier günstige Eindrücke gewonnen hat. Ebenso liegen aus England Berichte vor, die im wesentlichen die Erfahrungen der italienischen Kliniker bestätigen (BELL, MIiTcHELL, LocKwooD & ANDREwSs, LEGGE u. a.); nach Pace ergibt die Milzbrandstatistik für England unter Ausschaltung der mit unzureichenden Dosen oder 698 G. SOBERNHEIM, aber erst in moribundem Zustande behandelten Fälle eine Sterblich- keit von 7,4 Proz. bei Serumtherapie, gegenüber einer Sterblichkeit von 26,5 Proz. in früheren Jahren (1889 — 1903) ohne Serumbe- handlung. Bezüglich der Anwendungsweise des Serums ist folgendes herv orzuheben. Nach der Anweisung ScLavos sind 30—40 ccm, an 3-4 Stellen verteilt, subkutan zu injizieren; nach 24 Stunden, wenn keine Besserung der lokalen oder allgemeinen Erscheinungen einge- treten ist, soll die Injektion mit 20— 30 ccm in der &leichen Weise wiederholt werden; in schweren Fällen werden intravenöse Injek- tionen von 10 ccm empfohlen. Menpez stellt ein Milzbrandserum dar, das in Mengen von 3 ccm zu Heilzwecken eingespritzt werden soll; bei schweren Fällen rät er, die Injektion innerhalb der ersten 24 Stunden zu wiederholen. Im allgemeinen läßt sich wohl sagen, daß von einem hochwertigen Milzbrandserum 10—20 ccm in leichteren Fällen ausreichen, daß aber je nach Schwere und Stadium der Er- krankung unter Umständen größere Mengen injiziert werden müssen. Die Anwendung großer Dosen von 40—50—60 ccm ist besonders von italienischen Autoren empfohlen worden, und Banpr hat selbst 150 ccm Serum auf einmal intravenös mit bestem Erfolge injiziert. Eine ein- malige oder öftere Wiederholung der Injektion wird im Einzelfalle von dem weiteren klinischen Verlauf abhängig zu machen sein. Intra- venöse Einspritzung pflegt wirksamer zu sein als subkutane; auch intramuskulär kann injiziert werden (BECKER). Der Einfluß des Serums auf Krankheitsverlauf und Krank- heitserscheinungen äußert sich nach den vorliegenden Berichten offen- bar nicht immer ganz gleichartig. Auch solche Fälle, die durch die Seruminjektion zur Heilung gebracht werden, reagieren oft zunächst in recht verschiedener Weise. Während viele Kliniker eine günstige Wirkung auf die Lokalerscheinungen feststellten und alsbald die ' Oedeme und Drüsenschwellungen zurückgehen sahen, wird das gleiche von anderer Seite geleugnet (LockwooD & ANDREWS, LÄwEN U. a.). Auch das Verhalten der Temperatur ist nicht einheitlich. Schon Scravo und MEnDzz machten bei ihren ersten Beobachtungen wider- sprechende Erfahrungen; ScLavo erblickt in einer Temperatursteige- rung nach erfolgter Serumeinspritzung ein prognostisch günstiges Zeichen, wogegen Mennpez den raschen Temperaturabfall bis zur Norm innerhalb der nächsten 24 Stunden für charakteristisch und entscheidend hält und geradezu als Krisis bezeichnet. Jedenfalls scheint auch nach den sonst in der Literatur enthaltenen Angaben aus dem Verhalten der Temperatur allein ein sicherer Schluß auf die therapeutische Wirkung des Serums nicht möglich zu sein. Ge- legentlich tritt zunächst nach der Serumeinspritzung kollapsartige Schwäche ein, die bald aber zu schwinden und einer Besserung des Allgemeinbefindens zu weichen pflegt. Die Beurteilung des Einzel- falles ist wohl hinsichtlich der Heilwirkung des Serums überhaupt. nicht ganz leicht. Fälle von Darmmilzbrand oder Lungenmilzbrand dürften bei dem stürmischen Verlauf der Erkrankung und ihrer meist erst späten Erkennung der Serumtherapie nur selten zugänglich sein. Der äußere Milzbrand des Menschen aber, in Form der Pustula maligna und des Milzbrandkarbunkels, der so gut wie ausschließlich den Gegenstand der Serumtherapie bildet, eibt an sich schon eine ziemlich günstige Prognose. Deshalb äußern sich auch manche Autoren Milzbrand. 699 zurückhaltend und wagen die Frage, ob ein von ihnen mit Serum behandelter Milzbrandfall tatsächlich durch diesen Eingriff zur Hei- lung gebracht worden ist, nicht sicher zu entscheiden. Dennoch sprechen eine Reihe von Tatsachen unzweifelhaft für den thera- peutischen Wert des Milzbrandserums. Einmal ergibt sich dies aus der Gesamtheit der Erfahrungen, die sich in der Statistik wider- spiegelt und die zugleich lehrt, daß in anderen Ländern, namentlich in Italien und den La Plata-Staaten, der Milzbrandkarbunkel Keines- wegs den gutartigen Charakter zeigt wie etwa in Deutschland, ferner aber dürfen doch die Eindrücke und Beobachtungen des Klinikers bei aller Skepsis nicht einfach ignoriert werden. Angaben über Hei- lung von hoffnungslosen Fällen durch Seruminjektion liegen in größerer Zahl vor. Besonders beweisend erscheinen aber Mitteilungen, wonach es selbst dann noch möglich ist, den Menschen zu retten, wenn die Milzbrandbakterien bereitsin den Kreislauf ge- langt sind. Die ganz vereinzelten Beobachtungen dieser Art (Ba- DUEI: & Dappı, Banpı, BECKER) sind von um so größerem Werte, als nach den Erfahrungen Beckers die Milzbrandbakteriämie eine absolut ungünstige Prognose gibt. Die Anwendung des Milzbrandserums zur Schutzimpfung von Menschen wäre unter Umständen da ratsam, wo erfahrungsgemäß eine Gefährdung durch industriellen Betrieb vorliegt, also bei Ange- stellten von Gerbereien, Roßhaarspinnereien, Pinsel- und Bürsten- fabriken usw. Versuche nach dieser Richtung scheinen bisher nicht gemacht zu sein. Arrarp berichtet über einen schweren anaphylak- tischen Anfall bei einer von zwei Personen, die infolge eines Un- falls im Laboratorium mit einer Milzbrandkultur bespritzt worden waren und sich hierauf prophylaktisch mit Milzbrandserum (10 cem subkutan) behandelt hatten. Literatur. ABBA, zit. nach Baumgartens Jahresbericht, 1899. ABEL, Centralbl. f. Bakt., Bd. 17, 1895. AFANASSIEFF, Zieglers Beiträge z. pathol. Anat., Bd. 22, 1897. 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Meerschweinchen, Milz, Ausstrichpräparat. Kapsel- färbung nach RAEBIGER. Vergr. ca. 1000-fach. - Pr v7 Handb.d. pathog. Mikroorganismen 2. Aufl. Ba. III. Sobernheim, Milzbrand M.Landsberg. Verlag von Gustav Fischer in Jena. XI. Abdominaltyphus. Von Oberstabsarzt Dr. K. H. Kutscher in Karlsruhe. I. Einleitung. Geschichtliches. Der Abdominaltyphus war den Beschreibungen des HıprokkrATES zufolge bereits im Altertum bekannt und weit verbreitet. Unter dem Begriff „Typhus“ wurde jedoch nicht die nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse scharf abgrenzbare und gut charakte- risierte Infektionskrankheit verstanden. Es verbarg sich darunter vielmehr bis in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts hinein eine große Reihe meist mit auffallender und schwerer Bewußtseins- störung verbundener Krankheitszustände — rögos, Nebel, Hauch. Erst verhältnismäßig spät wurde es, zunächst dank den Fortschritten der klinischen und pathologisch-anatomischen Wissenschaft, möglich, einzelne Krankheitsformen vom heutigen Abdominaltyphus zu trennen. Von ihnen bereiteten zuerst besonders der Typhus recurrens und der Flecktyphus, sowie gewisse septische Krankheitsformen erhebliche ditferentialdiagnostische Schwierigkeiten. In ätiologischer Beziehung herrschen bezüglich des Typhus früher sehr verschiedene, Auffassungen. In erster Linie spielte hier wie bei anderen Infektionskrankheiten die sogenannte miasmatische Entstehung eine große Rolle. Giftige Gase, die wiederum die Folge von Ver- unreinigung des Bodens durch Zersetzung organischen Materials, vor- nehmlich menschlicher Fäkalien, waren, galten als hauptsächliche Ent- stehungsursache. Dem Trinkwasser wurde nur eine untergeordnete Bedeutung zuerkannt. ; Inı Gegensatz zu diesen Zersetzungstheorien fand die Annahme, daß der Abdominaltyphus durch ein contagium vivum unmittelbar oder mittelbar von Kranken auf Gesunde übertragen würde, erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts einige Verbreitung. Der Engländer Bupp (1856) war es, der als erster für die Entstehung und Verbreitung der Krankheit Grundsätze aufstellte, die den heute hierüber geltenden nahezu entsprechen. Indem er die auf Zer- setzungsvorgängen fußende Entstehungstheorie entschieden zurückwies, stellte er als Hauptgrundsatz die Entstehung jeden neuen Krank- heitsfalles aus einem bereits vorhandenen gleichartigen Fall auf. Nur die Entleerungen der Typhuskranken enthielten nach Bupps An- 718 K. H. Kurscher, sichten das spezifische Krankheitsgift und wurden somit die Ursache neuer Erkrankungen. Durch Unschädlichmachung des Giftes in den Entleerungen müßten sich hiernach neue Krankheitsfälle unterdrücken lassen. Diese Anschauungen fanden zuerst allerdings nur eine verhältnis- mäßig geringe Verbreitung. Unter dem Einflusse v. PETTENKOFERS und seiner weitverbreiteten Theorien spielten zunächst immer noch 3oden und Luft bei der Entstehung und Verbreitung des Typhus eine ausschlaggebende Rolle. Auf Grund mit großem Fleiß und Geschick zusammengetragener umfangreicher Beobachtungen wurde angenommen, daß das Typhusgift im Boden eine Art Reifungsprozeß durchmachen müsse, ehe es für den Menschen infektiös werde. Die weitere Ueber- tragung auf den Menschen sollte dann gelegentlich der Umwühlung des Erdbodens bei größeren Erdarbeiten, wobei das Typhusgift an die Erdoberfläche gelangte, durch Erde oder Luft, in seltenen Fällen auch durch Wasser erfolgen. Umfangreiche statistische Erhebungen über den Einfluß des Grundwasserstandes auf die Verbreitung des Typhus schienen eine Zeit lang diese sogenannte lokalistische "Theorie zu stützen. Erst die bakteriologische Aera der neueren ätiologischen Forschung war dazu berufen, Klarheit in unsere Kenntnisse über die Entstehung und Verbreitung des Abdominaltyphus zu bringen. Die Reihe der exakten Untersuchungen auf diesem Gebiet begann mit der Entdeckung des Typhusbacillus im Jahre 1880. EBErRTH sah die Typhusbacillen zuerst im mikroskopischen Bilde in Milz und Mesenterialdrüsen von Typhusleichen. R. Koc# fand sie etwa gleichzeitig, und zwar auch in Schnitten von Darmwand, Milz, Leber und Niere. GAFFKY gewann im Jahre 1884 die ersten Reinkulturen des Typhusbacillus. Hierdurch wurde erst ein eingehenderes Studium des Erregers möglich. So bleibt es auch Garrkys Verdienst, zuerst durch umfangreiche Untersuchungen die Verteilung der EBERTH-GAarrkyschen Bacillen im kranken Körper, sowie sein ständiges Vorkommen bei allen Typhusfällen und Fehlen bei andersartigen Erkrankungen festgestellt zu haben. Hierdurch wurden den weiteren exakten Forschungen über das Wesen und die Verbreitung der Krankheit und ihre Bekämpfung erfolgreich die Wege gewiesen. Einen weiteren und den zeitlich letzten Schritt auf diesen Wesen bedeuteten dann schließlich die zahlreichen und erfolg- reichen wissenschaftlichen Arbeiten, welche in den letzten Jahren von einer großen Anzahl von Forschern unter der Führung R. KochHs und Garrkys gelegentlich der systematischen Typhusbekämpfung im Südwesten des Reiches vorgenommen wurden. Ihnen ist es in erster Linie zu verdanken, dab der Abdominaltyphus heute zu den bezüglich ihrer Entstehung sowie Verbreitung am besten gekannten Infektions- krankheiten gehört. II. Die Eigenschaften des Typhusbaeillus. 1. Morphologie und Färbbarkeit. Der Typhusbacillus ist ein kurzes, ziemlich plumpes Stäbchen mit abgerundeten Ecken ohne charakteristische Form. Die Länge beträgt nach verschiedenen Angaben 1—3 u, die Breite 0,5—0,8 uw. Be- sonders bei niederen Temperaturen auf Gelatine und Kartoffel werden Abdominaltyphus. 119 längere Fäden gebildet, desgleichen an der Oberfläche von Bouillon- kulturen. Nach E. Mürrer! soll Fadenbildung besonders gern in den ersten Generationen aus Blut gezüchteter Typhusstämme auftreten. Nach Barr & Rusrırrıus? nehmen Typhusbacillen bei Fortzüchtung im Tierkörper größere und plumpere Formen an als in künstlichen Kulturen. Jedoch soll dieser Wachstumsunterschied nicht immer sehr augenfällig sein. Seiner Gestalt nach ist der Typhusbacillus von den anderen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe nicht zu unterscheiden, obgleich er in der Regel etwas schlanker und zierlicher ist als die Mehrzahl von diesen. Bezüglich der Färbbarkeit ist zu erwähnen, daß der Typhus- bacillus leicht die gebräuchlichen Anilinfarben annimmt. Nach GrRAMm wird er wie alle andern Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe entfärbt. 2. Beweglichkeit. Der Typhusbacillus ist im allgemeinen gut beweglich. Die kurzen Bacillen zeigen eine pendelnde, rotierende, sich lebhaft überschlagende Bewegung. Bei den längeren Fäden ist diese mehr schlängelnd. Differentialdiagnostisch ist die Prüfung auf Beweglichkeit den meisten anderen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe gegenüber nicht zu verwerten. Einerseits gibt es eine ganze Reihe sogenannter atypischer Colistämme, welche im Gegensatz zu der Unbeweglichkeit oder nur trägen Eigenbewegung des typischen Bacterium coli die gleiche leb- hafte Beweglichkeit besitzen wie der Typhusbacillus. Die übrigen zum Teil pathogenen Bakterien der genannten Gruppe, wie z. B. der Para- typhusbacillus Typ A und B, der Bacillus enteritidis GÄRTNER, der Bacillus faecalis alcaligenes, sowie eine Anzahl typhusähnlicher Stäbchen sind mit Ausnahme der verschiedenen Ruhrbacillen gleich- falls lebhaft beweglich. Andererseits kommen, wenn auch anscheinend selten, ohne Zweifel frisch aus dem menschlichen Körper isolierte, voll- kommen unbewegliche echte Typhusstämme vor, die selbst bei längerer Fortzüchtung auf künstlichen Nährböden nur geringe Beweglichkeit gewinnen (FISCHER). Zur Feststellung der Beweglichkeit ist die Benützung eines geeigneten Nährbödens für die zu prüfende Kultur unbedingtes Er- fordernis. Nötigenfalls ist die Tauglichkeit des verwendeten Nähr- bodens an einer einwandfreien, gut beweglichen Typhuskultur zu prüfen. Bei Verwendung ungeeigneter Nährsubstrate, besonders zu stark alkalischer Nährböden, verlieren oft gut bewegliche Typhus- stämme sehr schnell ihre Beweglichkeit. Die Prüfung auf Beweglichkeit selbst geschieht am besten bei Zimmertemperatur im hängenden Tropfen schwach alkalischer Bouillon, in dem eine minimale Menge junger Agarkultur verrieben ist. Bei infolge Kältestarre zunächst unbeweglichen Stämmen empfiehlt es sich, die mit dem hängenden Tropfen beschickten Objektträger kurze Zeit im Brutschrank bei 370 C zu halten. In solchen Fällen pflegt dann später häufig gute Beweglichkeit einzutreten. Ein besonders günstiger Nährboden zur Erzielung beweglicher Kulturen ist nach Lösener* schräg erstarrtes Serum, nach Ternı? peptonfreie 3-proz. Glyzerinbouillon mit einem Säuregrad etwa 0,1 Proz. HCl ent- sprechend. GERMANO & MaurzA® empfehlen zur Erzielung gut beweg- licher Kulturen 2-proz. Traubenzuckerbouillon. K. H. Kurscher, =] ID oO 3. Geißeln und Kapselbildung. Die Beweglichkeit des Typhusbacillus wird vermittelt durch eine größere Anzahl, etwa 10—12 randständiger Geißeln. Die Geißeln lassen sich sehr gut darstellen nach den verschiedenen Methoden der Geißelfärbung, von denen die von ZETTNOW ' und PEPPLER*® angegebenen für den vorliegenden Zweck am empfehlenswertesten erscheinen. Im Gegensatz zum Typhusbacillus besitzt das typische Bacterium coli nur wenige, 2—4, vorzugsweise endständige Geißeln. Lebhaft bewegliche Colistämme können jedoch bezüglich Anzahl und An- ordnung der Geißeln dem Typhusbacillus vollständig gleichen. Der Paratyphusbacillus Typ. B besitzt nach Künnemann®, der das Lörrtersche Verfahren der Geißeldarstellung anwandte, im Gegen- satz zum Typhusbacillus viel zahlreichere, längere, vielfach netz- förmig verflochtene Geißeln. Kapselbildung ist früher beim EBERTH-GAFFkyschen Ba- cillus nicht beobachtet worden. Neuerdings gibt KÜHxEmann!® an, bei Fortzüchtung des Typhusbacillus im Blutserum junger Tiere Kapselbildung festgestellt zu haben. Im Serum älterer Tiere werden nach demselben Autor Kapseln nicht gebildet. KüHnemAann benützte zur Darstellung die LörrLersche Geißelfärbung. Die eigentliche Färbung mit Anilinfuchsin oder Karbolfuchsin wurde auf 10 Minuten ausgedehnt ohne Zusatz von Natronlauge. Eine Bestätigung der Künsemannschen Beobachtung ist bisher, soweit bekannt, noch nicht erfolgt. 4. Sporenbildung. Polkörner. Konidienbildung. Sporen, wie sie zuerst von Garrky!! und später von BircH- HırscHFELD1?, CHANTEMESSE & WıpaL!® u. a. beschrieben wurden, werden nicht gebildet (Buchner!#, PrunL!5, Auı-Couen!6). Unter bestimmten Bedingungen, z. B. bei Wachstum auf Kartoffeln, kommt es dagegen zur Entstehung stark lichtbrechender Gebilde, der soge- nannten „Polkörner‘. Diese fehlen beim Bacterium coli, ein Um- stand, der nach L. Mürzer!? eventuell differentialdiagnostisch zu verwerten wäre. Nach Armavıst!8 bildet der Typhusbacillus in kompostiertem, verrottetem, sterilisiertem Dünger oder in mit Wasser versetzter, sterilisierter, verunreinigter Erde bei Zimmertemperatur konidien- ähnliche Kugeln. Aus ihnen sollen wieder Stäbchen auswachsen. 5. Allgemeine Wachstumsbedingungen. Die geeignetste Temperatur für das Wachstum des Typhusbacillus ist die Körperwärme (370), bei 200 © erfolgt noch verlangsamtes, bei 9—15° nur noch sehr spärliches Wachstum. Ebenso wie der Typhusbacillus fast gleich gut bei Anwesenheit oder Abwesenheit von Sauerstoff wächst (Lısorıus1?), ist er ver- hältnismäßig wenig empfindlich gegen Schwankungen der Alkaleszenz des Nährbodens. Er gedeiht etwa gleich gut auf schwach alka- lischen und schwach sauren Nährböden. Zur Erzielung gut beweg- licher Kulturen empfiehlt sich die Benützung leicht alkalischer Nähr- böden. Die Eigenschaft des Typhusbacillus, im Gegensatz zu vielen anderen Bakterien des Darmes, noch auf Nährböden mit ziemlich a mn ne Abdominaltyphus. 721 erheblichem Säuregrad gut zu gedeihen, wird vielfach zu seiner Isolierung aus Bakteriengemischen auf Spezialnährböden benützt. 6. Wachstum auf Agar und Gelatine. Wie im allgemeinen auf allen anderen Nährböden, so wächst der Typhusbacillus auch auf Agar und Gelatine in der Regel zarter und weniger üppig als das gewöhnliche Bacterium coli. Indes läßt sich diese Eigenschaft differentialdiagnostisch nur bedingt verwerten, da sowohl stark und üppig wachsende Typhusstämme, als zarter wachsende Colistämme gar nicht allzu selten vorkommen. Auf Agar bildet der Typhusbacillus einen wenig charakteristi- schen grauweißen, feuchten, ziemlich durchsichtigen Rasen. Gelatine wird vom Typhusbacillus nicht verflüssigt. Auf der Oberfläche der Gelatineplatte bemerkt man nach 24 Stunden mit schwacher Vergrößerung die einzelne Kolonie als zarten, irisierenden Belag. Dieser ist, einem Blatte ähnlich, nach auben zackig oder wellig begrenzt. Innen durchzieht ihn eine Anzahl zarter, feiner Adern, welche zum Teil nach einer meist exzentrisch gelegenen dunkleren Stelle hin, dem sogenannten „Nabel“ der Kolonie verlaufen (Weinblattform). Wenn auch solche weinblattförmigen Kolonien stets als typhusverdächtig zu betrachten sind, so darf dabei doch nicht übersehen werden, daß auch andere typhusähnliche Bakterien, z. B. Paratyphusbacillen oder auch das Bacterium coli so gestaltete, wenn auch in der Regel kompaktere und weniger zarte Oberflächenkolonien bilden. Ferner nehmen nicht alle Oberflächenkolonien des 'Typhus- bacillus auf Gelatine eine derartige Weinblattform an. Die in der Tiefe der Gelatine- und Agarplatte liegenden Typhus- kolonien stellen sich nach 24 Stunden bei schwacher Vergrößerung als kleine kreisrunde oder ovale, vielfach auch wetzsteinförmige, scharf begrenzte Gebilde dar, die keine charakteristischen Kennzeichen aufweisen. Art und Intensität des Oberflächen- als auch Tiefenwachstums der Typhuskolonien hängen schließlich oft von der geeigneten Zu- sammensetzung und Reaktion des verwendeten Nährbodens ab. 7. Wachstum auf Kartoäeln. Die Kartoffelkultur, der heute keine praktische Bedeutung mehr zukommt, wurde früher, ehe man sich zur Differentialdiagnose der spezifischen Immunitätsreaktionen bedienen konnte, fast ausschließlich zur Unterscheidung von Typhus- und typhusähnlichen Bakterien benützt. Nach 2-3 Tagen bemerkt man mit bloßem Auge auf der beimpften Kartoffel noch kein deutliches Wachstum und als einzige Veränderung höchstens einen leichten, feuchten Glanz. Berührt man jedoch die beimpfte Kartoffel mit der Platinnadel, so findet man ein zartes, farbloses, über die ganze Fläche ausgebreitetes, zähes Häutchen. Dieses besteht bei mikroskopischer Untersuchung meist aus kurzen Baeillen, teilweise auch aus längeren Scheinfäden. Im Gegensatz hierzu wachsen die Bakterien der Coligruppe in Form eines makroskopisch sichtbaren, dickeren, grauen oder braunen schmierigen bzw. trockenen Belages. Diese zuerst von GAFFKY!! beobachteten Wachstumsunterschiede, welche seinerzeit vielfach Gegenstand eingehender Untersuchungen waren (BUCHNER ', FRÄNKEL & SIMMOoNDS’, ?! ALI-COHEN ”, HEIM”, BELFANTI”, GERMANO & MAUREA®, Kruse”), sind jedoch, wie sich später herausstellie, nicht immer gleich- bleibend. Nicht alle Kartoffelsorten sind für die Kultur des Typhusbaeillus gleich gut geeignet. Auf einigen Sorten, besonders bei alkalischer Reaktion der Kartoffeln, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 46 122 K. H. Kurtscher, wächst der Typhusbaeillus von vornherein coliähnlich in Form eines dicken schmie- rigen Belages. Will man also das charakteristische „unsichtbare“ Wachstum er- halten, so ist es erforderlich, Kartoffeln mit leicht saurer Reaktion zu verwenden. Ferner empfiehlt es sich, auf einem Stück der gleichen Kartoffel eine Kontroll- kultur mit einem sicheren Typhusstamm anzulegen (GERMANO & MAUREA®). Das Wachstum ist S—10 Tage lang zu beobachten. Manche Abweichungen vom typischen Wachstum werden erst verhältnismäßig spät deutlich. Nach LÖsENERr* soll man die Kartoffeln am besten 2—3 Tage bei 37", die übrige Zeit bei Zimmertemperatur halten. Auch bei Innehaltung aller Vorsichtsmaßregeln kann man indes aus der Kartoffelkultur nicht immer die zuverlässige Diagnose auf Typhusbacillen stellen (PFUHL® u. a.). 8. Wachstum in Bouillon. Bouillon wird vom Typhusbacillus gleichmäßig getrübt. Eine Oberflächenhaut wird in der Regel nicht gebildet. In der Bouillon wächst der Typhusbacillus gewöhnlich als gut bewegliches Stäbchen, zuweilen kommt es zur Bildung von Schein- fäden. Ill. Spezielle differentialdiagnostische Merkmale, Der Typhusbacillus läßt sich von ihm nahestehenden Bakterien durch eine Anzahl chemischer Proben kulturell differenzieren. In- folge seiner geringeren Lebens- und Wachstumsenergie auf künst- lichen Nährböden fehlen ihm gewisse den andern ihm verwandten Bak- terien der Typhus-Coli-Gruppe zukommende Eigenschaften, chemische Reaktionen auszulösen. Dieses Unvermögen läßt sich mit Erfolg dif- ferentialdiagnostisch verwerten. 1. Indolreaktion. Nach den Angaben von Krrasaro2®, welcher die Indolprobe zu- erst für die Differentialdiagnose verwendete, bildet der Typhus- bacıllus in einigen Tagen in Bouillon oder Peptonkochsalzlösung niemals Indol. Dagegen wird dieses von den meisten, allerdings auch nicht allen Colistämmen unter den gleichen Wachstumsbedingungen gebildet (Kırasato). Die Angaben Kırasaros sind später von vielen Autoren, zuletzt von TELLE & Hvser??, bestätigt worden. Bildet also ein fraglicher Stamm Indol, so ist die Diagnose „Typhus- bacillus““ ausgeschlossen. Bei der Anstellung der Indolprobe setzt man zu 10 ccm der 5-tägigen Pepton- kultur l ccm 0,02-proz. Kaliumnitritlösung und einige Tropfen konzentrierter Schwefelsäure hinzu. Bei Anwesenheit von Indol entsteht Rotfärbung. Wird bei eingetretener Rotfärbung Amylalkohol hinzugefügt, so geht der rote Farbstoff in diesen über. Dieser Umstand ermöglicht die Sichtbarmachung einer undeutlichen oder durch Braunfärbung der Flüssigkeit verdeckten Reaktion. Andere nicht auf Indolbildung beruhende rote Farbstoffe gehen gewöhnlich nicht in den Alkohol über (MAASSEN ®°). 2. Weitere Stoffwechselproben. Einige weitere chemische Proben, welche geringe oder nur in- konstante Differenzen zwischen dem Typhusbacillus und ihm ähn- lichen Bakterien geben, sind die von LEwANDOWSKI®l, CHANTEMESSE 3? und Lösener* beschriebene Phenolbildung, ferner der quantitative Grad der Kohlensäureentwickelung (WeyLann33), die Schwefelwasser- stoffbildung (OrLowskK13#), sowie die Nitritbildung in Fleischwasser- Abdominaltyphus. 123 bouillon (Lunkewırz35, HuGouneng & Doyon3®, GRIMBERT®?). Die Angabe von Zınno°®®, daß in einer 2 Proz. Pankreaspepton und 1/, Proz. Kochsalz enthaltenden Lösung von Bacterium coli Kreatinin gebildet werde, nicht dagegen vom Typhusbacillus, konnte LösEner * nicht bestätigen. Er fand Kreatininbildung auch schon bei alleinigem Vorhandensein von Indol. Erpmann & WınTernttz?? empfehlen schließlich zur Differentialdiagnose zwischen Typhus und Coli die „Proteinochromreaktion‘. Diese Farbreaktion beruht darauf, dab einige Bakterien, zu denen der Typhus- und Paratyphusbacillus ge- hören, im Gegensatz zum Bact. coli in eiweißhaltigen Flüssigkeiten (Peptonbouillon) das Proteinochrom, einen beim tiefen Eiweißzerfall entstehenden Körper bilden, der mit Brom oder Chlor nach leichter Ansäuerung (Essigsäure) der Nährflüssigkeit einen rotvioletten Farb- stoff liefert. Ueber den zur Differenzierung von Typhus- und Coli- bacillen von Marrınorrı?25* angegebenen Alkalialbuminatsaccharose- nährboden, den Typhusbacillen unverändert lassen, während er vom Bacterium coli getrübt wird, liegen, soweit bekannt, außer den Ergeb- nissen des Autors Urteile in der Literatur nicht vor. 3. Verhalten in Lackmusmolke. Das verschiedene Vermögen der Bakterien der Typhus-Coli- Gruppe, gewisse Zuckerarten unter Säurebildung zu zerlegen, bildet heute ein sehr wichtiges differentialdiagnostisches Merkmal bei der kulturellen Identifizierung dieser Bakterien. Zuerst wurde auf diesem Gebiete 1889 von PETRuscHky#, #1 die „Lackmusmolke“ als ein einfaches und sicheres Differenzierungsmittel erkannt. Bei 370 C ist gewöhnlich nach 24, seltener erst nach 48 Stunden das mit Typhusbacillen beimpfte Röhrchen noch fast völlig klar und minimal kaum sichtbar gerötet, während Coli und die überwiegende Mehrzahl der coliähnlichen Bakterien die Molke unter deutlicher Trübung infolge intensiver Zerlegung des Milchzuckers durch Säurebildung ausgesprochen hellrot färben. Differentialdiagnostisch wichtig ist ferner das Verhalten des Paratyphusbacillus Typ. A und B, ferner der Enteritis- und Mäusetyphusbakterien sowie der Ruhrbacillen und des Bacillus faecalis alcaligenes. Der Paratyphusbacillus Typ. A trübt die Molke leicht unter deutlicher Rotfärbung, die dauernd be- stehend bleibt (Bac. paratyph. acidum faciens SCHOTTMÜLLER). Der Paratyphusbacillus Typ. B (Bac. paratyph. alcali faciens ScHOoTT- MÜLLER), der Mäusetyphusbacillus und der Enteritisbacillus (GÄRTNER) färben ebenfalls die Molke unter leichter Trübung zunächst deutlich rot; diese Rotfärbung schlägt jedoch nach etwa S—14 Tagen in ein deutliches tiefes Blau um, während die ursprüngliche Trübung voll- ständig verschwindet*). Die Ruhrbacillen röten die Molke intensiv ohne Trübung. Der Bac. faecalis alcaligenes trübt sie schließlich leicht unter sofortiger intensiver Blaufärbung (Alkalibildung). Die ausge- sprochene starke Veränderung der Molke durch den Bac. alcaligenes ist, wie erwähnt sein mag, eines der wenigen sicheren kulturellen Differenzierungsmerkmale zwischen ihm und dem EBERTH-GAFFKY- schen Typhusbacillus. *) Ebenso verhalten sich der sog. Schweinepestbacillus, der Psittakosebaeillus, der Ratinbacillus, der Bac. Issawtschenko sowie einige andere in die Paratyphus- bzw. Enteritis-Gruppe gehörige Bakterien. 46* 124 K. H. Kurscher, Diese angeführten Veränderungen der Molke sınd sehr konstant und gestatten daher mit großer Sicherheit die kulturelle Differential- diagnose zwischen den genannten Bakterien. Typhusähnliche Bak- terien, welche dieselbe Säuremenge entwickeln wie der EBERTH- Garrkysche Bacillus, kommen zwar vor, aber verhältnismäßig nur sehr selten. Sie wurden zuerst von GERMANO & MaAurEA® beschrieben. Die andererseits von ALTSCHÜLER®? gemachte Mitteilung, wonach von einer Anzahl von Typhusstämmen mehrere bereits vom dritten Tage an in Molke Alkali bildeten, konnte an einem sehr umfangreichen Untersuchungsmaterial weder von Borrt** noch von KurscHhEer & MEI- nıick£E*? bestätigt werden. Reine Typhuskulturen säuerten die Lack- musmolke stets dauernd. Wie bei allen zuckerhaltigen Differentialnährböden, so empfiehlt sich auch bei der Lackmusmolke zur Sicherung der Kulturprobe das Anlegen mehrerer Kontrollröhrchen, und zwar eines unbeimpften und eines je mit einer sicheren Typhus- bzw. Oolireinkultur beschickten. Diese _ Vorsicht ist ratsam, da besonders die Lackmusmolke infolge gewisser Schwierigkeiten der Herstellung nicht immer gleichmäßig ausfällt. Schließlich kann in zweifelhaften Fällen die titermäßige Fest- stellung der gebildeten Säure die Diagnose entscheiden. Typhus- az bilden unter 3 Proz., Coli dagegen etwa 7 Proz. und darüber /io Normalsäure. Die Titration geschieht durch Zusatz von 1 Teil /ıoo Normalnatronlauge zu 3 Teilen der 48-stündigen Lackmus- molkenkultur: Das mit Typhus beimpfte Röhrchen erhält hierdurch etwa den ursprünglichen violetten Farbenton wieder, während Jas mit Coli beschickte noch stark rot bleibt. Die vom Typhusbacillus in der Molke gebildete Säure ist keine Milchsäure, da der Typhusbacillus Milchzucker nicht anzugreifen vermag. Die Säurebildung muß demnach auf der Zerlegung anderer im Nährboden noch in geringer Menge vorhandener Zuckerarten beruhen. Die Annahme von Lösener* u.a., der Typhusbacillus bilde in Molke — das gleiche gilt von der später zu besprechenden Milch — nur deshalb Säure, weil sich bei der Sterilisation bzw. bei der Molke durch den bei der Herstellung erfolgenden Säurezusatz der Milchzucker zersetzt habe, dürfte nicht richtig sein. Die Milch enthält vielmehr bereits ursprünglich eine geringe Menge, etwa 0,1 Proz. einer anderen sich wie Dextrose verhaltenden Zuckerart (Durnam', Smitm5l). Infolge der Zersetzung dieses geringen Ge- haltes an zerlegbarem Zucker findet offenbar die minimale Rötung der Molke durch den Typhusbacillus statt. 4. Gasbildung. Das Verhalten des Typhusbacillus dem Traubenzucker gegenüber bildet ein wichtiges differentialdiagnostisches Merkmal zwischen ihm und einigen andern ähnlichen Bakterien. Der EBERTH-GArFFkYsche Bacillus bildet in traubenzuckerhaltigen Nährböden im Gegensatz zum Bact. coli und den Bakterien der Paratyphus- bzw. Enteritisgruppe auch nach längerem Wachstum niemals Gas (Tu. Smirnu #5, CHANTE- MESSE & Wınan??, 46, Dungar@’, GERMANO & MAUREA®, Lösexer4, KurscHEr & Meinıcke #3, Borr** u. a.). Bildet also ein zweifelhaftes Bakterium auch nur geringe Mengen von Gas, so ist hierdurch die Diagnose auf Typhusbacillen ausgeschlossen. Aber umgekehrt sind Abdominaltyphus. 125 nicht etwa alle Bakterien, welche Traubenzucker nicht unter Gas- bildung zerlegen, typhusverdächtig, denn ebenso wie der Typhus- bacillus verhalten sich andererseits dem Traubenzucker gegenüber die verschiedenen Ruhrbacillen, der Bac. faecalis alcaligenes und eine Anzahl typhusähnlicher Bakterien. Die ursprünglich von Smitm angegebene Prüfungsmethode auf Traubenzuckervergärung bestand darin, daß 2 Proz. Traubenzucker enthaltende Fleischwasserpeptonbouillon im Gärungskölbchen mit Typhus- bzw. Colireinkulturen beimpft wurde. Bereits nach 24 Stunden ist in dem Ooliröhrchen im geschlossenen Schenkel reich- liche Gasbildung bemerkbar. Eine andere Methode der Prüfung auf Gasbildung ist von Ger- MANO & MaAuUREA® angegeben und besonders von Rees empfohlen. Sie besteht in einer Stichkultur in 2-proz. Traubenzuckeragar. Der Agar ist bei reichlicher Gasbildung nach 24 Stunden durch die sich entwickelnden Grlasblasen zerrissen und zerklüftet. Von verschie- denen Untersuchern wird der Gärungsprobe im Kölbchen der Vorzug gegeben, da in der Agarstichkultur zuweilen die Bildung seringer Gasmengen der Beobachtung entgehen soll. Sehr empfehlenswert ist jedenfalls nach den Erfahrungen des Verf. das Anlegen einer soge- nannten Schüttelkultur in Traubenzuckeragar oder noch besser RorH- BERGER - SCHEFFLERScChem Neutralrotagar mit Traubenzuckerzusatz, welche auch die kleinsten Mengen von Gas deutlich sichtbar macht. Der verflüssigte Traubenzucker wird im Wasserbade auf etwa 43 bis 45° C abgekühlt, worauf eine Oese Typhusagarkultur unter gründ- licher Verteilung in den noch flüssigen Agar (10-cem-Röhrchen) ein- gesät wird. 5. Verhalten in Milch. Die von den Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe in der Milch hervorgerufenen Veränderungen beruhen wie bei der Lackmusmolke auf der durch Zersetzung des Milchzuckers beruhenden Milchsäure- bildung. Die Kultur in sterilisierter Milch wurde zuerst von ÜHANTE- MESSE & WıpaL®%, sowie von Marvoz#8 für die Differentialdiagnose zwischen Typhus- und Oolibacillen angegeben. Während der Typhus- bacillus die Milch niemals zur Gerinnung bringt, ruft das Bact. coli letztere in der Regel schon nach 24—48 Stunden, zuweilen allerdings erst in 3—5 Tagen hervor. Bei langsam koagulierenden Colistämmen bleibt die Gerinnung der Milch oft unvollständig. Andererseits kommen atypische Coliarten vor, welche die Milch gar nicht zur Ge- rinnung bringen. Ebenso wie der Typhusbacillus verhalten sich ferner in der sterilisierten Milch die verschiedenen Ruhrbacillen, der Bac. paratyphi A, der Bac. faecal. alcaligen. und eine Anzahl sogenannter typhusähnlicher Bacillen. Der Bac. paratyphi B verändert die Milch zunächst ebenfalls nicht, ruft dagegen nach etwa 14 Tagen durch Peptonisierung des Milcheiweißes eine deutliche Braunfärbung der Milch hervor, wobei letztere ausgesprochen durchscheinend wird. Wenn demnach ein Bakterium Milchgerinnung hervorruft, so handelt es sich sicher nicht um den Typhusbacillus. Aus dem Ausbleiben der Gerinnung allein darf man dagegen, ebenso wie bei dem negativen Aus- fall der Gärungsprobe, niemals einen Rückschluß auf den Tvphus- charakter des zweifelhaften Bakteriums ziehen. Die vielfach ge- gebene Erklärung, der Typhusbacillus bilde nur zu wenig Milchsäure 726 K. H. Kurscher, zur Gerinnung der Milch, kann nicht richtig sein. Wenn man näm- lich der Milch 1—2 Proz. Dextrose zusetzt, so bildet der Typhus- bacillus reichlich Säure, jedoch ebenfalls ohne daß es zur Gerinnung kommt. Nach Bracustein5® und Per£?? sind jedoch die von Coli und Typhus gebildeten Säuren verschieden. COoli bildet rechts- drehende, Typhus linksdrehende Milchsäure. 6. Weitere differentialdiagnostisch verwendbare Zuckernährböden. Nach dem oben Gesagten wird Milchzucker vom Typhusbacillus nicht angegriffen. Dagegen ist letzterer imstande, allerdings ohne Gasbildung, andere Kohlehydrate, wie Traubenzucker, Lävulose, Galaktose sowie Mannit unter Säurebildung zu zersetzen. Sehr beachtenswert bei der differentialdiagnostischen Verwertung der zuckerhaltigen Nährböden für die Typhus-Coli-Gruppe ist die Zersetzung der Disaccharide bei höheren Temperaturen und Einwir- kung verdünnter Mineralsäuren. So werden z.B. aus dem Milchzucker durch längeres Kochen Galaktose und Traubenzucker abgespalten, welche vom Typhusbacillus zersetzt werden. Beim Milchzucker allein geschieht letzteres bekanntlich nicht. Hieraus können sich für die Beurteilung von fraglichen Kulturen bei nicht ganz gleichmäßiger Herstellungsweise der Nährböden Fehlerquellen ergeben. Es em- pfiehlt sich aus diesem Grunde, zuckerhaltige Nährböden niemals unnötig über 100° C zu erhitzen und länger als notwendig zu kochen. Das letztere geschieht am besten nach vollständiger Neutralisierung des Nährbodens. Durmam°0 empfiehlt zur Vermeidung der Spal- tung des Milchzuckers in der Lackmusmolke die Milch bei der Her- stellung der Molke nicht durch Ansäuren mit Salzsäure, sondern durch Lab zur Gerinnung zu bringen. Erwähnt zu werden verdient ferner bei der Beurteilung etwaiger Zerlegung zuckerhaltiger Nährböden die Tatsache, daß die gewöhn- lichen Fleischwassernährböden, namentlich bei der Verwendung von Pferdefleisch, fast stets einen größeren unberechenbaren Zucker- gehalt aus dem Glykogen des Fleisches enthalten. So fand SmırH 5? etwa 75 Proz. der untersuchten Proben von Fleischbrühe zuckerhaltig. Infolgedessen kann Bact. coli auch in reiner Bouillon Gas bilden (DunBar@!),. Das Verhalten des Typhusbacillus in mannithaltigen Nährböden benutzten zur Differentialdiagnose CapaLpı & PROSKAUER??. Sie em- pfahlen folgende zwei Nährlösungen : r M. Mannit 0,2 Wiırresches Pepton 2,0 Asparagin 02 Mannit ),; Natriumchlorid 0,02 Ag. dest. ad 100,0 Magnesiumsulfat 0.01 Neutralisiert mit Zitronensäure. Calciumchlorid 0,02 Monokaliumphosphat 0,2 Ag. dest. ad 100,0 Neutralisiert mit NaOH. Nach genauer Neutralisation werden beide Lösungen mit Lackmus versetzt. In Lösung I wächst der Typhusbacillus überhaupt nicht sichtbar, ruft dagegen in Lösung II nach etwa 20 Stunden starke Abdominaltyphus. 727 Säurebildung hervor. Bact. coli wächst zwar in beiden Lösungen, Säurebildung findet dagegen nur in I statt. Die Beeinflussung der Lösung I durch atypische Coli war verschieden. Alcaligenes läßt Lösung II unverändert. Die Veränderungen sind nach 20-stündigem Wachstum bei 37° zu beobachten, anfangs wird von Coli in Lö- sung II ebenfalls Säure gebildet. Die peptonhaltige Lösung IL ist nicht haltbar. Für die praktische Typhusdiagnose haben diese Nährböden keine weitere Bedeutung gewonnen. Nach DurHam° sind sie auch zur Differenzierung ‚typhusähnlicher“ Bakterien untereinander weniger geeignet als die Lackmusmolke. Als weiterer Ersatz für Lackmusmolke sind ferner von Barsıe- Kow> zwei zuckerhaltige Nutroselösungen angegeben worden. Die Lösungen enthalten je 1 Proz. Nutrose und 0,5 Proz. NaCl und außer- dem 1 Proz. Traubenzucker bzw. Milchzucker. Sie sind mit Lackmus versetzt. Bact. coli bringt beide Lösungen unter starker Säure- bildung (Rotfärbung) zur Gerinnung. Der Typhusbacillus rötet und koaguliert nur die Traubenzuckerlösung, läßt dagegen die Milch- zuckerlösung unverändert. Der Bac. faecal. alcaligenes ruft in beiden Lösungen durch Alkalibildung schwache Blaufärbung hervor. Der Ruhrbacillus säuert im Gegensatz zum Typhusbacillus die Trauben- zuckerlösung nur schwach ohne Gerinnung (Krorstock #). Die Barsırkowschen Lösungen haben zwar den Vorzug einer leichten und bequemen Herstellungsweise und langer Haltbarkeit, können aber einen vollwertigen Ersatz für die Lackmusmolke nicht bieten. Wie NEUFELD®? nämlich berichtet, fand er typhusähnliche Bakterien, die sich zwar in Lackmusmolke, nicht aber in den Barsıekow-Nährböden vom echten Typhusbacillus kulturell unterscheiden ließen. Von weiteren zuckerhaltigen für die Differentialdiagnose empfohlenen Nähr- böden seien der Vollständigkeit halber noch kurz folgende erwähnt. GRAZIANI® gab eine mit 1 Proz. Milchzucker versetzte und mit Phenol- phthalein gefärbte Bouillon an. Bact. coli entfärbt diesen Nährboden, der Typhus- bacillus läßt ihn unverändert. Nach CESARIS-DEMEL°’ wächst in einer aus Leber hergestellten Bouillon das Bact. coli unter Trübung und Gasbildung, der Typhusbacillus läßt den Nährboden klar ohne Gasbildung. Die Leberbouillon ist durch GORBOUNOFF° und ÜESARIS- DEMEL®! später noch durch Zusatz von Lackmus weiter zu verbessern gesucht worden. Hierbei trat bei Typhuswachstum Entfärbung, bei Bact. coli Rotfärbung und Gasbildung ein. RomonD‘? empfahl Agar und Gelatine mit Milchzucker (4 Proz.) und Säure- fuchsinzusatz. Die rot gefärbten Nährböden wurden nach dem Erhitzen mit etwas Sodalösung entfärbt, der entstehende Niederschlag wurde abfiltriert. Auf dem Öberflächenausstrich wächst Coli in roten, Typhus in farblosen Kolonien. In der Stiehkultur bildet Coli einen roten, mit Gasblasen besetzten, Typhus dagegen einen nur in den unteren Teilen des Stichkanals leicht rosa gefärbten Impfstich. Ein von MacconcEyY*®” angegebener Differenzierungsnährboden für Typhus und Coli beruht auf dem Prinzip der Ausfällung der gallensauren Salze durch Säuren. Er empfahl einen Milchzuckeragar, dem 1 Proz. glykocholsaures Natron zugesetzt wurde. In der Stichkultur wurde der Nährboden durch Bact. coli ge- trübt, während der Typhusbacillus ihn unverändert läßt. Bei der Untersuchung von Plattenausstrichen von Faeces und Wasser auf diesem Agar erwies sich der Zusatz des gallensauren Salzes als vorteilhaft, da hierdurch außer Typhus und Coli viele andere Bakterien in der Entwickelung gehemmt wurden. Mit Lackmus und !/, Proz. taurocholsaurem Natron versetzte Traubenzuckerbouillon wurde von MACCoNCEY zur Anstellung der Gärungsprobe empfohlen. Nach BERNSTEIN°' lassen Typhus- und Colibakterien bei Wachstum auf Laktose-, Raffinose-, Maltose-, 5-proz. Glyzerin- und Dextrinblutagar deutliche Unterschiede erkennen. 728 K. H. Kurscher, Nach den Untersuchungen von SEGIN ”®® konnten Typhus- und Paratyphus- bacillen in Traubenzucker-, Mannit-, Galaktose- und Fruktosenährböden Säure bilden, dagegen blieb in Milchzucker-, Duleit- und Raffinosenährböden eine Eiweiß- koagulation aus; Säure wurde auch in letzterem zuweilen reichlich gebildet. _ Außer dem hauptsächlich angewandten Milchzucker wurde auch versucht, verschiedene Fruchtzuckerarten differentialdiagnostisch zu verwerten. . KAUFMANN ® gibt an, daß in einer Abkochung von Jequiritysamen der Typhusbacillus und das Bact. coli unter verschiedener Färbung wachsen. GERMANO & MAUREA®° konnten diese Unterschiede zwar bestätigen, fanden sie indes inkonstant und sich mit der Einwirkung der untersuchten Bakterien auf Rohrzucker deckend. Der Zucker der zur Differentialdiagnose von DavALos®° empfohlenen Kokosmilch verhält sich den in Frage kommenden Bakterien gegenüber wie Maltose (DURHAM °"). Hierher ge- hört auch der von HARRISON & VANDERLECK “ Aesculin-Eiseneitrat-Agar (Aesculin- Extrakt aus der Rinde der Roßkastanie). Bact. coli spaltet aus dem Aesculin Glukose und Aeseulatin ab. Letzteres gibt mit Eisensalzen eine schwarze Ver- färbung. Typhusbacillen lassen den Nährboden unverändert. Eine praktische Bedeutung dürfte allen diesen für die Diffe- rentialdiagnose der Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe empfohlenen Spezialnährböden nicht zukommen, mit Ausnahme der Barsıekowschen Lösungen, welche sich vielfach in der Praxis gut bewährt haben. Eine Anzahl weiterer fester Zuckernährböden, die bei der bak- teriologischen Typhusdiagnose vielfach praktische Anwendung ge- funden haben, wird später bei der Erörterung der Züchtung des Typhusbacillus aus Faeces, Harn usw. näher besprochen werden. 7. Reduktionswirkung auf mit Farbstoiien hergestellte Nähr- böden. Die Bakterien besitzen zum Teil das Vermögen, Farbstoffe in charakteristischer Weise zu verändern. In der Regel handelt es sich um KReduktionswirkungen. Da den Mikroorganismen bestimmten Farbstoffen gegenüber diese Eigenschaft in verschiedenem Grade zukommt, so lassen sich die sichtbar werdenden Farbenveränderungen differentialdiagnostisch verwenden. Die weiteste Verbreitung hat in dieser Beziehung für die Bak- terien der Typhus-Coli-Gruppe praktisch das Neutralrot gefunden in der Form des von RoTHBERGER®® angegebenen, später von SCHEFF- LER? modifizierten Neutralrotagars. Nach der Vorschrift von RoTHBECHER wurden ursprünglich in dem flüssigen mit Neutralrot versetzten Agar Schüttelkulturen angelegt. SCHEFFLER fügte diesem Agar, dem auf 100 ccm 1 Proz. einer gesättigten wäßrigen Neutral- rotlösung zugesetzt werden, außerdem noch 0,3 Proz. Traubenzucker zu und empfahl Stichkulturen in hochgefüllten Röhrchen. Auch in der SCHEFFLERschen Modifikation des Neutralrotagars ist indessen wohl das Anlegen der Schüttelkultur empfehlenswerter und heute wohl fast allgemein angenommen. Vom Typhusbacillus wird dieser Nährboden nicht verändert. Das Bact. coli entfärbt ihn innerhalb 24-48 Stunden und bewirkt grünliche Fluoreszenz und wegen des Trauben- zuckergehaltes Gasbildung. Wie der Typhusbacillus verhalten sich die verschiedenen Ruhrbacillen und der Bac. faecalis alcaligenes sowie verschiedene typhusähnliche Stäbchen. Dieselben Verände- rungen wie das Bacterium coli rufen die verschiedenen Bakterien der Paratyphus- und Enteritisgruppe und coliähnliche Bakterien hervor. Der Neutralrotagar ist also ebenso wie alle anderen zucker- bzw. farbstoffhaltigen Nährböden für die Differentialdiagnose der einzelnen uns hier besonders interessierenden Bakterien nur bedingt Abdominaltyphus. 129 und im Verein mit anderen Proben zu verwerten. Auf jeden Fall schließt indes Entfärbung und Gasbildung die Diagnose „Typhus- bacillus“ sicher aus. Auch hier empfiehlt sich zur Sicherheit das Anlegen je einer Kontrolle. mit einer sicheren Reinkultur der zu untersuchenden Bakterien sowie die Bebrütung eines unbeimpften Röhrchens, da das Eintreten oder Ausbleiben der Reduktion des Neu- tralrotes wie der übrigen Farbstoffe auch gelegentlich ohne Bak- terienwirkung aus in dem Nährboden selbst liegenden Gründen zu- stande kommen kann. ÖLDEKROP°"* empfiehlt zur Differenzierung Stichkulturen von sehr wenig konzentriertem (Ö,3-proz.) Neutralrotagar). Die Unterscheidung von Typhus-, Para- typhus- und Colibaeillen ist hierin schon nach 14-16 Stunden möglich. Diese Angaben werden von BUCHHOLZ’® und MARMANN!” bestätigt. Statt des Neutralrotagars wird auch zuweilen eine Neutralrottraubenzucker- bouillon angewandt (KÜSTER'’*). Typhus- und Ruhrbacillen färben diesen Nähr- boden karmoisinrot, Coli und die Paratyphusgruppe rufen hier ebenfalls Reduktion und Fluoreszenz hervor. Außer dem Neutralrot fand ROTHBERGER‘® noch in dem Safranin einen zur Darstellung der Reduktionswirkung geeigneten Farbstoff. Es wird ebenfalls von Bact. coli entfärbt, nicht dagegen vom Typhusbacillus. Neben dem Neutralrot wird neuerdings von LörrLer 105, 106, 107 zur Differenzierung des Typhusbacillus und der übrigen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe das Malachitgrün in Kombination mit Safranin-Reinblau sowie Milch- und Traubenzucker empfohlen. Die durch das Bakterienwachstum entstehenden Veränderungen der farb- stoffhaltigen Nährlösungen beruhen teils auf Reduktionswirkung, teils auf Vergärung des Zuckers. LÖFFLER unterscheidet verschiedene Grünlösungen. Die Typhuslösung ent- hält 2 Proz. Pepton, 1 Proz. Nutrose, 5 Proz. Milchzucker, 1 Proz. Traubenzucker, 1 Proz. einer Q0,2-proz. Lösung von Malachitgrün krist. chem. rein und einem Ge- halt von 1,5 Proz. Normalkalilauge. In 24 Stunden wird bei 37° die Lösung I vom Typhusbacillus im ganzen ohne darüber stehende klare Flüssigkeit zur Ge- rinnung gebracht, das Bact. coli sowie die Bakterien der Paratyphus- und Enteritis- Gärtner-Gruppe erzeugen lebhafte Gärung unter Gasbildung. Die ausgefällte Nutrose klebt hierbei als schmutzig-grüne Masse an der Wand des Glases. Die Typhuslösung II enthält dieselben Bestandteile wie I jedoch ohne Milchzucker- und Alkalizusatz. Sie ist ursprünglich trübe und grün und wird durch das Wachs- tum des Typhusbacillus klar und blau, während sich ein körniger blauer Bodensatz bildet. Bact. coli, Paratyphus B und die Fleischvergifter erzeugen darin einen on Schlamm. Die von LÖFFLER als Paratyphuslösung bezeichnete ösung besteht aus den gleichen Bestandteilen wie die Typhuslösung 1, jedoch ohne Traubenzucker. Durch Coli und verwandte Bakterien wird die Paratyphuslösung vergoren, nicht jedoch durch Paratyphus B und die Fleischvergiftungsbakterien. Letztere entfärben sie bis zu blaß-gelblicher Farbe. Typhusbacillen verändern sie fast gar nicht. Die LÖFFLERsche Grünlösung III besteht aus 1 Proz. Nutrose, 2 Proz. Milchzucker und 5 Proz. einer 2-proz. Malachitgrünlösung in destilliertem Wasser. Während sie durch Typhus- und typhusähnliche Bakterien nicht verändert wird, bildet der Bac. faecal. alcaligenes in ihr eine prächtig blaue Farbe. Als 4. Lösung hat LÖFFLEr schließlich ursprünglich noch eine Fleischbrühe angegeben, der Pepton, Milchzucker, Natriumsulfat, Kaliumnitrat und Kaliumnitrit zugesetzt werden. Alle die genannten Bakterien trüben diese Lösung ohne Gärung bis auf den Bac. paratyph. B und den Baec. enteritid. GÄRTNER, welche sie klar lassen und nur einen deutlichen Bodensatz bilden. Neuerdings hat LÖFFLER '"’ seinen Grün- lösungen noch Safranin-Reinblau zugesetzt, wodurch die Farbenunterschiede noch auffälliger sein sollen als bei den ursprünglichen Lösungen. Von anderen auf Reduktionswirkung beruhenden Differenzie- rungsverfahren zwischen Typhus- und Colibakterien seien noch kurz folgende erwähnt. 730 K. H. Kurscher, GERMANO & MAUREA® fanden, daß auf einem Agar mit Zusatz von !/, Proz. indigschwefelsaurem Natron die Colibakterien in der Regel eine stärkere Reduktions- wirkung ausübten als der Typhusbacillus. Nach LÖSENER * ist diese Wirkung bei länger tortgezüchteten Colikulturen inkonstant. v. SOMMARUGA '’ empfahl zur Differenzierung von Typhus und Coli die ver- schieden schnelle Entfärbung der Rosolsäurebouillon. Auch diese Angabe konnte von LÖSENER * nicht bestätigt werden. Nach GRANCHEZ & DESCHAMPS " ruft in dem von NÖGGERATH ”? angegebenen Farbengemisch das Wachstum des Typhusbaeillus eine violette, des Bact. coli eine rote Färbung hervor. Bei der verschiedentlichen Nachprüfung dieser Anzahl wurden diese Farbveränderungen nicht konstant beobachtet, so daß ihnen eine nennenswerte Bedeutung nicht zukommt. Auch ein von GASSER'” angegebener Fuchsinagar bewährte sich späteren Nachuntersuchern nicht. Auf einem von MARPMANN "* angegebenen Agar, der 2 Proz. Malachitgrün enthält und mit Natriumbisulfit entfärbt ist, wachsen auf der Oberfläche Typhus- bacillen in dunkelgrünen, Bact. coli in diekeren weißlich-grauen Kolonien. Der ebenfalls von MARPMANN angegebene Nigrosinagar ließ Typhusbacillen als zarten farblosen Belag wachsen, während Bact. coli dicke weiße Beläge bildete. Ein von RopBıx’° vorgeschlagener Differenzierungsnährboden bestand aus einem Agar, dem 1-proz. Lösung von Bleu soluble und Milchzucker zugesetzt ist. Typhusbacillen wachsen hierauf farblos, Bact. coli bildet blaue Kolonien, in deren Umgebung der Nährboden ebenfalls blau gefärbt ist. Von MANKOWSKT" ist zur Differenzierung von Typhus und Coli eine Mischung zweier Farblösungen: Säurefuchsin- und Indigokarminlösung, vorgeschlagen worden. Wenn diese Mischung auf Oberflächenkulturen von Typhus- bzw. Colibakterien geträufelt wird, so wird erstere schnell karmoisinrot, letztere blaugrün gefärbt. Die- selbe Farbmischung läßt sich zu Traubenzuckeragar hinzugesetzt auch für den Plattenausstrich der genannten Bakterien differentialdiagnostisch verwerten. CAPALDI & PROSKAUER*” fanden, daß mit Fluorescein versetzte Molke durch Typhusbacillen nicht verändert, während durch B. coli die Fluoreszenz zum Ver- schwinden gebracht wird. Auch molybdänsaures Ammonium wird nach denselben Autoren durch B. coli reduziert, vom Typhusbacillus dagegen nicht verändert. Nach WOLrFF " wird Orcein durch B. coli schneller reduziert als durch Typhus- bacillen. Später empfahl BuUCHHOLZ '® Orceinlösung zur Differenzierung von Typhus-, Coli- und Paratyphusbaeillen. Neben Malachitgrün und Lackmus wurde dann ebenfalls von BUCHHOLZ Orseillelösung empfohlen. CALANDRA untersuchte die reduzierende Wirkung von Typhus- und Colibakterien gegenüher Lackmus, Pikrin- säure + Lackmus, Brillantkresylblau, Kongorot, Neutralrot und KüHneschem Alkali- blau und sah überall augenscheinliche Farbunterschiede auftreten. Nach DIEUDONNE” werden durch B. coli Nitrate bereits nach 17 Stunden zu Ammoniak reduziert. Bei dem Typhusbacillen tritt diese Wirkung sehr viel langsamer ein. InGHILLERLI“' gibt an, daß nur das B. coli, nicht dagegen der Typhusbaeillus das Vermögen besitze, aus amygdalinhaltiger Bouillon Blausäure abzuspalten. Lippers” benutzt zur Ditferentialdiagnose die reduzierende Eigenschaft des Bact. coli dem Blutfarbstoff (Blutkörperchenaufschwemmung) gegenüber. Nach 9—10 Minuten soll der Unterschied Typhusbaeillen gegenüber sehr deutlich hervor- treten. Das verschiedene Vermögen der Bakterien, Ameisensäure zu zerlegen, und daraus Karbonate (Alkali) zu bilden, benützte OMELIANSKI’* zur Differenzierung, indem er zu ameisensäurehaltigen Nährböden Phenolphthalein als Indikator setzte. ur unbaeillen verhalten sich indifferent, Bact. coli zersetzt die Ameisensäure (Rot- ärbung,). Mıt Ausnahme des Neutralrotagars sowie des später modifizierten Romonpschen (Expo) und Marpmannschen (PapLewsky) Nährbodens haben alle die erwähnten auf Farbenreduktion beruhenden Differential- nährböden keine besondere Bedeutung erlangt. In die praktische bakteriologische Typhusdiagnose haben sie keinen Eingang gefunden, da wir genügend andere kulturelle Proben besitzen, die weniger kompliziert und zuverlässiger sind. Außerdem darf nicht übersehen werden, daß heute ein so ausgesprochener Bedarf an immer neuen kulturellen Unterscheidungsmerkmalen zwischen den einzelnen Bak- Abdominaltyphus. 731 terien der Typhus-Coli-Gruppe, insbesondere Typhus und Coli selbst, nicht mehr vorhanden ist, da die- Differenzierungsmethoden jetzt in der Immunitätsreaktion eine außerordentlich wichtige, leistungsfähige Bereicherung erfahren haben. 8. Wachstum in Nährböden mit hemmenden Zusätzen und in eiweißireien Nährlösungen. Die Beobachtung, daß Zusätze von chemischen Mitteln zum Nähr- boden in bestimmter Konzentration das Wachstum des weniger em- pfindlichen Bacterium coli noch zuließen, die Entwickelung des empfindlicheren Typhusbacillus dagegen verhinderten, führte zur Auf- stellung einer Anzahl aus dieser Beobachtung abgeleiteter Differen- zierungsmethoden. So empfahl ScHiLp“* z. B. zu diagnostischen Zwecken eine mit Formalin 1:7000 versetzte Bouillon. Bei der Nachprüfung dieser Methode konnte ABEL“ jedoch, was zu erwarten war, feststellen, daß viele typhusähnliche Bakterien wegen ihrer gleichfalls größeren Empfindlichkeit gegen Chemikalien ebenso, zum Teil sogar noch mehr im Wachstum zurückgehalten wurden wie der echte Typhusbaeillus. Nach der Angabe von THOINOT & BROUARDEL°“ soll in einer Peptonbouillon mit 0,01 Proz. arseniger Säure nur Bact. coli Wachstum zeigen, nicht dagegen der Typhusbaeillus. Diese Beobachtung konnte von MARKUS“ nicht vollkommen be- sfätigt werden. Wie DUNBAr*' angibt, gedeihen Typhusbacillen in einem Agar mit 0,14 Proz. Karbolsäuregehalt nicht mehr, während Bact. coli noch höhere Zu- sätze verträgt. Ein von BRAUN®’ empfohlener, mit 5 Proz. Rindergalle versetzter Agar, sollte nur Coli-, nicht indessen Typhusbacillen zur Entwickelung kommen lassen. GORINI” empfahl die Stichkultur in 2-proz. Harnstoffgelatine.e Nach den Untersuchungen von LÖSENER läßt das Wachstum auf diesem Nährboden keine differentialdiagnostischen Schlüsse zu. PIORKOWSKI°® gab für die Differentialdiagnose einen mit Harn hergestellten und mit Hämatoxylin gefärbten Agar an. Nach der Angabe von CHANTEMESSE & WIDAL* sowie WURTZ® sollten Typhusbaeillen auf altem gebrauchten und wieder sterilisiertem Typhusagar oder in alter ebenso behandelter Typhusbouillon nach neuer Einsaat nicht wieder an- geben, wohl aber Bact. coli. Dieser Beobachtung kommt indes nach den Nach- prüfungen durch GERMANO & MAUREA sowie LÖSENER * eine differentialdiagnostische Bedeutung wegen der Unregelmäßigkeit in dem Verhalten der geprüften Kultur nicht zu. 4 Wie SILVESTRINI®' und später LASCHTSCHENKO°? ermittelten, sollten durch defibriniertes Kaninchenblut bzw. -serum Typhusbacillen schnell abgetötet. Coli- bakterien dagegen nur wenig beeinflußt werden. Wenn auch vielleicht gewisse Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit der einzelnen Bakterienspecies gegen dasselbe Tierserum bestehen mögen, so sind dennoch diese Unterschiede zu wenig konstant, und ferner ist die Einwirkung. desselben Serums auf verschiedene Stämme der gleichen Bakterienart zu ungleichmäßig, um hierauf eine differentialdiagnostische Methode zu gründen. Die größere Anspruchslosigkeit des auf allen Nährböden üppiger wachsenden Bacterium coli bringt es mit sich, daß letzteres auch auf den sogenannten eiweißfreien Nährböden, z. B. der von ©. FraENKEL®? modifizierten Uschrsskyschen Lösung, noch. gut gedeiht, während der Typhusbacillus darin nur recht’ kümmerlich fortkommt. Ob sich aber solche bloßen Wachstumsdifferenzen für die Differentialdiagnose verwerten lassen, erscheint dennoch mehr als fraglich. Auch die sog. Normallösung von MAASsSEn” (Asparagin, Aepfelsäure, Salz, 4 Proz. Glyzerin) wird als weiteres Differenzierungsmittel empfohlen. Der -Typhusbaeillus soll in ihr niemals deutlich sichtbar wachsen, während das Baet. coli, eoliähnliche Bakterien und der Bae. faecal. alealigenes (LÖSENER*) noch deut- liches Wachstum zeigen. a et US 18) K. H. Kurscher, u | Os CAPALDI & PROSKAUER*” geben verschiedene einfache zuckerhaltige Lösungen an, die zwar dem Coli-, nicht aber dem Typhusbacillus noch Wachstum gestatten. Dieselben Wachstumsverhältnisse finden sich nach ÜRESCENZI” in einfacher 0,4 Proz. Natron haltiger Bouillon. Wegen der größeren Anspruchslosigkeit und Widerstandsfähig- keit des Bacterium coli würde sich wohl noch eine weitere Anzahl solcher Nährböden konstruieren lassen. Für die praktische Typhus- diagnose haben sie jedoch begreiflicherweise alle Keinen besonderen Wert. Einmal verhalten sich in der Regel die ebenfalls zarter wach- senden typhusähnlichen Bakterien ebenso auf ihnen wie der Typhus- bacillus selbst. Ferner aber gilt von ihnen dasselbe wie von den zahlreichen oben beschriebenen, zu differentialdiagnostischen Zwecken angegebenen Zuckernährböden. Wir bedürfen ihrer heute nicht mehr in dem Maße wie früher, weil wir über eine genügende Anzahl ein- facherer und sicherer Differenzierungsmethoden verfügen, die nicht nur lediglich die Unterscheidung zwischen Bact. coli und 'Typhus- bacillus, sondern auch der Typhus-Coli-Gruppe gestatten. IV. Zusammenfassende Darstellung der zur Differential- diagnose des Typhusbaecillus verwendbaren kulturellen Merkmale. Jedem einzelnen der im vorigen Abschnitt angeführten kultu- rellen Merkmale kommt, wie bei der Besprechung der einzelnen Proben bereits mehrfach hervorgehoben wurde, bei der bakteriologischen Typhusdiagnose nur ein negativer Wert zu. Besteht ein zu prüfendes Bakterium eine der anerkannten kulturellen Proben nicht in posi- tivem Sinne, so handelt es sich sicher nicht um einen Typhusbacillus. Im umgekehrten Falle darf aber aus dem Bestehen der einzelnen Probe noch nicht die Diagnose auf Typhus gestellt werden. Wenn indes auch jedem einzelnen der angeführten Kriterien ein entscheiden- der Wert nicht zugesprochen werden kann, so gestattet doch ein posi- tiver Ausfall der Gesamtzahl bzw. einer geeigneten Kombination der mit allen notwendigen Vorsichtsmaßregeln vorgenommenen aner- kannten Kulturproben mit ziemlicher Sicherheit die positive Dia- gnosenstellung, von der man allerdings heute verlangen muß, daß sie durch den positiven Ausfall der ebenfalls mit aller Vorsicht vorge- nommenen, für die Diagnose erforderlichen Immunitätsreaktionen ge- sichert sein muß. Im allgemeinen verlangt man zurzeit in anerkannten Labora- torien von einem Typhusbacillus folgende morphologischen bzw. kul- turellen Eigenschaften. Er soll 1) im allgemeinen unter geeigneten Züchtungsbedingungen gut beweglich sein (nur in sehr seltenen Ausnahmefällen sind bisher wirk- lich unbewegliche Typhusstämme gefunden worden); 2) sich nach der Gramschen Methode entfärben ; 3) in Peptonwasser oder Bouillon kein Indol bilden; 4) Lackmusmolke ohne wesentliche Trübung kaum merklich röten; die Menge der gebildeten Säure soll nicht mehr als 0,3 Proz. Normalsäure betragen; 5) Milch niemals, auch nach längerer Bebrütung nicht zur Ge- rinnung bringen; 6) in ROTHBERGER-SCHEFFLERScChem Neutralrotagar weder Gas noch Fluoreszenz bilden. Abdominaltyphus. 135 Die Milchprobe wird in der Regel noch überall vorgenommen, obwohl sie ohne Schaden fortgelassen werden könnte. Da sie unter Umständen mehrere Tage bis zu ihrem Abschluß erfordert, wird ihr Ergebnis durch den Ausfall der Untersuchung mit Lackmusmolke und Neutralrotagar überholt. Von vielen Untersuchern werden außer den unter 1—6 ange- führten Proben noch die ’Barstekowschen Zuckerlösungen zur Diffe- renzierung herangezogen. Unumgänglich notwendig ist letzteres nicht, da ihr Ergebnis ebenfalls mit der Kombination Molke-Neutralrotagar konform ist. Die kulturellen Proben werden sämtlich in der Weise angestellt, daß neben der zu identifizierenden verdächtigen Kultur 1. ein aner- kannter Typhus-, Paratyphus-B-, Ruhr etc. Stamm, 2. eine Kultur vom typischen B. coli und 3. ein unbeimpftes Kontrollröhrchen bei 37° im Brutschrank gehalten werden. Mit Hilfe der angegebenen Merkmale lassen sich leicht und sicher vom Typhusbacillus die in erster Linie für die Differential- diagnose in Frage kommenden Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe nach folgender Tabelle unterscheiden: Bezeichnung des | Beweglich- . „ Lackmus- [: Neutralrot- Bakteriums keit Indelbildnng molke wlan | agar 128 | 14 Ente rt Ce n = Se IE zZ; Sa 3 Wer . Ing et 1. Typhusbacil- lebhaft ‚negativ leicht el nase ‚unverändert lus | | fast klar | | | = 2. Paratyphus A. sehr lebhaft ‚deutlich rot- i; Gasbildungu. ' violett, mäß. Fluoreszenz, | trübe schwächer | | als bei 3 3. ParatyphusB. 5 ‚deutlich rot- zunächst un- Gasbildung, ' violett, mäß.| verändert, | Fluoreszenz trübe; nach; nach 8—14 8—14 Tagen Tagen braun, | blau, klar | aufgehellt | | | | | 4. B. enteritidis „, = ” x | ” | GÄRTNER | | | 5. Mäusetyphus- | „, 5 | | » baeillus | 6. Ruhrbacillus |unbeweglich |/zum Teil po- gerötet, klar \unverändert unverändert (alle Typen) sitiv | | 7. Bac. faecal.al- lebhaft be- negativ blau, leicht | caligenes weglich getrübt | | 8. Bact. coli in der Regelpositiv ‚stark gerötet, geronnen ‚Gasbildungu. unbeweglich | trübe, zum, nach 1—3 |; Fluoreszenz ı Teil ausge- Tagen | ı fällt | Wie aus der obigen Tabelle hervorgeht, ist es mit Hilfe der angeführten Merkmale leicht, das typische Bacterium coli vom Typhus- bacillus zu unterscheiden. Eine eingehendere Untersuchung erfordert schon der häufig im Darm vorkommende Bac. faecalis alcaligenes. Er ist ebenso beweg- lich wie der Typhusbacillus und wächst auf den für die Isolierung 134 K. H. KurscHer, aus Stuhl usw. später näher zu besprechenden Spezialnährböden außer- ordentlich typhusähnlich. Er bildet ebenfalls kein Indol und läßt Milch und Neutralrotagar gleichfalls unverändert. Das einzige sichere kulturelle Unterscheidungsmittel ist das Wachstum in Lackmusmolke, ferner in den Barsırkowschen Nährböden. Diese ausgesprochene Aehnlichkeit im Wachsunn hat schon wiederholt zu Verwechselungen mit dem Typhusbacillus geführt (vgl. PoLLack %). Möglicherweise kommt dem Bac. alcaligenes auch unter Umständen eine gewisse pathogene Bedeutung zu. Hierüber liegen allerdings bisher einwandfreie Beobachtungen nicht vor. Außer dem Bac. alcaligenes kommt im Darm eine ganze Reihe anderer harmloser „Alkalibildner“ vor. Diese sind indessen gewöhn- lich durch ihr kompakteres Wachstum und ihre mangelnde Beweg- lichkeit für den Geübten schon ohne weiteres vom Typhusbacillus zu unterscheiden. Auch pflegen solche Bakterien häufig die Lackmus- molke in den ersten Tagen durch Säurebildung zu röten, um erst später den Umschlag in Blau zu geben. Besonders wichtig für die engere Differentialdiagnose dem EBERTH-Garrkyschen Bacillus gegenüber sind ferner die zahlreichen ebenfalls an den Fundorten des letzteren im nrenschlichen Körper und außerhalb dieses vorkommenden Bakterien der Paratyphus- und Enteritisgruppe (Paratyphus A [Brıox - Kayser], Paratyphus B [SCHOTTMÜLLER |, Fleischvergifter und verwandte Bakterien, der Lörrtersche Mäusetyphusbacillus, Psittakosebacillus, sog. Schweine- pestbacillus, der von NEıIssER beschriebene Erreger der Pseudotuber- kulose der Meerschweinchen, die verschiedenen Erreger von Ratten- seuchen: Ratinbacillus etc.). Sie alle wachsen auf den meisten zur Isolierung in Frage kommenden Spezialnährböden in Oberflächen- kolonien typhusähnlich, sind lebhaft beweglich, unterscheiden sich aber durch ihr Vermögen, Traubenzucker unter Gasbildung zu ver- gären, ohne weiteres vom Erreger des Abdominaltyphus. Sie werden daher schon vor allem durch die Neutralrotagarprobe ausgeschieden. Die weiter für die Differentialdiagnose unter Umständen in Frage kommenden Ruhr- bzw. Pararuhrbacillen (Bac. Shiga-Kruse, Bac. Flexner, Y-Bacillus His, Bac. Strong) unterscheiden sich zunächst durch ihre Unbeweglichkeit (Molekularbewegung) vom Typhusbacillus. Da indes wohl gelegentlich auch schwach oder in den ersten Gene- ratıonen gar nicht bewegliche Typhusbacillen vorkommen, so ist dieses Kriterium allein nicht maßgebend. Sie wachsen ferner zwar in Milch und Neutralrotagar ebenso wie der Typhusbacillus und bilden nur zum Teil Indol. Dennoch ist ihre Differenzierung aber durch ihr Verhalten in Lackmusmolke, die sie im Gegensatz zum Typhus- bacillus sämtlich stark röten, sehr leicht möglich. Auch durch die Barsırrowsche Traubenzuckerlösung läßt sich eine sichere Unter- scheidung beider Bakterienspecies leicht bewerkstelligen. Hingewiesen sei noch auf die große Gruppe der sogenannten „typhusähnlichen“ Bakterien. Sie kommen als Saprophyten sowohl in den menschlichen Entleerungen als auch in der Außenwelt gelegent- lich vor. Diese haben mit dem Typhusbacillus bald dieses, bald jenes Merkmal gemeinsam und können in bezug auf Beweglichkeit, ihr Verhalten den verschiedenen Zuckerarten gegenüber, Reduktions- wirkung auf Farbstoffe, Indolbildung usw. alle Uebergänge zwischen Abdominaltyphus. 135 dem gewöhnlichen Bacterium coli und dem EBERTH-GAFFKYschen Bacillus darstellen. Ohne auf diese große Gruppe näher einzugehen, sei auf weitere Einzelheiten hierüber enthaltenden Untersuchungen von Kırasaro ®, PAsauAaLE?, Kruse & PasauvaLe®3, Praye En PAnsını°®, Horz!0, DunBAr®, GERMANoO & MAUREA®, Kruse? , Löse- NER*, Durham 5%, KumGer 102 Baumann 10%, Grär! verwiesen. Die bisher bekannten pathogenen, dem Typhusbacillus nahestehen- den Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe, ferner der Bacillus faecalis alcaligenes lassen sich sämtlich kulturell durch eine der oben be- schriebenen Methoden vom Typhusbacillus sicher unterscheiden. Wohl aber können, wenn auch verhältnismäßig selten, unter den zahl- reichen Bacillen der Gruppe der ‚„Typhusähnl ichen“ gelegentlich Stämme vorkommen, die wir, wie Verf. zuweilen zu beobachten Ge- legenheit hatte, kulturell nicht vom Typhusbacillus trennen können, da sie genau die gleichen kulturellen Bedingungen auf den bekannten Differenzierungsnährböden erfüllen wie dieser selbst. Aehnliche Ver- hältnisse finden sich beispielsweise auch bei der Paratyphus-Gruppe und bei den Ruhrbacillen. Bei der Differenzierung solcher .‚typhus- ähnlicher“ Bacillen käme man als Untersucher in große Verlegen- heit, wenn wir nicht in den spezifischen Immunitätsreaktionen ein Mittel besäßen, um solche verdächtigen Stämme vom echten Typhus- bacillus unterscheiden zu können. Im einzelnen wird auf diese Ver- hältnisse bei der Besprechung der „Typhusimmunität‘“ näher einge- gangen werden (siehe daselbst). Hier sei nur hervorgehoben, daß aus den angeführten Beobachtungen für die bakteriologische Typhus- diagnostik die unumgängliche Forderung erwächst, jeden typhus- verdächtigen, d. h. sich kulturell und morphologisch in allen Stücken wie Typhus verhaltenden Stamm trotz alledem noch durch die Aggluti- nationsprobe und eventuell den Preırrerschen Versuch weiter als echten Typhus zu identifizieren. Ganz besonders muß die Anstellung des letzteren noch verlangt werden, wenn es sich um die Identifi- zierung von Kulturen als Typhusbaeillen handelt, die außerhalb des menschlichen Körpers, z. B. in Wasser, Erde etc. gefunden werden, oder um Bakterien, die von solchen Stellen des menschlichen Körpers zruven, an denen’ für gewöhnlich keine Typhusbacillen gefunden werden. V. Das Vorkommen des Typhusbacillus im menschlichen Körper bzw. seinen Ausscheidungen und die speziellen Methoden des Nachweises. 1. Die Züchtung aus den Stuhlentleerungen. Allgemeines. Aus den Faeces zweier Kranken den Typhusbacillus rein zu züchten, gelang zuerst im Jahre 1885 A. PFEIFFER 108. Kurze Zeit später wiesen E. FRAENKEL & Sımmonps?, 21 in 3 von 7 Krankheits- fällen ebenfalls die Bacillen in den Entleerungen der En nach. In der Folgezeit beschäftigte sich eine große Reihe von Arbeiten damit, mit Hilfe der verschiedensten Verfahren den ErErTH-GArFeY- schen Bacillus aus dem Stuhle der Typhuskranken zu isolieren. Die von den genannten ersten Untersuchern angewandten Züchtungsmethoden bestanden in sehr einfacher Weise darin, ver- flüssigten Agar bzw. Gelatine mit kleinen Mengen von Typhus- 736 K. H. Kurscher, . dejekten zu beimpfen und zu Platten zu gießen. Die typhusverdächtig wachsenden Kolonien wurden abgeimpft, die erhaltenen Reinkulturen darauf mit den damals üblichen kulturellen Proben, namentlich mittels der Kartoffelkultur weiter geprüft. Mit Hilfe dieser einfachen Mittel wurden zweifellos in vielen Fällen gute Resultate erzielt (Serrz!10, Vırcmour!10, MERKEL, WATHELET112, SchoLz & Krause133, BurpdacH# u. a.). Heute ist dieses Verfahren dank den Fortschritten der modernen bakterio- logischen Technik wesentlich überholt. Aber auch jetzt noch gehört der Nachweis der Typhusbacillen im Stuhl zu den weniger befriedigen- den und oft recht undankbaren Aufgaben der Bakteriologie. Gerade für den bakteriologischen Nachweis der Typhusbacillen in den Faeces liegen die Verhältnisse insofern einigermaßen un- günstig, als die Bacillen im Stuhl häufig recht ungleichmäßig verteilt sind, und die Menge der mit den Darmentleerungen ausgeschiedenen Typhusbaeillen zeitlich bekanntlich außerordentlich schwankt (Näheres vgl. im Abschnitt „Epidemiologie“). Es ist daher erklärlich, dab bei der Wichtigkeit, welche der möglichst frühzeitige Bacillennachweis in diagnostischer und epidemiologisch-prophylaktischer Beziehung be- sitzt, die eifrigsten Bemühungen zahlreicher Forscher schon seit Jahren auf die Verbesserung der bei der Untersuchung des Stuhles angewandten Methoden gerichtet sind. Aber gerade die große An- zahl der für die Isolierung der Typhusbacillen aus dem Stuhl an- gegebenen Methoden und Nährböden beweist immer nur wieder, dab keine derselben bisher wirklich in jeder Beziehung befriedigende Resultate ergeben hat. Am einfachsten ist die Untersuchung flüssiger oder dünnbreiiger Darmentleerungen. Sie bietet im allgemeinen auch die besten Aus- sichten betreffs positiver Züchtungsergebnisse. In flüssig gemachten Nährböden werden hiervon von einer bestimmten Menge des Stuhles Verdünnungsplatten angelegt. Beim Oberflächenausstrich auf Platten, der heute fast ausschließlich angewandt wird, kommt es darauf an, eine möglichst gleichmäßige V erteilung des Materials und damit der aulgehenden Kolonien auf der Platte zu erreichen. Zu diesem Zweck bedient man sich meistens des hierzu vorzüglich geeigneten, von v. DricarskI & OConrkapı!!d angegebenen Glasspatels, eines recht- winklis gebogenen Glasstabes, dessen angebogenes Ende die Platte je nach ihrer Größe in einer Länge von etwa 4—6 cm berührt. Kruse!01 empfiehlt zu dem gleichen Zweck den Platinpinsel. Vielfach benutzt man auch mit gutem Erfolg einen dicken, unnachgiebigen, flach ge- bogenen Platindraht, dessen unteres Ende wieder an dem Nadelhalter befestigt ist. Nach den allgemeinen Regeln der bakteriologischen Technik ist es erforderlich, zur Erzielung gut isolierter Kolonien eine Serie von V erdünnungsplatten anzulegen, indem man mit dem nicht abgeglühten Glasspatel usw. von der ersten Platte eine Anzahl weiterer neuer Platten anlegt und das Material auf diesen gut gleich- mäßig verreibt. Kommen feste Faeces zur Untersuchung, so sind sie in einem sterilen Glasschälchen mit einer sterilen Flüssigkeit, physio- logischer Kochsalzlösung bzw. schwach alkalischer Bonillon: unter gleichmäßiger gründlicher Verreibung des festen Materials ent- sprechend zu verdünnen. Nur bei letzterem Verfahren besteht größere Aussicht, wenige in dem geformten Stuhl befindliche Typhusbacillen auf die Platten zu bekommen. Die Erreger sind erfahrungsgemäß oft Abdominaltyphus. 131 nur in einer kleinen Flocke des festen Stuhles vorhanden, während die umgebenden Kotpartien frei von ihnen sind. Spezielle Nährböden zur Züchtung aus den Faeces. Die neueren Bestrebungen, die Typhusbacillen aus dem Bakterien- gemisch des Stuhles sicher herauszuzüchten, bewegen sich haupt- sächlich in zwei Richtungen. Man ist erstens bemüht, die 'Typhus- bacillenkolonien leicht ihren Hauptkonkurrenten, den Colibacillen, bzw. den anderen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe gegenüber kennt- lich zu gestalten. Zweitens versucht man sie selbst dann noch nach- zuweisen, wenn sie in relativ geringer Menge im Stuhle vorhanden sind, mit anderen Worten, ein brauchbares Anreicherungsverfahren zu finden. Um das gesteckte Ziel zu erreichen, hat man zunächst vielfach versucht, durch bestimmte Zusätze zum Nährboden die bereits zwischen dem Typhusbacillus einerseits und dem Bacterium coli bzw. den übrigen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe andererseits bestehen- den Wachstumsunterschiede noch augenfälliger zu machen. Oder man setzte den Nährböden Mittel zu, welche das Wachstum der Colibacillengruppe sowie der anderen vielfachen Arten saprophytischer Darmbakterien hemmen sollten, ohne indes den Typhusbacillus zu schädigen, oder die sogar das Wachstum des letzteren und der ihm nahe stehenden pathogenen Arten bis zu einem gewissen Grade be- günstigen sollten. Umgekehrt gingen auch einige Forscher bei der Herstellung ihrer Nährböden von dem Bestreben aus, die Typhus- kolonien durch bestimmte Zusäzte im Wachstum zurückzuhalten und sie so den üppig wachsenden Colikolonien gegenüber kenntlich zu machen. Schließlich hat eine Reihe von Autoren sich auch bemüht, die größere Beweglichkeit des Typhusbacillus für die Züchtung in flüssigen Nährböden nutzbar zu machen. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist im Laufe der Jahre eine große Anzahl von Typhusspezialnährböden bzw. speziellen Züchtungsmethoden für die Isolierung aus den Stuhlentleerungen ent- standen. Viele von ihnen können allerdings heute nur noch ein theoretisches bzw. historisches Interesse beanspruchen, während andere indes eine recht erhebliche Verbesserung unserer bakteriologischen Technik darstellen. Auf diese letzteren wird im folgenden daher etwas näher eingegangen werden müssen. Für die Reinzüchtung aus Stuhl kommen naturgemäß, da es sich um Isolierung aus einem Bakteriengemisch handelt, ausschließlich mehr oder weniger konsistente, der Hauptsache nach also Agar- bzw. Gelatinenährböden in Frage. Von solchen ist zunächst zu erwähnen der Cararpısche Nährboden !%. Er enthält 2 Proz. Agar, 1 Proz. Gelatine, 2 Proz. Pepton, 1 Proz. Mannit und je 0,5 Proz. Natrium- und Kaliumchlorid. Das Wachstum der Kolonien ist hier dem- jenigen auf gewöhnlichem Agar ähnlich, nur sollen die dort erwähnten Wachs- tumsunterschiede deutlicher hervortreten. RICHARDSON '" urteilt günstig über diesen Nährboden. Nach PETRUSCHKY* zeigen Typhus- und Colibaeillen sehr deutliche Wachs- tumsunterschiede auf einem Agar, der mit Molke und 5 Proz. Blutserum versetzt ist. Baet. coli wächst wie E: gewöhnlichem Agar, während die Typhuskolonien das Aussehen kleiner winziger auf Agar wachsender Streptokokkenkolonien zeigen. Der von MacConcEY‘® empfohlene Agar mit Zusatz von taurocholsaurem Natron und Milchzucker ist bereits erwähnt (S. 727). Auch auf ihm sollen unter Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 47 138 K. H. Kurscner, Ausschaltung mancher anderen Darmbakterien Typhus- und Colibakterien deutliche Wachstumsunterschiede im Oberflächenausstrich erkennen lassen. Außer dem Agar wurden auch vielfach Gelatinenährböden zur Stuhlzüchtung angegeben, die mit Zusätzen versehen waren, welche hauptsächlich die verflüssigen- den Bakterien zurückhalten sollten. Von solehen Nährböden sind zunächst die von Horz!’" angegebene Kartoffel- saftgelatine, ferner die von KrusE!’!: empfohlene 0,05 Proz. Karbolsäure enthaltende Gelatine zu erwähnen. LÖSENER* fand ebenfalls eine mit 0,03—0,05 Proz. Karbol- säure versetzte Gelatine als zur Isolierung des Typhusbacillus sehr brauchbar. RAWITSCH-STSCHERBA !® versuchte einen Zusatz von 0,01 Proz. «-Naphtol. Etwas bekannter als die bisher erwähnten Verfahren ist die von ELSNER!!” angegebene Züchtungsmethode geworden. Er versetzte die Horzsche Kartoffelsaft- gelatine mit 1 Proz. Jodkalium. Auch auf ihr wurden neben der Hemmung der verflüssigenden Arten die Kolonien des Typhusbaeillus zunächst zurückgehalten, Sie erschienen nach 24 Stunden erst als zarte, ungefärbte, schwach granulierte Kolonien, während Bact. coli bereits zu größeren bräunlichen Kolonien ausgewachsen war. Auch eine Anzahl dem Typhusbacillus im Wachstum nahestehender Bakterien, wie z. B. der Baec. faecalis alcaligenes, wuchsen auf dem Erswerschen Nährboden indessen durchaus wie Typhus. (PoLLACK®, OHIZZOLA!” u. a.) Die Urteile über die Brauchbarkeit der seinerzeit vielfach angewandten Elsner-Gelatine lauteten daher bald recht widersprechend. Einen der Ersyerschen Gelatine ähnlichen Nährboden gab ferner noch MOORE” an. Schließlich hat RemyY!?! noch zur Typhuszüchtung eine Gelatine empfohlen, mit welcher er gute Erfolge gehabt haben will. Sie enthält außer Pepton Asparagin, Oxal-, Milch-, Zitronensäure, Karbolsäure, verschiedene Salze und Milchzucker. Während alle die bisher erwähnten Nährböden auf Wachstums- unterschieden zwischen Typhus- und Colibakterien bzw. Resistenz- unterschieden zwischen ihnen aufgebaut sind, benutzen die nunmehr zu erwähnenden Methoden die schnellere Beweglichkeit des Typhus- bacillus zum Versuche seiner Isolierung. Rein theoretisches Interesse dürften zunächst die folgenden Verfahren be- sitzen, die sich lediglich darauf beschränkten, dem Typhusbacillus infolge seiner lebhafteren Beweglichkeit einen Vorsprung gegenüber den ihn begleitenden Darm- bakterien zu verschaffen. So verwandte ALI-CoHEN!? mit Kartoffelsaft gefüllte Kapillarröhrehen. In diese sollten vorwiegend die Typhusbacillen zufolge ihrer lebhaften Beweglichkeit und chemotaktischen Wirkungen einwandern. Wie PAsQuALE!?” mitteilt, hat er mit diesem Verfahren einmal ein positives Ergebnis gehabt. Anknüpfend an eine Beobachtung R. KocHs, welcher auf die Mitte eines an- gefeuchteten Leinenläppchens Cholerastuhl brachte und einige Zeit später am Rande des Läppchens Choleravibrionen in Reinkultur feststellte, hat ferner GABRITSCHEWSKI'"* folgendes Verfahren angegeben. Er bedeckte eine Agarplatte mit bouillongetränktem Fließpapier, dessen Mitte er mit dem zu untersuchenden Material beschickte.e Wenn er nun in einiger Entfernung von diesem kleine Stückchen Fließpapier legte, so bemerkte er, daß bis zu diesen nach einiger Zeit immer nur der beweglichere Typhusbaeillus gelangt war. Um bewegliche Coli- stämme auszuschalten, tränkte G. dann das Fließpapier mit einem agglutinierenden Coliserum. Er gibt an, das Verfahren an zwei Typhusstühlen mit gutem Erfolge angewandt zu haben. Y Eine von demselben Autor angegebene Methode bestand darin, Bacillen- gemische in eine weitere Röhre einzubringen, die in Abständen von 5 em durch Hähne mit schmalen Oeffnungen unterbrochen war. Dnrceh die engen kommuni- zierenden Stellen sollten die Typhusbacillen schneller von einem in den anderen der einzelnen Abschnitte wandern, als die weniger beweglichen Begleitbakterien. Ebensowenig praktische Anwendung wie die erwähnten hat wohl das Ver- fahren von LANDMANN!®® gefunden. Er brachte eine Oese Faeces, denen Typhus- und Colibakterien zugesetzt waren, zusammen mit einem gegen den benutzten Coli- stamm wirksamen Serum in die Bauchhöhle eines Meerschweinchens. Nach 30 Minuten sollen aus den auf Platten ausgestrichenen Proben des Peritoneal- exsudates nur Typhusbacillen in Reinkultur gewachsen sein. Neben anderen praktischen Bedenken muß hiergegen schon rein theoretisch der Einwand erhoben 22 Abdominaltyphus. 139 werden, daß mindestens ein polyvalentes Coliserum für derartige Versuche erforder- lich gewesen wäre. Auf Wachstumsunterschieden in einem halbflüssigen Nährmedium war zu- nächst das Verfahren von ROSENTHAL!“ gegründet, der in niedrigprozentiger Ge- latine die Typhuskolonien spiralig gewundene Ausläufer bilden sah, welche den größeren und kompakteren Colikolonien fehlten. Auch Hıss '*" empfahl zur Züchtung des Typhusbacillus einen halbflüssigen Nährboden, der 1 Proz. Agar, 2,5 Proz. Gelatine, 0,5 Proz. Liebigs Fleischextrakt, 1 Proz. Dextrose und 0,5 Proz. NaCl enthielt mit einer Reaktion entsprechend 2 Proz. Normalsäure (Phenolphthaleinindikator). Typhusbacillen wachsen als kleine mit fadenförmigen Ausläufern versehene, Colibacillen als große runde Kolonien. Nach PARK'* soll sich dieser Nährboden bei Züchtung aus Faeces gut bewährt haben. Ebenso ist von STODDART'*” ein Agar-Gelatine-Gemisch angegeben worden, in welchem allerdings nach Mitteilung des Autors typhusähnliche Bacillen vom Typhusbacillus nicht zu unterscheiden waren. Eine verhältnismäßig weite Verbreitung hat dann später das von PIOR- KOWSKI'* für die Isolierung des Typhusbacillus angegebene Verfahren gefunden. Der von ihm verwandte Nährboden bestand aus alkalisch gewordenem Harn, dessen spezifisches Gewicht am besten 1020 betragen sollte, mit einem Zusatze von 0,5 Proz. Pepton und 3,5 Proz. Gelatine. Diese weiche Gelatine läßt bei 21,5—22° die Typhusbakterien in recht charakteristischer Weise auswachsen. In dicht besäten Platten bilden sich Kolonien mit kleinem hellen länglichen Kern. Von diesem gehen, meist von den Polen, etwa je 4—6 faserförmige ranken- oder spirillenartig gewundene Ausläufer aus. Ihre Länge kann den Kern um das Fünffache über- treffen. Das typische Bact. coli bildet dagegen runde, gelbliche Kolonien mit scharfem Rande ohne Ausläufer. Zwischen der Form der typischen Typhus- und Colikolonie kommen allerdings alle möglichen Uebergänge vor (alkaligene, typhus- ähnliche Bacillen, atypische Colistämme), so daß das bloße äußere Aussehen die weitere Identifizierung verdächtiger Kolonien durchaus nicht etwa unnötig macht. Die PIoRKOWwsKIsche Harngelatine hat seinerzeit vielfache Nachprüfungen er- fahren und zum Teil recht gute Resultate geliefert. (SCHÜTZE'!”‘, WITTICH!®, GEBAUER!?, SCHOLZ & KRAUSE!?, BISCHOFF & MENZER"®®, HERFORD"', MAYER!??, CLEMM*#®, PEPPLER!*, BARONE!®, GALAL'#, UNGER & PORTNER'?”, HAYASCHI- KAWA'® u. a.) Die Herstellung des Nährbodens bereitet gewisse Schwierigkeiten, besonders weil nicht in jedem Harn die charakteristischen Formen der Kolonien zu entstehen ‚scheinen. Daß letztere nicht allein auf der größeren Beweglichkeit der Typhusbacillen beruhen, geht aus einer Mitteilung von SCHOTTMÜLLER ! hervor, wonach der äußerst lebhaft bewegliche Paratyphusbacillus Typ. B. in der Harngelatine gar keine Fortsätze bildet. Nach HavaAscHIKAWA kann man zur Herstellung des Nährbodens jeden beliebigen normalen Harn verwenden, wenn man ihn nach dem Abkühlen und Ausfallen der Urate filtriert und mit Sodalösung alkalisiertt. Diese Methode soll einen Nährboden von konstanter Zusammensetzung liefern. . Ferner hat WeEıL'!* als Ersatz des PiorRKOWwsKIschen Nährbodens einen 0,75-proz. aus Kartoffelsaft hergestellten Agar empfohlen. Dann gab KrAusE'* einen Nährboden an, der 1 Proz. Agar, 13 Proz. Gelatine, 2,5 Proz. Harnstoff und 0,3 Proz. Milchsäure enthält. Typhuskolonien bilden hierin ebenfalls charakteristische Ausläufer. Ein Verfahren der Isolierung des Typhusbacillus in niedrigprozentigem halb- flüssigen Agar hat schließlich Hesse!#, #% empfohlen. Der Nährboden enthält auf 1 Liter Wasser 5 g Agar, 10 & Wittepepton, 5 g Liebigs Fleischextrakt und 85 g NaCl. Durch Anlegen einer Serie von 10 nacheinander beimpften Röhrchen, die zu Platten gegossen werden, muß für genügende Verdünnung des Materials und isolierte Lage der Kolonien gesorgt werden. Auf diesem Agar wachsen Typhus- und ParatyphusB-Bakterien bei 37° in eigentümlichen Kolonien, welche bei Einzel- lage nach 24 Stunden einen Durchmesser von mehreren Zentimetern erlangen. Von Colikolonien unterscheiden sie sich dadurch, daß sie zwischen einem weiß ge- färbten Zentrum und einem kreisrunden schmalen weißen Saum eine breite kaum getrübte Zone einschließen. Gewisse Coliarten wachsen sehr typhusähnlich. Aende- rungen in der Konsistenz des Agars rufen große Schwankungen in Aussehen und Größe der Kolonien hervor. ‚ Die soeben besprochenen Verfahren, welche teils auf den Typhus- bacillus besonders hemmenden Zusätzen zum Nährboden, teils auf der Nutzbarmachung seiner lebhafteren Beweglichkeit beruhten, haben 47* 740 K. H. Kurscher, sich nicht dauernd in der Praxis einbürgern können. Eine wesentlich srößere praktische Bedeutung haben indes diejenigen Methoden ge- funden, die im Stuhlausstrich auf Platten durch Benützung besonders konstruierter Zuckernährböden den Typhusbacillus kenntlich zu machen suchten. Der von MARPMANN"* empfohlene Agar mit 2 Proz. vorher durch Natrium- bisulfit entfärbtem Malachitgrün ist bereits oben erwähnt (S. 730). Auf ihm wachsen Typhusbacillen in dunkelgrünen, Colibakterien dagegen in grau-weißen Kolonien. Auch auf dem von MANKOWSKT’”® angegebenen Säurefuchsin-Indigokarmin-Trauben- zuckeragar ist bereits hingewiesen worden (S. 730). E. PrunL' gab mit Phenol- phthalein versetzte Gelatine zur Züchtung an, desgleichen ZIELLECZKY°'! einen Phenolphthaleinagar. Erwähnt sei hier ferner auch der von GRÜNBAUM & HuME®® empfohlene spezielle Typhusnährboden. Der letztere besteht aus einem Neutral- rot-Milchzuckeragar, welcher zur Zurückhaltung saprophytischer Darmbakterien !/, Proz. Zusatz von taurocholsaurem Natron erhält. Einc besondere Bedeutung für die bakteriologische Typhus- diagnose gewann die Kombination des Milchzuckers mit Lackmus in den Spezialnährböden. Zuerst hatte Wurrz!#8, und zwar ursprünglich zur Differenzierung von Reinkulturen, einen solchen schwach alka- lischen Lackmusmilchzuckeragar angegeben, auf dem die Typhus- bacillen in blauen, die Colibakterien infolge Säurebildung in roten Kolonien wuchsen. Hierdurch wurde die Unterscheidung wesent- lich erleichtert. Einen auf demselben Prinzip beruhenden Lackmus- milchzuckeragar wandten kurze Zeit später SILvESTRIN119, DUNBAr *' und Kasnıpa!50 an. Maruews15l benützte ihn zur bakteriologischen Wasseruntersuchung. Schließlich gestalteten v. DrıcaLsKkI & Üon- rap1!5?2 ihn durch modifizierende praktische Zusätze zu einem für die Isolierung des Typhusbacillus aus dem Bakteriengemisch des Stuhles brauchbaren Nährboden. Das Prinzip dieses Nährbodens beruht ebenso wie bei dem Wüurrtzschen Agar auf der Zersetzung des Milchzuckers durch das Bact. coli unter Säurebildung. Infolgedessen nehmen die sich auf dem Plattenausstrich entwickelnden Colikolonien eine deutlich rote Fär- bung an, während die Typhusbacillen bei gleichzeitiger Anwesenheit von Eiweißstoffen und Zuckerarten zunächst die Eiweißstoffe an- greifen und Alkali erzeugen. Hierdurch gewinnen die sich ent- wickelnden Typhuskolonien ein deutlich blaues Aussehen. Auf dem alten Wurrzschen Agar wurde beim Aufbringen von säurebildenden Bakterien regelmäßig ein starkes, sehr weitgehendes Diffundieren des roten Farbstoffs in den Nährboden hinein in der Umgebung der roten Kolonien beobachtet. Diese Eigenschaft machte ihn zum Isolieren von Bakterien aus einem Bakteriengemisch unbrauchbar (LösENeEr ®). Diesem Uebelstande suchten v. DrıGaLskI & Conrapı dadurch zu be- gegnen, dab sie 1. zur gewissermaßen mechanischen Verhinderung der Diffusion einen hochprozentigen Agar (3 Proz.) verwendeten, 2. durch Zusatz von 0,2 Proz. Soda die gebildete Säure teilweise neutralisierten, 3. dem Agar einen Zusatz von 1:100000 Kristall- violett hinzufügten, um einen Teil der Begleitbakterien, insbesondere säurebildende Kokkenarten, die im Stuhl häufig in großer Menge vorkommen, durch Wachstumshemmung auszuschalten. Die genauere Zusammensetzung des Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagars ist folgende: I. 2 Pfund fettfreies Rind- oder Pferdefleisch werden feingehackt und mit 2 Litern Wasser übergossen, 24 Stunden im Eisschrank stehen gelassen, durch- geseiht, der Rückstand wird abgepreßt. Dem gekochten Filtrat werden 1 Proz. Abdominaltyphus. 741 Pepton sice. Witte, 1 Proz. Nutrose (oder auch 1 Proz. Tropon), 0,5 Proz. Kochsalz zugesetzt. Diese Mischung wird alsdann nochmals gekocht, alkalisiert und filtriert. Hierauf werden 3 Proz. zerkleinerter Stangenagar zugesetzt und nun das Ganze nach 3-stündigem Kochen filtriert, alkalisiert und gemessen. II. 300 ceem Lackmus- lösung (Kahlbaum-Berlin) werden 10 Minuten lang gekocht, mit 30 & Milchzucker versetzt und nochmals 15 Minuten gekocht. Bei Benutzung ist die Flüssigkeit von dem Bodensatz sorgfältig abzugießen. III. 150 ecm der heißen Milchzucker- lackmuslösung Il werden zu 1 Liter flüssigen Agars I zugesetzt, die Mischung wird mit 10-proz. steriler Sodalösung bis zur schwachalkalischen Reaktion alkalisiert (das Lackmus im Nährboden dient als Indikator). Zu dem schwach alkalischen Agar werden auf 1 Liter 3 ccm einer 10-proz. sterilen Sodalösung und 10 cem einer 0,1-proz. Lösung von Kristallviolett Ö chem. rein Höchst steril hinzugefügt. Der Nährboden wird in kleinen Mengen auf Kölbchen (200 ecm) abgefüllt. Die Herstellung des Nährbodens wurde etwas modifiziert von KÜSTER'”: Zu 3 Proz. Peptonagar wird unmittelbar vor dem Filtrieren die nötige Nutrosemenge in Wasser gelöst zugesetzt. Der Nutrose-Peptonagar wird zu je 100 ccm in Soxhlet- fläschehen abgefüllt. In diesen nochmals sterilisiert hält er sich lange, ohne ein- zutrocknen. Lackmus-Milchzuckerlösung wird in der für 100 cem Agar nötigen Menge in Reagensgläschen steril aufgehoben. Soda- und Kristallviolettlösung werden in kleinen Erlenmeyerkölbchen steril vorrätig gehalten, letztere beiden alle 14 Tage erneuert. Bei Bedarf wird der Nährboden frisch hergestellt. Als eine weitere Vereinfachung bei der Herstellung des Lackmus-Milchzucker- Kristallviolettagars empfiehlt HAGEMANN!“ an Stelle von Nutrose und Milchzucker den Zusatz von Milch. Diese Methode hat sich bisher noch nicht in die Praxis eingeführt. Ueber Nachprüfungen des Verfahrens ist nichts bekannt geworden. Auf dem Nährboden werden Plattenoberflächenausstriche — Verdünnungs- platten — angelegt. Die weitere Identifizierung der verdächtig wachsenden Kolonien erfolgt in der üblichen Weise. Zunächst wird durch die Probeagglu- tination auf dem Objektträger oder im hängenden Tropfen mit spezifischem Typhusserum 1:100 unter Kontrolle von Normalserum 1:20 und Kochsalz- lösung der Typhuscharakter der betreffenden Kolonie vorläufig festgestellt. In Typhus- serum agglutinierte oder aüch sonst verdächtige Kolonien werden als Reinkultur auf einem schräg erstarrten Agarröhrchen abgestochen. Nach etwa 20-stündiger Be- brütung bei 37° werden von dieser Reinkultur die Differentialnährböden (Lackmus- molke, Milch, Neutralrotagar) beimpft, Beweglichkeit und eventuell Indolbildung festgetellt sowie die makroskopische Agglutinationsprobe (vgl. Kapitel „Typhus- immunität“) angesetzt. Unter gewissen Umständen wird eventuell der PFEIFFER- sche Versuch zur endgültigen Diagnose erforderlich werden. Auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar wächst der Typhusbacillus in blauen, zarten, tautropfenähnlichen, runden, zu- weilen leicht gezackten Kolonien, welche glasigdurchsichtig sind. Andererseits gibt es eine ganze Reihe von im Darm vorkommen- den, teils pathogenen, teils saprophytischen Bakterien, welche wie der Typhusbacillus den Milchzucker nicht angreifen und deshalb auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar ebenfalls blau wachsen. Auch die tautropfenähnliche Zartheit des Wachstums, die Größe und das glasige Durchscheinendsein der Kolonien haben die typhusähnlich wachsenden Bakterien mit dem echten EBERTH-GArFrrkyschen Bacillus zuweilen gemeinsam. Zu den pathogenen Bakterien dieser Art ge- hören vor allem die Bakterien der Paratyphusgruppe und die Bak- terien vom Typus enteritidis GÄRTNER. Die Vertreter dieser Gruppen wachsen im allgemeinen etwas saftiger und weniger durchsichtig und zart und in größeren Kolonien auf dem Lackmus-Milchzucker- Kristallviolettagar als der Typhusbacillus, ein Verhalten, auf das seinerzeit schon SCHOTTMÜLLER u. a. aufmerksam machten. Diese Wachstumsunterschiede sind jedoch wenigstens innerhalb der ersten 24 Stunden, welche für die Typhusdiagnose im allgemeinen in Be- tracht kommen, für die einzelnen Stämme durchaus nicht immer gleichmäßig genug ausgeprägt, um praktisch verwertet „werden zu können. Ebenso wie sehr zart und tautropfenähnlich und in kleinen 742 K. H. Kurscher, Kolonien durchscheinend wachsende Paratyphubacillen nicht zu den Seltenheiten gehören, so kommt es auch umgekehrt häufig genug vor, daß die EBERTH-GAFFKyschen Typhusbacillen in saftigeren, etwas trüben und größeren Kolonien wachsen, wie man sie sonst nur beim Wachstum der Bakterien der Paratyphus-Fleischvergiftungsgruppe zu sehen gewöhnt ist (KuUTsSCHER & Meinıck£® u. a.). Der Para- typhusbacillus Typus A wächst andererseits, wie übereinstimmend von allen Autoren berichtet wird, auf dem Lackmus-Milchzuckeragar durchaus wie der echte Typhusbacillus. Die gesamten Bakterien der Paratyphus-Enteritisgruppe wachsen auf der blauen Platte zwar typhusähnlich, lassen sich aber bei der weiteren Differenzierung trotzdem leicht von Typhusbacillen durch die Immunitätsreaktionen und kulturell durch ihr Verhalten dem Trauben- zucker (Gasbildung) gegenüber unterscheiden. Ebenso ist es nicht schwierig, den auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar eben- falls durchaus typhusähnlich wachsenden Bac. faecalis alcaligenes kulturell vom Typhusbacillus zu trennen. Eine andere Reihe von Bakterien aus der Gruppe der saprophytischen Alkalibildner indes können bei der Diagnose mehr Schwierigkeiten bereiten. Sie wachsen zuweilen durchaus wie echte Typhusbacillen in zarten, durchscheinen- den, glasigen Kolonien, verhalten sich im übrigen kulturell ebenso wie der EBEerrHn-Garrkysche Bacillus und unterscheiden sich von ihm nur durch die dauernde Nichtagglutinabilität mittels hochwertigen Typhusimmunserums.. Wenn man nun bedenkt, daß einerseits der- artige typhusähnliche Bakterien zuweilen von Typhusimmunserum in geringen Grenzen mitagglutiniert werden können (KLINGEr°), und dab es andererseits bekanntlich zuweilen echte Typhusstämme gibt, welche frisch aus dem Körper isoliert, inagglutinabel oder schwer agglutinabel sind (EnGLınG & GRASSBERGER!?3 u. a.), so wird man die Schwierigkeiten ermessen können, die durch das typhusähnliche Wachstum gewisser Darmsaprophyten unter Umständen entstehen können. In praktischer Beziehung ergibt sich für die bakteriologische Untersuchung auf Typhusbakterien die Notwendigkeit, derartige ur- sprünglich nicht agglutinierende typhusverdächtige Kolonien durch sorgfältige serologische weitere Untersuchungen zu identifizieren, da zuweilen die Agglutinabilität auch bei echten Typhusstämmen sich erst nach mehrmaligem Umzüchten auf künstlichen Nährböden einstellt. Typhusähnliche Bakterien im Stuhle oder Urin, welche durch ihr Wachstum auf Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettager von echten Ü'yphusbacillen nicht zu unterscheiden waren, und welche zum Teil in die Proteus- bzw. Fluoreszenzgruppe gehörten, sind wiederholt be- schrieben worden (KLinGEr 102, Kayser u. a.). Aehnliche Schwierig- keiten bezüglich der typhusähnlichen Bakterien finden sich übrigens nicht nur bei dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar, sondern wegen des typhusähnlichen Verhaltens der genannten Bakteriengruppe mehr oder weniger ausgesprochen auch auf allen anderen Spezial- nährböden. Außer dem Vorteil, welchen die deutliche Farbenreaktion des Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagars für die Ausschaltung der Colibakterien gebracht hat, kommt ihm weiterhin zweifellos für die praktische Verwendbarkeit bei der Stuhluntersuchung noch eine weitere Eigenschaft sehr zu statten. Infolge des Zusatzes von Kristallviolett ist er imstande, eine recht erhebliche Wachstums- Abdominaltyphus. 143 hemmung auf viele andere Bakterien, insbesondere säurebildende Darmbakterien, auszuüben. Ein infolge des Kristallviolettzusatzes und der durch ihn bedingten Wachstumsbehinderung gewisser Darm- bakterien häufiger eintretender und beachtenswerter Umstand ist allerdings folgender. Beim Oberflächenausstrich kommt es zuweilen vor, dab Mischkolonien mehrerer Bakterienarten infolge mangelhafter mechanischer Trennung aneinanderhaftender Bakterienindividuen ent- stehen. Wenn nun eine, der Einwirkung des Kristallviolettes zugäng- lichere Art im Wachstum zunächst behindert wird, so kann sie nach- träglich doch noch auskeimen, sobald die betreffende Kolonie als Reinkultur auf gewöhnliche Nährböden übertragen ist. Auf diese Weise wird zuweilen zur Bildung einer Mischkultur Veranlassung gegeben. Trotz des Kristallviolettzusatzes kommt es übrigens vor, daß säurebildende saprophytische Darmbakterien, besonders Kokken, häufige sogar in Reinkultur die Platten bewachsen und vereinzelte Typhuskolonien überwuchern (KLInGEr 156, FRoMMEI? u. a.). Der große praktische Vorteil, einzelne Typhuskolonien leicht an ihrer blauen Färbung zu erkennen, kommt zuweilen allerdings auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar ebenfalls nicht zur Gel- tung. Bei sehr dicht mit Bact. coli bewachsenen Platten tritt nämlich auch bei dem hochprozentigen Agar zuweilen eine so starke Diffussion des roten Farbstoffes in die Umgebung der Colibakterien ein, daß etwa zwischen ihnen wachsende, vereinzelte kleine Typhuskolonien unter Umständen leicht dem Untersucher entgehen können. Auf dieses Verhalten, welches übrigens nicht etwa dem Lackmus-Milch- zucker-Kristallviolettagar als solchem zur Last fällt, sondern das auch bei anderen durch die Farbenreaktion wirkenden Nährböden zu beob- achten ist (Endoagar), muß bei dicht bewachsenen Platten stets ge- achtet werden. Trotzdem wird der geübte Untersucher diese rot wachsenden Typhuskolonien nicht leicht übersehen, weil sie durch ihre Zartheit und glasige, durchscheinende Beschaffenheit sich doch deut- lich von den sie umgebenden, mehr trüben, massiveren, aber durchaus nicht immer größeren Colikolonien unterscheiden lassen. Einige an- deren Bakterien, die auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar eollähnlich wachsen, wie der Havelvibrio Wernicke, der Milchsäure- bacillus, Schweineseuchebacillus (HırschsrucH & Schwer !55) kommen für die Verwechslung mit etwa zufällig rot gefärbten Typhuskolonien wegen des Aussehens ihrer Kolonien kaum in Betracht. Trotz der ihm noch anhaftenden erwähnten Mängel bedeutete der Lackmus - Milchzucker -Kristallviolettagar seinerzeit doch einen so wesentlichen Fortschritt gegen die bis dahin üblichen Verfahren, daß er bei der bakteriologischen Typhusdiagnose die weiteste Verbreitung gefunden hat. Wie eine Reihe von Veröffentlichungen beweisen, er- gaben die mit dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar vorge- nommenen Untersuchungen von Stuhl- und Urinproben im günstigsten Falle 64 Proz. positive Resultate (Kraus£!59), andere Untersucher sprechen sich ebenfalls mehr oder weniger günstig über ihre Unter- suchungsergebnisse aus (Döntrz!60, HErBERICH!®l, Krause & STERTZIE2, Lipschürz !%, Bussenıusi#%, HERBERT!65, Borme 1%, BörricHer 197, Drrraorn 168, Fromme !6%, Grär!" Hecker & Orro!", Küster 12, MARManN 173 G. Mayer!” Lüprtke 17), Etwäs weniger gute Resultate hatten namentlich im Vergleich mit anderen, besonders neueren später 744 K. H. KurscHer, zu besprechenden Nährböden REıSCHAUER !"®, ferner GRIMM !"”, KLINGER 18, Sımox !"9%, Bock 18°, 181 Schuster !®?. Zahlenmäßige Angaben über die Anzahl der positiven Befunde machen außerdem vergleichend im Hinblick auf andere nachher zu besprechende Untersuchungsmethoden Kııner '33 (33 Proz.), GAEHTGEnNs !# (37 Proz.), Simon !'® u. a. Von einigen Untersuchern werden besonders die verhältnismäßig hohen Herstellungskosten des Lackmus-Milchzucker-Kristallviolett- agars anderen neueren Nährböden gegenüber als Nachteil hervor- gehoben. Mit einer weiteren Modifikation des WurTzschen Agars will CHANTEMESSE ”"! gute Ergebnisse gehabt haben. Er benützte einen Lackmus-Milchzuckeragar, der 2 Proz. Agar, 2 Proz. Milchzucker, 3 Proz. Pepton sowie auf je 10 ccm 4 Tropfen einer 5-proz. Karbolsäurelösung enthielt. Ueber Nachprüfungen ist nichts bekannt geworden. GuTH?® verwendete einen Milchzuckeragar, dem er statt Lackmus als Indi- kator Alizarin zusetzte. Der fertige Nährboden ist dunkelblau mit einem Stich ins Rötliche. Bact. coli färbt ihn unter Aufhellung gelb, Typhusbacillenkolonien er- scheinen graublau und lassen ihn undurchsichtig. Durch Zusatz von Malachitgrün (siehe später S. 747ff.) wird die Entwickelung von Coli stark gehemmt, aber auch Typhusbacillen treten erst nach 40—48 Stunden hervor. Einen Nährboden für die Züchtung des Typhusbaecillus, ebenfalls auf dem Wurrtzschen Prinzip beruhend, hat schließlich neuerdings noch DUNSCHMANN ”” angegeben. Zu einem 3—4-proz. Agar werden 0,5 Proz. Gelatine, 1,5—2,5 Proz. Natrium taurocholicum, 4 Proz. Milchzucker, 5 Proz. Pepton v6g6tale — durch Einwirkung von Papayotin auf Leguminoseneiweiß hergestellt — und dann zum Schluß kurz vor dem Plattengießen noch 10 Proz. Lackmustinktur hinzugesetzt. Das Natr. taurochol. soll besonders das Wachstum der Typhusbaecillen befördern. Zur Anreicherung aus Blut und Stuhl empfiehlt derselbe Autor als Anreicherungs- flüssigkeit eine Peptonbouillon mit 2,5 Proz. taurocholsaurem Natrium. Ueber de Leistungsfähigkeit des Nährbodens liegen von anderer Seite, soweit dem Verf. be- kannt, noch keine Mitteilungen vor. Als ein weiterer, neuerer, spezieller Typhusnährboden ist dann ferner der von Exno18? angegebene, auf demselben Prinzip wie der Romonpsche 62 Nährboden (vgl. S. 727) beruhende Fuchsinagar zu erwähnen. Die Zusammensetzung des Endoagars ist kurz folgende: Zu 1000 cem neutralem 3-proz. Agar werden 10 & chemisch reiner Milchzucker hinzugesetzt, ferner 5 ecm gesättigte alkoholische Fuchsinlösung, 25 eem 10-proz. Natriumsulfitlösung und 10 cem 10-proz. Sodalösung. Der Nährboden, welcher in kleinen Portionen gegen Licht ge- schützt aufgehoben werden soll, muß bei genauer Befolgung der Vorschrift E Autors nach vollständiger Erkaltung fast farblos erscheinen. (Genauere Angaben siehe im Original.) Der Chemismus des Farbenumschlages beruht im Prinzip darauf, daß Fuchsin im wesentlichen salzsaures Rosanilin ist, C,,H,„N,HCl, eine farblose Leuko- base, die mit verschiedenen Säuren, wie Milchsäure, einen roten Farbstoff bildet. Die Säurekomponente des Rosanilins wird durch Reduktionsmittel, wie Natriumsulfit, leicht reduziert. Die bei der Zersetzung des Milchzuckers durch Bact. coli ent- stehende Milchsäure färbt dann den entfärbten Nährboden wieder intensiv rot. Auf diese Weise lassen sich die stark rot gefärbten Colikolonien nach 24 Stunden leicht auf dem Oberflächenausstrich von den farb- losen Kolonien des Bact. typhi unterscheiden, welche bei auffallendem Lichte leicht bläulich erscheinen und nicht doppelt konturiert sind. Die Größe der letzteren beträgt nach 24 Stunden 2—4 mm, nach 48 Stunden nehmen sie ein rötliches Aussehen an und erreichen schließ- lich die doppelte Größe der Colikolonien. Die zahlreichen Alkalibildner, welche wie die Bakterien der Para- typhus-Enteritis-Gruppe, die Ruhrbacillen, der Bac. faecal. alcaligenes und schließlich die große Anzahl der typhusähnlichen Bacillen Milch- zucker nicht zersetzen, wachsen naturgemäß auf dem Endoagar m Abdominaltyphus. 145 ebenso farblos wie der Typhusbacillus selbst. Die Paratyphus-B- Kolonien pflegen im Oberflächenausstrich durchschnittlich auch hier etwas größer und weniger durchsichtig zu sein als Typhuskolonien. Im übrigen bestehen aber auf dem Endonährböden bei typhusähnlich wachsenden Bakterien differentialdiagnostische Schwierigkeiten in demselben Maße wie bei dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolett- agar. Mit Endoagar haben einige Untersucher gute Ergebnisse erzielt, welche zum Teil die mit dem Lackmus-Milchzuckeragar er- haltenen übertrafen (KLinGer !"®, 189 MarscHALL !°®, PETKOWITScH ®, GAEHTGENS 18%, Simon !"®, Bock !%0, Bonne 16%, BÖTTICHER 167, GAEHTGENS & Brückner !?%, KATHE & Buasıus 191, Marx 192, HERFoRD 19°, MÜLLER 197, SCHELLER !”®S). Andere haben keine wesentlichen Vorteile von seiner Anwendung gesehen bzw. halten ihn für den Typhusnachweis in den Stuhlentleerungen dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar für gleichwertig (HERBERICH !?!, CLaupırz !%, Ruarta !%, GrÄr!'"®, HECcKER & Orro !"!, ScHUsTEr !??). Der wesentlichste und zuweilen recht unbequeme Nachteil des Endoagars ist nach den Erfahrungen des Verfassers u. a. (HERBE- RıicH 192, Ruata19, Fürntratt!9) der, daß Colibakterien und Säure- bildner gar nicht zurückgehalten werden. Bei Anwesenheit zahl- reicher Bakterien dieser Art im Stuhl diffundiert daher die rote Färbung, welche die genannten Bakterien erzeugen, außerordentlich leicht in die Umgebung. Hierdurch werden die zarten Typhus- kolonien ebenfalls verdeckt. Aus demselben Grunde eignet sich der Endoagar nicht zur Untersuchung von Erdproben auf Typhusbaeillen (CLaupırz 195). HERBERICH 19% fand außerdem ein auf dem Endoagar farblos wachsendes Bact. coli. Diesem Nachteil stehen andererseits speziell dem v. Drigalski- Conradiagar gewisse Vorzüge gegenüber. Als Vorteil wird einmal hervorgehoben die Möglichkeit, bequem bei künstlichem Lichte mit ihm arbeiten zu können, ohne durch die Farbreaktion der Kolonien gestört zu werden, wie dies beim Lackmus-Milchzucker-Kristallviolett- agar der Fall ist (KrLınGer 183, Marx192). Ferner ebenfalls dem letzt- genannten Nährboden gegenüber die Auskeimung sämtlicher auf der Platte zur Aussaat gelangenden Typhusbakterien infolge des mangeln- den Kristallviolettzusatzes (Bock !8° u. a.). Schließlich wird betont, daß die Typhuskolonien auf der Endo- platte außerordentlich leicht als solche zu erkennen seien. Letzteres kann Verf. aus eigener Anschauung bestätigen. Die Auffindung der Typhuskolonien wird allerdings zuweilen etwas schwieriger, wenn viele typhusähnliche Bakterien mit auf der Platte gewachsen sind (CLaupıtz195), da, wie bereits betont, sämtliche auf dem Lackmus- Milchzucker-Kristallviolettagar blau wachsenden Alkalibilder auf dem Endoagar naturgemäß ebenso farblos wachsen wie der Typhusbacillus. Als weiterer Vorteil des Fuchsinagars werden schließlich seine schnelle und leichte Herstellung sowie die geringen Herstellungskosten hervor- gehoben (Krınger 183), Um die durch starkes Coliwachstum bei Benutzung des Endo- agars beeinträchtigte Sicherheit der Typhusdiagnose zu erhöhen, ver- suchte GaEHTGEns!84 durch Zusatz von 0,33 Proz. chemisch reinem Koffein zu diesem Nährboden die Colibacillen in ihrem Wachs- tum zu hemmen, ohne eine Schädigung der Typhusbacillen bzw. Para- typhusbacillen herbeizuführen. Er hatte mit seinem Verfahren 746 K. H. Kurtscher, wesentlich bessere Resultate als mit dem Lackmus-Milchzucker- Kristallviolettagar und dem gewöhnlichen Endoagar. Letzteres bestätigen die Arbeiten von GAETHGENS & BRÜCKNER 190 sowie WERBITZKI?, Trotz verschiedener ihm anhaftender Mängel hat sich doch der Endoagar heute ohne Zweifel viele Freunde erworben, namentlich wegen der sehr markanten Farbdifferenzen und der im allgemeinen leichten Erkennbarkeit der Typhus- und Paratyphuskolonien. Recht gute Ergebnisse wird man mit ihm erzielen können, wenn es sich um die Untersuchung coliarmer Stühle handelt. Besonders empfohlen wird er in Verbindung mit dem HorrmAann-Fiıckerschen Koffein- Anreicherungsverfahren (s. später) für Wasseruntersuchungen, weil die coli- und säurebildenden Wasserbakterien durch die Koffeinvor- kultur bereits größtenteils ausgeschaltet sind. Die bisher besprochenen Verfahren der Isolierung aus dem Bak- teriengemisch des Stuhles beruhten der Hauptsache nach darauf, durch Farbdifferenzierung besonders die Colibakterien kenntlich zu machen und hierdurch ihre Unterscheidung vom Typhusbacillus zu erleichtern. Weiterhin sind dann zahlreiche Nährböden konstruiert worden, welche bereits einen Schritt weitergehen, indem sie durch wachstums- hemmende Zusätze speziell das Bacterium coli und zum Teil auch die anderen saprophytischen Darmbakterien auszuschalten sich bemühen, ohne den Typhusbacillus und seine Verwandten hierdurch noch zu schädigen. Zum großen Teil benutzen sie außerdem auch die Farbreaktion zur Kenntlichmachung der Coli- bakterien. Einen Uebergang zu solchen Nährböden bilden bereits der schon erwähnte Koffein-Fuchsinagar von GAEHTGENns13* und der Kindborgagar?5 mit Malachitgrünzusatz. Zunächst ist hier zu erwähnen das Verfahren von HoFFMANN & Fıcker2%. Diese Autoren versuchten, einem Vorgange von Roru ?0% folgend, durch Zusatz von Koffein und Kristallviolett zum Nährboden in der Vorkultur eine möglichst vollständige Aus- schaltung der Colibakterien durch Wachstumshemmung und gleich- zeitix eine Anreicherung der in dem Substrat befindlichen Typhus- bacillen zu ermöglichen. Rorm hatte nämlich gefunden, daß ein ge- wisser Koffeinzusatz eine stark entwickelungshemmende Einwirkung auf Bact. coli besitzt, während Typhusbacillen gleichzeitig nicht oder nur ganz wenig geschädigt werden. ‚Jedoch hatte Rorm bisher eine exakte Untersuchungsmethode auf dieser Grundlage nicht ausge- arbeitet. Nach zahlreichen Vorversuchen gelangten HorFMAanNn & Fick£r nun zu einer Art Anreicherungsverfahren, indem sie der Koffeinbouillon als Vorkultur noch einen Zusatz von Kristallviolett hinzufügten, um auch außer den Colibacillen auch die übrigen Darm- bakterien einigermaßen außer Konkurrenz mit den Typhusbacillen zu setzen. HE Die von ihnen angegebene Anreicherungsflüssigkeit für die Stuhluntersuchung besteht aus 100 cem eines nach genau angegebener Vorschrift hergestellten Fleisch- wassers, das einen Alkalitätsgrad von 38,64 Proz. der zur Phenolphthaleinneutrali- sierung nötigen Menge Normalnatronlauge-. besitzt. Diesem werden 105 cem einer 1,2-proz. Koffeinlösung und 1,4 ccm einer 0,1-proz. Kristallviolettlösung zugesetzt. Nach Zufügung der zu untersuchenden Stuhlproben (0,8—0,9 eem) wird die An- reicherungsflüssigkeit 13 Stunden lang bei 37° gehalten. Mit der Anreicherungs- flüssigkeit (0,3, 0,2 und 0,1 cem) beschickte Serien von Lackmus-Milchzuckeragar- platten werden alsdann nach weiteren 24 Stunden auf verdächtige Kolonien weiter Abdominaltyphus. 147 untersucht und diese in der üblichen Weise identifiziert. Bei negativem Ausfalle dieser Untersuchung empfehlen die Autoren die biologische Ausfällung der auf Eis aufgehobenen Anreicherungsflüssigkeit nach ALTSCHÜLER mit Typhusserum und nochmaliges Ausstreichen des Niederschlages auf Lackmus-Milchzucker-Kristall- violettagarplatten. (Bezüglich der Einzelheiten der Methode siehe das Original.) HOFFMANN & Fiıcker konnten in mehreren Fällen aus Stühlen von Typhuskranken und -rekonvaleszenten mittels ihres Verfahrens noch Typhusbacillen isolieren, wo das einfache Plattenverfahren im Stiche gelassen hatte. Bei der Nachprüfung des Verfahrens in ver- gleichenden Untersuchungen mit anderen Methoden hatte KrınGer 183 zwar etwas bessere Resultate als mit dem Lackmus-Milchzucker- Kristallviolett- und Endoagar, jedoch kam es häufig vor, dab Bakterienarten, deren Wachstum weder durch Koffein noch durch Kristallviolett gehemmt wurde — Pyocyaneus- und Proteusarten (v. Jaxsch & Rau210, ReıscHAauer 176) — die Platten überwucherten und unbrauchbar machten. Günstig sprechen sich ferner aus WER- BITzk1200 und Lusenau2l2, von denen letzterer durch gewisse Modi- fikationen die Methode noch zu verbessern suchte. Eine eigentliche Anreicherung, d. h. wirkliche Vermehrung der Typhusbacillen in der Anreicherungsflüssigkeit findet nicht statt, sondern zum größten Teil nur ein Zurückdrängen der Faecesbakterien, vor allem des Bact. coli (FrIEpeL?!1, Kroumann 213, REISCHAUER!76). Bei den Versuchen von HerserıcH 19%, welche mit sehr großen Mengen von Typhus- bacillen als Zusatz ausgeführt wurden, fand sich zum Teil nach 13 Stunden nur ein Fünftel der eingesäten Typhusbacillen wieder. CouURMONT & LacommE?! fanden unter elf Typhusstämmen vier, Bırr?!5 unter 31 Typhusstämmen 26, deren Wachstum durch den Koffeinzusatz ebenso bzw. noch in höherem Grade gehemmt wurde als das der Colibakterien. Das Verfahren ist an und für sich leider ziemlich zeitraubend und umständlich und hat sich deshalb in seiner jetzigen Form bisher noch wenig in der bakteriologischen Praxis eingebürgert. Da aber doch unter Umständen eine nicht unerheb- liche relative Anreicherung der Typhusbacillen möglich ist, so wird es vielleicht gelegentlich in Fällen, in denen andere Verfahren ver- sagt haben, mit Erfolg zur Untersuchung der Faeces herangezogen werden können. HAMMERSCHMIDT’!® hat ferner für die Anreicherung von Typhusbaeillen in Faeces einen ganz geringen Zusatz von Kresolwasser empfohlen (1 g verdünnter Stuhl + 5 cem Bouillon + 0,125 Proz. Kresolwasser). Dieser Zusatz hält Bact. coli bereits zurück, während sich Typhusbaeillen noch weiter entwickeln. Eine Anreiche- rung im Stuhl ist dem Autor auf diese Weise, soweit bekannt, bisher nicht geglückt. Zurückgreifend auf die schon im kristallvioletthaltigen Lackmus- Milchzuckeragar erprobte bakterizide Wirkung der Anilinfarbstoffe hatte ferner Lörrter2!! in dem Malachitgrün in gewissen Kon- zentrationen ein gutes Mittel gefunden, um die Colibakterien im Wachstum zurückzuhalten, ohne die Typhusbakterien in ihrer Liebens- energie wesentlich zu schädigen. LöFFLER gab zunächst zur Isolierung des Typhusbacillus und verwandter Bakterien aus Faeces und Bakteriengemischen einen Zusatz von Malachitgrün Höchst 1:1000 bis 4000 zum Nährboden an. Später105, 106 modifizierte er sein Verfahren mehrfach unter Verwendung anderer Malachitgrün- präparate. Zuerst wurde das Präparat 120 in einer Konzentration 1:2000 als Zusatz, schließlich Malachitgrün chem. rein — Chlorzink- doppelsalz empfohlen. 148 K. H. Kurscner, Auf dem Malachitgrünagar wachsen Typhusbacillen in kleinen durchsichtigen zarten Kolonien, die von einer hellgelblichen Zone umgeben sind. Letztere wird in der Regel erst nach 48 Stunden richtig deutlich. Der Paratyphusbacillus Typ B und die übrigen Bak- terien der Paratyphus-Enteritisgruppe erscheinen dagegen in Form von großen, blaßgelben, runden Kolonien, welche den Nährboden in ihrer Umgebung aufhellen. Colibacillen werden durch die gewählte Konzentration des Malachitgrüns fast vollständig zurückgehalten. Die auskeimenden Colikolonien sind dick, undurchsichtig und haben ein weißlichtrübes Aussehen. Auch die Mehrzahl der Alkalibildner, z. B. Bac. faecalis alcaligenes, gedeihen auf dem Malachitgrünagar nicht, wohl aber sehr gut alle Bakterien der Paratyphus-Enteritis- Gruppe, für welche er geradezu einen elektiven Nährboden darstellt. Um eine möglichst weitgehende relative Anreicherung der Typhus- bacillen unter gleichzeitiger Ausschaltung der Begleitbakterien zu er- zielen, hat dann LörrtLer!05 ferner einen hochprozentigen Malachit- srün-Gelatinenährboden empfohlen, dem außer 3 Proz. einer 2-proz. Malachitgrünlösung noch 3 Proz. einer doppelt normalen Phosphor- säure zugesetzt werden. Die Gelatine wird mit dem zu untersuchenden Material versetzt, so daß je ein Tropfen Material zu 2 Röhrchen von je 20 ccm der verflüssigten Gelatine hinzugefügt und gut vermischt werden. Während das eine Röhrchen sofort zur Platte ausgegossen wird, geschieht letzteres bei dem zweiten erst nach Anreicherung bei 37°. Die Platten werden bei 25° gehalten, wobei die hoch- prozentige Gelatine (15 Proz.) nicht flüssig wird. Die weitere Iden- tifizierung findet in der üblichen Weise statt. Nach 24 Stunden zeigen die Typhuskolonien ein hellgraues, stark glänzendes gekörntes Aussehen und meistens zahlreiche, borstenartige feine Fortsätze, die zuweilen spiralig gewunden sind. An ihrer knochenkörperchen- oder milbenähnlichen Form sind sie verhältnismäßig leicht zu erkennen. Das Urteil über die von LöFrFLER in die Praxis eingeführten älteren Malachitgrünnährböden lautet außerordentlich verschieden. Sehr viele Untersucher (Kıräryrı2l8, Frıepen?!!l, Bone 166, Fromme 169, DoEBErT219, PraBopy & Prart?# u. a.) hatten im Gegen- satz zu LÖFFLER ungünstige Ergebnisse. Auch das von LÖFFLER beschriebene charakteristische Wachstum der Typhusbacillen in der Malachitgrüngelatine konnte z. B. von Neumann 20 nicht bestätigt werden. Andere Nachprüfungen des Gelatineverfahrens liegen kaum vor. Die auffälligen Mißerfolge vieler Untersucher finden ihre Er- klärung zweifellos in der von LÖöFFLER selbst und später von andern wiederholt gemachten Beobachtung, daß die verschiedenen Malachit- grünpräparate, welche im Handel käuflich sind, infolge ihrer un- gleichmäßigen Zusammensetzung durchaus verschieden sowohl auf Coli- als auch auf Typhusbacillen einwirken (Fürrn 221, KLınger 156, Nowack ???, SCHINDLER223 u. a.). ‘Außerdem werden nicht nur Coli- bacillen, sondern bis zu einem gewissen Grade auch die Typhusbacillen durch das Malachitgrün in ihrem Wachstum geschädigt. Nach Vıar 226 keimen auf der Malachitgrünplatte nur etwa 35 Proz. der ausgesäten Typhusbacillen aus. Dorserr2!19 fand sogar nur 10 Proz. der Aus- saat wieder. Fürrm??1 beobachtete unter 36 Colistämmen 26, die durch Malachitgrünzusatz nicht im Wachstum gehemmt wurden. ScHInD- LER??3 stellte für eine Anzahl verschiedener Typhusstämme durchaus verschiedene Konzentrationen selbst des chemisch reinen Malachit- Abdominaltyphus. 749 grüns als bereits im Wachstum schädigend fest. Sämtliche nicht chemisch reinen käuflichen Malachitgrünpräparate enthalten in ver- schiedenstem Prozentsatz Dextrin. Der Dextringehalt ist für die Reaktion des fertigen Nährbodens durchaus nicht gleichgültig infolge der durch ihn bedingten nachträglichen Säurebildung, worauf be- sonders KLinGEr156 sowie LEnTz & Tietz22% hinwiesen. Außerdem schwächt er die bakterienhemmende Wirkung des Malachitgrüns ab. Nimmt man diese verschiedenen Momente zusammen, so sind bei Ver- wendung aus verschiedenen Quellen bezogener Malachitgrünpräparate die mannigfachen Mißerfolge ebenso wie die vielfach verschiedenen Angaben der optimalen Konzentration des Malachitgrüns bei den ein- zelnen Untersuchern durchaus erklärlich. Leuchs??25 schlug deshalb auf Grund eingehender Versuche zuerst vor, chemisch reines Malachit- grün zu verwenden, dem zur Abschwächung seiner Wirkung auf Typhusbacillen chemisch reines Dextrin in abgemessener Menge hin- zugesetzt werden sollte. Die Herstellung dieses Malachitgrünagars nach LEUCHS, der sich im allge- meinen an die Vorschriften LÖFFLERS hält, geschieht in folgender Weise. In 100 cem Bouillon (2 Liter Wasser auf 1 Pfund Rindfleisch) werden 0,5 g Kochsalz, 1 g chemisch reines Dextrin und 3g Agar gelöst, der Dextrin-Bouillon-Agar für Lack- mus neutralisiert. Hierzu werden weiter 0,5 cem Normalsodalösung und 10 cem einer 10-proz. Nutroselösung zugesetzt, das Ganze nochmals aufgekocht, filtriert, sterilisiertt und zum Schlusse mit 1,6—1,8 ccm einer Q,l-proz. Lösung chemisch reinen Malachitgrüns (Malachitgrünkristalle extra Höchst) versetzt. - Ueber günstige Ergebnisse mit dem von LrucHhs modifizierten Malachitgrünagar berichten u. a. VıaL226 und Fürrtm?21. Auch Ver- fasser hat: mit ihm gute Resultate gehabt. Neuerdings schlägt ScHIND- LER 223 vor, chemisch reines Malachitgrün ohne Dextrin zu verwenden, da durch den reinen Farbstoff allein Wachstumsunterschiede der Typhusbacillenrassen nicht bedingt werden. Für Stuhluntersuchungen empfiehlt er bei schwach saurem Algar für das chemisch reine Malachit- srün eine Konzentration von 1:30000, bei neutralem von 1:50000. Auch LörrtLer106 verwendet bei seinen neueren Nährböden che- misch reines Malachitgrün in Form des Chlorzinkdoppelsalzes (vgl. S. 747). Das chemisch reine Malachitsrün wirkt nach LÖFFLER etwa 6— mal so stark bakterizid aufColi als das dextrinhaltige Präparat 120. Zur Vorkultur bzw. als Anreicherungsverfahren bei der Isolierung der Typhusbacillen aus dem Stuhl empfahlen den Malachitgrünagar zuerst Lentz & Tietz 22%, Die genannten Autoren verwandten ursprünglich Malachitgrün I Höchst. Auf 100 ccm des schwachsauren Agars wurde 1 ccm einer Lösung des Malachitgrüns 1:60 zugesetzt (Konzentration 1:6000). Die Typhusbacillen wachsen bei dieser Farbstoffkonzentration innerhalb 24 Stunden nur zu kleinen, mit bloßem Auge kaum sichtbaren, sand- korngroßen, hellen Kolonien aus, um erst nach 2 bis 4 Tagen große, den Agar gelb färbende Kolonien zu bilden. Die Paratyphusbacillen Typus B, bilden nach 16—20-stündigem Wachstum im Brutofen 2—3 mm im Durchmesser haltende, glasig durchscheinende, leicht milchig getrübte Kolonien, welche den Agar in ihrer Umgebung gelb- färben. Die Colibakterien wachsen als große, undurchsichtige, milchig getrübte Kolonien. Statt des Malachitgrüns I kann man selbstver- ständlich in entsprechender Konzentration ebensogut das chemisch reine Präparat bzw. den Levchsschen A'sar benutzen. 750 K. H. Kurtscher, Das Verfahren besteht darin, daß der zu untersuchende Stuhl je nach Bedarf mit physiologischer steriler Kochsalzlösung dünnflüssig verrieben wird. Von dieser Aufschwemmung werden zwei große Tropfen zunächst auf einer großen Malachit- erünplatte gut ausgestrichen und hiervon, ohne den Glas- bzw. Platinspatel abzu- brennen, weitere Uebertragungen auf zwei große Lackmus-Milchzucker-Kristallviolett- agarplatten vorgenommen. Statt dieses Nährbodens wird neuerdings zur Nachkultur vielfach die Anwendung des Endo- oder bei sehr keimreichen Stühlen auch des Brillantgrünpikrinsäureagars (vgl. S. 755) empfohlen. Urin wird zentrifugiert und in gleicher Weise verarbeitet. Finden sich nach 24 Stunden bei 37° auf den blauen bzw. Endo- usw.-Platten keine Typhusbacillen, so wird die grüne Platte mit etwa S—10 eem steriler NaCQl-Lösung übergossen und etwa 2 Minuten ruhig stehen ge- lassen. Durch danach vorgenommenes leichtes Hin- und Herneigen der Platte und vorsichtiges Schwenken der Flüssigkeit lösen sich die Typhus- (und Paratyphus-) Kolonien auf, während sich die diekeren Colikolonien höchstens in toto ablösen (Jorss?”). Von der Abschwemmungsflüssigkeit werden dann, nachdem sich die- selbe noch während einiger Minuten ruhigen Stehens abgesetzt hat (Platte auf die Kante gestellt), noch einmal 1—3 Oesen auf eine Serie Lackmus-Milchzucker-Kristall- violettagar-Platten bzw. Endoagar usw. weiter übertragen. Die Untersuchung und Identifizierung der verdächtigen Kolonien findet in der üblichen Weise nach weiteren 16—20 Stunden statt. Um das beim Abspülen der Grünplatten kaum zu umgehende Ueberimpfen von Colibakterien möglichst zu vermeiden, schlägt O. MAYER” neuerdings vor, die Platten nach der Aufbringung der Kochsalzlösung ruhig 5 Minuten stehen zu lassen und dann aus der Flüssigkeit 1 Oese auf Drigalski- bzw. Endoplatten zu übertragen. Hierdurch will er günstigere Resultate erzielt haben. Das Verfahren von Lentz & Tietz bedeutet nach dem fast ein- stimmigen Urteil aller Untersucher eine wesentliche Ver- besserung gegenüber dem einfachen Plattenverfahren (Enpo und v. DRIGALSKI-ConRADI). Wenn auch naturgemäß bei dieser Methode von einer absoluten Anreicherung der Typhusbaeillen nicht die Rede sein kann, da zweifellos nicht einmal alle auf die Malachit- srünplatte gebrachten Typhusbakterien auskeimen, so scheint doch mittels der Malachitgrünplattenvorkultur das zahlenmäßige Verhältnis der in dem zu untersuchenden Stuhle vorhandenen Coli- und Typhus- bacillen durch die Zurückdrängung der ersteren sowie vielfach der anderen Begleitbakterien derartig zugunsten der Typhusbacillen ver- schoben zu werden, daß in der Tat eine relative Anreicherung statt- findet. Besonders wird es sich naturgemäß für bakterienreiche Stühle eignen, in denen die Typhusbacillen selbst in nicht zu geringer An- zahl vorhanden sind. Dagegen wird es bei Stühlen, die relativ arm an Typhusbacillen sind, leicht einmal versagen, da die wenigen durch das Malachitgrün sicher ebenfalls geschwächten Typhusbacillen auch bei der Uebertragung auf die sekundären Platten oft nachher nicht mehr auswachsen. Die Autoren selbst hatten mit dem Verfahren gegen- über der einfachen v. DRIGALSKI-Conrapıschen Methode bei Untersuchung auf Typhusbacillen eine Verbesserung der Resultate um etwa 25 Proz. Für den Nachweis von Paratyphusbacillen Typus B gestalten sich die Ergebnisse noch erheblich günstiger (70,11 Proz.). Ebenfalls günstige Resultate hatten mit dem Malachitgrünverfahren NEIsseEr 229, Jorns22T, Kıınger!183, REISCHAUER 176, SOBERNHEIM 230, SIMON 179, GAEHTGENS & BRÜCKNER190, G. MayEr!lt Nowack 220, SCHUMACHER ?31, ScHusTEr182, Vıan226, NEuMmAann!??, WoLr232, v. WUNSCHHEIM & BaLLnEr 207, Fıscher233, OÖ. MayEr??® und andere. Frıepen ?3° hatte zunächst mit Typhusbacillen keine günstigen Erfolge, die sich indessen später erheblich gebessert haben (zit. nach LEnTz und TiıeETz 3°). Wenn auch das Malachitgrünverfahren von LEentz & TıETz gegen- über dem einfachen Plattenverfahren den Nachteil hat — welchen Abdominaltyphus. öyl es übrigens mit allen Anreicherungsverfahren für Typhus mittels einer Vorkultur teilt — die Diagnose um ungefähr 24 Stunden zu verzögern, so wird dieser Nachteil durch die Vorzüge, die es den älteren Methoden des einfachen Plattenausstriches gegenüber nach übereinstimmendem Urteil bietet, doch so reichlich aufgewogen, daß die günstige Aufnahme, welche es allseitig gefunden hat, hierdurch hinreichend erklärt wird. Um mit Malachitgrünnährböden gute Erfolge zu erzielen, kommt es nach den Erfahrungen des Verf. hauptsächlich auf zwei Punkte an. Erstens muß die Reaktion des Nährbodens richtig eingestellt sein. Es empfiehlt sich hier als Reaktionsoptimum für Typhusbacillen der von KLinGEr angegebene Alkalitätsgrad von 1 Proz. Normalkalilauge unter dem Phenolphthaleinneutralpunkt bzw. bei Neu- tralisation mit Soda die von LeucHs??5 angegebene Grenze Von einigen Autoren wird für die Neutralisierung des Malachitgrünagars grundsätzlich Sodalösung empfohlen, da diese weniger leicht die Säure des Farbstoffes bindet als Natron- bzw. Kalilauge. Durch Bin- dung der Säure wird nämlich das Malachitgrün in eine nicht mehr Coli hemmende Leukobase verwandelt, und der Nährboden daher unbrauchbar. Um diesem Uebelstande vorzubeugen, empfiehlt es sich, immer kleine abgemessene Mengen des richtig alkalisierten Agars vorrätig zu halten und diesem im Bedarfsfalle frisch bereitete Farb- stofflösung beizufügen. Zweitens ist es empfehlenswert, ein chemisch reines Malachitgrünpräparat zu benutzen und die optimale Konzen- tration, bei welcher Coli zurückgehalten, Typhusbacillen aber im Wachstum noch nicht geschädigt werden, an gut wachsenden Kontroll- kulturen jedesmal den Agar bei Verwendung eines neuen noch nicht benutzten Malachitgrünpräparates selbst zu erproben. Hingewiesen sei auch darauf, daß Lösungen von Malachitgrün sich nicht unver- ändert halten, sondern gewöhnlich mit der Zeit an bakterizider Wirk- samkeit zunehmen. Bei einer Reaktion des Agars von 1-proz. Nor- nalnatronlauge unter dem Phenolphthaleinpunkt empfiehlt sich ein Zusatz von 0,55 Proz. einer 0,5-proz. alkoholischen Lösung von Ma- lachitgrün kKrist. extra (GAEHTGENS & BRÜCKNER 120). Auch dem Verf. hat sich diese Konzentration gut bewährt. Hingewiesen sei ferner auch noch darauf, daß nach verschiedenen Beobachtungen die Agglu- tinabilität der Typhusbacillen auf dem Malachitgrünagar zuweilen etwas herabgesetzt ist. Gute Ergebnisse, die ungefähr den mit dem LExTz-Tietzschen Verfahren erzielten Resultaten entsprechen, will ferner REISCHAUER!" mit einem 3-proz. Koffeinagar gehabt haben, dem er Kristallviolett 1:100000 zusetzte. Der Nähr- boden wird ebenso wie der Malachitgrünagar als Vorkultur angewandt. Erfahrungen von anderer Seite über dieses Verfahren liegen bisher, soweit bekannt, noch nicht vor Seinen Malachitgrünagar hat dann LörrLer !06 später nach vielen Vorversuchen dahin modifiziert, daß er ihm, um ein besseres Wachs- tum der Typhusbacillen zu erzielen, einen Zusatz von Nutrose und Galle gab und ferner das chemisch reine Malachitgrün verwendete. Der Malachitgrüngallenagar besteht aus 1 Proz. Nutrose enthaltenden Bouillon agar, dem 3 Proz. Rindergalle und 1,9 Proz. einer 0,2-proz. Lösung von Malachit grün krist. chem. rein Chlorzinkdoppelsalz zugesetzt sind. Auf dem Bouillonnutrosemalachitgrünagar erscheinen Typhus- kolonien zart durchscheinend, während Bact. coli dicke, weißlich trübe Kolonien bildet. Ueber gute Erfolge mit diesem Nährboden be- 752 K. H. Kurscher, richten Wergırzkı?00 und MüÜLLer232. Ersterer allerdings in Ver- bindung mit dem Lenxtz-Tıerzschen Verfahren, letzterer empfiehlt statt der ungleichmäßig beschaffenen Rindergalle einen Zusatz von Natrium taurocholicum. Letzteres gewährleistet einen stets gleich- mäßig zusammengesetzten Nährboden und ist leichter erhältlich als die Gralle. In dem Bestreben, den Malachitgrünnährboden für die praktische Faecesuntersuchung immer noch brauchbarer zu gestalten, hat Lörr- ter10° dann schließlich unter Mitarbeit von WALTER, DIBBELT & WEHRrLIn einen Nährboden konstruiert, dem er außer Malachitgrün noch „Safranin rein Dr. Grübler‘ und ‚„Reinblau doppelt konzentriert Höchst“ zusetzt. Die genauere Vorschrift für die Herstellung ist folgende (Schusrer!82): 21/, Pfund zerkleinertes Rindfleisch werden mit 5 | Wasser angesetzt und 1 Stunde in einem Aluminiumtopf gekocht, filtriert, das Filtrat wird auf 5 l aufgefüllt. In diesen 5 1 Bouillon werden 150 g feinsten Stangenagars durch Kochen gelöst. Nun wird mit gesättigter Sodalösung neutralisiert, bis blaues Lackmuspapier dunkelviolett erscheint. Rotes Papier wird dann schwach gebläut. Nach dem Neutralisieren wird nochmals aufgekocht. Zu dem heißen Agar werden 50 g Nutrose, die in 500 cem etwa 70° warmen Wassers langsam eingequirlt wurden, hinzugesetzt. Der Nährboden wird nun nochmals aufgekocht und in !/, Liter- kolben aus Jenenser Glas abgefüllt. In den Kolben wird der Agar an zwei auf- einanderfolgenden Tagen je 2 Stunden im Dampftopf gekocht und nach dem Flüssig- werden jedesmal tüchtig umgeschüttelt. Hierauf läßt man ihn im Dampftopf erkalten. Es bildet sich ein Bodensatz, über dem sich der ziemlich klare Agar gut absetzt. Der Agar muß einen hellen gelblich-weißen Farbenton haben, er darf beim Kochen nicht zu braun geworden sein, da sonst der Alkalizusatz zu hoch gewesen ist. Zum Gebrauch wird der Agar verflüssigt und abgegossen. Zu 100 cem Agar werden, nachdem er auf 45° abgekühlt ist, hinzugesetzt: 1) 3 cem durch Kochen sterilisierter filtrierter Rindergalle, 2) 1 cem einer 0,2-proz. sterilisierten wässerigen Lösung von „Safranin rein Dr. GRÜBLER“. 3) 3 cem einer 1-proz. sterilisierten wässerigen Lösung von „Reinblau doppelt konzentriert“ (Höchst), 4) 2 Chlorzinkdoppelsalz. Nach gutem Vermischen wird der Agar in Schalen gegossen. Die fertigen Platten sind blau, im durchfallenden Licht besitzen sie einen leicht bläulich violetten Farbenton. Von dem zu untersuchenden dünnen oder mit Leitungswasser verdünnten Stuhl wird ein Tropfen mit einer Glaskapillare auf die Platte gebracht und dann mittels Glasspatel auf 2—3 Platten verteilt. Auf dem Malachitgrün-Reinblau-Safraninagar wächst Bacterium coli in roten bzw. rötlichen, der Typhusbacillus in blauen Kolonien. Namentlich bei durchfallendem Licht hat der Agar in der Umgebung der Colikolonien dieselbe rötliche Färbung wie diese selbst. Die Typhuskolonien sind zart, ganz flach, pyramidal mit welligem Rand und besitzen einen höchst charakteristischen eigenartigen Metallglanz. Sie lassen sich deshalb leicht und sicher mit bloßem Auge von den dicken, saftigen rundlichen Colikolonien unterscheiden. Der Para- typhusbacillus Typus B wächst ganz ähnlich wie Typhus, Para- typhus A rund, glashell, durchsichtig, bläulich, ohne Metallglanz. Die Bakterien der Enteritis-Gärtnergruppe wachsen ähnlich wie Coli in runden saftigen roten Kolonien. Die Angaben von LÖFFLER wurden voli bestätigt von Schuster182, der besonders auch noch die einfache Herstellungsweise und den niedrigen Preis des Nähr- 4 ecm einer (,2-proz. sterilisierten wässerigen Lösung von Malachitgrün _ Abdominaltyphus. 133 bodens im Vergleich zu anderen (DrıGaLskI-Conranpı) hervorhebt. In der Praxis gute Dienste leistete der neue Löffler-Nährboden PacHnıo & ScHhuster?35, ScHRÖDER696 bemerkte auf dem Reinblau-Saffranin- agar zwar eine starke Hemmung der Begleitbakterien. Das Wachstum der Typhusbacillen war aber nicht immer sehr charakteristisch und ihre Agglutinabilität zuweilen stark beeinträchtigt. Der Lörrtersche Gallengrünagar ist weiterhin von PADLEwsK1?°6 durch Zusatz von Milchzucker und eines Reduktionsmittels modifi- ziert worden zur besseren Sichtbarmachung der Farbunterschiede zwischen Coli und Typhus. Der Padlewski-Agar wird in folgender Weise hergestellt: Zu 3 Proz. Fleisch- wasseragar mit 2 Proz. Pepton, Reaktion schwach alkalisch, fügt man 1 Proz. chemisch reinen Milchzucker und 3 Proz. natürliche Rindergalle. Der Agar wird zu 100 cem abgefüllt und 3 Tage je '/, Stunde in Dampf sterilisiert. Sodann be- reitet man a) eine 1-proz. wässerige Lösung von Malachitgrün krist. chem. rein, b) eine 10-proz. wässerige Lösung von schwefligsaurem Natrium (Na,SO,). Zu je 100 cem des Agars werden nun beigefügt: 0,5 cem der Lösung a und 0,75—1,0 cem der Lösung b sowie außerdem noch 0,5 cem sterilisierte Rindergalle. Die Mischung muß von schwach grüner Farbe sein. Nach dem Erstarren und Abkühlen sollen die Platten völlig klar, von gewöhnlicher gelblicher Farbe, ohne grüne Farbentönung sein. Der nachträgliche nochmalige Gallenzusatz soll nach PApLEwSKI jegliche Ausflockung in dem fertigen Nährboden verhindern. Das Prinzip des Nährbodens ist das gleiche wie beim MARPMANN- schen ** Malachitgrün- und beim Exposchen Fuchsinagar. Bakterien, die Milchzucker unter Säurebildung zerlegen, färben durch Oxydation .das reduzierte Malachitgrün wieder grün. Der Gallenzusatz soll noch be- sonders das Wachstum der Typhusbacillen begünstigen. Bacterium coli wächst auf dem Padlewski-Agar in grünen undurchsichtigen, großen, runden, der Typhusbacillus dagegen in zuerst farblosen, später schön goldig-gelben, kleineren, durchsichtigen, leicht irisierenden Kolonien. Bei schwacher Vergrößerung zeigen dieTyphuskolonien sich fein ge- körnt, mit gekerbten Rändern und feinen Furchen. ParatyphusB wächst wie Typhus, jedoch sind die Kolonien etwas größer und weniger zart. Die Urteile über die Leistungsfähigkeit des Padlewski-Agars lauten ım allgemeinen günstig.» GAEHTGEnsS & BrÜckner1?0 halten ihm zwar dem Endo-Agar nicht für gleichwertig, jedoch biete er wegen der ge- ringeren Farbstoffdiffusion und stärkeren Hemmung der Begleitbak- terien andererseits mancherlei Vorteile. Sehr anerkennend sprechen sich aus Grımm237, MEGELE?®®, Katue & Buasıus191, ScHusTEr 18?, Wersıtzkı220. Besonders wird die leichte Erkennbarkeit der Coli- und Typhuskolonien hervorgehoben, was Verfasser aus eigener An- schauung bestätigen kann. Trotz dieser mannigfachen Vorgänge bleibt indes, das ist nach den bisherigen Beobachtungen ebensowenig zweifel- haft, der Padlewski-Agar in seiner Leistungsfähigkeit z. B. hinter dem Lextz-Tırtzschen Anreicherungsverfahren nicht unwesentlich zurück. Einen Säurefuchsinagar mit Malachitgrünzusatz, der im Grunde genommen ebenfalls auf demselben Prinzip wie der Endo-Agar beruht (vgl. auch die Nährböden von Mankowsk1?6 und Romonn®?), haben E. & A. Kınpsors 205 für die Züchtung des Typhusbacillus aus dem Stuhl etc. angegeben. Säurefuchsin wird durch Typhus-Paratyphus- bakterien, überhaupt Alkalibildner, entfärbt, auch Coli entfärbt es. Diese Entfärbung wird jedoch bei Milchzuckerzusatz durch die Säure- bildung der Colikolonien aufgehoben. Die Wachstumsunterschiede sind Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 48 754 K. H. Kurtscher, daher die gleichen wie auf dem Endo-Agar. Um auch Fäulnisbakterien zurückzuhalten, erfolgt noch ein Zusatz von Malachitgrün. Zu schwach alkalischem Agar werden 5 Proz. chemisch reiner Milchzucker, dann zu je 100 cem Agar 5 cem einer gesättigten wässerigen Säurefuchsinlösung (GRÜBLER), ferner Malachitgrün Ia 1:3000 zugesetzt. Dorrner206 fand bei der’ Nachprüfung des Verfahrens ver- schieden schnelle Entfärbung durch die einzelnen Bakterien der Typhus-Coli-Gruppe. Auch Proteus, Pyocyaneus sowie eine Anzahl anderer Bakterien bewirkten Entfärbung des Agars. Immerhin war die Anzahl der farblos wachsenden Bakterien geringer als auf Endo- Agar. Ein weiterer Vorzug diesem gegenüber besteht nach DoEPNER in der Lichtunempfindlichkeit des Säurefuchsinagars. Auch bei ihm schreitet, wie beim Endo-Agar, die Farbreaktion auf die Umgebung der säurebildenden Kolonien fort und kann vereinzelte Typhus- kolonien verdecken. Im allgemeinen spricht sich DoErneEr über den Kınpsorsschen Agar recht günstig aus. Durchaus ablehnend ver- halten sich dagegen WeERBITZKI20), GrIımM2%, sowie besonders v. WUNnscHHEIM & BAaLLner?0, die ihn an Typhusstühlen vergleichs- weise mit dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar prüften. Sie fanden aut dem Kindborg-Agar öfter helle Kolonien, die weder Typhus- noch Paratyphusbakterien waren, während auf dem v. Drigalski- Conradi-Agar nur rote Kolonien erschienen. Ferner war die Zahl der auf der Kindborg-Platte farblos wachsenden Bakterien bedeutend größer als die auf dem Drigalski-Agar blau wachsenden, die nicht. Typhus- oder Paratyphuskolonien waren. Die Urteile über den Kind- borg-Agar lauten also im allgemeinen nicht empfehlenswert. Einen weiteren mit Chinablau kombinierten Malachitgrünagar empfiehlt neuer- dings BITTER ***. Zu 1 Liter Fleischwasser werden 7 cem Normalsalzsäure und 30 g zerschnittener Stangenagar gefügt, das Ganze wird °/, Stunden im Dampftopf bei 100° gehalten. Danach setzt man 1 Proz. Pepton Witte, !/, Proz. NaCl und 2 Proz. Milchzucker hinzu, läßt einige Minuten aufkochen und neutralisiert gegen Lackmus mit Normal- natronlauge. Zu je 100 cem dieses Gemisches setzt man 8 Tropfen einer gesättigten wässerigen (etwa 12-proz.) Lösung von Chinablau Höchst und 2,5 ccm einer 0,1-proz. Lösung von Malachitgrün extra krist. chem. rein Höchst. Der fertige Nährboden wird nochmals 10 Minuten im Dampf sterilisiert und zu nicht zu dieken Platten gegossen. Bact. coli wird auf diesem Nährboden etwas weniger zurückgehalten als auf dem ursprünglichen LÖFFLEerschen Malachitgrünagar und bildet lebhaft blaue Kolonien. Typhus- und Paratyphusbaeillen wachsen in farblosen durchscheinenden Kolonien. Proteus und Pyocyaneus wachsen ebenfalls farblos, sollen jedoch bei einiger Uebung wegen ihrer geringeren Durchsichtigkeit leicht von Typhuskolonien zu unterscheiden sein. Paratyphuskolonien bilden nach 48 Stunden bei Zimmer- temperatur einen erhabenen wallartigen Rand. Urteile über den BirrTEerschen Nähr- boden liegen von anderer Seite, soweit bekannt, noch nicht vor. Bei der Besprechung der Malachitgrünnährböden bleibt schließlich noch zu erwähnen, daß andere Kombinationen dieses Farbstoffes, z. B. mit Lackmus in Gestalt eines mit Lackmusmilchzuckerlösung versetzten Malachitgrünagars oder eines Lackmusmilchzuckeragars, dem Malachitgrün zugesetzt wurde, bisher noch keine günstigen Ergebnisse geliefert hat (Fürrm?#0, ReıscHaver176, PraBopy & Prarrt?t). Eine Malachitgrünbouillon zur Vorkultur empfehlen schließlich Pragopy & Prarr?#, Die Flüssigkeit soll eine Reaktion von 0,5 Proz. Normalsäure besitzen, Typhusbacillen verfärben den Nährboden unter Trübung blau, Coli läßt ihn grün, ohne merkliches Wachstum. | U A a ET TE Abdominaltyphus. 755 6) Ein ähnliches Verfahren gibt E. A. Kreım?#2 an, der außerdem der Anreicherungsflüssigkeit noch taurocholsaures Natrium hinzusetzt. Allzu günstige Ergebnisse darf man von solchen flüssigen Malachit- srünlösungen für die Vorkultur der Ty phusbaeillen hinsichtlich der Anreicherung wohl nicht erwarten. Lrucns2#, der das gleiche Ziel unter Benutzung von Malachitgrün, Kristallviolett und Koffein erstrebte, konnte in sehr eingehenden experimentellen Untersuchungen feststellen. daß eine Entwickelung der Typhusbacillen unter dem Ein- flusse dieser Stoffe nur stattfindet, wenn die Anzahl der eingesäten Typhuskeime nicht unter eine bestimmte Grenze herabgeht. Der ein- zige Körper, der Typhusbaeillen noch zur Entwickelung kommen ließ, wenn das Wachstum von Coli ausblieb, war das glyzerinphosphor- saure Natron 5:100 und namentlich mit einem Zusatz von Glyzerin- phosphorsäure 3,8:100. Aber auch hier fand nur eine Vermehrung der Typhusbacillen statt, wenn sie nicht in zu geringer Menge vor- handen waren. Kombinationen dieses Körpers mit Malachitgrün, Kristallviolett und Koffein führten zu keinem Ergebnis. Nach den guten Ergebnissen, welche das Kristallviolett und Malachiterün im allgemeinen zu verzeichnen gehabt hatten, lag es nahe, auch noch andere Anilinfarbstoffe auf ihre wachstumshemmende Wirksamkeit gegenüber den Begleitbakterien des Typhusbacillus im Stuhl zu prüfen. Bei der Erprobung von über 400 solcher Farbstoffe fand zunächst Conrapı2 in dem Brillantgrün ein geeignetes Mittel, und zwar in der Kombination mit Pikrinsäure. Der Brillantgrün-Pikrinsäureagar wird nach der Vor schrift des Autors folgender- maßen bereitet: Zu 900 ccm Wasser kommen 30 & Fadenagar und 20 g Liebigs Fleischextrakt. Nach Sterilisation und Filtration werden 100 eem einer 10- -ProZ. Witte-Peptonlösung hinzugesetzt. Die Reaktion des Agars wird dann auf einen Säuregrad von 3 Proz. Normalnatronlauge gegenüber dem Phenolphthaleinneutral- punkt eingestellt, d. h. der Agar bleibt so weit sauer, daß zur Neutralisierung von 100 cem Agar bis zum Phenolphthaleinneutralpunkt noch 3 ccm Normalnatronlauge erforderlich bleiben. Zu 1,5 Liter Agar werden dann zum Gebrauch je 10 ccm einer (,l-proz. wässerigen Lösung von Brillantgrün extra rein Höchst GRÜBLER und einer 1-proz. wässerigen Lösung von Pikrinsäure ohne weitere Sterilisierung hinzugegeben, und der Nährboden in große Doppelschalen ausgegossen. Nach 18—20 Stunden bei 370 bilden Typhus- und Paratyphus- bacillen etwa 2—3 mm große, hellgrüne, durchsichtige Kolonien mit körniger hellglänzender Struktur. Paratyphusbacillen sind oft durch eine ganz besondere Größe der Kolonien ausgezeichnet und haben einen gelblichen Farbenton. Colibacillen bleiben im Wachstum fast vollständig zurück. Nur gewisse Proteus-, Pyocyaneus- und Alcali- genesarten wachsen, lassen sich aber bei einiger Uebung von T'yphus- und Paratyphuskolonien leicht unterscheiden. Bacterium coli wächst in größeren und weniger durchsichtigen Kolonien wie der Typhus- bacillus. Ihr Aussehen kann indes manchmal dem der Typhuskolonien recht ähnlich sein, nur erscheinen sie im allgemeinen etwas grob- körniger und nicht so flach (SCHUSTER 182). ConrADI selbst hat seinen Nährboden an einem großen Material mit gutem Erfolg erprobt. Die Beurteilung des Conrapıschen Nährbodens von anderer Seite ist mit einigen Einschränkungen im allgemeinen günstig. Schusteri82 und KyPpkE-BURcHHARDI 245 bestätigten im großen und ganzen die Angaben Conravıs. Letzterer hebt “jedoch hervor, daß die Ausbeute an auf den Nährboden aufgebrachten Typhusbacillen quantitativ nicht 48* 756 K. H. Kurtscher, größer gewesen sei als auf dem Drigalski-Conradi-Agar. Grımm 237, sowie KATHE & Brasıus1?!, deren Urteil ebenfalls im ganzen günstig lautet, fanden, daß nicht alle Colistämme gehemmt wurden. Ebenso wie Schuster 182, KypkE-BURCHHARDI #9, SCHUMACHER 231 und GRIMM 237 heben sie hervor, daß Proteus- und Bacillus faecalis alcaligenes recht üppig, unter Umständen sogar noch besser als Typhus- und Para- typhusbacillen gedeihen können. Küsrter!7? gibt an, mit dem Con- rapischen Nährboden schlechtere Resultate erzielt zu haben als mit dem alten Drigalski-Conradi-Agar. Beim direkten Nachweis hatten GAEHTGENS & BRÜCKNER 190 ferner mit dem Brillantgrünagar nur ver- hältnismäßig selten positive Resultate, während er zur Vorkultur erfolgreicher zu verwenden war. SCHRÖDER®96 hält ihn wegen des wenig charakteristischen Aussehens der Typhuskolonien für nicht be- sonders zur praktischen Untersuchung geeignet. SCHUSTER18? be- merkte zuweilen bei der orientierenden Agglutination der Typhus- bacillen eine leichte Verzögerung, die jedoch nie erheblich störend wirkte. Das Urteil über den Conradi-Agar läßt sich dahin zusammen- fassen, daß er bei colireichen Stühlen eine günstige relative An- reicherung der Typhus- bzw. Paratyphusbacillen gestattet. Herrschen dagegen Fäulniskeime vor, so kann leicht eine Ueberwucherung der Typhuskeime und damit eine Erschwerung ihres Nachweises eintreten. Gegen die Malachitgrünvorkultur nach Lextz-Tıerz steht das Cox- ranısche Verfahren ebenso wie z. B. der Padlewski-Agar an Leistungs- fähigkeit zurück. Als weiteren Anilinfarbstoff für Typhusnährböden hat ferner Wereiıtzkı246 das Chinagrün BayEr vorgeschlagen. Die Zusammensetzung des Nährbodens ist folgende: 1 Liter Fleischwasser wird mit 3 Proz. Agar, 1 Proz. Pepton und 0,5 Proz. Kochsalz versetzt. Die Reaktion soll 1,3 Proz. Normalnatronlauge unter dem Phenolphthaleinpunkt be- tragen. Der filtrierte und sterilisierte Agar wird zu 100 cem in Kölbchen ab- gefüllt. Zu 100 cem des auf 50-60° abgekühlten Agars werden 1,4—1,5 cem einer sterilisierten 0,2-proz. Chinagrünlösung hinzugesetzt. Die Chinagrünplatten werden als Vorkultur benutzt, wie das Malachitgrün beim LENTZ -TIETZschen Verfahren. Wersitzkı betont bereits selbst, daß die verschiedenen Typhus- und Colistämme dem Farbstoff gegenüber verschieden widerstandsfähig sind. Andererseits fand ScHuster182, daß manche Typhusstämme ebenso wie dies von Malachitgrün beobachtet wurde, auch vom China- grün stark gehemmt wurden. Einzelne Typhusrassen zeigten sogar fast gar kein Wachstum. Vergleichende Untersuchungen, die er mit von Drigalski-COonradi-Agar direkt und dem WersItzkıschen Nähr- boden als Vorkultur nach Lentz-Tırrz anstellte, hatten für letzteren ein ungünstiges Ergebnis. Zu demselben Urteil kommen GAEHTGENS & BrÜcKNeER 190. Nur Mc WEeney 2#° spricht sich günstiger aus, ebenso SCHRÖDER 6%, Letzterer hält besonders den Chinagrünagar als Vor- kultur dem Brillantgrünpikrinsäureagar für überlegen und empfiehlt für Stuhluntersuchungen in der Praxis namentlich die Kombination Chinagrün-Endo-Reinblauagar. Nach dem allgemeinen Urteil scheint also, soweit sich bisher übersehen läßt, das Chinagrün nicht gerade berufen zu sein, das Malachitgrün zu verdrängen. Das Hauptprinzip der bisher zuletzt besprochenen Nährböden bestand in colihemmenden Zusätzen, während die anderen Begleit- bakterien, wie Proteus usw. meist recht gut auf ihnen gedeihen. Abdominaltyphus. 757 MANDELBAUM 4? gibt nun an, in der Rosolsäure einen Körper ge- funden zu haben, der das Wachstum sämtlicher Begleitbakterien mit Ausnahme derjenigen der Typhus-Coli-Gruppe und des Bacillus pyo- cyaneus sicher zurückhält. Eine genauere Vorschrift für die Herstellung findet sich in der Original- arbeit nicht. „Zu 10 ecm des gewöhnlichen Agars bringt man nach Bedarf Traubenzucker, Milchzucker, Glyzerin etc.; dazu fügt man nun (0,3 cem einer 1-proz. alkoholischen Rosolsäure.“ MANDELBAUM benutzt seine Rosolsäurenährböden zur Differen- zierung seiner sog. Metatyphusbacillen vom eigentlichen Typhus- bacillus (s. später). Für die Isolierung aus Faeces bzw. ‚Bakterien- gemischen würde sich nur der Rosolsäuremilchzuckeragar eignen, auf dem Coli gelb, Typhus dagegen rot wächst. SrtaHur?? benutzte diese Methode, indem er dem Agar 1 Proz. Milchzucker und 3 Proz. einer 1-proz. alkoholischen Lösung bester Rosolsäure hinzu- setzte. Er fand hierbei eine sehr weitgehende gelbe Hofbildung in der Umgebung der Colikolonien, welche z. B. die rote Zone auf dem Drigalski-Conradi-Agar an Ausdehnung erheblich übertrifft. Hier- durch wird die Auffindung der Typhuskolonien bedeutend erschwert. Von anderer Seite liegt eine Nachprüfung für Faecesuntersuchung, soweit bekannt, noch nicht vor. Zusammenfassende Uebersicht über den bakteriologi- schen Nachweis des Typhusbacillusin den Stuhlentleerungen. Die außerordentlich große Zahl der oben angeführten Verfahren bzw. Nährböden zum Nachweis des Typhusbacillus aus den Faeces spricht schon allein für die Schwierigkeiten, mit denen dieser Nach- weis unter Umständen verknüpft sein kann. Die rastlosen Bemühungen zahlreicher namhafter Forscher haben, darüber darf man sich keiner Täuschung hingeben, auch heute noch nicht zu einem allseitig be- friedigenden und in jeder Beziehung für den Typhusnachweis im Bakteriengemisch des Stuhles brauchbaren Nährböden geführt. Die Gründe hierfür sind leicht ersichtlich. Der weitaus wichtigste Umstand hierbei, welchen wir bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit jeder diesbezüglichen Unter- suchungsmethode wohl berücksichtigen müssen, ist der, dab jeder derselben eine natürliche Grenze dadurch gesteckt wird, daß wir nur imstande sind, jedesmal im Verhältnis zur Gesamtmenge des Stuhles außerordentlich geringe Mengen des letzteren zur Untersuchung zu verarbeiten. Auf der Höhe der Krankheit und bei flüssigen Stühlen werden ja häufig genügend Bacillen für einen sicheren kulturellen Nachweis vorhanden sein, dagegen muß die Wahrscheinlichkeit sehr gering werden, bei ungleichmäßiger Verteilung von in nur geringen Mengen vorhandenen Typhusbacillen in den Faeces, besonders bei festen Stühlen oder bei Rekonvaleszenten, gerade in der einen oder den wenigen untersuchten Oesen Material die gesuchten Infektions- erreger zu erhalten (vgl. auch O. Mayer?228). Diese Verhältnisse werden sich erst dann prinzipiell ändern, wenn wir für den kultu- rellen Nachweis der Typhusbacillen ein wirkliches Anreicherungs- verfahren besitzen, wie z. B. für die Choleravibrionen in der Peptonmethode, d. h. ein Verfahren, welche eine wirkliche Ver- mehrung der Typhusbacillen in der Vorkultur bei Verarbeitung 758 K. H. KurtschHer, erößerer Mengen Untersuchungsmaterials gestattet. Eine solche Me- thode steht uns leider heute noch nicht zu Gebote. Dieselben Ueber- legungen müssen aber auch zu der Erkenntnis führen, daß allen vergleichenden Untersuchungen über einzelne Methoden zum Nach- weis von Typhusbacillen im Stuhle aus denselben Gründen nur ein relativer Wert zugesprochen werden kann. Es ist aus diesem Grunde davon abgesehen worden, bei der Besprechung der einzelnen Ver- fahren solche sich in der Literatur häufiger findenden Vergleichs- zahlen wiederzugeben. Sind in zu Versuchszwecken künstlich her- gestellten Typhusstühlen die Typhusbacillen, noch dazu meistens in sehr großer Menge gleichmäßig verteilt, dann weichen diese Ver- hältnisse wieder außerordentlich von den natürlichen Versuchs- bedingungen ab und gestatten schon aus diesem Grunde keine binden- den Schlüsse für den schließlichen Vergleichswert der geprüften Verfahren. Wir werden uns daher aber auch bei der Beurteilung des Untersuchungsbefundes typhusverdächtiger Stuhlproben von vorn- herein darüber klar sein müssen, daß bei den heutigen Methoden immer noch der ein- oder selbst mehrmalige negative Ausfall der bakteriologischen Untersuchung das Vorhandensein der Krankheit trotzdem nicht mit absoluter Sicherheit ausschließt. Die Bestrebungen, wenigstens ein relatives Anreicherungsver- fahren auszuarbeiten, gingen, wie oben ausgeführt, in der Regel darauf aus, durch Zusätze zum Nährboden die Begleitbakterien des Typhusbacillus auf den Nährbodenplatten zurückzudrängen oder schon in der Anreicherungskultur diese Wachstumshemmung zu er- zielen. So richtig dieser Grundgedanke an sich ist, so hat sich doch mit größter Sicherheit im Verfolg dieser Bestrebungen herausgestellt, dab alle diese hemmenden Mittel, seien es nun Farbstoffe oder andere chemische Stoffe, den Typhusbacillus ohne Ausnahme eben- falls, ja unter Umständen noch in höherem Grade schädigen als die Begleitbakterien. Diese Tatsache gewinnt noch an Bedeutung, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es überhaupt auch unter gün- stigen Verhältnissen bei künstlicher Einsaat nur möglich ist, die Typhusbaeillen noch aus dem Bakteriengemisch des Stuhles zu iso- lieren, wenn ihr Verhältnis zu den Begleitbakterien nicht kleiner wurde als 1:300 (FickErR ‘& Horrmann?%%). Bei an Typhusbacillen armen Stühlen werden also die Begleitbakterien hemmende Zusätze zuweilen auch den Typhusnachweis vereiteln können. Komplizierter werden die Verhältnisse noch dadurch, daß zugleich die hemmenden Stoffe sowohl verschiedene Coli- als auch Typhusbacillenstämme oft durchaus in verschiedener Weise beeinflussen. Mit der Farbreaktion zur besseren Kenntlichmachung der Typhus- bacillen steht es ähnlich ungünstig. Die für den Typhusbacillus gegen- über dem Bact. coli auftretenden Unterschiede kommen mit geringen Ausnahmen auch den anderen, ebenso wie den Typhusbacillus alkali- bildenden Begleitbakterien zugute. Wenn man sich alle diese Schwierigkeiten genügend klar macht, dann wird man zu dem Ergebnis geführt, daß es für jede einzelne Methode eine natürliche, bestimmte, unter den heutigen Verhältnissen leider noch ziemlich enge Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gibt, die man kennen muß. Um unnötige Fehlschläge zu vermeiden, soll man sich daher bei seinen Untersuchungen nicht auf ein bestimmtes Ver- fahren festlegen. Man soll vielmehr, was ja eine ganz natürliche Abdominaltyphus. 059 Forderung bedeutet, das Gute der einzelnen Methoden nach Möglich- keit auszunützen sich bemühen. Den Anfang hierzu haben mit gutem Erfolge Lentz & Tietz mit ihrer kombinierten Methode gemacht. Heute geht man in den meisten Laboratorien noch weiter, indem man verschiedene gut erprobte Verfahren bei jeder zu untersuchenden Faecesprobe nebeneinander anwendet. Als solche Kombinationen werden außer dem Lentz-Tırtrzschen Verfahren, das anerkannter- maßen immer noch die besten Resultate gibt, z. B. empfohlen die gleichzeitige Verarbeitung des Materials auf dem neuen Löffler- Safranin-Reinblau und dem Brillantgrün- (Schuster !®?), von anderer Seite der Brillantgrün- und der Padlewski-Platte (Grımm??”). Wenn ein gut eingeübter und sorgfältig arbeitender Untersucher auf diese Weise die Vorteile der einzelnen Verfahren auszunützen versteht, ohne daß er ihre speziellen Schwächen, die jedem von ihnen an- haften, übersieht, so wird er auch mit den heutigen Hilfsmitteln, wenn auch nicht stets, so doch meistens zur richtigen Diagnose kommen. Man soll aber trotzdem bei dem heute Erreichten nicht stehen bleiben. Der Typhusbacillennachweis in den Stuhlentleerungen hat zwar infolge der ausgezeichneten Erfolge der Blutkultur {s. später‘) heute viel an diagnostischem ‘Wert verloren, weil ietztere den Nach- weis der Bacillen im allgemeinen sehr viel schneller gestattet als die Untersuchung der Entleerungen. Dennoch haben aber die Stuhl- bzw. Urinuntersuchungen auch heute noch eine außerordentliche Bedeutung in epidemiologisch-prophylaktischer Beziehung. Schon aus diesem Grunde muß es das weitere Bestreben der Forscher sein, auch für den Typhusbacillus möglichst bald ein elektives Züchtungsverfahren zu finden, wie wir es für den Choleravibrio schon lange Zeit be- sitzen. 2. Nachweis der Typhusbacillen im zirkulierenden Blut. In diagnostischer Beziehung wird heute nach übereinstimmendem Urteil beim Abdominaltyphus die möglichst frühzeitige Untersuchung des zirkulierenden Blutes auf Typhusbacillen von keiner anderen Methode des Nachweises der letzteren bei dem erkrankten Menschen an Sicherheit übertroffen. Nachdem zuerst Künnau?56 wohl wegen der damals noch mangelhaften Untersuchungstechnik weniger gute Ergebnisse bei der Blutzüchtung des Typhusbacillus gehabt hatte, haben dann die neueren exakten Methoden der Untersuchung des Blutes auf Typhusbacillen, welche wir in erster Linie CASTELLANT 2", SCHOTTMÜLLER?®8, sowie ConkApı?2?® verdanken, wie später näher besprochen werden wird, außerordentlich günstige Resultate gezeitigt. Die Blutentnahme geschieht am Krankenbett am besten unter aseptischen Kautelen mittels einer sterilen, 10—20 ccm fassenden Spritze direkt aus der Armvene in der Ellenbogenbeuge. Um die Vene besser hervortreten zu lassen, staut man das Blut durch einen um den Oberarm gelegten Gummischlauch etwas an. Wenn man zu sicheren Resultaten gelangen will, ist die Verarbeitung möglichst großer Blutmengen erforderlich. Desgleichen empfiehlt es sich, das entnommene Blut sobald als möglich in den zur Züchtung bereit stehenden Nährböden zu übertragen. Läßt sich die Venenpunktion nicht ausführen, z. B. bei Kindern, so kann das Blut — allerdings wohl meist nur in geringerer Menge — ebenfalls aseptisch aus Ohr- läppchen oder Fingerbeere entnommen werden. Zur Hautreinigung 760 K. H. Kurscher, genügt gründliches Abwaschen mittels eines in absoluten Alkohol setauchten, mehrmals gewechselten Tupfers. Vielfach wird auch, z. B. von bakteriologischen Untersuchungsstellen, der Blutkuchen der zur Wıvarschen Reaktion eingesandten Blutprobe noch zur Blut- züchtung verwandt (s. später S. 761 u. 763, vgl. auch FornEr°??). Zur Blutzüchtung des Typhusbacillus hat zuerst CAsTELLANI257 geringere Mengen des Blutes 10—40 Tropfen unmittelbar nach der Blutentnahme mit großen Mengen, etwa 200—300 ccm, von Nähr- bouillon vermischt. Sobald er nur kleine Bouillonmengen, z. B. ein Bouillonröhrchen, anwandte, blieb das Wachstum der Typhusbacillen aus. Die in der Bouillon bei 37° gewachsenen Kulturen wurden zur Identifizierung durch den Plattenausstrich weiter untersucht. Die Beobachtung, daß die Typhusbacillen nur nach gehöriger Verdünnung des Blutes mit Bouillon wuchsen, ist für die Blutzüch- tung von großer Bedeutung. NEUFELD?6? erklärte diese Erschei- nung früher in der Weise, daß die Typhusbacillen in dem unver- dünnten Blut außerhalb des Körpers durch die bakterizide Wirkung des Blutserums schnell abgetötet würden. Durch die starke Ver- dünnung des Blutes sollte diese Wirkung des Serums aufgehoben werden. Diese Deutung läßt sich heute nicht mehr ganz aufrecht erhalten, nachdem es jetzt in vielen Fällen gelungen ist, mit Hilfe neuerer Methoden (s. unten) die Bacillen noch mit gutem Erfolg aus seronnenen Blutproben (Widalproben) tagelang nach der Entnahme herauszuzüchten. In diesen Gerinnseln müssen demnach die Bacillen in lebensfähigem Zustand erhalten geblieben sein. Es ist im Gegen- teil sogar wahrscheinlich, daß sie gegen die bakterizide Wirkung des Serums durch die Einlagerungen in die Fibrinmaschen geschützt werden. Die günstige Wirkung der stärkeren Verdünnung des Blutes ist vielmehr der Hauptsache nach darauf zurückzuführen, daß. durch den Zusatz einer größeren Menge Flüssigkeit unmittelbar die Ge- rınnung des Blutes behindert wird. Im andern Falle werden in den sich bildenden Fibringerinnseln des Blutkuchens die Bacillen ein- geschlossen und mechanisch an ihrer Auskeimung in den Nährboden verhindert, da sie mit dem Nährsubstrat selbst gar nicht in Berührung kommen können. Das Bestreben der neueren, später zu besprechenden Methoden geht infolgedessen auch von dem ganz richtigen Grundsatz aus, in erster Linie durch Zusätze zum Blut die Gerinnungsfähig- keit des letzteren aufzuheben. CASTELLANI2D? hatte mit 12 positiven Erfolgen unter 14 Fällen sehr gute Resultate. Andere Autoren, wie Busqauer?61 (100 Proz. positiv), Berr1?62, Prrauıs263 (95 Proz. positiv), Memmı26 (57 Proz. positiv), RuEDIGER?*5 (85 Proz. positiv), OrLowsky?66, MEyEr 267 (96 Proz. positiv) konnten durch einen hohen Prozentsatz der positiven Blutbefunde die Brauchbarkeit der CasteLLanıschen Methode be- bestätigen. ; Das Verfahren von CASTELLANI hat später verschiedene Modifikationen er- fahren. COURMONT & LESIEUR’“° empfehlen zur Blutaussaat die CAMBIERsche Nährflüssigkeit (Soda-Peptonbouillon). RoLLY ®® schlägt vor, das zu unter- suchende Blut zu gleichen Teilen mit einer Lösung von 5 g Pepton und 50 g Traubenzucker in 100 cem Wasser zu versetzen. Hierdurch ist man leicht imstande, auch von außen her eingeliefertes Blut untersuchen zu können, da auf diese Weise die Gerinnung vermieden und die bakterizide Wirkung des Serums paralysiert wird. Die weitere Einsaat des Materiales erfolgt dann in Agar oder Bouillon. Er hatte in 88 Proz. positive Erfolge. EPSTEIN ?'% verwendet eine Abdominaltyphus. 61 272 2-proz. Glukosebouillon und WIEns?" ein Dextrose-Peptonwasser, während BIE einen Nährboden empfiehlt, der 2 Proz. Pepton, 0,5 Proz. oxals. Natron, 2 Proz. weins. Natron und 5 Proz. Glyzerin enthält. Hiervon werden 100 ecem mit 10 cem Blut versetzt. Er hatte 80 Proz. positive Resultate. Zur Beschleunigung der Diagnose setzte schließlich HARRISON ?"® dem Blut-Bouillongemisch nach 20-stün- diger Bebrütung agglutinierendes Typhusserum zu, um direkt ohne Plattenausstrich aus dem Verhalten der gewachsenen Bacillen seine Ergebnisse zu erhalten. Einen festen Nährboden für die Blutaussaat führte dann SCHoTT- MÜLLER?58 ein, indem er das Venenblut mit flüssig gemachtem, ge- wöhnlichem, schwach alkalischem Agar vermischte und dann direkt zu Platten ausgoß. Das Agarverfahren hat vor der Bouillonmethode CAsSTELLANIS sicher den Vorteil, daß es gestattet, gleichzeitig mit dem Nachweis der Typhusbacillen auch die Anzahl der im zirku- lierenden Blut zur Zeit der Blutentnahme vorhandenen Krankheits- erreger festzustellen. Außerdem verkürzt es die Zeit der Diagnosen- stellung um etwa 24 Stunden. Daß die Methode von SCHOTTMÜLLER ebenfalls sehr gute Ergebnisse lieferte, geht daraus hervor, daß mit ihr z. B. Curscumann ?% in 86 Proz., MöLLErR??T3 in 83 Proz, JocH- MANN 26 in 83 Proz. und SCHOTTMÜLLER selbst in 84 Proz. der unter- suchten Fälle Typhusbacillen aus dem Blut isolieren konnten. Auch das Agarverfahren ist weiterhin modifiziert worden. EPSTEIN ?”' empfahl statt des einfachen Agars einen solchen mit 2 Proz. Glukose- und Ammonoxalat- zusatz. RYTTENBER@°”'' fängt das Blut in einer Lösung von Ammonoxalat 2,0, Natriumchlorid 2,0 und Wasser 1000 auf. 4-6 ccm Blut werden mit 10 cem dieser Lösung versetzt, und von dem Gemenge später Agarplatten gegossen. Der Zusatz des Oxalates und NaCl verhindert die vorzeitige Gerinnung des Blutes. MEYERSTEIN & ROSENTHAL°®, schließlich setzen dem Blut zur Aufhebung der Gerinnungsfähigkeit und Bakterizidie Kochsalz zu (0,5 g NaCl auf 10 cem Blut) und gießen mit der Blutsalzmischung dann Agarplatten. Zum Nachweise von Typhusbacillen in den Resten des Blutkuchens von zur Wiparschen Reaktion eingesandten Blutproben empfehlen ferner MÜLLER & GRÄF ?"® den einfachen Plattenausstrich des zerkleinerten Blutkuchens auf Lackmus-Milch- zucker-Kristallviolettagar mittels Glasspatels. Den von ihnen zuerst angegebenen Zusatz von Hirudin (Blutegelextrakt) zu den Blutröhrchen, um die Gerinnung zu verhüten, ließen sie später als unnötig fortfallen. Das Verfahren, welches den Autoren gute Resultate lieferte, wurde von anderer Seite wenig brauchbar befunden (THOMAS?"®, SacHs-MÜRE’®, KIRSTEIN?*"). Die später zu besprechende Gallen- anreicherung hatte wesentlich bessere Erfolge. Trotz ihrer recht guten Resultate besitzen sowohl die ÜASTELLANI- sche als auch die SchortmüLtersche Methode den großen Nachteil, daß sie sich wegen ihrer größeren Umständlichkeit am Krankenbett eigentlich nur in einer mit einem Laboratorium versehenen Kranken- anstalt gut ausführen lassen. Im Privathaushalt macht das Mit- führen größerer Bouillonmengen und das Vorrätighalten flüssigen Agars in der Regel schon recht erhebliche Schwierigkeiten. Nahm man die Einsaat des Blutes in den Nährboden nicht unmittelbar nach der Blutentnahme vor, so wurde infolge der eintretenden Ge- rınnung des Blutes der Erfolg der Untersuchung in Frage gestellt. Einen großen Fortschritt für die Technik der Typhusblutkultur be- deutete es deshalb, als Conkanr259 in der Rindergalle ein Mittel fand, welches dem entnommenen Blut direkt zugesetzt eine hervor- ragende Anreicherung in diesem vorhandener Typhusbacillen ge- stattete. Die Galle hebt erstens die Gerinnungsfähigkeit des Blutes auf, zweitens begünstigt sie direkt das Wachstum der Typhusbacillen (Coxkapr259). Außerdem konnte ConkAapı?59 experimentell fest- stellen, daß auch durch den Gallenzusatz die bakterizide Einwirkung 162 K. H. Kurtscher, des Blutserums auf die Bacillen verhindert wird. Darauf, daß letz- terem Umstand bei der Blutzüchtung der Typhusbacillen indes keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, ist oben bereits hingewiesen worden. Als wirksames Prinzip der Galle sind nach den Unter- suchungen MEYERSTEINS 282 und Mac Conceys?83 die gallensauren Salze Natrium glycocholicum und taurocholicum anzusehen. CONRADI benutzte zunächst einfache sterilisierte Rindergalle, später setzte dieser noch je 10 Proz. Pepton und Glyzerin zu. Die Glyzerin - Peptongalle wird 2 Stunden im Dampf sterilisiert und ist dann gebrauchsfertig. Der Pepton- zusatz erfolgt zur Verbesserung des Nährsubstrates, als welches für die Typhus- bacillen bei der Gallenanreicherung lediglich die im Blut vorhandenen Eiweiß- körper in Frage kommen, das Glyzerin soll etwaige saprophytische Keime im Wachstum zurückhalten. Die Glyzerin-Peptongalle wird mit dem entnommenen Venenblut im Verhältnis 3:1 vermischt in sterilen Reagensröhrchen, welche mit der nötigen Menge gebrauchsfertiger Galle (5 ccm) stets vorrätig gehalten werden (zu beziehen von F. & M. Lautenschläger - Berlin. Am empfehlenswertesten ist es, das Blut zugleich in dem Galleröhrchen aufzufangen. Nach 10—16 Stunden Bebrütung bei 37° werden von der Oberfläche des Gallenblutgemisches einige Oesen auf Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar oder eventuell einen anderen Typhus- spezialnährboden ausgestrichen. ConrkApı?259, 284 hatte mit der Glyzeringallenanreicherung bei der Blutzüchtung gute Resultate. Da es sich jedoch namentlich auf Grund der Untersuchungen von Kayser 285, 286,287 und zahlreicher anderer Forscher herausstellte, daß die einfache sterilisierte Rindergalle ohne jeden Zusatz mindestens ebenso gute Resultate lieferte als dieGlyzerin- Pepton-Galle, so ging man später fast allgemein zur Anwendung der einfachen Gallenanreicherung über. Nach der Vorschrift von KAYSER werden 2,5 cem Blut mit 5 cem Galle ver- setzt und 2—3 Tage bei 37° beobachtet, dann zu Platten ausgestrichen. Gebrauchs- fertige einfache Gallenröhrchen sind von MERCK-Darmstadt zu beziehen. Die Ergebnisse der einfachen Gallenanreicherung sind unter gün- stigen Untersuchungsbedingungen durchgehends außerordentlich zu- friedenstellend (Kayser?85 100 Proz. positiv, derselbe286 94 Proz. positiv, derselbe28” 100 Proz., Lüntke?39 95 Proz. positiv, ZEID- LER?90 100 Proz. positiv, Topp 291 100 Proz. positiv. Mit gutem Erfolge wandten die einfache Gallenanreicherung ferner an BöÖTTIcHEr 167, Baumann & Rımrau?92, Brasıus?9, BucH- HOoLZ?9*, FRomMmE169, STÜHLERN 29, GILDEMEISTER ?%, KırÄLırı29, VAN LoGHEM298, MARMANnN!T3, MeEyER?267, NEUMANN?9, SILBER- BERG00, Stape30%1, VerL302, Tmomas279, GENNARI3% u. a. Bezüg- lich ihrer Leistungsfähigkeit steht die einfache Gallenanreicherung der Glyzerin-Pepton-Galle ohne Zweifel durchaus nicht nach. Der Glyzerinzusatz bietet nach ZEIıDLErR?290 keine Vorteile, da er das Wachstum von Saprophyten nicht verhindert. Den älteren Methoden von SCHOTTMÜLLER Und ÜASTELLANI zeigte sich die Gallenanreicherung vielfach überlegen (Stape3%1, GEnNAaRı30 u. a.). Nach Kayser so- wie den Untersuchungen von v. LeLıwa & ScHuster?0% jst es er- forderlich, zunächst nicht angegangene Galleröhrchen noch 2—3 Tage zu beobachten, da dann häufig noch Wachstum der Typhusbacillen eintritt. Wegen der oft ungleichmäßigen Zusammensetzung der natür- licher Rindergalle und der infolgedessen eventuell ungünstigen Be- einflussung der Resultate empfahl MEvERsSTEIN 305 statt ihrer die An- wendung der konzentrierten Gallensalze. ; Abdominaltyphus. 163 Die Gallensalze werden aus natürlicher Rindergalle mittels Akoholäther aus- kristallisiert. Von der kristallisierten Galle wird in Glyzerin-Aqu. dest. ää eine 30-—40-proz. Lösung hergestellt und in Tropffläschehen zu etwa 20 ccm sterilisiert. Hiervon werden in ein steriles Reagenzglas 4—5 Tropfen gegeben, denen 2—3 cem Blut zugesetzt werden. Die Mischung kommt für 12—16 Stunden in den Brutschrank, worauf Plattenaussaat erfolgt. Außerdem soll aus dem mikroskopischen Ausstrich- präparat der Anreicherungsflüssigkeit bereits eine orientierende Diagnose erfolgen können. Letzteres ist naturgemäß wissenschaftlich nicht haltbar. Nach Kayser?36 stehen die Leistungen dieses Verfahrens hinter denjenigen des einfachen Geallenröhrchens zurück (vgl. auch Coxn- RADI®06). BoHnE166 ojbt an, die MEyERsSTEInsche Methode mit gutem Erfolge angewandt zu haben. Ueber die Zweckmäßigkeit der Diagnose mittels des mikroskopischen Ausstrichpräparates s. später PÖPPEL- MANN S. 764. 5 Von dem Gedanken ausgehend, etwa den Fibringerinnseln des Blutkuchens eingeschlossene Typhusbacillen durch Aufschließung der Gerinnsel noch für die Diagnose nutzbar zu machen, schlägt Kır- STEIN ?8! ferner speziell für die Untersuchung der Blutkuchenreste vor, diese erst durch Trypsin zu verdauen und dann mit Galle anzu- reichern. 10 cem Glycerin pur. steril. werden mit 2 g& Trypsin siec. GRÜBLER vermischt, 8 Tage bei 37° gehalten, während dieser Zeit öfter geschüttelt, hernach noch mindestens S Tage im Eisschrank aufbewahrt. Die Lösung ist dann steril. Höchstens gedeihen in ihr Kokken, die jedoch nur kümmerlich wachsen und nicht stören. Die Blutkuchen werden in ein Reagenzglas mit 5 ccm steriler Rindergalle gebracht, hierzu werden 0,1—0,2 ccm der Trypsin-Glyzerinlösung hinzugesetzt, das Ganze wird 15—24 Stunden bei 37° gehalten. Hierauf werden 3 Oesen auf Lack- mus - Milchzucker - Kristallviolettagar ausgestrichen. Es empfiehlt sich, nicht zu kleine Blutkuchen (1—2 cem Blut!) zu verwenden. Ueber die Erfolge des Kırsteinschen Verfahrens liegen weitere Untersuchungen noch nicht vor. Statt: der Anreicherung in Galle empfiehlt schließlich DunscH- MANN 39 eine Nährbouillon mit 5 Proz. Pepton und 2,5 Proz. Natrium taurocholicum. ‚ Gallennährböden zur Untersuchung des Blutes auf Typhusba- cillen gaben ferner unter Anlehnung an das alte SCHOTTMÜLLERSche Agarverfahren an SCHÜFFNER30T und Roosen-RungGe 308, Nach SCHÜFFNER werden Nährbouillon und Rindergalle zu gleichen Teilen mit 2 Proz. Agar, 0,5 Proz. Gelatine, je 1 Proz. Pepton, Nutrose und Trauben- zucker, sowie 0,5 Proz. Kochsalz versetzt, gekocht, filtriert. Reaktion schwach alkalisch. Der Agar wird auf Röhrchen zu 15 ccm abgefüllt. Zur Blutunter- suchung werden 1,5 cem Blut mit 15 cem des verflüssigten und wieder abgekühlten Agars vermischt und zu Platten gegossen. SCHÜFFNER gibt an, bessere Resultate gehabt zu haben als mit dem gewöhnlichen Agar. ROOSEN-RUNGE setzt schwach alkalischem Agar 1 Proz. glykocholsaures Natrium (MERCK) hinzu. Das Blut wird mit dem Agar 1:2 gemischt und dann zu Platten gegossen. Nach 13 Stunden bei 37° sind die Typhuskolonien bereits sichtbar. BOHNE!“ und STADE®"' sahen von diesem Verfahren keine Vorteile. Als eine weitere Anreicherungsmethode schließlich, die indes ohne Galle bzw. gallensaure Salze arbeitet, gab Kropnırzry310 den Zusatz von einfachem sterilen destillierten Wasser zum Blut — 4—4,5 ccm Wasser auf 0,5 ccm Blut — an. Das Blut wird hämoly- siert, das Blutkörpercheneiweiß dient den Typhusbacillen als Nähr- substrat. Er hatte mit seiner Methode unter 100 untersuchten Fällen 73 positive Resultate. Dasselbe Verfahren ist später ebenfalls mit 764 K. H. Kurscher, outem Erfolg von GILDEMEISTER®!1 angewandt worden, der dem Blut oleichfalls die 8—10-fache Menge sterilen destillierten Wassers hinzu- setzte. GILDEMEISTER hat in einem Falle, wo die Gallenanreicherung versagte, mit der Wasseranreicherung noch Erfolg gehabt. Schuster #15 fand, daß die Leistungsfähigkeit des Verfahrens hinter der Gallen- anreicherung zurücksteht. Immerhin empfiehlt er die Weasseran- reicherung, wenn aus irgendeinem Grunde Galle nicht erhältlich ist. Weitere Untersuchungen über das Verfahren liegen, soweit bekannt, nicht vor. Zu erwähnen ist endlich noch, daß PörrELmann®12 empfahl, die Diagnose auf im zirkulierenden Blut vorhandene Typhusbacillen mittelst des gefärbten mikroskopischen Blutausstrichpräparates zu stellen. Vor ihm hatten nach Canon 13 bereits MEISEL und ATM- auıstr vor 20 Jahren dasselbe Verfahren angewandt. Diese Methode ist naturgemäß absolut ungenau und wissenschaftlich nicht haltbar. Abgesehen von Verunreinigungen des Präparates durch zufällig auf dieses gelangende Stäbchen, ist es selbstverständlich nicht möglich, andere dem Typhus nahestehende, ebenfalls im Blut vorkommende Bacillen (Paratyphus!) auf diese Weise vom Typhusbacillus zu unter- scheiden. Wie nicht anders zu erwarten, sprechen sich daher SILBER- BERG 300, und namentlich FrRÄnker>1#, welche das Verfahren geprüft haben, durchaus ungünstig darüber aus. Ueber die Häufigkeit des Bacillenbefundes im Blut geht aus den oben mitgeteilten Zahlen (S. 760—762) bereits hervor, daß die Typhus- erreger unter günstigen Bedingungen wohl ausnahmslos zu irgendeiner Zeit bei jedem Typhuskranken aus dem Blut isoliert werden können, und zwar sind erfahrungs- gemäß die Bacillenbefunde in der ersten Krankheits- woche am häufigsten. Diese mittels der neuen Gallenanreiche- rungsmethode gemachte Beobachtung erhebt die bakteriologische Blut- diagnose zu einem außerordentlich wichtigen Hilfsmittel für die Früh- diagnose des Typhus. Die Bacillen konnten nicht nur aus den direkt der Armvene des Typhusinfizierten entnommenen Blutproben gezüchtet - werden, sondern vielfach auch, worauf zuerst FoRNnET°2? hinwies, aus den Blutresten der zur Untersuchung eingesandten Widalproben. (BLasıus & KarHue?23, Baumann & Rımpau29%, MÜLLER-GRÄF2TE, Buchnorz?9*, ConkAD1259, FrommE169, Kurpsuweıt322, Stape>U, SCHWEINBURG ?88, SacHs-Müre 280.) Die Anzahl der positiven Befunde ist hier naturgemäß etwas geringer als bei direkter Verimpfung von Venenblut. Erstens ist die Menge des zur Widalprobe eingesandten Blutes meistens nur sehr gering und zweitens pflegt zwischen Ent- nahme und kultureller Verarbeitung des Blutes in diesem Fall stats eine die Lebensenergie der Bacillen sicher bis zu einem gewissen Grade schädigende längere Zeit zu verstreichen. Nicht geeignet für die kulturelle Weiterverarbeitung der Widalproben sind die sog. Blut- tupferröhrchen (Küster 185), Perquıs? konnte Typhusbacillen schon im Anfange der Krankheit im Blute nachweisen, CurscHMmann 24 einmal am 3. Tage, achtmal vor dem 9. Krankheitstage. ScHoTTMüLLer?58 hatte positive Er- folge einmal bereits am 2. Tage, öfter am 3. und 4. Tage, bei einem Rezidiv innerhalb der ersten 24 Stunden. CourMmonTt316 berichtet über Befunde schon vor dem 5. Tage. HEcKkER & OTro175 fanden die Bacillen bereits in den ersten Krankheitsttagen, KLopxırzky 310 Abdominaltyphus. 165 konnte sie bereits am 1. Krankheitstage, Tmomas?’? in der ersten Hälfte der 1. Woche, Wıpar & Dicne318 am 2. und 3. Krankheits- tage im Blut feststellen. Je früher die bakteriologische Blutuntersuchung vorgenommen wird, desto günstiger ist demnach die Aussicht, die Bacillen im Blut nach- zuweisen. Kayser 285 hatte in der 1. Krankheitswoche rund 100 Proz., in der 2. dagegen nur noch 50 Proz., in der 3.—5. Woche schließ- lich nur durchschnittlich 40 Proz. positiver Resultate. Aehnlich sind die Ergebnisse anderer Untersucher. So fand Lünpke?®®: 1. Woche 95 Proz., 2. Woche 55 Proz., 3. Woche 20. Proz., 4. Woche 10 Proz. und ZEIıDLER 290: 1. Woche 100 Proz., 2. Woche 80 Proz. Bemerkens- wert ist, daß nach ZeipLer in der zweiten Hälfte der 2. Woche (42 Proz.) die Anzahl der positiven Befunde erheblich gegen die erste Hälfte der 2. Woche (94 Proz.) zurückgeht. In späteren Stadien des Typhus finden sich die Bacillen nur noch relativ selten im Blut. Allerdings konnte CH. Mürrer319 sie einmal sogar noch am 64. Krank- heitstage darin nachweisen. Der Fall von Panr°?*, welcher sie noch nach 9 Monaten gefunden haben will, ist wohl nicht ganz aufgeklärt, da es sich hier möglicherweise um ein Rezidiv gehandelt haben kann. Beim Typhusrezidiv sind die Bazillen im Blut festgestellt worden von v. STÜHLERN?95 einmal am 4. und mehrmals bis zum 11. Krank- heitstage. Kayser 285, 287 fand sie am 2. und 4. Tage, PosGGenponL 32° einmal am 4. und Zeiprer?90 einmal am 5. Tage, TrEUPEL??‘ am 2. und 3. Tage, ScHoTTMmüLLer?58, wie erwähnt, bereits am 1. Tage. An der früheren Auffassung, daß die Typhusbacillen beim Kranken nur während des Fieberverlaufes im Blute auftreten, kann man nach den heutigen Befunden nicht mehr festhalten. So Konnte Coxkapı?259, 282 gelegentlich die Bacillen im Blut bei mehreren ganz leichten fieberlosen Fällen, einmal auch in der Rekonvaleszenz, nach- weisen. Analoge Befunde teilen GILDEMEISTER??, Lünke?® und MÜLLER 21 mit v.STÜHLERN 295 sowie BıE ??2 dagegen konnten Typhus- bacillen stets nur während der Fieberperiode aus dem Blut züchten. Besonders wichtig werden die Bacillenbefunde im Blut bei Typhus für die Frühdiagnose deshalb, weil sie diese häufig vor dem Auf- treten einer positiven Wıparschen Reaktion als einziger objektiv nachweisbarer Befund sichern. So teilt Kayser?®5 37 Fälle von positivem Bacillenbefund im Blut bei noch negativem Widal mit, Mürrer 321 beobachtete 18 und MürLzer & Grär?'3 24 derartige Fälle. Eine große Reihe entsprechender Beobachtungen finden sich bei Bır ?'?, Bıasıvs & Karue323, Baumann & Rımrau?%2, BucHHoLz?”%, Con- RADI284, KURrPIUWEIT3??, ScHwEInBURG?28, HecKER & Orro!!l, PAacHnio & ScHuster 235, HIRscH-QUILLEN-LEVY>?® u. a. Auch prognostisch ist das Auftreten und die Menge der im Blut gefundenen Bacillen verwertet worden. WassıLJErr 2? hält einen zahl- reichen Bacillenbefund für prognostisch ungünstig, ebenso MEmMmı?6#, Nach v.Srüntern??5 sind nur diejenigen Fälle ungünstig zubeurteilen, bei denen die Bacillen noch nach der ersten Woche im Blut gefunden werden. VeıL302 konnte bei schweren Fällen in 100 Proz., bei mittel- schweren in 75, bei leichten in 50 Proz. die Bacillen im Blut nach- weisen. Zu ähnlichen Resultaten kam Kayser?®®, der sie unter 36 ganz leichten Fällen in 42 Proz., 41 mittelschweren in 61 Proz., 21 schweren in 76 Proz. und 27 sehr schweren Fällen in 78 Proz. im Blut nachweisen konnte. Keinen Zusammenhang zwischen dem Blut- 166 K. H. Kurscher, befund und der Schwere der Erkrankungen beobachteten im Gegen- satz zu diesen Mitteilungen ConkAD1259, GENNARL®3 und Epsteın ?70, In den allermeisten Fällen finden sich die Typhusbacillen im Blut in Reinkultur. Neben ihnen ist indes wiederholt eine ganze Reihe anderer Bakterien gleichzeitig im Blut gefunden worden, z.B. Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken, Tetragenus, Bact. coli. Sehr selten scheint der gleichzeitige Befund von Typhus- und Para- typhusbacillen im Blut zu sein. Ueber zwei solcher einwandfrei fest- gestellten Fälle (Paratyphus B) liegen Mitteilungen von Beckers ’?8 und Bırrrer6%* vor. Erwähnt sei im Anschluß hieran noch besonders die interessante Mitteilung von Busse #2, daß er Typhusbacillen auch aus dem Blut von Kranken gezüchtet habe, bei denen weder klinisch (2 Fälle von Miliartuberkulose, je 1 Fall von Phthise und Pneumonie) noch pathologisch-anatomisch (bei den beiden ersteren Fällen) irgend- welche Anhaltspunkte für Typhus vorhanden waren. Auf Grund seiner Beobachtungen hält Busse demnach auch den Nachweis der Bacillen im Blut für die Diagnose Typhus selbst bei dringendem klinischen : Typhusverdacht nicht für absolut maßgebend. Auf die Deutung dieser Befunde wird später kurz eingegangen werden. 3. Züchtung aus Roseolen. Diagnostische Milzpunktion. In ähnlicher Weise wie die Blutuntersuchung ist zu diagnostischen . Zwecken bei Typhus die Roseolenuntersuchung ausgebildet worden, welche ebenso wie die Blutuntersuchung wegen ihrer leichten Ausführbarkeit, namentlich auch in der Privatpraxis, empfohlen wird. Die Typhusbacillen gelangen auf dem Blutwege in die Haut und bilden hier kleine metastatische Herde in Gestalt der Roseolen. E. FRAEN- KEL359 konnte in mikroskopischen Schnitten in den Lymphbahnen des Papillarkörpers der Roseolen typisch gelagerte Bacillen nach- weisen, ein Befund, der von Kasarınorr 353 bestätigt wurde. Bereits im Jahre 1886 berichtete NeuHaAuss®#3 über 9 bakteriologische Ba- cillenbefunde unter 15 Fällen, später führten TeızrmicH ?*#, RüÜrTl- MEYER®45 und SınGEr®#6 die Roseolenkultur erfolgreich aus. NEU- HAauss verimpfte Roseolenblut auf Gelatine, TuremicHh in flüssigem Agar. Andrerseits hatte eine große Reihe weiterer Untersuchungen bei Anwendung der gleichen Methoden durchaus negative Ergebnisse. (GAFFKY!l, FRAENKEL & SIMMonDs?20, CHANTEMESSE & WıpaL13, Grawırz3#T, CURSCHMANN®# u. a.) Der Grund für die vielfachen Mißerfolge lag nach den Untersuchungen von NeursELnp?60 darin, dab die Typhusbacillen in den Roseolen nur in geringer Anzahl vor- handen sind, und zwar nur im Gewebssaft, nicht dagegen im Roseolen- blut. Von der Auffassung ausgehend, daß die Bacillen von dem bei der Inzision ausströmenden bakteriziden Blut schnell abgetötet wurden, schlug Ne£ureLp daher vor, nach gründlicher Reinigung der Haut die Roseole mit einem scharfen Messer zu inzidieren, darauf sofort mit der Messerspitze etwas Gewebssaft herauszuschaben und dieses Material möglichst schnell unmittelbar in einen flüssigen Nährboden zu übertragen. (Ueber die Bedeutung der Bakterizidie des Blutes bei der Züchtung des Typhusbacillus aus Blut etc. s. S. 760.) NEUFELD verimpft etwa 3—D möglichst frische Roseolaflecke gleichzeitig in Bouillon. Die weitere Identifizierung etwaiger gewachsener Bacillen erfolgt durch Plattenausstrich. u- Abdominaltyphus, 76 NEUFELD?60, hatte mit dieser Methode unter 15 Fällen 14mal ein positives Ergebnis. Ueber ebenfalls gute Erfolge dieses Verfahrens berichten CurscHMAnN >49, ScumoLz & Krause 13, WIDENMANN 350, RiCHARDSoN 351, SEEMANN®2, KAsARINOFF°? u. a. PorLacco & GE- MELLI®S* hatten gute Erfolge bei Exzision eines Gewebsstückchens der Roseole und Uebertragung in Bouillon. Mit dem von SCHMIEDICKE°®®® empfohlenen Verfahren der Roseolenuntersuchung (schichtweise Abkratzung der Roseolenflecken zur Gewinnung des Gewebssaftes und Uebertragung des letzteren in Bouillon), hatte außer dem Autor gute Resultate MENZER®°®, wäh- rend Exner 357 weniger günstig darüber berichtet. Schließlich schlägt GossneEr355 vor, zur Gewinnung des Roseolensaftes Stichelungen der Roseolen mittels einer in der Flamme steril gemachten Streichholz- spitze vorzunehmen. Wenn auch die Roseolenuntersuchung auf Typhusbacillen vielfach noch eher zum Ziele führen wird als die Untersuchung des Stuhles oder die Wiıparsche Probe, so ist sie als frühdiagnostisches Mittel doch heute durch die kulturelle Untersuchung des zirkulierenden Blutes in jeder Weise überholt. Diese ergibt fast ausnahmslos bereits in den ersten Krankheitstagen positive Ergebnisse, während die Rose- olen in der Regel frühestens erst am Ende der ersten bzw. am Beginn der zweiten Woche aufzutreten pflegen. Für die praktische 'Typhus- diagnose besitzt die Roseolenuntersuchung daher heute keine nennens- werte Bedeutung mehr. Aehnlich steht es mit der diagnostischen Milzpunktion. Ehe die guten Erfolge der kulturellen Blutuntersuchung bekannt wurden, bediente man sich ihrer häufiger, namentlich auch wegen der vielfachen Schwierigkeiten der Stuhluntersuchung. Unter örtlicher Anästhesie der Haut wird die Punktionsnadel in der hinteren Axillarlinie zwischen der 9. und 10. Rippe eingestochen. Eine kleine Menge des aspirierten Gewebssaftes wird auf Agar oder in Bouillon übertragen. Dieses Verfahren wurde unter anderem angewandt von PHiLr- Ppowıcz 360, LUCATELLO 361, CHANTEMESSE & WıIDAL13, REDTENBACHER3®2, E. Neisser 363, SıLvEstrını36%4, WIDENMANN>50 und besonders von ApLEr?6® (unter 300 Fällen 90 Proz. positive Resultate) sowie MiıcHrLazzı & PErA?8 und lieferte verhältnismäßig gute Ergebnisse, namentlich bei Beginn des Fiebers. ÜHANTEMEssE >66 hatte bei abor- tivem Typhus keinen Erfolg, Bıurr & Garrı367 empfehlen die Milz- punktion dagegen gerade bei Typhus levissimus. Tmomas??T9 konnte a bei frischem weichen Milztumor Typhusbacillen aus der Milz züchten. So gute Resultate die diagnostische Milzpunktion auch immer liefern mag, so hat sie sich doch in der Praxis nicht einbürgern können, sie wird sogar von vielen als diagnostisches Hilfsmittel direkt ver- worfen (E. FRAENKEL369, CURSCHMANN>#8 u. a.). Einmal sind ihre Ergebnisse von denen der Blutkultur heute überholt, und ferner sind mit ihrer Ausführung zweifellos gewisse Gefahren der Gewebs- zerreißbung und Blutung für den Kranken verbunden. So fand Haper 3%0 bei der Obduktion einer punktierten Kranken einen feinen 1/, cm langen Riß in der Milzkapsel und etwa 100 ccm frei ergossenes Blut in der Bauchhöhle. Ueber einen analogen Fall berichtet Jancsö 371, 768 K. H. Kursuner, 4. Nachweis des Typhusbacillus im Harn. Bakteriurie und Typhuscystitis. Von der Blutbahn aus gelangen die Typhusbacillen auf meta- statischem Wege in die verschiedenen Organe des Körpers, besonders häufig in die Nieren. Von hier aus werden sie mit dem Harn aus- geschieden. Ueber die Frage, auf welchem Wege die Bacillen in den Harn gelangen, herrscht noch keine vollständige Einigkeit. Die von KurrH 3? ausgesprochene Ansicht, daß die Typhus- bacillen von außen her durch die Harnröhre in die Blase einwandern, und die Annahme von VıncEnTt?'8, daß die Lokalisation der Bacillen lediglich in der Blasenwand zu suchen sei, können heute allgemein als aufgegeben gelten. Nicht vollständig geklärt erscheint jedoch auch heute noch die Frage, ob die im Laufe des Typhus öfters be- obachtete Colieystitis durch Einwandern von außen her oder auf dem Wege durch die Nieren hervorgerufen wird. Auf Grund der klinischen Beobachtung, daß die Bakteriurie oft unabhängig von jedem nachweisbaren Entzündungsvorgang in der Niere auftreten kann (RorıLy??2, Levy & GissLer®73, Vas3’# u. 2.), war man zeitweise zu der Annahme geneigt, daß die Bakterien durch die gesunde ungeschädigte Niere in den Harn gelangen könnten. Namentlich Rorry?’2 vertritt neuerdings auch auf Grund von Tier- experimenten diesen Standpunkt. Vıncenzı®'?a hält nur in Ausnahme- fällen die gesunde Niere für ohne weiteres passierbar. Er gibt aller- dings an, einen Colibacillus gefunden zu haben, der jedesmal durch die unverletzte Niere in einigen Stunden bei Kaninchen hindurch- ging. Auch in Schnitten konnte er die Bacillen in den unveränderten Glomerulis wiederfinden. Die weitaus größere Mehrzahl der Autoren nimmt jedoch an, daß die ungeschädigte Niere für Bakterien undurch- lässig sei (NEUFELD55, WAssıLJEFF 327, WyssoKkowıcz 375, STRENG ?83, Ascm 8: u. a.), besonders gestützt auf die einschlägigen sorgfältigen experimentellen Untersuchungen von den letzten drei Autoren. Im all- gemeinen folgt man bezüglich der Pathogenese der Bakteriurie bei’ Typhus auch heute noch der von KoNJAJErF 376 zuerst ausgesprochenen Ansicht, daß die Typhusbacillen zunächst in den Nieren kleine me- tastatische Herde bilden, von denen sie aus erst in den Harn über- gehen. KonJAaJEFF konnte solche kleinen nekrotischen Metastasen meist dicht unter der Nierenkapsel nachweisen. Er fand in ihnen kulturell und in gefärbten Schnittpräparaten Typhusbacillen. Wassır- JEFF®?' und Wyssokowıcz 375 erklären ebenfalls die Metastasenbildung durch infolge des Eindringens der Typhusbacillen in das Nierengewebe entstehende Lymphome, die aus epitheloiden Zellen und Leukocyten, ähnlich wie bei den Roseolen der Haut, aufgebaut sind. Die Zahl der im Harn auftretenden Bacillen hängt von der Menge der vorhandenen Lymphome ab. Nachdem schon 1886 Hürpr3?9 und Serrz380 über gelegentliches Vorkommen von Typhusbacillen im Harn von Kranken berichtet hatten, veröffentlichten die ersten zuverlässigen Befunde in größerer An- zahl KonJaserr ?'6 und Neumann ®8i, Trotzdem dauerte es auffallender- weise eine lange Reihe von Jahren, bis die Wichtigkeit dieser Be- funde voll erkannt wurde. Erst Prrruschky 38? wies 1898 besonders auf die außerordentlich praktische epidemiologische Bedeutung der Abdominaltyphus. 769 Harninfektion hin und machte auf die oft ungeheure Menge der mit dem Harn ausgeschiedenen Bacillen und die zuweilen wochenlange Dauer der Ausscheidung aufmerksam. Die Befunde über das häufigere Vorkommen der Typhusbacillen im Harn sind dann in der Folge von einer großen Anzahl von Autoren in teilweise sehr eingehenden Untersuchungen bestätigt worden (HorTon -SMITH 385, RiICHARDSOoN®86, NEUFELD®8, BAART DE LA FAıLLr 388, SILvESTRINI3e4, Besson 389, Rostockı°, ScHicHoLp°?, BÖsENBERG 392, URBAN ®93, Gwyn®9, Young®%, A. FiscHer 9%, ScHü- DER 39T, Fuchs®%, BurpacH!!#, IchıkawA & KapaıkE®9, Lorpa %00, Cor t%1, Jacogı402, Prıstert03, VıncEent?'8, FrLamını#%%, Saro #0, LEsıEUR & Manaur%0, HerBERT!65, KLiMEnK040, Dönıtz160, Ror- Ly°72, CuRETTO%08, RAUBITSCHEK 209, NArIıER & BucHanan #10, Vas37&, WassıLJEr 327, TsuzuXı®ll, Lesıeur@l2 u. a.). Die Häufigkeit der Typhusbakteriurie scheint in ziemlich weiten Grenzen zu schwanken. Der Nachweis der Bacillen im Harn ist im allgemeinen nicht schwierig — die meisten Untersucher benutzen zum Nachweis den Plattenausstrich auf Lackmus-Milchzucker-Kristall- violettagar bzw. Endoagar, Prıster%03 hat gute Erfolge mit direkter Einsaat von steril aufgefangenem Harn in schwach alkalische Bouillon gehabt —, da die Typhusbacillen gewöhnlich in außerordentlich großen Mengen, oft in Reinkultur mit dem Harn ausgeschieden werden (RıcHARDsonN 986, HERBERT!65, Prister 40%, Framımı“%%), Spärliche Typhusbacillen lassen sich im Harn nach Currrro leichter nachweisen, wenn er künstlich alkalisch gemacht worden ist. PETRUSCHKY >82 konnte in 1 ccm Typhusharn mehr als 100 Millionen und Tsuzuxı “1 etwa 30 Millionen Bacillen nachweisen. Durch die enorme Menge im Harn suspendierter Typhusbacillen kann häufig eine Trübung des letzteren bedingt sein, ohne dab etwa eine Üystitis zu bestehen braucht. Trotzdem wird das Gelingen des Nachweises in vielen Fällen von dem Zeitpunkt der Untersuchung abhängen, da die Bacillen aus dem Harn unter Umständen auch bald wieder spontan verschwinden können. So teilt z. B. Schüper 9? einen Fall mit, in dem die Bacillen trotz 50 Tage lang fortgesetzter Untersuchungen nur einmal im Harn nachweisbar waren. Es können naturgemäß hier nur über lange Zeiträume fortgesetzte regelmäßige und in kurzen Zwischenräumen vorgenommene sorgfältige Untersuchungen vergleichbare Resultate zeitigen. Bei Erfüllung dieser Bedingungen scheint in der Tat die Typhusbakteriurie bei weitem häufiger vorzukommen, als früher angenommen wurde. Prıister#03 hatte bei 50 Proz., LesıEURr &. MaHaurT20 bei 38,5 Proz., Lesıeur12 in 45 Proz., WAssıLsErF 327 in 30 Proz., RıcHarpson 86 bei 21 Proz. und VıncEnt378 und ebenso Krmmenko40, desgleichen Loypa400 in 17 Proz. aller untersuchten Typhusfälle positive Bacillenbefunde im Urin. IcmıkawA & KABAIkE 39 fanden unter 24 Fällen 15mal, Framını0% fand bei acht typhus- kranken Kindern 7mal, Saro#0 unter 17 Fällen 10mal, HErBErRT!6 unter 95 Fällen 18mal und Jacogı*"2 bei 37 Fällen Tmal Typhusbacillen im Urin. Verhältnismäßig selten, 4mal bei 41 Kranken, konnte Fuchs 398 positive Befunde erheben. Die häufigsten positiven Befunde hatte Rausrtscher #09, der sie mittels der Mürterschen Fällungsmethode mit Eisenoxychlorid in allen Fällen von Typhus nachweisen konnte, und zwar unabhängig von der Schwere und dem Stadium des Falles. Diese Befunde sind, soweit Handbuch der pathogenen Mikroorganismen, 2. Aufl. III. 49 770 K. H. KurtscHer, bekannt, von anderer Seite bisher noch nicht bestätigt worden. Im allgemeinen kann man nach den bisher vorliegenden Untersuchungen die Häufigkeit der Bakteriurie auf etwa nahezu !/, bis die Hälfte aller Typhusfälle annehmen. Die Angaben über die Zeit des Auftretens der Typhusbacillen im Harn der Kranken sind weitgehenden Schwankungen unter- worfen. Diese Differenz der Befunde wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß die Nierenmetastasen, die höchstwahrscheinlich schon zur Zeit des Roseolenausbruches entstehen, verschieden lange Zeit gebrauchen können, bis sie in die Harnwege durchbrechen. Ver- schiedentlich sind denn auch bereits zur Zeit des Roseolenausbruches Typhusbacillen im Harn gefunden worden (JAacogı%02, PFIsTEr #03, VIncEnT>378, Framını®0%% Sarto405, LESIEUR & MAHAUT #06, [CHIKAWA & KasBarkeE?9), andere Autoren, wie Fuchs9, RıcHARDSoN 386, HER- BERT165 fanden sie nur nach der Entfieberung und in der späteren Rekonvaleszenz. Darin stimmen fast alle Untersucher überein, daß die Infektionserreger sich häufig noch sehr lange Zeit nach Ablauf aller klinischen Symptome im Harn finden können. So fand sie Fuchs ?98 noch bis zu 6 Wochen in der Rekonvaleszenz, HERBERT15 bis zu 4 Wochen, KLIMEnko#0% bis zu 30 Tagen, VıncEnT?'3 bis zu 37 und Saro#05 bis zu 42, IcHIKAwA & KaBaIkE®9 bis zu 48 Tagen nach der dauernden Entfieberung. Döntrtz160 konnte sie sogar in einem Falle noch im Harn einer Frau nachweisen, welche vor 7 Monaten Typhus überstanden hatte. NIEPRASCHK #21 beschreibt einen Fall, bei dem die Bacillenausscheidung durch den Harn etwa 7 Jahre anhielt. (Weitere Angaben vgl. später „Epidemiologie“. ) Sehr häufig ist mit der Bakteriurie eine Albuminurie verbunden (VIncEnT®75 unter 9 Fällen Tmal, Levy & GissLer°?73 in 45 Proz., Rorry??? in 66 Proz.). Jacogı betrachtet gleichzeitige Albuminurie als die Regel. Meist ist bei bestehender Albuminurie die Anzahl der ausgeschiedenen Bacillen eine sehr erheblich größere als bei eiweiß- freiem Harn (FrLamını 40%), In der Mehrzahl der Fälle fehlen bei der Typhusbakteriurie ernste Symptome seitens der Blase. Der Harn ist klar, er reagiert sauer, enthält nur wenige Leukocyten, es fehlt meist jede subjektive Stö- rung. Aus diesem Grunde wird die Bakteriurie leicht übersehen, was naturgemäß epidemiologisch große Bedeutung haben kann. Ernstere Erkrankungen der Blase, in denen es infolge Wucherungen der Ba- cıllen in der Blasenschleimhaut zur Typhuscystitis kommt, sind sehr selten, obgleich der Harn im allgemeinen für die Typhusbacillen einen guten Nährboden darstellt. Solche Fälle sind beschrieben von Mer- cHIOR*13, Brumzer“l#, Krocıus#15, Livı & LEMIERRE*tl6, RıcHARrD- son ®86, HOoRTHoN-SMITH385, Rovsına#1?7 (Cystitis, Pyelonephritis, Nephritis supp., Nephrolithiasis), SrApLer #18. Neumann #19 berichtet über einen Fall von Typhus levis, der durch eine spezifische Cystitis kompliziert war. Eine zusammenfassende Darstellung der Cystitis typhosa findet sich bei CurscHMmann #20, Um die Typhusbakteriurie zur Heilung zu bringen, besitzen wir in dem Urotropin ein in den meisten Fällen wirksames Mittel, über dessen großen therapeutischen Wert sich die Beobachter fast ausnahmslos einig sind. Therapeutisch sehr gute Erfolge sahen von dem genannten Mittel, soweit sich hierüber Angaben finden, nament- lich Bıss#?? und RıcHarosonx 386, HorTHoN-SMmıTH 385, NEUFELD 38", Abdominaltyphus. Tora L£fvı & LemIerre®!6 u. a. Einige Autoren sahen allerdings in vereinzelten Fällen zuweilen vom Urotropin weniger gute thera- peutische Wirkungen, so z. B. NarIEr & BucHnmann “10, Auch in dem erwähnten Fall von NIEPRAscHK #21 versagte es. Hier war die An- wendung von Borovertin von dauerndem Erfolge begleitet. Es kann wohl kein Zweifel darüber bestehen, daß dem Nach- weis der Typhusbacillen im Harn eine besondere diagnostische Bedeutung für den Unterleibstyphus nicht zukommt, falls nicht etwa die Befunde RaAusgITscHERs eine weitere Bestätigung erhalten sollten. In den weitaus meisten Fällen treten andere Symptome, welche die Diagnose ermöglichen (Roseolenausbruch, Befund der Ba- eillen im Blut, GRUBER-WıpaLsche Reaktion), zeitlich eher auf als die Bakteriurie. Mehr in den Vordergrund tritt jedoch die epidemio- logische Bedeutung der Bacillenausscheidung im Harn. Auf diese wird später noch ausführlicher zurückzukommen sein. 5. Nachweis in den Respirationsorganen. Wenn auch verhältnismäßig selten zu konstatieren, so ist doch das Vorkommen der EBERTH-Garrkyschen Bacillen in den Respi- rationsorganen wenigstens in epidemiologischer Beziehung nicht un- wichtig. v. STÜHLERN#23 fand zuerst die Bacillen in Reinkultur bei der Sektion im pneumonischen Lungenlappen eines Typhuskranken. Ferner konnte BanczL #* in 6 von 15 Fällen bei beginnender Typhus- pneumonie Typhusbacillen in der Lunge in Reinkultur nachweisen, indem er mittels einer feinen Hohlnadel die Lunge punktierte, Lungensaft aspirierte und kulturell verarbeitete. Erst in den späteren Stadien der Krankheit fanden sich neben den Typhusbacillen andere Bakterien, vorwiegend Pneumokokken. Nach den Beobachtungen von BancEeL scheint das Vorkommen einer unkomplizierten Typhus- pneumonie doch einigermaßen wahrscheinlich zu sein. Viel häufiger ist jedenfalls aber die Typhuspneumonie sekundär hervorgerufen durch Pneumokokken. Letzteres geht auch aus dem umfangreichen Material von A. FRAENKEL#2?T hervor. Typhusbacillen neben Pneumo- kokken fanden bei Typhuspneumonie gleichfalls v. STÜHLERN #23, Diev- DONNE #25, ARUSTAMOFF #26, RıcHARDson #23 konnte stets, GLASER??? und v. Dricarskı#30 des öfteren ebenfalls Typhusbacillen neben Pneumo- kokken und Influenzabacillen im Lungenauswurf von Typhuspneumo- nikern nachweisen. Eper*3! fand Typhusbacillen im bronchitischen Sputum eines Typhuskranken, Mannscarıpe #8 will unter 51 Typhus- fällen die Bacillen sogar 36mal — in 70 Proz. im Sputum nach- gewiesen haben. Raut32 berichtet über zwei Fälle von positivem Sputumbefund, und CHantemesseE & Wıpan!3 konnten die spezi- fischen Bacillen bei Sektionen in bronchitischen und bronchopneumo- nischen Herden nachweisen. Namentlich bei posttyphösen Pneumonien beweist das Vorkommen von Typhusbacillen noch nichts für die ursächliche Bedeutung der- selben, da sie auf dem Blutwege in die Lunge eingeschleppt sein können (GLaser #29), Das Sputum bei Typhuspneumonie ist nach den übereinstimmenden Angaben der Autoren hämorrhagisch gefärbt. Rau#32 berichtet über einen Fall von Pneumotyphus ohne Darm- erscheinungen. Bemerkenswert sind ferner die Befunde von JEHLE #33, 49% 772 K. H. Kurscher, welcher Typhusbacillen wiederholt bei mit Pneumokokkeninfektion komplizierter Pneumonie, aber andererseits auch des öfteren im Aus- wurfe bei unkomplizierter Bronchitis Typhuskranker nachweisen konnte. Der Annahme des genannten Autors, daß eventuell eine Uebertragung der Typhusbacillen durch Inhalation (Tröpichen-Inha- lation im Sinne Frücszs) stattfinden könne, kann man theoretisch wohl beitreten, in der Praxis wird einem derartigen Infektionsmodus dagegen eine besondere Bedeutung kaum beigemessen werden können. Von weiteren Metastasen des Typhusbacillus in den Respirations- organen seien erwähnt der Befund von ScHurLrtz*°*, der die spezi- fischen Erreger aus den markig geschwollenen Lymphfollikeln der Epiglottis züchten konnte, ferner die Mitteilungen von BEnnıx #35, Mya4#36 und Brum #37, die in Gaumengeschwüren bei Angina typhosa Typhusbacillen nachwiesen. Weiter berichtet über Fälle von ulze- röser Typhusangina Novorny#38. Schließlich teilt v. Drıcauskı 230 mit, daß er die Typhuserreger zuweilen in dem Zungenbelag und auf den Tonsillen nachweisen konnte. Auch KarHur*33a fand sie in ein- zelnen Fällen auf den Tonsillen. Die verhältnismäßig häufigste Lokalisation der Typhusbacillen in den Atmungsorganen scheint die Pleurahöhle zu sein. Fälle von teils serösen, teils eitrigen Pleuritiden, die durch Typhusbaeillen hervorgerufen waren, beschreiben A. FRAENKEL#2T, D. GERHARD #29, Wargurg *°%, Lorıca & Pensur“! FEeRrNnEeT*2 SaHıı“°, SPIRIG VALENTINI #5, WEINTRAND #6, REMLNIGER “7, WıpaL & LEMIERRE >96, EiInecker 97, Brasıus293. Bei einigen von diesen Fällen wurden die spezifischen Bacillen aus dem Exsudat in Reinkultur gezüchtet Ueber durch Typhusbacillen hervorgerufene Lungeninfarkte berichtet DETTLinG #®9, 6. Vorkommen der Typhusbacillen in den Gallenwegen. Nach den bisher vorliegenden Beobachtungen scheint der Typhus- bacillus beim Typhuskranken in der Galle beinahe regelmäßig vor- zukommen. Die Bacillen finden anscheinend in der Geallenblase sehr günstige Wachstumsbedingungen, da die Galle, wie man an- nehmen muß, wachstumsbegünstigend auf sie wirkt (MEYERSTEIN 282, Pırs#50). In vielen Fällen ruft ihre Ansiedelung in der Gallen- blase keine klinischen Erscheinungen hervor (Murayama #59, E. FRAEN- KEL?#60), vielfach sind dagegen mehr oder weniger ausgesprochene Entzündungsvorgänge der Gallenblasenwand beschrieben worden. In manchen Fällen kommt es zu tiefer greifenden nekrotisierenden Ent- zündungen und teilweiser Veränderung der Gallenwege. STEwArT #51 sah unter 620 Typhusfällen 7mal Cholecystitis. Bei drei wegen Gallensteinen Operierten fanden sich die spezifischen Bacillen in der Gallenblase. Weitere Fälle von Cholecystitis mit Typhusbacillen- befund beschreiben Mc. Danzer #52, MÜLLER #53, FORSTER & KAYser #54, LAUBENHEIMER °, v. Kmautz #56, Bitter 457, FoEDERL 25%, HILGERMAnn #61 Kamm#62, FınpLay & Buchanan 463, Sısro489. Andere derartige Be- funde, bei welchen jedoch teilweise die Typhusnatur der isolierten Bakterien nicht immer ganz sicher gestellt wurde, veröffentlichten GILBERT & GIRoDE #%, Duprt 65 CHrarı‘66, GUARNIERL4, ANDER- son 168, PARMENTIER %%%, Cusains t'0 Hunner?”, Camac?” Emeer & Storz#?3, Brrox*'4, Durch weitere Untersuchungen wurde schließ- pP. ur a ae ee u er ee ee 14 . Abdominaltyphus. 173 lich das Vorkommen von Typhusbacillen in Gallensteinen festgestellt (Drosa 75, BLUMENTHAL 476, Levy & Kayser ®®!, MARMmann !”®, Kamm °%?, BACMEISTER *"7, HUNNER- WRITER 8, FarTouT & RamonD*’®, NIETER*® u.a). Ueber gelegentliche Befunde von Typhusbacillen in der Gallenblase berichten außerdem noch KısskaLrt!82, SCHULLER #83, ZACHER *8#, NıEtTer & LIEFMAnN#8, FromMmE486, CHıarı®9%%, Zinsser #87, Ham- Monnp4#88, v. Dricausk1#30 gibt an, die spezifischen Bacillen stets nach typhöser Infektion in der Galle gefunden zu haben und Tmo- Mmas279 konnte sie daselbst während des ganzen Verlaufes des Typhus, in einem Fall sogar bereits in der ersten Krankheitswoche nach- weisen. Die beobachteten krankhaften Veränderungen der Gallenblasen- wand sowie die Bildung von Gallensteinen sind nicht in jedem Fall primär auf die Einwanderung und Ansiedelung der Typhusbacillen zurückzuführen. Vergleichende Untersuchungen haben vielmehr neben dem Typhusbacillus häufiger andere Bakterien in den erkrankten Gallenwegen festgestellt. Es ist daher wohl möglich, daß der 'Typhus- bacillus gerade in einer bereits krankhaft veränderten Gallenblase besonders günstige Ansiedelungs- und Wachstumsbedingungen findet. Daß der Typhusbacillus zur Aetiologie der Cholecystitis und Gallen- steinbildung an sich keine anderen Beziehungen hat als andere Bak- terien, wie z. B. das Bact. coli, Bac. pyocan., Streptokokken, Staphylo- kokken, geht mit Sicherheit aus den Untersuchungen von BLUMEN- tHAL49, LAUBENHEIMER®5®, Baper#9! und BacMEISTER #77 hervor. Ersterer züchtete aus Galle, die bei 14 Steinoperationen steril auf- gefangen war, 1Omal Bakterien der Coligruppe, nur 4mal Typhus- bacillen. Unter 36 Fällen von Cholecystitis fand LAUBENHEIMER NUr einmal Typhusbacillen, dagegen in 64 Proz. Bact. coli in der Gallen- blase. Baper konnte bei 25 wahllos untersuchten Fällen von Gallen- steinen nicht einmal Typhusbacillen in den Steinen feststellen und BAacMEISTER wies in 20 Steinen nur 3mal Typausbacillen nach. Vielfach finden die Typhusbacillen in der Gallenblase so günstige Existenzbedingungen, daß sie sich oft außerordentlich lange Zeit da- selbst halten können. So erwähnte Dropa #75 einen Fall von Typhus- bacillenbefund in der Gallenblase, bei dem die Typhuserkrankung 17 Jahre zurücklag. Bei einem ähnlichen Fall von HuUnNER-W RITER #8 handelte es sich um einen Zeitraum von 20, bei dem v. Zinsser #8° erwähnten Fall von. 16 Jahren. Aehnliche Befunde sind in der Literatur nicht vereinzelt. Diese Beobachtung ist epidemiologisch von höchster Bedeutung (s. später „Dauerausscheider“ ), da die Bacillen von der Gallenblase aus dauernd oder periodisch in den Darm und von hier wieder mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Die Frage, auf welchem Wege die Typhusbacillen in die Gallen- blase hineingelangen, hat man in einer Reihe interessanter experi- menteller Untersuchungen aufzuklären gesucht. Zuerst konnten BrLack- STEIN & WercH#9 bei mehreren Kaninchen, denen sie intravenös lebende Typhusbacillen injiziert hatten, diese in der Grallenblase der Tiere nachweisen, und zwar noch nach 128 Tagen, während alle anderen Organe vollständig frei von Typhusbacillen gefunden wurden. Zu etwa dem gleichen Ergebnis gelangten bei der Nachprüfung dieser Versuche Forster & Kayser ?54, Fast gleichzeitig hat ferner Dörr *93 in einer Reihe sehr exakter, schöner Tierversuche den Nachweis dafür zu erbringen versucht, daß die Typhusbacillen nur auf dem 174 K. H. KvrscHer, Wege der Blutbahn in die Gallenblase gelangen können. Bei sub- kutaner, intraperitonealer und stomachaler Applikation blieb die Galle der Versuchstiere (Kaninchen) stets steril, ebenso wenn der Ductus cysticus vor der intravenösen Injektion unterbunden war. Dagegen fanden sich die Typhusbacillen stets in großen Mengen, oft in Rein- kultur, in der Gallenblase wieder bei intravenöser Injektion auch nach Unterbindung des Ductus choledochus. Die kürzeste Frist, nach welcher sie in einem Falle in der Galle erschienen, betrug einerseits 8 Stunden, andererseits konnten reichliche Typhusbacillen noch nach 120 Tagen im Gallenblaseninhalt infizierter Tiere nach- gewiesen werden. Der Zeitpunkt, bis zu dem die Bacillen aus der Gallenblase wieder spontan verschwanden, war ebenfalls verschieden. Nach den Untersuchungen von Dörr? halten sich die Bacillen nur dann längere Zeit in der Gallenblase, wenn, was allerdings häufig der Fall zu sein scheint, durch ihre Invasion entzündliche Prozesse der Gallenblasenschleimhaut bedingt werden. Interessant ist die Mit- teilung des genannten Autors, daß es ihm gelungen sei, in zwei Fällen in den infizierten Gallenblasen Konkrementbildungen zu finden, in denen Typhusbacillen nachweisbar waren. Zu nicht genau denselben Ergebnissen gelangten J. Kocm#95 und CmIaroLanza?9, Sie fanden zwar ebenfalls nach intravenöser Injektion bei Kaninchen die Ba- cillen schon sehr bald (2 Stunden) in der Gallenblase wieder. Nach ihren Untersuchungen kann aber einerseits auch die Einwanderung der Bacillen in die Gallenblase unmittelbar aus dem Darm durch den Ductus choledochus und andererseits von der Blutbahn her direkt durch die Kapillaren der Gallenblasenwand erfolgen. In diesen konnten die Autoren die Bacillen mikroskopisch nachweisen. Es ist sicher an- zunehmen, daß auch beim Menschen die Infektion der Galle mit Typhusbacillen metastatisch auf dem Blutwege erfolgt. 7. Gelegentliche metastatische Eiterungen und Entzündungen. Wie in den Roseolen, Niere und der Gallenblase fast regelmäßig so siedelt sich der Typhusbacillus, auf dem Blutwege verschleppt, gelegentlich auch an anderen Stellen des Körpers an und ruft da- selbst metastatische Eiterungen und Entzündungen hervor. Ob der Typhusbacillus primär entzündlich wirkt oder nur sekundär auf von anderen speziellen Entzündungserregern vorbereitetem Boden, war lange Zeit Gegenstand eifriger wissenschaftlicher Diskussionen. Baum- GARTEN #97, E. FRAENKEL#9%, Dunın#9, Kremm°00 u. a. traten für die letztere Auffassung ein. Andererseits liegt eine Reihe von Be- obachtungen vor, nach denen der Typhusbacillus bei schon sehr früh- zeitiger Untersuchung als alleiniger Erreger in Entzündungsherden gefunden wurde (Takarı & WernerÖdl, Borzack & Bruns°0 u. a.). Auch zahlreiche Tierversuche sprechen für die Möglichkeit des pri- mären Charakters der metastatischen Typhuseiterungen. So konnten OrLow 503, Gasser 504, NEUMANN & SCHÄFFER505, Dupraz 5%, Hour 507, Corzı308, ULLMANN 509, Tıcrıne 510 sowie DMocHowsKkIı & Janowskı>ll bei Versuchstieren durch Reinkulturen Eiterungen erzeugen. Letz- teren gelang dieses in dem subkutanen Gewebe, den Meningen, den Hoden und zuweilen im Knochenmark bei Meerschweinchen, Ka- ninchen und Hunden, wenn die Typhusbacillen einen bestimmten Virulenzgrad besaßen. Bei gleichzeitiger Einspritzung von Typhus- bacillen und Staphylococcus aureus verschwanden die ersteren bis- er re 5 Abdominaltyphus. 175 weilen aus den Abszessen und nur die Kokken blieben zurück. Den umgekehrten Vorgang beobachteten sie dagegen niemals. Diese Untersuchungen sprechen durchaus für die primäre Rolle des Typhusbacillus als Entzündungserreger. Ueber Mischinfektionen mit Typhusbacillen siehe später, S.777. Ausgedehnte Literaturangaben auf dem soeben besprochenen Gebiete finden sich bei DmocHowskiI & Janowskı°ll, Kren°!l2, Doprer°l3, HötscHher5l# und HorTHox- Sumıt# >15, auf die hier verwiesen wird. Die häufigsten gelegentlichen Metastasenbildungen des Typhus- bacillus scheinen im Knochensystem, und zwar im Periost, seltener in den Gelenken und im Knochenmark aufzutreten. 47 derartige Fälle ohne Bacillennachweis teilt Kern 512 mit. In Reinkultur wies zuerst VALEnTIN*#5 Typhusbacillen in einem Tibiaabszeß nach. Weitere Mitteilungen über periostale Typhuseiterungen finden sich unter anderem bei EBERMAIER°!?, AcHALME?°18, Bargaccı’l?, WELCH, CHANTEMESSE & WınparL°20, ULLMAnN>0, DupBray?0, Tierine5l0, SuLtan?l, Lampe®2, LexeR®3, Münsam°%, ConkapI°°, Bur- DACH 114, UnGEr>26, RıcHarpson 16, VENEMA>?T, Hess528. Zuweilen treten osteomyelitische bzw. periostale Abszesse erst verhältnis- mäßig lange Zeit nach Ablauf des Typhus auf. In einem Falle von BuscHk£E°2? wurden Typhusbacillen 7 Jahre nach überstandenem Typhus in Reinkultur aus einem Knochenherd gezüchtet. Aehnliche Fälle nach 6 und 4!/, Jahren beobachteten P£au®®° und HüBeEner Pl, weitere Mitteilungen dieser Art finden sich bei OrLow 50, SuLran 521, Krrn5l2, Qumcke532 konnte zuerst die spezifischen Bacillen regel- mäßig im Knochenmark nachweisen, wo sie anscheinend lange Jahre vegetieren können, um in einzelnen Fällen meistens wahrscheinlich auf traumatischer Grundlage entzündliche Knochenherde zu ver- anlassen. Vielfach kommt es nach Typhuserkrankungen nicht zur eigent- lichen Eiterung, sondern nur zu schmerzhaften Knochverdickungen, die sich spontan wieder zurückbilden. Hierher gehören auch die von Quincke 533 zuerst beschriebenen Fälle von Spondylitis typhosa, Be- obachtungen, die von Könıtzerd3t, ScHanz33, Lov£tt°3, Künn>?!, Boxarnpı539 bestätigt wurden. Ueber subkutane und intramuskuläre, durch Typhus- bacillen hervorgerufene Eiterungen berichtete zuerst Prarr>®®, der verschiedene derartige bakteriologisch untersuchte Fälle zusammen- stell. Ausschließlich durch Typhusbacillen hervorgerufene multiple Ulzerationen der Vulva und Vagina beschreibt Larrıcan #0. Hierher gehören ferner Beobachtungen von Corzı?08, HörscHer°!#, Ray- MOND 41, SwıEZyYNnskI®#2, FasHminG°#, ZAHRADNICKY>, Tiıcrine >10, MErcH1or 545, Spiris*##, ProcHmaska®#, DBorzack & Bruns’, RiıcHarpson 516, Brasıus & KartHeE323, MARMAnN!?, Abszesse mit Bacillenbefund, die sich aus Roseolen entwickelt hatten, beschreibt O. Mayer5#, Im Dekubitalsekret fanden sich ferner die spezi- fischen Bacillen nach Sreın#. Ueber Typhusbacillen in einem Fu- runkel berichtet endlich BEnNnEcke #9, £ In entzündeten Hoden und Nebenhoden wiesen kürzere oder längere Zeit nach Ablauf des Typhus als alleinige Bakterien den Typhusbacillus nach unter anderem Taver 550, Mya & BELFANTI®SL, PEm 5°? GiRoDE 55°, STRASBURGER 54, Bunts 555, MARcHILDON 3°. Zu- sammenstellungen derartiger allerdings nur zum Teil bakteriologisch 776 K. H. Kutsche, untersuchter Fälle finden sich bei Krrn5l2 und Do55%. In den ver- eiterten Samenbläschen fanden MArcHILDon 76 und Pıck®76a den Typhusbacillus. Vereiterung der BarrnHorınıschen Drüsen mit Typhusbacillen- befund beschreiben TAKAKI & WERNER’, | Eitrige Prostatitis, bei welcher bakteriologisch allein Typhus- bacillen festgestellt wurden, beobachteten RıcHAarpson 516 und Pick 576a, Wiederholt sind eitrige Entzündungen der weiblichen Adnexe mit bakteriologischem Nachweis der Typhusbaeillen erwähnt. In der Regel handelt es sich um Ovarialcysten(WerrH 57, WALLGREN?>S, ENGELMANN 559, WınDau >60, DirmoserR 561, ZANTSCHENKO®2, J. Koch 563, MarpAaGur56#). In einem Fall konnten die spezifischen Bacillen 12 Jahre nach überstandenem Typhus im Cysteneiter nachgewiesen werden. Supzck ?65 fand Typhusbacillen neben Kokken. Einen Fall von durch Typhusbacillen hervorgerufener eitriger Salpingitis be- schreiben GALLIARD & CHapur>”, Im Lochialsekret konnten Wiır- zıams 612, Dossın 613 sowie BLasıus & KarHe 323 Typhusbacillen nach- weisen. Doch ist es zweifelhaft, ob in diesen Fällen die Bacillen nicht sekundär in das Sekret hineingelangt sind. Weitere häufigere Beobachtungen finden sich über den Befund von Typhusbacillen in der Schilddrüse (Coızı30%, TaveEL550, Krause: & Harroc566 u. a.). Ausnahmslos waren die Schilddrüsen vorher bereits krankhaft verändert. In den Meningen und im Lumbalkanal wurden ferner die Bacillen beim Abdominaltyphus ebenfalls wiederholt als Erreger spezifischer Entzündung nachgewiesen. Eine Zusammenstellung von 11 derartigen Fällen von Meningitis mit ausschließlichem Typhusbacillenbefund findet sich bei DmocHmowskı & Jonowskı5l!. Ueber weitere der- artige Beobachtungen berichten Kamen 5’, Künnau 568, v. STÜHLERN®26, ADpenxort 627, SıLva 628, OHLMACHER69, TarcHerrı3?0, Fıisyer®‘1l, FER- NETST2, DBreron7, SrtäusLıd%, SouUTHARD & RıcHarps°?5. Im Lumbalsekret fanden bei Typhus die spezifischen Bacillen JEmmA 78, Gurmonx 579, LEwKow1cz 580, Schürze 581, SILBERBERG 582, SCHWARTZ 583, Sıcarp®8#, NIETER6?9. In zwei von ScHürzE mitgeteilten Fällen konnten die Bacillen im Lumbalsekret vor dem Auftreten der WıDArL- schen Reaktion nachgewiesen werden. Als gelegentliche seltenere Lokalisationen des Typhusbacillus werden noch erwähnt abgesackte Bauchfell- bzw. subphrenische Eiter- ansammlungen (A. FRAENKELS8, WCEICHSELBAUM°8, Maypı®, A. ScHMipr 588, Caton & Tmomas589), Abszesse in der Leber (Haus- HALTER °90, LANNoIR & Lyoner591, PorT592, VENEMA & GRÜNBERG 59, SENNERT 59). Perrrues59 konnte in einem solchen Leberabszeß Typhusbacillen neben Streptokokken nachweisen. Durch Typhus- bacillen hervorgerufene Milzabszesse beobachteten Roux59s, Vıx- CENT®9®, HAUSHALTER59, Kruse 600, FEDERMANN6%1 Fsau602 und Banner 60%, doppelseitige Mastitis Lurcı60%. Beschrieben werden ferner infolge Infektionen mit Typhusbacillen Vereiterungen der Pa- rotis (Janowskı60%), der Paukenhöhle (Destrke 60%), der Augen- höhle (Panas606), des Tränensacks (Bucanossı60). Zu erwähnen sind schließlich noch die Befunde von Typhusbacillen in einem im Verlauf eines schweren Falles von Typhus auftretenden Wangennoma (Masuccı609, Ravenna 610), das Vorkommen in Thromben der Vena Abdominaltyphus. {rer femoralis (HausHALTer 590, BENNEcKE>#9), sowie in der weißen Sub- stanz des Rückenmarks (ÜuURSCHMaAnN 611), 8. Mischiniektion bei Typhus. Man muß unterscheiden die eigentliche Mischinfektion, d. h. eine unabhängig von dem Typhus und gleichzeitig neben diesem be- stehende andere Infektion von der Sekundärinfektion, bei der sekun- där andere Bakterien in die primär vom Typhusbacillus geschaffenen Eingangspforten eindringen. Eigentliche Mischinfektionen sind beim Abdominaltyphus sehr viel seltener als Sekundärinfektionen. Hierher gehört die in den Tropen wohl nicht allzu selten beobachtete gleichzeitige Infektion mit Malaria — 30 solcher Fälle sind von Lyon ‘l# zusammengestellt — und die seltenere Kombination mit Maltafieber (DrEvER®15, Ken- nepy616). Während der Fall von Dreyer bakteriologisch 'nicht ge- klärt ist, konnten in dem von KEennepy mitgeteilten post mortem aus der Milz Typhusbacillen neben den Erregern des Maltafiebers gezüchtet werden. Das gleichzeitige Vorkommen von Typhusbacillen im aspirierten Milzsaft und von Recurrensspirochäten im Blut beschreibt in einem Fall Ipra6T‘. Ferner seien als einzelnes Vorkommnis erwähnt die gleich- zeitige Infektion mit Milzbrand (Karıınsky®18) und die Infektion eines Cholerarekonvaleszenten mit Typhusbacillen (GIrRopE 19). Häu- figer sind beobachtet worden die Mischinfektion mit Diphtherie (P. FrRÄnkEL620), ferner mit Miliartuberkulose (KıEneR & VıIrLarn62l, MEUuNnIER6®??). Ueber zwei Fälle von gleichzeitiger Scharlacherkran- kung berichtet MEısswer 623. Beide Male wurden Typhusbacillen nach- gewiesen. Grleichzeitiges Vorkommen von Typhus und Ruhr beob- achtete REMLINGER®2®, NIETER & LiErFMAnN“#85 fanden gleichzeitig die Erreger des Typhus und den Frexwerschen Ruhrbacillus im Stuhl von zwei Bacillenträgerinnen, deren eine an einem typischen Ruhranfall erkrankt war. Einen Fall von gleichzeitiger Infektion mit Amöbenruhr beobaehtete Marrın 36. Verschiedentlich sind end- lich Mischinfektionen mit dem Paratyphusbacillus Typ. B. beschrieben worden (Kayser630, ConkADı63l, GAEHTGENS632, Levy & GAEHT- GENS625, THomas?'T9, NIETER635, Popp646, Beckers633, BITTER 63%), In den meisten dieser Fälle handelt es sich um den gleichzeitigen Nachweis beider Bakterienarten in den Stuhlentleerungen bei Kranken bzw. gesunden Keimträgern, woraus naturgemäß das tatsächliche Vor- handensein einer Mischinfektion nicht ohne weiteres geschlossen werden darf. In einem von NowornyY#38 mitgeteilten Fall konnten Typhusbacillen im Blut und Paratyphusbacillen in einem Gaumen- geschwür nachgewiesen werden. Nur in den Fällen von Beckers mer fanden sich Typhus- und Paratyphusbacillen gleichzeitig ım Blut. Sehr viel häufiger sind bei Abdominaltyphus Sekundärinfektionen. Das häufige Vorkommen von Staphylo- und Streptokokken bei post- typhösen Eiterungen veranlaßte sogar einige Autoren, wie z. B. BAuMGARTEN#9? alle im Verlauf des Typhus auftretenden Eiterungen als lediglich durch Kokken veranlaßt anzusehen, eine Ansicht, die heute mit Recht aufgegeben ist. Strepto- bzw. Staphylokokkenbefunde _ bei typhösen Eiterungen liegen in außerordentlich großer Anzahl vor (unter anderen EserrH 637, Dunım“#9, E. FRAENKEL*9S, E. FRAENKEL & SımmonDs #38, BAUMGARTEN #97, FLEXNER 639, PEnnato 640, Doggın®l3, 178 K. H. Kurscher, Procuaska 546, Vincent64l, WAassERManN #2, CARTER, PorT>9, BENNnEcKE 549, RoBERTS & GLynN 64%, MoscHKowırtz6#5). Reichhaltige diesbezügliche Literaturangaben bei DmocHmowskI & Janowskı®l. Diese Beobachtungen beziehen sich auf Knochen- und Drüseneite- rungen, Milz-, Leber-, Nierenabszesse, subkutane Eiterungen, Ge- hirnhaut-, Bauchfell- und Rippenfellentzündungen, bei denen sich Kokken als alleinige Erreger oder zusammen mit Typhusbacillen fanden. Auch Pneumokokken wurden häufig als sekundäre Infektions- erreger gefunden, besonders bei im Verlaufe des Typhus auftretenden Erkrankungen der Atmungsorgane. Oefter finden sich ferner Sekundär- infektionen mit Bacterium coli beschrieben (PETRUSCHKY®#9, KırA- ıyrı647, Porr592). Ob es sich in solchen Fällen um wirkliche Infek- tionen mit Colibacillen oder nur um ihre sekundäre Einwanderung handelt, ist noch nicht geklärt. Dagegen scheint das Bacterium coli häufiger als Erreger einer Bakteriurie bei Typhuskranken vorzu- kommen (SIıLvEstrını?%% Brumer@l®, PERTRUSCHKy 648, NEUFELD 387 uran). 9. Beiunde bei atypischen Fällen ohne charakteristische pathologisch-anatomische Veränderungen. Nicht allzu selten werden Fälle von bakteriologisch nachge- wiesenem Abdominaltyphus beobachtet, bei denen die charakteristi- schen pathologisch-anatomischen Darmveränderungen nur sehr wenig ausgesprochen sind oder auch vollständig fehlen. Derartige Fälle von Typhus ohne Darmerkrankung sind früher und werden auch heute noch häufig als Typhusseptikämie gedeutet. Am ehesten kann man von einer Typhusseptikämie noch sprechen bei der sog. fötalen Infektion des Neugeborenen oder Foetus, wie sie von EBERTH 5° HILDENBRANDT 651, Frascartı 652, Ernst 6°, Dürck 65% HOoRTHON-SMITH ®°°, GAEHTGENS 65% G. Mayer !’* beobachtet ist. Hier handelt es sich in der Tat lediglich um eine primäre Blutinfektion des Kindes auf dem Wege der Blutbahn von der typhusinfizierten Mutter her und eventuell nachfolgende Vermehrung der spezifischen Bacillen in den kindlichen Organen. Die Infektion des Kindes braucht nicht unmittelbar im Anschluß an den mütterlichen Typhus zu erfolgen. In einem von BLumEr657 mitgeteilten Fall war die Mutter bereits vier Monate vor der Geburt des Kindes an Typhus erkrankt gewesen. Meistens handelt es sich um abgestorbene Föten oder kurz nach der Geburt gestorbene Kinder. Die Bacilleninvasion erfolgte stets durch Läsionen der Placenta beiderseits. Auch bei Erwachsenen sind häufiger Fälle beschrieben und als „Typhusseptikämie“ gedeutet worden, in denen bei positivem Nachweis der Typhusbacillen im Blut oder in den Organen die für Typhus charakteristischen pathologisch-anatomischen Veränderungen des Darmes vollständig oder nahezu vollkommen fehlten (CHrart & Kraus, Karuınskı6®, Bantı 6%, Bryant 6% Lartıcan 662 FLEXNER & Harrıs®%, Du Cazau°%, CHeAnue 665, SILvEstRinı 6%, NIcHoLS & Keenan‘6, Turney#%®, Mc. Pueoran 66%, FLEXNER #70 BLUMEN- THAL6TL, ScHEıB 672, BarsoU & Lesızur673, OpıE & Basser6%4, Gur- ZETTL6TS, WEICHHARDT 676, DE GRANDMAISON 677, STADELMANN & WOLFF- Eısner 678, KRroKIEwıcz 679, Jorzs680), Der Nachweis der Bacillen gelang in vielen dieser Fälle im Blut, der Galle, Leber, den Nieren, der Milz, in einem Falle Larrıcans im Harn. Solche Fälle als echte r x F Abdominaltyphus. 719 Typhusseptikämien zu deuten, erscheint nicht ohne weiteres angängig. Wir verstehen unter Septikämie eine Allgemeinerkrankung, bei der die betreffenden Erreger nicht nur in die Blutbahn eindringen, sondern sich darin auch vermehren. Pathologisch-anatomisch finden sich bei septikämischen Prozessen als charakteristischer Befund kapilläre Bak- terienembolien. Diese sowie eine tatsächliche Vermehrung der spezi- fischen Bacillen im kreisenden Blut haben sich beim Abdominal- typhus bisher niemals nachweisen lassen. Es handelt sich vielmehr beim Auftreten der Typhusbacillen im Blut um eine einfache Bak- teriämie, denselben Vorgang des Uebertritts der Krankheitserreger in die Blutbahn, wie man ihn bei vielen anderen Infektionskrankheiten mehr oder weniger regelmäßig beobachtet. Auf diesem Wege der Blut- bahn werden selbstverständlich die Bacillen in die Organe usw. ver- schleppt und bilden hier Metastasen. Die negativen Darmbefunde trotz positiven Nachweises der Typhusbacillen im Blut bzw. den Organen lassen sich auf zweierlei Weise erklären. Einmal kommen beim Abdominaltyphus zwischen weitgehenden ausgesprochenen Darmveränderungen und minimalen kaum wahrnehm- baren Läsionen des Darmes alle Uebergänge vor, unabhängig von der Schwere des Krankheitsfalles. Deshalb kann man wohl auch beı schweren unter dem Bilde der „Septikämie“ verlaufenden Fällen ge- legentlich einmal minimale Veränderungen im Darm erwarten. Ja, diese Veränderungen können bei der Obduktion ohne Hinterlassung von Narben bereits wieder völlig verschwunden sein, z. B. wenn es lediglich zu einer geringen Rötung und Schwellung des lymphatischen Apparates des Darmes gekommen war. Das Primäre ist aber in allen diesen Fällen dann naturgemäß nicht die Blutinfektion, sondern die Ansiedelung der Typhusbacillen in dem Lymphapparat des Darmes. Das Bestehen einer tatsächlichen Infektion mit Typhusbacillen ohne bei der Obduktion erkennbare Darmläsionen muß man aber nach den oben mitgeteilten bakteriologischen Befunden als durchaus möglich anerkennen, nachdem es in mehreren solcher Fälle gelungen ist, deut- liche spezifische Antikörperbildung im Blutserum nachzuweisen (WEICHHARDT 676, DE GRANDMAISoN 67T, KRrokıEewicz 69), Eine weitere Erklärung für das Vorkommen der spezifischen Bacillen in Blut und Organen ohne Darmbefund ist die, daß es sich in vielen solcher Fälle in Wirklichkeit gar nicht um einen eigentlichen Typhus gehandelt hat, sondern dab die Bacillen bei Bacillenträgern (s. später) erst gelegentlich während des Verlaufes einer schweren nicht-typhösen Erkrankung in den weniger widerstandsfähig ge- wordenen Körper durch die Darmwand hindurch auf dem Lymph- Blutwege eingedrungen sind. Wir würden in solchen Fällen die sekundäre Invasion der Typhusbacillen auf die gleiche Stufe stellen müssen mit z. B. dem sekundären Eindringen von Pneumokokken oder Streptokokken in die Blutbahn und die Organe beim eigentlichen Abdominaltyphus. Auf diese Weise lassen sich wohl am einfachsten die Beobachtungen von Busse 681 erklären, der bei 2 Fällen schwerer Miliartuberkulose während des Lebens einwandfrei Typhusbacillen aus dem Blut isolieren konnte (vgl. auch Dirrtmorn, v. LELıwa, LIEBERKNECHT und Schuster 68). Die Autopsie ergab in diesen Fällen nicht die geringsten Anhaltspunkte für Abdominaltyphus. Leider ist der Nachweis der Bacillen in den Faeces und der Gallen- 780 K. H. Kurscher, blase nicht geführt worden. Hierdurch hätte die Annahme, daß es sich in diesem Falle tatsächlich um Bacillenträger gehandelt habe, bei denen die Typhusbacillen durch die tuberkulösen Läsionen der- Darmschleimhaut hindurch in die Blutbahn eingedrungen sind, wesent- lich gestützt werden können. Zwei weitere analoge ‚Fälle von Busse 681 (1 Miliartuberkulose, 1 Pneumonie) lassen die obige Deu- tung nicht zu, da Obduktionsbefunde nicht vorliegen. Inwieweit bei Bacillenträgern infolge des Eindringens der Bacillen in die Blutbahn tatsächliche Autoinfektionen (Reinfektionen) mit Typhusbacillen vor- kommen, bedarf ebenso wie die Frage der einfachen Invasion der Bacillen ins Blut noch weiterer Klärung. Es ist möglich, daß der von Kamm682 beschriebene Fall, in welchem sich bei einer Bacillen- trägerin die spezifischen Bacillen außer in der Gallenblase in fast allen inneren Organen und in einem Erweichungsherd des Gehirns fanden, durch Autoinfektion zu erklären ist. Weitere Untersuchungen auf dem Gebiete der von Bussz gemachten Beobachtungen und ihre Häufigkeit erscheinen ebenfalls sehr notwendig, weil bei häufigerem Vorkommen solcher Fälle naturgemäß der Wert der diagnostischen Blutkultur bei Typhus unter Umständen eine erhebliche Einschrän- kung erleiden müßte. VI. Die Auffassung des Typhus als Krankheit vom bakteriologischen Standpunkte aus. Hinsichtlich der Deutung des Typhus als Krankheit vom bak- teriologischen Standpunkt aus ist zunächst zu erwähnen, dab EBERTH 68% zuerst die spezifischen Bacillen bei 23 untersuchten Typhus- fällen 12mal in Schnitten von Mesenterialdrüsen und 6mal in Milz- schnitten mikroskopisch nachweisen konnte. Unabhängig hiervon gelang R. Kocn®55 derselbe Befund bei etwa der Hälfte der untersuchten Fälle in den tieferen Schichten der Darmschleimhaut, ferner in der Milz, der Leber, den Nieren. W. Meryrr68 fand dann in 16 von 20 untersuchten Fällen die Bacillen hauptsächlich in Schnitten von . intakten geschwollenen Follikeln. Besonders erwähnenswert ist ein von MEYER mitgeteilter Befund, bei dem in einem Falle ganz im Beginn der Erkrankung zwar eine hochgradige Schwellung der PEYER- schen Haufen und Solitärfollikel, jedoch kein Defekt der Darm- schleimhaut noch eine Vergrößerung der Mesenterialdrüsen festge- stellt werden konnte. Die Bacillen konnten in großer Menge in den infiltrierten Follikeln und von hier aus ausgehend in der Mucosa und Submucosa nachgewiesen werden. Dieser ganze Befund spricht sehr für die Richtigkeit der Auffassung, daß der primäre Infektions- ort beim Abdominaltyphus in den Iymphatischen Elementen des Darmes zu suchen sei. In Bestätigung und Erweiterung der bisherigen Befunde konnte dann Garrky!! durch sorgfältige Untersuchungen von 28 unter- suchten Fällen 26mal die Bacillen in Schnitten von Milz, Mesenterial- drüsen, Nieren und Leber nachweisen. Außerdem gelang es ihm zu- erst, den Typhusbacillus an Milz und Leber reinzuzüchten. Bei der Besprechung der vorliegenden Frage interessiert uns zu- nächst das auch von vielen anderen Seiten immer wieder auch kulturell bestätigte regelmäßige Vorkommen der spezifischen Bacillen in den Mesenterialdrüsen (Levy & GAEHTGEns 317, BayEr33? u. a.). In ihnen | au En a Abdominaltyphus. sl haben wir zweifellos die ersten Hauptdepots der Typhusbacillen zu sehen. In die Mesenterialdrüsen gelangen die Bacillen von der Schleim- haut des Verdauungstraktus aus, der als ihre Eintrittspforte in den Körper zu betrachten ist. In seinem oberen Abschnitte zeigen die Balgdrüsen der Zunge, sowie die Tonsillen und seltener die Hals- Iymphdrüsen geringe Schwellung. Oefter sind Ulzerationen der (raumen- bögen beschrieben worden. Im Magen und oberen Dünndarm konnte PROSKAUER 68T charakteristische Typhusgeschwüre feststellen, aller- dings ohne Bacillenbefund. v. Drıcarsk168® konnte Typhusbacillen aus dem sauren Magenschleim, dem Zungenbelag, von den Tonsillen und aus der Speiseröhre isolieren. Fast regelmäßig sind die Bacillen im Duodenum, ihrer eigentlichen Fundstätte im Darmtraktus nach- weisbar (Forner689 u. a.). In den unteren Abschnitten des Darmes werden sie seltener, um schließlich im Rectum allmählich zu ver- schwinden (FORSTER & Kayser 690, FORNET68?),. In der ersten Zeit nach der Infektion findet im Darm eine nennenswerte Vermehrung der Bacillen wohl kaum statt. Sie ge- langen vielmehr durch die Schleimhaut hindurch auf dem Wege über den Iymphatischen Apparat des Darmes (Pryersche Haufen und Soli- tärfollikel) zunächst in die Mesenterialdrüsen und von hier in das zirkuliernde Blut und in Milz, Knochenmark, Körperlymphdrüsen (SchMmipr333), Nieren und Gallenblase (Brion & Kayser®®0, Levy & GArEHTGEns >17, Lentz?®31l), Ob für den Durchtritt der Bacillen eine Schädigung der Darm- schleimhaut Bedingung ist, ist noch nicht sicher geklärt. Bänr ®»! ist der Ansicht, daß die dem Hackfleisch beigemengte schweflige Säure eine infektionsbefördernde Schädigung der Schleimhaut ver- ursaches WEINBERG 692 konnte experimentell von 2 Affen, deren Darm- entleerungen reichlich Eier von Trichocephalus aufwiesen, einen künst- lich mit Typhusbacillen nach 2 Tagen infizieren. Er glaubt, dab auch beim Menschen unter analogen Verhältnissen die Anwesenheit der Parasiten die Darmschleimhaut schädigend beeinflusse. Diese An- nahme konnte jedoch durch die Untersuchungen von ÜCHANTEMESSE & Roprısurz69 nicht gestützt werden, welche bei systematischen Untersuchungen der Faeces Typhuskranker auf Eingeweidewürmer, speziell Trichocephalus, zu durchaus negativen Resultaten gelangten. Ebenso hatte schon vorher Srtıres69* gelegentlich einer größeren Typhusepidemie feststellen können, daß bei 92,5 Proz. der Erkrankten keine Eingeweidewürmer in den Entleerungen vorhanden waren. In Milz und Knochenmark geht die hauptsächliche Vermehrung der Ba- eillen vor sich. Daß im Blut selbst eine nennenswerte Vermehrung stattfindet, ist unwahrscheinlich. BÄUMLER®36 macht gegen die An- nahme einer primären Blutsepsis (SCHOTTMÜLLER 258, SANARELLI®®T, Ruarta338) und einer anfänglichen Vermehrung der Krankheits- erreger im Blut die Tatsache geltend, daß die durch das Eindringen der Bacillen bedingte Schwellung im Anfangsstadium des Typhus auf Darmfollikel und Mesenterialdrüsen beschränkt ist, andere Lymph- drüsen dagegen noch frei sind. Vereinbar mit der Auffassung SCHOTT- MÜLLERS ist ferner auch schwer die wiederholt gemachte Beobach- tung, daß beim Nachweis sehr zahlreicher Bacillen im zirkulierenden Blut sich nach längerem Verlauf der Krankheit gar keine oder nur sehr geringe. Veränderungen des follikulären Lymphapparates am 782 K. H. Kurscher, Darm vorfanden, während doch eher das Gegenteil zu erwarten ge- wesen wäre (JocHMAnN276). Den Nachweis für eine tatsächliche Vermehrung der Bacillen im Blut zu erbringen, ist bisher noch nicht selungen. Gegen die Annahme einer Vermehrung im Blut sprechen auch bis zu einem gewissen Grade die Beobachtungen über das Schick- sal von beim Tier in die Blutbahn gebrachten Typhusbaeillen. So fand Arıma°? bereits 30 Minuten nach der Injektion beim Kanin- chen keine Typhusbacillen mehr im Blut. Die stärkste Ablagerung hatte in der Milz und im Knochenmark stattgefunden. In der Galle waren sie am längsten nachweisbar. Im Blut findet auch beim Menschen vielmehr sehr wahrscheinlich ein massenhafter Zerfall und Zugrunde- gehen von Typhusbacillen statt. Hierbei werden ihre Endotoxine frei und rufen die schweren Intoxikationserscheinungen (Benommen- heit etc.) hervor. Dagegen bildet die Galle, die auf dem Blutwege infiziert wird, auch beim Menschen den hauptsächlichsten Ansiede- lungsort der Bacillen, wo sie sich am längsten halten können. Von hier aus gelangen sie schubweise in den Darm, aus dem sie mit den Faeces ausgeschieden werden (FORSTER ®3#, 335), In dieser Zeit sind die Bacillen dann erst hauptsächlich in den Darmentleerungen nach- weisbar (2. und 3. Krankheitswoche). Trotzdem können aber die Typhuserreger, wie wir aus den Untersuchungen von ÜoNnRADı?#, G. Mayver®9 u. a. wissen, bereits im Inkubationsstadium mit den Darmentleerungen ausgeschieden werden. Voraussichtlich sind die Ba- cillen in diesem Falle vom strömenden Blut aus, wahrscheinlich bereits auf dem Wege durch die Gallenblase in den Darm gelangt. Mög- licherweise sind aber auch noch andere Wege — Lymphbahnen — vorhanden, auf denen die Bacillen ohne Vermittelung der Gallenwege aus dem Blut wieder in den Darm ausgeschieden werden können. Wie nämlich RısapEav-Dumas & Harvıer >41 experimentell beweisen konnten, erschienen bei Kaninchen in die Ohrvene eingespritzte Typhusbacillen auch im Darm der Tiere, wenn vorher der Ductus choledochus unterbunden worden war. Dabei bevorzugten die Bak- terien immer gewisse Darmabschnitte für ihren Durchtritt, z. B. den Appendix. Trotz des Bedürfnisses, noch Einzelheiten aufzuklären, wird man doch im allgemeinen nicht fehlgehen, wenn man den Abdominaltyphus als Infektionskrankheit mit sekundärer Bakteriämie, nicht jedoch als primäre durch den Typhusbacillus hervorgerufene Septikämie auffaßt. Nochmals kurz zusammengefaßt, werden wir den Abdominaltyphus als Infektionskrankheit in der Weise erklären, daß zunächst die spe- zifischen Erreger in den Verdauungstractus eindringen. Hier werden primär die Lymphelemente des Darmes befallen. Von ihnen aus er- folgt die Einwanderung der Bacillen in die regionären Mesenterial- drüsen und nun auf dem Lymphblutwege der Einbruch in das zirku- lierende Blut. Auf dem Blutwege geht dann die Verschleppung der spezifischen Bacillen in die Organe Milz, Körperlymphdrüsen, Knochen- mark, Nieren und besonders die Leber und Gallenblase vor sich. Von letzterer aus, welche den Hauptansiedelungsort und die letzte Aufent- haltsstätte der Bacillen im infizierten Körper darstellt, findet ınit der Galle eine in der Regel schubweise Einschwemmung der Erreger in den Darm statt. Erst in dieser Zeit sind dann die Bacillen in großer Menge im Stuhl, mit welchem sie ausgeschieden werden, nachweisbar. Vom Darm aus direkt werden die Bacillen nur beim Zerfall der Typhus- Abdominaltyphus. 183 geschwüre den Faeces beigemischt. In einer nicht geringen Zahl von Fällen siedeln sich die Bacillen nach abgelaufenem Typhus längere Zeit, unter Umständen auch dauernd, in der Gallenblase, zum Teil auch im Harnapparat an, um ständig oder periodisch immer wieder mit dem Stuhl bzw. Harn ausgeschieden zu werden (Bacillenträger). Literatur. . MÜLLER, E., Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 53, 1909. BAIL & RUBRITIUS, ebd., Bd. 43, 190%. . FiscHErR, Klin. Jahrb., Bd. 22, 1909. LÖSENER, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 11, 189. TERNI, Ann. dell’inst. d’ig. sperim. di Roma, Vol. 3, 1893. . GERMANO & MAUREA, Zieglers Beitr., Bd. 12, 1893. . ZETTNOW, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 30, 1899. . PEPPLER, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 29, 1901. . KÜHNEMANN, ebd., Bd. 53, 1909. ko ebd, Bd. 57, 1911. fr. GAFFKY, Mitt. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 2, 18S4. 12. BIRCH-HIRSCHFELD, Arch. f. Hyg., Bd. Ts ar 13. CHANTEMESSE & WIDAL, Arch. d. physiol. norm. et pathol., 1887. 14. BUCHNER, Centralbl. f. Bakt., Bd. 4, 1888. 15. PFUHL, ebd. 16. 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Wenn man absieht von der früher zuweilen laut gewordenen, aber durch nichts bewiesenen Behauptung, der Typhusbacillus sei lediglich ein modifiziertes Bact. coli, so haben zunächst die Umzüchtungs- versuche von ALTSCHÜLER! und DOEBERT? ein gewisses Interesse, wenn sie auch weiter nichts zeigen als das, wie vorsichtig man in seinen Schlüssen bei solchen Versuchen sein soll. Beide Autoren gaben an, daß es ihnen gelungen sei, durch fortgesetzte Weiterzüchtung auf künstlichen Nährböden (ALTSCHÜLER) und durch längere Meerschwein- chenpassage (DorgBerrt) den Bac. faecalis alcaligenes in den echten EBERTH-GAFFKYSchen Typhusbacillus umzuzüchten. Diese Beobach- tungen, welche, ihre Richtigkeit vorausgesetzt, imstande gewesen wären, die Spezifität des EBERTH-Garrkyschen Bacillus und seine Stellung im Bakteriensystem in Frage zu stellen, fanden naturgemäß _ von vornherein eine durchaus gerechtfertigte skeptische Aufnahme (TRAUTMANN® u. a.). BERGHAUS#, welcher die Angaben der genannten Autoren einer sorgfältigen Nachprüfung unterzog und hierbei die von DOoEBERT benutzten Alcaligeneskulturen verwandte, konnte den Nachweis führen, daß dieser mit einer Mischkultur von Bac. faecalis alcaligenes und Typhusbacillus gearbeitet hatte, die auf die Bildung von Mischkolonien beider Bakterienarten auf Lackmus-Milchzucker- agar zurückzuführen waren. Durch diesen Nachweis werden natur- gemäß die Dorgertschen und ArrscHüLerschen Resultate in jeder Beziehung ohne weiteres erklärlich. Begreiflich wird aber auch, daß eS ALTSCHÜLER nicht gelungen war, wieder ein Gegenstück zu seinen ungezüchteten Stämmen zu finden, und daß sich bei DoEBERT zwei Alcaligenesstäimme sowohl kulturell als immunisatorisch vollkommen anders verhielten als der umgezüchtete Stamm. Diese beiden Stämme bestander nämlich, wie BercHaus* gleichfalls feststellen konnte, nicht aus Mischkulturen. Anderweitig vorgenommene Nachprüfungen konnten ebenfalls die ALtscHhüLer-DoEgertschen Untersuchungsergeb- nisse nicht bestätigen (TRoMMSDorRFF 5, CoNRADI®, TERBURGH?). Zur sicheren Vermeidung von Fehlerquellen, wie sie beim Ausgang von Mischkolonien entstehen können, wird man jetzt das damals noch Abdominaltyphus. 195 nicht bekannte, neuerdings von Burrı® angegebene Einzellkulturver- fahren (Tuschepunktkultur) mit gutem Erfolge anwenden können. Daß sich zwei tatsächlich völlig voneinander getrennte und ver- schiedene Bakterientypen durch künstliche Umzüchtung ineinander überführen lassen, kann man selbstverständlich nach unseren ganzen bisherigen Erfahrungen nicht annehmen. So fand z. B. E. MüLLer?, daß von denselben Bacillenträgern immer wieder gezüchtete Typhus- stämme ir: jahrelanger Beobachtung weder irgendeine ihrer kulturellen noch biologischen Eigenschaften änderten *). Auf einer sichereren Grundlage als diese soeben besprochenen Umzüchtungsversuche stehen die neueren Beobachtungen über beim Typhusbacillus in ähnlicher Weise wie bei anderen Bakterien vor- kommende Mutationen bzw. Variationen bei länger fortgezüchteten Kulturen. Hierbei handelt es sich indes im Gegensatz zur Verwand- lung eines Bakterientypus in den andern lediglich um das Auftreten neuer und sich dann in der Regel unter den gleichen Züchtungs- bedingungen konstant erhaltender Eigenschaften des gleichen Bak- terientypus. Der letztere ändert aber hierbei seine hauptsächlichen typischen, kulturellen und biologischen Reaktionen (Immunitätsreak- tionen) niemals. So zeigten sich besonders auch bei den zu besprechen- den Typhusmutationen in keinem Falle Veränderungen der mutierten Stämme in bezug auf Agglutinabilität und Bakteriolyse durch spezi- fisches Immunserum, Beweglichkeit, Zuckervergärungs-, Gasbildungs- vermögen USW. Als Mutationsbildungen bei Typhusbacillen beschrieb zuerst R. Mürrer!?0 Knopfbildung der Oberflächenkolonien auf 1-proz. Isodulzitagar. Die Reinheit der verwendeten Kulturen war durch die Anwendung des Burrıschen Verfahrens gewährleistet. Neben un- mutierten entstanden aus den knopfförmigen Kolonien bei Ausstrichen auf Isodulzitagar immer wieder mutierte knopfiörmige. Später fand derselbe Autor mutationsartige Bildung von Tochterkolonien bei Typhusbacillenwachstum auf Rhamnoseagar. Die hier beschriebenen Mutationen zeigt der Typhusbacillus regelmäßig auf Nährböden mit bestimmten Zusätzen, wie R. MÜLLER an 70 geprüften Typhusstämmen und den: später zu besprechenden sogenannten Metatyphusbacillus nachweisen konnte. ‘Im übrigen stimmten die mutierten Typhus- bacillen mit den unmutierten Bacillen in allen hauptsächlichen Merk- malen (Agglutination, Tiervirulenz etc.) vollständig überein. Ebenfalls im Sinne echter Mutation deutet ferner JacoBsen 13 die Beobachtungen, welche er beim Wachstum eines Typhusstammes auf Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar machen konnte. Von einer durch das Tuschepunktverfahren gewonnenen sicheren Rein- kultur ausgehend fand .Jacogsen einen Typhusstamm, der auf dem ge- nannten Nährboden beim Oberflächenausstrich neben einzelnen kräftig wachsenden Kolonien stets eine große Anzahl kleiner, im Wachstum stark gehemmter Kolonien bildete. Es war nicht möglich, die Bak- .. *) Die Beobachtungen von R. MÜLLER (Centralbl. f. Bakt., Bd.50,1. Abt., Ref., Beiheft S. 141) und SOBERNHEIM & SELIGMANN (ebenda) über tatsächliche Uebergänge von einem Bakterientypus in den anderen bedürfen noch sehr der weiteren Klärung. Ihre Richtigkeit vorausgesetzt, handelt es sich um vereinzelte Erscheinungen, aus denen man weitgehende Schlüsse zu ziehen, vorläufig noch nicht berechtigt ist. 796 K. H. KUTscHer, terien dieser kleinen Kolonien ohne weiteres zu dem Wachstum der ursprünglichen ungehemmten Form zurückzuführen. Die entstandene schwach wachsende Varietät unterschied sich sonst in keiner Weise von dem gewöhnlichen Bact. typhi. Hervorgerufen wurde diese Wachstumshemmung durch die Sterilisierung des Agars im Auto- klaven. Sie trat nicht ein auf weniger stark erhitztem Agar und konnte vollständig aufgehoben wurden durch einen geringen Zusatz von schwefligsaurem bzw. schwefelsaurem Natrium. Dieses Ausbleiben bzw. Wiederverschwinden der eigentümlichen Wachstumsabweichungen beim Fortfall der auslösenden Umstände spricht eigentlich in diesem Fall mehr für eine Variation als für eine echte Mutation im Sinne von DE Vrırs12. Diese Beobachtungen JAcoBsEns konnten von R. MÜr- LER! bei der Nachprüfung bestätigt werden. Ueber eine ähnliche Beobachtung berichtet FrommE!# Die dort näher beschriebenen Typhusbacillen wichen von dem typischen Ver- halten insofern ab, als sie auf allen gebräuchlichen Nährböden mit Ausnahme des Enposchen Fuchsin-Natriumsulfitagars ein nur sehr kümmerliches Wachstum erkennen ließen. FRoMME empfiehlt des- halb, in der Praxis hauptsächlich Nährböden zu verwenden, die Natriumsulfit enthalten. Als echte Mutation bei Typhusbacillen faßt ferner van LoGHEM!® die Erscheinung auf, die er bei verschiedenen Typhusstämmen fand, die entgegen dem sonst bei dieser Bakterienspecies beobachteten Ver- halten in Ammoniumnährböden üppig gediehen. Aus einem ammon- positiven Stamm ließen sich zwei Varietäten züchten, deren eine in Ammon-Glyzerin ständig als Oberflächenhäutchen, die andere dagegen unter Trübung des Nährbodens wuchs. Aus einer Kultur ließen sich schließlich ammonpositive und -negative Kolonien isolieren. Neuerdings berichtet ferner BAERTHLEIN!® über verschiedene als Mutation angesprochene Erscheinungen beim Wachstum des 'Typhus- bacillus auf der Agarplatte. Von einer Reinkultur ausgehend fand er neben hell wachsenden durchscheinenden Kolonien gelbweiße, saftige, _ undurchsichtige. Diese letzteren bestanden aus kurzen, dicken, plumpen Bakterien, während die hellen Kolonien aus langen, schlanken Stäb- chen zusammengesetzt waren. Bei andern Typhuskulturen ließen sich neben hellen, durchscheinenden, geriffelten Kolonien homogene, glatt- randige, trübere und schließlich wiederum bei anderen Typhusstämmen neben weinblattförmigen Kolonien mit scharfzackigem Rand glatt- randige, helle mit gelblichweißem Zentrum feststellen. Auch hier be- standen gewisse morphologische Unterschiede zwischen den Bakterien der verschiedenen Kolonieformen. Von besonderem Interesse ist hier- bei die Beobachtung, daß bei einzelnen Typhuskulturen verschiedene sog. Mutationstypen entstehen können. So wuchsen z. B. bei einem Stamm, der ursprünglich helle Kolonien neben undurchsichtigen ge- bildet hatte, nach mehrmonatigem Stehen der isolierten Mutationsarten übereinstimmend plötzlich neben weinblattförmigen Kolonien helle glattrandige. Beide Formen ließen sich mit den gleichen Unter- schieden scharf getrennt voneinander weiter züchten. Diese Erschei- nungen traten beim Typhusbacillus stets nur in Kulturen auf, die 2 bis 3 Monate künstlich fortgezüchtet waren. In bezug auf die Im- munitätsreaktionen beobachtete auch BAERTHLEIN keine Unterschiede zwischen den einzelnen Varietäten. Abdominaltyphus. 731 Im Gegensatz zu der einfachen Variation, bei der es sich in der Regel um ziemlich inkonstante, oft schnell wieder verschwindende Wuchsformen unter dem Einflusse der Ernährungsverhältnisse, Salz- und Alkaligehalt des Nährbodens, Temperaturverhältnisse, Einwirkung von desinfizierenden Zusätzen etc. handelt, tritt nach pe Vrızs!? bei der echten Mutation die Wachstumsänderung ziemlich plötzlich, oft sprunghaft auf, und die Veränderungen zeigen sowohl hinsichtlich der Kolonieform als auch bezüglich der morphologischen und biologischen Eigenschaften der mutierten Bakterien eine ausgesprochene Konstanz. Ob die Beobachtungen BAERTHLEINS in diesem Sinne als wirkliche Mutationen zu deuten sind, wird zunächst noch auf Grund weiterer Beobachtungen abzuwarten sein. J. Krem2? spricht sich nach zahl- reichen experimentellen Untersuchungen auf diesem Gebiete da- gegen aus. Inn Anschluß an die beschriebenen Wachstumsveränderungen ist noch kurz die von MANDELBAUM!? beobachtete, von ihm als „Meta- typhus“ bezeichnete Variation des Typhusbacillus (,Orthotyphus‘) zu erwähnen. MANDELBAUM züchtete bei einigen klinischen 'Typhus- fällen aus Faeces bzw. Blut lebhaft bewegliche Stäbchen, welche sich durch die Immunitätsreaktionen und in bezug auf Indol-, Säure- und Gasbildung sowie Milchkoagulierung nicht vom eigentlichen EBERTH- Garrkyschen Typhusbacillus unterschieden, wohl aber einige andere kulturelle Abweichungen erkennen ließen. So zeigten sie auf Ober- flächenausstrichen im allgemeinen üppigeres Wachstum als der ge- wöhnliche Typhusbacillus, auf Glyzerinagar außerdem Kristallauflage- rungen der Kolonien. Auf der Blutagarplatte (5 ccm Agar, 2 ccm Menschenblut) bilden besonders bei Glyzerinzusatz Typhus- und Para- typhusbacillenkolonien durch Veränderung des Hämoglobins einen srünlich-gelben Hof, während Metatyphus den Nährboden unverändert läßt. Unterschiede in der Farbreaktion zwischen Typhus- und Meta- typhusbacillen fand ferner MANDELBAUM!S später bei Verwendung von Rosolsäureagar mit Glyzerinzusatz. Diese Unterschiede beruhen auf der Eigenschaft der Metatyphusbacillen, auf glyzerinhaltigen Nähr- böden Alkali zu bilden (rote Kolonien) im Gegensatz zum Ortho- typhus, welcher auf diesem Nährboden unter Säurebildung (gelbe Kolonien) wächst. NIETER!1? konnte bei einer Nachprüfung der MAnpeLBauMschen Angaben betreffs Blutfarbstoffveränderung und Kristallbildung des sogenannten Metatyphusbacillus nur die ersteren bestätigen. Ferner gibt Russovıcr?° an, unter 6 Typhusstämmen in einem Fall einen ManpeLsaumschen Stamm (Blutfarbstoffreaktion) gefunden zu haben, der sich aber im übrigen in nichts (Immun- reaktionen) vom echten Typhusbacillus unterschied. Die Richtigkeit der Befunde Manperzaums über Farbreaktionsunterschiede zwischen Ortho- und Metatyphus auf Rosolsäure-Glyzerinagar konnte schließ- lich Staur ?1 bestätigen. Diese wenigen bisher vorliegenden Untersuchungen zur „Meta- typhusfrage‘“ lassen ein abschließendes Urteil über diese zwar noch nicht zu. Immerhin darf man aber wohl annehmen, daß der .‚Meta- typhusbacillus“ lediglich eine zwar wissenschaftlich interessante, prak- tisch aber nicht besonders in Frage kommende, durch bisher nicht. erkennbare Umstände bedingte seitene Variation des eigentlichen Typhusbacillus darstellt. 798 K. H. KuTtschHer, Literatur. . ALTSCHÜLER, Münch. med. Wochenschr., 1904, Nr. 20. DOoEBERT, Arch. f. Hyg., Bd. 52. . TRAUTMANN, Ergebn. der allg. Pathol. usw. von Lubarsch & Ostertag, 1905. BERGHAUS, Hyg. Rundschau, 1905, Nr. 15. . TROMMSDORFF, Münch. med. Wochenschr., 1905, Nr. 35. CONRADI, Ebenda, Nr. 38. . TERBURGH, Centralbl. f. Bakt., Bd. 40, 1906. Burrı. Das Tuscheverfahren usw. Jena 1909. P 9. MÜLLER, E., Centralbl. f. Bakt., Bd. 53, 1909. 10. MÜLLER, R., Vortr. im Physiol. Verein zu Kiel. Ref. Münch. med. Woch., 1909, Nr. 17. 11. — Centralbl. f. 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Es kann bei geeigneten Tieren und ent- sprechend gewähltem Infektionsmodus auch im Tierkörper zu einer beschränkten Vermehrung der Typhusbacillen kommen. Die sich hiernach entwickelnden Krankheitserscheinungen sowie der Tod der Tiere sind ebenso wie beim Menschen in erster Linie die Folge einer durch die freiwerdenden Giftstoffe der Bacillen (Endotoxine) be- dingten Giftwirkung. Im Zusammenhang hiermit steht die weitere, früher vielfach erörterte Frage, ob es gelingt, durch Infektion mit dem Typhus- bacillus bei Tieren eine dem menschlichen Abdominaltyphus ent- sprechende Krankheit zu erzeugen. Diese Frage muß nach unseren heutigen Kenntnissen verneint werden. Wenn einige Autoren in dieser Beziehung positive Erfolge gehabt haben wollen, so lassen sie außer acht, daß die von ihnen in solchen Fällen bei ihren Ver- suchstieren beobachteten, dem menschlichen Abdominaltyphus entspre- chenden pathologischen Veränderungen, wie Milzschwellung und krank- hafte Veränderungen der follikulären Elemente des Darms, nicht not- wendigerweise spezifischer Natur zu sein brauchen. Einmal waren sie ausnahmslos durch sehr bedeutende Mengen von Bacillen erzeugt, was der Art des Zustandekommens des menschlichen Abdominaltyphus durchaus nicht entspricht. Ferner lassen sich derartige Verände- rungen, wie erwiesen werden konnte, auch durch abgetötete Typhus- bacillen bzw. Kulturfiltrate und außerdem auch durch alle möglichen Abdominaltyphus. 199 anderen Mikroorganismen erzeugen, sofern diese nur in der nötigen Menge eingeführt werden. Von speziellen Untersuchungen auf diesem Gebiet, welche die Richtigkeit der vorausgeschickten allgemeinen Gesichtspunkte durch- aus bestätigen, seien die folgenden kurz erwähnt. Als erster versuchte Garrky! die gewöhnlichen Laboratoriums- tiere sowie Affen mit Typhusbacillen zu infizieren. Da er nur ge- ringe Mengen von Bakterien anwandte, waren seine Ergebnisse negativ. Die Versuche von E. FrÄnkeL & Sımmonps?, welche glaubten, bei Tieren eine dem Abdominaltyphus des Menschen entsprechende Erkrankung erzeugt zu haben, bestanden darin, daß sie Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen intraperitoneal, letzteren auch intra- venös größere Mengen von Typhusbacillen injizierten. Die Tiere gingen nach wenigen Tagen akut zugrunde, teilweise unter Durch- fällen. Besonders intravenös vorbehandelte Kaninchen zeigten Milz- und Mesenterialdrüsenschwellung, oft auch Schwellung der Solitär- follikell und Peyerschen Haufen, an den letzteren zuweilen Ver- schorfung. In Milz und Mesenterialdrüsen gelang es die eingeführten Typhusbacillen kulturell wieder nachzuweisen. Injektion in den Darm sowie subkutane Einspritzung hatten keinen Erfolg. Aehnliche Ergebnisse hatte A. FrÄnkeL’, dem es jedoch auch gelang, bei Meerschweinchen durch Einbringung der Typhuskulturen in das Duodenum eine Erkrankung und den Tod der Tiere nach 3—7 Tagen herbeizuführen. Auch hier war die Züchtung der Ba- cillen in Reinkultur aus der Milz möglich. Die Darmveränderungen entsprechen den oben erwähnten. SEITZ* verfütterte nach dem Vorgange von R. Koch bei Cholera Typhuskulturen an Meerschweinchen. Die Hälfte von diesen ging an akuter Enteritis ein. Bei einem nach 4 Tagen verendeten Tier fand sich Milzschwellung. Die eingeführten Bakterien konnten wohl im Darminhalt, nur ausnahmsweise jedoch in den Organen und nicht in Schnitten nachgewiesen werden. Die Befunde von FrÄnkKEL & Sımmoxps bei intravenös mit Typhusbacillen (5—10 ccm Bouillon- kultur) infizierten Kaninchen wurden von Seırz bestätigt. Wichtig erscheint jedoch die Beobachtung, daß Kaninchen und Meerschwein- chen nach intraperitonealer Einverleibung abgetöteter Kulturen unter entsprechenden Erscheinungen zugrunde gingen wie nach Injektion lebender Typhusbacillen. Die Richtigkeit der letzteren Beobachtung konnte von BEUMER & PEiPerd bestätigt werden. Sie faßten die Wirkung des Typhus- bacillus als reine Intoxikation auf und sprachen ihm jede In- fektiosität für Versuchstiere ab, und zwar auf Grund folgender Be- obachtungen. Während geringe Mengen der Bacillen die Tiere über- haupt nicht krank machten, hing die Schwere der Erkrankungen direkt ab von der Menge der eingeführten Bacillen. Letztere ver- mehrten sich nicht, sondern gingen im Körper der Versuchstiere sehr schnell zugrunde. Aehnliche, übrigens von den beim mensch- lichen Abdominaltyphus beobachteten erheblich abweichende Verände- tungen im Darm der Versuchstiere wie von den Typhusbacillen wurden von mehreren saprophytischen Arten von Boden- und Wasserbakterien hervorgerufen. 800 K. H. KurtscHer, Ganz ähnliche Versuchsergebnisse hatte SırorTının®. Er konnte mit bei 100° sterilisierten Kulturen dieselben Wirkungen erzielen, wie mit lebenden und führte die Erfolge deshalb auf reine Giftwirkung zurück. Nach intravenöser Einführung verschwanden die Typhus- bacillen sehr schnell wieder aus der Blutbahn. Am längsten fanden sie sich im Knochenmark, weiterhin in Leber und Milz. Die durch die Injektion von Typhusbacillen im Darm der Versuchstiere gesetzten Veränderungen, wie Schwellung und Verschorfung der Lymphfollikel, sowie Hämorrhagien, ferner die Milz- und Mesenterialdrüsenvergröße- rung sind nach SıroTinın nicht spezifischer Art. Entsprechende durch nicht spezifische bakterielle Giftstoffe bedingte Veränderungen konnte er durch Bact. coli und andere hervorrufen. Letzteres gelang eben- falls später Brackstein!3, welcher bei Kaninchen nach intravenöser Injektion von Bact. coli dieselben Veränderungen beobachtete wie bei Typhusbacillen, besonders Schwellung der Pryerrschen Haufen und Vergrößerung der Milz. Den gleichen Standpunkt vertraten dann auf Grund ihrer Unter- suchungen Aur-CoH£n?, BAUMGARTEN® sowie WoLrowıcz®. Sie konn- ten eine Vermehrung der Bacillen im Tierkörper nicht feststellen und faßten demgemäß ihre Wirkung als reine Intoxikation auf, während Cvsnarus!0 neben dieser die Möglichkeit einer Infektion offen ließ. Nicht in Einklang zu bringen mit diesen Ergebnissen sind wieder- um die Beobachtungen von CHANTEMESSE & WıpaL!! sowie GILBERT & Gıropel?. Die ersteren sahen nach subkutaner Injektion kleiner Mengen von Typhusbacillen den Tod von Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen. Die Bakterien wollten sie in Leber und Milz wieder nachgewiesen haben. GILBERT & GIRoDE beobachteten nach sub- kutaner Injektion von 1 ccm Bouillonkultur bei Meerschweinchen den Tod der Tiere nach einigen Wochen. Die Plaques waren ge- schwollen und ulzeriert. Aus der Milz konnten sie Typhusbacillen züchten. Ob und inwieweit bei diesen letzteren den obigen widersprechen- den Ergebnissen vielleicht Versuchsfehler (Paratyphusbacillen?) mit- gewirkt haben, mag dahingestellt bleiben. Zum Teil sind diese Wider- sprüche vielleicht auch durch die Verschiedenheit der angewandten Dosierung erklärlich. Letzteres geht aus den Untersuchungen von Prrruschky!# hervor, der mit exakt abgewogenen Agarkulturmengen arbeitete. Er konnte bei intraperitonealer Einverleibung für Mäuse als kleinste tödliche Dosis 0,15—0,3 mg, d.h. pro kg Körpergewicht 10 bis 15 mg feststellen. Bei subkutaner Injektion war die Dosis letalis minima dagegen 5—6mal größer. Für Ratten fanden sich ganz ent- sprechende Zahlen, für Meerschweinchen betrug die tödliche Menge 3—10 mg pro kg Gewicht. Bei Kaninchen schwankten diese Werte etwas. Während sich aus dieser direkten Proportionalität der Werte für die verschiedenen Applikationsmethoden der sichere Schluß auf das hauptsächliche Vorhandensein einer Giftwirkung ziehen ließ, zeigte sich bei weiteren Versuchen Prrruschkys1* doch auch eine deutliche Vermehrung der Typhusbacillen im Tierkörper. Wenn der genannte Autor eine Maus intraperitoneal mit der eben tödlichen Dosis ge- tötet hatte, so konnte er durch Injektion des Peritonealexsudates der frisch verendeten Maus bei einer fortlaufenden Reihe von Mäusen jedesmal die Tiere wieder tödlich infizieren (Aggressinwirkung?). Es trat hierbei jedoch nur immer eine geringe Vermehrung der spezifi- Abdominaltyphus. 801 schen Bakterien auf, besonders in den serösen Höhlen. In den Or- ganen und im Herzblut fanden sie sich nur in ziemlich spärlicher Anzahl. Ueber entsprechende Ergebnisse bei Mäusen berichten GERMANO & Maurea!d. Auch sie faßten die Wirkung der Bacillen im Tier- körper in erster Linie als Giftwirkung auf, sahen aber daneben auch eine unzweifelhafte Vermehrung. Weitere Untersuchungen von CHANTEMESSE & WıpaL!6 sowie SAnArELLIl? bestätigten ebenfalls die Beobachtungen PETRUSCHKYS. Sehr umfassende und wichtige Untersuchungen über die Patho- genität des Typhusbacillus bei intraperitonealer Injektion an Meer- schweinchen stellten dann schließlich Preırrer & Korre!® an. Die Ergebnisse sind etwa folgende. Je nach der Menge und Virulenz der angewandten Kultur verlief die Infektion sehr verschieden. Die Virulenz schwankte bei frisch isolierten Kulturen zwischen !/, und 1/., Normalöse (1 Normalöse — 2 mg Kultur) etwa 20-stündiger Agarkultur, bei älteren Laboratoriumskulturen lag sie ungefähr zwischen 1/,—1/, Oese. Die verwendeten Meerschweinchen müssen etwa ein Gewicht von 300 g besitzen. Zu junge Tiere erliegen der Giftwirkung zu leicht. Erwähnt sei hier sogleich ergänzend, daß später unter den gleichen Versuchsbedingungen KUTScHER & MEINICKE *) bei einigen von Lextz früher isolierten Kulturen eine noch wesent- lich höhere Virulenz für Meerschweinchen bis zu 1/oo—!/200 Vese feststeller. konnten. Eine derartig gesteigerte Virulenz stellt bei Typhusstämmen aber immerhin eine verhältnismäßig seltene Aus- nahme dar. Im Verfolg ihrer Untersuchungen konnten PFEIFFER & Kor: feststellen, daß nach intraperitonealer Injektion relativ großer Mengen von Bakterien bei den Tieren ein reichliches seröses, oft leicht sanguinolentes Peritonealexsudat auftritt, in welchem sich bei Entnahme mittels Glaskapillaren massenhafte, lebhaft bewegliche, sich bis zum Tode des Tieres vermehrende Bakterien nachweisen lieben. Die Tiere verenden bereits nach 6—8 Stunden unter starkem Abfall der Körpertemperatur (bis 30%) ohne charakteristische Allgemein- erscheinungen. Die Milz ist bei der Sektion klein und schlaff, der Darm blaß, zuweilen leicht gerötet. Im Peritonealexsudat finden sich massenhafte Typhusbacillen, in geringerer Menge ebenfalls im Blut und in den Organen, ein Beweis dafür, daß es in solchen Fällen tatsächlich zur Allgemeininfektion gekommen ist. Bei Anwendung an der Virulenzgrenze liegender Bakterienmengen findet sich dagegen nur spärliches, zähschleimig-eitriges Exsudat mit wenigen, gut er- haltenen, beweglichen Bakterien. Die große Mehrzahl der letzteren ist vielmehr unbeweglich und teils im Exsudat frei, teils innerhalb von Leukocyten im Zerfall begriffen. Der Tod der Tiere erfolgt in solchen Fällen erst nach mehreren Tagen. Es findet sich dann ein zäher eitrig-fibrinöser Belag auf der Darmserosa und Leberoberfläche mit spärlichen Bakterien. Oft indes ist das Exsudat sogar steril. Die Organe und das Blut enthalten keine Bakterien. Diese Befunde lassen erkennen, daß bei Applikation gerade noch tödlicher Dosen bereits eine starke Abwehrbewegung des Tierkörpers einsetzt, die genügt, die Bakterien selbst durch Auflösung in der Bauchhöhle bzw. den Leuko- cyten unschädlich zu machen. Die Tiere erliegen dann, ohne daß *) Nicht veröffentlicht. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 51 802 K. H. KUTscHEr, es zu einer Allgemeininfektion kommt, lediglich der Wirkung der durch Auflösung der Bakterien freiwerdenden Endotoxine der letzteren. Die Ergebnisse der Untersuchungen von PFEIFFER & KorLe sind bisher von allen Seiten bestätigt worden und besitzen auch heute noch ihre volle Gültigkeit. Sie lassen ebenfalls erkennen, dab die Pathogenität des Typhusbacillus für Versuchstiere in erster Linie auf seiner Gift- wirkung beruht. Inwieweit neben den an den Bakterienleib ge- bundenen Endotoxinen bei der Auslösung der Krankheitserscheinungen etwa noch andere, vielleicht lösliche sezernierbare Giftstoffe in Frage kommen können, welche von einigen Autoren auch beim Typhusbacillus angenommen werden, muß einer Erörterung im Kapitel Immunität vor- behalten bleiben. f Erwähnt seien jedoch im Anschluß hieran noch einige weitere Mitteilungen über das Vorkommen von Typhusbacillen bzw. Infek- tionsversuche mit solchen bei Tieren. So verfütterte REMLINGER!? an Kaninchen und Ratten, die er mehrere Tage hatte hungern lassen, mit Typhuskulturen getränkte Kohl- und Salatblätter. In den Darmentleerungen der Tiere konnte er Typhusbacillen nachweisen. Bei einigen nach mehreren Wochen verendeten bzw. getöteten Tieren fanden sich ulzerative Prozesse an den Darmfollikeln; aus Milz und Mesenterialdrüsen konnten Typhus- bacillen isoliert werden. Nach WIENER?" waren ferner Ratten, welche die Kadaver typhusinfizierter Ratten gefressen hatten, an Typhus eingegangen. Eine ähnliche Beobachtung machte Mırrs?! bei Ratten, welche zu typhusbacillenhaltigen Fäkalien Zutritt gehabt hatten. Auch im Darm und in den Exkrementen solcher Tiere ließen sich Typhus- bacillen nachweisen. Gaggi?? berichtet, daß es ihm gelungen sei, bei Ziegen durch intravenöse Injektion von Typhusbacillen leichte Krankheitserschei- nungen hervorzurufen. Die Milch der Tiere enthielt lange Zeit hin- durch virulente Typhusbacillen. Nach Scorpo?3 lassen sich Ziegen oral und intravenös tödlich mit Typhusbacillen infizieren. Nur die intravenös infizierten zeigten Krankheitserscheinungen. Die infizierten Tiere blieben mehrere Mo- nate lang infektiös. Die Ausscheidung der virulenten Bakterien aus dem Tierkörper erfolgte durch Fäces, Harn und Milch. Diese Be- funde und Ergebnisse konnten bei einer Nachprüfung von Haıter & UNGERMANN?8 in keiner Weise bestätigt werden. Im Milzabszeß eines Rindes fanden Levy & JakoBsTHaL?4 Typhusbacillen. CourMmonT & RocHarx?5 konnten in den Exkrementen von Hun- den, die sie mit den Ausscheidungen Typhuskranker gefüttert hatten, mehrere Tage lang lebensfähige Typhusbakterien nachweisen. Die Hunde zeigten keinerlei Krankheitserscheinungen. Schließlich sei noch erwähnt, daß Grüngaum?2% bei einem Schim- pansen typhusähnliche pathologisch-anatomische Veränderungen nach- weisen konnte, ferner eine Mitteilung von WEINBERG??T, der bei einem reichliche Mengen von Trichocephalus ausscheidenden Affen durch Einführung von Typhusreinkulturen in den Magen ein echtes typhöses Fieber erzeugen konnte. Die Eingeweidewürmer sollen das Eindringen der Bakterien in die Darmwand begünstigt haben. Wenn auch aus diesen Beobachtungen nicht hervorgeht, daß unsere Haustiere oder überhaupt Tiere an einer Infektion mit Typhus- Abdominaltyphus. 803 bacillen, wenigstens nicht spontan, erkranken, so scheint doch immerhin die Möglichkeit gegeben, daß sie die Erreger des menschlichen Ab- dominaltyphus in sich aufnehmen und vorübergehend beherbergen bzw. ausscheiden können. Eine wesentliche praktische Bedeutung kommt dieser Frage jedenfalls nicht zu. In allen den zuletzt genannten Versuchen handelt es sich mit Ausnahme derjenigen von WIENER und CourMont & RocHaıx um künstliche Infektionsversuche unter un- natürlichen Bedingungen, wie sie in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Die Beobachtungen an Ratten und Hunden sind indes, soweit bekannt, von anderer Seite bisher noch nicht bestätigt worden. Literatur. l. GAFFKY, Mitteil. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 2, 1884. 2. FRÄnKEL, E., & Sımmonps, Centralbl. f. klin. Med., 1885, S. 737 und Die ätiologische Bedeutung des Typhusbacillus. Hamburg 1886. 3. FRÄNKEL, A., Centralbl. f. klin. Med., 1886, Nr. 10. 4. Seıtz, Bakteriol. Studien zur Typhusätiologie. München 1886. 5. BEUMER & PEIPER, Centralbl. f. klin. Med., 1886, Nr. 37 und Zeitschr. f. Hyg., Bd. 1, 1886; Bd. 2, 1887. 6. SIROTININ, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 1, 1886. 7. ALI-CoHEN, Dissert. Groningen 1886. 8. BAUMGARTEN, Centralbl. f. klin. Med., 1887, Nr. 4. 9. WoLrowıcz, Zieglers Beitr., Bd. 2, 1887. 10. CyGnAEuvs, Ebenda, Bd. 7, 1890. ll. CHANTEMESSE & WıDAL, Arch. de physiol. norm. et pathol., 1887. 12. GILBERT & GIRODE, Gaz. med. de Paris, 1891, Nr. 21. 13. BLACKSTEIN, The Johns Hopkins Hosp. Bull., 1891, Nr. 4. 14. PETRUSCHKY, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 12, 1892. 15. GERMANO & MAauURrEA, Zieglers Beitr., Bd. 12, 1893. 16. CHANTEMESSE & WIDAL, Ann. Pasteur, T. 6, 1892. 17. SANARELLI, Ebenda, T. 6, 1892. 18. PFEIFFER & KoLLkE, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 21, 1896. 19. REMLINGER, Ann. Pasteur, T. 11, 1897. 20. WIENER, Centralbl. f. Bakt., 1903. Fee MrRrs, Brit. med. Journ., 21. T.’191. 22. GaBBL, Rif. med., 1908 Nr. 12 (Deutsche med. Wochenschr., 1908, S. 666). 23. SCORDO, Centralbl. f. Bakt., Bd. 57, 1911. 24. Levy & JAKOBSTHAL, Arch. f. Hyg., Bd. 44, 1903. 25. COURMONT & RocHAIx, Sem. med., 1910, Nr. 26; Lyon med., 1910, p. 503. 26. GRÜNBAUM, Münch. med. Wochenschr., 1897, S. 330. 27. WEINBERG, Sem. med., 1907, Nr. 1. 28. HAILER & UNGERMANN, 6. Tagung d. Freien Vereinig. £. Mikrobiol., Berlin 1912. Centralbl. f. Bakt., 1912, Beilage. IX. Epidemiologie. Wenngleich durch die Entdeckung des Typhusbaeillus die Aetiologie des Abdominaltyphus als solche klargestellt und bald auch allgemein anerkannt war, so gingen doch die wissenschaftlichen Ansichten über die Uebertragung der Krankheit auch nach dieser Entdeckung noch lange Zeit nicht unwesentlich auseinander. Viele epidemiologische Beobachtungen harrten noch lange Jahre hindurch der Deutung und Klärung. Diese hat in vielen Punkten erst die seit 1902 im Süd- westen Deutschlands unter der Leitung von R. Kock in großem Mab- stabe aufgenommene Typhusbekämpfung gebracht. Sehen wir ab von jener früheren Anschauung, welche die Ent- stehung und Verbreitung des Typhus auf miasmatisch-kontagiöser a 804 K. H. KuTscHer, Grundlage annahm, so beherrschte noch längere Zeit nach der Ent- deckung des Typhusbacillus zunächst hauptsächlich die sogenannte von PETTENKOFERSche Lehre das Feld der Typhusepidemiologie. Nach ihr sollte sinkender Grundwasserstand ein Steigen, zunehmender bzw. eine Zunahme der Niederschläge dagegen eine Abnahme der Typhus- häufigkeit bedingen. Auf diese für die Münchener Verhältnisse zu- treffenden Beobachtungen v. PETTENKOFERS! und Bunrs? gründete sich weiter die Auffassung, daß das ‚„Typhusgift“ erst eine Zeit der „Reifung“ im Boden durchmachen müsse, ehe es bei günstiger Boden- beschaffenheit zur Verbreitung der Seuche bzw. zur Entstehung von Epidemien kommen könne. Das Wasser sollte mit der Verbreitung und Uebertragung des Typhus entgegen der ursprünglichen Ansicht R.KochHs und seiner Schüler nichts oder nur wenig zu tun haben, da nach v. PETTENKOFER ja gerade der niedrige Grundwasserstand mit der erhöhten Typhushäufigkeit zusammenfällt. Diese „lokalistische® Anschauung, welche in epidemiologischer Beziehung gewissermaßen einen gesunden vom ungesunden Boden unterscheidet, hat zwar noch bis in die neueste Zeit hinein ihre Verfechter gefunden (EMMERICH & GEMÜND®, WOoLTErR*®). Heute ist sie indes ohne Zweifel durch die neueren wissenschaftlichen epi- demiologischen Tatsachen überholt, deren Feststellung wir in erster Linie der systematischen Typhusbekämpfung im Südwesten des Reiches verdanken. Wir wissen zwar, daß der Typhusbacillus längere Zeit, unter Umständen sogar monatelang im Erdboden seine Lebensfähigkeit bewahren kann. Andererseits ist es aber auch bekannt, daß es zu einer Vermehrung der Typhuserreger im Erdboden unter natürlichen Verhältnissen nicht kommt, und daß das Auftreten von Typhus- epidemien von der Bodenbeschaffenheit, der Höhe des Grundwasser- standes und der Jahreszeit in weiten Grenzen vollständig unabhängig ist. Unabhängig von der Bodenbeschaffenheit heftet sich der Unter- leibstyphus als Kriegsseuche in fast allen älteren und neueren Feld- zügen in Europa und in außereuropäischen Ländern an die Fersen der Kriegsheere, auch selbst im Seekriege bleiben Typhusepidemien nicht aus (Momose°). Bei niedrigstem Wasserstand im Hochsommer — und bei hohem Wasserstand im Winter werden Typhusepidemien beobachtet. Vielfach konnte ein Ansteigen der Typhusfrequenz mit der Zunahme der Niederschläge festgestellt werden (REIncKE®, BER- GER', BanpI®, BEHRENS?, RıEGErR!® u. a.). Bekannt ist eine größere Reihe von einwandfrei festgestellten Trinkwasserepidemien mit Nach- weis der Erreger im Wasser unabhängig von Jahreszeit und Boden- beschaffenheit. Näheres bezüglich der v. PETTENnKorerschen Boden- a und ihrer Widerlegung vgl. GorscaLıcH, dieses Handbuch, Die lokalistische Lehre v. PETTENKOFERS ließ sich also nicht mehr aufrecht erhalten. Statt ihrer drängten alle neueren Beobachtungen immer mehr und mehr zu der Auffassung, daß allein der typhus- infizierte Mensch bzw. seine die Krankheitserreger ent- haltenden Ausscheidungen die eigentliche Infektions- quelle des Abdominaltyphus darstellen. Als Verbrei- tungswege kommen alle diejenigen Möglichkeiten in Betracht, welche eine Uebertragung der Erreger, sei es unmittelbar oder mittel- bar, vom infizierten auf den gesunden Organismus gestatten, sobald diese den ersteren mit den Ausscheidungen in virulentem Zustand 3 Fi i i Abdominaltyphus. 805 verlassen haben. Wir werden demnach zu unterscheiden haben „Quellen der Infektion“ und „Uebertragungswege‘“. A. Quellen der Infektion. Als ursprüngliche Quellen der Infektion kommen von den die Er- reger enthaltenden Ausscheidungen des infizierten Organismus unter praktischen Verhältnissen in erster Linie Stuhl und Harn, in zweiter alle übrigen die Bacillen enthaltenden Ex- und Sekrete, be- sonders vielleicht noch in selteneren Fällen der Auswurf sowie zu- weilen vielleicht der Eiter posttyphöser Abszesse in Frage (vgl. Abschnitt V). In epidemiologischer Beziehung ist bezüglich der Bewertung der Infektiosität dieser Quellen des Typhusvirus besonders noch folgen- des bemerkenswert. Die hauptsächlichste Infektionsquelle bilden dieDarm- entleerungen mit Typhus infizierter Personen. Die Ausscheidung der Erreger mit den Darmentleerungen erfolgt bei Kranken und Rekonvaleszenten nicht regelmäßig, sondern oft schubweise (SIMON & DENNEMARKU, v. Dricausk112). Nach G. Mayer!3 und O. Mayer 5° kann mar periodisch und ständig ausscheidende Krankheitsfälle unter- scheiden. Die Typhusbacillen können zeitweise so massenhaft in dem Stuhl auftreten, daß die Darmflora längere Zeit von ihnen fast vollständig verdrängt wird. Hierbei gestattet das äußere Aussehen und die Beschaffenheit der Darmentleerungen keinen Anhalt für eine Be- urteilung ihrer etwaigen Infektiosität (v. DRIGALSKLI!?). Der Krankheitsperiode nach werden nach übereinstimmenden An- gaben von v. Drıcarskı!?, 15, Brıion & Kayser16 sowie GAEHTGENS & Brückner!? durchschnittlich in der 3. Krankheitswoche am häufig- sten Typhusbacillen in den Darmentleerungen gefunden (vgl. auch Levy & GaEHTGEns18 sowie RıcHarpson 10). Auf besondere wichtige Verhältnisse bezüglich der zeitlichen Ausscheidung wird später noch ausführlicher eingegangen werden. Auf den Harn als Infektionsquelle haben zuerst besonders PE- TRUSCHKY?O und NEurerp?! hingewiesen (vgl. Abschnitt V). Die ur- sprüngliche Annahme, daß die Krankheitserreger etwa in 23—30 Proz. aller Fälle mit dem Harn ausgeschieden werden, konnte nach v. Dkı- GAarskı!? durch die Untersuchungen der Typhusbekämpfungsstationen nicht ganz bestätigt werden. Nach seinen Angaben scheint die Typhusbakteriurie im allgemeinen doch etwas weniger häufig zu sein. Ueber das zeitliche Auftreten der Bacillen im Harn siehe Ab- schnitt V. Im allgemeinen kann heute als feststehend gelten, daß in jedem Stadium des Typhus die Bacillen im Harn erscheinen können, Hervorzuheben ist ferner noch, daß das äußere Aussehen des Harns, ob getrübt oder klar, eine Beurteilung seiner Infektiosität nicht ohne weiteres gestattet. Die Bacillen können im Harn schub- weise auftreten, und zwar zuweilen plötzlich und in so großen Massen, daß durch sie eine bakterielle Trübung des letzteren bedingt wird. Andererseits kann aber auch vollkommen klarer Harn sehr reichliche Mengen von Typhusbacillen enthalten (Frosch ??, v. DrıGausk1!?). Ueber das Vorkommen der Typhusbacillen in den Respirations- organen und im Sputum etc. sowie in posttyphösen Eiterungen finden 806 K. H. KUTscHEr, sich im Abschnitt V ausführliche Mitteilungen. Nach Mitteilungen v, Drıscarskıs1? wurden während der Typhusbekämpfung wiederholt Ent- leerungen von Typhusbacillen aus Gallenfisteln beobachtet. Neu- infektionen kamen hierdurch nicht zustande. Das von v. Driıcauskıt® zuerst nachgewiesene und: später von PrıiscE?3, MayEr?t, NiIEPRASCHK?® und Hore?5a bestätigte Vor- kommen der Typhuserreger auf der sauren Magenschleimhaut bzw. im Erbrochenen läßt erkennen, daß der erbrochene Mageninhalt der Typhuskranken gelegentlich infektiös sein kann. Bei der Besprechung der Epidemiologie des Abdominaltyphus erscheinen verschiedene Umstände von Wichtigkeit, welche ein Zu- standekommen der Infektion begünstigend beeinflussen können. Zunächst ist hier zu erwähnen die Ansteckungsfähigkeit des Infizierten in zeitlicher Beziehung. Oben war bereits kurz darauf hingewiesen worden, dab die meisten positiven Stuhlbefunde sich bei Kranken in der 3. Krankheitswoche finden. (Abstoßung der Ge- schwürsschorfe im Darm!) Mit der hierauf begründeten und im all- gemeinen wohl auch richtigen Anschauung, daß die Infektiosität des Typhuskranken zu dieser Zeit am höchsten sei, stimmt allerdings nicht überein die Angabe von Kuinger?®, der von 812 Typhusfällen nur 116 auf die dritte, dagegen 345 auf eine frühere Krankheitszeit zurückführt. Als eine besonders epidemiologisch bedeutungsvolle Errungen- schaft der Arbeiten der Typhusbekämpfung ist die Feststellung zu begrüßen, daß der Typhuskranke nicht nur auf der Höhe der Krank- heit infektiöse Bacillen mit seinen Entleerungen ausscheiden kann. Die Krankheitserreger finden sich vielmehr in den Ausscheidungen schon in der allerersten Krankheitsperiode und sogar in der In- kubationszeit und ferner, was besonders wichtig ist, noch in der Rekonvaleszenz und selbst nach völliger klinischer Genesung. Im Inkubationsstadium konnten Typhusbacillen in den Darm- entleerungen festgestellt werden von Conkapr?, 28, G. MayER?9 und PrıcseE®%. Diese Tatsache besitzt gewiß eine nicht unwesentliche epidemiologische Bedeutung, da solche äußerliche Krankheitserschei- nungen noch nicht darbietende Infizierte während der zuweilen recht erheblichen Inkubationszeit oft reichlich Gelegenheit haben werden, den Ansteckungsstoff zu verschleppen. Auf die Erscheinung der Fortdauer der Bacillenausscheidung in der Rekonvaleszenz hat zuerst v. Drıcatskı!® hingewiesen. Diese Beobachtungen wurden bald von anderer Seite bestätigt (HERBERT 31, Lentz®®2, KUTScHER®3 u. a... Brio & Kayser16 fanden noch bei 7 Proz. der Untersuchten nach dem 15. Tage der Rekonvaleszenz im Stuhl oder Harn Typhusbacillen. Nach Sımov & DeEnnemark ll scheiden ?/, aller Typhusrekonvaleszenten Typhusbacillen aus. G. Mayer?” berichtet, daß in einer großen Anzahl schwerer Fälle die Ausscheidung der Erreger mit dem Stuhl erst 6-8 Wochen nach der völligen Entfieberung begann. Derartige Fälle werden von Coxrapı als Spätausscheider bezeichnet. Nicht selten kommt es vor, daß die Bacillenausscheidung trotz völliger klinischer Genesung auch nach Ablauf der eigentlichen Re- konvaleszenz noch längere Zeit, unter Umständen das ganze spätere Leben hindurch, fortbestehen bleibt. Der Typhuskranke hat sich zu einem äußerlich völlig gesunden Dauerausscheider entwickelt. 566 a SEI ZU U 5 Abdominaltyphus. 807 Diese Dauerausscheidung von Typhuserregern nach früher über- standenem Abdominaltyphus kann sowohl mit den Darmentlee- rungen als auch dem Harn erfolgen. Der Begriff „Dauerausscheider“ setzt nach der heute land- läufigen Bezeichnung voraus, daß der betreffende Bacillenaus- scheider eine Typhuserkrankung überstanden hat, und dab die Ausscheidungnocheinegewisse Zeitnach dervölligen klinischen Genesung anhält. Während früher hierfür als Zeit- raum 3 Monate angenommen wurden (KIRCHNErR°®#, FroscH°5 u. a.), will neuerdings PrıcGE°® diese Grenze auf ein Jahr nach Ablauf der klinischen Erscheinungen hinausschieben, da erfahrungsgemäß nach einjährigem Bestehen ein Aufhören der Bacillenausscheidung kaum noch beobachtet wird, während kürzere Zeit ausscheidende Fälle noch häufiger spontan zur sogenannten bakteriologischen Genesung kommen. Er unterscheidet demnach temporäre, d. h. kürzere Zeit als ein Jahr, und chronische, d. h. länger als ein Jahr ausscheidende Daueraus- scheider. Im Gegensatz zu den Dauerausscheidern werden in der Nomen- klatur der Typhusepidemiologie als „Bacillenträger“ bisher all- gemein solche Personen bezeichnet, die Typhusbacillen aus- scheiden bzw. in sich beherbergen, ohne nachweislich an Typhus erkrankt gewesen zu sein. Diese Unterscheidung ist eigentlich nicht recht sachlich und logisch begründet. Denn jeder Dauerausscheider „trägt“ d. h. beherbergt die Bacillen ebensogut wie der „Träger“, und umgekehrt gewinnt der letztere seine epidemio- logische Bedeutung erst lediglich dadurch, daß er die infektiösen Bacillen ebenfalls ausscheidet. In vielen Fällen wird außerdem auch eine Entscheidung unmöglich sein, ob ein „Bacillenträger“ nicht doch früher eine Typhuserkrankung leichtester Art überstanden hat und somit eigentlich zu den Dauerausscheidern zu rechnen wäre. Auch das Fehlen jeglicher spezifischen Reaktionsprodukte im Blute der Bacillenträger läßt diese Möglichkeit keineswegs sicher ausschließen (vgl. das Kapitel „Immunität bei Typhus‘“). Diese verschiedenen Unstimmigkeiten in der Bezeichnungsart haben denn auch verschiedentlich zu Versuchen geführt, andere Be- zeichnungen auf diesem Gebiete einzuführen. So schlägt FornEr >? vor, Dauerausscheider und Bacillenträger unter dem gemeinsamen Begriff „Typhuswirte‘“ zusammenzufassen. Neuerdings empfiehlt Cox- RADI®®, Ausscheider nach Typhus als „Hauptbacillenträger“, solche ohne vorhergegangenen Typhus als „Nebenbacillenträger“ zu be- zeichnen. Eine Unterscheidung im letzteren Sinne erscheint bis zu einen gewissen Grade insofern gerechtfertigt, als in epidemiologischer Beziehung die „Dauerausscheider“ in der Tat eine wesentlich wich- tigere Rolle spielen als die nur vorübergehend Bacillen in geringer Zahl ausscheidenden „Bacillenträger“ im ursprünglichen Sinne des Wortes. Die Tatsache, daß der infizierte Organismus nach anscheinend völliger klinischer Genesung des Abdominaltyphus die Krankheits- erreger noch jahrelang in einzelnen Herden beherbergen kann, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Diese Latenz der Typhusbacillen, 2. B. bei posttyphösen Eiterungen vorwiegend des Knochengerüstes, besaß indes mehr chirurgisches Interesse, jedenfalls keine besondere epidemiologische Bedeutung, da diese Herde, weil sie nicht mit der 808 K. H. KUTScHEr, Außenwelt in Verbindung standen, keinen alltäglichen Anlaß zur Verstreuung und Verbreitung der Krankheitserreger geben konnten. Epidemiologisch wichtig war erst die bei der Typhusbekämpfung gemachte Feststellung, daß in Verbindung mit solchen Herden längere oder kürzere Zeit nach Ueberstehen der Typhusinfektion bzw. auch ohne den Nachweis der letzteren auch eine Ausscheidung von Typhus- bacillen stattfinden könne. Für eine derartige Ausscheidung von Bacillen kommen praktisch nur zwei Wege in Betracht: Harn und Stuhl. Sal an: Wie im Abschnitt V bereits ausgeführt, ist der Abdominaltyphus als Bakteriämie aufzufassen, während deren Verlaufes es zu em- bolischen Metastasen in den inneren Organen, wie Milz, Leber, Nieren, Knochenmark, Mesenterialdrüsen usw. kommt. Treten solche metasta- tischen Herde in den Nieren (Lymphome, W AssILIEFF 39 oder Abszesse), der Harnblase, Prostata oder den Samenbläschen auf, so wird die weitere Folge im Falle des Durchbruches der Herde in die Harn- wege eine Beimischung von Typhusbacillen zum Harn sein. Je nach . der baldigen oder späteren Ausheilung bzw. Resorption solcher Herde wird die Ausscheidung der Bacillen mit dem Harn verschieden lange Zeit dauern können. (Temporäre und chronische Urinausscheider.) Daß es in der Regel tatsächlich zur Bildung von embolischen Prozessen hauptsächlich wohl in den Nieren kommt, ehe die Bacillen bei Kranken im Harn auftreten, scheint daraus hervorzugehen, daß die Erreger zwar schon in den allerersten Krankheitstagen fast regelmäßig im Blut, dagegen im Harn fast stets erst in den späteren Krankheitswochen nachzuweisen sind. Wenn die Typhusbacillen die Nieren einfach wie ein Filter passierten, dann müßten die Zeiten für das Vorkommen in Blut und Urin zusammenfallen bzw. parallel gehen (Pricce °®). Ob ausnahmsweise Typhusbacillen auch die ungeschädigten oder die lediglich durch Typhustoxine geschädigten Nieren passieren können, wie es neuerdings wenigstens für nur vorübergehende Urinausscheider ohne nachweisbare vorherige Erkrankung PrıcGE?® annimmt, dürfte noch nicht als absolut sicher anzusehen sein. Die meisten an Tieren angestellten experimentellen Untersuchungen sprechen wenigstens gegen diese Auffassung (vgl. Abschnitt V). Betreffs des Vorkommens der übrigen im Gebiete der Harnwege beobachteten Typhusmetastasen wird auf Abschnitt V verwiesen. Die Ansicht von Pıck %, daß die Ansiedelung der Typhusbacillen in den Harnwegen durch voraufgegangene Entzündung oder Eiterung nicht- typhöser Art (Nieren- oder Blasensteine, Pyonephrose) begünstigt wird, hat viel Wahrscheinlichkeit für sich. Dieses ätiologische Moment dürfte in Parallele zu setzen sein mit der Rolle, welche die Gallensteine bei der Ansiedelung der Typhusbacillen in der Gallen- blase spielen (s. später). Die Verbreitung der Urinausscheider ist nach den bisherigen Feststellungen keine sehr große. Unter 314 Dauerausscheidern bzw. Bacillenträgern wurden bei den Untersuchungen der Typhusbekämpfung nur 23 — 7 Proz. reine Harnausscheider festgestellt. Bei 16 von diesen, die zufällig bei Umgebungsuntersuchungen entdeckt wurden Abdominaltyphus. 809 und vollständig gesund waren, wurde der Befund trotz mehrmaliger Untersuchung nur einmal erhoben (PrıccE®%). Von den übrigen 7 Harnausscheidern, bei denen wiederholt Bacillen festgestellt wurden, waren 6 nachweisbar typhuskrank gewesen. Die Dauer der Ausscheidung mit dem Harn betrug je ein- mal 1, 6 und 7 Monate, 3mal länger als ein Jahr nach Eintritt der klinischen Genesung (Prıcsr®%). Die längsten in Beobachtung be- findlichen Fälle von Ausscheidung mit dem Harn erstreckten sich nach Pricce auf 1!/, und 5 Jahre. Im letzteren Falle betrug die wahr- scheinliche Ausscheidungsdauer 9 Jahre. Bei einer Person mit nach- weisbarer 3 Monate langer Harnausscheidung war eine vorhergehende manifeste Typhuserkrankung nicht nachweisbar. Eine derartige Dauer der Ausscheidung ist indes ohne einen Typhusbacillenherd in den Harnwegen nicht recht denkbar. Weitere Fälle von Typhuswirten mit länger andauernder Urinausscheidung werden mitgeteilt von Houston *1 (3 Jahre), Queckenstepr#2 (5 Jahre), Irvın & Houston # (7 Jahre), MEYER & AHREINER ** (10 Jahre), Dönttz#° (7 Monate), NIEPRASCHK*® (8 Jahre), Ustveprt 27, Zweıs®#, TsuzuXı®. Die Gefährlichkeit jedes einzelnen Urinausscheiders ist ohne Zweifel größer als diejenige eines Stuhlausscheiders. Der Harn wird nicht nur auf dem Abort, sondern gelegentlich überallhin entleert. Verschmutzung mit Harn ist im Gegensatz zur Stuhlbeschmutzung nicht leicht zu erkennen, und die Entleerung des Harns findet sehr viel häufiger statt als die des Kotes. Deshalb ist die Gefahr der Ver- schleppung der Typhusbacillen mit dem Harn im allgemeinen ungleich srößer als bei der Absetzung mit dem Kot. Hinzu kommt, dab die Zahl der mit dem Harn ausgeschiedenen Typhusbacillen in der Regel außerordentlich groß ist. So berichtet PETruscHky?° über einen Fall, bei dem in 1 ccm Harn eines Typhuskranken 180 Millionen Typhus- bacillen gezählt wurden. In dem Fall von Tsuzux1‘? wurden 30 Mill. Typhusbacillen in 1 ccm Harn festgestellt. In dem von NIEPRAScHK *6 mitgeteilten Fall konnten in 3 Jahren 28 Infektionen auf den be- treffenden Urinausscheider zurückgeführt werden. Er schied im Kubikzentimeter Harn etwa 21/, Millionen, in der gesamten Tages- menge also nahezu 4 Milliarden Typhusbacillen aus. REMLINGER °0a weist auf die Möglichkeit der Infektion des Mannes beim geschlecht- lichen Verkehr mit einer Urinausscheiderin hin. Wegen der großen Anzahl der vorhandenen Typhusbacillen bei Urindauerausscheidern, bei denen auch in der Regel Begleitbakterien fehlen, ist der bakteriologische Nachweis der Bacillen im Harn der Ausscheider ganz im Gegensatz zum Nachweis in den Stuhlent- leerungen gewöhnlich nicht schwierig. Nach Carrrtrol tritt eine Vermehrung der aus Nierenherden stammenden Typhusbacillen im Harn nur bei alkalischer Reaktion des letzteren ein. Bei 3 Kranken mit sterilem sauren Harn konnte er dadurch, daß er diesen alkalisierte, noch den bakteriologischen Nachweis der Typhusbacillen erbringen. Auch Rorry52 machte die Beobachtung, daß saurer Urin die Typhus- bacillen schädigt. Die Beseitigung der Ausscheidung von Typhusbacillen mit dem Urin läßt sich in der Regel erreichen durch innerliche Gaben von Urotropin, Helmitol, Hetralin oder Bovovertin. Die Wirkung dieser Präparate beruht auf Abspaltung von Formaldehyd. Urotropin und Helmitol besitzen oft unangenehme Nebenwirkungen, 810 K. H. KrvTtschHer, die beim Hetralin wegfallen sollen. Das letztere wirkt bei alkalischem Urin energischer als bei saurem (KLiMEnko°®). Zuweilen wurden vom Bovovertin noch Erfolge gesehen in Fällen, wo die andern Mittel versagt hatten (NIEPRASCHK 6, SCHNEIDERÖ#). CumMins, Fawceus & Kennepy >> versuchten bei Urinausscheidern sauer reagierende Mittel, wie phosphor- und benzoesaures Natron und Antiseptika. Einen dauernden Stillstand der Ausscheidung vermochten sie jedoch nur mit Urotropin und ähnlichen Präparaten besonders in Verbindung mit Diureticis zu erreichen. Irwın & Houston konnten durch die aktive Immunisierung mit abgetöteten Typhusbacillen bei einer Urin- ausscheiderin, die 7 Jahre Typhusbacillen entleert hatte, nach mehr- maliger Injektion des Vaccins die Bakteriurie zur Heilung bringen. Dagegen versagte diese Behandlungsmethode in den Fällen von Da- vırs?6 und bei diesbezüglichen Versuchen gelegentlich der Typhus- bekämpfung im Südwesten Deutschlands (Lenz ?"). 2. Stuhl. Mit dem Stuhl können Typhusbacillen bei Gesunden ausgeschieden werden, entweder wenn sie mit der Nahrung aufgenommen werden und den Darm passieren, ohne sich anzusiedeln, d. h. zu einer In- fektion zu führen, oder wenn sie dem Darminhalt nach dem Ueber- stehen eines Typhus von dem noch infizierten Körper aus beigemischt werden. Im ersteren Falle handelt es sich um sogenannte gesunde Ba- cillenträger, im letzteren um vorübergehende oder chronische Aus- scheider, sogenannte Dauerausscheider. Gesunde Bacillenträger nehmen in der Umgebung von Typhus- kranken vorübergehend Typhusbacillen in sich auf und scheiden sie mit den Darmentleerungen wieder aus, ohne zu erkranken. Die GRUBER- Wıparsche Reaktion ist bei solchen gesunden Bacillenträgern stets negativ. Gesunde Träger wurden zuerst sicher festgestellt von v. Drr- GALSKI & ÜonrADı®® in der Umgebung von Typhuskranken bei zwei völlig gesunden Personen, die vorher niemals Krankheitserschei- _ nungen gezeigt hatten. Später konnten diese Befunde namentlich durch Beobachtungen bei der Typhusbekämpfung wiederholt bestätigt werden. Besonders wichtig sind in dieser Beziehung die Mitteilungen von SCHELLER®®. Die Milch einer Meierei war durch eine Daueraus- scheiderin verseucht. Unter 40 Personen, die auf den Genuß der Milch angewiesen waren, konnten 16 dauernd gesunde Bacillenträger festgestelll werden. In ihren Entleerungen fanden sich fast bei jeder Untersuchung Typhusbacillen. Diese Befunde hörten sofort auf, als nach Entdeckung der erwähnten Dauerausscheiderin die Infektions- quelle für die Milchverseuchung verstopft wurde. Nicht immer liegen die Verhältnisse für den Nachweis gesunder Bacillenträger so günstig wie in diesem Falle, weil in der Regel die infizierten Nahrungsmittel schon längst verbraucht sein werden bzw. die Ausscheidung der Typhusbacillen bei den gesunden Trägern aufgehört haben wird, ehe die Umgebungsuntersuchungen begonnen haben. Handelt es sich um ein- zelne Typhusfälle, so wird die Auffindung gesunder Bacillenträger unter Umständen ganz vom Zufall abhängig sein. Ueber die Häufigkeit der gesunden, vorübergehend Typhus- bacillen ausscheidenden Bacillenträger geben die Untersuchungen der Typhusbekämpfung einen ungefähren Anhalt. In der Umgebung von Abdominaltyphus. sil rund 16500 Typhusfällen konnten im Bekämpfungsgebiet von 1904 bis Ende 1909 insgesamt als gesunde Bacillenträger 109 Personen er- mittelt werden, darunter 44 Frauen, 33 Männer und 32 Kinder (PricgzE 6). Es erscheint nicht ausgeschlossen, dab ihre Häufigkeit in Wirklichkeit größer ist, als aus diesen Zahlen entnommen werden kann. Offenbar entgehen nicht nur in der Umgebung einzelner sporadischer Typhusfälle manche gesunden Bacillenträger mit vor- übergehender Ausscheidung durch Zufälligkeiten der bakteriologischen Feststellung, sondern häufiger noch aus dem Grunde, weil der Nach- weis der von ihnen wohl ausnahmslos nach Lage der Dinge nur in geringer Zahl ausgeschiedenen Typhusbacillen in den Darmentleerungen mit unsern heutigen Untersuchungsmethoden in vielen Fällen nicht gelingt. Die Gefährlichkeit und die epidemiologische Bedeutung der ge- sunden, vorübergehenden Typhusbacillenträger wird man im einzelnen Fall selbstverständlich keineswegs unterschätzen dürfen. Im allge- meinen aber wird ihre Bedeutung wegen der nur in geringem Maße und kürzere Zeit erfolgenden Ausscheidung der Krankheitserreger nicht allzu hoch zu veranschlagen sein. Eine sehr viel größere Rolle spielen bei der Verbreitung des Typhus ohne Zweifel die Stuhl- dauerausscheider. Bei den Dauerausscheidern können sich theoretisch Typhus- bacillen den Darmentleerungen zwar auf dem ganzen Wege durch das Darmrohr beimischen aus etwa dort an irgendeiner Stelle persistieren- den Typhusherden, z. B. von der Bauchspeicheldrüse oder von Herden in den Ringfalten und Zotten des Dünndarms, vom Wurmfortsatz oder vielleicht gar von Herden in den Tonsillen her. Praktisch kommt indes als Quelle für das ständige oder vorübergehende Hineingelangen der Bacillen in den Darminhalt bei den Dauerausscheidern nur die Galle in Betracht (vgl. Abschnitt V). Nach den Untersuchungen von v. DricaLsk1!5 sowie FORSTER & Kayser60 konnten bei Typhus- leichen regelmäßig nur in den oberen Darmabschnitten, besonders dem Duodenum, Typhüsbacillen in großer Menge, oft in Reinkultur nachgewiesen werden, während sie in den unteren Darmabschnitten nur sehr spärlich bzw. gar nicht mehr vorhanden waren. Zahlreich sind ferner die Befunde von Typhusbacillen im Gallenblaseninhalt von Typhusleichen (vgl. Abschnitt V). Mindestens sehr unwahr- scheinlich wäre die Annahme, daß von den im untern Dünndarm auftretenden typhösen Geschwüren, aus denen sich bei Typhusleichen nur verhältnismäßig schwer Typhusbacillen züchten lassen, die letzteren in den oberen Dünndarmabschnitt hinaufwandern und sich daselbst stark vermehren sollten. Diese Ueberlegung und die vorher- erwähnten Beobachtungen über die hauptsächlichsten Fundstätten der Bacillen im Darm der Typhusleichen weisen darauf hin, daß die Hauptquelle des stetigen Zuflusses von Typhusbacillen zum Darm in der Galle zu suchen, und daß der Befund zahlreicher Typhusbacillen im Duodenum nicht als die Ursache, sondern als die Folge der An- siedelung der Baicllen in der Gallenblase anzusehen ist. Ueber die Wege, auf denen die Typhusbacillen in die Gallen- blase hineingelangen, ist bereits in Abschnitt V das hauptsächlichste gesagt worden. Es kommen nach den bisherigen experimentellen Fest- stellungen und den Befunden an Leichen nebeneinander die Infektion von embolischen Typhusbacillenherden der Gallenblasenwand aus 812 K. H. KuTscHer, (J. Kocn‘! und CnısroLanza6?) und die hämatogene Infektion von Lebergewebe selbst her in Frage. Welcher von diesen beiden Wegen der häufigere ist, bedarf noch durch entsprechende Untersuchungen an Typhusleichen der weiteren Klärung. Haben sich die Typhusbacillen erst einmal in der Gallenblase angesiedelt, so liegen die Verhältnisse bezüglich einer Ausheilung sich infolge ihrer Anwesenheit dort etwa entwickelnder entzündlicher Prozesse sehr viel ungünstiger als z. B. in den Nieren oder der Harn- blase. Während die Harnwege ständig vom Urinstrom durchspült werden, bildet die Gallenblase im System der Gallenwege gewisser- maben einen toten Strang, in dem wegen der Stagnation der Galle für die Bacillen die günstigsten Ansiedelungs- und Fortkommens- bedingungen gegeben sind. Die Folge hiervon ist die häufige chro- nische Ansiedelung der Typhusbacillen in der Gallenblase, infolge deren die Typhusrekonvaleszenten sich zu Dauerausscheidern ent- wickeln. Für die Richtigkeit dieser Auffassung von der Entstehung der Typhusdauerausscheider sprechen die bisher über Obduktionen bei solchen mitgeteilten Befunde, bei denen sich stets die Bacillen in der mehr oder weniger veränderten Gallenblase (Perforation, Gallen- steine) nachweisen ließen (Levy & Kayser 63, Kamm 6%, HILGERMANN 65, GRIMME 66, LoELE®?T). Nur in einem von BrÜckner®68 beobachteten Fall, welcher eine Frau betraf, die ein Jahr lang nach überstandener typhusverdächtiger Erkrankung Typhusbacillen ausgeschieden hatte, konnten weder in der Gallenblase noch sonstwo im Körper Typhus- bacillen gefunden werden. Dieser Fall läßt jedoch zwanglos die Deutung zu, dab etwaige geringe Veränderungen der Gallenblase im Laufe der Ausscheidungszeit vollständig zur Ausheilung gelangt waren. Ergänzt werden diese Obduktionsbefunde in willkommener Weise durch die Mitteilungen über . Cholecystitis typhosa bei Dauer- ausscheidern mit mehr oder weniger hochgradigen Veränderungen der Gallenblase und positivem Bacillenbefund (vgl. Abschnitt V). Da nur ein kleiner Bruchteil der Typhuskranken zu Dauer- ausscheidern wird, so ist anzunehmen, daß für die Entstehung der Dauerausscheidung im einzelnen Falle bzw. im allgemeinen besonders begünstigende Momente vorhanden sein müssen. In Anbetracht der Tatsache, daß unter den Dauerausscheidern einschließlich der chronischen Bacillenträger hauptsächlich Frauen vertreten sind, führte Lentz3? zunächst die Entstehung der Dauer- ausscheidung auf wiederholte Wochenbetten, Störungen des Allgemein- befindens,. Ueberanstrengung etc. zurück. Die verhältnismäßig häu- figen Befunde von Dauerausscheidern in Irrenanstalten (NIETER & Liermann ?0 — unter 250 Insassen 7 Dauerausscheiderinnen —, Ec- CARDT 1, Lemke '?, ZweıG 38) lassen daran denken, daß vielleicht auch bei Geisteskranken infolge der durch das seelische Leiden bedingten a Allgemeinbefindens eine Erhöhung der Disposition vor- ıanden Ist. Auf einen sehr beachtenswerten Umstand machte zuerst For- STER?? aufmerksam. Aus der Beobachtung, daß bei den chronischen Dauerausscheidern und den Erkrankungen der Gallenwege Männer und Frauen in gleich verschiedenem Verhältnis beteiligt sind, zog Abdominaltyphus. 813 FoRsTER den Schluß, dab die Ursache für die Entstehung beider Leiden dieselbe sei. Für die Richtigkeit dieser Ansicht sprechen mehrere Tat- sachen. In der ursprünglich keimfreien Galle (H. QuinckE & HopPpe- SEYLER '#) können sich durch einfache Gallenstauung Cholesterinsteine bilden (Bacmeister 5). Bei Frauen wird die Disposition zur Gallen- stauung noch besonders erhöht durch das Tragen des Korsetts sowie durch die Schwangerschaft und die hiermit zusammenhängende Er- schlaffung der Bauchfelligamente (Enteroptose). Hauptsächlich in diesen Umständen dürfte die häufigere Erkrankung der Frauen an Gallensteinleiden begründet sein. Gallensteine machen vielfach keine Erscheinungen. Während ins- gesamt etwa 4—6 Proz. aller Erwachsenen Gallensteine beherbergen, sind etwa 90 Proz. der Gallensteinträger ohne Beschwerden (Lite- ratur bei QuInckE & Horre-SeyLer‘%). Man kann annehmen, daß diese also in verhältnismäßig großer Anzahl vorhandenen Gallenstein- träger das Hauptkontingent für die entstehenden Typhusdaueraus- scheider stellen. Typhusbacillen werden sich naturgemäß ganz be- sonders leicht in solchen Gallenblasen dauernd ansiedeln, in denen ihnen durch das Vorhandensein der Gallensteine und hiermit ver- bundene leichte Entzündungs- bzw. Reizzustände der Gallenblasen- wand der Boden bereits geebnet ist. Da der Typhusbacillus selbst ebenfalls die Eigenschaft besitzt, Eiterungen zu erregen, so sind die Folgen häufig schwere Cholangitis bzw. Cholecystitis mit ihren weiteren Folgeerscheinungen. Für das Bestehen von Beziehungen zwischen Dauerausscheidung und Gallenblasenleiden bzw. -steinen sprechen auch die Beobachtungen, dab die Disposition zur Erkrankung an Gallensteinen in eben dem- selben Maße mit dem zunehmenden Alter erhöht wird wie die Wahr- scheinlichkeit für einen Typhuskranken Dauerausscheider zu werden (PrisgeE 0, 36, FoRNET??). Schließlich ist das Zahlenverhältnis zwischen Frauen. und Män- nern an der Erkrankung an Gallensteinen sowohl wie an der Typhus- dauerträgerschaft etwa das gleiche. Das erstere beträgt nach ver- schiedenen Literaturangaben bei QuinckE & HorPE-SEYLER'? etwa 8:2 (vgl. auch Prıccz3%). Von 261 chronischen Dauerausscheidern ent- fielen im Gebiet der organisierten Typhusbekämpfung 210 auf Frauen und 51 auf Männer (8:2 [Prıccz°6)). Bei der Beurteilung der Häufigkeit des Vorkommens der Dauerausscheider bzw. Bacillenträger darf nicht außer acht gelassen werden, daß wir mit den zurzeit zur Verfügung stehenden bakterio- logischen Untersuchungsmethoden, wenigstens bei der Untersuchung der Darmentleerungen, nur immer imstande sind, einen Teil der Typhuswirte festzustellen. Wenn auch bei den Dauerausscheidern nicht allzu selten dadurch, daß sie die Typhusbacillen auch im Stuhle fast in Reinkultur ausscheiden (Lexntz3?, v. Dricauskı®, FrıEDeL?6, Kurscner®3® u. a.), die bakteriologische Diagnose teil- weise erleichtert wird, so tritt andererseits durch zwei andere Um- stände eine Erschwerung ein. Bei den gesunden temporären Bacillen- trägern ist die Zahl der im Stuhl vorhandenen Typhusbacillen ge- wöhnlich nur gering. Ferner erfolgt bei den Dauerausscheidern die Bacillenausscheidung mit dem Stuhl und dem Urin in der Regel nicht ständig, sondern periodisch, schubweise (Lextz°2, 814 K. H. KurscHer, Kayser, G. MayER??, SCHELLER®?, KLINGErR 8, Frosch 5, Woop- HOUSE 9, SPORBERG 80, SCHUMACHER ®1, Levy & KAyser®82, BAUMANN 83). Die schubweise Ausscheidung ist nach Kayser ‘” dadurch zu erklären, daß der Sitz der Typhusbacillen nicht der Darm, sondern die Gallen- blase ist. Von hier aus gelangen sie in wechselnder Form bald bis zum Darmende, bald gehen sie auf dem Wege dorthin früher oder später zugrunde. Nach v. Driıcausk1®* beträgt die Zahl der Dauerausscheider 3—5 Proz. der Erkrankten. Lentz32 stellte unter 400 Untersuchten 6 Personen (1,5 Proz.) mit länger als 10 Wochen dauernder Bacillen- ausscheidung fest. Kayser‘? fand bei Spätuntersuchungen von Per- sonen, die vor Jahren Typhus durchgemacht hatten, 3 Proz. Dauer- ausscheider und unter 1800 Gesunden ohne vorherige Typhus- erkrankung 27 = 1,5 Proz. Ausscheider. Brion & Kayser16 er- mittelten unter 230 Typhusfällen 3 Dauerausscheider und bei späterer weiterer Untersuchung sogar 5 Proz. KLInGEr ‘8 gibt die Anzahl der Dauerausscheider auf 1 Proz. der Typhuskranken an. Nach den Untersuchungen von BRÜCKNERS fanden sich unter 316 Untersuchten bei einer Spätkontrolle 9 = 2,8 Proz. Typhusausscheider. Hiervon kamen auf 212 Erwachsene 11 = 5,2 Proz. positive Befunde. Nach der Zusammenstellung von FroscH ?5 betrug im Typhusbekämpfungs- gebiet vom Jahre 1904—1906 die Zahl aller derjenigen Personen, welche länger als 10 Wochen Typhusbacillen ausschieden, 310 unter 6708 Typhuskranken in dem gleichen Zeitraum, also 4,62 Proz. Länger als 3 Monate schieden hiervon 166 Personen — 2,47 Proz. die Bacillen aus, kürzere Zeit 144 — 2,15 Proz. Diese etwas weiter zurück- liegenden zusammenfassenden Angaben sind nunmehr überholt worden durch die Zusammenstellungen von PrıGGE®% und ForNnET®?, die sich auf den Zeitraum von 1904—1909 erstrecken. In dieser Zeit wurden nach ForNET 69 im Gebiet des Reichskommissariates für die organisierte Typhusbekämpfung 411 Personen *) mit vorübergehender oder chro- nischer Typhusbacillenausscheidung nach überstandenem Typhus unter rund 11007 Typhusfällen festgestellt, d. h. etwa 3,7 Proz. aller Typhuskranken haben sich im Bekämpfungsgebiet zu Bacillenaus- scheidern entwickelt. Von den 411 Bacillenausscheidern entwickelten sich 273 — 2,4 Proz. der Typhusfälle zu chronischen Typhusaus- scheidern bzw. Bacillenträgern **). Die Fornerschen Zahlen stimmen also mit den Angaben von Froscn im großen und ganzen überein. Da sie ein großes Zahlen- material zur Grundlage haben, besitzen sie naturgemäß einen größeren Wert und erlauben bezüglich der Häufigkeit der Bacillenausscheider sicherere Rückschlüsse als die vorher erwähnten auf kleineren Stati- stiken fußenden Einzelangaben. Man kann nach dem heutigen Stande der Untersuchungen annehmen, daß etwa 3 Proz. der Typhuskranken sich zu chronischen Dauerausscheidern entwickeln. Das weibliche Geschlecht ist an den Dauerausscheidern und ge- sunden Bacillenträgern stärker beteiligt als das männliche. Nach *) Daneben fanden sich 109 gesunde Personen, welche ohne vorherige Typhuserkrankung nur temporär Bacillen beherbergten (gesunde Bacillenträger). **) In diese Zahl sind vom Verfasser auch die als „chronische Bacillen- träger“ bezeichneten Personen mit hineinbezogen worden, da als sicher anzu- nehmen ist, daß auch sie eine nur nicht bekannt gewordene Typhusinfektion überstanden haben. r Abdominaltyphus. 815 Price 3% (501 Dauerausscheider und gesunde Bacillenträger) befanden sich 1) unter 109 temporären Bacillenträgern 60 Frauen =55,0 Proz 5 78 chronischen > 68 weile. 3) .„ 131 temporären Dauerausscheider 90 — le (kürzer als 1 Jahr) 4) „183 chronischen Dauerausscheider 142 „ 116 (länger als 1 Jahr) Unter 2-4), d. h. denen, die nach einer Typhüserkrankung Bacillen ausschieden, fanden sich demnach 73,9 Proz. Frauen. Zu ähnlichen Zahlen kommt auf Grund eines noch etwas größeren Materials FoRrnErT®9, Ueber die Beteiligung der verschiedenen Lebensalter an den chronischen Dauerausscheidern ist aus einer Statistik PrIGGEs°® von 183 Dauerausscheidern zu entnehmen, daß für Typhuskranke die Wahrscheinlichkeit, Dauerausscheider zu werden, mit dem steigendem Lebensaltererheblich zunimmt. Nach Pricsz haben Kinder im Alter von 1—14 Jahren eine etwa 60mal größere Sicherheit, von den Bacillen dauernd befreit zu werden, als Erwachsene im Alter von 60—74 Jahren. Beachtenswert erscheint ferner die Tatsache, dab im Gebiet der Typhusbekämpfung von den weiblichen chronischen Typhuswirten 82 Proz verheiratet, nur 18 Proz. ledig waren. Umgekehrt war von den weiblichen temporären Typhuswirten die Minderzahl (46 Proz.) verheiratet, die Mehrzahl (54 Proz.) dagegen ledig. Diese Zahlen sind für die Entstehungsursachen der chronischen Bacillenausscheidung ohne Zweifel nicht ohne Belang (Forner 6°). Epidemiologisch wichtig ist besonders naturgemäß die starke Be- teiligung der Frauen an den chronischen Typhuswirten überhaupt. Im Beruf der Frau, besonders der verheirateten Frau im Haushalt, in der Wirtschaft usw. liegt offenbar eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die Verbreitung des endemischen Typhus, sobald chronische Bacillenausscheidung in Frage kommt, ein Umstand, auf den besonders nachdrücklich zuerst FroscH 5 hingewiesen hat. Bemerkenswert erscheint ferner die Tatsache, daß bei den Typhus- wirten nicht selten ein familienweises Auftreten beobachtet wird, eine Erscheinung, die darauf zurückzuführen sein dürfte, dab die Mit- glieder derselben Familie in der Regel unter den gleichen Bedingungen der Ansteckung und Immunität gegen Typhus stehen (FoRNET®?). Im Typhusbekämpfungsgebiet konnten bisher 31 solcher Typhusaus- scheiderfamilien festgestellt werden (FornErT®?°). Ueber die Dauer der Typhusbacillenausscheidung gibt Price °% nach den Beobachtungen im Gebiet der Typhusbekämpfung eine Ueber- sicht (vgl. auch FroscH®5). Aus ihr geht hervor, dab die längere Jahre Bacillen Ausscheidenden sehr viel seltener sind als diejenigen mit kürzerer Ausscheidungsdauer. Die längste beobachtete Aus- scheidungsdauer betrug, berechnet nach der Zeit des überstandenen Typhus, etwa 70 Jahre. Die Anzahl der bakteriologisch kontrollierten Ausscheider, die seit einem Jahre ausschieden, betrug 80, davon 22 Männer, der 2—4 Jahre. Ausscheidenden 54 (13 Männer). 5—9 Jahre schieden 17 (2) Personen Typhusbacillen aus. 816 K. H. KurscHer, Die Typhusdauerausscheider stellen ohne Zweifel eine sehr wich- tige und bedeutungsvolle Quelle der Typhusinfektion in Gegenden mit endemischem Typhus dar. Der Umstand, dab sie vielfach Typhus- erreger fast in Reinkultur in den scheinbar ganz normalen Ab- gängen oft ununterbrochen jahrelang entleeren, ferner die Tatsache, daß sie als scheinbar völlig Gesunde, so lange sie als Ausscheider unerkannt sind, keinerlei Verkehrsbeschränkungen unterworfen sind, geben für ihre Gefährlichkeit eine genügende Erklärung. Nach einer Zusammenstellung von FroscH 3° gingen im Typhusbekämpfungsgebiet während einer Berichtszeit von 3 Jahren von 310 Typhuswirten 276 — 4,11 Proz. sämtlicher beobachteten Infektionen aus. Von diesen 276 Infektionen traten 228 auf, ehe die betreffenden Personen als Typhuswirte festgestellt waren, 48 Infektionen (0,7 Proz.) nach ihrer Ermittelung. Nach Krınger?% beträgt die Zahl der auf Daueraus- scheider zurückzuführenden Kontaktinfektionen etwa 1/,, aller Kon- taktinfektionen. Diese Zahlen lassen allerdings die Gefährlichkeit der Dauerausscheider in verhältnismäßig recht harmlosem Lichte er- scheinen. Zu berücksichtigen ist indes hierbei, daß die aufgeklärten Fälle meistens auf Kranke zurückgeführt werden, während es oft unmöglich ist, gesunde Dauerausscheider in der Umgebung der Kranken bzw. ihre Beziehungen zu Krankheitsfällen festzustellen. Deshalb wird man nicht fehlgehen in der Annahme, daß der größte Teil der unauf- geklärten Fälle gerade auf unerkannt gebliebene Typhuswirte zurück- zuführen ist (Prıicer?®, G. Mayer??, v. Dricarskı!2). Für die Richtigkeit dieser Anschauung spricht besonders eine Beobachtung von SCHUMACHER®®, der bei einer Kontaktepidemie durch Ermittelung von 7 Dauerausscheidern samtliche Fälle aufklären konnte, während vorher die Infektionsquelle nur bei 5l Proz. bekannt gewesen war. Die Bedeutung der Typhusbacillenausscheider tritt besonders in die Erscheinung in den sogenannten „Typhushäusern“, in denen fast regelmäßig neu hinzuziehende Personen mit Typhus infiziert werden. Die Quelle der Ansteckung kann in fast allen Fällen auf in den be-- treffenden Häusern etc. wohnende Typhusdauerausscheider zurück- geführt werden (v. Drıcarskı!?, FroscH8', Lentz32, KLINGERS8, G. MaAyER?2? u. a.). Eine wichtige Rolle spielen ferner unerkannte Typhusdaueraus- scheider analog derjenigen in den sogenannten Typhushäusern bei der Verbreitung des endemischen Abdominaltyphus in Irrenanstalten, Ge- fängnissen, Internaten etc. (NIETER?®, NIETER & LieErmann ‘0, Ec- CARD !!, LemkE'2, Zweic#, Lentz89%), LEDDINGHAM?O, MINELLI®, Börrichek 102), | Nicht zu unterschätzen ist schließlich die Gefährlichkeit der Typhuswirte, wenn sie Gelegenheit haben, Nahrungsmittel zu infizieren, die für den Massenkonsum bestimmt sind. Hauptsächlich scheint es sich hier um Milchinfektionen zu handeln, bei denen besonders die von Sammelmolkereien ausgehenden Epidemien eine große Rolle spielen (Kayser??, KosseL9%, Storr®, LumspEn & Wo0opDwArD 96, SCHELLER 9, HaskELL 97, MANDELBAUM 9, WERNICKE 9). Die Bedeutung etwaiger im Küchenbetriebe besonders als Köchinnen, Kartoffelschälfrauen usw. beschäftigter Typhuswirte für die Ver- breitung des Typhus geht u. a. aus den Mitteilungen von FRrIEDEL "6, DENNEMARK 100, HecKkeR & Orro10l, UstveorT, Davıs & Harn, nd m 0 Abdominaltyphus. 817 Soper 1%, WoopHouvse ‘9 hervor. Ueber von Bacillenausscheidern aus- gehende Kontaktinfektionen geringeren oder größeren Umfanges be- richten ferner u. a. Baumann®3, Brückner8°, Bırter105, Dean106, Gress 10, HUGGENBERG1%, JunDELL109, G. MayeEr??, Sertz!10, Sı- Mon!!l, Stapell2, ScHönBROD!113, SCHUMACHER®®, SuUBER 15, RoMmME- LER 116, TrögEr 17, MomosEt18. Auf die Arbeiten kann im einzelnen nicht näher eingegangen werden. Wegen der häufigen Nichterkennung der Typhusausscheider als solcher sind sie zweifellos bei der Ver- breitung des Typhus gefährlicher als Typhuskranke. Die Typhuswirte gefährden nicht nur ihre Umgebung, sondern die eigenen Typhusbacillen können auch ihrem Wirt durch Auto- Reinfektion wiederum gefährlich werden (Levy & Kayser®2, GRIM- ME66, Kamm®# G. Mayer?) Und zwar kann vermutlich die In- fektion in solchen Fällen sowohl vom Darm als auch von der Gallen- blase aus erfolgen. Die Erscheinung, dab der weitaus größte Teil der Typhuswirte die Typhusbacillen dauernd ohne Schädigung beherbergt, dürfte am ehesten als Immunitätserscheinung zu bewerten sein (vgl. Kapitel „Immunität bei Typhus‘) Die Beobachtung, aß Infektionen in der Umgebung von Typhus- wirten trotz reichlicher Bacillenausscheidung häufig ausbleiben oder nur vereinzelt auftreten (Prıccz°®), wird von Levy & WIEBER!19 so- wie HıtLGErMmann!20 auf eine Virulenzabschwächung zurückgeführt. Nach Levy & WIEBER gewinnen die Typhusbacillen der Ausscheider ihre Virulenz durch Hineingelangen in einen günstigen Nährboden, z. B. Milch wieder. Hiergegen sprechen die Beobachtungen von SCHELLER?, der bekanntlich gelegentlich einer auf einen Typhuswirt zurückzuführenden Milchepidemie eine große Anzahl von gesunden temporären Bacillenträgern feststellen konnte. Nach HıLGERManNn 120 ist die Passage durch einen anderen menschlichen Körper zur Wieder- erlangung der Virulenz erforderlich. Untersuchungen von Lextz1?l ließen im Tierversuch. keine wesentlichen Unterschiede erkennen be- züglich der Virulenz von aus Krankheitsfällen und von Daueraus- scheidern bzw. Bacillenträgern gewonnenen Typhusbacillen. Versuche, die Stuhldauerausscheider von ihren Ty- phusbacillen durch arzneiliche Behandlung zu befreien, sind bisher stets ohne dauernden Erfolg gewesen. Die große Anzahl der bei der Typhusbekämpfung zu diesem Zweck versuchten Mittel hat PrısGE®® zusammengestellt. Fernere Angaben über Ver- suche interner Therapie finden sich bei Brummünn 122 (Omorol, Chole- lysin), Hırcermann!23 (Natr. salicyl., Liıermann1?# (Yoghurt), StapE}!2 (Menthol). Bei mit Ty halten infizierten Kaninchen hatte Conrapı!?5 günstige Erfolge durch rektale Anwendung einer Emulsion von Chloroform in Olivenöl. Ueber therapeutische Erfolge bei Dauerausscheidern ist nichts bekannt geworden. Dasselbe gilt von den Versuchen von Haıter & Rımpaul26 mit Halogensubstitutions- produkten der Methanreihe (Methyljodid, Aethylenbromid, Bromo- form, ‚Jodoform), deren Anwendung ebenfalls bei Tieren zum Teil einige Erfolge erkennen ließ. Kurz erwähnt seien hier auch die Versuche, auf chirurgischem Wege die Dauerausscheider zu heilen. Zuerst machte DrHrer 12? in zwei Fällen von langjähriger Typhusbacillenausscheidung die Chole- cystotomie mit möglichst lange anschließender Wunddrainage. In Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. II. 52 > 818 K. H. KuTtscHEr, beiden Fällen waren einige Zeit nach der Operation, in dem zweiten nach acht Monaten noch Typhusbacillen im Stuhl nachweisbar, konnten aber dann später durch fortlaufende Untersuchungen 3 bzw. 4 Jahre lang nicht mehr nachgewiesen werden. Diese Fälle scheinen also geheilt zu sein. Ueber 3 durch Cholecystektomie mit günstigem Erfolge behandelte Dauerausscheider berichtet ferner FRommE1?8, über einen 55 Tage nach der Operation noch von Typhusbacillen freien Fall Grimme!29, Ob diese letzten Fälle dauernd von ihren Typhus- bacillen befreit worden sind, ist nicht bekannt geworden. Daß eine Heilung selbst nach der vollständigen Entfernung der Gallenblase nicht immer einzutreten braucht, zeigen der Fall von LorrE®‘, bei dem sich die Typhusbacillen nach völligem Verschluß des Ductus cysticus voraussichtlich in den Gallengängen selbst vermehrt hatten, ferner die Beobachtung von G. Mayezr??, der bei einem Daueraus- scheider die Bacillen nur aus dem Lebergewebe, nicht dagegen aus der Gallenblase isolieren konnte. Versuche mit aktiver Immunisierung haben bei Stuhldauer- ausscheidern bisher keine Erfolge gezeigt (LemkeE’2, LEextz?"). Außer den im Inkubationsstadium des Abdominaltyphus bereits die Krankheitserreger ausscheidenden Personen und den Bacillenträgern und besonders den Dauerausscheidern sind wegen ihrer infektionsbe- günstigenden Bedeutung noch hauptsächlich wichtig alle diejenigen Fälle von Typhus, deren Erkennung wegen des ungewöhnlichen klinischen Verlaufes Schwierigkeiten macht. Solche unter dem Bilde des soge- nannten ‚„Typhus ambulatorius“ oder der Influenza, Malaria, Pneu- monie, Bronchopneumonie, Angina, Dyspepsie verlaufenden atypischen Fälle sind offenbar besonders bei Kindern und Greisen, und unter dem Bilde des Puerperalfiebers bei Wöchnerinnen nicht so sehr selten (GRIESINGER 130, CURSCHMANN 131, STERN 132, G. Mayer 133, O. MAayErR!#, LenTtz 134, v. WESTENRIJK 135, WEICHHARDT 136, Gmon 137, Bacınsky138, v. DRIGALSK1!5, ROSENTHAL 139, BRÜCKNER 68, ConkAD1ı1#0, RoMMLER!!6, Levy & WiEBERr!19). Auf die große epidemiologische Bedeutung der Erkrankungen des Kindesalters für die Verbreitung des Abdominal- - typhus hat z. B. auch kein geringerer als R. Koc# 141 nachdrücklichst hingewiesen. Auf die Beziehungen der Gallensteinleiden zu den Erkrankungen an Typhus ist oben bereits Bezug genommen worden. Auch anscheinend mit Abdominaltyphus gar nicht in Zusammenhang stehende örtliche Krankheitsprozesse, wie Blasenkatarrh und Mittel- ohrentzündung, entpuppen sich gelegentlich als auf typhöser Grundlage entstanden (NEUMANN 142, v. DrIGALsK11?),. Von einer gewissen Bedeutung sind ferner für die Häufigkeit des Abdominaltyphus der Beruf, Alter und Geschlecht der Er- krankten. Auffallend ist in erster Linie die starke Beteiligung gewisser weiblicher Berufsarten. Von 454 im Jahre 1906 erkrankten weib- - lichen Personen waren z. B. 314 (69,2 Proz.) Hausfrauen, 56 (12,3 Proz.) Dienstmädchen, demnach 81,5 Proz. im Haushalt be- schäftigte Frauen (Froscn®5). Hierbei handelt es sich noch dazu im Typhusbekämpfungsgebiet um eine Bevölkerung, bei der ein großer Teil der weiblichen Personen außerhalb des Hauses in der Industrie bzw. in Geschäften tätig ist. Kımwcer?6 berichtet unter 842 Er- krankungen über 574 bei Hausfrauen, 101 bei Dienstmädchen und 32 bei Krankenpflegerinnen. Aehnliche diesbezügliche Zahlenverhältnisse Abdominaltyphus. 819 für die Jahre 1908 und 1909 finden sich bei Forne£r®®. Weiterhin tritt auch besonders die starke Beteiligung der Krankenpfleger bzw. Pflegerinnen an den Typhuserkrankungen hervor. Nach v. Der- GaLskı!? erkrankten in 41/, Jahren im Bekämpfungsgebiet nicht weniger als 115 mit der Krankenpflege beschäftigte Personen, dar- unter 111 Berufspfleger. Besonders stark sind auch hier wieder- um die weiblichen Krankenpfleger beteiligt (v. Drıcauskı!?). Letz- tere Zahlen gewinnen dadurch besondere Bedeutung, daß die An- zahl der in der Krankenpflege beschäftigten Personen an und für sich gegenüber der übrigen Bevölkerung nur verhältnismäßig gering ist. Auch im Heere ist das Krankenpflegepersonal in den Lazaretten verhältnismäßig sehr stark an den Erkrankungen an Typhus beteiligt (KurscHher1#3). Vgl. auch SEmPLE & Graıs!#t. Bei männ- lichen Personen zeigen sich im übrigen besondere Berufe nicht vor- wiegend beteiligt. Keine wesentliche Beteiligung weisen z. B. Aerzte und Lehrer auf. Die Beteiligung der Geschlechter geht schon teilweise aus dem soeben bezüglich des Berufs Gesagten hervor und ist zum Teil vom Beruf abhängig. Im allgemeinen überwiegt bis zum 49. Lebensjahr prozentual das männliche, von da ab dann allerdings in ausge- sprochener Weise das weibliche Geschlecht (FoRnErt‘?). Ueber die auffallend hohe Beteiligung des weiblichen Geschlechtes an den Dauer- ausscheidern vgl. S. 815. Die Beteiligung des Kindesalters an den Erkrankungen kommt ungefähr derjenigen des weiblichen Geschlechtes bis zum 49. Lebens- jahre gleich. Die Mortalität ist bei Kindern indessen auffallend geringer als bei Erwachsenen. Von 100 Erwachsenen starben 15, von 100 Kindern dagegen nur 6 (1908—1909 Forxer®?). Die Sterb- lichkeit der erwachsenen weiblichen Personen ist im allgemeinen etwas größer als die der gleichaltrigen männlichen Personen. Der Einfluß der Jahreszeit auf das Auftreten des endemischen Typhus ist insofern unverkennbar, als regelmäßig die Typhusfrequenz in den Monaten Juli bis etwa September (Spätsommer und Herbst) am höchsten ist. Die höchste Typhusfrequenz fällt zeitlich un- gefähr mit der höchsten Außentemperatur zusammen (FORNET®®, OÖ. Mayer !#5, Rosenau, LUMDSDEN & Kastre1#, KUTscHer!# u. a.). Welche Umstände schließlich die erhöhte Typhusfrequenz in der heißen Jahreszeit begünstigend fördern, dürfte schwer zu entscheiden sein. Nicht von der Hand zu weisen ist jedenfalls ohne weiteres die Annahme, daß die heißen Spätsommermonate einerseits eine erhöhte Disposition infolge häufigeren Eintretens von Magenverstimmungen etc. bewirken, andererseits aber auch wohl in dieser Jahreszeit die Infektionsmöglichkeiten (häufigeres Trinken von Wasser, Essen von Salat etc.) gesteigert sind. Die von WeıBeErg !#’ gemachte Beobachtung, daß bei Makaken die Infektion des Darmes mit Entozoen (Peitschenwürmern) das Haften der künstlichen Typhusinfektion begünstige, konnte unter natürlichen Ver- hältnissen beim Menschen nicht bestätigt werden (STILEs !*°, CHANTEMESSE & Roprıcurz 14% Rosenau, LuMmspEn & Kastte !#, v. DRIGALSKI?). B. Uebertragungswege. Als Infektionsquelle für jeden neuen Typhusfall kommt stets letzten Endes ausschließlich der typhusinfizierte Mensch in Frage. 820 K. H. KurtscHer, Die Uebertragungswege führen also vom infizierten zum gesunden Menschen, und zwar direkt durch unmittelbaren oder mittel- baren Kontakt oder indirekt durch Uebertragung mittels geeigneter infizierter Vehikel, Wasser- oder Nahrungsmittel eventuell Zwischenträger. Die Kontaktinfektion spielt beim Abdominaltyphus, wie durch umfangreiche Beobachtungen im Typhusbekämpfungsgebiet endgültig festgestellt ist, die bei weitem bedeutungsvollste Rolle. Alle anderen Infektionsarten treten ihr gegenüber an Häufigkeit zurück. Nach FroscH35 betrafen von 978 bis zum Jahre 1907 im Typhus- bekämpfungsgebiet beobachteten aufgeklärten Typhusfällen 642 — 65,6 Proz. Kontaktinfektionen. Für die Jahre 1904—1909 wird die Anzahl der Kontaktfälle von v. Drıcarskı!? insgesamt zu 64,7 Proz. angegeben. Sie erfolgt entweder unmittelbar von Person zu Person oder mittelbar durch Gebrauchsgegenstände des Infizierten. Es liegt in der Natur der Sache, daß Kontaktinfektionen in der Regel sich auf die nächste Umgebung des Kranken bzw. Personen be- schränken werden, die mit ihm unmittelbar oder mittelbar in Be- rührung gekommen sind. Im Gegensatz hierzu kann und wird nicht selten der Typhus durch indirekte Uebertragung auf weite Entfer- nungen verschleppt werden. Bei der Kontaktinfektion unterscheidet man in zeitlicher Be- ziehung Früh- und Spätkontakte von den auf der Höhe der Krank- heit am Typhuskranken erfolgenden Neuinfektionen. Die Frage der Frühkontakte hat zuerst besonders Cox- RADLI?', 23 eingehend untersucht. Von 85 genau beobachteten Kontakt- infektionen fielen 49 auf die erste Krankheitswoche und die vor dieser gelegene Zeit, dagegen nur 16 auf die zweite Woche und 20 auf eine spätere Zeit. Von 30 anderen Fällen wurden nur 8 von Kranken in der zweiten, dagegen 22 von solchen in der ersten Krank- heitswoche infiziert. Eine große Anzahl ähnlicher Beobachtungen wurde auch sonst von den Typhusbekämpfungsstationen gemacht _ (v. Driıcanskı12). Nach Kringer?‘ konnten von 812 Typhusfällen 23 Proz. auf Infektion an Kranken im Inkubationsstadium bezogen werden. Nach den Zusammenstellungen von Forn£r‘? werden die meisten Ansteckungen durch Kranke in der zweiten Krankheits- woche hervorgerufen, dann folgen gleichwertig die 1. und 3. Woche, während 12 Proz. der Kranken schon vor dem Ausbruch der Krank- heitserscheinungen zu Neuinfektionen Veranlassung gibt. Daß der noch völlig bewegungsfreie Typhuskranke im Inkubationsstadium in erhöhtem Maße gefährlich ist gegenüber dem manifesten bettlägerigen Typhuskranken bedarf keines weiteren besonderen Hinweises.. Auf die Gefährlichkeit der die Spätkontakte veranlassenden Bacillen- träger bzw. Dauerausscheider ist oben bereits hingewiesen worden. Die Uebertragung bei der Kontaktinfektion erfolgt in den weitaus meisten Fällen durch die infizierten Hände — nach Kuınger? unter 1397 Fällen 1315mal. Diese Beobachtung wird leicht ver- ständlich, wenn man berücksichtigt, daß praktisch der ganze Körper des Kranken und seine Gebrauchsgegenstände als infiziert gelten können und daß gerade die Hände erfahrungsgemäß sehr häufig, und zwar nicht nur bei der Krankenpflege, mit erstaunlicher Sorglosigkeit und Unbedachtsamkeit mit allen möglichen Gegenständen und dann Abdominaltyphus. 821 ungewaschen mit dem Munde bzw. den Lippen in Berührung ge- bracht werden. Daß hierbei Krankenpfleger einschließlich Haus- frauen und Kindern ganz besonders gefährdet sind, ist erklärlich. Aehnlich verhalten sich Geisteskranke (Kotschmierer). Neber den unmittelbaren Kontakten kommt den mittelbaren offen- bar eine geringere Bedeutung zu. Zu erwähnen wären hier als Uebertragungsmöglichkeiten die gemeinschaftliche Benützung der Betten, die gerade auf dem Lande nicht selten vorkommt, gemeinsamer Gebrauch von Trink- und Eßgeschirr, infizierte Kleider und Schuh- werk. Badewasser der Kranken, Wäsche, Aborte und Nachtgeschirre. In Kleidern können sich Typhusbacillen nach FirrtH & Horrocks 15° monatelang halten. Ansteckungen durch infiziertes Schuhwerk wurden wiederholt angenommen (NIPRAScHK 6, Coxkapı!®#, vgl. auch v. Drı- GaLskı1?). Auf die Infektion durch Verspritzen von Badewasser machen z. B. PrunL!55, BercHaus!?2 aufmerksam. Auf die Ueber- tragungsmöglichkeit des Typhus durch Pissoire und Aborte weisen ferner Horrmann!5l und BercHmaus!?? hin. Eine Typhusepidemie von 33 Fällen führten Meyer & PrıccE!5? auf mangelhafte Abort- anlagen zurück. Zu den Kontaktinfektionen im weiteren Sinne kann man rechnen die fötale Infektion sowie die Autoinfektion der Typhuswirte. Ueber letztere vgl. S. 817. Fälle von fötaler Infektion mit Typhusbacillen beschreiben Dürck 15%, der auch die ältere einschlägige Literatur zu- sammenstellt, ferner in neuerer Zeit mit bakteriologischem Nachweis der Erreger im Fötus GaeHtcens!57 und G. Mayer? In der Pla- centa fanden sich in diesen Fällen keine Typhusbacillen. Als Art modifizierter Kontaktinfektion in dem Sinne, daß die Uebertragung wie bei der indirekten Uebertragung auf weite Ent- fernungen hin stattfinden kann, ist schließlich die Infektion durch Verschleppung bzw. Einschleppung aufzufassen. Als Ueber- träger kommen hauptsächlich Wanderarbeiter, Händler (Zigeuner), Industriearbeiter etc. in Frage. Diese Art der Verschleppung kann in endemischen Typhusgebieten eine erhebliche Rolle spielen. Zahlen- angaben über ihre Häufigkeit im Typhusbekämpfungsgebiet finden sich bei v. Drıcarsk1!? und ForNnErT®?. Die indirekte Infektion wird bezüglich ihrer Häufigkeit und Bedeutung in erster Linie abhängig sein von der Möglichkeit des Lebens und Fortkommens der Typhusbacillen in der Außenwelt, ins- besondere in solchen Vehikeln, welche wie Wasser, Nahrungsmittel, Boden etc. die Uebertragung der Erreger eventuell vermitteln können. Im allgemeinen kann man den heutigen Standpunkt in dieser Be- ziehung so präzisieren, daß zwar eine Vermehrung der Typhuserreger in der Außenwelt unter natürlichen Bedingungen nicht möglich ist. Dagegen vermögen sie sich unter günstigen Umständen in unserer äuberen Umgebung monatelang lebensfähig zu erhalten. Die Wasserinfektion beim Abdominaltyphus, welche früher sehr hoch eingeschätzt wurde (vgl. ScHüper!58), ist heute auf das richtige Maß ihrer Bedeutung zurückgeführt worden. Sie spielt im allgemeinen bei weitem nicht die Rolle wie die Kontaktinfektion, wenn es auch ohne weiteres verständlich ist, daß z. B. infolge Hinein- gelangens von Typhusbacillen in Brunnen oder gar zentrale Wasser- versorgungsanlagen unter Umständen mehr oder weniger ausgedehnte Epidemien entstehen können. Der Typhusbacillus ist durchaus nicht, wie 822 K. H. KuTtscHEkr, man früher vielfach anzunehmen geneigt war, ein eigentliches Wasser- bakterium. Nach neueren Feststellungen ist im Gegenteil seine Lebens- fähigkeit im fließenden Wasser unter natürlichen Bedingungen nur verhältnismäßig beschränkt und beträgt etwa nur 5—10 Tage (Jor- DAN, RusseL & Zeit159, RusseL & FuLLer160). Der Mangel an ihnen zusagenden Nährstoffen sowie die Konkurrenz der eigentlichen Wasser- bakterien sind wohl in erster Linie der Grund für das verhältnismäßig schnelle Absterben der Typhusbacillen im Wasser. Am längsten scheinen sie sich noch innerhalb sogenannter Nahrungszentren (Kot- partikelchen etc.) halten zu können (GÄRTNER & RuBnert‘# ÖHrL- MÜLLER 175). Nach GäÄrTNner161 konnten im Pariser Leitungswasser Typhusbacillen nachgewiesen werden, nachdem sie in diesem in starker Strömung in 1!/, Tagen eine Entfernung von 140 km zurückgelegt hatten. In stagnierendem Wasser (Brunnen) scheinen die Typhus- bacillen sich länger halten zu können. So konnten SPRINGFELD, GRÄVE & Bruns!te2 im Schlamm eines infizierten Erdbehälters mit Sicherheit, noch etwa 5 Wochen nach erfolgter Infektion kulturell 'Typhus- bacillen nachweisen. Im Aquariumswasser gelang Horrmann 163 der kulturelle Nachweis 2 Monate, im Schlamm des Bassins 3 Monate lang. Taver!‘ konnte aus dem Schlamm eines blind endigenden Wasserleitungsstranges Typhusbacillen isolieren, nachdem die Leitung etwa 1/, Jahr vorher infiziert war. Im Schlamm von Sandfiltern gelang der bakteriologische Nachweis Armausst165 und Küster 166, In reinem Wasser ist die Haltbarkeit der Bacillen im Labora- toriumsversuch verhältnismäßig groß, besonders in sterilisiertem Was- ser, wo sie unter Umständen bis zu mehreren Monaten nachweisbar sind. (Zusammenfassende ältere Literatur vgl. LöFFLer !'?2 und Nev- FELD1®.) Dagegen gehen sie in Wasser, das infolge von Ver- unreinigung zahlreiche Protozoön (Flagellaten) beherbergt, welchen die Bakterien zur Nahrung dienen (EmMMERICH & GEMünD 167, HuNTE- MÜLLER168, Frurs!169%, KorscHun!70, ScHEPILEwsKkIı!T1), verhältnis- mäßig bald zugrunde. Hinein gelangen die Typhuserreger in Trinkwasser mit den infizierten menschlichen Entleerungen bzw. Abwässern, indem sie entweder in mangelhaft versorgte Brunnen( Schachtbrunnen) hinein- geschwemmt werden oder infolge ungenügender künstlicher bzw. natür- licher Filtration von infiziertem Oberflächenwasser in zentrale Wasser- versorgungsanlagen aufgenommen werden können. Charakteristisch sind in epidemiologischer Beziehung bei Trinkwasserepidemien der plötzliche explosionsartige Ausbruch sowie das Beschränktbleiben der Erkrankungen auf den Kreis der Konsumenten des Wassers. Aehn- liche Verhältnisse liegen naturgemäß bei allen Nahrungsmittelepide- mien vor. Brunnen- bzw. Leitungswasserepidemien von Abdominaltyphus sind in großer Anzahl beschrieben worden. Der Nachweis der Typhus- bacillen in verdächtigem Wasser gelingt nur verhältnismäßig selten, da sie in der Regel beim Ausbruch der Erkrankungen infolge der langen Inkubationszeit des Typhus bereits wieder aus dem Wasser verschwunden sind. Ueber die Methoden des bakteriologischen Nach- weises vgl. Bd. I FRIEDBERGER & REITER. Bei Brunneninfektionen konnten die Krankheitserreger im Wasser bakteriologisch nachgewiesen werden von KÜBLER & NEUFELD!TE, Abdominaltyphus. 823 Hanxın 17, Fischer & FraTaul'8, MATTHES & NEUMANN17T9, STRÖSZ- NER!80, Karser18l, G. Maver??, v. Dricanskı!182, Conkanı?”, 183, Im Wasser eines Erdbehälters fanden, wie bereits erwähnt, Typhus- bacillen SPRINGFELD, GRÄvVE & Bruns!62, Ueber Befunde von Typhus- erregern in Leitungswasser berichten v. JakscH & Rau!3#, 'TaveEr16#, GÄRTNER 16!, NOETEL185. Daß auch Quellwasserleitungen gelezentlich mit Typhusbacillen infiziert werden können, wenn ihr Versorgungsgwbiet in einem spaltenreichen Gestein (Kalkstein) liest, das Oberflächen- zuflüsse zur Tiefe gestattet, lehren die Verhältnisse der Detmolder Epidemie 1902 (NoETEL185, Beck & OHLMÜLLER18S) und die Beob- achtungen an der Pariser Wasserleitung sowie auch zahlreich andere auch in Deutschland beobachtete Wasserinfektionen (Brenstock 186, GÄRTNER18T). Dab im Wasser eines Brunnens nachweislich vor- handene Typhusbacillen nicht stets zum Ausbruch einer Epidemie zu führen brauchen, lehren die Beobachtungen von KonkrıcH 189. In künstlichem Mineralwasser halten sich Typhusbacillen nach HocH- STETTER1?' 5 Tage, nach PrunL1!?8 bis zu 15 Tagen lebensfähig. Der Nachweis von Typhuserregern in Sodawasser, das aus infiziertem Leitungswasser hergestellt war, gelang Küsrer1%,. In destilliertem Wasser, dessen Genuß eine Typhusinfektion hervorgerufen hatte, konnten schließlich PIErcE & Tures# 190 die Erreger bakteriologisch nachweisen. Der Trinkwasserinfektion gleich zu achten sind Infektionen, die dadurch entstehen, daß in der Küche oder in Hausbetrieben, Molkereien, Gastwirtschaften Geschirre und Gefäße mit infiziertem Wasser gespült werden. Besonders für die Infektion der Milch mit Typhusbacillen kann dieser Infektionsmodus in Frage kommen (SchHü- DER 198, SCHLEGTENDAL 202, NEUFELD1?3). In Analogie sind ferner zu setzen die Wasserinfektionen beim Baden (NEsEMAnN 203, ScHILL?0%, Dönxıtz #5) sowie der Schifferbevölkerung (REınckeE ?05, OHLMÜLLER 206, Kreim 0%). Die Anzahl der Wasserinfektionen ist im Verhältnis zu den Kontaktinfektionen gering. Im Typhusbekämpfungsgebiet ent- fielen nach den Sammelberichten der Stationen von 4499 genauer geklärten Fällen 329 auf Wassergenuß. Den von ScHÜDEr!8 ur- sprünglich ermittelten 70 Proz. stehen in Wirklichkeit noch nicht 9—10 Proz. Wasserinfektionen gegenüber (v. Drıcauskı1?). Die Lebensfähigkeit der Typhusbacillen im Eis ist größer als im Wasser und beträgt im allgemeinen mehrere Monate. Nach SEDGWICK & Wınsrow 191, 192 werden Typhusbacillen durch Gefrieren nicht ohne weiteres abgetötet, sondern infolge des Zugrundegehens der weniger widerstandsfähigen Individuen in ihrer Zahl nur stark ver- mindert. BrenumeE193 fand abwechselndes Auftauen und Gefrieren schädlicher für Typhusbacillen als andauernden Frost. Bei letzterem konnte er noch bis zu 140 Tagen lebende Bacillen feststellen. Park! fand Typhusbacillen im Eis bis zu 22Wochen lebensfähig, Prunpext9% bis zu 3 Monaten. Prrrox£195 konnte bei Typhuskulturen, die durch Einwirkung hoher Kältegrade (—170° C) stark abgeschwächt waren, nach 12 Stunden langem Aufenthalt in Zimmertemperatur das Wieder- auftreten der ursprünglichen Virulenz nachweisen. Zu erwähnen sind hier schließlich Versuche von Testı19® und von RavexeL?00 mit flüssiger Luft, die ebenfalls eine große Widerstandsfähigkeit der Typhuserreger gegen hohe Kältegrade ergaben. Der Nachweis von 824 K. H. KurtscHer, Typhusbacillen in verseuchtem Eis gelang CoxrApı!®®. Eine Epidemie, die durch Eis aus einem Teiche entstanden war, auf welches Typhus- faeces ausgeschüttet waren, beschreibt Park 4. Ein wichtiger Uebertragungsmodus des Abdominaltyphus sind die Nahrungsmittelinfektionen. Die Typhusbacillen können an die Nahrungsmittel gelangen auf direktem Wege durch Jauche, Abortinhalt bei der Düngung, durch die infizierte Hand oder indirekt. durch bacillenhaltiges Wasser, infizierte Geschirre oder schließlich durch Insekten. Die erste Stelle der Typhusnahrungsmittelinfektionen nimmt die Milchinfektion ein. Nach v. DericAuskı!? tritt sie nach der Uebertragung durch Wasser am meisten in den Vordergrund, im Bereiche der Typhusbekämpfung waren 4,4 Proz. der Gesamtin- fektionen auf typhusbacillenhaltige Milch zurückzuführen. Außer der typhusinfizierten Hand von Kranken bzw. Typhuswirten kommt für die Infektion der Milch wohl häuptsächlich das Spülen der Gefäße mit infiziertem Wasser und eventuell der direkte Zusatz solchen Wassers zu Fälschungszwecken in Betracht. Die Milch kann als Ueberträger des Typhus besonders gefährlich werden, wenn sie aus sogenannten Sammelmolkereien stammt, in denen sie von einer srößeren Anzahl von Wirtschaften gesammelt und vermischt einem größeren Konsumentenkreis zugeführt wird. Vielfach nehmen auch die Lieferanten solcher Sammelmolkereien die Magermilch bzw. die 3utter zurück, um sie in der eigenen Wirtschaft zu verbrauchen. Daß es unter solchen Umständen zu einer ausgedehnten Verbrei- tung des Typhus kommen kann, ist auf der Hand liegend. Milch- epidemien haben, wie auch die übrigen Typhusnahrungsmittelinfek- tionen, mit den Wasserepidemien das Gemeinsame, daß sich die in der Regel explosionsartig auftretenden Erkrankungen auf den Konsumentenkreis der Milch beschränken. Charakteristisch pflegt für ihr Auftreten ferner der Umstand zu sein, daß die Erkrankungen fast ausschließlich Frauen und Kinder als die hauptsächlichsten Milchverbraucher befallen. In der rohen Milch können sich Typhusbacillen zunächst vermehren (Hrım?!!, Srtoxvıs?12). Früher oder später gehen sie dann aber zugrunde, sobald der Säuregrad infolge der sich weiter entwickelnden Milchsäuerung eine bestimmte Höhe erreicht hat (etwa 2—3 Tage). BassengeE208 fand eine sichere Ab- tötung der Typhusbakterien in der Milch und ihren Produkten, so- bald der Säuregrad 0,3—0,40 (SoxHL£rT) überschritt und mindestens 24 Stunden einwirkte. Die von v. BenHrıng 209 seinerzeit behauptete natürliche Bakterizidie der rohen keimarmen Milch den Bakterien der Typhus-Coligruppe gegenüber hat sich nach den Untersuchungen von KorLLeE, KUTSCHER, MEINICKE und Frrepen?!0 Typhusbacillen gegen- über nicht konstatieren lassen. In zum Zweck der Konservierung mit Formalin (1:25000 und 40000) versetzter roher Milch halten sich nach den Untersuchungen der zuletzt genannten Autoren Typhus- bacillen 3—5 Tage lang lebens- und infektionsfähig. Buttermilch bildet wegen ihres hohen Säuregehaltes und der Ueberwucherung durch die Milchsäurebakterien für Typhusbacillen von vornherein einen ungünstigeren Nährboden als Voll- bzw. Mager- milch. Nach v. Driıcauskı1? findet bei dem Säuregrad der Butter- milch von 3—6 ccm 1/,, Natronlauge eine Vermehrung der Typhus- bacillen überhaupt nicht mehr statt. In sterilisierter Buttermilch Abdominaltyphus. 825 halten sich Typhusbacillen höchstens 9 Tage, in nicht-sterilisierter sind sie bei Zimmertemperatur nach 3, bei Brutschranktemperatur nach 1 Tage nicht mehr nachweisbar (FRAENKEL & Kıster?13). Nach Rusisstein ?2!1* sterben die Typhuserreger in der rohen Buttermilch innerhalb 24 Stunden ab. Im Kefir sah sie Brorrs?15 ebenfalls in 2 Tagen zugrunde gehen. Im allgemeinen ist nach diesen Befunden die Gefahr der Typhusübertragung durch Buttermilch jedenfalls keine allzugroße. Anders liegen die Verhältnisse bezüglich der Lebensfähigkeit der Typhusbaecillen in der Butter. Zwar sollen bei der Bereitung der Butter aus saurer Milch, .die vielfach üblich ist, etwa in der Milch vorhandene Typhusbacillen weder in die Buttermilch noch in die Butter über- gehen (BRoERS?16), jedoch kann in Süßrahmbutter ihre Lebensfähigkeit 3—4 Wochen betragen (Bruck 217, Hrım2!!). Hinein gelangen die Bacillen in die Butter direkt beim Butterungsprozeß aus der Sahne (BoLLey & FıeLn218, RagınowıtscH 219). Trotz der langen Haltbar- keit der Typhusbacillen in der Butter sind auf Genuß der letzteren zu beziehende Infektionen, so weit bekannt, noch nicht beschrieben worden. Die einzige Möglichkeit, Infektionen durch den Genuß ver- seuchter Milch vorzubeugen, besteht in der Abkochung bzw. in der Pasteurisierung der Milch in den Molkereien. Zur Abtötung der Typhusbacillen in der Milch genügt nach Untersuchungen von BassenGE 208 bereits die kurze Erhitzung auf 60° C während. 5 Minuten. Dieses konnte durch die Untersuchungen von KoLLr, KuTscHer, MEINICKE & FrıepeL?10 bestätigt worden. Nach v. Dricarskı!? konnten dagegen wiederholt Typhusbacillen durch 20 Minuten langes Erhitzen bei 61—63° nicht immer sicher ab- getötet werden. Da nach den Untersuchungen WEIGMANnNs?20 die heutige Methode des Pasteurisierens bei etwa 85° C während 1/,—5 Minuten vollständig genügt, um alle vegetativen Bakterienformen abzutöten, so wäre in der Befolgung dieses Verfahrens eine einiger- maßen sichere Gewähr’ gegeben, um die von der infiizerten Milch drohenden Gefahren auf ein Minimum zu reduzieren. Auf die Ge- fährlichkeit der Sammelmolkereien haben besonders zuerst SCHLEGTEN- DAL?33 und Brnra??2! hingewiesen. Aus der zahlreichen Literatur über Milchinfektionen und Milchepidemien seien außer den schon angeführten noch erwähnt die Angaben von Harr??2, Rossı?23, SCHLEGTENDAL 202, Armauıst224, Reıcm??5, Scumipr226, ReEınckE?%, Rapmunn ?2?", Davırs?22®, WıLkens?%, NarGELı?, HünERMann >28, Pruu123?, RemsoLp23t, Dönıtz®5, PerschuLL235, NESEMAnN 236, Rıcken 23°, BrummunD?38, BURMEISTER???, JasTER?40, NEUMANN HH, THIERscH 242, HEINEMANN 243, BERGER ?*%, SHOEMAKER ?#5, Konränpı?#, Von anderen Nahrungsmitteln seien zunächst die Austern und Muscheln als Typhusüberträger erwähnt. Zahlreiche Beobachtungen haben bisher in den verschiedensten Ländern Typhuserkrankungen er- geben, die sich an den Genuß von Weichtieren anschlossen, und bei welchen nach Lage der Dinge andere Infektionsmöglichkeiten aus- geschlossen waren (HorcıckA?*, Kren?4#, Husemann 24, WaHırT- TIER 250, HARRInGTon 251, Gıaxa?52, EApe?53, BRoADBENT?S4, Rem- LINGER ?°5, SacaukpteE?56, Chuarın 257, BORDONI-ÜFFREDUZZL?S8, NEw- MAN 259, NEWSHOLME & NascH 260, VıvaLpı & RopELLA?61, SopEr?%2, Beate 263, Marsm 264, NETTER?65, 266, Varnnarn?267, Parrın?%, PH- 826 K. H. KuTscHer, CHERE 269, BucHan?'0, Popr?'1), NEewMan29 hält die Häufigkeit der durch Genuß von Austern und Muscheln in London hervorgerufenen Typhusinfektionen für größer als die der Milchinfektionen. Zahl- reiche bakteriologische Untersuchungen von Austern ergaben meist einen bedeutenden Gehalt an Colibacillen, sobald die Austern von Bänken aus der Nähe von Flußmündungen oder Einmündungsstellen von Kanalisationsauslässen stammten. Typhusbacillen konnten von SıcaukpkeE?56 in Austern und von BucHan??T0 in Muscheln nach- gewiesen werden. Nach BorponI-UFFREDUZZL?2?® können frisch iso- lierte und gut virulente Typhusbacillen im Meerwasser über 2 Wochen und zwischen den Schalen der Austern 9 Tage lebensfähig bleiben. Nach FoortE ?'?2, HEeRDMANN & BoıcE?’3 und HorcıckA?#?T ließen sich in Austern, die in künstlich infizierte Bassins gesetzt waren, die Typhusbacillen noch bis zu 20 Tagen nachweisen. NETTER?66 be- richtet. daß die Erreger 5—6 Tage lang in von verseuchten Bänken stammenden Austern gefunden werden konnten. Diese Beobachtungen mahnen im Verein mit dem häufig kon- statierten Auftreten von Typhus nach Austerngenuß jedenfalls dazu, die Austernbänke vor jeder Verunreinigung zu schützen und auf die Austerninfektionen auch in Zukunft ein wachsames Auge zu be- halten. Außer den bisher genannten, können wohl gelegentlich auch andere Nahrungsmittel für die Uebertragung des Typhus in Frage kommen. Besonders am Boden wachsende Früchte, ferner Gemüse und Obst können mit Typhusbacillen infiziert werden, Gemüse bei der Düngung, Obst z. B. außer durch die infizierte Hand auch dadurch, daß es auf gedüngten infizierten Boden fällt. An Blättern und Stengeln von Pflanzen, die auf infiziertem Boden gezogen waren, konnten WurTz & Bourgzs?'* sowie Craupırz?T5 Typhusbacillen nachweisen. Das einfache Abspülen genügt nicht, um an den Pflanzen haftende Typhusbacillen mit Sicherheit zu entfernen (CLaupIrz 275). NEwMAN 299 macht für eine Reihe von Typhusinfektionen in London den Genuß - von roher Brunnenkresse verantwotlich, die oft aus Tümpeln ge- wonnen wird, welche stark mit Fäkalien verunreinigt sind. Infektionen, die auf verseuchten Kartoffelsalat zurückgeführt wurden, beschrieben Prunr?78, Hecker & OTro10l, eine durch einen typhuskranken Fleischer vermittelte Wurstinfektion Mayer 29. Auf ge- kochten Kartoffeln vermögen sich Typhusbacillen nach Prunz ?78 selbst bei gleichzeitiger Anwesenheit von Coli und anderen Bakterien- arten kräftig zu entwickeln. Nach Maurer ?76 bleiben Typhusbacillen auf Fleischpasteten und Würsten mindestens 48 Stunden lebensfähig. Die Widerstandsfähigkeit der Typhusbacillen in alkoholischen Getränken ist eine verhältnismäßig geringe, so daß etwaige auf Bier- genuß bezogene Typhuserkrankungen eher auf das Spülen der Gläser in infiziertem Wasser zurückzuführen sein würden. Lextz277 sah Typhusbacillen in unverdünntem Braunbier schon nach 2 Stunden, in mit Wasser verdünntem nach spätestens 48 Stunden zugrunde gehen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Sachs-MüreE?79. Im Wein, namentlich Weißwein, selbst mit Wasser verdünntem, leben Typhus- bacillen nur kurze Zeit, bis zu wenigen Stunden (Sagrazks & Mar- CANDIER 280, ÜOrEszEnzı?®l),. Die bakterizide Wirkung des Weines re et ru Abdominaltyphus. 827 beruht hauptsächlich auf seinem Säuregehalt. Ist letzterer neutra- lisiert, so halten sich die Typhuserreger länger im Wein (SaBRAZES & MARCANDIER 280). Infektionen mit Typhus durch Vermittelung alko- holischer Getränke sind demnach nicht sonderlich zu befürchten. Nach v. Dricarskı!? konnten im Typhusbekämpfungsgebiet von 1904—09 unter 5445 Fällen 111 auf ‚Nahrungsmittel außer Milch zurückgeführt werden. Besonders werden allseitig die Infektions- gefahren hervorgehoben, die von Dauerausscheidern in Lebensmittel- betrieben drohen. Die Bedeutung des Bodens, der Luit und der Insekten als Typhusüberträger. Mit Dünger, Abortgrubeninhalt und Jauche gelangen die Typhus- bacillen einerseits in das Wasser und andererseits vornehmlich in den Boden. Im Abortgrubeninhalt bzw. in Dungstoffen können sich Typhus- bacilleu unter günstigen Umständen längere Zeit infektionsfähig halten. Erwähnt seien zunächst kurz die älteren Untersuchungen von UrFELMANN 291, der in Fäkalmassen Typhusbacillen über 4 Monate nachweisen konnte. Eine wesentlich geringere Lebensfähigkeit unter gleichen Bedingungen fand Karrınskı???. Ob indes diese Ergebnisse bei denn Stande der damaligen Untersuchungsmethoden Anspruch auf Zuverlässigkeit erheben können, mag dahingestellt bleiben. Im Gruben- inhalt konnten Garrky & ScHiLLer 82 die Bacillen bis zu 6 Tagen, im Kot bis zu 4 Wochen nachweisen. GÄRTNER??? sah Typhusbacillen in Mist und Kot etwa eine Woche am Leben bleiben. Im Inhalt von Spülgruben fanden sie FÜRBRINGER & STIETZEL?®® 85 Tage lebens- fähig. Nach ihnen kam eine Infektion mit Typhus durch Sturz in eine Abortgrube zustande, in der sich die Erreger nach Lage der Dinge mindestens 40 Tage gehalten haben müssen. O. Mayer 1#5 be- obachtete eine Infektion, die noch nach 3 Monaten vom Latrineninhalt ausging. Eine Typhusinfektion nach Sturz in eine Abortgrube be- schreibt ferner BRÜückner ?®*. Aus dem Grubeninhalt konnten 40 Tage später 3mal aus verschiedenen Proben Typhusbacillen gezüchtet werden. In 6 Abortgruben konnte MoszgacH 8° in 3 Fällen 'Typhus- bacillen. in einem Fall Paratyphusbacillen nachweisen, die wahır- scheinlich von Dauerausscheidern stammten. Nach GAaLvaGno & Car- DERIN1286 beträgt die Lebensdauer von Typhusbacillen in Gruben und Tonnen im Durchschnitt etwa 3 Wochen. Levy & Kayser ?®? konnten sogar im Erdboden einwandfrei Typhusbacillen nachweisen, der 5 Monate vorher mit infiziertem Abortinhalt gedüngt worden war. Der Dung hatte schon 14 Tage auf dem Felde gelegen, ohne dab seine Infektiosität herabgesetzt war. Abortinfektionen beschreiben schließlich noch Porrax 28? und Küster288. Nach WAGEneER *®° sollen Typhusbacillen im Senkgrubeninhalt sogar eine Steigerung ihrer Viru- lenz erfahren, was jedoch nach anderen Erfahrungen wenig wahr- scheinlieh ist. Im feuchten Erdboden sollen sie sich nach GRANCHER & DESCHAMPS?®’ 51/, Monate halten, ein Ergebnis, das allerdings bei Berücksichtigung der Unzuverlässigkeit der damaligen Untersuchungsmethoden nicht als ganz einwandfrei zu betrachten sein dürfte. Ebenso sind wohl 828 K. H. KUTScHER, die älteren Ergebnisse von Martın??5, RoBERTSON?? und RuLr- MANN 29° mit sehr langer Lebensdauer nicht als ganz sicher zu be- werten. Prunz?98 berichtet, Typhusbacillen in nicht sterilisierter, mit Sand, verrottetem Laub und Kuhdünger versetzter Erde bei genügen- der Feuchtigkeit noch nach 3 Monaten dicht unter der Oberfläche haben nachweisen zu können. Aehnliche Ergebnisse hatten FIrTH & Horrocks150, Fopor ?9, Koran 300, Armauıst 301, TROILI-PETERSoN 202, Diese Versuche wurden indes fast ausnahmslos mit steriler Erde angestellt. In nicht steriler Erde gingen die Typhuserreger sehr viel schneller zugrunde. Auch der Befund von Lösener?%, der 95 Tage lang in einem infizierten vergrabenen Kadaver noch Typhusbacillen nachweisen konnte, dürfte wohl als Ausnahme aufzufassen sein. Kreım 0 und Prrrı?0 stellten eine sehr viel kürzere Lebensdauer fest. Auch nach neueren Unter- suchungen von GALVAGNO & CALDERINI286 beträgt die Lebensfähigkeit der Typhusbacillen im nicht sterilisierten feuchten Boden durch- schnittlich etwa 10 Tage. Brummunp08 sah Typhusbacillen in mit. infektiösem Kot und Harn versetzter Erde bis zu 4 Wochen lebens- fähig. | Zusammenfassend ist zu sagen, dab die Lebensdauer der Typhus- bacillen im Dünger nicht unerheblich sein kann, daß sie in der Erde allein wohl im allgemeinen in kürzerer Zeit zugrunde gehen, nur daß eine Vermehrung in der Außenwelt unter natürlichen Verhält- nissen bisher nicht nachgewiesen ist. Da der Typhusbacillus auf Nährböden gegen Austrocknung nicht sehr empfindlich ist (KuTscHeEr 06, Marrtını?0?), könnte man an- nehmen, daß eine gelegentliche Uebertragung durch Staub nicht allzu selten ist. Während Hrım 30% bezüglich der Uebertragung der Bacillen durch Staub experimentell positive Ergebnisse hatte, fielen diesbezüg- liche Versuche von M. Neisser®10 und GErRMano>!l gänzlich negativ aus. In der Praxis wird diese Infektionsmöglichkeit daher wohl kaum eine besondere Rolle spielen, wenn sie schließlich auch nicht ganz geleugnet werden kann (vgl. auch v. DrıGansk11?). Die Lebens- fähigkeit der Typhusbacillen im trockenen Staub wird vielfach noch durch ihre relativ große Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht (Oxsı 1?) beeinträchtigt werden. Nach neueren Mitteilungen, namentlich englischer und amerika- nischer Autoren, wird den Fliegen eine bedeutende Rolle bei der Uebertragung des Typhus zuge- schrieben. Es handelt sich in der Regel um praktische Erfahrungen, welche den Verhältnissen des Krieges entstammen. Namentlich bei Massendefäkationen in der Nähe des Lagers werden die Fliegen ver- dächtig, Typhusbacillen auf Nahrungsmittel usw. zu übertragen. Es wird daher die möglichste Vertilgung der Fliegen und ihrer Brut einerseits und andererseits die schnelle einwandfreie Beseiti- gung der Dejekte in solchen Fällen gefordert. Mitteilungen dieser Art, die meist südafrikanischen Verhältnissen entnommen sind, finden wir bei Toorm 13, der besonders auf den Pferdemist als Brutstätte der Fliegen hinweist, LE Hunter Cooper3l#, bei VEEDER3I, nach dessen Erfahrungen Typhusfälle, bei welchen Fliegen eine Rolle als | 4 j | Abdominaltyphus. 829 Ueberträger spielen, der Richtung vorherrschender warmer Winde, und zwar ausschließlich im Herbst folgen sollen. Ausführliche Mit- teilungen über eine größere Typhusepidemie in Chicago, bei deren Ver- breitung hauptsächlich Fliegen angeschuldigt werden, macht schlieb- lich Hamıvron 316. Für den am stärksten befallenen Stadtteil ergaben sorgfältige Nachforschungen in den einzelnen Wohnungen meist eine sehr mangelhafte Abfuhr und Beseitigung der Abfallstoffe und Fäkalien. Von 18 in den Abortgruben solcher Häuser gefangenen Fliegen, welche meist freien Zutritt bis in das Innere der Gruben hatten und auch häufig mit der übergelaufenen Jauche in Berührung kommen konnten, gelang es, an fünf Typhusbacillen nachzuweisen. — Aehnliche Mitteilungen machen NuTTALL31?, TREMBUR 318, QuıLL 319, Bormans320, GALLI-VALERIOS?l, ArpriDgE32?, BERTARELLI®2®, SAnN- GREE324, SanTEsson 325, HoLug326, Dawson 327, Kıein328, MARrıE 329, O. MayEer!#5, WoopHousz 3°, Durtton®?!, AıswortH®® Purpy°®®, DE LA ROQUETTE 33%, Experimentell mit der Frage der Möglichkeit der Uebertragung von Typhus durch Hausfliegen beschäftigten sich MannınG®®>, FIcKEr 336, NutTaLL®1?7 und Kreın®?8. Diese Untersuchungen ergaben die Möglichkeit der Uebertragung von Typhusbacillen durch mit Bouillonkulturen infizierte Fliegen auf sterile Nährböden. Durch Fıcker wurde ferner festgestellt, daß mit Typhusbacillen gefütterte Fliegen noch nach 23 Tagen die aufgenommenen Infektionserreger auf Objekte zu übertragen imstande sind. In den Organen der Insekten waren die Typhusbacillen verschieden lange Zeit, bis zu 9 Tagen, nachweisbar. Nach dem Vorhergehenden wird experimentell die Möglichkeit der Typhusübertragung durch Hausfliegen in mit Typhus infizierten Häusern nicht in Abrede gestellt werden können. Wenn auch einige Beobachtungen vorliegen, welche scheinbar sehr für diese Uebertrag- ungsmöglichkeit sprechen (Hamırron 316), und wenn auch in einzelnen Fällen dieser Infektionsmodus, namentlich für Eßwaren, wohl im Auge behalten zu werden verdient, so wird man ihm doch in der Praxis viel- leicht kaum eine so große Bedeutung zusprechen können, wie dies z.B. die englischen Autoren zu tun scheinen. Man wird nicht vergessen dürfen, daß gerade in Häusern mit mangelhafter Abfuhr der Abfall- stoffe und Fäkalien, in denen dann natürlich auch sonst häufig Schmutz und Unsauberkeiten anderer Art vorherrschend sein werden, nicht nur stets reichlich Fliegen, sondern auch ebensoviele ungezählte Möglichkeiten und Gelegenheiten zu Kontakt- und anderen Infektionen vorhanden sein werden. In Rücksicht auf diese Verhältnisse macht Turner 337, einer der besten Kenner der Typhusverhältnisse speziell in Südafrika, mit Recht darauf aufmerksam, daß der beste Gegen- beweis gegen die übertriebene Bedeutung, die den Fliegen in der Typhusepidemiologie zugemessen werde, wohl die Tatsache sei, dab in Südafrika gerade zur Zeit der Staub- und Fliegensaison die wenigsten Typhusfälle vorzukommen pflegten. Andere Insekten außer Fliegen, welche gelegentlich die Typhus- bacillen von Mensch zu Mensch übertragen sollen, sind Flöhe (NaxA0o Asr338, Durrton33l, Puroy333), Wanzen (MarıE®??, Dur- ron ®®l) und Läuse (Asr338). Ohne epidemiologische Bedeutung sind anscheinend die Beobachtungen von- Mırrs339 über die Uebertragung der Typhuserreger durch Ratten und von 'STEFFENHAGEN & ÄNDRE- 830 K. H. 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Ueber die Verbreitung der Immunität gegen Typhus im Tierreich liegen bisher keine systematischen Untersuchungen vor. Nach den gelegentlich mitgeteilten Beobachtungen muß man jedoch annehmen, daß die Typhusimmunität bei den niedrigsten Tieren am höchsten und beim Menschen am geringsten ausgebildet ist. Flagellaten!, Hel- minthen?, Anneliden?, Muscheln, Insekten 5-8, Fische °"!% und Rep- tilien!?2 scheinen eine fast vollkommene Immunität gegen Typhus zu besitzen, da von den zahlreichen Beobachtern nie über eine durch die im Innern dieser Tiere nachgewiesenen Typhusbaeillen hervorgerufene Beeinträchtigung ihrer Lebenstätigkeit berichtet wird. Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und Hunde sind, nach den Angaben GAaFFKys und nach dem Verlauf vielfacher Laboratoriumsversuche zu urteilen, ebenfalls als immun gegen eine orale oder rektale Infektion mit Typhusbacillen anzusehen. Diese Tiere scheiden die eingebrachten Typhusbakterien noch einige Zeit nachher aus, ohne daß ihre Gesund- heit irgendwie nachweisbar geschädigt wird. Courmonrti3 sieht in dem Hund sogar einen Verbreiter des Typhus von nicht zu unter- schätzender Bedeutung und hebt ausdrücklich hervor, daß das Wohl- befinden der Hunde durch die Typhusbacillen in keiner Weise be- einträchtigt wird; dasselbe berichtet Kınyouxn !* von den Schweinen. — Der sogenannte Pferdetyphus wird nicht durch den EBERTH-GAFFKY- schen Bacillus hervorgerufen, er beruht vielmehr nach BarucHELLo & Morı!® auf Infektion mit einer Malariaart, nach Basser!$ auf einer solchen mit einem filtrierbaren Virus. Dagegen konnten SMITH, Lisuman & Quick? eine erhebliche Steigerung der Agglutinine gegen echte Typhusbacillen bei solchen Pferden feststellen, die von einer stark mit Typhus durchseuchten Schwadron benutzt wurden. Da dieser Agglutininbildung wohl sicher eine Infektion mit Typhus- Anm. Den Besprechungen der älteren Literatur liegt die Bearbeitung von O. LENTZ in der ersten Auflage dieses Handbuches zugrunde. Der Verf. 838 r W. FoRrNET, bacillen vorausgegangen ist und da bei den betreffenden Pferden keine Krankheitserscheinungen auftraten, sind Pferde ebenfalls als immun gegen Typhus anzusehen, wenn sich diese Beobachtungen auch weiter- hin bestätigen sollten. Die zahlreichen bei der Immunserumbereitung gewonnenen Erfahrungen lassen sich für die Beurteilung dieser Frage nicht verwerten, da die Infektion nicht oral oder rektal, sondern, zuerst wenigstens, fast immer subkutan oder intravenös und nicht immer mit lebenden Typhusbacillen vorgenommen wird. — Die Ziege sollte sich nach den Angaben von Scorpo!3 dadurch von den zuletzt genannten Tieren unterscheiden, daß Typhusbacillen zwar bei ihr auch keine Krankheitserscheinungen hervorrufen, aber doch wochen- und monatelang in ihren Faeces ausgeschieden werden. HAILER & UNGERMANN!9 haben jedoch diese Beobachtungen in keiner Weise be- stätigen können. — Dagegen erscheint es sicher, daß Affen gegen Typhusbacillen eine geringere Immunität besitzen als die bisher ge- nannten Tiere. WEINBERG2O sah zwei Makaken 2 Tage nach Fütterung mit Typhusbacillen sterben und METSCHNIkoFF konnte mit BESREDKRA ?1 bei Schimpansen durch Verfütterung von Typhusbacillen eine, sogar dem menschlichen abdominalis ziemlich ähnliche, Erkrankung regel- mäßig hervorrufen. Trotz dieser Versuche wird man die natürliche Im- munität der Affen gegen Typhus nicht gar zu gering einschätzen dürfen, da hier sehr große Infektionsdosen angewendet wurden und da viele ähnliche Versuche früher !1 ergebnislos verlaufen sind. Daß auch der Mensch gegenüber der Typhusinfektion eine nicht unwesentliche Immunität besitzt, ist eine häufig nicht genügend ge- würdigte Tatsache, die in letzter Zeit DENNEMARK?? in besonders überzeugender Weise dargetan hat. Von 229 zu einer Krankenträger- übung kommandierten Soldaten, die einer gemeinsamen Infektions- quelle (durch eine Typhuswirtin infizierter Kartoffelsalat) ausgesetzt waren. erkrankten nur 22 Mann, von den übrigen Gesunden wiesen 59 eine positive GRUBER-WıDaArsche Reaktion auf. Dab diese positive Agglutination auf eine stattgehabte Infektion zurückzuführen war, ging aus zahlreichen negativ verlaufenden Kontrolluntersuchungen bei nicht der Infektion ausgesetzten Soldaten und aus der Tatsache hervor, daß bei 4 von diesen Gesunden mit positivem Widal tatsäch- lich Typhusbacillen aus den Entleerungen isoliert werden konnten. Nimmt man nun, entgegen der Wahrscheinlichkeit, an, daß nur diese 59 Soldaten Typhusbacillen aufgenommen hatten, ohne zu erkranken, so würde sich daraus ergeben, daß von 100 mit Typhus infizierten Menschen nur 27 Proz. an Typhus erkrankten, dagegen 73 Proz. ge- sund blieben. — ScHELLER?3 beschreibt einen Kreis von 72 Personen, die jahrelang von einer Typhuswirtin infizierte Milch zu sich nahmen ; davon erkrankten im Lauf der Jahre 32 = 45 Proz. an Typhus, 4) = 55 Proz. blieben gesund. Bei 18 von diesen Gesunden ließen sich Typhusbacillen im Stuhl und teilweise auch im Urin nach- weisen. Bei diesen hatte also nicht nur eine Infektion mit Typhus- bacillen nachweislich stattgefunden, sondern die Typhusbacillen waren auch aus dem Darm in das Blut übergegangen, ohne anscheinend Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Forner’”* gibt an, daß während der Jahre 1904 und 1909 im Gebiet der Typhusbekämpfung bei 187 gesunden Personen, die nie nachweislich Typhus überstanden hatten, dennoch Typhusbacillen in den Ausleerungen gefunden wurden; bei 78 von diesen Personen Immunität bei Typhus. 839 hielt die Ausscheidung von Typhusbacillen sogar monate- und jahre- lang an. Nach den bisherigen Ausführungen besitzt also der Mensch von allen Wesen den geringsten Grad von Immunität gegenüber T'yphus; bacillen, trotzdem ist aber auch seine natürliche Immunität immer noch so groß, dab bei einer nicht außergewöhnlich starken Infektion nur etwa ein Drittel und bei immer wiederholter Infektion mit Typhusbacillen nur etwa die Hälfte der infizierten Menschen an Typhus erkranken. Worauf die verschieden starke Immunität einzelner Menschen segen Typhus beruht, entzieht sich unserer Kenntnis. Wir wissen nur, dab auch Alter und Geschlecht hierbei eine gewisse Rolle spielen, wie man nach dem verschieden schweren Verlauf der Krank- heit bei den einzelnen Bevölkerungsklassen annehmen muß. An einem Material von 2521 Typhuskranken konnten wir?* für die Jahre 1908 und 1909 feststellen, dab weibliche und erwachsene Per- sonen der Typhusinfektion eher und leichter erliegen, als männliche Personen und Kinder; die auf 100 Typhuskranke berechnete Letalität betrug für Männer 14 Proz., für Frauen 16 Proz., für Erwachsene 15 Proz. und für Kinder nur 6 Proz.; bei Säuglingen stieg sie dagegen auf 25 Proz. und bei Greisen sogar auf 65 Proz. Erworbene Immunität. Schon den alten Aerzten war es bekannt, daß das einmalige Ueberstehen des Typhus dem Menschen eine gewisse Immunität gegen den Typhus verleiht. Nach LIEBERMEISTER?? verläuft die Krankheit, wenn sie denselben Menschen zum zweiten Male befällt, in der Regel leicht, Curschmann?® möchte eher das Gegenteil annehmen. Dab auch bei Tieren eine besonders kräftige Immunität künstlich erzeugt werden kann, wiesen zuerst BEUMER & PEIPER?? nach, in- dem sie Mäuse mit lebenden Typhusbacillen gegen eine spätere, bei den Kontrolltieren tödlich verlaufende Infektion schützen konnten. Gleichzeitig regten sie,.an, entsprechende Versuche mit abgetöteten Typhusbaeillen durchzuführen, eine Aufgabe, der sich bald darauf CHANTEMESSE & Wrpan?® mit Erfolg unterzogen. BRIEGER, KırTasato & WASSERMANN?? gelang es dann ebenfalls, Mäuse und Meerschweinchen mit abgetöteten Typhusbacillen (Thymus- Typhusbouillon) hoch gegen Typhus zu immunisieren. Mit dem Serum dieser Tiere konnten sie, wie bald nach ihnen Stern" und CHAnTe- MESSE & WıparL?® mit dem Serum von Typhusrekonvaleszenten, nor- male, nicht vorbehandelte Tiere gegen die nachfolgende Injektion hochvirulenter Typhuskultur schützen. Dieser Schutz war ein streng spezifischer, denn Tiere, welche auf gleiche Weise gegen andere Bakterienarten, Cholera, Schweinerotlauf u. a. immunisiert waren, er- lagen einer Injektion von Typhusbacillen und umgekehrt töteten jene Mikroben die typhusimmunen Tiere. Immunitätsreaktionen. I. Bakteriolysine. PrEirrsr & KoLLz5? stellten zuerst fest, daß das Blutserum von Typhus- rekonvaleszenten und typhusimmunen Tieren, genau wie PFEIFFER ® und WASSERMANN das bereits für das Choleraimmunserum gegenüber dem Cholera- vibrio nachgewiesen hatten, die Fähigkeit besaß, im Meerschweinchenbauch Typhusbacillen aufzulösen (PFEIFFERscher Versuch). Die Wirkung des Serums 840 W. FORNET, richtete sich also nicht gegen die Bakterienprodukte, sondern gegen die Bak- terienzelle selbst; es handelte sich nicht um ein antitoxisches, sondern um ein bakterizides Serum. In dem Auftreten dieser bakteriziden Substanzen in dem Typhusimmun- serum sahen PFEIFFER & KOLLE zugleich ein Beweismoment für die ätiologische Bedeutung des Typhusbacillus. Für die Anstellung des PFEIFFERschen Versuchs wählten die beiden Autoren dieselbe Versuchsanordnung, wie sie PFEIFFER°®® für Cholera ange- geben hatte; 1 cem einer starken Bouillonverdünnung des Immunserums wird im Reagenzglase mit 1 Oese — 2 mg lebender, virulenter, 18—20-stündiger Typhusagarkultur verrieben und diese Aufschwemmung einem Meerschweinchen von ca. 250 g Gewicht in die Bauchhöhle injiziert. Von Zeit zu Zeit wird mittelst einer Glaskapillare dem Tiere eine geringe Menge Peritonealexsudat ent- nommen und im hängenden Tropfen mikroskopisch untersucht. Ist die Serum- verdünnung wirksam, so sieht man hier alsbald, daß die vorher lebhaft beweg- lichen Bacillen unbeweglich werden, etwa 30 Minuten nach der Injektion beginnt die Auflösung der Bakterien und es erscheinen im mikroskopischen Bilde kokkenähnliche stark lichtbrechende Granula. Das Meerschweinchen bleibt weiter- hin am Leben. Die Auflösung der Typhusbacillen und damit die Granulabildung geht erheblich langsamer vor sich als das gleiche Phänomen bei der Cholera, so daß oft noch nach mehreren Stunden ein sicheres Urteil über den Ausfall des PFEIFFERschen Versuchs nicht möglich ist. Entscheidend für die Beurteilung der Wirksamkeit des Serums kann in einem solchen Falle erst das Endresultat. des Versuchs sein, das Ueberleben des Versuchstieres oder sein innerhalb 24 Stunden erfolgter Tod (MARXx ®%). Allerdings zeigten auch normale Sera von Menschen (die nicht an Typhus gelitten haben) und Tieren in großen Dosen im PFEIFFERschen Versuch eine geringe Einwirkung auf Typhusbacillen, doch wird diese Wirkung selten bei Verwendung von Serumdosen unter 0,05 beobachtet; außerdem ist diese Wirkung normaler Sera keine spezifische, da sie sich in gleicher Weise gegenüber Typhus- bacillen wie gegenüber anderen Bakterien äußert. Im Gegensatz hierzu ist die bakterienlösende Kraft des hochwertigen Typhusimmunserums gegenüber virulenten Typhusbacillen bereits bei Verwen- dung geringster Serummengen, 1 mg und weniger, zu konstatieren, während dasselbe Serum anderen Bakterienarten gegenüber sich nicht anders verhält wie normales Serum der betreffenden Tierart. Seine Wirkung ist also außerhalb der Wirkungszone des normalen Serums eine streng spezifische. Deshalb ist es auch notwendig, bei Anstellung des PFEIFFERschen Versuchs stets auch die Wirkung normalen Serums auf den zum Versuch verwandten Typhusstamm zu prüfen und einen Kontrollversuch mit normalem Serum von derselben Tierart anzusetzen, von welcher das Immunserum stammt; hierbei soll die Menge des Normalserums etwa das Zehnfache derjenigen des Immunserums, in der Regel aber weniger als 0,05 betragen. Ein drittes Meerschweinchen (2. Kontroll- tier) erhält !/, Oese der betreffenden Kultur aufgeschwemmt in 1 cem Bouillon zur Prüfung der Virulenz der zum Versuch verwandten Kultur. Die Kontroll- tiere müssen, wenn der PFEIFFERsche Versuch Beweiskraft haben soll, innerhalb 20 Stunden verendet sein. Diese Angaben von PFEIFFER & KoLLE erfuhren alsbald eine Bestätigung durch die Untersuchungen von LÖFFLER & ABEL®, sowie einer großen An- zahl anderer Forscher. In vitro zeigte das Immunserum seine bakterizide Kraft nur in geringem Maße und nur bei Verwendung ganz frischen Serums und sehr geringer Bak- terienmengen (PFEIFFER ?3). Wie EMMERICH & Löw :* und WALKER °’ später berichteten, soll Anaörobiose die Bakteriolyse fördern. WALKER fand, daß Immunsera, wie auch normale Sera vom Meerschweinchen unter Luftabschluß Typhusbacillen im Reagenzglase energisch auflösten, während bei Sauerstoff- gegenwart die Bakteriolyse nicht eintrat. Systematische Versuche über die Bakterizidie des Blutserums in vitro ließ zuerst FLücGE°?® anstellen. Dabei fand NUTTALL°®® als erster, daß die bakteriolytischen Eigenschaften des Serums durch Erhitzung auf 56° zerstört werden. FRÄNKEL & SOBERNHEIM ° hatten weiterhin gezeigt, daß man dem {mmunserum die Fähigkeit, in vitro bakterizid zu wirken, gänzlich nehmen kann, wenn man es auf 70° erhitzt, daß jedoch ein solches Serum dennoch Tiere bei subkutaner oder intraperitonealer Injektion gegen die Infektion mit dem homo- iogen Mikroben schützt. METSCHNIKOFF#!, BORDET#?, sowie GRUBER & Dur- HAM? fanden, daß ein durch 1-stündiges Erhitzen auf 55° inaktiviertes Immunität bei Typhus. 841 Immunserum in vitro wieder wirksam gemacht werden kann, dadurch, daß man ihm frisches Peritonealexsudat oder Blutserum eines normalen Tieres zusetzt. Diese Erscheinung haben NEISSER & WECHSBERG*# benutzt, um das Phänomen der Komplementablenkung, das unter anderen auch PFEIFFER, sowie LÖFFLER & ABEL bei ihren Tierversuchen beobachtet hatten, zu studieren (siehe Kapitel „Bakterizide Sera“). Zum Studium bakterizider Kräfte eines Immunserums für kli- nische Zwecke hat zuerst A. E. WrıcHTt®5 eine sehr brauchbare Methode angegeben, deren genaue Ausführung allerdings besondere Unterweisung und Uebung voraussetzt. Sie besteht darin, daß gleiche Mengen Serum oder Serumverdünnung und verflüssigte Typhus-Ge- latinekultur mit einer kalibrierten Kapillarpipette abgemessen, in den Hals einer zweiten, rechtwinklig umgebogenen Kapillarpipette ausgespritzt, darin sorgfältig gemischt und 2—3 Tage bei 22° kulti- viert werden. Die Zählung der Kolonien erfolgt innerhalb der in Kanadabalsam oder Zedernöl eingebetteten Kapillarröhrchen. Eine größere Verbreitung hat die später von STERN & KorTE* beschriebene Reagenzglasmethode gefunden, mit deren Hilfe die Verf. ein Verfahren zur Serumdiagnose des Typhus ausarbeiteten. Sie fügen hierbei zu einer an sich unwirksamen Kombination von frischem (komplementhaltigem) normalem Kaninchenserum und Typhusbacillen fallende Mengen des zu prüfenden (durch !/,-stündiges Erhitzen auf 56° C inakti- vierten) Serums hinzu und beobachten, bis zu welcher Verdünnung des zu prüfenden Serums eine bakterizide Wirkung nachweisbar ist. Im einzelnen stellt sich die Ausführung des Versuchs folgendermaßen dar: Es werden zunächst fallende Verdünnungen des zu prüfenden Serums, das durch Erwärmen inaktiviert worden ist, mittels physiologischer Kochsalzlösung hergestellt und je 1 ccm dieser Verdünnungen auf eine Reihe von Reagenz- röhrchen gefüllt. In jedes dieser Röhrchen fügt man sodann 0,5 cem einer mit Bouillon auf das 5000-fache verdünnten 24-stündigen Typhusbouillonkultur und danach 0,5 ccm des mittels Kochsalzlösung auf etwa das 10-fache ver- dünnten frischen normalen Kaninchenserums.. Die so beschickten Röhrchen werden für 3—4 Stunden in den Brütofen gesetzt und alsdann zu Agarplatten ausgegossen. Als Kontrollen dienen zwei Röhrchen, welche je 0,5 Typhusbouillonver- dünnung + 1,5 Kochsalzlösung enthalten (Kontrolle I und II) sowie ein Röhr- chen, welches 0,5 Typhusbouillonverdünnung + 0,5 der Verdünnung frischen normalen Serums — 1,0 Kochsalzlösung enthält (Kontrolle III). Außerdem müssen stets die beiden Sera auf Sterilität geprüft werden. Kontrolle I wird sofort, Kontrolle II und III wie die Serumröhrchen nach 3—4-stündigem Aufenthalt im Brütofen zu Agarplatten ausgegossen. Die Platten werden nach 12-stündigem Aufenthalt im Brütofen besichtigt und die Zahl der gewachsenen Kolonien abgeschätzt, da nur große Unterschiede entscheidend sind. Kon- trolle I gibt die ursprünglich in jedem Röhrchen vorhandene Zahl der einge- säten Typhusbacillen, Kontrolle II ihre ohne Serumwirkung in 3—4 Stunden erfolgte Vermehrung, Kontrolle III die etwa durch das normale Serum ausge- übte bakterizide Wirkung an. Diese letztere dient als Maßstab für die bakteri- zide Wirkung des zu prüfenden Serums. Diejenige stärkste Verdünnung dieses Serums, deren entsprechende Platte noch eine deutlich geringere Kolonienzahl aufweist, als die zu Kontrolle III gehörige Platte, bezeichnen STERN & KoRTE als bakteriziden Titer des Serums. So fanden STERN & KorTE bei 8 Tage lang und länger fiebernden Typhus- kranken sowie bei Typhusrekonvaleszenten einen bakteriziden Titer des Serums von 1:1000 bis 1:4000000, während Gesunde oder an anderen Krankheiten leidende Kranke nur selten einen höheren Wert als 1:100 zeigten; in Ausnahme- fällen erreichte aber auch bei Gesunden der bakterizide Titer des Serums den Wert 1:1000. STERN & KorTE haben ihre Methode an einer großen Zahl von Seris von Typhuskranken und -rekonvaleszenten zur Stellung der Diagnose verwandt und erblicken in ihr eine wertvolle Ergänzung der GRUBER-WIDaALschen Reaktion, da sich die Wirksamkeit der bakteriziden Kräfte solcher Sera bei ihren Untersuchungen als erheblich stärker erwies als die der in denselben Seris enthaltenen Agglutinine. 842 W. FORNET, Bei der Nachprüfung dieser Methode fanden aber TorprER & JArrFE®, ebenso wie LAUBENHEIMER# und ULRICHS®, daß zwischen der bakteriziden Reaktion in vitro und in vivo kein Parallelismus besteht, im PrEIFFERschen Versuch gaben Typhusrekonvaleszenten und gegen Typhus geimpfte Personen, im Reagenzglas aber Typhuskranke den größten Ausschlag. Aus diesem Grunde kommen die Verff. zu einer Ablehnung der TÖPFER-JAFFEschen Versuchs- anordnung. Neuerdings nimmt aber MARMANN°?, und wohl mit Iecht, eine vermittelnde Stellung ein, indem er empfiehlt, den bakteriziden Reagenzglas- versuch für solche Fälle heranzuziehen, in denen der gewöhnliche Agglutinations- versuch im Stich läßt oder zweifelhaft ausfällt. Wir selbst bevorzugen, besonders zum Studium der Vorgänge im Blutserum von Menschen, die mit Typhusbacillen geimpft sind, die Wricutsche Versuchsanordnung zur Bestimmung des bakterio- Iytischen Titers, da sie mit ganz minimalen Blutmengen auskommt und deswegen eine unbegrenzt häufige Wiederholung an ein und derselben Person zuläßt. Auch Smıca°l hat sich des Nachweises bakterizider Kräfte des Typhusimmunserums im Reagenzglase zur Prüfung des durch künst- liche Immunisierung erreichten Immunitätsgrades bedient. Il. Agglutinine. &) Geschichte. Bei den Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Typhusimmun- serums beobachteten GRUBER & DURHAM°? weiterhin, daß die mit dem Serum bzw. seinen Verdünnungen im Reagenzglase gemischten Typhusbacillen zu- sammenklumpten und ihre Beweglichkeit einbüßten. Sie glaubten, daß das Immunserum Stoffe enthielte, welche ein Klebrigwerden der Bakterienhülle hervorriefen und dadurch die Bacillen zur Zusammenballung, zur „Agglu- tination“ brächten. Auch erkannten sie bereits, daß dieses Phänomen zu: Differenzierung der Bakterien Verwendung finden könnte, ohne daß sie ilm jedoch eine besondere Spezifizität beimaßen. Gleichzeitig mit GRUBER & DURHAM hatten auch PFEIFFER & KoLLE*, °, das Phänomen der Agglutination bei ihren Untersuchungen über die bakterizide Wirkung des Typhusimmunserums beobachtet. Sie legten jedoch «dieser Erschei- nung zunächst ebensowenig Wert bei wie BORDET, der sie bei seinen Unter- suchungen über das Wachstum von Typhusbacillen in Typhusimmunserum eben- falls wahrgenommen hatte. PFEIFFER & KoLLE° legten den Hauptwert auf den Verlust der Beweglichkeit der Bacillen und sprachen von einer Paralysin- wirkung ihres Serums. Die Frucht ihrer weiteren Forschungen war jedoch die Erkenntnis, daß es sich auch bei der agglutinierenden Wirkung des Immun- serums um einen ganz spezifischen Vorgang handelte5% Sie sahen nämlich, daß die stärkeren Verdünnungen eines Typhusimmunserums nur echte Typhus- bacillen agglutinierten, während sie anderen Bakterien, besonders den ständigen Konkurrenten des Typhusbacillus in den Faeces typhuskranker Menschen, das Bacterium coli, unbeeinflußt ließen. Schon in ihren ersten Veröffentlichungen über das Agglutinationsphänomen erwähnen GRUBER & DURHAM sowie PFEIFFER & KoLLE, daß es sich auch im Serum von Typhusrekonvaleszenten ausgeprägt findet. Die größte praktische Bedeutung erhielt aber das Phänomen der Agglu- tination durch die Entdeckung von GRÜNBAUM??T sowie WıDAL?®, daß auch das Serum von Typhuskranken, und zwar schon in einem ziemlich £rühen Stadiunı der Krankheit, diese Reaktion gegenüber echten Typhusbaecillen zeigt, während andere Bakterien durch solches Serum unbeeinflußt bleiben. Bereits anfangs des Jahres 1896 hatte GrÜNBAUM in der Wiener Klinik NOTHNAGELS mit. Erfolg die agglutinierende Einwirkung des Serums einiger Typhuskranker auf Typhusbacillen zur Diagnose der Krankheit angewandt, hatte damals aber auf eine Veröffentlichung seiner Entdeckung verzichtet, weil ihm das von ihm be- obachtete Krankenmaterial noch zu gering erschien. . Im Juni 1896 machte dann Wıpar die Mitteilung, daß es ihm gelungen sei, schon in einem sehr frühen Stadium der Krankheit, in der 1. und 2. Krankheitswoche, in dem Blutserum von Typhuskranken agglutinierende Eigen- Immunität bei Typhus. 843 schaften nachzuweisen. WıpDAaL war bei seinen Versuchen so vorgegangen, daß er zu 20-stündigen Typhusbouillonkulturen das vom Blutkuchen befreite Serum der Typhuskranken im Verhältnis von 1 Teil Serum zu 10 Teilen Kultur hinzu- mischte. Er beobachtete dann, daß in den Röhrchen, welchen das Serum von Typhuskranken zugesetzt worden war, in 3—24 Stunden die Bacillen zusammen- geballt und zu Boden gesunken waren, so daß die Bouillon in diesen Röhrchen klar erschien, während in den Kontrollröhrchen, welchen entweder kein Serum oder solches von Gesunden zugefügt war, die Bouillon auch nach dieser Zeit gleichmäßig getrübt blieb. Die zu diesen Versuchen nötigen Blutmengen ver- schaffte sich WıpaL durch Punktion der Cubitalvene mittels einer PRAVAZ- schen Spritze. Zur Beschleunigung der Diagnose empfahl WıpvarL den Eintritt des Phä- nomens unter dem Mikroskop zu beobachten. Er mischte zu diesem Zwecke 10 Tropfen der Typhusbouillon mit 1 Tropfen des Serums, fertigte von dieser Mischung einen hängenden Tropfen an und brachte diesen unter das Mikroskop. Mit dessen starker Vergrößerung (Oelimmersion) beobachtete er nun, daß die mit Typhusserum behandelten Typhusbacillen alsbald unbeweglich wurden und sich zu- sammenballten, während in mit normalem Serum angefertigten Kontrollpräparaten die Bacillen unbeeinflußt, frei beweglich und isoliert blieben. Da es zur An- stellung dieses Versuchs nur geringer Serummengen bedurfte, empfahl WIDAL, die hierzu nötige Blutmenge den Patienten durch Einstich in die Fingerkuppe zu entziehen, das so gewonnene Blut in einer kleinen Eprouvette gerinnen zu lassen, und das Serum auf diese Weise vom Blutkuchen zu trennen. Schon in seiner ersten Mitteilung wies WıpAaL darauf hin, daß auch angetrocknetes Blut bzw. Serum die Reaktion gebe. Diese ersten Untersuchungen hatte Wıpar an 22 Typhuskranken, 22 Re- konvaleszenten und 11 Personen angestellt, die den Typhus bereits längere Zeit zuvor überstanden hatten. Als Kontrollen dienten ihm 41 Gesunde. Während von den letzteren kein einziger einen positiven Ausfall der Reaktion gab, hatten von den Rekonvaleszenten nur 2 keine Reaktion; der eine von diesen war S Tage, der andere 24 Tage fieberfrei. Dagegen fiel die Reaktion bei allen Typhus- kranken positiv aus, bei den meisten vom 7. oder 8. Krankheitstage ab, ein- mal bereits am 5. Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitssymptome. Wie nicht anders zu erwarten war, erregten diese Mitteilung Wıpars das lebhafteste Interesse der Kliniker und Bakteriologen und schon die nächsten Monate brachten eine ganze Reihe von Veröffentlichungen, welche eine Be- Ba neung der Angaben WıpAars, wenn auch mit gewissen Einschränkungen, ent- ielten. b) Klinische Bewertung der Gruber-Widalschen Reaktion. Schon die ersten Untersucher, die über die Wıparsche Reaktion an einem größeren Krankenmaterial Beobachtungen anstellen konnten, Lichturım59 und BREUER, erwähnen, daß die Reaktion bei aus- gesprochenen Typhen während der ganzen Dauer der Krankheit und auch im Rezidiv fehlen kann. Die gleiche Beobachtung machten HAUSHALTER®l, Durmam 62, STERN6®, Hıppıvs 6%, SInIEwW®s, BERG- Hınz66, Bormans6’, DBieBeRsTEInN® (1 Fall unter 101 Typhen), BuscH 69, späterhin Wınar?® selbst (1 Fall unter 177 Typhen) KaseL & Mann’! (2 Fälle), Könter”? (1 Fall unter 98 Typhen) und Dom- BROWSKI?T3. Andererseits berichten einige Untersucher über ein relativ spätes Auftreten der Reaktion. So fand sie LeuseE einmal erst am 18. Krankheitstage, Könuer’* fand sie in 2 Fällen am 15. Tage noch nicht, wohl aber am 22. bzw. am 40. Tage und ebenso Lextz°5 am 25. Krankheitstage noch nicht, dagegen am 32. Tage nachdem bei der Patientin am 25. Tage eine starke Darmblutung eingetreten war. Maverick 76 berichtet über einen Fall, in dem nach dreimaliger Impfung mit abgetöteten Typhusbacillen die sonst regelmäßig be- obachtete Wınarsche Reaktion dauernd ausblieb. Das gleiche be- obachtete D£v£k’? bei einem sonst typischen Fall von Abdominal- typhus. Auch Hössrın ‘# hat verschiedene Typhusfälle, darunter 844 W. FORNET, auch solche mit Nachweis der Erreger im Blut oder Stuhl, beschrieben, in denen die GrUBER-Wıparsche Probe negativ blieb. Sind diese Fälle im allgemeinen auch Ausnahmen, so weisen sie doch darauf hin, daß ein negativer Ausfall der Wıparschen Reaktion nicht diagnostisch gegen das Vorhandensein eines Typhus spricht. Kayser’? fand in einem Falle von Mischinfektion mit Typhusbacillen und Staphylokokken Fehlen der Wıparschen Reaktion. Da bei experimenteller In- fektion von Tieren mit Gemischen von Typhusbacillen und Staphylokokken bis- weilen die Bildung von Typhusagglutininen im Blute der Versuchstiere nur sehr gering war, so empfiehlt KAyser, in solchen Fällen von Typhus ohne Wiıpvausche Blutreaktion auf Mischinfektionen zu fahnden. In der Regel tritt das GRUBER-Wıparsche Phänomen nach Angabe der meisten Untersucher am 7.—10. Tage nach Beginn der Krankheit in die Erscheinung, ja die Fälle sind gar nicht selten, in denen schon in den ersten Tagen der Krankheit die Wınvarsche Reaktion beobachtet worden ist, zu einer Zeit, in der die klinischen Erscheinungen noch so unsicher waren, daß nur dem positiven Ausfall der Reaktion die frühzeitige Diagnose der Krankheit zu danken war. So fand C. FrÄn- KxEn80 die Reaktion einmal am 2. Fiebertage; WEINBERG®1 sah einmal am 4. und dreimal am 5. Krankheitstage positiven Widal, KöHter'? fand die Reaktion einmal am 3. Tage nach Auftreten der ersten Er- scheinungen. LenTtz82 fand bei einem vierjährigen Knaben am 5. Tage nach Auftreten der ersten Symptome eine makroskopisch positive Reaktion bei der Serumverdünnung von 1:500 sowie eine gleich starke Wıparsche Reaktion bei einem jungen Mädchen, in dessen Familie vier Typhusfälle vorgekommen waren, während die genaueste Befragung und Untersuchung des blühend gesund aussehenden Mädchens nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine bestehende oder überstandene Typhuserkrankung ergab. In diesem wie auch in dem zu- erst erwähnten Falle ließ der Nachweis von Typhusbacillen in den Stuhlgängen der betreffenden Individuen keinen Zweifel über den Zu- sammenhang der Blutreaktion mit der tatsächlich erfolgten Infektion aufkommen. j Ebenso wechselnd, wie das Agglutinationsphänomen im Blutserum auftritt, ebenso regellos verschwindet es auch wieder aus ihm. Die höchsten Werte erreicht die Agglutinationskraft des Blutserums ge- wöhnlich in der ersten Zeit der Rekonvaleszenz; Agglutinations- werte des Serums von 1:1000, ja 1:2000 (bei makroskopischer Be- urteilung des Phänomens) sind in dieser Zeit nichts Seltenes. FÖr- STER®® fand den Wert 1:5000 und Jürcens®# will sogar einmal den Titer 1:15000 (allerdings mikroskopisch) beobachtet haben. GeNTz fand unter mehr als tausend Wınarschen Reaktionen als höchsten Wert einmal den Titer 1:5000 (bei makroskopischer Beobachtung). Auf solcher Höhe hält sich der Agglutinationswert des Serums jedoch nur kurze Zeit und sinkt dann ziemlich schnell ab. Aus- nahmsweise kann dieses Sinken schon während der Fieberperiode der Krankheit eintreten (WınaL®®, Köuter'?). In der Regel geht . es in den ersten Monaten nach der Entfieberung vor sich, teils ganz allmählich, teils recht schnell. Lextz82 beobachtete einmal bei einem Typhusrekonvaleszenten innerhalb 14 Tagen von der 6.—8. Woche nach der Entfieberung ein Herabgehen des Agglutinationstiters seines Immunität bei Typhus. 845 Serums von 1:1000 bis auf 1:50. Doch kommt es vor, daß sich das Agglutinationsvermögen des Serums in der Verdünnung 1:50 und höher, noch monate- und jahrelang erhält. So fand KöhHLer’? bei seinen Patienten Agglutinationswerte von 1:160 bis zu 3 Monaten, von 1:80 bis zu 11/, Jahren erhalten. FrÄnkeL8° fand noch 31/, Jahre nach überstandenem Typhus den Agglutinationswert 1:50. Eine gleich hohe Agglutinationswirkung des Serums (makroskopisch beobachtet) fand LenTtz bei zwei Frauen, die 7!/, bzw. 11 Jahre zuvor, wie die Aerzte, welche die Frauen seinerzeit behandelt hatten, noch be- stätigen konnten, gleichzeitig mit anderen Familienmitgliedern an klinisch sicheren Typhen gelitten hatten. In zweiter Linie richteten sich die Einwände gegen die Beweiskraft, die Spezifizität der Reaktion. Wıvar hatte die Agglutinationswirkung eines Krankenserums in der Verdünnung 1:10 als beweisend für Typhus angesehen. GrRUBERS® hatte dagegen schon bei seiner ersten Publikation über die Agglutination darauf hingewiesen, daß auch normales menschliches Serum in stärkerer Konzentration Typhus- bacillen zu agglutinieren imstande sei. Ebenso machten GRÜNBAUM 86 und STERN? darauf aufmerksam, daß auch das Serum von Gesunden oder nicht an Typhus leidenden Kranken diese Erscheinungen zeigen kann. Ihnen schlossen sich eine ganze Reihe von Autoren an, unter ihnen DU MESNIL DE RoOCHEMOoNTS®, Levy39%, MEUNIER??, HAepKE?l, KasEL & Mann 'l, SKLOWER®?, KoLLe?®, Künnau2%, FÖRSTER®°, VAN OORDT®, KöhLer'l und DomBrowsKk1'®. KaseL & Mann, sahen bei 2 Fällen von croupöser Pneumonie Agglutination von Typhusbacillen in Ver- dünnungen des Serums von 1:50. SKLOWER und FÖRSTER fanden bei Gesunden Agglutination bis 1:40, vaw Oorpr denselben Wert bei einem Patienten mit Meningitis. In neuerer Zeit haben BECKER & RuUHLAND°? über einen Fall von epi- demischer Genickstarre berichtet, bei welchem das Serum des Patienten Typhus- bacillen noch in einer Verdünnung von 1:100 agglutinierte; WırLson° fand unter 2] Fällen von Genickstarre 7mal positive Agglutination für Typhus- bacillen (bis 1:400) und 3+r Fällen von Flecktyphus 18mal positiven WıpDau (1:50 bis 1:200). Eine Bestätigung dieser eigenartigen Befunde liegt jedoch bis jetzt nicht vor. Auch bei Tuberkulose ist verschiedentlich positive Agglutination für Typhus- bacillen beobachtet worden. MARKUSE!? teilt einen Fall von Miliartuberkulose mit, in dem die Wıpausche Reaktion 1:100 positiv ausfiel. KRENCKER!" fand bei 8 von 28 an Tuberkulose leidenden Patienten eine Agglutinationskraft des Serums von 1:100. Rorm!Y beschreibt ähnliche Fälle und wir müssen ihm wohl Recht geben, wenn er diese Erscheinung auf eine Mischinfektion mit Typhusbacillen oder auf einen früher überstandenen Typhus zurückführt. Daß eine solche Mischinfektion nicht zu selten ist, zeigt die Arbeit von Busse !%, der bei mehreren Fällen von Tuberkulose Typhusbaeillen im Blut nachweisen konnte. KRENCKER konnte durch Wiederholung der Serumprüfung bei seinen Patienten feststellen, daß die Agglutininbildung für Typhusbacillen erst im Laufe der Tuberkulose entstand. GRÜNBAUM 93 und KÖHLER®®? heben hervor, daß besonders bei Ikterischen der Agglutinationswert des Blutserums gegenüber Typhusbacillen bisweilen ge- steigert ist, doch nicht über 1:40 (KÖHLER). ECKARDT!0P will bei Ikterischen bisweilen noch in der Serumverdünnung 1:100 Agglutination von Typhusbacillen beobachtet haben. Auch Zupnik!0 fand in 4 Fällen von WeıItscher Krankheit positive Wıparsche Reaktion, sieht jedoch in diesem Umstand im Gegensatz zu ECKARDT keinen Beweis für die Identität der Weıtschen Krankheit mit dem Typhus abdominalis. KENTZLER !% konnte dagegen bei 21 Ikterischen in keinem Falle spezifische Agglutinine für Typhusbacillen finden. 346 W. FoRrNET, Bei den nahen Beziehungen, die nach den Untersuchungen For- sters!0® und seiner Schüler zwischen Typhus und Erkrankungen der Gallenwege bestehen, muß man auch in derartigen Fällen annehmen, daß der positiven Agglutination für Typhusbacillen eine Invasion des Organismus durch diese Bakterien vorausgegangen ist. Bei Infektionen mit Gärtnerbacillen fand Liıermann!0? unter einigen fünfzig Personen drei, deren Serum auch Typhusbacillen, und zwar höher als die Gärtnerbacillen agglutinierte. pE NoBELE116 hatte schon früher die gleiche Beobachtung gemacht und Rımpau!08 konnte verhältnismäßig häufig eine hohe Agglutination für Typhus- bacillen bei Infektionen mit Bac. enter. GÄRTNER feststellen. Auf die agglutinatorische Beeinflussung von Typhusbacillen durch das Blutserum Paratyphuskranker werden wir bei Besprechung der Differential- diagnose zwischen Typhus und Paratyphus auf Grund der GRUBER-WıIDALschen Reaktion noch näher eingehen. Auf Grund der angeführten Beobachtungen hat man die Grenze der Serum- verdünnungen, welche notwendig sind, um schon für Typhus diagnostisch be- weisend zu sein, immer weiter hinausgerückt, als dies WıDAL ursprünglich an- gegeben hatte. So schlagen als untere Grenze GRÜNBAUM®® die Verdünnung 1:32, STERN®? und KorLE?® 1:30, FRÄNKEL®P und KÖHLER'* 1:50, BRUNS & Kayser !!0 79 4VOr: In der Dienstanweisung!!l für die zur Typhusbekämpfung ein- gerichteten Untersuchungsämter wurde eine Serumverdünnung von 1:100 als erforderlich angesehen, ein Vorgehen, das sich in einer langen Reihe von ‚Jahren durchaus bewährt hat und seitdem wohl auch allgemein üblich geworden ist. Wir selbst pflegen außerdem noch immer eine Serumverdünnung von 1:200 anzusetzen und haben sie bei vorliegendem Typhus fast ausnahmslos positiv gefunden. Viel schwerer als die Beobachtung, daß das Serum normaler Menschen oder wenigstens nicht an Typhus leidender Kranker . Typhusbaeillen bisweilen in schwächeren Verdünnungen zu agglutinieren vermochte, wog die Beobachtung, daß das Serum von Typhuskranken oft in den obengenannten Verdünnungen auch auf andere, vom Typhusbaeillus differente Bakterien agglutinierend wirkte. So teilten bald nach Wınpaıs erster Veröffentlichung ACHARD & BENSAUDE !', sowie GILBERT & FOURNIER !!3 mit, daß der Nocarpsche Bacillus der Papageien- krankheit durch Typhusserum agglutiniert werde, eine Tatsache, die auch WıpaL bestätigte. Weiterhin fand sich eine agglutinierende Einwirkung von Typhus- serum auf den Bacillus enteritidis GÄRTNER (DURHAM'!", DE NOBELE!“) und auf den Baecillus faecalis alcaligenes (PETRUSCHKY!!”). Aber auch hier war die Ein- wirkung auf den Typhusbaeillus stets weitaus energischer als auf den anderen Mikroorganismus. Nur in einem Falle fand DE NOBELE, daß ein Bacillus der Fleischvergiftung von einem Typhusserum ein wenig höher agglutiniert wurde als der Typhusbacillus. v. DRIGALSKI!! hat bei einer großen Anzahl von Unter- suchungen, welche er bei vereinzelt und epidemisch aufgetretenen Fällen von Fleischvergiftungen anzustellen Gelegenheit hatte, niemals eine störende Mit- agglutination der Bakterien der Fleischvergiftung mit Typhusserum oder um- gekehrt beobachtet, so daß er die Gefahr einer Verwechselung dieser Krankheiten auf Grund der Serumreaktion für sehr gering hält. Im gleichen Sinne äußert sich FiIscHErt!® bezüglich der Mitagglutination der GÄRTNERschen Bakterien der Fleischvergiftung durch Paratyphusserum. Im Gegensatz dazu fand Rımpau !2° bei Typhuskranken so häufig eine Mit- agglutination für Gärtner-Bacillen, daß er bei serologisch zweifelhaften Typhus- fällen unter bestimmten Bedingungen eine Mitagglutination von Gärtner-Bacillen als beweisend für Typhus anzusehen geneigt ist. Eine Bestätigung haben diese Befunde durch die sehr ausführliche Arbeit von REHBERG!?! gefunden. Nach ConkApr!?? gehört es nicht zu den Seltenheiten, daß Colibacillen aus Entleerungen von Typhuskranken und Typhusrekonvaleszenten durch ein Typhus- En ee „20 0 in ATER m. Immunität bei Typhus. 847 immunserum hochagglutiniert werden, jedoch verlieren solche Stämme naclı LENTZ123 bei weiterer Fortzüchtung in der Regel bald die Fähigkeit, sich in Typhusserum zusammenzuballen. KUHN & WOoITHE!? haben über ganz ähnliche, atypische Agglutinationen bei Ruhrkranken eingehend berichtet. Endlich hat Frosrt!?5 aus Wasser eine Pseudomonas isoliert, die ebenfalls von dem Serum Typhuskranker agglutiniert wurde. Auf die Agglutination der Paratyphusbacillen durch das Serum Typhus- kranker werden wir noch zurückkommen. Neben dem bisher erörterten Fehlen der GRrUBER-Wıpauschen Reaktion bei Typhus oder ihrer Ausdehnung auf andere Mikro- organismen und neben der Beobachtung, daß gelegentlich auch bei anderen Krankheiten Typhusbacillen durch das Serum der Patienten agglutiniert werden können, war es hauptsächlich die Einwirkung des Blutserums von Typhösen auf die zur engeren Familie des Bact. coli gehörigen Mikroorganismen, welche gegen die Beweiskraft der GrU- BER-Wıparschen Reaktion verwertet worden ist. Die Zahl der Arbeiten, welche sich mit der Agglutination des Bacterium coli durch das Serum Typhöser beschäftigen, ist ungeheuer groß, eine Zusammen- stellung der wichtigsten Ergebnisse dieser Veröffentlichungen bringt KÖHLER °° in seiner ausführlichen Arbeit über das Agglutinationsphänomen. Neuerdings hat ED. MÜLLER !26 diese Frage selbständig bearbeitet. KÖHLER zieht auch mit BIEBERSTEIN !2? den einzig richtigen Schluß aus der großen Zahl sich widersprechender Meinungen, nämlich den, daß das Serum eines Typhösen oder Typhusrekonvaleszenten nicht zur Identifi- zierung oder Differenzierung von Bakterien verwandt werden darf. Die Differentialdiagnose zwischen Typhus und Para- typhus auf Grund der GrUBER-Wıpauschen Reaktion erfordert eine besonders eingehende Besprechung, weil dieser Verwandte des Typhusbaeillus nicht nur in seinen klinischen Aeußerungen, sondern auch sero- diagnostisch dem Typhusbacillus ganz besonders nahesteht. KuRrTH 128 sagt bei der Beschreibung seines Bacillus Bremensis febris gastricae, daß weder dieser durch das Serum von Typhuskranken noch um- gekehrt Typhusbaeillen durch das Serum von an Febris gastrica Leidenden irgendwie nennenswert agglutiniert würden. HÜNERMANN 129 dagegen erwähnt gelegentlich der Beschreibung des Saarbrücker Stäbchens, welches, wie der Kurrssche Bacillus, mit dem Paratyphusbaeillus B von SCHOTTMÜLLER identisch ist, daß das- Blutserum seiner Patienten neben einer starken Agglutinations- reaktion (1:1000 und höher) gegenüber dem krankmachenden Bakterium zu 42 Proz. auch eine schwächere Reaktion (1:100) gegenüber dem 'Typhusbaecillus gezeigt habe. Den gleichen Befund beschreiben ÜoNRADI, v. DRIGALSKI & JÜRGRNS130, sie fanden bei fünf ihrer Paratyphuskranken zum Teil schon in einem frühen Stadium der Krankheit eine Mitagglutination der Typhusbaeillen durch Verdünnungen des Serums der Kranken von 1:100, in einem Falle sogar von 1:500. Ueber eine ähnliche Beobachtung bei Seris von Paratyphuskranken berichten Sion & NEGEL!?!, hier wurden Typhusbacillen noch in Serum- verdünnungen von 1:50 mitagglutiniert. FISCHER!!19 sah dagegen, wie KURTH, keine erhebliche Beeinflussung der Typhusbaeillen durch das Serum von Para- typhuskranken und -rekonvaleszenten. DE FEYFER & Kayser 1??2 beobachteten bei Gelegenheit einer Paratyphus- endemie in Eibergen in Holland einen Kranken, dessen Blutserum sowohl Para- typhusbacillen als auch Typhusbacillen gleich hoch agglutinierte. Da das Blut- serum nach dem Ausschütteln mit der einen Bakterienart seinen Titer gegenüber der. anderen vollständig bewahrte, so glaubten sich DE FEYFER & Kayser nach dem Vorgange CASTELLANIS133 zu dem Schlusse berechtigt, daß in diesem Falle eine Mischinfektion mit Typhus- und Paratyphusbacillen vorlag, obwohl sie den bakteriologischen Nachweis der beiden Bakterienarten in den Dejektionen oder im Blute des Patienten nicht erbringen konnten. 848 W. FoRNET, Bruns & Kayser !!0 machten ferner die Beobachtung, daß in dem Serum typhusimmunisierter Tiere auch die Agglutinationskraft gegenüber Paratyphus- bacillen und umgekehrt in dem Serum paratyphusimmuner Tiere die Agglu- tinationskraft auch gegen Typhusbacillen gesteigert sei. Stets aber erwies sich der Titer der Sera dem homologen Bakterium gegenüber beträchtlich höher als gegenüber dem heterologen Stamm. JÜRGENS®* hat dagegen an dem großen Typhuskrankenmaterial, welches ihm als Mitglied der Kommission zur Be- kämpfung des Typhus im Regierungsbezirk Trier zur Verfügung stand, die Beobachtung gemacht, daß in nicht ganz seltenen Fällen bei bakteriologisch einwandfreien Typhusfällen neben einer positiven GRUBER-WıIDALschen Reaktion eine Agglutinationswirkung des Blutserums auf Paratyphusbacillen bestand, welche bisweilen sogar stärker war als die Reaktion gegen Typhusbacillen, und daß umgekehrt in dem Serum einiger Paratyphuskranker neben einer starken Para- typhusreaktion eine erhebliche Typhusreaktion vorhanden war. Eine Bestätigung dieser Angaben von JÜRGENSs bringen STERN!# und KortE!? auf Grund ihrer Beobachtungen an Typhuskranken der Breslauer Klinik, sowie v. DRI- GALSKI!?* aus der Saarbrückener Untersuchungsanstalt. Auch LENTzZ!?? konnte über die gleiche Beobachtung an einer Anzahl von Seris von Typhus- und Paratyphuskranken berichten. GRÜNBERG & RorryY!?? fanden, allerdings mit einer Technik, die von KUTSCHER 4° beanstandet wird, bei 70 Proz. ihrer Typhuskranken eine Mitagglutination für Paratyphusbacillen, in 35 Proz. der Fälle soll diese Mitagglutination sogar stärker gewesen sein, als die Einwirkung auf Typhusbacillen. Auch KoRTE & STERNBERG !#! halten die von GRÜNBERG & Rorty benutzte Untersuchungsmethode nicht für zuverlässig und konnten ebensowenig wie MANTEUFEL 142 und KUTSCHER 14 bei Hunderten von 'Typhus- kranken für den Paratyphusbacillus eine stärkere Beeinflussung nachweisen als für den Typhusbacillus. Wir selbst haben an dem großen Material der Typhusbekämpfung wiederholt eine Mitagglutination von Paratyphusbacillen durch das Serum Typhuskranker beobachtet. Bei ausgebildeter Agglutininbildung (Titer 1:200) sprach die höhere Agglutination von Typhusbacillen stets für Typhus; nur im Beginn der Agglutininbildung (1:50) konnten wir bei Typhuskranken ausnahmsweise für Paratyphusbacillen eine stärkere Agglutination feststellen, als für Typhusbacillen. Demnach scheint dieser Befund einer die sichere Diagnosenstellung beeinträch- tigenden Doppelreaktion im Verhältnis zu dem einer ganz eindeutigen Einwirkung von Typhus- oder Paratyphusseris auf den der vorliegen- den Erkrankung homologen Mikroben allein ein seltener zu sein. Um auch in diesen Fällen mit zweifacher Agglutinationswirkung auf Grund der Serumreaktion zu einer Entscheidung über den tatsächlichen Infektions- erreger zu kommen, schlagen JÜRGENS®, DE FEYFER & KAYsER !?2, R. STERN!®4 und KorTE!35 nach dem Vorgange A. CASTELLANIS!33 vor, mit einer der beiden Bakterienarten das in Frage stehende Serum abzusättigen und nun nach Ab- zentrifugieren der eingesäten Bakterien das Serum gegen die andere Bakterienart zu prüfen. Es soll nämlich bei der Behandlung solchen Serums mit dem wirk- lichen Infektionserreger außer dem für diesen spezifischen (Haupt-)Agglutinin auch das die Agglutination des bei der Infektion nicht beteiligten Mikroben ver- anlassende (Neben-)Agglutinin mit entfernt werden; eine Absättigung mit dem letzteren Parasiten dagegen soll nur das Nebenagglutinin aus dem Serum ent- fernen, während das Hauptagglutinin unverändert darin bleibt. Dieser Ansicht steht jedoch die von PoSSELT & v. SaGassER138 gegenüber, welche bei der- artigen Absättigungsversuchen, die sie an künstlichen Immunseris mit Typhus-, Cholera-, Coli- und Dysenteriebacillen vornahmen, feststellen konnten, daß nach Absättigung eines Immunserums mit dem homologen Bakterium zwar das Hauptagglutinin entfernt werden konnte, die Nebenagglutinine jedoch nicht nur keine Verringerung zu erfahren brauchten, sondern unverändert bleiben oder sogar eine nicht unerhebliche Steigerung erfahren konnten, ebenso wie durch Absättigen der Nebenagglutinine bisweilen eine Verstärkung des Hauptagglutinins eintrat. Im Gegensatz dazu hat Verf.143 die Brauchbarkeit der CastEL- zanıschen Absättigungsmethode zur Unterscheidung von Haupt- und Immunität bei Typhus. 849 Nebenagglutininen, sowohl an Patientenseris als auch an Tierseris durchweg bestätigt gefunden, Voraussetzung bleibt allerdings, dab hohe Serumverdünnungen mit sehr großen Bakterienmengen wieder- holt behandelt werden. Auch Amarol# kommt in einer sehr aus- führlichen Arbeit zu dem Schluß, daß man durch die Methode der Absättigung mit ziemlicher Sicherheit bei einer zweifelhaften typhösen Infektion feststellen kann, welches der wirkliche Erreger der In- fektion ist. Die über diesen Punkt entstandenen Meinungsverschieden- heiten dürften zum Teil darauf zurückzuführen sein, daß Misch- infektionen von Typhus und Paratyphus durchaus nicht zu den Selten- heiten gehören, wie unter anderem aus den Veröffentlichungen von GAEHTGENS1#5, ForRnET1#%, Porrt!#’ und Popp #8 hervorgeht. Außer im Blutserum sind die Typhusagglutinine vor allem im Colostrum und in der Milch typhusimmuner Frauen und Tiere gefunden worden (ACHARD!#®, WıDAI. & SIcarD!20, KasEL & Manni, REMLINGER'*, THIERCELIN & LeE- NOBLE!52, CASTAIGNE!?3, SCHUMACHER !ö5#, MAHRT'?, STÄUBLI!*), ferner in der Peritoneal-, Pleura- und Pericardialflüssigkeit, in der Flüssigkeit von Zug- pflasterblasen, sowie im Urin (WıpaL & SıcarD!50),. GAEHTGENS!T konnte dagegen ım Blutserum eines vier Monate alten. Fötus keine Agglutinine nach- weisen, obwohl bei der Mutter die GRUBER-WIDALsche Probe stark positiv (1:200) ausfiel StÄuBLI!®® fand im Urin, der Galle, im Tränensekret, Speichel und Fruchtwasser bei gleichzeitig vorhandener hoher Serumreaktion nur geringe Agglutininmengen, dagegen in der Milch ganz bedeutende Mengen, die oft den Gehalt des Blutserums an Agglutininen ganz erheblich übertrafen. Wir werden auf diesen letzten Punkt im Abschnitt: Vererbung der Typhusimmunität zurück- zukommen haben. Eine praktische Bedeutung haben all diese Beobachtungen bisher nicht ge- funden, dagegen verdient hervorgehoben zu werden, daß neben den Cholera- agglutininen hauptsächlich die Typhusagglutinine zum Studium über die Ver- breitung, das Wesen, und den Aufbau der Agglutinine, sowie über den Vorgang der Agglutination gedient haben. Wegen der diesbezüglichen Arbeiten von EHRLICH und seiner Schule, EISENBERG & VOLK, BAIL, WASSERMANN, JOos, LöwIT, GAEHTGENS u. a. muß deshalb auf das Kapitel „Agglutination“ ver- wiesen werden. Der Ausfall der Gruger-Wiparschen Reaktion erfordert also nach den obigen Ausführungen eingehende kritische Würdigung, wenn er mit Nutzen für die Diagnose verwertet werden soll. Es wäre verfehlt, die GRUBER-Wıinparsche Reaktion diagnostisch ganz zu verwerfen, ebenso unzweckmäßig ist es aber auch, eine Diagnose von dem Ausfall der Gruser-Wiparschen Probe allein abhängig zu machen. ‚Aber beide Ansichten haben leider noch immer ihre zahlreichen Anhänger. Wir möchten Srtern13* beipflichten, der in einer seiner wertvollen Arbeiten auf diesem Gebiet den Satz aufstellt, daß die GrusEr-Winarsche Reaktion bei der Typhusdiagnose keine größere Beweiskraft hat, als die übrigen als sogenannte Kardinal- symptome bekannten klinischen Zeichen des Typhus, von denen eben kein einziges für sich allein die Diagnose ‚„Typhus“ sichern kann. Die auf Grund vielfacher Beobachtungen im Laufe der Zeit notwendig gewordenen Einschränkungen bei der klinischen Bewertung der GruBER-Wiparschen Reaktion sind mehr als ausgeglichen worden durch die an anderer Stelle besprochene Feststellung, daß es während der ersten Krankheitswochen mit Hilfe der Blutkultur in Galle fast bei 100 Proz. der Typhuskranken gelingt, Typhusbacillen zu züchten und durch die von uns!4#, 145 gefundene Tatsache, daß die Blutgerinnung Typhusbacillen nicht abtötet, sondern daß die Erreger des Abdominal- typhus auch in dem bei Anstellung der Gruger-Wivarschen Reaktion Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 54 850 W. FoRNET, bis dahin als wertlos fortgeworfenen Blutkuchen noch häufig genug mittels Kultur in sterilisierter Rindergalle nachweisbar bleiben. Ferner wird es sich in jedem Falle von Typhusverdacht em- pfehlen, die GRUBER-WinpAaLsche Reaktion so frühzeitig als möglich anzustellen, da bei ihrer späteren Wiederholung etwaige Aenderungen des Agglutinationstiters diagnostisch von der größten Bedeutung sind. Eine prognostische Bedeutung für den Verlauf und den Ausgang der Er- krankung kommt der Wıpauschen Reaktion nach unseren heutigen Kenntnissen nicht zu, da sie einerseits in leichten, gutartig verlaufenden Fällen fehlen, anderer- seits in schweren, tödlich verlaufenden bis zum Ende unverändert bestehen (FÖRSTER ®®, THIERCELIN & LENOBLE!52, STERN®) und auch im Blute der Typhusleichen nachgewiesen werden kann (STERN !). Ob eine Beobachtung TROUSSAINTs !61 einmal prognostische Verwertung wird finden können, scheint. zweifelhaft. TROUSSAINT beobachtete nämlich, daß Typhusbacillen, welche er aus dem Blute solcher Typhuskranker züchtete, die später der Krankheit er- lagen, von dem Serum der Patienten, von denen sie stammten, nicht agglutiniert, während Laboratoriumsstämme von diesem gut agglutiniert wurden, daß dagegen zwei Typhusstämme, welche aus dem Blute von später geheilten Patienten ge- züchtet waren, von dem Serum dieser Patienten ebensogut agglutiniert wurden wie Laboratoriumsstämme. Eine Bestätigung haben diese Angaben bisher nicht gefunden. c) Identiizierung von Typhusbacillen mittels der Agglutination. Leistet die Agglutinationsreaktion somit für die Diagnose einer Typhuserkrankung vorzügliche Dienste, so ist sie andererseits für die Identifizierung verdächtiger Bakterien, welche morphologisch und kulturell alle Eigenschaften des Typhusbacillus zeigen, geradezu un- entbehrlich geworden, um so mehr als auch avirulente Kulturen, mit denen die Anstellung des Preirrerschen Versuches nicht mehr gelingt, mittels der Agglutination durch ein hochwertiges künst- liches Immunserum als Typhusbacillen identifiziert werden können. Stets müssen hierbei Kontrollproben mit entsprechenden Verdünnungen von normalem Serum derselben Tierspecies, von welcher das Immun- serum stammt, angesetzt werden, um auszuschließen, daß die im Immunserum beobachtete Agglutination etwa eine Wirkung des nor- malen Serums auf den zu prüfenden Bakterienstamm ist; eine zweite Kontrolle wird zweckmäßig mit der zur Verdünnung des Serums be- nutzten physiologischen Kochsalzlösung oder Bouillon angesetzt, um eine etwaige Agglutinationswirkung des Verdünnungsmittels bzw. eine Pseudoagglutination, welche durch spontanes Zusammenklumpen oder schlechte Verreibbarkeit der zu prüfenden Bakterien bedingt sein könnte, auszuschließen. Vorbedingung für die Ausführung der Agglutination ist der Be- sitz eines möglichst hochwertigen, einwandfrei gewonnenen, künst- lichen Immunserums, dessen Agglutinationtstiter mit Hilfe einer mög- lichst virulenten Typhuskultur bestimmt worden ist. Zur schnellen Orientierung behufs Auswahl verdächtiger Kolonien, besonders von solchen, die im Oberflächenausstrich auf Agarplatten gewachsen sind, hat sich die von v. DrıicaLskr & Conkapı16? empfohlene orientierende Agglutination im hängenden Tropfen bz. auf dem Objektträger in einer schwachen Serumverdünnung, welche etwa dem 10—50-fachen des Serumtiters entspricht, bewährt. Hat man sich durch Beschicken eines hängenden Tropfens physiologischer Kochsalzlösung mit einer Immunität bei Typhus. 85l Spur einer verdächtigen Kolonie davon überzeugt, dab letztere aus lebhaft beweglichen Kurzstäbchen besteht, so impft man weiterhin am einfachsten auf einem Objektträger einen Tropfen der erwähnten schwachen Serumverdünnung mit einer Spur der Kultur und beob- achtet nun die eventuell eintretende Agglutination. Der Objektträger bietet den Vorteil, daß man eine größere Anzahl von orientierenden Agglutinationen nebeneinander vornehmen und in Zweifelsfällen in einfachster Weise den Tropfen sofort mit der schwachen Vergrößerung des Mikroskops untersuchen kann. Tritt die Agglutination prompt in wenigen Sekunden auf und erweist sich durch das schnelle Größer- werden der Bakterienhäufchen, die sich mit der schwachen Ver- größerung des Mikroskops wie lockere Schneeflocken präsentieren (s. die Fig. 1—3 auf S. 856f.) als echte Agglutination, so legt man mit dem Rest der Kolonie zur weiteren Prüfung eine Schrägagarkultur an. Es ist nicht empfehlenswert, wie dies Bruns & Kayser 110 vor- schlagen, auf Grund einer solchen Agglutination in einer schwachen Serumverdünnung (Bruns & Kayser empfehlen bei einem Titer eines Serums von 1:5000 die Verdünnung 1:100 zu nehmen) eine end- gültige Diagnose zu stellen, da, wie wir noch sehen werden, hierbei Irrtümer unterlaufen können. Vielmehr muß in jedem Falle auf diese orientierende Agglutination außer einer Prüfung der fraglichen Kultur in den gebräuchlichsten zur Differentialdiagnose des Typhus- bacillus empfohlenen Nährmedien die genaue Austitrierung der Kultur mit stärkeren Verdünnungen des Testserums folgen. Zu diesem Zwecke wird eine größere Reihe fallender Serumverdünnungen nach einer der noch zu beschreibenden Methoden mit der zu prüfenden Kultur beschickt; die Kulturserumgemische werden nach 1—2-stün- digem Aufenthalte im Brütofen untersucht, um festzustellen, bis zu welcher Serumverdünnung noch die Agglutination erfolgt (HETscH). Nur wenu diese annähernd dem Titer des Serums entspricht, darf die Asglutination als beweisend für Typhus angesehen werden (PFEIFFER & Korı£163, Wassermann 164, LipscHhürz 165), Kleine Unterschiede machen sich bei der Prüfung verschiedener Typhuskulturen mittels der Agglutination stets bemerkbar. So sind vollvirulente Typhusbacillen schwerer agglutinabel als avirulente (KoLL£E?®, Marx %#), frisch aus dem Körper gezüchtete schwerer agglu- tinabel als längere Zeit auf künstlichen Nährböden fortgezüchtete (Courmont16, Baıtw16 u. a.). Von einigen Beobachtern wird aber auch berichtet, daß frisch aus dem menschlichen Körper gezüchtete Typhusbacillen vollständig unagglutinabel waren, jedoch nach mehrfachem Ueberimpfen auf künst- liche Nährböden eine normale Agglutinabilität zeigten. So züchtete Roper aus den Milzen dreier Typhusleichen, Mc. WEEney!68 aus der Galle eines an Typhus Verstorbenen Typhusbacillen, welche anfangs von spezifischem Immunserum nicht oder nur sehr schwach agglu- tiniert wurden, später jedoch nach längerer Fortzüchtung auf künst- lichem Nährboden eine normale Agglutinabilität zeigten. Ueber ähn- liche Befunde berichten Sacau£pt£E169, Remus und Baxcer. Auch Kır- STEIN 170 berichtet, daß er des öfteren aus den Stühlen und Urinen Typhuskranker Typhusbacillen gezüchtet hätte, welche trotz charakte- ristischen kulturellen Verhaltens nicht von einem hochwertigen Typhus- immunserum agglutiniert wurden. Erst nach mehrfachem Ueberimpfen auf künstliche Nährböden erlangten sie eine normale Agglutinabilität. 54* 852 W. FORNET, Daß leicht und schwer agglutinable Typhusbacillen bei einem Individuum sich nebeneinander finden können, wurde mehrfach be- obachtet. NIcoLLE & TRENEL1l fanden in der Milz eines an Typhus Verstorbenen, ebenso auch in der Gallenblase eines künstlich mit Typhusbacillen infizierten Meerschweinchens neben leichtagglutinablen Typhusbacillen auch schweragglutinable. Die weitere Untersuchung der beiden Arten lehrte, daß die leichtagglutinablen Bakterien lebhaft beweglich waren, während die schweragglutinable Varietät sich als unbeweglich erwies. Wenige Ueberimpfungen auf gewöhnlichen Agar bewirken, daß der anfangs schweragglutinable Stamm die normale Agglutinabilität erlangte. Genau den gleichen Befund hatten P. Tr. Mürner!58 bei Züchtung von Typhusbacillen aus der Milz einer Typhusleiche und SCHELLER?? bei Stuhluntersuchungen. Ebenso ge- wann STERN158 aus dem Blute eines Typhuskranken zwei Arten von Typhusbacillen, eine, die gut agglutiniert wurde, und eine andere, die nur schwer agglutinabel war. Die bei manchen Typhusstämmen vorliegende Verminderung der Agglutinabilität findet auch in dem verspäteten Eintritt der Agglu- tination ihren Ausdruck. SCHELLER 173, KUTSCHER & MEINIcKE!# und Korte & STERNBERG!#l haben die auch von uns mehrfach beob- achtete Tatsache mitgeteilt, daß einzelne Typhusstämme innerhalb 2 Stunden bei 370 zunächst wenig oder gar nicht durch Typhus- immunserum beeinflußt und erst innerhalb 24 Stunden maximal agglu- tiniert werden. Wie eine solche Herabsetzung der Agglutinabilität von frisch aus dem Körper isolierten Typhusbacillen zustande kommen kann, lehren uns Versuche von BaınL!67, WALKER!?5, HAMBURGER !'®, P. Tu. MüLLer!?2 und Kırstein 17, Baır sah, daß Typhusbacillen, welche wenige Stunden im Meer- schweinchenperitoneum verweilt hatten, durch ein sonst stark aggluti- nierendes Typhusimmunserum gar nicht oder nur sehr wenig be- einflußt wurden; er erklärt dieses Phänomen durch die Annahme, daß diese Bakterien im Tierkörper Vorstufen der Agglutinine, „Agglu- tinophore“, welche zwar die haptophore aber nicht die zymophore Gruppe des fertigen Agglutinins besitzen, an sich gerissen und so ihre haptophoren Gruppen verstopft hätten. Weiterhin konnte er, wie auch WALKER, MÜrLer und Kırstein Herabsetzung der Aggluti- nabilität an Typhusbacillen nachweisen, welche in schwachen Ver- dünnungen von Typhusimmunserum gewachsen sind. HAMBURGER wies dasselbe an Choleravibrionen nach. Während WALKER, MÜLLER und HAMBURGER geneigt sind, in diesem Phänomen eine echte Immuni- sierung der Typhusbacillen bz. Choleravibrionen gegenüber der sie schädigenden Wirkung des Immunserums zu erblicken, wie dies TROMMSDoRFF1?? und Comn!?8 auch für die Resistenz von in normalen Seris gewachsenen Typhusbacillen gegen die bakterizide Alexinwirkung von normalen und Immunseris annehmen, glauben Bar und Kırsterın, dab es sich auch hier nur um eine Besetzung der haptophoren Gruppen mit Agglutinophoren (syn. Agglutinoiden) handelt, zumal sowohl sie als auch die anderen drei Autoren sich davon überzeugen konnten, daß diese Herabsetzung der Agglutinabilität sehr schnell verschwand, wenn die betreffenden Typhusstämme wieder auf gewöhnlichen Nähr- böden weitergezüchtet wurden; schon nach wenigen Uebertragungen, oft schon nach der ersten, war die normale Agglutinabilität solcher Stämme wiederhergestellt. Kırsreıv konnte dabei zeigen, daß nicht WR BD Br er Be DEREN Immunität bei Typhus. 853 alle untersuchten Typhusstämme bei diesen Versuchen sich gleich ver- hielten, bei einigen Stämmen gelang die Herabsetzung der Aggluti- nabilität überhaupt nicht. Wir würden also annehmen müssen, dab unter Umständen im Körper des kranken Menschen die in ihm vor- handenen Typhusbacillen Agglutinoide an sich reißen und gegebenen- falls so bei der Züchtung zur Entstehung schwer agglutinabler Typhus- kulturen führen können. Doch scheint noch eine andere Möglichkeit für die Entstehung schwer agglutinabler Typhuskulturen bei Züchtung von Typhusbacillen aus dem Körper zu bestehen. NıcoLLe & Trenert?! fanden, daß normal bewegliche und gut agglutinable Typhuskulturen beide Eigen- schaften einbüßten, wenn man sie bei 42° wachsen ließ, alsbald aber wieder in die frühere normale Modifikation übergingen, wenn sie wieder bei 360 C gezüchtet wurden. Es wäre hiernach also auch denkbar, daß hohe Fiebersteigerungen bei Typhuskranken zur Ent- stehung schwer agglutinabler Varietäten des Typhusbacillus Ver- anlassung geben könnten. In einem gewissen Widerspruch scheint hierzu die Beobachtung Weırs179 zu stehen, daß sich das Agglutinationsphänomen bei 50 bis 55° besonders schnell und sicher vollzieht. Jedenfalls bilden solche an sich nicht oder schwer agglutinable Typhusstämme die Ausnahme. Häufig erlangen sie diese für die Untersuchung un- erwünschte Eigenschaft erst durch Fortzüchtung auf Nährböden, die für diese Zwecke ungeeignet sind. WAssSERMANN164 beobachtete bei der Verwendung stark alka- lischer Nährsubstrate, Lentz & Tıerz180 bei der Benutzung eines Malachitgrünagars zur Anreicherung von Typhus- und Paratyphus- bacillen, Kırsteın bei Züchtung von Typhusbacillen auf einem eiweißfreien Urinagar eine Herabsetzung der normalen Agglutinabili- tät. Dagegen konnte der letztgenannte Autor auch eine leichte Steige- rung der Agglutinabilität bei Typhusbacillen beobachten, die er 30 Mi- nuten lang auf 52° C «erwärmt hatte, oder die auf Kartoffeln fort- gezüchtet waren, welchen 1-proz. Essigsäure zugesetzt war. Sowohl die künstliche Herabsetzung wie auch die leichte Steigerung der Agglutinabilität verlor sich jedoch in allen Fällen, sowie die be- treffenden Stämme wieder auf gewöhnliche Nährböden übertragen wurden. Daß aber auch schwer oder gar nicht agglutinable Typhus- stämme dennoch als solche durch agglutinierendes Serum identifiziert werden können, haben die Untersuchungen von EISENBERG & VoLk!®l gezeigt. Die genannten Autoren konnten in sehr sorgfältigen Unter- suchungen nachweisen, daß Behandeln von Typhusbacillen mit schwachen Säuren oder Erhitzen der Kulturen die Bacillen inagglu- tinabel machten, sie fanden aber, daß solche Bacillen noch im- stande waren, große Mengen von Agglutininen zu binden, und grün- deten auf diese Beobachtung die Theorie, daß eine derartige Behand- lung die die Agglutination ermöglichende, die fällbare, funktionelle oder agglutinable Gruppe der agglutinablen Bakteriensubstanz ver- nichte, daß aber ihre haptophore Gruppe erhalten bleibe. Behandelt man ein Typhusimmunserum mit derart veränderten Typhusbacillen, so kann man nach Torsuka 18? dem Serum alle Typhus- B Dunine entziehen, so daß es keine Typhusbacillen mehr agglu- ıinlert. 854 W. FoRNET, WASSERMANN !6 will die daraus sich ergebende Methode der Identifi- zierung von Typhusbacillen in solchen Fällen anwenden, in welchen der Ver- dacht besteht, daß Typhusbacillen durch äußere Schädlichkeiten ihre normale Agglutinabilität eingebüßt haben. Kann somit bei der Identifizierung der Typhusbacillen das ver- schiedene Verhalten der Agglutinabilität verschiedener Typhusstämme einige Schwierigkeiten bereiten, so verdient auf der anderen Seite auch das zu der Untersuchung verwandte Immunserum die größte Aufmerksamkeit. Als gänzlich unstatthaft sollte es bezeichnet werden, Serum von Typhusrekonvaleszenten zur Differenzierung von Typhusbacillen zu verwenden. Die mit solchem Serum gewonnenen Resultate sind nichts weniger als einwandsfrei, da, wie wir oben gesehen haben, in einem solchen Serum neben dem für den Typhusbacillus spezifischen Haupt- agglutinin noch eine ganze Reihe von Nebenagglutininen in solcher Konzentration vorhanden sein können, daß sie zu den gröbsten Irr- tümern Veranlassung geben können. Die praktischen Konsequenzen, welche die Diagnose eines Typhus nach sich zieht, verlangen die größtmöglichste Sicherung der Diagnose; es muß daher vor allem dem Einwande begegnet werden, daß die für die Diagnose verwertete Agglutinationsreaktion vielleicht nur auf der Wirkung von im Immunserum enthaltenen Nebenagglutininen beruhe. Diesem Einwand kann aber einzig und allein durch den Nachweis begegnet werden, daß die in Frage stehende Kultur von dem Testserum ebensohoch "oder -dochzame nähernd in demselben Grade agglutiniert wird, wie der- jenige Typhusstamm, mit dem das Typhusimmunserum hergestellt wurde. Die Erfüllung dieser Forderung ist aber nur dann gewähr- leistet, wenn man kein Rekonvaleszentenserum, sondern ein künst- lich hergestelltes Typhusimmunserum benutzt. Je höher der Agglu- tinationstiter dieses Immunserums liest, um so mehr treten, wie wir schon bei Besprechung der Differentialdiagnose zwischen Typhus und Paratyphus gesehen haben, die Nebenagglutinine hinter den . Hauptagglutininen an Konzentration zurück und um so sicherer können Irrtümer bei der Bestimmung eines fraglichen Bakteriums aus- geschlossen werden. Daß der Austitrierung der Agglutinabilität des zu prüfenden Bakteriums mittels eines hochwertigen Testserums die sorgfältige Prüfung und Feststellung der typischen morphologischen und kulturellen Eigenschaften vorauszugehen hat, bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Erörterung. ; d) Die Ausführung der Agglutination. r Die Mehrzahl der früher von verschiedenen Autoren angegebenen Agglu- tinationsmethoden haben heute nur noch historisches Interesse und sollen des- wegen im folgenden unberücksichtigt bleiben, sie haben von LENTZ in der ersten Auflage dieses Handbuches eingehende kritische Würdigung erfahren. 1) Die GRUBER-WıIDALsche Reaktion: Dem Patienten wird aus der Finger- beere oder dem Öhrläppchen nach Einstich mit dem Frankeschen Blut- schnepper oder mit einer spitz ausgezogenen Glaskapillare etwas Blut entzogen und in einer Kapillare oder einem kleinen Gläschen aufgefangen. Zweckmäßig ist auch die von A. E. WRIGHT angegebene Methode, nach welcher man die zu untersuchende Person einen Arm kräftig schwingen oder längere Zeit herab- hängen läßt, das Grundglied des Daumens mit einem Tuch fest umschnürt, dann das Nagelglied maximal beugen läßt und schließlich mit einer spitz aus- gezogenen Glaskapillare in die Streckseite des Nagelgliedes rasch einsticht. En DEE DL ”.» ar > us Immunität bei Typhus. 855 Dieses Verfahren ist dem Patienten so wenig unangenehm, daß wir es an einem und demselben Daumen viele hundert Male wiederholen konnten, ohne irgend- welche Schmerzen zu verursachen, dabei liefert es rasch und regelmäßig eine zur Untersuchung ausreichende Menge Blut. Das auf die eine oder andere Weise gewonnene Blut läßt man gerinnen und wartet dann entweder bis sich das Serum abgesetzt hat oder man beschleunigt diesen Vorgang, indem man das Blutgerinnsel mit einem Platindraht von der Wand des Glases ablöst und dann das Gläschen etwa 10 Minuten lang zentri- fugiert. F Das klare Serum wird in ein zweites, reines Gläschen übergegossen oder mit der in Figur 4 abgebildeten Kapillarpipette übergefüllt, mit einer gradu- ierten Pipette gemessen und mit physiologischer Kochsalzlösung auf das Zehn- fache verdünnt. Die Bakterienaufschwemmung wird in der Weise hergestellt, daß eine 18—20-stündige, gut gewachsene und leicht agglutinable Typhus- kultur auf Schrägagar mit ca. 5 ecm physiologischer Kochsalzlösung über- ossen, in dieser mit einer Platinöse verrieben, nach Wiederaufsetzen des Vattepfropfens stark geschüttelt und einige Zeit zum Absetzen der gröberen Teilchen ruhig hingestellt wird. Die überstehende gleichmäßige Emulsion wird zunächst in ein anderes, reines Gläschen übergegossen. Diese so zubereiteten beiden Reagentien und physiologische Kochsalzlösung werden nach folgendem Schema in Reagenzgläschen verteilt, die zweckmäßig etwa 10 cem hoch, 1 cem weit sind und einen flach gewölbten Boden besitzen. 1:50 1:100 1: 200 Kontrolle '/,, Serum | 02 01 | 00 0 Physiologische Kochsalzlösung 0,6 0,7 0,75 8,0 Bakterienaufschwemmung 0,2 0,2 0,2 0,2 l cem l cem l cem l cem In den Hals der zum Abmessen und Ueberfüllen benutzten Pipette tut man am besten etwas Watte, um bei etwaigen Versehen eine Infektion mit Typhus- bacillen zu verhüten. In gleicher Weise wie für Typhusbacillen werden nach Möglichkeit von jedem Serum auch Agglutinationsproben mit Paratyphusbacillen angesetzt. Die nach obigem Schema beschickten Röhrchen kommen nun in den Brut- schrank, um nach 2 Stunden makroskopisch beurteilt zu werden. Man faßt ein Röhrchen mit Daumen und Zeigefinger an der mit Wattebausch ver- schlossenen Oeffnung und, legt es so auf die Kleinfingerseite der mit dem Handrücken vor die Augen gehaltenen linken Hand, daß das von der Zimmer- decke reflektierte indirekte Tageslicht durch die in dem Gläschen liegende Flüssigkeitssäule in das Auge fällt. Bei positiver Agglutination sieht man daun in der Flüssigkeit gleichmäßig verteilt lauter kleine Körnchen. In dem Kon- trollgläschen und bei negativem Ausfall der GRUBER- Wıparschen Reaktion sieht man nur eine gleichmäßige, feine Trübung, aber keine Körnchen. Soll die Agglutination beschleunigt werden, so setzt man die in der oben beschriebenen Weise gefüllten Agglutinationsröhrchen nach dem Vorschlage von GAEHTGENs'" in eine Zentrifuge und kann dann schon nach 10 Minuten das Resultat mit ebenso großer Sicherheit ablesen, wie bei der sonst üblichen, 2 Stunden Zeit in Anspruch nehmenden Methode. Der positive Ausfall der Agglutination macht sich bei der Zentrifugiermethode dadurch bemerkbar, daß fast der ganze Boden des Gläschens von einem schleierartigen landkartenförmigen Belag bedeckt ist. Bei der Kontrolle und bei negativem Widal fehlt dieser sehr charakteristische Belag; statt dessen findet sich an der tiefsten Stelle des Gläschens ein ganz kleiner, kreisrunder Bodensatz. Schüttelt man den durch Zentrifugieren gebildeten Bodensatz auf, so zeigen sich in den Gläschen zwischen positiver und negativer Agglutination genau dieselben Unter- aee, wie sie bei der gewöhnlichen Methode der Agglutination beschrieben wurden. Weır!?9 hat empfohlen, das Eintreten des Agglutinationsphänomens da- durch zu beschleunigen, daß man die Agglutination bei 50—55° und nicht wie sonst üblich bei 37° vor sich gehen läßt. AsaKAwAa 134 empfiehlt im Gegensatz dazu, die Röhrchen mit der Bakterien- Serumaufschwemmung in eine Kältemischung zu tauchen und so zum Gefrieren zu bringen. Auf diese Weise soll das Phänomen, falls es überhaupt in der ver- W. FORNET, 856 wandten Serumverdünnung auftritt, nach dem Wiederauftauen des Röhrchens, ‘d. h. in längstens 1/, Stunde, vollkommen ausgebildet sein. KıRSTEIN !70 hat jedoch keine guten Resultate mit der Methode gehabt. A AN in a Fir “ Ba Bo gı [ ® A E 7 $ Br Bi sit = | et “oh, & De Br % Fig. 1. Fig>2: Fig. 1. Gleichmäßige Verreibung von Typhusbacillen in einem hängenden Tropfen bei schwacher Vergrößerung (etwa SO-fach). Fig. 2. Beginnende Agglutination von Typhusbacillen im spezifischen Serum ; im hängenden Tropfen bei schwacher Vergrößerung (etwa 80-fach). ; An Stelle der lebenden Kulturen haben WıpDAr°®, FÖRSTER®? und PRrö- SCHER ®® durch Formol abgetötete Typhusbacillen empfohlen. FALTA & NOEGGE- RATH, sowie E. SCHOTTELIUS haben damit gute Erfahrungen gemacht, während € r \ 8 N | Er PN Yo% j a > ah er Re | Ss af a RN BEN 9 % a Ä SR E 44 5-02 an h ir “ A " ä Da De ER er Fig. 3. Vollendete Agglutination von Typhusbacillen im spezifischen Serum; im hängenden Tropfen bei schwacher Vergröße- rung (etwa 80-fach). das Diagnostikum stets als zuverlässig gefunden, wenn auch die Verwendung lebender Typhuskulturen im allgemeinen vorzuziehen ist. nach StÄuBL1!° durch die For- malinbehandlung die spezifische Agglutinabilität der Typhusbaeillen leidet. ROoLLY'!®® verwendet eine durch Toluol sterilisierte Bouillon- kultur, AASER!” eine ebenso be- handelte Peptonwasserkultur. Einen brauchbaren Ersatz für lebende Typhuskulturen stellt das Fickersche Diagnostikum dar, es ermöglicht auch denjenigen die GRUBER-WIDALsche Reaktion anzu- stellen, welchen kein Laboratorium zur Verfügung steht. Die Hand- habung ist sehr einfach, jedem Be- steck liegt eine genaue Gebrauchs- anweisung bei (MERCK-Darmstadt). Die Literatur darüber ist von KUTSCHER '° erschöpfend zusam- mengestellt. Seitdem haben noch SCHRUMPF !” und STENITZER "”! die Brauchbarkeit des „Diagnostikums“ nachgeprüft und kamen dabei zu der Ueberzeugung, daß es nicht immer die gleichen Resultate liefert, wie lebende Typhuskulturen und auch nicht immer gleichmäßig zu- sammengesetzt ist. Wir selbst haben Immunität bei Typhus. 857 2) Ausführung der Agglutination zur Identifizierung verdächtiger Kulturen. Man bringt auf ein Deckgläschen je einen Tropfen physiologischer Koch- salzlösung und verdünntes (1:10) Typhusimmunserum und verreibt in diesen sorgfältig eine Nadelspitze voll der verdächtigen Kolonie. Handelt es sich um Typhusbaecillen, so sieht man unter dem Mikroskop (Oelimmersion) in der Koch- salzlösung (hängender Tropfen) gleichmäßig verteilte bewegliche Stäbchen, von denen einige durch das Gesichtsfeld wandern und in der Serumverdünnung eine allmählich immer stärker werdende Häufchenbildung, die auch makro- skopisch oder bei Lupenbetrachtung sichtbar ist. Besteht die untersuchte Ko- lonie nicht aus Typhusbacillen, so bildet sich zwischen den beiden angelegten Tropfen kein Unterschied aus. Diese orientierende Agglutination muß aber un- bedingt noch durch kulturelle Methoden und vor allem durch die makroskopische, endgültige Agglutination ergänzt werden, ehe man berechtigt ist, die Diagnose „Typhusbacillen“ zu stellen. Hierzu legt man von der verdächtigen Kolonie eine Kultur auf Schrägagar an und prüft diese nach der bei Beschreibung der GRUBER-WiDaLschen Reaktion angegebenen Weise mittels makroskopisch zu beurteilender und in Reagenzgläschen anzusetzender Agglutination. Statt aber, wie dort für das Patientenserum empfohlen, das Immunserum nur bis zu 1:200 zu verdünnen, legt man in diesem Falle von dem möglichst hochwertigen Im- munserum noch weitere Verdünnungen, und zwar bis zur Titergrenze des Immunserums an. Nur wenn der zu untersuchende Stamm bis annähernd zur Titergrenze des verwendeten Immunserums agglutiniert wird, kann man mit größter Sicherheit behaupten, daß es sich um ein Bac. typhi handelt. Ill. Pfaundlersche Fadenreaktion. Nachdem CHARRIN & ROGER!?? u. a. bereits früher festgestellt hatten, daß Bakterien im zugehörigen Immunserum anders wachsen als in Bouillon und nachdem WıDAL!?3 dieses verschiedene Verhalten von Typhusbacillen in be- stimmten Flüssigkeiten zur Differentialdiagnose empfohlen hatte, beobachtete PFAUNDLER !9%4, daß Coli- und Proteus-Bakterien in entsprechendem Immun- serum zu Fäden auswachsen. Diese Beobachtung wurde bald darauf von Kraus & Löw19 bestätigt und auf Typhusbacillen ausgedehnt, fand aber zunächst keine praktische Anwendung, bis MANDELBAUM !% unter genauer Angabe einer anderen Methodik von neuem die Aufmerksamkeit auf diese Erscheinung enkte. In der Folge wurden MANDELBAUMs Angaben im wesentlichen bestätigt. TSCHERNORUTZKY 1°? und SOowEIKo 20 empfehlen die MANDELBAUMsche Methode als einfacher und anscheinend empfindlicher als die GRUBER-WIDALsche Re- aktion, Ast198 bezeichnet sje als zuverlässig, KESSLER !?? möchte sie neben der GRUBER-WıIDaLschen Reaktion gebraucht wissen, während GAEHTGENS & KAMM 200, sowie DENNEMARK 2"! in ihr keinen -Vorteil gegenüber der Agglu- tinationsprobe erblicken. Die Beobachtungen MANDELBAUMs, daß sich mit dieser Methode Haupt- und Nebenagglutinine unterscheiden lassen, daß ein vor Jahren überstandener Typhus den Ausfall der Reaktion anders beeinflußt, als eine beginnende Neuerkrankung und daß mit dieser Methode auch Typhuswirte als solche erkennbar sind, bedürfen jedenfalls noch weiterer Nachprüfungen. IV. Konglutination bei Typhus. In Fortsetzung früherer Versuche von BORDET & GaY?% beob- achtete SrtrenG?%%, daß inaktives Rinderserum die Fähigkeit besitzt, sensibilisierte Bakterien bei Gegenwart von Komplement auszuflocken. Handelt es sich um fragliche Bakterien, so kann man ihre Identität bestimmen, wenn das homologe Immunserum in der genannten Anord- nung eine Ausflockung hervorruft. Andererseits kann man auch die Art eines Immunserums bestimmen und so die Methode zur klinischen Diagnosestellung verwenden. STREenG bezeichnet die Konglutinations- reaktion als ebenso einfach wie die Widalprobe und verspricht sich von der mit dieser Methode möglichen, systematischen Sensibilisa- torenbestimmung mehr als von der in der GRUBER-Wiparschen Re- aktion zum Ausdruck kommenden Agglutininbestimmung, sowohl hin- 858 W. FoRNET, sichtlich einer frühzeitigen Diagnose, als auch bezüglich der Prognose, über welche die GRUBER-WıDALsche Probe nichts aussagt. STRENG konnte seine Methode bisher nur an 2 Typhuskranken erproben, sie gaben im Gegensatz zu 2 Gesunden eine positive Konglutinations- reaktion. Von anderer Seite ist dieses Verfahren leider bisher noch nicht nachgeprüft worden, was anscheinend darauf zurückzuführen ist, daß BarL?0 und Srär?06 zwar die tatsächlichen Beobachtungen STRENGS im allgemeinen bestätigten, aber die Besonderheit der von STRENG angenommenen Konglutinine des Rinderserums gegenüber den Agglutininen verneinten. Im Gegensatz zu BaıL & SpÄr schließt sich BARIKINE ?0 der Auffassung STRENGS an, daß Agglutinin und Konglutinin nicht identisch sind, da erhitztem Ochsenserum durch Kontakt mit Choleravibrionen nur die agglutinierenden, nicht aber die konglutinierenden Eigenschaften genommen werden. STRENG hatte schon vorher festgestellt, daß durch Dialyse nur die Agglutinine, nicht aber die Konglutinine unwirksam werden. V. Präzipitation bei Typhus. Etwa ein Jahr nach der Entdeckung der Agglutinine erbrachte Kraus208 den Nachweis, daß Immunserum in Filtraten von Typhus- kulturen Niederschläge hervorruft, und daß diese Niederschläge nur auftreten, wenn ein homologes Immunserum mit dem Filtrate der zugehörigen Bakterienkultur zusammengebracht wird. Diese dank der sorgfältigen Arbeiten UHLENHUTHs?209 in der forensischen Medizin und auf anderen Gebieten zu großer Bedeutung gelangte Reaktion fand zunächst keine praktische Verwendung für die Stellung der Diagnose auf Abdominaltyphus, da das Serum von T'yphuspatienten und Rekonvaleszenten die Präzipitine nur in verhältnismäßig ge- ringer Konzentration enthält und da die Präzipitine im Kranken- serum in der Regel nicht früher auftreten, als die so einfach nach- zuweisenden Agglutinine — Wir gingen nun von der Vermutung aus, dab im Blut vor den bis dahin ausschließlich gesuchten Präzi- pitinen möglicherweise Präzipitinogene nachweisbar sein könnten, da ja tage- und wochenlang vor dem Erscheinen von Immunkörpern Typhusbacillen im Blute kreisen. Mit der von Kraus angegebenen und allgemein üblichen Methode der Präzipitinuntersuchung gelang uns jedoch der erwartete Nachweis von Typhuspräzipitinogen im Blutserum Typhuskranker zunächst nicht. Erst als wir die Empfind- lichkeit der Methode dadurch verfeinerten, daß wir in den Mischungen von Patientenserum und Typhusimmunserum durch längeres Stehen- lassen oder Zentrifugieren einen Bodensatz von charakteristischer Form erzeugten 210, konnten wir an infizierten Tieren und an typhus- kranken Menschen zeigen, daß Typhuspräzipitinogene tatsächlich vor den Agglutininen und Präzipitinen im Blutserum auftreten. Weiterhin konnten wir die Empfindlichkeit der Reaktion noch dadurch erhöhen, daß wir die präzipitin- und die präzipitinogen- haltigen Flüssigkeiten nicht wie bis dahin allgemein üblich, mischten, sondern in 0,5 cm weiten Röhrchen (vgl. Fig. 4) sorgfältig über- einanderschichteten. Die von PrLaur, Hruck & Rossı?!1, FuruHara 212 u. a. gegen diese Methode erhobenen Einwände wurden von FoRNET & MÜLLER?!?, GAEHTGEns216 u. a. widerlegt, so daß sich jetzt diese Methode der Präzipitinuntersuchung fast allgemein eingeführt hat; sie wird übrigens vor unserer Veröffentlichung?13 schon einmal ge- Immunität bei Typhus. 859 legentlich in einer Arbeit über den Mechanismus der Albuminurie von M. Ascorı kurz erwähnt und hat in letzter Zeit durch A. Ascorı?1* zur Diagnose von Milzbrand eine größere Verbreitung erfahren. Praktisch kommt der von uns zuerst geführte Nachweis des Typhuspräzipitinogens im Serum Typhuskranker nur selten in Frage, da sich aus dem hierzu entnommenen Blute fast immer Typhus- bacillen züchten lassen, was allerdings meist 2%x24 Stunden oder längere Zeit in Anspruch nimmt. Theoretisch beansprucht die Methode insofern Interesse, als man bis dahin über das Schicksal des Bakterienpräzipitinogens im Organis- mus im unklaren war und als es GarHteens?16 mit ihrer Hilfe ge- lungen ist, Agglutinogen und Präzipitinogen einerseits, Agglutinin und Präzipitin andererseits einwandsfrei voneinander zu trennen. Fig. 4. Gestell mit Gläschen und Pipette für Präzipitinuntersuchungen (PAUL ALTMANN). Es ist wahrscheinlich, daß die Anwendung der von STRENG ?32 angegebenen Konglutinationsreaktion unsere Kenntnisse über das Schicksal der Antigene insbesondere der Präzipitinogene im infi- zierten Organismus fördern könnte. BArIıKINnE?YT erbrachte nämlich den Nachweis, daß die Konglutinationsreaktion auch solche Kombi- nationen von Präzipitinogen und homologem Präzipitin zur Anschau- ung bringt, die noch keine mit bloßem Auge sichtbaren Präzipitate liefern. Versuche in dieser Richtung liegen bisher noch nicht vor. VI. Opsonine. Die Fähigkeit eines Immunserums, Leukocyten und Bakterien derart zu beeinflussen, daß eine starke Phagocytose eintritt, wurde zuerst von METSCHNIKoFF?19 beobachtet, von Denys & LecLer?? eingehend studiert und von Leısuman??l und Wriıcur??? zu einer exakten Untersuchungsmethode ausgearbeitet. Durch diese Unter- suchungen wurde gezeigt, daß das Serum seinen entscheidenden Ein- fluß auf die Bakterien ausübt und WriıcHt gab den wirksamen Serum- bestandteilen den Namen Opsonine. Die Untersuchungstechnik ist von Bine & Lissner??3 und von Fornet & PorTER??* genau be- schrieben. — Die Opsonine sind, ebensowie die Präzipitine, von den Agglutininen verschieden und unabhängig (HEKToEN 225, SCHOTTMÜL- LER & Much 226, FoRNET & PoRTER??4, MÜLLER, GAEHTGENS & A0kT???), 860 W. FORNET, über ihren Bau ist noch keine Einigkeit erzielt worden; nach unseren eigenen Untersuchungen ??#, 22T besteht zwischen Normal- und Immun- opsoninen nur ein quantitativer, aber kein qualitativer Unterschied, so daß auch keine Veranlassung vorliegt, etwa den Normalopsoninen einen besonderen Namen zu geben. Wegen weiterer Einzelheiten muß auf den betreffenden Abschnitt dieses Handbuches (Bd. 2, S. 401) verwiesen werden. Nach ScHOTTMÜLLER & Muc#H 226 eignet sich kaum ein Bakterium so gut zur Demonstration des opsonischen Phänomens wie der Typhus- bacillus und doch sind die hierüber vorliegenden Untersuchungen ver- hältnismäßig spärlich. Dieser Umstand scheint auf die eigenartige Technik zurückzuführen zu sein, die jedoch bei guter Beherrschung kaum zeitraubender ist als irgendeine andere Untersuchungsmethode, besonders wenn man nicht die Zahl der durchschnittlich von einem Leukocyten aufgenommenen Bacillen, sondern die Zahl derjenigen Leukocyten bestimmt, die überhaupt Bakterien aufgenommen haben, eine Vereinfachung, die man unbeschadet der Zuverlässigkeit des Re- sultats vornehmen kann. Die Opsoninbestimmung ist auch dadurch unverdientermaßen in Mißkredit geraten, daß man von der irrigen Voraussetzung ausging, die Höhe des opsonischen Index müsse dem klinisch beobachteten Grad der Immunität gegen die Krankheit ent- sprechen. Dies ist, wie wir mit KRENCKER229 zeigen konnten, bei den Opsoninen ebensowenig der Fall wie bei den Agglutininen (Rossı231), für welche unter anderem JÜrGENns kurz vor dem Typhus- rezidiv einen besonders hohen Titer feststellen konnte. Nach Miır- HırT?30 beträgt der opsonische Index des Krankenserums bei Typhus mindestens 1,7, erreicht nicht selten 2,5; nach HEKToEn?25 meist kurz nachdem die Fieberkurve den Höhepunkt überschritten hat. Kurz vor einem Rezidiv beobachtete HEKToEn fast immer einen be- sonders niedrigen opsonischen Index. Nach demselben Autor lassen sich Typhus- und Paratyphusinfektionen und nach SCHOTTMÜLLER & Muvc# ?2?* Typhus- und Paratyphusbacillen durch die Opsoninreaktion gut voneinander differenzieren. VIl: Die Meiostagminreaktion. Die spezifischen Wechselbeziehungen zwischen Antigen und Anti- stoff lassen sich auch physikalisch demonstrieren. M. Ascou1?3? stellte nach dem Vorgang von NEISSER & SHıGA??? Extrakte aus Typhusbacillen her, brachte sie mit dem Serum von Typhuspatienten zusammen und fand dabei eine spezifische Herabsetzung der Ober- flächenspannung. Mit dem Traugzschen 23* Stalagmometer gemessen trat nach zweistündigem Aufenthalt der Mischung im Brutschrank eine Vermehrung der aus dem Rohr des Apparats fallenden Tropfen ein; diese blieb aus, wenn kein Typhusantigen oder kein Typhus- serum verwendet wurde. Da halbstündiges Erhitzen des Serums auf 56° das Ergebnis der Reaktion nicht veränderte und die wirksamen Stoffe aus den Extrakten in Alkohol löslich waren, nimmt AscoLı an, dab die Lipoide bei der Meiostagminreaktion wesentlich beteiligt sind. Die experimentelle Erzeugung meiostagminhaltiger Typhussera gelang Ascorı & Izar235 nicht, obwohl die Sera Typhusbaeillen agglutinierten. Dagegen konnte sie in einem von BELFANTI aus dem Pferde gewonnenen Typhusimmunserum Meiostagmine nachweisen. — Immunität bei Typhus. 861 Die Reaktion ist für Typhus bisher von VıGano236 nachgeprüft, be- stätigt und dahin erweitert worden, daß Typhusserum nur mit Typhus- extrakten, nicht aber mit Paratyphusextrakten positiv ausfällt. — Wegen technischer Einzelheiten muß auf den Abschnitt „Methoden der Immunitätsforschung‘‘ dieses Handbuches und auf die genannten Originalarbeiten verwiesen werden. VIII. Komplementbindung bei Typhus. Die von Borper angegebene Methode der Komplementbindung wurde zuerst von BoRDET & GeEnGou23” bei Typhus angewandt. Diese Autoren sowie WIDAaL & LE SourD??8,239 konnten komplement- bindende Antikörper im Serum von Typhuspatienten und von Tieren nachweisen, die mit Typhusbacillen immunisiert waren. Trotzdem auch MorezscHı?0 bald darauf die Richtigkeit der von BoRDET & GeENnGou mitgeteilten Tatsachen bestätigte, fand diese Untersuchungs- methode doch erst allgemeinere Verbreitung, nachdem WaAssERMAnN #1 von neuem auf sie hingewiesen und Einzelheiten der Methodik ange- geben hatte. Die Reaktion der Komplementbindung ist durchaus spezi- fisch (Literatur siehe bei Sacas & ALTMann 239) und kann sowohl zur Diagnose einer Typhuserkrankung, als auch zur Identifizierung von Typhusbacillen dienen. Auch zur Austitrierung von Typhusimpf- stoffen hat sie uns vorzügliche Dienste geleistet. Im übrigen muß auf den Abschnitt Komplementbindung dieses Handbuches verwiesen werden. IX. Ophthalmoreaktion bei Typhus. Handelte es sich bei den bisher besprochenen Symptomen der Immunität gegen Typhus bisher hauptsächlich um charakteristische Eigenschaften der Blut- flüssigkeit, die außerhalb des infizierten Organismus nachweisbar sind, so müssen jetzt noch kurz diejenigen Immunitätssymptome erwähnt werden, die am Körper des typhusinfizierten Menschen selbst nachweisbar sind. CHANTEMESSE 2%? hatte angegeben, daß Präparate aus Typhusbacillen bei Einträuflung in den Augenbindehautsack von Typhösen eine charakteristische und spezifische Entzündung der Augenbindehaut hervorruft. Diese Reaktion sollte bei 70 Typhuskranken nie versagt haben und bei 50 nicht an Typhus leidenden Personen immer negativ ausgefallen sein. Eine Bestätigung haben diese Angaben bisher nur durch BECKERS 24 gefunden. FLoyD & BARKER# wollen mit einem durch Autolyse von Typhusbacillen gewonnenen Präparat einigermaßen er- munternde diagnostische Erfolge gehabt haben: von 39 Typhuskranken reagierten 37 und von 24 sonstigen Kranken 4 positiv; mit dem Öriginalpräparat von CHANTEMESSE hatten diese Autoren keine guten Resultate. Kraus, LUSsEN- BERGER & Russ?#, sowie ORSZAG 22 und GOoDALL ”*" kommen zu einer voll- ständigen Ablehnung der Reaktion, da sie bei Typhuskranken nicht immer und zuweilen auch bei Gesunden eintritt. X. Kutireaktion bei Typhus. In Analogie mit der v. PıraurTschen Tuberkulosereaktion untersuchte zuerst WOLFF-EISNER 2%, ob Typhöse auf intrakutane Impfungen mit Typhus- baeillen-Präparaten anders reagieren als andere Personen. Er benutzte dazu das Fickersche Diagnostikum und konnte dabei keine charakteristische Reaktion beobachten. Bessere Erfolge hatte Link 4% mit der Verimpfung von älteren, sterilisierten Typhusbouillonkulturen. Von 3 Personen, die etwa ein halbes Jahr vorher Typhus überstanden hatten, gaben 2 eine sehr starke Reaktion, bei einer Person, die möglicherweise früher Typhus durchgemacht hatte und deren Serum 862 W. FORNET, positiven Widal (1:100) zeigte, stellte sich starke Rötung und Schwellung ein. Die dritte Person, welche sicher typhuskrank gewesen war und die übrigen Personen, die niemals Typhus gehabt hatten, reagierten gar nicht oder nur mit zeringen Reizerscheinungen. DEEHAN ?° erhielt mit einem sterilisierten Schüttel- extrakt aus virulenten Typhuskulturen bei 12 Typhusfällen eine schwache bis starke und bei 8 Kontrollfällen keine Reaktion. Er bezeichnet die Methode als einfach und vollständig gefahrlos. FLoyp & BARKER”®!, CHAUFFARD & TRoISIER?? und BERGMARK ?”® können sich auf Grund ihrer Erfahrung bei annähernd 200 Typhusfällen nicht dazu verstehen, die Cutireaktion bei Typhus als spezifisch anzusprechen, hier- mit würde übereinstimmen, daß PAISSEAU & FIXIER ?* bei intrakutanen Im- pfungen von Typhuskranken mit Tuberkulin eine positive Reaktion beobachteten, die bei Typhusrekonvaleszenten negativ ausfiel. Wenn also weder die Ophthalmo-, noch die Cutireaktion bei Typhus als spezifisch angesehen werden kann, so scheint dennoch bei beiden eine veränderte Reaktionsfähigkeit des mit Typhus- bacillen infizierten Organismus zum Ausdruck zu kommen; es erscheint nicht aus- geschlossen, daß mit wirksameren Präparaten aus Typhusbacillen besser über- einstimmende Resultate erzielt werden können. Den verhältnismäßig großen Prozentsatz von negativen Reaktionen bei Personen, die tatsächlich an Typhus leiden, wird man darauf zurückführen müssen, daß zur Zeit der Prüfung noch nicht genügend Antikörper gebildet waren. Wenn die Ophthalmo- und die Cutireaktion tatsächlich auf dem Zusammentreffen von Typhusantigen und Typhusantistoff beruhen, so sollte man jede derartige Reihe von Versuchen an Typhuspatienten dadurch ergänzen, daß man den Typhusverdächtigen nicht nur auf seine veränderte Reaktionsfähigkeit gegen Typhusantigen, sondern auch auf die gegen Typhusantistoff prüft, indem man ihm zu anderer Zeit und an anderer Stelle Typhusimmunserum beibringt. Befindet sich dann der Patient in einem Krankheitsstadium, in dem noch die Antigene die Antistoffe im Körper über- wiegen, so würde man möglicherweise nach Einspritzung von Typhusimmunserum eine positive Ophthalmo- bzw. Cutireaktion in denjenigen Fällen erzielen können, in denen sie mit den bisher ausschließlich üblichen Anti- genprüfungen ausbleibt. Xl. Anaphylaxie bei Typhus. Die Erscheinungen von Ueberempfindlichkeit nach wiederholten Injektionen von Typhusbacillen wurden zuerst von WOoLFF-EisnEr 255 erörtert und von Kraus & STENITZER 296 eingehend bearbeitet. FRIED- BERGER ®®T gelang es in der Folge aus Typhusbacillen Gifte zu ge- winnen, die schon primär toxisch waren und die er seiner Auffassung über die Anaphylaxie entsprechend als Anaphylatoxin ansah. Bes- REDKA & STRÖBEL??8 widersprachen dieser Auffassung unter Hinweis auf die Tatsache, daß es ihnen gelungen war, aus unbeimpften, ge- wöhnlichen Agarröhrchen ein Gift (Peptotoxin) herzustellen, das die- selben Vergiftungserscheinungen hervorrief, wie das Typhus-Ana- phylatoxin von FRIEDBERGER. — M. Ascorı?5? machte zuerst Ver- suche, mit Hilfe der passiven Uebertragung der Ueberempfindlichkeit dıe Diagnose des Typhus zu sichern. Seine Versuche, welche sich an die von YamanoucHı?60 über Tuberkulose anlehnten, führten aber ebensowenig zu einem eindeutigen Ergebnis, wie diejenigen von Dsranor?61 und Livıerato?62, Danach läßt sich die Ueberempfind- lichkeit gegen eine Injektion von Typhusbacillen mit dem Serum typhuskranker Menschen und gegen Typhus immunisierter Tiere Rp a A rn tt un fer Immunität bei Typhus. 863 passiv weiter auf ein Tier übertragen, aber diese Erscheinung bietet keine Beständigkeit und keine absolute Spezifität. All diese Versuche können aber, ebensowenig wie die in den beiden vorhergehenden Abschnitten (Ophthalmo- und Cutireaktion) be- sprochenen Untersuchungen über Ueberempfindlichkeitserscheinungen am Menschen, jetzt schon als abgeschlossen angesehen werden, da der Immunitätsgrad der Serumspender nicht immer genügend berück- sichtigt wurde. Verschiedentlich gewinnt man den Eindruck, daß die Untersucher kein Immunserum, sondern ein typhusantigenhaltiges Serum in der Hand hatten. So verwandte Lıvierarto2# als „anaphy- laktisches Serum“ das Blutserum von Tieren, die erst wenige Stunden vorher große Dosen von Typhusbacillen intraperitoneal erhalten hatten. Würden auch derartige Untersuchungen dadurch ergänzt, daß ein zu untersuchendes Serum im Anaphylaxieversuch am Tier sowohl, wie bisher als Träger des Antistoffs, als auch, was bisher nicht ge- schehen ist, als Träger des Antigens angesehen und dementsprechend einmal mit Typhusbacillen, das andere Mal mit hochwertigem Typhus- immunserum den Versuchstieren beigebracht würde, so könnte man nach unserer Meinung dadurch erst übersichtliche Verhältnisse schaffen und wahrscheinlich mit der Typhusanaphylaxie doch praktisch und theoretisch wichtige Ergebnisse erzielen. All. Typhusantitoxine. In Anbetracht der Tatsache, dab ein großer Teil der beim Typhus abdominalis auftretenden Krankheitserscheinungen, wie Kopfschmerzen, Benommenheit, Fieber und Störungen an den Blutkreislauforganen, auf Giftwirkung beruhen, mußten die Mitteilungen von BEsREDKA 263 und Mac Fapyen 264, daß es ihnen gelungen wäre, antitoxisch wir- kende Sera herzustellen, besonderes Interesse erwecken. Bei der sorgfältigen Prüfung dieser Sera durch PrEIrFer & Bessau?65 ergab sich aber, daß es sich nicht um echte Antitoxinwirkung handelte, da selbst größere Serumdosen keine vollständige Entgiftung der Typhusbacillen herbeiführten und da sich für das Verhältnis von Serum zum Typhusendotoxin die Gültigkeit des Gesetzes der Mul- tipla in keiner Weise dartun ließ. — Dieses negative Ergebnis konnte insofern nicht überraschen, als es bisher noch nicht gelungen ist, über- haupt die Existenz eines Typhustoxins, mit allen Eigenschaften eines echten Toxins, zu beweisen. Gewiß hat man aus Typhusbacillen Gifte gewonnen, durch welche Versuchstiere krank gemacht und auch ge- tötet werden (Kraus & STENITZER 26T); ihre Wirkung hat aber nichts Spezifisches, da sich nach den Untersuchungen FRIEDBERGERS 257 über das sogenannte Anaphylatoxin und nach ForNET & HEusners266 Mit- teilungen über Sepsin fast aus allen, besonders auch aus saprophy- tischen Bakterien, Gifte herstellen lassen, die entweder unmittelbaren Tod unter Sprinekrämpfen, CHEYNE-SToREsschem Atmen und Lungen- blähung, oder späteren Tod mit starken Diarrhöen, Lähmungen "der Hinterbeine, starker Füllung der Blutgefäße, Schwellung der PEYER- schen Plaques und Blutmengen in die Darmwand herv orrufen. Die- selben, als Kapillarvergiftung aufzufassenden Erscheinungen beob- achteten wir in Gemeinschaft mit KUTScHER und Schuster nach In- jektion von Fäulnisgiften, die aus verdorbenen Fischen gewonnen 864 W. FORNET, waren und die sich bei näherer Untersuchung als stickstoffhaltige Basen kristalloider Natur (Sepsin?) charakterisierten. Wir kommen also nach allem zu dem Schluß, daß bis jetzt beim Typhusbacillus weder echte Toxine, noch Antitoxine nachgewiesen worden sind. Bei einer Untersuchung der Immunitätssymptome des Typhus müssen demnach, bis auf weiteres wenigstens, die Anti- toxine unberücksichtigt bleiben. Bildung der Immunsubstanzen und Wesen der Typhusimmunität. Betreffs der Entstehung der Typhusantikörper, die sich in keinem Punkte von derjenigen bei anderen Infektionserregern unterscheidet, können wir auf die betreffenden Kapitel dieses Handbuches verweisen. Als Organe, welche Bildungsstätten der Typhusantikörper sind, konnte A. WassEerMAnN 269 Milz, Knochenmark und Lymphdrüsen nachweisen, eine Angabe, die von L. Deutsch 2"! bestätigt worden ist. An die Angaben WassEerMmAnNns anknüpfend hat Jrz eine Methode der spezi- fischen Behandlung des Abdominaltyphus ausgearbeitet, auf die wir noch weiter unten näher eingehen werden. Nach Beobachtungen von Hrım?'° entwickeln auch rote Blutkörperchen sowie andere Örganzellen, wenn sie unter dem Einflusse von Typhusbacillen zerfallen, Stoffe, die auf die Bacillen schädigend wirken. Die Bakterien werden unbeweglich, quellen und lösen sich allmählich auf. Genauere Untersuchungen über das Wesen dieser Erscheinung liegen zurzeit noch nicht vor. (Geben uns die Untersuchungen von WASSERMANN und DEUTSCH wertvolle Anhaltspunkte über die Bildungsstätte der Immunsubstanzen, so haben sie doch unsere Kenntnisse über das eigentliche Wesen der Immunität ebensowenig geklärt, wie das die Entdeckung der Immun- substanzen selbst getan hat. Aus den Untersuchungen von PFEIFFER & KOLLE, WIDAL, FRÄNKEL, KÖHLER und vieler anderer wissen wir, daß die Zeitdauer, innerhalb welcher - die Immunsubstanzen im Blutserum der Rekonvaleszenten und Immuntiere nach- weisbar sind, in der Regel eine recht kurz begrenzte ist. Während die Menge der im Serum eines natürlich oder künstlich infizierten Menschen oder Tieres nachweisbaren Immunsubstanzen in verhältnismäßig kurzer Zeit ihr Maximum erreicht, sinkt sie, nachdem sie sich einige Zeit auf dieser Höhe gehalten hat, mehr oder weniger rasch wieder ab, so daß einige Monate nach erfolgter In- fektion ein solches Blutserum in der Regel nicht mehr Immunsubstanzen er- kennen läßt, als dasjenige eines normalen Individuums derselben Gattung. Speziell für den Typhus wissen wir, daß bei Kindern in der Regel etwa 3 Monate nach Beginn der Erkrankung (KÖHLer'?), bei Erwachsenen etwas später die Agglutinine und Bakteriolysine im Serum nicht mehr nachweisbar sind (PFEIFFER & KoLrE163), daß ein jahrelanges Vorhandensein der Sub- stanzen im Blutserum von Individuen, die Typhus überstanden haben, immerhin zu den Ausnahmen gehört. Gleichwohl bleibt aber die durch das einmalige Ueberstehen der Krankheit erworbene Immunität jahrelang und oft für das ganze Leben bestehen. METSCHNIKOFF glaubt auf Grund seiner Untersuchungen, daß dies darauf beruhe, daß in einem Körper, der einmal unter dem Einflusse einer gewissen Bakterieninfektion gestanden habe, nun die Leukocyten für lange Zeit und oft für das ganze Leben des betreffenden Individuums die Fähigkeit behalten, diese Bakterienart bei ihrem etwaigen Neueindringen in den Körper sofort in sich aufzunehmen und zu vernichten. Im Gegensatze hierzu sprechen im Sinne der PFEIFFERschen Auffassung, nach welcher die Immunität nicht an die Leukocyten gebunden ist, sondern sich in dem Auftreten der Immunsubstanzen im Serum des infizierten Körpers zu erkennen gibt, einige Untersuchungen von v. DUNGERN??2, 273 und von Core ?* Immunität bei Typhus. 365 Ersterer sah bei seinen Untersuchungen über Serumpräzipitine, daß Tiere, welche bereits mit einer bestimmten Serumart vorbehandelt waren, auch nach vollständigem Abklingen der durch die Behandlung hervorgerufenen Reaktion auf eine erneute Injektion derselben Serumart in weit kürzerer Zeit und in viel stärkerem Maße mit der Bildung von spezifischen Präzipitinen antworteten, als normale Tiere derselben Tierspecies. CoLE prüfte diese Beobachtung v. DUNGERNs auf Veranlassung von WASSER- MANN an den Typhusagglutininen nach. Er stellte zunächst fest, daß normale Kaninchen noch auf die intravenöse Injektion von !/s90u Oese lebender Typhusagar- kultur mit der Bildung von nachweisbaren Mengen der Typhusimmunsubstanzen reagierten 2’6; nach Injektion kleinerer Dosen trat die Bildung solcher Sub- stanzen nicht mehr in der Erscheinung. Er erzeugte nun durch subkutane Injektion größerer Dosen von abgetöteten und lebenden Typhusbacillen bei Kaninchen eine hohe Typhusimmunität, die er an dem Agglutinationstiter des Serums der Tiere maß. Alsdann setzte er die Behandlung der Tiere aus und wartete ab, bis der Asglutinationstiter wieder bis zum normalen Werte herabgegangen war, den das Serum der Tiere vor der Behandlung gehabt hatte. Spritzte er nun diesen Tieren !/400 Oese lebender Typhuskultur, also die Hälfte jener Dosis ein, welche bei normalen Tieren eben noch eine Bildung minimaler Mengen von 'Typhus- immunsubstanzen hervorzurufen imstande war, so schnellte der Serumtiter in 5 Tagen fast zu derselben Höhe hinauf, auf die er durch die vorangegangene kräftige Immunisierung gebracht worden war. ‘WASSERMANN & CoLE sehen auf Grund dieser Untersuchungen als das Wesen der Typhusimmunität eine hohe Empfindlichkeit der die Immunsubstanzen bildenden Organe an, welche nach überstandener Typhusinfektion die Fähigkeit zurückbehalten, auf einen minimalen homologen Reiz mit der Bildung massen- hafter Immunsubstanzen zu antworten. In gleichem Sinne spricht die Beobachtung, welche SHıGA °"> bei der aktiven Immunisierung von Menschen gemacht hat. Während der Agglutinationswert im Serum einer normalen Versuchsperson durch die Injektion von 0,5 ccm NEISSER- SHIGAschen Typhusimpfstoffs (s. später) in 3 Tagen auf 1:80 stieg, erreichte das Serum von SHIGA selbst, welcher 12 Jahre zuvor einen Typhus durchge- macht hatte (sein Serum zeigte trotzdem vor der Behandlung, ebenso wie das der anderen Versuchsperson, keine Agglutinationswirkung gegenüber Typhus- bacillen), durch die Injektion von 0,25 ccm von demselben Impfstoff, also der Hälfte der Menge, die die andere Versuchsperson erhalten hatte, in 8 Tagen den Agglutinationstiter 1:640. Auch der bakterizide Titer des Serums von SHIGA selbst erwies sich im Reagenzglasversuche höher als der der anderen Ver- suchsperson. Als Typhusimmunität im engsten Sinne haben wir die Widerstandsfähigkeit des Menschen gegen eine intestinale Infektion mit virulenten Typhusbacillen anzusehen. Da wir diese nicht ex- perimentell herbeiführen dürfen, fehlt uns der einzige zuverlässige Maßstab zur Beurteilung einer bestehenden Typhusimmunität. Einen gewissen Ersatz dafür bieten uns Massenbeobachtungen, bei denen Menschen mit verschieden starker Immunität den gleichen natür- lichen Infektionsbedingungen ausgesetzt sind, wie dies etwa in einer Armee der Fall ist, von welcher nur ein Teil der Soldaten gegen Typhus geimpft ist; Epidemien, wie sie jüngst in Schneidemühl oder Hanau beobachtet wurden, in denen nur die Zivilbevölkerung oder nur ein verhältnismäßig selbständiger Teil des Militärs der Infektion ausgesetzt war, sind kein geeignetes Objekt für derartige Beob- achtungen. Die Tatsache, daß es sich um Massenbeobachtungen han- delt, schließt aber wiederum die Möglichkeit aus, in einem Einzel- fall die wirklich stattgefundene Infektion mit Sicherheit fest- zustellen und die daraufhin im Körper des Infizierten sich ab- spielenden Veränderungen im einzelnen zu verfolgen. Hieraus und aus dem Umstande, daß die gebräuchlichen Versuchstiere keine dem Typhus abdominalis des Menschen gleichende Erkrankung durch- machen, erklärt sich, daß wir über den Mechanismus der Typhus- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 55 866 W. FORNET, immunität so wenig wissen. Die 11 Immunitätsreaktionen, die im vorhergehenden besprochen wurden, können wir vorläufig nur als Symptome der Immunität ansehen; keine von ihnen können wir bis jetzt ohne Einschränkung mit der Immunität in ursächlichen Zu- sammenhang bringen, da jede von ihnen bei tatsächlich vorhandener Typhusimmunität gelegentlich einmal fehlen kann. Es sei nur an die Typhuswirte erinnert, die doch das klassische Beispiel einer Typhusimmunität darstellen und bei denen das Fehlen jeglicher Im- munitätsreaktion so häufig beobachtet wird. Rein empirisch müssen wir beim Menschen drei verschiedene Grade von Immunität unterscheiden: bei der „immunitas sterili- sans seu militans“ 277 entledigt sich der Organismus ohne weiteres der eingedrungenen Typhusbacillen; bei der ‚immunitasindolens“ erkrankt zwar der Organismus auch nicht, aber er behält die einmal aufgenommenen Typhusbacillen lange Zeit, wenn nicht für immer bei sich; bei der „immunitas irritans“ endlich lösen bestimmt umgrenzte Dosen von Typhusbacillen oder deren Stoffwechselprodukte stärkere Erscheinungen aus, als sie an in dieser Hinsicht völlig normalen Menschen beobachtet werden. Typhuswirte entstehen nach unserer an anderer Stelle 278, 273 begründeten Anschauung sehr häufig dadurch, daß Personen mit einer Immunitas indolens von neuem Typhusbakterien aufnehmen. Typhusimpfstoffe. Die Einverleibung von Typhusimpfstoffen kann verschiedene Ziele verfolgen: Schutz des Individuums gegen eine nachfolgende infektion, Heilung einer bestehenden Infektion mit Typhusbacillen oder Gewinnung eines spezifischen Serums. — Hier sollen nur die beiden ersten Verwendungsarten von Typhusimpfstoffen zur Erörte- rung kommen, während die spezifischen Sera im nächsten Abschnitt besonders besprochen werden. Eine prophylaktische Impfung mit Typhusbacillen wurde zuerst von BEUMER & PEıPpErR?80, und zwar an Tieren vorgenommen. BEUMER & PEIPER gingen dabei so vor, daß sie Hammeln anfangs kleinste Mengen, später steigende Dosen von einer Aufschwemmung leben- der Typhusbacillen einspritzten, die Kartoffelkulturen dieser Mikroorganismen entstammen. Diese Tiere ertrugen hinterher die Einspritzung der für nicht be- handelte Tiere tödlichen Dosis. BRIEGER, KITASATO & WASSERMANN 281 konnten ebenso wie später PETRUSCHKY2®? an Mäusen die Resultate von BEUMER & PEIPER bestätigen. CHANTEMESSE & WıpAL3l zeigten zum ersten Mal, daßdie Immunisierung von Tieren gegen Typhus auch mit ab- getöteten Typhusbacillen gelingt. BRIEGER, KıTasaTtO & WASSERMANN konnten ferner nachweisen, daß eine einmalige Injektion abgetöteter Typhusbacillen genügt, um Tiere gegen Typhusbaeillen zu immunisieren, und daß, wie schon oben erwähnt, bei derartig immunisierten Tieren ein spezifisch schützendes Serum auftritt. Als das bei dem Immunisierungsvorgang wirksame Prinzip nahmen sie die Bakterienzelle an. Filtrierten sie nämlich Typhusbouillonkulturen durch Chamberlandkerzen und injizierten nun das Filtrat Tieren, so erzielten sie entweder gar keinen oder nur sehr unvollkommenen Impfschutz, je nachdem dem Alter der Kultur ent- sprechend mehr oder weniger zahlreiche Bakterien in der Kultur zugrunde ge- gangen und ausgelaugt waren. Immunität bei Typhus. 867 Auch BiTTEr?® arbeitete mit Typhuskulturfiltraten, die er vor der Fil- tration im Vakuum eingeengt hatte; er erzielte aber durch intravenöse In- jektionen dieses Impfstoffs bei Kaninchen einen nicht unerheblichen Grad von Festigkeit gegen sicher tödliche Dosen des Impfstoffs. Das Serum dieser Ka- ninchen hob mit dem Impfstoff gemischt dessen Giftwirkung auf, während dem Serum nichtbehandelter Tiere diese Fähigkeit fehlte. Levy & Forner?84 gelang es, Meerschweinchen durch subkutane Vorbehandlung mit größeren Mengen steriler Filtrate von 24-stün- digen Typhusbouillonkulturen gegen die 20-fache intraperitoneal töd- liche Dosis von Typhusbacillen zu schützen. Da die Filtrate selbst in sehr großen Mengen nicht giftig wirkten, wohl aber untertödliche Dosen von Typhusbacillen zu tödlichen machten, erblickten sie darin eine spezifische Aggressinwirkung und sprachen die mit den Filtraten erzielte Immunität als eine besonders gegen diese Aggressine gerichtete Immunität an. In neuerer Zeit hat Ascm?85 die Wirkung derartiger Filtrataggressine zum beschleunigten Nachweis kleiner Mengen von Tuberkelbacillen im Tierversuch mit Erfolg verwendet. BÜRGERS & HöscnH 286 konnten die von Levy & FornEr beschriebene Aggressin- wirkung von Typhusfiltraten bestätigen. Die Möglichkeit, mit solchen ausgelaugten Bakterienleibersub- stanzen, recht erhebliche Grade von Immunität zu erreichen, haben auch NEIsser & SnıGa28° sowohl für den Typhusbacillus als auch für : den SmıGa-Kruseschen Ruhrbacillus nachgewiesen. Sie schwemmen Agarkulturen in Kochsalzlösung auf, töten die Bakterien durch 1-stün- diges Erhitzen auf 60° ab, lassen sodann die Aufschwemmung für 2mal 24 Stunden im Brütofen (37°) stehen und filtrieren sie darauf durch eine Reichelkerze. Die mit den Filtraten erzielten Immunisierungseffekte schreiben NEISSER & SHıcA den im Filtrat enthaltenen „freien Rezeptoren“ zu. Sie rühmen von ihrem so gewonnenen Impfstoff, daß Tiere die intravenöse Injektion großer Dosen (bis zu 10 ccm) ohne erhebliche Reaktion vertragen und mit lebhafter Bildung von Ägglutininen und bakteriziden Substanzen antworten. Bei Kaninchen wollen sie so durch 3 intravenöse Injektionen ein Serum gewonnen haben, das einen Asgglutinationstiter von 1:20000 und einen bakteriziden Titer von 0,001 hatte. In gleicher Weise wie NEISSER & SHica ging auch WAassER- MANN?2'E vor, nur dehnte er die Extraktion der Bakterien im Brüt- ofen auf 5 Tage aus, da ihm diese Extraktionsdauer die besten Resultate ergab. Weiterhin engte er aber das Filtrat im Vakuum- apparat zur Trockene ein und erhielt so ein Pulver, von dem 0,005 g genügte, um in Wasser gelöst einem Kaninchen intravenös injiziert bei diesem eine kräftige Immunität zu erzeugen. Bei subkutanen Injektionen der Lösungen dieses Pulvers bleiben die starken reaktiven Entzündungserscheinungen aus, welche auf die Injektionen der ab- getöteten Bakterienleiber gewöhnlich folgen. Mit rein dargestellter Typhusbacillenleibersubstanz haben H. Buchner & M. Hann 88, 289 Tiere immunisiert. Sie preßten nach der von E. Buchner für die Darstellung der Zymase aus Hefezellen an- gegebenen Methode große Massen von Typhusbacillen, die sie mit Kieselgur und feinem Quarzsande vermengt hatten, unter der hydrau- lischen Presse bei einem Druck von 400—500 Atmosphären aus und gewannen so den plasmatischen Zellsaft der Typhusbacillen, das Typhoplasmin, in reinem Zustande. Durch subkutane Injektion von 55* 868 W. FoRNET, 1 ccm Typhoplasmin konnten sie bei Kaninchen ein spezifisch agglu- tinierendes und bakterizides Serum erzeugen. Bei den Versuchen, die wirksame Substanz der Bakterienleiber in möglichst. konzentrierter Form zu gewinnen, sahen BRIEGER, KITASATO & WASSERMANN2®, daß Erhitzung der Kultur über 100° die immunisierende Wirkung aufhob. Sie engten daher ihre Typhusbouillonkulturen zunächst bei 37°, später bei 80—90° ein, und erzeugten mit absolutem Alkohol einen Niederschlag; letzteren trockneten sie im Exsikkator, lösten ihn wieder in Wasser, fällten nochmals mit absolutem Alkohol und trockneten wieder; sie erhielten so ein feines weißes Pulver, das mikroskopisch massenhafte ausgelaugte Bakterienzellen erkennen ließ und sich in Wasser leicht löste. Kleine, die Versuchstiere nur leicht krank machende Gaben dieser Lösung erzeugten bereits in 24—48 Stunden bei Mäusen und Meerschweinchen einen ganz erheblichen Immunitätsgrad.. Auch NEISSER & SHıGA 2°” konnten in ihrem Filtrat durch Alkohol- und Aetherzusatz einen weißen kristallinischen Niederschlag erzeugen, der sich in Wasser wieder löste und im Tierversuch deutlich toxisch wirkte. Prophylaktische Typhusimpfungen beim Menschen. Sehr zahlreich sind die Versuche, den Menschen mittels Typhus- bacillen gegen den Typhus abdominalis zu immunisieren. Nach dem Vorgange von HAFFKINE, welcher im Anschlusse an ähnliche Versuche FERRANS in Indien gegen die Cholera ausgedehnte Schutzimpfungen mittels Injektion von Choleravibrionen an Menschen mit Erfolg ausgeführt hatte, impfte zunächst Wrıchrt 292 Menschen gegen Typhus mit Typhusbacillen und zwar mit abgetöteten. WRIGHT berücksichtigte hierbei hauptsächlich die klinische Seite der Frage, suchte die bei der Typhusschutzimpfung entstehenden lokalen Reiz- erscheinungen durch Verabreichung von Calcium zu verringern und veröffentlichte die von ihm bei diesen Typhusschutzimpfungen am Menschen beobachteten Veränderungen des Agglutiningehalts im Blut- serum erst im Januar des folgenden Jahres. Inzwischen hatten aber PFEIFFER & Korte 290 ihre sehr ausgedehnten systematischen Unter- suchungen über Typhusschutzimpfungen am Menschen mitgeteilt und anknüpfend an frühere Arbeiten, deren grundlegende Bedeutung bereits weiter oben (S.839ff.) gebührend gewürdigt wurde, eine breite wissenschaftliche Basis für die Typhusschutzimpfung des. Menschen geschaffen. PFEIFFER & KoLLe stellten ihren Impfstoff in der Weise her, daß sie eine gutgewachsene Schrägagarkultur eines hochvirulenten Typhusstammes in 10 ccm 0,85-proz. Kochsalzlösung aufschwemmten (1 ccm der Aufschwemmung enthielt dann ca. 1 Oese Kultur). Die Aufschwemmung wurde für mehrere Stunden einer Temperatur von 56° C ausgesetzt, um die Bakterien abzutöten. Die erfolgte Ab- tötung der Typhusbacillen kontrollierten die Untersucher durch Einsaat einiger Tropfen der Aufschwemmung in Bouillonröhrchen, die für 24 Stunden in den Brütofen kamen. Wenn die Röhrchen steril geblieben waren, so wurde zu der Auf- schwemmung 0,5 Proz. Karbol hinzugefügt. Damit war der Impfstoff fertig. Auf die subkutane Injektion von 1 ccm Impfstoff (= 2 mg Typhuskultur) reagierten die Versuchspersonen mit Frösteln, Schwindelgefühl, Unbehagen, lokalem Schmerz an der Injektionsstelle, abendlicher Temperatursteigerung bis 38,50 und un- ruhigem Schlaf. Nach 2mal 24 Stunden war ihr Zustand wieder normal. Der Erfolg der Impfung war folgender: Vor der Injektion hatte das Serum der Versuchspersonen gegen Typhusbacillen einen bakteriziden Titer von 0,3 bis 0,5, sowie einen Agglutinationstiter von 1:10. Am 11. Tage nach der In- jektion betrug der bakterizide Titer der entsprechenden Sera 0,075—0,01, während die Agglutination noch in den Serumverdünnungen von 1:50 bzw. 1:500 bis 1: 1000 erfolgte. PFEIFFER & KoLLE empfehlen ihr Verfahren besonders zur Immunisierung von ins Feld ziehenden Truppen, sowie von besonders gefähr- deten Personen, wie Aerzten, Krankenwärter u. a. Praktisch erprobt Immunität bei Typhus. 869 wurde das PFEIFFER-KOLLEsche Verfahren bei der Südwest- afrikanischen Expedition, für welche der Impfstoff durch mehr- stündiges Erhitzen auf 60° sterilisiert wurde. Bei den Geimpften traten 5,09 Proz., bei den Nichtgeimpften 9,34 Proz. Typhusfälle auf. Die Impfung erzeugte außerdem eine ausgesprochen günstige Wirkung auf den Krankheitsverlauf. Bei der Impfung selbst wurde regelmäßig eine starke lokale Entzündung und Anstieg der Temperatur (bis zu 40,5%) beobachtet. Weitere Einzelheiten über die zum Teil sehr starken Impfreaktionen sind bei KUTSCHER !#° zu finden. Wie sich KoLLE & LENTZ?®1 neuerdings überzeugen konnten, kann bei Malariakranken die Injektion des PFEIFFER-KoLLEschen Typhusimpfstoffs inso- fern unangenehm wirken, als durch sie ein heftiger Fieberanfall ausgelöst werden kann. Man wird deshalb bei der Immunisierung von Leuten, die an Malaria leiden oder gelitten haben, hierauf vorbereitet sein und die Betreffenden zweck- mäßig aufmerksam machen müssen. PFEIFFER & Marx? wiesen nach, daß man den Typhusimpfstoff (mit Phenolzusatz) beliebig lange, auch bei höherer Temperatur, aufbewahren kann, ohne daß er seine immunisatorische Kraft einbüßt, doch machten sie die Be- obachtung, daß nach Injektionen von längere Zeit konserviertem Impfstoff die Bildung von Agglutininen ausbleibt, während die bakteriziden Stoffe in gleicher Weise wie nach der Injektion frisch bereiteten Impfstoffs gebildet werden. Auch BassEnGE & Rımpau?% hatten gute Erfolge mit der aktiven Im- munisierung von Menschen gegen Typhus erzielt, sie verwandten jedoch statt der einmaligen Injektion einer großen Dosis öfter wiederholte Injektionen kleinerer Dosen (1/;o—!/so Oese) des PFEIFFER-KoLLeschen Impfstoffes. Da sie aber nicht nur zur Immunisierung ihrer Versuchspersonen, sondern auch zur Prü- fung der durch die Immunisierung erzielten Agglutinationskraft des Serums ihrer Versuchspersonen nicht hochvirulente Typhusbacillen, sondern, wie sie ausdrücklich hervorheben, einen längere Zeit fortgezüchteten und dadurch in seiner Virulenz abgeschwächten und leicht agglutinablen Typhusstamm ver- wandten, ferner auch die Bestimmung der bakteriziden Kraft der Sera ihrer Versuchspersonen nur gegen die einfach tödliche Kulturdosis oder ein geringes Mehrfaches derselben vornahmen, so ist es schwierig, einen Vergleich zwischen ihren Resultaten und denen von PFEIFFER & KoLLe£ erzielten zu ziehen. Jeden- falls war die bakterizide Kraft der Sera ihrer Versuchspersonen bei Prüfung mit einem hochvirulenten Stamm im allgemeinen geringer als diejenige bei den Versuchspersonen von PFEIFFER & KoLLE. Auch sie beobachteten bei einer ihrer Versuchspersonen, die in den Tropen Malaria überstanden hatte, nach der Injektion des Impfstoffs eine außerordentlich heftige Fieberreaktion, die sie als Malariaanfall deuten. SHiGA* hatte einige Immunisierungsversuche am Menschen mit dem von NEISSER und ihm287 hergestellten Hitzeextrakt aus Typhus- bacillen angestellt, welches ‚freie Rezeptoren‘ enthalten soll. Auch SHiıGA will gute Resultate mit seiner Methode gehabt haben; vor allem soll aber die Re- aktion des Menschen auf die Injektionen des Extraktes im Vergleich zu der nach Injektion abgetöteter Bacillen folgenden minimal sein. Unabhängig von PrEIFFER & KoıLe gelangten WRIGHT & SEM- pLE29% bei Benutzung des schon früher von WrıcHTr?9#a gebrauchten Typhusschutzimpfungsverfahrens zu gleichen Resultaten wie jene Autoren. Zur Herstellung des Impfstoffes hatte WRIGHT jedoch nicht Agarkulturen, sondern Bouillonkulturen verwendet, die er in großen Flaschen 2—3 Wochen lang bei 37° hielt. Den Inhalt mehrerer Flaschen mischt er und tötet die Ba- eillen im Wasserbade bei 60° ab. Ergibt eine Prüfung der Bouillonkultur ihre völlige Sterilität, so setzt er 0,5 Proz. Karbol hinzu. Von diesem Impfstoff spritzt WRIGHT 0,5—1,5 cem als erste Dosis ein, je nach der Bakteriendichte, die er nach der Durchsichtigkeit des Impfstoffes in dünner Schicht mittelst eines komplizierten Verfahrens abschätzt, und nach der Toxizität, die er im Tierversuch an Meerschweinchen von 250—300 g bestimmt. WRIGHT ?°5 machte darauf aufmerksam, daß nach Injektion zu großer Dosen seines Impfstoftes, auf welche eine sehr starke Reaktion folgte, die Bildung der Immunsubstanzen ausblieb oder erst spät auftrat, er hält es daher für wichtig, die Injektionen nicht zu groß zu wählen. In jedem Falle empfiehlt er, auf die erste Injektion nach 8—14 Tagen eine zweite folgen zu lassen, um einen recht kräftigen Schutz zu erzeugen. 870 W. FoRrNET, WASSERMANN?'6 hat durch sehr interessante Untersuchungen nachge- wiesen, daß es zur Erzeugung hoher Immunitätsgrade nicht darauf ankommt, möglichst virulente Typhusstämme zu verwenden, sondern vielmehr solche, welche möglichst viele Rezeptoren zu binden imstande sind. Er schlägt deshalb vor, zur Immunisierung solche Stämme zu wählen, welche aus einem "Typhusimmun- serum (die Sera verschiedener Tierarten verhalten sich hierin gleich) möglichst große Mengen von Immunsubstanzen zu binden und zu entfernen vermögen. Da aber verschiedene Typhusstämme hierin, sowie bezüglich des Vermögens, bei der Immunisierung die Bildung der Immunsubstanzen anzuregen, sich ver- schieden verhalten, so empfiehlt WASSERMANN zur aktiven Immunisierung nicht. einen einzigen, sondern Gemische von verschiedenen Typhusstämmen von guter Rezeptoren “bindender Kraft zu verwenden. Weiıschrt?29% schätzt die Dauer der durch die Typhusschutzimpfung erzeugten Schutzwirkung auf Grund seiner Beobachtungen in Indien, wo seit 1398 die Impfungen bei den englischen Truppen vorgenommen werden, auf mindestens 3 Jahre. Daß sie aber unter Umständen auch schneller wieder verschwinden kann, geht aus einer Beobachtung von Marx®? hervor, nach welcher ein Laboratoriumsdiener, den Marx selbst immunisiert hatte und dessen Serum 12 Tage nach der Impfung einen bakteriziden Titer von 0,025 hatte, 3 Monate später sich mit derselben Typhuskultur, die zur Immunisierung gedient hatte, infi- zierte und an Typhus erkrankte. Auch CromsıE?2?? beobachtete eine Erkrankung an Typhus 6 Monate nach der Schutzimpfung. Ein Militär- arzt erkrankte, trotzdem sein Blut !/, Jahr nach der Schutzimpfung noch Agglutinine enthielt, 14 Tage nachdem dies festgestellt war, an Typhus. Jedenfalls sprechen die statistischen Zusammenstellungen, welche WrıcHTr ?9°=296, 295300 jjber die Wirkungen der Impfungen bei den in Indien, Aceypten, Cypern und Südafrika stehenden englischen Truppen gibt, sehr für den hohen Wert. der aktiven Typhusimmuni- sierung. Betrugen doch prozentualiter berechnet unter sonst gleichen äuberen Bedingungen die Zahlen der Typhuserkrankungen bei den Ge- impften nur etwa den 3. Teil, die Zahlen der Typhustodesfälle beiihnen sogar nur den 6. Teil der entsprechenden Zahlen bei den Nichtge- impften. Uebersichtliche Zusammenstellungen der Resultate von WRIGHT geben MaArx®#, DIEUDoNnNn&289), NAauMann>0l und WerıcHT>02 selbst. Den wenigen Beobachtern, ErLiot & Wasusurn?0 und MEL- vırLR®0%, welche keine Einwirkung der Schutzimpfung auf die Er- krankungsziffer und den Ablauf der Krankheit beobachtet haben wollen, stehen mit WrıcHT eine große Zahl objektiver Beobachter gegenüber, welche sich in durchaus günstigem Sinne über den Wert der Schutzimpfung äußern. So sah ToorH 305 bei den Aerzten und dem Pflegepersonal des Portland-Hospitals, daß von 28 Geimpften nur 7 an Typhus erkrankten und niemand starb, während von 13 Nichtgeimpften 9 erkrankten und einer starb. Unter den Erkrankten des Hospitals betrug die Mortalität bei den Geimpften 7,4 Proz., die der Nichtgeimpften 14 Proz. Im all- gemeinen verlief die Krankheit bei den Geimpften leichter als bei den Nichtgeimpften, eine Beobachtung, die auch CRromsBIE290 ge- macht hat. In gleicher Weise spricht die Beobachtung von MarspEn 29? für den Wert der Schutzimpfungen. Während er vor Einführung der Schutzimpfung bei seinem Pflegepersonal in 5 Jahren 23 Typhusinfek- tionen beobachtete, kam nach ihrer Einführung in den nächsten 9 Monaten keine einzige Typhuserkrankung unter dem Pflegepersonal Immunität bei Typhus. 871 mehr vor. Auch Stevenson 307, Boyn308, OsBorn 09 und CayLey310 berichten über gute Erfolge mit der Schutzimpfung nach WRIGHT. Auch Toor# und Boyp sprechen sich für die Wiederholung der Impfung aus. Nach Boyp soll die Reaktion nach der zweiten Impfung wesentlich schwächer sein als die nach der ersten Impfung. Allseitig wirdübereinstimmendanerkannt, daß die Schutzimpfung mit abgetöteten Typhuskulturen absolut ungefährlich ist. Sind demnach die mit dem PFEIFFER-Korreschen und mit dem WericHtschen Typhusimpfstoff erzielten praktischen Erfolge durchweg als günstig zu bezeichnen, so konnten sie doch nicht als vollkommen befriedigend angesehen werden, da Impfungen mit diesen älteren Impf- stoffen häufig sehr starke Nebenwirkungen und selten einen voll- kommenen Schutz gegen Typhus mit sich brachten *). Die intrakutane Einführung von irgendwelchen fremden Stoffen führt nach den zuerst von P. Römer ll veröffentlichten und später von vielen anderen Autoren bestätigten Beobachtungen unvergleichlich viel eher als die subkutane Injektion zu einer starken lokalen Reaktion, es sei nur an die so außerordentlich verschiedene lokale Wirkung des subkutan und des nach Pırauer intrakutan angewendeten Tuberkulins erinnert. Bei den Roseolen Typhuskranker handelt es sich nun um lebende Typhusbacillen in der Haut, und trotzdem ist die von ihnen verursachte lokale Reaktion geringfügig zu nennen im Vergleich zu der sehr ausgebreiteten, starken Rötung, Schwellung und Schmerzhaftig- keit, die nach subkutaner Einspritzung der bisher bei uns üblichen Typhusimpfstoffe regelmäßig beobachtet wurde, ganz abgesehen davon, daß im Anschluß an derartige Schutzimpfungen nicht selten Lymph- angitis, starke Kopfschmerzen, hohes Fieber und auch bedrohliche Kollapszustände auftraten. Diese den sonstigen Erfahrungen wider- sprechenden Beobachtungen von wenig reizenden intrakutanen und stark reizenden subkutanen Impfungen mit Typhusbacillen mußten den Gedanken nahelegen, daß nicht die subkutane Einspritzung von Typhusbacillen an sich, sondern die Art der Zubereitung des Impf- stoffs die Ursache dieser stürmischen lokalen Erscheinungen sei. Der einzige Unterschied zwischen den in Roseolen intrakutan und den nach Schutzimpfung subkutan liegenden Typhusbacillen besteht nun darin, daß es sich das eine Mal um lebende, das andere Mal um tote Bacillen handelt. Es war also keine oder doch eine weit ge- ringere lokale Reaktion zu erwarten, wenn man, statt wie bis dahin abgetötete, jetzt lebende Typhusbacillen den Menschen subkutan ein- spritzte und somit wieder zu der Methode zurückkehrte, mit der die allerersten Immunisierungsversuche an Tieren gegen Typhus über- haupt seinerzeit von BEUMER & Peırer280 ausgeführt worden sind. Diesen Weg haben nun, wenn auch von anderen Ueber- legungen ausgehend, Besrepra 312, 322, PrscaroLo & QUADRONE>, ÜASTELLANI314 u. a. eingeschlagen und konnten dabei tatsächlich ein vollständiges Ausbleiben der sonst bei Typhusschutzimpfungen so heftigen Reaktionserscheinungen feststellen. Fragen wir uns, worauf bei subkutaner Injektion die Unschädlichkeit lebender und die irri- tierende Wirkung abgetöteter Typhusbacillen beruht, so sind wir vor- läufig nur auf Vermutungen angewiesen, es läßt sich aber die An- *) Anm. d. Redaktion: Die neueren, sog. „modernen“ Impfstoffe besitzen doch nur „theoretische“ d. h. vom Verf. ihnen zugeschriebene Vorzüge und sind zum Teil nur in kleinem Umfange in der Praxis angewandt. 2 W. FOoRNET, nahme nicht von der Hand weisen, daß diese Unterschiede in der verschiedenen Art der Vernichtung lebender und abgetöteter Typhus- bacillen im Unterhautbindegewebe begründet sind. Aller Wahrschein- lichkeit nach gehen abgetötete Typhusbaeillen vorwiegend extra- cellulär, lebende dagegen hauptsächlich intracellulär, in. den Leuko- cyten, zugrunde und die extracelluläre Verdauung führt mehr als die intracelluläre zu einer ad toxischer Abbauprodukte des Ei- weißes, wie wir sie im Pepton, ß-Imidazolyläthylamin, Sepsin und Anaphylatoxin kennen gelernt haben. Da Schutzimpfungen mit diesen oder mit den anderen noch näher zu besprechenden modernen Typhus- impfstoffen eine viel bessere Schutzwirkung zeigen, als die mit den vorher genannten älteren Typhusimpfstoffen, so muß durch die bei den älteren Typhusimpfstoffen regelmäßig auftretenden lokalen Ent- zündungserscheinungen ein erheblicher Teil des eingespritzten Anti- sens zerstört und dadurch für die Anregung der Immunität ausge- schaltet werden, ähnlich wie bei der Pockenschutzimpfung ein zu tief geführter Schnitt zum Blutaustritt und zur Vernichtung des Pocken impfstoffs führt. Trotz der guten Erfahrungen, die die oben genannten Autoren bei Impfungen mit lebenden Typhusbacillen ge- sammelt haben, können wir uns ebensowenig wie VıIn- cEnt3l16, RusseLn3l? u.a. zu einer Empfehlung dieses Ver- fahrens für die Praxis entschließen. Es scheint uns bedenk- lich, Massenimpfungen, um die es sich bei der Prophylaxe des Typhus häufig genug handeln wird, mit lebenden, wenn auch abgeschwächten Typhusbacillen vorzunehmen. Eine Mittelstellung zwischen den lebenden und den älteren ab- getöteten Typhusimpfstoffen nehmen die übrigen modernen 'Typhus- vaccins ein. All den von LeısumAann®l5, Vıncent316, Russe ®19, Levy 321, Renaup 317, ForNET320 u.a. angegebenen Impfstoffen gemein- sam ist die schonende Art der Abtötung der Typhusbacillen. Da- durch wird erreicht, daß nicht mehr wie früher stark denaturiertes, sondern möglichst natives Eiweiß mit der Impfung in den Körper eingeführt wird. Der Impfstoff wirkt dann nicht mehr wie früher als Fremdkörper, sondern wie ein beinahe physiologischer Reiz. LeisHMAn benützte Temperaturen von 53° C, Forner von 55° C und Busserzn von 56° C, die Einwirkungszeit der Temperatur wird von den drei genannten Autoren auf höchstens eine Stunde beschränkt, Levy tötet seine Typhuskulturen nicht durch Hitze, sondern durch längeres Schütteln mit Galaktose etc., VIncEnt durch Aether und RenauD durch ultraviolette Strahlen ab. Ferner ist all den genannten modernen Typhusimmunstoffen gemeinsam, daß sie im Gegensatz zu dem von WRIGHT und PFEIFFER-KoLLE gebrauchten Vaccin nur ge- ringe lokale Reizerscheinungen und keine Störungen des Allgemein- befindens hervorrufen, soweit aus den gerade in diesem Punkte nicht sehr ausführlichen Berichten hervorgeht. Da aber Arpın-Derreır %18 den BEsrepkKaschen Impfstoff mit lebenden sensibilisierten Typhus- bacillen dem von Vincent empfohlenen Vaccin wegen seiner ge- rıngeren Nebenwirkungen vorzieht und da HArTsTocK 323 in seinem mit Erlaubnis des nordamerikanischen Generalstabsarztes veröffent- lichten Bericht über die nach RusseLrs Angabe ausgeführten Typhus- schutzimpfungen empfiehlt, die Soldaten nachmittags um 4 Uhr zu impfen, damit bis zum Morgen des nächsten Tages die Neben- Immunität bei Typhus. 873 wirkungen überwunden sind, muß man annehmen, daß gerade diese beiden verbreitetsten, modernen Typhusimpfstoffe auch nicht ganz frei von Nebenwirkungen sind. Immerhin kann man aber so viel sagen, dab sich die modernen, vorsichtig abgetöteten Typhusimpf- stoffe in ihrer geringen Reizwirkung den lebenden Typhuskulturen nähern. Aus der Praxis liegen bis jetzt größere Erfahrungen erst über die Impfstoffe von LEIsHMAN, VIncENnT und RusseLL vor. Sie lauten alle außerordentlich günstig. Mit Einführung der Typhusschutz- impfung sank die auf 1000 berechnete Typhusmorbidität in Indien von 15,6 auf 2,3; in den Vereinigten Staaten Nordamerikas von 3,2 auf 0,5 und in Japan von 14,5 auf 1,0. Die Zahl der bis jetzt gegen Typhus schutzgeimpften Personen wird man auf mehrere 100000 veranschlagen müssen. Leısuman >13 berichtet, daß in den homo- genen Gruppen, die der Infektion ausgesetzt waren, die Zahl der Krankheitsfälle bei Geimpften 6,6, dagegen bei Nichtgeimpften 39,5 per 1000 betrug. Vıncents°25 polyvalenter, durch Aether steri- lisierter Impfstoff bewährte sich in Marokko und in Avignon, wo von 1366 Geimpften keiner, dagegen unter den Nichtgeimpften 101,4 per 1000 erkrankten und 13,75 per 1000 an Typhus starben. Russerzs?19 Typhusimpfstoff ist in der ganzen Armee der Ver- einigten Staaten obligatorisch eingeführt, mit dem Erfolg, das bei- spielsweise 1911 im Manöverlager in Texas unter 12801 Geimpfiten nur ein Krankheitsfall auftrat, während vergleichsweise 1898 im Manöverlager in Florida 1729 Krankheits- mit 148 Todesfällen an Typhus vorgekommen waren. Im übrigen waren beide Manöverlager der Ansteckung mit Typhus aus der Nachbarschaft in fast gleicher Weise ausgesetzt. Von der Anschauung ausgehend, daß auch die oben angedeuteten Nebenwirkungen der modernen Typhusimpfstoffe noch vermeidbar sind, da sie ja auch bei den immunisatorisch gerade besonders wirk- samen Injektionen mit lebenden Typhusbacillen fehlen und daß die Vermeidung von Nebenwirkungen nicht nur erwünscht, sondern des- wegen erforderlich ist, weil die mit einer lokalen Reizwirkung immer verbundene Leukocytenansammlung einen Teil des eingebrachten Impf- stoffs zerstört (PFEIFFER & Bessau265, BaıL & WeiıL?? u. a.), ehe er noch zur Wirkung gelangen kann, haben wir?20 selbst einen neuen, eiweißarmen Impfstoff hergestellt. Dabei legten wir die oben schon erörterte Voraussetzung zugrunde, daß die unerwünschten und nach den Erfahrungen mit lebenden Typhusbacillen doch vermeid- baren Nebenerscheinungen auf der, wahrscheinlich extracellulär vor sich gehenden Bildung toxischer Abbauprodukte des Eiweißes be- ruhen. Durch entsprechende Versuche konnten wir uns tatsächlich davon überzeugen, daß unter sonst gleichen Verhältnissen die Reiz- wirkung eines Typhusimpfstoffes proportional seinem Eiweißgehalt ansteigt. Weiterhin hielten wir es im Gegensatz zu RussELL, VIn- CENT u. a. für vorteilhaft, flüssige anstatt fester Typhuskulturen zu benutzen, weil dadurch eine Herstellung im großen, eine gleich- mäßige Dosierung und eine sterile Verarbeitung zuverlässiger durch- führbar sind. Der Einwand, daß flüssige Typhuskulturen schwerer steril zu verarbeiten sind, trifft sicher nicht zu; gelingt doch auch die sterile Verbreitung von Diphtherie- und anderem Heilserum ohne jede Schwierigkeit. Auch die Dosierung flüssiger Impfstoffe ist nicht 874 W. FORNET, weniger genau als die fester Impfstoffe, im Gegenteil. Gleichartige flüssige Kulturen eines Typhusstammes weisen überraschend gleich- mäßige Keimzellen auf, die Zählung der Keime erfolgt vor der Ab- tötung durch Kultur auf Gelatineplatten und nach vollkommener Fertigstellung des Impfstoffs nach dem Verfahren von WRıGHT. Im einzelnen gingen wir bei der Herstellung unseres eiweib- freien Typhusimpfstoffs so vor, daß wir Typhusbacillen in LAanGEn- DORFFScher Salzlösung kultivierten, der 0,5 Proz. Pepton zugesetzt war. In dieser Nährlösung wachsen Typhusbacillen innerhalb 24 Stunden reichlich und bauen ebenso wie in anderen Nährböden koagu- lables Eiweiß auf. Dieses neugebildete, vor der Einsaat von Bakterien nicht vorhandene koagulable Eiweiß scheint der Träger der spezi- fischen antigenen Eigenschaften zu sein. Versuche, dieses koagulable, spezifisch wirkende Eiweiß auszufällen und als Typhusimpfstoff zu verwerten, scheiterten daran, daß seine antigenen Eigenschaften durch alle bekannten Fällungsmethoden beeinträchtigt wurden. Da sich aber in weiteren Versuchen herausstellte, daß das spezifische Typhus- antigen, wie ja nach den vorhergehenden Versuchen von vornherein anzunehmen war, nicht dialysabel ist, daß aber auch nach 48-stündiger Kultur noch verhältnismäßig viel Pepton in der Nährlösung zurück- bleibt, das nicht zum Aufbau des spezifischen Typhuseiweißes durch die Typhusbakterien verwendet wird, so erwies es sich als zweckmäßig, die beschriebene Typhuskultur gegen dieselbe LAnGENDoRFFsche Salz- lösung, jedoch ohne Peptonzusatz, zu dialysieren. Dabei geht bei täg- lichem Wechsel der Außenflüssigkeit eine beträchtliche Menge des in der Nährflüssigkeit übrig gebliebenen Peptons in die Außenflüssig- keit über, ohne daß irgendeine Fällung in der Innenflüssigkeit ein- träte, durch die das spezifische Typhuseiweiß geschädigt werden könnte. Vor dem Dialysieren werden die Typhusbacillen dadurch abgetötet, daß die Kultur 55 Minuten auf 55° C, an einem in die Flüssigkeit eintauchenden Thermometer gemessen, erwärmt und dann ebenso wie die als Außenflüssigkeit dienende LANGENDoRFFsche Flüssig- keit mit 0,5 Proz. Karbol versetzt wird. Mittels intrakutaner Injektion an Meerschweinchen nach der Römerschen Methode geprüft, ruft dieser neue eiweißarme Impfstoff keine Reaktion hervor, im Gegensatz zu den älteren (WRIGHT, PreEIr- FER-KOLLE) und zu einigen modernen Typhusimpfstoffen. Im Komplementbindungsversuch wurde von diesem Impfstoff weniger Antigen zur vollkommenen Bindung verbraucht, als von den meisten modernen Impfstoffen. Beim Menschen ruft dieser neue, eiweißarme Typhusimpfstoff im Gegensatz zu den anderen modernen Typhusvaccins meist über- haupt keine lokale Reaktion und nur selten eine geringe Rötung der Einstichstelle hervor; die Ausdehnung dieser Rötung war nie größer als 0,5 cm im Durchmesser; eine Schwellung, Druckempfind- lichkeit oder gar Lymphangitis, Kopfschmerzen und Fieber, wie sie bei den anderen modernen Impfstoffen nicht ausgeschlossen sind, wurden nie beobachtet. Die eigentliche Zuverlässigkeitsprobe für Typhusimpfstoffe können nur praktische Versuche in großem Umfange bilden, diese liegen für den neuen eiweißfreien Typhusimpfstoff bisher noch nicht vor. Anhaltspunkte für die antigenen Eigenschaften eines Typhus- Immunität bei Typhus, 875 impfstoffes lassen sich aber auch im kleinen gewinnen, wenn man die nach Einspritzungen des Impfstoffs im Blutserum vor sich gehen- den Veränderungen verfolgt. Hierbei sahen wir regelmäßig eine frühzeitige und im Vergleich zu der Wirkung anderer moderner Typhusimpfstoffe verhältnismäßig starke Agglutininbildung beim Men- schen. Untersuchungen an Tieren und Bestimmungen des bakterio- logischen Titers konnten bisher noch nicht ausgeführt werden. — Auch bei Typhuskranken trat nach Injektion des neuen Impfstoffs keine Steigerung, sondern bald danach ein Abfall des Fiebers ein. — Die angewandte Dosis betrug meist 0,5 ccm am 1., 1,0 ccm am folgenden und 1,5 ccm am 3. Tage. Diese Anwendungsweise schien uns deswegen angezeigt, weil sie sich uns in früheren systematischen Versuchen zur sicheren Gewinnung hochwertiger hämolytischer und präzipitierender Sera, sowie zur Immunisierung gegen Milzbrand, dauernd bewährt hatte. Dadurch fällt die namentlich für prophy- laktische Impfungen lästige Wartezeit von mehreren Wochen fort und bei therapeutischen Typhusimpfungen erscheint eine derartige Schnell- immunisierung, wie sie von uns früher26, 217 angegeben wurde, sogar das einzig zulässige Vorgehen. — Bisher haben mit unserer Immunisierungsmethode WIEDEMANN 32? bei Druse und Levy & Aokı°28 bei Pneumonie gute Erfolge erzielt. Therapeutische Typhusimpfungen beim Menschen. Zehn Jahre nach der Entdeckung des Typhusbacillus wurden bereits die ersten Versuche zur Heilung des Abdominaltyphus durch aktive Immunisierung am Menschen angestellt, nachdem entsprechende Tierversuche zunächst mit lebenden und dann mit abgetöteten Typhus- bacillen günstig ausgefallen waren. EusEen FrRÄnkKEL°®?? konnte 1893 über 57 Typhusfälle berichten, die er erfolgreich mit kleinen Mengen bei 60° abgetöteter Typhusbacillen subkutan behandelt hatte. Diese Behandlungsmethode kam aber zunächst in Mißkredit, da bald darauf Runmpr®30 mit abgetöteten Pyocyaneuskulturen ganz ähnliche Erfolge erzielt haben wollte, eine Mitteilung, die durch Kraus & Busweur 331 und PRrESSER 3? allerdings nicht bestätigt werden konnte. Auch die bald darauf folgende Veröffentlichung Krücers333 über erfolgreiche Behandlung Typhuskranker mit elektrisch abgetöteten Typhusbacillen blieb unbeachtet, trotzdem AscnHorr33* darauf hinwies, daß durch die Behandlung mit dem elektrischen Strom die in den Typhusbacillen ent- haltenen Toxine in Toxoide übergeführt wurden, und daß so auf eine für den Patienten unschädliche Weise bei ihm die aktive Bildung von Typhusimmunsubstanzen angeregt sei, die dann die Heilung herbei- geführt hätten. Auch PErruschky®®® hat durch Injektion abgetöteter Typhus- bacillen versucht, Typhuskranke aktiv zu immunisieren und dadurch den Heilungsprozeß zu beschleunigen. Er ging dabei insofern schonender und zielbewußter vor als E. FrÄnker, als er bei der ersten Injektion mit den Typhusbacillen gleichzeitig Typhusimmunserum injizierte, in der Absicht, eine Toxinüberlastung des Organismus zu vermeiden. Perruschky will bereits am 4. Tage nach Beginn der Behandlung ein Sinken der Temperatur und in, den folgenden 3 Tagen voll- kommene oder doch fast vollkommene Entfieberung erzielt haben. 376 W. FORNET, Durch Zusatz von Karbol und normalem Serum hat er seinen Impfstoff einige Wochen konservieren können und gab dieses Präparat unter dem Namen „Typhoin“ an praktische Aerzte ab. Auch dieses PerruscHhKkysche Präparat hat sich bisher nicht ein- bürgern können, aller Wahrscheinlichkeit nach deswegen, weil es ebenso wie die bisher genannten Typhusimpfstoffe lokale Reizer- scheinungen und anfängliche Steigerung des Fiebers hervorruft. Eine weitere Verbreitung konnte die Behandlung Typhuskranker mit spe- zifischen Impfstoffen naturgemäß erst finden, nachdem es gelungen war, diese Nebenwirkungen zu beiseitigen oder doch erheblich herab- zumildern. PrscaroLo & QUADRoNE°®13 glaubten dieses Ziel durch Einspritzung lebender, abgeschwächter Typhusbacillen erreicht zu haben, und trotz einer geringen, vorübergehenden Steigerung des Fiebers müssen ihre Erfolge als günstig angesehen werden. Einen weiteren Fortschritt in dieser Richtung bedeutet der sensibilisierte, lebende Typhusimpfstoff von BeEskepka (vgl. Arcock ®??), mit dem ARDIN-DELTEIL®18 an 37 Typhuskranken guten Heilerfolg, nur ge- ringe örtliche Reizung und niemals beunruhigende Allgemeinerschei- nungen beobachtet haben will. Wenn auch BEsrepkA®12 bei der Im- pfung von ca. S00 gesunden Personen mit seinem Impfstoff nie nach- teilige Folgen und insbesondere nie die Entstehung eines Typhuswirts feststellen konnte, so macht sich doch in der Verwendung lebender Typhuskulturen zu Heilzwecken noch eine gewisse Zurückhaltung geltend (Vincent, RusseLL 1. c.), der auch wir uns vorläufig ?>* anschließen müssen. Erst die vorher schon erwähnte allgemeinere Einführung wenig reizender Impfstoffe für die Typhusprophylaxe brachte die Möglichkeit mit sich, ausgedehntere Versuche zur Heilung Typhuskranker mit vorsichtig abgetöteten Typhusimpfstoffen anzu- stellen. In englisch sprechenden Ländern hat diese Methode der spezifischen Typhusbehandlung bereits ihren Siegeszug angetreten und mit ganz verschwindenden Ausnahmen (NıcHors®3° und An- DERS®37) berichten die Autoren durchweg über gute Erfolge: SMALL- MANN 337 36 Typhuskranke; SempLe£3?8 9 Fälle; WATTERS & Eaton 340 69 Fälle; Raw°®#1 9; Sappınaton 342 21; Duncan 3#3 6; Horrıs®# 11; CarLıson 346 38; MEAKINn & Foster 3%#5 41 ; Erniot 36 3, SADLER 347 52; PorLack #8, Renaup®#9 und O’Connor®°0 je 1 Fall und endlich Carr & MacartHnur®5l 2 Fälle und FLertscHer35® 14 Typhusfälle Da- nach haben also bisher 15 Autoren über mehr als 300 Typhuskranke berichtet, bei denen die aktive Immunisierung mit abgetöteten 'Typhus- bacillen erfolgreich angewandt wurde. Ein mit unserem eiweißarmen Typhusimpfstoff behandelter Typhusfall wurde oben schon kurz er- wähnt; die drei an 3 aufeinanderfolgenden Tagen vorgenommenen Ein- spritzungen hatten keine Erhöhung der Temperatur zur Folge, am Tage nach der letzten Einspritzung fiel das Fieber lytisch ab; einen ebenso günstigen Einfluß hatte die Einspritzung unseres Typhusimpf- stoffs bei mehreren anderen Typhuskranken. Näheres darüber wird an anderer Stelle im Zusammenhang berichtet werden. Ferner ist noch zu erwähnen, daß Lrısmman®®#, vielleicht als einer der ersten, eine größere, aber nicht näher angegebene Zahl von Typhuskranken mit Typhusimpfstoff behandelt hat; auch die genannten Versuche von SMALLMANN sind auf seine Anregung zurückzuführen. End- lich sei daran erinnert, daß auch Typhuswirte wiederholt erfolg- reich mit Typhusimpfstoffen behandelt worden sind (Houston ®»%, Immunität bei Typhus, 877 STonE355, ROSENBERGER®5° und SHARPLEsS®>T). Davies & FLET- CHER358 sahen dagegen bei einem Typhuswirt nur vorübergehende Besserung nach Impfung mit Typhusbacillen. Versuche, Typhuswirte mit unserem eiweißarmen Typhusimpfstoff zu behandeln, sind im Gange; sie scheinen nicht ganz aussichtslos, da bei der völligen Reiz- losigkeit des Präparats große Mengen subkutan und auch intravenös ohne Schaden eingeführt werden können. Typhussera. PFEIFFER & KoLLE!# immunisierten Meerschweinchen, Kaninchen und Ziegen mittelst subkutaner Injektionen von in 0,85-proz. Kochsalzlösung auf- geschwemmten Typhusagarkulturen, die sie durch Zusatz von Chloroform oder durch 1-stündiges Erwärmen auf 56—58° C abgetötet hatten; sie injizierten erst, nachdem sie sich durch Verimpfen einer Oese ihres Impfstoffes in Bouillon von der tatsächlich erfolgten Abtötung der Bakterien überzeugt hatten. Sie er- zielten nach längerer Behandlung ihrer Tiere stark bakterizide und hoch agglu- tinierende Sera. DIEUDONNE°®?? empfiehlt zur Gewinnung bakteriziden und ag- glutinierenden Serums die subkutane Injektion abgetöteter Typhusagarkulturen bei Ziegen und Kaninchen. MAarx°* immunisiert Kaninchen durch subkutane Injektionen großer Dosen (5 Kulturen) abgetöteter Typhusbacillen und wieder- holt gegebenenfalls die Injektion nach 10 Tagen; er empfiehlt, zur Erzeugung von Typhusimmunserum Hunde zu verwenden, da er bei ihnen höhere Serum- werte erzielte, als bei Kaninchen und Ziegen. Im Berner Seruminstitut (TAvEL) werden Typhusimmunsera von Pferden gewonnen. Der Wert dieser Sera liegt besonders in ihrer hohen Agglutinationskraft (1:20000 und höher). Schneller und kräftiger als die subkutane Injektion wirkt die intraperi- toneale und besonders die intravenöse Applikation der abgetöteten oder leben- den Typhuskultur. KoLLE°° und HeETscH ®! empfehlen besonders zur Ge- winnung hochagglutinierender Sera die intravenösen Injektionen, während sie zur Herstellung bakterizider Sera die subkutanen Injektionen vorziehen. Die intravenösen Injektionen bieten den Vorteil, daß man schnell hochagglutinierende Sera erhält, die nur schwach wirksame Nebenagglutinine enthalten. LENTZ°®2 immunisierte nach dem Vorschlage KoLLEs Kaninchen mittels dreier in Intervallen von je 5—7 Tagen folgenden intravenösen Injektionen ab- getöteter Typhusagarkultur. Die Tiere erhielten bei der 1. Injektion 2 Oesen (a 2 mg), bei der 2. Injektion 4 Oesen, bei der 3. Injektion 6 Oesen oder 1/s Kultur in 2—5 ccm 0,85-proz. Kochsalzlösung aufgeschwemmt. 10 Tage nach der 3. Injektion wurden die Tiere entblutet. Der agglutinierende Titer so gewonnener Sera schwankte bei den einzelnen Tieren zwischen 1:5000. bis 1:20000, der bakterizide zwischen 0,005—0,01. Paratyphusbacillen (Typ. B) agglutinierten diese Sera höchstens bis zur Verdünnung 1:100 (makroskopisch nach 2-stündigem Aufenthalt der Reagenzröhrchen im Brütofen beurteilt). Ziegen eignen sich nach den Erfahrungen von LENTZ weder für Cholera noch für Typhus zur Immunisierung mittelst intravenöser Injektionen, da bei dieser Applikationsmethode die Zellgifte dieser Bakterienarten eine außerordent- lich starke Wirkung auf den Darm dieser Wiederkäuer ausüben, die zu einer tödlichen reflektorischen Herzparalyse führen kann. Bisweilen sah LENTZ wenige Stunden nach der intravenösen Injektion von Typhusbaeillen bei Ziegen Darm- blutungen auftreten. KiRrsTEin 362 immunisierte Kaninchen mit Typhusbacillen, die er getrocknet, dann durch Alkohol abgetötet und nach nochmaligem Trocknen in der Kugel- mühle fein zerrieben hatte, er erzielte durch zweimalige intravenöse Injektion von je 2 mg des so gewonnenen Bakterienpulvers in 1 ccm 0,8-proz. Koch- salzlösung aufgeschwemmt ein Serum vom Agglutinationswert 1:1000. Auch ein Extrakt aus diesen zerriebenen Bacillen, welches er dadurch gewann, daß er das Pulver in einer Mischung von reinem Glyzerin und 0,8-proz. Kochsalz- lösung zu gleichen Teilen 3 Tage lang bei 37° extrahierte und das Extrakt durch Berkefeldfilter filtrierte, erzeugte bei Kaninchen agglutinierende Sera. Die Injektionen wurden von den Tieren reaktionslos vertragen, die Wirkung dieser Injektionen war aber auch schwächer als die des Bakterienpulvers selbst. ,W. HorFMAanN 36 empfiehlt zur Gewinnung spezifischen Typhusserums, Kaninchen mittelst der zum Nachweise von Pestbacillen empfohlenen kutanen 878 W. FoRNET, Impfmethode zu immunisieren. Er reibt dabei in die rasierte Bauchhaut der Kaninchen lebende oder abgetötete Typhuskulturen ein, zunächst 3 Kulturen, nach je 5 Tagen größere Dosen. Er erzielte dabei Agglutinationswerte des Serums seiner Versuchstiere von 1: 2000, Werte, wie er sie in gleicher Stärke mit der intraperitonealen Injektion erzielte, während die intravenöse Injektion entsprechend kleinerer Kulturmengen erheblich höher agglutinierende Sera ergab. Diese Angaben HOoFFMANNs sind unter Leitung KoLLEs von KASTEN ®6 nachgeprüft und bestätigt worden. KAsTEn dehnte seine Untersuchungen auch auf die bakterizide Wirkung der so gewonnenen Sera aus und fand neben Agglu- tinationswerten von 1:500 bis 1:1000 bakterizide Wirkung noch bei Ver- wendung von 0,005—0,002 der Sera. BESREDKA ? immunisierte Tiere mit Typhusbacillen, welche er zunächst durch 1-stündiges Erhitzen auf 60° abgetötet, dann in einem hochwirksamen Typhusimmunserum agglutiniert und darauf durch Waschen mit physiologischer Kochsalzlösung von dem überschüssigen Immunserum befreit hatte. Die Tiere sollen diese Injektionen gut vertragen und sehr schnell reichliche Mengen von [mmunstoffen bilden, die schon 24 Stunden nach der Injektion des Impfstoffes im Blutserum nachgewiesen werden konnten. Der mit dieser Methode erzielte Impfschutz soll von sehr langer Dauer sein. Baır 366 fand, daß Typhusbacillen, die er aus dem Peritonealexsudat von intraperitoneal infizierten Meerschweinchen gewann, nicht oder nur unvoll- kommen agglutiniert wurden, eine Eigenschaft, welche die Bakterien bei Weiter- züchtung auf künstlichen Nährböden alsbald wieder verloren. Mit solchen Exsudatbakterien immunisierte Tiere lieferten ihm ein Serum, das stärker agglu- tinierte, als das Serum von Tieren, die mit gewöhnlichen Bouillonkulturen im- munisiert waren, besonders wurden Exsudatbakterien von mit Exsudatbakterien erzeugtem Serum stärker agglutiniert als von gewöhnlichem Immunserum. Lediglich agglutinierende Sera erzielten E. FRÄnKEL & OTTo°%’, sowie REMLINGER an Hunden, denen sie Typhusbacillen per os gaben. Bakterizid wirkten die Sera so behandelter Tiere nur sehr schwach oder gar nicht, im Gegensatz zu der durch intraperitoneale Injektion der Typhusbaecillen erzeugten Immunität, bei welcher FRÄNKEL & OTTo im. Blutserum reichliche bakterizide Stoffe fanden. BRIEGER ?6% stellte einen Impfstoff durch 3mal 24-stündiges Extrahieren von Typhuskulturen mit Ammoniumsulfatlösung her, welche durch Zusatz einer Lösung von Ammoniumbikarbonat und Ammoniumkarbonat schwach alkalisch gemacht worden war. Das Extrakt wurde nachher durch Pukallfilter filtriert. Tiere vertrugen Injektionen großer Dosen dieses Impfstoffes ohne wesentliche Reaktion und bildeten, wie SCHÜTZE 70, sowie BRIEGER & MAYER°69 zeigen konnten, große Mengen von Typhusagglutininen, jedoch keine bakteriziden Stoffe. Nach Injektion von 20—30 ccm Extrakt zeigte das Serum der behandelten Tiere Agglutinationswerte von 1:25000. Nach kurzem Verweilen des Titers auf dieser Höhe sank er jedoch rasch ab und konnte im Gegensatz zur Immunir sierung mit abgetöteten Bakterien dann nicht wieder durch neue Injektionen des Impfstoffes hochgetrieben werden. Nach Untersuchungen von Kraus & JOACHIM ®'! hat das mit dem BrIEGERschen Impfstoff hergestellte Serum auch präzipitierende Wirkung. Umgekehrt hatten WIDAL & NOBECOURT’? durch Injektion des Urins von Typhuskranken bei weißen Mäusen und Meerschweinchen wohl geringe Schutz- kraft, aber nie agglutinierende Wirkung des Serums erzeugen können. Joos »'3 weist darauf hin, daß die agglutinable (agglutinogene) Substanz der Typhusbacillen aus zwei verschiedenen Körpern sich zusammensetzt, einem thermolabilen Teil, «-Agglutinogen, welcher beim Erwärmen der Typhusbaeillen auf 60° und darüber zugrunde geht, und einem thermostabilen Teil, B-Agglu- tinogen, welcher höheren Temperaturen widersteht. Das «-Agglutinogen ist der wirksamere Bestandteil und liefert bei der Agglutination die großen lockeren Flocken, während das ß-Agglutinogen nur kleine feste Flöckchen bildet. Junge Kulturen sollen fast nur «-Agglutinogen, alte dagegen sehr viel ß-Agglutinogen enthalten. Diesen beiden Substanzen entsprechen im Immunserum das thermo- stabile «-Agglutinin, das nach neueren Untersuchungen von Kraus & Joa- CHIM ®'% identisch ist mit dem alkohollöslichen K-Koagulin von Pıck, bzw. das thermolabile ß-Agglutinin, identisch mit dem alkohol-unlöslichen A-Koagulin Pıcks. Joos empfiehlt deshalb, zur Immunisierung stets möglichst junge Typhus- kulturen zu wählen und sie bei 56—-58° C abzutöten oder, wo dies nicht mit. Sicherheit zu erzielen ist, die Abtötung durch Chloroform, Formol oder Toluol zu bewirken. f Immunität bei Typhus 879 Eine Einschränkung erfährt die obige Angabe von Joos durch die Unter- suchungen von PALTAUF°'3, welcher gerade mit Typhuskulturen, die er durch 1-stündiges Erhitzen auf 62° abgetötet hatte, sehr hohe Agglutinationswirkung im Serum seiner Versuchstiere erzielte. Andererseits wurden von FoRNET & POTRER??* und ForRNET & Mürrer ?!? ganz analoge Verhältnisse bei Opsoninen, Präzipitinen und Präzipitinogenen aufgedeckt, indem sie die gleichzeitige Anwesen- heit von mehreren gegen Hitze verschieden empfindlichen Opsoninen, Präzipitinen und Präzipitinogenen nachweisen konnten. Auf Grund der Erfahrung, daß bei der üblichen Herstellung von Immunserum die Versuchstiere häufig während der Immunisierung sterben und ausgehend von der Anschauung, daß dieser Tod auf die Zusammenwirkung der bereits gebildeten Immunstoffe mit dem von neuem einverleibten Antigen zurückzuführen ist, versuchten FoRNET & Mürter!8, 18° die Tierverluste dadurch zu vermeiden, daß sie den Tieren alles Antigen zu einer Zeit beibrachten, we die Immun- körperbildung noch nicht fortgeschritten war. Sie injizierten daher an drei aufeinanderfolgenden Tagen 1, 2 und 3 Oesen oder je noch der Giftigkeit des Stammes 1/,., 1/; und !/, einer Typhusagarkultur Ka- ninchen intravenös und erhielten damit fast regelmäßig sehr hoch- wertige Sera, eine Beobachtung, die bald darauf von BoxHorFr & Tsuzur1375, Tsuzur1376, MiEssnEr & Trapp 77, WIEDENMANN?TE Q.2. bestätigt werden konnte. Impfungen mit Typhusserum am Menschen. Die spezifische Beeinflussung der Typhuserkrankung durch eine rationelle Serumtherapie hat, abgesehen von den noch später zu besprechenden Versuchen von ÜHANTEMESSE, bisher noch keine wesent- lichen Erfolge gezeitigt. Die ersten, welche auf, diesem Wege vorgingen, waren CHANTEMESSE & Wıpvar 32, Ihre Versuche mit dem Serum von künstlich gegen Typhusbacillen immunisierten Meerschweinchen schlugen jedoch gänzlich fehl. Das gleiche Schicksal hatten die Versuche von F. KLEMPERER & Lrvy°®°. Die ersten Untersuchungen dieser Forscher sind insofern bemerkenswert, als sie die Vor- läufer für die jüngst von v. BEHRING empfohlene Methode der Uebertragung von Immunsubstanzen durch die Milch immuner Tiere darstellen. KLEMPERER & Levy hatten nämlich anfangs die Idee, durch die Milch von hoch gegen Typhusbaeillen immunisierten Ziegen einen günstigen Einfluß auf den Ablauf der Typhuserkrankung erzielen zu können. Der Immunisierungswert der Milch erwies sich aber als zu gering. Auch die später von denselben Forschern ver- suchte subkutane Injektion von Serum hoch gegen Typhus immunisierter Hunde hatte keine nachweisbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. BEUMER & PEIPER empfahlen dann auf Grund günstig ausgefallener Tierversuche ihr „anti- toxisches“ Hammelserum zur Behandlung des Typhus. BÖRGER hatte jedoch mit diesem Serum keine Erfolge. Gleich geringe oder doch recht zweifelhafte Wirkung sahen Franc PoPpE°®!, BASKETT>S?, CooPER°®, BOKENHAM 3° und CoWweEn 385 von einem angeblich antitoxisch wirkenden, von der Firma BORROUGHS, WELLCOME & Co. bezogenen Typhusserum. Ueber bessere Erfolge berichten SPIRIG3®® und Du MEsnıL3®’, welche ein vom Berner Seruminstitut (TAvEL) bezogenes durch Immunisierung von Pferden gewonnenes Serum verwandten. Sie sahen nach Injektion von 10-40 ecm des Serums staffelförmigen Abfall der Temperatur. Die Seruminjektionen mußten öfter wiederholt werden. Angeregt durch die Untersuchungen von R. STERN 39° machte HAMMER- SCHLAG®®? den Versuch, durch Injektion von Typhusrekonvaleszenten-Serum die Typhuserkrankung günstig zu beeinflussen, jedoch ohne Erfolg. Wie er be- richten auch v. JacKscH 3®®, PoLLAcK ?% und JEZ391 über negative Resultate 880 W. FORNET, mit dieser Methode; dagegen glauben WEISSBECKER ???, WALGER ??°, WALKER °”* und SILVESTRLI®® eine günstige Wirkung des Rekonvaleszentenserums beobachtet zu haben: die wenigen von ihnen so behandelten Fälle lassen jedoch in An- betracht des wechselvollen Verlaufes der Typhuserkrankung auch eine andere Deutung zu und können zunächst keinen Anspruch auf Beweiskraft machen. Die geringen Erfolge der eben geschilderten serumtherapeutischen Ver- suche glaubt WASSERMANN 9? durch den Mangel der benutzten Sera an ge- nügendem aktivierenden Komplement erklären zu können. Sein Vorschlag, diesen Mangel durch Zusatz von frischem komplementhaltigen Rinderblut aus- gleichen zu können, dürfte jedoch beim Menschen wegen der großen Mengen hierzu nötigen fremdartigen Serums undurchführbar sein (Marx ®#). PFEIFFER & KOLLE wiesen dann darauf hin, daß es sich bei allen diesen Versuchen um die Verwendung bakterizider Sera handelte und daß solche Sera unter Umständen, anstatt eine Heilung herbeizuführen, im Gegenteil durch rapide Auflösung der Typhusbaeillen in dem Körper des Kranken diesen mit den giftigen Leibessubstanzen der Bacillen zu überschwemmen und so den Krank- heitszustand zu verschlimmern imstande waren. Daraufhin versuchten die meisten Autoren, diese giftigen Leibes- substanzen der Typhusbakterien aufzuschließen und mit ihnen gift- neutralisierende Sera zu gewinnen. MarTTHes°98, 399 benutzte mit Pepsin verdaute Typhusbacillen (Fermotoxin von GoTTsTEIn) zur Immunisierung seiner Tiere und erhielt so ein nicht bakteriolytisch wirkendes Serum, von dem 0,002 ccm gegen die doppelte tödliche Dosis schützten. Auch Lüpkez?0 sah mit einem ganz ähnlich von Ziegen ge- wonnenen Typhusschutzserum gute Erfolge, bei 17 unter 29 so be- handelten Typhuskranken beobachtete er danach eine Absenkung des Fiebers. Kraus#0%1 ging ebenfalls von dem Gedanken aus, ein hauptsäch- lich entgiftetes Typhusserum herzustellen, er immunisierte Pferde mit möglichst giftigen Typhuskulturen. Kraus & STENITZER402, Forssmann #9 und Herz%0%% veröffent- lichten günstige Beobachtungen mit dem Krausschen Serum. AROoN- son #05 legt den Hauptwert auf die anti-aggressiven Eigenschaften seines mit einem eigentümlich wachsenden Typhusstamm erzielten Serums. Mit einem von GARBAT & MEYER angegebenen und von den Höch- ster Farbwerken hergestellten Typhusserum machten RomMEL & HERR- MANN *0© bei der großen Typhusepidemie in Schneidemühl 1911 keine günstigen Erfahrungen. — ÜHANTEMESSE 07 hatte schon 1898 berichtet, daß es ihm gelungen war, durch Züchtung von Typhusbacillen auf einer Milzmazeration und nachfolgender Filtration ein stark wirkendes Gift aus Typhus- bacillen zu gewinnen. Durch Behandlung von Pferden mit diesem Toxin und weiterhin mit sehr großen Dosen lebender Typhusbacillen erzielte er ein Serum, das sich ihm ‚therapeutisch außerordentlich wirksam erwies. Bei 1000 mit diesem Serum behandelten Typhus- kranken hatte er nur 4,3 Proz. Todesfälle, während sie bei den in anderen Pariser Krankenhäusern nach der üblichen Methode be- handelten Fällen über 18 Proz. betrug. Trotzdem diese Mitteilungen von CHANTEMESSE durch Josıas #0, Brunow #0 und pu Mezsnır #10 in mehr oder weniger großem Umfange bestätigt wurden, ist das Serum bisher von anderer Seite nicht häufiger angewendet worden, was seinen Grund in den wenig eingehenden Mitteilungen von CHANTE- MESSE über die Art seines Serums, aber auch in dem Umstande haben Immunität bei Typhus. 881 mag, daß nur wenige Tropfen dieses Serums zur Heilung genügen sollten. Eine Erklärung hierfür würde die auch schon von WRIGHT vermutete Möglichkeit bilden, daß das Serum von CHANTEMESSE gleich- zeitig als Impfstoff anzusehen ist, da die serumspendenden Tiere mit so außerordentlich hohen Dosen abgetöteter und lebender Typhus: bacillen behandelt werden. Es würde sich dann bei dem ÜHANTEMESSE- schen Präparat weniger um ein Typhusserum als um ein sensibili- siertes Typhusvaccin handeln, mit dem ja auch von anderer Seite (BESREDKA) bei verhältnismäßig kleinen Dosen gute Erfolge erzielt wurden. Es empfehlen sich daher trotz der entgegenstehenden Be- denken ausgedehntere Versuche mit dem ‚„Typhusserum“ von CHANTE- MESSE, wenn sie nicht etwa an der schweren Zugänglichkeit des Materials scheitern. Einen ganz eigenartigen Weg, eine spezifische Behandlung des Typhus herbeizuführen, schlug JEZ°%! ein. Von der WASSERMANNschen Entdeckung, daß als die Bildungsstätten der Typhusimmunsubstanzen die blutbildenden Or- gane anzusehen sind, ausgehend, stellte er sich aus Knochenmark, Milz, Thymus, Hirn und Rückenmark von hoch gegen Typhusbaeillen immunisierten Kaninchen einen Extrakt her; die Organe wurden im Mörser zerrieben, sodann mit einer Mischung von Kochsalz, Alkohol und Wasser vermengt und so für 24 Stunden in den Eisschrank gestellt, alsdann wurde filtriert. Das Filtrat, eine serumartige, ziemlich klare, rötlichgelbe Flüssigkeit, ver- wandte JEZ zunächst zu Einspritzungen. Nachdem er sich im Tierversuch von der schützenden Kraft des Extraktes überzeugt hatte, wandte er ihn auch bei typhuskranken Menschen an. Hier blieb der erhoffte Erfolg zunächst aus, so lange JEZ den Extrakt dem Patienten subkutan injizierte. Dagegen wirkte der Extrakt angeblich gut bei Darreichung per os. In wenigen Tagen soll die Tem- peratur zur Norm zurückkehren, der Puls sich verlangsamen und kräftigen und das Sensorium frei werden. JEZ sieht die Hauptwirkung seines Extraktes in dessen giftbindenden Eigenschaften. Nach den Untersuchungen von MARKL*!! dagegen besitzt der Extrakt keine antitoxischen, sondern lediglich bakterizide Eigenschaften, und zwar in geringerem Grade als das Serum der Tiere, deren Organe zur Erzeugung des Extraktes gedient haben. Zurzeit gehören zur Behandlung eines Kranken noch 500—800 cem Extrakt; da letzterer noch sehr teuer ist (250 cem kosten 25 Mark), so ist diese Methode der Typhusbehandlung sehr "kostspielig.. Das Extrakt wird im Berner Serum- Institut fabrikationsmäßig hergestellt. Ganz hervorragende Erfolge will EicHHoRST#!? mit diesem Extrakt bei der Behandlung von 12 Schwerkranken gehabt haben. Er hebt besonders die auffallende Einwirkung auf das Allgemeinbefinden, das Sensorium und Fieber hervor. In gleichem Sinne sprechen sich JEz & KLuck-Kruczyck1®'? aus. In einer weiteren Arbeit aus der EıcHHorsTschen Klinik in Zürich berichtet ESSLINGER *!1# über die Wirkung des JEzschen Extraktes bei 16 schweren Typhus- fällen. In 6 von diesen trat die heilende Wirkung des Medikamentes nicht so Bau: ein, in einem von ihnen versagte sie ganz. Auch Casarpı?!® will gute rfolge vom Jezschen Extrakt gesehen haben. Ungünstig äußert sich da- gegen POoMETTA*!#. Von 6 mit dem Extrakt behandelten Kranken ließen 3 überhaupt keine Wirkung des Medikamentes erkennen, während es bei den 3 übrigen zweifelhaft blieb, ob der günstige Ausgang der Krankheit auf Rechnung der spezifischen Behandlung zu setzen war. LENTZ hat bei gesunden Typhus- bacillenträgern eine Einwirkung des Jezschen Extraktes auf die Ausscheidung der Typhusbacillen nicht beobachtet. Bevor ein endgültiges Urteil über dieses Heilmittel abgegeben werden kann, müssen jedenfalls weitere ausgedehnte Be- obachtungen abgewartet werden. Die guten Erfolge, von welchen EICHHORST berichtet, ermuntern immerhin zur weiteren Anwendung dieses immerhin un- schädlichen Mittels bei Typhuskranken. Konservierung von Serum. ._ Einen schwierigen Punkt für die Anstellung der Agglutination bildet die Erhaltung eines hochwertigen Serums. Sowohl steril wie Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 56 882 W. FoRrnET, mit Karbolzusatz konserviertes Serum büßt in verhältnismäßig kurzer Zeit einen allmählich immer größer werdenden Prozentsatz seiner Aeelutinationskraft ein. Es beruht dies nach EIsEnBERG & Vork #7, WASSERMANN 48 und BaıL#19, 420 auf einem Verlust der zymophoren Gruppe des Agglutinins (s. über diese Erscheinung das Kapitel: Asglutination). Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat Korte #21 empfohlen, das Serum in einem Vakuumapparat bei einer 37° nicht übersteigenden Temperatur zu trocknen und das Serum in diesem Zustande aufzu- bewahren. Zur leichteren Handhabung und trocknen Konservierung schmilzt KoLze abgewogene Quantitäten des Trockenserums (0,2 g = 2 g ursprünglichen Serums) in kleine Glasröhrchen ein. Das so kon- servierte Serum wird zum Gebrauch zunächst in der 10-fachen Menge destillierten Wassers gelöst, um das ursprüngliche Serumvolumen wiederherzustellen; die Lösung geht leicht vor sich und ist in ca. 10 bis 15 Minuten vollendet. Zur weiteren Verdünnung des Serums wird dann 0,85-proz. Kochsalzlösung (zur Agglutination) oder Bouillon (für den PrEırrerschen Versuch) hinzugefügt. So getrocknetes Typhusserum, von Kaninchen gewonnen, hat Lenrz jahrelang aufbewahrt, ohne daß es an seinem Agglutinations- titer Einbuße erlitten hätte. Auch in tropischem Klima erhält es sich, wie Marrınt berichtet, jahrelang unverändert. Eine andere Methode der Trockenkonservierung von Serum empfiehlt JAacoBsTHAaL#2?2. Er tropft aus einer Tropfpipette, deren Tropfengröße er genau berechnet hat, je einen Tropfen des zu kon- servierenden Serums auf einen kleinen Streifen Fließpapier und läßt den Tropfen im Exsikkator bei 37—65° trocknen. Bei einer Prüfung so behandelten Serums 7 Monate nach der Eintrocknung erwies sich sein Agglutinations- und Präzipitationstiter gleich hoch mit seinem ursprünglichen Wert. Die serumhaltigen Papierstreifen müssen vor Feuchtigkeit und Licht geschützt aufbewahrt werden. Zum Ge- brauch bringt JAacoBsTHAL einen serumgetränkten Papierstreifen in physiologische Kochsalzlösung, und zwar in eine einem bestimmten. Multiplum der Serumtropfen entsprechende Menge. Das Einbringen des Streifens in die Kochsalzlösung muß langsam geschehen, damit sich der Streifen gleichmäßig mit dem Lösungsmittel durchtränkt. Der Papierstreifen verbleibt zur Lösung des Serums 11/, Stunde in der Kochsalzlösung. Die so bereitete Lösung dient dann zu weiteren Verdünnungen. Als einen Vorzug seiner Methode hebt ‚JacoBsTHAL hervor, daß sein so konserviertes Serum sich sowohl durch »/‚ stündiges Erhitzen auf 56° sowie durch schnelles Durchziehen der Papierstreifen durch eine Bunsenflamme sterilisieren lasse, ohne wesentlich an seinem Titer einzubüßen. Das Serumpapier ist bei Merck-Darmstadt erhältlich. Vererbung der Typhusimmunität. Auch für die Entscheidung der Frage nach der Vererbung der Typhusimmunität von Mutter auf Kind haben die Untersucher sich bisher auf den Nachweis von Immunsubstanzen beschränken müssen. Vor allem wurde der Nachweis der Agglutinine im kindlichen Serum zur Klärung dieser Frage herangezogen. Immunität bei Typhus. 883 Die Angaben über das Auftreten von Typhusagglutininen im Blute von Kindern solcher Mütter, die kurz vor oder während der Entbindung an Typhus litten, sind sehr widersprechend. ZÄNGERLE #*° fand in einem Falle, in dem eine typhuskranke Frau in der 3. Woche der Krankheit ein ausgetragenes Kind gebar, am 2. Tage nach der Entbindung bei Mutter und Kind positiven Widal. Jenutr®*?* und GAEHTGENS #26 (Literatur) fanden dagegen in dem Blutserum von Föten typhuskranker Mütter gar keine oder nur geringe Agglutinations- wirkung auf Typhusbacillen, auch wenn die Erkrankung der Mutter in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft eintrat und das mütter- liche Serum stark agglutinierte. Marrr!60 sah bei einer in der 2. Woche der Typhuserkrankung entbundenen Frau 6 Tage nach der Entbindung in dem Serum der Mutter Agglutination von Typhus- bacillen in der Verdünnung 1:40, während zu gleicher Zeit das kindliche Serum in der Verdünnung 1:10 Typhusbacillen unbeeinflußt ließ. Dagegen fiel 11/; Woche später die Reaktion mit dem Serum des Kindes in der Verdünnung 1:40 positiv aus, ohne daß das Kind an Typhus erkrankt war; es war jedoch in der Zwischenzeit von der Mutter genährt worden, deren Milch noch in der Verdünnung 1:30 Typhusbacillen typisch agglutinierte. Es war hier also nach Analogie des bekannten Enrrichschen Ammenversuches#25 an Mäusen, die gegen Abrin, Ricin und Robin immunisiert worden waren, zu einer Uebertragung der Agglutinine durch die Muttermilch auf das Kind gekommen. Die gleiche Beobachtung des Ueberganges der Agglutinine von der Mutter auf das Kind durch Vermittelung der Muttermilch be- schrieben Lanpouzy & Grırron#26. Hier erkrankte eine 3 Monate zuvor entbundene Frau an Typhus; sie stillte ihr Kind trotzdem weiter, ohne daß letzteres an Typhus erkrankte. Eine Prüfung des mütterlichen wie des kindlichen Serums ergab bei beiden positive Wiparsche Reaktion. Experimentell ist die Frage des Ueberganges der Typhusagglu- tinine von der Mutter auf ihr Kind zuerst von WıDaL & SıcarD ge- prüft worden. Diese impften ein trächtiges Kaninchen mit Typhus- bacillen. Das Serum des nach 6 Tagen geworfenen Jungen zeigte agglutinierende Eigenschaften, jedoch in geringerem Grade als das mütterliche Serum. Fine größere Reihe derartiger Versuche hat JUREwWITscH #2? angestellt. Es gelang ihm in 31 Fällen, bei trächtigen Kaninchen durch Injektion anfangs abgetöteter, später lebender Typhusbacillen starke Agglutinationswerte des Serums zu erzielen. Bei den von diesen Kaninchen geworfenen Jungen fand er bei drei Würfen keine. agglutinierende Einwirkung des Serums auf Typhus- bacillen trotz hoher Reaktion (1:640 bis 1:1000) des mütterlichen Serums. Bei weiteren 25 Würfen konnte er stets bei den jungen Tieren eine Agglutinationskraft des Serums nachweisen, die 1/,—t/zo derjenigen des mütterlichen Serums betrug, ohne daß dabei irgend- welche Regelmäßiskeit der Beziehungen zwischen der Stärke der Reaktion bei den Jungen auf der einen Seite und dem Grade der bei dem Muttertiere vorhandenen Immunität oder den Schwangerschafts- periode andererseits bestand. In 4 Fällen fanden sich weder bei den Muttertieren noch bei den Jungen Typhusagglutinine im Blute. Spritzte JuREwITscH trächtigen Muttertieren gegen Ende der Schwangerschaft hochwertiges- Typhusimmunserum ein, so konnte er 56* 884 W. FORNET, im Serum der Jungen stets Agglutinine nachweisen. Die Typhus- agglutinine passierten also die Placenta. Sämtliche Tiere, deren Mütter die Immunität, sei es aktiv oder passiv, erst während der Gravidität erworben hatten, verloren ihre Agglutinine sehr schnell. Dagegen fand Jurewıitsch bei jungen Tieren (Meerschweinchen), deren Mütter schon längere Zeit vor der Konzeption immunisiert worden waren, häufig eine Agglutinationskraft des Serums gegen- über Typhusbacillen, welche die des mütterlichen Serums um das 2—5-fache übertraf. Da er aber den etwaigen Einfluß der Mutter- milch auf das Zustandekommen dieser hohen Asglutinationswerte im Serum der jungen Tiere anscheinend unberücksichtigt gelassen hat, so dürften einige Zweifel an der Richtigkeit seiner Auffassung, dab in dem Organismus von Jungen vor der Konzeption immunisierter Muttertiere eine aktive Bildung von Agglutininen vor sich ginge, gerechtfertigt sein. Die Resultate, welche SrtÄugrı#23 bei ähnlichen Untersuchungen erhielt, die er unabhängig von JurEwITscH ausführte, bestätigen im allgemeinen die eben geschilderten Angaben des russischen Forschers. Auch Sräusrı fand bei den J ungen von Muttertieren, deren Immuni- sierung gegen Typhusbacillen vor der Konzeption erfolet oder be- gonnen war, annähernd gleiche Agglutinationswirkung des Serums, wie sie das mütterliche Serum zeigte, dagegen erheblich geringere Werte gegenüber letzterem, wenn die Immunisierung der Mutter erst während der Gravidität erfolgt war. Auch bei passiver Immuni- sierung des Muttertieres fand er einen Teil der Agglutinine im Serum der Jungen wieder. SräugLı hatte bei früheren Untersuchungen!56 gesehen, daß die Milch von Tieren, welche aktiv gegen Typhus immunisiert worden waren, bisweilen weit höhere Agglutinationswerte zeigte als das Serum der betreffenden Tiere. Um zu entscheiden, ob es sich hier um eine Konzentrierung von Agglutininen des Serums in der Milchdrüse oder vielmehr um eine aktive Bildung dieser Stoffe in der Drüse des immunisierten Tieres handelt, die etwa durch Zerfall von Drüsen- zellen zu erklären wäre, verglich SrävugLı die Wirkung von Serum und Milch passiv immunisierter Meerschweinchen. Er fand hier bei hohem Agglutinationswerte des Serums nur sehr niedrige Werte in der Milch. Der Versuch, durch Vertauschen der Mütter nach Analogie des Errrticnschen Ammenversuches #25 auf junge Meerschweinchen, welche von einer nicht immunen Mutter stammten, mittels der Milch eines typhusimmunen Tieres Typhusagglutinine zu übertragen, mißlang STÄUBLI ebenso wie auch ReEmLInser!5l und WıpaL & Srcarn 150, Es konnten bei den Jungen keine Agglutinine nachgewiesen werden. Doch dürfte dieser Mißerfolg, wie SrÄusLı vermutet, darauf zurück- zuführen sein, daß junge Meerschweinchen schon vom ersten Tage an sich ihr Futter selbst suchen und weniger als andere Tiere auf die Muttermilch angewiesen sind. Wenngleich alle in diesem Kapitel geschilderten Untersuchungen sich auch nur auf den Uebergang von Agglutininen von der typhus- immunen Mutter auf das Kind erstrecken, so machen es die ge- schilderten Resultate doch wahrscheinlich, daß sowohl durch die Placenta hindurch als auch vermittels der Milch von der typhus- Immunität bei Typhus. 885 immunen Mutter auf das Kind Stoffe übergehen können, welche es be- fähigen, einen etwaigen Kampf gegen eine Typhusinfektion erfolg- reich aufzunehmen. Andererseits muß aber darauf hin gewiesen werden, daß nach den Untersuchungen von Lüpke*?? und MürLLer*?? das Serum von Kälbern Typhusbacillen nicht agglutiniert, während sich beim er- wachsenen. Rinde meist ein verhältnismäßig hoher Agglutinationstiter für Typhusbakterien findet (Lüpke #29, MÜLLER #31, GRABERT *??, Lö- wır#33, HAaun & TROMMSDoRFF #* und Rıssrıng (Literatur) 269). Diese Tatsache weist darauf hin, daß beim Rinde die Agglutinine in der Regel nicht mit der Milch auf das Kalb übergehen, sondern dab sie wie wohl die meisten sogenannten Normalagglutinine, Normalopsonine etc. während des Lebens der Tiere selbständig, unter der Einwirkung von aufgenommenen Bakterien, gebildet werden (vgl. STRENG ?'*). Literatur. 1. EMMERICH & GEMÜNnD, Beiträge zur experimentellen Begründung der Pettenkoferschen Cholera- und Typhuslehre.. Münch. med. Wochenschr., 1904, S. 25. . CHAUMONT, De l’helminthiase dans ses rapports avec les maladies in- fectieuses. These de Paris, 1903. STEFFENHAGEN & ANDREJEW, Ueber die Haltbarkeit von Mikroorganismen und Immunkörpern in Blutegeln. Centralbl. f. Bakt., 1910, Beiheft, S. 39. SACQUEPEE, Revue d’hyg., 1902, p. 575. 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Erst allmählich lernte man verschiedene Arten der Erkrankungen des Verdauungs- traktus als besondere Krankheiten kennen und von der Ruhr unter- scheiden, so den -Typhus, die Cholera, den akuten und chronischen Magen- und Darmkatarrh, und beschränkte schließlich den Begriff „Ruhr“ auf die diphtherische und geschwürige Erkrankung der Dick- darmschleimhaut. Die im 19. Jahrhundert immer mehr zunehmende pathologisch- anatomische Forschung brachte auch hier weitere Fortschritte. Man lernte die tuberkulösen, urämischen und die durch Vergiftungen, speziell Metallvergiftungen, hervorgerufenen geschwürigen und di- phtherischen Erkrankungen des Dickdarms von den dysenterischen unterscheiden. Die im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts mächtig fortschrei- tende ätiologische Forschung brachte es naturgemäß mit sich, daB auch dem Erreger der Dysenterie, die noch eben erst im Gefolge des deutsch- französischen Krieges eine große über mehrere Jahre sich erstreckende Epidemie in Deutschland verursacht hatte, sich die Aufmerksamkeit der Forscher zuwandte. Die Entdeckung des Choleravibrio und des Typhusbacillus und der Nachweis ihrer spezifischen ätiologischen Be- deutung für die Cholera und den Typhus rief ohne weiteres die Ver- mutung hervor, daß auch der Erreger der Ruhr in die große Familie dieser kleinsten Lebewesen gehören müsse. Die Frucht der in dieser Richtung vorgehenden Forschung war die Isolierung einer ganzen m. O4” 900 Orro LENTz, Reihe von Bakterien aus den Stühlen Ruhrkranker, die unter mehr oder weniger überzeugender Beweisführung von ihren Ent- deckern als die Erreger der Dysenterie bezeichnet wurden. So fand Kress einen kleinen, die Gelatine verflüssigenden Bacillus; ähnliche Stäbchen sah auch ZIEGLER in den LIEBERKÜHNSchen Drüsen bei Ruhrleichen. OcAaTa beschrieb ein feines bewegliches, nach Gram färbbares Stäbchen, DE SıLvEstrı einen Diplococcus. ÜHANTEMESSE & Wınar fanden 1888 in den Faeces von Ruhrkranken und in den inneren Organen von Ruhrleichen ein Kurzstäbchen, das dem Bacterium coli ähnlich war, jedoch eine sehr langsame Bewe- gung zeigte und auf der Kartoffel einen trockenen Belag erzeugte. Unter Bestätigung dieses Befundes beschrieb GRIGORIEFF einen dem Bact. coli ähnlichen, auf Gelatine jedoch punktförmig wachsen- den Bacillus. Maccıora und ArnauD fanden ein „bösartiges““ Bact. coli und Cerrı & Fıocca und nach ihnen GALLI-VALERIO und VALA- cussa eine Abart des Bact. coli, die Crırı als „Bact. colidysenteri- cum“ bezeichnete, und die Varacussa mit der von EscHERrIcH als Er- reger der Colitis contagiosa der Kinder angesehenen Abart des Bact. coli identifizierte. Auch die von RoGEr und MorEUL & RIEUX ge- fundenen und als Ruhrerreger angesprochenen Stäbchen sind mit dem Bact. coli commune identisch, wie MorEur selbst in einer neueren Arbeit zugibt. BERTRAND & BaucHET sowie Janowskı nahmen gar an, daß die Dysenterie nicht durch einen einzigen spezifischen Er- reger, sondern durch die Assoziation verschiedener, einzeln unschäd- licher Bakterien hervorgerufen werde. Während so alle auf die Entdeckung eines bakteriellen Erregers gerichteten Bemühungen zunächst zu keinem einheitlichen, befriedigen- den bzw. ernster Kritik standhaltenden Resultate führten, fanden Lösch in St. Petersburg und 8 Jahre später R. KocH und Kar- TuLıs in Aegypten in den blutig-schleimigen Entleerungen bzw. der Darmwand und den Leberkapillaren Ruhrkranker eine Amöbenart, die der zuletzt genannte Forscher auf Grund eingehender Studien und besonders des Tierexperiments für den Erreger der ägyptischen Ruhr ansehen zu dürfen glaubte. Diese Befunde wurden durch OsLEr, COUNCILMANN & LAFLEUR, QUINKE & Roos, KRUSE & PAsqUALE u. a. bestätigt, welche sich auch bezüglich der ätiologischen Bedeutung der Amöben für die endemische und sporadische Ruhr der Ansicht von Karturıs anschlossen. (Weiter auf die Aetiologie der Amöben- enteritis hier einzugehen, muß ich mir versagen, da diese in dem Kapitel ‚Protozoen“ abgehandelt wird.) Es war also zwar für eine Reihe von Ruhrendemien der Nach- weis eines Erregers gelungen, aber in einer großen Zahl von Ruhr- fällen mißlang dieser Nachweis gänzlich; es gab große Epidemien, während welcher in den Stühlen der Kranken die Amöben niemals nachgewiesen werden konnten. Dazu kam die Beobachtung, daß diese Fälle sich auch pathologisch-anatomisch wie klinisch in mancher Beziehung von jenen unterschieden. Daher nahmen auch Kruse & PASQUALE, ebenso wie GRIGORIEFF und MacGıorA neben der durch Amöben hervorgerufenen Dysenterie eine zweite Form dieser Krank- heit an, als deren Ursache sie einen anderen Erreger ansehen zu müssen glaubten. Sc kam es, daß die Bestrebungen, welche auf die Entdeckung eines bakteriellen Erregers der epidemischen Ruhr, die immer wieder Dysenterie. 901 auch gerade die Länder der nördlichen gemäßigten Zone in zahlreichen, zum Teil recht schweren Epidemien heimsuchte, nicht zur Ruhe kamen. Ihnen ist es auch zu danken, daß das Studium der Dysenterie 1898 mit der Entdeckung des Erregers der in Japan herrschenden Ruhr durch SHıcA in eine neue Äera trat. Dieser Forscher konnte während einer außerordentlich heftigen Ruhrepidemie niemals Amöben nachweisen, dagegen gelang es ihm, aus den blutig-schleimigen Entleerungen der Kranken sowie den Mesenterialdrüsen von an Ruhr Gestorbenen einen Bacillus von ganz bestimmten Eigenschaften zu isolieren, der von dem Serum von Ruhr- kranken noch in stärkerer Verdünnung agglutiniert wurde. Auf Grund dieser Erscheinung und wegen des konstanten Vorhandenseins des Stäbchens in den Dejektionen der Kranken und den Mesenterial- drüsen der Leichen glaubte SHica, diesem Bacillus eine Rolle bei der japanischen Ruhr beimessen zu müssen. Zwei Jahre später fand dann Kruse bei einer Ruhrepidemie im rheinisch-westfälischen Industriegebiete ähnliche Bacillen, denen er aus denselben Gründen, wie SHIcA den seinen, ätiologische Be- deutung beimaß. Fast gleichzeitig mit Kruse berichteten FLEXNER und Strong, daß sie bei Ruhrkranken auf den Philippinen sowie in Nordamerika und Puerto-Rico Bacillen gefunden hätten, welche den Smiıcaschen sehr ähnlich seien. Weiterhin fand v. DriIGaLskı bei der Ruhrepidemie, welche im Hochsommer 1901 unter "Truppen des preußischen Gardekorps auf dem Döberitzer Uebungsplatze aus- brach, Bacillen, die er mit den von SHıca und Kruse beschriebenen identifizierte; seine Befunde wurden von E. PruHnL und SCHMIDICKE bestätigt. In schneller Folge wurden nun ähnliche Befunde von den verschiedensten Punkten der bewohnten Erde gemeldet. Während FLExner auf Grund vergleichender Untersuchungen die Bacillen von SmicA, KRUSE, FLEXNER und STRoxnG für identisch erklärte, ein Resultat, das von SHıca und Kruse für die Stämme SHicA, Kruse und FLExner und von Cury für die Smicaschen und Frexnerschen Stäbchen bestätigt wurde, erhoben E. PruHL und seine Mitarbeiter Zweifel an der Arteinheit des FLexnerschen Stammes mit den von Smica, Kruse, v. Dricarskı und PruHt gefundenen Stämmen, welch letztere sie für artgleich hielten. Marrını & Lextz prüften dann mittels der Agglutinationsreaktion hochwertiger künstlicher Immunsera eine größere Anzahl von Ruhr- und ruhr- ähnlichen Bacillenstämmen und konnten so nachweisen, daß die aus Japan (SHıca), China (v. Drıcauskı), Nordamerika (FLEXNER), Westfalen (Kruse), Döberitz (v. Driıcarskı und E. PruHrL) und Steiermark (Mürzer) stammenden Bacillen artgleich, die auf den Philippinen gewonnenen Stämme FLEXNERS und STRONGs dagegen so- wohl von jenen wie auch untereinander artverschieden sind. Dieses Resultat konnte Lextz auch auf kulturellem Wege bestätigen. Kruse hatte bereits in seiner ersten Veröffentlichung über die von ihm gefundenen Dysenteriebacillen erwähnt, daß er mit diesen zwar verwandte, aber deutlich von ihnen zu unterscheidende Bak- terien in Stühlen von ruhrkranken paralytischen Geisteskranken ge- funden habe. Da er in dieser Krankheit nicht eine echte Ruhr, sondern nur eine ruhrähnliche Krankheit, eine ‚„Pseudodysenterie“ sah, so bezeichnete er die bei dieser gefundenen Mikroorganismen als „Bacillen der Pseudodysenterie der Irren“. Mc Wrrnxey fand 1905 902 Orrto Lentz, in einer irischen Irrenanstalt die gleichen Bacillen. Kurze Zeit nach der ersten Mitteilung Kruses haben dann Hıss & RusseL einen wei- teren von dem SHIGA-Kruseschen, FLEXxNErRsSchen und Srtronsschen Typ verschiedenen, aber ihnen verwandten Ruhrbacillus beschrieben, den sie als „Bac. dysenteriae Y‘‘ bezeichneten. LIEFMANN & NIETER sowie DOPTER zeigten später, daß der Bacillus der Pseudodysenterie der Irren mit diesem Bacillus Y *) identisch ist. Die Bezeichnung „Bacillus der Pseudodysenterie der Irren“ ist übrigens neuerdings auch von KRUSE aufgegeben worden, seit er selbst sowie Hıss & RusSSEL, LENTZ, SHIGA, OHNO u. a. diesen Krankheitserreger auch bei Dys- enteriekranken außerhalb der Irrenanstalten und andererseits EyRE, GILLIT und Dick, ebenso wie schon früher gelegentlich auch Kruse den Shiga-Kruse-Typ, VAILLARD & DOPTER, Mc WEENEY, sowie AVELINE, BOYCOTT & MACDONALD den Flexner-Bacillus bei dysenteriekranken Irren nachgewiesen haben. Das weitere Studium der Ruhrbacillen hat dann, wie wir später noch eingehender zu besprechen haben werden, gelehrt, daß der Shiga- Kruse-Bacillus sich ganz wesentlich von den anderen Typen dadurch unterscheidet, dab er in Mannitnährböden keine Säure produziert (Lentz, Hıss & Russe) und an sich außerordentlich giftig ist und giftige Substanzen auch in das Kulturmedium übertreten lassen kann (RosENTHAL), während die anderen Typen, die sich auch sonst kulturell und serodiagnostisch näher stehen, Mannit unter Säurebildung ver- gären und keine oder doch nur geringe Giftwirkung erkennen lassen. In kurzer und prägnanter Ausdrucksweise haben amerikanische Autoren zur Unterscheidung dieser beiden Hauptgruppen der Dys- enteriebacillen die Bezeichnungen ‚non acid strains (of dysentery bacilli)“ für den Typus Shiga-Kruse und „acid strains“ für die übrigen Typen gewählt. Diese Einteilung ist in mehr als einer Hin- sicht praktisch. Ich möchte aber mit Kraus & Dörr den Hauptwert auf das andere, auch vom klinischen Standpunkt aus wichtigere Moment der Giftigkeit legen und deshalb die Shiga-Kruse-Bacillen als die „giftigen“ Dysenteriebacillen den anderen Typen als der Gruppe der „giftarmen“ Dysenteriebacillen gegenüberstellen. Die von Dörr gewählte Bezeichnung „ungiftige Dysenteriebacillen“ für diese letztere Gruppe ist nicht ganz zutreffend, da diese Arten, wie übrigens auch Dörr selbst angibt, und KorLLe, HELLER & DE MESTRAL bestätigen, nicht gänzlich ungiftig sind, vielmehr in Bouillonkultur- filtrate und Waschwasser, d. h. Kochsalzlösung, mit der 24-stündige Agarkultur gewaschen wurde (KoLte und seine Mitarbeiter), geringe Mengen löslichen Giftes übertreten lassen. Beı dem großen Interesse, das die Entdeckung der Ruhrbacillen durch Smaca und Kruse allerorten weckte, war es nicht zu verwundern, daß alsbald ein kleiner Prioritätsstreit darüber ausbrach, wer als der eigentliche Entdecker dieser Krankheitserreger zu gelten habe. Zunächst machte Cerrı den Versuch, nachzuweisen, daß sein Bact. colidysentericum mit dem Smicaschen Bacillus identisch sei. Der Versuch kann nicht als gelungen bezeichnet werden. Sodann nahm, und wie es schien, mit Recht, SmıcA die Priorität für sich in Anspruch, und begründete dies damit, daß er als erster den Ruhrbacillus rein- gezüchtet und beschrieben habe. Nicht ohne Erfolg machte aber Krusz dagegen geltend, daß Smıca den Erreger der Ruhr als ein *) DoPTER sprach allerdings anfangs stets vom Bacillus Strong, aus seiner Beschreibung geht aber hervor, daß er den Bacillus Y in Händen hatte. Dysenterie. 903 mit Eigenbewegung ausgestattetes, geißeltragendes Bakterium be- schrieben habe, was durch die meisten Nachuntersucher und schließ- lich auch von SmıGa selbst als irrtümlich erkannt worden sei, und dab er. Kruse selbst, als erster eine vollkommen richtige Beschreibung des Erregers gegeben habe. Wie man dieses Moment für die Ent- scheidung der Frage nach der Priorität auch bewerten will, viel höher ist das Verdienst Kruses einzuschätzen, daß er durch seine Veröffentlichung das Interesse weiterer wissenschaftlicher Kreise für die Aetiologie der bacillären Dysenterie wachgerufen und so zu der schnellen Erweiterung unserer Kenntnisse über diese Erreger un- mittelbar Veranlassung gegeben hat, ein Verdienst, das auch Skıca gerechterweise anerkennt. Von dieser Erwägung ausgehend, hatte sich Verfasser bereits in seiner erster Besprechung der Dysenterie im Il. Bande der 1. Auflage dieses Handbuches für die Bezeichnung „SHIGA-Krusescher Bacillus“ für den damals in seiner ätiologischen Bedeutung sicher erkannten Typus der Ruhrbacillen entschieden, eine Bezeichnung, die heute fast allgemein angenommen ist. Einen neuen Versuch, die Priorität der Entdeckung des Ruhr- erregers für sich zu retten, ließ Cerrı durch pe Brası machen. Man kann nicht sagen, daß dieser Versuch glücklicher gewesen wäre, als der frühere, von Cerrı selbst gemachte. Ebensowenig glücklich schienen CHANTEMESSE & WıpaL mit ihrer Behauptung, daß das von ihnen 1888 gezüchtete und als Dysenterie- erreger beschriebene Bakterium mit den von SHıca und Kruse gefunde- nen Bacillen identisch sei und aiso sie als die eigentlichen Entdecker des Dysenteriebacillus anzusehen wären. Diese Behauptung erschien um so weniger begründet, als die von CHANTEMESSE & WıDaL in ihrer ersten Publikation gegebene Beschreibung der von ihnen gefundenen Krankheitserreger entsprechend dem damaligen Stande der bakterio- logischen Diagnostik so wenig eingehend ist, daß es heute schwer fällt, nach ihr jene als beweglich beschriebenen Bakterien von einem gewöhnlichen Bacterium coli zu unterscheiden, und es geradezu un- möglich ist, sie mit dem SHıGAa-Krusrschen Bacillus zu identifizieren. Indessen wurden die Angaben von CHANTEMESSE & Wıpar durch die Mitteilung von VAILLARD & DoPTEr in ein anderes Licht gerückt, dab sie die Identität der CHANTEMESSE-Wıparschen Bacillen mit Bakterienstämmen, die sie selbst bei Ruhrkranken in Paris gefunden hatten, einerseits und den Smiıcaschen und Kruseschen Stämmen andererseits einwandfrei hätten nachweisen können. Auf eine brief- liche Anfrage des Verf. ergänzte DoPTEer diese Angabe dahin, daß diese CHANTEMESSE-WıIpDarschen Bacillen von den im Jahre 1888 be- schriebenen abstammten. Wir müssen also auf Grund dieser Mittei- lungen annehmen, daß in der Tat die beiden französischen Forscher schon im Jahre 1888 die Erreger der epidemischen Dysenterie in Händen gehabt haben. Mit der Feststellung dieser Tatsachen glauben wir dem Ver- dienste von CHANTEMESSE & WıDaL vollauf gerecht geworden zu sein. Eine 'Aenderung in der Nomenklatur der Ruhrbacillen eintreten zu lassen, wie es VAILLARD & DoPTErR anfangs anstrebten, liegt um so wenigeg Grund vor, als einmal alle Studien, welchen wir unsere heutigen Kenntnisse über die Ruhrbacillen verdanken, von den Ver- öffentlichungen SHicas und besonders Kruses ihren Ausgang ge- nommen haben, andererseits aber die Bezeichnung der zuerst in ihrer 904 Orrto LeExtz, ätiologischen Bedeutung sicher erkannten Ruhrerreger als SHıca- Krusescher Bacillen in differentialdiagnostischer Hinsicht nicht mehr entbehrt werden kann. Aetiologische Bedeutung der Dysenteriebacillen. An der ätiologischen Bedeutung der Dysenteriebacillen für die Dysenterie des Menschen kann heute nicht mehr gezweifelt werden. Schon Smıca wies darauf hin, daß das Blutserum seiner Dysenterie- kranken im Verlauf der Krankheit ein starkes Agglutinationsvermögen gegenüber den Dysenteriebacillen gewann, und sah hierin einen Be- weis für die ätiologische Bedeutung der von ihm entdeckten Bacillen. Dieser Ansicht schlossen sich KRUSE, FLExXNER, STRONG & MUSGRAVE, VEDDER & DuvaL, FOULERTON, CURRY, v. DRIGALSKI, MÜLLER, Bow- MAN u. a. für den Shiga-Kruse-Typ an und aus dem gleichen Grunde schlossen FLEXNER, DuUVvAL, JÜRGENS, DEYCKE & NRESCHAD, DÖRR, STRONG, SHIGA, OHNO, KRUSE, SPRONCK, LENTZ, LIEFMANN & NIETER, Lvexscn und viele andere die ätiologische Bedeutung der giftarmen Typen. en eine Beobachtung von MARKWwALD sprach im Sinne der Spezifizität der Dysenteriebacillen. Er fand nämlich bei dem Neu- geborenen einer an Dysenterie leidenden Frau, das wenige Stunden nach der Geburt starb, noch ehe es etwas genossen hatte, typische dysenterische Darmveränderungen und im Mekonium und den Auf- lagerungen auf der diphtherischen Schleimhaut sowie im Herzblut Dysenteriebacillen vom Typus Shiga-Kruse. Noch größere Beweiskraft besitzen natürlich Infektionen mit Rein- kulturen der Bacillen. Solche sind teils absichtlich, teils unabsichtlich bereits mehrfach erfolgt. STtronG infizierte mit Reinkultur eines Shiga-Kruse *)-Stammes im Gefängnis von Manila 2 zum Tode ver- urteilte Verbrecher. Beide erkrankten an typischer Dysenterie und in ihren Stühlen fanden sich die Dysenteriebacillen wieder. Absichtlich infizierte ferner JEHLE sich selbst gleichzeitig mit Shiga-Kruse- und Flexner-Reinkultur. Er erkrankte prompt am 3. Tage an Dysenterie und in seinem Stuhl konnten beide Typen nach- gewiesen werden; auch agglutinierte sein Blutserum in der Ver- dünnung 1:100 beide Arten. Ueber 2 unbeabsichtigte Laboratoriumsinfektionen berichtet Kruse. In seinem Laboratorium infizierten sich sein Assistent und das Kind des Laboratoriumsdieners mit dem Shiga-Kruse-Typus. Aus dem Um- stande, daß in den letzten 2 Monaten vor der Erkrankung der beiden Personen in dem Laboratorium nicht mehr mit Ruhrstühlen, sondern nur noch mit Reinkulturen des Ruhrbacillus gearbeitet worden war, zieht Kruse den Schluß, daß die Infektionen durch letztere herbei- geführt worden seien. Eine Laboratoriumsinfektion zogen sich ferner zu Karuınskı mit Shiga-Kruse-Bacillen und Hruser **) mit Y-Bacillen. An der ätiologischen Bedeutung der 4 Typen der Ruhrbacillen kann also heute nicht mehr gezweifelt werden. Sie sind sämtlich imstande, beim Menschen eine Krankheit zu erzeugen, welche nach den klinischen Symptomen, den pathologisch-anatomischen Verände- x *) Nach mündlicher Mitteilung an den Verf. **) Nach mündlicher Mitteilung an den Verf. Dysenterie. 905 rungen am Darm und ihrer hohen Infektiosität alle von WeIcHsEr- BAUM an eine echte Dysenterie gestellten Anforderungen erfüllt und als echte Dysenterie angesprochen werden muß. Es ist deshalb meines Erachtens nicht gerechtfertigt, wie dies mehrfach geschehen ist, nur den Typus Shiga-Kruse als „Dysenteriebacillus“, die übrigen Typen aber als „Pseudodysenteriebacillen“ (Kruse) oder als „Paradysenterie- bacillen“ (CasteLranı, FAIcHNiE, PARK, LIEFMANN & NIETER) zu bezeichnen, vielmehr ist für alle als Erreger echter Dysenterie nur die Bezeichnung „Dysenteriebacillen“ zulässig. Zur Unterscheidung der einzelnen Arten müssen wir uns bis auf weiteres des Zusatzes „Iypus Shiga-Kruse“, „Typus Flexner“, „Iypus Strong“, „Typus Y (Hıss-RusseL)“ bedienen *). Auch erscheint es mir nicht gerecht- fertigt, in allen diesen Typen, wie DoPTER, BLAcCKHAm und Luxz es tun, nur Varietäten einer einzigen Bakterienart, nämlich des Dys- enteriebacillus zu sehen. Schon das klinische Bild der durch die ein- zelnen Typen erzeugten Krankheiten läßt insofern gewisse Unter- schiede erkennen, als die durch den Shiga-Kruse-Baeillus erzeugte Dysenterie im allgemeinen schwerer verläuft und eine höhere Mor- talität aufweist, als die durch die anderen Typen erzeugten Krank- heiten. Kulturell und serumdiagnostisch aber weisen die verschiedenen Dysenteriebacillen doch zu erhebliche Unterschiede auf, als daß man sie lediglich als Varietäten derselben Art ansprechen dürfte. Mit der Anerkennung, daß alle vier genannte Typen der Dysenteriebacillen imstande sind, echte Dysenterie zu erzeugen, und daher die Bezeich- nung „Dysenteriebacillen‘ verdienen, entfallen auch alle Bedenken bezüglich der Anzeigepflicht bei den durch die sogenannten Pseudo- dysenteriebaeillen erzeugten Krankheiten, wie sie Lösener äußerte, Verbreitung der bacillären Dysenterie. Die bacilläre Dysenterie ist über die ganze bewohnte Erde ver- breitet. Von den verschiedenen Typen der Dysenteriebacillen finden sich der Shiga-Krfuse-Bacillus und der Bacillus Y am häufigsten ; etwas seltener ist der Flexner-Typ, während der Bacillus Strong bisher nur in wenigen Gegenden gefunden wurde. Nach den ersten Befunden des Shiga-Kruse-Typ durch Smıca in Japan, MORGENrRoTH in China, RosenraaL und Krers in Rußland, Kruse und v. Dricarskı in Deutschland, Tu. MürLLer und Dörr in Oesterreich, Sproxck in den Niederlanden, CHanTemesse & WiDaL sowie VAILLARD & DoPTEr in Frankreich, Eyre in England, FLExNERr, VEDDER & Dvvar sowie DuvaL & Basser in Nordamerika schien es, als ob das Vorkommen dieses Krankheitserregers im wesentlichen auf die nördliche gemäßigte Zone beschränkt sei. Spätere Mitteilungen haben indessen gelehrt, daß er über die ganze Erde verbreitet ist. So fanden NEGrI & Pane den Shiga-Kruse-Bacillus bei Dysenterie- kranken in der Provinz Pavia in Italien, NicoLLE & CATHOIRE in *) In einem großen Teil der amerikanischen Literatur und offenbar aus dieser übernommen auch in einigen französischen, englischen und japanischen Arbeiten findet sich die Angabe, daß ich „ungerechtfertigterweise die Typen Flexner, Strong und Y als Pseudodysenteriebacillen bezeichnete“. Ich möchte demgegenüber feststellen, daß ich in keiner meiner Arbeiten für diese Bakterien die Bezeichnung „Pseudodysenteriebacillen“ angewandt, sondern stets von ihnen als vom „Typus Flexner, Strong, Y“ gesprochen habe. 906 Orrto LEnTtz, Tunis, CASTELLANI in Uganda in Zentral-Afrika und auf Ceylon, Rosers und Gırrır in Indien, Strong (nach brieflicher Mitteilung an den Verf., s. a. SHIGA), PHALEN & KILBOURNE Sowie WHITMORE auf den Philippinen, GrIsns, van LOGHEM & SCHÜFFNER und BAER- MANN & ECKERSDORF in Niederländisch-Indien, BoFINGER in Deutsch- Südwestafrika, Bırr in Kapland und Moses in Brasilien. Der Flexner-Typ wurde zunächst auf den Philippinen gefunden, dann aber auch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika (VEDDER & DuvarL, Gay u. a.), von MORGENROTH in China, von ScHÜTZE in Östasien*), von SHıca und OHno in Japan, von GrıNns in Nieder- ländisch-Indien, von BrApLey in Neu-Süd-Wales, von BaHr auf den Fidji-Inseln, von Dörr, LEINER und G1IosEFrFI in Oesterreich, von Honn und Perz in Deutschland, von DoPTER & SIcRE, BRAUN, RousseL & Jos sowie AucH& in Frankreich, von MARSHALL, MCWEENEY sowie AvELINE, BoycotrT und MAcvonALD in England und von DEYcKE & RescHap in Konstantinopel. Der Typus Y (Hıss & Russen) wurde zunächst von Kruse in Deutschland gefunden und als „Pseudodysenterie der Irren“ be- schrieben; bald danach wiesen ihn Hıss & RusseL, sowie Duvau in Nordamerika, Lentz, LIEFMANN & NIETER, HEUSER, die Unter- sucher der Hagenauer Epidemie, MAYER, HoHn, LöSENER sowie SCHWARZE in Deutschland, Smica und Onno in Japan, STRONG auf den Philippinen **), BAERMANN & SCHÜFFNER In Holländisch Indien sowie Marrını in Tsingtau nach. Auch der von RUFFER & WILMORE in El Tor gefundene und als El Tor I bezeichnete Ruhrstamm ist dem Y-Typus zuzuzählen (MoRrGAn). Verhältnismäßig selten ist bisher der Typus Strong angetroffen worden; außer von Strong auf den Philippinen nur von SHIGA und Onno in Japan, Marrını in Tsingtau, Lunz in Rußland ‚und Kxox & SCHORER In Nordamerika. Auch DortEr will in Paris bei einer Ruhrepidemie den Typus Strong nachgewiesen haben. Aus seiner Beschreibung geht indessen hervor, daß er den Typus Y gefunden hat. Ebenso handelt es sich bei einigen Befunden von vermeintlichen Flexner-Bacillen um den Typ Y, z. B. bei den von JÜRGENS auf dem Truppenübungsplatz Gruppe in Westpreußen (Kruse) und bei dem von LuckscH in der Irrenanstalt in Czernowitz (LENTZ). Wie diese Verwechse- lungen sich in einfacher Weise erklären, s. im Kapitel Differentialdiagnose. Ohne nähere Angabe der besonderen Art geben die Medizinal- berichte über die deutschen Schutzgebiete 1906—1908 an, dab in Kamerun und Deutsch-Südwestafrika ‚„Bacillenruhr‘ beobachtet wor- den ist. In manchen Gegenden kommen auch zwei oder mehrere Typen der Ruhrbacillen nebeneinander vor (Kruse, DoPTER & SICRE, GAY & Duvar, Smica, Onno, AMAKo, RUFFER & WILLMoRE). Hieraus erklären sich die in allerdings seltenen Fällen erhobenen Befunde von Mischinfektionen mit zwei oder gar mehreren verschiedenen Typen der Ruhrbacillen. So fanden Gay & Duvaı bei 3, DuvaL & SHORER bei 5, HasrtınGs bei 2 Kranken die Typen Shiga-Kruse+Flexner, Knox & SHORER die Typen Shiga-Kruse + Flexner, Shiga-Kruse + Y, Y-- Flexner und in einem Falle 4 verschiedene Arten, nämlich Shiga-Kruse + Y + Flexner — Strong neben einem *) Verf. erhielt von ScHÜTzE eine in Charbin isolierte Flexner-Kultur. **) Unter 3 von STRONG an den Verf. gesandten Kulturen befanden sich 2 solche vom Typus Y Dysenterie. 907 . milchzuckervergärenden Pseudodysenteriebacillus.. Die Mischinfektionen verliefen im allgemeinen schwerer als Infektionen mit einer einzelnen Art von Dysenterie- bacillen. RUFFER & WILLMORE stellten bei 20 Patienten gleichzeitig Shiga- Kruse- und Y-(EI Tor I)-Baeillen und bei 2 Kranken Flexner- und Y-(El Tor I)- Bacillen fest. AmAako hat bei 2 Kranken die Typen Y und Strong gleichzeitig gefunden. Außerdem fand er aber bei mehreren in einer Familie Erkrankten verschiedene Ruhrerreger, so in 2 Familien 5 Kranke, die teils an Shiga-Kruse-, 'teils an Y-Dysenterie, in 1 Familie 4 Kranke, die teils an Shiga-Kruse-, teils an Flexner-Dysenterie und in 6 Familien 22 Kranke, die teils an Flexner-, teils an Y-Dysenterie litten. Wenn auch die Dysenterie eine spezifische Krankheit des Menschengeschlechts ist, so kann sie gelegentlich auch auf natür- lichem Wege auf Affen übertragen werden. Hierfür spricht die Be- obachtung einer Dysenterieepidemie unter Makaken, die behufs Syphi- lisuntersuchungen bereits seit 2 Jahren in einer Pariser Klinik ge- halten wurden, durch Ravaur & DoPrTErR, sowie die gleiche Beobach- tung im staatlichen bakteriologischen Laboratorium des Bureau of Science in Manila durch Bowman. In beiden Fällen entsprach die Krankheit sowohl klinisch wie pathologisch-anatomisch ganz der des Menschen; in den schleimig-blutigen Entleerungen der Tiere fanden sich beidemal Flexner-Bacillen. Wie die Infektionen der Affen zu- 'stande gekommen waren, konnte nicht aufgeklärt werden, doch han- delte es sich bei beiden Epidemien fraglos um Laboratoriums- infektionen. Das gleiche gilt von einer Y-Dysenterie-Epidemie, die BERNHARDT & MARKOFF im Berliner Institut für Infektionskrankheiten „Robert Koch“ bei Makaken beobachteten. Diese Autoren prüften im Anschluß an ihre Beobachtung, ob diese niederen Affen durch Rein- kulturen von Dysenteriebacillen infiziert werden könnten, und in der Tat gelang es ihnen, bei einem mit einer älteren Y-Kultur gefütterten Affen das typische klinische Bild der menschlichen Dysenterie zu er- zeugen. In den schleimig-blutigen Entleerungen des Tieres konnten sie typische Y-Bacillen nachweisen. Sonst sind die Dysenteriebacillen nur noch von MESSERSCHMIDT in den Faeces von zwei gesunden Kaninchen (unter 40 geprüften) ge- funden worden. Auch hier handelte es sich um Y-Bacillen. Ein Tier wurde getötet. Der Darm wies keine pathologischen Veränderungen auf; im Coecum fanden sich ebenfalls Y-Bacillen. Weitere Unter- suchungen müssen noch Klarheit darüber schaffen, ob es sich hier nur um einen zufälligen Befund oder um ein häufigeres Vorkommnis han- delt, das etwa für die Epidemiologie der Dysenterie eine besondere Bedeutung haben könnte. Klinischer Verlauf der baecillären Ruhr. Die bacilläre Ruhr ist eine in der Regel akut verlaufende Krank- heit. Nach einem kurzen Inkubationsstadium von meist 3 Tagen treten zunächst Erscheinungen eines einfachen Magendarmkatarrhs auf, Unregelmäßigkeiten des Stuhls, leichte Durchfälle, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, leichtes Druckgefühl im Leibe, das sich bis zu Leib- schmerzen steigern kann. Nachdem diese katarrhalischen Erschei- nungen gewöhnlich ohne Temperaturerhöhung wenige Tage bestanden haben, ändert sich das Krankheitsbild. Die Leibschmerzen steigern sich bis zur Unerträglichkeit, so daß die Kranken mit angezogenen Extremitäten zusammengekauert daliegen; der Stuhldrang wird stärker 908 Orro LENTz, und treibt die Patienten in immer kürzeren Pausen zur Verrichtung . des Stuhlganges aus dem Bett. Diese schweren Erscheinungen können auch bisweilen sehr stürmisch die Krankheit einleiten (KoBErr). 20 und mehr Stuhlgänge erfolgen innerhalb 24 Stunden, besonders zahlreich während der Nacht. Dabei tritt meist ein äußerst heftiger Tenesmus auf. Infolge des hierdurch bedingten starken Pressens kann es zum Anusprolaps kommen (Park & Carey). Gleichzeitig verändert sich das Aussehen des Stuhlgangs. Seine Menge ist ge- ring, sie beträgt 1—2 Eßlöffel voll. Der Stuhl verliert die kotige Beschaffenheit und besteht aus einem zähen glasigen Schleim von süßlich-fadem Geruch, dem mehr oder weniger reichlich Blut, in schweren Fällen auch Eiter und abgestoßene Schleimhautfetzen bei- gemengt sind. In den Schleimmassen finden sich reichliche Epi- thelien und Eiterkörperchen, daneben zahlreiche Bakterien, die häufig intracellulär liegen. Zum Unterschied von diesem charakteristischen Bilde des Bacillenruhr- stuhles zeigt der Amöbenruhrstuhl stärkere klumpige Blutbeimengungen, die dem Stuhl das Aussehen von Himbeergelee geben können. Der Amöbenruhr- stuhl enthält auch nur spärliche Leukocyten, aber zahlreiche CHARCOT-LEYDEN- sche Kristalle, die im Bacillendysenteriestuhl vollständig fehlen (KoBERT, STABY). Die Körpertemperatur ist in diesem Stadium gewöhnlich etwas gesteigert, oft aber auch unter die Norm gesunken. Die Nahrungsaufnahme ist gering, und da die Patienten dem Ruhebedürfnis nicht nachgeben können, . ihnen auch besonders die Nachtruhe durch den gerade nachts gesteigerten Stuhldrang geraubt wird, so verfallen die Patienten zusehends. Der Unterleib ist gewöhnlich etwas eingesunken und auf Druck schmerzhaft. Ein Milztumor besteht nicht. Die Zunge ist meist dick pelzig belegt. Bisweilen tritt Erbrechen und heftiger Singultus auf; namentlich das letztere Symptom ist prognostisch sehr ungünstig. Die Urinmenge ist vermindert, oft besteht Blasentenesmus. Der Puls ist beschleunigt und in den schweren Fällen klein und unregelmäßig, zeigt aber sonst keine Abweichungen von der Norm. Das Sensorium ist gewöhnlich frei, Delirien treten selten, meist nur als agonales Symptom auf. Der Tod tritt, falls nicht Komplikationen das Ende beschleunigen, infolge von Inanition meist in der 2.—4. Woche ein. Dieses typische Bild des akuten Ruhranfalls kann indessen mannigfache Variationen erfahren. In jeder Epidemie sehen wir neben schwer verlaufenden Erkrankungen mehr oder weniger zahlreiche Fälle, bei welchen dieses oder jenes Symptom weniger ausgeprägt ist und dementsprechend die Krankheit einen leichteren Verlauf nimmt, so daß sie in besonders leichten Fällen das Bild einer einfachen Enteritis follicularis darbieten kann. Aber auch die durch die verschiedenen Dysenterieerreger hervorgerufenen Epidemien nehmen einen verschie- denen Verlauf. Im allgemeinen verläuft die durch den SHıGA-KrusE- schen Bacillus hervorgerufene Dysenterie unter einem erheblich schwe- reren klinischen Bilde als die durch die giftarmen Typen erzeugten Erkrankungen. Besonders amerikanische Forscher, die vielfach Ge- legenheit hatten, Dysenterien verschiedener Aetiologie nebeneinander zu beobachten, heben diesen Unterschied hervor, ebenso GIOoSEFFI. In Uebereinstimmung hiermit sah Leıner bei den von ihm beobach- Dysenterie. 909 teten Fällen von Flexner-Dysenterie, daß die Krankheit einen sehr milden Verlauf nahm; dasselbe berichten LENTZ, LIEFMAnN & NIETER sowie Lucksc# von der durch den Y-Baeillus erzeugten Erkrankung. Auch bei der Dysenterie der Kinder treten diese Unterschiede deut- lich hervor (JEHLE & CHARLEToN, DuvaL und seine Mitarbeiter). Vor allem zeichnen die schweren nervösen Symptome, die das starke subjektive Krankheitsgefühl erzeugen, und die bisweilen außer- ordentlich gehäuften Durchfälle (bis 200 und mehr in 24 Stunden), die durch den enormen Flüssigkeitsverlust die hochgradige Prostration hervorrufen, die Shiga-Kruse-Dysenterie aus. Dementsprechend ist auch die Mortalität hier eine außerordentlich hohe, 10—20, ja 35, 40 und 50 Proz. gegenüber 0—5 Proz., in seltenen Fällen 8-13 Proz. bei den anderen Formen der Dysenterie. Auch Nachkrankheiten und Komplikationen sind bei der Shiga-Kruse-Dysenterie verhältnis- mäßig häufig, während sie bei den durch die giftarmen Dysenterie- bacillen bedingten Formen nur sehr selten beobachtet werden. Wenn FLEXNER in seinen ersten Veröffentlichungen über den auf den Philippinen von ihm gefundenen Flexner-Typ berichtet, daß die durch diesen Bacillus hervorgerufenen Erkrankungen zum Teil außerordentlich stürmisch verlaufen seien, so ist diese Mitteilung mit Vorsicht aufzunehmen, da auf den Philippinen, wie SmıGa be- richtet und wie Strong dem Verfasser mitgeteilt hat, neben dem FLExner- und Srtronsschen Bacillus auch der Typus Shiga-Kruse recht häufig als Ruhrerreger angetroffen wird und FLExxEr anfangs alle diese Typen für identisch hielt. Es ist daher wahrscheinlich, daß er auch eine größere Zahl von Shiga-Kruse-Dysenterien gesehen und auch diesen Erreger aus den Faeces der Kranken gezüchtet hat. Andererseits erwähnt aber Smıca, daß er weder im klinischen Ver- lauf noch hinsichtlich der Prognose einen Unterschied zwischen den einzelnen Ruhrarten habe konstatieren können, und Onnxo beobachtete in der Mandschurei geradezu das umgekehrte Verhältnis, relativ leichte Erkrankungen, die,durch den Shiga-Kruse-Typ, und häufig sehr schwere Erkrankungen, die durch die giftarmen Typen verursacht waren. Auch BAERMANN & SCHÜFFNER konnten in Niederländisch-Indien einen sehr schweren Krankheitsverlauf bei Y-(Pseudodysenterie-A-)Kranken als die Regel bezeichnen. Ferner berichtet MoRGENRoTH, daß er in China zunächst eine verhältnismäßig leicht verlaufende Ruhr durchgemacht hätte, nach deren Ablauf sein Blutserum den Smica-Kruseschen Ba- cillus agglutinierte, ein Jahr später jedoch an einer außerordentlich schweren Dysenterie erkrankt sei, und nach seiner Rückkehr nach Deutschland Prunt aus seinen (MoRGENRoTHs) Faeces den Flexner- Baecillus gezüchtet hätte. Es scheint demnach, als ob in Ostasien die Ruhr häufiger bösartiger verläuft als in anderen Gegenden. Eine Ein- schränkung erfährt diese Annahme allerdings durch eine neuere Mit- teilung Marrınıs, nach der dieser in Tsingtau bei Shiga-Kruse-Ruhr regelmäßig einen sehr schweren, bei den durch die giftarmen Typen hervorgerufenen Ruhrerkrankungen dagegen in der Regel einen leichten Verlauf beobachtete. Von großem Einfluß auf den Verlauf und den Ausgang der Krankheit ist der allgemeine Kräfte- und Er- nährungszustand der Patienten. Es ist eine immer wiederkehrende Beobachtung (SHıGA, Kruse, WOLFFBERG, GitLıt, Fink u. a.), daß Individuen von schwächerer Konstitution und schlechtem Ernährungs- zustand (besonders Kinder, Greise, Strafgefangene, Geisteskranke, 910 OTTo LENTz, Frauen im Wochenbett, Tuberkulöse, Malariakranke) der Ruhr leichter zum Opfer fallen, als kräftige, gut genährte Menschen. Dies trifft nicht nur für die Shiga-Kruse-Dysenterie, sondern auch für die durch die giftarmen Typen der Dysenteriebacillen verursachten Er- krankungen (Kruse, LEINER, M. WOLLSTEIN, WATERS, Kunn, WOITHE & GILDEMEISTER) ZU. LENTZ & KANnToRoWwIcz sahen eine im Wochenbett an Y-Dysenterie er- krankte Frau unter profusen wässerigen Durchfällen innerhalb 24 Stunden zu- erunde gehen, während ihre im übrigen gesunden Kinder zu derselben Zeit an leichter Dysenterie litten. Bei der Sektion bot der ganze Diekdarm der Frau das Bild schwerster hämorrhagisch-diphtherischer Entzündung mit ausgedehnten Defekten der Schleimhaut. Auch durch eine frühzeitig einsetzende geeignete Behandlung kann der Krankheitsprozeß nicht unwesentlich beeinflußt werden, insofern als es gelingt, einerseits die Krankheit durch möglichste Entfernung des schädlichen Agens aus dem Körper (Abführmittel. Klystiere mit desinfizierenden und adstringierenden Medikamenten) im ersten Beginn zu kupieren, andererseits den Körper durch Ver- meidung reizender Nahrung (blande, flüssige Diät)und Darreichung von Analepticis in dem Kampfe gegen das Krankheitsgift zu unterstützen. Ganz wesentlich kann der Ablauf der Ruhr auch durch die An- wendung eines spezifischen Ruhrheilserums beeinflußt werden. Ich komme hierauf in dem Kapitel ‚„Serumtherapie“ ausführlich zurück. Auch ohne Anwendung von Heilserum kann in jedem Stadium der Krankheit eine Wendung zum Besseren eintreten. Die Ent- leerungen werden wieder fäkulent und oft aashaft stinkend, der Stuhldrang läßt nach. Allmählich tritt alsdann die Genesung ein. Die Dauer der Krankheit beträgt in den leichten Fällen 4—8 Tage, in den schweren 2—4 Wochen. Die Genesung tritt in den leichten Fällen, wenn keine weiteren Störungen sie aufhalten, rasch ein, in den schwereren dagegen zieht sie sich oft über Wochen hin. Nicht selten ist die Heilung nur eine scheinbare und die Krankheit wird chronisch. Bei mehr oder minder gutem subjektivem Allgemein- befinden des Patienten bleiben leichte Unregelmäßigkeiten des Stuhl- gangs bestehen, bisweilen ständig leichte Diarrhöen, welche ge- wöhnlich von den Patienten gar nicht beachtet werden. Doch schon geringfügige äußere Ursachen, Diätfehler, Erkältungen, Ueber- anstrengungen können eine plötzliche Aenderung dieses Zustandes hervorrufen und eine neue Ruhrattacke, ein Rezidiv, veranlassen, die unter ganz ähnlichen Erscheinungen verläuft, wie die primäre Erkran- kung. Chronisches Siechtum scheint dagegen im Gefolge der epi- demischen Ruhr nur selten aufzutreten. Nicht selten wird der Ablauf der Ruhr, und speziell der Shiga- Kruse-Dysenterie, durch das Hinzutreten von Komplikationen gestört. Die häufigsten Komplikationen sind nach den Beobachtungen bei der Döberitzer Epidemie Gelenk- und Sehnenscheidenentzündungen. Auch peritonitische und pleuritische Reizerscheinungen werden nach Horre- SEYLER, KARTULIS und SCHMIEDICKE öfter beobachtet, nehmen aber selten einen bösartigen Charakter an. Smıca beobachtete 5mal eitrige Parotitis. Urethritis und Iridoceyclitis haben Markwarn und Vos- sıvs in einem Falle beobachtet und als auf metastatischem Wege ent- standen, angesehen. Ebenso sah Dörr, daß sich im Anschluß an Shiga-Kruse-Dysenterie eine Conjunctivitis mit Keratitis und Irido- Dysenterie. 911 eyclitis entwickelte. RAUTENBERG beobachtete Conjunctivitis, Ure- thritiıs und starke Schwellung mehrerer großer Gelenke; im Exsudat der letzteren fand sich, wie eine Punktion ergab, Bacterium coli. Auch Nicker sah je einmal Conjunctivitis, Mandelentzündung und Bronchitis und zweimal Gelenkrheumatismus sich entwickeln. Con- Junetivitis und doppelseitige Kniegelenkentzündung sah Fischer. Durrey beobachtete in Grenada als Folgekrankheiten der Bacillenruhr akute Oesophagitis und Stomatitis, BricHTsche Nierenentzündung, periphere Neuritis, Urticaria und Pruritus. Ferner berichtet DoPTEr über 2 Fälle von Neuritis, je einmal im Nervus peroneus und cruralis. Von nervösen Störungen erwähnten ferner Dörr und Böse solche der Herztätigkeit, die sie als Ausdruck einer unmittelbaren Wir- kung des Dysenteriegiftes auf die nervösen Apparate des Herzens ansehen, und HiLLEBRECHT sah in Südwestafrika, daß sich im Ge- folge der Ruhr ungemein häufig die als ‚„Tropenherz‘‘ bezeichnete Hypertrophie des Herzens ausbildete. Böse beobachtete ferner Con- junetivitis, Gelenkerkrankungen sowie Anästhesien und Parästhesien, Herpes, Schmerzen im Hoden und Samenstrang und Blasentenesmus. Nicht mehr zu zweifeln ist aber heute an der Tatsache, daß im Gefolge auch der bacillären Dysenterie gelegentlich Leberabszesse auftreten können. Wenn auch BucHanan angibt, daß er unter 1130 Fällen epidemischer Ruhr keinen einzigen mit Leberabszeß gesehen hat, so sprechen doch die Beobachtungen von HAASLER, MORGENROTH, EcKERT, DÖRR, Birt und Rogers unzweifelhaft für ihr, wenn auch seltenes, Vorkommen. Zum Unterschiede von den im Gefolge der Amöbenenteritis so häufigen großen unilokulären Leberabszessen han- delt es sich bei den im Anschluß an die bacilläre Ruhr sich bildenden um multiple kleine Abzsesse. Wenn BERTRAND neuerdings wieder die Ansicht vertritt, daß der voluminöse Leberabszeß auch im Gefolge von Bacillenruhr auftritt, und sich dabei auf die Befunde von MORGENROTH und BiırT stützt, so hat er dabei übersehen, daß , MORGENROTH ausdrücklich sagt, daß er in den großen Abszessen nie Ruhr- bacillen, wohl aber neben Bact. coli Gebilde angetroffen habe, die er für Amöben halte, während BIRT betont, daß er stets kleine multiple Leberabszesse ge- sehen habe. Fraglich ist bisher, ob die Dysenteriebacillen unmittelbar an der Bildung der Abszesse beteiligt sind; nur MüHrLmann will einmal im Eiter eines dysenterischen Leberabszesses Shiga-Kruse-Bacillen nach- gewiesen haben. Trotzdem nimmt er als ätiologisches Moment für die Bildung der Leberabszesse nicht eine aktive Beteiligung der Ruhr- bacillen, sondern ein Dysenterietoxin in Kombination mit Alkoholmiß- brauch an. Von anderer Seite sind Ruhrbacillen im Eiter oder in der Wandung solcher Abszesse bisher nicht gefunden worden, MORGENROTH hat nur Staphylokokken und Bact. coli in ihnen nachweisen können; doch wäre es denkbar, daß der als primäre Ursache an der Bildung der Abszesse beteiligte Ruhrbacilfus durch die sekundär eingedrungenen Kokken und Colibacillen zurückgedrängt und abgetötet wurde. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß mehrfach neben der Ruhr gleich- zeitig Typhus bei demselben Patienten beobachtet worden ist (Marx, SCHMIEDICKE). V. DRIGALSKI fand auch in einem Falle in den Faeces eines aus China zurückgekehrten Ruhrkranken sowohl die Smisaschen Stäbchen wie auch Amöben, den gleichen Befund erhoben MÜHLMANN Smal und van LoGcHEm 2mal, RUFFER & WILLMORE 4mal; die letzt- 912 Orro LExtz, senannten Autoren fanden außerdem Amöben limal neben Flexner-, Smal neben Y-(El Tor I)-Bacillen und 10mal stellten sie in den Faeces von Ruhrkranken gleichzeitig Shiga-Kruse-, Y-(El Tor I)-Bacillen und Ruhramöben fest. Die Prognose der Ruhr muß stets mit Vorsicht gestellt werden, da Rezidive der Krankheit in jedem Momente der Rekonvaleszenz wie auch nach längeren Intervallen besten Wohlbefindens eintreten können. Bisweilen folgt dabei, wie beim Typhus, auf eine leichte primäre Ruhrattacke ein schweres, ja tödlich verlaufendes Rezidiv (HorPpe- SEYLER, KARTULIS, SCHMIEDICKE, OÖ. MAYER). Pathologische Anatomie. Pathologisch-anatomisch stellt sich die epidemische Ruhr als eine diphtherische Entzündung des Dickdarms dar; in seltenen Fällen greift der Prozeß auch auf das Coecum und den untersten Abschnitt des Ileums über. Wie bei der diphtherischen Entzündung anderer Schleimhäute werden auch hier alle Uebergänge von der einfachen entzündlichen Hyperämie bis zu ausgedehnter Nekrose und Zerfall der Schleimhaut und der darunter liegenden Gewebe beobachtet. Stets sind die erhabenen Teile der Darmschleimhaut, die Falten der bevor- zugte Sitz der Erkrankung; von hier breitet sich diese auch auf die benachbarten Schleimhautpartien aus; die stärksten Zerstörungen finden sich wiederum an den Stellen, welche den stärksten mecha- nischen Insulten durch den Darminhalt ausgesetzt sind, an den Flexuren des Dickdarms und im Mastdarm. Im katarrhalischen Anfangsstadium der Krankheit ist die Schleim- haut infolge der Hyperämie und serösen Durchtränkung gerötet und geschwollen, ihre Oberfläche erscheint sammetartig. In mikro- skopischen Schnitten sieht man die Blutgefäße der Mucosa und Sub- ‚ mucosa erweitert und prall mit Blut gefüllt, in den erweiterten Lymph- spalten beobachtet man starke Lymphocytenanhäufungen. An dieses Stadium schließt sich das der Epithelnekrose, das sich makroskopisch durch das Auftreten fleckiger kleienartiger Beläge, mikroskopisch durch die schlechte Färbbarkeit der Kerne in der Epithelschicht zu erkennen gibt. 'Allmählich greift diese Nekrose weiter in die Tiefe. Die ganze Darmwand erscheint nunmehr ver- dickt, der ganze Dickdarm bildet dann nicht selten ein starrwandiges Rohr, die Beläge werden zugleich auch infolge fibrinöser Aus- schwitzungen massiger und bilden mißfarbige Borken, die oft unter das Niveau der umgebenden Schleimhaut zurücktreten. Auch das darunter liegende Gewebe zeigt serös-fibrinöse Durchtränkung. Die Lymphfollikel der Schleimhaut bieten das Bild eitriger Einschmelzung. Infolge von Abstoßung der letzteren wie der Schorfe tritt der krankhafte Prozeß in das dritte Stadium, das Stadium der Geschwürs- bildung. Im Gegensatz zu den tiefgreifenden, die Schleimhaut unter- minierenden Geschwüren, wie sie sich bei der Amöben-Enteritis finden, stellen die Geschwüre bei der epidemischen Dysenterie in der Regel flache Substanzverluste mit unregelmäßig gezackten Rändern dar. Bei stärkerer Beteiligung der Follikel kommt es gelegentlich zur Ver- eiterung und Ausstoßung von Follikeln. An solchen Stellen sieht man dann wie mit einem Locheisen ausgestanzte runde Geschwüre, Dysenterie. y13 deren Ränder ein wenig überhängen können. Nie ist aber auch in diesem Falle die Schleimhaut in größerer Ausdehnung unterminiert. Nur selten geht die Geschwürsbildung über die Submucosa hinaus bis in die Muscularis hinein oder bis zur Serosa. Die Geschwürsränder erscheinen infiltriert, wie auch die ganze Umgebung des Geschwürs kleinzellige Infiltration aufweist. In den Schorfen wie auch in den Intercellularräumen der Mucosa und Submucosa sieht man zahlreiche Bakterien. In jedem Stadium der Erkrankung kann die Heilung eintreten, die natürlich bei den mit Substanzverlusten verbundenen Prozessen nur unter Narbenbildung erfolgen kann. Nicht unerhebliche Ver- engerungen des Darmlumens zeugen dann bisweilen von der Aus- dehnung der einstigen Geschwürsbildung. Gegenüber den geschilderten Veränderungen im Darm treten die pathologischen Vorgänge in den übrigen Organen ganz in den Hinter- grund. Die Mesenterialdrüsen sind gewöhnlich geschwollen und hyperämisch, auch die Nieren zeigen oft Hyperämie. Die Milz ist gewöhnlich unverändert. Im übrigen finden sich an den anderen Organen nur die Zeichen der Anämie und Kachexie. Nach den übereinstimmenden Berichten aller Untersucher finden sich die Dysenteriebacillen regelmäßig im Darminhalt, besonders in den Schleimflocken ; sie liegen hier häufig in Eiterzellen eingeschlossen (Kruse, DoPTEr); ferner finden sie sich regelmäßig in der geschwürig veränderten Darmwand und den Mesenterialdrüsen. Niemals sind sie dagegen bisher im Urin nachgewiesen worden. Ebenso bemühte sich Smica vergeblich, Ruhrbacillen in dem Eiter bei abszedierender Paroti- tis bei Ruhrkranken nachzuweisen. Auch in den inneren Organen der Kranken und Verstorbenen finden sich Ruhrbacillen in der Regel nicht. Nur wenige derartige Beobachtungen sind bisher mitgeteilt worden. So konnte RosENTHAL in einem Falle Shiga-Kruse-Bacillen in der Milz und dem Herzblut einer Dysenterieleiche nachweisen ; er bezeichnet die hier außerordentlich schwer verlaufene Krankheit als eine Dysenterie-Septikämie. Ebenso wollen Duvan & BassEr einmäl, Knox & SCHORER zweimal SHiıGA-Krusesche Bacillen in der Leber von an Sommerdiarrhöe gestorbenen Kindern gefunden haben. MüÜHLMAnN teilt mit, daß er Shiga-Kruse-Bacillen bei an Dysenterie Verstorbenen lmal in der Leber und Galle, 2mal nur in der Leber, imal in der Milz und einmal, wie erwähnt, im Eiter eines Leber- abszesses nachgewiesen habe. Auch van LoGHEM konnte denselben Typ imal aus der Milz züchten. AvELin£e, BoyrcoTtT & MacDoNnaLD fanden den Flexner-Bacillus in der Milz eines an Dysenterie gestor- benen Geisteskranken und BrÜcKNErR Y-Bacillen bei einer Y-Bacillen- trägerin p. m. in den kleinen Gallengängen der Leber; da sich bei der Frau keine Darmgeschwüre nachweisen ließen, nimmt BRÜCKNER an, dab die Y-Bacillen auf hämatogenem Wege in die Lebergänge gelangt sind. Die Dysenterie gehört somit nicht, wie z. B. der Typhus, zu den septikämischen Krankheiten, sie charakterisiert sich vielmehr als eine lokale Erkrankung der Darmschleimhaut und der zugehörigen Lymph- drüsen. Nur die aus den Bakterien freiwerdenden Gifte gelangen mit dem Lymphstrom in die Blutbahn und erzeugen das charakteristische Krankheitsbild, das ähnlich wie bei der Cholera den Eindruck einer schweren Vergiftung, einer akuten Toxinämie, macht. Auch Kruse, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 58 914 Orrto LENTZ, der anfangs in der Ruhr eine rein infektiöse Krankheit sah, gibt neuerdings zu, daß es sich bei ihr um „eine im Darm lokalisiert bleibende Infektion handelt, bei der man die begleitenden Allgemein- erscheinungen zum Teil auf Gifte zurückführen darf“. Die Dysenteriebacillen. A. Der giftige Typus der Dysenteriebacillen, der Shiga-Kruse-Baecillus. Morphologie und allgemeines Verhalten. Der Shiga-Kruse-Bacillus ist ein Kurzstäbchen. Er ist etwa so lang wie der Typhusbacillus, aber dicker und plumper als dieser. In Kulturen ist er nicht selten polymorph, neben großen, wohlaus- gebildeten Stäbchen sieht man häufig kürzere Formen. An den Enden ist er abgerundet, bisweilen etwas verjüngt. In Ausstrichpräparaten sieht man gewöhnlich die Bacillen in Haufen zusammenliegen. Dabei legen sie sich mit den Längsseiten aneinander. In Flüssigkeiten lassen sie sich leicht aufschwemmen und geben dann eine gleichmäßige Trübung. Bei längerem Stehen solcher Auf- schwemmungen sinken die Bacillen, abgetötete schneller als lebende, zu Boden und bilden hier einen klumpigen Satz, der sich aber bei leichtem Schütteln des Gefäßes wieder gleichmäßig verteilt. - Fadenbildung ist selten, nur auf Nährböden, die ihnen nicht zu- sagen, z. B. bei stärkerem Jodkalizusatz (P£su & Rasar), haben die Ruhrbacillen die Neigung, zu Fäden auszuwachsen. Auf stark alka- lischen Nährböden bilden sie große Involutionsformen von Flaschen- und Kürbisform (MÜHLMANnN, BERNHARDT). In älteren Sekundär- kolonien (s. unten) alter Agarkulturen sah WINTER neben Faden- bildung große Involutionsformen mit kolbigen und tonnenförmigen Auf- treibungen. Sporen oder sonstige Dauerformen bildet der Bacillus nicht. Seine Kulturen müssen alle 3—4 Wochen übergeimpft werden, da er in gewöhnlichen Röhrchenkulturen nach ca. 4 Wochen zugrunde geht. Länger hält er sich, und zwar nach Marrını ca. 3 Jahre lang, in zugeschmolzenen Schrägagarkulturen. In derart behandelten, 1 Jahr alten Kulturen fand Verf. in schlecht färbbaren Detritus eingebettet gut färbbare runde Körnchen, ähnlich wie sie GALLI-VALERIO in alten Pestkulturen sah. Trotzdem in den Kulturen in ihrer Form erhaltene Dysenteriebacillen nicht mehr nachweisbar waren, ergab eine Uebertragung von ihr auf frische Nährböden wieder eine typische Kultur. In luftverdünntem Raum und vor Austrocknung geschützt, scheint sich also das Protoplasma der Bacillen zu kleinen Kügelchen zu kontrahieren und so seine Keimfähigkeit lange erhalten zu können. Frische Kulturen des Bacillus zeichnen sich, wie auch bisweilen die Faeces der Ruhrkranken, durch einen eigentümlichen spermaartigen Geruch (Marrtını & Lentz, MomosE, WINTER) oder durch einen Geruch nach Trimethyl und Ammoniak aus (Winter). Kulturen auf u a besonders mit Mannit und Maltose versetzten Nährböden lassen diesen Geruch häufig vermissen. Alten einge- schmolzenen Kulturen dagegen entströmt stets ein unangenehmer fäkaler Geruch. Dysenterie. 915 ALMQUIST beschreibt ganz eigenartige Wuchsformen, die er in Kulturen beobachtet; hat, welche tage- und wochenlang bei 10° C gehalten worden waren; dabei sah er, daß die Dysenteriebacillen zum Teil zu langen Fäden auswuchsen, und daß sich an ihnen Kugeln bildeten, aus denen, besonders wenn die Kulturen kurz vor der Untersuchung für einige Stunden bei Brütschranktemperatur ge- halten wurden, sich wiederum Kugeln oder Stäbchen entwickelten, und zwar teils sehr feine, teils die bekannten plumpen Bacillen. Die neugebildeten Stäb- chen vermehrten sich weiter entweder durch direkte Teilung oder durch lebhafte Bildung neuer Kugeln, aus denen dann wiederum Stäbchen sproßten. ALM- QuısTt hebt hervor, daß die von ihm beobachtete Kugelbildung große Aehnlichkeit mit kugelartigen Gebilden habe, die bei der Plasmoptyse auftreten; da aber bei letzterem Vorgang niemals ein Auskeimen der betreffenden Gebilde beobachtet wird, so hält er die von ihm beobachteten Kugeln für Produkte von anders- artigen Vorgängen in der Bakterienzelle, er sieht in ihnen Fruktifikationsvorgänge. Dementsprechend bezeichnet er die Kugeln als Konidien. Eine Bestätigung der Beobachtungen ALmavists von anderer Seite steht zurzeit noch aus. Beweglichkeit, Geißeln. Der Shiga-Kruse-Bacillus ist unbeweglich und trägt keine Geißeln. Er zeigt jedoch eine außerordentlich lebhafte Molekularbewegung, welche selbst geübte Beobachter verführen kann, ihn im ersten Mo- ment für beweglich zu halten; doch erkennt man bei genauerer Be- obachtung deutlich, daß eine typische Ortsbewegung nicht statt hat; nur scheinbar kommt es bisweilen zu geringen Ortsveränderungen, wenn zwei lebhaft oscillierende Individuen aneinander stoßen und nun wie Gummibälle nach verschiedenen Richtungen auseinander fahren. Es macht den Eindruck, daß sich Smica*) und FLExneEr durch diese Eigentümlichkeit der Bacillen haben täuschen und zu der Angabe ver- leiten lassen, daß die von ihnen gefundenen Bacillen beweglich seien, eine Angabe, auf die Kruse die Artverschiedenheit der von ihm ge- fundenen Stäbchen einerseits und der SHiGa- und Frexnerschen Ba- cillen andererseits hauptsächlich gründete. Es spricht dafür auch der Umstand, daß Stmica sowohl wie FLEXNER angaben, daß ihnen der Nachweis von Geißeln nur sehr selten und dann stets nur an wenigen Exemplaren im Präparat gelungen sei. Abgesehen hiervon wollen nur VEDDER & DuvaL, BIRT & EcKERSLEY sowie BrackHam Geißeln nachgewiesen haben. Sie stehen aber mit dieser Angabe im (regen- satz zu allen anderen Untersuchern. Die von ihnen gesehenen Geißeln dürften Schlierenbildungen gewesen sein, wie sie bei Anwendung der VAN ERMENGEMSchen Methode, nach der sie gearbeitet haben, häufig sind. Bei der Färbung nach der außerordentlich feinen Methode von ZETTNow und der Verwendung von keimfrei gemachtem Wasser bei der Herstellung des Deckglaspräparats sind Geißeln an den Bacillen nicht nachweisbar. MÜHLMANN will durch die Züchtung in stark alkalischen Nährmedien drei vorher unbewegliche Shiga-Kruse-Stämme in stark bewegliche Bakterien um- gezüchtet haben. Leider sagt er aber nicht, ob die so umgewandelten Stämme im übrigen sich noch wie echte Dysenteriestämme verhielten. Da der eine Stamm dabei gleichzeitig gelernt hatte, Traubenzucker zu vergären und seine vorher vorhandene Meerschweinchenpathogenität eingebüßt hatte, ein anderer nach der Umzüchtung in Lackmusmolke Alkali bildete, darf man an der Dysenterie- natur der umgezüchteten Stämme berechtigterweise zweifeln. Eine Nachprüfung dieser Angaben von MÜHLMANN durch BERNHARDT hat sie in keiner Weise bestätigt. *) SmiGA hat dieses v. DRIGALSKI gegenüber zugegeben. 58" 916 Orro LeENnTz, Der Bacillus färbt sich mit allen Anilinfarben, doch ist die Färbung bei der Herstellung des Präparats aus Kulturen nie gleich- mäßig; neben gut gefärbten Individuen sieht man stets viele, welche den Farbstoff schwächer aufgenommen haben. Bisweilen sieht man bei der Färbung mit Methylenblau oder verdünntem Karbolfuchsin Polfärbung, besonders gut an Bacillen, die im Tierkörper (Meerschweinchenperitoneum) oder auf Kartoffeln (Kruse) gewachsen sind. Bei der Gramschen Färbung wird der Bacillus entfärbt und nimmt die Kontrastfarbe an. NaxkanısHI fand bei der Färbung nach seiner Methode in den Ruhrbacillen meist mehr oder weniger unregelmäßig gestaltete sowie unregelmäßig gelagerte Kerne im Gegensatz zum Typhusbacillus und Batc. ocli, die ganz regelmäßig entweder einen runden, ovalen oder sanduhrförmigen Kern in der Mitte der Zelle oder zwei Kerne zeigen. Kulturelles Verhalten. Der Shiga-Kruse-Bacillus wächst auf allen gebräuchlichen Nähr- böden gut. An die Alkaleszenz der Nährmedien stellt er keine besonders hohen Anforderungen; wenn er auch auf neutralen und leicht alka- lischen Nährmedien am besten fortkommt, so paßt er sich doch leicht auch schwachsauren und stärker alkalischen Reaktionen des Nähr- bodens an (DoMBROWSKI, MÜHLMANN, BERNHARDT). Sein Temperaturoptimum liegt bei 370, doch wächst er auch bei Zimmertemperatur gut; bei einer Temperatur unter +6° C gedeiht er nicht. Er wächst a@rob wie auch anaerob gut. In einer reinen Sauerstolfatmosphäre gedeiht der Shiga-Kruse-Bacillus nach LocıE gut, Moorr & Wırrıams wollen dagegen gesehen haben, daß sein Wachs- tum schon in einer 90-proz. Sauerstoffatmosphäre gehemmt wird. Auf der Kartoffel bildet der Dysenteriebacillus wie der Typhus- bacillus einen dünnen Ueberzug, der bei leicht saurer Reaktion der Kartoffel weiß und kaum sichtbar bleibt, bei alkalischer Reaktion da- gegen deutlicher sich abhebt und sich bräunlich färbt. Die Gelatine verflüssigt er nicht. In der Tiefe der Gelatine- platten bildet er nach 24 Stunden kleine helle, leicht gelbbraun ge- färbte Kolonien von runder oder ovaler Form mit scharfer Kontur; sie erscheinen leicht gekörnt, im übrigen wenig charakteristisch; in älteren Kulturen nehmen sie einen dunkleren Farbenton an. Die oberflächlichen Kolonien bieten anfangs das gleiche Aussehen wie die tiefen, doch zeigen sie schon nach 48 Stunden das Bestreben, sich auf der Gelatine auszubreiten. Diese Kolonien sind zart und durchsichtig, sie besitzen unregelmäßig gezackte Ränder; bei schwacher Ver- gröberung zeigen sie die bekannte weinblattartige Struktur, wie sie die Typhuskolonien zeigen. Auch bei ihnen ist meist deutlich ein gewöhnlich exzentrisch gelegener runder Nabel sichtbar, dem die Blattrippen vielfach zustreben. Wenn SHıIGA angibt, daß diese typische Wachstumsform nur in Gelatine- platten zu finden sei, deren Gehalt an Gelatine 10 Proz. nicht übersteige, so kann Verf. auf Grund eigener Untersuchungen dem nicht zustimmen, da er auch in 15-, ja selbst 20-proz. Gelatine die beschriebene Koloniebildung nach 48- stündigem Wachstum der Kulturen regelmäßig, wenn auch bei manchen Stämmen spärlicher als bei anderen beobachtet hat. Dysenterie. 3% Aırcmacıa macht darauf aufmerksam, daß zu starkes Kochen der Gelatine einen ungünstigen Einfluß auf die Kolonienbildung der Ruhr- bacillen hat. Durch Züchtung auf gekochter und ungekochter Gelatine will er sogar Varietäten erzeugt haben, die durch Wachstumseigen- tümlichkeiten, Bildung von stark aufgefaserten neben normalen runden Kolonien und Herabsetzung der Asglutinabilität der auf gekochter Gelatine gewonnenen Kulturen sich unterscheiden. In der Pıorkowskiıschen Harngelatine wächst der Shiga- Kruse-Bacillus ähnlich wie der Typhusbacillus in mit feinen Aus- läufern versehenen Kolonien (ROSENTHAL). In der Gelatinestichkultur wächst der Shiga-Kruse-Bacillus gleichmäßig längs des ganzen Striches, auf der Oberfläche bildet er eine zarte weinblattartige Ausbreitung. Auf der Agarplatte wächst der Ruhrbacillus schwächer als das Bact. coli. Er bildet nach 24 Stunden ca. 1—1!/, mm im Durch- messer betragende runde, flache Kolonien, die im auffallenden Lichte weiblich und feucht, im durchfallenden Lichte bläulich-grau und durchscheinend sind. BAERTHLEIN berichtet neuerdings, daß er in Kulturen von älteren Shiga- Kruse-Stämmen auf der Agaroberfläche teils helle, durchscheinende, zerfließende und geriffelte, teils auch glattrandige, zarte Kolonien mit langen schlanken, zu Fadenbildung neigenden Bacillen und daneben gelbweiße, undurchsichtige glatt- randige Kolonien mit kurzen, plumpen Bacillen gesehen habe. Er sieht in diesen Veränderungen echte Mutationen. Es scheint sich aber, da der Vorgang bisher nur an alten, lange fortgezüchteten Kulturen beobachtet worden ist, um kulturelle Modifikationen zu handeln, wie Verf. sie bei alten Kulturen anderer Bakterien, z. B. dem Enteritis Gärtner, seit langen Jahren kennt. Auch die von WINTER ausführlich beschriebenen, in alten Kulturen auf- tretenden Sekundärkolonien sind wohl allen Untersuchern bekannte, aber bisher wenig beachtete Gebilde. Sie heben sich in der Regel durch ihre hellere Farbe deutlich von dem grauen Mutterkulturrasen ab. Wie WINTER feststellte, geht ihre Bildung selbst in Röhrchen, die unter ganz gleichen Bedingungen gehalten werden, ungleichmäßig vor sich und ist oft von Zufälligkeiten abhängig. Sie haben aber insofern eine besondere Bedeutung für die Erhaltung der Kultur, als die in ihnen vorhandenen Bacillen ganz besonders resistent sind und sich noch weiterimpfen lassen, wenn der primäre Kulturrasen schon längst vollständig abgestorben ist. Weiterimpfungen von solchen Sekundärkolonien ergaben in der Regel Kulturen, in denen keine Sekundärkolonien sich ausbildeten. Wir haben es hier also offenbar mit ganz analogen Modifikationen zu tun, wie sie R. MÜLLER, BERNHARDT und SaısawA auf kohlehydrathaltigen Nährböden ge- sehen haben (cf. das Kapitel „Kulturelle Differentialdiagnose“). WINTER nimmt auf Grund seiner Untersuchungen an, daß die Sekundärkolonien ihr Nähr- material aus den abgestorbenen Bakterien des primären Kulturrasens beziehen. Im Agarstich wächst der Ruhrbaeillus gleichmäßig längs des Stiches, sich auf der Oberfläche ausbreitend. Die Strichkultur auf Schrägagar ist flach, nur wenig über den Strich ausgebreitet und durchscheinend; sie glänzt feucht und irisiert nicht, eine Erscheinung, die manche ruhrähnliche Stäb- chen sehr deutlich zeigen. Bouillon- und Peptonwasser wird durch die Bacillen gleichmäßig getrübt unter Bildung eines geringen Bodensatzes; nach 48 Stunden wird die oberste Schicht des Nährbodens klarer, doch tritt auch bei längerem Stehen der Kultur keine vollständige Klärung ein. Weder in Bouillon noch in Peptonlösung bildet der Shiga-Kruse- Bacillus nach den übereinstimmenden Angaben fast aller Untersucher Indol. Nur Amaxo will in einer 3 Wochen alten Kultur des Bacillus in Peptonwasser eine geringe, aber deutliche Indolreaktion gesehen 918 Orro LENTZz, haben. Dagegen bilden Shiga-Kruse-Stämme aus Nitraten Nitrite, Nur ganz vereinzelt fand PELz Stämme, welche bei Anwendung des Grizsschen Reagens Spuren von Nitrit in den Kulturen erkennen ließen. LocıE sah im Gegensatz dazu bei allen von ihm untersuchten Stämmen Nitritbildung; sie ging aber nur sehr langsam vor sich und erreichte erst nach 4 Wochen ihren Höhepunkt. Ein weiterer Abbau der Nitrite findet nicht statt. Kahmhautbildung ist besonders bei solchen Stämmen, welche die Fähigkeit besitzen, stark wirkende lösliche Toxine auszuscheiden, fast regelmäßig zu beobachten. Wie nämlich Topp, RosentHaL und Kraus zuerst nachgewiesen haben, bildet der Shiga-Kruse-Bacillus in älteren Kulturen in flüssigen Nährmedien lösliche Toxine, welche in das Nährmedium übergehen. (Näheres siehe im Kapitel Ruhr- toxine.) In sterilisierter Kuhmilch bildet der Shiga-Kruse-Bacillus ein wenig Säure, jedoch wird die Milch auch bei längerem Stehen nicht koaguliert. Ebenso findet in Kulturen in Perruscahkyscher Lackmus- molke schwache Säurebildung statt, etwa in demselben Grade wie in Kulturen des Typhusbacillus in diesem Medium; wie dieser läßt auch der Shiga-Kruse-Bacillus die Lackmusmolke klar. In Traubenzucker-Nährböden bildet der Bacillus kein Gas; den ROoTHBERGERSschen Neutralrot-Traubenzuckeragar läßt er unver- ändert. Auf Lackmus-Milchzucker-Agar nach v. Der bildet der Bacillus nach 16 Stunden gleichmäßig. runde tautropfenartige Kolonien von ca. 1 mm Durchmesser, die im durchfallenden Lichte eine leichte milchige Trübung zeigen. Da der Milchzucker durch den Bacillus nicht zersetzt wird, erscheinen die Kolonien auf un- verändert blauem Grunde. (Näheres über diese Nährböden siehe im Kapitel: Bakteriologischer Nachweis der Ruhrbacillen.) Die von Lentz und fast gleichzeitig und unabhängig von ılım von Hıss & Russen zur Differenzierung der verschiedenen Ruhr- und ruhrähnlichen Bakterien empfohlenen Differentialnährböden, den Mannit- und Maltose-Lackmusagar (nach v. Drıcaskı & Con- raDı) läßt der Shiga-Kruse-Bacillus beim Wachstum im Oberflächen- ausstrich unverändert. In gleicher Weise wird auch Saccharose-Lackmusagar durch ihn nicht verändert, während Dextrose-Lackmusagar durch Säurebildung gerötet wird (Hıss). Porrtzviv konnte nachweisen, daß Mannit zwar auch vom Shiga- Kruse-Bacillus vergoren wird, und zwar um so stärker, je mehr Pepton in dem Nährsubstrat enthalten ist, daß aber stets nur so geringe Mengen des Mannits dabei umgesetzt werden, daß die dabei gebildete. Säure gegenüber den alkalischen Zersetzungsprodukten des Peptons sich nicht geltend machen, d. h. den Lackmusfarbstoff nicht rot färben kann. Ganz analog führte Wınter den zahlenmäßigen Nachweis, dab. auch Maltose in erheblichem Grade und in geringerem Maße auch Milchzucker vom Shiga-Kruse-Typus vergoren werden, daß aber die dabei gebildete Säure durch gleichzeitig aus den Eiweiß- bzw. Pepton- rer des Nährbodens sich bildendes Ammoniak überneutralisiert wird. Dysenterie. 919 In Stichkulturen in Lackmusnährböden, die mit Kohlehydraten versetzt sind, reduzieren die Ruhrbacillen in den tieferen Schichten des Nährbodens den Lackmusfarbstoff, während letzterer in den oberen, dem Luftsauerstoff zugänglichen Schichten nicht verändert wird (LENTZ). M. Branc konnte, wie VAILLARD & DoPTEr mitteilen, im Filtrat von Kulturen des Shiga-Kruse-Bacillus in Marrınscher Bouillon Essig- säure, Bernsteinsäure sowie flüchtige Basen nachweisen. Ebenso fand Hörzıne nach einer Mitteilung Kruses in Traubenzucker-Bouillon- kulturen des Bacillus Essigsäure. Sera, der später diese Unter- suchungen von Hörrıns wieder aufnahm, fand, daß die Ruhrbacillen aus Traubenzucker in wechselnden Mengen Essig- und Ameisensäure, aus Glyzerin Essigsäure, etwas weniger Ameisensäure und Spuren von Propionsäure und aus Mannit Ameisensäure und in geringen Mengen Essigsäure bilden; niemals konnte er Alkohol in den Kulturen nach- weisen. WINTER dagegen stellte fest, daß die Ruhrbacillen aus Maltose und Milchzucker stets neben Kohlensäure auch geringe Mengen von Alkohol bildeten. Daneben fand er in der Kulturflüssigkeit Schwefel- ammonium, freies Ammoniak und Schwefelwasserstoff, ferner Butter- säure und geringe Mengen von höheren Fettsäuren, vielleicht Capron-, Capryli- und Caprinsäure, in mit Milchsäure versetzten Kulturmedien auch noch Ameisen- und Essigsäure in geringen Mengen. Auch Tri- methylamin wies er in den Ruhrkulturen nach und führt auf diesen Stoff den eigentümlichen Geruch der Ruhrkulturen zurück. Menschliche und tierische Galle, rein verwandt oder einem Nährboden zu- sefügt, hemmt das Wachstum des Shiga-Kruse-Bacillus und setzt seine Viru- lenz herab (VETRANO, HIROKAWA, ÖTTOLENGHI). PEJIU & RaJarT geben an, daß ein geringer Zusatz von Jodjodkalilösung (4 Tropfen konzentrierter wässeriger Lösung zu einem Bouillonröhrchen) das Wachstum der Ruhrbacillen außerordentlich begünstige, stärkere Jodkalikon- zentration (8 Tropfen) es dagegen hemme. KorRAEN fand, daß die Ruhrbacillen in flüssigen Nährböden, die er aus sterilisiertem Düngerextrakt hergestellt hatte, gut gediehen und in wenigen Tagen ihr Wachstumsmaximum erreichten. Resistenz. Wie in Kulturen zeigen die Shiga-Kruse-Bacillen auch äußeren Einflüssen, wie sie unter natürlichen Verhältnissen auf sie einwirken, und den gebräuchlichen Desinfektionsmitteln gegenüber nur eine ver- hältnismäßig geringe Widerstandsfähigkeit. So gelingt es gewöhnlich schon nach 2 Tagen nicht mehr, sie aus Faeces zu züchten, falls letztere nicht unter besonderen Vorsichts- maßregeln, z. B. auf Eis, aufbewahrt werden (Kruse). RoscuLer konnte sie an den Hemden Ruhrkranker nur 3 Tage, BrackHam an Kleidern 3 Wochen lang nachweisen. Auch in gewöhnlicher Milch, in welcher sie mit dem Heere der Milchsäurebakterien in Konkurrenz treten, sind sie oft schon nach 8 Tagen abgetötet, in etwa derselben Zeit gehen sie auch in Butter und Käse, sowie im Wasser zugrunde (E. Prunr). In nicht sterilisiertem, unreinem Wasser gehen sie nach VIncent schon in 2—6 Tagen zugrunde. Dagegen fand dieser Forscher sie in sterilem destilliertem Wasser noch nach 10—12 Tagen lebens- fähig, weniger lange in sterilisiertem unreinem Wasser. DOoMBROWSKI will sie dagegen aus sterilisiertem Leitungswasser noch nach 72 Tagen herausgezüchtet haben. Nach den Untersuchungen E. Prunzs halten 920 Orro LeExtz, sie sich in trockenem Sande etwa 12 Tage, an Leinwand angetrocknet 17 Tage, in feuchter Gartenerde dagegen ebenso wie nach Kruse an mäßig feuchter Leinwand oberflächlich angetrocknet, mehrere Mo- nate. RosEentHaL konnte die auf Früchten und Gemüse aufgetragenen Bacillen nur bis zum 11. Tage nachweisen, während DomBrowskı ihr Nachweis auf Brotrinde und auf der Oberfläche von Kartoffeln schon nach 3 Tagen, auf trockner Brotkrume nach 6 Tagen nicht mehr gelang. MAurEL fand sie auf rohem Fleisch nach 24 Stunden noch lebensfähig. Auch in Mischkulturen, selbst mit dem sehr nahe verwandten Flexner-Bacillus, geht der Shiga-Kruse-Bacillus sehr rasch zugrunde (Lextzz). Alle diese Untersuchungen zeigen, daß der Ba- cillus der Konkurrenz anderer Bakterien und der Austrocknung sehr schnell erliegt, in sterilen Medien jedoch, wenn in ihnen auch nur ein geringer Wassergehalt und wenige Nährstoffe enthalten sind, verhältnismäßig lange lebensfähig bleiben kann. Im Gegensatz zu allen anderen Untersuchern fand KARLINSKI die Resistenz der Shiga-Kruse-Bacillen weit weniger gering. Er konnte sie in Stühlen, die arm an Coli waren, noch nach 30 Tagen, in bereits fäkulenten Stühlen noch nach 20 Tagen nachweisen. In abgekochtem Wasser hielt sich der Baecillus bis 71, in Schleimflocken eingebettet 120 Tage, bei gleichzeitiger Sonnenbeleuch- tung 20, in Schleimflocken 90 Tage lebensfähig, in gewöhnlichem Brunnen- wasser 42—56 Tage je nach der Temperatur, in Gartenerde 38, in Lehmboden 106—128 Tage. An Leinwand angetrocknet gingen sie im Sonnenlicht in 1/, Stunden, vor Sonnenlicht geschützt dagegen erst in 79 Tagen, im Dunkeln bei Kellertemperatur sogar erst in 130 Tagen zugrunde. Im Bettstroh hielten sie sich 30, an Schafwolle 106 Tage. Frisch bereitete Kalkmilch desinfizierte frische Ruhrstühle in 20—50 Minuten. Temperaturen von 8—16° C schädigten sie selbst in 14-tägiger Einwirkung nicht. Die meisten dieser hier mitgeteilten Resultate weichen von denen anderer Untersucher so erheblich ab, daß man sich zunächst des Gedankens nicht er- wehren kann, daß sie Beobachtungsfehlern ihre Entstehung verdanken. WINTER, der allerdings mit Y-Bacillen seine Resistenzprüfungen anstellte, will die große Verschiedenheit in den Angaben der verschiedenen Autoren und besonders KAR- LINSKIsS aus verschieden starker Einsaat von Kultur bei Anstellung der Versuche erklären, da er sah, daß z. B. aus Leitungswasser Y-Kultur nach schwacher Einsaat nur 15 Tage, nach starker Einsaat jedoch 122 Tage lang herauszu- züchten war. Direktes Sonnenlicht tötet die Shiga-Kruse-Bacillen in 30 Minuten (SHIGA). Niedrige Temperaturen verzögern das Absterben der Bacillen (Vixcent). Der Winterkälte widerstehen sie nach den Untersuchungen von G. ScHmipr etwa 2 Monate lang. Dagegen fallen sie höheren Temperaturen schnell zum Opfer. Nach Korrz und Rosenau werden sie bei einer Temperatur von 60° C in 10 Minuten abgetötet. Auch Frost & SwEnson und Frost & WHITMANN bestätigen die große Hin- fälligkeit des Shiga-Kruse-Bacillus bei erhöhter Temperatur. Das- selbe zeigen auch die Versuche, die ScHüpER & PROSKAUER mit dem RırrscnheL & Hensegersschen fahrbaren Trinkwasserbereiter an- stellten. Hierin wurden bei einer Stundenleistung von 320 1 sterilen Wassers und einer Temperatur von 101—104° C Ruhrbacillen mit Sicherheit abgetötet. Nach den Untersuchungen von Sachs-Müke geht der Bacillus ım Innern von Eiern, in die er durch Spalten in der Schale, nicht aber durch die intakte Schale hindurch, eindringen kann, durch ein 6 Minuten langes Kochen der Eier mit Sicherheit zugrunde. Dysenterie. 921 In 0,5-proz. Karbollösung gehen sie in- 6 Stunden, in 1-proz. Karbollösung in 30 Minuten zugrunde; durch 5-proz. Karbol- und eine schwache (1:20000) Sublimatlösung werden sie augenblicklich abgetötet. Alkohol tötet sie schon in schwachen Konzentrationen (—10 Proz.) in wenigen Minuten ab. Formaldehyd hemmt in Kon- zentrationen von 1:40000 ihre Entwickelung in Milch (Kore). Anti- formin tötet selbst in starken Verdünnungen die Ruhrbacillen schnell ab und löst sie auf (UBLENHUTH & XYLAnDEr). Nıcker prüfte die Widerstandsfähigkeit der Ruhrbacillen gegen- über verschiedenen in der Ruhrtherapie angewandten Medikamenten. Er fand, dab Acidum tannicum, Acidum salieylicum und Argentum nitricum zum Nährboden zugesetzt noch in Konzentrationen von 1:5000—10000 stark entwickelungshemmend wirkten; in gleichen Konzentrationen auch Tannigen und Tannalbin. Dagegen waren Aci- dum boricum und Bismuthum subnitricum selbst in Konzentrationen von 1:1000 kaum wirksam. Lebende Kultur von Shiga-Kruse-Ba- cillen wurde dagegen durch Acidum tannicum nicht abgetötet. B. Die giftarmen Typen der Dysenteriebacillen. I. Der Flexner-Bacillus. Morphologische Eigenschaften. Der Flexner-Bacillus ist ebenfalls ein kurzes plumpes Stäbchen; im allgemeinen ist er etwas schlanker als der Suıica-Kruse Bacillus (PrFuHnL und seine Mitarbeiter). Wie dieser ist er unbeweglich und zeigt ebenfalls eine außerordentlich lebhafte Molekularbewegung. Er hat keine Geibeln und bildet keine Sporen. Er färbt sich mit Anilinfarben gut, jedoch ungleichmäßig. Bei der Gramschen Färbung wird er entfärbt und nimmt die Kontrast- farbe an. ; Kulturelles Verhalten. Auch kulturell verhält sich der Flexner-Bacillus sehr ähnlich dem Shiga-Kruse-Typus. Er gedeiht leicht auf allen gebräuchlichen neutralen oder schwach alkalischen Nährböden. Sein Temperatur- optimum liegt bei 35 —37° C, doch kommt er auch bei niedrigen Tem- peraturen fort und vermehrt sich sogar noch im Eisschrank (5—6° C). In der Gelatineplatte findet man selten die für den Typhus- und Shiga-Kruse-Bacillus charakteristischen weinblattartigen Ober- flächenausbreitungen, vielmehr sieht man hier in der Regel nur knopf- artig erhabene, runde Auflagerungen (PFUHL, SCHMIEDICKE, SCHÜDER & LENTZ). In den tiefliegenden Kolonien in der Gelatineplatte, der Gelatine- stichkultur, ferner in den Agarkulturen ist kein Unterschied zwischen dem Flexner- und dem Shiga-Kruse-Bacillus zu konstatieren. Die Bouillon trübt der Flexner-Bacillus gleichmäßig unter all- mählich von oben her eintretender Klärung. Kahmhautbildung ist bisher nicht beobachtet worden. Dagegen bildet der Flexner-Bacillus in Bouillon und Pepton- lösung Indol. Die Indolbildung erfolgt langsam nach 3—5%X 24 Stdn. und ist bei verschiedenen Stämmen verschieden stark (LENTZ, LEINER, 922 Orrto LENTZz, EckErT, FırtTH). Smica fand indessen auch Flexner-Stämme, die sehr schnell und stark Indol bildeten. Da sich ihr Vermögen, Eiweiß schnell zu spalten, auch bei Anstellung der Mannitprobe (cf. den Abschnitt Differentialdiagnose) störend bemerkbar machte, glaubte er sie als einen besonderen Typ der Ruhrbacillen ansprechen zu sollen. Ebenso bildet der Flexner-Bacillus aus Nitraten schnell und reich- lich Nitrit (Perz, Locız). Locız fand, daß diese Bildung schon nach 5 Stunden in Kulturen beginnt und nach 8—10 Stunden ihr Maximum erreicht; die Nitrite werden aber sofort weiter abgebaut, so dab nach 18 Stunden in den Kulturen kein Nitrit mehr nachweis- bar ist. Lösliche Toxine sind in seinen Kulturen bisher nur selten und in geringen Mengen nachgewiesen worden, wie auch die Bakterienleibes- substanz des Flexner-Bacillus nur wenig giftig ist (Dörr, KoLLer, HELLER & DE MESTRAL). In Milch, Prrruschkyscher Lackmusmolke und Neutralrot- Traubenzuckeragar verhält sich der Flexner- wie der Shiga-Kruse- Bacillus. Ebenso wächst er wie dieser auf Lackmus-Laktoseagar in runden, nur wenig milchig getrübten Kolonien, die den Agar un- verändert lassen oder leicht blau färben. Mannit und Maltose werden durch ihn unter Säurebildung ge- spalten (Lentz, Hıss & RussEeL), ebenso nach Angabe von Hiıss Dextrose und Saccharose. Bezüglich des letztgenannten Zuckers kann Verfasser die Angabe von Hıss nicht bestätigen; die drei von ihm untersuchten Flexner-Stämme ließen mit Saccharose und Lackmus versetzte Nährböden stets unverändert. In menschlicher Galle gedeiht der Flexner-Bacillus sehr gut (Hırorawa), ebenso in starker, 90-proz. und konzentrierter Sauer- stoffatmosphäre (MooRE & WILLIAMS). Il. Der Bacillus Y (Hiss-Russel). Der Y-Bacillus steht dem Flexner-Bacillus außerordentlich nahe. Morphologisch ist er von ihm gar nicht zu unterscheiden und auch in den gebräuchlichen Kulturmedien verhält es sich größtenteils wie dieser. Nur bildet er nicht mit solcher Regelmäßigkeit in flüssigen Nährmedien Indol; man trifft hier nebeneinander in derselben Epide- mie Stämme, die schon in wenigen Tagen deutlich nachweisbare Mengen Indol bilden, und solche, bei denen die Indolbildung außer- ordentlich spät auftritt oder überhaupt ausbleiben kann (Kruse, LENTz, Hagenauer Epidemie). ScmwarzeE fand bei einer kleinen Epidemie, die 14 Fälle umfaßte, bei keinem der von ihm isolierten Stämme, Houn dagegen bei seinen sämtlichen Stämmen am 3. Tage deutliche Indol- bildung. Smisa sah bei Verwendung einer 1-proz. Peptonlösung zur Kultur erst nach 3 Wochen eine schwache und selbst dann inkon- stante Indolreaktion; in einer 2-proz. Peptonlösung fiel dagegen die Reaktion schon nach 1 Woche deutlich positiv aus. Die Bildung von Nitriten aus den Nitraten des Nährbodens geht langsamer und unvollkommener vor sich als beim Flexner-Bacillus (Peız). Auch die Y-Stämme bauen zumeist die Nitrite nach Locız schnell weiter ab; nur der Stamm JürcEns (Gruppe) tat dies bei Locızs Unter- suchungen in traubenzuckerfreien Nährmedien nicht, so daß dieser Dysenterie. 923 Stamm eine regelrechte Cholerarotreaktion gab. RIECKENBERG*), der unter Leitung des Verf. diese Angaben von Prrz und LocıE ae prüfte, fand bei einer größeren Anzahl von Y -Stämmen, die ver- schiedenen Epidemien entstammten, Nitrosoindolreaktion. Deutlichere Unterschiede zwischen dem Y- und dem Flexner- Bacillus treten indessen auf zuckerhaltigen Lackmusnährböden zu- tage. Schon auf dem Lackmus-Laktoseagar (mit und ohne Kristall- violettzusatz) zeigt der Y-Bacillus einige Abweichungen vom Flexner-Bacillus.. Er wächst hier in 2 bis 3 mm Durchmesser zeigenden Kolonien, welche meist einen deutlich gezackten Rand haben (Lentz, LuckscH, ScHwarzE, Hagenauer Epidemie), auch nicht immer runde, sondern oft verzerrte Form aufweisen und im Gegensatz zu den stets blau erscheinenden Kolonien des Shiga-Kruse- und Flexner-Bacillus einen mehr rotvioletten Farben- ton erkennen lassen (Lentz, Hagenauer Epidemie). Dieser Unter- schied tritt in Ausstrichen von Dysenteriestuhl fast regelmäßig her- vor, weniger deutlich in Ausstrichen von Reinkulturen. Jene Rot- V jolettfärbung hängt wohl mit der Fähigkeit des Y-Bacillus zusammen, geringe Mengen Milchzucker zu zerlegen, wie WINTER nachgewiesen hat. Vor den zur Differentialdiagnose empfohlenen Zuckerarten vergärt der Y-Bacillus Mannit, nicht dagegen Maltose und Sac- charose (Lentz, Hıss).. Bei der Hagenauer Ruhrepidemie wurden indessen 3 Y-Stämme gefunden, die den Maltose-Lackmusagar ganz schwach röteten und ebenso wollen BAERMANN & SCHÜFFNER sowie O. MayER bei den von ihnen gefundenen Y-Stämmen leichte Rot- violettfärbung des Lackmus-Saccharoseagars beobachtet haben. Diese Beobachtungen dürften ebenfalls in der von WINTER gemachten Beob- achtung ihre Erklärung finden. Ill. Der Strongsche Bacillus. Der Stronssche Bacillus ist in der Form ebenfalls dem Flexner- Bacillus ähnlich. Auf der Oberfläche von Gelatineplatten bildet er reichlich weinblattartige Ausbreitungen. Im übrigen verhält er sich auf den gebräuchlichen Nährböden wie die anderen Typen. Die vom Verf. geprüfte Kultur bildete kein Indol. Dagegen berichten SHiıGA und Morcan, dab der Srtroxnssche Bacillus prompt Indol bilde. Er verhält sich also anscheinend in diesem Punkte ebensowenig kon- stant wie der Bac. Y, dem er auch sonst nahe steht. Auf Lackmus-Laktoseagar gedeiht der Stronssche Bacillus auch bei Kristallviolettzusatz und bildet blaue runde Kolonien. Er vergärt Mannit (Lentz), Saccharose (Hıss, Smica), Rhamnose und Raffinose (R. MÜLLER), nicht aber Maltose. MOoRGAN stellte bei einem von Kruse erhaltenen Stamm auch Vergärung von Duleit, Sorbit, Galaktose fest. Wie aber die gleichzeitige Vergärung von Maltose und Milchgerinnung beweisen, handelte es sich um einen durch lange Fortzüchtung veränderten Stamm (s. später im Kapitel Differentialdiagnose ), so daß der Verdacht gerechtfertigt ist, daß auch die Vergärung der anderen hier genannten Kohlehydrate möglicherweise nur eine Eigense haft des alten Labo- ratoriumsstammes ist. Sehr “dankenswert wäre es, wenn die Angaben MORGANS an frisch gezüchteten Strong-Stämmen nachgeprüft würden, da sich hierbei möglicherweise Anhaltspunkte für eine exakte kulturelle Differenzierung des Bac. Strong von den anderen giftarmen Typen ergeben werden. *) Noch nicht veröffentlicht. 924 Orrto LENTZ, Resistenz der giftarmen Typen. Wie schon das Wachstum bei Eisschranktemperatur und auf kristallvioletthaltigem Lackmus-Laktoseagar andeutet, sind die gift- armen Typen der Ruhrbacillen gegen äußere Schädlichkeiten nicht so- hinfällig wie der Shiga-Kruse-Typus. Es zeigt sich dies auch in Kul- turen, in denen sie sich 2—3 Monate lang lebensfähig erhalten. Auch in den Faeces der Kranken bleiben sie wenigstens einige Tage lebens- fähig und fallen nicht so schnell der Ueberwucherung durch die Coli- bakterien zum Opfer. WınTEr konnte Y-Bacillen in sterilisiertem Lei- tungswasser nach geringer Einsaat 15 Tage, nach starker Einsaat sogar 122 Tage lang nachweisen, in nicht sterilisiertem Leitungs- wasser 9 Tage lang, in Ruhrstühlen bis zu 9 Tagen, an Kleiderstoffen angetrocknet bis zu 150 Tagen. Direktes Sonnenlicht tötete sie bei verschiedenen Versuchsanordnungen in längstens 10 Stunden ab. In der Konkurrenz mit dem Shiga-Bacillus gewinnt der Flexner-Bacillus, wie LEnTz zeigen konnte, schnell die Oberhand. Auch nach den Unter- suchungen von VINcENT sowie Frost & WHItTMaAN ist der Flexner- Bacillus resistenter als der Shiga-Kruse-Typus. Gegen Erwärmung ist aber auch er nach den Untersuchungen von FRoST & SWENSON sehr hinfällig und stirbt bei Temperaturen von 55—60° C schnell ab. Nach Harrune töten 0,5-proz. Lösungen von Chininum hydro- chloricum und Chinosol den Flexner-Bacillus in 5—10 Minuten, 0,25- proz. Lösungen in 1—2 Stunden; etwas schwächer wirkten 0,1- bis 1,0-proz. Kollargol- und Protargollösungen, deutlich geringer war die Wirkung von Phenokollchlorid und Phenol, sehr langsam wirkten Tannin, Urotropin und Citarin, während Antipyrin, Pyramidon und Atoxyl überhaupt kaum eine Wirkung erkennen ließen. Bakteriologischer Nachweis der Ruhrbacillen. Unter den kulturellen Verfahren, die für die Züchtung der Dysenteriebacillen, besonders für ihre Isolierung aus den Faeces der Kranken empfohlen worden sind, nimmt der Lackmus-Laktoseagar nach wie vor die erste Stelle ein, für die Züchtung des Shiga-Kruse-Bacillus speziell der von v. Dricarskı empfohlene Ruhragar (ohne Kristall- violett). Auf diesem Agar gedeiht der Bacillus üppig und bildet schon in 20 Stunden Kolonien von 1!/;,—2 mm Durchmesser. Auf dem v. DRIGALSKI-ÜonrAaDiıschen Lackmus-Laktoseagar (mit Kristallviolett) dagegen gedeiht der Shiga-Kruse-Bacillus häufig nur kümmerlich ; die Anwendung dieses Agars empfiehlt sich daher Zur Isolierung dieses Typus weniger. Der Lackmus-Milchzuckeragar wird folgender- maben hergestellt: Zu. 2 Liter flüssigen gewöhnlichen Fleischwasserpepton-Agars wird eine Lösung von 26 g Milchzuckers in 260 cem Lackmuslösung (nach KAHLBAUM) gefügt,; es wird erst die Lackmuslösung für sich 10 Minuten lang im Dampf- topf gekocht, sodann der Milchzucker hinzugefügt und nun das Gemisch noch 10—15 Minuten im Dampftopf gelassen. Vor dem Mischen läßt man die Lackmus-Milchzuckerlösung unter mehrmaligem Lüften des Wattepfropfs zweck- mäßig auf etwa 40—50° © abkühlen, damit ein etwa eingetretener Umschlag der blauen Lackmusfarbe in braunrot sich wieder zurückbilden kann. Auch den Agar verwendet man zweckmäßig nicht kochend heiß, sondern läßt ihn vor dem Mischen auf etwa 70° abkühlen, da in zu heißer Lösung wieder der Umschlag des Lackmusfarbstoffes eintritt. Nach der Mischung des Agars mit der Lack- mus-Milchzuckerlösung erscheint der Nährboden leicht sauer. Unter ständigem Dysenterie. 925 Schütteln des ihn enthaltenden Gefäßes wird nun vorsichtig so viel heiße Normal- Sodalösung zugesetzt, bis der beim Schütteln sich bildende Schaum, der anfangs rot ist, sich in wenigen Sekunden deutlich blau färbt. Der Agar selbst erscheint dann noch rotviolett, nimmt beim Abkühlen jedoch einen mehr blauvioletten Farbenton an; seine Alkaleszenz entspricht dann einem Zusatze von ca. 0,4 Proz. Normal-Sodalösung zu dem neutral gemachten Nährboden*). Der Nährboden wird in kleineren Kolben (von 100—200 ccm Inhalt) aufbewahrt, um unnötiges Erwärmen größerer Mengen zu vermeiden. Zum Gebrauche wird er in ca. 2 mm hoher Schicht in Petrischalen von 10 oder 15 em Durchmesser gegossen. Die Schalen läßt man an der Luft etwas trocknen; man kann sie zu dem Zwecke, nachdem sie erstarrt sind, umgekehrt mit einem Rande auf den ebenfalls umge- kehrt auf dem Tische liegenden Deckel setzen, um sie vor Luftinfektionen zu bewahren. A Die Reinzüchtung der Ruhrbacillen aus den Faeces der Kranken macht keine besonderen Schwierigkeiten, da sie in den Schleimflocken der Entleerungen in großen Mengen und, wenigstens in frischen Er- krankungsfällen, häufig fast in Reinkultur vorhanden zu sein pflegen. Man bedarf daher auch nicht der Anwendung eines Anreicherungs- verfahrens. Es genügt, die Schleimflocken, bevor man sie auf der Asgaroberfläche ausstreicht, gründlich, etwa 3—4mal, in stets er- neuerter steriler physiologischer (0,85-proz.) Kochsalzlösung zu waschen. um sie von etwa anhaftenden Fäkalmassen zu befreien und so Kulturen zu erhalten, in denen die Konkurrenz des Bact. coli communc nicht mehr störend wirkt. Conrapı empfahl, zur gründ- licheren Beseitigung der auf der Außenfläche der Schleimflocken haftenden Colibakterien die Flocken in.einer 1-prom. Sublimatlösung 1 Minute lang zu waschen und dann durch mehrmaliges Abspülen in steriler Kochsalzlösung das Sublimat wieder zu entfernen. Nach des Verf. Erfahrungen gibt indessen die Sublimatwaschung keine besseren Resultate als die einfache Waschung in Kochsalzlösung. Die gewaschenen Schleimflocken werden auf einer Serie von 3—4 Lackmus- Milchzuckerplatten mit dem Drigalski-Spatel verrieben. Die Platten läßt man in der oben geschilderten Weise noch etwa. !/; Stunde lang trocknen und verbringt sie dann geschlossen und mit der Agarschicht nach oben gewendet in den Brütofen. = Zum bakteriologischen Nachweise der Ruhrbacillen aus den Be- lägen und Schorfen der Darmgeschwüre, der Darmwand oder den Mesenterialdrüsen werden Teile von diesen in geringen Mengen von Bouillon oder physiologischer Kochsalzlösung verrieben und nun 1 Tropfen dieser Verreibung zur Anlegung der Kulturen in der be- schriebenen Weise verwandt. Die Lackmus-Milchzuckeragarplatten können bereits nach 16 Stunden untersucht werden. Die Colikolonien haben dann bereits den Agar in ihrer Umgebung deutlich rot gefärbt, so dab sie sich deutlich von den Ruhrkolonien unterscheiden. Zur weiteren Prüfung kommen nur die zarten typhusähnlichen Kolonien in Betracht. Sie enthalten genügend Material, um zunächst 2 orientierende Unter- suchungen vorzunehmen. Man prüft mit einer kleinen Menge der Kolonie im hängenden Tropfen, ob sie unbewegliche Bakterien enthält. Ist dies der Fall, so macht man mit einer zweiten kleinen Menge der Kolonie eine orientierende Agglutination in einem Tropfen einer starken Verdünnung eines künstlichen hochwertigen Ruhrserums. *) Diese Methode der Herstellung des Nährbodens weicht in einigen Punk- ten von der ursprünglichen Vorschrift v. DrIGALSKIs ab; sie erreicht jedoch dasselbe Resultat und hat sich dem Verf. als praktisch erwiesen. 926 Orro LeEnTz, Gibt die orientierende Agglutination ein positives Resultat, so be- impft man mit dem Rest der Kolonie zur weiteren differential- diagnostischen Untersuchung ein Schrägagarröhrchen und je ein Röhr- chen mit Neutralrot-Traubenzuckeragar, PETRUSCHKYscher Lackmus- molke und Milch. Erst wenn die Kulturen in diesen Testnährböden einwandsfrei ausgefallen sind und die Schrägagarkultur von einem hochwertigen spezifischen Ruhrserum bis nahe an die Titergrenze des Serums agglutiniert wird, darf die Kultur als Ruhrkultur angesehen werden. (Ueber die Differenzierung der verschiedenen Arten der Ruhrbacillen voneinander siehe das Kapitel ‚„Differentialdiagnose‘“.) Einen dem v. Drıcauskıschen Lackmus-Milchzuckeragar ähn- lichen, statt 3 Proz. nur 11/, Proz. Agar enthaltenden Nährboden em- pfiehlt Schwarz. Auch der Endo-Agar ist mit Erfolg zum Nachweis der Ruhrbacillen verwandt worden (HILGERMANN, NICKEL, R. MÜLLER, Krxparı & WArKeER). Auf ihm wachsen sie wie der Typhusbacillus ohne Veränderung des Nährbodens in farblosen Kolonien. DuvaL & ScHorEr rühmen den Nähragar von Hıss, auf dem die Ruhrbacillen trotz seiner einfachen Zusammensetzung (15 g Agar, 5 g Liebigs Fleischextrakt und 1000 g Ag. dest.) gut gedeihen sollen. Luxz empfiehlt auch den Padlewski-Agar zur Züchtung der Ruhrbacillen aus Stühlen. Gelatine-Nährböden werden heute wohl nur noch selten zur Isolierung der Ruhrbacillen verwandt. RosEntHAaL lobt die PIor- xowskısche Harngelatine und hat ferner mit einer Säurefuchsin- gelatine gute Erfolge erzielt, in welcher Ruhrbacillen den Farbstoff unverändert lassen, während die Kolonien des Bact. coli den Nähr- boden in ihrer Umgebung aufhellen. DunHAam verwendet zur Isolierung der Ruhrbacillen aus Faeces dünne Gelatine; in ihr bilden diese Bak- terien in 24 Stunden große runde Kolonien, das Bact. coli Konglomerate kleiner Kolonien und der Typhusbacillus mit Aus- läufern versehene Kolonien; ähnlich wie in der Piorkowski-Gelatine; nur der Paratyphusbacillus soll in ihr ähnlich wie die Ruhrbaecillen wachsen. Differentialdiagnose. Wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht, bilden die Dysen- teriebacillen eine Gruppe sehr nahe miteinander verwandter Bakterien- species. Von der Typhus-Coli-Gruppe, in die die Dysenteriebacillen von einigen Autoren hineingerechnet werden, unterscheiden sie sich bereits durch sehr wichtige morphologische Merkmale, ihre erheblich plumpere Gestalt und das Fehlen von Geißeln. Trotz mancher Aehn- lichkeiten ihrer Kulturen ist es deshalb meines Erachtens nicht an- gängig, die Dysenteriebacillen als eine Unterabteilung der Typhus- Coli-Gruppe anzureihen, sie bilden vielmehr eine selbständige und jener gleichwertige Gruppe. Einige Schwierigkeiten bereitet indessen die Unterscheidung der verschiedenen Ruhrerreger untereinander. Einige Autoren, wie VAILLARD & DOPTER, GAY, BLACKHAM, Lunz u. a. glaubten allerdings, praktisch auf eine exakte Differenzierung verzichten zu können, da sie auf Grund ihrer Untersuchungen zu der Ansicht gekommen waren, daß die Ruhrbaeillen nicht als verschiedene Bakterienarten, sondern nur als ver- schiedene Varietäten ein und derselben Art anzusehen seien. Bei aufmerksamem Studium ihrer Arbeiten erkennt man jedoch ohne weiteres, daß ihre Schlüsse Dysenterie. 927 zum Teil auf einer unzweckmäßigen Versuchsanordnung beruhen, zum Teil auf der Wahl zur Differentialdiagnose ungeeigneter Sera. Ganz besonders bedenk- lich sind in dieser Beziehung die Schlüsse, die Lunz aus seinen Untersuchungs- ergebnissen zieht, die er einer nichts weniger als einwandsfreien Untersuchungs- methodik verdankt. Kulturelle Differentialdiagnose. Wenngleich ja der Shiga-Kruse-Bacillus im allgemeinen etwas plumper erscheint als die giftarmen Typen, so ist der Unterschied in der Gestalt doch kein so markanter, dab darauf ein differential- diagnostischer Schluß sich aufbauen ließe. Auch bei der Züchtung auf unseren gebräuchlichen Nährböden treten schärfere kulturelle Unter- schiede zwischen den einzelnen Typen der Ruhrbacillen nicht hervor, so dab durch sie eine Differenzierung nicht erzielt werden kann. Immerhin ist die Bildung von gezackten Kolonien, die (in Stuhl- ausstrichen) den Lackmus-Laktoseagar rötlichviolett erscheinen lassen, für den Bac. Y charakteristisch und der Nachweis von Indol in den Bouillon- und Peptonwasserkulturen läßt ohne weiteres den Shiga- Kruse-Bacillus ausschließen. Sichere Schlüsse läßt aber das Verhalten der verschiedenen frisch aus den Faeces gezüchteten Ruhrbacillen gegenüber verschiedenen Kohlehydraten zu, die zu lackmushaltigen Nährböden hinzugefügt werden (Lentz, Hıss & RusseL). v. DrIGAaLskı & ConraDı hatten gesehen, daß der Lackmus-Mannitagar eine Differenzierung des Typhusbacillus und des Shiga-Kruse-Bacillus gestattet, da der Typhus- bacillus den Nährboden durch Säurebildung rötet, während der Shiga- Kruse-Bacillus ihn unverändert läßt. Lextz hat dann das Verhalten der verschiedenen Ruhr- und ruhr- ähnlichen Bacillen gegenüber verschiedenen zu Lackmusagar gefügten Kohlehydraten systematisch geprüft und in Lackmus-Mannit- und -Maltoseagar Nährböden gefunden, die mit Sicherheit eine kulturelle Differenzierung der Stämme Shiga-Kruse, Flexner und Strong er- möglichen. : Fast gleichzeitig und unabhängig von Lentz empfahlen Hıss & Russen eine Mannit-Lackmus-Peptonlösung (1 Proz. Pepton, 1 Proz. Mannit, 6 Proz. Lackmuslösung, 1000 aq.) zur Ruhrdifferenzierung. Hıss fand dann noch in der Saccharose-Lackmuslösung einen weiteren Nährboden zur Unterscheidung der Bacc. Y und Strong. Die Unterschiede im Wachstum der verschiedenen Ruhrbacillen auf Lackmusagar mit Zusatz dieser verschiedenen Kohlehydrate gibt die folgende Tabelle wieder. Lackmusagar mit | erscheint in der Kultur des Bacillus Zusatz von Shiga-Kruse Y Flexner Strong Mannit blau rot rot rot Maltose = blau 3 blau Saccharose > 0] blau rot Hıss und Smıca gaben an, daß der Flexner-Bacillus auch Saccharose unter Säurebildung vergäre; andere Untersucher (LExTz, LIEFMANN & NIETER u. a.) haben dies aber nicht bestätigen können. Lentz empfahl zunächst die Prüfung der Bacillen mit diesen Agarsorten in Stichkulturen im Röhrchen vorzunehmen. Da der 925 Orro LENTZ, Farbenumschlag hier aber erst in 45 Stunden deutlich erkennbar ist, einge er später zu der von ihm schon bei der Ausarbeitung des Ver- fahrens teilweise angewandten Methode des Agar-Oberflächenaus- strichs in Petrischalen über. Bei diesem Verfahren tritt der Farben- umschlag schon in 24 Stunden ein. Das Prinzip der Differenzierung der Ruhrbacillen durch kohle- hydrathaltige Lackmusnährböden ist in anderer Weise gleichzeitig und unabhängig voneinander von Dörr und Hersch modifiziert worden. Beide gingen von den Barsırkowschen Zucker-Nutrose- Lösungen aus; während indessen Dörr einfach statt des Milch- bzw. Traubenzuckers 1 Proz. Mannit hinzufügte, fand Hersch, dab man zweckmäßig 2 Proz. Mannit bzw. 2,5 Proz. Maltose verwenden muß, um eine prompte und einwandsfreie Reaktion zu erhalten. Diese Mannitnährböden läßt der Shiga-Kruse-Bacillus unverändert, während er die Maltoselösung leicht säuert. Der Flexner-Bacillus ruft in beiden starke Säuerung und Koagulation hervor, während der Bac. Y (Pseudodysenterie Kruse) und der SrtroxGsche Bacillus den Mannitnährboden stark, die Maltoselösung schwach rötet, ohne die Nutrose zu koagulieren. In beiden Lösungen wird durch den Y-Bacillus mehr Säure gebildet als durch den SrronGschen Stamm, wie HETSCH durch Titration seiner Kulturen mit !/;,„ Normalnatronlauge fest- stellte. In ähnlicher Weise stellten sich JEHLE & ÜHARLETON flüssige Differential- nährböden her, indem sie statt der Nutroselösung ein Gemisch von 1 Teil Rinder- serum und 3 Teilen Wasser nahmen. Auch das Serumeiweiß wird durch den Bacillus Flexner koaguliert, durch den SHIGA-Kruszschen Bacillus dagegen nicht. Wie wichtig es in der Tat ist, bei Verwendung dieser flüssigen Differentialnährböden einerseits die Menge des Kohlehydrats zweck- entsprechend zu wählen, andererseits die Beobachtungszeit richtig zu bemessen, zeigen Arbeiten von SHIGA und OnHno, die beide nach dem Vorgang von Hıss 1-proz. Peptonlösung verwandten, der sie 1 Proz. des Kohlehydrats und 6 Proz. Lackmuslösung zufügten. SHiGa fand nun unter einer großen Zahl von verschiedenen Ruhr- bacillenstämmen einige, die sich im übrigen, besonders auch in den Immunitätsreaktionen, wie der Flexner-Bacillus verhielten, jedoch die Mannitlösung nur in den ersten 24 Stunden röteten, dann aber diesen Farbenton bis zum 4. Tage in Blau umschlagen ließen. SmıcA trennt auf Grund dieses Verhaltens diese Stämme vom Flexner-Typ ab und sieht in ihnen einen neuen Typus, den er als 5. den bisher bekannten 4 Arten anfügt, und das, trotzdem er selbst betont, daß die Rötung der Nährlösung auf einer Zersetzung des Mannits, der spätere Umschlag des Farbentons in Blau dagegen auf einer nach- träglichen Zersetzung des in der Nährlösung enthaltenen Peptons be- ruht, und trotzdem er selbst sah, daß die Stämme diese letztere Fähig- keit, den Nährboden nachträglich noch zu alkalisieren, bei längerer Fortzüchtung vollständig verloren. Hätte Smıca, wie dies HrrscH bereits empfohlen hatte, seinen Differentialnährlösungen größere Mengen der Kohlehydrate zugefügt, so wäre er wohl kaum zu jenem Trugschluß gekommen. Es handelte sich bei dieser abnorm stark aus- geprägten Avidität jener frisch aus dem Menschen gezüchteten Ruhr- stämme zu den Peptonen der Nährlösung, die sich auch in einer be- sonders kräftigen und schnellen Bildung von Indol kundgibt, ledig- lich um eine Betätigung ihres parasitären Charakters, der alsbald in den Hintergrund trat, nachdem die Stämme sich durch längere Dysenterie. | 929 Fortzüchtung auf künstlichen Nährböden mehr an ein saprophytisches Dasein gewöhnt hatten. Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse offenbar bei dem Dysenteriebacillus Tuckahoe, der sich nach der Beschreibung von PARK & CAREY, die ihn isoliert hatten, dadurch auszeichnete, daß er Mannitnährböden unverändert ließ, dagegen stark Indol bildete, im übrigen aber wie ein Y-Stamm verhielt. Bei einer Nach- prüfung, die Hıss einige Monate später vornahm, vergor dieser Bacillus prompt Mannit und verhielt sich auch sonst genau wie ein Y-Bacillus, so daß ihn Hıss diesem Typus zuzählt. Onno beobachtete seine Kulturen 14 Tage lang und sah oft noch nach 5 Tagen und später Aenderungen der Reaktion in ihnen. Auf diese Weise kam er zur Aufstellung von 15 Variationen des Ruhr- bacillus. Prüfte er diese dann aber mittels der Agglutinationsreaktion, so kam er zu einer gänzlich anderen Gruppierung seiner Dysenterie- stämme. Er kommt deshalb selbst wie auch Smıca zu dem Schluß, daß jene Klassifizierung nicht aufrecht erhalten werden kann. Unsere biochemischen Reaktionen verlaufen eben nicht nach der Art rein chemischer Reaktionen, da es sich hier nicht um die Ein- wirkung zweier chemischer Reagentien aufeinander handelt, sondern um den gleichzeitigen Ablauf von biologischen Vorgängen, die in dem Ausdruck ihrer Wirkung oft einander geradezu entgegenarbeiten. Speziell in den Kulturen auf den uns hier interessierenden Kohle- hydratnährböden laufen nebeneinander her die Umsetzungen der Kohle- hydrate und der im Nährboden enthaltenen Peptone und Albumosen. Die Spaltungsprodukte der ersteren haben zumeist sauren, die der letzteren in der Regel alkalischen Charakter. Je nachdem die Avi- dität des in das Kulturmedium eingesäten Bakteriums für das Kohle- hydrat oder die Peptone stärker ist, werden mehr saure oder alkalische Spaltungsprodukte frei und machen sich an der Rot- oder Blau- färbung des als Reagens im Nährboden enthaltenen Lackmusfarb- stoifs kenntlich. Ist nun die eine Komponente des Nährbodens, z. B. das Kohlehydrat, in zu geringer Menge vorhanden, so kann nach seiner Erschöpfung die durch seine Spaltung bedingte, hier saure, Reaktion des Nährbodens durch die entgegengesetzte, hier alkalische, Reaktion der durch die Spaltung der andern Komponente, der Pep- tone, entstandenen Produkte neutralisiert und schließlich ganz er- setzt werden, ein Vorgang, den wir täglich an älteren Colikulturen auf v. DrIGAaLsKI-Conrapıschem Agar beobachten können. So liegen offenbar die Verhältnisse bei den erwähnten atypischen (Flexner-) Stämmen von SHIcA und den erst nach mehreren Tagen eintretenden Reaktionen, die Omno beobachtete. Der normale Ablauf der Reaktionen in den Kohlehydrat-Lack- musnährböden kann aber auch dadurch gestört werden, daß die Avi- dität des zu untersuchenden Bakteriums gegenüber den beiden Kom- ponenten des Nährbodens aus irgendwelchen Gründen eine Aenderung erfährt. Auch dies scheint bei den Dysenteriebacillen nicht ganz selten zu geschehen. So erwähnt Hıss, daß drei längere Zeit auf künstlichen Nährböden fortgezüchtete Y-Stämme die Fähigkeit ge- wonnen hätten, Maltose zu vergären. Die gleiche Beobachtung hat Verf. an einer größeren Anzahl von Y-Stämmen und ebenso (nach mündlicher Mitteilung) auch KuUTscHEr gemacht. Verf. besitzt außer- dem einen seit 1901 fortgezüchteten Flexner-Stamm, welcher die Fähigkeit verloren hat, Maltose zu vergären. Durch die Immunitäts- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 59 930 Orrto LENTZ, reaktionen ist er jedoch als einwandsfreier Flexner-Typ ohne weiteres zu erkennen. Aehnliche Abweichungen vom normalen Verhalten sahen auch Kruse, Smiıca u. a. bei älteren Ruhrstämmen. Tworr konnte eine derartige Aenderung im Verhalten von Dysenteriebacillen gegen- iiber verschiedenen Kohlehydratarten auf künstlichem Wege herbei- führen, dadurch, daß er sie lange Zeit in 1-proz. Peptonlösungen fort- züchtete, denen er 2 Proz. verschiedener Zuckerarten hinzufügte; auf diese Weise konnte er je einen Kruse- und Flexner-Stamm so ver- ändern, daß sie beide Saccharose, ersterer außerdem noch Laktose unter Säurebildung vergor. Ihre Agglutinabilität erfuhr dabei keine Aenderung. Auch unter Leitung des Verf. von BERNHARDT ausge- führte Untersuchungen ergaben, daß das Vermögen alter Ruhrstämme, Kohlehydrate zu vergären, willkürlich geändert werden kann. Dabei zeigte sich auch, dab Stämme, die die Fähigkeit, bestimmte Kohle- hydrate zu vergären, verloren hatten, diese bei geänderter Versuchs- anordnung wieder gewannen. Bei mehrfach wiederholter Verimpfung auf Maltose-Lackmusagar sah BERNHARDT in Y-Kolonien knopfförmige Tochterkolonien auftreten, die von Tag zu Tag an Stärke zunehmend, das Vermögen zeigten, Maltose zu vergären. Diese Eigenschaft behielten die aus den Tochterkolonien gewonnenen Kulturen zunächst bei. Sie verloren sie jedoch wieder vollständig, wenn BERNHARDT mit ihnen ange- legte Schrägagarkulturen 8 Wochen lang stehen ließ; wurden dann von ihnen auf Maltoseagar Kulturen angelegt, so ließen sie den Nährboden wieder unver- ändert. Ebenso war es BERNHARDT möglich, einem Flexner-Stamm durch langes Aufbewahren auf Schrägagar das Vermögen, Maltose zu vergären, zu nehmen, es ihm aber durch mehrfache Aussaat auf Maltoseagar und Abimpfung der hier ebenfalls gebildeten Tochterkolonien wieder zu geben. Diese Verände- rungen, in denen BERNHARDT „Modifikationen“ sieht, traten nur bei alten Laboratoriumsstämmen, nicht bei frischen oder nur kurze Zeit fortgezüchteten Stämmen auf. Alle diese Beobachtungen beweisen, daß alte, längere Zeit auf künstlichen Nährböden fortgezüchtete Ruhrstämme ihr Verhalten gegenüber Kohlehydraten leicht ändern und sich in diesem Punkte besonders veränderten Lebensbedingungen anpassen können. Deshalb können auch die Ergebnisse von vergleichenden Untersuchungen, die mit jahrelang fortgezüchteten Ruhrkulturen an- gestellt wurden (MorcAan u. a.), nur mit großer Vorsicht für die Beurteilung des Wertes der Kohlehydratnährböden für die Differen- zierung der Ruhrbacillen verwertet werden. Es liegt aber kein Grund vor, wegen des wechselnden Verhaltens alter Ruhrstämme den Kohlehydraten gegenüber an der Zuverlässigkeit der Kohlehydrat- Lackmusnährböden für die Differenzierung frisch aus mensch- lichen Faeces isolierter Ruhrbacillen zu zweifeln, wozu Krus: und SHicA zu neigen scheinen. Es handelt sich hier lediglich um eine Alterserscheinung lange künstlich fortgezüchteter Stämme, während frisch isolierte Ruhrbacillen die typischen Reaktionen stets einwandsfrei geben. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch der auf meine Veranlassung von BERNHARDT & MARKOFF aus- geführte Versuch, einen Affen (Makaken) mit einem „modifi- zierten“ (Maltose vergärenden) Y-Stamm zu infizieren und aus den Faeces die Ruhrbacillen wieder zu züchten. Der Affe erkrankte an einer typischen Dysenterie und aus seinen Faeces konnte fast in Reinkultur ein jetzt aber normaler (Maltose nicht ver- gärender) Y-Stamm gezüchtet werden, während sich keine einzige Kolonie eines modifizierten Y-Stammes auf den Platten fand. Das Dysenterie. 931 Darmgewebe des empfänglichen Tieres hatte also geradezu als Jung- brunnen gewirkt. Ihren Charakter als alter Laboratoriumsstamm hatte die aus dem Affen gezüchtete Kultur aber nicht ganz verloren, denn schon die erste Generation bildete auf Maltoseagar spärliche Kolonien mit knopfförmigen Tochterkolonien, die die Maltose langsam vergoren, den Maltoseagar aber röteten. Die nächsten Generationen bildeten dann immer zahlreichere Tochterkolonien mit allmählich immer inten- siverem Maltosevergärungsvermögen. Dagegen glaubt R. MÜLLER echte Mutation bei Ruhrbacillen nachgewiesen zu haben. Er fand zunächst, daß ein Flexner-Stamm auf einem nach dem Prinzip des Endo-Agars hergestellten Isoduleit- (Rhamnose-)Agar die Fähigkeit gewann, im Innern normaler flacher Kolonien rotgefärbte knopfförmige Kolonien zu bilden. Von letzteren gewann er Kulturen, die dauernd die Eigenschaft behielten, Isoduleit zu zersetzen und auf Isoduleit-Endo-Agar in knopfförmigen Kolonien zu wachsen, ohne im übrigen ein abweichendes Verhalten gegenüber dem normalen Flexner-Typ zu zeigen. In einer späteren Arbeit teilt er dann mit, daß ein Flexner-Stamm und 5 zum Y-Typus gehörige Stämme regelmäßig auf Rhamnose-(Isoduleit-)Agar derartige Knopf- bildungen zeigten. 5 ältere Shiga-Kruse-Stämme bildeten erst nach mehrtägigem Wachstum auf diesem Agar neben üppigwachsenden, un- veränderten Kolonien im Wachstum gehemmte Kolonien, in denen zahlreiche Knöpfe auftraten, die dann üppig wuchsen. Niemals be- obachtete er dagegen Knopfbildung bei einer Kultur vom Strong-Typus. Saısawa, der auf meine Veranlassung diese Angaben MÜLLERS nachprüfte, fand, daß die Y-, Flexner- und Strong-Stämme auf Rham- noseagar stets Kolonien mit deutlichen Knöpfen bildeten, die Shiga- Kruse-Stämme dagegen nur solche mit kleinen Knöpfen; 2 der letzten Stämme wiesen auch auf der Raffinoseplatte sehr kleine Knöpfe auf. Auf Erythritagar bildeten alle Dysenteriestämme spärliche und kleine, makroskopisch noch sichtbare Knöpfe, und auf Adonit-, Saccharose- und Inulinagar kleine, ‚nur mikroskopisch sichtbare Knöpfe, die klein- sten der Flexner-Stamm auf Saccharoseagar. Auf Sorbitagar bildeten nur der Shiga-Kruse- und der Strong-Typus, auf Maltose- und Duleit- agar der Y- und der Strong-Typus und auf Arabinoseagar der Shiga- Kruse-, der Y- und der Flexner-Typus mikroskopisch kleine Knopf- kolonien. Zur Differentialdiagnose, wie R. MÜLLER hofft, eignet sich nach Saısawas Ansicht diese Erscheinung nicht. Daß es sich übrigens auch beı dieser Knopfbildung nicht um eine Mutation handelt, konnte Saısawa an Typhuskulturen nachweisen, die bekanntlich auf Rham- noseagar sehr leicht Tochterkolonien bilden. Wenn er aus solchen Knopfkolonien gewonnene modifizierte Kulturen Mäusen einimpfte oder auf Kaninchenserum züchtete, so erhielt er, wie BERNHARDT & MARKoFF in ihrem Affenversuch mit Dysenteriebacillen, nicht modi- fizierte Kulturen in Reinkultur. Weitere kulturelle Differenzierungsverfahren sind von DE Brası und AN- DRADO angegeben worden: ps Brası sah, daß der Flexner-Bacillus in Agarnährböden, die mit ver- schiedenen Anilinfarben versetzt waren, Methylenblau und Vesuvin energisch, Safranin und Chrysoidin langsam entfärbte, während der Shiga-Kruse-Typus nur die beiden erstgenannten Farbstoffe in geringem Grade reduzierte. Er bestätigt ferner die Angabe von Krorstock, daß in einem je 1 Proz. Trauben- und Milchzucker enthaltenden Barsiekow-Nährboden der Shiga-Baeillus nur schwache Säuerung, der Flexner-Typ dagegen starke Säurebildung und Koagu- 59* 932 Orro LENTz, lation hervorruft. KLoPSTOCKs wie DE BLAsıs Angaben beruhen wahrscheinlich auf einer Prüfung des Verfahrens an einer nur kleinen Anzahl von lysenterie- stimmen: BERNHARDT, der mit einer größeren Anzahl von Stämmen der ver- schiedenen Ruhrbacillentypen das Verfahren nachprüfte, sah, daß weder die Rötung noch die Koagulation der Nährlösung durch einen der Typen regelmäßig erzeugt werden, so daß sich also die KLorstocksche Lösung zu einer Differenzie- rung der Ruhrbacillen nicht eignet. ANDRADO empfiehlt DunHAMs Peptonlösung mit einem Zusatz von 2 Proz. saurem Fuchsin und 6 Proz. Glyzerin, die er durch Zusatz von Kali causticum entfärbt. Die geringsten Spuren Säure lassen die rote Farbe wieder auftreten. Der Shiga-Kruse- und der Flexner-Bacillus bilden in diesem Nährboden Säure, während der Y-Bacillus nach ANDRADO dies nicht tun soll. Letztere Angabe erwies sich bei einer auf Veranlassung des Verfassers ausgeführten Nachprüfung durch Seitz als unzutreffend. Serumdiagnostische Differentialdiagnose. Sehr wertvolle Anhaltspunkte für die Differentialdiagnose der Ruhrbacillen bieten auch die serumdiagnostischen Methoden, besonders die Agglutination mittels hochwertiger künstlicher spezifischer Sera. Krusz konnte bereits mit einem an Hammeln gewonnenen künst- lichen Ruhr-(Shiga-Kruse-)Serum die Verschiedenheit des von ihm gefundenen giftigen Ruhrbacillus von dem von ıhm als Erreger der Pseudodysenterie der Irren angesprochenen Bakterium nachweisen. Die ersten jedoch, die eine systematische Differenzierung der Ruhr- und ruhrähnlichen Bakterien durchführten, waren MArTIıNnI & LEnTtz. Mit Hilfe eines Shiga-Kruse-Ziegen- und eines Flexner-Kaninchen- serums erbrachten sie den Nachweis der Artverschiedenheit der Typen Shiga-Kruse, Flexner und Strong, die von früheren Unter- suchern für identisch erklärt worden waren. Die Entdeckung des Bacillus Y durch Hıss & Russen machte uns dann mit der bisher einzig dastehenden Tatsache bekannt, dab zwei Bakterien, die sich kulturell sicher differenzieren lassen, einen so ähnlichen Rezeptorenapparat besitzen, daß es große Schwierig- keiten machen kann, sie mit Hilfe unserer serumdiagnostischen Me- thoden zu differenzieren. Zwar erhält man durch die Immunisierung von Kaninchen (die sich wegen der verhältnismäßig geringen Bildung von Nebenagglutininen hierzu am besten eignen) mit dem Bacillus Y Sera, welche normal agglutinable Y-Stämme nicht unbeträchtlich höher agglutinieren als Flexner-Stämme, doch trifft man gerade beim Y- Typus, selbst innerhalb einer Epidemie, sehr verschieden agglutinable und neben gut agglutinablen nicht selten recht schwer agglutinable Stämme an (LENTZz, HILGERMANN, MAYER), welche erst nach vielen Ueberimpfungen auf künstlichen Nährböden eine etwas bessere Agglu- tinabilität erreichen, so daß ihre Differenzierung durch die Aggluti- nation erst verhältnismäßig spät möglich wird. Flexner-Immunsera agglutinieren indessen häufig beide Typen in gleicher Weise bis zur Titergrenze (LEnTZz, LIEFMANN & NIETER, HÄnDeL), so daß solche Sera zu einer exakten Differenzierung der beiden Typen nicht ver- wendbar sind. SmıGA, dem eine größere Anzahl von Flexner-Stämmen zur Verfügung stand, erhielt indessen auch mit diesem Typ Immunsera, welche ganz einwandfreie Resultate gaben. Nach seinen Unter- suchungen stehen sich aber die Typen Y und Strong so außerordentlich nahe, dab es Schwierigkeiten machen kann, sie durch die Asglu- tination zu trennen; im Gegensatz hierzu konnte MorGan mit einem Strong-Kaninchenserum den Strong-Typus durch die Agglutination dif- Dysenterie. 933 ferenzieren. Auch bei Anwendung der Absorptionsmethode (CAstEr- ranischer Versuch) zeigte es sich, daß die Typen Flexner und Y sich gegenseitig vertreten können und aus homologen und hete- rologen "Immunseris. einen großen Teil der für den andern ‘Typus homologen Agglutinine zu beseitigen vermögen (Park, Hänper, M. WASSERMANN). Wenn hierbei auch vereinzelte Unterschiede in der Erschöpfung eines Serums an bestimmten Agglutininen hervorgetreten sind, so genügen diese zumal bei der Unsicherheit der Resultate, die der CasterLanische Versuch nach den Untersuchungen von Poss£Lr & V. SAGASSER, Knox & SHORER, LÜDKE, MoRGAN und WINTER bei Ruhrbacillen gibt, nicht, um auf sie differentialdiagnostische Schlüsse aufzubauen; sie erklären sich zum Teil schon aus der verschiedenen Agglutinabilität und ihrem entsprechend verschiedenen Bindungs- vermögen, die beim Bacillus Y ganz ausgesprochen sind, aber auch beim Flexner- Bacillus vorhanden sein dürften, ganz abgesehen davon, daß der ÜASTELLANISche Versuch noch mit einer ganzen Reihe weiterer Fehler- quellen arbeitet, die durch die Kompliziertheit der Methode bedingt sind. Nichtsdestoweniger hat Kruse auf den Casterransschen Versuch eine Differentialdiagnostik der giftarmen Ruhrbacillen aufgebaut und so den Typus Y in 7 verschiedene Arten geteilt. Vom Flexner- und Srtronsschen Bacillus stand ihm nur je ein Stamm zur Verfügung. Er bezeichnet die verschiedenen Arten der giftarmen Dysenteriebacillen mit den lateinischen Buchstaben A—H. Der Flexner-Bacillus hat dabei den Buchstaben B erhalten, während der Srtroxscsche Bacillus zur Gruppe F—H gerechnet wird. Das früher von Kruse als „Bacillus der Pseudodysenterie der Irren‘ bezeichnete Bakterium reiht er, nebst den von JÜRGENns in Gruppe und von LEnTz in Saarbrücken ge- fundenen, in seine Gruppe A, den Hıss-Russerschen Y-Bacillus in seine Gruppe D ein. Ganz einwandfrei scheinen Kruses Absorptions- versuche auch nicht verlaufen zu sein, denn er erwähnt mehrfach in seinen Arbeiten, dab einzelne Resultate ganz anders, wie er- wartet wurde, ausgefallen seien; er glaubt aber, daß in diesen Fällen Versuchsfehler an dem unstimmigen Resultat schuld waren. Nach den Untersuchungen von M. WASSERMANN sind aber solche Unstimmig- keiten bei der Anwendung des Casterranischen Versuchs zur Dif- ferenzierung der Ruhrbacillen sehr häufig; Wassermann erklärt daher den Casterranıschen Absorptionsversuch für ungeeignet zur Dif- ferentialdiagnose. Daß es in der Tat außerordentliche Schwierigkeiten bereitet, einen zu der Gruppe der giftarmen Ruhrbacillen gehörigen Dysenterie- erreger mittels der Absorptionsmethode in eine der Kruszschen Gruppen einzureihen, beweist eine Mitteilung von LösENER. Dieser fand in Königsberg i. Pr. einen Ruhrbacillus, der sich kulturell genau wie ein Y-Stäbchen verhält und auch von einem Y-Serum vom Titer 1:10000 bis zur Verdünnung 1:5000 agglutiniert wurde. Da es Lösener aber mittels des Casterzanısschen Versuchs nicht gelang, die Zugehörigkeit dieses Bakteriums zu einer der Gruppen Kruses nachzuweisen, so sieht er in ihm, sich der Kruseschen Einteilung anschließend, eine neue Art und bezeichnet es als , ‚Pseudodysenterie Königsberg‘. In einer späteren Arbeit gibt er jedoch die Bezeich- nung Pseudodysenterie als unzutreffend auf und zählt den Stamm „Pseudodysenterie Königsberg“ seinem kulturellen wie agglutina- torischen Verhalten nach zum "Y-Typus. 954 Orro Lentz, Auch ein von Lentz aus einem Dysenteriedarm gezüchteter Y- Bacillus, der anfangs schwer agglutinabel war, nach einigen Weiter- impfungen aber eine gute Agglutinabilität gegen Y-Serum erlangte, war durch die Absorptionsmethode in keine der von Kruse aufge- stellten Gruppen einzureihen und müßte, wollte man den CASTELLANI- schen Versuch als Kriterium für die Ruhrdiagnostik annehmen, als ein neuer Typ den übrigen angereiht werden. Ebenso ging es RUFFER & WiILLMoRE mit ihrem Stamm El Tor I und Mayer mit dem von ihm bei der Fürther Ruhrepidemie gezüchteten „Pseudodysenterie‘- Stamm, die beide dem Kruseschen Typus D nahestanden, sich aber im CasrtELLanischen Versuch so verschieden von ihm verhielten, daß sie als besondere Arten angesehen werden müßten. Wir würden also, wie diese Beispiele zeigen, bald dahin kommen, daß sich selbst die besten Kenner der Ruhrbacillen in der Unmenge von Untergruppen nicht mehr zurechtfinden könnten. Zu einer derartigen Komplizierung der Ruhrdiagnostik liegt aber meines Erachtens nicht der geringste Grund vor. In anderer Weise suchte R. CoLLıns sich die Absorption der spezifischen Agglutinine zu nutze zu machen. Sie stellte mit je 1 Stamm vom Shiga-Kruse-, Flexner- und Y-Typus ein polyvalentes Serum her, absorbierte aus ihm mit 2 der Stämme die für sie spezifischen Agglutinine und erhielt so ein Serum, das nur für den 3. Typus spezifische Agglutinine enthielt. Eine Bestätigung ihrer Angaben von anderer Seite liegt zurzeit noch nicht vor. Zu ganz merkwürdigen Agglutinationsresultaten kommt WINTER bei der Prüfung von 35 Ruhrstämmen mit 5 verschiedenen Seris. Zwei der Sera waren mit Ruhrstämmen hergestellt, die aus einer Epidemie in einer Irrenanstalt stammten, die also von vornherein als identisch hätten angesehen werden müssen. Gleichwohl verhielten sich beide Sera bei der Prüfung der 35 Stämme sehr ver- schieden. Bei der Prüfung der Stämme mit den 5 Seris verhielten sich aber auch mehrfach Stämme, die aus derselben Epidemie stammten, von denen man also von vornherein vermuten sollte, daß sie untereinander identisch seien müßten, grundverschieden. WINTER nimmt auf Grund dieses verschiedenen Verhaltens seiner Stämme und Sera an, daß die Ruhrbaeillen in eine viel größere Anzahl von Gruppen zerfallen als man bisher annahm, und fordert, daß neu gefundene Ruhrstämme behufs Identifizierung mit einer größeren Anzahl von Ruhrseris ge- prüft und aus dem Verlauf der dabei erhaltenen Kurve auf ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe geschlossen werden solle. Diese Angaben WINTERS erheischen dringend eine eingehende Nachprüfung an der Hand einer größeren Anzahl frisch aus Ruhrfaeces gezüchteter Ruhrstämme. Nach den Angaben von HäÄnpeEr sollen auch die Komplement- ablenkungsmethode und das Verhalten des Flexner- und Y-Bacillus gegenüber den bakteriotropen Substanzen der spezifischen Immunsera sich zur Differenzierung der beiden Bakterienarten eignen. Auch Dick empfiehlt die Opsonine des Immunserums zur Differentialdiagnose. Hänper fand, dab bei derartigen Prüfungen zwar auch eine Beein- tussung der beiden von ihm geprüften Stämme durch das heterologe Serum zu erkennen ist, daß diese aber doch ganz erheblich hinter der Wirkung des homologen Serums zurückbleibt, so daß sie kaum störend Ins Gewicht fällt. M. WassERMANN sowie RITTER, die auf Veran- lassung des Verf. die Angaben HÄnpers nachprüften, sahen indessen bei Verwendung mehrerer Stämme jeder der beiden Ruhrtypen, daß auch diese beiden Methoden wegen der sehr wechselnden Beein- [ussung sowohl der homologen als auch der heterologen Stämme sich nicht zur Differentialdiagnose eignen; zu dem gleichen Resultat kamen bezüglich der Komplementbindungsmethode auch KorrLe, HELLER & DE MESTRAL sowie RUFFER & WILLMORE, während Lucas, FITZGERALD Dysenterie. 935 & SHORER nur gegenüber dem Shiga-Kruse-Bacillus eindeutige Resul- tate erzielten. Amako & Kosıma erhielten bei Verwendung von Serum hochimmunisierter Tiere nur höchst unbefriedigende Ergebnisse. Da- gegen sahen diese Autoren, daß Sera von Tieren, die nur eine In- jektion erhalten hatten, bessere Resultate lieferten. Wohl traten auch hier Gruppenreaktionen in die Erscheinung, jedoch nicht so störend wie bei einem Serum, das durch längere Immunisierung gewonnen war. Wo also die Asglutinationsreaktion nicht genügt, den Flexner- und Y-Bacillus mit Sicherheit zu differenzieren, werden wir daher die kulturellen Methoden, die ‚Ja bei frisch gezüchteten Stämmen ganz eindeutige Resultate geben, in erster Linie zur Entscheidung über die Zugehörigkeit eines Ruhrstammes zu einem der beiden Typen heranziehen müssen. Tierversuche. Toxine. Von den verschiedensten Seiten ist der Versuch gemacht worden, Dysenterie durch Verfüttern von Bacillen auf Tiere zu übertragen, in der Regel mit negativem Erfolg. Zwar gelang es Smiıca, durch Einbringen einer ganzen Kultur des von ihm entdeckten Baecillus per os bei einer jungen Katze und einem jungen Hunde schleimig- diarrhoische Entleerungen hervorzurufen, aus denen er die Ruhr- bacillen wieder züchten konnte; es fehlten bei den Tieren indessen die typischen pathologisch-auatomischen Darmveränderungen. Ebenso konnte Flexner durch Einverleiben seines Bacillus per os bei Hunden nur Enteritis erzeugen. Dagegen berichtet Fırrm, daß es ihm ge- lungen sei, bei Affen von der Gattung Rhesus durch Verfüttern von Shiga- Kruse- Kultur echte Dysenterie herv orzurufen ; auch BERNHARDT & Marxorr konnten durch Verfüttern einer Y-Kultur bei einem Ma- cacus Rhesus eine echte Dysenterie erzeugen. Bei anderen Tieren schlugen aber gleichartige Versuche vollkommen fehl. So hatte Con- rAaDr bei Hunden, Katzen und Kaninchen gänzlich negative Resultate, und Kazarınow konnte Kaninchen sogar 5 ganze Agarkulturen lebender Shiga-Kruse-Bacillen in den Magen bringen, ohne dab die Tiere erkrankten ; erst wenn er bei einem Kaninchen, das 2 Tage sehungert hatte, den Magensaft neutralisierte und ihm pro 200 & Gewicht 1 g Opiumtinktur intraabdominal injizierte, gelang es ihm. durch Einbringen von 6 lebenden Kulturen des Shiga-Kruse-Bacillus in den Magen bei dem Tiere eine tödlich verlaufende Krankheit zu erzeugen, die nach den klinischen Erscheinungen und dem patho- logisch-anatomischen Befund mit der menschlichen Dysenterie an- nähernd übereinstimmte. Ebenso konnten DorTEr & Reracı durch Einbringen sehr großer Kulturmengen von Shiga-Kruse-Bacillen mittels Schlundsonde bei Kaninchen zwar die klinischen Symptome und patho- logisch-anatomischen Veränderungen wie bei der Dysenterie des Men- schen hervorrufen, es gelang ihnen aber nicht, bei den Tieren Ruhr- bacillen nachzuweisen. Wir dürfen also annehmen, dab Tiere, mit Ausnahme von Affen, wie auch die von Ravaur & DoPrTEr, Bow- MANN SOWIie BERNHARDT & MARKOoFF bei Affen beobachteten spon- tanen Infektionen lehren, gegen die natürliche Infektion mit Ruhr- bacillen refraktär sind. Sehr empfindlich sind dagegen Tiere gegen die subkutane, intra- peritoneale und intravenöse Injektion lebender und abgetöteter Ruhr- bacillen. Nach der Injektion genügend großer Dosen lebender Kultur 936 Orrto LENTz, oehen Kaninchen akut unter Fieber, Lähmungserscheinungen an den Extremitäten, Durchfällen, zum Teil mit Blut und Schleim gemischt, und schließlich rapidem Temperatursturz zugrunde und man findet außer Hyperämie der Lungen und Nieren eine diffuse Hyperämie des ganzen Darmtraktus, auch des Dünndarms mit Schw ellung der Schleim- haut und der Pryerschen Plaques. Es gelingt dabei, sowohl aus dem dünnflüssigen Inhalt des Dünndarms, wie auch aus dem Blute und den inneren Organen der Tiere, die Ruhrbacillen zu züchten. Dies eilt sowohl vom Shiga-Kruse- Typus wie auch vom Typus Flexner, Strong und Y. Wenn Snıca berichtet, daß er den Shiga-Kruse- Typus bei seinen Versuchstieren zwar in allen Organen, nicht aber in der Milz gefunden habe, so stehen dem die Befunde von PrFUHL und seinen Mitarbeitern entgehen, die die injizierten Bacillen stets auch aus der Milz der der Infektion erlegenen Tiere züchten konnten. Wird die Injektionsdosis kleiner gewählt, so daß die Kaninchen erst nach mehrtägiger Krankheit eingehen, so gelingt es in der Regel nicht, die Ruhrbacillen im Darminhalte, dem Blute und den inneren Organen der Tiere nachzuweisen (KrAUS & DÖRR, DÖRR, WINTER). Es kommt in solchen Fällen infolge des protrahierten Krankheitsverlaufs aber auch zu stärkeren Veränderungen, entzündlicher Verdickung der Darmschleimhaut, Verschorfung und selbst Nekrose des Epithels mit Geschwürsbildung im Dickdarm (CoNRADI, VAILLARD & DoPTEr, RA- CZYNSKI) und im ” Coecum (Dörr, Kraus & Dörr, Karasawa), so dab in manchen Fällen ein Bild vorgetäuscht werden kann, wie es die menschliche Dysenterie darbietet. Stets bleibt der Processus vermi- formis frei von Veränderungen. In einigen Fällen fand Verf. neben schweren diphtherischen Veränderungen im Coecum auch herdförmige Nekrosen und Hämorrhagien im Dünndarm und Magen, einen Befund, den auch ScHorTrtELıvus erwähnt. Stets ist bei den Kaninchen die Blase ad maximum gefüllt, was ScHoTTELIUs auf eine Lähmung des Musculus detrusor vesicae zurückführt. Da aber die gleichen Ver- änderungen auch nach der Injektion abgetöteter Ruhrbacillen sowie bakterienfreier Filtrate von Kulturen und Autolysaten des giftigen Typs auftreten können, so müssen wir diese Veränderungen als einen Ausdruck der Giftwirkung der in den Ruhrbacillen enthaltenen Endo- toxine bzw. beim Shiga-Kruse-Bacillus der von den Bacillen produ- zierten löslichen Gifte (s. u.) ansehen, zumal bisher der Nachweis von Ruhrbacillen in der Tiefe derartiger geschwürig veränderter Darm- partien nicht erbracht ist. VAILLARD & DOPTER glauben zwar, in den Schnitten solcher Darmgeschwüre Ruhrbaeillen nachgewiesen und somit als erste den Beweis erbracht zu haben, daß es auch beim Tier gelingt, durch intravenöse Injektion lebender Ruhr- bacillen echte Dysenterie zu erzeugen. Da sie aber ihre Behauptung nicht durch die kulturelle Identifizierung der von ihnen gesehenen Bakterien gestützt haben, so darf ihnen mit Kraus & Dörr der Einwand gemacht werden, daß sie in ihren Schnitten nicht Ruhrbacillen, sondern Bact. coli gesehen haben, das erst sekundär in die geschwürig veränderte Darmschleimhaut eingedrungen war. An demselben Mangel leidet die Arbeit RACZYNSKIs, welcher berichtet, daß es ihm gelungen sei, durch subkutane Injektion von lebender Shiga-Kruse- Kultur bei Hunden und Kaninchen Darmveränderungen hervorzurufen, welche denen bei menschlicher Dysenterie durchaus entsprechen. Weitaus die stärkste Wirkung lassen bei den Tierversuchen die Shiga-Kruse-Bacillen erkennen. Von lebender Kultur genügt hier ıoo Vese, um mit Sicherheit weiße Mäuse bei subkutaner und oft schon !/99-—1/;0 Oese, um Kaninchen von 11/,—2 kg bei intravenöser Dysenterie. 937 Injektion zu töten. Dagegen sind Meerschweinchen gegen diesen Typ verhältnismäßig resistent und es ist mindestens 1/, Oese lebender Kultur nötig, um ein Tier von 200 g bei intraperitonealer Injektion mit Sicherheit zu töten. Von abgetöteter Kultur vertragen Meer- schweinchen subkutan und intraperitoneal 1/, Oese, während Kanin- chen bei subkutaner Injektion schon 1/, Oese, bei intravenöser Imp- fung 1/,. Oese zum Opfer fallen. Auch größere Tiere, Hunde, Ziegen Esel und Pferde sind nach den Erfahrungen Kruses, SHIGAS, Üon- RADIS, GAYs, DörRs und des Verf. gegen den Shiea- Kruse-Bacillus außerordentlich empfindlich. Nach den Untersuchungen Gays re- agieren Pferde auf den 4. Teil der für Meerschweinchen eben tödlichen Dosis abgetöteter Kultur mit hoher Temperatursteigerung, allgemeiner Postration, Unfähigkeit sich zu bewegen und stertoröser Atmung. Gegen die Injektion von Kultur der giftarmen Ruhrbaeillen sind unsere kleineren Versuchstiere im allgemeinen sehr viel weniger empfindlich. Zwar konnte HILGERMANN eine weiße Maus durch sub- kutane Impfung mit 1/,oo Oese lebender Y-Kultur in 24 Stunden töten, doch vertragen Kaninchen vom Flexner- und Y-Bacillus t/, Oese lebender Kultur intravenös, während Meerschweinchen erst nach intra- peritonealer Injektion von 2—5 Oesen lebender und von 1—2 ganzen abgetöteten Schrägagarkulturen der drei giftarmen Typen eingehen. Dagegen sind nach den Erfahrungen Smicas sowie BaERMANN & SCHÜFFNERS größere Tiere, Ziegen und Pferde, auch gegen die In- jektion dieser Bacillen auffallend empfindlich, so daß man bei der Immunisierung größerer Tiere auch mit diesen Typen außerordentlich vorsichtig zu Werke gehen muß, um keine Verluste zu erleiden. Dörr sieht in dieser hohen Empfindlichkeit von Pferden ein anaphylak- tisches Phänomen, da sie sich weniger bei der ersten Injektion als vielmehr im weiteren Verlauf der Immunisierung einzustellen pflegt. Für die Angaben von BAERMANN & SCHÜFFNER betreffs der Empfind- lichkeit von Ziegen trifft diese Annahme jedenfalls nicht zu, da diese Autoren mit einigen ihrer Y-Stämme Ziegen durch eine einmalige Injektion von !/s, Oese in 8—10 Stunden töten konnten. pt Donna will durch Meerschweinchenpassage die Virulenz des Shiga-Kruse- und des Flexner-Bacillus abgeschwächt, durch Kanin- chenpassage dagegen gesteigert haben. Wie bereits hervorgehoben, sind es in erster Linie, wenn nicht lediglich, die Bakteriengifte, welche die in den vorgehend erwähnten Tierversuchen beschriebenen klinischen Symptome und Organverände- rungen hervorrufen. Es stimmt das ganz gut mit den Erfahrungen überein, welche wir bei der menschlichen Dysenterie gemacht haben. Wir wissen, daß hier wie bei den anderen toxämischen Infektions- krankheiten des Menschen, der Diphtherie, dem Tetanus, der Cholera, die Krankheitserreger sich nur an umschriebener Stelle des Prä- dilektionsorgans, in unserem Falle der Schleimhaut des Mastdarms ansiedeln, höchstens noch bis zu den dazugehörigen regionären Lymph- drüsen verschleppt werden, daß aber ihre Gifte in den Lymph- und Blutkreislauf aufgenommen werden und nun zu einer Vergiftung des Körpers mit ihren an den verschiedensten Organen sich äußernden Folgeerscheinungen führen, ganz im Gegensatz zu den Erregern der bakteriämischen (septikämischen) Infektionskrankheiten, der Strepto- und Staphylokokkensepsis, der Pest, dem Typhus und Paratyphus, viel- leicht auch der Pneumonie, welche durch die Iymphatischen Apparate 938 Orro Lentz, der die Infektion vermittelnden Organe in den allgemeinen Lymph- und Blutkreislauf eingeführt werden und sich in allen Iymphatischen (blutbildenden) Organen des menschlichen Körpers ansiedeln und ver- mehren können. Die ersten, denen es gelang, das giftige Prinzip der Ruhrbacillen frei von der Bakterienzelle und in dosierbarer Form gewonnen zu haben, waren CoNnRADI sowie NEISSER & SHIGA. (Conrapı nahm 24-stündige Shiga-Kruse-Agarkultur mit Kochsalzlösung auf und unter- warf sie für 24-48 Stunden im Brütofen der Autolyse; sodann fil- trierte er durch Berkefeldkerzen und: engte das Filtrat im Vakuum bei 35° C auf 1/,0—!/s50 seines Volumens ein. Nach intravenöser In- jektion von 0,1 ccm des so präparierten Filtrats gingen Kaninchen von 21/,—3 kg Gewicht in 48 Stunden ein. Die klinischen Erschei- nungen sowie der Sektionsbefund waren dieselben wie nach der Injektion von lebender Shiga-Kruse-Kultur; 4 Kaninchen zeigten Darmgeschwüre. In ähnlicher Weise gingen NEISSER & SHIGA vor. Sie schwemmten eine 24-stündige Shiga-Kruse-Agarkultur in 10 cem Kochsalzlösung auf, erhitzten die Aufschwemmung während 1 Stunde auf 60% C und hielten sie dann während 48 Stunden bei 370; darauf filtrierten . sie durch Reichelkerze. Auch dieses Filtrat erwies 'sich Tieren gegen- über als giftig. Durch Alkohol- und Aetherzusatz konnten sie in dem Filtrat einen weißen kristallinischen Niederschlag erzeugen, der sich in Wasser wieder löste und im Tierversuch giftige Eigenschaften zeigte. Nach derselben Methode stellten auch VAILLARD & DOoPTERr gift- haltige Autolysate her, nur extrahierten sie die abgetöteten Kulturen nicht 2, sondern 20—40 Tage; durch Dekantieren der Kulturflüssig- keit von den zu Boden gesunkenen Bakterien erhielten sie eine keim- freie, stark toxisch wirkende Lösung. Ihr Autolysat tötete Kaninchen nach intravenöser Injektion von 0,05 ccm. Wesentlich stärker wir- kende Lösungen erhielten Kreın, LÜDKE sowie FLEXNER & SWEET, die sich genau an die Methode von NEISSER & SHıcA hielten; von den von ihnen gewonnenen Filtraten töteten bisweilen schon 0,01 ccm Kaninchen bei intravenöser Injektion. KoLLE, HELLER & DE MestraL gewannen Lösungen der ge- samten Bakterienleibersubstanzen der Ruhrbacillen dadurch, daß sie Massenkulturen mit destilliertem Wasser (10 ccm pro Kultur in großer Flasche) aufnahmen, 2X 24 Stunden schüttelten, scharf zentrifugierten und entweder mit 0,4 Proz. Phenol versetzten oder mit Toluol über- schichteten oder auch durch Filtration keimfrei machten. Diese ‚‚künst- lichen Aggressine‘“ waren hochtoxisch, besonders für Kaninchen und Pferde. Sie waren jedoch erheblich weniger giftig, wenn die Bakterien vor der Auflösung in Kochsalzlösung gewaschen und und dadurch von den löslichen Giften (siehe später) befreit wurden. Die Be- zeichnung „künstliche Aggressine‘“ wählten die Autoren in Analogie der „natürlichen Aggressine“, welche KıkucHı nach dem Vorgange Baırs nach intraperitonealer Injektion von Ruhrbacillen im Meer- schweinchenperitoneum erhielt (siehe später). Lüpke versuchte, auf dem von Mac FapyEn angegebenen Wege das Ruhrtoxin zu gewinnen. Er schwemmte 24-stündige Agarkultur mit wenig steriler Kochsalzlösung ab und trocknete diese Auf- schwemmung im Vakuum bei Zimmertemperatur. Die resultierende blättrige Masse übergoß er im Mörser mit flüssiger Luft und zerrieb sie, bis mikroskopisch in der Masse kaum noch intakte Bacillen nach- Dysenterie. 939 zuweisen waren. Das Pulver nahm er mit 20-40 ccm Kochsalz- lösung auf und filtrierte durch eine Pukall-Kerze. Er erhielt so eine klare Lösung, von welcher 0,5—0,2 g intravenös injiziert ein 1500 g schweres Kaninchen in 24 Stunden tötete Auf einem etwas anderen Wege suchte BEsrEepka die in den Dysenteriebacillen enthaltenen Gifte (Endotoxine) zu gewinnen. Er nahm 16—18-stündige Agarkulturen in physiologischer Kochsalz- lösung auf, tötete sie durch 1-stündiges Erhitzen auf 600 C ab und trocknete im Vakuum. Sodann verrieb er 1 g der trocknen Bakterien- substanz mit 0,3—0,45 g trocknen Kochsalzes im Achatmörser 1 Stunde lang zu einem feinen Pulver. Zu diesem fügte er unter fort- währendem Reiben tropfenweise 1—2 ccm Aq. dest., füllte in ein Reagenzglas über und setzte noch soviel Aq dest. hinzu, daß die Konzentration physiologischer Kochsalzlösung erreicht wurde. Sodann schüttelte er die Mischung mehrmals und ließ sie bis zum nächsten Tage absitzen; dann zentrifugierte er scharf, bis alle Bacillenleiber aus der Flüssigkeit entfernt waren. Er erhielt so eine opaleszierende Flüssigkeit, von welcher !/;, cem ein 1800 g schweres Kaninchen sowie weiße Ratten in 2—3 Tagen tötete; weiße Mäuse wurden bei intraperitonealer Impfung bereits durch 0,0006—0,0003 ccm dieser Lösung in 48 Stunden getötet. Es ist ohne weiteres klar, daß alle im vorhergehenden be- schriebenen Filtrate und Lösungen das Gift der Ruhrbaeillen nicht in reiner Form enthalten, sondern vielmehr die Gesamtheit der im Bak- terienleib enthaltenen Stoffe, vor allem also, wie dies BEsREDKA auch hervorhebt, die Endotoxine der Ruhrbacillen. Den Nachweis zu führen, daß die Ruhrbacillen aber nicht nur in ihrem Leibe giftig wirkende Substanzen enthalten, sondern auch Gifte an das Nährmedium abzugeben imstande sind, ist gleichzeitig RosEnTHAL, Topp und Kraus gelungen. Die beiden ersteren konnten in Filtraten 3—4 Wochen alter Kulturen des Shiga-Kruse-Bacillus in Marrısscher Bouillon, letzterer in Filtraten ebensolcher 10—12- tägiger Kulturen in stark alkalischer Bouillon giftig wirkende Sub- stanzen nachweisen, die sich mit Ammoniumsulfat und auch mit Alkohol fällen und so als trocknes Pulver gewinnen ließen. Rosex- THAI erwies sich 0,1—0,3 seines Filtrats als tödliche Dosis für 2 kg schwere Kaninchen, während Topp mit 0,002 & des mittelst Ammoniumsulfat ausgefällten trocknen Toxins ein Kaninchen von 1500 g töten konnte. Auch nach den Injektionen dieses gelösten Toxins treten bei den Versuchstieren dieselben klinischen Symptome und pathologisch-anatomischen Veränderungen auf, wie nach der In- jektion lebender oder abgetöteter Kultur bzw. der durch Autolyse gewonnenen Griftlösungen. Die Angaben von RosEnTHAL, Topp und Kraus wurden von Fırt#, Kıein, LÜDKE, KoLLE, HELLER, NEUFELD und SCHOTTELIUS bestätigt, besonders aber von Kraus & DÖRR. Diese beiden Forscher zeigten vor allem, daß nicht jeder Dysenteriestamm zur Gewinnung von löslichem Toxin geeignet ist, sondern dab diejenigen Stämme be- sonders starkes Toxin produzieren, die auf flüssigen Nährböden eine Kahmhaut bilden, und daß für die Ausgiebigkeit der Toxinproduktion eine stark alkalische Reaktion des Nährmediums und Sauerstoffgegen- wart ein Haupterfordernis ist. Eine Reaktion von 3°/,, Kristallisierter Soda über dem Lackmusneutralpunkt gab ihnen wie auch Moses die 940 Orro LeEnTtz, besten Resultate. Nach den Untersuchungen von KoıLr, HELLER & pE MEsTRAL ist indessen die Toxinproduktion auf Nährböden von ge- wöhnlicher leichtalkalischer Reaktion ebenso ausgiebig wie auf solchen von hoher Alkaleszenz. Dörr erhielt auch dann eine starke Ausbeute an Toxin, wenn er die Ruhrbacillen in schwach alkalischer Bouillon züchtete, der er vor der letzten Sterilisierung pro Liter 20 g fein- pulverisierter Kreide zugesetzt hatte. Notwendig ist auch die Gegen- wart von Eiweiß bzw. Pepton im Nährmedium, denn in eiweißfreien Nährlösungen (nach Uszınskı) erhielt Dörr kein Toxin. Wie wichtig die Auswahl des Stammes ist, geht aus den Untersuchungen von Kreıv hervor, der in der Regel in Bouillonkulturen des Shiga-Kruse- Typs nach 30 Tagen, bei einigen Stämmen aber schon nach 11—12, ja bei einem Stamme bereits nach 3 Tagen außerordentlich starke Toxinbildung nachweisen konnte. Die stärksten Toxine, die Kraus & Dörr erhielten, töteten in Dosen von 0,01 g 1000 g schwere Ka- ninchen bei intravenöser Injektion innerhalb 2 Tagen. Kreın und SCHOTTELIvUS geben als Dosis letalis minima ihres Giftes 0,02—0,03, KorLe, HELLER & DE MESTRAL 0,05 g an. Kraus & Dörr konnten das Toxin auch aus Agarkulturen des Shiga-Kruse-Bacillus dadurch gewinnen, dab sie 24-stündige Kulturen 1 Stunde lang mit Kochsalzlösung extrahierten und den Extrakt durch Reichelkerze filtrierten. Die so gewonnene klare Lösung übte im Tier- versuch gegenüber Kaninchen genau dieselbe toxische Wirkung aus wie die Bouillonkulturfiltrate, während sie gegenüber Meerschwein- chen nur sehr wenig giftig sind (Kraus & Dörr, KoLLE, HELLER & DE MESTRAL, SELTER). Nach den Untersuchungen von KoLLE, HELLER & pn MEsTRAL genügt schon eine 15 Minuten lange Extraktion mit Kochsalzlösung, um das Gift aus Agarkulturen in Lösung zu bringen. Besonders starke Extrakte erzielten BAECHER & Lau dadurch, daß sie die Ruhrbacillen mit Sodalösung extrahierten. Dab diese Extrakte auch Meerschweinchen gegenüber sich giftiger erwiesen als einfacher Extrakt in Kochsalzlösung, dürfte wohl darauf beruhen, daß die Sodalösung mehr Endotoxin in Lösung bringt als Kochsalzlösung. Die gleiche Wirkung im Tierversuch lassen auch Extrakte er- kennen, die nach der von Baır für die Gewinnung der sogenannten Asggressine angegebenen Methodik — intraperitoneale Injektion leben- der Kultur in das Meerschweinschenperitoneum und Filtration oder Zentrifugieren des dadurch erzeugten Peritonealexsudats — erzielt werden (KIKUCHI, FLEXNER & SWEET). KıKkucHI gewann nach dem Vorgange Baızs das Dysenterieaggressin in der Weise, daß er Meerschweinchen mit tödlichen Dosen lebender Ruhrbaeillen intraperitoneal infizierte, das Peritonealexsudat durch Zentrifugieren von allen korpuskulären Elementen und der Hauptmasse der darin enthaltenen Bakterien befreite und dann durch Zusatz von Toluol sterilisierte.e Die so erhaltene wasserklare sterile Flüssigkeit hatte die Eigenschaft, schon in kleinen Mengen die Wirksamkeit untertödlicher Dosen von Dysenteriebacillen wesentlich zu er- höhen, so daß Meerschweinchen sonst gänzlich unschädlichen Dosen lebender Ruhrbaeillen nun zum Opfer fielen. Da er sah, daß nach intraperitonealer Einspritzung von Aggressin und Ruhrbacillen die starke Leukocytose, die durch Injektion von Ruhrbacillen allein ausgelöst wird, vollständig ausbleibt, glaubt er, daß die Wirksamkeit des Aggressins in erster Linie darauf beruht, daß es die Leukoeytose hintanhält und so die gleichzeitig injizierten Bakterien instandsetzt, sich zu vermehren und ihre deletäre Wirkung voll zu entfalten. Die Aggressine waren thermolabil, doch wurde ihre Wirkung durch t/s-stündiges Erwärmen auf 55—60° © nur abgeschwächt, nicht gänzlich aufgehoben. Durch homologes bakterizides Immunserum wurde ihre Wirkung paralysiert. Mit Aggressin im- Dysenterie. 941 munisierte Tiere gaben ein Serum, das die Wirkung des Aggressins aufhob, es zeigte außerdem aber auch agglutinierende, bakterizide und antitoxische Wir- kung. KıkucHı konnte sowohl mit dem SHIGA-Kruseschen als auch mit dem FLEXNERschen Bacillus spezifische Aggressine gewinnen. KruUSE und seine Schüler PAnNE & LoTTI bestätigen im allgemeinen die Angaben KıKucHis. Sie benutzten indessen nicht einen peritonealen Extrakt der Dysenteriebacillen, sondern extrahierten eine 24-stündige Schrägagarkultur mit 1 cem Kochsalzlösung bei 60—65° 2 Stunden lang und befreiten den Ex- trakt durch Zentrifugieren von den Baeillen. 1 cem des Extrakts stellte die für Meerschweinchen tödliche Dosis dar. Auch dieser Extrakt entwickelte starke aggressive Wirkung, so daß !/,ooo der tödlichen Dosis lebender Ruhrbaeillen durch gleichzeitige Injektion von 1 cem Aggressin zu schneller Vermehrung ge- bracht wurde. Sie sehen die Wirkung des Extraktes nicht in der Anwesenheit der in ihm enthaltenen Ruhrtoxine, sondern in den hypothetischen Aggressinen Baırs. Auch sie stellten die Thermolabilität der Aggressine fest, wenn sie auch durch länger dauernde Erhitzung die Wirksamkeit des Aggressins nur ab- schwächen, nicht aufheben konnten. Zu gänzlich entgegengesetzten Resultaten kam dagegen DÖRR. Er stellte fest, daß bei der Verwendung größerer Reihen von Meerschweinchen die Ver- suche durchaus nicht so regelmäßig verlaufen, wie KıkucHI das schildert. Er sah dabei, daß ein Teil der Tiere schon für gewöhnlich untertödlichen Dosen der verwandten Bacillen zum Opfer fiel, während bei anderen eine selbst an der Grenze der tödlichen Dosis stehende Bakterienmenge im Verein mit größeren Dosen des Aggressins nicht den Tod herbeiführte. Außerdem fand er, daß Meer- schweinchen gegen die intraperitoneale Injektion schon geringer Mengen von Toluol außerordentlich empfindlich sind. Er glaubt daher, daß die Resultate KıkucHis zum Teil auf einer besonderen Empfindlichkeit der von ihm verwandten Meerschweinchen gegen Dysenteriebacillen, zum Teil auf der Anwesenheit des zur Sterilisierung des Aggressins benutzten Toluols in der Aggressinlösung beruhen. Zu ganz ähnlichen ungünstigen Resultaten kamen KoLLE, HELLER & DE MESTRAL. Trotz mannigfachster Aenderung der Versuchsanordnung und schließlicher Verwendung ihres „künstlichen Aggressins“ verliefen die Ver- suchsreihen so wechselnd, daß von einer auch nur annähernden Gesetzmäßig- keit der aggressiven Wirkung der Extrakte nicht die Rede sein konnte. Sie sehen vielmehr das wirksame Prinzip dieser „aggressiven Extrakte“ in dem in ihnen vorhandenen Ruhrtoxin. In gleichen Sinne spricht die Beobachtung LÜDkes, daß auch eine Injektion von Dysenterietoxin (Autolysatfiltraten wie Bouillonkulturfiltraten) eine starke Verminderung der Leukocyten beim Versuchstier zur Folge hat. Neuerdings brechen „BÜRGERS & HöscH eine Lanze für die Äggressine. Man kann aber nicht behaupten, daß die von ilınen angeführten Versuchsreihen überzeugend das beweisen, was die Autoren ihnen entnehmen. Vielmehr lassen die Beobachtungen, daß die aggressive Wirkung der Extrakte von der Virulenz der zu ihrer Herstellung benutzten Ruhrkulturen abhängig sei, sowie die mannig- faltigen Beispiele von nichtspezifischer und heterologer Wirkung der Aggressine ohne weiteres die Deutung zu, daß die leukocytenhemmende Wirkung der aggressinhaltigen Extrakte auf ihrem Gehalt an den aus den Bakterien aus- gelaugten giftigen Leibessubstanzen beruht. In anderer Weise gelang es pı Donna, aus den Ruhrbacillen eine giftig wirkende Substanz zu extrahieren. Da seine Versuche, Kaninchen mit abgetöteten oder lebenden Shiga-Kruse-Bacillen zu immenisieren, an der Giftigkeit der Bakterien scheiterten, suchte er nach der Methode von LustisG & GALEOTTI aus ihnen einen weniger giftig wirkenden Impfstoff zu gewinnen. Er nahm deshalb 3 Tage alte Agaroberflächenkulturen mit 1-proz. Natronlauge auf und extra- hierte sie 3 Tage lang bei 37°. Sodann - filtrierte er durch SCHLEICHERsche Filter und versetzte das Filtrat mit verdünnter Essig- säure; den dabei sich bildenden Niederschlag wusch er mit destillier- tem Wasser und trocknete ihn im Vakuum über Schwefelsäure. Es restiert ein bräunliches Pulver, das in schwach alkalischem Wasser löslich ist. 0,12—0,15 g des Pulvers in Lösung einem Kaninchen intravenös injiziert, hat den sofortigen Tod des Tieres unter Krämpfen 942 Orro LEntz, zur Folge. Kleinere Mengen, 0,1—0,2, rufen auch noch starke Reak- tionen hervor, ohne indessen die Tiere zu töten. pı Donna sieht in dem Pulver ein Nukleoproteid, Dörr hält es für das lösliche Dys- enterietoxin, das durch die Behandlung mit Säure ungiftig geworden ist, aber noch antigene Eigenschaften besitzt. Ebenfalls giftig wirkende nukleäre Substanzen gewann DI Donna dadurch, daß er den bei der Bereitung des Nukleoproteids oder bei der Filtration 4 Wochen alter Ruhrbacillenkulturen gewonnenen Filter- rückstand gründlich wusch, trocknete und fein pulverisierte. In Kochsalzlösung aufgenommen und Kaninchen intravenös injiziert, führte dieser lediglich die Bacillenleibersubstanz enthaltende Impf- stoff den augenblicklichen Tod der Tiere durch Gerinnung des Blutes herbei. Gegen diese „nukleäre Substanz“, die, wie Dörr hervorhebt, vorzugsweise aus dem Dysenterieendotoxin besteht, konnte pr DonnA nicht immunisieren. Es gelingt also auf den verschiedensten Wegen, das toxische Prinzip der Ruhrbacillen in Lösung zu erhalten. Bisher ist die Darstellung des Toxins nur bei dem Shiga-Kruse-Bacillus mit Sicher- heit gelungen. Nur in ganz vereinzelten Fällen haben Kraus & DÖRR sowie KoLLE, HELLER & DE MestraL auch beim Flexnerbacillus in Bouillonkulturfiltraten schwache Toxinwirkung nachweisen können, die letzteren auch nach Waschen von Flexner-Agarkulturen in Koch- salzlösung im Waschwasser und nach 2-tägigem Extrahieren von Agarkulturen mittelst destillierten Wassers im Extrakt; stets waren aber sehr große Mengen, 5,0 ccm des Filtrats bzw. des Waschwassers oder Extraktes nötig, um eine Vergiftung der Versuchstiere hervor- zurufen. Das Shiga-Kruse-Toxin ist gegenüber äußeren Einflüssen wenig empfindlich. Es läßt sich sowohl flüssig unter Toluol oder unter Luftabschluß wie auch durch Ammoniumsulfat oder Alkohol aus- gefällt in trocknem Zustand monate- und jahrelang aufbewahren, ohne an Wirksamkeit einzubüßen (RosEnTHAL, Topp, Kraus & DÖRR, Kı:ın, KoLLe, HELLER & DE MESTRAL, SCHOTTELIUS). SCHOTTELIUS sah aber, dab sowohl durch die Filtration des Bouillonkulturtoxins durch ein bakteriendichtes Filter wie auch durch die Ausfällung des Toxins mit Ammoniumsulfat oder Alkohol die Wirksamkeit des Toxins ganz erhebliche Einbuße erfährt. Er tötet deshalb die Bacillen in der Bouillon durch Zufügen von 0,5 Proz. Phenol ab, dekantiert nach 24 Stunden die toxinhaltige Bouillon von den sedimentierten Bacillen und bewahrt erstere unter Toluol auf. Das Toxin erträgt Belichtung (v. EisLErR & LÖWENSTEIN) sowie Erwärmung auf 70° während 1 Stunde, ohne wesentliche Einbuße an seiner Toxizität zu erleiden; erst die längere Einwirkung höherer Temperaturen, 75—80° C, schwächt es ab, Temperaturen von 810 € und darüber zerstören es schnell (Dörr, KorLz, HELLER & DE MESTRAL, SELTER). Chemische Mittel schädigen das Toxin nur wenig- Verdünntes Formalin (2 9/0) setzt seine Wirksamkeit erst nach längerer Einwirkung bei gleichzeitiger Belichtung ein wenig herab, nicht dagegen im Dunkeln (v. EısLEr & LöÖwEnSTEIN); schwache Säuren tun seiner Wirksamkeit keinen Abbruch, erst die Einwirkung starker Mineralsäuren hebt sie auf, doch gelingt es, sie durch Neutralisieren der Säure bis zu einem gewissen Grade wiederherzustellen (Dörr). Weder Pepsin noch Trypsin übt einen schädigenden Einfluß auf das Dysenterie. 943 Toxin aus, dagegen hebt künstlicher Magensaft seine Wirkung in kurzer Zeit auf (FLEXNER & SWEET, RUFFER & WILLMoRE). Vielleicht beruht hierauf die vollständige Unwirksamkeit des Toxins bei Ka- ninchen vom Digestionstraktus aus. Nach Dörr wäre hierfür aber auch eine direkte paralysierende Einwirkung des Dünndarmepithels aui das Toxin verantwortlich zu machen. Dörr fand nämlich, daß ein Gemisch des Dysenterietoxins mit einer Verreibung von Dünndarm- schleimhaut des Kaninchens vollständig ungiftig ist, während andere Organe nicht die Fähigkeit besitzen, Ruhrtoxinlösungen zu entgiften. Nur das nach der Mac Fapyenschen Methode bereitete Toxin scheint weniger haltbar zu sein, da es, wie Lüpke angibt, schon in wenigen Tagen erheblich an Wirksamkeit verliert. Zur Prüfung des Ruhrtoxins empfehlen Kraus & DÖRR sowie SCHOTTELIUS in erster Linie Kaninchen zu verwenden, da diese Tier- gattung ganz besonders empfindlich gegenüber diesem Gift ist und die Injektion in die Ohrvene des Kaninchens eine außerordentlich bequeme und sichere Einverleibung des Giftes gewährleistet. Weniger empfindlich sind nach ihren Untersuchungen Hunde, Affen, Ratten und Mäuse. Moses benutzt ebenfalls Kaninchen, spritzt das Toxin aber in die Vena saphena. Dagegen empfehlen DorTEr, SHIGA sowie KoLLeE, HELLER & DE MESTRAL weiße Mäuse zur Prüfung, die nach ihren Erfahrungen bei intraperitonealer Injektion auf das Ruhrtoxin viel prompter und gleichmäßiger reagieren als Kaninchen bei intravenöser Injektion. Auch FLExnER & SwEET sowie HELLER heben diese Unregel- mäßigkeit in der Wirksamkeit des Ruhrtoxins gegenüber Kaninchen hervor. Gänzlich refraktär sind dem gelösten Ruhrtoxin gegenüber Meer- schweinchen. Da diese Tiere aber gegen die Injektion lebender und abgetöteter Ruhrbacillen, wenn auch weniger als Kaninchen, empfind- lich sind, nehmen Kraus & DÖRR, Kruse, KoLLE, HELLER, PFEIFFER & UNGERMANN sowie Bessau an, daß in den Ruhrbacillen zwei ver- schiedene Gifte wirksam sind, einmal das iösliche Gift und zweitens das mit der Bakterienzelle unlösbar verbundene Endotoxin. Kraus & Dörr sowie Kruse bezeichnen das erstere geradezu als „Kaninchen- gift“, das letztere als ‚Meerschweinchengift“. PFEIFFER hat für ersteres die Bezeichnung „paretisches Gift“, für letzteres die Be- zeichnung „marantisches Gift“ vorgeschlagen, entsprechend den von ihnen im Tierkörper ausgelösten klinischen Symptomen. Krusr hat dann noch ein weiteres Gift in den Ruhrbacillen nach- gewiesen, das für Meerschweinchen und Hunde giftig ist; er bezeichnet es als „Hundegift“. Es geht auch in den wäßrigen Extrakt über und erzeugt, Tieren injiziert, die akuten Erscheinungen der Endotoxin- vergiftung, während die chronischen Erscheinungen viel geringer sind als bei letzterer. SELTER hält die durch das „Hundegift‘“ hervorgerufenen Erscheinungen nicht für etwas für den Ruhrbacillus Spezifisches, da er sie in gleicher Weise auch nach der Injektion anderer Bakterien auftreten sah. Dafür unterscheidet er aber zwei Meerschweinchengifte, ein leicht lösliches, das von Antitoxin gar nicht beeinflußt wird, und ein schwer lösliches, das durch Antitoxin neutralisiert wird. Das ‚„Meerschweinchengift“ besitzen nach Kruse auch die gift- armen Typen der Ruhrbacillen, da auf die Injektion dieser Bacillen auch Meerschweinchen mit den typischen Erscheinungen reagieren. 944 Orro Lentz, Nach der Ansicht von KrusE, SELTER, PFEIFFER & UNGERMANN sowie Bessau spielt das „Kaninchengift“ bei der menschlichen Ruhr var keine Rolle, weil beim ruhrkranken Menschen jegliche Lähmungs- erscheinungen fehlen, sondern lediglich das „Meerschweinchengift‘, das eieentliche Endotoxin, das nach Kruses Ansicht beim ruhrkranken Menschen die große Schwäche und Abmagerung hervorrufen soll. Kraus & Dörr, KoLLeE, HELLER & DE MESTRAL machen dagegen ge- rade das lösliche Kaninchengift für die schwere Prostration und die heftigen nervösen Erscheinungen verantwortlich, wie sie vornehmlich bei der Shiga-Kruse-Ruhr so häufig beobachtet werden. Die prompte Wirkung des antitoxischen Ruhrserums auf diese nervösen Symptome scheint der letzteren Ansicht Recht zu geben. DÖRR weist besonders auch darauf hin, daß gerade das lösliche Gift bei Kaninchen die für die menschliche Ruhr charakteristischen Darmerscheinungen her- vorruft. Nach Herrers Ansicht verursachen die löslichen Gifte vorzugs- weise nervöse Symptome, Lähmungen, Krämpfe und charakteristi- sche Veränderungen im Zentralnervensystem, während die Endotoxine vorzugsweise die Darmstörungen, Durchfälle und entzündliche Ver- änderungen der Darmschleimhaut hervorrufen. Auch DorTER, DÖRR, FLEXNER & SWEET, GUGGISBERGER und Karasawa sehen in den von ihnen festgestellten Veränderungen im Zentralnervensystem ruhrvergifteter Tiere den Ausdruck einer Toxin- wirkung. DoPrTEr fand bei Kaninchen, die nach intravenöser oder subkutaner In- jektion von Shiga-Kruse-Kultur oder -Toxin an schweren Lähmungen der Extremitäten erkrankt waren, in der Zervikal- und Dorsalanschwellung des Rückenmarks herdförmige Nekrose mit Degeneration der Ganglienzellen und mit Wucherung des Stützgewebes in der grauen Substanz der Vorderhörner. Er sieht hierin die ausgesprochenen Zeichen einer Poliomyelitis acuta.. Dem widerspricht jedoch KArRASsAwA, indem er darauf aufmerksam macht, daß bei den Ruhrveränderungen eins der wichtigsten Zeichen der Poliomyelitis, die kleinzellige Infiltration fehlt. DoPTER sah ferner nach Injektion von Ruhr- bacillen oder Ruhrtoxin in die Scheide großer Nerven in 7—8 Tagen eine ty- pische Neuritis mit Schwund der Nervenfasern und Proliferation des interstitiellen Gewebes sich ausbilden. DoERR sah wie DOPTER ausgedehnte Erweichungsherde im Zentralnerven- system seiner Versuchstiere, FLEXNER & SwEET fanden Blutungen im Gehirn und Rückenmark, GUGGISBERGER ebenfalls zahlreiche Blutungen in den Vorder- hörnern der grauen Substanz in Medulla oblongata und Rückenmark, sowie hoch- gradige Degeneration der Ganglienzellen. Auch KarasawA sah im Rückenmark seiner mit Ruhrtoxin vergifteten Kaninchen regelmäßig stark erweiterte Kapillaren und Blutungen in der grauen, seltener in der weißen Substanz. Damit ging Degeneration, Homogenisierung und Vakuolisierung an den Ganglienzellen einher. Oefter fand KarasawA an letz- teren auch endocelluläre Kanälchen, wie sie OBERSTEINER nach Radiumbestrah- lung und bei Lyssa der Kaninchen fand. Ein lebhafter Streit herrscht zurzeit noch über die Natur des Dysenterietoxins. CONRADI, NEISSER & SHIGA, VAILLARD & DoPTEr, FLExnEer & SwEET sehen in dem in ihren Autolysatfiltraten ent- haltenen, ‚ebenso Lüpke in dem nach der MacFapvznschen Methode und BEsREDKA in dem durch Zerreiben der Bakterien gewonnenen Gifte ein Endotoxin. Dieser Gedanke ist nach der Art der Gewinnung dieser Gifte der nächstliegende, um so mehr, als die genannten Autoren feststellen konnten, daß mit ihren Giftlösungen immunisierte Tiere in ihrem Blutserum Agglutinine und bakterizide Substanzen in derselben Stärke enthielten, wie mit Vollbakterien immunisierte Tiere. Dysenterie. 945 RosSENTHAL, Topp, Kreın, VAILLARD & DoPTER, LüpkE und pr Donna halten die in die Bouillonkulturfiltrate übergehenden lös- lichen Giftstoffe für Endotoxine und sehen in dem Vorgang des Ueber- tritts dieser Gifte in das flüssige Kulturmedium eine Auslaugung löslicher, in dem Bakterienprotoplasma enthaltener giftig wirkender Substanzen. Sie begründen diese Ansicht damit, daß 1) das gelöste Toxin erst in mehrere Tage alten Kulturen nachweisbar ist, in denen schon viele Bakterien abgestorben sind, 2) die nach der Injektion des gelösten Toxins auftretenden Erscheinungen bei den vergifteten Tieren genau dieselben sind, wie die durch die Injektion von lebenden oder abgetöteten Vollbakterien oder von Autolysat- bzw. Extrakt- filtraten ausgelösten, 3) ein durch die Immunisierung von Tieren mit Vollbakterien gewonnenes Serum schon in kleinen Mengen im- stande ist, die Wirkung des gelösten Toxins zu paralysieren und 4) ein mit gelöstem Toxin hergestelltes antitoxisches Serum bezüg- lich seines Gehaltes an Agglutininen und bakteriziden Substanzen sich durchaus nicht von einem mittels Vollbakterien gewonnenen Serum unterscheidet. Auch PFEIFFER & UNGERMANN weisen darauf hin, dab in jungen Shiga-Kruse-Kulturen nur sehr geringe Mengen ge- lösten Toxins vorhanden sind, während zu dieser Zeit die Vollbakterien schon stark giftig sind, daß aber auch die Filtrate älterer Kulturen und die Waschwasserflüssigkeit jüngerer Kulturen erst in vielfach höheren Dosen wirksam sind, als es der Dosis letalis abgetöteter Voll- bakterien entspricht. PFEIFFER hält daher die in Filtraten alter Ruhrkulturen nachgewiesenen Substanzen für Endotoxine, welche durch Autolyse freigeworden und zum Teil in ihrer chemischen Konstitu- tion stark verändert sind. Er läßt indessen die Möglichkeit offen, dal vereinzelt Ruhrstämme vorkommen, die echte Toxine sezernieren. Im Gegensatz zu den bisher genannten Autoren halten Kraus & Dörr sowie KoLLe, HELLER und NEUFELD das in Kulturfiltraten enthaltene, wie auch das bei der kurzdauernden Extraktion von Agar- kulturen mittels Kochsalzlösung in diese übergehende Gift für ein echtes sezerniertes Toxin, da es schon in jüngen Kulturen nachweis- bar ist, einen ausgesprochen antigenen Charakter hat und durch sein homologes antitoxisches Serum nach dem Enrrichschen Gesetz der Multipla neutralisiert wird. Von diesem Toxin unterscheiden sie streng das an die Bakterienzelle gebundene Endotoxin, das vom Bak- terienleib erst durch länger dauernde Extraktion mit destilliertem Wasser oder durch Autolyse getrennt werden kann. Dieses Gift, das ebenfalls für Kaninchen, Mäuse, Hunde, Katzen, Ziegen und Pferde, im Gegensatz zum sezernierten Toxin aber auch für Meer- schweinchen stark toxisch ist, beweist seinen Charakter als Endo- toxin dadurch, daß es durch ein antitoxisches Dysenterieserum nicht nach dem Gesetz der Multipla, sondern erst durch sehr viel höhere Serumdosen neutralisiert wird. Nur in einem Punkte weichen diese Endotoxine von dem uns bekannten Verhalten anderer Endotoxine, denen des Choleravibrio und des Typhusbacillus, ab, man kann mit den Ruhrendotoxinen antitoxische Sera gewinnen, die auch das lösliche Ruhrtoxin, wenn auch nur in großen, nicht dem Gesetz der Multipla gehorchenden Dosen (HELLER) zu neutralisieren imstande sind. Korte erklärt dieses den bisherigen Erfahrungen widersprechende Verhalten der Ruhrendotoxine damit, daß sie die Summe der den Bakterienleib zusammensetzenden Protoplasmasubstanzen darstellen, also auch eine Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. IIT. 60 946 Orrto LENTZ, sewisse Menge des löslichen Toxins enthalten müssen, das ja in der Bakterienzelle gebildet sein muß, ehe es von -ihr ausgeschieden werden kann. Einen weiteren Unterschied zwischen dem Ruhrtoxin und den Endotoxinen sehen Kraus & Dörr darin, daß nach Injektion der letz- teren, ebenso wie nach Impfung mit den Ruhrbacillen bei den Ver- suchstieren die Erscheinungen der Anaphylaxie ausgelöst werden können, während nach Injektion des Ruhrtoxins eine spezifische Ueberempfindlichkeit nicht auftritt. Kruse hält eine so strenge Scheidung zwischen löslichem Toxin und an die Bakterienzelle gebundenem Endotoxin für verfrühe. Seiner Ansicht nach ist es bisher nicht erwiesen, daß die löslichen (sog. echten) Toxine ausschließlich von den lebenden Bakterien sezerniert werden, noch, daß die sogenannten Endotoxine nur durch Zugrunde- gehen der Bakterien frei werden. Bei seinen Untersuchungen über das Dysenterietoxin hat er gesehen, daß im Meerschweinchenperitoneum das für diese Tierart lediglich giftige Dysenterie-Endotoxin in großen Mengen aus den lebenden und sich lebhaft vermehrenden Bacillen frei wurde, ohne dab ein Absterben von Bacillen zu konstatieren war. Dieser letzteren Behauptung Kruses steht aber die vom Verf. ge- machte Beobachtung entgegen, daß bei normalen Meerschweinchen, auch wenn ihnen eine mehrfach tödliche Dosis lebender Shiga-Kruse- Kultur intraperitoneal injiziert wird, stets zunächst eine erhebliche Verminderung und erst nach einiger Zeit eine enorme Vermehrung der injizierten Bakterien eintritt. Diese Verminderung der Bakterien iso schon wenige Minuten nach ihrer Injektion deutlich erkennbar und außer durch eine lebhafte Phagocytose auch durch eine Auflösung der Bacillen bedingt, wofür die im Peritonealexsudat vorhandenen Granula sprechen. Die Vermehrung der Bacillen ist stets erst einige Stunden nach der Injektion wahrzunehmen, nimmt dann aber schnell zu. Gleichwohl kann aber Verf. Kruse darin nur zustimmen, daß es ihm noch nicht an der Zeit zu sein scheint, schon heute eine so scharfe Trennung zwischen löslichen Toxinen und Endotoxinen vor- zunehmen. Die Untersuchungen über diese schwierige Frage sind nach langer Pause erst vor kurzem, nicht zuletzt durch die verdienst- vollen Arbeiten der oben genannten Autoren, wieder in Fluß ge- kommen. Es harren aber noch so viele Einzelfragen der Beantwortung, dab es ratsamer erscheint, zunächst genügendes Tatsachenmaterial herbeizuschaffen, als die Lösung dieses doch mehr akademischen Teils der ganzen Toxinfrage zu überstürzen. Die praktische Seite dieser Frage ist ja für die Shiga-Kruse-Ruhr heute bereits durch die Gewin- nung des antitoxischen Ruhrserums in allgemein anerkannter Weise gelöst worden. Immunität. Zu der Zeit, in die die Entdeckung der Ruhrbacillen fiel, waren unsere Kenntnisse über die Immunitätserscheinungen bei den verschie- densten Infektionskrankheiten durch eine große Zahl von Arbeiten, die sich an die grundlegenden Untersuchungen der Kocuschen und Pasteurschen Schule anschlossen, bereits so erheblich gefördert worden, daß es nicht wunder nehmen konnte, daß die bei Diphtherie, Dysenterie. 947 Tetanus, Cholera, Typhus, Pest und anderen Krankheiten gemachten Erfahrungen beim Studium der neuentdeckten Mikroben sofort weitest- gehende Anwendung fanden. Sprach doch vieles dafür, daß auch das Ueberstehen der epidemischen Ruhr einen hohen Grad von Immuni- tät hinterlasse. Einen mächtigen Ansporn erhielten diese Studien dadurch, daß schon bald nach der Entdeckung der Ruhrbacillen die auf die Gewinnung eines Heilserums abzielenden Untersuchungen recht ermutigende Resultate aufwiesen. Aber auch die Schwierigkeiten, die sich, wie erwähnt, den Bestrebungen entgegenstellten, die im natür- lichen System einander so nahestehenden verschiedenen Typen der Ruhrbacillen mit Sicherheit zu differenzieren, regten immer wieder von neuem zu einem eingehenden Studium der Immunitätsreaktionen bei der Dysenterie an. Agglutination. Schon SHica und Kruse gelang es, nachzuweisen, daß das Blut- serum vieler der von ihnen untersuchten Kranken den von ihnen ent- deckten Bacillus noch in oft recht hohen Verdünnungen agglutinierte, während das Blutserum von Gesunden oder an anderen Krankheiten Leidenden diese Fähigkeit nicht besaß. Allerdings war die Agglu- tinationsreaktion bei Leichtkranken sowie bei schweren, infausten Fällen nur schwach oder gar nicht vorhanden (Smıca). Diese An- gaben über die Agglutinationsfähigkeit des Kranken- und Rekon- valeszentenserums wurden zunächst für den Shiga-Kruse-Bacillus, dann aber auch für die giftarmen Typen der Ruhrbacillen von allen Nachuntersuchern bestätigt. Da indessen die Agglutinationsreaktion im Blutserum der Ruhrkranken verhältnismäßig spät auftritt, höhere Werte erst in der Rekonvaleszenz erreicht (SmiGa, PrunrL, (oNRADI u. a.) und bei alten Leuten bisweilen ganz ausbleiben kann (Rurrer & WILLMORE), so hat sie für die Diagnose der akuten Erkrankung nicht die hohe Bedeutung wie die Wıvarsche Reaktion für die Früh- diagnose des Typhus, zumal schon in den ersten Tagen der Erkrankung wie auch während ihres ganzen akuten Stadiums die Sicherstellung der Diagnose durch den Nachweis der Krankheitserreger in den typischen blutig-schleimigen Dejektionen leicht gelingt, so daß wir hier eines Hilfsmittels für den indirekten Nachweis des Infektions- erregers entbehren können. Letzterer kann aber von Bedeutung sein, wenn es sich darum handelt, bei einem Rekonvaleszenten festzu- stellen, ob es sich bei der abgelaufenen Krankheit um epidemische Ruhr gehandelt hat. Das Blutserum von Gesunden agglutiniert den Shiga-Kruse-Ba- cillus entweder überhaupt nicht oder nur in sehr geringen Ver- dünnungen, 1:20 (PruHrL) bis 1:40 (FÜrTH), die giftarmen Typen dagegen mitunter noch bis zur Verdünnung 1:50 bis 1:80 (FÜrTH für den Flexner-Bacillus). Das Serum gesunder Kinder soll nach Fıs# Ruhrbacillen überhaupt nicht agglutinieren. Es kann daher als be- weisend für das Vorliegen einer bacillären Dysenterie die Agglutination des Shiga-Kruse-Bacillus durch ein Kranken- oder Rekonvaleszenten- serum in einer Verdünnung von wenigstens 1:50 (Kruse, PFunt, PırsgurG, FÜRTH) und die des Flexner- und Y-Bacillus nach den Er- fahrungen von LEntz, Honn und FÜrTH in einer Serumverdünnung von wenigstens 1:100 angesehen werden. Stets muß nur ein ver- dächtiges Serum mit allen in Betracht kommenden Krankheits- 60* 948 Orrto Lentz, erregern bis zum Endtiter ausgewertet werden. In der Regel wird dann der höchste Serumtiter auch dem tatsächlichen Krankheits- erreger entsprechen. Eine gleich starke Agglutination von Shiga- Kruse- und Flexner-Bacillen fand nur Tmomas, und für Shiga-Kruse-, Flexner- und Y-Bacillen (je 1:1000) KrÄcEL in je einem Rekon- valeszentenserum nach einer Shiga-Kruse-Ruhr. Auch die sogenannte paradoxc Reaktion scheint beim ruhrkranken Menschen sehr selten zu sein. Nur Homn, KrÄgEL und PacHnto sahen sie bei einigen Seris von Shiga-Kruse-Ruhrkranken. Honn und KrÄceL fanden wäh- rend der Essener Ruhrepidemie bei mehreren Krankenseris eine Agglu- tination der Shiga-Kruse-Bacillen in der Verdünnung 1:30, während gleichzeitig Flexner- und Y-Bacillen bis 1:100 agglutiniert wurden. Ein Serum agglutinierte die ersteren bis 1:300 und gleichzeitig die letzteren bis 1:1000, während im Stuhl des Kranken nur Shiga- Kruse-Bacillen sich fanden. PacHnto fand unter 4 Shiga-Kruse- Krankenseris vom Titer 1:100 zwei, die auch den Flexner-Bacillus bis 1:200 mitagglutinierten, den Y-Bacillus dagegen unbeeinflußt ließen. Honn ist auf Grund seiner Beobachtungen der Ansicht, daß man bei der Untersuchung eines Krankenserums eine Agglutination von Flexner- und Y-Bacillen selbst in der Höhe von 1:100 als Neben- agglutination ansehen und vernachlässigen darf, wenn gleichzeitig Shiga-Kruse-Bacillen in der Verdünnung 1:50 und darüber agglu- tiniert werden, daß sie dagegen beweisend für das Bestehen einer Flexner- oder Y-Ruhr ist, wenn sie allein auftritt. Serum von Flexner- und Y-Dysenterie-Kranken oder -Rekon- valeszenten läßt nämlich den Shiga-Kruse-Typ fast ganz unbeeinflußt (JÜRGENS, AucHkE & CamPpanA, LENTZz, Honn, KräÄceL). Dagegen agglutinieren Sera von Flexner- und Y-Ruhr-Kranken und -Rekon- valeszenten nicht selten sowohl den Flexner- wie den Y-Bacillus in gleicher Weise, so daß es dann unmöglich ist, aus der Reaktion des Kranken- bzw. Rekonvaleszentenserums eine Differentialdiagnose zwischen diesen beiden Ruhrarten zu stellen. Der Nachweis der Bacillen, der bei den Kranken unschwer gelingt, hilft hier aber über etwa entstehende Schwierigkeiten hinweg. Der CasterLLanısche Ver- such gibt nach Kruse, RITTERSHAUS, Kemp & METZ bei Ruhrkranken- und -rekonvaleszentenseris kein klares Resultat und kann daher nicht zur Differentialdiagnose herangezogen werden. Hohn und KrÄGEL, die einige Shiga-Kruse-Krankensera nach der CASTEL- LanIischen Methode untersuchten, sahen, daß Shiga-Kruse-Bacillen aus ihnen auch die für den Flexner- und Y-Bacillus spezifischen Agglutinine herausnahmen, dagegen Flexner- und Y-Bacillen die für Shiga-Kruse-Bacillen spezifischen Ag- glutinine daraus nicht entfernen konnten. Die starke Mitagglutination, die heterologe Bakterien durch das Blutserum von Ruhrkranken und -rekonvaleszenten erfahren, macht solches Serum gänzlich ungeeignet zur Differenzierung oder Iden- tifizierung der Ruhrbacillen, worauf schon Marrını & Lentz nach- drücklich hingewiesen haben. Hıss & Russen sowie Duvar führen an, daß das Blutserum von Y-Dysenteriekranken den Typhusbacillus hoch mitagglutiniert. Es scheint sich hier indessen um ein nur seltenes Vorkommnis zu handeln ; wenigstens konnte Verf. und ebenso KuHNn, GILDEMEISTER & WOoITHE es niemals und FÜRTH nur 3mal feststellen. Bei Mischinfektionen mit 2 Typen der Ruhrbacillen werden beide Krankheitserreger vom Dysenterie. 949 Krankenserum hoch agglutiniert; in den von Gay & Devar und JEHLE & ÜHARLETON beobachteten Fällen von Mischinfektion mit Shiga-Kruse- und Flexner-Bacillen wurden beide Typen gleichmäßig bis zur Serumverdünnung 1:100 agglutiniert. 2 Im Verlauf der Krankheit und besonders in der Rekonvaleszenz kann das Serum der Patienten recht beträchtliche Agglutinations- werte erreichen, Werte von 1:500—1:1000 sind hier keine Selten- heit (Kruse, Lüpke, RAUTENBERG, LENTZ, LIEFMANN & NIETER u. a.). In der Rekonvaleszenz sinkt der Serumtiter schnell ab. So fand Lösener 5—10 Monate nach Ablauf der Shiga-Kruse-Dysenterie nur noch Werte von 1:20—1:50. Bei der Hagenauer Ruhrepidemie (Y-Ruhr) wurde mehrfach bei Rekonvaleszentenseris ein Absinken des Agglutinationstiters von 1:500 auf Null innerhalb 14 Tagen be- obachtet. Auch MacaLIsTEr stellte ein schnelles Absinken des Agglu- tinationstiters bei den meisten seiner Ruhrrekonvaleszenten fest. Lucnscnh sah, daß auch bei Chronischkranken die Agglutinations- reaktion ihres Serums erheblich herabgeht. Doch veranlassen hier Rezidive stets wieder ein Ansteigen des Titers zum Teil auf recht beträchtliche Werte, 1:200—1:500 (LEnTz, Nesrı & Pane, Küster, MACALISTER). Ganz ähnliche Schwankungen des Agglutinationstiters, die sich teils an Störungen des Befindens anschlossen, teils aber auch sich einstellten, ohne daß die geringsten Krankheitserscheinungen wahrgenommen wurden, wurden auch während der Hagenauer Epi- demie bei chronischen Ruhrbacillenträgern beobachtet, bei einem ganz sesunden Manne sogar 5mal während strenger Beobachtung im La- zareti. Auch ım Blutserum von Tieren, die künstlich gegen die verschie- denen Typen der Ruhrbacillen immunisiert werden, bilden sich spezi- fische Agglutinine, während das Serum normaler Tiere nur geringe Mengen von Ruhragglutininen enthält (SuiGa, BERGEY). LÜDKE, der an Kaninchen die Agglutininbildung genau verfolgt hat, sah, daß sich an die Injektion von Ruhrbaeillen zunächst eine 2—3-tägige Latenz- periode anschließt, sodann nimmt der Agglutiningehalt des Blutserums schnell zu, erreicht am 10. Tage sein Maximum und sinkt darauf in wenigen Tagen auf einen mittleren Wert ab. Nach 6 Monaten waren in der Regel die Agglutinine aus dem Blutserum wieder gänzlich verschwunden. Bei der künstlichen Immunisierung mit einem Ruhrbacillentyp bilden sich im Serum der Versuchstiere neben den Hauptagglutininen, welche den homologen Stamm beeinflussen, Nebenagglutinine, welche auch die heterologen Ruhrtypen agglutinieren und so den Wert des betreffenden Serums als differentialdiagnostisches Mittel mehr oder weniger herabsetzen können. Diese Bildung der Nebenagglutinine ist je nach der Tierart verschieden. So bilden Pferde besonders hohe Nebenagglutinine, speziell für die giftarmen Typen der Ruhrbacillen, Die Folge davon ist, daß, wie Gay sah, ein Shiga-Kruse-Pferde- immunserum den Flexnerbacillus ebenso hoch agglutinieren kann, wie den Shiga-Kruse-Bacillus. Pferdeserum kann daher nicht zur Ruhr- Differentialdiagnose verwandt werden (PARK, CoLLINSs & GOODWIN, Smica). Besser eignen sich zur Herstellung agglutinierenden Ruhr- serums Hammel (Kruse), Ziegen (Marrını & LEntz) und vor allem Kaninchen (Snıca, Lextz), da diese Tiere nur geringe Mengen von Nebenagglutininen bilden. 950 Orro LeEnTz, Während bei der Immunisierung von Kaninchen, Ziegen und Hammeln mittelst des Shiga-Kruse-Bacillus nie Nebenagglutinine in einer die Beurteilung des Agglutinationsresultats auch nur im ge- ringsten störenden Menge auftreten, können bei der Immunisierung mit einem der giftarmen Typen der Ruhrbacillen solche für die übrigen giftarmen Typen in beträchtlichem Maße gebildet werden (Hıss & Russen, Park und seine Mitarbeiter, Kruse, LENTZ, SHIcA u. a.). Ueber die sich hieraus ergebenden differentialdiagnostischen Schwierig- keiten cf. das Kapitel ‚„Differentialdiagnose. Wie hier durch die Bildung von (heterologen) Nebenagglutininen, so kann andererseits durch die abnorme Steigerung einer (ebenfalls heterologen) Agglu- tinabilität von Nicht-Ruhrbacillen für Ruhrserum die exakte Diagnose erschwert und geradezu irregeleitet werden. So beschreibt KONRICH einen anscheinend in die Ruhrgruppe gehörigen unbeweglichen Bacillus, den er aus dem Stuhl eines Dragoners züchtete, welcher ein halbes Jahr zuvor eine Shiga-Kruse-Ruhr durchgemacht hatte. Dieser Ba- eillus (D.H.) verhielt sich kulturell wie ein Flexner-Bacillus, bildete auch Indol, wurde jedoch von Flexner-Serum nicht wesentlich beeinflußt; dagegen zeigte er eine auffällig hohe Agglutinabilität gegenüber Shiga-Kruse-Serum 1: 10000, die sogar den Titer des Serums gegen den homologen Stamm 1: 3000 ganz er- heblich übertraf. Ein mit dem D.H.-Stamm hergestelltes Kaninchenimmun- serum agglutinierte den Stamm D.H. bis 1: 20000, einen echten Shiga-Kruse- Stamm jedoch nur bis 1: 3000. Während in diesem Falle immerhin die Möglichkeit nicht ganz von der Hand zu weisen ist, daß es sich bei dem Stamm D.H. um einen atypischen Shiga-Kruse-Stamm gehandelt haben mag (ein Analogon existiert allerdings. bisher hierzu nicht), betreffen einige weitere Mitteilungen Bakterien, welche gar nicht einmal in die Ruhrgruppe gehören. Zunächst fanden DuvaL & SHORER in Ruhrstühlen neben echten Ruhrbacillen alkalibildende Colistämme, die von Ruhr- serum hoch mitagglutiniert wurden. Ferner teilten Kuun & WoıTHE mit, daß. sie aus dem Stuhl eines Ruhrkranken neben einem Flexner *)-Bacillus ein Bact. coli und einen Streptococcus gezüchtet hätten, die beide von Flexner-und Y- Serum, wie auch von verschiedenen Dysenteriekrankenseris annähernd ebenso- hoch agglutiniert wurden wie der Ruhrstamm selbst. Auch mit den 3 Stämmen hergestellte Immunsera agglutinierten alle 3 Stämme annähernd in gleicher Weise. Iı einer weiteren Arbeit über diese Stämme teilen KUHN, GILDEMEISTER & WOoITHE mit, daß sie im weiteren Verlauf jener Epidemie bei 6 Ruhrkranken und 2 anscheinend Gesunden in der Umgebung der Kranken noch insgesamt 11 Colistämme gefunden hätten, die sämtlich vom Flexner- und Y-Serum hoch agglutiniert wurden, wenn auch nicht bis zur Titergrenze der Sera. Bei allen nahm diese Agglutinabilität allmählich ab, so daß nach Verlauf von 2 Jahren sämtliche Stämme, auch die beiden zuerst von KuHn & WOoITHE gefundenen, segenüber den Ruhrseris inagglutinabel geworden waren. Es hatte sich also nur um eine vorübergehende Erscheinung gehandelt. KUHN, GILDEMEISTER & WoITHE schlagen für sie die Bezeichnung „Paragglutination“ vor. Da sie nur während der Dauer der Ruhrepidemie, nicht aber nach deren Erlöschen bei den betreffenden Personen die paragglutinablen Stämme fanden, nehmen sie an, daß diese Paragglutinabilität durch den Krankheitsprozeß selbst bedingt ge- wesen sei. Sie glauben, daß diese Erscheinung diagnostische Bedeutung haben kann. In einer weiteren Arbeit berichten sie, daß sie solche paragglutinablen Stämme auch bei gesunden Kaninchen gefunden haben. Endlich berichtet Busson, daß er im Wasser eines Brunnens ein zur Coli- Gruppe gehöriges nun Befunden habe, das von Flexner-Dysenterieserum : 10 00K außerordentlich hoch (a ) agglutiniert wurde und dessen homologes künst- liches I R ı = ER 1: 10.000 j 5 . mmunserum den Flexner-Stamm gleichfalls stark Ferm mitagglu- tinierte. *) Tatsächlich handelt es sich um einen Y-Bacillus. Der Fall gehörte zu derselben Epidemie, der auch der vom Verf. erwähnte schwer agglutinable Y- Stamm (vgl. S. 933—934) entstammte. Dysenterie. 951 Ein Versuch von KUHN, GILDEMEISTER & WoLTHE, Colistämme dadurch künstlich paragglutinabel zu machen, daß sie sie mehrfach Kaninchen intra- venös injizierten, die sie hoch gegen Dysenteriebacillen immunisiert hatten, ergab nur einmal ein insofern unbefriedigendes Resultat, als ein Colistamm, der vorher vom Ruhrserum nicht agglutiniert worden war, hinterher von einem solchen Serum bis 1:200, bis zur gleichen Höhe aber auch von normalem Kaninchen- serum agglutiniert wurde. Dagegen gelang es KEYSSER*), der auf Veranlassung des Verf. derartige Versuche ausführte, dadurch Colistäimmen eine hohe Paragglutinabilität für Flexnerserum anzuzüchten, daß er sie längere Zeit in Extrakten oder bakterien- frei gemachten alten Bouillonkulturen von Flexnerbaeillen wachsen ließ. SHIGA stellte in einem agglutinierenden Immunserum, das 2 Jahre lang mit Karbol versetzt aufbewahrt worden war, ein Sinken des Agglutinationstiters fest, das dadurch bedingt war, daß, im Sinne EnrLicHs ausgedrückt, ein Teil des Agglutinins durch Verlust der zymophoren Gruppe in Proagglutinoid (syn. Agglutinoid EIsENBERG & Vork, Agglutinophor BaıL) übergegangen war. Die gleiche Um- wandlung des Agglutinins konnte SHıca auch durch Erwärmen auf 65° C, längeres Belichten oder Behandeln des Serums mit Chloro- form bewirken. Der Verlust agglutinierender Ruhrsera an wirksamen Agglu- tininen ist übrigens nur ein geringer und langsamer, wenn die Sera zweckmäßig aufbewahrt werden. Dem Verf. hat es sich bewährt, mit Karbol (0,3—0,5 Proz.) versetzte Sera bei Zimmertemperatur, nicht im Eisschrank, aufzubewahren; auch das Trocknen der Sera in einem Vakuumapparat, Einschmelzen in Röhrchen aus dunklem Glas und Aufbewahren im Eisschrank oder bei Zimmertemperatur kann Verf. empfehlen. Nach diesen beiden Methoden konserviertes Ruhrserum hat sich jahrelang unverändert wirksam erhalten. Betreffend die Ausführung der Agglutination der Ruhrbacillen ist zu bemerken, daß die Agglutination im hängenden Tropfen und ihre Beurteilung mittelst der mikroskopischen Betrachtung mehr noch als beim Typhusbacillus und Choleravibrio geeignet sind, zu Trug- schlüssen zu verleiten,, weil die Ruhrbacillen und die ihnen ver- wandten Mikroorganismen große Neigung haben, in kleinen Häufchen zusammenzuklumpen. Vor der mikroskopischen Beurteilung der Agglu- tination von Ruhrbacillen kann daher nur gewarnt werden. Man kann sie auch vollständig entbehren, weil bei der Anstellung der Reaktion im Reagenzglase in fallenden Serumverdünnungen (s. u.) schon die makroskopische Betrachtung der Agglutinationsproben gar keinen Zweifel darüber läßt, bis zu welcher Serumverdünnung die Reaktion als positiv anzusehen ist. Für die Agglutination der Ruhrbacillen im hängenden Tropfen ist auch die Beobachtung Prunrs von Wichtig- keit. daß bei Einsaat zu großer Bakterienmengen die Agglutination ausbleiben kann. Paur empfiehlt weiterhin eine andere Methode der Agglutination, bei der er die Serumverdünnungen in Blockschälchen mit den gleichen Mengen Bacillenkultur versetzt und die Präparate nach einstündigem Aufenthalt im Brutschrank mit schwacher Ver- größerung unter dem Mikroskop betrachtet. Conrapr mischt in Uhr- schälchen gleiche Teile der Serumverdünnung und einer Aufschwem- mung einer Agarkultur von Ruhrbaeillen in Kochsalzlösung und be- trachtet nach 20 Minuten. Marrını & Lentz empfehlen die Agglu- tination im Reagenzglase und ihre makroskopische Beurteilung. Sie *) Noch nicht veröffentlicht. 952 Orro LENnTz, schwemmen je 1 Oese (=2 mg) 20-stündiger Agarkultur in 1 ccm der mit physiologischer Kochsalzlösung hergestellten Serumver- dünnungen auf, verbringen die Röhrchen für 20—24 Stunden in den Brütschrank und untersuchen sie nach kurzem, kräftigem Schütteln. Letzteres ist notwendig, da auch verwandte Bakterien Neigung zum Zusammenballen haben und so Agglutination vortäuschen können, Durch das Schütteln werden derartig zusammengeklumpte Bakterien aber wieder gleichmäßig verteilt, während echte Agglutinationshäuf- chen nicht zerstört werden. Man sieht dann in der Regel bis zu einer bestimmten Serumverdünnung noch deutliche, mit bloßem Auge er- kennbare Agglutinationshäufchen, während in der nächsten Serumver- dünnung entweder gar keine oder nur noch ganz kümmerliche Flöck- chen zu erkennen sind; diese Grenze pflegt bei der makroskopischen Ruhragglutination ganz scharf erkennbar zu sein. Auch Dörr und Herscn empfehlen diese Methode der Agglutinationsprüfung, die heute wohl fast allgemein zur Anwendung kommt. Kontrollen mit normalem Serum derselben Tierart, von der das agglutinierende Serum stammt, sowie mit der zur Verdünnung des Serums dienenden 0,85-proz. Koch- salzlösung sind in jedem Falle unerläßlich. Die Agglutinabilität der Ruhrbacillen ist sehr verschieden stark. Selbst innerhalb einer Epidemie findet man neben leicht agglutinablen schwer agglutinable Stämme. Ganz besonders gilt dies vom Y-Typ (Lentz, OÖ. Mayer) und vom Shiga-Kruse-Typ (PacHnio), dürfte aber auch bei den anderen Typen vorkommen. Mehrfache Ueberimp- fung auf gebräuchlichen Nährböden ist geeignet, die Agglutinabilität schwer agglutinabler Ruhrstämme zu steigern (LENTZ). ALMAGIA konnte umgekehrt durch Züchtung von Shiga-Kruse-Stämmen in ge- kochter Greelatine ihre Agglutinabilität nach und nach .herabsetzen. Es beruhte das wohl darauf, daß einzelne Individuen in solchen Kul- turen gänzlich inagglutinabel waren; denn als er aus einer solchen Grelatineplatte eine aufgefaserte Kolonie abstach, gewann er eine vollständig inagglutinable Kultur, die auch nicht wieder agglutinabel wurde und bei der Immunisierung eines Kaninchens ein für normal agglutinierende Shiga-Kruse-Kultur sehr schwach agglutinierendes Serum lieferte. Ebenso sah Amaro, daß die Züchtung von Ruhr- bacıllen in homologem Immunserum ihre Agglutinabilität dauernd herabsetzt, und daß mit derart veränderten Ruhrbacillen erzeugte Immunsera zwar unbehandelte Ruhrbacillen gut agglutinieren, nicht jedoch ihre (veränderten) homologen Stämme. PARK & ÜCOLLINS sowie MARSHALL & Kxox sahen, daß Flexnerbaecillen, die sie in Bouillon züchteten, der sie 15 Proz. Flexner-Immunserum zugesetzt hatten, ihre Agglutinabilität und gleichzeitig auch ihre Fähigkeit verloren hatten, aus einem Flexner-Serum die spezifischen Agglutinine zu entfernen. Korıe, HELLER & DE Mestrar sahen, daß die Agglutination’ der Ruhrbacillen bei 50° stärker war als bei 37°. Vergleichende Unter- suchungen über die Agglutinabilität verschiedener Ruhrstämme bei 37° und 55°, die Omıra unter Leitung des Verf. ausführte, ließen. einen agglutinationssteigernden Einfluß der höheren Temperatur je- doch nicht erkennen. Zu dem gleichen Resultat kam auch Konxrich; dieser sah sogar in einigen Fällen, daß die Agglutination des Shiga- Kruse-Bacillus bei Zimmertemperatur ein wenig höher ging als bei höheren Temperaturgraden. Er bestätigt auch die Angabe von MaRr- rını & Lentz, daß die Agglutination des Shiga-Kruse-Bacillus erst Dysenterie. 953 in etwa 20 Stunden bis zur Titergrenze eintritt; für den Flexner- Bacillus konnte er, ebenso wie HEINEMANN, feststellen, daß die Asslu- tination bereits in 6 Stunden vollständig abläuft. Bei Gelegenheit der Hagenauer Ruhrepidemie wurde beobachtet, daß die Agglutination von Y-Bacillen durch Y-Serum oft gar schon in 10 Minuten, längstens aber in 2 Stunden beendet war, während sie im Flexner-Serum frühestens in 2, meist aber erst nach 4—24 Stunden in den stärkeren Serumverdünnungen deutlich war. Jedenfalls muß die von Prunr und Coxrapı empfohlene Unter- suchung der Agglutinationsproben des Shiga-Kruse-Bacillus nach ein- bzw. 1/,-stündigem Aufenthalt im Brütofen als ganz unzweckmäßig bezeichnet werden, da alsdann der Agglutinationsprozeß noch nicht abgelaufen ist, besonders, wenn die Präparate während der Zeit in vollständiger Ruhe sich befunden haben. Der Prozeß wird nämlich dadurch erheblich beschleunigt, daß man die Bakterien-Serum-Auf- schwemmung sei es im hängenden Tropfen oder im Schälchen, sei es im Reagenzglase, in leicht pendelnde Bewegung versetzt; man kann dann, wenn die Bildung kleinster Häufchen einmal begonnen hat, das schnelle Wachsen der Flöckchen sehr deutlich wahrnehmen (Lexzz). Lucas, FITZGERALD & SHORER wollen mit Ruhrserum und Ruhrkulturen auch die von BORDET & Gay und STRENG beschriebene spezifische Kon- glutinationsreaktion erhalten haben und schreiben ihr besonders für den Flexner- Bacillus eine hohe diagnostische Bedeutung zu. Eine vom Verf. gemeinsam mit TELLO*) ausgeführte Nachuntersuchung ergab das gleiche Resultat, wie es SPÄTH bei Versuchen an Typhus-, Diphtherie- und Tuberkelbaeillen und Cho- leravibrionen erhalten hatte, daß nämlich, wenn aus dem zur Konglutination benutzten inaktivierten normalen Rinderserum wirklich alle Ruhragglutinine absor- biert worden waren, die Zusammenballung der Ruhrbakterien nur bis zu den Ruhrserumverdünnungen erfolgte, in denen das Ruhrserum allein die Bakterien agglutinierte. Es scheint demnach kein Grund für die Annahme von besonderen komplexen Immunkörpern, die die Konglutination bewirken, vorhanden, viel- mehr dies vermeintlich neue Phänomen mit der Agglutination identisch zu sein. Präzipitation. Auch Präzipitine sind in Dysenterieimmunseris vorhanden; sie sind indessen stets nur ın schwach verdünnten Seris nachweisbar (DePTER, CoynE & AucHE, ROSENTHAL, LÜDKE). Deshalb tritt auch ihre Spezifizität gegenüber derjenigen der Agglutinine zurück. Dor- TER vermißte überhaupt einen Unterschied im Verhalten der ver- schiedenen Ruhrbacillen im Präzipitinversuch, während er Coyne & AvcHk so gering erschien, daß sie ‘die Präzipitinreaktion als un- brauchbar für die Differenzierung der Ruhrbacillen erklärten. Eın deutlich spezifisches Verhalten im Präzipitinversuch konnte dagegen Lüpr: beobachten, wenn auch er die Unterschiede entsprechend den geringen Serumverdünnungen, in denen Präzipitinwirkung noch er- kennbar war, nur gering fand. LüÜpke sah auch, daß die Präzipitin- bildung ausbleibt, wenn entweder das Immunserum oder die präzi- pitogene Substanz, besonders bei Verwendung von Bouillonkultur- filtraten, vor Änsetzen des Versuchs erwärmt wurden. ROSENTHAL sah ferner Präzipitinwirkung beim Mischen seines antitoxischen Serums mit Ruhrtoxin. *) Noch nicht veröffentlicht. 954 Orrto LenTz, Auf die Bildung von Präzipitaten glaubt KorscHun seine Beobachtungen über einen eigentümlichen Antagonismus zwischen normalen und Dysenterie- seris zurückführen zu sollen. Er sah, daß ein bakterizides Dysenterieserum imstande ist, die homologen Dysenteriebacillen gegen die bakterizide Kraft normalen Serums zu schützen; Typhusserum hat diese Fähigkeit gegenüber Dysenteriebacillen nicht, sondern nur gegenüber Typhusbaeillen, bei denen wieder Dysenterieserum unwirksam ist. Da er glaubt, eine Komplementablenkung als wirksames Moment ausschließen zu können, es aber andererseits bekannt ist, daß bei der Präzipitatbildung Komplemente in die Verbindung hineingerissen werden, so nimmt er an, daß die beim Mischen von spezifischem Dysenterie- serum mit einer Aufschwemmung von Dysenteriebacillen entstehende Präzipitat- bildung an dieser eigenartigen Schutzwirkung des bakteriziden Dysenterieserums schuld ist, Bakterizide Substanzen. Normale Sera besitzen gegenüber dem Shiga-Kruse-Bacillus nur geringe bakterizide Wirkung. Kruse und Gay fanden, daß normales Menschenserum gegenüber virulenter Kultur in vitro wirkungslos war, abgeschwächte Kultur jedoch zur Auflösung brachte. BÜRGERs konnte sowohl im Serum Erwachsener wie auch Neugeborener bakterizide Substanzen für Ruhrbacillen nachweisen, das Serum der letzteren war aber schwächer als das der ersteren. SHıGA prüfte die bakterizide Kraft normalen Menschen-, Pferde-, Rinder-, Hunde-, Meerschwein- chen-, Kaninchen-, Ziegen- und Hammelserums. Nur die beiden letzt- genannten Serumarten waren imstande in Mengen von 0,3 bei 3-stün- diger Einwirkung 1/;oo mg Ruhrbacillenagarkultur abzutöten. Der Nachweis bakterizider Kräfte im Ruhrimmunserum gelingt dagegen leicht. Smica stellte die Versuche nach dem Vorbilde von NEISSER & WECHSBERG im Reagenzglase an, derart, daß er inaktives Pferdeimmunserum, dem er aktives normales Serum des Menschen und verschiedener Tierarten zugesetzt hatte, mit Ruhrbacillen ver- setzte und nach 3-stündiger Einwirkung des Serums mit dieser Auf- schwemmung Kulturen anlegte. Er konnte dabei konstatieren, daß in den mit Pferdeimmunserum und normalem aktivem Menschen- serum beschickten Röhrchen die Ruhrbacillen abgetötet waren. Auch Moses empfiehlt den bakteriziden Reagenzglasversuch, der ihm sehr gleichmäßige Resultate gab. Kruse impfte Ruhrbacillen in einen hängenden Tropfen von Blutserum gesunder Menschen, dem er auf etwa tausend Teile ein Teil seines von immunisierten Pferden oder Eseln gewonnenen Ruhr- serums hinzugefügt hatte, welch letzteres vorher durch Erwärmen auf 55° inaktiviert worden war; er konnte dann unter dem Mikroskop verfolgen, wie die Ruhrbacillen in wenigen Stunden ihre Form ver- änderten, aufquollen, sich auflösten und schließlich mit Zurücklassung spärlicher körniger Reste ganz verschwanden. Das den Versuchen der beiden Forscher Gemeinsame ist der wichtige Nachweis, daß das durch Immunisierung mit Ruhrbacillen beim Pferde gewonnene bakterizide Immunserum im normalen Menschenblute passende Komplemente findet. Eine sehr energische Auflösung der Ruhrbacillen konnte Ver- fasser beobachten, wenn er Meerschweinchen, die er sehr vorsichtig durch subkutane Injektionen kleiner abgetöteter Bakterienmengen gegen Ruhr immunisiert hatte, lebende Ruhrbacillen intraperitoneal ıinjizierte. Die Bakterien quollen auf und lösten sich in Granula auf. Nach 3—4 Stunden waren keine unveränderten Bacillen mehr im Peritonealexsudat zu sehen. Dagegen gelang es ihm nicht, das Phä- Dysenterie. 955 nomen der Auflösung der Ruhrbacillen. zu beobachten bei Anstellung des PFEIFFERSchen Versuchs an nicht vorbehandelten Tieren. ‚Jedoch fand Kruse bei Anstellung des PrEırrerschen Versuchs mit seinem Pferdeimmunserum, daß die Bacillen einige Stunden nach der Ein- spritzung aus dem Peritonealexsudat derjenigen Versuchstiere, welche weiterhin am Leben blieben, verschwunden waren. Sein Serum schützte dabei die Meerschweinchen noch in Mengen von Y/syo00 & gegen eine Dosis Ruhrbacillen, welche das Kontrolltier in 20 Stunden tötete. Bakterizidie in vitro und Heilwirkung eines Shiga-Kruse- Immunserums im Tierversuch gehen jedoch nicht parallel (SHıca, Moses). Der Preırrersche Versuch kann also auch zur Differential- diagnosc der Ruhr herangezogen werden. Ausschlaggebend wird hier- bei wie beim Typhusbacillus allerdings weniger die Beobachtung der Auflösung der Ruhrbacillen als vielmehr der Ausgang des Versuchs, das Ueberleben bzw. der Tod der Versuchstiere und das Verschwinden der Bacillen aus dem Peritoneum sein. BAaEcHER & Lau schlagen vor, nach Anstellung des PFEIFFERschen Versuchs von Zeit zu Zeit Peritonealexsudat zu entnehmen und seinen Keimgehalt im Platten- kulturverfahren festzustellen. Sie erwähnen aber selbst, daß auch ihre Methode nicht immer ganz befriedigende Resultate liefert. Im Reagenzglasversuch konnten sie keine bakteriziden Stoffe feststellen. Wie im Shiga-Kruse-Immunserum lassen sich auch in den mit den giftarmen Ruhrbacillen hergestellten Immunseris bakterizide Sub- stanzen nachweisen. Während diese letzteren nach SHica streng spezifisch sind, sahen Kruse, RITTERSHAUS, Kemp & MErTz, daß sie sich ähnlich verhalten wie die Agglutinine desselben Serums. Bei Absättigung eines solchen Serums nach Art des ÜAsTELLAnIschen Versuchs nahm der homologe Typ alle bakteriziden Substanzen aus dem Serum heraus, ein heterologer Typ dagegen nur die für ihn spe- zifischen. Kruse schließt aus diesem analogen Verhalten der Agglu- tinine und bakteriziden Substanzen in den Seris, daß vielleicht die agglutinogenen und lysögenen Bindegruppen (Rezeptoren) der Bak- terien identisch sind. Bakteriotrope Substanzen und Opsonine. HÄnper wies im Ruhrserum bakteriotrope Substanzen nach und verwandte sie zur Differentialdiagnose, ebenso Dick die Opsonine (siehe das Kapitel Differentialdiagnose). AucH& verglich die opsonische Kraft des Shiga-Kruse-Serums von VAILLARD & DoPTER mit der des polyvalenten Dysenterieserums von CoynE & AucHk und konnte feststellen, daß sie dem Heilwert der beiden parallel ging. Es trifft dies indessen nach den Untersuchungen von BAEcHER & Laug keineswegs bei allen Ruhrseris zu. Auch RurrEeR & WıILLMoRE konnten Opsonine im Serum der nach ihrer Methode (s. i. Kap. „Aktive Immunisierung‘) immunisierten Kanin- chen, ebenso Moses in seinem antitoxischen Ruhrserum nachweisen. Ruhropsonine fand BürGErRs auch im normalen menschlichen Blut- serum bei Erwachsenen und Neugeborenen, bei letzteren allerdings weniger reichlich als bei ersteren. Dick sah, daß Ruhrstämme, die er in Immunserum hatte wachsen lassen, im opsonischen Versuch nicht mehr phagocytiert wurden. Die Phagocytier- 956 Orrto LENTz, barkeit soleher Stämme konnte er ein wenig dadurch steigern, daß er sie vor Anstellung des opsonischen Versuches mit dem Filtrat einer 24-stündigen Bouillon- kultur des unbehandelten Stammes zusammenbrachte. Komplementbindende Stoffe. Auch spezifische komplementbindende Stoffe sind im Ruhrserum vorhanden und ebenfalls zur Differentialdiagnose verwandt worden. Besonders Hänper empfiehlt sie für die Differenzierung der verschie- denen Ruhrbacillentypen. Indessen erscheint es nach den Unter- suchungen von KoLLE, HELLER & DE MESTRAL, WASSERMANN und Luxnz zum wenigsten zweifelhaft, ob sie sich hierfür so eignen, da nach diesen Autoren das Bindungsvermögen verschiedener Stämme auch innerhalb desselben Typus ein außerordentlich verschiedenes ist. BaECHER & Laup ziehen aus ihren Untersuchungen den gleichen Schluß; sie sahen, daß sogar Extrakte aus sicheren Shiga-Kruse- Kulturen mit Flexner-Serum starke Komplementablenkung gaben. Auch Amako & Kosıma hatten Schwierigkeiten mit der Komplement- ablenkungsmethode, solange sie Serum von hochimmunisierten Tieren benutzten. Sie erzielten erst einwandsfreie Resultate, als sie Serum von Tieren verwandten, die nur eine Injektion erhalten hatten. Hier- bei sahen sie, daß die komplementbindenden Stoffe im Blutserum im- munisierter Tiere erheblich früher auftraten als die Agglutinine. Nach den Untersuchungen von LEPskI & SCHATILOFF, die unter KOoLLEs Leitung ausgeführt wurden, sind komplementbindende Stoffe in mit Vollbakterien hergestellten Immunseris in besonders großen Mengen vorhanden, dagegen in geringerem Maße in lediglich mit Toxinen be- reiteten. Hiermit steht die Beobachtung von Moses in Einklang, daß die Komplementablenkung erheblich stärker ausfällt bei Verwendung von Bakterienemulsionen als bei Anstellung mit Ruhrtoxinen. AMmAKO salı ferner, daß die Ruhrbacillen beim längeren Züchten in homologem Immunserum ihre Fähigkeit verlieren, einem Immunserum die kom- plementbindenden Substanzen zu entziehen, und daß auch mehrfache Ueberimpfung auf gewöhnlichen Agar nicht imstande ist, ihnen diese Fähigkeit wiederzugeben. Wachstum in normalem Serum bewirkte, wenn auch sehr viel langsamer, ebenfalls den Verlust dieser Fähig- keit. Die Immunisierung von Tieren mit derart veränderten Ruhr- stämmen ergab indessen Sera, die auf normale Kulturdysenterie- bacillen wie normale spezifische Immunsera wirkten; auf ihre homo- logen (veränderten) Stämme jedoch übte auch dieses Serum Keine Wirkung aus. Anaphylaxie. Wohl allen Untersuchern, die sich mit der Immunisierung von Tieren gegen den Shiga-Kruse-Bacillus befaßten, ist es aufgefallen, dab die Tiere die erste oder auch die ersten zwei bis drei Injektionen der Bacillen gut vertrugen, einer späteren Injektion aber, oft ganz akut, zum Opfer fielen. Es ist das Verdienst von Kraus & DÖRrr, erkannt zu haben, daß diese Erscheinung auf einer Anaphylaxie der Versuchstiere gegen die Dysenteriebacillen beruht. Den Beweis für die Richtigkeit ihrer Annahme konnten sie experimentell erbringen und auch die strenge Spezifizität, sowie die passive Uebertragbarkeit der Anaphylaxie durch Injektion des Serums von anaphylaktischen Dysenterie. 957 Tieren auf gesunde nachweisen. Sie sahen ferner, daß wohl durch Bakterienextrakte (Endotoxin), nicht aber durch Dysenterie-Bouillon- kulturfiltrate (Toxin)der anaphylaktische Shock ausgelöst werden konnte. FRIEDBERGER & REITER konnten dann zeigen, daß man durch Di- gerieren von Dysenteriebacillen mit frischem Serum ein akut wirken- des „Anaphylatoxin“ gewinnen kann, nicht jedoch aus Dysenterietoxin und frischem Serum. Die erstere Angabe von FRIEDBERGER & REITER wurde vou SEITZ bestätigt. Dieser Autor will ein wirksames Ana- phylatoxin auch mittelst inaktivierten Serums aus den Dysenterie- bacillen gewonnen und bisweilen typische anaphylaktische Symptome mit Lungenblähung bei ‚nicht vorbehandelten Meerschweinchen nach intravenöser Injektion von sehr großen Dosen, 20—80 mg, lebender oder abgetöteter Shiga-Kruse-Bacillen beobachtet haben. Antitoxine. Schon SHiıca vermutete, daß in dem von ihm hergestellten Dys- enterieheilserum auch Antitoxine wirksam wären. Die Richtigkeit dieser Ansicht konnte Topp bestätigen, der sah, daß ein lediglich durch Immunisierung mit abgetöteten Bacillen gewonnenes Shiga- Kruse-Immunserum sein lösliches Dysenterietoxin gerade so gut neu- tralisierte, wie ein mittels des Toxins gewonnenes antitoxisches Serum. Zu gleichem Resultat kam Lünpke. Ebenso konnten RosENTHAL, KRAUS & DÖRR, VAILLARD & DOoPTER, KOLLE, HELLER, NEUFELD und Moses in den mit Ruhrtoxin gewonnenen antitoxischen Seris das Vorhanden- sein reichlichen Antitoxins nachweisen, wie auch KrusE in seinem mittels abgetöteter Agarkulturen gewonnenen Heilserum. Der Nach- weis des Antitoxins gelingt leicht sowohl bei Anwendung der so- genannten Mischmethode (Injektion eines bereits im Reagenzglase hergestellten Gemisches von Toxin und antitoxischem Serum) als auch bei getrennter Injektion von Toxin und Serum. Die Prüfung des Antitoxins wird zweckmäßig an Kaninchen (Kraus & Dörr, SCHOTTELIvUS) oder an Mäusen (VAILLARD & DOPTER, KoLLE, HELLER ) vorgenommen, da diese Tiere gegen das Dysenteriegift besonders emp- findlich sind. Wie Topp bei Anwendung der Mischmethode nach- weisen konnte, tritt die Bindung zwischen Toxin und Antitoxin ın der Wärme erheblich schneller ein als in der Kälte; bei 37° genügten hierzu 5 Minuten, während bei 0° das Antitoxin das Toxin erst nach 2 Stunden vollständig neutralisiert hatte. Kraus & Dörr konnten weiter zeigen, dab zwei antitoxische Immunsera, die im Reagenzglasmischversuch gleichen Gehalt an Anti- toxinen erkennen ließen, sich bei getrennter Injektion von Toxin und Antitoxin außerordentlich verschieden verhalten können. Sie sahen nämlich, daß der Aufbau des Antitoxins im immunisierten Tiere so vor sich geht, daß zunächst, im Beginn der Immunisierung, nur der Reagenzglasversuch positiv ausfällt und erst ällmählich mit fort- schreitender Immunisierung auch bei getrennter Injektion von Toxin und Serum die antitoxische (kurative) Wirkung des letzteren mehr hervortritt. Sie schließen aus dieser Beobachtung, dab für die Stärke der kurativen Wirkung eines Dysenterieheilserums die Reaktions- geschwindigkeit seines Antitoxins gegenüber dem Dysenterietoxin mab- gebend ist, nicht so sehr die absolute Menge des im Serum vorhandenen Antitoxins. 958 Orto Lentz, Dem widersprechen KoLLe, HELLER & ps MestraL auf (Grund ihrer Versuche an Mäusen. Sie glauben, daß die Resultate von Kraus & Dörr nur eine Folge der hohen Affinität des Ruhrtoxins zum Zentralnervensystem des Kaninchens sind und nicht auf andere Tiere und speziell den Menschen übertragen werden dürfen. Nach anderen Untersuchungen von Kraus & Dörr ist das Dys- enterieantitoxin im Gegensatz zum Toxin sehr wenig resistent, Schon beim Aufbewahren schwächt sich seine Wirksamkeit im Verlauf eines Jahres erheblich ab. Es ist deshalb ratsam, antitoxische Heilsera von Zeit zu Zeit auf ihren Heilwert zu prüfen und abgeschwächte Sera aus dem Handel zu ziehen. Ebenso ist das Antitoxin gegen Erwärmung sehr empfindlich. Eine Temperatur von 70° C zerstört es. Infolgedessen wird ein neutrales Toxin-Antitoxingemisch durch Erwärmen wieder toxisch. Es beweist dies, daß es sich auch beı der Bindung des Dysenterietoxins und -Antitoxins nur um eine chemische Bindung, nicht um eine Zerstörung des Toxins durch das Antitoxin handelt, wie dies bereits von anderen Toxinen und ihren Antitoxinen bekannt ist. Im Flexner-Serum hat bisher bei dem Mangel an einem sicher wirkenden Toxin Antitoxin nicht nachgewiesen werden können. Es erscheint indessen nicht ausgeschlossen, daß auch bei der Immuni- sierung mit dem Flexner-Bacillus (und ebenso mit den anderen gift- armen Typen) spezifische Antitoxine gebildet werden, da nach den Berichten von Gay und Worustein Flexner-Immunserum bei der durch diesen Typ veranlaßten Dysenterie gute Heilwirkung erkennen lieb. Aktive Immunisierung. Die aktive Immunisierung gegen den Shiga-Kruse-Bacillus gehört wegen der diesem Typ eigentümlichen Giftwirkung auch heute noch zu den schwierigsten Aufgaben des Bakteriologen, und die verschiedensten Methoden sind versucht worden, um unter möglichst geringen Ver- lusten Tiere hoch gegen diese Bacillen zu immunisieren. Die am meisten angewandte Methode ist die Immunisierung mittelst abge- töteter Bacillen. Kruse wendet diese Methode auch zur Herstellung seines Heilserums ausschließlich an. Die Methode arbeitet aber, wie all- seitig bestätigt wird, mit verhältnismäßig großen Verlusten an Tieren. Sehr empfindlich sind Kaninchen gegen die Injektion abgetöteter Shiga-Kruse-Kultur. Tu. MÜLLER und Domgrowski brachten es durch subkutane Injektionen abgetöteter Bacillen im besten Falle auf einen Agglutinationstiter ihres Serums von 1:250, Dörr auf 1:400. Leichter schon, aber auch noch unter großen Verlusten an Tieren gelingt es, Meerschweinchen gegen den Dysenteriebacillus zu immunisieren. Ver- fasser konnte durch sehr vorsichtig gesteigerte subkutane Injektionen abgetöteter Ruhrbacillen (bei einer Anfangsdosis von 2 Normalösen Kultur) Meerschweinchen so weit immunisieren, daß sie die intra- peritoneale Injektion der 6-fachen tödlichen Dosis (2 Oesen) lebender Kultur vertrugen. Sehr häufig beobachtete Verfasser nach der In- jektion bei seinen Versuchstieren Eiterungen an den Injektionsstellen ; der Eiter war meist steril. Kruse immunisierte Hammel durch sub- kutane Injektionen abgetöteter Ruhrbacillen und gewann so ein agglu- tinierendes Serum vom Titer 1:1000. Die bakteriolytische und schützende Wirkung dieses Serums war sehr gering. Martını & Dysenterie. 959 Lentz behandelten eine Ziege mit anfangs subkutanen, später intra- venösen Injektionen anfänglich abgetöteter und danach lebender Ruhr- kulturen, sie konnten sich dabei von der weit kräftigeren Wirkung der intravenösen gegenüber den subkutanen Injektionen überzeugen. Das Tier ertrug, als der Agglutinationstiter seines Blutserums den Wert 1:500 erreicht hatte, die intravenöse Injektion von 12 Agar- kulturen lebender Ruhrbacillen und 14 Tage später die subkutane Injektion von 48 abgetöteten Kulturen. Ein wesentliches Steigen des Agglutinationstiters wurde nach Injektion dieser gewaltigen Kultur- massen nicht bemerkt. Letzteres trat jedoch bis zum Agglutinations- titer 1:4000 ein, als nach einer mehrmonatlichen Pause, die durch Krankheit des Tieres bedingt war, die Injektionen mit kleinen Dosen (1/, abgetöteten Kultur intravenös) in großen Intervallen von 1—2 Monaten fortgesetzt wurden. Trotz aller Vorsicht trat aber auch bei diesem Tiere ein allmählich zunehmender Marasmus ein, in welchem die Ziege zugrunde ging. Auch das Serum dieser Ziege wirkte nur sehr wenig bakteriolytisch und erst die große Dosis von 0,5 schützte im Preırrerschen Versuch Meerschweinchen gegen eine Oese (ent- sprechend der 3-fach tödlichen Dosis) lebender Kultur. WINTER be- nutzte zur Immunisierung eines Ziegenbocks ein Filtrat von mazerierter Shiga-Kruse-Kultur nach Art der „freien Rezeptoren“ von NEISSER und SHıcA (s. S. 938). Nach intravenöser Injektion von 2, dann 6, und danach 3mal 4 ccm des Filtrats, die in 8-tägigen Intervallen ausge- führt wurden, zeigte das Tier einen Agglutinationstiter von 1:10000. SHiGA, Kruse, Gay und Mason empfehlen zur aktiven Immuni- sierung Esel und Pferde, die schließlich die intravenöse Injektion sroßer Kulturmengen vertragen. Aber auch bei diesen Tieren muß außerordentlich vorsichtig mit den Impfdosen begonnen und gestiegen werden, da auch sie sehr empfindlich gegen die Dysenterietoxine sind. Nach Untersuchungen von DoPTER ist nach einer einmaligen In- jektion von bei 60° abgetöteten Shiga-Kruse-Bacillen bei Mäusen in 12 Tagen ein deutlicher Impfschutz vorhanden, der 4—6 Wochen anhält. Während der }2-tägigen Reaktionsperiode sind die geimpften Tiere aber gegen eine erneute Injektion sehr viel empfindlicher als nicht vorbehandelte Tiere. Gleich gute Resultate wie mit abgetöteten Bacillen hat Lüpke mit der Injektion lebender Shiga-Kruse-Bacillen erzielt. Verf. kann diese Angaben von LüÜpDkE durchaus bestätigen, da er schon seit mehreren Jahren nach dieser Methode seine Ruhrimmunsera an Ka- ninchen herstellt. Es ist dabei empfehlenswert, zunächst 2—3 kleine Dosen, 1/00 —V/;0o Oese, lebender Kultur intravenös zu geben, sodann vertragen die Tiere bei jeder neuen, in 5—6-tägigen Intervallen er- folgenden Injektion eine Steigerung der Impfdosis auf das 2—3-fache der vorhergehenden. Mit 5—-6 Injektionen gelingt es so, gut agglu- tinierende (Titer 1:5000—1:S000) und bakterizide Sera zu erhalten. Ganz lassen sich die Verluste an Tieren aber auch bei dieser Methode nicht vermeiden. Zweckmäßig ist es bei der Herstellung agglu- tinierenden Serums, die Tiere am 8.—10. Tage nach der letzten In- jektion zu entbluten. Eine lange fortgesetzte Immunisierung hat nach den Erfahrungen von Lüpke, SHIiGA, LENTZ und WINTER nur zur Folge, daß der Agglutinationstiter des Serums wieder sinkt. Um hech immunisierte Kaninchen behufs Gewinnung reichlicher Serummengen nicht töten zu müssen, machte WHıTMmorE bei seinen ruhrimmunen 960 Orro Lentz, Tieren an drei aufeinanderfolgenden Tagen unter aseptischen Kautelen eine Herzpunktion, aspirierte jedesmal ca. 20 ccm Blut und mischte die so gewonnenen Portionen des Serums. Die Tiere vertrugen den Eingriff sehr gut. Gav versetzte Aufschwemmungen von lebenden Ruhragarkulturen mit 0,5 Proz. Trikresol und impfte mit diesem Impfstoff Pferde. Er erzielte mit 3—4 subkutanen Injektionen ein gut agglutinierendes Serum. Nach länger (4—5 Monate) fortgesetzter Immunisierung der Pferde zeigte ihr Serum auch präventive und kurative Wirkung. Tötete er die Bakterien vor dem Zusatze des Trikresols ab, so war die Wirkung des Impfstoffes erheblich schwächer als nach Zusatz des Trikresols zu den lebenden Kulturen. GABRITSCHEWSKI immunisierte Pferde in der Weise, daß er auf mehrere subkutane Injektionen von steigenden Dosen des von RosEn- rnaı dargestellten löslichen Ruhrtoxins ebensolche Injektionen kleiner, allmählich steigender Dosen lebender Dysenteriekultur folgen ließ, Nach mehrfachem Wechseln zwischen Toxin und Kultur vertrugen die Pferde recht erhebliche Dosen von beiden und gaben 3—4 Monate nach Beginn der Immunisierung ein Serum, das gut agglutinierte und stark antitoxisch sowie bakterizid wirkte. Smica empfiehlt ferner zur Immunisierung kleinerer Tiere die Anwendung der Simultanmethode. Er verreibt abgetötete Ruhrkultur im Mörser, mischt Immunserum hinzu und spritzt dieses Gemenge den Tieren subkutan ein. 4 Tage später spritzt er dann den Tieren die gleiche Menge abgetöteter Ruhrkultur, jedoch ohne Serumzusatz ein. Seine Versuchstiere ertrugen alsdann die Injektion der 3-fach tödlichen Menge lebender Bacillenkultur. Der Vorzug dieser Methode soll darin bestehen, daß die Injektionen des so hergestellten Impf- stoffes besser vertragen und die nach der Injektion von abgetöteten Ruhrbacillen beobachteten schweren Reaktionszustände vermieden werden. Dorrter sah, daß der Impfschutz bei Anwendung dieser Methode bei Mäusen sehr schnell, fast augenblicklich eintritt, aber nur 20 Tage vorhält, gleichgültig, ob er nur einmal impfte oder die Impfung wiederholte. Es scheint also, daß der Impfschutz bei diesen Versuchen lediglich eine Folge der Seruminjektion war. CoNRADI sowie NEISSER & Smica empfehlen die von ihnen hergestellten Autolysat- Filtrate zur Immunisierung von Tieren, da die Reaktionserschei- nungen bei ihrer Anwendung gering sind und trotzdem ein guter Impfschutz erzielt wird. Das gleiche rühmt Lüprke einem Impfstoff nach, den er dem Wassermannschen Typhuspulver nachbildete. Hierzu werden abgetötete Ruhrbacillen 5 Tage lang der Autolyse bei 370 C unterworfen, das Autolysat filtriert und im Vakuum getrocknet. Lüpkz empfiehlt dieses Impfpulver auch zur prophylaktischen Im- pfung von Menschen. Auch konnte er bei diesen Immunisierungsver- suchen die Gültigkeit des von WassErRManN für den Typhus aufge- stellten Satzes für die Ruhr bestätigen, daß es bei der Immunisierung weniger auf die Virulenz als vielmehr auf das Bindungsvermögen des zur Impfung verwandten Bakterienstammes ankommt. Di Donna hat Kaninchen zunächst mit dem von ihm dargestellten „Nukleoproteid“ vorbehandelt und sie dann, nachdem sie so einen gewissen Impfschutz gewonnen hatten, mit Vollbakterien weitergeimpft. Er hat auf diese Weise ohne Verlust an Tieren immunisieren können, was ihm mit Vollbakterien allein nicht gelungen war. Dysenterie. 961 Dorrer empfiehlt, um die Impfung möglichst unschädlich zu gestalten, die Anwendung von nach BEsrREDkA sensibilisierten Ba- cillen. Hierzu werden 5 mg bei 60° C abgetöteter und im Vakuum getrockneter Ruhrbacillen in 2—3 Tropfen steriler Kochsalzlösung aufgenommen und mit hoch agglutinierendem Ruhrserum auf 2 cem aufgefüllt. Die Mischung bleibt 12 Stunden stehen, die agglutinierten und sensibilisierten Ruhrbacillen haben sich dann zu Boden gesetzt, die über ihnen stehende Flüssigkeit wird abgegossen und die Bacillen dreimal mit Kochsalzlösung gewaschen und zentrifugiert, schließlich in 2 ccm Kochsalzlösung aufgeschwemmt. Ein Vorzug dieses Impf- stoffs ist der, daß Tiere sehr große Dosen von ihm vertragen, da er sehr wenig toxisch ist, die Immunität schon sehr schnell, nach 3—4 Tagen, eintritt und die Resistenz der so geimpften Tiere in der Zeit zwischen Impfung und Eintritt der Immunität keine geringere ist als bei normalen Tieren. DoPrTEr glaubt, daß sie sich aus diesen Gründer auch ganz besonders zur Schutzimpfung von Menschen in ruhrverseuchten Gegenden eignen würde. Lünpke hat bei Tieren mit dieser Methode keine günstigen Resultate erzielt. RUFFER & WILLMORE sahen, daß eine 24-stündige Behandlung von Ruhrbacillen mit Pepsin und 0,2-proz. Salzsäure die Bacillen ent- giftete. Die Injektion derart entgifteter Bacillen, deren Säuregehalt hinterher durch Zusatz von Natronlauge neutralisiert wurde, wurde von Kaninchen gut vertragen, ja die Tiere ließen sich so leicht immuni- sieren und bildeten reichliche Mengen von Agglutininen, bakteriziden Substanzen und Opsoninen, nicht dagegen Antitoxin in ihrem Blut- serum. Da die Immunität sehr schnell eintritt, empfehlen RurrER & WILLMOoRE Ihre Methode auch für die Schutzimpfung von Menschen gegen die Ruhr. Hıpa & Tovyopa immunisierten Meerschweinchen und Kaninchen durclı subkutane oder intraperitoneale Injektion bacillenfreier Filtrate durch Pepsin oder Trypsin verdauter Ruhrbacillen. Auch durch Ver- abreichung per os in keratinierten Kapseln erzielten sie mit derart verdauten Bakterien Immunität; in dem Serum so immunisierter Tiere konnten sie 14 Tage nach der Verabreichung des Impfstoffs Agglu- tinine und bakterizide Substanzen nachweisen. Durch Verfütterung bei 60% C abgetöteter Bakterien konnten sie dagegen Tiere nicht immunisieren. Diese letztere Methode war zuerst von GABRITSCHEWSKI & ZEIT- LIn angewandt worden, und zwar nahm ZEıTLın selbst längere Zeit hindurch per os steigende Dosen (1—50 ccm) einer Emulsion von abgetöteten Shiga-Kruse-Bacillen. Einen wesentlichen Immunisie- rungseffekt erzielte er dabei aber nicht; der Agglutinationstiter seines Blutserums stieg während der Zeit von 1:40 auf 1:60. Auch Lünpke hatte mit dieser Methode bei Kaninchen Keinen Erfolg. Dagegen berichtet SHıca, dab er bei einer lange fortgesetzten Einverleibung per os von abgetöteten Ruhrbacillen insofern einen ge- wissen lokalen Immunisierungseffekt erzielen konnte, als seine Ver- suchstiere nach Injektion von 0,1 Dysenterietoxin keine Darmerschei- nungen bekamen, während die Kontrolltiere die bekannten Darm- veränderungen aufwiesen. CHvostEk will durch Verfüttern lebender und abgetöteter Ruhr- kultur Kaninchen sogar so weit immunisiert haben, daß sie die intra- venöse Injektion einer tödlichen Dysenterietoxindosis vertrugen, ohne Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 61 962 Orto LENnTz, zu erkranken ; agglutinierende Eigenschaften hatte ihr Blutserum nicht. Auch Dorrer gelang es, Tiere, und zwar Mäuse, durch 2—3 Tage lang wiederholtes Verfüttern von 5 mg Trockenkultur des Shiga-Kruse- Typs so weit zu immunisieren, daß sie die subkutane Injektion der einfach tödlichen Dosis lebender Kultur vertrugen. Die Immunität. war erst vom 12. Tage nach der Fütterung nachweisbar, war am 15. Tage am deutlichsten und bestand etwa 30 Tage lang. Im Re- aktionsstadium waren die Tiere gegen die Injektion von Ruhrbacillen sehr viel empfindlicher als nicht behandelte Kontrolltiere. Ganz im Gegensatz zu den Schwierigkeiten, die sich der Im- munisierung gegen den Shiga-Kruse-Bacillus entgegenstellen, gelingt die aktive Immunisierung der gebräuchlichen Versuchstiere gegen die giftarmen Typen der Ruhrbacillen außerordentlich leicht, und zwar sowohl mit abgetöteten wie mit lebenden Bakterien. Verf. bevorzugt auch hier die lebenden Bacillen, da die durch sie erzielte Produktion von Immunsubstanzen eine sehr kräftige ist. So konnte er in der Regel bei Kaninchen durch Injektion von !/,, 2 und 6 Oesen lebender 24-stündiger Flexner- bzw. Y-Agar-Kultur, die in 5—6-tägigen Inter- vallen ausgeführt wurde, Immunsera mit einem Agglutinationstiter von 1:20000—1:50000 erzielen. Größere Tiere, besonders Pferde, scheinen aber nach den Erfahrungen StiGAas auch diesen Typen gegen- über recht empfindlich zu sein. Auch RurrerR & WILLMORE be- richten über derartige üble Erfahrungen bei der Immunisierung von Pferden gegen ihren Bac. Tor I (Y-Typ) mittels intravenöser Injek- tion. Sie sahen hier Pferde oft ganz plötzlich unter dem Bilde der Anaphylaxie eingehen. Deshalb verzichteten sie auf diese Form der Immunisierung und nahmen diese nur noch mit intramuskulären Im- pfungen vor. Auch nach diesen reagierten die Pferde noch meist mit hohem Fieber, starker entzündlicher Schwellung an der Impfstelle, die bisweilen zur Eiterung führte, und mangelnder Freßlust; einmal trai blutiger Urin auf. Es ist also auch bei der Immunisierung von Pferden gegen die giftarmen Typen der Ruhrbacillen große Vorsicht geboten. Schutzimpfung der Menschen. Eine ganze Anzahl der im vorhergehenden Abschnitt beschrie- benen Immunisierungsverfahren sind auch zur Schutzimpfung von Menschen gegen Ruhr angewandt worden. Wie Smıca und Kruse sahen auch RosentHaL und Luckscn nach der subkutanen Injektion abgetöteter Shiga-Kruse-Bacillen, die ersterer an sich selbst, letzterer an Wärtern vornahm, so heftige lokale und allgemeine Erscheinungen auftreten, daß sie diese Methode für die Schutzimpfung des Men- schen unbedingt verwerfen. Lüpke sah außerdem, daß diese Methode nicht einmal einen länger dauernden Impfschutz verleiht. Er hatte sich selbst durch eine subkutane Injektion abgetöteter Ruhrbacillen vom Shiga-Kruse-Typ immunisiert, erkrankte gleichwohl später, als er sich im Laboratorium beim Arbeiten mit lebenden Shiga-Kruse- Bacillen infiziert hatte, an Ruhr. Dagegen erzielte LuckscH mit der subkutanen Injektion großer Dosen (nach der PFEIFFER-KOLLE- schen Methode) von abgetöteten Y-Dysenteriebacillen günstige Re- sultate am Menschen. Er machte bei einer Ruhrepidemie in der Czernowitzer Irrenanstalt den Versuch, durch eine Schutzimpfung mittels abgetöteter Bacillen der Weiterverbreitung der Krankheit Ein- Dysenterie. 963 halt zu tun. Die Schutzimpfung wurde auf der Männerseite der An- stalt durchgeführt und hatte den Erfolg, daß hier alsbald die Epidemie zum Stillstand kam, während auf der der Impfung nicht unter- zogenen Frauenabteilung noch weitere Erkrankungen vorkamen. Da- gegen schlugen Versuche von LuckscH, Menschen gegen Y-Ruhr mit Impfstoffen zu immunisieren, die er nach Neisser-Smica und BRIEGER & Mayer oder durch Schütteln einer Kultur mit Rinderserum her- gestellt hatte, gänzlich fehl. Dick berichtet über gute Erfolge, die er mit der aktiven Immunisierung nach WRIGHT in einer Irren- anstalt in Dunning erzielte; auch er sah nach den Impfungen bisweilen schwere lokale Erscheinungen sowie Fieber und Erbrechen. In größerem Maßstabe hat Smica nach seiner Simultanmethode aktive Immunisierungen am Menschen vorgenommen. Es wurden nach diesen Impfungen nur geringe Reaktionen beobachtet. In den Jahren 1898—1900 hat Smıca auf diese Weise 10000 Japaner in Gegenden, in denen die Ruhr epidemisch wütete, behandelt. Der erzielte Impfschutz war bezüglich der Morbidität kein besonders großer, denn auch die so behandelten Personen erkrankten an Ruhr in gleicher Weise wie nicht ge- impfte, jedoch will SHuiGA bei seinen Schutzgeimpften eine erhebliche Herab- setzung der Mortalität (in manchen Gegenden von 30—40 Proz. der Erkrankten auf 0 Proz.) konstatiert haben. Auch während des russisch-japanischen Krieges hat Smıca bei den japanischen Truppen seine Simultanmethode in verschiedenen Modifikationen angewandt. Zunächst spritzte er Ruhrserum —-1/, ODese abgetöteter Kultur und bei der zweiten Injektion nach 3—4 Tagen 1 Oese abgetöteter Kultur ohne Serum; später zunächst Kultur und Serum zu gleichen Teilen (nähere Angaben fehlen hier) und als zweite Dosis 80 Teile Kultur und 20 Teile Serum. Diese Injektionen lösten nur leichte Reaktionen aus. Ebenso rühmt RosEnTHAL der SHIGA- schen Simultanmethode nach, daß sie bei geringer Reaktion einen guten Erfolg gebe. Einmalige Injektion hatte ein Ansteigen des Agglu- tinationswertes des Serums von 1:40 auf 1:300 zur Folge. DoPTEr hatte, wie erwähnt, nach der Besrepraschen Methode sensibilisierte Ruhrbacillen zur Schutzimpfung von Menschen emp- fohlen. Von ihm ausgeführte praktische Versuche am Menschen scheinen ihn aber nicht voll befriedigt zu haben; er berichtet we- nigstens in einer späteren Veröffentlichung, daß der erzielte Impf- effekt ein sehr verschiedener war. Smıca hat auch durch lange fortgesetzte Darreichung abgetöteter Ruhrkultur per os in verschiedenen Irrenanstalten, in denen jahr- aus, jahrein Dysenterie herrschte, Immunisierungen an Menschen ver- sucht, wie er angibt, mit ermutigenden Erfolgen. Serumtherapie. Der Erste, der die Serumtherapie bei der Ruhr anwandte, war Shica. Er hat während einer schweren Ruhrepidemie in ‚Japan, bei welcher ca. 22 Proz. aller Kranken starben, im Institut für Infektions- krankheiten in Tokio etwa 200 Ruhrkranke rein medikamentös, und daneben ohne besondere Auswahl 300 Patienten mittels Injektionen von Ruhrserum behandelt, das er von hoch gegen Ruhrbacillen immu- nisierten Pferden gewonnen hatte. Von diesem Serum schützten we- nige Milligramm Meerschweinchen gegen die 5-fach tödliche Dosis lebender Ruhrbacillen. Auch Krusr hat das Serum hoch gegen den 61* 964 Orrto Lentz, Ruhrbacillus immunisierter Esel und Pferde zu therapeutischen Zwecken benutzt. Von diesem Serum schützte 1/;, mg Meerschwein- chen gegen die einfach tödliche Dosis Ruhrkultur. Außerordentlich gefördert wurde die Entwickelung der Serum- therapie bei der Ruhr durch die Entdeckung des Ruhrtoxins. Sie ermöglichte zunächst die Herstellung antitoxischer Sera, sodann aber auch den Nachweis (Topp, BD KLEIN), dab auch in den ver- meintlich rein bakteriziden Seris, wie sie SmiGa und KrusE mittels abeetöteter Ruhrbacillen gewonnen hatten, als sehr wertvolle, wenn nicht wertvollste (Kore) Komponente ein recht hoher Gehalt an Antitoxinen vorhanden ist. Sırıca hatte bereits die Vermutung ausgesprochen, daß sein Serum auch Antitoxine enthielte. Kruse hielt dagegen zunächst sein Serum für rein bakterizid. Erst in späteren Arbeiten gibt er zu, daß sein Serum auch Antitoxine enthalte, die im Kaninchenversuch auch wirk- sam werden können, spricht ihnen aber jegliche Heilwirkung auf den menschlichen Ruhrprozeß ab. Ihm schließt sich SELTER an. Auch PFEIFFER und seine Schüler UnGERMANN und Bessau erkennen zwar an, daß in dem Ruhrserum Antitoxin vorhanden ist, das in seiner Wirkung gegenüber dem löslichen (paretischen) Ruhreift dem Gesetze der Multipla folgt, halten aber auch seine Wirksamkeit gegenüber der menschlichen Ruhr für nicht erwiesen, schieben viel- mehr die Heilwirkung des Ruhrserums ausschließlich auf Rechnung der antiinfektiösen Eigenschaften des Serums. Im Gegensatz hierzu sehen Kraus & Dörr sowie KoLLz, HELLER & DE MESTRAL den Hauptwert des Ruhrheilserums in seinem Ge- halt an Antitoxinen, hauptsächlich auch wegen der prompten Wir- kung des Serums auf die schweren nervösen Symptome, die ja eine ständige Begleiterscheinung gerade der Shiga-Kruse-Dysenterie sind. Die antiendotoxische bzw. antiinfektiöse Wirkung des Serums er- kennen sie dabei vollkommen an, schreiben ihr aber doch nur eine ge- ringere Bedeutung zu, da sie im Tierversuch erst bei Anwendung recht grober Serumdosen deutlich erkennbar wird und nicht dem Gesetze der Multipla folgt. Auch Lüpke erkennt die Wirksamkeit eines Anti- toxins im Ruhrserum an, während ihm die eines Antiendotoxins noch nicht erwiesen erscheint. Bedeutungsvoller als alle experimentellen Versuche an Tieren, die die Frage nach dem eigentlichen Wesen des Ruhrserums noch keineswegs haben lösen können, sind ihm die thera- peutischen Erfolge, welche die nach den verschiedenen Methoden her- gestellten Ruhrheilsera gehabt haben. Außer der von Krusn und Stmica angewandten Methode der Im- munisierung von Pferden mittels abgetöteter Ruhrbacillen sind zur Gewinnung von Shiga-Kruse-Heilserum noch folgende Verfahren an- gewandt worden: Topp, ROSENTHAL, Kraus & DÖRR, KrEIn, SKSCHI- VAN & STEPHANSKY und Moses immunisierten Pferde mit Bouillon- kulturfiltraten, während GABRITSCHEWSKI, VAILLARD & DOPTER sowie Korre, HELLER & pE Mestrar in dem Bestreben, ein sowohl bak- terizid wie auch antitoxisch wirkendes Serum zu erzielen, abwechselnd mit abgetöteter Agarkultur und Bouillonkulturfiltraten immunisierten. Aber auch die Injektion anfangs abgetöteter, später lebender Kultur, die zunächst subkutan, im weiteren Verlauf der Immunisierung intra- venös verimpft wurde, gab KorLr, wie er gemeinsam mit KruMm- BEIN & SCHÜRMANN berichtet, gute Heilsera. Dysenterie, 965 Kraus & Dörr empfehlen, bei der Immunisierung von Pferden mit Toxin im Beginn der Behandlung, sowie nach längerer Pause zu Beginn jeder neuen Immunisierungsetappe den Tieren einen Tag vor der Toxininjektion SO—100 ccm antitoxischen Ruhrserums subkutan zu geben, um zu starke Reaktionen und andere unangenehme Zufälle zu vermeiden. Die nach diesen verschiedenen Methoden erzielten Sera sind nach den Untersuchungen von RosEnTHAL, KrLEın, Lüpke, KoLLE und HELLER im großen und ganzen gleichwertig, sie zeigen einen hohen Antitoxingehalt, sind bakterizid und agglutinieren den Shiga- Kruse-Bacillus hoch. Auch beim Ruhrkranken, sofern der Krank- heitsprozeß durch den Shiga-Kruse-Bacillus veranlaßt ist, äußert sich nach den übereinstimmenden Berichten aller Beobachter die Wirkung der auf so verschiedenen Wegen gewonnenen Sera in durchaus gleicher Weise: Schon wenige Stunden nach der Injektion schwinden die nervösen Beschwerden sowie die allgemeine Prostration und machen einer oft ganz auffallenden Euphorie und auch objektiv wahrnehm- barem Besserbefinden Platz, innerhalb der ersten 24 Stunden lassen gewöhnlich auch die Leibschmerzen und der quälende Tenesmus nach, Blut und Schleim verschwinden aus den Stühlen und die Zahl der letzteren geht in ganz auffallender Weise herab, gleichzeitig nehmen die Entleerungen wieder fäkulenten Charakter an, so daß 2—5 Tage (je nach der Schwere des Falles) nach der Seruminjektion der Stuhl der Patienten wieder normal wird, eine Besserung, wie sie bei rein medikamentöser Behandlung der Ruhr niemals beobachtet wird. Als Heildosis wurden in leichten Fällen in der Regel 20—30 ccm gegeben, bei Schwerkranken indessen auch SO—100 ccm, nötigenfalls in wiederholten Gaben; stets wurden die Injektionen gut vertragen. Gute Erfolge mit den verschiedenen Seris hatten außer den Her- stellern der Sera selbst LüpkeE mit dem von Kruse hergestellten Serum, BırT mit Serum von Topp, KORENTSCHEWSKI, BARYKIN, KANEL, AucHE & Camrana mit Serum von ROSENTHAL; GABRITSCHEWSKI, ROSCULET, KarLInskI, RuUDNIKk, NeGRI & PANE, Irımescv, DRAGOSCH, JEHLE & EscHERICH und LaPTEscHh mit dem von Kraus & Dörr bereiteten Serum und AucHE & CAaMPANA, MAILLE und eine große Anzahl fran- zösischer Aerzte (Sammelforschung von VAILLARD & DoPTER) mit dem von VAILLARD & DOoPTER gewonnenen Serum, FISCHER mit Höchster Ruhrserum (SCHOTTELIUS) sowie ZACHARIAS BEY mit dem Serum von RuFFER & WILLMoRE. Ohne Angabe der Herkunft des von ihnen benutzten Serums berichten ferner über gute Erfolge mit der Serumtherapie bei Shiga-Kruse-Dysenterie ZiIEMAnN und KosTEnko. Die Mortalität bei den mit Heilserum behandelten Kranken betrug 2—5 Proz. gegenüber 10—50 Proz. bei rein medikamentöser Behand- lung. LarrteschH sah bei frühzeitiger Anwendung großer Dosen (20—40 ccm) antitoxischen Ruhrserums die Mortalität seiner Shiga-Kruse- Ruhrkranken von 10—15 Proz. auf 0,5 Proz. herabgehen. ZACHARIAS Bry erwähnt, daß die Dysenteriemortalität in El Tor in der Kampagne 1911—1912 die Ziffer 183 von 228 Ruhrkranken erreicht habe, weil kein Ruhrserum zur Verfügung stand. Die nunmehr an vielen tausend Ruhrkranken erzielten günstigen Resultate stellen das Dysenterieheil- serum als vollwertig dem Diphtherieheilserum an die Seite und lassen es wünschenswert erscheinen, daß auch das Dysenterieserum überall dem praktischen Arzt zugänglich gemacht wird; dies um so mehr, als 966 Orro Lenxtz, nach seiner Einspritzung nur äußerst selten und dann nur leichte und schnell vorübergehende Nebenerscheinungen, wie Erytheme, Urticaria. und schmerzhafte, zum Teil mit Fieber einhergehende Gelenkschwel- lungen (ROSENTHAL, LÜDKE, BARYKIN, DrRAGoscH und DoPTErR) beob- achtet worden sind. DortEr empfiehlt, zur Vermeidung dieser unan- venehmen Erscheinungen dem Patienten täglich 2—4 & Chlorkalzium zu verabreichen. Auch zur prophylaktischen Einspritzung bei Gesunden in der Umgebung von Ruhrkranken ist das Serum benutzt worden. So hat RoscurLrer von 36 gesunden Bewohnern von Ruhrhäusern 18 ge- impft; diese blieben sämtlich gesund, während von den 18 Nichtge- impften 14 an Ruhr erkrankten. Auch Kruse hat sein Serum prophy- laktisch angewandt mit dem Erfolge, daß von 10 mit je 2 ccm Serum Geimpften nur einer 3 Tage nach der Impfung an Dysenterie er- krankte. Kruse will jetzt 5 ccm als prophylaktische Dosis geben. Ebenso hat Dorrer sein Serum mit Erfolg zur prophylaktischen Im- pfung verwandt und empfiehlt diese da, wo es sich darum handelt, der Infektion unmittelbar ausgesetzte Menschen schnell zu schützen. Der Impfschutz hält aber nur 10—12 Tage vor. LÜpkE warnt indessen vor diesen prophylaktischen Impfungen, da er in einem Falle sah, daß ein Mann, der 14 Tage nach einer prophylaktischen Seruminjektion doch noch an Ruhr erkrankte, auf eine erneute Seruminjektion unter starken Temperaturanstieg ein kolossal ausgebreitetes Erythem mit sehr schmerzhafter Schwellung der Haut bekam. Die Wirkung des Shiga-Kruse-Serums ist eine streng spezifische, d. h. auf Shiga-Kruse-Kranke beschränkte. Zwar will Kruse mit seinem Serum auch bei „Pseudodysenterie‘“ verschiedentlich Erfolg gehabt haben, und auch VAILLARD & DoPrTEr wollen mit ihrem Serum bei Flexner-Ruhrkranken gute Resultate erzielt haben; doch geben dıe letzteren selbst an, daß die Wirkung ihres Serums bei den Flexner- Dysenteriekranken in der Irrenanstalt Mareville eine ausgesprochen geringere war (Herabsetzung der Mortalität von 22 Proz. nur auf 12 Proz.) als bei Shiga-Kruse-Dysenteriekranken (Herabsetzung der Mortalität von 20—50 Proz. bis auf 5 Proz.), so daß hier die Ver- mutung vollkommen gerechtfertigt erscheint, daß schon die Injektion des Pferdeserums als solche auf den Flexner-Ruhrprozeß günstig gewirkt hat. Auch Auchk & Camrana heben ausdrücklich her- vor, dab das Ruhrserum von VAILLARD & Dorrer bei Flexner- Dysenterie auffallend weniger Erfolg hatte als bei Shiga-Kruse-Dys- enterie. Ebenso wurde im Wiener Garnisonlazarett und der Wiener Kinderklinik (KNnöPrFELMACHER) die Beobachtung gemacht, daß das Kraus-Dörrsche Heilserum bei Flexner-Dysenterie gar keine Wirkung erkennen ließ, und Rurrer & WILLMoRE konnten bei ihren Y-(Tor I)- Ruhrkranken keine Wirkung des Shiga-Kruse-Ruhrserums feststellen. Im Tierversuch versagt das Shiga-Kruse-Serum gegenüber der Flexner- Infektion gänzlich (PreirFfER & UNGERMANN). Flexner-Heilserum ist von Gay durch Immunisierung von Pferden mittels Flexner-Bacillen hergestellt worden, die durch Tri- kresol abgetötet waren. Während Gay selbst und M. WOoLLSTEIN bei Kindern mit dem Serum gute Erfolge erzielt haben wollen, sah EscHERICH keine so günstigen Resultate bei seiner Anwendung. Ueber eın aus dem Wiener serumtherapeutischen Institut stammendes Flex- ner-Heilserum berichtet Gioserrı. Er empfiehlt es zur ‘Anwendung bei Flexner-Dysenterie. Dysenterie. 967 Rurrer & WırımorE haben mit ihrem als Tor I bezeichneten Ruhrstamm (Y-Typ) ein Heilserum hergestellt, mit welchem sie bei ihren Y-Ruhrkranken ausgezeichnete Erfolge hatten. Sie immuni- sierten zu diesem Zweck zwei Pferde mittels intramuskulärer In- jektionen von Gemischen aus 10 verschiedenen El Tor-Stämmen. Ein anderes Pferd behandelten sie zunächst mit Kulturaufschwemmungen von El Tor-Bacillen vor, die sie nach ihrer oben geschilderten Methode mit Pepsin und Salzsäure verdaut und hinterher mit Natronlauge neutralisiert hatten. Das Pferd vertrug so die intramuskuläre In- jektion von 15 ganzen 48-stündigen Agarkulturen, 30 Tage später 30 Agarkulturen El Tor I. Sein Serum schützte dann schon in Mengen von 2 ccm Kaninchen gegen die 4-fache tödliche Dosis lebender Kultur. Es wurde dann mit 8 lebenden Kulturen El Tor I weiter behandelt; danach schützte 1 ccm seines Serums Kaninchen gegen die 6-fache tödliche Dosis lebender Kultur. Von der Beobachtung ausgehend, daß in vielen Gegenden mehrere Formen der Dysenterie nebeneinander vorkommen, fordern EISENBERG und ZaHoRsky die Herstellung polyvalenter Dysenteriesera. Ein solches Serum ist von Coyne & AucH& durch Immunisierung von Pferden mit je einem Shiga-Kruse- und Flexner-Stamm gewonnen und mit gutem Erfolg sowohl im Tierversuch als auch bei 2 Fällen von Shiga-Kruse- und 11 Fällen von Flexner-Ruhr angewandt worden. Sehr eingehend hat Smiıca die Frage nach der Herstellung poly- valenter Dysenteriesera geprüft und gefunden, daß eine Mischung zweier polyvalenter Sera, von denen das eine durch Immunisierung von Pferden mit je einem Shiga-Kruse- und Flexner-Stamm, das an- dere in gleicher Weise mit je einem Shiga-Kruse- und Y-Stamm ge- wonnen ist, gegen jede Form der bacillären Dysenterie prompte Heil- wirkung entfaltet. RuFFER & WILLMORE immunisierten 2 Pferde mit Gemischen aus 5 Stämmen Shiga-Kruse, 8 Stämmen El Tor I, 5 Stämmen Pseudo- dysenterie D (Kruse), 4 Stämmen Flexner- und 2 Stämmen nicht näher definierter Dysenteriebacillen. Die zu den Gemischen gefügten Mengen der einzelnen Stämme standen im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Virulenz. Die Gemische wurden bei 56° abgetötet und subkutan oder intramuskulär injiziert. Das so erhaltene polyvalente Serum agglutinierte alle zur Immunisierung verwandten Bacillentypen gut, wenn auch verschieden stark. Im therapeutischen Versuch an ruhr- kranken Menschen erwies es sich gegen alle Dysenterieformen (mit Ausnahme der Amöbenenteritis) als sehr wirksam. Die Mortalität der bacillären Dysenterie sank bei seiner Anwendung von 64,49 Proz. auf 9,7 Proz. Suıca empfiehlt, bei der Herstellung polyvalenter Sera nicht jedesmal Kulturen beider Bacillentypen gemischt einzuspritzen, sondern abwechselnd den einen und dann den anderen Stamm, da bei letzterem Modus die Antikörper- bildung weit energischer vor sich geht als bei ersterem. In der Annahme, daß mit der Dysenterie stets eine Mischinfektion mit Bact. coli einhergehe, empfiehlt YosHıpa ein sowohl gegen Dysenteriebacillen als auch gegen Bact. coli wirksames polyvalentes Serum anzuwenden. Er hat auch ein solches Serum hergestellt, bisher aber nicht über seine Anwendung berichtet. Die Auswertung ihres Serums nehmen Kraus & Dörr an KRa- ninchen vor, indem sie S00—1000 g schweren Tieren in die eine Ohrvene die 4-fach tödliche Dosis ihres Ruhrtoxins und gleichzeitig 968 Orro Lentz, in eine Vene des anderen Ohrs fallende Mengen des zu prüfenden Serums geben. Nur solche Sera wollen sie zur Behandlung mensch- licher Dvsenterie zulassen, welche noch in Dosen von höchstens 0.1 cem die Tiere schützen. Die Prüfung mittelst der Mischmethode sowie die an Mäusen verwerfen sie ganz entschieden aus den S. 957 mitgeteilten Gründen. VAILLARD & DoPTEr sowie KorLeE und seine Mitarbeiter prüfen ihr Serum an weißen Mäusen, da sie bei diesen Tieren erheblich sleichmäßigere und zuverlässigere Resultate erhalten haben als bei Kaninchen. Sie bedienen sich zur Prüfung der Mischmethode und spritzen ein Gemisch der 4-fachen tödlichen Toxindosis nebst fallen- den Serummengen ihren Versuchstieren intraperitoneal ein. ScHorteLivs fand dagegen die an weißen Mäusen gewonnenen Resultate nicht genügend zuverlässig und bediente sich 2000 g schwerer Kaninchen zur Prüfung, denen er Gemische der 4-fachen tödlichen Toxindosis und fallender Serummengen, die er behufs Bin- dung des Toxins und Antitoxins 1/, Stunde bei 37° C gehalten hat, intravenös einspritzte. Die getrennte Injektion von Toxin und Serum von Kraus & Dörr verwirft er, weil seiner Ansicht nach die indivi- duelle Empfindlichkeit der Kaninchen bei dieser Methode einen stören- den Einfluß auf den Ausfall des Versuchs ausübt, und dadurch die Ver- suchsergebnisse unzuverlässig werden, was bei der Mischmethode nicht der Fall ist. Auch Moses prüfte seine antitoxischen Sera an Ka- ninchen, da ihm Mäuse zu ungleichmäßige Resultate gaben. Er spritzte Gift und Serum intravenös (in die Vena saphena). Einige seiner von Pferden gewonnenen Sera neutralisierten die 4-fach tödliche Gift- menge noch in Dosen von 0,005 g. Meerschweinchen sind nach dem Urteil aller Autoren, die sich mit dieser Frage befaßt haben, ungeeignet zur Auswertung der Dys- enteriesera, weil sie sich so außerordentlich verschieden gegenüber dem Dysenterietoxin verhalten. BAEcHER & Lauvg sprechen deshalb auch den an Meerschweinchen gewonnenen Resultaten von PFEIFFER & UNGERMANN jeglichen Wert ab. Epidemiologie. Die Ruhr ist eine spezifische Krankheit des Menschen. Sie befällt gleichmäßig alle Rassen des Menschengeschlechts und alle Altersklassen (HırscHh, Kruse). Ihre Verbreitung geschieht in erster Linie durch Kontakt, d. h. durch die direkte Uebertragung der Krankheitskeime von Kranken auf den Gesunden (BoORNTRÄGER, RICH- TER, SPRINGFELD, SHIGA, BAHR, HAENIScCH, HILLEBRECHT und viele andere). Die Aufnahme der Ruhrbacillen seitens des Gesunden erfolgt dabei wohl ausnahmslos per os und in der Mehrzahl der Fälle ver- mittelst der infizierten Hand. Wie Sımon treffend bemerkt, handelt es sich bei der Ruhrinfektion im wahrsten Sinne des Wortes um eine „orale Kotinfektion“. Die enorme Menge von Krankheitskeimen, die der Ruhrkranke in seinen Faeces ausscheidet, gefährdet in erster Linie seine nächste Umgebung, seinen Pfleger und seine Angehörigen. Durch infizierte Gebrauchsgegenstände, Wäsche und Kleidungsstücke, setten, Geschirr, Handwerkszeug, Türklinken u. a., können die Krank- heitskeime auch auf die weitere Umgebung des Kranken übertragen werden. Ob allerdings durch derart infizierte Sachen Ruhrbacillen in Dysenterie. 969 infektionsfähigem Zustande über weite Strecken hin verschleppt werden können, wie es WıparL & Marrın in einem Falle anzunehmen ge- neigt sind, darf man bei der großen Hinfälligkeit der Ruhrbaeillen füglich bezweifeln; näher liegt es, bei solchen unerklärt gebliebenen Infektionen anzunehmen, daß nicht erkannte Infektionsträger hier die Infektion vermittelt haben. Nicht weniger gefährlich als die an einer ausgesprochenen Ruhr Leidenden sind nämlich Leicht-, Atypisch- und Chronisch-Kranke. Es ist ja eine bei fast allen Infektionskrankheiten nachgewiesene Tatsache, daß im Verlauf von Epidemien neben kranken Individuen, bei welchen die Krankheitssymptome keinen Zweifel an der Natur ihrer Krankheit aufkommen lassen, Personen vorkommen, die wohl das eine oder andere Symptom der betreffenden Krankheit aufweisen, andere indessen vermissen lassen, oder ein so atypisches, leichtes Krankheitsbild bieten, daß es geradezu unmöglich wird, aus dem klinischen Bilde allein eine Diagnose zu stellen. So verläuft auch die bacilläre Dysenterie nicht selten in außerordentlich leichter Form, unter dem Bilde einer mäßigen Diarrhöe (BLAckHAM), einer leichten Kolik, so daß der unbefangene Beobachter ohne bakterio- logische Untersuchung nicht leicht eine Ruhr diagnostizieren wird; ja sehr häufig fühlen sich die Patienten dabei so wenig krank, daß sie gar nicht den Arzt konsultieren. Da aber auch derartig Leicht- kranke in ihren schleimhaltigen Faeces Unmengen von Ruhrbacillen ausscheiden, so erhellt ohne weiteres, eine wie große Gefahr gerade sie für ihre Umgebung darstellen, um so mehr, als solche Individuen keine Vorsichtsmaßregeln beobachten, da sie gar nicht auf den Ge- danken kommen, daß sie an einer ansteckenden Krankheit leiden und selbst, wenn der Arzt ihre leichte Krankheit als Ruhr erkennt, erfahrungsgemäß sehr schwer davon zu überzeugen sind. Bisweilen ist beobachtet worden, daß gegen Ende einer Epidemie derartig leichte Fälle häufiger sind (LEINER, JEHLE). Besonders in der kühleren Jahreszeit verläuft die Ruhr gern unter so leichten Symptomen, so daß Srıca und Rıss geradezu von der „Winterdiarrhöe“ als einer be- sonderen Form der Ruhr sprechen. Sie, wie auch SPRINGFELD, nehmen auf Grund vielfacher Beobachtungen an, daß durch solche leichten Fälle die Ruhr über den Winter hinweggebracht wird; mehrfach konnten sie in Gegenden, in welchen die Ruhr Jahr für Jahr auf- trat, feststellen, daß in manchen Familien während des Winters im Verlaufe von Wochen und Monaten nach und nach mehrere Familien- mitglieder an Durchfällen mit und ohne Kolikschmerzen zelitten hatten. Daß die Ruhr keineswegs, wie oft angenommen wird, eine an die warme Jahreszeit gebundene Krankheit ist, beweisen auch einige Ruhrepidemien, die mitten im Winter zur Beobachtung kamen (ZINSSER, O. MAYER). Besonders gern verläuft die Ruhr bei Kindern in atypischer Form unter dem Bilde einer einfachen Sommerdiarrhöe, wie die Untersuchungen von JEHLE & ÜHARLETON, STRONG, FLEXNER und seinen Schülern sowie WEAvVER & TwunıcLırr gelehrt haben. Dies gilt nicht nur von den durch die giftarmen Ruhrbacillen (JEHLE, LEINER, HENNon, MAnIcATIDE), sondern auch von den durch den Stmica-Kruseschen Bacillus hervorgerufenen Kinderdysenterien (Worr- STEIN, JEHLE, DuvaLn & Basser, Hastıncs, LA FETRA & HowLanD, Rorck, MantcATıDE). Den letztgenannten Typus wollen Dvvar & 970 Orro Lentz, Basser so häufig bei diarrhöekranken Kindern gefunden haben, dab sie ebenso wie Boor ihn geradezu als Erreger der Sommerdiarrhöe der Kinder bezeichnen. Hier handelt es sich indessen wohl um einen diagnostischen Irrtum der genannten Autoren. Sieht man sich ihre Krankengeschichten an, so erkennt man ohne weiteres, daß sämtliche Fälle, in. welchen Dysenteriebacillen nach- gewiesen werden konnten, regelmäßig auch wichtige für Dysenterie typische Sym- ptome aufwiesen, wie schleimige oder schleimig-blutige Stühle oder, soweit die Fälle zur Sektion kamen, diphtherische oder geschwürige Veränderungen der Darmschleimhaut. Mit Recht betonen deshalb im Gegensatz zu Duvau & BasseET MARTHA WOLLSTEIN, SCHWARZ, ÜOLLINS, JEHLE, MORGAN, MORGAN & LEDINGHAM und MANICATIDE, daß man einen Unterschied zwischen der „Dysenterie der Kinder“ und der „einfachen Sommerdiarrhöe‘“ machen müsse, bei welch letzterer es ihnen nie gelungen ist, Dysenteriebacillen nachzuweisen, während dies bei ersterer fast stets gelingt. PEASE & SHAaw heben ausdrücklich hervor, daß bei den von ihnen beobachteten Fällen von Kinderdiarrhöe, die durch den Flexner-Bacillus hervorgerufen war, stets ein Zusammenhang mit Dysenterie- epidemien festzustellen war. Davon, daß in der Tat bei dysenteriekranken Kindern die Beimengung von Schleim zu den Faeces nur gering oder von sehr kurzer Dauer sein kann, so daß sie nur bei aufmerksamer Untersuchung der Entleerungen festgestellt werden kann, konnte sich Verf. mehrfach bei Y-Dysenterien überzeugen. Man kann daher Kruse und KNÖPFELMACHER nur zustimmen, wenn sie sagen, daß jede follikuläre Enteritis bei Kindern wenigstens den. Verdacht auf Ruhr wachrufen müßte. " Wie häufig noch die leichten und atypischen Ruhrerkrankungen sind, und wie sehr sie sich der lediglich klinischen Diagnose entziehen, zeigen die interessanten Untersuchungen, die LOEWENTHAL an dem Untersuchungsmaterial des städtischen Untersuchungsamtes in Berlin anstellte. Während im ganzen Jahre 1911 in Berlin nur 5 Ruhr- erkrankungen polizeilich gemeldet wurden, stellte LoEWENTHAL unter 625 Blutproben, die dem Amte aus den verschiedensten Anlässen zur Untersuchung zugingen, 130 fest, die eine ausgesprochen positive, und etwa ebenso viele, die eine stark angedeutete Agglutinations- reaktion gegenüber Y-Bacillen ergaben. Bei einer ganzen Reihe der betreffenden Personen konnte er nachträglich auch die Y-Bacillen in den Faeces nachweisen. In gleicher Weise wie die Leichtkranken können auch gesunde Bacillenträger und Dauerausscheider zur Verbreitung der Ruhr bei- tragen. da auch diese es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen, weil sie nicht ahnen, welche Gefahr ihrer Umgebung von ihrer Seite droht. Daß auch bei der Dysenterie sogenannte gesunde Bacillenträger vorkommen, .d. h. Individuen, die Ruhrbacillen aufgenommen haben und, ohne selbst auch nur geringfügig zu erkranken oder anatomische Darmläsionen aufzuweisen, in ihren Faeces wieder ausscheiden, ist durch eine ganze Reihe einwandfreier Beobachtungen erwiesen worden. Conrapı fand in der Umgegend von Metz während einer dort herrschenden Shiga-Kruse-Epidemie bei 5 ganz gesunden Kindern Shiga-Kruse-Baeillen, ebenso Corzıns bei 2 Kindern, die angeblich nie an ruhrartigen Erkrankungen gelitten hatten, je einmal Flexner- und Y-Bacillen; auch Duvan & Basser berichten, daß sie 2mal in den Stühlen von Gesunden, und Forv, daß er häufig in den Leichen von nicht an Ruhr Verstorbenen Ruhrbacillen nachgewiesen hätte. . (ranz besonders beweiskräftig sind aber die Beobachtungen, die bei Gelegenheit der großen Militärepidemie in Hagenau, Fürth (0. Dysenterie. 971 MayErR) und Metz (BoEHNkKkE) gemacht wurden, weil hier der Be- fund von Y- bzw. (in Metz) Shiga-Kruse-Bacillen bei Soldaten erhoben wurde, deren tadelloser Gesundheitszustand durch eine bereits mehrere Ben lang durchgeführte strenge ärztliche Kontrolle bestätigt wurde. Die beiden erstgenannten Epidemien (in der Beschreibung der Metzer Epidemie finden sich in dieser Hinsicht keine näheren zeit- lichen Angaben) sind auch dadurch besonders interessant, daß sie zeigten, dab gerade gegen das Ende von Ruhrepidemien die Zahl der gesunden Bacillenträger eine ganz außerordentliche Höhe erreichen kann. In Hagenau wurden neben 232 Erkrankten 139 gesunde Bacillen- träger, in Fürth neben 53 Erkrankten 22 gesunde Bacillenträger und in Metz neben 78 Kranken 25 gesunde Bacillenträger festgestellt. Wenn auch im allgemeinen die Ausscheidung der Ruhrbacillen bei den gesunden Bacillenträgern nur von kurzer Dauer ist, so fand MAyER sie doch bei 2 seiner Träger 4 Wochen lang, und Sımox berichtet aut Grund der von ihm ausgeführten Nachuntersuchungen an 84 ehemaligen gesunden Bacillenträgern der Hagenauer Epidemie, daß 13 von diesen die Ruhrbacillen noch 137 bis 404. Tage nach der ersten Feststellung ausschieden, also Dauerausscheider wurden. Die Agglutinationskraft des Blutserums der gesunden Bacillen- träger war in mehreren Fällen erhöht; in Hagenau wurde einmal ein Titer von 1:300, in Fürth ein solcher von 1:200 beobachtet. Wir haben bei den Dysenteriebacillenträgern ganz ähnliche Verhältnisse wie bei Typhusbacillenträgern, bei denen ebenfalls eine Erhöhung des Agglutinationsvermögens ihres Blutserums gefunden wird, auch wenn sie nicht das geringste Krankheitssymptom geboten haben. Einer der von Mayer gefundenen Bacillenträger erkrankte übrigens noch 9 Tage nach seiner Feststellung an einer typischen Ruhr. BrÜcknER hat die Tatsache, daß die Ausscheidung von Ruhr- bacillen durch Gesunde ohne jegliche Läsion des Darms erfolgen kann, auch durch einen Sektionsbefund bestätigen können. Er fand bei einer Y-Bacillenträgerin, die er bereits mehrere Monate vor dem Tode als solche in Beobachtung hatte, und die niemals an Ruhr ge- litten haben wollte, bei der Sektion Y-Ruhrbacillen in den kleinen Gallengängen der Leber, während im Darm weder Ruhrgeschwüre noch Narben von solchen vorhanden waren. Epidemiologisch noch wichtiger als diese eben erwähnten ge- sunden Bacillenträger sind die Ruhrbacillen-Dauerausscheider. Mit dem Eintritt der klinischen Genesung hört nämlich bei der Ruhr ebensowenig wie beim Typhus die Ausscheidung der Krankheitserreger immer auf. Vielmehr erstreckt sich diese häufig noch wochenlang in die Rekonvaleszenz hinein und ein gewisser Prozentsatz der er- krankt Gewesenen scheidet noch monate- und jahrelang Ruhrbacillen aus. Allerdings scheint es sich nach den bis jetzt vorliegenden Nach- richten bei dieser Dauerausscheidung seltener um eine regelmäßige Ausscheidung bei vollkommenem Wohlbefinden zu handeln, sondern häufiger um eine in mehr oder weniger unregelmäßigen Intervallen bei Gelegenheit leichter Rezidive auftretende Ausscheidung bei chronisch- ruhrkranken Individuen. Gerade diese leichten Rückfälle werden aber deshalb besonders gefährlich, weil sie meist nicht beachtet, noch viel weniger aber als Ruhranfälle gewürdigt werden. So kommt es mn 972 Orro Lenz, u denn, daß jeder dieser Dauerausscheider unter günstigen Bedingungen ein neues Ansteckungszentrum bilden kann (NEGrı & Pane). Ueber eine ganze Reihe von solehen Dauerausscheidern finden sich Nach- richten in der Literatur. So wird in dem Bericht des preußischen Kriegsministe- riums über die Döberitzer Epidemie erwähnt, daß ein bei dieser Epidemie an Ruhr erkrankter Soldat während eines Erholungsurlaubes in seiner Heimat an einem leichten Rezidiv erkrankte und zur Entstehung einer kleinen Ruhrepidemie Veranlassung gegeben hat. Prunt teilt an anderer’ Stelle desselben Berichtes mit, daß er auch bei drei Soldaten, die in China Ruhr durchgemacht hatten, nach ihrer Rückkehr nach Deutschland noch 1 Jahr nach ihrer Erkrankung Ruhrbaeillen nachweisen konnte. Ebenso hat er bei MORGENROTH, der in China 2mal Ruhr durchgemacht hatte und nach seiner Rückkehr nach Deutschland zeitweise an Durchfall litt, Flexner-Bacillen im Stuhl gefunden. EcKERT fand in China mehrfach bei Leuten, die Ruhr überstanden hatten, noch monatelang nach dem Abklingen der klinischen Erscheinungen Ruhr- bacillen in den Faeces. Bei einem Chinakrieger stellte er noch 9 Monate nach Ablaut der Krankheit Ruhrbacillen vom Typus Flexner fest. Der Mann bekam bald daraut ein Rezidiv. LenTz fand in Saarbrücken bei einem Soldaten, der bereits während der Rekonvaleszenz nach einer Y-Dysenterie noch 5 Wochen nach klinischer Ge- nesung Ruhrbacillen ausgeschieden hatte, 5 Monate, nachdem die Ausscheidung sistiert hatte, wiederum Ruhrbacillen im Stuhl, als der Betreffende an einem ganz leichten Rezidiv litt, das sich in geringem schmerzhaftem Ziehen in der Gegend des Colon descendens und in häufigerem dünnbreiigem Stuhlgang, dem etwas Schleim beigemengt war, äußerte. Bei einem anderen Soldaten desselben Regi- ments, der 1 Jahr zuvor Ruhr durchgemacht, dann aber kurz vor Ausbruch der neuen Epidemie mehrere Tage lang an Schmerzen in der linken Bauch- seite und Durchfall gelitten hatte, konnte LENTZ, als er ihn 1!/; Monate später in anfallsfreier Zeit untersuchte, in den Faeces noch reichliche Schleimbeimeng- ungen, aber keine Ruhrbacillen, im Blutserum jedoch eine Agglutinationsreaktion von 1:100 gegenüber Y-Bacillen, nachweisen und glaubt daraus den Schluß ziehen zu dürfen, daß jener Durchfall ein Ruhrrezidiv gewesen sei und zu dem Ausbruch der neuen Ruhrepidemie Veranlassung gegeben habe. Kruse wies bei einer Frau Ruhrbacillen nach, die 2 Jahre zuvor an Ruhr gelitten hatte und seitdem mehrmals an Rückfällen erkrankt war; ebenso bei einem Husaren, der 1905 Ruhr durchgemacht hatte (KrusE spricht ohne nähere Bezeichnung des Typus von Pseudodysenterie, nach mündlicher Mitteilung u es sich um seinen Typus A). Krankheitserscheinungen bot der Husar nicht. NEGRI & PanE sahen einen 65 Jahre alten Bauer, der im November 1905: an Dysenterie gelitten hatte und seitdem häufig über Leibschmerzen und Durch- fälle klagte; im November 1906 konnten sie in seinen Faeces Shiga-Krusesche Bacillen nachweisen, während sein Blutserum diesen Typ noch in der Verdünnung 1: 300 agglutinierte. LuckscH berichtet, daß von den von ihm beobachteten Ruhrkranken, 54 Geisteskranken, die an Y-Dysenterie litten, die Hälfte chronische Dysenterie behielten. Diese Chronischkranken bekamen oft noch nach Wochen und Monaten Rezidive und steckten dann gesunde Saalgenossen an. Einige der Chronisch- kranken starben noch in späteren Monaten an Marasmus. HILLEBRECHT und BOFINGER beobachteten bei den in Südwestafrika an Ruhr erkrankt gewesenen Soldaten häufig noch wochen- und monatelang dauernde Neigung zu Durchfällen mit Schleim- und Blutbeimengungen in den Faeces. BOFINGER vermutet, daß in diesen Schleimfaeces Ruhrbacillen enthalten ge- wesen sind. Eine Bestätigung erfährt diese Ansicht durch eine Beobachtung von KÜSTER, der bei einem früheren Deutsch-Südwestafrika-Krieger, der 1905 in Afrika Dysenterie durchgemacht hatte, 1908, also noch 3 Jahre später, Dysenterie- bacillen vom Typus Shiga-Kruse nachweisen konnte. Der Mann hatte seit seiner Dysenterieerkrankung häufig an Durchfällen mit schleimig-blutigen Ent- leerungen gelitten, die ohne äußere Veranlassung auftraten und oft nur einen Tag andauerten. Erst nach mehrfacher Untersuchung gelang der Nachweis der tuhrbacillen in den Faeces des Patienten, dessen Serum die Shiga-Kruse- Bacillen in der Verdünnung 1:500 agglutinierte. Bei einer rektoskopischen Dysenterie. 973 Untersuchung zeigten sich auf der Mastdarmschleimhaut des Patienten polypöse, leicht blutende und oberflächlich ulzerierende Wucherungen. Wie KÜsTER fand Hawkıns bei einem Manne, der seit 4 Jahren an chronischer Ruhr litt, mittels des Rektoskops Mastdarmgeschwüre und konnte in dem Abstrich von einem solchen Flexner-Bacillen nachweisen. Ferner hat HEuser bei der systematischen Untersuchung aller Insassen der Irrenanstalt in Städtel-Leubus, in der mehrfach Ruhrepidemien geherrscht hatten, in den anscheinend ganz normalen und keinen Schleim enthaltenden Faeces von 3 Geisteskranken Ruhrbacillen vom Typus Y nachweisen können. Se hatten in letzter Zeit weder an Ruhr noch an verdächtigen Durchfällen gelitten. Iı derselben Anstalt sind, wie HAGEMANN mitteilt, später noch 15 Baeillen- träger festgestellt worden. Diese haben durch zum Teil sehr große Unsauber- keit {Kotschmieren) eine große Zahl von Infektionen veranlaßt, wie hier bei den übersichtlichen Verhältnissen der Irrenanstalt mit absoluter Sicherheit nach- gewiesen werden konnte. Ebenso berichten KUHN, GILDEMEISTER & WOITHE über mehrfache Ruhr- ausbrüche in einer Privatirrenanstalt, die sie einwandfrei auf Ruhrbacillenträger zurückführen konnten, die sie unter den Geisteskranken fanden. Ob dagegen die Annahme von KonrıcH, daß die von ihm beobachtete Ruhrepidemie in Triptis und Umgegend durch einen Bacillenträger hervorge- rufen war, einen Dragoner, der in Südwestafrika !/;, Jahr zuvor an Ruhr er- krankt war, zu Recht besteht, ist leider nicht mit Sicherheit erwiesen. Das bei dem vermeintlichen Bacillenträger gefundene Stäbchen weicht in wichtigen kulturellen Eigenschaften von dem Shiga-Kruse-Bacillus, der jene lpidemie verursachte, doch so erheblich ab, daß trotz seiner hohen Agglutinabilität durch Shiga-Kruse-Serum KonkıcHhs Zweifel an der Identität der beiden Baeillen durchaus gerechtfertigt erscheinen (cf. S. 950). Unter den Kranken der Fürther Epidemie fand MAYER 16, die die Ruhrbacillen 5—16 Wochen lang ausschieden. Wie er in einer späteren Veröffentlichung be- richtet, fand diese Ausscheidung nicht gleichmäßig statt, sondern sistierte oft längere Zeit, bis zu 66 Tagen, um dann von neuem zu beginnen. Wie bereits erwähnt, wurden bei der Hagenauer Ruhrepidemie nach den Mitteilungen Sımons 13 gesunde Bacillenträger Dauerausscheider. Demgegen- über ist die Zahl der Kranken, die im Verlauf der Rekonvaleszenz Dauer- ausscheider wurden, gering; nur bei 5 ehemaligen Kranken wurden noch 144 bis 618 Tage nach Beginn der Erkrankung Ruhrbaeillen in den Faeces nach- gewiesen. Auch bei den Hagenauer Dauerausscheidern erfolgte die Ausschei- dung der Ruhrbaeillen in zum Teil großen Intervallen. Mehrfach kam es in der Umgebung dieser Dauerausscheider noch in den beiden folgenden Jahren zu weiteren Kontaktinfektioneh, die aber dank der Aufmerksamkeit, die ständig den Dauerausscheidern und ihrer Umgebung gewidmet wurde, stets vereinzelt blieben. BOEHNKE konnte als Infektionsquelle für die von ihm in Metz beobachtete Shiga-Kruse-Epidemie einen Oekonomie-Handwerker feststellen. Dieser hatte im Spätsommer 1909 an Ruhr gelitten und hatte 9 Monate später, wenige Tage vor Ausbruch der Epidemie, an Leibschmerzen und Durchfall gelitten, ohne sich krank zu melden. In seinem Stuhl konnten Shiga-Kruse-Bacillen nachge- wiesen werden und sein Blutserum agglutinierte diesen Typ bis 1:300. Jedenfalls zeigen aber gerade diese Beobachtungen, wie die Ruhr „überwintern“ und nach längerer seuchenfreier Pause von neuem ausbrechen kann. Auch Karm Knan und Rıss heben diese Be- deutung der Bacillenträger hervor. Nicht sind infizierte Brunnen oder ein verseuchter Boden, in denen sich die wenig widerstandsfähigen Ruhrbacillen nach unseren heutigen Kenntnissen gar nicht längere Zeit lebensfähig erhalten können, die Stätten, in denen sich die Ruhr bacillen in den seuchenfreien Zeiten erhalten, sondern lebende In- fektionsquellen, leicht oder atypisch Kranke und vor allem die Dauer- ausscheider. Sie sind es auch, die, wie jener Bacillenträger aus der Döberitzer Epidemie, die Ruhrkeime über weite Strecken hin ver- schleppen und an bisher seuchenfreien Orten den Ausbruch einer Rubrepidemie veranlassen können. So vermuten z. B. auch Barr- 974 Orro Lentz, MANN & ScHürrner, daß die Ruhr nach Sumatra von Java aus durch Bacillenträger eingeschleppt worden sei. Diese Vermutung wurde kurze Zeit später dadurch außerordentlich gestützt, daß van LoGHEM & ScHürrner 27 frische Ruhrfälle feststellten, die von’ Java aus nach Sumatra (Deli) eingeschleppt worden waren. Ziehen wir in Betracht, daß die Ausscheidung der Ruhrkeime bei den Dauerausscheidern fast stets in größeren Pausen erfolgt und nur wenige Tage zu dauern braucht, daß ferner zur Infektion schon eine flüchtige Berührung genügen kann, und dab zwischen Infektion und Erkrankung eine wenigstens 3-tägige Inkubationszeit liegt,. eine Zeit, - die genügt, um die Erinnerung an eine nur flüchtige Begegnung und nur wenig eindrucksvolle Erlebnisse vollständig auszulöschen, so kann es nicht wunder nehmen, daß es beim Ausbruch einer Ruhrepidemie an einem bisher ruhrfreien Orte so häufig nicht gelingt, die eigent- liche Infektionsquelle zu ermitteln. Eine besondere Bedeutung können die Ruhrbacillenträger in Irren- anstalten dadurch gewinnen, dab sie bei dem engen Zusammenleben und den unsauberen Gewohnheiten der Geisteskranken in gemein- samen Räumen besonders leicht Gelegenheit finden, ihre Ruhrkeime auf Gesunde zu übertragen. So erklärt es sich, daß in vielen Irren- anstalten die Ruhr durch Jahre und Jahrzehnte hindurch immer wieder ausbricht, und zwar meist immer wieder in ganz bestimmten Sälen oder Abteilungen der Anstalt. (LuckscHh, LIEFMANN & NIETER, HEU- SER, LENTZ, NEISSER, HAWKINS, MACALISTER, KUHN, GILDEMEISTER, & WoITHE, HAGEMANN.) In der Regel enthalten die Faeces der chronischen Ruhrbacillen- träger, besonders zur Zeit eines ‚Rezidivs, Schleim, in welchem dann die Ruhrbacillen in größeren Mengen enthalten sein können. Jedoch finden sich bisweilen die Ruhrbacillen auch in ganz normalen Faeces während vollkommen rezidivfreier Zeiten (HEuSER, Sımox). Wie aber die Schleimbeimengungen in den Faeces der Ruhrbacillenträger ver- raten, handelt es sich bei ihnen meist nicht um vollständig- gesunde Individuen, sondern um chronisch Kranke, deren Darmschleimhaut nicht wieder ihre normale Beschaffenheit wiedergewonnen hat. Dab sich in der Tat auf ihr noch Residuen der überstandenen Krankheit in Form von atonischen Geschwüren finden, lehren die beiden oben erwähnten von Küster und Hawkıns beobachteten Fälle, bei welchen die Geschwüre mit dem Rektoskop festgestellt werden konnten. Bei anderen Fällen von chronischer Dysenterie fand Hawxıns bei der Autopsie atonische Geschwüre, die nicht nur im untersten, sondern zum Teil auch im obersten Teil des Dickdarms saßen. Wie langsam überhaupt bei Ruhrrekonvaleszenten die Darmge- schwüre abheilen, davon konnten sich Lentz & Kanwrtorowırz bei mehreren Ruhrkranken überzeugen, deren teils leichte, teils mittel- schwere Erkrankung im übrigen einen ganz normalen Verlauf nahm. Mit Hilfe des Rektoskops beobachteten sie bei ihnen die fortschreitende Heilung der Mastdarmgeschwüre. Bei 2 ihrer Patienten sahen sie so noch 4 bzw. 8 Wochen nach erfolgter klinischer Genesung und 3 bzw. 5 Wochen, nachdem zum letzten Mal der Bacillennachweis aus den Faeces gelungen war, vereinzelte Geschwüre auf der hoch- roten Schleimhaut des Mastdarms. Erst allmählich heilten diese Ge- schwüre ab, und zwar die obersten zuerst und die dem Anus nächsten Dysenterie. 975 zuletzt; zugleich mit dem letzten Geschwür verschwand auch die bis dahin stets vorhandene starke Rötung der Darmschleimhaut. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß, solange Ge- schwüre auf der Darmschleimhaut vorhanden sind, auch Ruhrbäcillen im Grunde der Geschwüre lagern und jederzeit zur Entstehung eines Rezidivs Veranlassung geben können. Nach KrızEsE sollen etwa 3 Proz. aller Ruhrkranken eine chronische Dysenterie zurückbehalten. Wenn Kruse meint, daß diese Zahl wohl zu hoch gegriffen ist, weil sie an einem zu kleinen Kranken- hausmaterial gewonnen ist und gerade Leichtkranke, die das Krankenhaus nicht aufzusuchen pflegen, seltener eine chronische Ruhr zurückbehalten, so stehen mit dieser ‘Ansicht, soweit man in dieser Hinsicht die Shiga-Kruse-Dysenterie mit der Y-Dysenterie überhaupt in Parallele setzen darf, die bei der Hagenauer Epidemie gemachten Erfahrungen in einem gewissen Widerspruch. Denn hier waren es gerade Leichtkranke, welche Dauerausscheider wurden, während alle schwerer Kranken die Ruhrbacillen schnell verloren. Der Prozent- satz der Erkranktgewesenen, der später Dauerausscheider wurde, war hier allerdings geringer als ihn KrıEseE angibt, 5 von 232—=2 Proz., dafür wurden aber von den 139 gesunden Bacillenträgern 13 — 9,55 Proz. Dauerausscheider. Als Stätte der Vermehrung der Ruhrbacillen bei den Daueraus- scheidern müssen wir nach den bisherigen Beobachtungen lediglich die Darmwand ansehen, vor allem atonische Darmgeschwüre. Die Gallenblase, die bei Typhusbacillenträgern eine so große Rolle spielt, kommt bei der Ruhr jedenfalls nicht in Betracht. Experimentell hat dies auch Vincent festgestellt, der bei Kaninchen, die er mit Flexner- Bacillen infizierte, die Krankheitserreger niemals in der Galle nach- weisen konnte, vielmehr sah, daß Flexner-Bacillen in der Galle schnell zugrunde gehen. Er schließt daraus, daß sich die Ruhrbacillen bei Dauerausscheidern nicht in der Gallenblase, sondern in der Darm- wand und den Darmdrüsen vermehren. Da& außer den Dejektionen der Ruhrkranken und Bacillenträger auch ihre Wäsche und von ihnen infizierte Effekten zur Verbreitung der Krankheit beitragen können, habe ich bereits erwähnt. Ein sehr interessantes Beispiel einer Uebertragung von Flexner-Ruhr durch infiziertes Eßgeschirr teilt Bussow mit. Hier hatte sich in einem Krankenhause ein Küchenmädchen, als sie einmal aushilfsweise das Eßgeschirr von einem mit 3 Ruhrkranken belegten Infektionspavillon abwusch, mit Ruhr infiziert, war aber nur leicht erkrankt und hatte ihren Dienst weiter versehen, ohne sich krank zu melden; kurze Zeit hinterher erkrankten mehrere Patienten einer anderen Abteilung an schwerer Ruhr, für welche dieses Mädchen das Essen hergerichtet hatte; bei diesen letzten Infektionen handelte es sich offenbar um eine Nahrungsmittelinfektion. Ebenso scheinen bei der schnellen Ent- wickelung der Hagenauer Ruhrepidemie Nahrungsmittelinfektionen eine bedeutende Rolle gespielt zu haben. Einmal befanden sich nämlich unter den zuerst Erkrankten eine Anzahl Militärbäcker und zweitens wurden bei dem Küchenunteroffizier und dem Kantinenwirt auf dem Truppenübungsplatz sowie bei einer Verkäuferin in der Kantine des 15. Dragonerregiments Ruhrbacillen nachgewiesen. Auch von anderer Seite sind infizierte Nahrungsmittel für die Verbreitung der Ruhr verantwortlich gemacht worden, besonders Milch (STRoXG, HENnnon, 976 Orro Lentz, ZınsseR, ORR, Tmomas). Stets waren hier aber die Nahrungsmittel durch Fliegen, welche vorher auf Ruhrfaeces gesessen hatten (VEEDER, HorrE-SEYLER, SCHMIEDICKE, BIRT, LUCKSCH, FAICHNIE, HILLEBRECHT, KORENTSCHEWSKY, SIEBERT, MARTINI), oder durch Ruhrkeime ent- haltendes Wasser infiziert worden, mit welchem z. B. die Milchgefäße gereinigt waren (ORR). Daß eine rein mechanische Uebertragung von Ruhrbacillen aus Ruhrfaeces durch Fliegen möglich ist, hat A. AucHh& gezeigt, der den bekannten Versuch von FIcKEr mit Ruhrbacillen wiederholte und so nachweisen konnte, daß Fliegen noch 6 Stunden, nachdem sie auf ruhrbacillenhaltigen Faeces oder Reinkulturen von Ruhr- bacillen gesessen hatten, lebensfähige Ruhrkeime an ihren Beinen und ihrem Rüssel hatten. Ebenso konnte GALLI-VALERIO an Fliegen, welche auf Ruhrfaeces gesessen hatten, die gleichen Ruhrbacillen nachweisen, die er bei den Kranken der betreffenden Epidemie ge- funden hatte. Wenn auch das Wasser bei der Uebertragung der Dysenterie sicher nicht die Rolle spielt, die man ihm früher zuschrieb (SPrınG- FELD, RuGE, BucHanan), so können doch gelegentlich Ruhrbacillen mit Fäkalien und Abwässern in offene Wasserläufe und schlecht angelegte oder schadhafte Brunnen geraten und auf diese Weise Infektionen und größere Epidemien veranlassen. Eine kleine Zusammenstellung von solchen Trinkwasserinfektionen bringt KAarrturıs, und DUPrREY nennt die Ruhrepidemie, welche im Jahre 1901 auf der Insel Grenada wütete, geradezu eine water-borne disease. SCHMIEDICKE konnte nachweisen, daß die Döberitzer Epidemie ihren Ausgang von einem in- fizierten Ziehbrunnen genommen hatte, welcher zu einem Hause gehörte, in dem kurz zuvor mehrere Ruhrerkrankungen vorgekommen waren. In höchst geistreicher Weise führte WEIL den Nachweis, daß eine im Brucker Militärlager ausgebrochene Ruhrepidemie ihren Ursprung in der das Lager versorgenden zentralen Wasserleitung hatte, deren Sammelreservoir unter- irdischen Zufluß aus einem Wassertümpel hatte, der offen an einer viel be- gangenen Straße lag und in welchem Zigeuner ihre ruhrkranken Kinder ge- badet hatten. Auch Rusz beobachtete eine Ruhrepidemie, die er auf infiziertes Gruben- wasser zurückführen konnte. Ferner machen DEyYcCKE & REsScHAD für die Aus- breitung der Ruhr in Konstantinopel die ebenso großartigen, wie hygienisch bedenklichen Wasserversorgungsanlagen dieser Stadt verantwortlich, in deren Wasser ihnen einmal auch der Nachweis von Ruhrbacillen gelungen ist. Ebenso konnte KORENTSCHEWSKY im Wasser eines Brunnens Ruhrbacillen nachweisen. HILLEBRECHT nimmt an, daß auch im Hererofeldzug die Ruhr unter den deutschen Truppen infolge der Verseuchung der Wasserstellen durch ruhrkranke Hereros eine so starke Ausbreitung erfahren hat. Der gleichen Ursache gibt FAICHNIE für die starke Verseuchung der englischen Truppen im südafrikanischen Feldzug schuld. STRONG konnte in Manila immer wieder auftretende Ruhr- epidemien auf infiziertes Trinkwasser zurückführen. Nach Regulierung der Wasserversorgung ließ die Ruhr schnell nach. Ferner teilt SmiGA 2 sehr inter- essante Fälle von Ruhrübertragung durch infiziertes Wasser mit; im ersten Falle handelte es sich um Trinkwasser, das durch einen an leichter Ruhr leidenden Wasserträger ausgeteilt wurde und zur Erkrankung der Abnehmer führte, im zweiten um Flußwasser, in welchem die Wäsche eines Ruhrkranken gewaschen wurde; eine große Anzahl von Menschen, die zu gleicher Zeit unter- halb jener Stelle badeten, erkrankte an Ruhr. Einen sonst wohl noch nicht beobachteten Infektionsmodus stellte HAGE- MANN in einer stark mit Ruhr verseuchten Irrenanstalt fest. Hier war unter den Geisteskranken die Unsitte sehr verbreitet, „ihren Durst an dem sprudelnden Quell der Abortspülung, d. h. innerhalb des Aborttrichters, zu löschen, weil das Wasser dort „frischer“ sei als an den Zapfstellen der Leitung“. Daß hier- durch manche „Trinkwasserinfektion“ zustande kam, dürfte kaum zweifelhaft sein. Dysenterie. ITT Der Nachweis der Ruhrbacillen in ‘Wasser ist bisher nur selten gelungen. Coxnrapr fand in dem Schlammfang eines Pumpbrunnens, an dem das Nachtgeschirr eines Ruhrkranken gespült worden war, und Fischer, Houn & Stape im Wasser der Berne, eines Baches, der Essen durchfließt, während einer dort herrschenden Ruhrepidemie Shiga-Kruse-Bacillen. Die letzteren glauben, einige der von ihnen beobachteten Ruhrerkrankungen auf das infizierte Bachwasser zurück- führen zu können. Ferner gelang es WINTER, aus dem Wasser eines Brunnens, durch dessen Genuß eine Anzahl von Ruhrerkrankungen hervorgerufen sein sollten, Ruhrbacillen zu züchten, die er mit dem Kruseschen Pseudodysenterie-D-Stamm (Y-Typus) identifizierte. Er verteilte zu dem Zweck je 2 ccm des Wassers auf der Oberfläche von groben Drigalski-Agarplatten, ließ das Wasser bei 40-—42° C ver- dunsten und brachte die Platten für 20 Stunden in den 37 °-Brütofen. So züchtete er 4—5 Ruhrkolonien aus 1 ccm Wasser. Ob auch Staub imstande ist, Ruhrkeime auf Gesunde zu über- tragen, wie PFUHL, BIRT, KoORENTSCHEWSKY, FAICHNIE und HirLer- BRECHT annehmen, erscheint bei der großen Hinfälligkeit der Ruhr- bacillen gerade gegenüber der Austrocknung wenig wahrscheinlich. Dagegen ist die Annahme von Warers durchaus plausibel, daß frisch mit Dysenteriefaeces infizierter Erdboden zur Verbreitung der Dys- enterie beitragen kann. Als begünstigende Momente spielen bei der Entstehung der Ruhr in erster Linie Verdauungsstörungen aller Art, die eine gewisse Disposition für die Erkrankung schaffen, sodann auch nach BLackHaMm, Warers, Böse, BoEHNKE und MarTIıNnı Anstrengungen, starke Ab- kühlungen und plötzliche Durchnässung eine nicht zu unterschätzende Rolle, wie ja alle die Körperkräfte schädigenden Momente, voraus- gegangene Krankheiten, Malaria, Typhus, sowie Alkoholmißbrauch einen höchst ungünstigen Einfluß auf den Verlauf der Krankheit haben können. Ebenso ist es eine immer wiederkehrende Beobachtung, daß all- gemein ungesunde hygienische Verhältnisse, schmutzige, dunkle und mangelhaft gelüftete Wohnungen, die Zusammenpferchung größerer Menschenmassen in kleinen unzureichenden Wohnungen der Aus- breitung der Ruhr ganz außerordentlich Vorschub leisten (GUITERAS & AGRAMONTE, SPRINGFELD, BORNTRÄGER). In gleicher Weise be- günstigend wirken die Benutzung gemeinsamer Aborte (BOEHNKE), mangelhafte (DeyckE & RescHap) und unsaubere (Dörr) Abort- anlagen sowie im allgemeinen Unsauberkeit (MArTını) und primitive Bräuche, wie z. B. die Reinigung des Eßgeschirrs mit Gras und Sand in Indien (WATERS). Daß die Ruhr ihre größte Ausdehnung vorzugsweise im Spät- sommer und Herbst erreieht, hängt wohl in erster Linie damit zu- sammen. daß erfahrungsgemäß in dieser Zeit die Menschen am meisten zu Katarrhen der Verdauungswege neigen, andererseits auch gerade danı die Ernte, Märkte, Manöver und vielfach auch Feste (Kirmes) eine lebhaftere Fluktuation der Bevölkerung und ein Zusammen- strömen größerer Menschenmassen mit sich bringen, alles Momente, die der Verbreitung der Ruhr, wie auch anderer Infektionskrank- heiten, Vorschub leisten. Aus ganz ähnlichen Gründen erklärt es sich auch, daß die Ruhr eine der häufigsten Begleiterscheinungen der Kriege ist. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 62 978 Orrto Lentz, Prophylaxe und Bekämpfung. Aus dem im vorigen Kapitel Gesagten geht ohne weiteres hervor, nach welchen Gesichtspunkten zur Verhütung und Bekämpfung der Dysenterie verfahren werden muß. Das wirksamste Mittel gegen die Ruhr ist Reinlichkeit. Da erfahrungsgemäß die Infektionserreger in weitaus den meisten Fällen durch die Hände in den Mund gelangen, bietet schon das regelmäßige Waschen der Hände vor dem Essen oder dem Hantieren mit Nahrungsmitteln einen nicht zu unterschätzenden Schutz gegen eine Infektion. Personen, welche mit Ruhrkranken in unmittelbare Berührung kommen, müssen ihre Hände gründlich des- infizieren, sobald sie am Krankenlager zu tun gehabt haben. Sie dürfen nicht im Krankenzimmer ihre Mahlzeiten einnehmen und müssen durch ‘Anlegen eines besonderen Ueberkleides im Kranken- zimmer verhüten, daß sie etwa mit ihrer Kleidung Ruhrkeime ver- schleppen. Die Ruhr gehört zu den anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten. Das preußische Gesetz betreffend die übertragbaren Krankheiten vom 20. August 1905 besagt, daß jede Erkrankung an „übertragbarer Ruhr“ der Polizei gemeldet werden muß. Mit Rücksicht auf den so häufigen leichten und atypischen Verlauf der bacillären Ruhr wäre es indessen im Interesse einer wirksamen Bekämpfung der Ruhr wünschenswert, daß auch der Verdacht einer Ruhrerkrankung anzeigepflichtig wäre. Zur Verhütung der Weiterverschleppung der Ruhr ist in erster Linie auf die Unschädlichmachung der Darmentleerungen der Kranken durch eine sorgfältige Desinfektion der Dejektionen zu achten und eine möglichst strenge Isolierung der Patienten zu erstreben. Auch Kleider, Wäsche, Eßgeschirr und sonstige Effekten der Kranken müssen sorg- fältig desinfiziert werden. Desinfektion und Isolierung müssen so lange durchgeführt werden, bis eine mehrmalige zweckmäßig in acht- tägigen Intervallen vorzunehmende bakteriologische Untersuchung der Faeces ergeben hat, daß letztere frei von Ruhrkeimen sind. All diesen Gesichtspunkten tragen auch die neuen, im Jahre 1912 vom Kaiser- lichen Gesundheitsamte herausgegebenen „Ratschläge für Aerzte bei Typhus und Ruhr‘ Rechnung, deren Wortlaut hier wiedergegeben sei: „l. Anzeige. Für die wirksame Bekämpfung des Unterleibstyphus und der übertragbaren Ruhr (Dysenterie) ist es notwendig, daß außer den klinisch sichergestellten Typhus- und Ruhrerkrankungen auch jeder typhus- oder ruhr- verdächtige Krankheitsfall unverzüglich der Behörde gemeldet wird. „Ist bei der Ankunft des Arztes der Kranke bereits verstorben, so ist gleich- falls unverzüglich Anzeige an die Behörde zu erstatten; auch ist dafür Sorge zu tragen, daß die Leiche und die von dem Verstorbenen benutzten Gegenstände bis zur weiteren Bestimmung der zuständigen Behörde in einer der Weiterver- breitung der Krankheit vorbeugenden Weise verwahrt werden. „2. Verhalten in verdächtigen Fällen. Bis zur Feststellung der Art des Leidens sind bei typhus- oder ruhrverdächtigen Erkrankungen die- selben Maßregeln zu ergreifen, wie bei den festgestellten Erkrankungen. „3. Verbreitungsweise. Die Krankheit pflanzt sich durch Ueber- tragung der Krankheitskeime von Mensch auf Mensch fort. Diese Uebertragung erfolgt entweder unmittelbar im persönlichen Verkehre, z. B. durch beschmutzte Hände (eigentlicher Kontakt) oder mittelbar durch infizierte Gegenstände, wie Leib- und Bettwäsche, Kleider, Eß- und Trinkgeschirr, Nahrungsmittel u. a. Gelangen die Krankheitserreger in Trinkwasser oder Milch, so kann es zu Massenerkrankungen und explosionsartigen Ausbrüchen kommen. Auch Fliegen können zur Verbreitung beitragen, indem sie die Krankheitserreger von Aus- scheidungen und infizierten Gegenständen auf Nahrungsmittel übertragen. Dysenterie. 979 „Für die bei der Bekämpfung des Typhus und der Ruhr überaus wichtige Auffindung der Krankheitsquellen ist die Mitwirkung der praktischen Aerzte unentbehrlich und von großem Vorteil. Krankheitsquellen sind zunächst die Kranken selbst, die in den Stuhlentleerungen — bei Typhus oft auch im Harn — reichlich die Krankheitskeime absondern. Besonders gefährlich sind die Leichtkranken, die nicht an das Bett gefesselt sind und daher den Ansteckungs- stoff überallhin auszustreuen vermögen. Auch Genesene können nach ihrer Wiederherstellung noch monate- und bei Typhus selbst jahrelang die Krank- heitskeime ausscheiden (Dauerausscheider). Nicht selten befinden sich ferner in der Umgebung der Kranken solche Personen, die, ohne selbst erkrankt zu sein, den Ansteckungsstoff aufgenommen haben und ausscheiden (Bacillenträger). Bei Typhus geht die Ansteckung zuweilen schon von solchen Fällen aus, bei denen die Krankheit erst begonnen hat und ein ausgesprochenes klinisches Krank- heitsbild noch nicht vorliegt (Frühkontakte). „4. Feststellung der Diagnose. Es empfiehlt sich, daß der Arzt in jedem Falle so frühzeitig wie möglich je eine Probe des Blutes und der Aus- leerungen an die zuständige bakteriologische Untersuchungsstelle unter Angabe der näheren Umstände einsendet. „Durch- die Untersuchung des Blutserums kann bei zweifelhaften Fällen von Typhus oder Ruhr die Diagnose häufig rasch geklärt und oft auch nach er- folgter Genesung noch sicher gestellt werden. Außerdem lassen sich im Blute Typhuskranker sehr häufig, namentlich in der ersten Zeit der Erkrankung, durch Züchtung Typhusbacillen nachweisen. Zu letzterem Zwecke ist die Einsendung einer größeren Blutmenge (l—2 ccm) angezeigt, während für die Serumunter- suchung schon die Einsendung von etwa !/, cem Blut genügt. Die erforder- lichen Blutmengen werden zweckmäßig durch einen Stich in das Ohrläppchen oder einen kleinen Einschnitt gewonnen. Das Blut wird am besten unmittelbar in einem kleinen, engen Reagenzröhrchen aufgefangen, wie solche gemäß der nachfolgenden Ziffer 5 zum Versand abgegeben werden; das Röhrchen ist durch einen Kork- oder Gummistopfen fest zu verschließen. „Auch Ausleerungen und Blutproben anscheinend gesunder Personen sind einzusenden, sofern diese Personen dem Arzte verdächtig erscheinen, Träger des Ansteckungsstoffs zu sein. „Da eine einmalige bakteriologische Untersuchung, wenn sie negativ aus- fällt, noch nicht sicher beweist. daß kein Typhus vorliegt, so sind die Proben wiederholt einzusenden. „Bekommt ein Arzt in einem Orte einen Typhus- oder Ruhrkranken in Be- handlung. so ist es sehr erwünscht, daß er die Ursache und die Herkunft der Krankheit zu ergründen sucht und nachforscht, ob nicht noch weitere ver- dächtige Fälle in der Umgebung des Kranken oder sonst im Orte sind. „>. Versendung des Untersuchungsmaterials. Die Einsendung von Proben an amtliche bakteriologische Untersuchungsanstalten erfolgt am besten mit der Briefpost. Es sind dabei Versandtgefäße zu benutzen, die in ausgehöhlte Holzklötze und Blechbehälter sich einschieben lassen und von den durch die Behörden bekanntgegebenen Stellen unentgeltlich bezogen werden können (z.B. in Preußen und Bayern von den Apotheken). „In jedem Falle müssen die Sendungen fest verschlossen und mit deutlicher Adresse, mit Namen und Wohnung des Absenders sowie mit dem Vermerke: „Vorsicht Untersuchungsmaterial‘“ versehen werden. „Bei der Beförderung als Postpaket ist die Sendung als „dringendes Paket“ aufzugeben. „Jeder Sendung ist ein Schein beizugeben, auf dem verzeichnet sind Name, Geschlecht, Alter und Wohnort der Erkrankten, die mutmaßliche Art der Er- krankung, der Tag des Beginns der Erkrankung, der Tag des etwaigen Todes, der Zeitpunkt der Entnahme des Materials, der Name und Wohnort des Arztes, der das Material entnommen hat, und die Stelle, welcher das Ergebnis der Untersuchung mitgeteilt werden soll. „Unmittelbar nach der Entnahme sind die Proben sobald als möglich zu verpacken und zu versenden, weil sonst das Ergebnis der Untersuchung in Frage gestellt wird. „6. Absonderung des Kranken. Der Kranke ist abzusondern; seine Pflege ist, wenn irgend möglich, berufsmäßigen Krankenpflegern zu übertragen. Ist die Absonderung in seiner Behausung nicht möglich, so ist darauf zu dringen, daß der Kranke in ein Krankenhaus oder. in einen anderen geeigneten Unter- kunftsraum übergeführt wird. Dies gilt namentlich dann, wenn der Kranke in einem Gasthaus, einer Erziehungs-, Pflege-, Gefangen- oder ähnlichen Anstalt, 62* 980 Orro Lextz, einem Schulgebäude, einer Milch-, Gemüse- oder anderen Lebensmittelhandlung oder auf einem Schiffe wohnt, oder wenn die Angehörigen des Kranken durch diesen besonders gefährdet sind (z. B. bei großer Unreinlichkeit, Mangel an Pflege, Vorhandensein vieler Kinder). „Da Kranke die Ansteckungskeime noch eine Zeitlang nach ihrer klinischen Genesung in ihrem Körper beherbergen und mit den Ausscheidungen entleeren können, so sollten sie so lange abgesondert bleiben, bis sich ihre Ausscheidungen als frei von Krankheitskeimen erwiesen haben. Es sind hierzu vom 10. Tage nach der Entfieberung ab in etwa S-tägigen Zwischenräumen so lange Stuhl und bei Typhus auch Harn an die bakteriologische Untersuchungsstelle einzu- senden, bis 2- oder 3mal hintereinander die Entleerungen sich als frei von Krankheitskeimen erwiesen haben. Ist letzteres nach Ablauf von 10 Wochen, vom Beginne der Erkrankung ab gerechnet, noch nicht der Fall, so kann die Absonderung zwar aufgehoben werden, jedoch sind die betreffenden l’ersonen dann nach den Bestimmungen über Bacillenträger zu behandeln. „‘. Belehrung der Umgebung des Kranken. Das Wartepersonal und die Umgebung des Kranken sind auf die Ansteckungsgefahr hinzuweisen und über deren Verhütung an der Hand des Typhus- und des Ruhr-Merkblatts zu unterrichten. (Behörden sowie gemeinnützige Körperschaften und Vereine können Abzüge dieser Merkblätter vom Kaiserlichen Gesundheitsamte zu Berlin unent- geltlich beziehen, einzelne Exemplare auch Privatpersonen.) Namentlich sind sie auf die Notwendigkeit einer gründlichen Desinfektion der Hände hinzuweisen sowie darauf, daß sie sich des Essens im Krankenraum enthalten und eine Be- schmutzung der Kleider und des Fußbodens durch Verspritzen der Ausleerungen des Kranken vermeiden sollen. „Auf die unschädliche Beseitigung der Ausleerungen des Kranken, sowie des Badewassers und auf die Vornahme der erforderlichen Desinfektionen ist mit besonderem Nachdruck hinzuwirken. Die Desinfektion hat nach der hierfür erlassenen Desinfektionsanweisung zu erfolgen. „Als Desinfektionsmittel werden empfohlen: „il. Verdünntes Kresolwasser (2,5-proz.). Zur Herstellung werden entweder 50 cem {d. h. 3—4 EBßlöffel) Kresolseifenlösung (Liquor Cresoli saponatus des Arzneibuchs für das Deutsche Reich) oder !/, Liter Kresolwasser (Aqua cresolica) mit Wasser zu 1 Liter Desinfektionsflüssigkeit aufgefüllt und gut durchgemischt. „2. Kalkmilch. Frisch gebrannter Kalk wird unzerkleinert in ein ge- räumiges Gefäß gelegt und mit Wasser (etwa der halben Menge des Kalkes) gleichmäßig besprengt; er zerfällt hierbei unter starker Erwärmung und unter Aufblähen zu Kalkpulver. „Die Kalkmilch wird bereitet, indem zu je 1 Liter Kalkpulver allmählich unter stetem Rühren 3 Liter Wasser hinzugesetzt werden. „Falls frisch gebrannter Kalk nicht zur Verfügung steht, kann die Kalk- milch auch durch Anrühren von je 1 Liter gelöschten Kalk, wie er in einer Kalkgrube vorhanden ist, mit 3 Litern Wasser bereitet werden. Jedoch ist darauf zu achten, daß in diesen Fällen die oberste, durch den Einfluß der Luft veränderte Kalkschicht vorher beseitigt wird. „Die Kalkmilch ist vor dem Gebrauch umzuschütteln oder ümzurühren. „39. Chlorkalkmilch wird aus Chlorkalk (Calcaria chlorata), der in dicht geschlossenen Gefäßen vor Licht geschützt aufbewahrt war und stechenden Chlor- geruch besitzen soll, in der Weise hergestellt, daß zu je Liter Chlorkalk allmählich unter stetem Rühren 5 Liter Wasser hinzugesetzt werden. Chlorkalkmilch ist jedesmal vor dem Gebrauche frisch zu bereiten. „Ausscheidungen des Kranken (Stuhlgang, bei Typhus auch Erbrochenes, Harn und Auswurf) sind in Nachtgeschirren, Steckbecken oder dergleichen auf- zufangen und alsdann sofort mit der gleichen Menge von Kalkmilch oder ver- dünntem Kresolwasser zu übergießen. Die Gemische dürfen erst nach mindestens zweistündigem Stehen in den Abort geschüttet werden. „Badewässer sind mit Chlorkalkmilch oder Kalkmilch zu desinfizieren, von der Chlorkalkmilch ist so viel hinzuzusetzen, daß das Gemisch nach kräftigem Umrühren stark nach Chlor riecht, von der Kalkmilch so viel, daß das (Gemisch kräftig rotgefärbtes Lackmuspapier deutlich und dauernd blau färbt; in allen Fällen darf die Flüssigkeit erst 2 Stunden nach Zusatz des Des- infektionsmittels beseitigt werden, aber nicht in der Nähe von Brunnen. Mit Rücksicht auf Ventile und Ableitungsrohre empfiehlt es sich, hier eine durch Absetzen oder Abseihen geklärte Chlorkalkmilch zu verwenden.“ Dysenterie. 981 Um aber auch alle Leichtkranken, gesunden Bacillenträger und Dauerausscheider herauszufinden und isolieren zu können, muß die ganze Umgebung von Ruhrkranken gründlich untersucht werden. Zum wenigsten empfiehlt es sich, die Stuhlgänge aller Personen in der Umgebung von Ruhrkranken auf das Vorhandensein von Schleim und Ruhrbacillen zu untersuchen. Da aber chronische Bacillenträger zeit- weise beide in ihren Stuhlgängen vermissen lassen können, kann man auch mit dem Blutserum verdächtiger Personen die Agglutinations- reaktion anstellen, die wenigstens in einem Teil der Fälle ein positives Resultat liefern wird, oder man wird sich mit Vorteil des Rektoskops zur Feststellung atonischer Mastdarmgeschwüre bedienen (Lextzz, Küster, Hawkıns). Man wird die betreffenden Personen um so leichter überreden können, diese Untersuchungen an sich vornehmen zu lassen, als man ihnen mit ziemlicher Sicherheit Heilung von etwa vorhandenen atoni- schen Ruhrgeschwüren in Aussicht stellen kann. Man kann nämlich, wie sich Lextz & Kanrtorowıcz überzeugt haben, solche Geschwüre mit Stieltupfern, die mit 2-proz. Argentum-nitricum-Lösung getränkt sind oder auch mit dem Lapisstift an langer Sonde direkt ätzen, und so ihre Heilung beschleunigen. Wo indessen die häufigere An- wendung des Rektoskops unangebracht erscheinen sollte, kann man versuchen, denselben Erfolg durch hohe Einläufe mit Argentum-nitri- cum-Lösung mit nachfolgender Spülung mit Kochsalzlösung (zur Neu- tralisation des Arg. nitr.) zu erzielen. LENnTz machte Spülungen mit 200 g 1/,-proz. Arg.-nitr.-Lösung, denen er 2—5 Minuten später eine Nachspülung mit 1 Liter Kochsalzlösung folgen ließ. Smith gießt !/; Liter 3-proz. und HEwEs die gleiche Menge 5-proz. Silbernitratlösung ein. Beide lassen die Lösungen möglichst lange bis zu !/s Stunde halten und spülen dann mit Kochsalzlösung nach. Die Eingießungen werden an jedem 2. Tage wiederholt. Beide haben mit dieser Behandlung sehr gute Erfolge erzielt. Forp empfiehlt bei chronischer Ruhr auch hohe Einläufe mit folgender Lösung: ; Eucalyptoli 1,5 Eucalypti gummi 2,5 Ag. dest. ad 1500,0. Lentz hat diese Therapie im Wechsel mit Eingießungen von Arg.-nitr.- Lösung bei einem chronischen Bacillenträger mit an- scheinend gutem Erfolg angewandt. Da es praktisch nicht durchführbar ist, gesunde Bacillenträger zu isolieren, so muß man sie und ihre Umgebung auf die durch ihre: Zustand bedingte Gefahr, besonders auch auf die Gefährlichkeit etwaiger leichter Rezidive aufmerksam machen, sie zur Reinlich- keit anhalten und immer wieder darauf hinweisen, daß sie ihre Stuhlgänge und Wäsche desinfizieren. Natürlich ist es zur Durch- führung letzterer Maßnahme notwendig, daß ihnen Desinfektions- mittel in genügender Menge aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt werden. Durch wiederholte bakteriologische Untersuchung ihrer Faeces wird man zweckmäßig die Bacillenausscheidung kon- trollieren. Forp will bei chronisch Kranken auch von der Anwendung des Ruhrheilserums guten Erfolg gesehen haben, das er neben der bereits beschriebenen lokalen Behandlung bei seinen Patienten an- 982 Orrto Lentz, wandte. Auch VAILLARD & DoPrTEr wollen einen chronisch Kranken, der 5 Monate lang jeglicher medikamentösen Behandlung getrotzt hatte, durch 3 Seruminjektionen geheilt haben und ebenso erzielte Haweıns bei einem Flexner-Bacillenträger durch die Injektion von Flexner-Serum aus dem Lister-Institut in London schnelle Heilung. Newman will den gleichen Erfolg bei 2 Fällen von chronischer Dysenterie durch eine aktive Immunisierung mit mehrfachen In- jektionen von Forsters Dysenterievaccin erzielt haben. Um die Einschleppung der Ruhr in Irrenanstalten zu verhüten, fordern HrEvser und LenTtz, daß sämtliche in solche Anstalten Neu- eintretenden auf das Vorhandensein von Ruhrbacillen in ihren Faeces untersucht werden. Auch halten sie und ebenso MACALISTER und NEISSER es für notwendig, daß in Anstalten, in denen Ruhr herrscht, alle Bacillenträger durch bakteriologische Untersuchung sämtlicher Insassen der Anstalt herausgesucht und isoliert werden, bis die Ba- cillenausscheidung endgültig aufgehört hat. Da aber die Bacillen- ausscheidung bei den Bacillenträgern so unregelmäßig vor sich geht und in der Regel nur bei Gelegenheit eines Rezidivs oder von Ver- dauungsstörungen auftritt, versprechen sich Lextz und HAGEMANN noch besseren Erfolg von einer strengen Beaufsichtigung aller Ver- dächtigen und sofortiger bakteriologischer Untersuchung ihrer Faeces, sobald diese Schleim enthalten oder sonst in ihrer Konsistenz von der Norm abweichen. HAGEMANN will auf die Durchuntersuchungen ganzer Anstalten sogar verzichten und sie durch solche „Durchfalls- untersuchungen“ ersetzen. Nächst der Aufmerksamkeit gegenüber den kranken und ge- sunden Infektionsträgern spielt im Kampfe gegen die Ruhr die Sorge für gesunde, helle, luftige und geräumige Wohnungen, für gute Wasser- versorgung und einwandsfreie Beseitigung der Abwässer, Abfallstoffe und Fäkalien die größte Rolle, alles Mittel, welche geeignet sind, den Sinn für Reinlichkeit zu heben und so den wichtigsten Förderer der Ruhr, den Schmutz, zu beseitigen. Nahrungsmittel müssen vor der Verunreinigung durch infizierte Hände und Fliegen geschützt werden. Wie wichtig die Durchführung dieser letztgenannten allgemeinen hygienischen Maßnahmen, besonders unter kriegerischen Verhältnissen werden kann, zeigen die interessanten Schilderungen von HILLEBRECHT und Dansaver über die unter den deutschen Truppen im Herero- feldzug in Deutsch-Südwestafrika ausgebrochene Ruhrepidemie. Auch im Regierungsbezirk Danzig hatte die energische Durch- führung allgemeiner hygienischer Maßnahmen im Verein mit der Unschädlichmachung der Infektionsträger (auch der Leicht- und Chro- nischkranken) den Erfolg, daß der früher schwer verseuchte Bezirk in 3 Jahren annähernd ruhrfrei wurde (BoRNTRÄGER). Von Kruse und SHıca ist auch der Vorschlag gemacht worden, zum Schutz größerer geschlossener Verbände und unmittelbar von der Ruhr bedrohter Gegenden Schutzimpfungen (aktive Immunisierungen ) gegen die Ruhr durchzuführen. Smıca hat zu diesem Zweck in einer von Ruhr stark heimgesuchten japanischen Provinz 10000 Menschen mittels seiner sog. Simultanmethode immunisiert. Wenn von seinen Geimpften im Vergleich mit den Nichtgeimpften auch prozentual gleich viele an Ruhr erkrankten, so erreichte Smıca doch durch seine Impfungen, daß die Mortalität bei den Geimpften auf Null herabging, gegenüber einer solchen von 40 Proz. bei den Nichtgeimpften. Ebenso. Dysenterie. 983 hat GırLır einige früher stark verseuchte indische Gefängnisse durch systematische therapeutische und prophylaktische Impfungen mit Forsters Dysenterievaccin fast vollkommen ruhrfrei gemacht. Auch zum Schutze des Pflegepersonals ist bei der hohen In- fektiosität der Ruhr die aktive Immunisierung ratsam. In größeren Anstalten, besonders Irrenanstalten, dürfte sie sich nach den er- mutigenden Versuchen von LuckscH, Suica, GırLır und Dick als ein wirksames Mittel gegen die gerade dort oft sehr hartnäckige und allen Bekämpfungsmaßnahmen trotzende Krankheit erweisen. Anhang. Neben den in vorstehender Abhandlung beschriebenen Ruhr- erregern sind in den Stühlen Ruhrkranker noch eine ganze Reihe in dieselbe Gruppe gehöriger Bakterien gefunden worden, die aber mit dem Ruhrprozeß in keinem ätiologischen Zusammenhang standen, son- dern mehr zufällige Befunde darstellen (v. DrıcaLskI, PFUHL, SCHMIE- DICKE, LENTZ, MORGENROTH, ECKERT, DuvaL & SHORER, 'lORREY, STEIN). Es finden sich also bei der Ruhr ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei der Cholera und dem Typhus. Bisweilen sind solche Stäbchen bei Ruhrkranken auch allein ohne einen der bekannten Ruhrerreger nachgewiesen und dann als Erreger der betreffenden Krankheit an- gesprochen worden (JEHLE, LEINER, MARTINI, LÖsENER, Lunz, Lor- WENTHAL). Ein Beweis für ihre ätiologische Bedeutung konnte in- dessen in keinem Falle erbracht werden; soweit Prüfungen nach dieser Richtung überhaupt angestellt wurden, konnte höchstens eine geringfügige, nichts beweisende Agglutinationsreaktion des Kranken- serums gegenüber diesen Bacillen nachgewiesen werden, so daß die Behauptung ihrer ätiologischen Bedeutung völlig in der Luft schwebt. Anders scheinen indessen die Verhältnisse bei den von DEYcKE in Konstantinopel bei Ruhrkranken gefundenen Stäbchen zu liegen, die ebenfalls in die Gruppe der Ruhrbacillen gehören. DEYCKE & RESCHAD beobachteten in Konstantinopel 2 Formen der Dysenterie, eine leicht verlaufende, die durch den Flexner-Bacillus veranlaßt war und eine von jener deutlich verschiedene, im allgemeinen schwer verlaufende Form, bei welcher sie in den Stühlen der Kranken und in den inneren Organen, be- sonders der Milz und dem Blut der der Krankheit Erlegenen ein wohlcharak- terisiertes, „coliformes, unbewegliches und geißelloses Stäbchen“ nachweisen konnten. Mit Anilinfarben färbte es sich gut, bei Gramfärbung nahm es die Kontrastfarbe an. Seine hauptsächlichsten kulturellen Eigenschaften waren folgende: knopfförmiges Wachstum auf Gelatine, flache, transparente Kolonien auf gewöhnlichem, blaue durchscheinende Kolonien auf v. DRIGALSKI-CONRADI- schem Agar, Vergärung von Traubenzucker, keine Veränderungen der Milch, starke Indolbildung in Bouillon und Peptonwasser, kaum sichtbares Wachstum auf der Kartoffel, Rotfärbung und Vergärung von Mannit- und Maltose-Lackmus- agar. Durch das Blutserum einer großen Anzahl der Kranken wurden die Bacillen noch in Serumverdünnungen von 1:30—1:50 agglutiniert. Durch Ver- fütterung oder rektale Einverleibung von Reinkulturen dieses Stäbchens konnte DEyYcKE bei Katzen, typische tödlich verlaufende Dysenterie erzeugen. In den Dejektionen und den inneren Organen der Tiere fand sich der Bacillus wieder. Ein nach den Methoden von CoNRADI sowie NEISSER & SHIGA aus den Bacillen gewonnenes Toxin erwies sich bei subkutaner Injektion für Versuchstiere als außerordentlich giftig und führte unter Lähmungen und Nephritis zum Tode der Tiere. Bei Gesunden und an einfachen Diarrhöen Leidenden fanden sich die Bacillen nicht, auch wurden sie von deren Serum nicht agglutiniert. Da- gegen konnten DEYCKE & RescHaD den Bacillus in dem Wasser einer Zisterne nachweisen, in deren Umgebung mehrere Ruhrfälle vorgekommen waren. 984 Orro LENTZz, Martını & Lentz, die die Deyckeschen Stäbehen mit verschiedenem anderen Ruhrbacillen verglichen, konnten im wesentlichen die Angaben von DEYCKE, bestätigen, sie fanden jedoch, daß die Bacillen den v. Drigalski-Conradi- Agar rot färbten, dagegen den Maltose- Lackmusagar unter Gasbildung blau ließen. Wenn auch die von DEeyckE & RescHap angeführten Momente noch nicht genügen, um die ätiologische Bedeutung des von ihnen nachgewiesenen Stäbchens gegen jeden Zweifel zu sichern, so wird man ihnen doch die Berechtigung ihrer Vermutung, daß dieser Ba- cillus die in Frage stehende Krankheit veranlaßt haben kann, nicht ohne weiteres abstreiten können. Auffällig ist allerdings, daß diese Stäbchen noch an keinem Punkte der Erde wieder gefunden sind, ein Umstand, der Kruse und Krmr an der ätiologischen Bedeutung dieser von ihnen als „Paradysenteriebacillen‘ bezeichneten Stäbchen zweifeln läßt. Der letztere hat ähnliche Bacillen in den Stühlen ver- schiedener an Dysenterie, Typhus und Enteritis leidender Kranker und auch bei Gesunden gefunden, zum größten Teil also unter Ver- hältnissen, unter denen ihnen sicher eine Eigenschaft als Krankheits- erreger nicht zukam; aber weder konnte er sie mit den Dryckzschen Bacillen identifizieren, noch waren seine Stämme katzenpathogen. Wenn LoEwEnTHAL glaubt, die „Paradysenteriebacillen“ von DEYCKE & RescHap wiedergefunden zu haben, so ist das ein Irrtum, denn seine Bacillen waren deutlich beweglich, hatten also wohl auch Geißeln, während die Bacillen von DEycKE & Reschan sicher keine Geißeln hatten und unbeweglich waren (MaArTını & LENTZ). Zwei von WINTER gefundene „Paradysenteriestämme“ verhielten sich kulturell ebenfalls wie die von DEycKkE & RescHap beschriebenen, unterschieden sich aber von ihnen durchaus, daß sie von Ruhrseris verhältnismäßig hoch ag- slutiniert wurden. Es konnte aber nicht der Beweis geliefert werden, daß die beiden Stämme als Ruhrerreger anzusehen waren; nur bei dem einen von ihnen konnte dies aus den näheren Umständen ver- mutet werden, da er in Milch und Wasser gefunden wurde, auf deren Genuß einige Ruhrerkrankungen zurückgeführt wurden. Dagegen konnte Rımpau den Beweis liefern, daß ein von ihm gefundenes Stäb- chen als Erreger einer unter dem Bilde einer sehr schweren Nahrungs- mittelvergiftung mit profusen dünnflüssigen, schleimig-blutigen Durch- fällen verlaufenden Erkrankung anzusehen war, da das Serum der Kranken das Stäbchen noch in der Serumverdünnung 1:400 agglu- tinierte. Das Stäbchen verhielt sich kulturell wie ein Y-Bacillus, wurde aber weder durch Y-Serum noch irgendein anderes Ruhrserum agglutiniert; auch unterschied es sich durch seine hohe Pathogenität für Meerschweinchen von den bekannten Ruhrerregern. Eın von Age als Erreger einer größeren Ruhrepidemie in Japan beschriebenes bewegliches Bakterium gehört, soweit man das nach der unvollkommenen Beschreibung beurteilen kann, in die Gruppe des Bact. coli ns Es wurde vom Krankenserum bis zur Serum- verdünnung 1:300 agglutiniert. Den Shiga-Kruse-Bacillus aggluti- nierte das Krankenserum nicht; dieser Mikrobe fand sich auch nicht in den Stühlen der Kranken: auf das Vorhandensein der Typen Flexner, Y und Strong hat Asr anscheinend nicht gefahndet. Gleichfalls in die Gruppe des Bact. coli commune gehörige Stäb- chen haben GEIRSwoLD sowie Bowman bei Dysenteriekranken nach- gewiesen und als Krankheitserreger angesprochen. Auch andere Mit- Dysenterie. 985 glieder der Coli-Typhusgruppe sind als Erreger der Ruhr angesehen worden, so neuerdings wieder von FÜürrH der Bac. faecalis alcaligenes; doch schwebt diese Ansicht vorläufig noch vollständig in der Luft. Literatur. ABE, NAKA0, Ueber die Aetiologie der Dysenterie. Arch. f. Hyg., Bd. 65, Heft 2, 1908. ALMAGIA, Einfluß des Nährbodens auf die Morphologie der Kelonien und auf die Agglutinabilität der Bakterien. Arch. f. Hyg., Bd. 59, Heft 2, 1910. ALMQUIST, E., Studien über das Verhalten einiger pathogener Mikroorganismen a aneeet Temperatur. Centralbl. f. Bakt., 1. Abt., Orig., Bd. 48, H. 2, !AMARo, T., Dysenterieepidemien und Bacillentypen. Epidemiologisch-bakterio- logische Beobachtungen über die Dysenterie der Stadt Kobe. Zeitschr. f. Hyg. u. Inf., Bd. 60, Heft 1, 1908. ®?— Experimentelle Beiträge zur Biologie der Dysenteriebacillen. Zeitschr. f. Immunitätsforsch., Orig., Bd. 5, Heft 5, S. 610, 1910. 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In dem einen Falle waren die Bakterien aus dem Urin des Kranken, in dem andern aus dem Eiter eines Abszesses des Sternoclavikulargelenks gezüchtet. Wegen ihrer Aehnlichkeit mit Typhusbacillen nannten die Autoren die gefundenen Bakterien „Bacilles, paratyphoidiques“ und die Krankheiten beider Fälle ‚infections paratyphoidiques‘“. 1890 hatte bereits Bages! über einen klinisch und pathologisch dem Abdominaltyphus gleichenden, zur Obduktion gelangten Fall be- richtet, bei dem er aus der Lunge ein Bakterium gezüchtet hatte, das nach seinem kulturellen Verhalten eine Zwischenstellung zwischen Bacterium typhi und coli einnahm, für Mäuse pathogen war und möglicherweise ein Paratyphusbacillus gewesen ist, dessen Identität mit dem Paratyphusbacillus aber nicht feststeht. Aehnliche, d. h. zwischen Typhusbacillen und Colibakterien stehende Mikroorganismen waren schon vordem von anderen Autoren bei anderen Krankheits- prozessen gefunden, und in Anlehnung an einen von GILBERT zuerst gebrauchten Ausdruck als Paracolibacillen bezeichnet worden, von denen GILBERT in einer 1895 in der Semaine medicale erschienenen Publikation 5 Typen aufzählt. Darunter befindet sich auch ein Stamm, welcher Indol nicht zu bilden und Milchzucker nicht anzugreifen vermag. Jedenfalls ist es verständlich und erklärlich, daß Wıpar sich gegen die von ACHARD & BENSAUDE gewählte Bezeichnung aussprach und die neuen Bakterien unter die Paracolibakterien gerechnet wissen wollte, und daß die bald nach der Publikation der Franzosen von ameri- kanischen und englischen Autoren in typhusähnlichen Fällen ge- 1006 P. UbLENHUTH und E. HÜBENER, fundenen, von den Typhusbacillen verschiedenen Bakterien, deren Natur später als Paratyphusbacillen erkannt wurde, als Paracoli- bacillen bezeichnet wurden. Erst nach der Publikation ScHoTT- MÜLLERS im Jahre 1900 „Ueber eine das Bild des Typhus bietende, durch typhusähnliche Bacillen hervorgerufene Erkrankung“, der 1901 „Weitere Mitteilungen über meh- rere das Bild des Typhus bietende Krankheitsfälle, her- vorgerufen durch typhusähnliche Bacillen (Paratyphus)“ folgten, hat sich der Name Paratyphusbacillus und Paratyphus all- gemein eingebürgert. SCHOTTMÜLLER untersuchte in den Jahren 1899 und 1900 bei allen dem St.-Georg-Krankenhause in Hamburg zu- gehenden typhusverdächtigen Krankheitsfällen das Blut bakterio- logisch und fand dabei in 6 epidemiologisch nicht zusammenhängen- den Fällen, welche die klinischen Zeichen des klassischen Abdominal- typhus boten, statt der Typhusbacillen sich zwar ähnlich verhaltende aber kulturell abweichende Bakterien, und sprach sie als Erreger der typhusähnlichen Krankheit an. Wegen der Uebereinstimmung des klinischen Bildes mit dem Abdominaltyphus nannte er die Krankheit, ohne Kenntnis von den Feststellungen der französischen Autoren zu haben, „Paratyphus“ und die £rreger Paratyphusbacillen und brachte damit zum Ausdruck, daß ihnen in der menschlichen Pathologie eine ähnliche Rolle zukomme wie den Typhusbacillen. Fast gleichzeitig, aber unabhängig von SCHOTTMÜLLER hatte Kurrn in Bremen fünf Krankheitsfälle beobachtet, die einzelne Typhussymptome zeigten, bei denen aber das Serum der Patienten Typhusbacillen nicht agglutinierte, wohl aber eine aus dem Urin resp. den Faeces der Kranken gewonnene Bakterienart, die er Ba- cillus bremensis febris gastricae nannte. Ihre Identität mit den SCHOTTMÜLTERScChen Paratyphusbakterien wurde durch Bruns und Kayser nachgewiesen. SCHOTTMÜLLER hatte bereits gefunden, daß seine Stämme nicht einheitlich waren, sondern zwei Typen repräsentierten, die sich durch Kulturmerkmale und ihr Agglutinationsvermögen unterschieden. Kay- SER bestätigte die ScHoTTMÜLLERSchen Befunde und bezeichnete die beiden Bakterienarten als Paratyphusbacillus A und B. Er fand, dab drei dem Typus A und fünf dem Typus B angehörten, und dab ein von ihm in Gemeinschaft mit Brıox in Straßburg aus dem Blut, den Roseolen, Faeces, dem Urin, Urethral- und Vaginalschleim bei einer Patientin mit typhusähnlichen Symptomen gezüchteter Para- typhusstamm dem Typus A zuzurechnen war. Der Paratyphus-A- oder Brıon-Kaysersche Bacillus spielt in der menschlichen Pathologie eine verhältnismäßig geringe Rolle. Von ihm wird in einem besonderen Kapitel die Rede sein. Im Gegensatz dazu hat der Paratyphus-B-Bacillus immer mehr an Bedeutung gewonnen und gerade in den letzten Jahren das In- teresse weiter Kreise auf sich gezogen. Er ist der Ausgangspunkt zahlreicher Untersuchungen geworden, die bald erkennen ließen, daß der Paratyphus-B-Bacillus im Reiche der pathogenen Mikroorganismen eine besondere Stellung einnimmt, daß er sich in mancher Beziehung zwar wie der Typhusbacillus verhält, in vielen Punkten von ihm abweicht. Erstens zeigte sich, daß der Paratyphusbacillus neben einem typhusähnlichen ein vom Typhus völlig verschiedenes Krankheitsbild — das derakuten Enteritisoder Cholera nostras — hervor- Paratyphus etc. 1007 zubringen vermag. Es beruht das auf der Eigenschaft der Paraty phus- bacillen, in Kultur sowohl wie auf Nahrungsmitteln unter gewissen Bedingungen ein akut wirkendes, gegen Hitze sehr w iderstandsfähiges Gift zu bilden, einer Eigenschaft, die dem Typhusbacillus nicht zu- kommt. Mit der Zeit hat sich herausgestellt, daß die häufigste Form des Paratyphus nicht der typhusähnliche Verlauf ist, sondern daß die meisten Paratyphusinfektionen unter dem Bilde einer akuten Grastroenteritis verlaufen. Ein weiterer Unterschied zwischen Typhus und Paratyphus zeigte sich zweitens darin, dab zur Zeit der Entdeckung der Paratyphus- bacillen diesen völlig gleichende Mikroorganismen als Erreger ge- wisser, nicht unter dem Bilde eines Typhus verlaufender Krank- heiten bei Menschen und Tieren bereits bekannt waren. Nachdem nämlich durch GÄRTNER die bakterielle Natur der Fleischver- giftungen erkannt und von anderen Autoren bestätigt war, fand man in einer Reihe dieser Krankheiten Mikroorganismen, die von den ScHoTTMürLzerschen Bakterien nicht zu unterscheiden waren. SCHOTTMÜLLER selbst hatte auf die Aehnlichkeit seiner Krankheits- erreger mit den Gärrnerschen Fleischvergiftungsbakterien hingewie- sen, aber keine vergleichenden Untersuchungen angestellt. Aber Dur- HAM und DE NOBELE hatten die damals bekannten Erreger von Fleisch- vergiftungen einer vergleichenden Prüfung mittels agglutinierender Sera unterzogen und sie in zwei Hauptgruppen geschieden. Der Gruppe des eigentlichen GÄrrnerschen Bacillus wurde von DE No- BELE eine zweite Gruppe gegenübergestellt, als deren Repräsentanten er ein von ihm bei einer Fleischvergiftungsepidemie in Aertryck isoliertes Bakterium ansah, und die er daher als Aertryckgruppe bezeichnete. Die Zugehörigkeit der Paratyphusbakterien zu dieser Gruppe wurde dann in ausgedehnten, systematisch durchgeführten Untersuchungen von TrAUTMmAnn! und von ÜHLENHUTH! erwiesen. Während TrAUTMANnN die Erreger des menschlichen Paratyphus und der Fleischvergiftungen unter dem Namen des „Bacillus para- typhosus“ zusammengefaßt wissen wollte, stellte UHLENHUTH der Gärtnergruppe der Fleischvergiftungsbakterien die Paratyphus- gruppe gegenüber, da sich Vertreter dieser letzteren Gruppe von dem menschlichen Paratyphus-B-Bacillus nicht unterscheiden. Diese Gruppe wird auch als FrüsgeE-KArEnscHE Gruppe bezeichnet nach einem von KAENSCHE im Früsszschen Laboratorium zu Breslau ge- züchteten Fleischvergiftungsbacillus von Paratyphuscharakter. Es war also damit der Paratyphus mit einer bereits bekannten menschlichen Krankheit — der Fleischvergiftung — und der Paratyphusbacillus mit dem Erreger einer bestimmten Form — der gastrointestinalen Form der Fleischvergiftung — in Beziehung gebracht. Wie sich aber weiter herausstellte, zeigte der Paratyphusba- cillus in seinem morphologischen, kulturellen und biologischen Ver- halten völlige Uebereinstimmung mit mehreren als Erreger gewisser Tierkrankheiten bereits bekannten Mikroorganismen, so mit dem irrtümlich als Erreger der amerikanischen Hogcholera oder der mit ihr identischen Schweinepest geltenden, von SALMON & SMITH entdeckten Hogcholerabacillus oder Bacillus suipestifer, ferner mit dem von LörrtLer! als Ursache einer unter Mäusen epizootisch auf- tretenden Seuche gefundenen Mäusetyphusbacillus, sowie mit dem 1008 P. UHLENHUTH und 'E. HÜBENER, von Nocarnp als Erreger einer infektiösen Enteritis der Papageien beschriebenen Bacillus der Psittakose. Noch vor der Entdeckung der Paratyphusbacillen waren von Surrm die verwandtschaftlichen Beziehungen des Hogcholerabacillus zu dem Mäusetyphusbacillus und den Fleischvergiftungserregern näher studiert und eine besondere Gruppe, die Hogcholera- oder Salmonella- gruppe aufgestellt worden, in die er außer dem Bac. suipestifer den Bac. typhi murium, den Bac. enteritidis GÄRTNER und einen aus einem Abort einer Stute gezüchteten Bacillus rechnete. Hogcholera-Aertryck- FrLüssE-KAaEnscHeE oder Paratyphus-Gruppe sind daher insofern gleich- bedeutende Bezeichnungen, als dieselben mehrere morphologisch und biologisch sich gleich verhaltende Bakterienstämme umfassen, als deren Repräsentanten in dem einen Falle der Hogcholerabacillus, in dem anderen der Erreger der Fleischvergiftungsepidemie von Aertryck oder Breslau und im dritten Falle der Paratyphusbacillus angesehen wird. Die Zahl der zur Paratyphusgruppe gehörigen menschen- und tierpathogenen Mikroorganismen ist im Laufe der letzten Jahre immer größer geworden. Wie vergleichende Untersuchungen lehrten, ge- hören in diese Gruppe eine Reihe unter anderen Namen beschriebene Mikroorganismen, so der Bacillus icteroides SANARELLI, der eine Zeit lang als Erreger des gelben Fiebers angesprochen wurde, der Bacillus pestis caviae und der Bacillus caseolyticus LocH- MANNS, ferner die Erreger pseudotuberkulöser Veränderungen bei Meerschweinchen, der Bacillus nodulifaciens bovis, der als Ursache von Herdnekrosen in Organen von Kälbern von LANGER & Buscz nachgewiesen wurde, ferner eine bestimmte Art der Kälber- ruhrbakterien, der Jensenschen Paracolibakterien, der Bac. mor- bificans bovis, der von Basenau als Sepsiserreger bei einer Kuh ermittelt war, und andere als Erreger septischer Krankheiten der Schlachttiere gefundene Bakterien. — Die Zugehörigkeit der mensch- lichen Paratyphusbakterien zu dieser großen Gruppe von menschen- und tierpathogenen Stämmen läßt die Erreger des Paratyphus den Typhusbacillen gegenüber, bei denen ähnliche Verhältnisse nicht existieren, eine ganz besondere Stellung einnehmen. Dieser Unterschied tritt noch deutlicher hervor durch die in den letzten Jahren festgestellte Tatsache, daß Mikroorganismen mit den Eigenschaften der Paratyphusbacillen im Organismus gesunder Menschen, gesunder Schlachttiere und anderer Tiere, so- wie in der Außenwelt ein saprophytisches Dasein führen, dab sie demgemäß in dem Körperinnern und in Ausscheidungen gesunder Menschen und Tiere sowie in der Außenwelt ohne Beziehungen zu kranken Individuen angetroffen werden. Zu alledem kommt nun noch die Existenz einer zweiten Gruppe von Bakterienstämmen, die — unter sich völlig gleich — in dem mor- phologischen und kulturellen Verhalten den Angehörigen der Para- typhusgruppe gleichen, nur in ihren Immunitätsreaktionen sich von ihnen unterscheiden. Als Repräsentant dieser Gruppe gilt der Ba- cillus enteritidis GÄRTNER, der dieser Gruppe den Namen „särtnergruppe“ gegeben hat. Zu ihr gehören außer den Fleisch- vergiftungserregern des Gärtnertypus und den Erregern gewisser Schlachttierkrankheiten die sogenannten Rattenschädlinge, die als Erreger spontaner, in Gestalt von Septikämien und Enteritiden Paratyphus ete. 1009 bei wilden und zahmen Ratten auftretender Seuchen bekannt ge- worden sind. Nach dem einen Vertreter dieser Rattenbakterien — dem „Ratinbacillus“ — wird diese Gruppe auch als Ratingruppe bezeichnet. In der Pathologie der Menschen und Tiere spielen sie eine ähnliche Rolle wie die Vertreter der Paratyphusgruppe, mit denen sie offenbar auf das engste verwandt sind. Schließlich sind in letzter Zeit in Krankheitsfällen, in denen man Bakterien der Paratyphus- oder Gärtnergruppe vermutete, Bak- terien angetroffen und als Erreger der jeweiligen Krankheit an- gesprochen worden, die gewisse Eigenschaften mit jenen teilen, in anderen aber von ihnen abweichen, und die man daherals Varietäten bezeichnet hat. Häufigkeit des Paratyphus. Ueber die Häufigkeit der Paratyphusinfektionen lassen sich be- stimmte Angaben nicht machen, da es bisher an einer brauchbaren Statistik fehlt. Aber auch eine Schätzung der Häufigkeit der Para- typhusfälle stößt auf große Schwierigkeiten. Die in der Literatur zerstreuten Zahlen sind nicht ohne weiteres zu verwerten. Viele Fälle sind ätiologisch nicht genau genug erforscht. Die Diagnose ist häufig nur aus dem Ausfall der Wıparschen Reaktion oder aus dem einmaligen Befunde von Paratyphusbakterien in den Faeces, also aus Symptomen gestellt, von denen wir jetzt wissen, daß sie nicht ohne weiteres einen Rückschluß auf die Aetiologie des je- weils vorliegenden Krankheitsfalles gestatten. Fraglich könnte auch sein, ob die durch Bakterien der Paratyphusgruppe verursachten Fleischvergiftungen mit zu den Paratyphen gerechnet werden sollen. Da man das mit den anderen durch Bakterien der Paratyphusgruppe verursachten Nahrungsmittelvergiftungen tut, so liegt unseres Er- achtens kein Grund. vor, die Fleischvergiftungen deshalb ausnehmen zu wollen, weil ein Teil von ihnen durch Fleisch intra vitam in- fizierter Tiere verursacht wird. (Siehe Kapitel Fleischvergiftungen.) Viele sporadische Fälle akuter Gastroenteritis werden ätiologisch-bak- teriologisch nicht aufgeklärt, und man kann daher nicht wissen, wie viele unter ihnen Infektionen mit Paratyphusbacillen zuzuschreiben sind. Wır haben bereits früher betont, daß wahrscheinlich viel häu- figer als man bisher angenommen hat, geringfügige Darmstörungen, wie sie ja an der Tagesordnung sind, durch Paratyphusbakterien er- zeugt werden. Für die Richtigkeit dieser Vermutung hat neuerdings BorinGEr interessante Belege gebracht, der 9 Monate hindurch im XIll. Armeekorps möglichst viele akute Darmkatarrhe und Brech- durchfälle auf Fleischvergiftungsbakterien untersuchte, mit dem sehr bemerkenswerten Ergebnis, daß sich in den meisten Fällen von Darm- katarrh und Brechdurchfällen des XIII. Armeekorps Fleischvergif- tungsbakterien nachweisen ließen. Unter 160 verschiedenen Stuhl- proben, die ungefähr die Hälfte aller in den genannten Monaten zuge- gangenen Darmkatarrhe und Brechdurchfälle betrafen, gelang der Nach- weis von Paratyphusbacillen 74mal (!), von Gärtnerbacillen einmal! Also in 46,25 Proz. Schaltet man gehäuftere Erkrankungen aus, so bleiben noch 45,1 Proz. Einzelfälle übrig, deren Prozentsatz sich auf 65,5 Proz. erhöhen würde, wenn man annimmt, daß bei rechtzeitiger Untersuchung der Nachweis der Erreger gelungen sein würde. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen, 2. Aufl. III. 64 1010 P. UHLEensautH und E. HÜBENER, Man muß also damit rechnen, daß in Zukunft mehr als bisher Gastroenteritiden unbekannter Ursache als Paratyphusinfektionen sich herausstellen werden. Trotz dieser Schwierigkeiten der Beurteilung der Häufigkeit von Paratyphusinfektionen läßt sich doch soviel sagen, daß die Ver- breitung des Paratyphus regionär eine verschiedeneist, und daß der Paratyphus an Häufigkeit hinter dem klassi- schen Typhus zurücksteht. Die Zahl der Paratyphusfälle aus dem Westen des Reichs ist größer als die aus dem Osten. Das hat seinen Grund nicht allein in den im Südwesten des Reichs eingerichteten Typhusbekämpfungs- stationen, die eben jeden verdächtigen Krankheitsfall ätiologisch sicherstellen, sondern beruht mit auf einer größeren Verbreitung des Paratyphus in dieser Gegend. Wie sehr aber hier die Zahl der Para- typhusfälle der des Typhus nachsteht, geht aus einer Zusammen- stellung Krıngers hervor, nach der in den Jahren 1906—1907 im Südwesten des Reichs 3560 Typhus- und nur 307 Paratyphusfälle festgestellt sind, von denen 304 durch den Paratyphus-B-Bacillus hervorgerufen waren. Der Bericht über das Gesundheitswesen des Preußischen Staates weist folgende Zahlen bakteriologisch festgestellter Fälle auf: Jahreszahl | Typhusfälle | Paratyphus 1906 | 16604 407 1907, \| ‚14398 N) eat 1908 | 13807 | 361 1909 13145.4 |-0 233 Dazu ist aber zu bemerken, daß in den Berichten einiger Re- gierungsbezirke vom Jahre 1908 bestimmte Zahlen nicht angegeben sind, und daß — wie es in dem Bericht über das Jahr 1907 heißt — „für eine Reihe von Fleischvergiftungen‘“ die Infektion mit Para- typhusbacillen sehr wahrscheinlich ist, wenn auch die bakteriologische Untersuchung negativ ausgefallen ist oder hat unterbleiben müssen. „Mancher zweifelhafte Fall, der in Verkennung der Krankheit als Magendarmkatarrh angesehen und nicht gemeldet wird, dürfte ein Paratyphus sein. Die wahre Natur solcher Fälle wird erst gelegent- lich von Ermittelungen durch die Kreisärzte erkannt.“ Wenn daher auch die angeführten Zahlen weit hinter der Wirklichkeit zurück- bleiben und sie somit nur einen bedingten Wert haben, so geht aus ihnen doch immerhin der Unterschied zwischen der Häufigkeit der Typhen und Paratyphen hervor. Daß dieser Unterschied nicht immer und nicht überall ein so krasser ist, wie es nach den Zahlenangaben der Berichte scheinen könnte, beweist eine Zusammenstellung Dorr- NERS aus den Akten des Preußischen Kultusministeriums über die Tätigkeit der Medizinaluntersuchungsämter und Medizinalunter- suchungsstellen im Jahre 1908. Hier finden sich bei einigen Aemtern die Zahlen der positiven Befunde von Typhus- und Paratyphusbacillen ın den zur Untersuchung eingeschickten verdächtigen Stuhl- und Urinproben angegeben. Sie sind in der folgenden Uebersicht einander gegenübergestellt. Paratyphus etc. 1011 7: darunter d t ln ker | > Due suchungsamt phus- suchungsamt ven Typhus- £ Befunde i aa = typhus- ‚acillen |Hyeilen ui Bari ie: az Hannover | 349 az Potsdam a: 22 2 Osnabrück 103. 222 21 Wiesbaden 61 51 10 Münster,W.| 106 | 51 55 Düsseldorf | 19 | 98 | 1 Von einzelnen Angaben seien folgende hervorgehoben: Nach einer Zu- sammenstellung von ConRADI! entfielen auf 235 Typhuserkrankungen im Westen des Reiches 15 Fälle von Paratyphus. ZuPnıIK berechnet den Anteil des Para- typhus an den auf der med. Klinik in Prag behandelten typhösen Erkrankungen auf 9 Proz., WALLS für Amerika auf 10 Proz. Unter 300 Fällen, die 1904—1906 BrIoN und Kayser auf der medizinischen Klinik zu Straßburg untersuchten, waren 291 Typhus- und 9 Paratyphusinfektionen. Von letzteren waren 7 durch Paratyphus-B- und 2 durch Paratyphus- A-Bacillen hervorgerufen. Nach Kayser? wurde in Straßburg vom Sommer 1903 bis zum Frühjahr 1907 unter 505 typhösen Krankheiten 473mal (93,7 Proz.) der Typhusbaeillus, 27mal (3,3 Proz.) der Paratyphus-B- und 5mal (1 Proz.) der Paratyphus-A-Bacillus als Ursache ermittelt. Im Regierungsbezirk Coblenz sind innerhalb von 4 Jahren 194 Erkrankungsfälle an Paratyphus B von HILGERMANN festgestellt. Leider ist die Zahl der Typhusfälle in dem gleichen Zeitraum zum Vergleich nicht an- gegeben. Bemerkenswert ist aber, daß während dieser 4 Jahre in einem Kreise überhaupt keine Paratyphuserkrankungen vorkamen, daß in einem anderen Kreise ‚der Paratyphus endemisch herrschte, indem Jahr für Jahr Paratyphusfälle fest- gestellt wurden, so daß dieser Kreis mit 44 Fällen an der Gesamtziffer be- teiligt ist. Im Jahr 1909 sind aus dem Regierungsbezirk Aachen 189 Typhus- und 25 Paratyphusfälle gemeldet. THoMAas berichtet, daß während des ‚Jahres 1905/06 in Posen unter 295 vom Lande eingesandten Stuhl- und Urinproben 36 positiv ausfielen, und daß sich darunter 4mal = 11 Proz. Paratyphusbacillen befanden. Von 651 Stuhluntersuchungen aus der Stadt waren 21 positiv, darunter 8 Para- typhusbacillenbefunde. Unter 216 Urinuntersuchungen wurden 2mal Typhus- bacillen und 5mal Paratyphusbacillen gefunden. In dem Jahresbericht (1909) des Untersuchungsamtes für Infektionskrankheiten zu Gießen wird das relativ häufige Vorkommen von Paratyphusfällen im Großherzogtum Hessen hervor- gehoben, in dem gleichen Bericht des Hyg. Instituts zu Halle wird dagegen die Seltenheit der Paratyphusfälle in dem Bezirk Halle betont. Nach dem Jahres- bericht des Hygienischen Instituts zu Freiburg sind Paratyphusinfektionen in dem Bezirk im Zunehmen begriffen. In dem Jahresbericht des Untersuchungs- amts zu Gießen über das Jahr 1910 heißt es, daß sämtliche Eingänge typhus- verdächtigen Materials gleichzeitig auf Paratyphus untersucht wurden, und daß unter 233 Proben, bei denen von vornherein der Verdacht einer Paratyphus- infektion vorlag, 65mal Paratyphus kulturell oder serologisch festgestellt werden konnte. In Kiel sind in den letzten Jahren mehrere Hundert Fälle von Para- typhus ermittelt (R. MÜLLER). Ueber die Häufigkeit des Paratyphus in anderen Ländern, namentlich auch unseren Nachbarländern, ist nichts Sicheres bekannt. Nur weiß man, daß er in der alten Welt ebensogut vorkommt wie in der neuen. In Frankreich und in den Provinzen der nordafri- kanischen Küste scheint er häufiger zu sein. NETTER behauptet we- nigstens, daß er in den tropischen Ländern öfter beobachtet werde als in den Erdteilen der gemäßigten Zone. Dort werde er vielfach als Malariafieber aufgefaßt. Damit würden die Beobachtungen van Locuems übereinstimmen, welcher in Deli (Sumatra) zwar nie die typhöse Form des Paratyphus gesehen, sonst aber häufig bei Darm- affektionen und anderen Krankheiten Paratyphus-B-Bacillen ange- troffen hat. Unter 160 Leichenöffnungen, die im Hospital der Deli- Gesellschaft zu Medan vom 1. Juni 1908 bis 31. Mai 1909 ausge- 64* 1012 P. UstLex#urH und E. HÜBENER, führt wurden, waren 4 Fälle, in denen als Todesursache akute, durch Paratyphusbacillen verursachte Gastroenteritis festgestellt wurde. RiBereauhat in einer Dissertation zahlreiche sporadische Fälle und 3 Epidemien von Paratyphus aus der französischen Literatur zu- sammengestellt. Aber in den meisten Fällen ist die Diagnose nur auf den Ausfall der Wınparschen Reaktion hin gestellt, die ja nicht ein- wandfreie Resultate liefert. Nur in 68 Fällen ist die Diagnose durch die Blutkultur gesichert. Die mitgeteilten Tatsachen lassen immer- hin den Schluß zu, daß Paratyphusinfektionen im Westen Frankreichs nicht selten sind, was SACQUEPEE & ÜHEVREL schon vor Jahren hervor- gehoben haben. In Italien sind Paratyphuserkrankungen häufig. Nach Graser sind Paratyphusinfektionen in Oesterreich selten, Massenvergiftungen überhaupt noch nicht beschrieben. Aus England und Amerika ist mehrfach über Paratyphusfälle be- richtet. Nach Brown und nach DeExs sind typhusähnliche Erkran- kungen in der Panamakanalzone zu 50 Proz. durch Paracolon-Para- typhus-Infektionen bedingt. In Japan haben SurzayamA, OKASAKT, Tusıkawa & Sarto u. a. Paratyphuserkrankungen beschrieben, über den Paratyphus in der Mandschurei hat Barykın berichtet. Beteiligung des Geschlechts und der Altersklassen am Paratyphus. Bezüglich des Geschlechts sind bisher wesentliche Unterschiede nicht festgestellt. Von den 194 Paratyphuskranken HILGERMANNS gehörten 92 dem männlichen, 102 dem weiblichen Geschlecht an. In der großen Paratyphusepidemie in Rheydt war das männliche und Zahl der Falle Fig. 1. Beteiligung der Altersklassen an der Paratyphusmorbidität nach einer Zusammenstellung von HILGERMANN. weibliche Geschlecht mit 57 und 55 Fällen gleichmäßig beteiligt. Nach Forner ist die beim Typhus beobachtete stärkere Beteiligung der männlichen Bevölkerung nicht vorhanden. Die Beteiligung der einzelnen Altersklassen an der Paratyphusmorbidität entspricht nach den Zusammenstellungen Rınss, HILGERMANNS und KLINGErs ungefähr den bei Typhus obwaltenden Verhältnissen. Die größte Morbidität Paratyphus ete. 1013 weist das Alter von 15—25 Jahren auf, die niedrigste das kindliche Alter unter 6 Jahren und das hohe Alter über 50 Jahren. Im Regierungsbezirk Potsdam wurde 1909 ein Paratyphus bei einem einjährigen Kinde festgestellt. Fig. 2. Beteiligung der Altersklassen an der Typhusmorbidität nach KLINGER. Berui und Lebensstellung. Ob der Beruf und die Lebensstellung auf die Infektion mit Paratyphus von Einfluß ist, läßt sich schwer sagen. MEryErR will eine größere Häufigkeit der Paratyphusinfektion bei der Schweine- zucht treibenden Bevölkerung beobachtet haben. Diese Beobachtung steht bis jetzt vereinzelt da. HILGERMANN hat über die im Regierungs- bezirk Coblenz innerhalb von 4 Jahren vorgekommenen 194 Para- typhusfälle eine genaue Zusammenstellung der dabei beteiligten ein- zelnen Berufsarten gegeben. Darnach waren beteiligt: Aerzte, Beamte, Lehrer, Schüler, Schreiber 5930,41 Proz. Handels- und Gewerbetreibende 3015,46 Land- und Forstwirtschaft 2914.95 Bergbau, Hüttenwesen, Fabrikgewerbe De Bekleidungs-, einschl. Lederindustrie 2 iO Herstellung und Vertrieb von Nahrungs- und Genußmitteln 3 0 Dienstgesinde 25—-12,88 Lohnarbeiter wechselnder Art 4222.06 Anstaltsinsassen 052 Frauen 232 86 Kinder 11= 5,67 Beruf nicht bekannt DR S6 Eine stärkere Beteiligung der städtischen Kreise gegenüber den ländlichen ist im Gegensatz zum Typhus beim Paratyphus nicht festgestellt (FORNET). Der Erreger des Paratyphus B. Morphologie. Die Paratyphusbakterien sind lebhaft bewegliche Kurzstäbchen von der Größe der Typhus- oder Colibakterien, mit abgerundeten Enden und seiten- ständigen Geißeln. Die Beweglichkeit ist am deutlichsten in 12 Stunden alten 1014 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, bei Zimmertemperatur gewachsenen Kulturen. Sie erinnert an die der Vibrionen und unterscheidet sich dadurch von der mehr schlängelnden und trägeren der Typhusbaeillen. Die Gesamtmasse der Geißeln ist im Verhältnis zum Baecillen- leib eine größere als beim Typhusbaeillus. Die Geißeln selbst sind länger, zeigen zahlreichere Windungen und bilden vielfach durch Uebereinanderlagerung benach- barter Geißeln ein Netzwerk, in das die Bacillenleiber eingelagert erscheinen. Das kann man in Ausstrichpräparaten, die mit den üblichen Geißelfärbemethoden behandelt sind, besonders schön erkennen. KÜHNEMANN sieht darin ein Unter- scheidungsmerkmal den Typhusbacillen gegenüber. Ein Auswachsen der Bakterien zu längeren Fäden, wie es die Typhus- bacillen in flüssigen Medien zeigen, wird seltener beobachtet, kommt aber vor. Solche Fäden zeigen keine Beweglichkeit. Nach STROMBERG soll die Faden- bildung mit einer Furchung der Randzone der Kolonien in ursächlichem Zu- sammenhang stehen. In gefärbten Präparaten von der gefurchten Randpartie einer Kolonie finden sich vorwiegend Fäden, in Präparaten von dem gekörnten Zentrum ausschließlich vereinzelt liegende Bakterien. Der Grad der Beweglichkeit variiert je nach Alter und Lebensbedingungen, unter denen die Bakterien gehalten werden, sehr. So pflegen bei 44—45° ge- züchtete Stämme ihre Beweglichkeit zu verlieren, um sie wieder zu erlangen, sobald die Kulturen bei niedrigeren Temperaturen gehalten werden. MARKS beobachtete, daß ein Paratyphusstamm bei der Fortzüchtung auf arsenige Säure enthaltenden Nährboden seine Beweglichkeit einbüßte. In Organausstrichen und Gewebsschnitten zeigen die Paratyphusbakterien meist eine stärkere Färbung der Enden. Die Gramsche Färbung nehmen sie nicht an. Kulturelle Eigenschaften. Sie gedeihen am besten auf schwach alkalischen Nährböden bei Brut- temperatur (37°), und zwar gleichmäßig bei Sauerstoffzutritt und Sauerstoff- abschluß. Auch bei Zimmerwärme tritt Wachstum ein. Bei Temperaturen über 45° pflegt kein Wachstum mehr stattzufinden. Das Temperaturminimum ihres Wachstums ist nicht bekannt. Auf den verschiedenen Nährböden zeigen die Paratyphusbacillen folgende Wachstumseigentümlichkeiten: Bouillon: Wird gleichmäßig getrübt. Häutchenbildung an der Ober- fläche ist nicht konstant und hängt mit von der Reaktion der Bouillon ab, indem saure Reaktion die Häutchenbildung begünstigt. Differentialdiagnosti- schen Wert besitzt sie nicht. Mit zunehmendem Älter tritt Sedimentbildung auf. Gelatine: Bei Oberflächenwachstum treten im Gegensatz zu (den Typhus- bacillen an Stelle der weinblattartigen Kolonien solche in runder oder ovaler Gestalt mit scharfen Rändern auf. Bei Strichkulturen entsteht ein dicker, weißer, üppiger Belag. Eine Verflüssigung der Gelatine findet nicht statt. Auf der Schräggelatine rutschen die dieken Kulturmassen allmählich herab: und können sich schon nach wenigen Tagen am Grunde des Reagenzgläschens zeigen. Manche Autoren sehen darin ein differentialdiagnostisches Merkmal verwandten Bakterien gegenüber. Auf der Gelatineplatte wachsen nach Beob- achtungen von R. MÜLLER! im Verlauf mehrerer Wochen unter den schleim- tropfenartigen, weißlichen Kolonien als seitlicha Ausläufer durchsichtige Bakterien- häute hervor. Agar: Das Wachstum auf der gewöhnlichen Agarplatte ist üppiger als das der Typhusbacillen, aber zarter als das der Colibacillen. In der Itegel werden scharf konturierte, runde, grauweiße Kolonien gebildet, die öfter ein etwas dunkleres oder leicht eingesunkenes Zentrum zeigen. Noch häufiger als auf der Gelatineplatte pflegen auf gewöhnlichem Agar abweichende Wuchsformen der Paratyphusbaeillen aufzutreten, wie man sie bis dahin nicht sekannt hat. BÄRTHLEIN unterscheidet 1) große, etwas trübe Kolonien, die sich durch eine gewisse Auffaserung und durch blattförmige Beschaffenheit auszeichnen und 2) kleinere, homogene, etwas irisierende Kolonien. Diesen verschiedenen Formen entsprechen auf der einen Seite kurze, dicke, plumpe Stäbchen, auf der anderen längere, schlanke Bacillen (STROMBERG). _ , Unter bestimmten Bedingungen tritt eine schleimige Wallbildung der Kolonien auf, worauf v. DRIGALSKI und FISCHER zuerst hingewiesen haben. Wie REINER MÜLLER gefunden hat, ist dazu erforderlich, daß die Oberflächen- aussaat erst einen Tag oder länger im Brutschrank bei Körperwärme und dann weiterhin bei geringerer Wärme, Zimmertemperatur, gehalten wird. Die Schleim- Paratyphus etc. 1015 bildung soll nur beim Wechsel der Temperatur von höheren zu niederen Graden stattfinden. Daher wachsen Kulturen, welche von Anfang an nur bei Zimmer- wärme gehalten werden, nicht mit Schleimhüllen, sondern als einfache schleimige Tropfen. Die Art des Nährbodens spielt dabei kaum eine Rolle, wenn auch manche Zuckerarten sie zu befördern scheinen. Jedenfalls ist sie nicht auf den V. Drıcarskıschen Nährboden beschränkt, auf dem sie zuerst beobachtet wurde. Bedingung ist, daß die Kolonien gut isoliert sind. Dieses Wachstum mit Schleimhüllen ist von R. MÜLLER bei allen typhusartig verlaufenden Fällen von Paratyphus festgestellt, dagegen niemals in den Fällen, wo paratyphusbaeillen- haltige Proben mit der Diagnose akute Fleischvergiftung, Chelera nostras oder aslatiıca zur Untersuchung kamen, gefunden worden. HÜBENER hat diese Kolonieform auch bei den akut als Gastroenteritis verlaufenden Fällen des Para- typhus beobachtet, und R. MÜLLER selbst hat in Fleischproben solche schleim- wallbildende Kolonien gefunden und diese Eigenschaft auch bei den Gärtner- bacillen beobachtet. Die Schleimbildung ist mit einer morphologisch erkennbaren Umwandlung der Bakterien verbunden, indem sich an verschiedenen Stellen der Bakterienleiber . besonders an den Enden spindelartige, gequollen aussehende Verdiekungen bilden, die kaum noch Farbstoff annehmen und als blasse Schollen dem Reste eines Bacillus anhängen (STROMBERG). Das Kondenswasser der Agarkulturen wird stark getrübt. Raffinose-Agar: Auf gewöhnlichem Agar mit 2 Proz. Raffinose bilden sich nach R. MÜLLER bei den Stämmen, die einen Schleimwall zeigen, oder denen, die die Schleimwallbildung bei der Isolierung besaßen, später verloren haben, zahl- reiche kleine Knötchen in den Kolonien, wenn die Kulturen 4 Tage lang bei 37° gehalten werden und eine Austrocknung vermieden wird. Bei dem anderen Typus von menschlichen Paratyphusstämmen, d. h. denjenigen, welche eine akute Enteritis zu verursachen pflegen, sah R. MÜLLER diese Knötchen ent- weder gar nicht, oder in so geringer Ausdehnung, daß ein deutlicher Unter- schied bestand. Bei älteren Kulturen von Mäusetyphus = Schweinepest-t(särtner- bakterien wurde die Knopfbildung vermißt, dagegen fanden sich knopfkolonien- bildende Bakterien der Paratyphusgruppe in Fleischproben, die nicht zu Fleisch- vergiftungen geführt hatten. Blutagar: Hämolyse (Aufhellung der Peripherie der Kolonie) findet nicht statt. Die Kolonien wachsen sehr üppig, nehmen eine mausgraue Farbe an, während die Umgebung sich graugrün verfärbt. Blutserum: Bildung eines feuchtglänzenden, weißen Belags. Kartoffeln: Bildung eines grauweißen oder gelblichen bis gelb-braunen Rasens. Die Intensität des Wachstums ist sehr verschieden und von der Re- aktion der Kartoffeln abhängig’ Auf der blauen Kartoffel erzeugt der Para- typhusbacillus nach RoprIGUEZ infolge Ammoniakbildung schon in 24 Stunden einen grünen Ueberzug, während diese Erscheinung bei Paratyphus-A-Baeillus erst nach 5—6 Tagen auftritt. Milch: In Farbe und Konsistenz bleibt die Milch in den ersten Tagen nach der Einsaat unverändert. Die Reaktion ist sauer. Nach verschieden langer Zeit — von einer Woche bis zu mehreren Wochen — nimmt die Milch eine gelbliche Färbung an und wird transparent, die Reaktion wird stark alkalisch. Die verschiedene Dauer soll von der Größe der Reagenzgläschen und der Menge der Milch abhängig sein. Je kleiner die Röhrchen und die Milchmenge, desto schneller das Eintreten der Reaktion. Der Kolonientypus spielt dabei keine Rolle (STROMBERG). Die charakteristische Veränderung der Milch soll nach Ansicht der einen Autoren auf Verseifung des Milchfettes, nach Ansicht der anderen auf Bildung von Alkalialbuminat und nach Meinung der dritten auf Ferment- wirkung beruhen. Bei sehr langer Aufbewahrung nimmt die Kultur eine sirup- artige gelatinöse Beschaffenheit an. Gerinnung tritt niemals auf. Lackmusmolke: Die Lackmusmolke wird leicht getrübt und anfänglich rotviolett gefärbt. Nach verschieden langer Zeit tritt unter starker Alkali- bildung Umschlag in tiefes Veilchenblau ein. Die Zeit des Eintritts des Farben- umschlags variiert sehr, je nach der individuellen Beschaffenheit der Bakterien. Er kann schon nach 24 Stunden, aber auch erst nach 8 Tagen erfolgen, durch- schnittlich tritt er am dritten bis vierten Tage auf. Mit dem Farbenumschlag entsteht meistens auch Häutchenbildung. Auch dieses Phänomen wechselt sehr. Durch fortgesetztes Ueberimpfen von einem Röhrchen zum anderen können bei Stämmen, welche einen langsamen Umschlag und keine Kahmhautbildung zeigen, diese Erscheinungen beschleunigt, resp. hervorgerufen werden. 1016 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, Die in der Literatur vorhandenen abweichenden Angaben über den Zeit- punkt des Eintritts und den Grund der Alkalibildung beruhen nach REICHENBACH & Seıtz zum Teil auf der oft sehr verschiedenen Beschaffenheit der Lackmus- molke, deren richtige Bewertung sehr schwierig ist und dazu geführt hat, daß die Molke fertig aus einer chemischen Fabrik bezogen wird. Die Schwierigkeit besteht darin, daß beim Kochen in alkalischer Lösung neben Milchsäure nicht näher bekannte Zuckerarten entstehen, welche durch Paratyphusbacillen leicht zersetzt werden, und deren Entstehung sich nur dadurch vermeiden läßt, daß aufs allerpeinlichste von vornherein jeder Ueberschuß an Alkali vermieden wird. Wegen dieser Schwierigkeiten haben die genannten Autoren als Ersatz der Lack- musmolke eine künstliche Nährlösung von folgender Zusammensetzung vorge- schlagen: Wasser 1000, Milchzucker 20, Traubenzucker 0,4, Natriumeitrat 2,0, Ammoniumsulfat 1,0, Dinatriumphosphat 0,5, Kochsalz 5,0, Azolitmin 0,22. In dieser Lösung sollen sich sämtliche Bakterien fast genau so wie in guter Lackmusmolke verhalten. Vergärung der Zuckerarten: Zahlreiche Versuche sind über das Gärvermögen der Paratyphusbakterien verschiedensten Zuckerarten gegenüber angestellt worden. Sie haben nicht alle zu ein und demselben Ergebnis geführt. Das beruht zum Teil auf Fehlern der Versuchsanordnung. Die erste Bedingung dabei ist, daß die Nährmedien — meistens handelt es sich um Bouillon — frei von Zucker, namentlich von dem aus dem Fleisch stammenden Muskelzucker sind. Man vermeidet diesen Fehler, wenn man die Bouillon aus altem, etwas faulenı Fleisch herstellt oder die Bouillon vorher durch Einsaat von Coli- bakterien, welche den Zucker vergären, von letzterem befreit. — Die Neu- tralisation soll nicht mit Natriumkarbonat, sondern mit Natronlauge oder Di- natriumphosphat vorgenommen werden, weil stärkere, beim Bakterienwachs- tum entstehende Säure als Kohlensäure in Bläschen ausgetrieben und dadurch Zuckervergärung vorgetäuscht werden kann. Zu beachten ist ferner, daß durch längeres Erhitzen der Milchzuckerbouillon auf 100° in alkalischer Lösung sich geringe Mengen des Milchzuckerss unter Aufnahme von Wasser in Traubenzucker umwandeln (invertieren) können, wodurch dann ebenfalls eine Vergärung des Milchzuckers vorgetäuscht werden kann. Wenn man diese Fehler ausschließt, so ergibt sich folgendes: = Milchzucker und Rohrzucker werden nicht vergoren. Säurebildung findet nicht statt. TworT hat die Anpassung der Paratyphusbacillen an die Rohrzuckergärung behauptet. Eine Bestätigung seiner Versuche steht noch aus. Traubenzucker wird unter Säuerung stets vergoren. Infolgedessen tritt in Lackmus-Nutrose-Milchzuckerlösung (BARSIEKOW-I-Lösung) weder Rötung noch Koagulation auf, während in der Lackmus-Nutrose-Traubenzuckerlösung (BARSIEKOW - I-Lö- sung) Koagulation des Nutrosekaseins und Rötung stattfindet. In der Lackmus-Nutrose-Mannit-Lösung (Hrtsch) tritt Rö- tung, Gerinnung und nur geringe Gasbildung auf. Dadurch sind die Paratyphusbaecillen einerseits ohne wei- teres von den Typhusbacillen, welche Traubenzucker nicht angreifen, und andererseits von den Colibakterien, welche außer Traubenzucker auch Mileh- und Rohrzucker vergären, mit Sicherheit zu trennen. Außer diesen Zuckerarten sind noch andere Mono-, Di-, Poly-Saccharide und vielatomige Alkohole geprüft. Die Ergebnisse der verschiedenen Autoren sind keine ganz einheitlichen, was durch die verschiedene Versuchstechnik zu erklären sein dürfte. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß Pentosen und Hexosen unter mehr oder minder ausgesprochener Gasbildung vergoren werden, daß von Disacchariden nur Maltose vergoren wird, und daß in Lösungen von Tri- und Polysacchariden keine Vergärung auftritt. Das Verhalten der einzelnen Zucker- arten und vielatomigen Alkohole ist aus folgender Zusammenstellung ersichtlich, welche die Resultate der meisten Forscher wiedergibt. . „ Bei Temperaturen von 46° sistiert die Gasbildung (HÜBENER). Sie tritt wieder auf, sobald die Kulturen bei 37° gehalten werden. MArKS sah bei einem Stamm, den er an ein Wachstum auf Nährboden mit verhältnismäßig hohem Gehalt an arseniger Säure resp. Antimon gewöhnt hatte, das Gärungs- vermögen Traubenzucker gegenüber schwinden, durch zahlreiche Passagen auf gewöhnlichen Agar wieder entstehen. Paratyphus ete. 1017 u nn nn nn, | > Ver- Ver- | Zuckerart gärung | Zuckerart gärung Monosaccharide ı Dextrose | = 3-wert. Alkohol | Glyzerin — , Lävulose + : IGalakose | + 4-wert. Alkohol | Erythrit = BEE rss d-wert. Alkohole | Xylose + Disaccharide | Saccharose — Pentosen Arabinose = Laktose ee: Rhamnose + Bas = 6-wert. Alkohole Duleit - Trisaccharide | Raffinose - Hexosen mom 6. orbit == Polysaecharide | Dextrin | — Inulin — | Stärke — Glykgen | — . Die Menge des gebildeten Gases ist großen Schwankungen unterworfen. Mit Ausnahme der Ratfinose, welche hemmt, haben die Zuckerarten in Bouillon keinen Einfluß auf das Bakterienwachstum. Das Gas, welches bei Vergärung der verschiedenen Kohlehydrate gebildet wird, besteht aus Kohlensäure und Wasserstoff. Das Mischungsverhältnis schwankt sehr und beträgt im Durchschnitt etwa 35:65 (SEIFFERT). Indolbildung: Bisher ist fast allgemein den Bakterien der Paratyphus- gruppe die Fähigkeit, aus dem Pepton der Nährlösung Indol zu bilden, abge- sprochen worden und diese mangelnde Fähigkeit als differentialdiagnostisches Merkmal den Colibakterien gegenüber hingestellt worden. Neuerdings glaubten einige Autoren festgestellt zu haben, daß auch den menschlichen Paratyphus- stämmen diese Fähigkeit in geringem Maße unter gewissen Bedingungen zu- kommt. PoPPE prüfte verschiedene Peptonarten (Witte-, Adamkewitsch-Pepton, ferner Pepton e carne MERCK und e carne KÖNIG) und fand, daß aus den beiden letzteren Peptonarten kein Indol gebildet wurde, daß dagegen in Pepton-Witte- Bouillon nach längerer Züchtung (15 Tage) Indol auftrat, daß in gewöhnlichem Peptonwasser und der Stammlösung nach VoGEs und PROSKAUER und vor allen Dingen in einer Lösung von ADAMKEWITSCHschem Pepton Indolbildung noch früher (nach 5 Tagen) auftrat. ANDREJEW, der eine große Reihe von Typhus-, Paratyphus B-, Suipestifer- und Gärtnerstämmen untersuchte, hatte stets eine positive Indolreaktion. JAFFE fand bei einigen Stämmen eine positive, bei anderen eine negative Indolreaktion. Im Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse von anderen Autoren (SELTER, ÜROSSONINI, HUBER & TELLE), welche auch in großen Ver- suchsreihen unter allen möglichen Variationen zahlreiche Bakterienstämme auf Indolbildung prüften, dabei aber niemals eine positive Reaktion beobachteten, so daß man daran festhalten muß, daß den Paratyphusbakterien eine Indol- bildung im allgemeinen nicht zukommt. Die Unterschiede erklären sich durch die Verschiedenheit der zum Indol- nachweis angewendeten chemischen Methoden. PoPpE & ANDREJEW gebrauchten die SaLkowskysche Indolprobe ohne Ausschüttelung des roten Farbstoffes mit Amylalkohol. Sie bezogen die nach Zusatz von Nitrit und Schwefelsäure auf- tretende Rot- oder Rosafärbung, wie sie auch bei nicht Indol bildenden Bakterien beobachtet wird, auf die Gegenwart von Indol, ohne zu bedenken, daß der Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure an sich Verbrennungen der organischen Substanz und dadurch einen rosa bis braunroten Farbenton hervorrufen und so leicht Indolbildung vortäuschen kann. Diesen Nachteil besitzt die Emrrıchsche Methode — (die Paradimethylamido-Benzaldehyd-Reaktion) —, die im Jahre 1906 von BöHnme in die Bakteriologie eingeführt ist, nicht. Sie hat außerdem den Vorzug einer 10mal größeren Empfindlichkeit als «lie Nitritprobe und sollte daher in jedem Falle angewandt werden. Eine Aus- schüttelung des roten Farbstoffes ist nicht erforderlich. Soll sie vorgenommen werden, so eignet sich nicht der von LÖSENER für die SALKowskysche Methode vorgeschlagene Amylalkohol dazu, da dieser mit den ErrricHschen Reagentien allein eine Rotfärbung erzeugt, sondern nur das Chloroform, bei dem das nicht der Fall ist. 1018 P. UHLENnHUTH und E. HÜBENER, Kreatinin. BURRI & ANDREJEW fanden, daß immer in den Kulturen mit positiver Indolreaktion auch Kreatinin nachgewiesen werden konnte, während Proteinochrom fehlte, daß umgekehrt Stämme mit positiver Prot&inochromreaktion kein Indol oder Kreatinin bildeten. Letzteres ist jedenfalls bis jetzt bei den Para- typhusbacillen nicht nachgewiesen worden. Schwefelwasserstoff wird in peptonhaltigen Nährlösungen von allen Stimmen, wenn auch in sehr verschiedener Stärke, gebildet. Nach SEIFFERT befördert Zusatz von Zucker die Schwefelwasserstoftbildung in sehr starkem Maße, am stärksten Rohrzucker und Lävulose. In dextrose- und milch- zuckerhaltigem Nährboden fehlt die Schwefelwasserstoffbildung innerhalb der ersten 24 Stunden. Nach 48 Stunden ist sie in geringem Grade vorhanden. Das Ausgangsmaterial für die Schwefelwasserstoffbildung stellt nach den Unter- suchungen von CAPALDI und PROSKAUER das Pepton Witte dar, das Schwefel in leicht abspaltbarer Form enthält. Prot&einochrom: Die Bildung von Prot@inochrom, die Verbindung eines noch unbekannten Eiweißzerfallprodukts mit Chlor, das nach WINTERNITZ und ERDMANN bei der Pankreasverdauung und bei der Eiweißfäulnis entsteht, kommt den Paratyphusbacillen im Gegensatz zu den Colibakterien zu. POPPE konnte Protöinochrom nicht nachweisen. Nitritbildung: Der Paratyphus-B-Bacillus bildet in salpeterhaltigen Nährböden kräftig Nitrit, und zwar ohne Rücksicht auf die Menge an Salpeter in einer bestimmten Zeit gleiche Mengen. In den Versuchen von PELZ war schon nach 24 Stunden 47,6 Proz. des Salpeters in salpetrigsaures Kalium umge- wandelt und nach 86 Stunden die Höchstgrenze von 100 Proz. erreicht. Jeden- falls bleibt der Paratyphusbaeillus in dieser Fähigkeit nicht hinter den Cholera- vibrionen zurück, sowohl was die Menge der gebildeten Nitrite anbetrifft als auch bezüglich der Zeitdauer, in der die Reduktion vor sich geht. Auf dem Lackmus-Milchzucker-Kristallviolettagar von CONRADI und v.DRI- GALSKI bilden die Paratyphusbacillen tiefblaue Kolonien, die nach einigen Tagen ein eingesunkenes Zentrum mit umgebenden wallartigen Rand zeigen können. Auf der Lörrterschen Malachitgrünplatte entstehen üppige, glasig durch- scheinende, leicht getrübte Kolonien, in deren Umgebung das Grün in ein helles Gelb umgewandelt ist. Bei dichter Besäung findet eine vollständige Aufhellung der Grünplatte statt. Außer den Angehörigen der Paratyphus- und Gärtner- gruppe wachsen auch Colibakterien und Alkalibildner unter Aufhellung des Nähr- bodens, doch lassen sie sich meistens durch ihr Aussehen unterscheiden. Auf dem von LENTZ & TIETZ sowie LEuUcCHsS modifizierten Malachitgrünnährboden zeigen die Paratyphusbacillen das gleiche Wachstum. Auf dem PADLEWSKIschen ährboden, welcher eine Kombination des Lörrterschen Malachitgrünagars mit einer 10-proz. Lösung von schwefligsaurem Natron darstellt, bilden die Paratyphusbakterien im Gegensatz zu den Coli- bakterien, welche als intensiv grüne Kolonien wachsen, farblose trübe Kolonien. Auf dem Alizarin-Malachitgrünnährboden nach GuTH wachsen die Bakterien in analoger Weise wie auf der LÖFFLERschen Originalgrünplatte, aber in deutlichen Kolonien erst nach 40—48 Stunden. Auf dem Fuchsinagarnährboden von Enpo wachsen alle Bakterien- stimme als weiße Kolonien im Gegensatz zu Colibakterien, welche leuchtend rote Kolonien produzieren. Dieser Nährboden ist von GÄTHGENS durch Zusatz von Koffein und Galle und Aenderung der Alkalinität, von WERBITZKI durch Zusatz einer Chinagrünlösung, von KINGBORG durch Zusatz von Malachitgrün (LÖFFLER) modifiziert. Das Wachstum der Paratyphusbaeillen auf diesen modi- fizierten Nährböden ist dasselbe wie auf der Enposchen Originalplatte. Auf der Brillantgrünplatte von ConraDtr bilden Paratyphusbakterien gelbgrüne, durchsichtige, rundliche, üppige Kolonien. Besonders charakteristisch ist die Bildung von Riesenkolonien, die sich durch ihre relative Durchsichtig- keit, die spiegelnde Oberfläche, Randbuchten und das Fehlen feingezackter Ränder auszeichnen. Auf dem Safranin-Reinblau-Malachitgrün-Galleagar LÖFFLERs bilden die Paratyphusbacillen blau durchsichtige, flach pyramidale, metallglänzende Ko- lonien mit leicht welligem Rande. Der eigenartige Metallglanz ist am besten nach 24—36-stündigem Wachstum bei schräg auffallendem Licht zu erkennen. Die Umgebung hat einen bläulichen Farbenton. Die Colikolonien sind rötlich, desgleichen die Umgebung. ‘uf dem mit farblos gemachtem Reinblau nach DENNEMARK hergestellten Nährboden wachsen Paratyphuskeime nach 18—20 Stunden bei 37° zu 2—-3 mm Paratyphus ete. 1019 im Durchmesser betragenden, farblosen, durchsichtigen, klaren, tropfenartigen Kolonien aus, während die Bakterien der Coligruppe große, trübe und blaue Kolonien bilden. I ‚In ROTHBERGERschen, nach SCHEFFLER modifizierten Neutralrotagar tritt Gasbildung (Zerreißung), Fluoreszenz und gelbliche Färbung auf. Auf dem OLDEkopschen Agar tritt die Entfärbung schneller und intensiver auf. Auf dem BucHHortzschen Orceinnährboden wird die anfangs wein- rote Farbe des Agars innerhalb 24 Stunden bis auf einen schmalen Ring an der Oberfläche in ein helles Ockergelb verwandelt. Paratyphus A, Bact. coli, Ruhrerreger lassen die Farbe in den ersten 24 Stunden unverändert. Die beiden ersten Bakterienarten bewirken eine ganz allmählich eintretende Aufhellung. Der BucHHoLTzsche Lackmusagar (violette Farbe) wird schon nach 10 Stunden völlig entfärbt. Alle anderen Bakterien entfärben erst nach 36 Stunden oder noch später. Der Buchnorzzsche Malachitgrünagar wird ebenfalls durch die Fleisch- vergiftungsbakterien innerhalb der ersten 24 Stunden entfärbt. Die anfangs meergrüne Agarsäule zeigt’ eine hellgelbe Farbe mit einem leicht grünlichen Schimmer. In Methylorangebouillon nach FREGONNEAU wird, die zitronengelbe Farbe in eine weißgelbe verwandelt. Im Gegensatz dazu läßt Paratyphus A die Farbe unverändert, während Typhusbacillen nur eine Aufhellung bewirken. In LöÖrrLerscher Malachitgrün-Milchzuckerlösung (Paratyphuslösung) wird die ursprünglich mattgrüne Farbe in eine blasse schmutzig-gelbgrüne verwandelt, während der Typhusbacillus sie nahezu unverändert läßt, und der Colibaeillus eine milchgraue Färbung und infolge Vergärung des Milchzuckers eine Durch- setzung mit Gasblasen bewirkt. Die LÖFFLERsche Malachitgrün-Milchzucker-Traubenzuckerlösung (Typhus- lösung) wird von den Fleischvergiftern zerrissen. Die Nutrose wird ausgefällt und bleibt zum Teil in schmutziggrünen Streifen an der Wand des Glases. Der Typhusbacillus verändert sie in eigenartiger Weise. Die Flüssigkeit gerinnt wie saure Milch, und darüber bildet sich eine klare, grüne Flüssigkeit. In den LÖFFLERschen Safranin-Malachitgrün-Reinblau-Typhus- und Para- typhuslösungen rufen die Paratyphusbakterien nach 24-stündiger Bebrütung folgende Veränderungen hervor: In der Typhuslösung tritt starke Vergärung auf, die Flüssigkeit wird etwas blaurot. In starkem Kontrast dazu nehmen die Röhrchen mit Paratyphuslösungen eine hellrote Farbe an. Die LÖFFLERschen Safranin-Reinblaulösungen ohne Grünzusatz zeigen nach 24-stündiger Bebrütung folgendes Bild: In der Typhuslösung ist Vergärung mit blauem Gerinnsel eingetreten, die Paratyphuslösung hat eine himbeerrote Farbe angenommen. e LANGE hat einen polytropen Nährboden hergestellt, der als Grundnähr- substanzen Fleischextrakt, Kochsalz, Nutrose und Pepton, als Hilfsreagentien Milchzucker und Mannit, als eigentliche Reagentien Lackmus und Neutralrot enthält und sich in Gärkölbehen unter dem Einfluß der eingeimpften Bakterienart nach den verschiedensten Richtungen hin verändern kann und infolge dieser .charakteristischen Veränderungen eine schnelle und bequeme Differenzierung, zwischen Typhus-, Paratyphus-A- und B-, Coli-, Proteus-, Alcaligenes-Bakterien gestattet. Die Veränderungen des Nährbodens bestehen in Farbumschlägen und Gasbildung. Starke Gasbildung tritt bei den Bakterien auf, die Milchzucker vergären, geringe Gasbildung bei denjenigen, die Mannit angreifen. Für die Paratyphusbacillen ist der frühzeitige Umschlag des anaeroben Schenkels in Gelbfärbung, die Bildung von nur wenig Gas und die Graurot- bis Graublau- färbung im offenen Schenkel charakteristisch. Agglutination. Die Paratyphusbaeillen sind leicht agglutinable Mikroorganismen, die im > allgemeinen nur geringe individuelle Schwankungen aufweisen. Wie bei anderen Bakterien kommt es auch bei ihnen vor, daß frisch aus dem Körper gezüchtete Stämme inagglutinabel sind und erst nach generationsweiser Fortzüchtung auf künstlichen Nährböden agglutinierbar werden, daß ferner andere Stämme bei sehr langer Fortzüchtung die Agglutinierbarkeit einbüßen oder die Fähigkeit gewinnen, spontan zu agglutinieren. BODDAERT beobachtete, daß ein Paratyphus- B-Stamm, der durch sein homologes Serum in einer Verdünnung von 1:5000 stark agglutiniert wurde, nach zweimaliger Kaninchenpassage die Agglutinier- barkeit für das homologe und für ein anderes Serum nahezu eingebüßt, für ein EEE a nn nn P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, 20 10 Vergleichende Zusammenstellung deskulturellen Verhaltens der Typhus-, Paratyphus-A-und B-und Colibakterien auf differentialdiagnostisch wichtigen Nährböden. Typhus Paratyphus A Paratyphus B Bact. coli commune 18. 19. 20. Milchzuckerbouillon Traubenzuckerbouillon Traubenzuckeragar Milch Lackmusmolke Neutralrotagar Milchzucker-Nutrose- Lackmuslösung Traubenzucker - Nutrose- Lackmuslösung LÖFFLERsche Grün- lösung I LÖFFLERsSche Grün- lösung 11 Örceinagar OLDEKOP- BUCHHOLZ 1-proz. Lackmusagar (0.5 Proz., BUCHHOLZ) Malachitgrünagar (0,5 Proz., BUCHHOLZ) DRIGALSKI- Agar EnDo-Agar Malachitgrünagar (LÖFF- LER) KINBoRGsches fuchsinagar PADLEWSKI-Malachit- inagar Säure- keine Gasbildung Säurebildung klar, sauer, rötlich keine Entfärbung unverändert Säurebildung, Gerinnung, Rotfärbung keine Gärung; Flüssigkeit gerinnt in toto, über dem Gerinnsel steht eine klare srüne Flüssigkeit keine Veränderung nach 12 Stunden Aufhellung; ockergelbe Farbe nach 12 Stunden Entfärbung do. blaue Kolonien (farblose Kolonien 'zartes Wachstum ohne Ver- färbung farblose Kolonien do. LÖFFLERs Malachitgrün- flache bläuliche Kolonien mit nin-Reinblau-Agar Indol m Metallglanz. eigenart keine Gasbildung do. Gasbildung do. do. nicht koaguliert; geringe keine Gerinnung, keine Auf- hellung | ‚klar, sauer, mäßige Rötung Fiuoreszenz, Gasbildung unverändert Säurebildung, Gerinnung Gärung, Zerreißung der Nu- Rotfärbung, Flocken langsame Entfärbung, keine Gärung nach 12 Stunden Aufhellung nach 12 Stunden Entfärbung do. kleine, blaue, typhusähnliche Kolonien farblose Kolonien zartes, feines Wachstum ohne | Verfärbung farblose Kolonien do. 'bläuliche Kolonien mit Me- tallelanz trose, Bildung schmutziger keine Gasbildung Gasbildung Gasbildung do. do. do. nicht koaguliert; nach 14 Ta- koaguliert; starke Säure- gen autgehellt; alkalisch, bildung Gelbfärbung | anfangs sauer, dann alka- trüb, sauer, rot lisch, erst rot-violett, dann blau Fluoreszenz, Gasbildung unverändert Fluoreszenz, Gasbildung Säurebildung, rasche rinnung, Rötung do. (4e- Säurebildung, Gerinnung, Rötung Gärung, Zerreißung der Nu- Gärung, Zerreißung der Nu- trose, Bildung schmutziger| trose, Bildung schmutziger Flocken, grüner Schaumring) Flocken, grüner Schaumring langsame Entfärbung, keine do. Gärung nach 12 Stunden Aufhellung; nach 12 Stunden rote Farbe ockergelbe Farbe unverändert nach 12 Stunden Entfärbung nach 12 Stunden keine Ent- färbung do. do. | ‚blaue Kolonien rote Kolonien farblose Kolonien leuchtend rote Kolonien kräftiges Wachstum mit Auf- kein oder schlechtes Wachs- hellung, Gelbfärbung tum farblose Kolonien rote Kolonien do. do. | | . ” ” ” ” n,* bläuliche KolonienmitMetall-\dieke, saftige, rot werdende | glanz Paratyphus ete. 1021 Mäusetyphusserum aber behalten hatte. Manche Stämme werden von vornherein von hochwertigen Seris nicht beeinflußt und behalten diese Eigenschaft dauernd bei. . Die Art der Agglutination ist nicht charakteristisch. Man beobachtet alle möglichen Uebergänge von der grobflockigen zur feinflockigen Agglutination. Künstliche agglutinierende Sera lassen sich durch Vorbehandlung von Tieren mit Paratyphusbacillen leicht herstellen. Am besten eignen sich Kaninchen und Esel. Bemerkenswert ist, daß man mit abgetöteten Kulturen wirksamere Sera mit hohem Titer erhält, wobei die zur Abtötung benutzte Temperatur inner- halb weiter Grenzen schwanken kann, während die Vorbehandlung mit lebenden Kulturen, wegen der infektiösen Eigenschaften der Bakterien, nur mit kleinen Dosen geschehen kann und daher im allgemeinen nicht so hochwertige Sera liefert. Wichtig ist ferner, daß die auf erstere Art gewonnenen Sera eine größere Gleichmäßigkeit insofern erkennen lassen, als sie den verschiedenen Stämmen gegenüber nur geringe Titerschwankungen aufweisen. Die Agglutination mittelst eines hochwertigen Paratyphusserums ist im allgemeinen streng spezifisch. Ausnahmen kommen allerdings vor. In neuerer Zeit sind von verschiedenen Autoren ungewöhnliche agglu- tinatorische Erscheinungen an Paratyphusstämmen festgestellt. SOBERNHEIM & SELIGMANN fanden bei einigen echten menschlichen Paratyphusstämmen, welche auf den gewöhnlichen Agarnährböden zwei verschiedene Wachstumsformen zeigten, beı der Prüfung ihres agglutinatorischen Verhaltens eine Verschiedenheit der Reaktionen. — Stämme, welche runde glashelle, glatte Kolonien bildeten, wurden nur vom Paratyphusserum beeinflußt, Stämme, welche ein abweichendes Wachs- tum zeigten, wurden zwar auch vom Paratyphusserum, wenn auch etwas niedriger als die anderen Kulturen agglutiniert, gleichzeitig aber noch in hohen Verdüunnungen in charakteristischer Weise vom Gärtnerserum beeinflußt. Andere echte menschliche Paratyphusstämme, die anfangs nur auf Paratyphusserum reagiert hatten, zeigten später nur die eine, von ihnen als atypisch bezeichnete Wuchsform und dementsprechend eine cdoppelseitige Reaktion, auf Paratyphusserum sowohl wie auf Gärtnerserum. Diese doppel- seitig reagierenden Stämme weisen außer auf den Agarnährböden auch noch auf anderen Nährböden graduelle Unterschiede auf, nämlich Verlangsamung der Alkalibildung in Lackmusmolke und der Säurebildung und Austlockung im Barsiekow-Traubenzucker. Außerdem weichen sie in ihrem antigenen Verhalten ab. Während die Herstellung von Immunserum mit abgetöteten echten Paratyphus- stämmen leicht gelingt, machen die Doppelstämme Schwierigkeiten. Bei ihnen ist wie bei den reinen Gärtnerkulturen eine intensive Vorbehandlung nötig, und stets gelingt die Immunisierung leichter mit lebenden Kulturen als mit erhitzten. Das mit: den doppelt reagiererden Stämmen erzeugte Serum hatte reinen Para- typhuscharakter, d. h. Gärtnerstämme wurden nicht agglutiniert, obwohl die zur Herstellung benutzten Kulturen für Gärtnerseren agglutinabel waren, so daß also bei diesen Kulturen ein Unterschied zwischen agglutininbildender und -bindender Fähigkeit bestand. Widerstandsfähigkeit. Physikalischen Einflüssen gegenüber ist der Paratyphusbaeillus wider- standsfähiger als der Typhusbacillus. Die Dauer seiner Lebensfähigkeit in der Außenwelt (Boden, Stuhl, Wasser) übertrifft jedenfalls die des Typhusbaeillus (KoLLe-HETScH). In Stubenkehricht wurde er bis zu 80 Tagen, in Kohlen- und Aschenmüll bis zu 136 Tagen, in eingetrockneten und trocken aufbewahrten Faeces bis zu 2 Jahren lebensfähig gefunden (HıLGERMANN, MAYER). MOSEBACH wies Paratyphusbaeillen in den von Baeillenträgern benutzten Abortgruben nach und Rımpau fand sie in der Straßenrinne unterhalb eines Hauses mit einem Paratyphuskranken selbst 6 Stunden nach der Desinfektion des Erdreichs mit Chlor- kalkwasser. Nach den Untersuchungen von ALMQUIST wachsen und vermehren sich Paratyphusbacillen in Düngerstoffen bei Temperaturen von 13° und 24°. In 5 Monate alten, zum Teil gänzlich eingetrockneten Kulturen ianden sich noch lebensfähige Keime (JÜRGENS). In zugeschmolzenen, unter den mannigfachsten Temperaturverhältnissen aufbewahrten Röhrchen halten sich Agarkulturen drei Jahre lang lebensfähig (Marrını). An Seidenfäden angetrocknete Paratyphus- bakterien hatten ihre Lebensfähigkeit 213 Tage bewahrt (Heim). Im Blutegel wurden sie noch nach 3 Monaten am Leben gefunden (STEFFENHAGEN). 1022 P. UHLENHUTH und E. HüÜBEnER, KERSTEN sah sie in ausgekühlter Milch bis zu 61 Tagen, in einer bei Zimmertemperatur gehaltenen Milch bis zu 64 Tagen und in einer bei 37° auf- gehobenen Milch bis zu 4!/;s Monaten lebensfähig. i Hüxz fand, daß Paratyphusbacillen eine große Empfänglichkeit der phy- siologischen Kochsalzlösung gegenüber besitzen. In 1 cem Kochsalzlösung, die 000 Oese Kultur enthielt und bei 37° gehalten wurde, war die Zahl der Bak- terien bereits nach !/,; Stunde auf den achten Teil, nach 2 Stunden auf den zwölften Teil reduziert. Nach 4 Stunden waren überhaupt lebende Bakterien nicht mehr nachweisbar. Im Gegensatz dazu stehen die Untersuchungsergebnisse von WEICHEL!, welcher den Einfluß des Kochsalzgehaltes namentlich in Hinsicht der Wirkung der Pökelung näher studierte. Er fand eine verschiedene Wirkung, je nachdem es auf die Bakterien in künstlichen Kulturmedien oder in Fleisch einwirkt, und in ersterem Falle wieder, je nachdem die Zahl der im Medium vorhandenen Keime eine große oder geringe ist. Werden gut gewachsene Kulturen mit Kochsalz versetzt, so erfolgt die Abtötung erst nach verhältnismäßig langer Einwirkung des Kochsalzes. Mit 15-proz. Kochsalzlösung überschichtete Agarkulturen und 25 Proz. Kochsalz enthaltende, bei 15—18° aufbewahrte Bouillonkulturen können bis zum 33. Tage lebensfähige Keime enthalten. Die keimtötende Wirkung des Kochsalzes in künstlichen Nährmedien wird, abgesehen von der Menge des zugesetzten Kochsalzes und von der Art des Nährmediums (ob Agar oder Bouillon), sowie von der Art des Zusatzes (ob trocken oder ge- löst), durch die Temperatur und die Zahl der vorhandenen Keime wesentlich beeinflußt. Das Kochsalz istin höheren Kon- zentrationen (10 Proz. und darüber) bei Zimmer- und höherer Temperatur ein Mittel, das nachträglich in die Nährmateria- lien gebrachte Paratyphusbakterien in verhältnismäßig kurzer Zeit tötet. Im Fleisch, das mit Paratyphusbacillen infiziert ist und gepökelt wird, sterben die Bakterien bei Verwendung von 12—19 Proz. Kochsalz erst nach 75 Tagen ab, bei 10—13-proz. Kochsalzlösung sind sie noch nach 80 Tagen lebensfähig. Diese Untersuchungsergebnisse stimmen mit denen SERKOWSKIS & Tomczaks überein, welche den Einfluß des Kochsalzes auf die Bakterien der Fleischvergiftungen untersuchten. Gegen Räucherung sind die Paratyphusbacillen verhältnismäßig widerstands- fähig. In Bouillonkulturen und Milch sterben Paratyphusbacillen bei einer Tem- peratur von 60° in einer Stunde ab (KoLLE). 1/s-stündige Einwirkung dieser Temperatur genügt nicht zur Abtötung, ebensowenig 25 Minuten langes Er- hitzen der Kulturen auf 70° oder 5 Minuten währende Einwirkung einer Tem- peratur von 75° (FıscHErR). Bei Erhitzung auf 80—100° gehen sie in kurzer Zeit zugrunde. Im Wurstbrei können nach den Untersuchungen von UHLENHUTH & Hü- BENER Paratyphusbacillen 2 Stunden langes Kochen der Wurst aushalten. Nach Rımpau werden mit paratyphusbacillenhaltigem Fleisch gestopfte Würste nach !/s—/,-stündigem Aufenthalt in heißem Wasser von 95—96° nicht frei von diesen Erregern. Bei der küchenmäßigen Zubereitung von Fisch werden Paratyphus- bakterien nach ECKERSDORFF nicht abgetötet, da im Innern großer Stücke die zur Abtötung notwendigen Hitzegrade nicht erreicht werden. Ein 15 em langes, 10 cm hohes Stück eines Seehechtes, das künstlich mit Paratyphusbaeillen in- fiziert war und 1/, Stunde im geschlossenen Kochtopf gekocht wurde, wies an der Peripherie 100° im Innern 42° auf. Trotzdem zeigte es die weiße Farbe des gekochten Fischfleisches, das noch massenhaft die eingeimpften Bak- terien in lebendem Zustande barg. Aehnliche Verhältnisse walten bei dem Fleisch der Schlachttiere ob. In einem Falle fanden sich lebende Paratyphusbaeillen im Kalbfleisch, das im Weckschen Apparat eingekocht war. Das Kalb war not- Beehlachiet, sein Fleisch hatte 23 Erkrankungen an Paratyphus verursacht (Gd»Pr. St.), Im Pferdeserum sterben Paratyphusbaeillen schnell ab, hingegen wird ihr Wachstum durch leukocytenhaltiges oder leukocytenfreies Pferdeplasma nicht beeinträchtigt (HoESSLI, FRAENKEL und Much). In Bakteriengemischen haben die Paratyphusbacillen weniger als die Typhus- bacillen unter der Konkurrenz der Colibakterien zu leiden. Werden Colibakterien und Paratyphusbaeillen zu gleichen Teilen in Bouillon gemischt, dann 24 Stunden bei 37° gehalten, so besteht die Kultur aus ?/, Colibakterien und !/, Paratyphus- Paratyphus ete. 1023 bacillen, während Typhusbaeillen in diesem Falle überwuchert werden. Werden Typhusbacillen mit Paratyphusbakterien in derselben Weise gemischt, so über- wuchern die letzteren die ersteren Erreger! BECKERS hebt hervor, daß in Galle- Blutgemischen Typhusbaeillen von Paratyphusbaeillen überwuchert werden, was beim Vorliegen einer Mischinfektion zu berücksichtigen ist. Von Paracolibacillen werden sie innerhalb kurzer Zeit überwuchert und vernichtet (TITZE). Ueber die Widerstandsfähigkeit der Paratyphusbaeillen chemischen Mit- teln gegenüber liegen bisher systematische Untersuchungen noch nicht vor. CONRADI, v. DRIGALSKI und JÜRGENS erwähnen nur, daß sie im allgemeinen beträchtlich größer ist als die der Typhusbaecillen. Diese Ansicht wird auch von anderen Autoren geteilt, wohl hauptsächlich auf Grund von gelegentlichen Beobachtungen bei Prüfungen von Desinfektionsmitteln, zu denen auch Para- typhusbakterien mit Verwendung fanden. Bei der Zimmerdesinfektion durch Formaldehyd gehen die Erreger zugrunde, einerlei, ob Autan, Autoform oder das Kaliumpermanganat angewendet wird (HILGERMANN). In 1-proz. Formalin- bouillon sterben sie nach 40 Minuten ab. Formalinzusatz zu Milch in einem Verhältnis von 1:25000 tötet dagegen die Erreger des Paratyphus innerhalb 3 Tagen nicht ab (KoLLeE). In essigsauren Konserven sterben die Paratyphus- bacillen in 2—3 Stunden ab (SAmMET). Salzsäurepepsin in 1-proz. Lösung, welches nach den Untersuchungen von BÜRGERS eine Reihe von lebenden Bak- terien, unter ihnen auch den Mäusetyphus, verdaut, greift Paratyphusbacillen in unerhitztem Zustande nicht an, wohl aber die auf 60° erhitzten Bakterien. Pathogenität und Virulenz. Der Paratyphusbacillus ist im Gegensatz zu dem Typhusbacillus für ver- schiedene Tierarten hochpathogen. Besonders empfänglich und empfindlich sind für die experimentelle Infektion die kleinen Laboratoriumstiere, nament- lich weiße Mäuse und Meerschweinchen, dann folgen Kaninchen, graue Mäuse und Ratten. Jedoch ist die Virulenz für diese Tiere sehr schwankend und va- riabel. Die Wirkung hängt mit von der Art der Einverleibung, der Beschaffen- heit und dem Alter der Kulturen ab,-sie nimmt stufenweise ab, je nachdem die Bakterien intraperitoneal, intravenös, intramuskulär, subkutan oder intrastomachal einverleibt werden. Manche Stämme töten bei intraperitonealer Injektion weiße Mäuse und Meerschweinchen in Dosen von "/inono? Oes- Für Kaninchen beträgt die tödliche Dosis ca. !/—!/s Normalöse bei intravenöser Verimpfung. FRAENKEL und MuchH (l. c.) züchteten aus perityphlitischem Eiter einen Stamm, von dem '/,ooooos Oese Meerschweinchen bei intraperitonealer Impfung regel- mäßig tötete. In den Versuchen GLASERS (l. c.) zeigten Kochsalzaufschwemmungen von Agarkulturen eine viel geringere Pathogenität als Bowilionkulturen. Bei der subkutanen Impfung der Laboratoriumstiere entsteht an der Impfstelle eine harte Infiltration, welche bei längerer Dauer der Impfkrankheit sich in einen Abszeß verwandeln kann. In den meisten Fällen erfolgt aber der Tod durclı eine allgemeine Septikämie, ehe es zu den ausgesprochenen lokalen Veränderungen gekommen ist. Es zeigen dann die großen Körperhöhlen trüb- serösen Inhalt oder serös-fibrinöse Auflagerungen oder bei sehr akutem Verlauf zahlreiche punktförmige Blutungen. Die Organe der Bauchhöhle weisen paren- chymatöse Trübungen auf, die Milz ist meistens beträchtlich geschwollen, ın ihr, namentlich aber in der Leber, kann es zur Bildung multipler, umschriebener, grauweißer, nekrotischer Herde kommen. Diese Eigenschaft teilen die menschlichen Paratyphusbaeillen mit anderen Stämmen der Paratyphusgruppe, namentlich den Schweinepestbaeillen und Kälber- ruhrbakterien. Die histologischen Veränderungen, speziell bei den mit mensch- lichen Paratyphusbacillen infizierten Laboratoriumstieren, sind von FRAENKEL und MucH, sowie HoFMANnN näher studiert, während die durch die tier- pathogenen Bakterien der Paratyphusgruppe hervorgerufenen Veränderungen von JOEST, LANGER, BUGGE, PITT u. a. beschrieben worden sind. (Siehe die be- treffenden Kapitel.) Nach dem übereinstimmenden Urteil aller Autoren handelt es sich dabei um eine Nekrose des Parenchyms, mit teilweiser zentraler Er- weichung. Die Leberzellen sind in eine kern- und farblose homogene Masse um- gewandelt, in deren Umgebung in Degeneration begriffene Zellen sich befinden, die wiederum ein diehter Wall von Leukocyten umgibt. In dem Detritus werden selten Bakterien gefunden, dagegen in großen Mengen in der Umgebung der nekrotischen Herde. Manche Autoren glauben, daß die Nekrose eine Folge der Verhinderung der Blutzufuhr durch Bakterienverstopfung der Kapillaren 1024 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, ist. In der Tat sieht man häufig die Kapillaren durch bacilläre Thromben voll- ständig verstopft und die angrenzenden Parenchymzellen im Zerfall. Andere (Hormann) führen die Erscheinungen auf Toxinwirkung zurück. HorFMANN vergleicht die Veränderungen der Leber mit denen bei Phagocytosevergiftung, Diese Frage bedarf noch weiterer Klärung. Dadurch, daß den nekrotischen r r ” ry N r «Fi S Me zr = 1a Zellen benachbarte Zellen der Nekrose verfallen, entstehen die ımakroskopisch sichtbaren, größeren grauweißen Herde, die an Zahl, Ausdehnung und Gestalt sehr wechseln können. Sie können zentral gelegen sein oder an die Oberfläche heranreichen, so daß die Schnittfläche des Organs bisweilen ein landkarten- ähnliches Aussehen haben kann, indem graue und grauweiße Stellen mit der braunen oder rotbraunen Farbe des normalen Organs abwechseln. teichen die Herde bis an die Oberfläche heran, so sind meistens auch fFibrinöse oder fibrinös-eitrige Beläge der Serosa vorhanden. Manche Paratyphusstiämme rufen bei den Laboratoriumstieren entzündliche Veränderungen an der Gallenblase hervor. Bereits LEMIERRE und ABRAMI konnten beim Kaninchen künstlich eine Cholecystitis erzeugen. Neuerdings gelang es FRAENKEL & MucH mit großer Regelmäßigkeit mit ihrem Paratyphusstamm bei Meerschweinchen, Kaninchen und Mäusen bei jeder Art der Einverleibung eine echte, in ihren Graden wechselnde akute Entzündung der Gallenblase zu er- zeugen. Während diese normalerweise eine zarte, dünne, durchscheinende Wand mit hellgoldgelbem Inhalt zeigt, ist sie bei den geimpften Tieren mehr oder weniger hochgradig verändert, am wenigsten bei den Mäusen, am stärksten und häufigsten bei den Meerschweinchen. In manchen Fällen ist sie geschrumpft, in anderen Fällen durch die Gallenmenge abnorm stark ausgedehnt. Der Inhalt ist trübe, entweder dünnflüssig oder von rahmartiger Konsistenz, oft ausgesprochen eiterig oder blutig-eitrig. Den äußeren Wandungen liegen oft fibrinöse Beläge auf. Die feinen histologischen Veränderungen sind eingehend von FRAENKEL & MucH studiert und werden, wie folgt, beschrieben: „Die Endothelien des serösen Ueberzugs der Gallenblase sind geschwollen, die subserösen Gefäße zum Teil prall mit Blut gefüllt. Hier und da finden sich perivaskulär angeordnete Anhäufungen einkerniger zelliger Elemente. Aber auch unabhängig von den Gefäßen lassen sich flächenhafte, in der Subserosa ausgebreitete, kleinzellige Infiltrate erkennen. Die Muscularis ist wohl erhalten, aber in einzelnen Muskellagen durch, hier gleichfalls in wechselnder Reich- haltigkeit vorhandene, ein- und mehrkernige Zellen auseinandergedrängt. Die Hauptveränderungen finden sich in der eigentlichen Schleimhaut. Ihre Falten erscheinen beträchtlich geschwollen und verbreitert, so daß sich benachbarte Schleimhauterhebungen direkt berühren. Die Tunica propria ist aufs dichteste teils von polynukleären Leukocyten, teils von roten, in Häufchen zusammen- liegenden Blutzellen durchsetzt; auch die fixen Bindegewebszellen sind ge- schwollen. Einzelne Kapillaren in den Schleimhautfalten sind von massigen, das Gefäßvolumen total verstopfenden Bacillenpröpfen erfüllt. Das Oberflächen- epithel ist auf große Strecken noch vollkommen erhalten, an anderen Stellen durch darunter angesammelte, mit Bakterien untermischte Leukocytenhäufungen abgelöst, oder nur in lockerem Zusammenhang mit der Unterlage. Das Gallen- blasenlumen enthält blutig-eitrige Galle, der allenthalben dichte Bakterien- schwärme beigemengt sind. Dieser Inhalt läßt sich bis in den Grund vieler Schleimhautbuchten der Gallenblasenwand verfolgen. Bisweilen beobachtet man, ganz in Uebereinstimmung mit den Befunden an menschlichen, in solcher Weise erkrankten Gallenblasen ein Fortschreiten des Prozesses von dem lundus ein- zelner Buchten auf die tieferen Wandschichten bis nahe an die Serosa heran und trifft in der Nachbarschaft soleher umschriebener Wandabszeßchen von Leukocyten- und Bakterienthromben okkupierte Lymphgefäße. Die in den Schleimhautkapillaren nachweisbaren Bakterienpfröpfe liegen bald mehr an der jasis, bald an der Spitze der Falten. Aber nicht nur in den Schleimhaut- und tieferen Wandgefäßen, sondern auch extravaskulär, frei im Üewebe, vor allem in der Submucosa, werden Bacillenhäufchen und -schwärme angetroffen. Zu diesen Befunden gesellt sich bisweilen ein, besonders stark in der Subserosa in die Erscheinung tretendes Oedem, wobei die fixen Gewebszellen sternförmige Gestalt annehmen, so daß das Gewebe den Eindruck eines myxomatösen macht.“ Die Nebennieren lassen bei Meerschweinchen zuweilen eine intensive Braun- fürbung erkennen, wie sie nach subkutaner Verimpfung von tödlichen Dosen Diphtherietoxins für diese Tierart charakteristisch ist (BONHOFF). Die Darmschleimhaut zeigt stets Schwellung und Rötung, mitunter punkt- förmige Blutungen. Bei Kaninchen sind sogar ulzeröse Prozesse beobachtet worden. Der Iymphatische Apparat des Darmes läßt oft kaum Veränderungen erkennen. Der Paratyphus ete. 1025 Darminhalt ist dünnflüssig, gelblich, schleimig oder blutig. Selbst bei subkutaner Einverleibung erscheinen die Bakterien sehr bald im zirkulierenden Blute und im Darminhalte. Die Dauer der Infektion ist bei subkutaner Verimpfung sehr verschieden und richtet sich nach der Virulenz und Menge der einverleibten Bakterien, sowie nach der Tierart. Mäuse und Meerschweinchen sterben meist innerhalb der ersten 24—36 Stunden selbst nach Dosen von 0,05 cem einer 24-stündigen Bouillonkultur. Bei der intravenösen Einspritzung gehen die Tiere unter den Erschei- nungen der Septikämie zugrunde. Bei Injektionen in die Ohrvenen von Ka- ninchen, denen der Ductus choledochus unterbunden oder reseziert ist, sind die Erreger schon nach 24 Stunden im Darm nachweisbar, und zwar finden sie sich hauptsächlich in der Darmwand, welche Hyperämie und Ecchymosen zeigt, weniger im Darminhalt (Bucky). Die intraperitoneale Verimpfung der Erreger ruft eine akute serös- eitrige Peritonitis mit hochgradiger Injektion der Darmserosa hervor. Bei dieser Art der Applikation genügen oft schon kleinste Mengen 24-stündiger Agar- kultur oder Bouillonkultur, um den Tod der Meerschweinchen herbeizuführen. Bei der Verfütterung von Paratyphusbacillen an Laboratoriumstiere haben die verschiedenen Autoren sehr verschiedene Resultate gehabt. Der Erfolg hängt hier von der Art und dem Alter der Tiere, dem Alter der Kulturen und der Art des Nährbodens, auf dem sie gewachsen sind, ab. Am empfänglichsten sind für die stomachale Einverleibung meist Mäuse, dann folgen Meerschwein- chen und Kaninchen, während Ratten am schwersten per os zu infizieren sind. Junge Tiere sind empfänglicher als alte, und frische Kulturen wirksamer als längere Zeit fortgezüchtete. So hatte SCHELLHORN bei seinen Fütterungs- versuchen mit Fleisch, das mit 8 Wochen alten Paratyphusbakterien infiziert war, nur 10 Proz. Todesfälle nach 26 Tagen, während die Verfütterung mit frischen Paratyphuskulturen infizierten Fleisches an Mäuse in 100 Proz. inner- halb 4—5 Tagen den Tod verursachte. In den Versuchen, die v. VAGEDES an- stellte, gingen Mäuse nach Fütterung von Agarkulturen nicht ein. Sie starben aber, sobald Hühnereiweiß, auf dem die Paratyphusbacillen 24 Stunden bei 37° gezüchtet waren, verfüttert wurde. Nach KoLLE-HETscH können die Paratyphusbacillen solche Virulenz er- langen, daß sie per os Mäuse regelmäßig unter dem Bilde des Mäusetyphus töten. Vom Geflügel ist die Taube für eine intramuskuläre Injektion em- pfänglich. Werden !/;—!/10—!/su ceem einer 24-stündigen Bouillonkultur einer Taube in den Brustmuskel injiziert, so tritt ein rapider Schwund des Muskels auf, so daß nach 12—14 Tagen kaum noch etwas von dem Muskel zu fühlen ist. Die Taube stirbt nach 14—20 Tagen unter den Erscheinungen der Kachexie. Die geringen Reste des Brustmuskels haben ein graues Aussehen, fühlen sich weich an und zeigen auf dem Durchschnitt zahlreiche submiliare graue Knöt- chen, die in der Umgebung der Injektionsstelle am zahlreichsten sind, und mit der Entfernung allmählich abnehmen. An den inneren Organen sind diese Knötchen oder andere Veränderungen nicht zu finden. Nach SEIFFERT zeigen die Knötchen den Bau von Tuberkeln.. Um ein verkästes Zentrum ist eine große Menge von Riesenzellen angeordnet, an denen die große Kernzahl (nach SEIFFERT bis zu 40 Kerne) auffällt und die in ihrem Innern kleine Bakterien- häufchen bergen. Wo noch Muskelfasern vorhanden sind, zeigen diese nicht die geringste Andeutung einer fettigen Degeneration. Dagegen sind die Maschen des perimuskulären Bindegewebes mit massenhaften Leukoeyten und zahlreichen Fetttropfen angefüllt. In den Versuchen von v. VAGEDES erlagen Tauben der intravenösen und intramuskulären Impfung unter dem Zeichen rasch verlaufen- der Vergiftung. Sehr stark waren hierbei die Ecchymosen der serösen Häute aus- gebildet, so daß Brustfell und Herzbeutel wie mit Blut bespritzt aussahen. Nach SEIFFERT ist die Degeneration des Brustmuskels der Tauben nach intramusku- lärer Verimpfung der Paratyphusbacillen eine spezifische Wirkung dieser Mikro- organismen und differentialdiagnostisch zu verwerten. Paratyphus-A-Bacillen rufen nicht die geringsten Veränderungen hervor. Demgegenüber ist jedoch zu betonen, daß die Empfänglichkeit der Tauben für eine Infektion mit Paratyphus- bacillen keine absolute ist. KoLLE & HErscH bezeichnen sie beispielsweise als refraktär und MucH & FRAENKEL gelang es nicht, Hühner und Tauben durch intramuskuläre Verimpfung von 5 Oesen zu infizieren. Nach REINHOLD sind mit massigen Dosen in folgender Reihenfolge verschieden leicht zu infizieren Tauben, Enten, Gänse, Hühner. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 65 1026 P. UHLexHurTH und E. HüÜBEner, Auch unsere Schlachttiere sind für die menschlichen Paratyphus- bacillen empfänglich, wie aus den wenigen bisher vorliegenden Versuchen ge- schlossen werden muß. In Versuchen KUTSCHERS und MEINICKES erkrankten 1 Ziegenlamm und 2 Kälber nach Verfütterung unter schweren Erscheinungen (Temperatursteigerung, verminderte Freßlust, Durchfälle), während andere Tiere — 2 Hammel, 3 alte Ziegen, 4 Hunde, 1 Pferd — entweder nur Fieber- oder gar keine Krankheitserscheinungen erkennen ließen. Die Prüfung des Blutes der auf die Fütterung reagierenden Tiere auf Antigene hatte niemals ein positives Ergebnis. Bei den häufigen Untersuchungen von Stuhl und Blut konnten niemals Paratyphusbacillen gefunden werden, was die Untersucher mit einem schnellen Zerfall der Bakterien im Darm erklären. ScHMITT konnte bei Verfütterung von Paratyphusbacillen an Kälber keine krankhaften Reaktionen auslösen, dagegen erwiesen sich dieselben Stämme als hoch pathogen von der Schleimhaut der oberen und mittleren Luftwege aus (Versprayung) und auch bei subkutaner, intravenöser und intraperitonealer Einverleibung. Aus dem Blute der tödlich erkrankten Tiere konnten Paratyphusbacillen in Reinkultur gezüchtet werden. REINHARD & SEIBOLD impften Ziegen Paratyphusbacillen in das Euter, in die Bauchhöhle und den Uterus. In allen Fällen trat tödliche Sepsis auf. Eine Injektion in das Kniegelenk rief eine vorübergehende Entzündung, keine Sepsis, hervor. Zwei Ziegen, die mit Paratyphusbacillen gefüttert wurden, er- krankten nicht. In den Versuchen von UHLENHUTH rief Verimpfung auf Schweine nur leichtes Kranksein hervor. FRAENKEL & Much fütterten Hunde monatelang ohne jede krankmachende Wirkung. In den Versuchen HOTTINGERS zeigten sich Paratyphusbaeillen Katzen und Hunden gegenüber pathogen. Giftbildung. Die Paratyphusbakterien besitzen die Eigenschaft, in der Kultur lösliche Gifte zu bilden. Ob es sich dabei um echte Toxine im Sinne der Diphtherie- oder Tetanustoxine handelt, ist noch eine offene Frage. KRAUS und v. STENITZER ist es zunächst bei einer Reihe von Typhusstämmen gelungen, unter Berück- sichtigung des Alkaleszenzgrades und des Alters von Bouillonkulturen giftige Sub- stanzen nachzuweisen, welche im Tierkörper (Pferd und Ziege) Antitoxinproduk- tion hervorzurufen vermögen, mithin als echte Toxine anzusehen sein würden. Giftwirkung und Giftneutralisation konnten sie dabei am besten am Kaninchen mittels intravenöser Injektion studieren. Achnliche Resultate erhielten sie mit dem artverwandten, biologisch nahestehenden Mikroorganismen, den Paratyphus-, Mäusetyphus- und Schweinepestbacillen. Die in Zweiliterkolben angelegten Bouillonkulturen wurden bei 37° bebrütet, nach verschiedenen Zeiten, nachdem sie auf ihre Reinheit geprüft waren, karboli- siert (4 cem konzentrierte Karbolsäure auf ein Liter Kulturflüssigkeit), 24—48 Stunden stehen gelassen und dann durch Papierfilter, analog der Diphtherie- bouillon klar filtriert. Die Filtrate wurden dann bezüglich ihrer Giftigkeit an Kaninchen (intravenös) ausgewertet. Auf diese Weise gelang es bei einer Reihe von Paratyphusstäimmen sowie auch bei Mäusetyphus- und Schweinepestbacillen, nach 11—27 Tagen Kulturfiltrate zu erhalten, welche in Mengen von 1—3 cem bei intravenöser Injektion Kaninchen in 5—24 Stunden töten. Charakteristische Krankheitszeichen oder typische pathologisch-anatomische Veränderungen ließen sich bei den injizierten Tieren ebensowenig wie bei Intoxi- kation mit Typhusgiften konstatieren. Die Kaninchen werden zunächst hin- fällig, bekommen Diarrhöe und können bereits nach 5 Stunden verenden. Bei der Obduktion findet man häufig flüssigen Darminhalt und leichte. In- jektion der Darmschleimhaut. Auf Meerschweinchen und Mäuse ist die Gift- wirkung unsicherer. Da es sich um ein sehr labiles Gift handelt, welches binnen wenigen Tagen seine Wirksamkeit fast vollständig verlieren kann, so ist das Experimentieren mit den Kulturfiltraten wie beim Typhus sehr erschwert. Der Beweis, daß es sich bei den nachgewiesenen löslichen Giften um echte Toxine mit antigenen Eigenschaften handelt, ist von den Autoren noch nicht er- bracht. Sie schließen das aus der interessanten Feststellung, daß diese Gifte in spezifischer Weise durch Typhusantitoxin neutralisiert werden können. einem Versuch gelang es ihnen sogar, Kaninchen durch Typhuspferdeserum gegen Paratyphus- und Mäusetyphustoxin präventiv in spezifischer Weise zu schützen, während Cholera- und Dysenteriesera die Wirkung der Typhus- und Paratyphusgifte nicht beeinflußten. Die Ansicht der Untersucher, daß es sich Paratyphus ete. 1027 dabei wirklich um dem Diphtherie- und Tetanustoxin analoge Gifte handelt, wird von den meisten Autoren nicht geteilt. FRANCHETTI versuchte im WAssERMANnNschen Laboratorium ein antitoxi- sches Paratyphusserum herzustellen. Er gewann aus wässerigen Extrakten von Paratyphusbacillen und Bouillonkulturfiltraten, die nach der Vorschrift von KrAUS und STENITZER hergestellt waren, Stoffe, welche auf Kaninchen toxisch wirkten. Das Blutserum der mit diesen Extrakten immunisierten Kaninchen erlangte die Fähigkeit, innerhalb bestimmter Dosen die toxische Wirkung der Extrakte zu neutralisieren. Die Neutralisation der Filtrate blieb zweifelhaft. Diese neutralisierende Wirkung folgte aber nicht dem Gesetz der multiplen Proportionen. Außerdem zeigten die antitoxischen Sera agglutinierende und bakterizide Eigenschaften. YAMANOUCHI gewann im PAstEurschen Institut aus eiweißreicher Bouillon (500 g Fleisch auf 2 Liter 5-proz. Peptonlösung) nach 7-tägigem Wachstum durch Filtration mittels Chamberlandfilter ein für Kaninchen bei intravenöser und intraperitonealer Verimpfung von 0,5 pro Kilo tödlich wirkendes Gift, das durch Temperaturen von 60° abgeschwächt, von 100° völlig zerstört, durch Antityphusserum und das antiendotoxische Serum von BESREDKA neutralisiert, dagegen nicht durch das Serum der Wiener Autoren (KRAUS und STENITZER) beeinflußt wurde. Die neutralisierende Wirkung zeigte sich aber nur, wenn beide Stoffe — toxinhaltiges Serum und antitoxinhaltiges Serum — auf einmal ein- gespritzt wurden, dagegen war bei getrennter Injektion eine präventive Wirkung nicht zu konstatieren. Wenn daher zur Zeit die Frage, ob Paratyphusbacillen echte Toxine zu bilden vermögen, noch als eine offene anzusehen ist, so steht doch fest, daß bei längerem Wachstum der Bakterien in flüssigen Medien Gifte entstehen, welche hitzebeständig sind, bei der Filtration der Kulturen durch bakteriendichte Filter in das Filtrat übergehen und bei subkutaner, intravenöser und intraperitonealer Einverleibung Laboratoriumstiere töten können. Man bezeichnet sie als Toxine im allgemeinen Sinne des Wortes. Diese Eigenschaft ist aber nicht konstant, vielmehr in demselben oder noch höherem Grade variabel wie die Virulenz und Tierpathogenität. Es ist daher kein Wunder, daß die verschiedenen Autoren bei der Prüfung ihrer Stämme sehr verschiedene Resultate gehabt haben. Dazu kommt, daß sie sich sehr verschiedener Methodik zum Nachweis der Toxine be- dient haben. Das Alter der Kultur, die Beschaffenheit der Nährböden, die Höhe und Dauer der Abtötungstemperatur, die Größe der Dosen, die Applikations- weise sind für den Ausfall der Prüfungen von großer Bedeutung. Sie variieren bei den einzelnen Untersuchern so sehr, daß man sich über die Verschiedenheit der Ergebnisse nicht wundern darf. Eine systematische Bearbeitung dieser Frage nach einheitlichen Grundsätzen wäre eine dankenswerte Aufgabe. Schon SCHOTTMÜLLER (F. c.) hatte 1903 beobachtet, daß gekochte Bouillon- kulturen Meerschweinchen nach stomachaler Einverleibung krank machen, nach intraperitonealer Injektion zu töten vermögen. BRION & KAYySER (l.c.) impften Mäuse mit Chamberlandkerzenfiltrat 3 Tage alter Bouillonkulturen ohne krankmachende Wirkung. Dagegen töteten Kulturen, die 11/, Stunden bei 56° gehalten und abgetötet waren, bei subkutaner Ver- impfung weiße Mäuse in kurzer Zeit. v. VAGEDES (l. c.) impfte Meerschweinchen mit 1 Oese durch strömenden Dampf abgetöteter Agarkultur subkutan. Die Tiere starben. Rorry! benutzte 6 Tage alte, 10 Minuten lang gekochte Bouillonkulturen und impfte Mäuse mit 2 ccm, Meerschweinchen mit 3 cem unter die Haut. Die Mäuse starben nach 2—3 Tagen, die Meerschweinchen nach 4—6 Tagen. Die Sektion der Tiere zeigte teils seröses Exsudat der Peritoneal- und Pleurahöhle, parenchymatöse Trübung verschiedener Organe, wässerigen Inhalt der Dünn- därme. KonrIcH verwendete 4 Tage alte Bouillonkulturen, die 1 Stunde auf 60° oder 10 Minuten auf 100° erhitzt waren. Die mit 0,1 cem intraperitoneal ge- impften Mäuse waren schon 1 Stunde nach der Einspritzung krank, zeigten 10—16 Stunden später Lähmungen der hinteren und vorderen Extremitäten und waren nach 40 Stunden tot. 0,1 cem Filtrat 5 Tage alter Bouillonkulturen töteten bei intraperitonealer Verimpfung Mäuse nach 10—20 Stunden, des- gleichen Meerschweinchen nach Impfung von 0,5 cem. Bei subkutaner Impfung derselben Kultur in Mengen von 1—3 ccm erkrankten Meerschweinchen schnell und heftig an Zittern, Schwäche und Durchfällen, erholten sich aber wieder. In den Versuchen von YAMANOUCHI wirkte intravenöse Injektion des Filtrats von 8 Tage alten Bouillonkulturen krankmachend. 65* 1028 P. UHuLenuurHu und E. HüÜBENER, GLASER (l.c.) ließ Paratyphusbacillen auf gewöhnlichem Agar und Zuckeragar 5. 15 und 25 Tage lang wachsen, spülte dann den Bakterienrasen mit 10 cem physiologischer Kochsalzlösung ab, ließ sie in dieser noch 48 Stunden bei 37%, filtrierte dann durch Reichelfilter, und injizierte je 1 ccm einer Maus intra- peritoneal. Sämtliche Tiere blieben gesund und boten auch keinerlei Krank- heitserscheinungen dar. Auch je 1 ccm von den nach denselben Zeiträumen filtrierten Bouillonkulturen rief keinerlei Intoxikationserscheinungen hervor. Auch wirkte durch Reichelfilter filtrierter Fleischsaft von sterilen Fleischstückchen, die mit Paratyphusbacillen beschickt und 2 Tage bei 37° bebrütet waren, bei intraperitonealer Injektion von 1 ecm bei Mäusen nicht giftig. Der in gleicher Weise nach 5 Tagen Bebrütung gewonnene Fleischsaft tötete Mäuse bei gleicher Impfweise nach 185—24 Stunden. Das tat aber auch der reine Fleischsaft. Es ist anzunehmen, daß das Fleisch durch Autolyse eine derartige Veränderung erfährt, daß der Fleischsaft an und für sich giftig wirkt. HorMmann sah Mäuse nach Injektion von Filtraten 24- und 48-stündigen Bouillonkulturen eingehen. Das 1 Stunde auf 85° erhitzte Filtrat wirkte eben- falls tödlich. HorFMmAanN nimmt an, daß die Toxine mit Hilfe proteolytischer Fermente von den lebenden Paratyphusbacillen sezerniert werden. Er schließt das aus der Aehnlichkeit der anatomischen und physiologischen Wirkung der Toxine mit der der Eiweißprodukte, die durch die Verdauung mit tierischem tryptischen Ferment entstehen. Als anatomische Veränderung sah er, abgesehen von herdförmiger Nekrotisierung parenchymatöser Organe, Zerstörung von Ery- throeyten mit konsekutiver Hämosiderosis der Milz, Auftreten von Blutbildungs- herden in der Leber und Thrombosierung von Gefäßen. Epidemiologie. (Nahrungsmittel, Kontakt, Wasser, Gebrauchsgegenstände.) Für die Verbreitung des Paratyphus kommen in erster Linie Nahrungsmittel, an zweiter Stelle die Kontaktinfektion, an dritter das Wasser, an vierter Gebrauchsgegenstände in Betracht. Die für den Typhus so charakteristische sommerliche Steigerung der Morbi- ditätskurven ist beim Paratyphus nicht beobachtet. Nahrungsmittel. In viel höherem Grade als beim Typhus sind beim Paratyphus Nahrungsmittel Träger und somit Ueberträger des Infektionsstoffes. Viele Nahrungsmittelvergiftungen stellen weiter nichts als Paratyphen dar. Das gilt besonders von den Massenerkrankungen an Paratyphus. Milch-, Vanille-, Mehl- und Eier-Speisen. Der erste, der als eine der Ursachen bei dieser Art von Nahrungs- mittelvergiftungen Paratyphusbacillen nachwies, war v. VAGEDES (l. C.). In seinem Falle handelt es sich um eine aus Grieß, Zwieback, Aepfeln, Enteneiern, Milch und Vanillezucker bestehende Speise, nach deren Genuß 5 Familienmitglieder an schwerer Gastroenteritis erkrankten, welcher ein 14- jähriger Sohn nach 2 Tagen erlag. Die Speise war tags zuvor, an einem Juli- tage, bereitet, in frischem Zustande ohne Schaden genossen, dann in «der Speise- kammer 24 Stunden aufbewahrt worden. Aus den Entleerungen der Erkrankten und den Leichenteilen des Verstorbenen wurden Paratyphusbaeillen gezüchtet, welche hitzebeständige Gifte bildeten. j Es gleicht dieser Fall einer von CURSCHMANN beschriebenen, ebenfalls nach Genuß einer Vanillespeise aufgetretenen Massenerkrankung von 22 Fällen, unter denen eine Person der Vergiftung erlag. Das Gericht war am Abend zuvor im Juni hergestellt und bis zum nächsten Mittage in dem Vorraum eines Fleischkellers aufbewahrt. Aus den Resten der Vanillespeise, den Stuhlgängen verschiedener erkrankter Personen, ferner aus der Leber des Verstorbenen wurde der Paratyphusbacillus von CURSCHMANN gezüchtet. Paratyphus etc. 1029 Levy und FornET haben dann später einen ähnlichen Fall beschrieben, in welchem nach Genuß einer Vanillegriesspeise 7 Mitglieder eines Haushaltes an akutem Paratyphus erkrankten. THomaAs berichtet über einen Fall aus Posen, in welchem 11 Personen einer Familie und ihre Gäste nach Genuß einer Mehlspeise an Paratyphus erkrankten. Aus Gießen ist 1910 über einen akuten Paratyphus bei mehreren Personen nach Genuß einer Vanille-Cröme berichtet, desgleichen aus dem Regierungsbezirk Hildesheim, wo ein Vanillepudding in einer Familie bei 6 Personen akuten Paratyphus verursachte (G. d. Pr. St. *). WERNICKE wies bei einer Reihe von Personen, die in Posen nach dem Genuß einer Vanilletorte, zu deren Herstellung Sahne aus einer mit Paratyphus ver- seuchten Molkerei verwendet worden war, erkrankt waren, Paratyphusbacillen in den Ausleerungen nach. Mit Creme gefüllte Backwaren verursachten 1907 in Mühlheim Land (Re.- Bez. Cöln) die Erkrankung von etwa 70 Personen an Brechdurchfall mit teil- weise schweren Vergiftungserscheinungen. Eine Massenerkrankung an Paratyphus von 32 zum Teil schweren Fällen riefen in einem Ort der Schweiz Ur&meschnittchen hervor, welche aus einer und derselben Konditorei bezogen waren (WALKER). Sie erinnert an eine von PRIGGE & SacHs-MÜKE in Deutschland im Orte S. beobachtete und ätiologisch als Paratyphus festgestellte Epidemie, deren Ursache Cremeschnittchen aus einer Bäckerei waren, deren Besitzer an Paratyphus litt. Cremeschnittehen und Sahnenballen waren ferner die Ursache einer von LIBETRAU beschriebenen Massenerkrankung mit 3 Todesfällen an Paratyphus in Hagen. Die Infektion hatte wahrscheinlich durch eine Krankenpflegerin, die in dem Hause des Bäckers wohnte und einen Paratyphus durchgemacht hatte, stattgefunden. Durch eine paratyphusbacillenhaltige Milchsuppe wurden 20 Personen im Erholungsheim Löwenitz (Posen) infiziert, von denen eine nach ca. 8 Tagen unter schweren toxischen Erscheinungen starb. Zugleich erkrankte dort unter ähn- lichen Erscheinungen ein kleiner Hund, der die Suppe mitgenossen hatte (B. 40,620 Brs St. 1908). Eine von JACOBITZ & KAYsER eingehend untersuchte, bei Soldaten nach Genuß von Fadennudeln aufgetretene Massenerkrankung war durch den Para- typhusbacillus verursacht, der bei den Kranken und in den aus Milch und Mehl hergestellten, in Paketen verpackten Fadennudeln nachgewiesen wurde. Aus den angeführten Beispielen geht hervor, daß mehl- und eierhaltige Milchspeisen, insbesondere vanillehaltige Creme, einen zur Vegetation und besonders zur Toxinproduktion ganz vorzüglich ge- eigneten Nährboden für Paratyphusbacillen abgeben müssen. Die Verunreinigung der Speisen mit den Bakterien der Para- typhusgruppe kann dadurch zustande kommen, daß ein Bestandteil der zusammengesetzten Gerichte von Haus aus paratyphusbacillen- haltig ist, oder daß die fertige Speise nachträglich mit den Bakterien infiziert wird. In ersterer Beziehung ist von Interesse, dab Milch wiederholt Paratyphus verursacht hat, und daß auch in alten ver- dorbenen Eiern diese Mikroorganismen nachgewiesen worden sind. Milch. Paratyphusinfektionen durch Milch sind mehrfach beobachtet. Die älteste von FISCHER beschriebene Epidemie ist die Massenerkrankung von über 50 Per- sonen auf dem Gute Futterkamp (Kreis Plön), wo die Infektion der Milch wahrscheinlich durch zwei an Enteritis leidende Kühe erfolgte, in deren Organen später Paratyphusbacillen gefunden wurden. Mitte April 1906 erkrankte in Billerbeck eine Frau, deren Kind vorher an Durchfällen gelitten hatte, sowie ein 4-jähriges Kind einer anderen Familie an Paratyphus. Beide Familien hatten Milch aus einem Hause bezogen, unter dessen Bewohnern seit 6 Wochen Para- typhuserkrankungen vorgekommen waren. . Im Amt Hartum (Kreis Minden) erkrankten 1907 68 Personen an Para- typhus, von denen infolge Komplikationen 3 starben. Mit großer Bestimmtheit konnte die Sammelmolkerei in Hille als Vermittlerin der Infektion festgestellt *) G. d. Pr. St. = Gesundheitswesen des Preußischen Staates. 1030 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, werden. In der Familie des Molkereibesitzers waren kurz vor dem Ausbruche:- der Epidemie zwei Fälle von typhösen Erkrankungen vorgekommen, (lesgleichen in der Familie eines Milchlieferanten. 1908 kam es in der Kinderkrippe des Vereins Volkswohl zu Halle a.S. zu einer Paratyphusepidemie durch infizierte Milch von einem Stadtgute. Die Molkerei und die Waschküche, in der Sachsengänger ihre Kleider wuschen, be- fanden sich in einem und demselben Raum. Es wird angenommen, daß auf diese Weise die Infektion der Milch stattfand. Anfang Juli 1908 traten in der BODEL- ScHwınGHschen Anstalt Gadderborn 25 Fälle von Paratyphus auf, welche auf infizierte Milch der Bethelmolkerei zurückgeführt wurden. Im Jahre 1909 wurden im Kreise Neuwied zahlreiche Fälle von Paratyphus durch Milch eines Gutes. verursacht, wo 3 Schweizer und ein Kind der Vogtfrau, welche das Reinigen der Milchkammern besorgte, an Paratyphus erkrankt waren. In demselben Jahre wurde zu Münster i. W. eine Epidemie von 15 Fällen durch Milch von einem Landwirt verursacht, in dessen Milchgeschäft eine Magd Paratyphus- bacillen ausschied. Im Jahre 1910 entstand im Landkreis Münster i. W. eine Epidemie von 32 Fällen durch infizierte Milch einer Sammelmolkerei. In dem- selben Jahre wurden im Reg.-Bez. Coblenz 20 Fälle durch Milchgenuß verur- sacht. In 9 Fällen hatten die Erkrankten die Milch von einem Grute bezogen, von dem Ende 1909 eine größere Paratyphusepidemie ausgegangen war. Meh- rere Fälle ereigneten sich in einer Irrenanstalt, in der eine Kuhmagd als Bacillen- trägerin ermittelt wurde. (G. d. Pr. St.) Im städtischen Krankenhaus zu Kon- stanz traten gehäufte Fälle von Paratyphus auf, als deren Ursache von KÜSTER die frisch gelieferte Milch, welche die Keime enthielt, festgestellt werden konnte. Nach NIELSEN entstand in einem kleinen isolierten Waldbezirk (im Bezirk Guben) eine große Paratyphusepidemie. Ausgangspunkt war die Milch einer Sammelmolkerei, die von einem Mädchen infiziert war, das vorher in Bergen zwei Paratyphuspatienten gepflegt hatte. GRAM führt eine Paratyphusepidemie von 16 Fällen in Graesvik auf Milch aus ein und derselben Bezugsquelle zurück. Im Dorfteich, der die Wasser- leitung der Kuhställe speiste, wurden Paratyphusbaeillen gefunden, in der Milch und den Faeces der Gutsbewohner dagegen nicht. Es ist wahrscheinlich, daß frühere nach Genuß von Milch oder Buttermilch unter Vergiftungserscheinungen aufgetretene Massen- oder Gruppenerkrankungen, von denen die Jahressanitätsberichte eine größere Reihe aufzählen, durch Bak- terien der Paratyphusgruppe bedingt worden sind. Kartoffelsalat. Auffällig ist, daß bisher über Paratyphusinfektionen durch ge- kochte Kartoffeln wenig bekannt geworden ist, obwohl diese einen ganz ausgezeichneten Nährboden für Paratyphusbacillen abgeben. Der einzige bisher publizierte Fall ist die von Jacosırz & Kayser (l. c.) beschriebene Gruppenerkrankung an Brechdurchfall nach Genuß von Kartoffelsalat, in welchem Paratyphusbacillen nachgewiesen wurden. Konserven. Bei einzelnen Konservenvergiftungen sind Paratyphusbacillen als Ursache ermittelt. Zum ersten Male wurden sie von Rorıy in Leipzig bei einer durch Bohnengemüse verursachten Massenvergiftung ge- funden. Sie bildeten hitzebeständige Gifte, und RorrLy nimmt an, dal die Vergiftung in der Hauptsache eine Folge der Toxine war. Bohnensalat soll die Ursache einer im Jahre 1908 bei einer aus Holland zugereisten Person festgestellten Paratyphuserkrankung ge- wesen sein. 5 Fälle von Paratyphus traten 1909 in der Lungenheil- stätte Belzig nach Genuß von Bohnensalat auf. In Cöln erkrankten 6 Personen nach Genuß von Büchsenbohnen an Brechdurchfall. Im Stuhlgang eines Kranken wurden paratyphusverdächtige Kolonien ge- Junden. (G. du Pr Sb) Paratyphus etc. 1031 Käse. Da Paratyphusbakterien nicht selten in der Milch vorkommen, so nimmt es nicht wunder, daß sie auch in den Produkten der Milch — weniger in der Butter als im Käse — angetroffen werden und unter Umständen für den Menschen pathogene Eigenschaften ent- falten. FONTEYNE isolierte bei einer Massenvergiftung von 40 Fällen durch ver- dorbenen Käse einen dem Paratyphusbacilius gleichenden Mikroorganisnus, der für Laboratoriumstiere bei subkutaner und stomachaler Einverleibung tödlich wirkte. Nach Mitteilungen von Horst werden in Norwegen nach Knetkäse häufig Gastroenteritiden beobachtet, als deren Ursache die Jensenschen Para- colibacillen, welche zur Paratyphusgruppe gehören, angesprochen werden. BERG beobachtete folgende Käsevergittung: Ein 56- jähriger Mann hatte im Juni 1908 mit seiner Frau und erwachsenen Tochter Tilsiter Käse genossen. Alle drei erkrankten an Brechdurchfall, der Mann am schwersten, die Tochter am leichtesten. Ersterer starb am 6. Tage unter dem Bilde einer schweren Cholera nostras. Aus dem Darminhalt und den Organen wurde der Paratyphus- B-Bacillus gezüchtet, der sich auf Käse 14 Tage hielt, Mäuse schnell tötete und durch das Serum der genesenen Frau agelutiniert wurde. Zwei (bzw. einer) Paratyphusfälle mit den Erscheinungen des Brechdurchfalles sollen nach dem Bericht über das Gesundheitswesen (1910 und 1911) des Preußischen Staates in Witten resp. in Borken nach Käsegenuß aufgetreten sein. Fischspeisen. In der Literatur sind einige Fälle beschrieben, in denen Fisch- speisen Massenerkrankungen an Paratyphus verursachten. In Zürich war im Jahre 1904 eine Paratyphusepidemie durch eine Sendung Meerhechte bedingt, die sich mehrere Tage auf dem Trans- port befunden hatten und verschieden lange Zeit nach der Zuberei- tung — 24, 36 und 48 Stunden — genossen waren. Der Länge der Aufbewahrungszeit parallel gingen die aufgetretenen Krankheitser- scheinungen. Wichtig und für die Möglichkeit einer akzidentellen Ver- unreinigung ursprünglich senußtauglicher Fleischwaren beweisend war der Umstand, daß auch ändere mit den gekochten Meerhechten auf- bewahrte Fische sich ebenso schädlich erwiesen. Aus dem Blut von zwei der Fischvergiftung erlegenen Personen wurde der Para- typhusbacillus gezüchtet, und das Blut der anderen Kranken agglutinierte diesen Mikroorganismus. Zwei ähnliche Fälle sind von AsraHAam und ROMMELER beob- achtet und beschrieben: In Frankfurt a. M. erkrankten im Sommer 1906 in einer Pension 28 Personen im Alter von 18—30 Jahren wenige Studen nach Genuß von Seehecht an Erbrechen, Durchfall, Schwäche und Fieber, das bis zu drei Tagen anhielt. Nach 8 Tagen waren alle Patienten ge- nesen. In dem Fischfleisch, das in keiner Weise verändert schien, wurde der Bac. paratyphosus B nachgewiesen. In Neunkirchen erkrankten 1909 unmittelbar nach Genuß von Seebarsch 5 Familienmitglieder an akuter Gastroenteritis. Nur der Vater, der den Fisch nicht angerührt hatte, blieb gesund. Das Serum der 5 Erkrankten agelutinierte Paratyphusbacillen in einer Ver- dünnung 1:100. Paratyphusbacillen wurden von ROMMELER nur im Darminhalt eines Kindes nachgewiesen. Der negative Befund bei den anderen hat nichts Auffälliges, da die Stühle erst nach Eintritt der Genesung untersucht wurden. 1032 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, WTEcHERT berichtet über eine durch Paratyphusbacillen bedingte Fischvergiftung, an der 5 Familienmitglieder unter sehr akuten Er- scheinungen erkrankten. Ein Fall verlief unter dem Bilde schwerster Sepsis, der am 18. Tage mit dem Tode endete. Ob Fische analog den Schlachttieren intra vitam Paratyphus- bacillen aufnehmen und so zur Vergiftung führen, ist noch nicht festgestellt. Eine in Thale beobachtete Paratyphusepidemie wird mit einem Paratyphus der Forellen in Beziehung gebracht. Ueber letztere Krankheit ist jedoch nichts Näheres gesagt. (G. d. Pr. St.) Paratyphusinfektionen nach Muschel- und Austerngenuß sind in Italien, nach Hummermayonnaise, Austern und Kaviar in einzelnen Fällen in Deutschland beobachtet worden (Gesundheits- wesen des Preußischen Staates 1907—1909). In Isola sollen Para- typhuserkrankungen durch Genuß von Meerschnecken verursacht sein (Mögıvs). MEINERTZ beobachtete im unmittelbaren Anschluß an Genuß von Krabben einen akuten Paratyphus mit positivem Blut- befund. Anderweitige Nahrungsmittel. Von Aumann sind einmal in Backpflaumen und zweimal auf Brot Paratyphusbacillen nachgewiesen. Diese Befunde hingen mit schweren Paratyphuserkrankungen zusammen, die in einem Falle sogar zum Tode führten. Ueber gehäufte Paratyphusfälle, die wahrscheinlich durch Brot vermittelt waren, hat SCHROEDER be- richtet. Paratyphusinfektionen nach Nahrungsmittelgenuß, ohne dab mit Sıcherheit ein bestimmtes Nahrungsmittel als die Quelle der Infektion ermittelt werden konnte, sind mehrfach beobachtet. So berichtet MARMAnN über eine derartige Gruppenerkrankung nach Genuß eines aus Blumenkohl und Kalbsbraten bestehenden Ge- richts, desgleichen RuGE & RocGGE über eine an Bord eines Schiffes nach einer Mahlzeit aufgetretene Gruppenerkrankung an Paratyphus. Sechs in der Chirurgischen Klinik in Halle a. S. 1907 plötzlich auf- getretene Paratyphusfälle werden auf eingeschleppte Nahrungsmittel zurückgeführt. BürGER berichtet über eine nach Genuß von Wurst oder Huhn aufgetretene Gruppenerkrankung von 5 Personen, von denen ein 41/, Jahre altes Kind starb. Als Ursache wurde der Para- typhus-B-Bacillus festgestellt. Im Jahre 1906 war nach dem Bericht von Aumann eine aus 6 Personen bestehende Familie B. nach dem Genuß eines aus Gänsefleisch, Speckgrieben, Brot und Reis zu- bereiteten Essens unter den schwersten Erscheinungen erkrankt, dar- unter eine Person mit tödlichem Ausgang. Die bakteriologische Unter- suchung ergab, daß sämtliche Bestandteile der Speise mit Para- typhus-B-Bacillen infiziert waren. In den Sanitätsberichten sind mehrfach Gruppen- und Massenerkrankungen an Paratyphus in ge- schlossenen Anstalten erwähnt, deren explosionsartiger Ausbruch in- fizierte Nahrungsmittel als Infektionsquelle annehmen läßt. Kontaktinfektion. Die Erkenntnis der Bedeutung der Kontaktinfektion bei der Weiterverbreitung des Typhus ist eine Errungenschaft der in den letzten Jahren auf den Typhusbekämpfungsstationen systematisch durchgeführten Nachforschungen nach der Entstehungsweise der Paratyphus etc. 1033 Typhusfälle. Nach einer Zusammenstellung Kıingers war in den Jahren 1906 und 1907 unter 1397 Fällen, bei denen eine be- stimmte Infektionsquelle ermittelt wurde, 1315mal die Uebertragung durch persönliche Berührung — Kontakt — >9mal durch Milch, 22mal durch sonstige Nahrungsmittel, 2mal durch Wasser und 2mal durch Wäsche erfolgt! Ueber die während dieser Zeit fest- gestellten 307 Paratyphuserkrankungen sind von dem Bericht- erstatter leider keine diesbezüglichen speziellen Angaben gemacht. Er weist aber darauf hin, daß das epidemiologische Verhalten des Paratyphus sich eng an den Typhus anschließt, und daß auch Uebertragungen von Person zu Person ziemlich einwandfrei fest- gestellt sind. Andererseits verhehlt er nicht, daß die Paratyphusfälle ätiologisch meist noch schwerer zu klären sind als die Typhuserkran- kungen, daß als Infektionsvermittler anscheinend Nahrungsmittel bevorzugt werden, daß im Gegensatz zu den Typhusbacillen die Keime hierin eine massenhafte Vermehrung erfahren, und daß neben dem Menschen auch Haustiere Brutstätten des Paratyphusbacillus und damit Infektionsquellen bilden können. Durch Kontaktinfektion verursachte Einzelerkrankungen sind in einwandsfreier Weise von mehreren Autoren festgestellt und be- schrieben worden. SCHOTTMÜLLER hat bereits für einen seiner ersten Fälle eine Uebertragung von einem paratyphuskranken Patienten durch Kontakt angenommen. Auf der Typhusstation des Stadt- krankenhauses zu Posen infizierte sich eine Wärterin bei der Pflege eines Paratyphus-Kranken, desgleichen eine Schwester im Bürger- hospital zu Cöln bei der Pflege einer Paratyphusbacillen-Daueraus- scheiderin (siehe später). Im Reg.-Bez. Gumbinnen steckte eine an Paratyphus erkrankte Magd die Tochter ihres Dienstherrn an. Ein in seine Heimat beurlaubter Soldat erkrankte 2 Tage nach seiner Ankunft im Elternhause an Paratyphus und infizierte seine Schwester. In der Provinzialheilanstalt zu Warstein wurde ein Paratyplusfall eingeschleppt, der infolge Kontaktinfektion zwei weitere Erkrankungen an Paratyphus verursachte. HILGERMANN berichtet über einen Fall, in welchem eine Dienstmagd, welche mehrere Tage in einem Ort mit Paratyphuskranken zum Besuch verweilt hatte, nach Rückkehr an Paratyphus erkrankte und ihren behandelnden Arzt infizierte, der seit 1/, Jahr den verseuchten Ort nicht mehr besucht hatte und mit sonstigen Paratyphuskranken nicht in Berührung gekommen war. In einem anderen Falle stellte derselbe Autor in dem Eiter eines pleuritischen Exsudats bei einem Kranken Paratyphusbacillen fest. 3 Wochen später erkrankten 3 Angehörige desselben Haushalts an Paratyphus. Die Berichte über das Gesundheitsw esen des Preußischen Staates zählen mehrere Paratyphusepidemien auf, in denen Wasser Milch und sonstige Nahrungsmittel als Infektionsträger ausgeschlossen werden konnten und die Uebertragung nur durch Kontakt stattgefun- den haben kann. Im Hospital zu Münster erkrankten mehrere Kranke der chirurgischen Abteilung plötzlich an Paratyphus. Der Infektions- keim war von einem wegen Knochenmarksentzündung aufgenommenen Kranken eingeschleppt und wahrscheinlich durch gemeinsame Be- nutzung des Aborts verbreitet. Bei der Epidemie in Rheydt mit ca. 100 Fällen soll die Ver- breitung von Person zu Person erfolgt sein. Die Epidemie zog sich über 60 Tage hin und breitete sich hauptsächlich unter der dem Arbeiter- 1034 P. UHtenHurH und E. HÜBENER, stande angehörigen Bevölkerung aus, ohne daß ein Stadtteil besonders bevorzugt wurde. Die Zahl der Zugänge betrug, nach 5-tägigen Inter- vallen berechnet: 3, 8, 6,11, 7,7,4,1,1,2. Auf demselben Wege soll eine im Juni bis Oktober desselben Jahres im östlichen Stadtteil zu M.-Gladbach aufgetretene Epidemie von 24 Fällen verbreitet sein. In Weitmar, Kr. Bochum, traten in einer Familie 9 Fälle von Para- typhus unter dem Bilde des Abdominaltyphus unmittelbar nachein- ander auf. Es wird Uebertragung von Person zu Person angenommen. Zwei andere Hausbewohner steckten sich in der Familie an. In der Landespflegeanstalt Tapiau sind seit 1905 wiederholt Hausepidemien, die entweder auf die Männer- oder Frauenseite beschränkt blieben, aufgetreten. Dabei soll Kontaktinfektion die alleinige Rolle gespielt haben. FOorRTINEAU & RIBEREAU beobachteten in Frankreich mehrere Hausepidemien, bei denen die Weiterverbreitung durch Kontakt geschah. Wasser. Von pE FeEyrER & Kayser ist eine Paratyphus-Epidemie, die 1902 in Eibergen (Holland) auftrat, in Beziehung zu dem Wasser eines Eibergen durchfließenden Baches, der Berkel, gebracht worden. Es handelt sich um 4 Gruppenerkrankungen von im ganzen 14 Fällen. Die 4 Gruppenerkrankungen (Hausepidemien) verteilten sich auf die Monate März, April, Mai, Juni. Nur zwei Familien, in denen Paratyphus ausgebrochen war, hatten nachweisbar Wasser aus der Berkel getrunken. Zwei Familien hatten keine Beziehungen zu dem Bach gehabt, ihren Wasserbedarf vielmehr aus eigenen Grundwasser- brunnen gedeckt, deren Verseuchung durch Berkelwasser nach der Lage auszuschließen ist. Der hydrische Ursprung der Epidemie ist daher nicht einwandfrei nachgewiesen. Die Autoren kommen zu dieser Annahme auch nur per exclusionem, da Milch, Butter und ähnliche Nahrungsmittel als Ueberträger nicht in Betracht kommen konnten. Die 1904 in Saarbrücken unter einem Truppenteil aufgetretene Paratyphusepidemie ist von HÜNERMANN, ÜCONRADI, V. DRIGALSKI & JÜRGENS als eine Infektion der zentralen Wasserversorgung des be- treffenden Truppenteils infolge eines defekten Klosetts aufgefaßt worden. Auch hier kommen die Autoren mehr per exclusionem als auf Grund zwingender tatsächlicher Verhältnisse zu der Annahme einer Wasserinfektion. KELLERMANN führt eine bei einem Infanterieregiment in Bremen 1906 aufgetretene Gruppenerkrankung von 12 verschiedenen Kom- pagnien angehörigen Militärpersonen an Paratyphus mit Wahrschein- lichkeit auf den Genuß von Wasser in einem Nachbardorf zurück. Hier waren zu der fraglichen Zeit Paratyphuserkrankungen vorge- kommen, während in Bremen damals Paratyphus nicht herrschte. CoLLın & ForTInEAu haben eine Paratyphusepidemie beschrieben, die bei einem französischen Artillerieregiment während des Manö- vers auftrat, im Verlauf von 6 Wochen 56 Mann ergriff und als deren Ursache sie ohne zwingenden Grund den Genuß von Wasser aus einem Brunnen anschuldigen, der in der Nähe einer Wäscherei lag. Sacaukpte, BErLror und ComsE führen in Paris aufgetretene Paratyphuserkrankungen mit Wahrscheinlichkeit auf Genuß von Seine- wasser zurück. Paratyphus etc. 1035 Nach dem Bericht über das Gesundheitswesen des Preußischen Staates 1905 enthielt das Wasser einer öffentlichen Pumpe, aus der eine Frau, deren Kind an Paratyphus erkrankte und die selbst Paratyphusbacillen ausschied, ihr Wasser holte, Paratyphusbacillen. In dem Bericht über das Jahr 1908 werden 4 Paratyphusfälle in einer Familie auf den Genuß schlechten Wassers aus einem Moor- brunnen zurückgeführt. Nach demselben Bericht erkrankte in einem Stift ein Lehrmädchen an Paratyphus. Einige Zeit darnach erkrankten 3 Mitinsassen und eine Lehrköchin gleichfalls an Paratyphus. Die Kranken hatten das Wasser eines Brunnens benutzt, der in der Nähe des gemeinsamen Aborts lag, sich als stark verjaucht erwies und daher als Infektionsquelle angesehen ist. Im Landkreise Hagen erkrankten 12 Ziegelarbeiter und ihre Angehörigen an Paratyphus, dessen Entstehung mit Sicherheit auf Genuß schlechten, dem Wasserloch einer Wiese entnommenen Wassers zurückgeführt werden mußte. 16 in Thale (Harz) 1910 aufgetretene Paratyphen wurden auf Infektion durch Bodewasser zurückgeführt und in Beziehung zu dem daselbst festgestellten Paratyphus der ' Forellen gebracht. Einwandsfrei ist die von Sion & NEGEL in Jassy (Rumänien) beobachtete Gruppenerkrankung von 5 Fällen unter den Bewohnern eines Hauses, die ihr Wasser aus ein und demselben Brunnen be- zogen. Im Blut von 4 Kranken und im Wasser des Brunnens wurden Paratyphusbacillen nachgewiesen. Ebenso kann die von VIncEnT beschriebene, 1905 in Tours und Fonteorault ausgebrochene Paratyphusepidemie kaum anders als durch Trinkwasser ihre Ver- breitung gefunden haben. Eine in Illingen-Genweiler (Bez. Trier) 1910 explosionsartig aufgetretene, sich auf mehrere hundert Fälle belaufende Paratyphus- epidemie wurde auf die Gemeindewasserleitung zurückgeführt, deren Bohrbrunnen mit dem Oberflächenwasser kommunizierte. In den meisten Fällen verlief die Krankheit schnell und beschwerdelos. Doch ließen die Agglutinationsbefunde keinen Zweifel an einer Paratyphus- infektion *). Einen gleichzeitigen Befund von Typhusbacillen und Paratyphus- bacillen im Wasser hat Coxrapı erhoben. Es handelt sich um das Wasser eines Springbrunnens in einem Park, das im gefrorenen Zu- stande von dem Kinde des Besitzers geschluckt wurde. Das Kind war darnach an Typhus mit Ausscheidung von Typhus- und Para- typhusbacillen in den Dejekten erkrankt. Beide Bakterienarten wurden in dem den Springbrunnen mit Wasser speisenden Kanal gefunden. der seinerseits wieder Wasser aus einem den betreffenden Ort durchfließenden Bach erhielt. Bürgers fand in dem zu Trink- zwecken benutzten Wasser des Tanks eines Schiffes, unter dessen Besatzung gleichzeitig und nebeneinander mehrere Fälle von Typhus und Paratyphus vorkamen, Typhus- und Paratyphusbacillen. Gebrauchsgegenstände. Inwieweit Gebrauchsgegenstände eine Weiterverbreitung des Para- typhus bewirken können, ist noch nicht genügend festgestellt. In *) Anmerk. b. d. Korrektur. Inzwischen von PrRIGGE im Klin. Jahrbuch 1912 beschrieben. 1036 P. Unten#utTH und E. HÜBENER, dem Bericht über das . Gesundheitswesen des Preußischen Staates 1905 findet sich ein Fall erwähnt, in welchem Bierflaschen und Bier- oläser aus einem Ausschank, den ein kranker Lehrling verseucht hatte, eine Epidemie verursacht haben sollen. HitLGERMANN nimmt in einem eine Näherin betreffenden Fall an, daß die Uebertragung durch Kleider aus Paratyphushäusern erfolgt sei. Nach den im Vorstehenden geschilderten Beobachtungen liegen also die epidemiologischen Verhältnisse beim Paratyphus ganz äln- lich wie beim Typhus. Während aber bei diesem in den meisten Fällen sich eine Beziehung zu anderen Typhusfällen nachweisen läßt und somit der Mensch im Mittelpunkt der epidemiologischen Er- scheinungen als diejenige Quelle sich darstellt, aus der entweder durch direkten Kontakt oder auf den Umwegen über Wasser, Milch und andere Nahrungsmittel immer neue Infektionen sich ableiten lassen, kann beim Paratyphus nicht nur der kranke oder ge- sunde Mensch (Bacillenträger), sondern auch das kranke oder gesunde(?) Tier Ausgangspunkt der Infektionen für Menschen werden. Diese Infektionen gehören in das Kapitel der Fleisch- vergiftungen, deren Aetiologie zwar keine einheitliche ist, an deren Entstehung aber nach den Untersuchungsergebnissen der letzten Jahr- zehnte Paratyphusbakterien den Hauptanteil haben. Wir verweisen in dieser Beziehung auf das nächste Kapitel, in welchem die Fleisch- vergiftungen für sich geschlossen abgehandelt sind. Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe als Erreger der gastrointestinalen Form der Fleischvergiftungen. Wie in dem ersten Kapitel kurz erwähnt ist und in den fol- senden näher ausgeführt werden wird, spielen Mikroorganismen vom Charakter der Paratyphusbakterien als primäre oder sekundäre In- fektionserreger bei Krankheiten unserer Schlachttiere eine verhäng- nisvolle Rolle. Indem sie intra vitam die Organe und das Fleisch des Tieres durchsetzen und auf diese Weise mit den Schlachtpro- dukten Eingang in den menschlichen Körper finden, rufen sie akute Krankheitszustände hervor, die unter dem Namen der gastro-- intestinalen Form der Fleischvergiftungen bekannt sind. Wegen der ausgesprochenen Pathogenität der in Rede stehenden Mikroorganismen für unsere Schlachttiere hat man sie bisher von den Erregern des genuinen Paratyphus ‚abgetrennt und die durch sıe hervorgerufenen Krankheiten wegen ihrer besonderen Entstehungs- und Verlaufsweise gesondert betrachtet. Wir schließen uns dieser Gepflogenheit an und werden in einem besonderen Kapitel auf die Frage der Identität der beiden Arten von Mikroorganismen zu sprechen kommen. Um die Einheitlichkeit des Stoffes nicht zu stören und die Uebersichtlichkeit nicht zu erschweren, erscheint es not- wendig, die durch Gärtnerbakterien verursachten Fleischvergiftungen mit abzuhandeln. Geschichte der bakteriellen Aetiologie der Fleischvergiftungen. Den Nachweis der ursächlichen Bedeutung bestimmter Bakterien für die Fleischvergiftungen erbrachten zuerst GÄRTNER, sowie GAFFKY & PaaX Ende der achtziger Jahre. Paratyphus etc. 1037 Bei einer im Mai 1888 in Frankenhausen nach Genuß des Fleisches einer wegen Darmkatarrh notgeschlachteten Kuh vorge- kommenen Massenerkrankung, die 57 Fälle mit einem Todesfall be- traf, züchtete GÄRTNER aus dem angeschuldigten Fleisch und der Milz des Verstorbenen ein lebhaft bewegliches- Stäbchen, welches bei jedweder Einverleibung Laboratoriumstiere unter den Erschei- nungen einer Enteritis tötete. Das gleiche Krankheitsbild konnte durch subkutane Impfung und Verfütterung bei 100° erhitzter Bouillonkulturen erzeugt werden. Die Bakterien bildeten also in der Kultur ein hitzebeständiges Gift. GÄRTNER zögerte daher nicht, dieses Bakterium als Erreger der Epidemie in Frankenhausen an- zusprechen. GAFFKY & Paar hatten schon im Jahre 1885 bei einer Massenerkrankung in Röhrsdorf (80 Fälle mit einem Todesfall), die auf das Fleisch, die Leber und die daraus bereitete Wurst von einem mit Abszessen behafteten kranken Pferde zurückgeführt wurde, aus den Organen der mit der Wurst geimpften Tiere ein Bakterium gezüchtet, das mit dem später von GÄRTNER beschriebenen Bacillus enteritidis in allen Merkmalen übereinstimmte, auch für Laboratoriums- tiere bei Verfütterung pathogen war, allerdings keine hitzebestän- digen Gifte in den Kulturen bildete und das unzweifelhaft der Er- reger der Röhrsdorfer Epidemie gewesen ist. Diese Befunde wurden sehr bald von anderer Seite bestätigt. Man faßte die in den verschiedenen Fällen gefundenen, morphologisch und kulturell sich gleichenden Bakterien als einheitliche auf und bezeichnete sie ganz allgemein als Enteritisbakterien mit Hinzu- fügung des Namens ihres Fundortes oder des Autors. DurHam konnte dann durch die Wiparsche Reaktion eine Ver- schiedenheit der Enteritisbakterien feststellen. Zu demselben Ergeb- nis kam gleichzeitig DE NOBELE. Er konnte mittels der mit ver- schiedenen Stämmen durch Immunisierung von Kaninchen künstlich hergestellten agglutinierenden Sera die bis dahin bekannten und von ihm geprüften Fleischvergiftungsbakterien in zwei Hauptgruppen scheiden, indem er der Gruppe des eigentlichen GÄrTneErschen Ba- cillus eine zweite Gruppe gegenüberstellte, als deren Repräsentanten er ein von ihm bei einer Fleischvergiftungsepidemie in Aertryck isoliertes Bakterium ansah, und die er daher als Aertryckgruppe be- zeichnete. Der Frage der Beziehungen zwischen den Erregern von Fleisch- vergiftungen und Paratyphus wurde zuerst von Trautmann näher getreten, der gelegentlich einer in Düsseldorf nach Genuß gehackten Pferdefleisches aufgetretenen Massenerkrankung aus der Milz eines der Fleischvergiftung erlegenen Knaben ein dem ScHorrmürterschen Paratyphus-B-Baeillus sleichendes Bakterium gewann. Er verglich es mit den bisher bekannten Stämmen der Fleischvergiftungsbakterien und zog auch den Bac. paratyphi B mit in den Bereich der vergleichen- den Untersuchungen, den er ebenso wie seinen gezüchteten Bacillus als der Gruppe Aetryck (DE NoßELE) nahestehend fand. Er faßte alle bis dahin bekannten Bakterien der Fleischvergiftung und des Paratyphus in eine Gruppe, nämlich die des B. paratyphosus zusam- men. Bald darauf konnte dann UHLENHUTH gelegentlich einer in Greifswald beobachteten Fleischvergiftungsepidemie feststellen, dab unter den Bakterien der Fleischvergiftungen zwei Typen existieren, die sich biologisch abweichend verhalten, d. h. durch die Serumreak- 1038 P. UHnLexuurH und E. HüÜBENER, tionen voneinander trennen lassen. Er nannte die eine „Gärtner- gruppe“, die andere „Paratyphusgruppe‘, da sich die Vertreter dieser letzteren Gruppe von dem menschlichen Paratyphus-B-Bacillus nicht unterschieden. Es dürfte im. Interesse der Uebersichtlichkeit ratsam sein, diese Scheidung aufrecht zu erhalten, wenn auch durch neuere Untersuchungen festgestellt ist, daß die Agglutination als streng artunterscheidendes Merkmal für die Angehörigen der beiden Gruppen nicht mehr in Betracht kommen kann. Häufigkeit der gastrointestinalen Form der Fleischvergifitungen. Ueber die Häufigkeit der Fleischvergiftungen lassen sich keine nur annähernd genauen Angaben machen, da in der Literatur sich meist nur Zusammenstellungen von Massenerkrankungen finden, wäh- rend Einzelfälle und Gruppenerkrankungen weniger Berücksichtigung gefunden haben, so daß die Zahlen hinter der Wirklichkeit zurück- bleiben. In einer Zusammenstellung BoLLınGErs aus dem Jahre 1880 sind 67 Massenerkrankungen mit 2400 Fällen und 35 Todesfällen aufge- führt. OstErTac hat für die Zeit von 1880 bis 1900 aus der Fach- literatur 85 Massenvergiftungen mit mehr als 4000 Erkrankungen, von denen der größte Teil auf Deutschland fällt, zusammengestellt. SCHNEIDEMÜHL hat aus den Jahren 1868—1898 61 Fälle von großen Fleischvergiftungsepidemien aufgezählt mit 5000 Erkrankungen und 76 Todesfällen. Diese Zahlen imponieren im ersten Augenblick als besonders hoch, indem der Zeitraum, auf den die Erkrankungen sich verteilen, nicht genügend berücksichtigt wird. Wenn ÖsSTERTAG für die Jahre 1550—1900 über 4000 Fälle zusammenstellen konnte, so kommen im Durchschnitt 200 Fälle auf das Jahr, wahrlich eine verschwindend kleine Zahl gegenüber dem jährlichen Massenverbrauch an Tieren oder Fleisch. Es verdient daher einmal die Seltenheit und nicht die Häufig- keit von Massenerkrankungen nach Fleischgenuß hervorgehoben zu werden. Beispielsweise zählt der Konsum von Schlachttieren in Berlin jährlich nach Millionen, und trotzdem ist in der letzten Zeit nicht ein- mal jährlich eine Massenvergiftung nach Fleischgenuß vorgekommen. Dasselbe gilt von anderen Großstädten. Obwohl in der preußischen Armee fast täglich ca. !/, Million Menschen mit Fleisch ernährt werden, kommen Massenerkrankungen nach Fleischgenuß durchschnitt- lich im Jahr etwa nur einmal vor (WarLpmann). Wie häufig zu Einzel- oder Gruppenerkrankungen Fleisch die Ursache abgibt, läßt sich nicht annähernd schätzen. Für diese Fälle dürfte die Zahl eher höher als niedriger anzuschlagen sein. Uebersicht der Fleischvergiitungen mit positivem Befunde von Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe in Deutschland. Während in früheren Jahren häufig Proteus- und Colibakterien als Erreger von Fleischvergiftungen angesprochen worden sind, hat man in. der letzten Zeit in fast allen Fällen von Gruppen- oder Massenerkrankungen, die nach Fleischgenuß in Form akuter Gastro- enteritis aufgetreten sind, Bakterien der Paratyphus- und Gärtner- gruppe festgestellt. Diese Häufigkeit spricht an sich schon für die Paratyphus etc. 1039 ätiologische Bedeutung dieser Mikroorganismen. Dieselbe wird noch dadurch erhöht, daß — abgesehen von den Coli- und Proteusbakterien und dem Bacillus botulinus — andere Mikroorganismen als Erreger von Fleischvergiftungen bisher in einwandfreier Weise nicht festgestellt sind. Damit soll nicht gesagt sein, daß nicht noch andere existieren. Jedenfalls sind Fälle bekannt geworden, in denen nach Genuß verarbeiteten Fleisches Vergiftungserscheinungen auftraten, ohne daß die bekannten Fleischvergiftungsbakterien gefunden wurden. In der folgenden Uebersicht sind die Fleischvergiftungen mit posi- tivem Befund von spezifischen Bakterien chronologisch zusammen- gestellt. Die Klammerzahlen bedeuten Todesfälle, G. B. = Gärtner- Bacillus, P. B. = Paratyphus-Bacillus, G. d. Pr. St. = Bericht des Gesundheitswesens des Preußischen Staates. 1885. Röhrsdorf 80 (1). Fleisch, Leber, Wurst eines mit Abszessen hehafteten Pferdes. G.B. GarFKY & Paar. 1888. Frankenhausen 57 (1). Fleisch einer notgeschlachteten Kuh. G. B. GÄRTNER. 1889. Cotta 126 (4). Fleisch einer wegen Euterentzündung notgeschlachteten Kuh. G. B. GÄRTNER, NEELSEN & JOHNE. 1892. Rumfleth 19 (0). Fleisch einer an puerperaler Sepsis eingegangenen Kuh. G. B. FIscHER. 1893. Breslau S0 (0). Hackfleisch einer an Enteritis kranken Kuh. P. B. KAENSCHE. 1894. Bischofswerda 70—100 (0). Hackfleisch und Wurst aus Kalb- und Schweinefleisch. G. B. JOHNE. 1895. Haustedt. Massenvergiftung. Fleisch eines wegen Enteritis notgeschlach- teten Ochsen. G. B. FISCHER. 1896. Posen. Massenvergiftung (1). Fleisch eines kranken Schweines.. P. B. GÜNTHER. — Horb 150 (0). Fleisch und Wurst eines mit Arthritis be- hafteten Kalbes. G. B. REMBOLD. 1901. Halle, mehrfache Fälle (0). Schweinefleisch. G. B. Hyg. Inst. Halle. G. d. Pr. St. — Düsseldorf 67 (1). Pferdehackfleisch. P. B. TRAUTMANN. 1903. Neunkirchen 50 (3). Rollschinken und Wurst eines mit eitrigen Ab- szessen behafteten Pferdes. G. B. v. DrIGaLskI. — Köln 11. Damwild- braten. P. B. Hyg. Inst. Kiel. G. d. Pr. St. — Hagen 9. Schinken- Bpeck. 'P- B. 2? G: d. Pr. St. — Groß-Barnitz 19. Hammel. G. B. Hye. Inst. Kiel. G. d. Pr. St.-— Meinersen 40. Hackfleisch von einem not- geschlachteten Kalb. G. B. Hyg. Inst. Gießen. G. d. Pr. St. 1904. Greifswald 54. Gehacktes Rindfleisch. P. B. UHLENHUTH. 1905. Gruppenerkrankung. Gedörrtes Schweinefleisch. P. B. CURSCHMANN. — Leipzig 200 (2). Fleisch einer wegen Sexualleidens notgeschlachteten Kuh. G. B. G. d. Pr. St. — Gültstein 54. Leberwurst. G. B. BRECKLE. — Karlsruhe 23. Schinken. G. B. PETZOLD. 1906. Berlin 90 (2). Hackfleisch von einem Rinde. P. B. Kurtscher. — Saar- brücken 16. Schweinebraten. P. B. PrIGGE & SacHs-MÜkE. — Ort H. in Pr. Hessen 32. Rohes Schweinehackfleisch von einem mit Abszessen behafteten Schwein. P. Be FROMME. — Straßburg 7. Wurst. P. B. Levy & Fornet. — Hamburg 4. Frikandellen aus Rinderhackfleisch. P. B. Aumann. — Reg.-Bez. Hannover 5 (1). Rindfleisch. G. B. G. d. Pr. St. — Borken, Mitglieder einer Familie. Fleischsalat. P. B. G.d. Pr. St. 1907. Rätzlingen 21 (1). Fleisch einer notgeschlachteten Kuh. P. B. Leiıstı- xkow. — Reg.-Bez. Schleswig 100. Fleisch eines wegen Fiebers notge- schlachteten Stiers. G. B. G.d. Pr. — Düsseldorf 10. Wurst. G. B. G..d, Pr. SW) = ee Tor ldisch eines notgeschlachteten Kalbes. P. B. G.d. Pr. St. — Narmowice 3 (1). Blutwurst. P. B. G. d. Pr. St. — Reg.-Bez. Ecklame: einige Fälle. Zungenwurst. P. B. G.d. Pr. St. — Goslar 10. Hackfleisch. P. B. G.d. Pr. St. — Grimmen, mehrere Fälle. Leberwurst. G. B. G. d. Pr. St. — Hamburg 19. Rind- fleisch nicht durchgebraten. G. B. AUMANN. — Essen 19. Blutwurst. BRIB EGHISET: St. — Rostock 73. Leberwurst von einem mit kranken Lungen behafteten Schwein. G. B. RiEMER. — Gießen, mehrere Per- sonen. Gehacktes Rind- und Schweinefleisch. P. B. MarMmanN. — Frank- 1040 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, furt a. M. 54. Wurst. P. B. Bıinser. — Halle a. S. 68. Hackfleisch und Sülze. P. B. BAEHR. 1908. Frankfurt a. M. 43. Blutwurst. P. B. Marx. — Altkloster 68. Fleisch eines alten, unbrauchbar gewordenen Pferdes. P. Be BRUMMUND. — Leipzig 24. Kaltes gebratenes Kalb- und Schweinefleisch. P. B. KoEnICc. — Lendsdorf 200. Hackfleisch, Pökelfleisch, Sülzwurst. P. B. BIEWALD. — Frankfurt a. M. 4. Leberwurst. P. B. G. d. Pr. St. — Münster i. Westf. 5. Gebratenes Roastbeef. P. B. G. d. Pr. St. — Danzig 3. Hackfleisch. G. B. G. .d. Pr. St. — Berlin, Virchow-Krankenhaus 103. Hackfleisch vom Kalb. P. B. STtoLL. 1909. Metz 247. Schweinefleisch und Schwartenmagen. G. B. FRIEDRICHS & GARDIEWSKI. — St. Johann 97.° Fleisch eines wegen Blasenruptur not- geschlachteten Ochsen. G. B. Rımpauv. — Zazenhausen 14 (1). Fleisch eines notgeschlachteten Kalbes.. G. B. BRECKLE. — Kiel und Rends- burg 57. Fleisch eines wegen Beckenbruchs notgeschlachteten J’ferdes. P. B. Hyg. Inst. Kiel. G. d. Pr. St. — Posen 18. Bratwurst aus Fleisch kranker Kälber. P. B. ZIMMERMANN. — Coblenz 5. Gebr. Hirsch- fleisch. P. B. HILGERMANN. — Hamburg 24. Teils rohes, teils gebrat. Fleisch einer darmkranken Kuh. G. B. Aumann. — Hamburg 7. Hack- fleisch und Sülze. G. B. Aumann. — Dortmund 16. Pferdewurst. P. B. G. d. Pr. St. — Berlin 60. Schabefleisch von einer Kuh. G. B. G. d. Pr. St. — Scheeßel 13. Rehragout. G. B. — Saarlouis, ca. 120. Schwartenmagen. P. B. AuMmann. — Berlin, ca. 100. Schabefleisch. P. B. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. 1910. Cassel 40. Fleisch unbekannter Herkunft. P. Be G.d. Pr. St. — Schwäb. Gmünd 20. Leberwurst. P. B. ÖESTERLEN. — Gießen 10. Fleischpudding. P. B. G.d. Pr. St. — Braunshain 71 (1). Rohes Hack- fleisch, Blut, Leber- und Mettwurst aus Fleisch eines notgeschlachteten Kalbe. G. B. HILLENBERG & BIEROTTE. — Nachtrag während der Drucklegung: Reg.-Bez. Gumbinnen 24. Fleisch eines notgeschlachteten Rindes. P. B. G. d. Pr. St.* — Kreis Geldern 23. Fleisch eines kranken notgeschlachteten Kalbes. P. B. G. d. Pr. St.* — Kreis Jülich 19. Fleisch eines an Kolik eingegangenen Pferdes. P. B. G. d. Pr. St.* — Kreis Rosenberg 32. Fleisch einer nach dem Kalben erkrankten norge- schlachteten Kuh. P. B. G.d. Pr. St.* — Bromberg. Sämtliche Zöglinge eines Lehrerseminars. Fleisch, dessen Herkunft nicht angegeben ist. G. B. G. d. Pr. St.* — In 3 Ortschaften des Kreises Dortmund (130) und in Werne (54). Fleisch eines von einer auswärtigen Firma gelieferten Rindes. P. B. G. d. Pr. St.* und MATHES, WOLLENWEBER, DORSCH, sowie QUAD- FIEG, HARDT (zahlreiche Personen) Leberwurst. P. B. G. d. Pr. St.* 1911. Hamburg 30. Fleisch einer notgeschlachteten Kuh. G. B. AUMANN. Uebersicht der in außerdeutschen Staaten bekannt gewordenen Fleischvergiitungen mit positivem Befund der spezifischen Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe. 1891. Moorseele (Flandern) 80 (4). Gebr. und gek. Fleisch von zwei enteritis- kranken Kälbern. G. B. v. ERMENGEM. — Gaustadt 81 (4). Gebr. Kalb- fleisch. G. B. Howst. 1892. Rotterdam 32. Fleisch einer Kuh. G. B. PoELs & DHonT. 1895. Gent, mehrere Fälle (1). Cervelatwurst. G. B. v. ERMENGEM. — Frank- reich 48 (1). Schweinefleischpastete.. P. B. PoucHET. 1896. Schweiz 7 (1). Pökelfleisch von kranken Ferkeln. P. B. SILBERSCHMIDT. 1598. Aertryck, zahlreiche Personen (1). Fleisch eines enteritiskranken Kalbes. P. B. DE NOBELE. — Sirault 100 (3). Schweinehackfleisch. G. B. HER- MANN. — Hatton 185 (1). Kalbfleischpastete. P. Be DurHAMm. — Chad- derton 54 (4). Schweinefleisch. P. B. DurHAm. 1599. Brügge, Massenerkrankung. Schweinefleischwurst. G. B. DE NOBELE. — Meirelbeck (?). Fleisch einer wegen puerperaler Sepsis notgeschlachteten Kuh. P. B. v. ERMENGEM. Anmerkung. Die mit * bezeichneten Fälle sind erst während der Druck- legung bekannt geworden, daher bei der Anfertigung der graphischen Dar- stellung nicht mit berücksichtigt. Paratyphus ete. 1041 1900. Brüssel ds Willebroek, mehrere Personen. Geräuchertes Pferdefleisch. GB. ERMENGEM. 1904. land. mehrere Familien (1). Fleisch eines kranken Kalbes. P. B. FOOKER & PHILIPPSE. 1905. Frankreich, eine Familie. Schinken. P. B. PorTtevıxn. 1906. Flandern 58. Fleisch eines wegen Enteritis und Abszesses zeschlachteten Pferdes. P. B. GoEBEL. — Schweiz 37 (3). Wurst. P. B. HELLER. — Frankreich 7. Sülze. P. B. NETTER & RIBADEAU-DUMAs. 1907. Rußland 8. Rindfleisch. G. B. FAINScHMIDT. — Rumänien 27. Lamm- fleisch. G. B. BaBes. — England 29. Schweinefleischpastete. G. B. NEWMANN* — England. Kalbzungen. G. B. BERRY* 1908. Bolonga (?). Wurst. P. B. TIBERTI. 1909. England 18. Sülze von einem kranken Schwein (Abszeß). P. B. Savace. — Limerik (England) 73 (9). Fleisch eines kranken Kalbes. G. B. WEENEY * 1910. Italien, mehrere Arbeiter. Würstchen. P. B. Barponı. — Italien 6. Fleisch. P. B. BARKER & STLADEN. — Zürich 49. Schweinefleisch und Schwartenmagen aus Rindfleisch. G. B. GONZENBACH & KLINGER. — Wrexham (England) 100 (6). Schweinefleischpastete.e P. B. TROMMS- DORFF & RAJCHMANN. Die vorstehenden Zusammenstellungen machen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Namentlich sind aus dem Auslande nur die in der Fachliteratur zugänglichen Fälle erwähnt. Was die Beteiligung der einzelnen Tierarten und Fleischsorten betrifft, so waren die Vergiftungen bedingt durch Kuhfleisch = 11mal, Kalbfleisch = 12mal, Ochsenfleisch = 10mal, Schweinefleisch = 14mal, Pferdefleisch = Smal, Hammelfleisch = 2mal, Wurst = 23mal, Schinken —4mal. unbekannte Fleischsorten=5mal, Wild=3mal, durch Schweine- fleisch und Kalbfleisch resp. Rindfleisch = 2mal. ' Rindfleisch | Schneinefleisen & Pferdefleisch Fig. 3. Anteil der Fleischsorten an den Fleischvergiftungen nach einer Zu- sammenstellung von SCHNEIDEMÜHL. Sieht man von dem verarbeiteten Fleisch ab, das die Möglichkeit einer sekundären Infektion nicht ausschließt, so bleiben von den 94 Fällen 57 Fälle übrige, in denen Kühe mit 19 Proz., Kälber mit 91 Proz.. Ochsen mit 18 Proz., Schweine mit 24 Proz., Pferde mit 14 Proz., Hammel mit 4 Proz. beteiligt sind. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. [er] fer) 1042 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, Diese Zusammenstellung stimmt mit derjenigen anderer Autoren insofern überein, als das Fleisch von Kühen und Kälbern einen 20 30 Khan > hohen Anteil erkennen läßt, der nicht etwa durch den erhöhten Verbrauch dieser Fleischsorten be- dingt ist, sondern sich aus der im Laufe der letzten ‚Jahre gemach- : ten Beobachtung und Feststellung erklärt, das die Fleischvergiftungs- bakterien als Sepsis- oder Eitererreger vVor- zugsweise bei den ge- nannten Tierarten eine Rolle spielen, und aus der schon lange be- Fig. 4. Anteil der Fleischsorten an den Fleisch- nn Ta A vergiftungen nach einer Zusammenstellung von septische und eitrige Fro- GUALDUCCI. zesse gerade bei diesen Tieren sehr häufig sind. SSSSSI ; 4 227774 v , „ % \ N N % In den letzten Jahren sind mehrfach Fälle von Vergiftungen publiziert, die nach Genuß von zubereitetem Gänsefleisch aufgetreten und durch Paratyphus- bacillen bedingt waren. Ob es sich dabei wie bei den Fleischvergiftungen der Schlachttiere auch um intravitale Infektion des Fleisches handelt, ist noch nicht erwiesen. Der erstmalige 0 70 20 30 Nachweis von Paratyphus- bacillen als Ursache dieser 35 Art von Vergiftungen ist 1906 in Berlin durch das Institut für Infektionskrank- heiten erbracht. In diesem Jahre kamen in Berlin 3 Ver- giftungen in 3 Familien nach Genuß von geräucher- ter Gänsebrust resp. ge- räucherter Gänsekeule bzw, Gänsefleisch vor. In allen 3 Fällen wurden in Proben des Gänsefleisches und in den Entleerungen der Kranken Paratyphusba- eillen nachgewiesen. In den folgenden Jahren wurden wiederum mehrfach infolge des Genusses von Gänse- fleisch resp. von geräucher- Be R 2 f ter Gänsebrust in Ber- ‚ Fig. 5. Anteil der Fleischsorten an den bakterio- ]in aufgetretene Paratyphus- logisch sichergestellten Fleischvergiftungen nach einer erkrankungen festgestellt, Zusammenstellung von HÜBENER. desgleichen in je einem Ort des Regierungsbezirkes Marienwerder und im Regierungsbezirk Wiesbaden und Posen. ZIMMERMANN berichtet über einen Fall von akuter, schwerer Gastroenteritis mit positivem Be- fund von Paratyphusbacillen bei einem Mädchen, das Teile einer krepierten Gans verzehrt hatte. Eine Massenerkrankung trat nach dem Bericht von FOWLER im Dezember 1909 in einer Messe im Hafen von Gibraltar auf. Es erkrankten 64 Personen ca. 70 Stunden nach Genuß von 6 Gänsen, die gut konserviert Kuhfleisch Kalbfleisch Rindfleisch DIE ZEZBSI IN SH 7 ZZ Z ANSNSSNI ERBTB ASSSSCST En FFFFIRRRTUN en [es ef Paratyphus etc. 1043 aus England gekommen waren. Ein Kranker starb am 5. Tage. Man fand eine intensive Gastroenteritis mit frischer Pleuritis und Peritonitis. Der Magen- Darminhalt und das Blut enthielten Paratyphusbacillen in Menge. Das Serum von 4 Kranken agglutinierte sie in Verdünnung von 1:100. 5 10 15 20 25% Kuhfleisch Kalbfleisch Rindfleisch L EN, Schweinefleischkg Pferde fleisch SCyE BB BE 5 EB DB 5 BESUBEHELEBEREBRE Fig. 6. Anteil der Fleischsorten an den bisher bakteriologisch’ sichergestellten Fleischvergiftungen nach UHLENHUTH & HÜBENER. 'Hammelfleisch In den Berichten über das Gesundheitswesen des Preußischen Staates sind mehrfach Gänsefleischvergiftungen erwähnt, deren Aetiologie nicht erforscht ist, von denen anzunehmen ist, daß sie auch durch Paratyphusbacillen bedingt waren. Bentfeisen HL LM er NN Fig. 7. Anteil der verschiedenen Tierarten an dem Verbrauch von Fleisch in ganzen Tierkörpern auf 100000 im Jahre 1908 für Deutschland berechnet. Die Fleischvergiitungserreger der Paratyphusgruppe. In Morphologie, kulturellem und biologischem Ver- halten gleichen die Fleischvergiftungsbakterien der Paratyphus- gruppe den eigentlichen Paratyphus-B-Bacillen, so dab in dieser Be- ziehung auf die entsprechenden Kapitel des Paratyphus verwiesen werden kann. Kleine Abweichungen sind von einzelnen Autoren beobachtet worden, jedoch handelt es sich dabei um keine durch- greifenden Unterschiede, sondern um individuelle Eigentümlichkeiten einzelner Stämme. Die Gärtnerbakterien sind in einem besonderen Kapitel abgehandelt. 66* 1044 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, BÄRTHLEIN fand bei seinen Studien über Mutationserscheinungen, daß die Fleischvergifter Greifswald und England zwei von den menschlichen Para- typhusbaeillen verschiedene Arten von Kolonien auf der gewöhnlichen Agarplatte zu bilden vermögen, nämlich: 1) helle, bei durchscheinendem Lichte bläulich schimmernde Kolonien und 2) trübe, bei durchfallendem Lichte gelbrötlich schimmernde. Während die erstgenannten aus kurzen mittelschlanken Bacillen bestehen, setzen sich die trüben, gelbrötlich schimmernden aus sehr kurzen, dicken, plumpen, kokkenähnlichen Stäbchen zusammen. Nach REINER MÜLLER sollen nur die eine akute Gastroenteritis verur- sachenden Paratyphusstämme, also in erster Linie die Fleischvergifter, Kolonien mit eingesunkenem Zentrum und Schleimhüllen bilden, während den Erregern der typhösen Form des Paratyphus diese Eigenschaften nicht zukommen soll. Bezüglich des Gärvermögens gewissen Zuckerarten gegenüber zeigen nicht alle Stämme ein gleichartiges Verhalten. Einige Autoren haben darin ein differentialdiagnostisches Merkmal zwischen den menschlichen Paratyphusstämmen und den Fleischvergiftern erblicken wollen. Doch haben sich bei weiterer Prü- fung die Unterschiede nicht als durchgreifend und konstant erwiesen. So sollen nach SEIFFERT die Fleischvergifter eine geringere Fähigkeit besitzen, Xylose und Dextrose zu spalten als andere Salmonellastämme. Widerstandsfähigkeit. Die Widerstandsfähigkeit physikalischen und chemischen Einflüssen gegen- über ist dieselbe, wie sie den Paratyphusbakterien eigen und beschrieben ist Zum Teil beziehen sich die dort angeführten experimentellen Untersuchungen mit auf die Fleischvergifter. An Einzelheiten wären noch folgende Untersuchungs- ergebnisse anzuführen. TRAUTMANN fand, daß seine Düsseldorfer Fleischvergifter in Bouillonkul- turen nach 1-stündiger Erhitzung bei 70°, sowie nach 10 Minuten langer Er- hitzung bei 80° abgetötet, nach 1-stündiger Erhitzung bei 55° noch lebens- fähig waren. KUTScCHER erhitzte 4 Tage alte Bouillonkulturen seines bei der Berliner Fleischvergiftungsepidemie gewonnenen Bakteriums 10 Minuten auf 100°, 15 Minuten auf 80° und 1 Stunde auf 65° und konnte in jedem Falle völlige Abtötung feststellen. Pathogenität. Die in den einzelnen Fleischvergiftungsepidemien aus dem Fleisch kranker Tiere und aus dem Innern der nach Genuß desselben erkrankten oder gestorbenen Menschen gezüchteten Bakterien sind mehrfach auf ihre Tierpathogenität ge- prüft. Sie gleichen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Laboratoriumstiere völlig den menschlichen Paratyphusbacillen. TRAUTMANN fand den Düsseldorfer Fleischvergifter hochpathogen für Mäuse und Meerschweinchen, sowohl bei subkutaner, intraperitonealer oder stomachaler Einwirkung, weniger pathogen für Kaninchen und Ratten, für Hunde und Katzen. KAENSCHE beobachtete eine hohe Pathogenität des Breslauer Fleischver- gifters Kaninchen und Tauben gegenüber. Mit 1 resp. 1/,, eem Bouillonkultur intramuskulär geimpfte Tauben starben nach 20—36 Stunden. UHLENHUTH fand seinen Greifswalder Bacillus für Mäuse und Meer- schweinchen stark pathogen. Die Tiere starben bei subkutaner und intraperi- tonealer Impfung mit !/;oo Oese Kultur in 12—18 Stunden. Mäuse gingen nach Verfütterung in ca. 8 Tagen ein. In den Versuchen KUTSCHERS gingen weiße Mäuse bei subkutaner Impfung von !/;o0oo Normalöse in 6 Tagen, bei intraperitonealer Injektion, in 24 Stunden, nach Verfütterung innerhalb 7—14 Tagen ein, Meerschweinchen starben nach subkutaner Impfung von !/;oo Oese in 5 Tagen, nach intraperitonealer Ver- impfung in 2 Tagen. Bei den subkutan geimpften Tieren fanden sie sich auch in dem Darminhalt. ZINGLE hat systematische experimentelle Untersuchungen über den Verlauf der alimentären Infektion durch Bakterien der Fleischvergiftungsgruppe an Mäusen angestellt und festgestellt, daß zunächst eine primäre Lokalisation des Infektionsprozesses im Iymphatischen System (Drüsen und Milz) erfolgt, dann nach Ueberwindung der natürlichen Schutzkräfte ein Uebertritt in die Blutbahn und somit eine Ueberschwemmung aller Organe und zuletzt der Muskulatur stattfindet. Erst mit dem Moment der Blutinfektion waren an den Versuchs- tieren klinische Erscheinungen wahrzunehmen. In der Voraussetzung, daß der Paratyphus etc. 1045 Infektionsmechanismus bei den Schlachttieren derselbe ist, würde der Nachweis der Fleischvergiftungserreger bei Schlachttieren am sichersten durch die Unter- suchung der Fleischlymphdrüsen, der Mesenterialdrüsen, sowie der Milz und Leber zu erbringen sein. .,. 50 gut wir über die pathogene Wirkung bei Laboratoriumstieren unter- richtet sind, so wenig ist ihre Pathogenität für Schlachttiere oder andere Haus- tiere studiert worden, wohl hauptsächlich wegen der nicht unbeträchtlichen Geld- opfer, welche solche Versuche erfordern. Immerhin verdient hervorgehoben zu werden, daß in den Versuchen von FOKKER & PHıLıpsE Hunde und Katzen nach Fütterung paratyphushaltigen Kalbfleisches eingingen und in ihrem Blut, in der Milz und Leber die Erreger in Reinkultur bargen. Bemerkenswert ist, daß in der von PrIGGE & SacHs-MÜkRE beschriebenen Fleischvergiftungs- epidemie die Verfütterung des angeschuldigten Fleisches an zwei Schweine schwere Enteritis bei den Tieren zur Folge hatte. Noch interessanter ist, daß der von POTTEVIN aus den Resten eines Schinkens isolierte Paratyphusbacillus bei Verfütterung für Schweine und Katzen pathogen war. (Siehe auch Kapitel Gärtnerbakterien.) Giftbildung. Mit dem menschlichen Paratyphus-B-Bacillus teilen die Fleischvergifter die Fähigkeit, auf künstlichen Kulturen und im Fleisch giftige Produkte zu bilden, welche hitzebeständig sind und bei der Filtration durch bakteriendichte Filter in das Filtrat übergehen. Wie KRrusE hervorhebt, sollte man eigentlich mit Rücksicht auf die ver- hältnismäßig geringe Abschwächung des Cholera- und Typhustoxins durch Siede- hitze die Kochfestigkeit des Giftes der Fleischvergifter nicht für eine bemerkens- werte Eigenschaft halten. Indessen sind die für die Versuchstiere tödlichen Gaben so gering und weicht deren Fähigkeit so von allen übrigen Endotoxiuen ab, daß man berechtigt ist, das Fleischgift als einen besonderen Stoff anzusehen; der neben dem Endotoxin in wechselnder Menge gebildet wird. Möglich wäre es nach Kruse, daß gerade besonders stark infektiöse Bakterien der spezifischen Giftigkeit entbehrten. Zum Nachweis derselben ist von den Autoren eine sehr verschiedene Methodik angewendet worden. Wir lassen eine Zusammenstellung der bisher in dieser Frage positiv ausgefallenen Prüfungsergebnisse folgen, welche mit der des Paratyphus eine nahezu völlige Uebereinstimmung aufweist. TRAUTMANN: Gekochte Kulturen des Düsseldorfer Fleischvergifters waren bei Verfütterung unschädlich für Meerschweinchen und Ratten, schädlich für Mäuse. 1,5 ccm 5 Minuten gekochte Aufschwemmung von !/, Schrägagarkultur und 0,25 ccm einer 5-tägigen Bouillonkultur tötete Mäuse bei intraperitonealer Impfung. E UHLENHUTH: 14 Tage bei 37° gewachsene, 10 Minuten oder °/, Stunde ge- kochte Bouillonkulturen des Greifswalder Fleischvergifters und das Filtrat 14 Tage alter Bouillonkulturen töteten bei subkutaner Verimpfung von 1—2,0 eem Mäuse und Meerschweinchen innerhalb 12—18 Stunden. Dabei traten eigentümliche Erscheinungen auf. Bald nach der Einspritzung wurden die Tiere schwerkrank, so daß sie Jang ausgestreckt lagen und auffallend mühsam atmeten. Rührte man sie an, so bekamen sie heftige Streckkrämpfe, die zuerst klonisch, dann tonisch waren. Bei der Sektion der Mäuse ergab sich nichts Auffallendes. Die Meerschweinchen zeigten Exsudate der Brust- und Bauchhöhle und Rötung der Nebennieren. Sämtliche ÖOrganausstriche waren steril. Die Fähigkeit der Bil- dung löslicher hitzebeständiger Gifte geht bei Fortzüchtung der Kulturen schnell verloren. Der Greifswalder Fleischvergifter hatte bei einer späteren, nach Jahren erfolgten Prüfung sie gänzlich eingebüßt. Es gelang aber durch einige Mäuse- passagen nicht nur seine Virulenz zu steigern, sondern auch die frühere Fähig- keit der Giftbildung zurückzugewinnen. J j KAENSCHE impfte Mäuse intraperitoneal mit 0,3, 0,5, 1,0 ccm einer 24 Stunden alten, 2 Minuten lang gekochten Bouillonkultur des Breslauer Fleisch- vergifters und sah nach 22 Stunden den Tod der Tiere eintreten. Mäuse und Ratten, die mit gekochtem Fleisch von Tauben oder Kaninchen, die der Infektion mit dem Bacillus erlegen waren, gefüttert wurdef, starben nach 2—3 Tagen. 23 TIBERTI injizierte Meerschweinchen und Kaninchen subkutan !/;—!/, ccm 12 Tage alte Bouillonkulturen, die 1—2 Minuten lang auf 75° erhitzt waren. Sämtliche Tiere starben nach 2—5 Tagen. Von Meerschweinchen, welche !/, bis 1046 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, 1 cem 15 Tage alter, 10 Minuten auf 80° erhitzter Bouillonkultur intraperitoneal injiziert bekamen, starb die Hälfte. Dieselbe Bouillonkultur 10 Minuten auf 100° erhitzt, wirkte bei subkutaner und intraperitonealer Injektion von 2,0 ccm toxisch, aber nicht tötend. !/s—1l cem Filtrat 10 Tage alter Bouillonkultur subkutan injiziert tötete Meerschweinchen innerhalb 2—4 Tagen, Mäuse per os innerhalb kurzer Zeit. FRoMME: 0,5 ccm 7 Tage alter, 1 Stunde auf 70° erhitzter Bouillonkultur seines Fleischvergifters verursachte bei intraperitonealer Injektion den Tod von Mäusen und Meerschweinchen innerhalb 24—48 Stunden. 0,2 ccm 10 Tage alter Bouillonkultur, die 3 Minuten auf 100° erhitzt war, wirkte bei intraperitoncaler Einverleibung für Mäuse innerhalb 24 Stunden tödlich. Ein mit derselben Menge und in derselben Weise geimpftes Meerschweinchen starb nach 14 Tagen. TROMMSDORFF & RAJCHMANN injizierten abgetötete Bouillonkultur Ka- ninchen intravenös, die innerhalb kurzer Zeit starben. Mechanismus der Infektion des Fleisches mit den spezifischen Bakterien. Die Wege, auf denen die Bakterien der Paratyphus- und Gärt- nergruppe in das Fleisch gelangen können, sind zweifacher Art. Eine Infektion des Fleisches kann entweder bei Lebzeiten des Tieres — intravital — oder nach dem Tode — postmortal — durch Außen- infektion erfolgen. Die schon vor 30 Jahren von BOLLINGER er- kannte und nachdrücklich betonte Tatsache, daß mit dem Fleisch von kranken Tieren in der Hauptsache der Infektionsstoff dem menschlichen Körper zugeführt wird, ist auch in der Folgezeit be- stätigt worden. Die Mehrzahl der Forscher sieht daher in einer intra- vitalen Infektion der Schlachttiere mit den spezifischen Bakterien die Hauptquelle der in Form von Massenerkrankungen auftretenden menschlichen Fleischvergiftungen. Die epidemiologisch festgestellte Tatsache, daß in den meisten Fällen von Massenerkrankungen nach Genuß unverarbeiteten Fleisches letzteres von kranken und notgeschlachteten Tieren stammte, spricht für einen inneren Zusammenhang zwischen Krankheiten der Tiere und menschlicher Erkrankung. Dieses Zusammentreffen kann nicht auf einem Zufall beruhen und kann auch nicht mit ConraApı dadurch erklärt werden, daß nach Analogie der Fleischfäulnis in dem von gesunden Tieren stammenden Fleisch die Vegetation der Fleisch- vergiftungsbakterien eine ungehindertere ist. Daß in einigen Fällen von Fleischvergiftungen eine intravitale Infektion des Tierkörpers vorgelegen haben muß, dafür gibt es einige direkte Beweise. In der Fleischvergiftungsepidemie zu Frankenhausen ab ein Knecht noch an demselben Tage der Notschlachtung S00 g rohes Fleisch und erlag 35 Stunden später einer Septikämie mit Gärtnerbacillen. In dem Moorseeler (30) Falle war das Fleisch des einen am Tage vorher gestorbenen und des anderen in der Nacht notgeschlachteten Kalbes wenige Stunden später genossen worden und hatte schwere Vergiftungserscheinungen verursacht. Daß nicht noch mehr derartige Beobachtungen vorliegen, liegt doch lediglich an der Gewohnheit der Menschen, Schlachtfleisch erst 1—2 Tage hängen zu lassen und nicht unmittelbar nach der Schlachtung zu genießen. Wäre das nicht der Fall, so würden wahrscheinlich ähn- liche Beobachtungen wie die vorliegenden noch mehrfach gemacht worden sein. Sie sind mit einer nachträglichen Verunreinigung durch die Gärtnerbacillen nicht zu erklären. Ein zweiter Beweis für eine ıntra vitam stattgefundene Infektion der Schlachttiere mit den spezi- Paratyphus ete. 1047 fischen Bakterien ist der mehrfach geführte Nachweis derselben in dem Mark der großen Röhrenknochen, und zwar in Reinkultur, so in der Epidemie zu Cotta durch GÄRTNER, in Moorseele und Meirel- bek durch van ERMENGEM, in Aertryck durch pE NoBELE. Einen weiteren Beweis der intravitalen Infektion liefern die histologischen Veränderungen. Verschiedentlich hat man die Blutkapillaren und kleinen Gefäße vollgestopft gefunden mit wahren Bakterienembolien und hat auch an den Gefäßwänden Proliferationsvorgänge beobachten können (GÄRTNER, VAN ERMENGEM). Op außerdem die präagonale Einwanderung der Keime bei dem Mechanismus der Durchdringung des Fleisches mit Fleischvergiftern eine Rolle spielt, mag dahingestellt sein. Auch ist die Möglichkeit gegeben, daß ursprünglich nur vereinzelt in den Organen vorhandene Keime nach der Schlachtung bei unzweckmäßiger Aufbewahrung das Fleisch durchwuchern. Es muß demnach daran festgehalten werden, daß die Quelle der nach Fleischgenuß auftretenden Massener- krankungen in allererster Linie das intra vitam infi- zierte Tier darstellt! Damit soll die sekundäre Infektion des Fleisches keinesfalls in Abrede gestellt werden. Bacillenträger, Dauerausscheider, Rekonvale- szenten und Leichtkranke, infiziertes Wasser und Eis können hierfür in Betracht kommen. Auch ist an die Mäuse, Ratten und Fliegen, die Träger derartiger Keime, zu denken. Die Gelegenheit für eine nachträgliche Infektion des Fleisches vom Schlachttier bis zu dem Mund der Konsumenten ist jedenfalls eine mannigfache. In besonderem Maße ist auf diesem Wege das verarbeitete Fleisch (Hackfleisch, Wurst, Fleischpasteten) einer Infektion ausgesetzt. In der von TROMMSDORFF & RAJCHMANN studierten in Wrexhem (England) ausgebrochenen Epidemie mit, über 100 Fällen, welche durch eine Schweine- fleischpastete verursacht wurde, konnte die Herkunft des Fleisches von kranken’ Tieren mit Bestimmtheit ausgeschlossen und die nachträgliche Verunreinigung der fertigen Speise durch eine Paratyphusbacillenausscheiderin mit Bestimmt- heit angenommen werden. Auch in der von RoLLY beschriebenen Leipziger Paratyphusepidemie, die durch Fleisch aus einem bestimmiten Fleischerladen verursacht war, liest die Annahme einer sekundären Infektion ursprünglich einwandfreien Fleisches um so näher, als die Epidemie nicht explosionsartig war und der Genuß nicht die akute sondern durchgehends die typhöse Form des Paratyphus zur Folge hatte, die bei den durch intravital infiziertes Fleisch verursachten Fleischvergiftungen nur in einzelnen Fällen beobachtet zu werden pflegt. Wie schnell unter günstigen Bedingungen auf der Außenfläche von Fleisch befindliche Bakterien dasselbe durchsetzen können, haben die Experimente von CONRADI, MEYER und ROMMELER gezeigt, für die allerdings eine Bestätigung noch aussteht. BasENnAU hat experimentell nachgewiesen, daß das Aufeinander- legen von Fleischteilen genügt, um gesundes Fleisch zu infizieren. Daß eine derartige Uebertragung in der Praxis vorkommt, geht aus einer der älteren, genauer beschriebenen, umfangreichen Epidemie zu Andelfingen hervor, in der gelegentlich eines Sängerfestes ca. 450 Personen mach Genuß von Kalbfleisch, darunter 10 mit tödlichem Ausgang, außerdem auch Personen erkrankten, die nicht an dem Feste teilgenommen, wohl aber Rindfleisch von demselben Metzger bezogen hatten, das während der Aufbewahrung in dem sehr schmutzigen Fleischladen offenbar durch das Kalbfleisch infiziert war. Das- selbe beweist ein von FROMME publizierter Fall, in welchem die Leber eines ge- sunden Rindes, welche mit einem mit Abszessen durchsetzten Schinken, dessen Genuß eine Massenerkrankung zur Folge hatte, zusammengelegen hatte, typische 1048 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, Fleischvergiftung mit positivem Bacillenbefund hervorrief, während die übrigen Teile des Rindes ohne Schaden genossen wurden. Die Bedeutung der Hilisursachen für die Entstehung von Fleischvergifitungen. Außer den infizierenden Mikroorganismen und dem infizierten menschlichen Organismus haben besondere Hilfsursachen für die Ent- stehung einer Fleischvergiftung wie überhaupt einer Nahrungsmittel- vergiftung eine gewisse Bedeutung. Zunächst ist die Menge der aufgenommenen Bakterien von Be- lang. Die ungleiche Verteilung der Bakterien im Körper der intra vitam infizierten Tiere oder der sekundär verunreinigten Schlacht- produkte bringt es mit sich, daß von ein und demselben Tiere stam- mende Fleischteile in dem einen Falle sich bakterienhaltig und in- folgedessen auch schädlich erweisen, in dem anderen bakterienarm und daher unschädlich zeigen. Das ist namentlich bei den Einge- weiden gegenüber den Muskeln der Fall. In mehreren Epidemien erwiesen sich gerade die inneren Organe resp. die daraus hergestell- ten Fleischspeisen als besonders giftig, eine Erscheinung, auf die bereits BoLLINGER aufmerksam gemacht hat. Die Verteilung im Organismus des Tieres ist wieder abhängig von der Art der Schwere und der Dauer der Krankheit des Tieres bis zum Zeitpunkt der Schlachtung. . Auf die Menge der Bakterien hat weiter die Art der Aufbe- wahrung von der Schlachtung bis zum Verbrauch und die Art der Zubereitung großen Einfluß. Aus der Praxis sind Fälle bekannt, in denen der Genuß des frischen, nur wenige Bacillen der Paratyphus- gruppe enthaltenden Fleisches keine oder nur geringe Krankheitser- scheinungen auslöste, wohl aber der Genuß des von demselben Tier stammenden, mehrere Tage aufbewahrten, reichlich Bakterien enthal- tenden Fleisches schwere Krankheitszustände hervorrief. Dieselbe Er- scheinungen haben Poers & Duonr im Experiment beobachten können. Zwischen der Menge des genossenen Fleisches und der Schwere der Erkrankung besteht kein gerades Verhältnis. In mehreren Epi- demien sind diejenigen am schwersten erkrankt, die am wenigsten genossen hatten. In der Breslauer Epidemie hatten 20 g Fleisch genügt, um eine schwere Krankheit auszulösen und in dem Selbst- versuch des Schlachthofinspektors zu Gent hatten einige dünne Wurst- scheiben sogar den Tod herbeigeführt. Die Dauer und Art der Aufbewahrung ist weiterhin auf die Bildung der Gifte von großem Einfluß, die ihrerseits wiederum für die Auslösung von Krankheitserscheinungen die allergrößte Be- deutung haben. Außerdem wirken wahrscheinlich mitgenossene Stoffe infektions- befördernd. In erster Linie kommen dabei Fäulnisprodukte und ver- änderte Eiweißkörper in Betracht. Barnr und Lrermann schreiben den schwefligsauren Salzen, die man als Konservierungsmittel in Hackfleisch antrifft, durch die Produktion von schwefliger Säure im Magendarmkanal eine infektionsbegünstigende Wirkung zu. Die Art der Zubereitung spielt insofern eine Rolle, als durch den Prozeß des Kochens und Bratens ein großer Teil der Fleisch- vergilter vernichtet wird. Jedenfalls ist mehrfach die Beobachtung Paratyphus ete. 1049 gemacht, daß immer die Personen erkrankten, welche rohes Fleisch genossen hatten, während alle anderen, welche gebratenes oder ge- kochtes gegessen hatten, gesund blieben, z. B. in Altkloster (Brum- Munp). In anderen Fällen zeigte sich das gekochte Fleisch weniger giftig als das rohe z. B. in Haustedt (Fıscuer), Neunkirchen (v. Dricarskı), Bologna (Tısertr) und in vielen Fällen, in denen nur rohes Fleisch genossen war, verliefen die Erkrankungen besonders schwer, z. B. in Düsseldorf (Trautmann), Berlin (Kurscuer), Hildes- heim (Fromme), Breslau (KAEnscHE). In vielen Epidemien war das gekochte oder gebratene Fleisch höchst giftig, z. B. in Rumfleth (Fischer), Greifswald (UHuLexnurn), Posen (GÜNTHER), Rumänien (Bages), St. Johann (Rımrau) usw. Klinische Erscheinungen und Verlaufseigentümlichkeiten des Paratyphus. Pathogenese. Der klinische Verlauf des Paratyphus kann sich in zwei völlig verschiedenen Formen vollziehen. Entweder entsteht ein Krankheits- bild "mit den mehr oder weniger ausgesprochenen charakteristischen Symptomen des Typhus oder das der akuten Gastroenteritis. Man unterscheidet daher mit Recht eine subakute typhöse und eine akute gastroenteritische Form. In ersterem Falle steht die Infektion mit den spezifischen Bakterien, in letzterem Falle die Intoxikation des menschlichen Körpers mit dem Produkt der Er- reger im Vordergrunde der Erscheinungen. Da die Intoxikation choleraähnliche Erscheinungen zur Folge haben kann, so hat man auch noch als dritte Art die choleraähnliche Form des Paratyphus abgetrennt. STOLKInD (Moskau-Nervi) unterscheidet noch eine vierte Form, die influenzaähnliche. Zwischen den einzelnen Formen gibt es alle möglichen Uebergänge und in ein und derselben Epidemie können alle Formen zur "Beobachtung kommen. Daraus folgt schon, daß die Eigentümlichkeiten des klinischen Verlaufs nicht allein von den Erregern, sondern vielmehr von dem Infektionsmodus und von der Reaktionsfähigkeit des menschlichen Körpers abhängig sind. Bei der gastroenteritischen oder toxischen Form handelt es sich in der Hauptsache um Nahrungsmittelinfektionen nicht in dem Sinne, daß die Nahrungsmittel wie etwa das Wasser nur die Rolle der Träger und somit der Ueberträger des Infektionsstoffes spielen, wie das beim Typhus häufig der Fall ist und ausnahmsweise auch beim Paratyphus der Fall sein kann, sondern in dem ganz spezifischen Sinne, dab die Nahrungsmittel den Nährboden für die Erreger darstellen, auf denen sie nicht nur gedeihen, sondern Gifte — mögen es Toxine, Endotoxine, Abbauprodukte sein — bilden, die mit den lebenden Erregern zugleich Eingang in den Körper finden. Die Bezeichnung solcher Krankheiten als Nahrungsmittelvergiftungen darf daher ruhig beibehalten werden, wenn man sich nur erinnert, daß ihre letzte Ursache eine bakterielle Durchsetzung ist, und daß mit den Giften auch die Bakterien aufgenommen werden. Wie der Typhus keine primäre infektiöse Darmkrankheit, sondern eine Bakteriämie mit sekundären Darmveränderungen darstellt, so kann sich auch die Pathogenese des Paratyphus vollziehen. Nach 1050 P. UutenHurH und E. HÜBENER, ScHorIMÜLLER und der Ansicht der meisten Autoren siedeln sich die Infektionserreger bei der typhösen Form zunächst in dem Lymph- oefäßsystem vor allen des Abdomens an und entwickeln sich im Lymphapparat des Mesenteriums weiter, nachdem sie irgendwo durch die Schleimhaut des Digestionstraktus Eingang gefunden haben. Von dem Lymphapparat erfolgt eine beständige Einschwemmung in das Blut und Verschleppung in die übrigen Organe des Körpers und schließlich Ausscheidung durch den Darm, so daß also die Ge- schwüre des Darmes nur eine Teilerscheinung der Lymphsystem- erkrankung resp. eine sekundäre Folgeerscheinung der Allgemein- erkrankung darstellen. Im Gegensatz dazu bewirken beim akuten Paratyphus die in größeren Mengen aufgenommenen Bakterien und die zugleich mit ihnen einverleibten, auf toten Substraten vorgebildeten toxischen Produkte primär eine akute toxische Gastroenteritis. Hierbei siedeln sich die Erreger ähnlich wie bei der Dysenterie und Cholera in den oberflächlichen Schichten der Darmschleimhaut an und dringen von hier aus sekundär in das Blut. Wie sich im Laufe der Zeit herausgestellt hat, können die Para- typhusbacillen ohne die Kriterien eines Typhus oder einer akuten Gastroenteritis Organerkrankungen mit und ohne Bakteriämie ver- ursachen. HüÜBENER hatte bereits in seiner Monographie über Para- typhusinfektionen betont, daß die Mikroorganismen, die wir Para- typhusbacillen nennen, ihren Namen eigentlich zu Unrecht tragen, da sie in den meisten Fällen alle anderen Krankheitsprozesse auszulösen und alle möglichen Krankheitsbilder zu verursachen und nur in höchst seltener Weise einmal für einen wirklich typhusähnlichen Krankheits- prozeß die Ursache abzugeben pflegen. Der Name werde nicht mehr durch einen anderen zu ersetzen sein, die Vorstellung aber, die wir mit diesem Namen für die menschliche Pathologie verbinden, sollte eine andere werden! SCHOTTMÜLLER hat folgerichtig neuerdings vorgeschlagen, alle durch Paratyphusbacillen verursachten Erkrankungsformen unter dem Begriff Paratyphus zusammenzufassen und 1. die typhusartigen Para- typhen als Paratyphus abdominalis, 2. die unter dem Bilde der Grastroenteritis oder Cholera nostras verlaufenden Fälle als Gastroenteritis paratyphosa oder Cholera nostras para- typhosa und 3. die mit und ohne Bakteriämie verbundenen Organ- erkrankungen ohne die Kriterien eines Paratyphus nach jenen zu be- nennen und daher von einer Pyelitis, Cholecystitis, Endo- metritis, Meningitis etc. etc. paratyphosa zu sprechen. Die typhöse Form des Paratyphus. Die ersten Beobachtungen von AcHarvD, BENSAUDE und ScHoTT- MÜLLER, welche zur Entdeckung des Paratyphusbacillus führten, be- zogen sich auf Krankheitsbilder, die nach dem klinischen Syndrom als Typhus verliefen. Diesen ersten Fällen analoge Beobachtungen sind dann später von einer Reihe Autoren gemacht worden (JÜRGENS, Roııy, Brıon, Kayser, BÄUMLER, Levy, STERN, BINGEL, KoNRkIchH, WOLFF-EISNER, SCHRÖDER, ELLERMANN, NETTER, FÜRSTNER, HÜBENER, MEINERTZ, SCHOTTMÜLLER USw.). Ihre Zahl ist allerdings nicht groß, und einige ‘Autoren gehen so weit, einen typhusähnlichen Verlauf des Paratyphus etc. 1051 Paratyphus überhaupt in Abrede zu stellen (Mayer). Eine Epi- demie, bei welcher 29 Personen in verhältnismäßig kurzer Zeit an der typhösen Form des Paratyphus erkrankten, hat in jüngster Zeit Rorzy in Leipzig beobachtet und eingehend beschrieben. Das Krankheitsbild des Typhus ist zu bekannt, so daß es sich erübrigt, eine ausführliche Beschreibung der typhösen Form des Para- typhus zu geben. Es mag genügen, auf einige wichtige Merkmale, in denen Typhen und Paratyphen übereinstimmen oder sich unter- scheiden, hinzuweisen. Was zunächst die Inkubation betrifft, so kann auch beim Paratyphus wie beim Typhus vom Augenblick der. Aufnahme der Infektionskeime bis zum Ausbruch der ersten Krankheitserscheinungen eine sehr verschieden lange Zeit vergehen, jedoch dürfte sie nach den bisher vorliegenden Beobachtungen bei der typhösen Form des Paratyphus kürzer sein als beim Typhus. NıiErsen konnte bei einer Epidemie der Inkubation mit Sicherheit auf 4 Tage berechnen. In der von Rorry beschriebenen Epidemie konnte die Infektion höchstens 5 Tage vor Ausbruch der initialen Erscheinungen stattgefunden haben. Nach SCHOTTMÜLLER geht dem Fieberausbruch gewöhnlich ein In- kubationsstadium von 3—6 Tagen von der erfolgten Infektion an ge- rechnet voraus. Fälle, in denen zwischen Infektion und Beginn der Krankheit nur wenige Stunden liegen, sind bei dem durch Nah- rungsmittel verursachten Paratyphu$ häufig, sie verlaufen dann aber nicht unter dem Bilde des Typhus, sondern der akuten Gastroenteritis oder Cholera nostras. (Siehe später.) Der Beginn der eigentlichen Krankheitserscheinungen kann auch beim Paratyphus sich ganz all- mählich vollziehen. Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen sind dann die häufigsten Vorboten. Im Gegen- satz zum Typhus wird beim Paratyphus häufig ein initialer Schüttel- frost beobachtet. In anderen Fällen macht sich der Beginn des fieberhaften Stadiums durch wiederholtes leichtes Frösteln geltend. .Der Fieberverlauf gleicht im allgemeinen dem eines mittel- schweren Typhus. Die 3. charakteristischen Stadien des Ansteigens der Fieberkurve der Continua und des Absteigens werden auch beim Paratyphus wahrgenommen. Doch sind die Stadien meist kürzer und weniger deutlich ausgeprägt. Daß aber beim Paratyphus ebenso schwere Fiebertypen wie beim Typhus vorkommen, zeigen Beobach- tungen von SCHOTTMÜLLER und Rorry (Fig.3). Nicht selten weicht die Fieberkurve insofern erheblich von der Typhuskurve ab, als tiefe Remissionen beobachtet werden, welche von einigen Autoren, nament- lich von Lentz?, als charakteristisch für Paratyphus angesprochen werden. Die Dauer des Fiebers ist meist kürzer als beim Typhus, jedoch sind auch bei Paratyphus Temperaturen von S—9 Wochen Dauer beobachtet (NETTER, STOLKIND). Nach ScHoTTMÜLLER überwiegen im Gegensatz zum Typhus beim Paratyphus leichte Fiebertypen, bei dem es zu einer ausgesprochenen Continua überhaupt nicht oder nur für kurze Zeit kommt. Er konnte in 30 Fällen die Dauer des Fiebers durchschnittlich auf 21 Tage berechnen. In schweren Fällen folgt dem Fieber ein Stadium sub- febriler Temperatur. Längstens nach S Tagen zeigt die Körperwärme normale Werte. Die für Abdominaltyphus charakteristische relative Langsamkeit des Pulses während des Ansteigens der Temperaturkurven und wäh- AAEE 4A P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, AZE 06 ge on 6 081 0% 081 “\ = STIOYyyanzıy 60 rend der Continua ist auch beim Paratyphus vorhanden. Die Qualität des Pulses — Füllung, Spannung, Schlagfolge — gleicht der des Typhus. Auch Dikrotie wird beobachtet. Die Lippen-, Mund- und Rachen- schleimhaut sind meist trocken und ge- rötet, die Zunge rissig und belegt. Rötung der Augenlidbindehäute und der Rachengebilde kommen oft vor. Herpes labialis ist eine der häufigeren Erscheinungen im Gegensatz zum Typhus, bei dem er selten beobachtet wird. Auf den Tonsillen, im Halse, im Kehlkopf und in der Nase können sich Ero- sionen und Ulcera von dem typischen Charak- ter der typhösen Darmgeschwüre bilden (SCHOTTMÜLLER, BrION & Kayser, Kann, Rorry, Rınss, KonkicH). Eine Bronchitis gehört mit zu den häufigsten Symptomen des Paratyphus. Der Appetit liegt meist ganz darnieder. Uebelkeit und Erbrechen sind seltene Erscheinungen. Die Milz ist meist schon in den ersten Krankheitstagen deutlich seschwollen. Die Schwellung geht verhältnis- mäßig schnell zurück. Lextz hält einen früh- zeitigen kleinen und harten Milztumor für Paratyphus für charakteristisch. Inwieweit die Leber Veränderungen auf- weisen kann, ist noch nicht hinreichend fest- gestellt. Bemerkenswert ist, daß in dem Lonscorzschen zur Sektion gekommenen Falle an der Leber neben trüber Schwellung kleine mikroskopische Herdnekrosen sich fanden, wie man sie zuweilen bei experimenteller In- fektion von Laboratoriumstieren in der Leber antrifft und wie man sie auch bei Typhus- leichen beobachtet hat. In der Gallenblase finden sich .die Para- typhuserreger während und nach Ueberstehen der Krankheit. Wie oft und in welchem Grade sie hier Krankheitsprozesse verur- sachen bzw. zu dem Auftreten von Gallen- steinen Beziehung haben, bedarf noch der Klärung. Wahrscheinlich walten hier die- selben Verhältnisse wie beim Typhus ob. Nach UHtart gelangen die Erreger auf dem Wege der Blutbahn in die Lebersekretion und die Gallenblase. Bezüglich der Häufigkeit des Befundes von Paratyphusbacillen bei Chole- cystitis und Cholelithiasis siehe später. Im Blute finden sich keine Veränderungen der morphologischen Bestandteile Die für Typhus so charakteristische Leukopenie nach ARE Paratyphus ete. 1053 schnell vorübergehender Leukocytose ist auch beim Paratyphus vor- handen (GüTTıG, MONTIER, SCHOTTMÜLLER, Roy u. a.). Letzterer Autor fand sie in der Paratyphusepidemie zu Leipzig fast in jedem Falle, bei einer Patientin am 8. Krankheitstage sogar eine Herab- setzung der Zahl der Leukocyten bis auf 3000! Im späteren Krank- heitsstadium stellt sich relative Lymphocytose ein. Die eosinophilen Zellen verschwinden bei Beginn der Krankheit, kehren aber mit dem Abfall der Temperatur wieder. Störungen im Gebiete des Nervensystems werden häufig be- obachtet. Doch sind sie meist leichterer Art. Der Status typhosus ist selten. in dem Maße wie beim Typhus ausgebildet. Kopfschmerzen, leichte Benommenheit, Zittern sind gewöhnlich vorhanden. Es kann sogar zu Bewußtlosigkeit, zu tiefem Koma, zu klonisch-tonischen Krämpfen und Delirien kommen. ScHOTTMÜLLER sah mehrfach meningitische Erscheinungen, Nackensteifigkeit und Kernıssches Symptom auftreten. In einem Falle stellten sich während des Fieber- ablaufes epileptische Krämpfe ein. Selbst Psychosen sind beim Para- typhus beobachtet worden. So bestanden bei einem der von KurTH publizierten ersten Fälle von Paratyphus so starke Aufregungs- zustände, daß die Unterbringung in eine Irrenanstalt erwogen wurde. In einem von MorITz MEYER publizierten Falle brachte sich ein Paratyphuskranker im Zustande geistiger Umnachtung eine tödliche Halsschnittwunde mit einem Rasiermesser bei. Roseolen können ebenso oft vorhanden sein wie fehlen. Von einigen Autoren wird ihr frühes, von anderen wiederum ihr spätes Erscheinen betont. Mit dem Nachlassen des Fiebers verschwinden sie meist. Lexrtz hält das Auftreten zahlreicher und kleiner oder spär- licher und großer Roseolen für die Diagnose des Paratyphus für wertvolle Die Lokalisation der Roseolen entspricht meist der des Typhus. Rorry hat sie auch an den Händen und Füßen beobachtet, was beim Unterleibstyphus entweder gar nicht oder nur äuberst selten vorzukommen pflegt. SCHOTTMÜLLER sah Roseola des Gesichts. An Stelle der Roseolen sind andere Hautveränderungen, urticaria-, masern- und scharlachähnliche Exantheme beobachtet worden (SCHOTTMÜLLER). Der Stuhlgang kann ebenso oft angehalten wie durchfällig sein. Meist treten nach anfänglicher Verstopfung im Laufe der Krankheit Diarrhöen auf, wobei der Stuhl nur selten eine erbspüree- artige Beschaffenheit annimmt. Von vielen Autoren wird die fäku- lente Beschaffenheit der Stühle als für Paratyphus besonders charak- teristisch hervorgehoben. Meteorismus ist selten, ebenso Peritonitis. SCHOTTMÜLLER hat in einem Falle als Teilerscheinungen Appendicitis beobachtet. Darmblutungen kommen vor. Wie beim Typhus besteht auch beim Paratyphus häufig eine febrile Albuminurie, nach ScHoTTMÜLLErR in 40 Proc. der Fälle, und eine positive Diazo- reaktion. Schwere Formen einer akuten Nephritis kommen nicht selten vor. Unter den Komplikationen nennt SCHOTTMÜLLER an erster Stelle die Infektion der Harnwege von der Urethra oder der Niere aus, die dann meist hartnäckige Cystitis oder Pyelitis zur Folge hat. Bronchitis ist häufig vorhanden. Bronchopneumonien dagegen sind Ausnahmen. Das Auftreten einer trockenen, serösen oder eitrigen Pleuritis ist keine Seltenheit. Auch bei der serösen Pleuritis lassen 1054 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, sich die Erreger im Exsudat nachweisen. Infolge embolischer Pro- zesse treten hin und wieder Lungeninfarkte auf (SCHOTTMÜLLER). Ob es beim Paratyphus zu einem dem Pneumotyphus ähnlichen Krankheitszustande kommen kann, ist noch nicht festgestellt. Einen Nephroparatyphus haben KLIn£EBERGER und ScHoLz beobachtet. Brıav sah einen Paratyphus unter dem klinischen Bild der Pleuritis exsudativa duplex verlaufen. Rınss beobachtete einen Fall von Para- typhus. an den sich eine Miliartuberkulose angeschlossen hatte und den Tod verursachte. Myocarditis, Halsdrüsenschwellung, Leber- schwellung hat SroLkınn gesehen. Für die Möglichkeit einer intrauterinen Infektion mit Para- typhusbacillen spricht ein von NAUWERK & FLINZEr beobachteter Fall. Sie fanden in dem Blute eines 36 Stunden alten Kindes, das die Zeichen der Melaena bot, Paratyphusbacillen, welche gleich einem anderen Stamm von dem Serum der Mutter, die 4 Wochen vor der Geburt des Kindes eine akute paratyphöse Krankheit durchgemacht hatte, bis zu einer Verdünnung von 1:400 agglutiniert wurden. Die mikroskopische Untersuchung der erkrankten Magenschleimhaut ergab multiple herdförmige Nekrosen mit anschließender Entzündung und Ulzeration. Die Autoren nehmen an, daß es sich um eine auf dem Wege des placentaren Kreislaufs zustandegekommene intrauterine In- tektion des Foetus gehandelt hat. Wie die Typhusbacillen können auch die Paratyphusbacillen im Verlauf der Krankheit lokale Entzündungs- und Eiterungs- prozesse verursachen. So war ja der eine der ersten von BEn- SAUDE & AcHarD beschriebenen beiden Fälle, die zur Entdeckung der Paratyphusbacillen führten, kompliziert mit einem Abszeß des Sterno- clavicular-Gelenks, aus dessen Eiter die Paratyphusbacillen in Rein- kultur gewonnen wurden. Später hat Jounston verschiedene Ent- zündungsprozesse (Arthritis, Myositis, Phlebitis) als Komplikation beim Paratyphus beschrieben. Desgleichen sahen PRATT sowie GATES Or- chitis, Cholelithiasis, Phlebitis; Fischer Phlegmone, Lungenabszesse, Keratitis ulcerosa, Otitis media, Periostitis als Komplikation auftreten. KRrANEPUHL beobachtete eine Vereiterung der Impfstelle der Haut, unter die Kochsalz eingespritzt war, infolge Paratyphusbacillen. Buspxerı sah in der 5. Woche der Rekonvaleszenz eine eitrige Periostitis auftreten. CusuinG wie Aort beobachteten einen Fall von Osteomyelitis mit positivem Paratyphusbakterienbefund. REENSTIERNA hat einen Fall von Costochondralabszeß mit Bacterium paratyphi bei einer Dame, die vor 24 Jahren an Nervenfieber gelitten hatte, beschrieben. Einen ähnlichen Fall beobachteten JENSEN & Kock. Ein junger Mann hatte vor 20 Jahren im Verlaufe eines Typhus an einer schmerzhaften Schwellung des Oberschenkels gelitten. 20 Jahre später entstand nach einer Quetschung an dieser Stelle ein großer Eiterherd, der Reinkulturen von Paratyphusbacillen barg. Die gastroenteritische Form des Paratyphus. Der Beginn ist fast immer ganz akut. Wenige Stunden nach dem Genuß des infizierten Nahrungsmittels treten in den meisten Fällen die ersten Zeichen auf. In anderen Fällen können 24, sogar 48 Stun- den vergehen. Das hängt von mancherlei Faktoren ab. So stellten sich in der von HiLLENBERG und BIEROTTE beschriebenen Fleischver- Paratyphus ete. 1055 giftung die ersten Krankheitszeichen bei einigen bereits 2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme ein, bei den meisten 12—18 Stunden danach, in dem einzig tödlich verlaufenen Fall aber erst 48 Stunden nach Aufnahme des giftigen Fleisches. Die Temperatur steigt mit den ersten Krankheiterscheinungen rasch in die Höhe (Fig. 9) und erreicht die Akme — 40°, selbst 420 (PRIGGE & SacHs-MüÜrE) — schon am ersten oder zweiten Tage, um Krankheitstag: 1 2 3 4 dann meist nur kurze Zeit, 3 bis . 4 Tage, selten S—10 Tage und 4 mehr Tage auf etwas geringerer Höhe (38,5 bis 39°) sich zu hal- ten. Bei längerer Dauer des 40 Fiebers ist meist ein unregel- mäßiger Verlauf, keine Continua vorhanden. Der Abfall der Tem- 439 peratur erfolgt nach raschem hohen Anstieg in Form der Krise öfter bis unter die Norm, so J3& daß mehrere Tage subfebrile Temperaturen bestehen. Hat längere Zeit Fieber bestanden, 37 so ist das Absinken Ipytisch. Mitunter stellt sich nach einigen Tagen fieberfreien Intervalls ein kurzer, erneuter Fieber- anstieg ein. Dem Anstieg des Fiebers geht in den meisten Fällen ein kurz- dauernder Schüttelfrost voraus. Jedoch ist das keineswegs die Regel. Er wurde z. B. in der Metzer Epidemie nur in 16 Proz. der Fälle beobachtet. Der Puls schnellt. im allgemeinen mit der Temperatur steil in die Höhe. Zahlen von 120—140 sind keine Seltenheiten. Caun hat bei einem schwerkranken 12-jährigen Jungen über 160 Pulse gezählt. Die Qualität — Füllung, Spannung und Schlagfolge — ist sehr verschieden. Sie kann in einzelnen Fällen kaum eine Ab- weichung erkennen lassen, in anderen dagegen eine Abnormität (Klein- heit) aufweisen, was immer ein bedenkliches Zeichen ist. Im Stadium der subnormalen Temperaturen kann es zu abnormer Verlangsamung und Unregelmäßigkeit kommen. BREKLE sah die Pulszahl auf 45 in der Minute sinken. Bedrohliche Anfälle von Herzschwäche und Kollapszustände sind im Anfang nicht selten, am häufigsten aller- dings bei der choleraähnlichen Form. Charakteristische Erscheinungen sind am Verdauungsapparat wahrzunehmen. Rötung und Trockenheit der Lippen-, Mund- und Rachenschleimhaut, Rötung der Augenlidbindehäute der Rachen- gebilde, bronchitische Geräusche, Trockenheit im Schlunde, Angina, Heiserkeit, ja völlige Aphonie kommen öfter vor. Uebelkeit, Er- brechen, kolikartige Leibschmerzen spielen im Anfang eine wichtige Rolle. Der Appetit liegt gänzlich darnieder, meist besteht Ekel vor Speisen. Oft wird der Versuch, Nahrung zu sich zu nehmen, von heftiren Würgbewegungen begleitet. Infolge des abnormen Wasserverlustes besteht starker Durst. Das Erbrechen kann lange J6 1056 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, anhalten, mitunter sekundär durch Gehirnreizungen ausgelöst werden und dann die Prognose trüben. Der Leib kann aufgetrieben, ebenso häufig eingesunken und ein- gezogen sein. Das Epigastrium und Hypogastrium erweist sich druck- empfindlich, namentlich ist die Leber- und Gallenblasengeged druck- schmerzhaft. Eine Vergrößerung der Leber wird nicht gefunden. Dagegen besteht oft ein Icterus verschiedenen Grades. Die Milz kann "schon am zweiten Tage deutlich palpabel sein und sich weiter- hin vergrößern, oft genug aber während der ganzen Erkrankung keine Vergrößerung erkennen lassen. Es hängt das wahrscheinlich davon ab, ob mehr die Intoxikations- oder Infektionserscheinungen das Krankheitsbild beherrschen. Schon frühzeitig und gar nicht so selten kann im Harn Albumen sich finden, das recht beträchtlich werden kann, aber schnell mit dem Nachlassen der allgemeinen Krankheitserscheinungen verschwindet. In einzelnen Fällen sind die Zeichen einer akuten Nephritis, in anderen Fällen länger dauernde Hämaturie (FrıEprıichs & GARDIEwSKI) beobachtet. Die Diazo- reaktion wird öfter positiv gefunden. Im Harn finden sich früh- zeitig die Erreger. In Fällen, die sich in die Länge ziehen, kann es zu länger dauernder Bakteriurie und chronischer Cystitis kommen. Aut der Haut können all die Veränderungen entstehen, die bereits für die typhöse Form beschrieben sind. Sie verschwinden meist mit dem Nachlassen des Fiebers. Zwischen ihrem Erscheinen und der Schwere der Krankheit besteht kein bestimmtes Verhältnis. Häufig ist ein scharlachähnliches, mit nachfolgender ausgedehnter Abschilfe- rung der Epidermis einhergehendes Exanthem vorhanden. ‚In schweren Fällen werden echte Hämorrhagien wie beim Petechialfieber auf der Haut und an Schleimhäuten beobachtet. Herpes labialis ist eine häufige frühzeitige Erscheinung. So schreiben z. B. HILLENBERG & BiERoTTE, daß in der Braunshainer Epidemie die meisten Kranken einen starken Herpes labialis am zweiten Tage bekamen. Der Stuhl ist dünnflüssig, oft aashaft stinkend, zuweilen fade, von gelblicher oder grünlicher Farbe, nicht selten schleimig-blutig, so dal bei bestehendem Tenesmus, der eine häufige Begleiterscheinung ist, das Bild der Dysenterie vorgetäuscht werden kann. Die Zahl der Stuhlgänge ist wechselnd. 15—20 Stuhlgänge in den ersten 24 Stunden sind keine Seltenheit. Sehr auffällig ist, daß BrREKLE in 2 Fällen hartnäckige Obstipation beobachtete, während alle anderen Kranken derselben Massenerkrankung an heftigen Diarrhöen litten. Im DBlute finden sich nach den bisherigen spärlichen Unter- suchungen keine Veränderungen der morphologischen Bestandteile. Die Leukocyten sind weder vermehrt noch vermindert. Die Krank- heitserreger selbst können schon in den ersten Tagen angetroffen werden. Störungen im Gebiete der Nervenbahnen sind oft vorhanden. Sie können mitunter im Vordergrund der Erscheinungen stehen. Kopf- schmerzen, Schwindel, Unruhe, Schlaflosigkeit, ziehende Schmerzen in den Gliedern und (Grelenken, Supra- und Ocecipitalneuralgien, Parästhesien, Wadenkrämpfe sind häufige Begleiterscheinungen. Außerdem kommen auch — wohl als Ausdruck schwerster toxischer Wirkung auf das Zentralnervensystem — ausgesprochene Delirien und klonisch-tonische Krämpfe der Extremitätenmuskulatur vor. Paratyphus ete. 1057 In der Braunshainer Epidemie lagen ein Kind und ein Er- wachsener längere Zeit wie im Starrkrampf totenähnlich da, so daß sie totgesagt wurden und eine Gerichtskommission zur Vornahme der Sektion sich einstellte, um unverrichteter Sache wieder abzuziehen. Lähmungen der Schlund-, Augen- und Extremitätenmuskeln ge- hören in nicht ganz seltenen Fällen zum Bild der akuten Form der gastrointestinalen Fleischvergiftung. Demgemäß werden Schlingbe- schwerden, Ptosis, Akkommodationslähmungen, Mydriasis, Paresen der Gliedmaßen beobachtet. In solchen Fällen hat man eine kombinierte Ursache der schädlichen Fleischnahrung, insonderheit eine Mischinfek- tion mit dem Bac. botulinus angenommen, was überflüssig und un- berechtigt ist, da diese nervösen Symptome durch die Toxinwirkung der Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe hervorgerufen sein können. NUERNBERG beobachtete im Anschluß an einen nach Genuß von Leberwurst aufgetretenen akuten schweren Paratyphus eine schwere toxische Acusticusneuritis. Der Patient, in dessen Stuhl Para- typhusbacillen nachgewiesen wurden und dessen Blut diese Erreger stark agglutinierte, wurde innerhalb 8 Stunden komplett taub und = es auch geblieben. Ueber eine Neuritis optica hat Frarau be- richtet. Die choleraähnliche Form. Neben den unter den Erscheinungen einer akuten Gastroenteritis verlaufenden Formen des Paratyphus kommen nun Fälle vor, die der echten Cholera sehr ähneln, indem die akuten Vergiftungserschei- nungen im Vordergrunde des klinischen Bildes stehen. Sie wurden zun ersten Male in epidemischer Ausbreitung 1905 im Spreewald beobachtet und damals von HrrscH! als Paratyphen erkannt und fest- gestellt. Seitdem sind dann sporadische Fälle mehrfach beobachtet worden. Garrky teilt zwei derartige Fälle in seinem Bericht über die Tätigkeit des Instituts für Infektionskrankheiten zu Berlin an- läßlich der Choleraepidemie im Jahre 1905 in Bd. 16 des Klinischen Jahrbuchs mit und hebt hervor, daß dieser in Berlin nicht so seltene Paratyphus infolge seines Verlaufs wenig beachtet und nicht erkannt werde. Sein Fall würde wahrscheinlich nicht zur bakteriologischen Untersuchung gelangt sein, wenn nicht die Cholera geherrscht hätte. Aber auch bei Epidemien haben sich vereinzelte Fälle durch ihren choleraartigen Verlauf vor den anderen zahlreicheren Fällen ausge- zeichnet. Die Ursache für diesen Verlauf ist in der vorwiegend toxischen Wirkung der Paratyphusbacillen zu suchen, die in nicht seltenen Fällen in kurzer Zeit analog der Cholera den Tod zur Folge hat. Nach SıacauEp&teE, BELLOT & CoMmBE tritt bei dieser Form trotz enormer Menge von Bacillen im Darm und trotz der Schwere des Krankheitsbildes keine Septikämie auf. Ein geradezu klassischer Fall dieser Art ist von Sachs-Mürz beobachtet und beschrieben worden. Es handelte sich um einen Soldaten, der eines Tages plötzlich mit heftigem Erbrechen. und Durchfall erkrankte. Bei seiner bald darauf erfolgenden Ein- ‚lieferung in das Lazarett bot er sämtliche Erscheinungen, die wir beim schweren Choleraanfall zu sehen gewohnt sind. Der Puls war beschleunigt und klein, die Temperatur niedrig (s. beistehende Kurve), die Atmung oberflächlich, die Stimme aphonisch, es bestanden heftige Wadenkrämpfe. Die profusen Darmentleerungen boten das typische Aussehen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. II. 67 1058 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, des Reiswasserstuhles, rochen fade, ohne den geringsten fäkulenten Geruch zu zeiren. Der Wasserverlust des Körpers durch das anhaltende Erbrechen und die fortwährenden Durchfälle wurde allmählich so hochgradig, daß nur durch Kochsalzinfusionen ein letaler Ausgang verhütet werden konnte. Die Extremi- täten waren blau, eiskalt. Die Durchfälle ließen auch in den folgenden Tagen nicht nach. Doch milderte sich das Erbrechen. Die Haut war äußerst blaß, die Augäpfel tief in die Höhlen zurückgesunken, im weiteren Verlauf trat vorübergehend Albuminu- rie und. ein masernähn- licher, nicht juckender Hautausschlag auf, der unter Abschuppung bald abheilte. Unter allmäh- licher Besserung des All- gemeinbefindens hörten die Durchfälle auf und kehrte die Temperatur zur Norm zurück, die Re- konvaleszenz erfolgte ohne Störung. Paratyphusbaeillen wur- den aus dem Blute am 4. Tage der Lazarettbehand- lung, später auch aus dem Urin gewonnen. Das Blutserum agglutinierte an- fangs Paratyphusbacillen nicht, am 17. Krankheitstage war eine „augenblicklich eintretende Agglutination noch bei einer Verdünnung von 1:250 wahrzunehmen. Für Typhus blieb die Wıpasche Reaktion negativ. EENSEEEENEISIIIRERERE Ns aa EEE LITT AT SSL ITTT - < Einen ähnlichen Fall hat Rorry publiziert, der deshalb von Inter- esse ist, weil er zur Sektion kam. Desgleichen hat BRAacHT zwei unter choleraartigen Erscheinungen verlaufende Fälle seziert, ebenso VAN LocHEm! in Delhi auf Sumatra. Die verschiedenen klinischen Formen des Paratyphus — die typhusartige, gastroenteritische, choleraähnliche Form — können auch im Laufe einer und derselben Epidemie zur Beobachtung gelangen, wie das aus einer in einem Ort A. der Schweiz aufgetretenen Epi- demie hervorgeht, in welchem innerhalb 22 Tagen 37 Personen er- griffen wurden. Ausgangspunkt war eine Konditorei, in der allein 7 Personen erkrankten und von der aus durch Cr@meschnittchen die Weiterverbreitung der Krankheit stattfand. Klinisch waren alle Uebergänge von einem akuten Magenkatarrh bzw. Cholera nostras zu einem klassischen Typhus zu konstatieren. Eine Frau machte ein enteritisches Stadium durch, dem nach deut- lichem Intervall eine mittelschwere typhusähnliche Erkrankung mit Milztumor und Roseolen folgte. Bei einigen Patienten verlief sie sehr schnell, bei anderen zog sie sich über Wochen und Monate bis zu 33 Tagen hin. Mehrfach wurde ein infiuenzaartiger Krankheitsbeginn mit Angina, Schlingbeschwerden und Bronchitis beobachtet, als Komplikation einige Male Ulcus conjunctivae, Pleuritis sieca mit Endocarditis, Nephritis parenchymatosa und atypische Pneumonie (WALKER). z Levy beobachtete in einer Familie 7 Paratyphusfälle, davon boten 6 das Bild der Vergiftung, einer jedoch genau das Bild des. Abdominaltyphus. In der von PrısGE & SacHs-Müke beschriebenen Paratyphus ete. 1059 Epidemie mit den Erscheinungen der akuten Gastroenteritis nahm ein Fall einen typhusähnlichen Verlauf. Paratyphus levissimus. In anderen Epidemien sind Fälle beobachtet worden, bei denen alle klinischen Symptome fehlten, bei denen nur das Fieber und das positive Ergebnis der Blutkultur die Paratyphusinfektion anzeigten, und die so kurz und leicht verliefen, daß man von einem Para- typhus levissimus oder abortivus sprechen kann, z. B. die erwähnte Wasserepidemie im Reg.-Bez. Trier. Hierunter dürften auch die Beobachtungen Aumanns zu rechnen sein, welcher bei einer unter Soldaten aufgetretenen Paratyphusepidemie fand, daß von 849 Soldaten nur 49 die klinischen Erscheinungen des Paratyphus boten, 204 dagegen aber eine positive Wıparsche Reaktion (1:100) aufwiesen, aus der auf eine ganz leichte Paratyphuserkrankung ge- schlossen werden kann. Eine ähnliche Beobachtung haben HEcKER & Orro bei einer unter der Militärbevölkerung aufgetretenen Typhus- epidemie gemacht. Sekundär- oder Mischinfektion. Beobachtungen über den Paratyphus als sekundäre Krank- heit sind spärlich. SCHOoTTMÜLLER sah bei einem an Schar- lach erkrankten Kinde einen Paratyphus entstehen, und zwar noch vor der Entfieberung. Als Eingangspforte der im Blut gefundenen Erreger spricht er die Tonsillen an, die unter Anstieg des Fiebers von neuem anschwollen und sich röteten. Einen ähnlichen Fall beöbachtete er bei Masern. Eine postscarlatinöse Paratyphusinfek- tion mit tödlichem Ausgang hat Bacınskı publiziert, während SToL- KInp im Anschluß an einen akuten Paratyphus Masern sich ent- wickeln sah. Eigenartig ist die Beobachtung Küsters. In der Kreis- pflegeanstalt zu Freiburg i. B. trat 1910 eine Paratyphusepidemie von 25 Fällen auf. Bei einem Teil der Kranken stellten sich blutige Diarrhöen ein, so daß dem behandelnden Arzt die Diagnose Ruhr wahrscheinlicher schien, während bei den ausgedehnten bakterio- logischen Faecesuntersuchungen zunächst nur Paratyphusbacillen ge- funden wurden. Erst gegen Ende der Epidemie gelang es in ver- einzelten Fällen Ruhrbacillen (Typus Shiga) neben Paratyphus- bacillen aufzufinden. Hervorgehoben werden muß, daß die Anwesenheit von Para- typhusbacillen im Blut eines anderweitig primär Erkrankten keinen Beweis für das Bestehen einer Sekundärerkrankung an Paratyphus bedeutet. Bakterien der Paratyphusgruppe kommen als Saprophyten im Darm der Menschen vor und können in das Blut übertreten, wo sie von Rımpau und Coxrapı bei gesunden Personen angetroffen worden sind, ohne die für Paratyphus pathognomonischen Zeichen aus- zulösen (siehe nächste Kapitel, auch bezüglich der Frage der Misch- infektion von Typhus und Paratyphus). Die Paratyphusbacillen als Erreger lokaler Entzündungen mit und ohne Bakteriämie oder Sepsis. In letzter Zeit sind bei lokalen Krankheitsprozessen, ohne daß eine paratyphöse Erkrankung vorausgegangen war oder bestand, Para- H7F 1060 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, typhusbacillen gefunden worden. BucnHorz wies sie im Eiter einer Ötitis media nach. Einen ganz ähnlichen Fall beobachtete MArum. BrnceL fand diese Bakterienart im Eiter eines Lungenabszesses, SHI- BaAYaMA & Ovana in dem Eiter eines im Anschluß an eine Schußwunde entstandenen Pyothorax, Coxnkavı in dem Eiter einer Fußgelenks- entzündung, BÜrGERs wies sie in dem serösen Exsudat einer schleichend verlaufenden Pleuritis nach, die sich spontan und lokal entwickelt hatte, GaLvano in dem Eiter eines Unterleibsabszesses eines jungen Mädchens, Much & FrÄnkeL im Eiter einer Peri- typhlitis, Evers & Münrtens in dem Eiter einer Cholecystitis, SpAasso- kukozky im Eiter einer Osteomyelitis. Im Institut für Hygiene und Bakteriologie in Straßburg i. E. wurden in den Jahren 1907—1909 6 Fälle von Gallenblasenerkrankungen beobachtet, in denen sich jedes mal Paratyphusbakterien fanden. SCHOTTMÜLLER hat im Laufe der letzten 10 Jahre systematische bakteriologische Untersuchungen bei fieberhaften Erkrankungen an- gestellt und nicht selten Fälle beobachtet, bei denen er in einem Organ eine zunächst lokalisierte Infektion mit Paratyphusbacillen feststellen konnte, die in der Mehrzahl der Fälle sekundär auch zu einer Bakteriämie oder zur voll ausgebildeten Sepsis führte, Fälle also, in denen die Organinfektion, nicht die Allgemein- infektion, das Primäre darstellt; Nach seinen Erfahrungen kommen derartige Erkrankungen am häufigsten als Infektionen vom weiblichen Genitaltractus aus vor, und zwar unter den Zeichen einer primären Oystitis, Oystopyelitis, Pyelitis oder Endometritis, indem die Erreger durch die kurze Urethra des Weibes von außen her einwandern. Das Vordringen der Keime wird durch die Mündung der Urethra in die Vulva begünstigt, wohin die Keime durch die Darmpassage gelangen können. Die schweren Fälle von Pyelitis gehen meist mit Bakteriämie einher. Nach ScHoTT- MÜLLER gelangen die Bakterien offenbar auf direktem Wege durch die Kapillaren in den Blutstrom und werden auf diese Weise ver- schleppt. Infolgedessen kommt es bei derartigen Krankheitszuständen niemals zur Bildung von Roseolen, worin er ein kardinales Unter- scheidungsmerkmal gegenüber dem Paratyphus katexochen sieht, bei dem die Bacillen auf dem Lymphwege in die Lymphbahnen der Haut gelangen und dort die typischen Effloreszenzen hervorrufen. Ueber das sekundäre Vorkommen von Paratyphusbacillen bei nicht spezifisch Erkrankten. In der Literatur sind mehrfach Fälle von Allgemeinerkrankungen oder Organerkrankungen berichtet worden, in denen Paratyphus- bacillen nachgewiesen wurden, ohne daß gleichzeitig das klinische Bild des Paratyphus in irgendeiner Form bestanden hätte. Es handelt sich dabei nicht um eine Misch- oder Sekundärinfektion der betreffen- den Krankheit mit „Paratyphus‘, sondern nur um die Koinzidenz der betreffenden Krankheiten mit Paratyphusbacillen. Dieselben wirken in diesen Fällen nicht als Erreger einer Krankheit sui generis, sondern als sekundäre Sepsis- oder Eitererreger oder sie verursachen überhaupt keine pathologischen Veränderungen, sondern stellen lediglich harmlose Begleitbakterien der betreffenden Krank- heitsprozesse dar. Paratyphus etc. 1061 Nachdem man angefangen hat, auf diese Mikroorganismen nicht nur bei Darmkrankheiten, sondern auch bei Erkrankungen änderer Art zu achten, sind sie im Blut, Auswurf und Eiter von Kranken und in den Organen von Verstorbenen gefunden worden. So wurden sie im Blut eines scharlachkranken Kindes von ‚JocHMmann, im Blut von Masernkranken (4 Fälle) von Lorzy, in der -Ascites- flüssigkeit eines Tuberkulösen durch Conrapı, im Blut und Urin von Pneumonikern durch ConrApı und BaABEs, SCHOTTMÜLLER, bei Mandelentzündung von Bages, im Blut von Fieberkranken von SAMMUT, im Blut an lIcterus catarrhalis Leidender von SAacauEPkE & ÜHEVRELL, beim Papatacifieber von Dorrr, bei Malaria von NETTER nachgewiesen. VoswInKEL & Dunzert fanden bei einer Myeloblastenleukämie Paratyphusbacillen im Blute und nehmen an, daß die bis dahin latente Leukämie durch die Infektion mit Paratyphusbacillen akut geworden ist. Im Blut von Gelbfieber- kranken und in den Organen von Gelbfieberleichen sind die Mikro- organismen wiederholt gefunden worden, so daß SANARELLI sogar glaubte, in ihnen den Erreger des Gelbfiebers (Bac. ' icteroides SANARELLI) entdeckt zu haben. van LoGHEm beobachtete 2 Fälle von Amöbendysenterie mit Leberabszessen und positivem Paratyphus- bacillenbefund im Eiter resp. in der Milz und Galle, ferner einen Fail eitriger Peritonitis und Meningitis mit Reinkulturen von Paratyphus- bacillen im Eiter. SEIFFERT fand sie in einer carcinomatösen Ovarial- cyste, Küster im Eiter einer im Anschluß an eine Influenza auf- getretenen Otitis media. STRAucH, welcher im Hamburg-Eppendorfer Krankenhaus das Blut aus dem Herzen oder der Oberschenkelblutader von 2000 Leichen untersucht hat, fand den Paratyphusbacillus 14mal, Smal im Blut von an Enteritiden und Bronchopneumonien verstorbenen Päda- trophen, in den übrigen Fällen im Blut bei Abdominalerkrankungen Erwachsener. NısHıno traf den Bacillus im Darm einer Kakke- leiche an. Zahlreicher sind die Befunde von Paratyphusbakterien am Leben- den in Fällen von Magendarmstörungen ohne klinische Zeichen des Paratyphus, wie sie von BaBes, MARMANN, LOGHEM und RıMpav u.a. erhoben worden sind. Van LoGHEm, welcher in Deli bei Darmerkrankungen bakterio- logische Untersuchungen angestellt hat, hebt als auffallende Tat- sache das häufige Vorkommen von Paratyphus-B-Bacillen in Faeces von Europäern hervor, die an leichten chronischen Darmerkrankungen litten. Er hält es für möglich, daß diese häufig vorkommenden leichten Nahrungsvergiftungen in den Tropen von Bacillen aus der Paratyphus-B-Gruppe abhängig sind, daß die Eingeweidestörungen der Europäer in den Tropen entstehen, weil ihnen die veränderte Nahrungs- flora nicht gut bekommt, und daß auch die leichten Colitiden von chronischem Charakter auf einer in ungünstigem Sinne veränderten Darmflora beruhen. Er rät aber, vorderhand diese Annahme noch nicht als feststehende Tatsache hinzunehmen. Rımpau wies Paratyphusbacillen bei einem schwächlichen, rhachi- tischen, 6 Jahre alten, an leichten Durchfällen und Ruhr erkrankten Kinde einmal im Blut, desgleichen bei einem 19-jährigen in gleicher Weise erkranktem Arbeiter nach. In beiden Fällen waren 6 resp. 5 Stuhl- und Urinuntersuchungen und die Wivarsche Reaktion negativ 1062 P. UHtLen#HutTH und E. HüÜBENER, auseefallen. In der Umgebung der Kranken ließen Paratyphus- bacillen-Ausscheider sich nicht nachweisen. Der Autor glaubt, daß es sich um eine sekundäre Aufnahme von den Bakterien in das Blut gehandelt hat, die mit den klinischen Erscheinungen in keinem Zusammenhang standen. Auffallend häufig ist ein Befund von Paratyphusbacillen bei Typhuspatienten und Typhusrekonvaleszenten erhoben worden. Diese Häufiekeit kann nur zum Teil damit erklärt werden, daß bei diesen Personen besonders oft bakteriologische Untersuchungen vorgenommen werden. Es ist vielmehr wahrscheinlich, daß durch die typhöse Krankheit günstige Vegetationsverhältnisse für sie geschaffen werden, demgemäß eine Wucherung der Bakterien und so eine leichte Nach- weisbarkeit bedingen. Damit ist auch die auffällige Beobachtung zu erklären, daß bei gleichzeitig in einer Familie auftretenden typhösen Erkrankungen in dem einen Falle Typhusbacillen, in dem anderen Paratyphusbakterien gefunden wurden (MEINERTZz, G. d. Pr. St. 1910). Coxrapı hat als erster auf das gleichzeitige Vorkommen von Typhus- und Paratyphusbacillen in den Faeces von Typhus- rekonvaleszenten aufmerksam gemacht. Seitdem ist dieser Be- fund bei diesen Personen und bei Typhuskranken von einer großen Reihe von Autoren erhoben worden (GAEHTGENS, LEVY, Kayser, FORNET, NIETER, RıMPAU, PRIGGE, SacHs-MÜkRE, MATHES & GUND- LACH, G. MAYER usw.). ÜoNRADI selbst erkrankte an einem mittel- schweren Typhus. In der ersten Woche wurden aus dem Blut Para- typhusbacillen gezüchtet, später fanden sich in Faeces und Urip ausschließlich (10mal) Typhusbacillen und das Serum agglutinierte lediglich Typhusbacillen. Einen ähnlichen Fall beschreibt va LoGHEM. Er züchtete aus dem Blut eines Fieberkranken den Paratyphus-B- Bacillus und sprach ihn als Erreger der Krankheit an. Die Sektion ergab jedoch die ausschließliche Anwesenheit von Typhusbacillen in Milz und Galle. Porp sah eine Austernvergiftung unter akuten Erscheinungen einsetzen und nach 21/, Wochen in echten Abdominal- typhus mit positivem Bacillenbefund übergehen und schließt daraus auf eine Mischinfektion. Bemerkenswert ist nun in diesen Fällen, daß der Nachweis von Paratyphusbakterien nur immer einmal, selten öfter geführt wurde, und daß für Paratyphusbacillen spezifische Agglutinine in den seltensten Fällen und dann auch nur in mäßigem Grade auftraten. Man wird daher in solchen Fällen kaum von einer Mischinfektion sprechen können. KurscHher fordert für die Annahme einer solchen den gleichzeitigen Befund von Typhus- und Paratyphusbacillen aus dem Blut, wie er von BEckers in einem Falle erbracht worden ist. Da Paratyphusbacillen auch im Blut ganz Ge- sunder kreisen können, so ist dieser Nachweis kein absolut sicheres Kriterium für eine Mischinfektion im Sinne zweier verschiedener nebeneinander bestehender Krankheiten. Dauer, Rezidive, Rekonvaleszenz. Die Dauer der typhösen Form ist im allgemeinen kürzer als die des Typhus und hält sich für gewöhnlich innerhalb eines Zeit- raumes von 2—3 Wochen. Jedoch sind auch 2 Monate und darüber sich hinziehende Fälle beobachtet worden (LEMBKE, NETTER U. a.). Rezidive sind selten, kommen aber genau wie beim Typhus vor Paratyphus etc. 1063 (RoLLY, SCHOTTMÜLLER). Die Rekonvaleszenz geht im allgemeinen schnell und ohne Störung vonstatten. Nachkrankheiten sind selten. SCHOTTMÜLLER sah einmal eine Pneumonie mit sekundärer Pneumo- kokkämie und einmal eine schwere Nephritis mit urämischen Erschei- nungen sich entwickeln. GraE beobachtete als Nachkrankheit eine Spondylitis. Costa & CLAVELIN sowie KIRCHGÄssER sahen in je einem Falle in der Rekonvaleszenz ein Empyem auftreten. Die Bildung postparatyphöser lokaler Eiterungen ist bereits erwähnt. Interessant ist, dab der für Typhus so charakteristische Ausfall des Haupthaars auch beim Paratyphus beobachtet ist (SCHOTTMÜLLER). Die Dauer der akuten Form kann eine sehr verschiedene sein. Fieber, Erbrechen und Durchfall können nur 2—3 Tage anhalten, und zwar ohne dab es zu anderweitigen nachweisbaren Veränderungen der Organe kommt. Mit dem Nachlassen der Durchfälle sinkt die Temperatur zur Norm und die Rekonvaleszenz geht schnell und ohne Störung vonstatten. In anderen Fällen zieht sich die Krankheit über Wochen hin. Unregelmäßiges Fieber, leichte Durchfälle, Nieren- reizung, Bronchitis beherrschen dann das Krankheitsbild. In der Gaustadter Epidemie trat in einem Falle der Tod erst am 27. Krank- heitstage ein. Rückfälle kommen auch bei der akuten Form des Para- typhus vor. So beobachteten z. B. GonzENnBACH & KLINGER einen Fall, in welchem eine Frau, nachdem sie 14 Tage das Bett gehütet hatte, nach wenigen Tagen des Aufseins einen Rückfall bekam, der erst nach 6 Wochen vorüberging. Ebenso verschieden wie der Verlauf gestaltet sich die Rekonvaleszenz. Das häufigste länger anhaltende Symptom ist eine allgemeine Schwäche und eine Herzschwäche im besonderen. Manche Kranke erholen sich nur langsam. Kopf- schmerzen, Appetitlosigkeit, Empfindlichkeit des Darms, Anämie können die Rekonvaleszenz sehr verzögern. Die Veränderungen am Nervensystem bilden sich, ohne Spuren zu hinterlassen, zurück. Verbreitung der Paratyphusbakterien im menschlichen . Körper. Als Eintrittspforte kommt für die Paratyphusbacillen in erster Linie der Magendarmtractus in Betracht. Wahrscheinlich können sie auch durch die Tonsillen Eingang in den Körper finden, sicherlich können sie durch die Urethra und Vagina aufgenommen werden. Bei der typhusähnlichen Form des Paratyphus finden sich die Krankheitserreger stets im Darm und stets im Blut. Hier können sie früh, und zwar zu einer Zeit angetroffen werden, in der sie im Stuhl oder Urin noch nicht nachweisbar sind, und in der die sero- logischen Prüfungen noch negativ ausfallen. Im Blut können sie während des ganzen Krankheitsverlaufs kreisen. So hatten SCHOTT- MÜLLER am 4., 10. und 15. Krankheitstage, Korte am 20., Rorry am 7. und 9., Briov & Kayser am 5., 6., 11. Krankheitstage posi- tive Befunde bei der Untersuchung des Blutes. Mit dem Blut können sie in alle Organe gelangen und durch die Nieren mit dem Harn ausgeschieden werden, wo sie in einem gewissen Prozentsatz der Fälle angetroffen werden. Auf dem Wege der Blutbahn gelangen sie auch in die Gallenblase, die eine Prädilektionsstelle auch für die Paratyphusbacillen zu sein scheint. Hier können sie sich nach ab- gelaufener Krankheit lange Zeit halten, ständig erneuern und so das 1064 P. UntLexHurH und E. HüÜBENER, betreffende Individuum zum Dauerausscheider machen. Ihr Vor- kommen in Roseolen, im Erbrochenen, im Sputum, in Ulzerationen des Halses und der Nase entspricht dem septikämischen Charakter, den sie mit den Typhusbacillen gemeinsam haben. Bei der kurzdauernden gastroenteritischen Form werden die Erreger im Blut mitunter vermißt. In den Faeces halten sich die Erreger verhältnismäßig kurze Zeit, und zwar um so kürzere Zeit, je akuter die Erscheinungen sind und umgekehrt um so länger, je leichter der Verlauf der Krank- heit ist. Bacillenträger und Dauerausscheider. Wie beim Typhus kommen auch beim Paratyphus Bacillenträger und Dauerausscheider in dem jetzt geläufigen Sinne der obigen Be- zeichnungen vor, nämlich, daß Personen, welche mit anderen von paratyphuskranken Menschen stammende Keime aufgenommen haben, im Gegensatz zu diesen nicht erkranken, die Paratyphusbacillen gleichwohl längere Zeit ausscheiden, oder daß Personen nach Ueber- stehen eines Paratyphus bei völligem Wohlbefinden diese Erreger ebenfalls jahrelang ausscheiden und gelegentlich andere Menschen infizieren. Von diesen Personen sind diejenigen zu trennen, welche gelegentlich ohne Beziehung zu Paratyphuserkrankungen durch die Nahrung des täglichen Lebens, welche avirulente Bakterien vom Charakter der Paratyphusbacillen gar nicht so selten enthält, in sich aufnehmen und ebenso schnell wieder von sich geben. Man bezeichnet. diese Personen gewöhnlich als Eintagsausscheider gegen- über den Dauerausscheidern und Bacillenträgern. Zwar wollen manche Autoren (MAYER, HILGERMANN, AUMANN) diese Unterscheidung nicht gelten lassen, indem sie auch die sogenannten Eintagsausscheider auf endemische Krankheitsherde zurückgeführt wissen wollen und daher in ihnen echte Bacillenträger im Sinne der Typhusbacillenträger erblicken. Die Ursache der monate- oder jahrelang dauernden Ausscheidung von Paratyphusbacillen dürfte wie beim Typhus in einer chronischen Affektion der Gallenblase zu suchen sein, wo sie sich ständig er- neuern und von wo aus sie in die Außenwelt gelangen. Nach ScHoTT- MÜLLER sind die chronischen Bacillenträger hauptsächlich Patienten mit einer Infektion der Harnwege, in denen sich die Erreger lange Zeit halten und in reicher Menge fortpflanzen können, auch wenn die betreffenden Menschen seit Jahr und Tag Krankheitserschei- nungen nicht mehr darbieten. Ueber die Häufigkeit und Gefährlichkeit dieser Personen liegen bisher wenig Angaben und Beobachtungen vor. In der bakteriologischen Untersuchungsanstelt Saarbrücken wurden in den Jahren 1906—1908 3 Dauerausscheider und 7 Bacillen- träger, teils in der Umgebung von Einzelfällen (3), teils bei einer Nahrungsmittelepidemie (4) gefunden. Von diesen zuletzt genannten 4 Personen blieb keiner Dauerausscheider, während sich bei den übrigen 6 Personen die Erreger fast bei jeder Untersuchung nach- weisen ließen. Es handelte sich in allen 6 Fällen um weibliche Per- sonen. Im ganzen Typhusbekämpfungsgebiet wurden in ‘der Zeit von 1904 bis 1908 72 Paratyphusbacillenträger festgestellt. Von diesen schieden 65 die Bakterien vorübergehend aus. Unter diesen Paratyphus etc. 1065 temporären Trägern fanden sich mehr männliche (36) als weibliche (29) Personen (Forner). Die Seltenheit der Dauerausscheider nach akuten Nahrungsmittelvergiftungen wird von fast allen Autoren be- tont. Daß aber auch hier Ausnahmen vorkommen können, beweist der Fall K. Mayvers, bei dem eine kontinuierliche Ausscheidung 3 Jahre nach akuter Fleischvergiftung anhielt. Kayser ermittelte bei seinen epidemiologischen Forschungen über die Typhusausbreitung in Straß- burg neben 7 Dauerausscheidern von Typhusbacillen nur einen Dauer- ausscheider von Paratyphus-B-Bacillen. Unter 194 im Regierungs- bezirk Koblenz von HILGERMANN ermittelten Paratyphuskranken wurden 7 festgestellt, welche über 10 Wochen lang in der Rekon- valeszenz dauernd die Krankheitskeime ausschieden und welche be; den fortlaufenden Untersuchungen der nächsten Jahre stets positive Ergebnisse lieferten. HILGERMANN beschreibt mehrere Gruppen- und Einzelerkran- kungen, bei denen die Uebertragung durch Dauerausscheider hervor- serufen worden ist. So wurde von einem 10-jährigen Mädchen, welches nach überstandenem Paratyphus Dauerausscheiderin geworden war, ein 15-jähriges Mädchen infiziert, welches viel mit ihr verkehrte. In einer von Paratyphus freien Ortschaft erkrankte ein 27-jähriges Mädchen an Paratyphus. Als ätiologisches Moment ließ sich nur er- mitteln, daß 3 Wochen vorher ihre Schwester, welche das Jahr vorher Paratyphus überstanden hatte, 2 Tage auf Besuch bei ihr gewesen war. In einem Kloster (Reg.-Bez. Minden) erkrankten innerhalb S Tagen 5 Nonnen an Paratyphus. Die Infektion war wahrscheinlich durch die Mutter des im Kloster amtierenden Kaplans erfolgt, die auswärts an Paratyphus erkrankt und nach der Genesung in das Haus ihres Sohnes zurückgekehrt war. In einem anderen Falle wurde eine Kinderfrau als Bacillenträgerin ermittelt, nachdem ein kleines Kind, das sie zu warten hatte, an Paratyphus erkrankt war (PRrIGGE & SacHs-MÜRE). SAacQuEPkE & BELLoT führen eine Gruppenerkran- kung an Paratyphus, die im Juni 1909 in einer kleinen Garnison . Frankreichs auftrat und unter 250 Köpfen 19 Personen betraf, auf einen Dauerausscheider zurück. Anfangs Juni war ein Küchenjunge unter dem Zeichen des Paratyphus erkrankt. Nachträglich — am 22. August — wurde er als Ausscheider von Paratyphusbacillen er- mittelt, woraus allerdings nicht folgt, daß er sie auch Anfang Juni ausgeschieden hat. Im Bürgerspital zu Köln infizierte sich eine Krankenschwester bei der Pflege einer Frau mit fieberhaftem Abortus. Diese Frau hatte 3 Jahre zuvor eine typhöse Erkrankung durchgemacht und schied noch Paratyphusbacillen aus. SCHOTTMÜLLER sah häufig auf seiner Krankenhausabteilung Para- typhusbacillenwirte, ohne daß durch diese nosokomiale Infektionen ver- ursacht wären. Er beobachtet seit 3 Jahren eine Frau, welche nach einer Gastroenterititis paratyphosa ständig unzählige Bakterien der genannten Art in ihren Harnwegen beherbergt und ausscheidet, ohne daß jemals eine paratyphöse Erkrankung bei anderen Personen des- selben Hauses konstatiert werden konnte. Price & Sachs-Müre berichten über zwei Beobachtungen, aus denen hervorgehen soll, daß Paratyphusbaeillenträger nicht nur für ihre Umgebung eine Gefahr bilden, sondern daß sie selbst an einer Autoinfektion erkranken können. Die erwähnte Kinderfrau erkrankte, 1066 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, nachdem sie 2 Jahre lang — wahrscheinlich noch länger — Para- typhusbacillen ausgeschieden hatte, an einer Bronchitis mit Tempe- ratursteigerungen bis zu 39,30 und mit positivem Befund von Para- typhusbacillen im Auswurf. Die Autoren sprechen diesen Fall als einen atypischen, durch Autoinfektion einer Bacillenträgerin ver- ursachten Paratyphus an, während es wohl näher liegen dürfte, ihn als fieberhafte Bronchitis mit sekundärem Befund von Para- typhusbacillen im Sputum aufzufassen. Bei einer anderen Person, welche gelegentlich einer Nahrungsmittelepidemie, ohne krank zu werden, Paratyphusbacillen aufgenommen und eine Zeitlang mit den Faeces ausgeschieden hatte, bei der aber dann 3 Monate lang Bacillen nicht mehr nachgewiesen werden konnten, trat 1!/, Jahr nach der ersten positiven Untersuchung das klinische Bild eines schweren Paratyphus auf, mit positivem Befund der Bakterien im Stuhl und Urin während der ganzen Dauer der Krankheit und mit stark positiver Wipvarscher Reaktion. Nach Ueberstehen der Krankheit schied die Patientin weiter Paratyphusbacillen aus. Zur Erkennung von Paratyphusbacillen-Ausscheidern soll der opsonische Index ein wertvolles Hilfsmittel sein (GAEHTGENS, HAMIL- ron), indem bei Nichtkeimträgern kein abweichender Index gefunden wird, während bei den Dauerausscheidern noch nach Jahren eine Er- höhung des Index beobachtet wird. Die Wınparsche Reaktion und die Maxpersaumsche Fadenreaktion soll dagegen für diese Zwecke nur einen sehr beschränkten Wert haben. Die bakteriologische und serologische Diagnostik. Das Züchtungsverfahren. Für die schnelle Feststellung der spezifischen Bakterien aus den Ausscheidungen — Stuhl, Urin, Erbrechen, Auswurf, Eiter — oder im Körper — Blut — eines verdächtigen Kranken ist das Züchtungs- verfahren auf elektivem Wege unerläßlich. Es können dafür alle im Kapitel über den Erreger des Paratyphus aufgeführten gefärbten Agarnährböden in Betracht kommen. Wir haben die besten Resultate mit der gleichzeitigen Verwendung des Lörrterschen Malachitgrün- agars, der Drıcarskıschen Blauplatte und des Enposchen Nährbodens gehabt. Mit Vorteil wird von dem Abschwemmungsverfahren, wie es von Lentz & Tıerz in die Bakteriologie eingeführt ist, Gebrauch gemacht. MayEr empfiehlt dabei die Abschwemmung der Malachit- grünplatte 5 Minuten stehen zu lassen und ohne Schütteln der Schale aus der Flüssigkeit 1 Normalöse auf 3 Lackmusmilchzucker- agarplatten oder Endoplatten auszustreichen. Die ungeschüttelte Ab- schwemmung war jedesmal reiner als die nach Hin- und Herschwenken der Platten gewonnene. Im Stuhl werden die Erreger auf der Höhe der Krankheit regel- mäßig angetroffen. Im Beginn der Krankheit versagen Stuhlunter- suchungen, wenn die typhöse Form vorliegt, während bei der gastro- enteritischen Form die Bakterien meist in so großer Zahl aus- geschieden werden, daß ihr Nachweis auch im Anfang der Krank- heit leicht gelingt. Mit dem Ablauf der Erkrankungen nehmen die positiven Bakterienbefunde in den Stuhleängen ab. JacoBITz & KAYSER wollen beobachtet haben, daß, je leichter der Krankheitsverlauf ist, Paratyphus etc. 1067 desto länger die Erreger im Stuhl zu finden sind. Im Urin kommen Paratyphusbakterien anscheinend seltener vor als Typhusbacillen beim Typhus, was mit der beim Paratyphus selteneren Nierenschädigung im Zusammenhang stehen dürfte. Umgekehrt sind im Gegensatz zum Typhus im erbrochenen Mageninhalt die Erreger des Paratyphus häufiger nachgewiesen worden. Auch das ist nicht verwunderlich, da der Paratyphus eine akute Gastritis auslösen kann. Im Sputum finden sie sich beim Vorhandensein sekundärer Ver- änderungen der Atmungswerkzeuge, desgleichen im Eiter gleichzeitig bestehender oder hinterher auftretender Eiterungen (Haut, Muskel, Lymphdrüsen, Gelenk- und Knocheneiterungen usw.). In allen diesen Fällen führt das Züchtungsverfahren durch Aus- striche des Materials auf elektive Nährböden am schnellsten zum Ziel. Die Züchtung der Bakterien aus dem Blut kann schon zu einer Zeit positive Resultate ergeben, in der Stuhl- und Urinuntersuchungen und die serologischen Prüfungen noch negativ ausfallen. Es empfiehlt sich daher stets Blutkulturen anzulegen. Je größer die Blutmenge ist, die man zur Untersuchung erhält, um so größer ist Aussicht auf Erfolg. Es ist daher zweckmäßig, 10—20 ccm Blut aus der Vena mediana mittels steriler Spritze zu entnehmen. Die Wıvausche Reaktion. Das Verhalten der GRUBER-Wıparschen Reaktion beim typhus- ähnlichen Paratyphus entspricht dem beim Typhus, d. h. das Agelu- tinationsvermögen des Blutserums Paratyphuskranker bildet sich erst allmählich im Laufe der Krankheit aus, so daß die Zahl der positiven Reaktionen im Anfang gering ist, mit der Dauer der Krankheit aber wächst. In der dritten Woche beträgt der Prozentsatz der positiven Reaktionen meist 90—95 Proz. Für die Frühdiagnose kommt also die GRUBER-Wiıparsche Reaktion nicht in Betracht. HiıLGERMANN behauptet zwar, daß die Verwendung seiner Paratyphusmischbouillon (siehe Diagnostik) es ermöglicht, die Wiıparsche Reaktion zu einem fast spezifischen Reagens auszugestalten und auch bereits in der ersten Erkrankungswoche negative Reaktionen auszuschalten, ver- fügt aber selbst über 17 Fälle mit negativem Widal. Die Frage, ob auch beim typhusähnlichen Paratyphus Fälle vorkommen, in denen die Reaktion dauernd negativ bleibt, ist noch nicht genügend eruiert. Fälle, in denen an einzelnen Tagen die Reaktion negativ gefunden worden ist, sind mehrfach publiziert. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß sie nicht an anderen Tagen eine positive Reaktion ge- zeigt haben würden. HiILGErManN hat, wie bereits erwähnt ist, unter 194 Paratyphen innerhalb von 4 Jahren 17 Fälle gehabt, ın welchen die Wınparsche Reaktion bei klinischem Bilde des Para- typhus negativ war, und nie in den Faeces Paratyphus-B-Bacillen nachgewiesen wurden. Von diesen 17 Fällen waren 11 unter dem Bilde eines Paratyphus in der Umgebung von bereits paratyphus- kranken Personen erkrankt. Leider ist nicht angegeben, zu welcher Zeit und wie oft die Reaktion angestellt ist, wahrscheinlich nur ein- mal, so daß die Möglichkeit einer späteren positiven Reaktion nicht auszuschließen ist. Das Agglutinationsvermögen der Paratyphus- krankensera verschwindet im Vergleich zum Typhus ziemlich schnell. KonrıcH sah es in seinen Fällen bereits am Ende der 6. Woche bis zur 1068 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, Zweifelsgrenze sinken. Vom Typhus wissen wir umgekehrt, daß die GRUBER-Wıiparsche Reaktion oft jahrelang in beträchtlicher Höhe bestehen bleiben kann. Ein Parallelismus zwischen Schwere der Er- krankung und Höhe der Agglutinationswerte wird von einigen Autoren behauptet, von anderen bestritten. Positiver Widal beim Fehlen einer Paratyphusinfektion ist mehrfach beschrieben worden. Vor allen Dingen agglutiniert das Blutserum Ikterischer Paratyphus- bacillen oft ziemlich hoch hinauf. Diese Erscheinung dürfte aber nicht die Wirkung der im Blut kreisenden Gallenbestandteile sein, sondern die Folge einer Infektion der Gallenwege, welche dem Icterus zugrunde zu liegen pflegt. Es würde sich dann also bei dem Phä- nomen um eine Mitagglutination handeln. Eine Mitagglutinierung der Paratyphuspatientensera wird haupt- sächlich Typhusbacillen gegenüber beobachtet, jedoch lange nicht so oft und so stark wie im umgekehrten Falle, in dem Sera von Typhus- kranken eine Mitagglutination von Paratyphusbacillen bewirken. Die Angaben über die Häufigkeit der Mitbeeinflussung von Typhusbacillen durch Paratyphuskrankensera und der Paratyphusbacillen durch Typhuspatientensera sind sehr verschieden, teilweise sogar wider- sprechend. Von einer Wiedergabe der einzelnen Ergebnisse kann um so eher Abstand genommen werden, als die Angaben älteren Datums zum Teil auf einer nicht fehlerfreien Technik beruhen. Von manchen Autoren ist eine genaue Grenzbestimmung der Serum- wirkung des Agglutinationstiters unterlassen worden, worauf KoRrRTE & STERNBERG zuerst aufmerksam gemacht haben. Diese ist aber un- bedingt nötig, wenn man ein Urteil über die Hauptagglutinine eines Serums gewinnen will. Alle unter diesen Vorsichtsmaßregeln ange- stellten Untersuchungen jüngeren Datums haben zu dem gemein- samen Ergebnis geführt, dab in der überwiegenden Zahl der Fälle das Resultat eindeutig ausfällt, daß paradoxe Erscheinungen zu den Ausnahmen gehören. Die Manpergaumsche Fadenreaktion hat sich nach den bisher vorliegenden Prüfungsergebnissen auch beim Paratyphus als brauchbar erwiesen. KessLer konnte in 10 Fällen zwischen Typhus. und Paratyphus mittels dieser Probe entscheiden, jedoch ließen sich die Grenzwerte durch die Wınarsche Reaktion genauer feststellen. Nach DENNEMARK ist die Wınarsche Reaktion der Fadenreaktion überlegen. Die Meiostagminreaktion, welche nach Vıcano für Typhus und Paratyphus insofern spezifisch wirkt, als Typhussera, welche keine Agglutinine für Paratyphusbacillen enthalten, spezifische Meiostag- mine nur gegen Typhusbacillenextrakt und nicht gegen Antigene der Paratyphusbacillen und umgekehrt besitzen, dürfte für die Dia- gnostik des Paratyphus nicht in Betracht kommen, da wir in dem Züchtungsverfahren und der Wiıparschen Reaktion einfache und sichere Methoden besitzen. Das gleiche gilt von allen folgenden serologischen Methoden. Prüfung auf Bakteriolysine. Weder die Prüfung der Bakterizidie der Sera mittels des PrEIFFERSchen Versuchs noch der Nachweis der bakteriziden Sub- stanzen In vitro, der von STERN & Korrz als diagnostisches Hilfs- mittel empfohlen ist, haben eine praktische klinisch-diagnostische Paratyphus etc. 1069 Bedeutung erlangt. Diese Methoden könnten vielleicht einmal zur retrospektiven Diagnose, um über die Ausbreitung einer Paratyphus- epidemie Aufschluß zu erhalten, Verwendung finden und dann gute Dienste leisten, wenn es wegen des akuten Verlaufs der Epidemie noch nicht zur Bildung von Agglutininen gekommen ist, da diese in dem Krankenserum später als bakterizide Substanzen aufzutreten pflegen. In einem klassischen Falle mit wohlausgebildeten Symptomen des Typhus, bei dem am 10. und 12. Tag die Agglutination und Blut- züchtung kein Resultat gegeben hatten, bei dem die Wiederholung der Wiıparschen Reaktion und fortgesetzte Stuhluntersuchungen negativ ausfielen, konnten Brıion & Kayser mit Hilfe des PrEırrer- schen Versuchs die Diagnose Paratyphus stellen. Die Komplementbindung. Cırron hat zuerst im Laboratorium an künstlich mit Paratyphus- bacillen infizierten Tieren und Bakterienextrakten die Brauchbarkeit der Komplementablenkungsmethode für die Paratyphusdiagnostik fest- gestellt. LeucHs hat dann an klinischen Fällen diese Methode auf ihre Brauchbarkeit geprüft. ZUPNIK, SPÄT, ZLATOGOROFF, ALTMANN sahen ‚bei Paratyphus B die komplementbindenden Stoffe früher auf- treten als die agglutinierenden. Präzipitation. Da die Präzipitation bei Bakterienextrakten nicht mehr leistet wie die Agglutination, ihre Ausführung außerdem mühsamer und schwieriger ist, so kommt auch diese Reaktion für die Praxis kaum in Betracht. Daß sie in fraglichen Fällen einmal gute Dienste leisten kann, illustriert ein von Aumann publizierter Fall einer Massen- erkrankung, in welcher die isolierten Erreger zunächst von einem spezifischen Serum nicht agglutiniert wurden, während die Präzi- pitation mit diesem Serum und dem Schüttelextrakt der Bakterienart ein einwandfreies Resultat ergab. Nach Travrmanns Erfahrung ist sie bei sorgsam hergestellten Reagentien ihrer stets so einwandfreien Bilder wegen für Bakterienextrakte der Komplementbindung vorzu- ziehen. Opsonine und Bakteriotropine. Die Opsonine sind von Muc# zur Unterscheidung von Typhus und Paratyphus mit Erfolg verwendet. Der Ophthalmoreaktion nach ÜHANTEMESSsE kommt eine praktische Bedeutung für die Paratyphusdiagnose nicht zu. Ueber Hautreaktion bei Impfung mit abgetöteten Paratyphus- bacillen hat Livck berichtet. Seine Resultate sind aber nicht ein- heitlich ausgefallen und daher vorläufig weder im positiven noch im negativen Sinne zu verwerten. Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe im gesunden Tier, in der Außenwelt, im gesunden Menschen. Die Ubiquitätsirage. Die zahlreichen Arbeiten der letzten Jahre auf dem Gebiete der infektiösen Darmbakterien haben gelehrt, daß Mikroorganismen 1070 P. UsLEXHUTH und E. HÜBENER, von der Art der Paratyphus- und Gärtnerbakterien im Körper ge- sunder Tiere, namentlich auch der Schlachttiere, und in der Außen- welt. besonders in den Produkten der Schlachttiere, und auch in dem gesunden menschlichen Körper, in welchen sie wahrscheinlich mit diesen Produkten Eingang finden, ein saprophytisches Dasein führen. Den Ausgangspunkt dieser erst in den letzten Jahren in ver- schiedenen Instituten angestellten Untersuchungen über die Verbrei- tung der Bakterien in der Aubenwelt bildeten unsere Forschungen über die Aetiologie der Schweinepest. Wie bereits erwähnt ist, konnten wir im Verein mit XyLANDER & Boutz auf Grund von syste- matisch durchgeführten Massenuntersuchungen den Nachweis er- bringen, daß der bisher als Erreger der Schweinepest angesprochene Schweinepest- oder Hogcholerabacillus ein Bewohner des normalen Schweines ist, daß Bakterien von seinem Charakter auf Schlacht- produkten und im gesunden menschlichen Körper vorkommen, dab sie bei der Entstehung der Kälberruhr eine Rolle spielen und konnten ferner die Vermutung aussprechen, daß sie sich im gesunden Körper anderer Tiere finden und wahrscheinlich auch in Wasser- anlagen gelangen und dort nachzuweisen sein würden. Was wir vermuteten, ist zunächst durch eigene Untersuchungen sichergestellt, dann sehr bald von anderer Seite bestätigt und er- weitert worden. Die Ergebnisse der Untersuchungen der verschiedenen Autoren sind sehr verschieden ausgefallen. Daran mag die Art der ange- wandten Technik und Methodik, die Jahreszeit, die Tierart und die Gegend, in der die Untersuchungen ausgeführt wurden, Schuld haben. Zahlreiche Autoren haben bei ihren Untersuchungen völlig negative Resultate gehabt und stellen daher eine weitere Verbreitung der Bakterien in der Natur, ihre Ubiquität, ihr saprophytisches Vor- kommen, in Abrede. Für diese Frage haben aber nur positive Befunde, wie sie von einer Reihe Autoren in verschiedenen Gegen- den erhoben sind, Wert, während negative nicht viel beweisen. Wir haben immer betont, daß man die Mikroorganismen in der Außen- welt nur immer in spärlicher Anzahl antrifft, und Conrapt hat sich zu ihrem Nachweis eines besonderen Anreicherungsmittels bedient. Wenn also die Untersuchung des tausendmillionsten Teils der Faeces eines gesunden Menschen, einer Wasser-, Wurst- ‘oder Milchprobe negatıv ausfällt, so schließt das Ergebnis nicht aus, daß die be- treifenden Objekte doch Träger der fraglichen Mikroorganismen sind. Dafür, daß die in Frage stehenden Mikroorganismen im ge- sunden Tierkörper saprophytisch vegetieren, spricht außer den von einigen Autoren erhobenen positiven Befunden die Genese der Fleisch- vergiftungen. Bei dieser handelt es sich fast immer um sporadische Erkrankungen der Schlachttiere, und zwar septikämischen Charakters, von dem man annehmen muß, daß er sekundär durch die im Körper schlummernden, auf Grund irgendeiner primären Schädigung des Tier- körpers virulent gewordenen Bakterien hervorgerufen ist. Ein klassi- sches Beispiel hierfür liefert die von Rımrau beschriebene Fleisch- vergiltungsepidemie in St. Johann und die in Kiel und Rendsburg auigetretene Massenerkrankung (s. o.). Im ersteren Falle war das Fleisch eines wegen Blasenruptur notgeschlachteten Ochsen, im zweiten Falle das Fleisch eines wegen Beckenbruchs notgeschlachteten Paratyphus etc. 1071 Pferdes Ursache der Vergiftungen. In beiden Fällen hatten Gärtner- bakterien intravital das Fleisch als sekundäre Sepsiserreger, die mit den primären Krankheiten nichts zu tun hatten, durchsetzt. Es ist doch kaum etwas anderes anzunehmen, als daß sie sich im Innern der vorher gesunden Tiere fanden und erst virulent wurden, nachdem die Widerstandsfähigkeit des Tierkörpers infolge der Verletzungen gebrochen war. Die Gegner der Ansicht einer Ubiquität der in Rede stehenden Mikroorganismen nehmen auf Grund ihrer eigenen Befunde von paratyphusähnlichen Bakterien an, daß es sich bei den angeb- lichen positiven Befunden von Bakterien der Paratyphusgruppe in der Außenwelt nur um paratyphusähnliche Bakterien gehandelt hat, eine Annahme, die durch nichts gerechtfertigt ist. Wir haben in unseren ersten Arbeiten über diesen Gegenstand auf das Vor- kommen einer großen Anzahl von Varietäten der Bakterien der Paratyphusgruppe in der Außenwelt aufmerksam gemacht (siehe Kapitel über Varietäten), und haben nur diejenigen als zu ihr gehörig gerechnet, die in allen bis dahin bekannten charakteristischen Merk- malen mit ihnen übereinstimmten, wir haben selbst diejenigen ausge- schaltet, die alle sonstigen Merkmale hatten, aber nicht vom spezi- fischen Serum agglutiniert wurden, und sind wahrscheinlich in unserer Vorsicht zu weit gegangen, nachdem die Forschungen der letzten Jahre gezeigt haben, daß den in Rede stehenden Mikroorganismen eine große Variationsbreite zukommt. A. Ueber das Vorkommen im gesunden Tier. Die meisten Untersuchungen der verschiedenen Autoren beziehen sich auf den Darminhalt und das Fleisch nebst Organen frisch ge- schlachteter Tiere. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Originalarbeiten und begnügen uns mit einer Nennung der Autoren und summarischen Zusammenfassung der Ergebnisse. Schweine. Positive Ergebnisse hatten bei ‘Untersuchung des Darminhalts UHLENHUTH, HüÜBENER, XYLANDER & BoHTZ, (GRABERT, SEIFFERT, ECcKERT, AUMANN, SCHMIDT, TRAUTMANN, KönIg, HoRN, SOBERNHEIM & SELIGMANN, BIEROTTE & MacHIDA, AMAKO, VELZEn (Holland), GARDENGHI (Italien), MoRGAN & MARSHALL, STATHAM (England), Dorser (Amerika). Im Fleisch und in den Organen wurden Bakterien der Paratyphusgruppe gefunden von 'ÜONRADI, SOBERNHEIM & SELIG- MANN. Im Blut und in der Galle gesunder Schweine konnte sie ROoMMELER nicht nachweisen. Rinder. Bei der Untersuchung des Darminhalts hatten positive Befunde nur MorGan, EckErT und Poerıs, letzterer fand die als Pseudo- colibacillen bezeichneten Mikroorganismen auch im Vestibulum der Kühe. Negative Resultate hatten Tırzz & WEICHEL, SOBERNHEIM & SELIGMANN, AUMANN. HoRN & Huper haben eine Reihe paratyphus- ähnlicher Bakterien aus normalem Rinderdarm isoliert, von denen einige alle Merkmale der echten Paratyphusbacillen zeigten, nur 1072 P. UutLEexHUTH und E. HÜBENER, wurden sie wenig hoch agglutiniert. Im Fleisch frisch geschlachteter Rinder wurden sie nur von Conrapı (?) und Cao in Italien gefunden. Kälber. In den Faeces gesunder Kälber wurden sie nur von ÜHLENHUTH & HüÜßENER sowie von MorGAan nachgewiesen. TırzE & WEICHEL sowie Aumann fanden bei ihren Untersuchungen keine Stämme der Paratyphusgruppe. Hammel. Im Darminhalt vom Hammel haben MorGan und ANDREJEW Bakterien nachgewiesen, die wegen ihrer Abweichungen in einigen Punkten nicht zur Paratyphusgruppe zu rechnen sein dürften. Alle übrigen Untersucher hatten negative Resultate. Ziegen. Bei Ziegen sind bisher die in Rede stehenden Bakterien nicht gefunden. Pferde. TırzE & WeıcHeEL fanden einmal bei einem Pferde Bakterien vom Paratyphuscharakter. Alle anderen Untersuchungen waren negativ. Huser hat eine Reihe von Stämmen isoliert, die der Paratyphusgruppe nahestehen, aber wegen ihrer Abweichung in wichtigen Merkmalen nicht zu ihr gerechnet werden können. Hunde. Tırz & WeEIcHEL untersuchten die Faeces von 16 Hunden ohne Erfolg. Kıımenko konnte als gelegentlichen Befund Para- typhusbacillen in der Leber eines Hundes feststellen. VALLET & Rımzaup fanden in den Faeces von Hunden neben einer Reihe intermediärer Bacillen auch solche, welche den Paratyphus-B-Bacillen völlig glichen. Damit dürfte sich der Befund von Bakterien der Hogcholeragruppe, den v. WunscHHEIm bei zahlreichen Fällen von Hundestaupe erhob, und die Sekundärinfektion eines tollwutkranken Hundes mit Paratyphusbacillen, die RurpıGEer beobachtete und den Tod des Tieres zur Folge hatte, erklären. Kaninchen. In den Faeces gesunder Kaninchen hat MorGan Bakterien der Paratyphusgruppe nachgewiesen. Meerschweinchen. . Positive Ergebnisse hatten MorGan, SMALLMANN. Letzterer traf sie öfter in Milz und Herzblut von Meerschweinchen, die mit ab- getöteten Typhusbacillen oder Typhusbacillenextrakt geimpft waren. Ratten. Traurmann konnte bei 50 Proz. der Hamburger Sielratten normalerweise Paratyphuskeime im Innern annehmen und durch An- Paratyphus ete. 1073 reicherung von Milz oder Mesenterialdrüsen die vereinzelten Re- sidualkeime unmittelbar in den Organen gesund erscheinender Tiere nachweisen. UHLENHUTH & ScHERN trafen bei normalen zahmen Ratten in der Milz oft Gärtnerbacillen an und beobachteten, daß mit Ratten- sarkomen intraperitoneal geimpfte Ratten seuchenhaft an Gärtner- enteritis erkrankten (UHLENHUTH & HAENDEL). Mäuse. Bei Laboratoriumsversuchen mit Mäusen sind mehrfach Para- typhusbacillen im Mäusekörper gefunden worden, ohne daß diese Erreger zum Experimentieren benützt waren, woraus mit Recht auf ein saprophytisches Vorkommen dieser Mikroorganismen bei Mäusen geschlossen werden konnte. So fand Rornz bei einer mit Pneumo- kokken geimpften Maus, KurscHer bei zwei mit Pferdemist ge- impften Mäusen im Blut und in den Organen Paratyphusbacillen. Nach Zwick lieferten von 177 Mäusen, deren Kot systematisch auf die Anwesenheit der in Frage kommenden Bakterien untersucht wurde, 285 einen positiven Befund. Heuser fand bei der Unter- suchung einer größeren Anzahl von gesunden Ratten und Mäusen bei ca. 10 Proz. der Mäuse den Paratyphus-B-Bacillus. Schon äußere Einflüsse waren imstande, bei solchen Tieren, die die be- treffenden Bacillen im Darm beherbergten, Enteritiden entstehen zu lassen, an denen die Tiere zugrunde gingen. So begünstigte unter anderem schon die Darreichung von eiweißhaltiger Nahrung — es bedurfte nicht der Darreichung gesalzenen oder geräucherten Fleisches — die Entstehung einer tödlich endenden Enteritis. Das Merkwürdigste aber war, daß, wenn einmal ein Tier an änteritis erkrankte, nun nach und nach der ganze Bestand der Infektion erlag. Diese Befunde sind dann weiter bestätigt durch SCHELLHORN, welcher bei einer größeren Zahl mit keimfreiem Fleisch gefütterter Mäuse Paratyphusbacillen im Darm und in der Leber fand, sowie von BERG, der sie im Darminhalt gesunder, nicht gefütterter Tiere nachwies. ; Gänse. Hevser fand in dem Darminhalt von 6 Gänsen bei 5 Tieren Bakterien der Paratyphusgruppe. Tırzs & WEICHEL sowie SOBERN- HEIM & SELIGMANN hatten negative Resultate. Hühner, Tauben, Sperlinge, Kanarienvögel. Die Untersuchungen sind bisher ohne Erfolg gewesen. Auch in den anderen Ländern hat man Beobachtungen gemacht, welche auf eine Verbreitung der in Frage kommenden Bakterien in der Natur schließen lassen (STATHAM, RoccHI). B. In der Außenwelt (Wasser, Milch, Schlachtprodukte). Wasser. Wir hatten bereits in unserer ersten Arbeit über das Wesen der Schweinepest auf die Bedeutung der Feststellung der saprophytischen Existenz der in Frage stehenden Mikroorganismen in dem Körper gesunder Tiere für die epidemiologische Erforschung des Paratyphus Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 68 1074 P. UHLEnHUTH und E. HüÜBENER, hingewiesen und die Möglichkeit und Leichtigkeit betont, mit der diese Mikroorganismen in Brunnen und andere Trinkwasseranlagen oelangen können und unabhängig von Paratyphuskranken dort ge- tunden werden können und sefunden werden müssen. Von STERNBERG und von FORSTER waren bereits aus Wasser, das nachweisbar mit Abgängen von Paratyphuskranken nicht infiziert war, Paratyphusbacillen® gezüchtet worden. In dem Forsterschen Falle handelt es sich um die Wasserleitung einer Gemeinde im Ober- elsaß, der außer den Quellzuflüssen versuchsweise das Wasser eines Baches zugeführt war, der oberhalb des Ortes menschliche und tie- rische Abeänge allerlei Art aufnahm. Infolge einer in dem Orte ausgebrochenen Typhusepidemie wurde das Wasser untersucht, in welchen einmal bei drei Untersuchungen Paratyphusbacillen nach- sewiesen wurden. Die Typhusepidemie stand mit der Wasserver- sorgung in keinem ursächlichen Zusammenhang. Ueber einen ganz ähnlichen Fall berichtet Gärucens. Es handelte sich um eine Typhuserkrankung, deren Ursache auf den Genuß des Wassers eines von den Kranken früher benutzten Brunnens zurückgeführt wurde. Bei der Untersuchung des im übrigen einwandfreien Wassers wurden einmal Paratyphusbakterien gefunden. PıcHhnio & Schuster fanden sie einmal in dem Wasser eines Brunnens, der zu einem Typhushause gehörte, BREcKLE in der Trink- wasserleitung zu Reutlingen, die im Verdacht stand, eine Typhus- epidemie verursacht zu haben. GrorG MAYER gewann sie in Rein- kultur aus einer Quelle, Gram aus einem Dorfteich, May aus dem Trinkwasser der Stadt Johannisburg (Transvaal). Daß Paratyphusbakterien häufiger im Wasser zu finden sind, seht aus den Untersuchungen hervor, die Conkapı & ROMMELER angestellt haben. ÜoNRADI fand unter 151 Eisproben, die an sieben verschiedenen Tagen innerhalb der Zeit vom 31. Dez. 1908 bis 30. April 1909 untersucht wurden und einen nicht verseuchten Flußlauf entstammten, 18mal Paratyphusbacillen. RoMMELER konnte im Transporteis der Seefische unter 12 verschiedenen Fischsendungen 4mal Paratyphusbacillen feststellen. Demgegenüber muß hervorgehoben werden, daß TRrAUTMANN, Frommz: und Aumann bei der Untersuchung von über 200 Proben Elbwasser in Hamburg negative Ergebnisse gehabt haben. Diese negativen Befunde geben nach ‘Aumann eine Erklärung dafür, daß bisher Paratyphuserkrankungen nach Genuß von frischem Gemüse im Hamburger Staatsgebiet noch nie sicher nachgewiesen werden konnten, obwohl die Gewohnheit besteht, Gemüse durch Bespritzen mit Elbwasser während des Schiffstransportes frisch zu erhalten. Die Untersuchung von 100 Eisproben, von denen 75 bei der Konservierung von Fischen Verwendung gefunden hatten, fiel ebenfalls negativ aus. Schlachtprodukte. Nachdem festgestellt war, daß Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe gar nicht so selten im Körper gesunder Tiere vorkommen, lag es nahe, eine Uebertragung dieser Bakterien auf Schlachtprodukte anzunehmen und demgemäß in diesen Nahrungs- mitteln nach ihnen zu suchen. Eine Infizierung der Schlachtprodukte ist auf verschiedene Weise möglich. Einmal können die Bakterien primär in dem frischen vom Schlachttier stammenden Material vor- Paratyphus ete. 1075 handen sein — was wahrscheinlich selten der Fall sein dürfte — oder sie können zweitens bei der Zubereitung oder drittens bei der Aufbewahrung in die Produkte gelangen. So konnten wir unter 100 Proben von Würsten, deren Genuß nachweisbar zu keinen Ge- sundheitsschädigungen geführt hatte, 6mal Keime der Paratyphus- gruppe nachweisen, die mit dieser sogar die Eigenschaft der Bildung hitzebeständiger Gifte teilten. Gleichzeitig hatte Rımrau im einer einwandfreien Leberwurst Bakterien der Paratyphusgruppe gefunden. Diese Befunde sind weiter bestätigt worden. ROoMMELER fand diese Keime unter 50 Wurstproben Smal, unter 8 Hackfleischproben omal, BUTHMANnN unter 100 Wurstproben 5mal, Komma unter 102 Wurst- und Fleischproben 30mal, GLaser in Wien unter zahlreichen Proben 4mal, SOBERNHEIM & SELIGMANN unter 40 Proben von Spick- gänsen 4mal, Aumann unter SO Wurstproben 2mal. ConRADI & ROMMELER reicherten die Keime der Schlachtpro- dukte an, indem sie Proben mit Succus Caricae Papayae versetzten und 2 Tage bei 37° hielten. Die Untersuchungen von MÜHLENS, DaHm & Fürst, welche weiße Mäuse mit ungekochten oder geräucherten Fleischwaren fütterten und 50 Proz. der gefütterten Tiere an einer Allgemeininfektion mit Gärtner- und Paratyphusbacillen eingehen sahen, sind nicht beweis- kräftig, da die Versuchstiere Träger der beiden Bakterienarten sind, die nach primärer Schädigung des Darms infolge fortgesetzter Fleischnahrung oder anderer Einwirkungen ihre Rolle als harm- lose Darmbewohner aufgeben, als Sepsiserreger in das Körperinnere eindringen und so eine Nahrungsmittelinfektion vortäuschen können. Horte und Zwick haben durch den Mäusefütterungsversuch Ente- ritisbakterien nicht nachweisen können. Daß in zerlegtem und zubereitetem Fleisch (Würsten) Keime der Paratyphus- und Gärtnergruppe sich vor- finden, und daß diese Nahrungsmittel ohne Auslösung krankhafter Erscheinungen genossen werden, kann als eine feststehende Tat- sache angesehen werden. .Hervorgehoben muß werden, daß sie meist nur spärlich vorhanden sind und daher sich leicht dem Nachweis entziehen können. Dementsprechend haben auch verschiedene Autoren bei ihren Untersuchungen keine positiven Befunde gehabt, z. B. TraurTmann, Müntexs, Daum & Fürst, AMAKO, BIEROTTE & MaAcHIDa, AUMANN und ZWEIFEL. Milch. Das Vorkommen der Bakterien bei gesunden und kranken Kühen und Kälbern macht es durchaus erklärlich, daß Bakterien der beiden Gruppen in die Milch gelangen und dort angetroffen werden können. Die Befunde von Kreın, der bei der Prüfung von 39 aus verschie- denen Farmen stammenden Milchproben, die er Meerschweinchen in- jizierte, in den nach der Injektion in der Milz und Leber aufge- tretenen nekrotischen Herden 9mal den Bac. enteritidis nachweisen konnte, sind schon erwähnt. Sie sind nicht ganz einwandsfrei, da normalerweise im Meerschweinchen Bakterien derselben Art vor- kommen. Nachdem UHLenHUuTH & Hüsener 100 Proben von Handels- milch vergeblich auf die in Rede stehenden Keime untersucht hatten, hat sie Hügßener unter 70 Proben in 10 Proz. nachgewiesen. Dabei 68° 1076 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, muß an die Möglichkeit der Verunreinigung der Milch durch para- typhusbacillenhaltiges Wasser gedacht werden. GeorG Mayer hat die Keime ebenfalls in Milchproben nachweisen können. AuUManNn, der 279 Milchproben in Hamburg untersuchte, fand sie in keinem Falle. C. Paratyphusbacillenbefunde im Körper gesunder Menschen. Systematische Untersuchungen der menschlichen Ausscheidungen auf Paratyphusbacillen sind mehrfach mit positivem Erfolg aus- geführt worden. Es fanden sie Rımprau unter 100 Schülern und Waisenkindern 4mal =4 Proz., MARMAnN unter 56 Insassen eines Genesungsheims 9mal — 16,07 Proz., HüBENER & VIERECK unter 400 gesunden Soldaten 13mal — 3,25 Proz., unter 75 Soldaten 2mal —.2,67 Proz., Küster unter 121 Geisteskranken 8mal = 6,61 Proz., ConrApı unter 250 Gesunden 29mal = 11,70 Proz., PRIGGE & SacHs- Mükz unter 5214 Gesunden 54mal = 1,04 Proz., AuMAnN unter 1156 gesunden Soldaten 23mal = 1,99 Proz. Mortalität und pathologische Anatomie. i. Typhöose Born: Der Ausgang des typhusähnlichen Paratyphus ist bedeutend günstiger als der des Typhus und der akut toxischen Form des Paratyphus. Es sind bisher nur wenige Todesfälle in der Literatur zu verzeichnen. Genaue Angaben über die Mortalität des Para- typhus im Vergleich zum Typhus lassen sich aber wegen Mangels brauchbarer statistischer Angaben nicht machen. Von einzelnen Mit- teilungen seien folgende erwähnt: In der großen Paratyphusepidemie zu Rheydt starben von 112 Kranken vier. In der von KonrichH be- schriebenen Epidemie von 17 Fällen und der von Roy aus Leipzig publizierten Epidemie von 23 Fällen kam kein Todesfall vor. Ebenso | weist die Zusammenstellung von HILGERMANnN von 194 Paratyphus- | fällen aus dem Reg.-Bez. Koblenz keinen Todesfall auf. CourMoNT & LeEsieur sowie SCHOTTMÜLLER berechnen die Mortalität dieser Form des Paratyphus auf 1 Proz., daher ist die Prognose von vornherein günstig zu stellen. Der pathologisch-anatomische Befund kann sehr ver- schieden sein, je nachdem während des Lebens typhöse, gastro- enteritische oder choleraähnliche Erscheinungen im Vordergrund des klinischen Bildes gestanden haben. Es empfiehlt sich daher, diese Dreiteilung auch bei der Aufzählung der Obduktionsbefunde inne- zuhalten. Bei der typhösen Form sind die für Typhus charakte- ristischen Veränderungen an dem lymphatischen Apparat des Darms und der Mesenterialdrüsen in einigen Fällen gefunden, in anderen vermißt worden. Auf der Naturforscher-Versammlung 1905 berichtete Brrow über den Be- fund eines Paratyphusfalles, der die für Typhus charakteristischen Verände- rungen zeigte. Eine 28-jährige Frau war 6 Tage vor ihrer Aufnahme in die Klinik unter heftigen Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit erkrankt. „Objektiv: Unregelmäßiges Fieber bis 40°. Starkes Delirium, Roseolen. „UaHnsche“ Gaumengeschwüre. Meteorismus. Stuhl erbsenbreiartig, spärlich. Urin wird ins Bett gelassen. Paratyphus etc. 1077 _ Unter Verschlechterung des Pulses und Ansteigen der Temperatur auf 41,7° Exitus am 18. Krankheitstage. Klinische Diagnose: Typhus gravissimus. .Bakteriologisch: Am 8. Krankheitstage Agglutinationsprobe für Typhus- bacillen (1:50) und für Paratyphus A und B (1:100) negativ. Im Blute sind Bact. paratyphi B gezüchtet. Am 10. Krankheitstag im Blut dieselbe Bakterien- art. Widal nur für Bac. paratyphi B positiv (1:100). Obduktion: Kleine Eiterpfröpfe in den Tonsillen. An der Basis beider Gaumenbögen flache linsengroße Schleimhautgeschwüre. Im Mesenterium des Dünndarms etwas vergrößerte Lymphdrüsen 30 cm oberhalb der Baunisschen Klappe eine Anzahl von Darmgeschwüren, zum Teil mit Schorfen, genau den Pryerschen Platten entsprechend, im Coecum einige tiefe Geschwüre derselben Art, wie im Dünndarm bis in die Muscularis reichend, ebenso im Colon ascendens und im untersten Teil der Flex. sigmoidea. Milz nicht vergrößert, Kapsel leicht gerunzelt, Trabekel und MaLrıscHische Körper nicht sichtbar. Herzblut, Galle, Milzsaft und Mesenterialdrüsen, Tonsillarpfropfen, Milch, Ventrikelsaft und Spinalflüssigkeit enthält Paratyphus-B-Bacillen in Reinkultur. Der Nachweis der Bacillen aus dem Darminhalt gelang nicht. Ein von LonGcopE veröffentlichter Fall kam nach typhusähnlichem Verlauf am 13. Krankheitstage zur Sektion. Dieselbe ergab vergrößerte Milz im Dick- darm, gering hervortretende Follikel, keine Schwellung der Pryerschen Haufen, keine Geschwürsbildung im Darm, keine Veränderung der Mesenterialdrüsen, da- gegen allgemeine parenchymatöse Degeneration und herdweise Nekrose der Leber. Es ist das bisher der einzige Fall, bei dem Herdnekrosen in der Leber gefunden sind, wie sie im Tierexperimente sehr häufig, und zwar nach Impfung nicht nur der menschlichen Paratyphusbaeillen, sondern auch der anderen Stämme angetroffen werden. Im Falle Sion & NEGEL fanden sich: Milztumor und parenchymatöse Degeneration, dysenterieartige Enteritis im unteren Ileum, Infarkte der Milz, Nieren, Bronchitis, Pneumonie. — Intumeszenz und Ulzeration der PEYER- schen Plaques und der Solitärfollikel fehlten. ELLERMANN sah bei einem an Darmblutung infolge Paratyphus gestorbenen Kinde das typische anatomische Bild eines echten Typhus. Kolossale Milz- vergrößerung, Geschwüre am Illeum und Coecum. PEPERE beobachtete in einem am 26. Tage an Paratyphus Verstorbenen starke Hyperplasie des Iymphatischen Apparates des Darmes, ohne (feschwüre, Milztumor, Schwellung der Mesenterialdrüsen, Nekrosen in der Leber, Hyperämie und Entzündung der Nieren. LuckscH beschreibt einen Fall, welcher am 12. Krankheitstage naclı typhusähnlichem Verlauf gestorben war. Bei der Obduktion zeigten sich Petechien in der Magenschleimhaut, geringe Milzschwellung, starke Ausdehnung des Dünndarms, keine Schwellung der Follikel und Plaques, im Colon ascendens und im Coecum einige unregelmäßige quergestellte Geschwüre von 1 cm Breite und Länge, welche in Gruppen von 2 und 3 zusammenliegen. Von den Mesen- terialdrüsen zeigte nur eine einzige Schwellung, die Zahl der übrigen nur Rötung. I der Epidemie zu Rheydt endeten 4 Fälle letal, von denen 2 einen be- merkenswerten Obduktionsbefund bieten. In dem einen Falle handelte es sich um eine 58-jährige Frau, die nach annähernd dreiwöchiger Erkrankung an Paratyphus zugrunde ging. Die Sektion ergab vergrößerte Milz, deutliche Schwellung der Follikel und der PEYER- schen Platten, im Zurückgehen begriffene Geschwürsbildung im Darm. Aus der Gallenblase sowohl als Milz und Darm konnten Paratyphusbaeillen nachge- wiesen werden. h In dem zweiten Fall handelte es sich um ein 8-jähriges Mädchen, bei dem die klinischen Symptome außerordentlich mehrdeutig waren, differentialdia- gnostisch wurde intra vitam das Bestehen einer Appendieitis in Betracht gezogen. Die Sektion ergab: Vergrößerung der Milz, Schwellung der den unteren Ileumpartien und dem Coecum entsprechenden Mesenterialdrüsen, während die den obersten Dünndarm- und untersten Diekdarmabschnitten entsprechenden sich ganz frei erwiesen, keine Schwellung der Follikel und PryErschen Plaques, eine Perforation im Processus 1!/; cm vom Ansatz an das Colon. In der Bauch- höhle etwa 2 Liter Eiter. Auch hier wurden sowohl in der Gallenblase, Milz und Darm Paratyphusbaeillen nachgewiesen. 1078 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, Bupay konstatierte in einem Falle eine typische Erkrankung der PEYER- schen Plaques. Bei einem an Paratyphus akut erkrankten und nach wenigen Tagen ver- storbenen Musketier fanden sich Blutüberfüllung des Gehirns, Eerzmuskel- entzündung, Milzvergrößerung, Entzündung der Magen- und Dickdarmschleim- haut, Schwellung der PryErschen Drüsenhaufen, sowie der Lymphdrüsen des Darmgekröses. (Sanitätsbericht der preußischen Armee Ko) HERFORT sah bei einer jungen Frau, welche in der zweiten Woche eines bis dahin normalen Wochenbetts an Paratyphus mit Fieber, Durchfällen, Darm- blutungen, Peritonitis erkrankte, nach kurzer Krankheitsdauer starb, in der Darm- schleimhaut typische Ulcera, von denen eines perforiert war und die tödliche Peritonitis verursacht hatte. WELLS & ScorTT beobachteten einen Fall von Paratyphus mit Darm- blutungen, der am 33. Krankheitstage letal endete. Im unteren Ileum fanden sich dysenterieartige Ulzerationen, die anscheinend die Blutung verursacht hatten. Die Solitärfollikel, PryErschen Plaques und Mesenterialdrüsen waren nicht ge- schwollen. Ein sehr ausführliches Sektionsprotokoll mit mikroskopischen Befunden hat BURCKHARDT von einem Fall gegeben, der am 12. Tage letal endete. Aus dem- selben sei hervorgehoben: Milztumor, Schwellung der Plaques, im Berich der Tleocoecalklappe 3 quergestellte ca. !/; cm lange und 3—4 mm breite, scharf- randige, seichte Ulcera.. Im Coecum und Colon ascendens mehrere !/s;—1l cm messende, fast durchweg quergestellte, meist gereinigte Geschwüre, im Rectum ebenfalls 3 Geschwüre. Ob der folgende von SCHEEL publizierte Fall ein Paratyphus gewesen ist, könnte fraglich erscheinen, da der Erreger von Paratyphusserum nicht agglu- tiniert wird. Möglicherweise hat es sich um eine Infektion mit Gärtnerbacillen gehandelt. Ein 46-jähriger Mann starb nach mehrwöchiger Krankheit unter den Er- scheinungen eines infektiösen Icterus. Widal war für Paratyphus stets negativ gewesen. In der Leber fanden sich nekrotische Herde, die intraacinös lagen. In Thioninpräparaten von Milz und Leber fanden sich Stäbchen, die in Rein- kultur aus diesen Organen gezüchtet wurden und die die kulturellen Merkmale der Paratyphusbacillen zeigten, jedoch von einem Paratyphusserum nur 1:25 agglutiniert wurden. 2. Die gsastroenteritischesk or? Die Mortalität der akuten Form des Paratyphus ist sehr ver- schieden. Es sind umfangreiche Epidemien beschrieben, in denen alle Kranken mit dem Leben davon kamen, während in anderen Epidemien mehrere Todesfälle zu verzeichnen waren, so z. B. je vier Todesfälle in der von Horst & HeLrer beschriebenen Massenerkrankung mit je 50 bzw. 36 Krankheitsfällen, je drei Todesfälle in den von Driıcarskı und von Bages erforschten Massenerkrankungen mit je 0 bzw. 24 Krankheitsfällen. Iıı der von TROMMSDORFF & RaycHmann bearbeiteten Epidemie starben von 100 Personen 7! Die höchste Mortalität wurde bei der Im Spreewald im Jahre 1905 aufgetretenen Epidemie erreicht. Diese ist aber nur zum Teil bakteriologisch erforscht und geklärt und betrifft wahrscheinlich eine Reihe akuter Brechdurchfälle anderer Aetiologie. Denn 51 Todesfälle, darunter 15 Erwachsene, inner- halb dreı Monaten in einem ‘Amtsbezirk von 4000 Einwohnern ist eine so enorm hohe Zahl, daß man daraus allein schon schließen kann, daß neben dem Paratyphus noch andere Ursachen eine Rolle ge- spielt haben. Dafür spricht auch der Umstand, daß in dem Nachbar- kreise zu gleicher Zeit (Juli—August) 183 jüngere Kinder, 3 ältere Kinder, 12 Erwachsene an akutem Brechdurchfall starben. Hüsener hat darauf hingewiesen, daß man bei plötzlichen Todes- fällen, deren Aetiologie oft dunkel bleibt und die Obduktion nicht Paratyphus etc. 1079 aufklärt, an eine Intoxikation und Infektion mit Paratyphusbacillen denken muß. Eine Illustration zu diesem Satze ist eine Beobachtung ÖESTERLENS. . „Ein Soldat war eines Vormittags tot auf seinem Bett aufgefunden. Seine Kleidung und sein Bett waren mit erbrochenen Massen und mit Urin verun- reinigt. Nachforschungen ergaben, daß er in den vorausgegangenen Tagen durch schlechtes Aussehen aufgefallen war, und daß er über Leibschmerzen geklagt hatte. Am Morgen des 'odestages hatte er Erbrechen gehabt, hatte daun wahr- scheinlich seine Stube aufgesucht und sich auf sein Bett gelegt, wo er bald nach- her bewußtlos aufgefunden wurde. Selbstmord durch Vergiftung konnte ausze- schlossen werden. Auf Grund des Obduktionsbefundes wurde Tod durch Er- stickung infolge aspirierten Mageninhalts in reflexlosem Zustande angenommen. Die Magendarmschleimhaut zeigte starke Schwellung, starke Injektion und reich- liche Hämorrhagien. Im Magendarminhalt, dem Urin und der Milz fanden sich Paratyphusbacillen.‘“ Der pathologisch-anatomische Befund der akuten Form steht oft im Gegensatz zu dem schweren klinischen Bilde. Die Veränderungen sind natürlich wesentlich von der Dauer der vorausgegangenen Krankheit abhängig. Dasjenige Organ, welches noch amı häufigsten und konstantesten Abweichungen von der Norm aufweist, ist der Darm. Aber selbst der kann außer geringem Oedem und stärkerer Gefäßfüllung der Schleimhaut normalen Befund zeigen, sogar in Fällen, in denen während des Lebens Durchfall und Blutungen bestanden hatten. Wichtig und geradezu charakteristisch sind oft kleine, punktförmige oder auch größere Blutungen, die sich vorzugs- weise in der Schleimhaut des ganzen Verdauungstractus, aber auch auf den serösen Häuten (Pleura und Pericard), sowie in der Haut finden und somit das Bild widerspiegeln, das man am häufigsten im Tierexperiment erhält. Daneben besteht dann eine starke Blutfüllung der Leber, Milz und Nieren. Letztere weisen dann auch hämor- rhagische Entzündungen auf. Nach längerer Dauer der Krankheit können sich im Darm Schwellungen der Follikel, ja sogar ulzeröse und gangränöse Prozesse und an den großen Organen der Bauchhöhle fettige Degenerationen finden. Die in der Literatur vorliegenden Sektionsbefunde bei Fleischvergiftungen, für welche die spezifischen Bakterien in Betracht kommen, sind spärlich und in folgendem kurz zusammengestellt: — In der Neunkirchener Massenvergiftung, in der bei drei Patienten ein stürmi- scher Verlauf der Krankheit den Tod herbeigeführt hatte, war kaum etwas Ab- normes festzustellen, so daß durch die Sektion die Todesursache nicht ermittelt werden konnte. In der Düsseldorfer Epidemie (TRAUTMANN) starb ein 9-jähriger Knabe, bei dem die 4 Tage nach dem Tode erfolgte Obduktion eine starke Schwellung der Schleimhaut des Dünn- und Dickdarms, sowie eine scharlachähnliche Rötung ausgedehnter Teile der äußeren Haut ergab. In dem von TIBERTI beschriebenen Fall, der kaum 40 Stunden nach dem Genuß infizierter Wurst mit dem Tode endigte und die früher erwähnten schweren klinischen Symptome gezeigt hatte, fand sich: Hyperämie sämtlicher Organe, Herz schlaff, Myocardium weich, leicht zerreißlich, am Pericard einige punktförmige Hämorrhagien, dichtes Lungenödem, beginnende fettige Degenera- tion der Leber, Milz etwas vergrößert, braunfarbig, weich. Die Nieren zeigten das Bild der akuten Nephritis hyperämischen Typus. Hyperämie des ganzen Verdauungskanals, mit Schwellung der Solitärfollikel und der Pryerschen Plaques im Dünndarm: hier und da hämorrhagische Flecken. Den Darminhalt bildete eine weichflüssige grünliche, äußerst stinkende Masse. j Von KUTSCHER ist ein ausführliches Protokoll über den in der Berliner Epidemie nach 10-tägiger Krankheit verstorbenen Mann publiziert. „Der Darm wies eine deutliche Schwellung der Schleimhaut des unteren Dünndarmabschnittes mit reichlichen Auflagerungen von gelblich-glasigem Schleim 1080 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, auf. Während der obere Dünndarm keine auffälligen Veränderungen zeigte, fand sich in seinem unteren Abschnitt, namentlich 1—2 m oberhalb der Ileocöcal- klappe, die Schleimhaut diffus-hämorrhagisch entzündet. An einzelnen Stellen waren zirkumskripte, etwa fünfpfennigstückgroße Hämorrhagien bemerkenswert. Die Solitärfollikel und Prvyerschen Haufen waren nicht krankhaft verändert. Darmgeschwüre waren nicht vorhanden. Nur entsprechend einer der oben angeführten größern Hämorrhagien fand sich ein etwa 0,5 cm breiter, 2,0 em langer ovaler, ganz oberflächlicher Substanzverlust der Darm- schleimhaut. Der Dünndarminhalt war gelb, schleimig, dünnflüssig, sein Geruch stark fäkulent. Der Dickdarm ließ außer einer etwas sukkulenten Schleimhaut keine krankhaften Veränderungen erkennen. Die Mesenterialdrüsen waren nicht, die Milz nur sehr gering geschwollen.“ HELLER hat in seiner Beschreibung der in der Schweiz vorgekommenen Massenvergiftung, welche vier Opfer forderte, auch über die Obduktionsbefunde berichtet. „Bei der zuerst sezierten Leiche nach einer Krankheitsdauer von 4 Tagen fanden sich an der Magen- und Darmwand keine auffälligen Veränderungen. Dagegen waren solche in den anderen Fällen vorhanden. In einem Fall war die Schleimhaut geschwellt, blutreicher als normal, sowie stellenweise von kleinen Blutungen durchsetzt. Die Mesenterialdrüsen waren etwas vergrößert. Im anderen Falle fanden sich neben starker Schwellung der Darmschleimhaut und bedeuten- der Hyperämie kleine Blutungen. Den wichtigsten Befund bildeten aber zahl- reiche kleinere und größere Geschwüre, welche in der oberen Hälfte des Dickdarms gelegen waren. Dieselben, im ganzen von unregelmäßiger Form, reichten bis auf die Muscularis und flossen an vielen Stellen zu umfangreichen Defekten zusammen. Die Geschwürsränder waren scharf, nicht unterminiert und zeigten nicht die geringste Andeutung von einer sog. markigen Schwellung. Des weiteren wurde eine parenchymatöse Degeneration im Sinne der trüben Schwellung und der Verfettung in Herzmuskel, Leber und Niere konstatiert. Die Milz zeigte in keinem Falle eine Vergrößerung.“ GONZENBACH & KLINGER beobachteten in der Epidemie im Kanton Zürich folgenden Fall, der am 12. Krankheitstage zur Sektion kam: Im Duodenum und oberen Jejunum graurot geschwollene Schleimhaut mit zahlreichen oft zusammenfließenden Blutungen, keine Geschwüre, Follikel nicht geschwollen. Ileum wenig verändert. Im Coecum stark geschwollene Schleim- haut mit ausgedehnten Blutungen, viele linsen- bis bohnengroße Geschwüre mit zernagtem Rand bis in die Muskularis reichend (ohne zu perforieren). Diese pathologischen Veränderungen nehmen im weiteren Verlauf des Colons an Inten- sität allmählich ab, doch finden sich einzelne Geschwüre noch im Rectum. Mes- enterialdrüsen linsen- bis bohnengroß, im Durchschnitt graurot ohne Blutungen. Nierenkapsel abziehbar, Grenze zwischen Rinde und Markschicht verwaschen. Fettige Degeneration von Niere, Leber, Herzmuskel. In der von FOWLER beschriebenen Massenerkrankung von 64 Personen nach Genuß von Gänsebraten starb ein Kranker am 4. Tage. Man fand eine intensive Gastroenteritis mit Pleuritis und frischer allgemeiner Peritonitis. Der Magendarminhalt und das Blut enthielt Paratyphusbacillen in Menge. Van LoGHEM hat in 4 Fällen von akuter Gastroenteritis mit positivem Paratyphusbacillenbefund folgende Veränderungen bei der Autopsie gefunden: Fall 1. Chronische Nephritis mit Herzvergrößerung, Hyperämie der PEYER- schen Haufen, je ein kleines Ulcus im Dünn- und Blinddarm, geschwollene Lymphdrüsen des Mesenteriolum, die Paratyphusbaeillen in Reinkultur enthalten, während Galle und Milz steril sind. Fall 2. Zeichen der Colitis mit hämorrhagischer Entzündung des Ileums. In der Galle und im Dünndarminhalt Paratyphusbaecillen, Milz steril. Fall 3. Aseites, chronische Pleuritis, Degeneration des Herzmuskels, lobuläre- Pneumonie, hämorrhagische Entzündung des Coecums und Ileums. Aus dem Dünndarminhalt Paratyphusbacillen. Fall 4. Hypertrophie und Degeneration des Herzmuskels, Sklerose der Aorta, Muskatnußleber, akute Entzündung des ganzen Magendarmkanals. Aus dem Inhalt des Duodenums Paratyphusbacillen. 8. Der anatomische Befund bei der choleraähnlichen Form. _ _Brachr hat zwei Fälle von Paratyphus, die das typische Bild der Cholera nostras mit schwerem Erbrechen und profusen Diarrhöen Paratyphus ete. 1081 gleich im Initialstadium, atypischen, nicht kontinuierlichen Fieber und frühzeitigen Kollaps zeigten und letal endigten, eingehend histo- logisch untersucht. Während im ganzen Dünn- und Dickdarm nur ein geringes Oedem der Schleimhaut und etwas stärkere Gefäß- füllung sich fand, jede ‚Beteiligung des Iymphatischen Apparates, das Charakteristikum des Typhus, fehlte, zeigte der Magen das Bild einer schweren eitrigen Gastritis; die Mucosa war oberflächlich durch- setzt von Leukocyten, die Drüsenlumina mit Pfröpfen von Eiter- körperchen erfüllt, zwischen denen Haufen gramnegativer Stäbchen lagen. BracHr hält den Gedanken für naheliegend, es könne sich bei diesen schweren anatomischen Veränderungen des Magens um ein Spezifikum für diese Fälle von Paratyphus B handeln und erachtet eine Verfolgung der Untersuchungen für wertvoll im Sinne einer Abgrenzung des Paratyphus B auch in anatomischer Hinsicht. In dem bereits erwähnten Paratyphusfall, den Rorzy beobachtete, und der einen choleraähnlichen Verlauf mit tödlichem Ausgang nahm, fand sich bei der 4 Stunden später vorgenommenen Sektion die Magenschleimhaut sehr stark angeschwollen, gefaltet und gerötet und teilweise mit gelblich-grünlichen Auflagerungen bedeckt. Die Schleim- haut des Duodenums war ödematös durchtränkt, die des Ileum und Coecum und Colon samtartig geschwollen und gerötet. Dicht unter- halb der Klappe fand sich ein 1 cm langes und !/, cm breites Ge- schwür, welches mit locker haftenden Auflagerungen bedeckt war. Die Pryrrschen Plaques und die Solitärfollikel waren weder ge- schwollen noch makroskopisch verändert. An den inneren Organen waren außer parenchymatösen Trübungen Veränderungen nicht nach- zuweisen. Die Milz enthielt Reinkulturen von Paratyphusbacillen! Van LocHem fand in einem choleraartigen Fall starke Schwellung der Pryrrschen Haufen, sonst nichts Pathologisches. Die Milz ent- hielt Reinkultur von Paratyphusbacillen, die auch im Ileum gefunden wurden. II. Bakterien der Paratyphusgruppe als Krankheits- erreger bei Tieren. Der Schweinepestbaeillus (Hogeholerabaeillus, Bacillus suipestifer). Geschichtliches. Als Erreger der amerikanischen Hogcholera oder der mit ihr identischen Schweinepest galt lange Zeit der von SaLmon & SMITH 1885 entdeckte Hogcholerabaecillus oder Bacillus suipestifer, wie er nach einem Vorschlag von Kruse vielfach genannt worden ist. Wir wissen jetzt, daß die Ursache dieser höchst kontagiösen Seuche ein ultravisibles, filtrierbares Virus ist, und daß der Hogcholerabacillus bei dieser Epizootie nur die Rolle eines sekundären Infektionserregers spielt, in derselben Weise wie etwa der Streptococcus beim Scharlach des Menschen. Wir begnügen uns mit diesen kurzen Angaben und verweisen bezüglich aller Einzelheiten auf das besondere Kapitel über „Schweinepest und Schweineseuche“ von UHLENHUTH & HAENDEL. Dem Umstande, daß dem Hogcholerabaeillus irrtümlicherweise die ätio- logische Rolle bei der Entstehung der Schweinepest zugesprochen 1082 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, wurde. haben wir es zu verdanken, daß wir über zahlreiche Unter- suchungen seiner morphologischen, kulturellen und biologischen Eigen- schaften verfügen. Jedoch ist zu bemerken, daß manche Autoren den Bacillus sui- pestifer offenbar gar nicht in Händen gehabt haben, sondern einen coliähnlichen Mikroben, den sie nur deshalb in die Klasse des Hog- cholerabacillus reihten, weil er eben bei schweinepestkranken Schweinen sefunden wurde. Die früher nicht recht erklärlichen abweichenden Angaben über die Eigenschaften der Schweinepestbacillen, die zu der Aufstellung verschiedener Varietäten führten, sind jetzt durch- aus verständlich, nachdem wir wissen, daß die Durchseuchung des Organismus mit dem Schweinepestvirus allen möglichen Bakterien der großen Typhus-Coligruppe, selbst Kokken und anderen Mikroben, Eingang in den Schweinekörper verschafft. Es erübrigt sich daher, auf diese abweichenden Angaben früherer Autoren, die bisher in der Literatur der Schweinepest einen breiten Raum eingenommen haben, näher einzugehen *). Häufigkeit des Befundes von Suipestiferbacillen. Noch vor der Entdeckung des ultravisiblen, filtrierbaren Virus der Schweinepest war bei ihrem Studium manchem Forscher das Fehlen der vermuteten Organismen im Körper der pestkranken Schweine aufgefallen. In manchen Gegenden und Ländern war er überhaupt nicht gefunden worden, so z.B. von THEILER in Afrika nicht, ebenso war er von SMITH bei einigen Ausbrüchen von Schweinepest in Amerika vermibt worden. Preıss hatte ihn bei systematischen Unter- suchungen unter SO Fällen von Schweinepest verschiedenster Herkunft nur 3lmal gefunden. Bei den von uns im Kaiserl. Gesundheitsamt ausgeführten umfangreichen Untersuchungen wurde er unter 12 aus natürlich verseuchten Beständen stammenden kranken Tieren nur 2mal, unter 87 künstlich mit bakterienfreiem Material von pest- kranken Schweinen geimpften Ferkeln 47mal, unter 56 auf natürliche Weise infizierten Schweinen 29mal gefunden. Er wurde bei 171 kranken Schweinen 53mal allein aus dem Darminhalt und außerdem 23mal gleichzeitig aus Kot und Organen gezüchtet, also im ganzen 76mal, d. h. in 44,6 Proz. Dieser Prozentsatz der positiven Befunde stimmt mit dem Resultat anderer Autoren, die systematische Unter- suchungen angestellt haben, überein. Die auffällige Erscheinung des Befundes von Reinkulturen der Suipestiferbacillen in den Organen künstlich mit bakterienfreiem Ma- terial pestkrank gemachter Schweine, wie sie bereits von amerika- nischen Autoren beobachtet, von HuTyrA, OSTERTAG und uns bestätigt war, hatte Dorser mit der Annahme zu erklären versucht, daß der Bacillus suipestifer ein Bewohner des normalen Schweinedarmes sei. Ihm gelang der Nachweis nur in einem Falle. Umfangreiche Unter- suchungen sind aber von ihm nicht angestellt worden. In den von uns und unseren Mitarbeitern angestellten Untersuchungen der Faeces von 600 gesunden Schweinen wurde er in 8,4 Proz. der Fälle ge- u Diese Befunde sind dann von verschiedenen Seiten bestätigt worden. “) Ueber die „Varietäten“ des B. suipestifer siehe die ausführliche Dar- stellung in diesem Handbuch von UHLENHUTH & HAENDEL „Schweine- seuche und Schweinepest“. Paratyphus ete. 1083 Das morphologische und kulturelle Verhalten. In morphologischer und kultureller Beziehung gleicht der Bacillus suipestifer dem Paratyphusbacillus. Wie dieser zeigt der Suipestifer oft eine verschiedene Färbung der Bakterienleiber derart, daß die Mitte heller, die Enden stärker gefärbt erscheinen. Ueber diese Erscheinungen der Polfärbung sind verschiedene Untersuchungen und Hypothesen aufgestellt, die wegen ihrer Bedeutungslosigkeit kein weiteres Interesse haben dürften. Zahlreiche auf die kulturelle Differen- zierung der Schweinepest- und Paratyphusbaeillen abzielende Untersuchungen haben bisher zu einem Unterscheidungsmerkmal nicht geführt. Dabei sind wohl einzelne quantitative Unterschiede beobachtet worden, die aber niemals kon- stant waren und auf individuelle Eigenschaften der einzelnen Stämme zurück- geführt werden mußten. Besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß Schweinepestbacillen bei einer Temperatur von +8 bis 442° noch deutliches Wachstum zeigen, daß die Milch bei monatealten Kulturen in eine starre alkalische Gallerte verwandelt werden kann, daß Indolbildung nicht stattfindet, daß in nitrathaltigen Bouillon- kulturen in kurzer Zeit die Nitrate zu Nitriten reduziert werden. Widerstandsfähigkeit. Die Widerstandsfähigkeit der Hogcholerabakterien ist verhältnismäßig groß. Nach den Versuchen von SALMON & SMITH werden Bouillonkulturen im Wasser- bade bei 100° sofort, bei 70° in 4 Minuten, bei 58° in 15 Minuten, bei 94,5° in 1 Stunde abgetötet, bei 49° noch nicht in 2 Stunden. KARrLINsKI fand Abtötung nach 20 Minuten bei 60°. In trockenem Zustande ertragen die Hog- cholerabacillen eine 15 Minuten dauernde Einwirkung von 80° (SALMmon & SMITH). KoskE fand an Seidenfäden angetrocknete und dem Tageslicht aus- gesetzte Bakterien nach 150 Tagen lebensfähig. Mit Kochsalzlösung abge- schwemmte Agarkulturen werden innerhalb einer Stunde bei 60° regelmäßig ab- getötet (UHLENHUTH & HÜBENER). Einmaliges Einfrieren von Bouillonkulturen tötet nicht alle Bakterien ab, ebensowenig längere Aufbewahrung bei — 11°. In infizierter feuchter Erde halten sich virulente Hogcholerabacillen bis zu drei Monaten, in gewöhnlichem Trinkwasser bis zu 4 Monaten (SALMON & SMITH) bzw. bis 1!/, Jahren (KoskeE). In Kadavern fand sie Koske bis zu 160 Tagen lebensfähig, im Dünger bis zu 36 Tagen. Chemischen Mitteln gegenüber ist der Schweinepestbacillus weniger wider- standsfähig. 1-proz. Karbolsäurelösung und 0,0075-proz. Sublimatlösung töten ihn innerhalb kürzer Zeit ab (UHLENHUTH & HüÜBENER). Ebenso wirken nach KARLINnsKI Formaldehyddämpfe, frisch gebrannter Kalk und Kalkmilch. In 2,5-proz. wässeriger Antiforminlösung werden die Bakterien innerhalb kurzer Zeit aufgelöst. In eiweißhaltigen 2-proz. Antiformingemischen ist die Lebens- fähigkeit eine etwas längere bis zu 20 Minuten. Bei Mischungen bacillenhaltiger Eiweißlösungen mit konzentriertem Antiformin derart, daß eine 2-proz. Ver- dünnung resultiert, können bis zu 24 Stunden lebende Erreger gefunden werden (UHLENHUTH & HÜBENER.). Giftbildung. Die Fähigkeit, hitzebeständige Gifte in flüssigen Nährböden zu bilden, ist von verschiedenen Autoren festgestellt. (SALMON, VOGES, ÖÜSTERTAG, JOEST, UHLENHUTH, KoskE u. a.). Die Filtrate junger Kulturen wirken meist nicht giftig, während die Filtrate älterer Kulturen toxische Eigenschaften zeigen können. Diese giftigen Stoffwechselprodukte gehen aber anscheinend nicht in löslicher Form in das Blut der infizierten Tiere über. Wenigstens fielen von "Levy & BECKMANN nach dieser Richtung hin angestellte Versuche negativ aus. Sie konnten in dem Blut von Kaninchen, die subkutan mit tödlichen Dosen von Schweinepestbacillen infiziert ‘waren, nach Ausschleudern der Bakterien toxische Stoffwechselprodukte nicht nachweisen. Die Ergebnisse stehen nur scheinbar im Widerspruch mit den Resultaten von SELANDER, METSCHNIKOFF, SILBERSCHMIDT. Diese Autoren fanden, daß sehr bacillenreiches Blut von Kaninchen, die an ganz akuter Hogceholera zugrunde gegangen waren, bei 57° eine Stunde lang erhitzt und dadurch sterilisiert, andere Tiere derselben Art schon in kleinen Dosen, 0,5—3,5 cem, vergiftete. Wahrscheinlich handelte es sich hier um eine Vergiftung durch die Endotoxine der Bakterienleiber, da bei 60° sterilisiertes Blut und filtrierte Blutflüssigkeit diese Wirkung nicht hatte. 1084 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, Die toten Bakterienleiber können höchst toxisch wirken. Uns ist es ge- lungen, durch intravenöse Injektion von 4 Oesen einer 24-stündigen Agarkultur, die 1 Stunde bei 60° gehalten worden war, Ferkel zu töten. Auffällig war dabei, daß diese Tiere das typische anatomische Bild der natürlichen Schweinepest boten. Durch Chloroform, Toluol oder Karbol (2,5 Proz.) abgetötete Schweine- pestbacillen töten, in Mengen von 10 mg intraperitoneal einverleibt, Meer- schweinchen in kurzer Zeit (VoGzs). Die Gittigkeit ist geringer nach 1-stündigem Kochen und Einwirkung 1-proz. Trikresols, sehr gering nach halbstündiger Ein- wirkung absoluten Alkohols (KosKE). DE ScHweınıtz will aus dem wässerigen Extrakt von Agarkulturen und aus Mischkulturen ein diastatisches und ein trypsinartiges Ferment dargestellt. haben. Ersteres soll Stärke in Traubenzucker verwandeln, letzteres Gelatine verflüssigen und Fibrin und Albumin verdünnen. Beide Fermente, die auch einzeln darstellbar sind, werden bei 55° zerstört. Sie enthalten Stickstoff, geben aber nicht die Eiweißreaktion und sind für Meerschweinchen giftig. PRETTNER will ebenfalls Gelatine und Bakterien lösende Enzyme in Suipestifer- kulturen gefunden haben. Eine Bestätigung der Angaben der Autoren steht noch aus. Pathogenität. Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen sind auf jede Art leicht zu infizieren, der pathologische Befund gleicht den mit Paratyphusbacillen infizierten Tieren. Bei subkutan infizierten Kaninchen tritt der Tod gewöhnlich erst nach s—14 Tagen ein. Je später er eintritt, um so charakteristischer sind die patho- logisch-anatomischen Veränderungen; starke Vergrößerung der Milz, Bildung: zahlreicher, submiliarer nekrotischer Herde auf der Leberoberfläche, Hämor- rhagien der Schleimhaut, diphtherische ulzeröse Entzündung der Dickdarm- schleimhaut, starke Schwellung der Mesenterialdrüsen. Nach den Untersuchungen verschiedener Autoren (SALMON & SMITH, RACCUGLIA, FROSCH, KARLINSKI, HOTTINGER u. a.) handelt es sich bei den multiplen kleinen Herden, die gewöhnlich an der Oberfläche der Leber sitzen, um eine Nekrose des Lebergewebes. Jeder Herd entspricht einem oder mehreren Leberläppchen. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt sich, daß die Leberzellen geschwunden sind oder nur in eine kernlose, homogene farblose Masse verwandelt sind, in deren Umgebung sich in Degeneration begriffene. Zellen finden. RaccucLıa fand im Innern der Herde niemals Schweinepest- bacillen, dagegen in großen Haufen am Rande oder in der Nähe der Herde. Auch in den anderen Organen finden sich die Kapillaren häufig vollgepfropft mit Bakterien, und SALMON & SMITH führen daher die Nekrose der Leber- läppchen auf die Verhinderung der Blutzufuhr infolge Verstopfung durch die Bakterien zurück. FROSCH sah in kleinen Venen kolonieartige Bakterienhaufen. Daß auch auf intratrachealem und intralumbalem Wege eine Infektion von Kaninchen möglich ist, haben FROSCH, RACccUGLIA und KARLINSKI nachgewiesen. Dabei sind nekrotische Herde in den Lungen und der Leber be- obachtet worden. An der Lunge findet man in geringerer oder größerer Aus- dehnung Hepatisationen, die reichlich Schweinepestbacillen enthalten. Zahlreiche Fütterungsversuche sind an Laboratoriumstieren angestellt worden. Den meisten Autoren ist es gelungen, Kaninchen per os zu infizieren. Dabei treten sehr charakteristische Veränderungen am Darm auf. Man findet alle Stadien der krankhaften Veränderungen von der einfachen Schwellung der soli- tären Follikel bis zur tiefen Ulzeration der PEyErschen Drüsen und zu diphtheri- schen Veränderungen an der Schleimhaut des Dünn-, Dick- und Blinddarms. Weiterhin findet sich starke Schwellung der Mesenterialdrüsen, die in Verkäsung übergehen können. Auf dem Wege der Lymph- und Blutbahnen durchdringen die verfütterten Bakterien den ganzen Körper, bewirken eine Vergrößerung der Milz und Bildung der beschriebenen nekrotischen Herde in der Leber. Sie werden im Herzblut und allen Organen angetroffen und finden sich in den oberflächlichen und tiefen Schichten der erkrankten Darmschleimhaut, sowie in den stets veränderten Lymphdrüsen. Die Ratte ist von den Laboratoriumstieren das am wenigsten empfäng- liche Tier. Manche Autoren halten sie überhaupt für unempfänglich. FroscH gelang es bei Anwendung größerer Bakterienmengen, schon nach 24 Stunden Ratten zu töten. | Nach den Untersuchungen von SALMON & SMITH, RACCUGLIA, JOEST u. a. sind Tauben der subkutanen und intramuskulären Infektion gegenüber sehr empfänglich. Sie gehen nach 5—8 Tagen an Erschöpfung zugrunde. Bei Paratyphus ete. 1085 Injektionen in den Brustmuskel findet eine rasch fortschreitende Degeneration statt, wie sie von SEIFFERT bei der Infektion der Tauben mit menschlichen Paratyphusbacillen beschrieben ist. Die Muskulatur schwindet schnell und be- kommt ein Aussehen, als ob sie gekocht wäre. In der veränderten Muskulatur lassen sich die Suipestiferbacillen nachweisen. Im Blute und in den inneren Or- ganen werden sie selten angetroffen. Im Gegensatz zur Taube soll das Huhn für jede Art der Einverleibung unempfänglich sein. ., Behweine lassen sich vom Unterhautgewebe aus nur sehr schwer in- fizieren. Auch gegen enterale Infektion besitzen sie eine verhältnismäßig hohe Resistenz, während intravenös oft kleinste Dosen tödlich wirken können (Hor- TINGER, KOSKE, UHLENHUTH, HÜBENER, XYLANDER, BOHTZ). Die Virulenz der Bakterien und der Infektionsmodus sind für das Gelingen einer künstlichen Infektion bei Schweinen von ausschlaggebender Bedeutung. Es gibt Suipestiferstämme, die bei keiner Art der Einverleibung das Schwein krank machen. Bei subkutaner Impfung und mäßiger Virulenz entsteht an der Impf- stelle eine unscheinbare Infiltration, die allmählich eitrig oder käsig erweicht. Die benachbarten Lymphdrüsen schwellen an und verkäsen. Die Tiere magern ab und bleiben im Wachstum zurück (kümmern). Bei stärkerer Viru- lenz kommt es nach S—10 Tagen zum Exitus. Dann findet sich Rötung der Magenschleimhaut, Schwellung der Darmschleimhaut, besonders der Follikel und PryErschen Haufen, Schwellung und Verkäsung der Lymphdrüsen der Bauchwand, Vergrößerung der Milz, parenchymatöse 'Trübung der Milz, Leber, Nieren. Die Darmschleimhaut kann fibrinöse Beläge und die für die Schweine- pest typischen Geschwüre, namentlich an der Ileocöcalklappe zeigen. Die Bakterien finden sich dann in allen Organen. Bei intravenöser Impfung virulenter Bakterien tritt eine rasch töd- lich verlaufende Septikämie mit. Blutungen in den Schleimhäuten und serösen Häuten auf. Nach intraperitonealer Impfung findet eine zirkumskripte Ent- zündung und Sequestration des umgebenden Lungengewebes ohne Hepatisation des Lungengewebes statt. Fütterungsversuche sind an Schweinen in großer Zahl ausgeführt worden. Dabei war der Erfolg ein sehr ungleicher, je nach der Menge und Virulenz der Kultur und dem Zustande des Magens zur Zeit der Aufnahme der Infektionserreger. Die Fütterung kleinster Kulturmengen hat in den meisten Versuchen keinen krankmachenden Effekt gehabt. Aber auch bei Fütterung größerer Kulturmengen tritt selten eine Erkrankung auf. So konnten wir große Schweine literweise mit Bouillonkulturen ohne krankmachende Wirkung füttern. Die Schwierigkeit der künstlichen Infektion per os mit großen Kulturmengen gegenüber der Leichtigkeit, mit der regelmäßig eine Erkrankung mittelst Fütte- rung von schweinepestkranken Organen ausgelöst werden konnte, war früheren Beobachtern nicht entgangen, aber falsch gedeutet worden. Man nahm an, daß die Suipestiferbacillen im Innern der Gewebe der verfütterten Organe vor der Einwirkung des Magensaftes geschützt würden und daher ungeschwächt im Darm- kanal ihre Wirkung entfalten könnten. Denn bei Fütterung größerer Mengen auf leeren Magen oder nach Neutralisation des Magensaftes und dadurch aufge- hobene bakterientötende Kraft des Magensaftes sah man häufiger entweder eine akut verlaufende Septikämie oder eine der natürlichen Schweinepest gleichende Erkrankung des Verdauungstraktus mit diphtherischer Entzündung und Ge- schwürsbildung der Darmschleimhaut entstehen. Bei dieser experimentellen In- fektion mit den Bakterien handelt es sich um eine nur den Symptomen nach ähnliche, in Wirklichkeit aber von der natürlichen Seuche völlig verschiedene Krankheit. | Eine der interessantesten Eigenschaften der Suipestiferbacillen ist ihre Wirkung als sekundäre Septikämieerreger bei den an Schweinepest erkrankten Schweinen. Unter dem Einfluß des Pestvirus erfahren sie eine ganz spezifische An- reicherung — sei es, daß sie als Saprophyten im Schweinekörper primär existieren, sei es, daß sie gleichzeitig mit dem Virus aufgenommen werden —, und zwar der- art, daß sie in das Innere eindringen und als Septikämie erregende Mikroorganis- men Blut, Organe und Muskeln überschwemmen, wo sie meist ın Reinkultur angetroffen werden, und auf klinischen Verlauf und den Ausgang der Schweine- pest von Einfluß sind. Auch andere Schädigungen des Schweinekörpers, z. B. Impfung mit abgetöteten Suipestifer-Endotoxinen, mit Dysenterietoxin, mit viru- lenten Colibakterien wirken in dem gleichen Sinne prädisponierend für eine Ueberschwemmung des Körpers mit Suipestiferbaeillen. 1086 P. UuLen#utH und E. HÜBENER, Außer dem Schwein scheinen andere Haustiere, namentlich Schlachttiere, für eine natürliche Infektion mit Schweinepestbacillen wenig empfänglich zu sein. Jedenfalls ist aus der Praxis nichts bekannt geworden, was gegen die An- nahme sprechen könnte. Nach JoEsT lassen sich a — Schaf, Rind, Pferd — durch subkutane und intravenöse Injektion nicht töten. An der Impfstelle entsteht gewöhnlich ein Abszeß mit Reinkulturen der Bakterien. Die Erreger des Mäusetyphus. Geschichtliches. Im Jahre 1890 beobachtete LÖFFLER unter dem im Hygienischen Institut zu Greifswald gehaltenen Mäusen eine Epizootie, welcher in kurzer Zeit 69 Proz. der Tiere erlagen. Als Ursache der Seuche wurde von LÖFFLER ein bewegliches Stäbchen festgestellt, welches er Bacillus typhi murium nannte. Die Infektiosität des Mäusetyphusbacillus war eine außerordent- lich große und veranlaßte LöFrrLer, diese Bakterienart zur Vertilgung der Mäuse praktisch zu verwenden. Die Brauchbarkeit dieser Methode bewies die im Jahre 1892 in Thessalien durchgeführte Bekämpfung der Mäuseplage mittels Auslegen von Massenkulturen der LÖrrLER- schen Mäusetyphusbacillen. Der Erfolg war glänzend und gab Ver- anlassung, sich dieses Mittels zur Vertilgung der Mäuse weiter zu be- dienen. Seitdem sind in der Praxis eine große Zahl von Versuchen mit zum Teil sehr guten Resultaten ausgeführt worden. Dabei hat sich im allgemeinen die Unschädlichkeit des Verfahrens für Men- schen und Haustiere ergeben. Daß von einigen Seiten auch über unzuverlässige und schlechte Resultate bei der Verwendung der Mäuse- typhusbacillen berichtet worden ist, darf nicht wunder nehmen, da die Virulenz der Erreger großen Schwankungen unterworfen ist und die Herstellung, Aufbewahrung und Auslegung der Kulturen eine be- stimmte Technik erfordert, von deren sachgemäßen Ausführung die Resultate wesentlich abhängen. Abgesehen von der prinzipiellen Bedeutung, welche die Mäuse- vertilgung mittels der Lörrterschen Bacillen für die Bekämpfung von anderen Tieren hat, die durch plötzliches massenhaftes Auftreten zur Landplage werden und der Verbreitung von ansteckenden Krank- heiten Vorschub leisten, haben die Mäusetyphusbacillen durch den Nachweis ihrer Zugehörigkeit zur Paratyphusgruppe und ihrer ge- legentlichen Pathogenität auch für Menschen und Haustiere erhöhtes Interesse gewonnen. Tn. SmitH hatte als erster bei seinen Studien über die verwandt- schaftlichen Beziehungen des Hogcholerabacillus zu anderen Bak- terien die Aehnlichkeit des Mäusetyphusbacillus mit diesem Erreger und dem Bacillus enteritidis GÄrTnEr erkannt und daher diese drei Mikroorganismen als Vertreter der Hogcholera- oder Salmonellagruppe zusammengefaßt. | Auf die Aehnlichkeit der Mäusetyphusbakterien mit den mensch- lichen Paratyphusbacillen haben zuerst und fast gleichzeitig Bon- HOFF und TROMMSDORFF im Jahre 1903 aufmerksam gemacht, und zwar ersterer aut Grund von zufälligen, bei Laboratoriumsexperimenten ge- machten Beobachtungen, letzterer Autor auf Grund einer bei Menschen nach dem Legen von Lörrterschen Mäusetyphusbacillen aufgetretenen Gruppenerkrankung an Gastroenteritis. Seine und BonHorrs Be- obachtungen veranlaßten ihn, vergleichende Untersuchungen an zahl- Paratyphus ete. 1087 reichen Stämmen des Mäusetyphus sowie an Suipestifer-, Fleisch- vergiftungs- und Psittakosestämmen vorzunehmen mit dem Ergebnis, daß ihnen eine Differenzierung der genannten Bakterien nicht mög- lich war. Zu denselben Resultaten gelangten alle Autoren, welche ver- gleichende Prüfungen mit diesen oder jenen Vertretern der Bakterien- gruppe vornahmen. Es seien besonders die Arbeiten von SMıpT, Bönme, KuTscHER & MEINICKE, ÜHLENHUTH, SEIFFERT, BIEWALD genannt. Das morphologische und kulturelle Verhalten., Hinsichtlich des morphologischen, kulturellen und biologi- schen Verhaltens gleichen die Mäusetyphusbacillen den menschlichen Para- typhusbacillen. Als einzige Abweichung hat LÖFFLER das Wachstum in seiner Grünlösung Nr. 4 (2 Proz. Pepton, 5 Proz. Milchzucker, 1 Proz. Traubenzucker, 0,5 Proz. Natriumsulfat, 2 Proz. Kaliumnitrat, 1 Proz. Kaliumnitrit und 3 Proz. der 2-proz. Grünlösung) gefunden. Bemerkenswert ist, daß der Mäusetyphusbacillus ein äußerst starker und schneller Nitritbildner ist. Er reduziert schon nach 24 Stunden über 80 Proz. des gesamten Salpeters. Einen eigenartigen Stamm haben SOBERNHEIM & SELIGMANN in Händen gehabt.’ Derselbe war anfangs nur für Paratyphusserum agglutinabel, wurde aber im Laufe der Zeit auch für Gärtnerserum agglutinabel.e. Nach STROMBERGS Untersuchungen brachte er Milch nach 9 Tagen zur Gerinnung und bildete auf der Agarplatte verschiedenartige Kolonieformen. Die Fähigkeit der Bildung hitzebeständiger Gifte in Bouillonkulturen ist von BONHOFF festgestellt. Er injizierte Mäusen intraperitoneal 0,1, 0,5 und 1,0 ccm einer 48-stünd. Bouillonkultur, die etwa 5 Minuten bei 100° gehalten waren. Sämtliche Mäuse waren nebst den Kontrollen nach 20—36 Stunden tot. Bei einer Maus gewann er aus Peritonealexsudat und dem Herzblut Mäusetyphusbacillen. Der Autor nimmt an, daß nicht alle Bakterien abgetötet gewesen sind, es vielmehr auf Grund der Intoxikation zu einer Vermehrung gekommen ist. Wahrscheinlich ist, daß in dem Organismus der Maus bereits Bakterien dieser Art vorhanden waren, die dann auf Grund der Schädigung des Körpers durch das Gift mobi- lisiert wurden. Eine starke Giftigkeit der abgetöteten Bakterienleiber hat LÖFFLER bei seinen Immunisierungsversuchen konstatiert: 0,01 und 0,0001 g von Agar- kulturen, die entweder 2 Stunden auf 120° oder !/,; Stunde auf 150° erhitzt waren, töteten bei subkutaner Impfung Mäuse unter schweren Vergiftungs- erscheinungen innerhalb 36 Stunden. Pathogenität. Die Pathogenität der Mäusetyphusbaecillen Laboratoriumstieren gegenüber entspricht der der Paratyphusbakterien. Unter den Mäusen sind besonders die Feldmäuse empfänglich. Die Infektion von Feldmäusen per os gelang LÖFFLER, ausnahmslos, mit . Kartoffelkulturen, getränkten Brotstückchen oder Bouillonkulturen, die in den Behälter gegossen wurden. Nach 8—12 Tagen waren die Feldmäuse regel- mäßig tot. In allen Kadavern fanden sich die typischen Bacillen. Brandmäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen, Katzen, Tauben, Hühner erkrankten nach Verfütterung der Bacillen nicht. Von zwei jungen, 4 Wochen alten Ferkeln, welche literweise mit Kulturen gefüttert wurden, blieb das eine andauernd gesund, das andere starb 8 Tage nach Beginn der Fütterung an einem Darmkatarrh. Aus den Organen konnten die Bakterien nicht gezüchtet werden. Ratten, Meerschweinchen, kleine Vögel und Tauben zeigten sich von der Subeutis aus empfänglich. Bei den Vögeln entwickelte sich an der Impfstelle, im Brustmuskel, eine ausgedehnte gelbliche, speckige Infiltration, welche zu ne- krotischer Abstoßung der erkrankten Partie führte und Massen von Bakterien enthielt. Letztere konnten aus der Leber der gestorbenen Tiere gewonnen 1088 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, werden. Aehnlich verlief der Prozeß bei Meerschweinchen. Kaninchen waren weniger empfänglich. Zur Nachprüfung der LÖFFLERschen Versuche hat PFEIFFER 1892 eine größere Reihe von Fütterungsversuchen angestellt. Die Versuche, welche Kur- SCHER und MEINICKE publiziert haben, wurden an folgenden Tieren vorgenommen: { Kaninchen, 8 Meerschweinchen, 3 Katzen, 4 Hunden, 2 Schweinen, 2 Ziegen, 3 Schafen, 2 Pferden, 1 Affen, 2 Gänsen, 2 Enten, 2 Hühnern, 2 Tauben. Den Tieren wurde das mit 2 Tage alten Bouillonkulturen des Mäuse- typhusbaeillus sehr reichlich vermischte Futter während des ganzen Versuches, etwa 8 bis 9 Tage lang, gereicht. Keine Krankheitserscheinungen zeigten sich bei deu Schweinen, Ziegen, Katzen, Hunden, Gänsen, Enten, Hühnern und Tauben. Von den vier Kaninchen ging eins, ein schwächliches Tier, nach 7 Tagen ein. Im Blut und den Organen fanden sich die Baecillen in Reinkultur. Von acht Meerschweinchen gingen drei, am 8., 9. und 11. Tage, zugrunde. Bacillenbefund wie bei dem Kaninchen. Bei den Hammeln traten schon am 3. Tage Krankheitserscheinungen auf, Fieber, Durchfall, Futterverweigerung. Bei fortgesetzter Zufuhr von Bacillen (mittels Schlundsonde) starben zwei Hammel, das dritte Tier wurde in schwer krankem Zustande getötet. Sektions- befund beı allen drei Tieren: Hämorrhagische Entzündung des Labmagens und Darmes, leichte Milzschwellung; aus dem Blut konnten LÖFFLERsche Ba- eillen gezüchtet werden. Mäuse, welche mit dem Blut der Hammel geimpft waren, gingen an Mäusetyphus zugrunde. Auch die Pferde zeigten bald nach der Fütterung deutliche Krankheitserscheinungen, Durchfall, kolikartige Er- scheinungen, es wurde daher, da es sich um wertvolle Tiere handelte, der Ver- such abgebrochen. Der Affe wurde krank (Verdauungsstörungen), verweigerte 3 Tage lang das Futter. Nach Abbrechen des Versuchs erholte er sich wieder. R. PFEIFFER schließt aus seinen Versuchen, daß der LöÖrrLEersche Mäuse- typhusbacillus für die meisten Haustiere unter natürlichen Infektionsbedingungen wenig infektiös, wenn nicht vielfach in- different sei. Denn die Zufuhr der Bacillen bei den Tieren, welche starben (Hammel), war eine ganz enorme, wie sie bei Spontaninfektionen wohl nicht vor- kommen kann. UHLENHUTH & HÜBENER beobachteten bei Schweinen leichtes Kranksein nach Fütterung. Bei einer von Kırr experimentell mit Mäuse- typhusbacillen erzeugten Euterentzündung einer Kuh erfolgte eine derartige Verbreitung der Bakterien im Körper, daß starke Diarrhöe mit veichlichen viru- lenten Mäusetyphusbacillen auftrat. Folgende zwei Beobachtungen sprechen für eine gelegentliche Pathogenität der Mäusetyphusbaeillen für unsere Haustiere. KRICKENDT beobachtete auf einem Gute, auf welchem der Rest einer zur Mäusevertilgung gebrauchten Aufschwemmung von Mäusetyphuskulturen in das Futter für Kälber gemischt war, daß eine Anzahl 4—7 Monate alter Kälber an einer Magendarmaffektion erkrankten, der die jüngeren erlagen, während die älteren genasen. Durch bakteriologische Untersuchungen konnte KRICKENDT den Mäusetyphusbaci Ilus als Ursache der Kälberkrankheit feststellen. SHIBATAMA hat einen Fall tödlicher unbeabsichtigter Infektion eines Pferdes mit Mäuse- typhus publiziert, in welchem das Fleisch für Menschen sich äußerst giftig zeigte. Die pathologisch-anatomischen Veränderungen an Mäusen. Die Veränderungen, welche die Fütterung an Mäuse hervorruft, sind von LÖöFFLER, wie folgt, beschrieben : „last konstant zeigt sich ein Milztumor. Die Milz ist braunrot, groß und derb. Die Leber ist meist parenchymatös getrübt. Gewöhnlich zeigt sie einen sehr starken Fettgehalt, hin und wieder bietet sie auch gelbliche Flocken dar. Bisweilen ist die Leber sehr blutreich, bisweilen trocken glänzend, mehrfach hat sie aber auch ein ganz normales Aussehen. Hin und wieder wird eine Maus gefunden, welche frisches Blut in der Bauchhöhle enthält, ohne daß die Quelle der Blutung aufgefunden werden kann. Magen und Darm zeigen vielfach Veränderungen. Im Pylorusteil des Masens wie im Anfangsteil des Duodenums finden sich sehr häufig kleine Hämorrhagien in der Schleimhaut, die Pryerschen Haufen sind vielfach gerötet und auch wohl etwas geschwollen. Der untere Teil des Dünndarms ist häufig Paratyphus ete. 1089 mit schwärzlichem Inhalt erfüllt. Die Mesenterialdrüsen sind deutlich, bisweilen stark geschwollen, dunkelgraurot, von Hämorrhagien durchsetzt. Die Nieren sind meist blaß, bisweilen parenchymatös gefärbt. . Bei der mikroskopischen Untersuchung der Organe fanden sich die Bak- terien meist in Haufen innerhalb der Kapillaren angeordnet. Sie bilden Herde, welche an die Typhusbacillenherde beim Menschen erinnern. Vielfach liegen sie innerhalb von großen farblosen Zellen. Die gelblichen Flecke in der Leber, welche mehrfach makroskopisch wahrgenommen werden, enthalten kein Leber- gewebe mehr. Diese Stellen stellen sich dar als atrophische, nur aus Ge- fäßen und Bindegewebe bestehende Partien, welche häufig von Kernwucherung umgeben sind. Stets findet sich in der Mitte dieser Partien ein Baeillenhaufen, Man hat den Eindruck, als ob die Bacillen den Schwund der Leberzellen und die Kernwucherung veranlaßt hätten. An anderen Stellen liegen die JIaufen in normalem Gewebe, ohne reaktive Kernwucherung in der Umgebung. Die Mesenterialdrüsen sind von enormen Massen der Bacillen durchsetzt.“ Die Empfänglichkeit der Menschen für Mäusetyphus- bakterien. Nach den ersten Mitteilungen von TROMMSDORFF auf dem Inter- nationalen Kongreß für Hygiene in Brüssel 1903 über Erkrankungen an Durchfällen bei zehn Leuten, die mit dem Legen von LÖöFFLER- schen Mäusetyphusbacillen zu tun gehabt hatten, sind weitere Publi- kationen von GEORG MAYER, SHIBAYAMA und FLEISCHANDERL erfolgt. Mayer erkrankte selbst im Verlauf seiner Versuche an akuter Ente- ritis mit positivem Befunde von Mäusetyphusbacillen in seinem Stuhl. SHIBAYAMA teilt mehrere einwandfreie Fälle von einzelnen und Massen- erkrankungen mit. Es erkrankten einmal 30 Personen, darunter zwei tödlich nach Genuß eines Gemüses, das in einem Holzgeschirr ange- richtet war, das vorher zur Aufschwemmung von Mäusetyphuskulturen gedient hatte. In einem andern Fall waren 34 Personen, darunter eine tödlich, an heftiger Gastroenteritis nach Genuß von Fleisch eines Pferdes erkrankt, das einer gelegentlichen Infektion mit Mäuse- typhusbacillen erlegen war. In dem Fleisch und den Ausleerungen der Erkrankten fanden sich Mäusetyphusbacillen. FLEISCHANDERL beobachtete in seiner Praxis mehrere Fälle von akuter Enteritis bei Leuten, welche mit Mäusetyphusbacillen getränkte Brotstückchen auf die Felder verteilt hatten und 24 Stunden später teils schwer, teils leicht erkrankt waren. Unter den Erkrankten be- fand sich eine Lehrersfamilie, die nichts mit dem Legen des Mäuse- giftes zu tun gehabt hatte, die aber am Tage vor dem Ausbruche ihrer Erkrankung ungekochte, aus jenem Hause stammende Milch genossen hatte, in dem kurz zuvor der Mäusegifttrank bereitet worden war. Ein Sohn, der von der Milch nicht getrunken hatte, war gesund ge- blieben. Aus dem Stuhl der schwerkranken Lehrersfrau wurden Mäuse- typhusbacillen gezüchtet. Um über die Frage, ob die Mäusetyphus- bacillen die ausschließliche Ursache der beobachteten Erkrankungen bildeten, volle Klarheit zu gewinnen, trank der Berichterstatter selbst eine Aufschwemmung von Bacillen, die damals in dortiger Gegend verwendet wurden, und erkrankte 24 Stunden später an einer akuten, schnell vorübergehenden Enteritis mit positivem Befunde von Mäuse- typhusbacillen in seinem Stuhl. Uncar beobachtete in Bonn eine typhusähnliche Infektion, die wahrscheinlich auf Mäusetyphusbacillen aus der Landwirtschaftlichen Versuchsstation zurückzuführen war. Das Blutserum des Patienten Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III, 69 1090 P. UHLENHUTH und E. HüBENER, arglutinierte einige Stämme von Mäusetyphusbacillen, andere nicht. Im Stuhl wurden 2mal Bakterien der Paratyphusgruppe gefunden, die weder vom Patientenserum noch vom Paratyphus- oder Mäuse- typhusserum agglutiniert wurden. Es ist daher fraglich, ob tatsäch- lich eine Infektion mit Mäusetyphusbacillen vorgelegen hat. Bages & Busıra berichten über eine Gruppenerkrankung von 7 Personen 2 verschiedener Familien, welche 2—3 Tage nach Legen von Mäusetyphuskulturen an Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Fieber, Roseola (bei einem Kinde) erkrankten. Nach den angestellten Er- mittelungen konnte es keinem Zweifel unterliegen, daß es sich um eine Infektion mit den genannten Kulturen handelte. Zwar zeigte das Krankenserum keine spezifische Agglutination, jedoch wurden Mäusetyphusbacillen aus den Dejektionen und aus dem Blut eines Kranken gezüchtet. Sie töteten bei Verfütterung Mäuse unter dem Bilde des Mäusetyphus, während von 10 mit menschlichen Paratyphus- bacillen gefütterten Mäusen nur eine einging. Nach den vorliegenden Berichten unterliegt es keinem Zweifel, daß Mäusetyphusbacillen gelegentlich für Menschen pathogen werden und heftige Gastroenteritis erzeugen können. In Anbetracht dieser Gefahr sind. vom Deutschen Reich und von Preußen Verhaltungsmaß- regeln zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen durch Legen von Mäusetyphusbacillen gegeben worden. (Erlaß vom 4. Mai 1905, Min. Bl. f. Med. usw. Angel. S. 137.) Die Bakterien der infektiösen Papageienenteritis und der Psittakose der Menschen. Geschichtliches. Schon seit dem Jahre 1879 war in Frankreich bekannt, daß im Anschluß an tödliche Erkrankungen frisch importierter Papageien, bei Personen, die mit ihnen in nähere Berührung gekommen waren, sich häufig schwere Erkrankungen typhöser Art, zum Teil mit töd- lichem Ausgang, einstellten. In den Jahren 1892—96 wurden jähr- lich solche Massenerkrankungen in Paris beobachtet, die 1892 zur Entdeckung des Erregers dieser Krankheiten durch Nocarp führten. Ihm gelang es gelegentlich einer Epidemie, die 49 Personen mit 16 Todesfällen betraf, aus dem eingetrockneten Knochenmark alter Flügel von Papageien, die auf dem Schiff während des Transports von Amerika nach Frankreich an einer seuchenhaften Enteritis verendet waren, einen Bacillus zu züchten, der nach den später vorgenommenen vergleichenden Untersuchungen alle charakteristischen Eigenschaften der Paratyphusbacillen zeigte. Durch Verfütterung derselben an gesunde Papageien konnte No- CARD das gleiche klinische und anatomische Bild der hämorrhagischen Enteritis mit Milzvergrößerung und Ekchymosen des Peritoneums hervorrufen. Nocarp zweifelte daher nicht an der ätiologischen Be- deutung dieses Mikroben für die Papageienenteritis und die im An- schluß daran bei Menschen beobachteten typhösen Krankheitszustände, die als Psittakose bezeichnet wurden. GILBERT & FOURNIER fanden dann später in dem Herzblut einer an Psittakose gestorbenen Patientin die Nocarvschen Bacillen, die nunmehr ganz allgemein als Erreger nicht nur der Papageienepizootien, Paratyphus etc. 1091 sondern auch der im Verfolg derselben auftretenden menschlichen Krankheiten angesehen wurden. Die ursächliche Bedeutung dieser Mikroorganismen für die Psitta- kose der Menschen haben neuerdings BAcHEM, SELTER & FINKLER stark in Zweifel gezogen. Sie fanden bei einer in Zülpich und Um- gebung im Sommer 1909 in Form atypischer Pneumonien gehäuft auftretenden ansteckenden Lungenkrankheit, die sie epidemiologisch mit Sittichen in Zusammenhang brachten, anstatt der Nocarpschen Bacillen, sowohl bei den Kranken und Gestorbenen als auch im Körper der als Ursache und Ausgangspunkt der Kontaktepidemie verdächtigen, im übrigen völlig gesunden Sittiche, anscheinend identische Strepto- kokken, die sie als Erreger der von Zülpich ausgehenden Epidemie von Lungenerkrankungen ansprachen. Sie machen darauf aufmerksam, daß in der Pariser Epidemie, in deren Verlauf die Nocarpschen Bacillen bei Papageien entdeckt wurden, diese Mikroorganismen nicht ein einziges Mal in den Organen der Verstorbenen gefunden wurden, und daß sie in den Epidemien der folgenden Jahre, bei denen mehrfach Personen zur Sektion kamen, wobei Darminhalt, Sputum, Venenblut, Pleuraexsudat, Milzpunktat und die Organe der Leichen auf das eifrigste nach den Nocarpschen Bacillen durchsucht wurden, nur einmal von GILBERT & FOURNIER angetroffen wurden. Sie weisen ferner darauf hin, daß eine Agglu- tination der Nocarpschen Bacillen durch Blut von Kranken niemals festgestellt ist, obwohl das Blut oft und in den verschiedensten Stadien der Erkrankung daraufhin untersucht wurde. Nach ihrer Ansicht sind die Epidemien zu Paris ebenfalls durch Streptokokken bedingt gewesen, wenn solche auch nur selten nachgewiesen wurden. ‚Jeden- falls halten sie die Nocarpschen Bacillen nicht für die ‚Erreger der Pariser Epidemien und schlagen vor, sie anstatt Psittakosebacillen nach Art der Schweinepestbacillen „Papageienpestbacillen” zu nennen. Ob die Anschauungen der genannten Autoren, denen von mehreren Seiten widersprochen ist, zu Recht bestehen oder nicht, soll hier nicht untersucht werden. Soviel sei nur gesagt, daß ihre Argumente nicht ausreichen, um die Nocarpschen Bacillen als Ueber- träger gewisser bei Papageien in Gestalt seuchenhafter Enteritiden auftretender Krankheiten auf Menschen auszuschalten. Andererseits muß zugegeben werden, daß die ursächliche Bedeutung der NocArD- schen Bacillen für die Psittakose noch nicht über jeden Zweifel er- haben ist. Das ist um so weniger der Fall, als es sich in dem von GILBERT & FOoURNIER untersuchten Falle mit positivem Bakterien- befund im Herzblut um eine Sekundärinfektion gehandelt haben kann, welche ja Bakterien der Paratyphusgruppe, unter die auch die NocarD- schen Bakterien zu rechnen sind, in nicht seltenen Fällen zu ver- ursachen pflegen. Wenn also die Frage nach der Aetiologie der Psittakose noch weiterer Klärung bedarf, so kann man doch die Nocarpvschen Bacillen als Erreger seuchenhafter Enteritis bei Papa- geien ansehen. Dafür spricht 1) der wiederholt geglückte Nachweis dieser Mikroorganismen in derartigen Krankheitsfällen, 2) das Tier- experiment, in welchem es gelungen ist, ein der natürlichen Seuche gleichendes Krankheitsbild hervorzurufen. Sıcarp fand ihn in dem Herzblut eines Papageis, der die Ur- sache von 5 Erkrankungen war. GILBErRT & FourNIER wiesen ihn im Herzblut, Darminhalt, Knochenmark, in der Milz und Leber 69* 1092 P. UHLENHUTH und E. HüBENER, eines kranken Papageien nach, der keine direkten Beziehungen zu menschlichen Erkrankungen hatte, der aber von einem Händler stammte. von dem ein anderer Papagei Psittakose verursacht hatte. ECKERSDORFF züchtete aus dem Herzblut eines nach kurzer Krank- heit verendeten zur bakteriologischen Untersuchung eingelieferten Papageien ein dem Noc arpschen Bacillus gleichendes Stäbchen, das von Psittakoseserum, aber nicht von Paratyphusserum agelutiniert wurde. BACHEM, SELTER & FInKkLer fanden bei ihren experimentellen Untersuchungen über die Psittakosen in Zülpich in sämtlichen Organen eines Graupapageien, der 14 Tage nach Ankunft einer frischen Sen- dung an Durchfall und Abmagerung erkrankt und bald darauf ver- endet war, den Nocarpschen Bacillus. Denselben Erreger wiesen sie in Leber, Herz und Lunge eines zweiten Graupapageien derselben Sen- dung nach, der in demselben Raum mit dem ersteren gehalten, 10 Tage später unter denselben Erscheinungen erkrankt und verendet war. Im Medizinaluntersuchungsamt zu Hannover wurden 1908 in dem flüssigen Darminhalt eines toten Papageien Paratyphusbacillen gefunden. Der Besitzer des gestorbenen Vogels war bald darnach an Paratyphus erkrankt, und der Besitzer der Vogelhandlung, aus der der Papagei bezogen war, wurde nebst seiner Ehefrau als Paratyphus- bacillenausscheider ermittelt. Auf die engen Beziehungen, die zwischen den Psittakosebacillen und den Fleischvergiftern des Typus Aertryck bestehen, haben zuerst Durmam und DE NoBELE aufmerksam gemacht. DurHam fand, dab die Nocarvschen Bacillen von dem Serum der Personen, die an Fleischvergiftungen litten, hoch agglutiniert wurden, und DE NOBELE stellte dieselbe Erscheinung dem künstlich mit Fleischvereiftern her- gestellten Immunserum segenüber fest. Historisch interessant ist eS, dab Acuarp & Bensaupe ihre als erste Fälle bekannt gewordenen Paratyphusinfektionen als Psittakosefälle deuten wollten. Die völlige Uebereinstimmung der Psittakosebacillen mit den Vertretern der Hog- choleragruppe ist dann von Bönme festgestellt und später von einer Reihe von Autoren bestätigt worden. Morphologie, Kultur, Biologie. In morphologischer, kultureller und biologischer Beziehung gleicht der Psittakosebacillus dem Paratyphusbacillus. Asglutinatorisch verhält er sich wie die übrigen Glieder der Paratyphus- gruppe. Einige Besonderheiten sind von BÖHME und SELTER beobachtet. BöHnMmeE fand, daß sein Psittakoseserum alle Glieder der Hogcholeragruppe in viel gleichmäßigerer Weise beeinflußte als die monovalenten Seren der einzelnen Stämme, und daß es ferner Typhusbacillen stark mitagglutinierte. Im Gegensatz dazu agglutinierte in den Versuchen SELTERS ein mit seinem Stamm hergestelltes Psittakoseserum mit einem Titer von 1:1000 menschliche Paratyphusbaecillen nur bis zu einer Verdünnung von 1:100 und Fleisch- Feeling bebieien und Mäusetyphusbacillen nur -bis zu einer Verdünnung :300. SELTER schließt daraus, daß seine Stämme, die von Schweinepestbaeillen- serum stark agglutiniert wurden, keine echten Paratyphusbacillen, sondern den Schweinepestpacillen zuzurechnen sind. PFEIFFERScher Versuch. Das Psittakoseserum übt nach den Ergebnissen von BÖHME allen Stämmen der Hogcholeragruppe gegenüber im PFEIFFERschen Versuch einen gleichmäßigen Paratyphus ete. 1093 Schutz aus und umgekehrt wirken die Seren der verschiedenen Glieder dem Psitta- kosestammı gegenüber. Bemerkenswert ist, daß in den Versuchen BöhHmes das Psittakoseserum gegen Typhus einen viel wirksameren Schutz als gegen die Hogceholeragruppe auszuüben vermochte. SACQUEPEE hat durch die Komplementbindungsreaktion die Zugehörigkeit der Psittakosebaeillen zur Hogcholeragruppe festgestellt. Sein Stamm reagierte in derselben Weise wie menschliche Paratyphusbakterien und die übrigen Glieder ‚der Paratyphusgruppe. E Giftbildung. Eine Prüfung der Psittakosebakterien auf ihre Fähigkeit der Giftbildung in flüssigen Medien scheint bis jetzt nur von HEUSER ausgeführt zu sein. 2 cem Filtrat einer 48-stündigen Kultur führten nach der 20. Passage durch Ratten- körper, diesen intraperitoneal injiziert, innerhalb von 2—4 Stunden den Tod herbei, während gleiche Mengen des Filtrats einer gleichalten Bouillonkultur ‚des Ausgangsstamms ohne Wirkung blieben. Toxinversuche mit 9-täg. Bouillon- kulturen sowohl der Ausgangsstämme wie der virulenzgesteigerten Stämme zeigten gleich tödliche Wirkung der Kultur wie des Filtrats. Pathogenität. Die Pathogenität Laboratoriumstieren gegenüber entspricht der der Para- typhusbakterien und der übrigen Stämme dieser Gruppe: Starke Infektiosität bei subkutaner und intraperitonealer Injektion und die Möglichkeit, tödliche Er- krankungen auch bei stomachaler Einverleibung zu erzeugen (BöHME). Die Empfänglichkeit der Papageien für diese Mikroorganismen ist von NOCARD & SELTER nachgewiesen. Natürlicherweise sind die Versuche wegen der hohen Geldopfer, die sie erfordern, gering. SELTER impfte 2 Sittiche mit !/, cem eıner frischen Bouillonkultur subkutan und intraperitoneal. Der intraperitoneal geimpfte Papagei war nach 24 Stunden tot, der andere nach 3 Tagen. Ein mit 0,5 ccm subkutan geimpfter Grünpapagei starb nach 5 Tagen. In den Organen dieser Tiere fanden sich die Erreger in Reinkultur. Bakterien der Paratyphusgruppe als Erreger einer Pseudotuberkulose bei Meerschweinchen. Geschichtliches. ‘Auf das Vorkommen einer sporadisch oder epizootisch mit der Bildung von Knötchen in Milz, Leber, Lymphdrüsen bei Meerschwein- schen auftretenden Krankheit haben 1884 Marassez & Vısnar auf- merksam gemacht. EsBErTH nannte diese Krankheit zuerst bacilläre Pseudotuberkulose. CHARRIN & RoGer gelang es bereits 1838, aus pseudotuberkulösen Knoten der Leber und Milz eines spontan ein- gegangenen Meerschweinchens kleine bewegliche Bacillen zu ge- winnen, mit denen sie bei Meerschweinchen, Kaninchen und Mäusen, ein dem ursprünglichen gleiches Krankheitsbild zu erzeugen ver- mochten. Einen ähnlichen Bacillus fand Dor. Bei Versuchstieren Pseudotuberkulose erzeugende Bakterien ge- wannen Nocarp & MassaLın aus dem Sputum einer Kuh, CouURMONT aus den Perlsuchtknoten eines Rindes, Hayem aus den Pryerschen Haufen eines an Gastroenteritis verstorbenen Mannes. THEOBALD Sumırm beschrieb als Erreger der Pseudotuberkulose bei Meerschwein- chen einen Bacillus, den er Bac. pestis caviae nannte, und der große Aehnlichkeit mit den Hogcholerabacillen hatte, sich von ihnen jedoch angeblich durch seine Unfähigkeit, Indol zu bilden, unterscheidet, das man früher den Repräsentanten der Hogcholeragruppe zuschrieb. Seine 1094 P. UHLEenHUTH und E. HÜBENER, Uebereinstimmung mit den Bakterien der Hogcholeragruppe wies dann Wnerry nach. Nach diesem Autor sind Epizootien unter Meer- schweinchen in Amerika häufig auf diesen Erreger zurückzuführen, der mit einem unter den Namen Azoa als Rattenvertilgungsmittel auf den Markt gebrachten Mikroorganismus identisch sein soll. Auf das Vorkommen von Bakterien der Hogcholeragruppe bei der Pseudotuber- kulose der Meerschweinchen ist dann von DURHAM und van ER- MENGEM hingewiesen. Seitdem sind wiederholt Epizootien unter Meer- schweinchen mit positivem Bakterienbefund im In- und Auslande beschrieben und näher studiert worden. So brach z. B. im Lister- Institut eine Seuche unter den Meerschweinchen aus, der 500 Tiere erlagen und die nur 21 Tiere überstanden. Als Erreger wurde ein Bacillus aus der Gruppe der Fleischvergifter ermittelt. Die über- lebenden waren immun gegen Fleischvergiftungsbakterien und ihr Serum agglutinierte diesen und den gezüchteten Bacillus. Fünf von den Tieren schieden noch nach 5 Monaten Bacillen aus, waren also echte Bacillenausscheider geworden. PETRIE & BRrIEN berichten über eine Seuche in einem Meerschweinchenbestande, der fast alle Tiere erlagen. Aus den eingegangenen Tieren wurde ein Bacillus isoliert, der dem Bac. Aertryck und B. suipestifer in jeder Weise glich und als Erreger der Seuche angesprochen wurde. Es war aber nicht mög- lich, durch Verfütterung der Keime gesunde Meerschweinchen krank zu machen. Die Autoren nehmen an, daß die Seuche durch ein unbekanntes, unsichtbares filtrierbares Virus hervorgerufen sei, und dab die gefundenen Bakterien als normale Darmbewohner unter dem Einfluß der Seuche mobil geworden und in die Organe eingewandert seien. Sie stützen ihre Ansicht auf die krankmachende Wirkung keimfreien Blutes. In Deutschland sind von NEIsSsER, BÖHME, ECcKERSDORFF, DIETERLEN, BOFINGER seuchenartige Krankheiten mit pseudotuberkulösen Veränderungen bei Meerschweinchen beobachtet und beschrieben worden, bei denen Paratyphusbacillen als Erreger festgestellt werden konnten. ECKERSDORFF fand unter 100 Stück fast jedes dritte Tier infiziert. LöFrFLEer fand einmal bei einer unter den Vorrats-Meerschweinchen des hygienischen Instituts in Greifs- wald auftretenden Seuche mit Veränderungen der Pseudotuberkulose den Gärtnerbacillus. Morphologie, Kultur, Biologie. Morphologisch, kulturell und biologisch gleichen die Mikroorganismen den Bakterien der Paratyphusgruppe, so daß in dieser Beziehung nichts Neues und Anderes zu berichten ist. In den Agglutinationsprüfungen von ECKERSDORFF, DIETERLEN usw. wurden die Erreger von einem Paratyphusserum bis zur Titer- grenze agglutiniert. ‚Ob die Erreger wie die übrigen Glieder der Paratyphusgruppe auf flüssigen Medien hitzebeständige Gifte bilden, ist unseres Wissens noch nicht geprüft. Pathogenität. . Die Pathogenität ist hauptsächlich Meerschweinchen gegenüber geprüft. WERRY hebt hervor, daß auch Mäuse und junge Ratten nach Verfütterung der Kulturen eingingen, und daß sich die Virulenz durch Tierpassagen steigern läßt. DIETERLEN konnte bei subkutaner Verimpfung in minimalen Dosen auf Meerschweinchen und bei Verfütterung wiederum Pseudotuberkulose der Milz, nicht aber den Tod hervorrufen, und zwar waren die Veränderungen um so deutlicher, je länger die Tiere am Leben gelassen wurden. Interessant ist, daß Paratyphus etc. 1095 nach der subkutanen Impfung jedesmal die Paratyphusbacillen in der Gallen- blase nachzuweisen waren. “ Die pathologisch-anatomischen Veränderungen werden von den Autoren übereinstimmend in folgender Weise geschildert: Die vergrößerten und blut- reichen Organe der Bauchhöhle, Milz, Leber und Nieren sowie die Mesenterial- drüsen zeigen vereinzelte oder in großen Mengen über das einzelne Organ aus- gesäte, ziemlich scharf begrenzte, leicht hervorragende gelbe bis gelbweiße Herde von weicher bis trocken-käsiger Beschaffenheit, die in der Größe zwischen einem Stecknadelknopf und einer großen Erbse schwanken. Besonders die größeren lassen sehr häufig in ihrer Peripherie feine Gefäße erkennen. Bisweilen sieht man Verklebungen oder in»älteren Stadien Verwachsungen mit Nachbarorganen — Niere, Leber, Zwerchfell; häufiger liegen die Herde unter dem unverdickten Serosaüberzug oder sind manchmal mit leicht abwischbaren Fibrinflocken be- legt. Ein Konfluieren von mehreren Herden, wie es bisweilen eine langsam verlaufende Impftuberkulose der Meerschweinchen zeigt, wird nicht beobachtet, ebensowenig wie ein Befallensein der Lungen, doch ist zu berücksichtieen, daß die Tiere nicht lange an der Seuche krank sind. 2 Zum Teil erscheint auch der Darm betroffen: häufiger in Form eines Katarrhs mit diffuser Schwellung der Schleimhaut, bisweilen aber auch mit ausgesprochener Lokalisation an den Drüsenapparaten, den solitären wie den aggregierten Follikeln; sie treten dann als weiche geschwellte Herde über die Umgebung deutlich hervor, oft schon von außen sichtbar, oder zeigen in einzelnen Fällen deutliche Geschwürsbildung mit aufgeworfenem, verdicktem Rand. Auch an größeren und kleineren Blutungen in die Mucosa fehlt es nicht, so daß das ganze ‚Bild unwillkürlich an den Typhus beim Menschen erinnert. In fast allen Fällen sind die Mesenterialdrüsen an Milz, Leber und Mesenterium geschwellt, manchmal bis Kirschkerngröße, weich; und von ihrer Schnittfläche wie von der der geschwellten Darmfollikel gelingt es jedesmal, die typischen Baeillen durch ua herauszuzüchten. Auch im Pankreas sitzen öfter kleinere und größere noten. Im ganzen ist die Aehnlichkeit mit einer durch intraperitoneale Injektion hervorgerufenen echten Tuberkulose nicht zu bestreiten, wenn auch für den, der viele Fälle von Impftuberkulose beim Meerschweinchen gesehen hat, Verschieden- heiten nach Anordnung, Größe und dem Nebeneinander der einzelnen Stadien hervortreten. Schwierigkeiten in der Unterscheidung können entstehen, wenn beide Prozesse nebeneinander vorkommen, oder aber, wenn das Auftreten der Seuche bei den Versuchstieren noch nicht entdeckt ist (DIETERLEN). Die Kälberruhrbakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe. Geschichtliches. Die Ruhr der Kälber, eine die Tiere in den ersten Lebenstagen befallende akute kontagiöse Infektionskrankheit, die häufig als Stall- scuche zur Beobachtung gelangt und durch profuse Durchfälle sowie rasche Erschöpfung gekennzeichnet ist, stellt nach dem überein- stimmenden Urteil der meisten Autoren keine lokale Darmkrankheit, vielmehr eine allgemeine Krankheit septikämischen Charakters dar. Beim Vorherrschen der septikämischen Erscheinungen und dem Fehlen der Darmerscheinungen spricht man daher öfter nur von einer reinen Septikämie der Kälber. Und wenn an Stelle des Darms eine Betei- ligung der Lungen und des Brustfells im Vordergrunde der Erschei- nungen steht, pflegt man die Krankheit als septische Pneumonie oder ansteckende Lungen-Brustfellentzündung zu bezeichnen. Alle drei Krankheiten faßt man unter dem Namen seuchenhaftes Kälbersterben zusammen. Auf die Frage nach der ätiologischen Einheit dieser Krankheits- formen soll hier nicht näher eingegangen werden. Bisher hat man eine Vielheit von Erregern als Ursache der einzelnen Krankheiten 1096 P. UHLENHUTH und E. HÜBENER, angenommen, insbesondere Colibakterien und ihnen ähnliche Mikro- oreanismen, die man als Paracolibakterien (JENsEN) oder Pseudo- colibakterien (Poers) bezeichnet hat. Nach dem Ergebnis neuerer bakteriologischer Unter- suchungen gehören zu diesen Erregern auch Bakterien der P araty phus- und Gärtnergr uppe! Es ist das eine Tat- sache, die erst in den letzten Jahren bekannt und allgemein aner- kannt ist, obwohl bereits 1897 Tnomassen eine genaue Beschreibung dieser Bakterien gegeben hat. Er sprach sie damals als Erreger einer neuen mit Nephritis und Bakteriurie verbundenen septikämi- schen Krankheit der Kälber an, die in Holland jedes Frühjahr unter den Kälberbeständen große Verluste verursachte. Bei der Obduk- tion fanden sich Blutungen am Endocardium, am Bauchfell, auf der Magen- und Harnblasenschleimhaut, akute hämorrhagische Schwel- lung der Mesenterialdrüsen, hochgradige akute Milzschwellung, akute Nierenentzündung. Aus dem Blut, der Bauchhöhlenflüssigkeit, der Leber, den Nieren und dem Harn wurden von Tmomassen den Typhusbacillen nahe- stehende Bakterien gezüchtet, deren Identität mit den Gärtnerbacillen feststeht. Es sind bewegliche, gramnegative Stäbchen, die auf Gelatine, Agar, in Bouillon und Milch das Wachstum der Gärtnerbacillen zeigten, kein Indol bildeten, Milchzucker nicht vergoren und vom Typhusserum agglutiniert wurden. Später hat dann DE NOBELE festgestellt, daß sie durch Gärtnerserum agglutiniert wurden, während sie von einem Serum, das mit Aertryk-(Paratyphus-)Bacillen herge- stellt war, kaum beeinflußt werden. Durch subkutane Verimpfung von Bouillonkulturen oder Ver- fütterung von Bouillonkulturen an 5 Tage alte Kälber konnte Tromassen ein der natürlichen Krankheit gleichendes Bild der Septik- ämie hervorrufen. Auch ein 3 Monate altes Rind zeigte sich em- pfänglich. Mäuse, Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen erlagen einer sub- kutanen Infektion unter den Zeichen der Septikämie (Milzvergröße- rung, Enteritis, Nierenentzündung). 5 Hunde, von denen 4 subkutan, einer intrathorakal infiziert wurden, zeigten nicht die geringste Re- aktion, ebensowenig ein Pferd, dem 5 cem Bouillonkultur subkutan injiziert wurden. Eine der Tmomassenschen Krankheit ähnliche haben (1902) MoHLER & Bucktey in Amerika bei Kühen beobachtet. Die klinischen Erscheinungen und die pathologischen Veränderungen glichen den von Tromassen bei Kälbern erhobenen Befunden. Bemerkenswert ist, daß bei einer am 26. Tage verendeten Kuh außer Blutungen in den serösen Häuten nekrotische Herde in der Leber gefunden wurden. Als Erreger wurden Bakterien nachgewiesen, die zweifellos der Para- typhusgruppe angehören. Marvoz hatte ebenfalls bei einer infektiösen Kälberenteritis Bak- terien nachgewiesen, deren Zugehörigkeit zur Aertryckgruppe DE No- BELE nachwies. Auffallenderweise haben diese Feststellungen in der Folge nicht die gebührende Berücksichtigung gefunden, obwohl damals schon zahl- reiche Fälle von Fleischv ereiftungen im Anschluß an Enteritis und Paratyphus etc. 1097 septische Erkrankungen von Kälbern mit positivem Nachweis der in diese Gruppen gehörenden Bakterien bekannt waren und in der Folgezeit publiziert wurden. Zwar hatte Jensen auf die Aehnlichkeit der als Pseudocolibacillen von Porrs und als Paracolibacillen von ihm bezeichneten und als Erreger der Kälberruhr angesprochenen Bakterien mit denen der Schweinepestgruppe hingewiesen, und auch Joest hatte bereits aus ruhrkranken Kälbern Bakterien isoliert. die .in ihrem morphologischen und biologischen Verhalten dem Para- typhus-B-Bacillus entsprachen, deren näheres Studium ihm bloß aus äußeren Gründen nicht möglich gewesen war. Der Gedanke an eine mögliche Beziehung dieser tierpathogenen Mikroben zu den damals bekannten Erregern des Paratyphus und der Fleischvereiftung wurde nicht weiter verfolgt, und systematische Untersuchungen, welche allein die so wichtige Frage hätten klären können, unterblieben. Sie sind erst in der jüngsten Zeit in größerem Umfange angestellt. Zunächst konnten UHLENHUTH & HüÜBENER, welche 100 Kälber- ruhrkulturen aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und Däne- marks prüften, feststellen, daß unter den deutschen, neben Coli- arten, Paratyphus B.-Gärtnerbacillen und eine von ihnen Paratyphus-C-Bacillus genannte Bakterienart in Betracht kommen, und bezüglich der dänischen ermitteln, daß der als Ursache der Kälberruhr von Jensen angeschuldigte Paracoli- bacıllus sich von dem Bac. enteritidis GÄRTNER nicht unter- scheiden läßt. Auch mehrere im Handel vorkommende und von ihnen geprüfte Kälberruhrsera agglutinierten teils nur die Coliarten, teils gleichzeitig die Paracoli- (Gärtnerarten), teils gleichzeitig die Bak- terien der Paratyphusgruppe, teils alle drei Vertreter der verschie- denen Bakteriengruppen, so daß also retrospektiv geschlossen werden konnte, daß Bakterien der Paratyphus- und Gärtner- gruppe zu den Erregern der Kälberruhr zählen, wobei die Frage, ob sie die prima causa der Krankheit darstellen oder eine mehr sekundäre Rolle spielen, nicht erörtert wurde. Diese Befunde wurden dann bestätigt durch Tırzz & WeEICcHEL, sowie LANnGRAU. Von ScHımipr sind umfangreiche Untersuchungen über den Bakterien- gehalt der Organe von Kälbern, welche an Ruhr, Septikämie und Lungenbrustfellentzündung gelitten hatten, angestellt. In 63 Fällen fand er 9mal Paratyphusbacillen, unter 19 Kadavern einer Kälber- ruhrepizootie eines Gutes Smal, unter 16 anderweitigen Fällen 2mal. Er wies sie ferner intra vitam im Blut kranker Kälber nach und konnte mit ihnen bei gesunden Kälbern durch subkutane Injektion und Ver- sprayung Lungenbrustfellentzündung erzeugen. Nachdem die Aufmerksamkeit auf die Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe bei der Kälberruhr von neuem gelenkt war, sind diese Erreger mehrfach bei Gruppenerkrankungen angetroffen, so Von ÜHLENHUTH & HÜBENER, TırzE & WEICHEL, RIEMER, FALLY usw. Im Fleisch verdächtiger oder kranker Kälber wurden Paratyphus- bacillen von EDENHUIZEN, FRANCKE, IuUnacK, LEDSCHBOR und MÜLLER nachgewiesen. Morphologie, Kultur, Biologie. Hinsichtlich der Morphologie, Kultur und Biologie gleichen die zur Paratyphus- und Gärtnergruppe gehörigen Bakterien der Kälberruhr 1098 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, den entsprechenden menschlichen Stämmen. Wenigstens konnten UHLENHUTH & HÜBENER, TIETZE & WEICHEL sowie LANGKAU keine Unterschiede feststellen. ZELLER fand, daß die meisten Kälberruhrstäimme der Paratyphusgruppe im Gegensatz zu den menschlichen Paratyphusstämmen „die LöÖFFLERsche (rünlösung 44° trübten, eine Erscheinung, die als arttrennendes Merkmal nicht in Betracht kommen dürfte. Einige Stämme verhielten sich auch auf anderen Nährböden abweichend. Ein Stamm ließ in den ersten 6 Tagen Lackmusmolke fast un- verändert, dann trat leichte Rötung, später bleibende tiefrote Färbung auf. Bei einem Stamm stellte sich der Umschlag in Blau erst nach 3—4 Wochen ein. Ein anderer Stamm zeigte im Neutralrotagar weder Gasbildung noch Fluoreszenz. Ein dritter vergärte und entfärbte die LÖFFLERSche Typhuslösung vollständig. Diese Abweichungen sind durchaus möglich, und erklärlich, da die von SCHMITT & ZELLER isolierten Kälberruhrstäimme hauptsächlich solche des Gärtnertypus darstellen und diese in jeder Beziehung variabler sind als die Bakterien des Paratyphus. Da nicht angegeben ist, daß die Stämme nochmals auf Reinheit geprüft sind, so könnte die Abweichung auch durch zufällige Verunreinigung. bedingt sein, die bei dem Arbeiten mit so vielen Stämmen durchaus erklärlich wäre. Bei der Prüfung der Agglutination mittels verschiedener Seren haben sich bemerkenswerte Erscheinungen gezeigt. Zunächst muß hervorgehoben werden, daß eine Reihe der im Laboratorium fortgezüchteten Kälberruhrstämme durch Serum, das mit menschlichen Paratyphus- oder Gärtnerstämmen hergestellt ist, genau so agglutiniert wird wie die menschlichen Stämme und vice versa. Diese Tatsache hat ja gerade zu der Erkenntnis verholfen, daß unter der Vielheit der als Erreger der Kälberruhr angesprochenen Mikroben solche der Paratyphus- und Gärtnergruppe sich befinden. Sehr eingehende Agglutinationsprüfungen sind von SCHMITT & ZELLER an 40 von ihnen aus Kadavern an Ruhr, Sepsis und Pleuropneumonie einge- gangenen Kälbern gezüchteten Stämmen ausgeführt worden. Außer 5 Menschen- Paratyphusstämmen prüften sie 3 Mäusetyphus- und 1 Ratinstamm und 2 Kälberruhrstämme (Paracoli Jensen). Als Sera dienten ihnen multipartiale und monovalente Kälberruhrsera und Paratyphus-B-Sera. Je nach dem Verhalten diesen Seris gegenüber unterschieden sie 5 Gruppen. Diese lassen sich aber, wenn man von quantitativen Unterschieden absieht, auf 3 Gruppen reduzieren, nämlich erstens solche Stämme, die von den Kälberstämmen-Immunseris hoch, von den Menschen-Paratyphus-B-Immunseris niedrig agglutiniert werden, zweitens solche Stämme, bei denen das Umgekehrte der Fall ist. In die 3. Gruppe gehören Stämme, die von keinem der Sera in größerer Verdünnung beeinflußt werden. Sie beobachteten ferner, daß die Agglutinabilität der menschlichen Paratyphusstämme für Kälberparatyphusserum erheblich zu- nahm, für ihr eigenes Serum abnahm, wenn dieselben längere Zeit im Körper der Kälber verweilt oder Passagen durch Kälber durchgemacht hatten, menschliche Paratyphusstämme wurden also nicht mehr wie diese, sondern wie Gärtnerstämme agglu- tiniert. Und zwar geht der Dauer des Verweilens der menschlichen Paratyphus- stimme im Kälberorganismus proportional die Abnahme der Agglutinierbarkeit für das homologe Serum und die Zunahme für Gärtnerserum. Das Blut von Kälbern, welche mit solchen ursprünglich echten, aber durch Passagen ver- änderten Paratyphusstämmen infiziert werden, bekommt die agglutinierenden Eigenschaften der Gärtnerserums. Es ändert sich also im Kälberorga- nismus nicht nur die agglutininbindende, sondern auch die agglutininbildende Eigenschaft der echten menschlichen Para- typhusstämme zum Gärtnertypus hin. Diese Umänderungen wurden von den Autoren nicht bei allen Stämmen beobachtet. Manche bewahrten den reinen Paratyphuscharakter. Nach ihrer Ansicht ist die Umwandlung nicht nur von der Eigenschaft der Stämme, sondern von Eigentümlichkeiten der Ver- suchstiere abhängig. Sie scheint ihnen dafür zu sprechen, daß die Bakterien vom Typus Gärtner und vom Typus Paratyphus nicht getrennte Arten, sondern Varietäten einer Art darstellen. In den Versuchen von LANnGKAU ließen die von ihm gefundenen Kälberruhr- Gärtnerstämme bei Verwendung von Typhus- und Paratyphusserum jede Mit- agglutination vermissen, welche die menschlichen Gärtnerstäimme in ausge- sprochener Weise erkennen ließen. LANGKAU sieht darin ein beide Arten trennendes Merkmal. Paratyphus etc. 1099 Widerstandsfähigkeit. Die Widerstandsfähigkeit der Kälberruhrbakterien gleicht der der Para- typhusbaeillen. In Gelatinestichkulturen können sie sich bis zu 13 Monaten bei Zimmertemperatur halten. Auf Agar und in Bouillon, bei Eisschranktemperatur ist eine Lebensdauer bis zu 26 Monaten beobachtet. Bouillonkulturen, welche 30 oder 60 Minuten einer Temperatur von 60° im Wasserbad ausgesetzt wurden, oder 30 Minuten lang auf 65° erhitzt werden, zeigen noch lebende Bakterien. l-stündige Erhitzung auf 65° bewirkt Abtötung aller Individuen. Giftbildung. TITZE & WEICHEL fanden, daß die Kälberruhrbakterien der in Rede stehen- den Gruppen in 10 Tage alten Bouillonkulturen Toxine bilden. Verfütterung der abgetöteten Bouillonkulturen, resp. des keimfreien Filtrats derselben an Kälber rief Enteritis hervor. Durch halbstündige Erhitzung auf 60° wurden die Toxine abgeschwächt, durch Erhitzung auf 80° unschädlich gemacht. ZELLER impfte 40 Meerschweinchen intraperitoneal mit 1,5—2,0 eem 24-stündiger Bouil- lonkultur, die 1 Stunde lang teils auf 65°,. teils auf 100° erhitzt war. Alle Tiere blieben am Leben, was nicht Wunder nehmen dürfte, da die Versuchs- anordnung zu sehr von der sonst zum Nachweis von Giften der verwandten Bakterienkulturen gebräuchlichen Methodik abweicht. LAnGKAU fütterte zwanzig Mäuse mit Filtrat 48-stündiger bei 230 gewachsener Bouillonkulturen. Die meisten wurden krank, nach 4—10 Tagen starben 6 Stück. Der Versuch wurde später -in derselben Weise wiederholt, nur mit dem Unterschied, daß die Kul- turen Mauspassagen durchgemacht hatten. Die meisten Tiere blieben völlig gesund, einige wurden krank und nur eine Maus starb. Durch Mauspassagen hatte die Fähigkeit der Kulturen, Gifte zu bilden, abgenommen. Daß Kälberruhrbakterienextrakte hoch toxisch wirken können, haben die Versuche v. SANDES gezeigt. Er versuchte mit Hilfe eines aus Kälberruhr- bacillen gewonnenen Bakterienextraktes hochtragende Kühe aktiv zu immuni- sieren, um dadurch eine Immunität der Kälber vor der Geburt zu erzielen. Die Mehrzahl der geimpften Tiere erkrankte schwer, es traten Durchfälle und Abortus ein, zwei Kühe verendeten sogar. Nach Modifizierung des Verfahrens sollen die Resultate besser geworden sein. Pathogenität. Bezüglich der Tierpathogenität gleichen die Kälberruhrstämme der Paratyphus- und Gärtnergruppe den Menschen-Paratyphus- und Gärtnerstämmen. . Nach den Untersuchungen von THomassEn, ÜHLENHUTH & Hü- BENER. TITzE & WeEICHEL, LANGKAN, SCHMITT & ZELLER sind die Laboratoriumstiere sowohl bei subkutaner, intravenöser und intra- peritonealer, wie auch bei stomachaler Einverleibung für die Kälber- ruhrbakterien empfänglich. Nur Ratten, die subkutan und intra- peritoneal mit großen Dosen geimpft wurden, blieben gesund (ZELLER). Bei Tauben entsteht bei intramuskulärer Impfung ein .Abszeß. Hühner sind refraktär. Bei den empfänglichen Laboratoriumstieren entsteht nach Fütte- rung meist eine hämorrhagische Enteritis mit Schwellung der Mesen- terialdrüsen, der Leber und Milz und Bildung von Herdnekrosen in diesen beiden Organen, bei subkutaner oder intravenöser resp. Intra- peritonealer Impfung das Bild der Septikämie. Die Erreger finden sich in allen Organen. R Durch subkutane, intrathorakale Verimpfung sowie durch Ver- fütterung gelingt es, Enteritis, Pleuropneumonie, Sepsis bei Kälbern und jungen Rindern hervorzurufen (Schmitt, TırzE & WEICHEL, UHLENHUTH & Hüsener). Letztere Autoren haben die Pathogenität der Kälberruhrbakterien für Ferkel nachgewiesen. 1100 P. UHLENHUTH und E. HüÜBENER, Der Bacillus der Knötchenbildung in Kalbslebern (Bac. nodulifaciens Langer). Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe haben nicht nur für die Kälberruhr eine ätiologische Bedeutung erlangt, sondern sind auch als die Ursache einer besonderen, mit der Bildung von grau- gelben submiliaren nekrotischen Herden verbundenen Leberkrankheit bei Kälbern erkannt worden. Geschichtliches. Auf das Vorkommen von solchen Knötchen in Kalbslebern ist in Deutschland zuerst von Harrner in der 21. Versammlung des Vereins der Schlachthoftierärzte der Rheinprovinz 1902 aufmerksam gemacht, nachdem VALL£E in Frankreich bereits 1898 ähnliche Ver- änderungen an Kalbslebern beobachtet und als eine Form der Pseudo- tuberkulose beschrieben hatte. Die Tiere, bei welchen von Harrner solche Lebern gefunden wurden, hatten intra vitam keine Krankheitserscheinungen gezeigt. Bei der Schlachtung aber fand man häufig außer den Veränderungen an den Lebern eine Schwellung der Milz neben punktförmigen Blu- tungen in den Nieren und Katarrh der Bronchien. LanGer gibt folgende Beschreibung: „Die Lebern, welche an die Kgl. Tierärztliche Hochschule Berlin von HAFFNER eingeschickt wurden, hatten ziemlich scharfe Ränder, waren von braunroter Farbe, auf der Schnittfläche hellbraun und zeigten zahllose teils an der Grenze der Sichtbarkeit stehende, teils grießkorngroße, scharf umgrenzte Herde von grauweißer bis orangeroter Farbe. Ueber die Schnittfläche ragten die Knötchen halbkugelig hervor.“ Bu6GE gelang es aus den Knötchen der Leber und aus dem Herzblut von mit Leberstückchen geimpften Mäusen und Meerschweinchen Bakterien von übereinstimmender Beschaffenheit zu züchten. Bei den mit Leberstückchen geimpften Versuchstieren fiel auf, daß auch bei ihnen Knötchen in den Lebern vorhanden waren. Durch Verimpfung der Kulturen an mehrere Mäuse und ein Kaninchen wurden wieder dieselben Veränderungen an den Lebern der Ver- suchstiere hervorgerufen, wie sie an den eingesandten Kalbslebern festzustellen waren. Eingehende Versuche über die Morphologie und Biologie der Bakterien und der durch sie bedingten pathologischen Prozesse sind dann durch Langer ausgeführt worden. Er konnte ebenso wie Busse in den nekrotischen Herden jedes- mal ein Bakterium in Reinkultur nachweisen, das alle Charaktere der Paratyphusbacillen aufwies, vom Paratyphusserum aber nur noch in eine Verdünnung von 1:200 agglutiniert wurde und das er Bacillus nodulifaciens bovis nannte und in die Hogcholeragruppe einreihte. Nach neueren Untersuchungen von Pırr ist der Langersche Bacillus auf Grund der Immunitätsreaktionen unter die Gärtnergruppe zu rechnen. Langer hat bereits selbst eine hohe Mitagglutination seines Bakteriums durch Typhusserum (1:7000) festgestellt, diese Erschei- nung jedoch bei dem damaligen Mangel unserer Kenntnisse über Beeinflussung von Gärtnerbakterien durch Typhusserum nicht im Sinne einer Zugehörigkeit des Erregers zur Gärtnergruppe deuten können. Wahrscheinlich hat Langer beide Arten in Händen gehabt. . „Pie beschriebenen Veränderungen sind ein verhältnismäßig häufiger Befund. ir Paratyphus etc. 1101 Manche Kälber zeigen schon bei Lebzeiten schwere Krankheits- erscheinungen. Sie bieten ebenso wie eine beschränkte Anzahl der übrigen bei der Lebendbeschau als gesund befundenen Kälber nach der Schlachtung das Bild einer akuten Septikämie mit Schwellung der großen Körperparenchyme und mißfarbener ikterischer Beschaffen- heit des Fleisches. Die überwiegende Mehrzahl macht aber im allge- meinen einen vollkommen gesunden Eindruck bis auf die rein lokalen Veränderungen. Wirkliche Septikämie liegt nur bei einem kleinen Teile der mit akuten Allgemeinerscheinungen behafteten Kälber vor. Primärherde irgendwelcher Art, von denen die Krankheit ausgegangen sein oder die Bacillen Eintritt ins Blut erlangt haben könnten, wurden nicht ermittelt (LEDSCHBOR). Daß auch Colibakterien ähnliche Knötchen in Kalbslebern ver- ursachen können, hat FRANcKE nachgewiesen. Morphologie, Kultur und Biologie. Die Bakterien gleichen in jeder Beziehung den Angehörigen der Para- typhus-, und Gärtnergruppe. STROMBERG beobachtete allerdings bei einem aus einer verdächtigen Kalbsleber gezüchteten Stamme des Gärtnertypus eine Ge- rinnung der Milch am 47. Tage. In den Versuchen Prrrs tötete die Einwirkung einer Temperatur von 70° nach 1 Minute weder Gärtnerbakterien noch die Bakterien der Leberknötchen ab, dagegen ertrugen beide Arten nicht eine Ein- wirkung derselben Temperatur von 3 Minuten Dauer. Giftbildung. Giftbildung ist bisher nicht festgestellt worden. LANGER impfte sub- kutan mit Filtraten 24-stündiger Bouillonkulturen, ferner mit 2 Minuten bei 99° gehaltenen Bouillonkulturen, und mit Filtrat von aufgeschwemmtem Leber- brei, ohne krankmachende Wirkung. Pırr verimpfte 24-stündige Bouillon- kulturen, welche 10 Minuten lang bei 100° gehalten waren, intraperitoneal in Mengen von 0,5 cem an Mäuse und von 4,0 cem an Meerschweinchen, ohne Auslösung von Krankheitserscheinungen. Beide Autoren sprechen den Bakterien die Fähigkeit, Toxine zu bilden, ab. Dieser Schluß ist zu voreilig. Es ist möglich, daß sie bei anderer Versuchsanordnung, namentlich bei Verwendung älterer Kulturen, positive Resultate gehabt haben würden. Pathogenität. Die Pathogenität Laboratoriumstieren gegenüber gleicht eher den Kälber- ruhrbakterien und den anderen Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe. Mäuse gehen nach subkutaner Impfung von !/ooooß eem Bouillonkultur (LANGER) im Verlaufe von einem bis zu fünf Tagen unter den typischen Er- scheinungen (struppiges Haarkleid, verklebte Augen, Abmagerung, Durchfall) ein. Ebenso verhalten sich Meerschweinchen. Bei der Sektion findet sich eine Schwellung der Bauchorgane (Leber, Milz, Nieren) und das Lebergewebe meist mit zahlreichen kleinen und kleinsten grauweißen Herden durchsetzt, die auf dem Durchschnitt halbkugelig hervortreten. Auch nach Fütterung gehen Mäuse genau unter denselben Erscheinungen zugrunde. In den Versuchen von Pırr verliefen Fütterungsversuche an Mäusen und Meerschweinchen mit Rein- kulturen und fein zerteilten Leberstückchen zunächst negatıv. Durch Tier- passagen gelang es leicht, die Virulenz für beide Tierarten zu steigern, SO daß Mäuse schon nach 24 Stunden unter den schwersten Vergiftungserscheinungen eingingen. Kaninchen sind weniger empfänglich. BuGsE konnte sie mit Erfolg infizieren. Bei Fütterung und Impfung von Hunden sind Krankheits- erscheinungen nicht beobachtet worden. Die Pathogenität für Kälber ist bisher nur in zwei Versuchen von LANGER geprüft. Ein 4 Tage altes mit 2 Oesen einer frisch gewonnenen ee intravenös geimpftes Kalb erkrankte schwer unter den Erscheinungen der Sepsis 1102 P. UnLenHutH und E. HÜBENER, und verendete am 8. Tage. Bei der Obduktion zeigte die Leber die charak- teristischen Herdnekrosen. Aus allen Organen konnte der verimpfte Bacillus oezüchtet werden. Ein 6 Wochen altes, mit 300 ccm Bouillonkultur gefütter- tes Kalb zeigte außer geringem Fieber keine Krankheitszeichen. Nachdem es 3 Wochen später an einer interkurrenten Krankheit eingegangen war, fanden sich in der Leber die beschriebenen Knötchen, jedoch gelang es nicht, aus ihnen die Bakterien zu züchten. Man muß annehmen, daß es sich bei den lokalen Krankheits- prozessen der Leber von Kälbern um Residuen einer Allgemeininfek- tion handelt, die durch dieselben Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe hervorgerufen wird, welche ätiologisch für die Ruhr und Septikämie der Kälber, sei es als primäre oder sekundäre Infek- tionserreger, in Betracht kommen. Befunde von Bakterien der Paratyphusgruppe bei anderweitigen Tierkrankheiten. Smırn hat zuerst in einem Falle epizootisch auftretender Fehl- geburten von Stuten aus der Scheide einer Stute nach Abort Bakterien der Salmonellagruppe gezüchtet. Sie wurden später von LIGNIERES bei einer gleichen Epizootie wiedergefunden. Gelegentlich einer in Nordbrabant 1910 aufgetretenen Enzootie seuchenhaften Abortes bei Stuten konnten von DE Jong Paratyphusbacillen als Ursache der Seuche einwandfrei nachgewiesen werden. Der aus einem Fötus gezüchtete Paratyphusstamm wurde von dem Serum der Stuten, welche abortiert hatten, agglutiniert und rief nach intravenöser Injektion bei Kühen und Stuten Abort hervor und fand sich stets in den Föten. Eine trächtige Stute gelang es nach Verfütterung aber nicht durch intra- vaginale Injektion zu infizieren. Trächtige Meerschweinchen abor- tierten nach Infektion per os. Bei den experimentell hervorgerufenen Abortusfällen dauert die Inkubation wie bei der spontanen Infektion etwa 14 Tage. Als Ursache einer spontan aufgetretenen Kaninchenepizootie haben Horsr sowohl wie HorrinGer Bakterien der Paratyphusgruppe fest- gestellt. Von TarrakowskıI wurde als Erreger einer septischen Enteritits bei Sperlingen ein Mikroorganismus beschrieben, der nach SAacaukpEE zur Salmonellagruppe gehört. Als Ursache seuchenhafter Enterititis und fibrinöser Pleuritis und Peritonitis bei Kanarienvögeln sind von PFEILER, ferner von Apam und Meper Bakterien festgestellt, die sich in ihrem kulturellen Verhalten und ihrer Pathogenität durch nichts von Paratyphus B-Bacillen unterscheiden. Immunität und Immunisierung. Ueber die wichtige Frage nach dem Vorkommen einer ange- borenen oder erworbenen Immunität des Menschen gegenüber den Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe liegen bis jetzt sichere, verwertbare Angaben aus Beobachtungen in der Praxis nicht vor. Pröscher & Roppy behaupten zwar, daß das Ueberstehen einer Para- typhusinfektion Schutz gegen eine spätere Infektion mit den näm- lichen Erregern verleihe, bringen aber dafür keine einwandfreien Paratyphus etc. 1103 Beweise. Nach Analogie des Typhus könnte man auch beim Para- typhus von vornherein das Auftreten einer Immunität beim Menschen annehmen. Auch der Umstand, daß bisher Beobachtungen, welche das Gegenteil beweisen, nicht bekannt geworden sind, könnte in demselben Sinne verwertet werden. Wichtiger als diese Schluß- folgerungen erscheinen Beobachtungen von Immunitätserscheinungen bei empfänglichen Tieren unter natürlichen Verhältnissen und die Ergebnisse des Tierexperiments im Laboratorium, mit Hilfe dessen es gelingt, künstlich eine aktive und passive Immunität zu erzeugen. Aktive Immunität und Immunisierung. 12, Durch Kübberune Die bei älteren Ratten vorhandene Immunität gegenüber den Rattenschädlingen (Gärtnergruppe) ist nach den interessanten Unter- suchungen von TRAUTMANN und von XYLANDER auf eine unter natür- lichen Verhältnissen erfolgte Aufnahme der in den Abfällen und Sielen verbreiteten Bakterien zurückzuführen. Man kann infolgedessen daran denken, daß auch viele Menschen durch ständige Aufnahme von diesen Bakterien eine gewisse Im- munität erlangt haben. Der Gedanke liest um so näher, als im Tierexperiment eine Immunisierung per os mit diesen Bakterien- arten gelungen ist (LÖFFLER, ÜHLENHUTH & HÜBENER, WOLF, ELJIRO YosHIDA). LÖFFLER verabfolgte Mäusen per os abgeschwächte und abge- tötete Mäusetyphusbacillen. Ein Teil der Tiere starb, und zwar an den aufgenommenen Giften, ein Teil blieb bei der späteren Fütterung gesund. Die Versuche zeigten somit, daß es möglich ist, die für die Infektion per os mit dem Mäusetyphusbacillus so überaus empfind- lichen Feldmäuse gegen die Infektion zu schützen, und zwar durch längere Zeit fortgesetzte Darreichung per os von abgetöteten Ba- cillen, während durch die- Vorbehandlung mit solchen in verschiedener Weise abgetöteten Bacillen von der Unterhaut oder vom Peritoneum aus eine Immunisierung nicht erreicht werden konnte. Nach LÖrFFLERS Anschauung handelt es sich dabei um eine Organimmunität. Uns ist es gelungen, durch einmalige Verfütterung von Para- typhus-B-Hogcholerabacillen, der im normalen Schweinedarm und in einwandfreier Wurst vorkommenden ähnlichen Bakterien an Mäuse gegen Mäusetyphus zu immunisieren. Worr und Errro YosHIDA konnten mit menschlichen Paratyphusbacillen Mäuse per 0s gegen Mäusetyphus immunisieren. KorLıe, KuUTscHEr & Mernıck£ fütterten Meerschweinchen mit Paratyphus- und Mäusetyphusbacillen. Nach 4 Wochen erwiesen sich die Tiere hochimmun gesen die intraperitoneale Infektion mit der 1000--10000-fäch tödlichen Menge Paratyphus- und Mäusetyphus- bacillen, und zwar auch wechselseitig. Durch Fütterung mit abge- töteten Paratyphusbaeillen konnten sie keine Immunität erzielen. Auch bezüglich anderer Bakterienstämme liegen einzelne Beob- achtungen vor, welche auf die Möglichkeit einer Immunisierung per 08 schließen lassen. Von 4 mit den Langerschen, aus Leberknötchen von Kälbern gewonnenen Bakterien gefütterten Mäusen gingen 3 ein, eine blieb 1104 P. UHLen#urH und E. HüÜBENER, am Leben. Zweimalige spätere Impfungen mit übertödlichen Dosen überstand sie. In den Versuchen von Brien & Perrı über Pseudotuberkulose der Meerschweinchen zeigten sich diejenigen Tiere, welche eine Fütterung überstanden hatten, gegen den homologen Stamm und Fleischvergifter geschützt. METSCHNIKOFF & BESREDKA benutzten bei ihren Versuchen, Affen gegen Typhus zu immunisieren in zwei Fällen Paratyphusbacillen, die aus dem Blut eines an Paratyphus gestorbenen Menschen stammten. Ein Afte (Schimpanse) erhielt per os eine einer Rouxschen Flasche entsprechende Menge der Kultur. Danach trat eine fieberhafte Re- aktion von 15-tägiger Dauer auf, während der das Blut frei von den Erregern war. Einige Tage nach Abklingen der Reaktion erhielt das Tier 1/, Flasche Typhusbacillenkultur, die aus menschlichen und durch Affenpassagen gezüchteten Stämmen zusammengesetzt war. Da- nach trat nicht die geringste Reaktion auf. Die Temperatur blieb normal, das Blut steril, während das Kontrolltier an einem charakte- ristischen typhösen Fieber erkrankte. Bei der 4 Wochen später vorgenommenen Obduktion fanden sich keine Veränderungen an den Organen und keine Paratyphus- oder Typhuserreger. In dem anderen Falle kam nur 1/, Rouxsche Flasche zur Ver- wendung, wonach eine leichtere Reaktion auftrat. 3 Wochen später Verabfolgung !/, Flasche Typhuskultur von menschlichen und Affen- passagestämmen. Danach erkrankte das Tier an leichtem Fieber mit positivem Befund der Bakterien im Blut, jedoch war die Höhe und Dauer des Fiebers bei dem Kontrolltier viel stärker. Bei der 3 Wochen später vorgenommenen Obduktion enthielt die stark ver- gsrößerte Milz und Niere Reinkulturen des EserrHschen Bacillus, währena die Untersuchung auf Paratyphusbacillen negativ ausfiel. Die Autoren schließen aus ihren Versuchen, daß es möglich ist, menschenähnliche Affen mit massigen Dosen von Paratyphus- bacillen gegen Typhus per os zu immunisieren! 2. Durch Impfung. Aktive Immunisierungsversuche in größerem Umfange mittels Impfung haben zuerst KoLLk, KuTScHER & MEINIcKE an Meerschweinchen mit Paratyphus- und Mäusetyphusbacillen ausgeführt. Mit wenigen Ausnahmen zeigten sich die Tiere immun, nicht nur gegen den homologen Stamm, sondern auch gegen andere Stämme der Hogcholeragruppe (Paratyphus, Mäusetyphus und Fleischvergifter). FrÄnkEeL & Muc# haben mit ihrem aus perityphlitischem Eiter gezüchteten Paratyphusbacillus einige Immunisierungsversuche an- gestellt. . 1 Oese einer 24-stündigen Agarkultur wurde in 10 ccm sterilen Wassers verrieben und dieses mit 5 Proz. Phenol versetzt. Eine gleiche Bacillen- emulsion wurde durch ein zweimaliges je 1l-stündiges Erhitzen auf 60° abge- tötet. Zwei Meerschweinchen erhielten eine einmalige Injektion von 2 ccm intraperitoneal, die sie gut vertrugen. 1 Woche später wurden sie und 2 Kon- trollen mit /,000 Oese des Stammes intraperitoneal geimpft. Während die Kontrollen beide am 7. Tage tot waren, lebte das eine vorbehandelte Tier noch einen Monat, das andere blieb dauernd am Leben. Versuche, mit Endotoxinen zu immunisieren, schlugen fehl. Versuche, durch intraperitoneale Injektion von 2 ccm 3 Tage alter Bouillon- und Peptonwasserkulturen, die mit Karbolglyzerin sterilisiert, klar zentrifugiert Paratyphus etc. 1105 und filtriert waren, zu immunisieren, mißlangen insofern, als von 4 Meerschwein- chen nur eins die Vorbehandlung überlebte, aber einer 7 Tage später vorge- nommenen Impfung mit !/ıooo Oese erlag. Die Kulturfiltrate erwiesen sich unter den angegebenen Bedingungen als zu giftig. . Die genannten Autoren versuchten ferner mit Aggressinen zu immuni- sieren. Durch intraperitoneale Injektion von großen Mengen Bacillen in etwa 3 ccm sterilem Aqua dest., der die Meerschweinchen innerhalb der ersten 24 Stunden erlagen, erhielten die Autoren Exsudatmengen zwischen 2 und 10 ccm. Das Exsudat wurde entweder durch Karbolglyzerin oder Chloroform sterilisiert und in Mengen von 0,1; 0,25; 0,5; 1,0 intraperitoneal injiziert. Die Nachimpfung mit 1/,o00 Oese geschah 7 oder 14 Tage später. Von vier Tieren starben drei, wenn auch später, als die mit Aggressin vorbehandelten, eins kam mit dem Leben davon. „]{mmunserum von Meerschweinchen, die mit Aggressin vorbehandelt, nach- träglich infiziert und 8 Tage später getötet waren, vermochte nach intraperi- tonealer Injektion von 2 ccm bei bereits infizierten Tieren den tödlichen Aus- gang um einige Tage zu verzögern, selbst wenn die Einspritzung erst am 3. Tage nach der Infektion erfolgte. Bei einer gleichzeitig vorgenommenen Immuni- sierung blieben die Tiere noch etwa 14 Tage am Leben. f Immunisierungsversuche mit dem durch Chloroform sterilisierten, klar zen- trifugierten eitrigen Gallenblaseninhalt der an Infektion gestorbenen Meerschwein- chen, welcher in Mengen von 0,01, 0,1, 0,5, 1,0 zugleich mit 1/ıo0n Oese Bak- terien intraperitoneal eingespritzt wurde, verliefen günstiger, indem von fünf Tieren zwei am Leben blieben, bei den anderen der Tod gegenüber dem Kontroll- tiere merklich verzögert wurde. In weiteren Versuchen zeigte es sich, daß Vorbehandlung mit normaler Galle eine immunisierende oder wenigstens resistenz- erhöhende Wirkung gegenüber Paratyphusbacillen auslöst. Da man den Bacillus suipestifer früher für den Erreger der natürlichen Schweinepest hielt, so versuchte man auch auf alle mög- liche Weise Tiere zu immunisieren. Daher kommt es, daß über diesen Erreger zahlreiche Laboratoriumsversuche zur Auffindung einer wirk- samen Schutzimpfung existieren. Man hat lebende, abgeschwächte, abgetötete Kulturen subkutan, intravenös und stomachal angewendet, Bacillenextrakte, Enzyme und Aggressine zur Vorbehandlung ge- nommen und in allen Fällen einen mehr oder weniger nachweisbaren Schutz gegen die Bacilleninfektion, aber erklärlicherweise nicht gegen die natürliche Seuche erreichen können. SALMON & SMITH versuchten Schweine durch subkutane Impfung kleinster Dosen zu immunisieren. Es bildeten sich an der Impfstelle häufig Abszesse und Verkäsungen. Bei intravenöser Injektion kleinster Dosen trat eine Wider- standsfähigkeit derart ein, daß nachfolgende tödliche Dosen zwar krankmachend, aber nicht tödlich wirkten. Bei der Vorbehandlung erkrankte meist ein Teil der Tiere und geriet in das Stadium des Kümmerns. DE SCHWEINITZ beobachtete eine Immunität gegen eine subkutane Infek- tion mit Suipestiferbaeillen, wenn sie mit Stoffwechselprodukten der Hogcholera- bacillen vorbehandelt waren. Ebenso gelang es ihm, durch eine einmalige In- jektion von 0,04 g der von ihm aus Hogcholerakulturen. gewonnenen Enzyme Meerschweinchen gegen tödliche Dosen von Suipestiferbacillen, denen Kontroll- tiere erlagen, zu schützen. DE SCHWEINITZ fand ferner, daß das Serum von Kühen, Pferden, Eseln, Maultieren, welche mit lebenden und abgetöteten Kul- turen vorbehandelt, bei Meerschweinchen, welche mit Hogcholerabaeillen infi- ziert wurden, nicht nur eine schützende, sondern auch heilende Wirkung ausübte. SCHMIDT gewann aus Suipestiferbacillen nach der BRIEGERschen, CONRADI- schen und Mc Fapyzanschen Methode spezifische Stoffe, mit denen er durch einmalige Injektion kleine Laboratoriumstiere gegen eine Infektion schützen konnte. Es gelang PRETTNER mit sterilen Exsudaten, die durch Suipestifer- kulturen bei Schweinen gewonnen waren, andere Schweine gegen eine Infektion von Suipestiferbaeillen zu schützen. u e v2 Aa Ebenso konnte WeıtL durch Vorbehandlung von Schweinen mit sterilisierten Exsudaten, die künstlich mit Schweinepestbacillen bei Schweinen hervorgerufen waren, eine prompte Immunität gegen diese Mikroorganismen erzeugen. _ der Hoffnung, Mäusetyphusbacillen als Vaccin gegen die Schweinepest verwenden zu können, prüften WASSERMANN, ÖSTERTAG & ÜITRON das gegen- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. re) 1106 P. UHLEenHurTH und E. HÜBENER, seitige immunisatorische Verhalten des LörrLerschen Mäusetyphusbacillus und, der Schweinepestbacillen an Kaninchen und Meerschweinchen. _ Sie gingen in der Weise vor, daß sie Kaninchen zuerst eine nicht tödliche Dosis von Mäusetyphusbaeillen subkutan gaben. Es erfolgte darauf in den näch- sten 5—6 Tagen in der Regel eine mehr oder weniger starke Infiltration, die zu- weilen in Abszeßbildung überging und bei einem Teil der Tiere den Tod verur- sachte. Nach Rückbildung der Infiltration wurden die Tiere mit ?/,0—!/> Oese Mäusetyphusbacillen intravenös nachgeimpft. Wenn auch diese Infektion über- standen war, wurden die Tiere mit Kontrolltieren auf Immunität gegenüber Schweinepestbacillen geprüft (in welcher Weise ist nicht gesagt). Es zeigte sich dann, daß sie die Infektion mit Schweinepestbaeillen dauernd überstanden, wäh- rend die Kontrolltiere innerhalb 2—5 Tagen akut zugrunde gingen. Bei Meer- schweinchen ließen sie auf die subkutane Injektion eine intraperitoneale von Mäusetyphusbaeillen folgen und erzielten auf diese Weise Schutz gegen eine tödliche Schweinepestbaecilleninfektion. Marxs hat zahlreiche Versuche an Mäusen mit einem Schweine- peststamm zwecks aktiver Immunisierung, um sie so gegen den Tod durch Verfütterung zu schützen, angestellt. Er hat dabei so ziem- lich alle in Betracht kommenden Arten der aktiven Immunisierung angewendet, die subkutane und intraperitoneale Einspritzung von toten Kulturen in den verschiedensten Intervallen, die Fütterung mit abgetöteten Kulturen und mit stark verdünnten lebenden Kulturen. Es gelang in keinem Falle und in keiner Weise, einen dauernden spezifischen Schutz gegen den Tod durch Fütterung zu erzielen. In den Versuchen Pırrs erwarb eine mit 0,5 ccm einer bei 100° abgetöteten Bouillonkultur intraperitoneal injizierte Maus und ein mit 4 ccm derselben Kultur ebenso vorbehandeltes Meerschweinchen einen Schutz gegen eine absolut tödliche Dosis lebender Bakterien, welche das Kontrolltier in 24 Stunden tötete. Bezüglich der Immunisierungsversuche von KrAUs & STENITZER, sowie FrancHerrı mit Paratyphusbacillengiften wird auf das Ka- pitel über Giftbildung verwiesen. Passive Immunität und Immunisierung. Im Gegensatz zur aktiven Immunisierung hat die passive Im- munisierung mittels Sera keine befriedigenden Resultate gegeben. Die meisten Versuche sind auch hier wegen ihrer vermeintlichen praktischen Bedeutung mit Schweinepestbacillen angestellt. Daß das mit ihnen hergestellte Serum in der Praxis nicht viel genützt hat, ist ja verständlich, nachdem festgestellt ist, daß die Mikroorganismen nicht die eigentliche Ursache der Schweinepest sind, sondern nur als sekundäre Erreger in manchen Fällen eine Rolle spielen. Aber auch die im Laboratorium erzielten, wenig befriedigenden Resultate sind erklärlich, da es sich bei den mit den verschiedenen Stämmen hergestellten Seris in der Hauptsache um endotoxische Sera handelt, von denen keine allzu großen Erfolge zu erwarten sind. Sımıpr versuchte Mäusen durch Injektion von Schweinepest- serum einen passiven Schutz gegen Mäusetyphusbacillen zu verleihen, konnte jedoch nur eine den Tod verzögernde, aber nicht verhindernde Wirkung feststellen. Dieselbe Wirkung hatte Bruck, wenn er Mäuse mit Mäusetyphusimmunserum behandelte und nachher mit Mäuse- typhusbacillen infizierte. Auch WASSERMANN, ÖSTERTAG & ÜITRON hatten bei der Behandlung von Kaninchen mit monovalenten oder poly- valenten verschiedenen Schweinepestseris oder mit Mäusetyphus-Immun- serum kein anderes Resultat als Smipr bei seinen Mäuseversuchen. Paratyphus ete. 1107 III. Bakterien der Gärtner- oder Ratingruppe (Rattenschädlinge). Der Bacillus enteritidis Gärtner. Geschichte und Bedeutung für die menschliche Pathologie. Der Bacillus enteritidis GÄRTNER wurde 1888 von GÄRTNER ent- deckt und als Ursache der gastrointestinalen Form der Fleischver- giftung festgestellt. Ueber die Geschichte dieses Erregers ist bereits in dem Kapitel Fleischvergiftungen das Notwendigste gesagt, so daß Sn uns an dieser Stelle mit einem diesbezüglichen Hinweis begnügen können. Seine Bedeutung für die menschliche Pathologie liegt auf dem Gebiete der Fleischvergiftungen. Hier spielt er dieselbe Rolle wie der Paratyphus-B-Bacillus. Von den im Kapitel Fleischvergiftungen zusammengestellten bakteriologisch untersuchten Fleischvergiftungs- epidemien waren 42 durch Gärtnerbacillen hervorgerufen. In manchen Gegenden scheinen die Gärtnerinfektionen häufiger zu sein. So ent- fielen nach Aumann in Hamburg unter 51 im Hygienischen Institut erhobenen positiven Befunden 32 auf Gärtnerbacillus und 19 auf den Paratyphus-B-Bacillus. TrAuUTmann macht darauf aufmerksam, daß in Hamburg der Gärtnerbacillus vorwiegend aus dem Fleisch erwachsener Rinder wie aus Kalbfleisch gezüchtet worden ist. Bemerkenswert ist, daß der Gärtnerbacillus bisher verhältnismäßig wenig bei anderen als durch Fleisch hervorgerufenen Nahrungsmittel- infektionen festgestellt worden oder als Erreger einer dem genuinen Paratyphus ähnlichen Krankheit ermittelt worden ist. Von Bases wurde er einmal bei Gruppenerkrankungen der Lumpensammler an der Peripherie von Bukarest gefunden. Die Erkrankung hatte mehr den Charakter eines Petechialfiebers und war gutartiger als der Ab- dominaltyphus. i Auch NETTER berichtet über typhusähnliche, über 2 Monate sich erstreckende Krankheitsfälle dunklen Ursprungs, bei denen als Er- reger der Gärrnersche Enteritidisbacillus festgestellt sein soll, des- gleichen Guınon über eine durch Gärtnerbacillen verursachte para- typhusähnliche Krankheit mit großen Fieberschwankungen, nega- tivem Widal für Typhus, positivem Widal (1:500) für Grärtner- bacillen. In den Berichten der Medizinaluntersuchungsämter vom Jahre 1908, die Dörner zusammengestellt hat, sind Befunde von Gärtner- bacillen nur zweimal erwähnt. Von dem Untersuchungsamt in Stade wurde bei einer Epidemie im Kreise Hadeln der Bacillus enteritidis GÄRTNER ermittelt. Nähere Angaben über Ursprung und Verlauf der Epidemie sind nicht gemacht. In Düsseldorf wurde unter 109 typhus- verdächtigen Stuhl- und Urinproben einmal der Gärtnerbacillus ge- funden. Kartnz ermittelte ihn als Ursache einer Reihe von Enteritis- fällen, über deren Ursache nichts Näheres gesagt ist, in der Nerven- klinik in Halle a/S.. Aumann berichtet über positiven Befund von Gärtnerbakterien in einem Schokoladenpudding, nach dessen Genuß erwachsene Personen eines Kinderheims unter Vergiftungserschei- TO*F 1108 P. UHLENnHUTH und E. HüÜBENER, nungen erkrankt waren, und über den Nachweis dieser Erreger in einer geöffneten Konservenbüchse mit Spinat, dessen Genuß eine Familienerkrankung hervorgerufen hatte. Eine unter Soldaten auf- cetretene Massenerkrankung führen BorInGER & DIETERLEN auf den Genuß von Kartoffelsalat zurück und nehmen an, daß dieser mit Gärtnerbacillen, welche in den Stühlen Erkrankter gefunden wurden, infiziert gewesen sei. Ein direkter Beweis war nicht mehr zu er- bringen. So mögen Fälle von Nahrungsmittelinfektionen mit Gärtner- bacillen wohl öfter vorkommen als bisher angenommen ist. Im all- gemeinen dürften sie aber doch zu den seltenen Erscheinungen ge- hören. Morphologie, Biologie, Kultur. In morphologischer, kultureller, chemisch-biologischer Beziehung gleicht der Bacillus enteritidis GÄRTNER im allgemeinen dem Para- typhus-B-Bacillus. Alles, was in den betreffenden Kapiteln über diesen Bacillus gesagt ist, gilt auch für den Gärtnerbacillus.. Während aber bei den Bakterien der Paratyphusgruppe ein abweichendes Ver- halten von der Norm zur Ausnahme, die Konstanz der Erscheinungen und Reaktionen vielmehr zur Regel gehört, lassen die Gärtnerbacillen viel häufiger und in viel höherem Grade Unregelmäßigkeiten und Abweichungen erkennen. Die Gärtnerbacillen sind lebhaft bewegliche Kurzstäbchen von der Größe und Gestalt der Paratyphusbaeillen, so daß sich beide Bakterienarten morpho- logisch nicht auseinanderhalten lassen. Die Beweglichkeit ist in den meisten Fällen eine recht erhebliche. AuMANnN fand bei einer Fleischvergiftungsepidemie in Hamburg die isolierten Gärtnerstämme völlig unbeweglich. Eine lebhafte Beweglichkeit trat erst auf, nachdem die Stämme 4 resp. 6 Tage lang umgestochen waren. Merkwürdig war, daß diese anfänglich unbeweglichen Stämme vom Gärtnerserum nur in geringem Maße beeinflußt wurden, daß aber mit dem Auftreten der Beweglichkeit die Agglutinabilität stieg, woraus auf einen Zusammenhang beider Jörscheinungen geschlossen werden kann. Ein Auswachsen zu langen Fäden kommt selten vor. Wie die Paratyphusbacillen gedeihen die Gärtnerbacillen sowohl bei Sauer- stoffzutritt wie Sauerstoffabschluß, bei Zimmertemperatur wie bei 37°. Die Bouillon trüben sie gleichmäßig mit und ohne Häutchenbildung. Auf Gelatine, welche nicht verflüssigt wird, treten typhusähnliche Ko- lonien mit gezacktem oder glattem Rande auf. Auf Agarplatten sind undurchsichtige Kolonien mit unscharfem ge- zackten Rande und gekörnter Oberfläche häufiger als die durchsichtigen, glatten, kreisrunden. Auf Blutagar tritt keine Hämolyse auf. Das Wachstum in Milch gleicht dem der Paratyphusbakterien. Während die Paratyphusbakterien mit ziemlich großer Regelmäßigkeit in Lackmusmolke zunächst eine Rötung und nach kurzer Zeit (2—-6 Tagen) den Umschlag in Blau hervorrufen, zeigen die Gärtnerstämme manche Unregelmäßigkeiten. Bei einigen tritt überhaupt keine Rötung ein, sondern gleich Umschlag in Blau, bei anderen erreicht die Rötung einen hohen Grad, das Stadium der Säurebildung ist sehr verlängert, und die spät eintretende Alkalibildung ist so schwach, daß der Rückschlag in Blau nur die violette Farbe des Kontrollröhrchens erreicht. In der Vergärung der Zuckerarten gleichen die Gärtnerbakterien den Paratyphusbaeillen. In Traubenzuckernährboden sollen erstere nicht so energisch Gas bilden wie letztere. Das Wachstum auf gefärbten Nährböden (DRIGALSKI, LÖFFLER, ENDO) usw. ist dasselbe wie das der Paratyphusbacillen. Indol- und Kreatininbildung findet nicht statt. Schwefelwasserstoff wird produziert. Paratyphus etc. 1109 Widerstandsfähigkeit. . Bezüglich der Widerstandsfähigkeit physikalischen und chemischen Ein- flüssen gegenüber gleicht der Gärtnerbacillus dem Paratyphusbacillus. MARTIN fand Gärtnerbacillen in zugeschmolzenen Agarröhrchen bis zu 3 Jahren lebensfähig. v. DrıGALsKI konnte die Erreger noch nach 3 Wochen aus dem Kadaver eines Pferdes gewinnen, und KATHE 14 Tage post exitum aus den faulen Organen einer Kindesleiche züchten. 2 FISCHFRs Untersuchungen lehren, daß Gärtnerbaeillen sich 71 Tage lang im Fleisch virulent erhalten können. Rımpau kochte Gärtnerbacillen-haltigen Fleischsaft i/, Stunde lang im Kochtopf, wobei sich ein Bodensatz von grobflockigem koagulierten Eiweiß bildete, in dem sich die Erreger durch Anreicherung nachweisen ließen. Derselbe Autor stellte fest, daß eine 4 Tage lange Lagerung bacillenhaltigen Fleisches in Speise- essig, das sog. Beizen des Fleisches, eine Abtötung der Keime bewirkt. Nach v. BERNSTEIN wachsen Gärtnerbacillen in borsäurehaltigem Fleisch, und zwar um so ungehinderter, als durch die Borsäure der Einfluß der Saprophyten ausgeschaltet wird. KLeın fand in Kalb- und Schweinefleischbouillon, die 0,5 Proz. Borsäure enthielt, reichliches Wachstum. TRAUTMANN stellte fest, daß mit Ausnahme des benzolsauren Natrons die verschiedenen Hacksalze in den für sie vorgeschriebenen Mengen die Erreger der Fleischvergiftungen gar nicht beeinflussen. Nach SERKOWSKI & ToMcZAK wirkt erst ein Zusatz von .20 bis 25 Proz. hemmend auf das Wachstum. Giftbildung. Die Fähigkeit der Giftbildung und Giftwirkung ist den Gärtnerbakterien vorzugsweise eigen. Nach KRUSE steckt das Gift in den Bakterienleibern und kann aus ihnen unmittelbar oder durch Autolyse gewonnen werden, geht aber auch in älteren Kulturen in Lösung über, ist also in frischen Agarrasen wie in Filtraten anzutreffen. In flüssigen Kulturmedien ist es von GÄRTNER, v. ER- MENGEM, v. DRIGALSKI, FISCHER, POELS, Horst, DHonT und HoFFMANN nach- gewiesen, die Giftigkeit keimfrei filtrierter Gärtnerbouillonkulturen haben Horsr, RımPpAU, FRIEDRICHS und GARDIEWSKI, die Giftigkeit der durch Chloroform abgetöteten Kulturen hat FISCHER festgesetillt. In den Versuchen GÄRTNERS töteten gekochte Bouillonkulturen Mäuse und Meerschweinchen nach subkutaner Injektion. Meerschweinchen, welche ge- füttert wurden, erkrankten an akuter Gastroenteritis und nervösen Symptomen (Paresien der Extremitäten und Zuckungen). VAN ERMENGEM konnte per os mit den bei 100 und 120° sterilisierten Bouillonkulturen des Moorseeler Bacillus an Laboratoriumstieren hämorrhagische Gastroenteritis hervorrufen. v. DRIGALSKI verwendete 12 Tage alte, bei 37° gehaltene Bouillon seines Neunkirchner Stäbchens, die er 3 Stunden einer Temperatur von 70° aussetzte oder 10 Minuten lang kochte. In beiden Fällen verursachten subkutane In- jektionen von 0,3—4,0 cem bei Mäusen und Meerschweinchen in kurzer Zeit den Tod. Das durch Chamberlandkerze gewonnene Filtrat tötete, in Mengen von 4,0 ccm subkutan injiziert, ein Meerschweinchen innerhalb 18 Stunden, während die Impfung der gleichen Menge auf eine Taube ohne Wirkung blieb. Rımpau sah, daß Filtrat von 24-stündigen Bouillonkulturen bei Mäusen nach intraperitonealer Injektion von 1!/s eem leichte Krankheitserscheinungen hervorrief. die schnell schwanden. Filtrate von 4-tägigen Bouillonkulturen, nicht erhitzt und !/, Stunde im Dampftopf erhitzt, machten Meerschweinchen bei intraperitonealer Injektion von 3—4 cem schwer krank. Keimfreie Filtrate von 10-täe. Bouillonkulturen enthielten tödlich wirkende Toxine. Ein Kaninchen, das 5 cem Filtrat und nach 2 Stunden dieselbe Menge intravenös erhielt, ver- endete nach 18 Stunden. Ein mit 5 ccm intraperitoneal geimpftes Meerschwein- chen starb unter starken Durchfallserscheinungen innerhalb 36 Stunden. Ein anderes ebenso mit erhitztem Filtrat geimpftes Meerschweinchen starb nach 5 Tagen, während ein Kaninchen die intravenöse Injektion von 7 ccm erhitzten Filtrates mit leichten Krankheitserscheinungen überstand. _Mäuse starben nach intraperitonealer Injektion von 1—1!/, cem erhitzten und nicht erhitzten Filtrats. Filtrat von Preßsaft infizierten rohen Fleisches, das 14 Tage im Eisschrank ge- halten war, rief bei Mäusen nach intraperitonealer Injektion von 1,5—2 ccm nur leichtes Kranksein hervor. 1110 P. UHLEnHUTM und E. HÜBENER, Wie bereits GÄRTNER beobachtete, geht die Fähigkeit der Giftbildung bei den Gärtnerkulturen schnell verloren. Sie läßt sich mitunter durch Tier- passagen wiedergewinnen. Damit dürften sich zum Teil die negativen Ergebnisse, die andere Autoren bei der Prüfung auf Gifte gehabt haben, erklären. Die Giftigkeit des Kulturrasens an sich hat FıscHEr nachgewiesen. So töteten 0,3 cem einer Bakterienaufschwemmung, die 5/;, Stunden bei 55° und 60° gehalten war, Mäuse nach intraperitonealer Injektion innerhalb kurzer Zeit. Meerschweinchen, die 5 Oesen einer 2-tägigen, in Bouillon aufgeschwemmten, 5 Minuten im Dampftopf sterilisierten Agarkultur intraperitoneal . erhielten, waren nach 6 Stunden tot; 1 Oese, selbst 1/,o Oese, die 10 Minuten bei 80° gehalten waren, verursachten den Tod innerhalb 9 Tagen. Bei dem mit 1 Oese geimpften Meerschweinchen fanden sich dieselben grauweißen, nekrotischen Herde in der Leber, wie man sie nach der Impfung mit lebenden Bakterien beobachtet. Aus Bouillonkulturen abfiltrierte, im Dampftopf 20 Minuten lang_ sterilisierte Bakterienkulturen töteten Mäuse bei intraperitonealer Impfung innerhalb kurzer Zeit. In Versuchen von CATHCART töteten 0,3 mg eines Bakterienrasens der 24-stündigen Kultur Haustedt, der durch Erhitzung auf 55° abgetötet war — innerhalb welcher Zeit ist nicht gesagt — Meerschweinchen binnen 24 Stunden. GONZENBACH & KLINGER impften ein Kaninchen intravenös mit 1/, Agar- kultur ihres Stammes, die durch Aether abgetötet war. Der Tod trat innerhalb 24 Stunden ein. !/, auf 100° erhitzte Agarkultur rief bei Kaninchen und Meer- schweinchen nur leichtes Kranksein hervor. 1—2 cem Bouillonkulturfiltrate — das Alter ist nicht angegeben — waren bei intraperitonealer Injektion für Meerschweinchen wenig wirksam. Pathogenität. Laboratoriumstieren wie Schlachttieren gegenüber zeigt er dasselbe patho- gene Vermögen wie der Paratyphusbacillus. In den Versuchen GÄRTNERs war der Originalstamm hochpathogen für Tauben, Schafe und Ziegen. Katzen, Sperlinge und Hühner zeigten sich un- empfänglich. Auch mit gekochten Kulturen und mit Bouillon, die aus künst- lich infiziertem Fleisch hergestellt war, ließen sich die Tiere durch Impfung, die besonders empfänglichen durch Verfütterung unter dem Bilde akuter En- teritis und unter Reizungs- und Lähmungserscheinungen seitens des Zentral- nervensystems töten. Der von GAFFKY & PaaAk aus der Leber eines Pferdes gezüchtete Bacillus erzeugte per os regelmäßig bei Mäusen, Meerschwein- chen und Affen, seltener bei jungen Hunden, Katzen und Kaninchen eine Gastroenteritis, die im allgemeinen tödlich verlief, häufig mit Lähmungen der hinteren Gliedmaßen. Zwei mit dem Moorseeler Bacillus (Gärtner aus Kälbern) subkutan und stomachal infizierte Kälber erkrankten an schwerer Enteritis. Ihr Fleisch rief in gekochtem Zustande bei den damit gefütterten Laboratoriumstieren En- teritis und Lähmungen der hinteren Gliedmaßen, bei einem Affen einen richtigen Anfall von Cholera nostras hervor. REINHARDT & SEIBOLD gelang es bei Ziegen durch Injektion von Gärtnerbacillen ins Euter, ins Peritoneum, in den Magen stets tödlich verlaufende Sepsis hervorzurufen. Im Blut fanden sich stets, im Fleischpreßsaft niemals Agglutinine. Die Organe waren reich, die Muskeln arm an Fleischvergiftern. Der in der Epidemie zu Cotta ermittelte Erreger (Gärtnerbaecillus) war pathogen für Mäuse und Meerschweinchen. In die Milchgänge einer Kuh in- jiziert, verursachten seine Kulturen eine schwere nekrotische und eiterige Ent- zündung des Euters.. Der Horstsche und von FiıscHER isolierte Baeillus (Gärtner) zeigte sich virulent für Mäuse, Meerschweinchen und Tauben. Ziegen, die FISCHER zu immunisieren versuchte, gingen an Marasmus ein. Der von PoeLs & Dmonrt in der Epidemie zu Rotterdam gezüchtete Mikro- organismus rief bei Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen Intestinalkatarrh mit Lähmung der hinteren Extremitäten hervor. Zwei mit ihm intravenös ge- impfte Kühe bekamen Fieber, Muskelzuckungen, Freßunlust und 1lüssige Stühle. _ UHRLENHUTH und seine Mitarbeiter konnten bei Schweinen mit Fleisch- vergiftungsbakterien (Typus Gärtner) schwere Krankheitszustände mit dem klinischen und anatomischen Bilde der Schweinepest hervorrufen. . TRAUTMANN & AUMANN fütterten Hunde mit natürlich infiziertem Kuh- fleisch und künstlich infiziertem Pferdefleisch, das sich als völlig durchwachsen mit Gärtnerbacillen erwies, ohne jede krankmachende Wirkung. Paratyphus etc. 1111 Agglutination. „Im Gegensatz zu den Paratyphusbakterien, die sich bei der Agglutinations- prüfung im allgemeinen einheitlich und gleichmäßig verhalten, zeigen Gärtner- bakterien in agglutinatorischen Beziehungen große Unregelmäßigkeiten, was teils auf Besonderheiten der Sera, teils auf ein ungleiches Verhalten der Kulturen zurückzuführen ist. Ein hochwertiges Gärtnerserum agglutiniert häufig nur eine gewisse Anzahl der Gärtnerstämme in hohem Grade, sehr viele nur in mäßigem Grade, und manche überhaupt nicht. Dabei zeigen verschiedene Sera im einzelnen noch weitere Differenzen insofern, als nach Art und Zahl der agglutinierten Stämme keine Uebereinstimmung besteht. Ein Stamm, der von dem einen Serum nicht agglutiniert wird, wird von dem anderen Serum beeinflußt usw. Die Vorbehand- lung der Tiere mit lebenden Kulturen liefert in der Regel vollkommener wir- kende — multivalente — Sera, die Vorbehandlung mit abgetöteten Bakterien nur beschränkt wirkende Sera, trotz gleich hoher Agglutinationstiter. SELIG- MANN & SOBERNHEIM fanden bei ihren Agglutinationsprüfungen nicht ein einziges Gärtnerserum, das alle ihre Kulturen beeinflußte. Wie die genannten Autoren gezeigt haben, können die Gärtnerbakterien im Laufe der Zeit ihre Ag- glutinierbarkeit für Gärtnerserum und ihr Vermögen, spezifisch wirkendes Gärtner- serum zu erzeugen, völlig einbüßen und daher den Eindruck einer besonderen Bakterienart hervorrufen. So fanden sie, daß zwei ursprünglich als Gärtner- stämme" charakterisierte Bakterien, die Erreger der Fleischvergiftungen von Rumfleth und Haustedt, sich so verändert hatten, daß sie weder durch ein Gärtnerserum, noch durch ein Paratyphusserum agglutiniert wurden, daß sie selbst ein Serum lieferten, das nur auf die beiden Ausgangsstämme, sonst auf keine andere Kultur wirkte. Ohne Kenntnis ihrer Herkunft hätten diese beiden Stämme als Vertreter eines besonderen Bakterientypus und niemals als Vertreter der Gärtnergruppe bezeichnet werden müssen. Solche Stämme können aber wieder eine Rückbildung zum Gärtnertypus erfahren. Durch Zerlegung der Kulturen in Tochterstämme gelang es, alle Uebergänge, vom Sondertypus bis zum echten Gärtner anzuzüchten, man erhält dann Stämme, die einesteils vom homologen Serum beeinflußt werden, anderseits solche Stämme, die außerdem noch vom Gärtnerserum beeinflußt werden, sogenannte Doppelstiämme, und drittens Stämme, die wie echte Gärtnerbakterien von den meisten Gärtnersera bis zur Titergrenze agglutiniert werden. Durch Vorbehandlung von Tieren mit diesen verschiedenen Tochterkulturen konnten dann wieder Sera hergestellt werden, die alle Uebergänge bis zum Gärtnerserum erkennen lassen, also Sera, die außer der homologen Kultur keinen Stamm beeinflussen und Sera, die in allen Stufen bis hinauf ‘zur Titergrenze Gärtnerbacillen agglutinieren. Bemerkenswert ist, daß solche Sera nicht nur die Gärtnerkulturen, sondern auch die ganze Para- typhus-A- und B-Gruppe bis zur Titergrenze mitagglutinieren können, ohne daß die Stämme selbst von einem Paratyphusserum agglutiniert werden, so daß ein solches Serum nach SOBERNHEIM & SELIGMANN gewissermaßen ein Universalserum für Enteritisbakterien darstellt. Mit der Umwandlung biologischer Eigenschaften ist nach SOBERNHEIM & SELIGMANN auch eine Aenderung des kulturellen Verhaltens verbunden. So unterscheiden sich die agglutinatorisch abweichenden Stämme Rumfleth und Haustedt vom typischen Gärtner durch verlangsamte Koagulation der Nutrose im Barsiekow-Traubenzuckernährboden und durch verlangsamte Fluorenszenz- bildung im Neutralrotagar. Die Tochterstämme können entweder alle Merk- male des echten Gärtnerbaeillus zeigen oder die gleiche Verlangsamung seiner spaltenden und reduzierenden Eigenschaften, wie die Ausgangskultur, oder völlige Einbuße dieses Säurebildungs- und Reduktionsvermögens erkennen lassen. R. MÜLLER beobachtete, daß diejenigen Tochterkulturen der Stämme Rum- fleth und Haustedt, welche die Agglutinierbarkeit für Gärtnerserum nahezu eingebüßt hatten, auf Agar ohne Schleimwallbildung wuchsen, was sonst alle frisch isolierten Gärtnerstämme zu tun pflegen, und daß sie auf Blutagar Hämolyse zeigten. STROMBERG konnte hingegen mit der Wandlung der Agglu- tinierbarkeit keine Aenderung des kulturellen Verhaltens beobachten. Auf die Beobachtungen von SCHMITT, nach welchen Bakterien von Para- typhuscharakter nach längerem Verweilen im Körper von Kälbern Agglutinier- barkeit für Gärtnerserum gewinnen, soll hier nur kurz hingewiesen werden. Alles Nähere ist im Kapitel Kälberruhrbakterien zu finden. Die Gärtnerbakterien zeichnet die Neigung aus, durch Typhusserum in hohen Verdünnungen, welche die Titergrenze erreichen können, mitagglutiniert 112 P. UHnLenHUTH und E. HüÜBENER, zu werden (TRAUTMANN, v. DRIGALSKI, LIEFMANN, Rımpau, LEBRAM, PITT u. a.). Umgekehrt werden Typhusbacillen durch Gärtnerserum in hohem Grade beeinflußt, und zwar wird dieses Wechselverhältnis nicht nur bei Verwendung künstlicher Immunsera beobachtet, sondern auch bei Patientenseris wahrge- nommen, so daß die Agglutinationsprüfung allen Gärtnerstämmen gegenüber keine sichere Diagnose gestattet, diese vielmehr von dem Ausfall der Kultur abhängig zu machen ist. Das Untersuchungsamt in Halle prüft z. B. regelmäßig bei posi- tivrem Widal für Typhus auch auf Gärtnerbacillen, da sich in 3 Fällen eines Haushalts mit positivem Widal für Typhus herausgestellt hatte, daß eine leichte Fleischvergiftung mit Gärtnerbacillen vorlag. In dem Kapitel über Agglutination der Paratyphusbakterien ist bereits er- wähnt, daß Enteritisbakterien, welche anfänglich typische Paratyphusagglutina- tion gezeigt ‚haben, allmählich die Agglutinierbarkeit für dieses Serum verlieren, statt dessen in zunehmendem Maße auf Gärtnerserum reagieren. Auffällig ist aber, daß solche Stämme in agglutinogener Beziehung ihren Paratyphuscharakter bewahren, indem die mit ihnen erzeugten Immunseren nur Paratyphusbakterien agglutinieren, Gärtnerbacillen nicht beeinflussen. Die klinischen Erscheinungen und die pathologisch- anatomischen Veränderungen gleichen den bei Fleischvergif- tungen durch Paratyphusbacillen erhobenen Befunden und sind im Kapitel „Fleischvergiftungen“ abgehandelt. An Einzelheiten wäre folgendes hervorzuheben: Die Gärtnerbakterien dringen wie Paratyphusbacillen in das Blut, gelangen mit demselben in alle Organe und werden dementsprechend auch mit dem Urin ausgeschieden. Im Blut sind sie von KATHE, im Mageninhalt von Jacogırz nachgewiesen. Im Darm halten sie sich nicht lange, sondern schwinden sehr schnell, so daß\die größte Aussicht des positiven Befundes bei Stuhluntersuchungen in der ersten Woche gegeben ist (RIMPAU, JACOBITZ & KAYsEr). Unter 102 Kranken fand sie Rımpau 7imal im Stuhl und 20mal im Urin. Nur in 3 Fällen wurde eine Ausscheidung bis in die 4. Woche hinein be- obachtet. Die Wıparsche Reaktion für Gärtnerbacillen nimmt schnell ab und ist nach 3 Wochen meist negativ! Ob Dauerausscheidungen vorkommen, steht noch nicht fest. Rımrau konnte solche nicht nach- weisen. DEAN beobachtete einen Fall von eitriger Gallenblasenent- zündung mit Gallensteinen bei einer 61-jährigen Frau. In dem Eiter fand sich ein für Ratten, Kaninchen und Meerschweinchen pathogener Gärtnerbaecillus, der von dem Serum der Patientin agglutiniert wurde. Daß Personen Gärtnerbacillen aufnehmen können, ohne zu er- kranken, hat Rımrau nachgewiesen. Er fand bei Personen, die in der Fleischvergiftungsepidemie zu St. Johann von dem infizierten Fleisch gegessen, aber völlig gesund geblieben waren, Gärtnerbacillen im Stuhl. Kontaktfälle im Anschluß an -Gärtnerinfektionen sind selten, kommen aber vor. Ein klassisches Beispiel ist in dem Bericht über das Gesundheitswesen im Preußischen Staat 1909 enthalten. Im Haushalt eines Arztes erkrankten 9 Personen nach Genuß von Reh- ragout an schwerem Brechdurchfall, während 2 Kinder und 2 Dienstmädchen, welche nichts davon gegessen hatten, zunächst gesund blieben. Erst zwei Tage später traten bei diesen 4 Personen, ferner bei einem engagierten Vertreter und einer Diakonissin, welche die Pflege übernommen hatte, die gleichen Erschei- nungen auf. Alle genasen. In den Faeces eines Kranken wurden Gärtnerbakterien nachgewiesen. Daß sekundäre Infektionen vorkommen können, beweisen fünf im Anschluß an die Fleischvergiftungsepidemie zu St. Johann auf- getretene Erkrankungen, darunter ein Fall in einem Nachbarorte, der mit Sicherheit auf den Genuß roher Milch aus einem infizierten Paratyphus etc. 1113 Hause zurückgeführt werden konnte. Auch in den anderen Fällen hat wahrscheinlich Milch oder ein anderes Nahrungsmittel die An- steckung vermittelt. . Die pathologischen Veränderungen sind dieselben wie bei den durch Paratyphusbacillen bedingten akuten Nahrungsmittel- vergiftungen. Beziehungen der Gärtnerbakterien zu Krankheiten der Schlachttiere und anderer Tiere. Wie die Geschichte der Fleischvergiftungen lehrt, haben die Gärtnerbacillen für die Entstehung von Schlachttierkrankheiten septischer Art dieselbe Bedeutung wie die Paratyphusbacillen, indem sie als primäre oder sekundäre Infektionserreger in das Blut und mit demselben in die Organe und Muskeln dringen und somit das Fleisch infizieren können. Dabei kommen alle Tierarten in Betracht — Kühe, Rinder, Kälber, Schweine, Pferde — in erster Linie aber auch hier die Kühe und Kälber. Bei den zuletzt genannten Tieren sind Gärtnerbakterien als Krankheitserreger in neuerer Zeit einwandfrei festgestellt, insonder- heit kommen sie bei den infektiösen Kälberkrankheiten vor, die unter dem Namen des seuchenhaften Kälbersterbens zusammengefaßt werden. Diese Verhältnisse sind im Kapitel über Kälberruhrbakterien näher besprochen. Es sei daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf dieses Kapitel verwiesen. Außer bei Kälbern sind Gärtnerbacillen bei Mastitis der Kühe von Zwick und als sekundäre Infektionserreger bei der Schweinepest von UHLENHUTH und seinen Mitarbeitern gefunden worden. Von anderen, nicht schlachtbaren Tieren sind die Ratten und Mäuse zu nennen, bei denen Gärtnerbakterien infektiöse Enteritiden, oft in Gestalt von Epizootien, bewirkten. Im Laufe der letzten Jahre sind mehrfach aus toten Mäusen und Ratten und einmal aus mensch- lichem Harn von verschiedenen Autoren Bakterien gezüchtet worden, welche alle Merkmale des Gärtnerbacillus aufweisen und welche eine hohe Pathogenität für Ratten besitzen. Man bezeichnet diese Mikro- organismen ganz allgemein als Rattenschädlinge und verwendet sie vielfach als Rattentilgungsmittel. Von ihnen ist im nächsten Kapitel die Rede. Als Erreger der Pseudotuberkulose der Meerschweinchen sind von LörrLer Gärtnerbacillen festgestellt. Verbreitnng der Gärtnerbaeillen in der Außenwelt. Der größeren Seltenheit der Gärtnerbakterien entsprechend ist die Verbreitung der Erreger in der Außenwelt bisher nicht in dem Grade festgestellt, wie das bei den Bakterien des Paratyphusgruppe der Fall ist. Im Wasser sind sie bisher unseres Wissens nicht gefunden. In der Milch glaubt sie Kreın nachgewiesen zu haben. Er injizierte 39 aus verschiedenen Farmen stammende Milchproben und fand bei 9 Tieren in Leber und Milz nekrotische Herde mit Bakterien der Gärtnergruppe. Diese Befunde sind nicht einwandfrei, da die Meer- 1114 P. Unrtenuure und E. HÜBENER, schweinchen die Keime in latenter Form bereits beherbergt haben können. In Schlachtprodukten ist er selten gefunden (einmal von RımpAau in einer Wurst, zweimal von SOBERNHEIM & SELIGMANN in der Leber von Schweinen). Daß er im Darm gesunder Tiere ein saprophytisches Dasein führen kann, ist anzunehmen. Bisher ist er im Darminhalt gesunder Mäuse und Ratten angetroffen (Hruser, Zwick & WEICHEL, 'TRAUTMANN, ÜHLENHUTH & SCHERN). Im Stuhl eines Geisteskranken mit normalem körperlichen Befund fand ihn KArTHE und JEFFREYS wies ihn 2mal in der Harnblase unter 60 Kindern nach. Die Rattenschädlinge. Geschichtliches. Im Jahre 1900 wurde von Danysz bei einer unter Feld- und Waldmäusen herrschenden Epizootie ein Bacillus gezüchtet, der sich als besonders pathogen für Ratten und Mäuse erwies und als Ba- cillus Danysz bald zur Rattentilgung in ausgiebiger Weise benutzt wurde. Die praktischen Versuche mit diesen Mikroben ergaben ein verhältnismäßig günstiges Resultat, indem an 50 Proz. der Ver- suchsorte eine fast völlige Vernichtung, an 30 Proz. eine Vermin- derung und nur an 20 Proz. ein negatives Resultat erzielt wurde (Siehe Arbeiten von BOoRNSTEIN, KisTtER & KÖTTGEN, ABEL, MARKL, KLEIN & Wırrıams, Krauss & Rosenau, DamysZz.) Einige Jahre später wurde von IssatscHEnko in Rußland bei einer spontan eingegangenen Ratte ein Bacillus gefunden, der sich ebenfalls in Laboratoriumsversuchen als hoch pathogen für Ratten erwies, indem 100 Proz. der Versuchstiere der Infektion durch Ver- fütterung erlagen. Bei den in großem Maßstabe in der Praxis nament- lich in Rußland angestellten Versuchen wurde ein günstiges Resultat erzielt. 1905 berichtete dann BanHr über ein neues Bakterienpräparat zur Rattenvertilgung, das den von NEUMANN in Aalborg aus dem Harn eines zweijährigen, an einer Cystitis leidenden Kindes gezüch- teten Ratinbacillus enthält, und das seitdem zur Rattenvertilgung in großem Umfange von der Ratingesellschaft in Kopenhagen und Halle a. S. vertrieben worden ist. Ein Jahr später — 1906 — veröffentlichte TRAUTMANN eine Arbeit aus dem hygienischen Institut zu Hamburg über Bakterien der Paratyphusgruppe als Rattenschädlinge und Rattenvertilger. Daselbst war seit mehreren Jahren unter dem Tierbestande, vorwiegend unter den Versuchsratten, eine manchmal seuchenhaft, öfters mehr vereinzelt auftretende Infektionskrankheit beobachtet, die in ihren Erscheinungen mehr oder weniger an die Pest der Nager erinnerte. 1904 isolierte Dunsar bei einer großen Zahl seiner mit anderweitigem Impfmaterial behandelten Ratten einen Bacillus, den er als den Erreger der Epi- zootie feststellte. Derselbe Erreger wurde weiterhin bei zahmen und wilden Ratten gefunden. Trautmann prüfte eingehend die Eigenschaften des Rattenba- cillus und fand eine völlige Uebereinstimmung mit dem Bac. enteritidis GÄRTNER. Er zog außerdem den Danysz- und Ratinbacillus zu Paratyphus etc. 1115 seinen Untersuchungen heran, die sich auf die morphologisch-physio- logischen Eigenschaften, Tierpathogenität und Agglutination er- streckten. Beide Stämme zeigten in allen Punkten völlige Ueber- einstimmung mit den Dunzgarschen Rattenbacillus. Unabhängig von TRAUTMANN hatte BaHr bereits die Zugehörigkeit der beiden ge- nannten Bakterienarten zur Paratyphusgruppe festgestellt. In sehr eingehenden Untersuchungen, die XyLAnDer im Kaiserlichen Gesund- heitsamt zu Berlin, und MÜHLens, Daum & Fürst im Institut für Infektionskrankheiten ausführten, wurden die Ergebnisse TRAUTMANNS bestätigt und insofern erweitert, als die Zugehörigkeit auch des Ba- cillus IssaTscHEnKko zur Gruppe der Rattenschädlinge, die man als Gärtner- oder Ratingruppe zu bezeichnen pflegt, festgestellt wurde. Eine der von TRAUTMANN beobachteten und beschriebenen spontanen Rattenseuche ähnliche Epizootie, die unter den zahmen Vorratsratten der bakteriologischen Abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamts ausbrach, hat auf UntenhurHs Veranlassung SCHERN studiert. Als Erreger wurden Bakterien der Gärtnergruppe ermittelt. STEFFEN- HAGEN wies dann neuerdings in einer ebenfalls im Kaiserlichen Ge- sundheitsamt zu Berlin unter UHLENnHUTHs Leitung ausgeführten Arbeit nach, daß ein in England in dem Incorporated Liverpool In- situte of Comparativ Pathology (Serum-Departement) unter Leitung von Prof. Dr. H. E. Anner hergestelltes und von zwei englischen Firmen in Liverpool und London unter dem Namen Liverpoolvirus ın den Handel gebrachtes Rattenvertilgungsmittel Reinkulturen von Bak- terien enthält, die sich in nichts von den Gärtnerbacillen unterscheiden. Dasselbe konnte STEFFENHAGEN von den einer erneuten Prüfung unter- zogenen Ratin-, Danysz- und Issatschenko-Bakterien feststellen. Morphologie, Kultur, serologisches Verhalten. In dem morphologischen, kulturellen, chemisch - biologischen Verhalten stimmen alle Rattenstämme unter sich und mit dem GäÄrTNErschen Bacillus überein. Auch durch die Agglutination und die Komplementbindungsreaktion lassen sie sich nach den Untersuchungen von ALTMANN & STEFFENHAGEN nicht trennen. Die Agglutination mit hochwertigen Seris ergibt überraschend gleich- mäßige Resultate. Das ist bei der Komplementbindungsreaktion weniger der Fall. Hier erhält man nach STEFFENHAGEN eine Uebereinstimmung der Glieder der Gärtnergruppe und eine Abweichung dieser Gruppenreaktion gegenüber Para- typhus-, Typhus- und Colibakterien erst bei Verwendung sehr niedriger Immun- serummengen, während bei höheren Serummengen ein Uebergreifen der Reaktion von einer Gruppe auf die andere beobachtet wird. Nach SOBERNHEIN & SELIG- MANN lassen sich mittels der Komplementreaktion die Bakterien der (ärtner- gruppe in zwei Typen scheiden, von denen der eine die Rattengruppe darstellt, der andere den Fleischvergiftungsstamm Gärtner zum Repräsentanten hat. Sie stützen ihre Behauptung auf die Beobachtung, dab Sera ihrer Rattenstämme Komplement nur mit Rattenstämmen banden und die Vertreter der anderen Gruppe nur mit Serum ihrer eigenen Gruppe spezifisch reagierten. Eine Bestätigung der Befunde steht noch aus. Im Gegensatz zu dem gleichlautenden Urteil fast aller Autoren über die Uebereinstimmung der pathogenen Rattenbakterien mit den Bacillen der Fleisch- vergiftung des Gärtnertypus wollten Baur, RAEBIGER & GRosso durch- greifende Unterschiede zwischen beiden Gruppen entdeckt haben. Der Ratin- Bacillus sollte sich durch sein Wachstum auf bernsteinsaures Ammoniak ent- haltenden Nährböden, die Vergärung von Arabinose, durch Spaltung von Trauben- säure, durch sein Wachstum mit Fadenbildung auf Agar mit Koffeinzusatz und schließlich durch die spezifische Bakterizidie im PrEIFFERschen Versuch von dem Bacillus enteritidis GÄRTNER trennen lassen. Wie XYLANDER gezeigt hat, kommen 1116 P. Uhutexuuru und E. HÜBENER, alle die Merkmale, welche die genannten Autoren für ihren Ratinbacillus als spezifisch ansehen, den Gärtnerbakterien zu. Die Autoren haben sich selbst davon überzeugt und geben zu, einen vom Gärtnertypus abweichenden Stamm in Händen gehabt zu haben. Neuerdings hat die Frage HARLER von neuem studiert mit dem Ergebnis, daß eine sichere Unterscheidung der Rattenbaeillen unter- einander weder morphologisch noch kulturell noch durch die Agglutination möglich ist. Nach Versuchen von SCHERN werden Bouillonkulturen von Rattenseuche- bacillen :durch Zusatz von 30-proz. Lösungen von Zitronensäure, Weinsäure, Apfelsäure, Traubensäure und Essigsäure in Mengen von 1:1 und 1:3: innerhalb 24 Stunden abgetötet. Einige Versuche sprechen dafür, daß auch die Gifte durch Zusatz von Zitronensäure leiden. Mit den Gärtnerbacillen haben die Rattenschädlinge die Eigenschaft der Bildung von Giften in flüssigen Nährböden gemein. Diese Gifte sind hitze- beständig und gehen bei Filtration der Kulturen durch bakteriendichte Filter in das Filtrat über (TRAUTMANN, XYLANDER, SCHERN, STEFFENHAGEN). Pathogenität. Die Rattenschädlinge besitzen — wie das schon der Name ausdrückt — eine hohe Pathogenität für zahme und wilde Ratten, und zwar bei jeder Art der Einverleibung, insonderheit auch bei Verfütterung der Bakterien, eine Eigen- schaft, die zur Verwendung der Kulturen als Rattenvertilgungsmittel in der Praxis geführt hat. Nächst den Ratten sind weiße und graue Mäuse und Meerschweinchen jedweder Infektion mit den Bakterien der Rattingruppe zugänglich, während sich Kaninchen schwer infizieren lassen. Bei Verfütterung der Bakterien an Ratten tritt der Tod etwa 5—8 Tage nach der Infektion, bei subkutaner und intraperitonealer Impfung viel früher ein. Das pathologisch-anatomische Bild kann große Aehnlichkeit mit dem der Pest haben: serös-sulzige oder hämorrhagische Infiltration der Injektionsstelle, starke Füllung der Gefäße des Unterhautzellgewebes, Schwellung der Lymph- drüsen, feinste Blutungen in den serösen Häuten. Starke Schwellung der Milz sowie Rötung, Auflockerung und Schwellung der Darmschleimhaut pflegt fast niemals zu fehlen. In der Bauchhöhle findet sich oft trüb-seröse Flüssigkeit, die Organe der Bauchhöhle sind mit eitrig-fibrinösen Auflagerungen und Belägen bedeckt. Leber und Milz zeigen miliare und submiliare Herdnekrosen. Wie TRAUTMANN und XYLANDER in großen Versuchsreihen dartun konnten, sind nicht alle Ratten gleichmäßig empfänglich. Ein gewisser Prozentsatz der Tiere erkrankte nicht. Abgesehen von der Virulenz der Rattenschädlinge, welche sehr schwanken kann, und von der gleich noch die Rede sein wird, beruht diese Unempfänglichkeit wahrscheinlich auf einer im Laufe der Zeit erworbenen Immunität der Versuchstiere. Sie sind der Ansicht, daß graue Ratten häufig eine Infektion mit Bakterien der Gärtnergruppe überstehen und dadurch gegen erneute Infektionen immun werden. Für diese Annahme spricht einmal der Umstand, daß hauptsächlich ältere Ratten sich refraktär zeigen, während die jungen Tiere, wenigstens im Laboratoriumsversuch, fast ausnahms- los der Infektion erliegen, ferner die von TRAUTMANN gemachte Feststellung, daß solche Tiere häufig eine große Milz zeigen, welche als Residuum früherer Infektion aufgefaßt werden kann, und schließlich der von XYLANDER geführte Nachweis, daß die immunen Tiere bakterizide Stoffe im Blut haben, welche in vitro nach der von NEISSER & WECHSBERG sowie STERN & KORTE angegebenen Methode nachweisbar sind und in spezifischer Weise nur auf die Bakterien der Ratingruppe wirken. Bereits TRAUTMANN war die ungeheuer schnelle Abnahme der Virulenz des Dungarschen Rattenbacillus sowohl nach künstlicher Fortzüchtung als nach Verlauf von Tierpassagen aufgefallen. Der anfangs hoch infektiöse Stamm wurde so avirulent, daß eine ganze Reagenzglaskultur solch eines Stammes Ratten subkutan oder in die Bauchhöhle injiziert werden konnte, ohne eine nennenswerte äußere Reaktion bei ihnen hervorzurufen. Schon eine einmalige Passage durch den Meerschweinchenkörper hatte aber eine merkliche Steigerung der Virulenz für Ratten zur Folge, denn in der ersten Generation des so aufgefrischten Stammes ging ein Teil der damit infizierten Tiere ein. Diese Tiere bewirkten wiederum durch Fütterungsinfektion den Tod einer zweiten Gene- Paratyphus etc. 1117 ration von Tieren. Selbst in dritter Generation waren die Bakterien noch virulent genug, um per os Ratten zu töten. Dann aber nahm die Virulenz für Ratten wieder ab, indem die auf dieselbe Weise infizierten Tiere am Leben blieben, während sich für Meerschweinchen eine ganz einseitige, ungemein hohe Pathogenität (für letztere Tiere) ausbildete, die ihren Tod meist schon in kürzester Zeit, manchmal in weniger als einem halben Tag, bedingte. Aehnliche Er- fahrungen machte XyLANDER mit Passagen des wenig virulenten Ratinbacillus durch Rattenkörper. Es gelang ihm, die Virulenz so zu steigern, daß !/,o00 Oese imstande war, graue Ratten nach 3—4 Tagen sicher zu töten. Bei der sechsten Passage trat jedoch wieder eine erhebliche Abschwächung ein. TRAUTMANN versuchte durch Züchtung auf besonders günstigen Nährböden die Virulenz zu steigern. Er ließ die Bakterien unter je 3-tägiger Umimpfung 12 Tage lang auf frischem Rindfleisch im Eisschrank und auf Taubenblutagar unter 7—12- maliger täglicher oder 2-tägiger Umimpfung wachsen und erreichte dadurch eine ganz wesentliche Virulenzsteigerung des DungBaArschen Baeillus. Danvsz beobachtete, daß Rattenpassagen mittelst subkutaner Injektion und Verfütterung das Virus abschwächten. Nach der 12. Passage war die Viru- lenz völlig verloren. Auch Verfütterung der Kadaver von bereits geimpften bewirkte Abschwächung. Hintereinanderfolgende Passagen der in Kollodium- säckchen eingehüllten und ins Rattenperitoneum gebrachten Kulturen hatten eine Abschwächung zur Folge. Danysz erhält seine Bakterien in folgender Weise virulent. Eine Maus wird mit Virus gefüttert und 24 Stunden nach der Impfung getötet. Aus dem Blut wird eine Bouillonkultur bereitet und 24 Stunden bei Bruttemperatur ge- halten, dann auf möglichst voll gefüllte Bouillonkölbehen übergeimpft, anfangs bis zur Entwickelung der Kultur bei 37°, dann bei gewöhnlicher Temperatur gehalten bis zur Bildung eines Bodensatzes und vollständiger Klärung der Bouillon, was 4—5 Tage dauert. Die Kultur wird dann in Kollodiumsäckchen für 24—25 Stunden in die Bauchhöhle einer Ratte gebracht, und danach wieder auf Bouillon verimpft. Von der Bouillon werden Agarkulturen angelegt, mit denen Brot oder Körner getränkt und an Mäuse verfüttert werden. Dies Vor- gehen wird mehrere Male wiederholt. Es gelingt dann die Virulenz so zu steigern, daß Mäuse, welche ursprünglich erst nach 4—7 Tagen zugrunde gingen, nach 36-40 Stunden verenden. Um sie für weiße, graue und schwarze Ratten virulent zu machen, bringt man die Kollodiumsäckehen in das Peritoneum von Tieren jener Species, wodurch sie eine spezifische Virulenz erlangen. Die Agarkulturen können ihre Virulenz durch mehrere Monate bewahren, wenn sie geschützt vor Luft und Licht sorgfältig aufbewahrt werden. Aus den festgestellten Tatsachen dürften sich die sehr ungleichmäßigen Erfolge erklären, die in der Praxis und im Laboratorium mit den Ratten- vertileungsmitteln erzielt woreen sind. Die Ergebnisse der verschiedenen Autoren sind von STEFFENHAGEN in Bd. 33 der Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt zusammen- gestellt, auf die hier verwiesen wird. Nach dem Medizinalbericht über die deutschen Schutzgebiete 1908/09 schlugen Versuche mit Antiratin und Bac. Danysz in Togo völlig fehl. Bemerkenswert ist die von RAeBıGEr im Laboratorium und in der Praxis nachgewiesene Pathogenität der Ratinkulturen für Hamster. Mit flüssigem Ratin getränktes Getreide wurde im September 1910 auf einem ca. 2000 Morgen großen Gelände in der Nähe von Gotha ausgelegt. Schon am nächsten Tage wurden mehrere hundert Hamster tot aufgefunden. Alle Baue schienen vernichtet zu sein. Irgendwelche Schäden an Wild oder anderen frei herumlaufenden Tieren wurden nicht beobachtet. Die Pathogenität größeren Haustieren gegenüber ist von verschiedenen Seiten im Laboratoirum geprüft worden. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle (S. 114) zusammengestellt. Sie zeigen, daß Aften, Schafe, Hunde, Pferde vorübergehend erkranken, Junge Kälber und Hühner nach der Aufnahme der Rattenbakterien sogar sterben können. Wenn aus der Praxis über selegentliche Infektionen der Haustiere durch die Rattenvertilgungsmittel noch nichts bekannt 1118 P. Uutennuutu und E. HÜBENER, Ratin. | | n 4 | = | oO MR - | = | Isı8|18 1812513812 |8|8|,5|3 o | |S [Er] Hr Dre Ser Doz ee I er ole n = = Bei == = << 219 |S3sS |S2ıH kei ers) 5 | | BERGMANN 2.2 ae. Gere] u] 2. 1 5 Dez er ee [re — (GRIMM — | — |= INH Ze RAEBIGER & SCHIRNING a a IR en = Br WLADIMIROFF & KAMENSKY . Al FE size jel—ej—|l — |— XOSBAÄNDER N ae Eu Is Unit IE: Ne N N le — BAHR IE —l.|+ ee 2. DUNBARSscher leonilen: TRAUTMANN Ben er ale 5 : |.|-|-|.. | = DANVSZz-Virus. MÜHLENS, DAHM & FÜRST | =, =. = elle ei — KISTERI&. KOTTGENI 0. 2 Bean aee a (ame — | SCHERNscher R attenbacillus. SCHIEBEN) a a ET | RR Re 1 — Liverpool-Virus. STERFENHAGEN Ü. 2..." 2. 8 1 Er eeZ + — tödliche Infektion, * — krankmachende Wirkung, — — Unschädlichkeit. geworden ist, so muß doch mit einem gelegentlichen Vorkommen solcher Zufälle gerechnet werden. Fälle menschlicher Erkrankungen, welche auf die bakteriellen Rattenvertilgungsmittel zurückgeführt werden konnten, waren bis vor kurzem nicht bekannt. Von Baur, RaEBIGER & Grosso wird darauf hingewiesen, daß bei den mit der Herstellung und Auslegung des Ratins in dem Ratin- laboratorium in Kopenhagen und dem bakteriologischen Institut der Landwirtschaftskammer in Halle beschäftigten Personen Gesundheits- schädigungen nicht beobachtet, dab ferner einige Personen, welche Ratin versuchsweise einnahmen, gesund geblieben seien. In dem Jahresbericht des Instituts für Infektionskrankheiten wird von GAFFKY die Erkrankung eines mit der Herstellung des Danyszvirus beschäftieten Fabrikangestellten erwähnt. Im Jahre 1909 haben Hanpson, WıLLIıaMmS & KLEın über eine Massenerkrankungen an Gastroenteritis berichtet, die auf eine In- fektion mit dem Liverpoolvirus zurückgeführt werden konnte und die zu den Arbeiten STEFFENHAGENS über die Natur des Liverpoolvirus Veranlassung gab. Es wurde in dem Nebenraum eines Speisezimmers, in welchem alle Erkrankten gemeinschaftliche Mahlzeiten einge- nommen hatten, ein schlechter Geruch bemerkt. Als man, um die Ursache desselben zu ergründen, die Dielen aufhob, wurden 40 tote Mäuse gefunden. Des weiteren wurde bekannt, daß wegen der zu- nehmenden Mäuseplage in dem Speise- und dem Nebenraum eine ein- malige Auslegung des Liverpoolvirus stattgefunden hatte. Bakterio- logisch wurde festgestellt, dab die aus den Dejekten mehrerer Kranker gezüchteten Bakterien dieselben kulturellen Eigenschaften hatten, wie die Bakterien des Liverpoolvirus. Beide wurden von den Seris mehrerer Patienten agglutiniert, die Bakterien des Liverpoolvirus ın geringerem Grade als der Erreger der Darmerkrankung. In dem Paratyphus ete. 1119 bakteriologischen Bericht von Kreın werden beide Stämme nicht mit Gärtnerbakterien identifiziert, hauptsächlich wegen der mangelnden agglutinierenden Eigenschaft der Patientensera Gärtnerbacillen zezen- über, sondern als zwischen diesen und dem Bakterium coli, den ersteren aber näher stehend, bezeichnet. Nachdem aber durch STEFFENHAGEN die Zugehörigkeit der Bakterien des Liverpoolvirus zur Gärtnergruppe einwandfrei nachgewiesen ist, kann man wohl annehmen, daß jene Krankheitserreger nichts anderes als Bakterien dieser Gruppe ge- wesen sind. Im Hinblick hierauf und die Möglichkeit einer Infektion des Fleisches unserer Haustiere durch Bakterien der Ratingruppe sollten Verhaltungsmaßregeln, wie sie vom Reich und von Preußen (Erlaß vom 4. Mai 1905, Min.-Bl. für Med. usw. Angel. S. 137) zur Verhütung von Gesundheitsschädigungen durch Legen von Mäusetyphusbaeillen gegeben worden sind, behördlicherseits auch für das Legen der Ratten- bakterien empfohlen werden. = IV. Die Identitätsfrage. Die in den letzten Jahren angestellten Forschungen haben ge- zeigt, daß die sog. Enteritisbakterien in der Natur verbreiteter sind und in der Pathologie der Menschen- und Tierkrankheiten eine häufigere und mannigfaltigere Rolle spielen, als man bis dahin an- genommen hatte. Namentlich hat die Zahl der zur Paratyphus- B-Gruppe gehörigen Stämme eine erhebliche Zunahme erfahren. Ihr ist eine sroße Summe von Bakterienstämmen zuzurechnen, deren Aufzählung Spalten füllen würden, wollte man sie alle — dem Beispiele früherer Autoren folgend — nach ihrem Fundort bezeichnen. Angesichts dieser Tatsache entsteht nun die Frage, ob alle diese Stämme identisch sind und ob es sämtlich Bakterien sind, die für den Menschen pathogene Eigenschaften .besitzen oder erwerben können. Morphologische und kulturelle Unterschiede. Hinsichtlich ihrer Morphologie sind die Glieder beider Gruppen — der Paratyphus-B- und Gärtnergruppe — nicht zu unterscheiden. Einzelne Abweichungen bezüglich der Länge, der Beweglichkeit, der Anzahl der Geißeln kommen vor, sind aber individueller Natur und bilden keine Artmerkmale, die eine Differenzierung gestatten. Dasselbe gilt bis jetzt von dem kulturellen Verhalten und ihren chemisch-biologischen Eigenschaften. Auch hier kommen wohl individuelle aber keine essentiellen Unterschiede vor. Wie die Unter- suchungen der letzten Jahre gezeigt haben, zeichnet gerade die Ver- treter der Paratyphusgruppe eine große Variabilität aus, indem es gelingt, durch Veränderung ihrer Lebensbedingungen eine Aende- rung biologischer Eigenschaften hervorzurufen, so zwar, dab nach einer Anzahl von Generationen Individuen entstehen können, die von der Ausgangsform in ihrem kulturellen und biologischen Verhalten abweichen. Dabei handelt es sich meistens nicht um Anzüchtung neuer Eigenschaften, sondern um Verstärkung oder Verringerung vVor- handener Artmerkmale. 1120 P. UuLexnHuutHu und E. HÜBENER, Auf die kulturellen Abweichungen ist in den betreffenden Kapiteln hingewiesen worden. (Schleimwallbildung, Wachstum auf arser- oder antimonhaltigem Nährboden etc. etc.). Bezüglich der reduzierenden Eigenschaften von Farbstoffen (Neutralrot-, Lackmus-, Orcein-, Malachit-Nährboden nach BucHHoLz) und des Gärvermögens verschiedenen Zuckerarten gegenübe verhalten sich die Stämme nicht alle gleich. Einige Autoren haben in ihrem abweichenden Verhalten ein differential-diagnostisches Merkmal zwischen menschen- und tierpathogenen Mikroben erblicken wollen. Doch haben sich die Unterschiede nicht als durchgreifend und konstant. erwiesen. So fanden ÜHLENHUTH & SCHERN, daß sich nach den Farbreak- tionen die Menschen-Gärtnerstämme in zwei Gruppen, die Menschen- Paratyphusstämme in fünf Gruppen bringen lassen. In diese Gruppen lasse sich einzelne Tierstämme einreihen, andere nicht. Eine Diffe- renzierung zwischen menschen- und tierpathogenen Stämmen aber ist nicht möglich. Dıe Angaben über die Vergärung von Kohlehydraten durch die Bakterien der beiden Gruppen sind in der Literatur mehrfach wider- sprechend. Einigkeit herrscht nur darin, dab durchgehend Milchzucker garnicht, wohl aber Traubenzucker vergoren wird. Völlige Ueber- einstimmung der verschiedensten Stämme allen geprüften Zuckerarten gegenüber fanden XYLANDER, SEIFFERT, POPPE, BIEWALD, SOBERNHEIM & SELIGMANN, STROMBERG U. a. In den Versuchen Ducamrs griffen im Gegensatz zu den anderen Stämmen 2 Hogcholerastämme Xvylose, Duleit und Mannose nicht an, der Bac. icteroides vergor nicht Mannit, Glukose, Maltose. BıewaLp fand, abgesehen von einem zeitlichen Unterschied in dem Auftreten der Vergärung zwischen Kälberruhr- stämmen und Hogcholerabacillen, daß erstere dauernd kein Gas in Arabinose bildeten. Dasselbe konstatierten Baur, RAEBIGER & GROSsso ‚von ihrem Ratinbacillus und erblickten darin ein differential- diagnostisches Merkmal zwischen Ratin- und Gärtnerbacillen. Bei Ausdehnung ihrer Versuche fanden sie auch echte Gärtnerstämme, die Arabinose vergoren. Wir haben früher darauf aufmerksam ge- macht und gezeigt, daß die bei den Identitätsprüfungen der Bakterienstämme beider Gruppen auftretenden Unter- schiede sich verwischen, sobald die Prüfung an einer großen Zahl von Bakterienstämmen vorgenommen wird, und daß die abweichenden Ergebnisse verschiedener Autoren mit darinihrenGrund haben dürften, daß die Unter- suchungen an einer zu kleinen Zahl von Stämmen ausgeführt wurden. JAarr£ prüfte 97 Stämme der Typhus-Coli-Gruppe hinsichtlich ihres kultu- rellen Verhaltens auf 15 verschiedenen Nährböden mit dem Ergebnis, daß sich die gesamte Gruppe in bestimmte Untergruppen, aber nicht in be- stimmte Arten einteilen läßt. Auch bezüglich der Fähigkeit der Giftbildung in flüssigen Kultur- medien existieren keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gliedern der beiden Gruppen (siehe die betreffenden Kapitel). Es muß demnach daran festgehalten werden, daß es kon- stante kulturelle Unterscheidungsmerkmale für die einzelnen ner der Paratyphus- und 6ärtnergruppe bis jetzt noch nieht gibt. 7 Paratyphus etc. 1121 Es wird die Aufgabe zukünftiger Forschungen sein, ein die verschiedenen Glieder einer Gruppe trennendes artcharakteristisches Merkmal zu finden. Die Möglichkeit der Existenz eines solchen soll nicht geleugnet werden. Die bisherigen Untersuchungsmethoden zeigen uns vielleicht nur die gemeinsamen biologischen Eigenschaften der Stämme, während sie uns die sie unterscheidenden nicht erkennen lassen. Die Hoffnung hierauf ist indes nur schwach, da selbst die feinsten Differenzierungsmethoden für Bakterien, über die wir zurzeit verfügen, die biologischen Methoden, keine absolut sichere Trennung gestatten. Agglutination. Zahlreiche Agglutinationsprüfungen sind von den verschiedensten Autoren mit den mittelst der einzelnen Vertreter ein- und derselben Gruppe durch Vorbehandlung von den verschiedensten Tieren (Kanin- chen, Pferde, Esel) künstlich hergestellten Immunseris ausgeführt worden. Alle Stämme die menschenpathogenen wie tierpathogenen und «die in der Außenwelt gefundenen — sind vergleichenden Prüfungen unterzogen worden, mit dem übereinstimmenden Er- gebnis. daß die Agglutination eine Trennung der Vertreter inner- halb einer Gruppe nicht gestattet. im Gegenteil eine sehr nahe verwandtschaftliche Beziehung der Bakterien einer Gruppe unter sich beweist, daß dagegen die Bakterienstämme der Paratyphusgruppe von denen der Gärtnergruppe im allgemeinen scharf zu trennen sind. Einzelne quantitative und auch qualitative Unterschiede kommen vor, Sie beruhen aber zum Teil auf individuellen, nicht auf Art- verschiedenheiten, zum Teil auf der den Angehörigen beider Grup- pen eigenartigen Wandlungsfähigkeit biologischer Eigen- schaften. SOBERNHEIM & SELIGMANN fanden, daß die Agglutination der Gärtner- stämme wenig regelmäßig verläuft, daß eine Anzahl der Kulturen von den übrigen sich als besonders leicht agglutinable Gruppe abhebt, indem sie auf jedes Gärtnerserum reagiert und infolgedessen auch ohne Schwierigkeiten als Gärtnerstämme identifiziert-r werden kann, z. B. die Rattenschädlinge und einige Fleischvergifter. Im Gegensatz dazu ist eine zweite Gruppe verhältnis- mäßig schwer angreifbar, sie wird nur durch einige Sera in typischer Weise agglutiniert und läßt gegenüber anderen hochwertigen Seris gänzlich im Stiche. Dieser Unterschied beider Gruppen tritt bei Verwendung von Seris, die mit toten Bakterien erzeugt werden, ganz besonders auffällig in die Erscheinung. Bemerkenswert ist nur, daß einige wenige Sera das Verhältnis direkt umkehren, indem sie auf die sonst leicht agglutinablen Kulturen nur schwach einwirken, die schwer agglutinable Gruppe aber hoch beeinflussen, ein Beweis dafür, daß in- dividuelle biologische Eigentümlichkeiten der Kulturen diese Unterschiede be- dingen. Wie sehr die individuelle Wandlungsfähiskeit der Bakterien die Agglu- tinationsprüfungen beeinflussen kann, haben die genannten Autoren an den Stämmen Rumfleth und Haustedt gezeigt. Ursprünglich als echte Gärtner- stämme charakterisierte Kulturen, stellten sie später nach ihrem agglutinablen und antigenen Verhalten einen Sondertypus dar, der nicht mehr als Gärtner- typus zu erkennen war, um dann unter der Hand der Untersucher eine Rück- bildung zu ihrem ursprünglichen Typus und eine abermalige Umbildung zum Sondertypus zu erfahren. : STROMBERG prüfte eine große Anzahl von Enteritisstämmen. Die meisten ließen sich scharf in eine Gärtnergruppe einerseits und eine Paratyphus-B- Gruppe andererseits trennen. Nur einige Stämme, die teils der Paratyphus-B-, teils der Gärtnergruppe zugerechnet waren, ließen sich durch die Agglutinations- reaktion nicht identifizieren. Nach STROMBERG handelt es sich um aus typischen Enteritisbakterien hervorgegangene, in Degeneration begriffene Stämme, um eine auf einer Umwandlung beruhende Abart der Enteritisbakterien. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. Ill. ıl 1122 P. Usutexuuru und E. HÜBENER, Die bisher auf Grund ihres verschiedenen agglutinatorischen Ver- haltens durchgeführte Trennung der Enteritisbakterien und ihrer Verwandten in zwei große Gruppen hat durch die Untersuchungen von SELIGMANN & SOBERNHEIM eine gewisse Einschränkung insofern erfahren, als es Stämme gibt, die in typischer und - spezi- fischer Weise zunächst nur auf Paratyphusserum reagieren, unter Umständen aber eine starke Herabsetzung und fast völlige Einbuße dieser Reaktionsfähigkeit erleiden können, dafür aber in entsprechen- dem Maße Agglutinierbarkeit für Gärtnersera erwerben. Höchst merk- würdig ist dabei, daß das antigene Vermögen derartiger Stämme den Wandlungen der Agglutinierbarkeit nicht parallel geht, daß es wohl etwas geschwächt wird, aber in allen Phasen der Entwickelung reinen Paratyphuscharakter bewahrt. Solche Stämme scheinen aber höchst selten zu sein und die von den genannten Autoren beobachteten Ab- weichungen scheinen nach den Untersuchungen von STROMBERG ZU den Ausnahmen zu gehören. Er fand weder eine Unstimmigkeit zwischen Agglutininbildung und Agglutininbindung, noch Kulturen, die als Doppelstämme gleichzeitig auf Gärtner- und Paratyphus-B- Sera reagiert hätten oder einen direkten Umschlag der agglutinablen Eigenschaften aus einem Gruppentypus in den anderen aufgewiesen hätten. Der Castellanische Absättigungsversuch. Von einigen Autoren ist zur Differenzierung der verschiedenen Stämme einer Gruppe der CAsTELLANIsche Absättigungsversuch ange- führt worden. Eingehende Untersuchungen nach dieser Richtung sind von Bock mit Paratyphus-, Schweinepest-, Mäusetyphus-, Fleischvergiftungs- bacillen (Stamm Känsche) angestellt worden. Aus ihnen geht hervor, daß Mäusetyphus-, Schweinepest- und Känsche- (Fleischvergifter Typus Aertryck-)Bacillen in einen gewissen Gegensatz zu den Paratyphusbacillen treten. Nach der Einbringung von Paratyphuskultur bewirkt jedes der mit Mäusetyphus-, Schweine- pestbacillen und Stamm Känsche hergestellten Sera noch eine Zu- sammenballung dieser drei Bakterien, nachdem die Agglutination für Paratyphuserreger schon erschöpft ist. Dagegen bringt in gleicher Weise behandeltes Paratyphusserum keinen Stamm mehr zur Agglu- tination. Wurden die Sera mit einem der Stämme von Mäusetyphus, Schweinepest und Känsche abgesättigt, so wurde im Mäusetyphus- und Paratyphusserum die agglutinierende Kraft für Paratyphusbacillen nicht aufgehoben, wohl aber im Schweinepest- und Känscheserum. In den Versuchen von Rırux & Sacqufkp£e ergab sich, daß ein Serum, welches fast alle Vertreter der einen Gruppe agglutinierte, nach Sättigung mit einem Stamm für diesen wie für die anderen die agglu- tinierende Fähigkeit einbüßte. Ein anderes Serum verhielt sich nach Absättigung dem homologen Stamm und einer Reihe anderer Stämme gegenüber inaktiv, während es anderen gegenüber gänzlich unbeeinflußt war. Rımpau prüfte 34 als Paratyphus B bzw. als „paratyphusver- wandte“, diagnostizierte frische Stämme, und 6 Paratyphus-B-Sera. Dabei ergab sich, daß Stämme, die bei Benutzung von 1—2 Seren nur als paratyphusverwandte anzusehen waren, bei Anwendung mehrerer Sera sich als Paratyphus-B-Bacillen einwandfrei feststellen‘ ließen. Paratyphus ete. 1123 Keines der 6. Sera beeinflußte alle 34 Stämme gleichmäßig, was auf eine Verschiedenheit der agglutininbindenden Fähigkeit schließen läßt. Zur Identifizierung empfiehlt er die Benutzung eines Mischserums, welches verschiedene univalente, von gleichen Tierarten stammende Sera enthält. In Versuchen von BonHoFF erwies sich ein Paratyphusserum, welches mit Mäusetyphusbacillen abgesättigt wurde, sowohl für Para- typhus- wie für Mäusetyphusbacillen unwirksam. Ebenso verhielten sich in den Versuchen von Vaczpes Paratyphus-, Fleischvergifter- und Mäusetyphusbacillen ganz gleichmäßig. In Versuchen von SpäÄr verlor ein mit dem Horstschen Fleischvergifter hergestelltes Immun- serum das gesamte Agglutinin nach Erschöpfung sowohl mit der eigenen Art als auch mit Paratyphus-, Mäusetyphus- und Schweinepest- bacillen. Im Gegensatz dazu fanden Levy & Forner, daß Paratyphus- serun, welches mit dem homologen Stamm abgesättigt war, noch Mäusetyphus-, Fleischvergifter- und Psittakosebacillen agglutiniert. Cırron konstatierte bei der Untersuchung des Bindungsver- mögens von Paratyphus-, Schweinepest- und Mäusetyphusbaeillen für die Agglutinine von Paratyphus- und Schweinepestserum eine auf- fallende Differenz. Die Versuche ergaben keine Verminderung des Agglutinationstiters für Schweinepest und Mäusetyphus, dagegen deut- lich für Paratyphus B, wenn die Absättigung durch Mäusetyphus- oder Schweinepestbacillen erfolgte. Aehnliche Differenzen sind auch von anderen Autoren bei der Absättigung beobachtet worden. Von uns sind derartige Absättigungsversuche an einer sehr großen Zahl der verschiedenen Stämme der Paratyphusgruppe angestellt worden. Dabei hat sich herausgestellt, daß eine @esetzmäßigkeit in dem Ver- halten der einzelnen Gruppen dem mit verschiedenen Stämmen abgesättigten Serum gegenüber nieht besteht, daß vielmehr eine sroße Mannigfaltigkeit bezüglich des Rezeptorenapparates der einzelnen Stämme existieren muß. Die von diesen Ergebnissen abweichenden Resultate der anderen Autoren sind dadurch zır erklären, daß die Absättigung und Agglu- tinationsprüfung in der Regel nur immer mit je einem Stamm der verschiedenen Vertreter vorgenommen worden ist. Dann kann es der Zufall mit sich bringen, daß sich Unterschiede ergeben. Bakteriolysine. Zur Differenzierung der Stämme der beiden Bakteriengruppen sind auch die Bakteriolysine von einigen Autoren (KoLLE, KutscHEr & MEINICKE, TIBERTI, GLASER u. a.) herangezogen worden mit dem Er- gebnis, daß eine Differenzierung der einzelnen Vertreter einer Gruppe auf diese Weise nicht gelingt. wohl aber eine Trennung zwischen der Paratyphus- und Gärtnergruppe mittels der Bakterio- lysine möglich ist. Ein mit einem menschlichen Paratyphusstamm hergestelltes Immunserum bringt nicht nur menschliche Paratyphus- bacillen im Meerschweinchenperitoneum zur Auflösung, sondern auch Mäusetyphus-, Schweinepest-, Psittakose- und Kälberruhrbacillen, es läßt hingegen Bakterien der Grärtnergruppe unbeeinflußt. Umge- kehrt lösı ein mit einem Gärtnerstamm hergestelltes Serum nur Bak- terien der Gärtnergruppe auf, nicht aber Angehörige der Paratyphus- gruppe. Interessant ist, dab bakteriolytische Typhussera die Bak- 71* 1124 P. UntexnurHu und E. HÜLEneER, terien der Enteritisgruppe in nahezu demselben Maße beeinflussen, wie echte Typhusbacillen. Da derartige Versuche große Opfer an Tieren fordern, so ist es erklärlich, daß die Zahl dieser Versuche nicht allzu eroh IS Bakteriotropine. NEUFELD & Hünxe haben 12 Sera von Bakterien der Paratyphus- gruppe geprüft und eine bakteriotrope Wirkung bei allen feststellen können. Während bei anderen Bakterienarten die Wirkung streng spezifisch war, fanden sich in den Wirkungen der verschiedenen Sera der Paratyphusgruppe keine Unterschiede. Die mit einem Stamm von Hogcholera gewonnenen Immunsera wirken nicht nur auf denjenigen Stamm, der zur Immunisierung gedient hat, bakteriotrop, sondern auch aut andere Stämme derselben Gruppe, und zwar oft ebenso stark wie auf den homologen Stamm. Das gleiche Verhalten haben die Autoren für Paratyphus, Mäusetyphus, Schweinepest und Psitta- kose feststellen können, während sie die Bacillen der Fleischver- giftung nicht untersucht haben. Aber nicht nur auf die Bakterien der gleichen Gruppe, sondern auch auf Typhusbacillen äußerten das Paratyphus-, Psittakose- und Hogcholeraserum eine nicht unerhebliche Wirkung, die jedoch quanti- tativ unverkennbar geringer war. Anaphylaxie. Livıerato versuchte mittelst passiver Anaphylaxie eine Trennung der verschiedenen Stämme der großen Typhus-Coli-Gruppe herbei- zuführen, indem er das Serum mit Typhus-, Paratyphus-, Coli+ bacillen ‚sowie Fleischvergiftungsbakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe anaphylaktisch gemachter Meerschweinchen auf andere übertrug, die mit nicht tödlichen Dosen der Bakterienarten vorbe- handelt waren. Nicht in jedem Falle traten anaphylaktische Er- scheinungen auf. Eine Spezifität war nicht zu erkennen. Die Tiere starben zumeist, einerlei, mit welcher Bakterienart sie vorbehandelt waren und mit welchem Serum sie nachbehandelt wurden. So re- agierte ein mit Paratyphus vorbehandeltes Meerschweinchen auf In- jektion mit anaphylaktischem Typhusserum stärker als auf anaphy- laktisches Paratyphusserum. Er schließt aus den Ergebnissen auf eine sehr nahe Verwandtschaft der geprüften Bakteriengruppen. Komplementbindung. Eine Differenzierung der Bakterien der Paratyphusgruppe mittels der Komplementablenkung ist von einigen wenigen Autoren versucht worden. SACQUEPEE Wandte das ursprünglich BoRDET-GEnGousche Ver- fahren an und gelangte zur Unterscheidung zweier Gruppen: 1) Bacillus carnes GÄRTNER, Moorseele et Bruxelles, 2) Bacilles carnes‘ Aertryck, Posen, Düsseldorf, bacille du hog- cholera, de la psittacose et paratyphus B. BALLNER & Reısmayr konnten einen Unterschied zwischen Para- typhus- und Mäusetyphusbacillen mittelst Komplementablenkung nicht feststellen. In größeren Versuchsreihen hat dann ALTManN eine Paratyphus etc. 1125 Differenzierung durch die Komplementbindung versucht. Zu seinem Untersuchungen dienten 17 Stämme der Paratyphus-B-Gruppe — 5 Paratyphusbakterien, 2 Fleischvergifter, 4 Schweinepestbacillen, 1 Pseudotuberkulose Meerschweinchen, 1 Psittakosestamm — sowie 59 Stämme der Ratingruppe — 2 Fleischvergifter und 3 Ratten- schädlinge (Dungar, Ratin, Danysz). Als Antigen bediente er sich der von UHLen#urn eingeführten Antiforminextrakte mit zutem Erfolg. Nach seinen Ergebnissen ist eine scharfe Trennung der Paratyphus-B-Gruppe von der Ratingruppe mit Hilfe der Komple- mentbindung ebenso wie mit der Agglutination möglich, eine weitere Differenzierung innerhalb der Untergruppen aber nicht zu erreichen. Sie scheint im Gegenteil einen mindestens ebenso hohen Grad der Verwandtschaft der Repräsentanten der einzelnen Gruppen unter- einander aufzudecken, wie die Agglutination. In einem gewissen Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse von SOBERNHEIM & SELIGMANN. Diese hatten bei ihren Agglutinations- prüfungen gefunden, daß die Gärtnergruppe ‚zu der die Ratten- gruppe mit den Rattenschädlingen und eine Reihe von Fleischver- gifter: zählen, eine Sonderstellung einnimmt. Nach dem Ausfall ihrer Komplementbindungsversuche glauben sie, daß hier ein biologischer Sondertypus vorliegt. Denn Rattenstammsera binden spezifisch und weitgehend Komplement nur mit Rattenstämmen, während die Ver- treter der anderen Gruppe nur mit Seris ihrer eigenen Gruppe spe- zifische Reaktion gaben. Nach ihren Untersuchungen läßt sich die Gärtnergruppe von der Paratyphus-B-Gruppe durch die Komplement- bindungsreaktion scharf trennen. Die Gärtnerstämme selbst lassen sich weiterhin in zwei Typen scheiden, von denen der eine die soge- nannte Rattengruppe darstellt. Die aktive Immunisierung. Als weitere Methode zur Artbestimmung der Bakterien ist die aktive Immunisierung herangezogen worden. Auch diese Versuche sind bis jetzt nicht zahlreich, entsprechen aber den durch die sero- diagnostischen Methoden erhaltenen Ergebnissen (s. Kap. Immunität). Aus den voraufgeführten Tatsachen lassen sich für die Frage nach der Identität der Bakterien der großen Enteritisgruppe folgende Schlubfolgerungen ziehen: ö 1) Die Bakterien der Enteritisgruppe lassen sich auf Grund ihres agglutinatorischen Verhaltens und anderer Immunitätsreaktionen in zwei große Gruppen trennen, als deren einer Repräsentant der Para- typhus-B-Bacillus, als deren anderer Repräsentant der Grärtner- bacillus angesehen werden kann. 2) Die Bakterien beider Gruppen zeichnen sich durch eine ziem- lich große Variabilität aus, derart, daß eine Aenderung ihrer Lebens- bedingungen auch eine Aenderung ihrer Lebensäußerungen nach sich ziehen kann. 3) Infolgedessen begegnet man Stämmen, welche ihre ursprüng- lichen, für die Zugehörigkeit zu der einen Gruppe sprechenden Charaktere verlieren und dafür solche der anderen Gruppe annehmen. 4) Innerhalb einer Gruppe lassen sich bis jetzt weitere Unter- arten auf Grund konstanter, morphologischer, kultureller, biologi- scher Merkmale nicht unterscheiden. 1126 P. Uutennuru und E. HübBener, 5) Aus dieser Tatsache, die möglicherweise nur ein Ausdruck der Unzulänglichkeit unserer Untersuchungsmethoden ist, darf nicht ohne weiteres auf eine Identität der Glieder einer Gruppe geschlossen werden. Wir haben uns bisher auch gehütet, sie als gleichwertige Krank- heitserreger hinzustellen; uns vielmehr der bisherigen Gepflogenheit. angeschlossen, welche in ihrer für einzelne Tiergattungen spezifischen Pathogenität ein unterscheidendes Kriterium erblickte und das auch in der Benennung der einzelnen Bakterienstämme zum Ausdruck brachte. Pathogenität. Das allgemeine pathogenetische Verhalten. Für eine enge Zusammengehörigkeit aller voraufgeführten Mikro- organismen spricht die Grleichartigkeit ihres pathogenetischen Ver- haltens. Sie verursachen als selbständige Erreger unter Tieren Allgemeinerkrankungen (Enteritis mit Sepsis) in Einzelfällen oder in epizootischer Form, wie z. B. die Kälberruhr, der Mäusetyphus, die Papageienenteritis, oder wirken wiederum in Einzelfällen oder in Epizootien als sekundäre Sepiserreger bei primären allgemeinen Krankheiten, wie z. B. bei der Schweinepest, Hundestaupe oder bei lokalen Krankheiten der Tiere (Blasenruptur, Schenkelbruch) oder sie verursachen drittens ohne vorherige Allgemeinerkran- kung lokale entzündliche, eitrige und nekrotische Prozesse mit und ohne nachfolgende sekundäre Septikämie (Mastitis, Metritis der Kühe, Lebernekrose der Kälber, Pseudotuberkulose der Meerschweinchen) oder sie vegetieren viertens im Warmblüterorganis- mus ohne jedekrankmachende Wirkung. Ganz ähnlich ist die Wirkung der Paratyphusbacillen beim Menschen. Sie treten erstens als selbständige Erreger auf, in- dem sie entweder eine typhusähnliche Krankheit oder eine akute Gastroenteritis verursachen, und zwar entweder in Form von Einzel- fällen oder in Gestalt von Epidemien. Oder sie verursachen bei anderweitigen primären akuten oder chronischen Krankheiten eine sekundäre Bakteriämie resp. Sepsis, z. B. bei Scharlach, Tuberkulose, Pneumonie oder sie rufen ohne jedes Zeichen einer typhösen Erkrankung lokale Entzündungen und Eiterungen hervor mit und ohne Bakteriämie oder Sepsis, z. B. Pyelitis, Cystitis, Appendieitis, Otitis etc. oder sie leben im menschlichen Organismus als Saprophyten! Virulenz. Eine ungemein große Veränderlichkeit der Virulenz ist eine allen Stämmen gemeinsame Eigenschaft, wie Beobachtungen in der Praxis und Experimente im Laboratorium gelehrt haben. Bei unseren Untersuchungen über die Schweinepest haben frisch aus dem Körper an Schweinepest verendeter Tiere isolierte Bacillen bei Verimpfung auf gesunde Ferkel in manchen Fällen gar keine Wirkung ausgeübt, in anderen Fällen innerhalb kurzer Zeit den Tod herbeigeführt. Besonders hat sich bei den zur Mäuse- und Rattenvertilgung dienenden Stämmen in der Praxis gezeigt, daß nach einer Reihe von Tierpassagen die Virulenz eine hochgradige Ab- Wu 2 TE Si 2 2 Paratyphus etc. 1127 nahme erfahren kann, so daß der Erfolg, welcher im Anfang der Verwendung der Bakterienkulturen 80-50 Proz. Mortalität beträgt, auf O Proz. sinken kann (TrAuUrTMAnN, Danvsz, KYLANDER u. 2.). Andererseits haben Laboratoriumsversuche gelehrt, daß fortgesetzte Tierpassagen und längeres Fortzüchten auf bestimmten Nährböden ‚und unter besonderen Bedingungen in den Mikroorganismen pathogene Eigenschaften in dem einen Falle entstehen, in dem anderen Falle verschwinden lassen können. Hruser hat an einer großen Reihe von Stämmen (Fleischvergifter, Schweinepestbacillen, Mäusetyphus, Psittakose, und einem der Hogcholeragruppe angehörigen, in zahl- reichen Fällen von Hundestaupe gezüchteten Stamm) Versuche der Virulenzsteigerung durch Rattenpassagen angestellt. Bei den ersteren Passagen waren starke individuelle Unterschiede bei den einzelnen Ratten zu beobachten. Nach der 20. Passage führten subkutane Injektionen der Bakterienaufschwemmungen innerhalb 24 Stunden ınit Sicherheit den Tod herbei. Eine Virulenzsteigerung bis zur In- fektionsmöglichkeit durch Fütterung wurde nicht erreicht. Fort- gesetzte Züchtung auf Agar bewirkte in den Versuchen der meisten Autoren eine Virulenzabnahme (TRAUTMANN, KUTSCHER & MEINICKE, Koske, Heuser). Nach unseren Beobachtungen hatte der Fleisch- vergifter Greifswald nach jahrelangem Aufbewahren seine Virulenz und die Fähigkeit der Toxinproduktion völlig eingebüßt. Durch Mäusepassagen erlangte er beide Eigenschaften wieder. TRAUTMANN beobachtete eine Virulenzsteigerung der Fleischvergifter nach Züch- tung auf Rinderserum oder Fleisch, v. VaGEpeEs bei Paratyphus- bacillen eine Zunahme auf eiweißhaltigem Nährboden. Daxysz be- richtet, daß seine Rattenschädlinge nur unter ganz besonderen Züch- tungs- und Konservierungsbedingungen ihre Virulenz behalten (siehe Kapitel Rattenschädlinge). KoskE bewirkte durch intrakranielle Impfung auf Kaninchen bei den Schweinepeststäimmen eine Virulenzsteigerung. HüÜBENER be- obachtete, daß Hogcholerabacillen, welche bei Verfütterung Mäuse nicht töteten, nach Impfung in den Brustmuskel von Tauben, in 100 Proz. per os den Tod der Mäuse herbeiführten. Pırr gelang es, die Virulenz des Bac. nodulifaciens bovis, der bei Verfütterung an Mäuse und Meerschweinchen sich unwirksam erwies, durch Tierpassagen für beide Tierarten derart zu steigern, daß Mäuse unter dem Bilde der schwersten Vergiftungserscheinungen nach 24 Stunden eingingen. Die wechselseitige Pathogenität der Tierstämme. Die für die einzelnen Tierarten und Tiergattungen nachgewiesene spezifische Pathogenität der einzelnen Stämme, der sie ihre Be- zeichnungen verdanken, ist keine absolute. Im Laboratorium lassen sich die gebräuchlichen Laboratoriumstiere in gleicher Weise durch die menschen- und tierpathogenen Stämme sowohl wie durch die ın der Außenwelt gefundenen Stämme infizieren. Auch sind wiederholt unter gesunden Vorratstieren Spontaninfektionen beobachtet worden, wenn mit diesem oder jenem Stamm im Laboratorium gearbeitet wurde (HoTTInGEr, LÖFFLER u. a.) Unterschiede, die bei luabo ratoriumsexperimenten zutage traten, sind durch die verschiedenen Virulenzgrade bedingt. Beobachtungen ın der Praxis und labora- 1128 P. Untensurn und E. HüBEener, toriumsexperimente haben aber weiter gelehrt, daß auch unsere Schlachttiere einer Infektion mit verschiedenen Stämmen zugäng- lich sind. So ist die Pathogenität der Fleischvergiftungsbak- terien für Kälber, Kühe, Ziegen, Schweine von GÄRTNER, vVoN ERMENGEM, FıscHEer, PoELs, ÜUHLENHUTH & HüÜBENER, die Pathosenität der Schweinepestbacillen für junge Kälber und Rinder von JoEsT resp. UHLENHUTH & HÜBENER, die der Mäuse- typhusbacillen für Kälber, Pferde, Hammel, Schweine von KRICKENDT, SHIBAYAMA, PFEIFFER, KUTSCHER & MEINICKE, UHLEn- HUTH & HÜBENER, die gelegentliche Pathogenität der Ratten- schädlinge für Kälber, Hammel und Pferde von Bank, BERGMANN, GRIMM festgestellt. Die Menschenpathogenität der Tierstämme. Beobachtungen in der Praxis lassen nun weiterhin keinen Zweifel darüber, dab ursprünglich tierpathogene Stämme auch menschen- pathogene Eigenschaften annehmen können. Bezüglich des Mäusetyphus liegen Beobachtungen vor, welche ein Pathogenwerden der Mäusetyphusbacillen beweisen. Nach der ersten Mitteilung von TROMMSDoRFF auf dem Internationalen Kongreß für Hygiene in Brüssel 1903 über Erkrankungen an Durchfällen bei 10 Leuten, die mit dem Legen von Lörrterschen Mäusetyphus- bacillen zu tun gehabt hatten, sind weitere Publikationen von GEORG MEYER, UNGER, SHIBAYAMA, FLEISCHHANDERL, Bages & Basıra erfolst. Bezüglich aller Einzelheiten wird auf das Kapitel über Mäusetyphus- bacillen verwiesen. Daß Rattenschädlinge für den Menschen pathogen werden können, haben die Beobachtungen von GAFFKY sowie von HANDson & WILLIAMS gezeigt. Es sei ferner an die Psittakose erinnert. Auch die von FiscHEr, DEL£PINE und Fauss nach Genuß von Milch an Paratyphus oder Gärtnerinfektion leidender Kühe bei Menschen aufgetretenen Paratyphuserkrankungen gehören hierher. Derartige Beobachtungen lassen die Annahme gerechtfertigt er- scheinen, dab es sich bei den Fleischvergiftungsbakterien um ursprünglich tierpathogene Bakterien mit erworbenen menschen- pathogenen Eigenschaften handelt, und daß nicht etwa das umgekehrte Verhalten vorliegt, was man bisher angenommen hat. Die Tierpathogenität der Menschenstämme. Daß Laboratoriumstiere bei jeder Art der Einverleibung für menschliche Paratyphusbacillen empfänglich sind, ist mehrfach hervorgehoben. Bemerkenswert ist die Beobachtung von MvucH & FrAENKEL, nach welcher die mit ihrem aus dem Eiter eines para- typhlitischen Abszesses gewonnenen Stamm infizierten Meerschwein- chen und Kaninchen Epizootien unter den gesunden Laboratoriums- tieren verursachten. Dab menschenpathogene Stämme auch unsere Schlacht- tiere krank machen können, haben die Versuche von SCHMITT, KurscHer & MEINICKE, SOwie ÜHLENHUTH & HÜBENER gelehrt. Nach den bei den Fleischvergiftungen gemachten Erfahrungen muß man annehmen, daß die Bakterien dadurch, dab sie in W echsel- Paratyphus etc. 1129 wirkung mit dem erkrankten Tierkörper treten, eine Erhöhung der Virulenz besonders auch für den Menschen erfahren. Man hat mehr- fach beobachtet, daß Tiere — Katzen und Hunde — welche sich gegen eine Infektion mit Reinkulturen der Fleischvergiftungsbak- terien refraktär verhielten, an schwerer Enteritis erkrankten oder verendeten, wenn sie mit dem infizierten Fleisch gefüttert wurden. Wenn demnach kein Zweifel mehr besteht, daß ur- sprünglich nur tierpathogene Bakterien Pathogenität auch für Menschen und umgekehrt ursprünglich men- schenpathogene Stämme Tierpathogenitäterlangen kön- nen, so zwingt doch die tägliche Erfahrung zu der An- nahme, daß diese Erscheinungen zu den Ausnahmen ge- hören und nur unter ganz bestimmten, bisher noch unbe- kannten Bedingungen auftreten. Zu dieser Annahme be- rechtigt die Erfahrung, welche lehrt, daß Erkrankungen der Menschen infolge dieser Bakterien nicht zu den alltäglichen Erscheinungen gehören. Denn die Zahl der Nahrungsmittelinfektionen, insbesondere der Fleischvergiftungen, ist im Vergleich zu dem gewaltigen Nahrungs- mittelkonsum gering. Die Schweinepest ist eine in allen Ländern der neuen und alten Welt weit verbreitete Krankheit und in einem hohen Prozentsatz der Fälle mit einer Sekundärinfektion durch Hog- cholerabacillen komplizierte Krankheit, und doch gehören Fleisch- vergiftungen durch unverarbeitetes Schweinefleisch zu den Selten- heiten. Auch sind noch niemals im Anschluß an Schweinepest- epizootien menschliche Erkrankungen beobachtet worden. Nach Daxysz sind in Frankreich 1903—1904 600000 Liter Bouillonkultur des Danyszvirus (Gärtnerbacillus) zur Vertilgung von Feldmäusen ver- wendet und seit 10 Jahren werden wöchentlich 100 Liter zur Ratten- vertileung in Frankreich abgegeben, so daß wahrscheinlich mehr als 1 Million Menschen mit dem Virus manipuliert haben. Trotzdem ist hier nicht ein Fall einer Infektion bei Menschen bekannt ge- worden. Aehnlich verhält es sich mit den in Deutschland und ander- wärts ausgestreuten Ratin- und Mäusetyphuskulturen. Phylogenetisch betrachtet waren die Vertreter der in Rede stehen- den Gruppe wie alle anderen Bakterien im Haushalt der Natur wahrscheinlich unschädliche Wesen. Erst dadurch, daß sie sich im Laufe der Zeit den ihnen ursprünglich fremden Verhältnissen des Tierkörpers anpaßten, gaben sie die Fähigkeit der ausschließlichen Existenz in der Außenwelt auf, wurden Parasiten und erlangten pa- thogene Eigenschaften. Infolge ihrer großen Mannigfaltigkeit in den Lebensbedingungen und Ernährungsverhältnissen ging ihre Differen- rung so weit, daß sie für einzelne Tierarten ganz besondere patho- gene Eigenschaften erwarben, aber sie ging nicht wie bei anderen Bakterien so weit, daß sie ihre Daseinsbedingungen lediglich dem Tierorganismus anpaßten und die Fähigkeit, in der Aubenwelt zu existieren und zu vegetieren, aufgaben. Im Gegenteil, die Fähigkeit der saprophytischen Existenz in der Außenwelt und des parasitischen Lebens im Organismus ist ein Charakteristikum dieser Bakterienart und erklärt die scheinbaren Widersprüche der weiten Verbreitung der Bakterien als Saprophyten und ihrer oft erwiesenen groben Patho- genität. Mit anderen Bakterien teilt diese Bakteriengruppe die Eigen- schaft, in dem einen Falle ohne weiteres das lebende Gewebe an- zugreifen und krankmachend zu wirken. in dem anderen Falle aber 1130 P. UutLenHuutH und E. HüBener, erst eine Schädigung des Gewebes, sei es lokaler oder allgemeiner Natur, abzuwarten, um sich hier anzusiedeln und dann erst deletär zu wirken, und im dritten Falle überhaupt keine krankmachenden Einflüsse zu entfalten. Man darf also dreist den Satz aufstellen, die ausgesprochen tierpathogenen Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe sind nicht gleichzeitig auch pathogen für den Menschen, wenn man nur die Einschränkung macht, dab sie unter Umständen aber hoch- pathogene Eigenschaften für den Menschen erwerben können! Diese Eigenschaft können sie gerade dadurch erlangen, daß sie im kranken Tierorganismus wuchern und mit den Produkten desselben Eingang in den Menschen finden, oder wenn sie als avirulente Bakterien vom Tier oder der Außenwelt oder schließ- lich auch vom Menschen auf einen für sie günstiern Nährboden gelangen und unter günstigen Bedingungen gehalten werden, oder wenn für sie als avirulente, in den Körper mit der Nahrung aufgenommene Bakterien durch eine lokale oder allgemeine Krankheit des Köor- pers Gelegenheit zur Virulenzsteigerung gegeben ist. Hieraus folgt, daß jedes mit den in Rede stehenden Mikroorganismen infizierte Nahrungsmittel alssuspekt anzusehen und vom Genuß auszuschließen ist. V. Die paratyphusähnlichen Bakterien (Varietäten). Grelegentlich der neueren Forschungen über die Verbreitung der Bakterien der Paratyphus- und Gärtnergruppe ist man gleichzeitig auf eine große Zahl paratyphusähnlicher Bakterien gestoßen, die man als Varietäten zu bezeichnen pflegt, und denen zum Teil eine patho- genetische Bedeutung für Menschen und Tiere zukommen dürfte. Es handelt sich um Mikroorganismen, welche morphologisch den Bak- terien der Paratyphusgruppe gleichen und in vielen kulturellen Eigen- schaften mit ihnen übereinstimmen, in anderen aber von ihnen ab- weichen, und sich im System der Bakterien mehr und mehr entfernen und entweder der Typhusgruppe oder der Ooligruppe sich nähern, und die sich auch serologisch von allen bekannten Typen abtrennen lassen. Man bezeichnet sie häufig als intermediäre Gruppe. Nach der Summe ihrer mit dieser oder jener Gruppe (Typhus-Paratyphus- Coli) gemeinsamen Merkmale lassen sich zweckmäßig 3 Gruppen unterscheiden: 1. Bakterien, welche der Paratyphusgruppe nahestehen, 2. solche, welche mehr den Typhusbacillen ähneln und 3. diejenigen, welche die hauptsächlichsten Merkmale der Colibacillen aufweisen. Bakterien, welche der Paratyphus-B-Gruppe nahestehen. Paratyphus-C-Bakterien. . Wir haben bei unseren Untersuchungen über die Schweinepest Bakterien gefunden, die in allen bekannten Reaktionen den Paratyphusbaeillen gleichen, von Paratyphus- und Gärtnerserum nicht agglutiniert werden, deren Serum andererseits nur homologe Stämme, nicht die bekannten Vertreter der Paratyphus- oder Gärtnergruppe zur Agglutination bringt. Wir fanden diese Stämme in den Organen von schweinepestkranken Ferkeln und in den Faeces von Menschen u Paratyphus ete. 1131 (HÜBENER & VIERECK) und nannten sie Paratyphus-C-Bakterien. Merkwürdig war, daß das mit einem Stamm hergestellte Serum eine gewisse Anzahl sich kulturell gleich verhaltender Bakterien agglutinierte, während es andere sich ebenso verhaltende Bakterien nicht beeinflußte. Es handelt sich dabei nicht um inagglutinable Stämme, sondern um biologisch anders sich verhaltende Bakterien. Denn das mit dem serologisch abweichenden Stamm hergestellte Serum agglu- tinierte nur diese und nicht die kulturell ihnen gleichenden, deren Serum ihrer- seits wiederum nicht jene agglutinierte. ÜHLENHUTH, HAENDEL und ihre Mitarbeiter sind bei den weiteren Unter- suchungen auf ganz ähnliche Mikroorganismen gestoßen, die insofern ein eigenartiges serologisches Verhalten zeigten, als sie von Seris hoch aggluti- niert wurden, die mit den GräÄsserschen, resp. DamMmannschen Schweinepest- stämmen (siehe später), welche kulturell typhusähnlich sind, hergestellt waren, und als ihre eigenen Sera diese Schweinepeststäimme hoch agglutinierten, dagegen die ihnen kulturell gleichenden Bakterien der Hogcholeragruppe nicht be- einflußten. _ _SOBERNHEIM & SELIGMANN züchteten in 2 Fällen aus verdächtigem Ma- terial (Fleisch und Stuhl) neben echten Paratyphusbaeillen ihnen völlig gleichende Stämme, die aber von Paratyphusserum nicht beeinflußt wurden. Daß es sich nicht um schlecht agglutinable Paratyphusstämme handelte, ergab ihr anti- genes Verhalten. Beide Stämme lieferten ein Serum, das wiederum nur den homo- logen Stamm beeinflußte, Paratyphus- und Gärtnerbacillen dagegen nicht. Es ist möglich, daß es sich um ursprünglich echte, in Degeneration begriffene Sondertypen handelt, wie sie uns die Untersuchungen von SOBERNHEIM & SELIGMANN kennen gelehrt haben. Auch andere Autoren (BAUMANN, MARMANN, KüÜsSTER) haben bei ihren Untersuchungen solche Stämme in den Faeces von Menschen gefunden. Ob es sich dabei um ein und dieselbe Art handelt, steht noch nicht fest, da vergleichende systematische Untersuchungen fehlen. Aehnliche Mikroorganismen sind auch bei anderen Tieren von verschie- denen Untersuchern angetroffen (MÜLLER, TITzE & WEICHEL, BIEwALD, HoRN & HUBER). LOGHEM züchtete auf Sumatra aus einem gelegentlich einer unter Schweinen ausgebrochenen Epizootie gefallenen Schweine Bakterien mit allen charakteristi- schen Merkmalen der Paratyphusbaeillen. Sie wurden von den homologen Seris agglutiniert, von anderen Paratyphus-B-Seris aber nicht beeinflußt, während die mit den isolierten Stämmen hergestellten agglutinierenden Sera Paratyphus- B-Stämme europäischer Provenienz agglutinierten. Bei der Autopsie eines Schimpansen fanden WEINBERG & MELLO in typhusartigen Ulcera einen Mikroben mit den Eigenschaften des Paratyphus-B- Baeillus, ohne daß eine Agglutination konstatiert werden konnte. Paratyphusähnliche Bakterien mit positiver Indol- reaktion. Mikroorganismen, die in den hauptsächlichsten Kulturmerkmalen mit den Paratyphusbacillen übereinstimmen, von diesen sich aber durch die positive Indol- reaktion unterscheiden, sind von ANDREJEW im Hammeldarm, von HUuBER im Pferdedarm, von HuBER & Horn in Rinderfaeces, von SCHMIDT im Darminhalt von Schweinen, von SOBERNHEIM & SELIGMANN bei der systematischen bakterio- logischen Prüfung von Fleisch, Fleischwaren und anderen Nahrungsmitteln ge- funden worden. Diese verschiedenen Arten scheinen nach den Untersuchungen von SOBERNHEIM & SELIGMANN, sowie HorN & HUBER nicht identisch zu sein. Die mit einer größeren Anzahl hergestellten Immunsera beeinflussen fast immer nur den homologen Stamm, während die sich gleichartig verhaltenden Stämme gar nicht reagieren, so daß fast jede einzelne Kultur ihr spezifisches eigenes Serum erzeugte. Paratyphusähnliche, aber Traubenzucker nicht vergärende Stämme. DorsET hat zuerst einen Baeillus aus der Milz eines hogeholerakranken Schweines gezüchtet, der in Traubenzuckerbouillon keine Gasbildung hervorrief, in allen übrigen wesentlichen Eigenschaften mit dem typischen Hogeholera- baeillus übereinstimmte. Denselben Mikroorganısmus fanden wir in den Organen und Darminhalt schweinepestkranker Schweine. Horn & HuBER gewannen 1132 P. UntenuurHu und E. HüBENER, solche Stämme aus den Faeces gesunder Rinder. JoEST und GRABERT berichten ebenfalls über Hogcholerastämme, die in Traubenzuckerkulturen kein Gas bilden, so daß diese nicht gasbildende Varietät gar nicht so selten vorzukommen scheint. Die paratyphusähnlichen Bakterien als Krankheits- erreger beim Menschen. Nach den in der Literatur vorhandenen Mitteilungen scheint es sich bei den paratyphusähnlichen Mikroorganismen nicht um aus- schließlich saprophytische Bakterien, sondern um Mikroorganismen zu handeln, die gelegentlich eine krankmachende Wirkung entfalten können. Paratyphus-C-Bakterien (UHLENHUTH-HÜBENER) wurden in einem Falle von Wurstvergiftung von HÜBENER aus den diarrhöischen Stühlen der Kranken gezüchtet, deren Serum den Erreger agglutinierte. Bemerkenswert ist, daß letzterer bei weiterer Fortzüchtung in geringem Grade für Gärtner- serum agglutinierbar wurde. ZUPNIK fand im Laufe der seit Jahren an der I. med. Klinik in Prag angestellten Untersuchungen unter 27 verschiedenen Krankheitsfällen entstammenden Paratyphuserregern 3 Stämme, die nach dem Ausfall der Agglutination weder als Paratyphus B noch als Paratyphus A ange- sprochen werden konnten. Es waren ein von CUSHING und zwei von LONGCOPE bei typhösen Krankheiten gewonnene Stämme. Diese verhielten sich auf alka- lischem Duleitnährboden, auf Erythrit-Lackmus-Agar und Raffinose-Lackmus- Agar wie Paratyphus-A-Bakterien, in Lackmusmolke wie Paratyphus B. Das mit diesen Stämmen hergestellte Serum agglutinierte die eigenen Stämme auch wechselseitig hoch, Paratyphusbacillen nur in geringem Grade, so daß man nach ZUPNIK genötigt ist, diese drei Stämme als eine neue Paratyphusart zu erklären. MESSERSCHMIDT fand bei einem Patienten mit der klinischen Diagnose Para- typhus einen kulturell den Paratyphus-B-Bacillen gleichenden Erreger, der von keinem Serum der Typhus-Coli-Gruppe agglutiniert wurde. Das mit ihm her- gestellte Serum agglutinierte den Bac. faec. alcaligenes. Ein paratyphusähnliches Stäbchen wurde von BABES bei fieberhafter En- teritis isoliert. Es bildete hitzebeständige Giftstoffe, war für Mäuse und Meer- schweinchen sehr virulent, verhielt sich gefärbten Nährböden gegenüber weniger aktiv als der Paratyphus-B-Bacillus und wurde vom hochwertigen Paratyphus- und Gärtnerserum nur in einer Verdünnung von 1:100 agglutiniert. BABES und FEODORASCO gewannen bei einer Frau, die im siebenten Monat ihrer Schwangerschaft unter typhusähnlichen Symptomen erkrankt und ge- storben war, aus dem Blut und den Organen der Mutter und des Foetus einen paratyphusähnlichen Mikroben. GILBERT & Henry fanden in dem Milzsaft eines Mannes, dessen Sek- tionsbefund das typische Bild des Abdominaltyphus im Stadium der Geschwürs- bildung bot, einen dem Paratyphus gleichenden Mikroorganismus, der nur von homologem Serum, das seinerseits Typhus- und Paratyphusbaeillen unbeeinflußt ließ, agglutiniert wurde und für Versuchstiere stark pathogen war. In einem typhusähnlichen Fall isolierte LAFFORGUE aus dem Blut einen Bacillus mit den charakteristischen Merkmalen der Paratyphusbacillen, der in Lackmusmolke stark Alkali bildete, Neutralrot nicht veränderte und auf Endo- nährboden rote Kolonien bildete. Das Serum des Kranken agglutinierte den Bacillus am 11. Tage (1:150), dagegen nicht den EBErTHschen Bacillus. ‚ OrRR, WILLIAMS, RUNDLE & A. E. WırLıams haben in einem Fall epi- demischer Enteritis einen Bacillus aus den Faeces isoliert, der typhusähnlich wächst, vom Typhus- und Paratyphusserum nicht agglutiniert wird und von den Autoren Bacillus F genannt wird. ‚Arzt & BoESE- wiesen in den inneren Organen und im Eiter eines an Meningitis verstorbenen Kindes einen dem Paratyphusbacillus gleichenden, durch Paratyphusserum nicht agglutinierbaren Mikroorganismus nach. Einen ganz ähnlichen Befund erhob GHoN bei einem an eitriger Meningitis leidenden Kinde. In einem Fall von kontinuierlichem typhusähnlichen Fieber, das mit wieder- holten Darmblutungen verbunden war, isolierte FAroy aus dem Blut einen Mikro- organismus, der eine Mittelstellung zwischen Paratyphus und Typhus einnahm. Paratyphus ete. 1133 . Indol bildende paratyphusähnliche Bakterien fand Horıucht in den Faeces bei ‚einer Anzahl kranker Soldaten, die vom Schlachtfelde in der Mandschurei zurückgesandt wurden, und bei Rote-Kreuz-Schwestern, die auf dem Hospitalschiff tätig waren und die alle ein typhusähnliches Bild darboten. Das Patientenserum agglutinierte weder Typhus- noch Paratyphusbacillen, dagegen den isolierten Stamm. Im Blut und im Milzsaft wurde er nicht gefunden. BiRT züchtete aus dem subperiostitischen Abszeß der Tibia in einem Falle langdauernden typhösen Fiebers einen paratyphusähnlichen Bacillus, der sich durch Indolbildung, Vergärung von Rohrzucker und die Agglutination von Para- typhusbacillen unterschied. , SEIFFERT fand bei einer bakteriologischen Stuhluntersuchung einen eigen- artigen Stamm, der dem Paratyphus B kultureli nahestehend mit «diesem sich nicht identifizieren ließ, da er Rohrzucker sehr stark vergor, auf Rohr- und Milchzuckerböden sehr stark Schwefelwasserstoff bildete, vom Typhus- und Paratyphusserum nicht agglutiniert wurde und sich sehr wenig beweglich zeigte. Der Träger dieses Bacillus war eine Frau, bei der nach abgelaufenem Typhus eine neue fieberhafte Erkrankung auftrat. Hierher dürfte auch die Gruppe der Proteusbakterien zu rechnen sein, die den Paratyphusbaeillen morphologisch und kulturell sehr ähneln, von ihnen sich aber durch die Fähigkeit, Gelatine zu ver- flüssigen, scharf unterscheiden. Sie sind als Erreger von Wurst- und Kartoffel- vergiftungen mehrfach festgestellt (GLÜCKSMANN, BERG, PFUHL, SCHUMBURG, DIEUDONNE, HÜBENER). Typhusähnliche Bakterien. In den Organen schweinepestkranker Schweine sind von uns Mikroorganismen gefunden, welche alle charakteristischen Merkmale der Typhusbacillen zeigen, vom Typhusserum aber nicht agglutiniert werden. Von Huser & Horn sind ähnliche Mikroben in den Faeces gesunder Rinder nachgewiesen worden. LÖöFFLER fand im Wasser und in den Faeces einen typhusähnlichen Bacillus (Bac. typhosimilis), der sich vom echten Typhusbacillus kulturell nur dadurch unterschied, daß er die Paratyphuslösung nicht unverändert ließ, sondern milchig- grün trübte. Von GLÄSSER ist als Erreger einer besonderen bacillären Form der Schweine- pest als Bac. typhi suis ein Mikroorganismus beschrieben worden, der sich kulturell im allgemeinen wie der Typhusbacillus verhält, nur daß er mitunter in Traubenzuckerbouillon geringe Gasbildung bewirkt. Ein ihm völlig gieichen- der Bacillus ist von DamMmann ebenfalls als Erreger einer besonderen Form der Schweinepest isoliert und als Bac. suipestifer VOLDAGSEN bezeichnet worden. Beide Stämme verhalten sich auch in agglutinatorischer Beziehung gleich, in- dem sie nur vom Glässerserum resp. Voldagsenserum, auch wechselseitig, dagegen nicht vom Typhus-, Paratyphus- oder Gärtnerserum beeinflußt werden. Wie UHLENHUTH, HÄNDEL und ihre Mitarbeiter bei ihren Studien über die Schweine- pest feststellen konnten, war das mit dem Grässerschen Bacillus resp. dem Bac. Voldagsen hergestellte Serum imstande, alle Paratyphus B gleichen, aber für Paratyphus- und Gärtnerserum inagglutinablen Stämme zu agglutinieren, und umgekehrt ein mit einer sich wie Paratyphus B verhaltenden, aber für Paratyphus-B-Serum unempfindlichen Kultur hergestelltes Serum agglutinierte alle die paratyphusähnlichen Stämme, aber auch den Bac. Voldagsen und Glässer. Bei regelmäßiger, täglicher Weiterimpfung änderte sich der Bac. Voldagsen in seinem kulturellen Verhalten insofern, als er in zunehmendem Grade Neutralrot zur Aufhellung brachte und geringes Gärvermögen für Traubenzucker zeigte, während sein übriges Wachstum typhusähnlich blieb, und daß er vom Paratyphus- B-Serum schließlich bis zur Titergrenze beeinflußt wurde. Entsprechend verhielt sich ein mit einem Voldagsenstamm hergestelltes Serum, das nunmehr auch Paratyphus-B-Stämme agglutinierte. Es war also bei dem Bae. Voldagsen eine Aenderung der biologischen Funktionen derart eingetreten, daß er ein Bindeglied darstellt, welches zu verschiedenen Bakteriengruppen — Glässergruppe, Para- typhus-B-Gruppe, Gruppe der für Paratyphusserum inagglutinablen Stämme — in engen serologischen Beziehungen steht und auch in kultureller Hinsicht Ueber- gänge von dem einen zum anderen Typus aufweist. Der Bacillus ruft bei 1134 P. UnLexsuutHu und E. HüÜBEnERr, Schweinen nach Verfütterung schwere Darmveränderungen hervor. Die durch künstliche Infektion eines Ferkels erzeugte Krankheit war in den Versuchen PrFEILERS höchst kontagiös, indem gesunde Tiere angesteckt wurden und fast alle der Infektion erlage »n. Höchst interessant ist es, "daß dieselbe Bakterienart von BERNHARDT bei drei Gruppen von Fleise hvergiftungen als Erreger festgestellt worden sind. In dem einen Fall handelte es sich um eine Massenerkrankung nach Hackfleisch von einer wegen puerperaler Sepsis notgeschlachteten Kuh. In dem zweiten Fall war nach Genuß frischer Leberwurst eine tödlich ver- laufende Gastroenteritis aufgetreten. Im dritten Falle, der ebenfalls tödlich ver- lief, blieb die Ursache unbekannt. Die Erreger wurden in allen 3 Fällen aus der Leiche gezüchtet. Die Sera der Rekonvaleszenten der Massenerkrankung der Fleischvergiftung agglutinierten den Erreger. Typhusähnliche Bakterien sind von Bortkın & Smuiıtzkı als Erreger typhöser Krankheiten in der Mandschurei festgestellt worden. Es handelt sich um Mikroorganismen, welche sich morphologisch und kulturell wie Typhusbacillen verhalten aber zum Unterschied von ihnen eine stark positive Indolreaktion geben, Milch zur Gerinnung bringen una künstlich schwer zu züchten sind, indem schon in der 2. und 3. Generation Involutionsformen auftreten und bei der 4. und 5. Uebertragung ein Absterben eintritt. Nach dem Bericht der Autoren, welche 70 Fälle beobachtet haben, ist der Krankheitsbeginn meist ganz akut. Unter Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, zuweilen unter Erbrechen steigt die Temperatur rasch in die Höhe, bis zu 40°, behält dann den Charakter einer Febris continua, indem sie nur geringe Schwankungen in den Grenzen von 1° zeigt und fällt dann am 9.—15. Tage entweder in Form einer Krise innerhalb von 2 Tagen zur Norm ab, oder sie geht Iytisch zurück, und zwar öfter derart, daß die Morgentemperatur höher als die Abendtemperatur ist, bis schließlich die Norm erreicht ist. Am 3. und 4. Krankheitstage pflegen roseolaartige oder auch petechiale Fleckchen aufzutreten, die wie beim Paratyphus auch Gesicht und Hände ergreifen können. Die Zunge zeigt die für Typhuskranke charakteristische Beschaffenheit. Milztumor, Bronchitits, Dikrotie und relative Verlangsamung des Pulses, positive Diazoreaktion, Leukopenie, positiver Vidal für den eigenen Erreger vervollständigen das typhusähnliche Krankheitsbild. Möglicherweise ist der Erreger des mandschurischen Typhus iden- tisch mit einem von Bages bei einem klinischen Typhusfall aus Leber, Milz und Galle in Reinkultur gewonnenen Mikroorganismus, der sich kulturell wie der Typhusbacillus verhielt, aber Indol bildete. Eigentümliche, sehr virulente typhusähnliche Stäbchen fand er mehr- fach in der Typhusleiche. Sie reduzierten sehr energisch Lackmus, ohne Säure zu bilden. Nach ihm gibt es Stämme, welche den Typhus- bacillen sehr nahe stehen, näher als selbst der Paratyphusbacillus A, welche aber keineswegs als Abkömmlinge oder als künstliche Varie- täten, allenfalls als natürliche Varietäten der Typhusbacillen betrachtet werden können. MacNAau6cHT züchtete aus dem Blut zweier typhöser Kranken und aus dem Blute eines dritten Kranken ein typhusähnliches Bak- terium, das weder Säure noch Gas auf Zuckernährböden bildete, vom Typhus- und Paratyphusserum nicht, dagegen mehr oder weniger durch das Serum der drei Kranken agelutiniert wurde. ‚Marorre fand bei einem typhösen Kranken einen Bacillus inter- mediaire. Er zeigte die hauptsächlichsten Eigenschaften der EBERTH- schen, färbte aber Lackmusmolke blau, bildete transparente Kolonien see Me ee ee ha Paratyphus ete. 1135 auf Gelatine und rosarote Kolonien auf Endo. Das Serum aggluti- nierte den homologen Stamm, dagegen nicht Typhus und Paratyphus. Ein dem Typhusbacillus kulturell nahestehendes Bakterium ist der Bac. faecalis alcaligenes, welcher, wie der Name sagt, sich durch die Bildung von Alkali vom Typhusbacillus unterscheidet und ein häu- figer Bewohner des menschlichen Darms ist, wo er ein saprophytisches Dasein führt. In ausführlicher Weise hat Kıımenko die als Alcali- genes bezeichneten Bakterien studiert und festgestellt, daß unter dieser Bezeichnung eine Gruppe von Bakterien zu verstehen ist, unter die auch der Bac. fluorescenz non liquefaciens zu rechnen ist, und die eine saprophytische Existenz führen. Nach neuerlichen Beobachtungen sollen diese Mikroorganismen gelegentlich ihre saprophytische Rolle mit der eines pathogenen Mi- kroben vertauschen können. So berichtet MEYER über einen scheinbar schweren Fall von Typhus mit allen klinischen Erscheinungen desselben, bei welchem aus dem Blut eine Reinkultur des Bac. faecalis alcaligenes gewonnen wurde, RIDDER über einen Fall akuter Gastroenteritis nach Fleisch- genuß mit positivem Befund von diesen Bakterien im Blut und posi- tivem Widal (1:500) für diese Art. Bakterien, welche der Coligruppe nahestehen. Neuere Untersuchungen haben gelehrt, daß das Bacterium coli keinen einheitlichen Typus, sondern eine große Zahl von Varianten einer Bakterienspecies repräsentiert, die morphologisch, kulturell und biologisch erhebliche Unterschiede aufweisen. Auch die Bezeichnung Paracolı ist ein Sammelbegriff für viele durchaus differente Bakterien- arten geworden. Es kann hier auf diese ganze Frage nicht näher eingegangen werden, um so weniger, als sie in dem Kapitel über Coli- bakterien Berücksichtigung finden dürfte. Es sollen hier nur kurz diejenigen Stämme erwähnt werden, welche nach den vorliegenden Beobachtungen den Charakter der infektiösen Darmbakterien tragen. Es handelt sich dabei um 2 Gruppen von Bakterien, erstens solche, welche Milch und Traubenzucker nicht vergären, sonst aber alle Merkmale der Colibakterien — Rötung der Lackmusmolke, Milch- gerinnung, positive Indolreaktion zeigen, und zweitens solche Stämme, welche Milch nicht zur Gerinnung bringen, sonst aber wie typische Colibakterien sich verhalten. Einen zur ersteren Gruppe gehörigen Mikroorganismus haben MEINICKE & NEUHAUS als Ursache einer septisch-pyämischen Erkrankung ermittelt, die im Anschluß an den Genuß einer nicht einwandfreien Wurst entstand und schließ- lich infolge multipler Leberabszesse zum Tode führte. Er fand sich im Eiter der Leberabszesse in Reinkultur, wurde von Patientenserum und Lebersaft in hoher Verdünnung agglutiniert und erzeugte nach subkutaner Injektion bei Mäusen und Meerschweinchen lokale Eiterungen mit Sepsis. Einen zur zweiten Gruppe gehörigen coliähnlichen Erreger fand KLINE- BERGER im Blut bei einem Patienten, der eines Tages aus voller Gesundheit an schwerer Sepsis erkrankte, aber nach 7-tägigem Fieber genas. Iro stellte als Erreger einer sehr akuten ruhrartigen epidemischen Kinder- krankheit in Japan einen coliähnlichen Mikroben fest, welcher Milch nicht koagulierte. Davıs fand bei Affektionen des Harnapparats Colibakterien, welche Milch nicht koagulierten. 1136 P. UnLenuutnu und E. HüÜBeEner, Anderweitige Befunde von ceoliähnlichen Mikroorganismen. LöFFLErR fand in menschlichen Faeces einen dem von NEUHAUS & MEınıckE isolierten Erreger gleichenden Paracolistamm, der in der Typhus- und in der Paratyphuslösung eine Ausfällung der Nutrose bewirkte, und den er wegen dieses ganz eigenartigen Verhaltens Bacillus typhoidei duplex nennt. Ein mit ihm hergestelltes Serum agglutinierte den Stamm von MEINnIcKE und NEuHaAuvs nicht. Letztere Autoren haben ihren Stamm einmal in den Faeces einer Typhus- patientin angetroffen, bei der Untersuchung von 100 Stuhlproben und zahlreichen Fleisch- und Wurstproben aber nicht wieder gefunden. Dagegen scheinen SOBERNHEIM & SELIGMANN einen mit ihm iden- tischen Stamm aus einem typhusverdächtigen Urin isoliert zu haben. Sie fanden bei Ausstrichen des Urins auf Drigalskiplatten Kolonien, die bei der Prüfung auf den verschiedenen Spezialnährböden für Typhus sprachen, die aber vom Typhusserum nicht beeinflußt wurden, auf einigen Platten traten sekundäre Knopfkolonien auf, die bei weiterer Abimpfung auf der Drigalskiplatte coliähnlich wuchsen und in ihrem ganzen biologischen Verhalten, auch bezüglich der LÖöFFLER- schen Grünlösungen, dem Paracolibacillus von MEINIcKE glichen. Burrı & Düccerı fanden bei ihren Untersuchungen über Coli- stämme, daß es zur Coligruppe gehörige Bakterienstämme gibt, die zunächst bezüglich der kulturellen Merkmale wie des Verhaltens gegen verschiedene Zuckerarten ganz dem Typus Paratyphus B entsprechen, aus denen aber durch Rassenspaltung Saccharose vergärende Stämme gewonnen werden können. Die Autoren haben den Stamm als Bac- terium colı imperfectum bezeichnet. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, daß es sich um ein Analogon des Bact. coli mutabile handelt. Wie jenes durch Züchtung auf laktosehaltigen Nährboden ein Gärungs- vermögen für Laktose gewinnt, geht das Bact. coli imperfectum durch Züchtung auf saccharosehaltigen Nährböden in einen Saccharose vergärenden Mikroorganismus über. Nach Burrı handelt es sich da- bei nicht um einen sprunghaften Zustand vom nichtgärenden zum gärenden, sondern um ein Fortschreiten von einem Minimum von Gärungsvermögen zu einem Maximum infolge Anpassung an die ge- botenen Entwickelungsbedingungen. VI. Paratyphus A. Geschichtliches. Den Paratyphus-A-Bacillus, der gewöhnlich der Brıon-KAvsEr- sche genannt wird, hat zuerst der Amerikaner Gwyn aus dem Blut eines unter dem Zeichen des Abdominaltyphus erkrankten Patienten gezüchtet und näher beschrieben. In seiner 1898 erfolgten Publi- kation nennt er ihn Paracolibacillus und bezeichnet ihn als mut- mablichen Erreger der typhösen Krankheit. Die Möglichkeit, daß es sich um einen sekundären Erreger handle, wollte er nicht ganz ın Abrede stellen. Jedoch betonte er, daß die Wınparsche Reaktion für Typhusbacillen stets negativ, für seinen Stamm in einer Ver- dünnung 1:200 stets positiv ausgefallen sei. Vom hochwertigen Typhusserum wurde er nicht agglutiniert. Durmam stellte dann fest, Paratyphus etc. 1137 daß auch das mit dem Stamm hergestellte Serum weder Typhusbacillen noch Enteritisbakterien agglutinierte. Wie später angestellte vergleichende Untersuchungen ergaben, war der Gwynsche Paracolibacillus ein Paratyphus-A-Bacillus, dessen Verschiedenheit vom Paratyphus-B-Bacillus zuerst Brıov & Kayser richtig erkannt, und dessen Unterschiede sie zuerst beschrieben haben. Diese Autoren züchteten im Jahre 1901 — also bald nach der Publikation ScHoTTMmüLLers über Paratyphus — in Straßburg aus dem Blute, den Roseolen, Faeces, dem Urin, dem Vaginal- und Ure- thralschleim bei einer Patientin, die typhusähnliche Symptome bot, einen Bacillus, den sie durch Agglutination mit einem SCHOTTMÜLLER- schen Paratyphus (Stamm Mütter) identifizierten. Er unterschied sich von den übrigen durch gewisse kulturelle Merkmale und sein agglutinatives Verhalten. Infolgedessen stellte Kayser die beiden Typen A und B des Paratyphus auf, und konnte zu ersterem außer dem Straßburger und dem Stamm MÜLLER noch zwei andere von SCHOTTMÜLLER gefundene Bakterien rechnen. Seitdem ist diese Bak- terienart im Vergleich zu dem Typus B verhältnismäßig selten ge- funden worden. Erst in den allerletzten Jahren begegnet man ihm etwas öfter. Ob er jetzt tatsächlich als Krankheitserreger etwas häufiger vorkommt, mag dahingestellt bleiben. Wahrscheinlicher ist, dab er infolge der besseren bakteriologischen Züchtungs- und Diffe- renzierungsmethoden leichter diagnostiziert wird. Die von Zupnik & PosEnEr vorgeschlagene Bezeichnung der Bakterien des Typus B als ScHhorrtmÜüLrersche und die des Typus A als Brıon-Kayvsersche Art, hat sich nicht eingebürgert, ebensowenig die von SCHOTTMÜLLER gewählte Bezeichnung Bacillus paratyphosus acidumfaciens, wodurch er in Gegensatz zu dem Paratyphus-B-Bacillus, den er Bac. paratyph. alkalifaciens nannte, treten sollte. Häufigkeit. Ueber seine Häufigkeit lassen sich keine bestimmten Angaben machen. Nur soviel läßt sich sagen, daß er in Deutschland weit hinter dem Paratyphusbacillus des Typus B zurücksteht. In außerdeutschen Staaten — in Frankreich, England, Tunis, Indien, Amerika — scheint er häufiger vorzukommen. Daß unter den ScHhoTtMÜLLErschen ersten 6 Paratyphusfällen 2 Stämme des Typus A sich befanden, ist schon erwähnt. | Unter 505 Typhen, die in den Jahren 1903—1907 in Straßburg zur bak- teriologischen Untersuchung kamen, waren nach KAysEr 473 durch den EBERTH- Garrkyschen Baeillus, 27 durch den Paratyphus-B- und 5 durch den Paratyphus- A-Bacillus hervorgerufen. { Im Gebiete der Typhusbekämpfung im Südwesten des Reiches wurde er in den Jahren 1906-1907 unter 307 Paratyphusfällen nur 3mal gefunden. Im Untersuchungsamt zu Heidelberg wurden 1909 unter 66 eingesandten Proben 7mal = 10,6 Proz. Paratyphus-A-Bacillen und unter 69 Proben 7mal= 10,1 Proz. Paratyphus-B-Bacillen ermittelt. k t 3 typhöse Erkrankungen in Wilhelmsberg wurden 1908 durch «das Unter- suchungsamt in Stade mittels Kultur und Wrparscher Reaktion als Infektionen mit Paratyphus-A-Bacillen ermittelt. s In Schleswig-Holstein stellte R. MürLer im Juli 1910 den ersten Fall von Paratyphus A bei einer Frau fest, die sich während der Reise infiziert hatte. In der Leipziger medizinischen Klinik sind in den letzten 4 Jahren 6 sporadische Paratyphusfälle behandelt worden, unter denen 2 durch Paratyphus- A-Bacillen hervorgerufen waren. 5 N mo Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. 4 1138 P. Uutex#urn und E. HÜBEner, Der Sanitätsbericht der preußischen Armee des Jahres 1907/08 erwähnt einen in Kolmar i. E. beobachteten Fall von Paratyphus A. — PurJeEsz hat in Kolozsvar eine Paratyphus-A-Infektion beobachtet und genau beschrieben. Nach ScHWEINBERG fanden sich unter 204 typhösen Erkrankungen der Landes- anstalt in Brünn 4 durch Paratyphus-A-Bacillen bedingte Infektionen. NETTER & RIBADEAU-DUMAS haben in Paris in 37 Krankheitsfällen, die klinisch dem Abdominaltyphus glichen, das Serum auf seine agglutinierende Wirkung Typhus-, Paratyphus- (A und B), Gärtner- und Psittakosisbaecillen gegenüber geprüft. Sehr oft agglutinierte ein Serum mehrere Stämme auf ein- mal, aber durch genügend starke Verdünnungen ließ sich stets eine am- stärksten beeinflußte Bakterienart von den anderen scheiden. Sie wurde von den Ver- fassern als Erreger der Krankheit angesehen. Danach hätten in den 37 Fällen 22mal Paratyphus A, Imal Paratyphus B, 6mal Gärtnerbacillen und Smal Typhus- bacillen die Ursache abgegeben. Leider sind keine Züchtungsversuche angestellt. In einer anderen Reihe von 21 typhusähnlichen Krankheitsfällen agglutinierte das Serum 10mal am stärksten Paratyphus A, 4mal den Gärtnerbaeillus. NICOLLE & CATHOIRE führen von 64 typhösen Krankheitsfällen, die im Jahre 1906 unter der tunesischen Besatzung auftraten, 16 auf den Paratyphus A zurück, und zwar auf Grund des Ausfalles der Agglutination des Patientenserums. Nur in zwei Fällen wurde der Erreger aus dem Blut, resp. dem Urin der Patienten gezüchtet. Ob es sich in den anderen 14 Fällen tatsächlich um Para- typhus- A-Infektionen gehandelt hat, muß dahingestellt bleiben. Durch den positiven Ausfall der Wıparschen Reaktion für Paratyphus A und das nega- tive Verhalten für Typhus oder Paratyphus B ist das zwar wahrscheinlich, aber keineswegs bewiesen. Bırr beobachtete in Pretoria einen Fall von typhösem Fieber mit posi- tirem Befund von Paratyphus-A-Bakterien in der Milz. PROESCHER & RoDDY untersuchten vom 1. Mai 1907 bis 1. Mai 1908 im Alleghany-General-Hospital Pittsburg 262 Kranke mit Fieber und abdominellen Erscheinungen und fanden in 8 Proz. Paratyphus-A-Bacillen. Nach CASTELLANI herrscht auf Ceylon der Paratyphus A neben dem Paratyphus B endemisch. Von BAERMANN & ECKERSDORFF sind auf Sumatra im Jahre 1808 8 Fälle von Infektionen mit Paratyphus-A-Bacillen beobachtet und beschrieben. Nach SEMPLE & GREY, sowie Harvey sind Infektionen mit Para- typhus-A-Bacillen in bestimmten Gegenden Indiens sehr verbreitet. GRATTON & Harvey stellten in einem Lager einmal 6, das andere Mal 8 Fälle fest. MARTINI beobachtete in Kiautschou 1 Fall. Der Erreger des Paratyphus A. Morphologie und kulturelles Verhalten. Morphologisch gleicht der Paratyphus-A-Bacillus dem Paratyphus-B-Ba- eillus. Die Beweglichkeit ist meist sehr deutlich. Ein Auswachsen zu langen Fäden ist bisher nicht beobachtet worden. Die Bouillon zeigt nach 24 Stunden geringe Trübung, die in der Folge- zeit an Intensität zunimmt. Die Kolonien auf Gelatine sind im allgemeinen zarter als die der Para- typhus-B-Bacillen, üppiger als die der Typhusbakterien. Nach SPRINGER ge- statten die matten, rundlichen, gering gelappten Kolonien, die nur in der Rand- zone angedeutete radiäre Furchung erkennen lassen, eine leichte Unterscheidung von den weinblattförmigen, tiefgefurchten Oberflächenkolonien der Typhus- baeillen und von den knopfförmig erhobenen, porzellanartig glänzenden Kolonien der Paratyphus-B- und Gärtnerbacillen. Auf der gewöhnlichen Agarplatte lassen die Paratyphus-A-Bacillen gegen- über den B-Bacillen kaum Unterschiede erkennen. Mutationsartige Verände- rungen sind bisher nicht beschrieben. Durch sein Wachstum in der Lackmusmolke, welche infolge dauernder Säureproduktion eine rötliche bis dunkelrote Farbe annimmt und den Umschlag in Blau, wie er für die Paratyphus-B-Bacillen charakteristisch ist, vermissen läßt, unterscheidet sich der Paratyphus-A-Baeillus von den zuletzt genannten Mikro- organismen. Ein weiterer Unterschied besteht in dem Wachstum in Milch, in welcher er ohne sichtbare Veränderung des Nährbodens Säure bildet. Indolbildung findet niemals statt, in der Nitritbildung bleibt er hinter dem Paratyphus-B-Bacillus zurück. Paratyphus ete. 1139 Auf der LÖFrterschen Malachitgrünplatte wächst der Paratyphus A ohne Entfärbung, als zarter, grauweißer, feuchtglänzender Belag. ‚In Neutralrotagar tritt in den unteren Schichten meist erst nach 48 Stunden Entfärbung auf. 5 Bezüglich der Zuckervergärung verhalten sich nach den Untersuchungen von SEIFFERT Paratyphus-A- und B-Bacillen gleich. Nach Angabe anderer Autoren kommen einige Abweichungen vor. So soll nach BAERMANN & ECKERSDORFF der Paratyphus-A-Bacillus, ebenso wie der Typhus- und Paratyphus-B-Baeillus Barsiekow-Mannit-Lösung zwar röten, aber im Gegensatz zu diesen beiden nicht koagulieren. Nach SPRINGER unterscheidet er sich in der geringeren Reduk- tionsfähigkeit in traubenzuckerhaltigen Nährböden und dem völligen Ausbleiben von Reduktionserscheinungen in rohrzucker- und inulinhaltigen mit Lackmus- tinktur gefärbten Nährböden. Während Typhus- und Paratyphusbakterien eine Entfärbung der unteren Nährbodenschichten hervorrufen, ohne daß es zur Gas- und Säurebildung kommt, verändert der Paratyphus-A-Bacillus den Nährboden in keiner Weise. In Duleitröhrchen erzeugen Paratyphus-B-Baeillen sofort Reduktion, Gas und geringe Säuremenge, Paratyphus-A-Baeillen lassen diesen Nährboden in den ersten 24 Stunden unverändert. Erst am 2. Tage ist Gas- und geringe Säurebildung zu konstatieren, zu der dann später eine geringe Re- duktion hinzukommt. Nach ZurnIk spielt die Alkaleszenz des Duleitnährbodens dabei eine Rolle, indem nur bei starker Alkaleszenz die Paratyphus-A-Bacillen Gasbildung vermissen lassen. Nach diesem Autor gestattet ein 1 Proz. Erythrit, resp. Raffinose und 13 Proz. Lackmustinktur enthaltender, schwach alkalischer Agar eine Differentialdiagnose insofern, als die B-Stämme eine Entfärbung der obersten Schicht bewirken, die A-Stämme den Nährboden in toto unverändert lassen sollen. Giftbildune. Die Fähigkeit, in Kulturen hitzebeständige Gifte zu bilden, hat SAcQUEPEE nachgewiesen, während ihm Bags diese Fähigkeit abspricht und darin ein Unter- scheidungsmerkmal dem Paratyphus-B-Bacillus gegenüber erblickt. BIEwALD konnte in Bouillonkulturen bei Wachstum auf Pferdefleisch keine Giftwirkung feststellen. Bakterienfreie Chamberlandfiltrate 3-tägiger Bouillonkulturen waren in den Versuchen von Brıion & Kayser Mäusen gegenüber ungiftie: dagegen töteten Kulturen, die durch 1!/,-stündige Erhitzung auf 56° steril gemacht waren, Mäuse. KAYSER fand eine ausgesprochene spezifische Bakterizidie von Paratyphus- A-Patienterserum sowohl bei der Prüfung in vitro, wie im Tierkörper. Pathogenität. Die Pathogenität Laboratoriumstieren gegenüber ist bisher wenig geprüft. Sie wird von SACQUEPEE, sowie von KUTSCHER, KOLLE & HETScCH, SCHOTT- MÜLLER mit der virulenter Typhusbacillen verglichen, ohne daß bestimmte Ver- suchsprotokolle wiedergegeben werden. Nach BRION & KAYSER ist die Pathogenität groß für Mäuse und junge Meerschweinchen, geringer für Kaninchen. Bei subkutaner Impfung von !/; cem 24-stündiger Bouillon starben Mäuse in 24 Stunden, junge Meerschweinchen nach intraperitonealer Impfung innerhalb kurzer Zeit. s Aeltere Kaninchen werden nach intravenöser Einverleibung von frischen Bouillonkulturen krank, erholen sich aber wieder. Bei der subkutanen Injektion abgeschwächter Agarkulturen zwecks Immunisierung wurde bei Kaniuchen das Auftreten von Nekrosen und Abszessen mit positivem Bakterienbefund beobachtet. In Versuchen von RoLLy starben Mäuse in 1—2 Tagen nach subkutaner Injektion von 0,2 eem Bouillonkultur. Durch Verfütterung an Mäuse und Meer- schweinchen vermochte er ebenfalls eine starke Allgemeininfektion mit hämor- rhagischer Enteritis hervorzurufen. Auch KEmPFF gelang es, durch Verfütte- rung Mäuse unter den Erscheinungen akuter Enteritis zu töten. BIEwALD konnte mit seinem Stamm durch Injektion Mäuse nicht krank machen. j Ä Tauben, denen SEIFFERT verschiedene Paratyphusbacillen in den Brust- muskel injizierte, zeigten im Gegensatz zu den mit Paratyphus B geimpften Tieren nicht die geringsten Veränderungen. mo)rx 12 1140 P. Untenuurn und E. HüBEner, Agglutination. Durch Vorbehandlung von Kaninchen lassen sich hochwertige Sera her- stellen, welche insofern spezifisch wirken, als sie in höheren Verdünnungen nur Paratyphus-A-Bacillen beeinflussen. Zwar findet eine Mitagglutination von Typhus, Paratyphus-B-und Gärtnerbacillen statt, die sich aber in verhältnis- mäßig niedrigen Grenzen hält und bei Auswertung des Serums weit hinter dem Titer desselben zurückbleibt. So fand z. B. SPRINGER, daß ein Paratyphus- A-Serum mit einem Titer von 1:50000 Paratyphus-B-Bacillen bis . zu 3200, Typhusbaeillen bis zu 6400, Gärtnerbaeillen bis 25600 mitagglutinierte, während umgekehrt Paratyphus- B-Serum von einem Titer von 1:50000 den Para- typhus A nur in einer Verdünnung von 1:800, Typhusserum von demselben Titer nur 1:100, Gärtnerserum mit gleichem Titer in einer Verdünnung von 1:400 mitagglutinierte. Eine ganz auffällige Erscheinung stellt der Befund von ScHöne dar. Dieser Autor züchtete aus dem Darminhalt gesunder Schweine und gesunder oder an den verschiedensten Krankheiten leidender Menschen 20 Colistimme, die von einem Paratyphus-A-Serum bis zu einer Verdünnung von 1:1200 agglutiniert wurden. Epidemiologie. Wie der Paratyphus-A-Bacillus kulturell dem Typhusbacillus näher als dem Paratyphus-B-Bacillus steht, so ähnelt er ihm auch in epidemiologischer und pathogenetischer Beziehung. Er ist bisher weder als primärer oder sekundärer Infektionserreger bei 'Tierkrank- heiten noch in ähnlicher Verbreitung. wie der Paratyphus-B-Bacillus in der Außenwelt angetroffen worden, und wo er als Erreger mensch- licher Krankheiten festgestellt wurde, handelte es sich fast immer um ein dem Typhus ähnliches Krankheitsbild. Es ist möglich, daß man ihm bei systematischem Suchen nach ihm öfter als bisher, namentlich in Ländern, wo Infektionen durch ihn häufiger beobachtet werden, in der Außenwelt begegnen wird. Bisher liegen nur wenige derartige Befunde vor, und bei ihnen ist es zweifelhaft, ob es sich um den echten Stamm oder nicht vielmehr um eine Varietät gehandelt hat. Parapıno BLAnDINnI und Mary wollen ihn im einwandfreien Trink- wasser gefunden haben. MorGAan, welcher die Faeces und Ab- schabungen der Darmschleimhaut mehrerer Tiere untersuchte, erhielt so Kulturen, die die Merkmale der Paratyphus-A-Bakterien aufwiesen, aber von verschiedenen Paratyphus-A-Seris nicht im geringsten be- einflußt wurden. UHLENHUTH & HüÜBEnErR fanden in den Organen künstlich mit keimfreien Filtraten von Schweinepestvirus infizierter Ferkel 3mal Bakterien, die nicht nur alle kulturellen Merkmale der Paratyphus-A- Bacillen zeigten, sondern auch von einem spezifischen Serum 1:2000 agglutiniert wurden. SCHÖNE isolierte aus den Resten einer Salamiwurst, deren Genuß Brechdurchfall erzeugt hatten, einen dem Paratyphus-A-Bacillus völlig gleichenden Mikroorganismus, der bei der Patientin nicht gefunden und vom Patientenserum auch nicht agglutiniert wurde, dessen ätio- logische Bedeutung für den Brechdurchfall mithin nicht erwiesen ist. Nısmino fand in dem Stuhl einer wegen akuter Kakke auf- genommenen Patientin den Paratyphus-A-Bacillus, dessen Herkunft anamnestisch nicht festzustellen war. Paratyphus etc. 1141 Klinische Erscheinungen. Das klinische Bild gleicht nach Aeußerung der meisten Autoren dem des Abdominaltyphus. PRoESCHER & Roppy heben letzterem gegenüber den akuteren Beginn sowie den kürzeren und milderen Verlauf, das Fehlen von Hyperpyrexien und von Nachkrankheiten hervor. Auch Casterrant betont die Gutartigkeit der Krankheit. In dem von Brion & Kayser publizierten Falle, der Anlaß zu der Ab- trennung des Paratyphus A vom Typus B gab, handelte es sich um einen typhusähnlichen Verlauf. Die Patientin war in der 3. Woche in die Klinik aufgenommen, hier wurden 3 getrennte Fieberperioden typhösen Charakters von 9, 16 und 15 Tagen, mit Milz- und Leber- schwellung, vorübergehendem Icterus, Obstipation, Roseolen und Puls- verlangsamung beobachtet. Rorry hat 3 Fälle auf der medizinischen Klinik in Leipzig be- obachtet und eingehend beschrieben. In dem ersten Falle handelt es sich um eine 46-jährige Frau, in dem zweiten, der wegen eines am 15. Tage eingetretenen Rezidivs besonderes Interesse hat, um ein 18-jähriges Dienstmädchen. Die sehr eingehenden Beschreibungen seien im folgenden wiedergegeben : Fall I. Zirka 16 Tage vor der Krankenhausaufnahme mit Kopfschmerzen, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Stuhlverstopfung erkrankt, seit 11 Tagen bettlägerig. In den letzten Tagen Leibschmerzen und vorübergehende Schmerzen beim Wasser- lassen. Bei der Aufnahme wurde mäßiger typhöser Status, geringe Oyanose des Gesichts, leichte Bronchitis und in der rechten Brusthöhle ein ca. «lreiquer- fingerbreites pleuritisches Exsudat, stark meteoristisch aufgetriebenes und druck- empfindliches Abdomen, vereinzelt aber deutlich sichtbare Roseolen an der Haut des Abdomens, vergrößerte Milz und mäßiges Fieber festgestellt. Während des Krankenhausaufenthaltes bestand unregelmäßiges, sehr lang sich hinziehendes Fieber, meistens Stuhlverstopfung. Urin normal, langsame Genesung. Die Leibschmerzen ließen allmählich nach, ebenso der Meteorismus und die übrigen Erscheinungen. Im Blute wurden Bakterien nicht gefunden. Agglutination mit Bact. typhi 1:80 am 17. Krankheitstage erst nach 24 Stunden positiv. Am 19. Krankheitstage aber mit Bac. paratyphi A 1:150, sofort positiv. Am 21. Krankheitstage wurden im Stuhle Paratyphus-A-Bacillen nachgewiesen, und eine später vorgenommene Agglutination ergab eine sofortige positive Reaktion bei einer Verdünnung von 1:300. Igie Leukocytenzahl war meist niedrig. Es wurden gezählt: An 12 Krankheitstagen 5000 Leukoeyten a: 3 3800 16 = 5600 eo R 4600 9R x 6400 27 3800 Fall II. Seit 10 Tagen Klagen über Frösteln, Kopf-, Brust- und Rücken- schmerzen. Bei der Aufnahme toxischer Allgemeinzustand, vergrößerte Milz, mäßiges Fieber. Der Stuhlgang ist dauernd normal, die Milz ist bis zum 22. Krankheits- tag vergrößert. Roseolen und ein ausgeprägter Metorismus sind nie, auch nicht während des Rezidivs vorhanden gewesen. Am 11. Krankheitstage Paratyphus A aus dem Blut gezüchtet. Widal am 29. Krankheitstage mit Bact. paratyphi A 1:1000 positiv, 1:10000 unsicher, mit Bact. typhi und paratyphi B 1:10 positiv, mit dem homologen Stamm 1: 100 positiv. Leukocytenzahl am 15. Krankheitstage 3600. Entlassung am 59. Krankheitstage, nachdem am 18. Krankheitstage ein Rezidiv mit 9-tägigem Fieber aufgetreten war. 1142 P. UnutLenaurtu und E. HÜBENxEr, In einem anderen Falle handelte es sich um einen Patienten, der 6 Tage vor Aufnahme in die Klinik unter Hitzegefühl, Schüttelfrost, Durchfällen er- krankt war. | 13-täriges Fieber, bis 39,8%, stark remittierend, lytisch abklingend. Milz deutlich fühlbar, typische Roseolen, geringe Bronchitis. Sensorien klar. Leuko- penie von 3000, Urin frei, Stuhl angehalten, ungestörte Genesung. Aus Blut und Urin Paratyphus-A- Bacillen. Auch nach SCHOTTMÜLLER entspricht der Symptomenkomplex einer Paratyphus-A-Infektion dem eines mittelschweren Typhus, ohne daß besondere klinische Charakterzüge, welche schon am Krankenbett eine richtige Diagnose gestatten, auftreten. Es erübrigt sich daher, die bekannten Symptome aufzuzählen. Es sei nur auf einige Ab- weichungen aufmerksam gemacht. So beobachtete PoGGENPOHL einen Fall, der sich in bezug auf Temperatur, die Milz, die Zunge, die Darmerscheinungen, die Roseola, die positive Diazoreaktion mit dem eines echten Abdominaltyphus deckte. Das Serum der Patientin agglu- tinierte den Paratyphus A-Bacillus, der im amphibolischen Stadium aus dem Blut gezüchtet wurde. Abweichend vom Abdominaltyphus war nur eine Affektion der oberen Verdauungswege, die sich durch äußerst hartnäckige Uebelkeit und Erbrechen äußerte und zur Ver- abfolgung von Nährklystieren führte. In den von Harvey beobachten Fällen war klinisch die relative Pulsbeschleunigung und heftiger Kopfschmerz im Beginn bemerkens- wert. Von den 10 Fällen wurden 3 rückfällig. Ein Kranker hatte während der Rekonvaleszenz einen Anfall von Gallensteinkolik, in dessen Verlauf sich die Paratyphus-A-Bakterien in Reinkultur im Stuhl fanden. Nach PRroEsScHER soll der Paratyphus A stets akut, oft mit Schüttelfrost, Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen, Pharyngitis beginnen. Er fand stets Roseolen, in SO Proz. Milztumor, in 20 Proz. Diarrhöen, fast immer schnellen Fieberanstieg und -abfall. SCHOTTMÜLLER hebt ebenfalls Nackensteifigkeit, Kopf- und Rückenschmerzen sowie Nasenbluten und als ein sehr lästiges Sym- ptom Schlaflosigkeit im Beginn, Schlafsucht und Anorexie im weiteren Verlauf hervor. Er hat in einem Fall eine nicht unbeträchtliche Darm- blutung gesehen, woraus auf eine typhusähnliche Geschwürbildung in der Darmschleimhaut geschlossen werden kann. Einen typhusähnlichen Paratyphus A bei einem Kinde hat Marx gesehen. Das klinische Bild einer akuten Gastroenteritis ist von SCHOTTMÜLLER und SCHÖNE, das des chronischen Darmkatarrhs von Bonpr und Marrını beobachtet worden. Als Komplikation sind Pneumonie, Parotitis von SCHOTTMÜLLER, Cholecystitis von BLUMENTHAL sowie SprrvGer beschrieben worden. Rezidive scheinen häufig vorzukommen (HEWLETT, PROESCHER, SCHOTTMÜLLER). Als Sekundärerkrankung haben BAERMANN & ECKERSDORFF den Paratyphus A bei Malaria und chronischer Gonorrhöe beobachtet. Im Blutserum treten spezifische Agglutinine nur in bescheidenem Maß auf (1:500). Nur ausnahmsweise sind höhere Werte gefunden worden. Gruppenagglutinine für Typhus und Paratyphus B sind häufig und können den Titer der spezifischen Agglutinine über- treffen. So fand Prorscner, daß der erößte Teil der Patientensera den Typhusbacillus stärker als Paratyphus A agglutinierte. Mit den Typhus- und Paratyphus-B-Bacillus teilen die Paratyphus-A-Bacillen Paratyphus etc. 1143 die Eigenschaft der Septikämie- und Eitererreger. Er ist bisher außer in den Faeces und dem Urin im Blut, im Gallenblaseninhalt. im Urethral- und Vaginalschleim, Meningealeiter und eitrigen Abszessen angetroffen worden. BLuMENTHAL züchtete ihn in einem Falle von Choleeystitis mit Gallensteinen aus dem Gallenblaseninhalt, ebenso Spriwger aus dem eitrigen Schleim der Gallenblase einer wegen Cholelithiasis operierten Frau, die vor 30 Jahren an Gallensteinkoliken gelitten, niemals aber eine typhöse Krankheit durchgemacht haben wollte. Eckert fand sie neben Pneumokokken in der Lumbalpunktionsflüssigkeit intra vitam eines 5 Monate alten, an rezidivierender Pneumonie mit Meningitis leidenden Kindes und post mortem im Herzblut und Eiter der Me- ningen. Aokı beschreibt einen Fall aus der Chirurgischen Klinik in Straßburg, in welchem in dem Eiter eines Bauchdeckenabszesses bei einer 69-jährigen Frau, die an einer fieberhaften Darmkrankheit an- geblich niemals gelitten hatte, Paratyphus-A-Bacillen in Reinkultur gezüchtet wurden. Dieselben Erreger wurden auch aus den Faeces isoliert. Der Autor nimmt an, daß die Frau einen ambulanten Para- typhus überstanden hat, Bacillenträgerin geworden ist, und daß es dann von perihepatitischen Herden aus, ähnlich wie sie Kamm bei Typhusbacillenträgern gesehen und beschrieben hat, zu einer Ab- szeßbildung der Bauchdecken gekommen ist. Birtr gewann in einem Falle aus dem Eiter eines periostalen Abszesses einen Mikroorganismus mit den Eigenschaften des Bac. paratyph! A. Wie das Ueberstehen von Typhus nicht gegen Paratyphus B schützt und umgekehrt eine Infektion mit Paratyphus keinen Schutz gegen Typhus verleiht, so sind Fälle beobachtet, in welchen sich an eine Infektion mit Paratyphus-A-Bacillen ein echter Typhus an- schloß (Levy & GäÄHTGEns, BRION & Kayser). Eine Mischinfektion von Paratyphus A und B will Mmeurı beobachtet haben. Bakteriologisch-serologische Diagnostik. Für die bakterioolgisch-serologische Diagnostik kommen die für Paratyphus B angegebenen Verfahren in Betracht. Der Paratyphus-A-Bacillus gedeiht auf denselben Nährboden wie der Paratyphus-B-Bacillus und wird auch in gallehaltigen Nähr- flüssigkeiten in analoger Weise angereichert. Der Ausfall der Wınarschen Reaktion ist vorsichtig zu ver- werten, da Paratyphusbacillen durch andere Patientensera sehr hoch mit beeinflußt werden können. So agglutinierte in einigen von CATHOIRE untersuchten Fällen von febrilem Icterus das Serum in starken Verdünnungen den Paratyphus-A-Bacillus. Konrıcn fand bei einer Paratyphus-B-Epidemie im Anfang eine so starke Beeinflussung des Paratyphus-A-Bacillus durch Patientensera, daß zunächst an die Aetiologie dieser Bacillen gedacht wurde. Obduktionsbefunde. Die Mortalität des Paratyphus A scheint etwas höher zu sein als die des Paratyphus B. Bei den bisher nur spärlich publizierten 1144 P. Untenuuru und E. HüBener, Fällen läßt sich indes eine auch nur annähernd genaue Angabe nicht machen. Bei den Leichenuntersuchungen sind in einigen Fällen die für Typhus charakteristischen Veränderungen gefunden, in anderen Fällen vermiß: worden. CASTELLANI beobachtete auf Ceylon eine Gruppen- erkrankung von 5 Fällen, die durch den Paratyphus-A-Bacillus hervor- rerufen waren, und von denen einer zur Sektion kam. Im unteren lleum fanden sich den typhösen absolut gleichende Geschwüre neben vergrößerten Mesenterialdrüsen und vergrößerter Milz. In den letzteren Organen waren die Bakterien in Reinkultur, in den Geschwüren mit Coli und anderen Bakterien vorhanden. Bırr sah in einem typhusähnlichen Fall mit positivem Befund von Paratyphus-A-Bacillen in der Milz — der also ein Paratyphus A gewesen sein dürfte — die für Typhus charakteristischen Geschwüre. In einem typhusähnlichen von Rıserrau beobachteten Falle, in welchem Widal für Paratyphus A positiv war und in welchem aus dem Blut während des Lebens Paratyphus-A-Bacillen gezüchtet wurden, und der schließlich zur Sektion kam, fanden sich weder an den Pryerschen Haufen noch an den Lymphdrüsen Veränderungen, sondern nur eine leichte Rötung und Schwellung der Darmschleimhaut. Nach HevinGer fand sich bei einem 40-jährigen Manne nach typhusähnlicher 14-tägiger Krankheit, die als Austernvergiftung auf- gefaßt ‚wurde, mäßig ausgesprochener akuter Milztumor, trübe Schwellung an Herz, Leber und Nieren, das Bild einer akuten Ente- ritis mit dünnem, erbsenbreiartigen Stuhl und Hyperämie und In- jektion der Schleimhaut. Keine Schwellung der Iymphatischen Appa- rate des Darmes und der mesenterischen Lymphdrüsen, keine Darm-' ulcera. Bei zwei zur Sektion gekommenen Fällen, die BAERMANN & ECKERSDORFF auf Sumatra beobachteten, und von denen der eine durch vorausgegangene Malaria, der andere durch Steinniere kompliziert war, fand sich eine diffuse katarrhalische, schleimig-eitrige Entzün- dung des Dünn- und Dickdarms ohne Erosionen und Substanzverluste und ohne Beteiligung der follikulären Apparate. Nach Ansicht der Autoren scheint der Paratyphus-A-Bacillus ebenso wie der des Typus B in die Reihe jener Bakterien zu gehören, die diffuse Darm- entzündungen hervorrufen können. Die Bakterien wurden nur im Darm und in den Mesenterialdrüsen, nicht in Leber, Galle, Milz gefunden. Literatur. ABRAHAM, Münch. med. Wochenschr., 1906, Nr. 50. ACHARD & BENSAUDE, Soc. med. des höp. de Paris, 1896. ADAM & MEDER, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 62, 1912. ALMQUIST, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 52. ALTMANN, Münch. med. Wochenschr., 1909; Centralbl. f. Bakt., Bd. 54, 1910. ALTSCHÜLER, Münch. med. Wochenschr., 1904, Nr. 20. AMARKO, Zeitschr. f. Hyg., Bd. 66, 1910. ANDREJEW, Arb. a. d. Kais. Ges.-Amt, Bd. 33 und Bd. 36, 1910. \ AoKı, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 55, 1910. ArZT & Böse, Wien. klin. Wochenschr., 1908, Nr. 7. AscoLı, Compt. rend., 1908. !"AUMANN, Centralbl. f. Bakt., Orig., Bd. 57, 1911 und Bd. 63, 1912. ®2— Med. 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Der Ausbau der Serumtherapie stellte die charakte- ristische und unumgängliche Anforderung, am lebenden Tier Medi- kamente herzustellen, die in möglichst unverändertem Zustand dem Zirkulationssystem und den Geweben des menschlichen Körpers ein- verleibt werden sollen. Für diese Erfordernisse gab es bis dahin nur zwei Vorgänge, die in entfernter Weise zum Vergleich herangezogen werden können. Es sind dies: die Gewinnung animalischer Pocken- Iymphe und die Herstellung des Hundswutimpfstoffes nach PAsTEur, beides Präparate, die ausschließlich prophylaktischen Zwecken dienen. Obwohl diese Präparate auch am lebenden Tier gewonnen werden, erfordert ihre Herstellung doch bei weitem nicht die intensive und an- dauernde Kontrolle in bezug auf Schwankungen im Gesundheitszustand, wie bei den Serum liefernden Tieren. — Der Vorgang der Erzeugung von Schutzstoffen im Tierkörper nimmt mehrere Monate bis 1/, Jahr in Anspruch. Es ist deshalb er- forderlich, an Tieren zu arbeiten, die nach Art ihres Charakters ruhiges und zuverlässiges Arbeiten ermöglichen, und bei denen anderer- seits durch gründliche Untersuchungen Krankheiten mit mögliehster Sicherheit ausgeschlossen werden können. Als Serumspender sind alle größeren Haustiere zu verwenden. Man benutzt jedoch in überwiegen- dem Maße Pferde, da sie erfahrungsgemäß zur Gewinnung größerer Mengen und hochwertiger Sera am meisten geeignet sind. Außer anderen Gründen spricht gegen die Verwendung von Rindern das außerordentlich häufige Vorkommen von Tuberkulose, die sich trotz gründlichster klinischer Untersuchung und Anwendung aller diagnosti- scher Methoden nicht immer am lebenden Tier feststellen läßt, sondern in nicht seltenen Fällen erst bei Gelegenheit der Schlachtung kon- statiert werden kann. Auch hat die Herstellung von Rinderserum,, das für veterinär-medizinische Zwecke übrigens bei Milzbrand etc. 1158 O. HELLER und F. KRUMBEIN, Anwendung findet, Nachteile, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann: — Die zur Serumgewinnung dienenden Pferde müssen — von Erkran- kunsen der Gelenke, Knochen und Bänder an den Extremitäten, soweit sie Folgen der Abnutzung durch Arbeitsleistungen sind, von Dummkoller oder Charakterfehlern abgesehen — vollkommen gesund und unbedingt frei sein von Infektionskrankheiten, die auf Menschen oder Tiere über- tragbar sind. Die Tiere werden deshalb einer eingehenden körper- lichen Untersuchung, durch die die normale Beschaffenheit der Organe und des Zirkulationsapparates ermittelt wird, und der Tuberkulin- probe unterworfen ; ebenso ist durch die Malleinprobe und die Komple- mentbindungsmethode ein etwaiges Bestehen von okkultem Rotz aus- zuschließen. Neu aufgenommene Versuchstiere sind in einem Quaran- tänestall einzustellen und bei fortgesetzter Kontrolle ihres Gesundheits- zustandes einer Probeimmunisierung zu unterwerfen. Nach 4-6 Wochen erfolgt ihre Ueberführung in den Hauptstall. Gute Ernäh- rung, tägliches Putzen und Bewegen tragen sehr viel dazu bei, die nunmehr intensiv durchgeführte Immunisierung bis zum erfolgreichen Ziele zu bringen. Während nach der aufsehenerregenden Entdeckung von BEHRING im Jahre 1893 zunächst ein Hammelserum zur Anwendung kam und später erst Pferdeserum mit einem für heutige Begriffe nur niedrigen (rehalt an Antikörpern, zirka SO—100 Antitoxineinheiten pro Kubik- meter, wird heute die weitaus überwiegende Menge von Serum, die zur Anwendung kommt, ausschließlich von Pferden gewonnen. — Da aber z. B. die Diphtherie eine Krankheit ist, deren Ueberstehen keine hochgradige Immunität erzeugt, so daß der gleiche Patient wiederholt einer Diphtherieerkrankung anheimfallen kann, da ferner zahlreiche andere Krankheiten mit Erfolg serotherapeutisch behandelt werden, so kam es im Laufe der Jahre wiederholt vor, daß die gleichen Indivi- duen mehrfach mit Serumpräparaten, die von Pferden stammen, In- jektionen erhielten. Ohne an dieser Stelle auf die Frage der Serumkrankheit und der Anaphylaxie ausführlich eintreten zu können, muß erwähnt werden, daß die wiederholte Injektion der gleichen körperfremden Eiweißart erhebliche Reaktionen auslösen kann. Man war deshalb bestrebt, für die Reinjektionen ein Serum zu schaffen, das diese Gefahr ausschloß, das also von anderen Tieren stammt. Man kehrte zu diesem Zwecke zunächsı zur Bereitung von Diphtherieserum an Hammeln zurück, hat aber in letzter Zeit außer Hammeln auch andere Tiere, insbesondere Ziegen und Rinder, mit Erfolg für die Gewinnung von Diphtherie- serum benutzt. — Für andere Sera werden mit Erfolg Esel, Maul- tiere, für Veterinärzwecke auch Schweine verwendet. — Die Sera, welche in verschiedenen staatlichen und privaten In- stituten im großen gewonnen werden, sind zum Teil rein antitoxische oder antibakterielle Sera, während andere gleichzeitig antitoxische und antibakterielle Eigenschaften aufweisen. Abgesehen von diesen Unterschieden, läßt sich eine Einteilung der Serumpräparate sehr wohl auch durchführen, je nach dem Zweck ihrer Verwendung. Man hat dann zu trennen in solche, die therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken dienen, und in andere, die als diagnostische und wissenschaft- liche Hilfsmittel zur Verwendung gelangen. Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung. 1159 Die therapeutischen und prophylaktischen Sera sind: Diphtherie-, Tetanus-, Streptokokken-, Scharlach-, Staphylokokken-, Genickstarre-, Dysenterie-, Pneumokokken-, Milzbrand-, Schlangengift-, Botulismus-, Tuberkulose-, Cholera-, Pest-, Typhusserum, Antithyreoidin, Antiken- fieberserum. Für die Veterinärmedizin kommen noch in Betracht: die Sera gegen den Rotlauf der Schweine, die Schweineseuche und -pest, die Druse der Pferde, die Hundestaupe, die Ruhr und Pneumonie der Kälber, die Geflügelcholera.. Als diagnostische Prä- parate sind vor allen zu erwähnen sämtliche bakteriolytischen, agzlu- tinierenden und hämolytischen Sera. ’ u Besonders aufzuführen ist das Normalserum, das in der Behand- lung von Hautkrankheiten und Blutungen in letzten Jahren besonders Beachtung gefunden hat. Die Gewinnung dieser Sera hat eine, je nach der Art des zur Immunisierung dienenden Krankheitserregers oder seiner Gifte in ent- sprechender Weise abgestufte Behandlung der Pferde zur Voraus- setzung. Für den möglichst ungestörten Verlauf einer Immunisierung ist selbstverständlich, nach der Auswahl geeigneter Tiere, die Be- schaffung eines einwandfreien Immunisierungsmaterials eine unerläß- liche Vorbedingung. Handelt es sich um die Herstellung antitoxi- scher Sera (Diphtherieserum, Tetanusserum, gewisse Dysenteriesera, Botulismusserum, Schlangengiftserum), so ist großes Gewicht auf die Beschaffung hochwertiger Gifte zu legen. Bezüglich der Gewinnung dieser Injektionsmaterialien muß auf die entsprechenden Kapitel dieses Handbuches verwiesen werden. Besondere Beachtung ist der Steri- lität der Toxine zu widmen. Am empfehlenswertesten ist die Ver- wendung hochwertiger abgelagerter Toxine, die, falls sie sehr labil sind, im trockenen bzw. ausgefällten Zustand sich besser konservieren lassen und erst am Tage ihres Verbrauches gelöst werden. Jedoch ist zu betonen, daß der Immunisierungseffekt nicht nur von der Hoch- wertigkeit der Gifte abhängig ist, auch mit Toxinen geringerer Werte lassen sich hie und da sehr wohl brauchbare Sera gewinnen. Für die Herstellung der Gifte ist- es aber außerordentlich wichtig, unter den Bakterienstämmen gute Giftbildner zu wählen, sowie bei Bereitung der zusagenden Nährböden besonders Gewicht auf günstige Wachs- tumsbedingungen, bzw. Temperatur, Sauerstoffgegenwart oder -ab- schluß usw., zu legen, sowie schließlich‘ den Zeitpunkt der höchsten Giftentwickelung durch geeignete Methoden zu kontrollieren. Alsdann werden die Bouillonkulturen, Bakterien und Flüssigkeit getrennt, die das Gift enthaltende Flüssigkeit wird mit Toluol überschichtet und im Dunkeln bei niederer Temperatur konserviert. Für eine antibakterielle Immunisierung wird im allgemeinen das Injektionsmaterial stets wenige Tage vor dem Verbrauch frisch her- gerichtet. Hier handelt es sich meist um Aufschwemmungen zunächst abgetöteter, später lebender Bakterien, in physiologischer Kochsalz- lösung. In den Fällen, in denen es angängig ist, werden meist die Bakterienrasen frischer Kulturen von festen Nährböden abgeschwemmt, möglichst gleichmäßig verrieben, durch sterile Watte filtriert, um etwa doch vorhandene Bakterienklümpchen zu beseitigen, und schlieb- lich, je nach der Bakterienart, bei Temperaturen zwischen 65 und 800 abgetötet. Hierauf folgt eine sorgfältige Prüfung auf Sterilität. Handelt es sich um Bakterienarten, die auf festen Nährböden nur kümmerlich wachsen, oder erheischen es besondere Rücksichten, so 1160 O. HELLER und F. KrUMBEIN, können auch als Injektionsmaterial Bakterienbouillonkulturen zur Ver- wendung kommen, aus denen wieder, in besonderen Fällen, durch Zentrifugieren die Bakterien allein gewonnen und weiter zu einem Injektionsmaterial verarbeitet werden können. Einerlei, ob es sich um die Darstellung hochwertiger Toxine, künstlicher Aggressine, Endotoxine oder Bakterienaufschwemmungen handelt, immer muß als oberstes Gesetz gelten mit einem Material zu arbeiten, das von Reinkulturen gewonnen und bei der Zubereitung durch Keime von der Außenwelt nicht verunreinigt wurde. Was für das Injektionsmaterial zur Gewinnung antibakterieller Sera gilt, gilt im gleichen Umfang für die Erzeugung agglutinierender Sera und im beschränkten Maß auch präzipitierender Sera; nur bei letzteren mit der Einschränkung, daß es sich in der Mehr- zahl der Fälle nicht um bakterielles Material handelt, son- dern um natives Serum oder natives Eiweiß anderer Her- kunft. — Eine besondere Technik erfordert schließlich die Her- stellung von Blutkörperaufschwemmungen zur Gewinnung hämolyti- scher Sera. Hierbei ist es von Wichtigkeit, isotonische Kochsalzlösung zu verwenden und durch wiederholtes Waschen der Blutkörperchen in solchen Kochsalzlösungen nach Möglichkeit alle Serumreste aus dem defibrinierten und abzentrifugierten Blut zu entfernen, um ein In- jektionsmaterial zu erhalten, das lediglich aus Kochsalzlösung und in- takten Blutkörperchen besteht, um bei der Immunisierung das even- tuelle Auftreten von störenden Präzipitinen zu vermeiden. Die Praxis der Immunisierung gestaltet sich nun außerordentlich verschieden, je nach Zweck und Ziel der Behandlung. Wenngleich die zahlreichen staatlichen und privaten Seruminstitute für die Gewin- nung ihrer Heilsera bestimmte Richtlinien einhalten, so ist zuvörderst doch vorauszuschicken, daß der Erfolg der Immunisierung durchaus nicht ausschließlich dem Willen des Immunisierenden überlassen ist. Eine ganz außerordentliche Rolle spielt die Individualität der Tiere. Charakteristische Merkzeichen oder Gesetze lassen sich bei der Wahl der Tiere nicht aufstellen. Es läßt sich mit keiner Untersuchungs- methode vorher ermitteln, ob ein Tier auf die in Frage kommende Immunisierungsbehandlung mit der Bildung hochwertiger Antikörper antwortet. Einen Aufschluß hierüber erhält man erst bei der Durch- führung der Behandlung selbst. Im allgemeinen werden bei der Wahl der Pferde leichtere bis mittelschwere Rassen bevorzugt. Die Tiere sollen nicht zu jung sein. Als unterste Altersgrenze gelten zweck- mäßig 4 Jahre; ältere Pferde, 12—15 Jahre, sind bisweilen unge- eignet, doch gelingt es auch, sogar bei noch älteren Tieren, 15—18 Jahre, zu überraschenden Erfolgen zu kommen. Es sei noch erwähnt, das manche Serumwerke bei der Wahl der Tiere dunkelfarbige den Schimmeln und hellfarbigen vorziehen. — Ueber die Untersuchungen und Prüfungen der Tiere bzw. ihres Gesundheitszustandes, ist das Nötige oben schon erwähnt. Es ist auch besonders deshalb zeboten, möglichst fehlerfreie und absolut gesunde Tiere einzustellen, da etwa vorhandene chronische Erkrankungen, z. B. Darmkatarrh, im Laufe der Immunisierung meist Verschlimmerungen erfahren und hinfällige Tiere nur wenig Antikörper produzieren. Von Wichtigkeit ist auch die fachgemaße Beobachtung aller Vorsichtsmaßregeln, die die Ein- schleppung von Epidemien in die Stallungen hintanhalten (Druse, Brustseuche, Influenza, Tetanus). Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung. 1161 Bei Einspritzung der verschiedenen Immunisierungsstoffe ist dar- auf zu achten, daß der Gesundheitszustand der Tiere nicht leidet. Zwar antwortet der Körper auf die Einspritzung der abgetöteten oder lebenden Bakterien, sowie der Gifte, deren Menge allmählich vor- sichtig zu steigern ist, meist mit einer leichten Temperaturerhöhung, sowie mit einer Reaktion am Ort der Einspritzung, die in einer ge- ringen, nach 1—2 Tagen verschwindenden Anschwellung besteht. Auch ist unter Umständen das Allgemeinbefinden während 12 bis 24 Stunden etwas beeinträchtigt und die Freßlust um ein ge- ringes herabgesetzt, doch ist streng darauf zu achten, daß die Tiere während der Dauer der Vorbehandlung nicht erkranken, sondern sich in einem guten Zustand befinden, der, abgesehen von der täglichen Kontrolle, durch monatliche Wägungen überwacht wird. Ein in Be- handlung befindliches Tier soll auch am Ende der Behandlung stets Gewichtszunahmen, jedoch nie Gewichtsverluste erleiden. Es ist in- folgedessen eine ganz allgemein beobachtete Tatsache, daß die in den verschiedensten Instituten für Serumherstellung aufgenommenen Tiere, besonders wenn sie vorher unter ungünstigen Verhältnissen gearbeitet haben und nur mäßig gepflegt worden sind, trotz der Behandlung mit Krankheitsstoffen in kurzer Zeit eine erhebliche Gewichtszunahme erfahren, glattes, schönes Haar bekommen, mit einem Wort, einen gesunden Eindruck machen. Die Injektionen erfolgen bei der antitoxischen Immunisierung im allgemeinen subkutan, bei der antibakteriellen Immunisierung, einerlei, ob es sich um abgetötete, abgeschwächte oder lebende Keime handelt, in der Mehrzahl intravenös. Daneben werden bisweilen noch intramuskuläre oder intrapulmonale Injektionen angewandt. Durch ständige tierärztliche Kontrolle werden die den Injektionen folgen- den Reaktionen beobachtet, der schädliche Einfluß interkurrenter Er- krankungen wird nach Möglichkeit ausgeschaltet. Je nach den Re- sultaten dieser Beobachtungen und auf Grund praktischer Erfah- rungen werden die Intervalle zwischen den Injektionen bestimmt, die Steigerung der Toxin- und Kulturdosen dem Befinden des Tieres angepaßt. Von außerordentlicher Wichtigkeit ist während des Ganges der Immunisierung die ständige Kontrolle des Ansteigens an Im- munisierungseinheiten. Für Deutschland und eine große Anzahl an- derer Länder des europäischen Kontinents haben hierfür bei der Wertbemessung, insbesondere der antitoxischen Sera, die Methoden allgemeine Gültigkeit erlangt, die von Enrrıcn ausgearbeitet sind (vgl. R. Orro, Die staatliche Prüfung der Heilsera). Bei der Wertbemessung antibakterieller Sera mangelt es im all- gemeinen an Methoden gleicher Präzision, doch ist auch hier mit Hilfe bakterizider Versuche durch Bestimmung des Komplementbin- dungs- und Agglutinationstiters, sowie vor allem durch den Schutz und Heilversuch beim geeigneten Versuchstier, eine dauernde Ueber- wachung ermöglicht. Injektionstechnik. Die Einverleibung von Antigen in den Körper großer Versuchs- tiere erfolgt gewöhnlich durch Injektionen unter die Haut oder in die Halsvene, hie und da auch intramuskulär. Injektionen in die Bauchhöhle oder in das Lungengewebe kommen nur selten zur An- wendung. 1162 O. HELLER und F. KRUMBEIN, Zur Subkutaninjektion bediente man sich früher der mit Leder- stempel versehenen Pravazschen Spritze, die aber bald durch die Rovxsche Spritze verdrängt wurde, deren Kautschukstempel leichter sterilisierbar war. Später ersetzte ein Asbestring den Gummiring. Auch die Kocnsche Spritze hat eine Zeitlang Verwendung gefunden. Sie hat sich aber trotz mannigfacher Modifikationen, die sie im Laufe der Zeit erfuhr, nicht bewährt. Eine bedeutende Verbesserung brachte sodann die sogenannte Schweizerspritze von HÄGELER-PassavanT mit der Modifikation von GLÜcKksMAnN zur Verhinderung des Austretens infektiösen Materials aus dem Kapillarspalt zwischen Stempel und Wand. Der einzige Fehler dieser Spritze war ihre große Zerbrech- lichkeit. Diesem Uebelstand steuerte dann die sogenannte Rekord- spritze: Stempel, Nadelansatzteil und Verschlußkopf aus Metall, Spritzenzylinder aus Glas mit genauer Graduierung, Dichtung durch Einschleifen des massiven Metallstempels in den Glaszylinder und Einlagerung einer Dichtungsfeder rings um den Stempel. Die Ge- brauchsdauerhaftigkeit dieser Spritze ist fast unbegrenzt. Sie findet deshalb in neuerer Zeit fast ausschließlich Verwendung. Zur Subkutaninjektion sind in erster Linie geeignet die Toxine und Bakterienwaschwässer, sowie künstliche Aggressine, also Flüssig- keiten, die frei sind von körperlichen Elementen. Die Subkutan- injektion läßt sich an allen Körperstellen, an denen reichlich vor- vorhandenes Unterhautzellgewebe eine Verschiebung der Haut ermög- licht, ausführen. Bevorzugt werden die Gegenden am Hals, vor und hinter dem Schulterblatt, an den Brustwänden und auf dem Rücken. Vor dem Einstich der Nadel werden an den gewählten Stellen durch Rasieren die Haare entfernt, hierauf wird die Stelle mit Wasser, Seife und Bürste mechanisch gereinigt und dann mit Sublimatalkohol abgerieben. Der Einstich der Nadel darf nicht zu oberflächlich und nicht zu steil erfolgen, da hierbei die injizierte Flüssigkeit statt in das Unterhautbindegewebe in die Haut bzw. unter eine Fascie ge- preßt werden kann, wodurch leicht ausgedehnte Drucknekrosen ent- stehen. Man soll sich vor Ausführung der Injektion deshalb immer von der frei beweglichen Lage der Nadelspitze durch Palpation über- zeugen. Das Eindrücken des Spritzeninhalts erfolge möglichst langsam, damit das Gewebe Zeit hat auszuweichen, und keine zu große Ge- schwulst entsteht, die dem Tiere eine Zeitlang unnötige Schmerzen macht. Bei subkutaner Injektion von infektiösem Material ist nach beendigter Einspritzung darauf zu achten, daß der Stichkanal und die äußere Wunde nicht mit diesem Material infiziert werden. Man sticht deshalb in diesen Fällen die Nadel etwas flacher ein, so daß ein Stichkanal von 2—3 cm Länge entsteht, injiziert das Antigen plus etwas Luft und preßt nun auf die Einstichstelle einen Sublimatwatte- bausch, unter dem man langsam die Nadel aus dem Stichkanal zurück- zieht. Die Injektionsstelle wird dann sorgfältig mit Sublimat 1-prom. abgewaschen und mit einem Kollodiumverbändchen verschlossen. Sollen lebende oder abgetötete Bakterien zur Immunisierung Ver- wendung finden, dann werden diese durch die intravenöse Injektion einverleibt, nachdem sie, wie oben erwähnt, in physiologischer Koch- salzlösung aufgeschwemmt wurden. Als Apparat findet hierbei der einfache Hxsarsche Trichter und der von KorLLE & Krumsein be- schriebene Injektionsapparat Verwendung. Die intravenöse Injektion erfolgt gewöhnlich in die Vena jugularis, die durch zentrale Kom- Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung. 1163 pression beiderseitig in den Drosselfurchen sichtbar gemacht werden kann. Vor dem Einführen der Nadel in die Vene wird die Einstich- stelle ebenso vorbereitet, wie bei der Subkutaninjektion. Nachdem alsdann die Vene durch Anlegen eines Halsriemens mit einem Leder- kissen zur Stauung gebracht wurde, wird die Nadel in eine über der Vene aufgehobene Hautfalte flach eingestoßen, etwas zurückgezogen und dann in etwas sterilerer Richtung in die Vene eingestoßen. Hier- auf wird. die Olive des Kautschukschlauchs vom Injektionsapparat auf die Nadel aufgesetzt. Nach Wegnahme des Halsriemens ergießt sich das Antigen in die Vene, wobei der Apparat ständig mit Koch- salzlösung nachgespült wird. Ist alle Flüssigkeit einverleibt, dann wird der Schlauch mit einem Quetschhahn komprimiert und die Nadel aus der Vene unter einem Sublimatbausch zurückgezogen. Die Weiter- behandlung der Injektionsstelle erfolgt wie bei der Subkutaninjektion. Nach Lüftung des Stöpsels und Abnahme des Quetschhahnes wird der ganze Injektionsapparat in ein Gefäß mit 2-proz. Lysollösung gelegt. Bei der Verwendung dieses Apparates ist darauf zu achten, dab der Schlauch und das Steigrohr vor dem Aufsetzen auf die Nadel bis zu der Olive mit Kochsalzlösung gefüllt ist. Während der Injektion ist besonders beim Nachgießen ein Eindringen von Luftblasen in das Steigrohr zu vermeiden. Die intraperitoneale Einspritzungsmethode bedarf nur weniger Worte, da sie bei großen Tieren und speziell bei Pferden selten An- wendung findet. Auch hierbei wird die gewählte Stelle lege artis vorbereitet und dann die mit einer stumpfen Kanüle armierte Spritze nach Verschiebung der Haut in die Peritonealhöhle eingeführt, wor- auf die Injektion erfolgen kann. Die intrapulmonale Injektion von Toxin wurde in den letzten Jahren von Rußland aus zur Darstellung von hochwertigem Diphtherie- antitoxin empfohlen, da sich dieselbe, wenn einmal geübt, sehr leicht am stehenden Pferde ausführen läßt und ohne große Störungen große Quantitäten gut vertragen und schnell verarbeitet werden. Zu diesem Injektionsmodus bedarf es einer sehr langen Hohlnadel (20 cm), die an der Spritze durch einen eingeschalteten Gummischlauch befestigt wird, damit die Nadel den Bewegungen der Lunge während der In- jektion leicht folgen kann. Die Einstichstelle ist der 7. Interkostal- raum rechts. Sie wird nach Rasieren, Waschen und Abtupfen mit dem Paquelin kauterisiert. Durch den entstehenden Schorf wird die Nadel dann soweit eingeführt, bis man aus den den Lungenbewegungen korrespondierenden Hin- und Herbewegungen der Nadel erkennt, dab die Spitze ins Lungengewebe eingedrungen ist: man kann dann, wie mitgeteilt wird, mit Leichtigkeit 1 Liter und mehr Toxin injizieren, ohne daß es unangenehme Zufälle geben soll. Alle kleinen subkutanen Injektionen können am freistehenden Pferde ausgeführt werden. Bei größeren subkutanen und insbesondere bei allen intravenösen Injektionen müssen die Tiere in einen Notstand eingestellt werden, um sie und den Operateur vor Zufälligkeiten zu schützen. Bei den intravenösen Injektionen ist es vorteilhaft, das Tier mit dem von KorLE & KRrumsEIn beschriebenen Suspensions- apparat leicht zu unterstützen, um es bei eventuell eintretender Ohn- macht schonend zu Boden legen zu können. Die letztere läßt sich in manchen Fällen auch vermeiden, wenn dem Tier gleich bei den ersten Erscheinungen ein Eimer kaltes Wasser auf die Hinterhaupts- 1164 O. HELLER und F. KRrUMBEIN, sesend gegossen wird. Ebenso leistet eine frühzeitige Aetherinjektion cute Dienste. Nasenbremse und Fesselung der Füße finden am besten keine Anwendung, sie sind auch überflüssig, wenn ein guter Not- stand zur Verfügung steht. Die nach den Injektionen eintretenden Reaktionserscheinungen bestehen im allgemeinen in Unruhe, Freßunlust, Schweißausbruch, Schüttelfrost, Temperatursteigerungen, Durchfällen und ödematösen Schwellungen an der Injektionsstelle und an den Gelenken. Je nach der Art des einverleibten Antigens tritt die eine oder die andere Erscheinung in den Vordergrund. Technik der Blutentnahme. Je nach dem Zweck der Blutentnahme wird die Operation in ver- schiedener Weise vorgenommen. Benötigt man nur eine kleine Menge Blut, so kann man mit einem kleinen Schnitt in die gestaute Vena facialis antica auskommen, worauf in einem angedrückten Reagenz- glas das ausfließende Blut aufgefangen wird. Da die Sterilität des Blutes bei diesem Vorgehen nicht ganz sicher garantiert werden kann, so soll man Blut höchstens 1—3 Tage bei niedriger Temperatur aufbewahren. Empfehlenswerter ist die Blutentnahme mit Hilfe einer kurzen, sterilen Schlauchleitung unter manueller Stauung aus der Vena jugu- laris nach Einführung der Kanüle und Aufsetzen der in das Probe- gläschen reichenden Schlauchleitung. Soll das Blut zur Serumdarstellung in großen Quantitäten ent- nommen werden, so geschieht dies am stehenden Pferd auch aus der Jugularis. Nach Anlegung eines kurzen, etwa 1,5 cm langen Schnittes in die Haut über der Vena jugularis führt man durch die Hautwunde den geschlossenen Stiletroikart in die gestaute Vene ein, zieht das Stilett aus der Kanüle zurück, setzt die sterile Schlauchleitung an und läßt in die bereitstehenden sterilen Auffangegefäße Blut ein- laufen. Sobald das Blut fließt, wird dem Pferde angefeuchteter (Ver- hinderung einer etwaigen Staubentwickelung) Hafer gefüttert. Durch die Kaubewegungen wird die Zirkulation und dadurch die Blutung günstig beeinflußt. Auf diese Weise kann man Pferden 6—10, bei großen und stärkeren Pferden bis 12 Liter Blut auf einmal entziehen ; stellt sich gegen Ende der Blutung Gehirnanämie ein, so wird die Blutentnahme abgebrochen und nach Abnahme des Schlauches ein mit einem Trichter montierter, steriler Schlauch an die Kanüle angesetzt und mehrere Liter auf Blutwärme erwärmter physiologischer steriler Kochsalzlösung eingegossen. Der Schlauch muß, ehe man ihn anbringt, ganz mit Kochsalzlösung gefüllt sein und darf keine Luftblasen ent- halten. _ Alle Instrumente und Apparate sind in gespanntem Dampf bei 120° zu sterilisieren, resp. in 2-proz. Lysollösung eine halbe Stunde auszukochen. Zum Auffangen des Blutes dienen Glaszylinder von kleiner Grundfläche und großer Höhe, die 1/,—2 Liter Blut zu fassen vermögen. Diese Gefäße haben eine Reihe von Modifikationen er- fahren. Der Pariser Apparat ist ein zylindriges Glasgefäß von 2 Liter Inhalt, der oben von innen nach außen folgende Bedeckungen trägt: Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung. 1165 1. Ein Pergamentpapier, welches fest auf die Oeffnung aufge- bunden wird. 2. Einen über dieses Papier ziemlich dicht passenden, aber doch leicht drehbaren Metalldeckel mit Rand aus galvanisiertem Zink, der exzentrisch einen etwa 1,5 cm weiten, runden Ausschnitt hat. 3. Ein Pergamentpapier, welches fest über diesen Metalldeckel gebunden: ist. So montiert, wird das Gefäß nach Einfüllung von 15 ccm physio- logischer Kochsalzlösung im stömenden gespannten Dampf bei 120° sterilisiert. Bei der Blutentnahme wird das oberste Pergamentpapier weggenommen, mit dem gläsernen Ausflußrohr der Kautschukleitung durch die Oeffnung im Zinkdeckel hindurch das untere Pergament- papier perforiert, worauf man das Blut möglichst ohne Schaumbil- dung an der Wand des Gefäßes hinabfließen läßt. Der Sproncksche Apparat ist komplizierter; er besteht aus einem hohen Glasgefäß, das in eine Zinkhülse eingelassen ist, die zwei seitliche, längliche Ausschnitte zeigt, so daß man das Einfließen des Blutes beobachten kann. Die Zinkhülse trägt oben einen Rand, in den sich ein Deckel mit Bajonettverschluß eindrehen läßt, der drei Tubusöffnungen hat. Der eine Tubus dient zur Einfüllung des Blutes, der zweite zur Abnahme des Serums, der dritte und kleinste fixiert in einem Schraubengewinde ein Kompressionssieb aus galvanisiertem Zink. Nach Füllung des Gefäßes und vollständiger Gerinnung des Blutes wird ein galvanisierter Eisenstab mit scheibenförmigem Auf- satz durch den mittleren Oeffnungstubus hindurch in die Schrauben- hülse des Siebes eingedreht und mit Gewichten belastet. Die Blutentnahmen werden in einer Operationshalle vorgenommen. Zu empfehlen ist abwaschbarer Wand- und Bodenbelag, sowie ein freistehender Notstand mit einer Suspensionsvorrichtung. Diese be- steht aus 2 breiten Riemen, die unter dem Bauch des Pferdes durch- gezogen werden und durch die seitlichen Löcher des Notstandes nach außen mittelst Heberollen ganz straff gezogen werden können. Für Operationen am liegenden, gefesselten Tier dient ein Operationstisch mit aufklappbarem Tischblatt. Das Tier wird stehend mit einem Suspensionsgeschirr an das gepolsterte aufrechtstehende Tischblatt fixiert und dann langsam durch mechanisches Herunterklappen des Tischblattes niedergelegt. Serumgewinnung. Ist die Blutentnahme ausgeführt, so werden die Gefäße unter Schutz vor Staub und Licht für 1—2 Tage der Gerinnung und Serum- ausscheidung überlassen. Die selbständige Auspressung des Serums aus dem Blutkuchen soll durch die äußere Temperatur in gewisser Weise zu beeinflussen sein. Manche Autoren raten deshalb, die Blut- töpfe während dieser Zeit bei einer Temperatur von 2—5° aufzube- wahren, andere empfehlen mehr eine etwas höhere Temperatur, Z. B. eine solche von 20°. Hat sich das Serum klar und reichlich abge- schieden, so wird es mit sterilen Instrumenten in staubfreien Räumen in sterile Flaschen abgehebert. Da sich bei dieser Prozedur, trotz aller Vorsichtsmaßregeln, leicht vom Blutkuchen rote Blutkörperchen ablösen und mit dem Serum fortgeschwemmt werden, empfiehlt es sich, das abgeheberte Serum abermals während 2 Tagen absetzen zu 1166 O. HELLER und F. KRUMBEIN, < ıssen und alsdann erneut umzupipettieren. Man erhält so ein von 3lutzellen völlig freies, zunächst durchaus klares Präparat. Zum Zwecke der Konservierung wird dieses mit einer verdünnten Phenol- oder Trikresollösung derart versetzt, daß der Phenol- bzw. Trikresolgehalt auf die ganze Serummenge 0,5 Proz. bei Phenol und 0,4 Proz. bei Trikresol nicht überschreitet. Ist das Serum auf diese Weise konserviert, so daß eine Vermehrung von Keimen im Serum sicher hintangehalten wird und das Eindringen von Keimen durch das aseptische Arbeiten nach Möglichkeit verhütet worden ist, so werden die Gefäße mit sterilen Kautschukstopfen verschlossen, eti- kettiert und während längerer Zeit, mindestens ca. 6 Monaten, im Kühlen und Dunkeln gelagert. Während dieser Zeit findet zunächst ein ziemlich lebhafter Rückgang im Gehalt an Immunitätseinheiten statt, ein Rückgang, der sich allmählich verlangsamt, bis schließlich das Serum in seinem Gehalt an Einheiten annähernd stationär wird. Während dieser Zeit gehen in jedem Serum auch makroskopisch deut- lich sichtbare Veränderungen vor sich, die sicher zum Teil beeinflußt werden durch den Gehalt an Konservierungsmitteln; jedoch auch bei Ausschluß eines solchen, allerdings in geringer Weise, eintreten. Das Serum trübt sich, scheidet Flocken, Schüppchen und kleine Granula aus, die aus Cholestearin und Eiweiß bestehen. Dieser Prozeß kann sehr erhöht werden, falls das Glas, in dem das Serum zur Aufbe- wahrung kam, nicht von zweckmäßiger Zusammensetzung war oder durch eine zu starke Temperaturerhöhung bei der Sterilisierung nach- teilig beeinflußt worden ist. Die Ausscheidungen des Serums setzen sich allmählich zu Boden. Vollzieht sich dieser Prozeß der Klärung nur unvollkommen, so empfiehlt es sich, in schnell laufenden Zentri- fugen (3000—5000 Touren pro Minute) zu zentrifugieren. Soll das Serum nunmehr zur Verwendung vorbereitet werden, so wird es abermals steril umpipettiert und bei dieser Gelegenheit Proben entnommen zur Wertbestimmung und Prüfung auf Sterilität und Un- schädlichkeit. Während die Wertbestimmung sich ausschließlich mit der Fest- stellung des Gehaltes an spezifischen Immunitätseinheiten befaßt, kon- trolliert die Sterilitätsprobe das Fernsein von Mikroorganismen (Serum für humanmedizinische Zwecke muß absolut steril sein; für veterinär- medizinische Zwecke ist ein Keimgehalt, der 100 Keime pro 1 cem nicht überschreitet, zugelassen), und die Prüfung auf Unschädlichkeit kontrolliert: 1) ob das Serum völlig klar und frei von gröberen Niederschlä- gen Ist, 2) nicht mehr als 0,5 Proz. Phenol bzw. 0,4 Proz. Trikresol enthält, 3) ob es frei von Toxinen, speziell Tetanustoxinen ist (OrTTo, Die staatliche Prüfung der Heilsera). Diese Prüfungen werden von den Herstellungsstätten der ver- schiedenen Sera im allgemeinen, soweit Deutschland in Frage kommt, nach gleichen Grundsätzen vorgenommen. Für die Ueberwachung der Serumgewinnung gelten in Deutschland einheitliche staatliche Vor- schriften, ebenso wie für einzelne Sera eine genau präzisierte Prü- fungsmethode vorgeschrieben ist, nach der das Serum in den Her- stellungsstätten geprüft wird, und der es von der staatlichen Prü- fungsstelle zur Kontrolle wiederholt unterworfen wird. l ji Die Immunisierung größerer Tiere und die Serumgewinnung. 1167 Ueber die staatliche Prüfung der Heilsera, ihre obligatorische oder fakultative Anwendung siehe: Orro, Die staatliche Prüfung der Heil- sera (Jena, Gustav Fischer). Die Herstellung der Sera in verschiedenen Ländern erfolgt ent- weder ir staatlichen oder in Privatinstituten. Rein staatliche In- stitute existieren z. B. für Dänemark in Kopenhagen (Tn. Map- SEN), Oesterreich-Ungarn in Wien (Partaur-Kravus). In an- deren Ländern existieren neben staatlichen und privaten Instituten solche von großen Verwaltungsverbänden oder Stiftungen (Rußland). In Deutschland findet die Serumgewinnung in ausschlaggeben- der Weise durch die Privatindustrie unter strenger staatlicher Kon- trolle statt. Die deutschen Seruminstitute für die in der Human- medizin verwendeten Sera sind: 1) Chemische Fabrik auf Aktien, vorm. E. Schering, Berlin; Ir Farbwerke, vorm. Meister, Lucius & Brünınc, Höchst 2. M.; 3) Chemische Fabrik E. Merck, Darmstadt; 4) Serum-Laboratorium RurTE-EnocHh, Hamburg; 5) Sächsisches Serumwerk und Institut für Bakteriotherapie, Gemeb- HE, Dresden. | 6) Behringwerk Marburg. Für Veterinärsera kommen außer den erwähnten noch einige andere in Frage: ö SCHREIBER, Landsberg a. d. Warthe, Rheinische Serumgesellschaft, Cöln-Meerheim. Die Abfüllung der Sera geschieht in den verschiedenen Instituten unter Einhaltung aller aseptischen Kautelen mit Abfüllapparaten eigener Konstruktion. Handelt es sich um staatlich kontrolliertes Serum, so geschieht die Abfüllung, Etikettierung und Plombierung unter Aufsicht staatlicher Kontrollbeamten. Weitaus die größten Mengen aller Serumpräparate gelangen in flüssiger Form zur Abfällung und Abgabe. Nur ein kleiner Teil wird im trockenen Zustand abgegeben. Für diese eingetrockneten Sera, die entweder pulverförmig zur lokalen Anwendung kommen sollen oder nachträglich in sterilem Wasser gelöst werden, ist ein Haupterfordernis, sie in evakuierten, zugeschmolzenen Glasgefäßen aufzubewahren, da sie andernfalls un- löslich werden. Für die Abgabe der Sera gelten in den verschiedenen Ländern ganz verschiedene Gesichtspunkte. Während für Diphtherieserum z. B. in Deutschland ein Gehalt von 350 Antitoxineinheiten pro Kubik- zentimeter als Minimalgehalt staatlich zulässig ist (am verbreitetsten wird 400- und 500-faches Serum, im beschränkten Maße hochwerti- geres, abgegeben), bringt das Pasteur-Institut in Paris ein Diph- therieserum von durchschnittlich 200 Einheiten pro Kubikzentimeter auf den Markt, andere Institute solche noch erheblich niedrigeren Gehaltes. Ist schon bei dem Diphtherieserum, das nach der Enkricn- schen Methode am präzisesten von allen Serumpräparaten eine exakte Wertbestimmung zuläßt, die Form der Abgabe in den einzelnen Ländern außerordentlich verschieden, so ist dies noch in weit größerem Maße der Fall bei anderen, insbesondere bei bakteriziden Seren. 1168 ©. HELLER und F. KrUMBEIN, Die Immunisierung größerer Tiere ete. Literatur. Bezüglich weiterer Einzelheiten sei verwiesen auf die Kapitel: FickEr, Methoden der Antikörperdarstellung. Band II dieses Handbuches. — Methoden der aktiven Immunisierung einschließlich Herstellung von Antigenen. Ebenda. v. WASSERMANN, A., & WASSERMANN, M., Antitoxische Sera. Ebenda. FRIEDBERGER, Die bakteriziden Sera. Ebenda, sowie auf die Arbeiten von: Krertz, Technik der Antikörpererzeugung an großen Tieren KRAUS-LEVADITI, Handbuch der Immunitätsf., Bd. 2, 8. 1. Pıck, Darstellung der Antigene mit chemischen und physikalischen Methoden. Ebenda, Bd. 1, S. 331. KoLLE, KRUMBEIN & SCHUERMANN, Die Technik der Immunisierung größerer Tiere und der Serumgewinnung in den Laboratorien des Schweizer Serum- und Impfinstitutes.. Arb. a. d. Institut zur Erforschung der Infektions- krankheiten Bern, 1910, Heft 6. Gustav Fischer, Jena. Sachregister. AR Aalserum, Präzipitine gegen 258. Abderhaldensche Reaktion bei Tu- moren 235. Abdominaltyphus s. ‚„Typhus‘“. Abfallstoffe; Beseitigung 430; Des- infektion 525. Abkühlung, Einfluß auf Milzbrand- empfänglichkeit 623. Abortgrubeninhalt, Haltbarkeit der Typhusbaeillen in 827, der Para- typhusbacillen 1021 Abortus, seuchenhafter der Haus- tiere durch Bakt. der Paratyphus- gruppe 1102. Absättigungsversuch bei Nach- weis von Agglutininen 15, 22, von Bakteriolysinen 63; bei biologischer Eiweißdifferenzierung 262, 271; bei biologischer Krebsdiagnose 282; s. auch „Castellanischer Versuch‘. Absterbeordnung der Testbakterien bei Desinfektion 446 Abszesse durch: Typhusbacillen 775, Paratyphus B-Bacillen -1054, 1060, Paratyphus A-Bacillen 1143. Abtöten der Bakterien für Agglu- tinationszwecke 9. Abtötung der Krankheitserreger, Ss. „Desinfektion“. Abwässer von@Gerbereien, Milzbrand- übertragung durch 648. Abwehr exotischer Seuchen 380. Achatmörser, Verwendung bei Her- stellung von Bakteriensuspensionen Acetanilid, Desinfektionswirkung 489. Acidum arsenicosum, Anwendung bei Typhusdauerausscheidern 418. Acidum salieylicum, Wirkung auf Ruhrbaeillen 921. Aecrolein, Desinfektionswirkung 480. Actol, Desinfektionswirkung 471. Adrenalin, Wirkung auf Tumor- zellen 224, 371. Affe, Empfänglichkeit für: Bac. en- teritidis Gärtner 1110; Mäusetyphus- bacillen 1088; : Ruhrbacillen 935; menschliche Tumorzellen 171; Ty- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. l phusbacillen 799, 802, 838; Diffe- renzierung des Bluteiweißes durch Komplementbindung 94, durch Prä- zipitine 261, 262, 264, 265. Afridol, Desinfektionswirkung 470. Agar, Wachstum von: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Milzbrandbacillus 599; Paratyphusbacillus, Typ. B 1014, Typ. A 1139; Ruhrbacillus Typus Shiga-Kruse 917, Typ. Flexner 921; Typhusbacillus 721. Agaricus muscarius, Verhalten 284. Agglutinabilität der Bakterien 6. Agglutination, experimentelle spe- zifische Diagnostik mittels 3; Ein- fluß der Salze 3, 4, der Zeit und Temperatur 13, 28; quantitative Be- stimmung des Aggl.-Wertes 4, 14; Spezifizität 3; Bakterien als agglu- tinables Reagens 5; Ausführung der Reaktion 10; indirekter Nachweis 15; als Kriterium für die Immunitäts- reaktionen 16; Bakteriendifferenzie- rung durch 18; Serodiagnostik der Infektionskrankheiten durch 25; in statu nascendi 15. — bei: Bac. enteritidis Gärtner 1111, 1121; Kälberruhrbaeillen 1098; Milz- brand 687; Paratyphus A 1140; Paratyphus B 1019, 1067, 1121; Ruhr 932, 947; Typhus 842, 850, 857. Agglutiningehalt der Sera in Be- ziehung zur komplementbindenden Wirkung 100. Agglutinoskope 11, 12. Aggressine bei Milzbrand-Immuni- tät 669, 677, 685; künstliche aus Ruhrbaeillen 938, 940; bei Typhus- immunisierung 867. Airol, Desinfektionswirkung 482. Ajakol, Desinfektionswirkung 489. Aknebacillus Unna-Sabouraud, Ver- wendung zur spez. Bakteriotherapie 160, 163. Alaun, Trinkwassersterilisierung durch ) serobiolog. Albargin, Desinfektionswirkung 471. 74 1170 Sachregister. Albumine, Differenzierung durch Präzipitine 267. Albuminurie, biologische Eiweiß- differenzierung bei 278, 307. Aldog&öne, _Wohnungsdesinfektion durch 501. Aleppobeule s. „Orientbeule“. Alizarin-Milchzuckeragar, Wachstum des Typhusbacillus 744, des Paratyphusbacillus B 1018. Alkalialbuminat Deycke, Prüfung mit Präzipitinreaktion 311. Alkalialbuminatagar, Wachstum des Milzbrandbaeillus 597. Alkalien als Desinfektionsmittel 472, 573; Einfluß auf Komplementbin- dung 85, auf präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferenzierung 305. Alkaloide, Desinfektionswirkung 490. Alkohol als Desinfektionsmittel 477, Wirkungsweise 575, bei Hautdesin- fektion 531—533; Einfluß auf Milz- brandempfänglichkeit 625. Almatein, Desinfektionswirkung 483. Alo&, präzipitierende Antisera gegen 285 Alsol als Desinfektionsmittel 472. Althaea officinalis, präzip. Anti- sera gegen 285. Alumnol, Desinfektionswirkung 490. Ambozeptor bei Komplementbin- dungsversuchen 76. Ameisensäure, Desinfektionswirkung 474. Ammoniak, Desinfektionswirkung 472, 493. Amöbenruhr, Geschichtliches 900; als Komplikation der Bacillenruhr 911; Beeinflussung durch Salvarsan 368. Amphibien, biolog. Eiweißdifferen- zierung bei 262. Anaemia splenica, Anwendung von Salvarsan bei 370. Anaphylaxiereaktion bei Dia- gnose der Geschwülste 232; bei Differenzierung von Eiweißsubstanzen 266, 268, 270, 274; bei Infektion mit: Milzbrandbacillen 641, Para- typhus- und Gärtnerbacillen 1124, | Ruhrbacillen 956, Typhusbacillen 863. Anaphylaxie-Tod der Kaninchen bei Gewinnung eiweißpräzipitierender Sera 291. A 1 chylostomiasis s. „Wurmkrank- 1eit”. Angina, Typhusbacillen bei 772. Angina Vincenti, Beeinflussung durch Salvarsan 367. Anilin, Desinfektionswirkung 489. Anilinwasserfuchsin zur Färbung von Milzbrandbacillen 592, von Milz- brandsporen 607. Ankunftshafen, Maßnahmen gegen Bee wohl ppnue durch Schiffe 385. Anreicherung von Typhusbacillen as Saal Koffein - Kristallviolett-- mischung 746; mit Malachitgrünagar- Vorkultur 749; mit Malachitgrün- bouillon 754; mit Rindergalle im Blut 761. Anstrichfarben, desinfizierende für Wände 521. Anthracin (Hoffa) 639. _ Anthrakase-Immunproteidin (Emmerich & Thönnessen) 676 Anthrakomucin 667. Anthrakozidine 668. Anthrax s. „Milzbrand“. Antagonisten des Milzbrandbacillus 616. Antiepithelserum nach v. Dun- gern 194. Antifermente, Nachweis durch Abderhaldens optische Methode 139. Antifermentbehandlung von Tu- moren 224. Antiformin, Verwendung zur Her- stellung von Bakterienextrakten 98; Wirkung auf Milzbrandsporen 615, auf Ruhrbacillen 921, auf Schweine- pestbacillen 1083. Antigene, Nachweis durch: Sero- diagnostik im allgemeinen 2; Agglu- tination 18; Bakteriolyse 60; Kom- plementbindung 87, 99. — Bereitung für Meiostagminreaktion 133,135: Antikenotoxin, Nachweis durch Epiphaninreaktion 128. Antikörper, Spezifizität 1; Nach- weis durch: Serodiagnostik im all- gem. 2; Agglutination 25; Bakterio- Iyse 60, 64; Komplementbindung 87. — athreptische 343. Antimeristem Schmidt 218. Antimonanilin, trypanozide Wir- kung 365. Antipyrin, Desinfektionwirkung 490. Antisepsis, innere 454. Antisera, Gewinnung agglutinieren- der 18; Gewinnung präzipitierender 285, Wertprüfung 292, sterile Auf- bewahrung 298. Antitoxine, Nachweis durch Epi- phaninreaktion 128; bei Typhus- Immunität 863; bei Ruhrimmunität 95%: Antitrypsin, Bestimmung im Blut beiGeschwülsten 233, bei Geschwulst- therapie 224. Antituman 224. Anzeige, obligatorische bei Seuchen- fällen 383, 399. Apparate zur Blutentnahme bei größeren Tieren 1164. Aquariumwasser, Haltbarkeit der Typhusbacillen in 822. Arachnolysin s. „Kreuzspinnen- gift“. a Sachregister. Argentamin, Desinfektionswirkung 40. Argentum nitrat“. ‚Argonin, Desinfektionswirkung 471. Aristol, Desinfektionswirkung 482. Armee, Seuchenprophylaxe in der 439. Arsenanilin, Wirkung bei Trypano- somiasis 365. g Arsenikalien, Wirkung auf Tumor- zellen 371. Arsenobenzole, kung 346. Arsenophenylglyzin 347: chemo- therapeutische Wirkung 354; An- wendung bei Trypanosomiasis 365. Ar ” noxyde, parasitizide Wirkung nitrieum s. „Silber- parasitizide Wir- Arsentrisulfid, Wirkung bei Try- panosomiasis 365. Arthritis gonorrhoica, Verhalten des opsonischen Index bei 155. Arzneifestigkeit von Parasiten in Beziehung zur Chemotherapie 343; Festigung durch orthochinoide Sub- stanzen 348; mutative Festigung 351. Arzneimittel, mehrfache Veranke- rung 353; präzipitierende Antisera gegen 285. Aerzte, Ansteckungsverhütungsmaß- nahmen 409. - Aeskulap-Formalin-Apparate 496. Aesceulin-Eiseneitrat-Agar, Wachstum des Typhusbacillus 728. Asparagin bei Agglutinationsreaktion 4 As p orogene Milzbrandstämme 609. Assanierung von Ortschaften 433. Asterol, Desinfektionswirkung 470. Athrepsie bei Tumor-Immunität 189, 203. Aethylalkohol, kung 477. Aethyleuprein, Wirkung bei Pneu- mokokkeninfektion 369. Aethylenbromid, Anwendung bei Typhusdauerausscheidern 817. Aethylhydrochinin, Wirkung bei Pneumokokkeninfektion 369. Atoxyl, Anwendung bei Geschwülsten 224, bei Trypanosomiasis 369. Attraxine (Fischer) 211. Aetzkalk, Desinfektionswirkung 473; Wirkung auf Milzbrandsporen 616. Augenbindehaut s. „Conjunctiva“. Augenwässer, Sterilisierung 530. Aurichlorwasserstoffsäure und Auronatrium chloratum, Des- infektionswirkung 471. Austern als Infektionsquelle für Ty- phus 825, für Paratyphus 1032; In- fektionsverhütung 434. Desinfektionswir- 1171 Austitrierung der Sera bei: Agglu- tinationsreaktion 4, 20; Pfeifferschem Versuch 61; -Präzipitationsreaktion 292. Austrocknung s. „Eintrocknung“. Auswanderer, hygienische Ueber- wachung der als Maßnahme der Seuchenprophylaxe 388, 391. Autanverfahren 500. Autoagglutination von eyten 40, 41. Autoform, Erythro- Wohnungsdesinfektion durch 501. Autoinfektionen, Verhalten des opsonischen Index bei 155: Pro- phylaxe gegen 417; bei Typhusbaeil- lenträgern 817. Autolysate zur Immunisierung gegen Tumoren 198. Automors, Desinfektionswirkung 485. Azetonalkohol, Hautdesinfektion durch 521. B. Babesiosis, Beeinflussung durch Azofarbstoffe aus der Benzidinreihe 364. Bacillol, Desinfektionswirkung 487. Bacillus anthraeis s. „Milzbrand- bacillus“. —bifidus communis, Differenzie- rung durch Komplementbindung 102. —caseolyticus, Beziehung zum Paratyphusbacillus 1008. —dysenteriae s. „Ruhrbacillen“. — enteritidis Gärtner, Geschichte u. Bedeutung für die menschl. Patho- logie 1107; Morphologie und kultur. Verhalten 1108; Resistenz u. Toxin- bildung 1109; Pathogenität 1110; Agglwtination 1111,1121; Verbreitung in der Außenwelt 1113; Beziehung zu Krankheiten der Tiere 1113; Dif- ferenzierung vom Typhusbaeillus 734, 741, 744; Agglutination durch das Serum Typhuskranker 846, 1021; Unterscheidung von Paratyphusba- ceillen 1008, 1119—1126. —faecalis alealigenes, Differen- tialdiagnose gegen Typhusbacillus 733, 742; Agglutination durch Ty- phusserum 846. — fluorescens liquefaciens als Antagonist des Milzbrandbaeillus 617. —icteroides Sanarelli, Beziehung zum Paratyphusbacillus 1008. — morbificans bovis, Beziehung zum Paratyphusbacillus 1008. —nodulifaciens bovis, Beziehung zum Paratyphusbacillus 1008, 1100. — paratyphi s. „Paratyphusbaeillus“. — phosporescens | als Antago- — pneumoniae Fried- nisten des länder Milzbrand- — prodigiosus baecillus 617. 74* 1172 3acillus pseudanthracis 699. — pseudotuberculosis, Differen- zierung vom Typhusbacillus 734, vom | Paratyphusbacıllus 1096. — pyocyaneus, Verhalten gegen Op- sonine 145; als Antagonist des Milz- brandbacillus 616. Backöfen als Desinfektionsapparate 515. Backpflaumen als Infektionsquellen für Paratyphus 1032. Bacterium coli, Agglutination 23, | 24; spezif. Bakteriolyse 50; Kom- plementbindung 102; Verwendung zu Phagocytoseversuchen 148; Präzipi- tinreaktion 258; als Sekundärinfek- tionserreger bei Typhus 778; Dif- ferentialdiagnose gegen Typhusbacil- lus 726, 731; Agglutination durch Serum Typhuskranker 847. Badewasser, Desinfektion bei Ruhr 980. Bakterien als agglutinables Reagens | 5; Herstellung von Suspensionen $; Differenzierung durch Agglutination 18, durch Bakteriolyse 60, durch Komplementbindung 98, 100; Dif- ferenzierung typhusähnlicher 732, daD: Bakterienemulsionen, Verwen- dung zur Komplementbindung 98, zu Opsoninversuchen 148. Bakterienextrakte, Verwendung zu Komplementbindungsversuchen 97, 98. Bakteriolysine s. „Bakterizidie“. Bakteriotropine 143, 144; bei Ruhr 955; bei Paratyphus 1069, 1124; bei | Typhus 859. Bakteriotherapie, spezifische 143; Bestimmung des opsonischen Index | Bilschwasser der 146; dessen Bedeutung für die Be- handlung 155; Ergebnisse 160; Her- stellung der Vaceins 161. Bakteriurie bei Typhus 768; bei | ı Blockschälchenmethode der Ag- Paratyphus 1056. Bakterizidie, experim. spezifische Diagnostik mittels 44; Bedeutung der Salze 3, 45; allgem. Grundsätze 45; Nachweis in vivo 46, 49, in vitro 52; Nachweis und Antikörpernachweis mittels bak- teriolytischer Serumwirkungen 60. —bei Paratyphus A 1139; Paratyphus B und Infektion mit Bac. enteritidis Gärtner 1068, 1069, 1123; 954; Typhus 839. Bambusformen des Milzbrandbacil- | lus 590. Bantische Krankheit, Anwendung von Salvarsan 370. Barbierstuben, Hygiene der 438. methodische | mittels | bioskopischer Methoden 59; Antigen- | Ruhr | Sachregister. Barsiekowsche Nährböden, Wachstum von: Paratyphusbacillen 1016; Ruhrbacillen 928, 931; Ty- phusbacillus 727. Barytlösung, Verwendung bei Epi- phaninreaktion 126, 129. ı Baryumsalze, Desinfektionswirkung 472. Basedowsche Krankheit, Kom- plementbindungsreaktion bei 96. Bauchhöhle, bakteriolytische suche in 47. Bacillenruhr s. „Ruhr“. Bacillenträger, Feststellung durch bakterizide Serumwirkungen 65; Ver- hütung der Seuchenübertragung durch 395; Unschädlichmachung 417. — bei: Paratyphus 1064; Ruhr 970; Typhus 807, 810. Bekämpfung s. „Prophylaxe“. Belehrungdes Publikums zu Seuchen- zeiten 412. Benzo&@säure, Desinfektionswirkung 489. Berufe, Seuchenprophylaxe für be- stimmte 437; Einfluß auf Morbidität an Typhus 818, an Paratyphus 1013. Be ae n als Infektionsquelle für Ruhr Beweglichkeit des: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Paratyphusbacillus A 1138, B 1013; der Ruhrbacillen 915; des Typhusbaecillus 719. Bier, Haltbarkeit der Typhusbaeillen in 826. Schiffe, Ver- Desin- fektion 524. Bindungsversuch s. „Absättigungs- versuch‘. Binionen (Ehrlich) 192, 343. Bismarekbraun, prazipitierende Antisera gegen 285. Blastomykosis, chemotherapeuti- sche Beeinflussung 369. Blastomyceten als Krebserreger *) 9 Blausäur e, Desinfektionswirkung 474. glutination 11. Blut, Differenzierung durch Hetero- agglutinine 41, durch spez. Hämo- lysine 67, durch Komplementbin- dung 87, 94; biologische Differen- zierung der Eiweißkörper durch Prä- zipitine 259, 269, 300; quantitative Bestimmung nach Präzipitinmethode 306; bakterizide Wirkung auf Milz- brandbacillen 619; Immunisierung gegen Tumoren mit 197. — Vorkommen und Nachweis von: Milz- brandbacillen 643; Paratyphusbacil- len 1050, 1067; Ruhrbaeillen 913; Typhusbacillen 759, 778, 782. | Blutaufschwemmungen, Herstel- lung für Komplementbindungsver- suche 76. Sachregister. Blutbouillon, Wachstum des Milz- brandbacillus 602. Blutagar, Wachstum von: Bac. en- teritidis Gärtner 1108; Paratyphus- bacillus B 1015. ö Blut a tnahme bei größeren Tieren Blutgemische, biolog. Eiweißdiffe- renzierung 306. Blutkörperchen, rote s. „Erythro- | cyten“; weiße s. „Leukocyten“. Blutserum, Wachstum von: Milz- brandbacillen 601; Paratyphusbacil- | len 1015. Boden, Einfluß auf Milzbrandmorbi- dität 585; als Infektionsquelle für Typhus 827, für Milzbrand 646, 647; Verhütung der Infektion 422. B = 2 en, serologisches Verhalten 283, Bohnenkonserven als Infektions- quelle für Paratyphus 1030. Boraxlösung, Desinfektionswirkung 473; Einfluß auf präzipitable Sub- stanz bei biologischer Eiweißdifferen- zierung 305. Borevertin gegen Typhusausschei- dung im Harn 809. Borsäure, Wirkung auf Bac. ente- ritidis Gärtner 1108. Botriocephaluskrankheit, Prä- | zipitinreaktion bei 281. Bouillon, Wachstum von: Bac. en- teritidis Gärtner 1108; Milzbrand- bacillus 597; Paratyphusbacillus A 1139, B 1014; Ruhrbacillus Shiga- Kruse 917, Flexner 921; Typhus- bacillus 722. Bouillonnutrosemalachitgrün- agar, Wachstum des Typhusbacil- kus 751. Brechdurchfall durch Paratyphus- bacillen des Typus A 1140, des Ty- pus B 1055. Brechweinstein, trypanozide Wir- kung 365. Breiimpfungsmethode der schwulstübertragung 177. Brenzkatechin-Röhrchen zur Prü- fung von Dampfdesinfektionsappara- ten 514. Breslauer Methode der Formal- dehyddesinfektion 497. ü Briefverkehr, Behandlung zu Seu- chenzeiten 389. Brillantgrün-Pikrinsäureagar (Conradi), Wachstum des Paratyphus- bacillus B 1018, des Typhusbacillus 755. Brom, Desinfektionswirkung 476, 493; Trinkwassersterilisierung durch 425. Bromoform, Anwendung bei Typhus- bacillendauerausscheidern S17. Bromwasserstoffsäure, Desin- fektionswirkung 474. Ge- | 1173 Brot als Infektionsquelle für Para- a 1032; Infektionsverhütung Brunnen als Infektionsquelle für Ty- phus 821—823, für Paratyphus 1034. Brustkrebs s. „Mammacareinom“. Brustseuche, Anwendung von Sal- varsan bei 370 Bücher, Desinfektion 523. Büchsenkonserven als Infektions- | quelle für Paratyphus 1030. | Büffel, Empfänglichkeit für Milz- brand 586. Bürstenwaren, Desinfektion 528; Milzbrandübertragung durch 650. Butter als Infektionsquelle für Ty- phus 825; Infektionsverhütung 434. Buttermilch als Infektionsquelle für Typhus 824; Paratyphus 1030. Butylcehloralhydrat, Wirkung bei Typhus 368. c. Cadmiumchlorid ,Desinfektionswir- kung 472. - Carboformal-Glühblocks 500. Castellanischer Versuch 16, 29; bei Differenzierung der Typhus-, Paratyphus- und Gärtnerbaeillen 848, 1122; der Ruhrbacillen 933, 948. Cersalze, Desinfektionswirkung 472. Colibacillen s. „Bact. coli“. Coli-Infektionen, spezifische Bak- teriotherapie bei 158, 161. Chemikalien, Wirkung auf: Viru- lenz der Milzbrandbacillen 628; Milz- brandsporen 615; Paratyphusbaecil- len 1023; Ruhrbacillen 921; Tumor- zellen 186; präzipitable Substanz bei biologischer Eiweißdifferenzierung 305; Schweinepestbacillen 1083; An- wendung zur Entkeimung von Ba- eillenträgern 417, bei Typhus 817; 55) -, als Desinfektionsmittel 468; Trink- wassersterilisation durch 424. Chemorezeptoren Ehrlichs 344; Verteilung in der Parasitenzelle 356. Chemotherapie 337; Nutrizeptoren, Serumfestigkeit 339; Chemorezep- toren, Arzneifestigkeit 343; mutative Festigung 351; mehrfache Veranke- rung des Arzneimittels 353; Vertei- lung der Chemorezeptoren 356; in- direkte Wirkung und. direkte Ver- ankerung 358; therapeutische Maxime 361. — bei: Protozoenkrankheiten 363; Spi- ronemaceenerkrankungen 366; bak- teriellen Infektionen 368; Pilzkrank- heiten 369; Krankheiten unsicherer oder unbekannter Aetiologie 370; | | Geschwülsten 224, 371. 1174 Chinablau-Malachitgrünagar (Bitter), Wachstum des Typhusbacil- lus 754. Chinagrünagar (Werbitzki), Wachs- tum des Typhusbacillus 756. Chinin, Desinfektionswirkung 490; Wirkung auf Ruhrbacillen 924; bei Malaria 363. Chinolin, Desinfektionswirkung 490. Chinosol, Desinfektionswirkung 490; Wirkung aut Ruhrbacillen 924. Chirol u. Chirosoter 538. Chlor, Desinfektionswirkung 476,493. Chloralhydrat, Desinfektionswir- kung 480; Einfluß auf Milzbrandem- pfänglichkeit 625. Chlorkalk als Desinfektionsmittel 477; bei Ruhr 980; Wirkung auf Milzbrandsporen 616; Trinkwasser- sterilisation durch 424. Chloroform, Desinfektionswirkung 480; Wirkung bei Typhus 368; bei Typhusbacillendauerausscheidern 418, 817; Wirkung der Chl.-Narkose auf Milzbrandempfänglichkeit 625. Chlorwasserstoffsäure, fektionswirkung 474, 475. Desin- Chlorzink ,Desinfektionswirkung 472; Wirkung auf Milzbrandsporen 615. Cholecystitis durch Typhusbacillen 772; durch Paratyphusbaeillen 1143. Choleeystektomie bei Typhusba- cillendauerausscheidern 818. Cholelysin, Anwendung bei Typhus- bacillendauerausscheidern 817. Cholera, Serodiagnostik durch: Ag- glutinationsreaktion 13, 14, Bakte- riolyse 64, Komplementbindung 106; Allgemeines über Abwehr 381; Woh- nungsdesinfektion bei infektion mit Typhusbacillen 777. Cholera nostras paratyphosa 1050. Choleravibrionen, Agglutination 13, 24; spezif. Bakteriolyse 47, 48, 50, 51, 61; Komplementbindung 102; Präzipitinreaktion 258. Cholestearin bei pie 224. Cholinsalze, Wirkung auf Tumoren | 296. Chorea minor, Anwendung von Sal- _ _varsan bei 370. Chromsalze, Ear2, Chrysarobin, Desinfektionswirkung 490. Chrysoidin, Beeinflussung Ruhrbaeillen 931. Cibrum therapeuticum Ehrlichs 345. C it arın, Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Claytongas, Desinfektionswirkung 493; Anwendung zur Entrattung von Schiffen 524. durch Coecum, 520; Misch- | Geschwulstthera- | Desinfektionswirkung | ı Desinfektion, allgem. Methodik u. Sachregister. Cobragifthämolyse, diagnostische Verwertung bei Geschwülsten 232. Coccidien als Geschwulsterreger 218. Veränderungen bei Ruhr 912. Colostrum, Typhusagglutinine im 849; Verhalten bei Differenzierung des Milcheiweißes durch Präzipitin- reaktion 272, durch Komplementbin- dung 95. Conjunctiva, Erkrankung bei Ruhr 910; künstliche Milzbrandinfektion 633. ' Conjunctivalreaktion bei Typhus Ss61l | Conseil sanitaire maritime et quarantenaire d’Egypte 39. Curare, Einfluß auf Milzbrandem- pfänglichkeit 625. Cyanin, Desinfektionswirkung 490. D. Dampf als Desinfektionsmittel 462. Vgl „Wasserdampf.“ Dampfdesinfektionsöfen -anstalten 512. Dampffeuchtigkeitsmesser 514. Damwild, Erkrankungen an Milz- brand 586. Danyszscher Rattenbaecillus1114. Darmbakterien, infektiöse der Paratyphuss-- und Gärtnergruppe 1005; als Erreger der gastrointesti- nalen Form der Fleischvergiftungen 1036. Darmentleerungen s. „Fäces“. Darmgeschwüre bei Bacillenruhr 912, 974. Darmkanal, Verhalten der Typhus- bacillen im 781. Darmmilzbrand bei Tieren 648; beim Menschen 651, 653. Dauerausscheider bei Typhus 806, 808, 811; Häufigkeit 815; Beteili- gung der verschiedenen Lebensalter 815; der Geschlechter 814; epide- miologische Bedeutung 809, 816; Heilversuche 809, 817. — bei Ruhr 971; bei Paratyphus 1064. Dermagummit zum Händeschutz 538. Dermatol, Desinfektionswirkung 482. und Theorie der Desinfektionswirkung 443; Bestimmung des Des.-Wertes eines Des.-Mittels 445; physikalische Des. 457; chem. Des. 468; durch: ge- diegene und kolloide Metalle 468: Salze der Schwermetalle 469; AlI- kalien 472; Neutralsalze 473; Säuren 474; Oxydationsmittel 475; Halogene 476; Kohlenstoffverbindungen 477; Jodoform u. seine Ersatzmittel 480; Phenol und Kresole 483; Alkaloide Sachregister. und organische Farbstoffe 490; äthe- rische Oele 491; antibakterielle Stoffe des tierischen Organismus 491; gas- förmige Mittel 492. Desinfektion vom chemischen Stand- punkt 543; als chem. Reaktion 546; Lösung, Adsorption und chem. Bin- dung 956; Wirkung von Ionen und | Molekülen 566; Konstitution u. des- infizierende Wirkung 572. Desinfektionsdauer bei desinfektion 514. Desinfektionsmittel 457, 468: re- lative Giftigkeit 455; Einfluß der Temperatur 452, des Lösungsmittels 451. Desinfektionspraxis 512; Dampf- desinfektionsöfen und -anstalten 512: Wohnungsdesinfektion 518; Desinf. Dampf- 1175 Disaccharide, Beeinflussung durch Typhusbaeillus 726, durch Para- typhusbacillus 1017; durch Ruhrba- cillen 927. Doppelfärbung der Milzbrandbaeil- len 592. Dosis tolerata und Dosis cura- tiva bei Chemotherapie 366. Dotterantiserum 266. v. Drigalski-Conradischer Agar 5. „Lackmus-Milchzuckeragar“. Droschken, Desinfektion 523. Drucksteigerung, Wirkung auf Bakterien im allgem. 460; auf "Milz- brandbacillen 614, 628. | Duleit, Beeinflussung durch: Para- menschlicher und tierischer Exkrete | und .Abfallstoffe 525; chirurg. Des- En onsprazis 528; Händedesinf. Desinfektoren, geschulte 516, 522. Destillation von Trinkwasser 424. Deszendenzlehre, Bedeutung der Eiler: Eiweißdifferenzierung für die Deviabilität des Komplements 86. Diagnostik, Bedeutung des opson. Index für die 154; s. auch „Sero- diagnostik“. Diagnostikum für Typhus nach Ficker 856. Diamidoakridin, chemotherapeu- * tische Wirkung 349. Dialysierverfahren Abderhaldens bei Tumoren 235. Diaphtherin, Desinfektionswirkung 490. | Eigelbagar, Dichromsäure, Desinfekfionswirkung 475. Dickdarm, Veränderungen bei Ruhr 912. Didymsalze, 472. Dienstinstruktion toren 514, 522. Diffusiometer nach Weichardt 124. Digitalis purpurea, präzipitieren- de Antisera gegen 285. Dihydrochinin, Wirkung bei Ma- laria 363. ; Dijodacetyliden, Desinfektionswir- kung 481. j Diphtherie, lokale Therapie nach Löffler 455; Wohnungsdesinfektion bei 519, 520; Mischinfektion Typhusbaeillen 777. Diphtheriebacillen, gleichmäßiger Suspensionen 9, Desinfektionswirkung für Desinfek- Herstellung mentbindung 102; Verhalten gegen Opsonine 145. mit | Se Agglutination 10, 23, 24; Komple- | typhus A-Bac. 1139; Paratyphus B- Bac. 1017; Ruhrbaeillen 923. Dungstoffe, Haltbarkeit der Ty- phusbaecillen in 827. Dünndarm, Vorkommen von Ty- phusbacillen im 781. Dysenterie s. „Ruhr“. E. Echinokokkenkrankheit, Kom- plementbindungsreaktion bei 94, 105, 107; Meiostagminreaktion 136; Prä- zipitinreaktion 280. Eier, Tumorübertragung auf 173, 189. Eiereiweiß, biologische Differenzie- rung durch Präzipitine 258. Eierspeisen als Infektionsquelle für Paratyphus 1028. 0 Wachstum prandbacillus 597. Eigenbewegung s. „Beweglichkeit“. Eigone, Desinfektionswirkung 482. Eindringungsdauer des Dampfes bei Dampfdesinfektion 513. Einfuhrverbote für Waren als Mittel der Seuchenprophylaxe 389; für Tiere 419. Eingeweidewürmer bei kranken 819. Eintrocknung, Wirkung auf Ge- schwulstzellen 186, auf präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferen- zierung 304, 306; Desinfektionswir- kung 457; Wirkung auf: Milzbrand- bacillus 614, Paratyphusbaeillen 1021, Ruhrbacillen 919, 924. Eis, Lebensfähigkeit der Typhusba- cillen in 823. Eisenalbuminate, Verhalten bei Komplementbindungsversuchen 96. Eisenbahnverkehr, Seuchenverbrei- tune durch 388, 397. Eisenbahnwagen Desinfektion 523. Risensalze, Desinfektionswirkung 171. Eiter, Differenzierung plementbindung 95. des Milz- Typhus- durch Kom- 1176 Sachregister. Eiterungen durch Typhusbacillen 774; durch Paratyphusbaeillen 1054, 1060. Eiweiß, biolog. Differenzierung durch Präzipitine 257; Artspezifizität, Ver- wandtschaftsreaktionen 261; Organ- spezifizität und Differenzierung che- misch differenter Eiweißkörper 2695; Anwendung der Präzip.-Methode in der Physiologie und klin. Medizin 277, in der gerichtsärztlichen Praxis 300, in der Fleischbeschau und der Nahrungsmittelkontrolle 307; Her- stellung der präzipit. Antisera 285. — Differenzierung durch Komplement- bindungsreaktion 87. Eiweißfreie Substrate, Wachs- tum des Milzbrandbacillus 597, des Typhusbaeillus 726, 731. Eiweißkupferverbindungen, Wirkung auf Tumoren 225. Eiweißnährpräparate, biolog. Dif- ferenzierung durch Präzipitinreaktion all. Elefant, Empfänglichkeit für Milz- brand 587. Elektiv wirkende Desinfizientien 454. Elsnersche Gelatine für Züchtung von Typhusbacillen aus Fäzes 738. El Tor-Vibrionen, Verhalten bei Komplementbindung 102. Embryonalgewebe, Transplanta- tion 212. Embryonen als Immunisierungsma- terial gegen Tumoren 197, 198. Endo-Agar s. „Fuchsinagar“. Endotoxine des: Milzbrandbaeillus 641; Paratyphusbaeillus 1026, 1045; Ruhrbaeillus 935, 944; Schweinepest- bacillus 1083; Typhusbaeillus 863. Endotoxintod der Tiere bei bak- teriolyt. Versuchen 48, 51. Ennan, Desinfektionswirkung 487. Ente, ümpfänglichkeit für: Milz- brandbacillen 586, 621; Paratyphus- bacillen 1025. Enteritisbakterien s. „Bac. en- teritidis Gärtner“. Entozoen bei Typhuskranken 819. Entrattung von Schiffen als Mittel der Seuchenprophylaxe 387, 524. Entwiekelungshemmungen durch Desinfizientien 443. Entzündungen durch Typhusbacil- len 774. Eosin, Einfluß auf desinfizierende Wirkung des Lichtes 457. Eosinselenverbindungen, thera- peutische Wirkung bei Tumoren 225, 371. Epidemiologie bei: Milzbrand 646; Paratyphus 1028; Ruhr 968; Typhus 803. Epiphaninreaktion 135, 126. Erbrochenes.als Infektionsquelle für Typhus 806. Erbsen, serobiolog. Verhalten 283,, 284 Erdstreuklosetts 526. Erkältung, Einfluß auf Milzbrand- empfänglichkeit 623. Ermüdung, Einfl. auf Milzbrand- empfänglichkeit 624. Erschütterungen, Wirkung auf Bakterien 460. Erysipelinfektion, Wirkung auf Tumoren 223. Erythrocyten, Agglutination 39; präzipitierende Antisera gegen 269. Erythrosin, Einfluß auf desinfiz. Wirkung des Lichtes 457. Esel, Empfänglichkeit für Ruhrgifte 937; Immunisierung gegen Ruhr 959; Gewinnung bakteriolytischer Immunsera beim 61 Eß- und Trinkgeschirre, Ruhr- übertragung durch 968, 975; Ver- hütung d. Seuchenübertragung durch 436. Essigsäure, 474. Estone als Desinfektionsmittel 472. Eukalyptus, Anwendung bei Ruhr 981. Eugenoform, Desinfektionswirkung 480 Desinfektionswirkung ' Eu % lobulin ‚ Differenzierung durch Präzipitine 270. Europhen, Desinfektionswirkung 482. Exkremente s. „Fäces“. Exsudate, Agglutiningehalt 26. Extractum filieis mar.,' Wirkung bei Wurmkrankheiten 370. » F. Fäces als Infektionsquelle für: Milz- brand 644; Ruhr 968; Typhus 805, 810; Desinfektion 526; Züchtung der Erreger aus bei Ruhr 924, bei Ty- phus 735, 757. Fadenbildung bei: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Milzbrandbacillus 595, 629; Paratyphusbacillus A 1138, B 1014; Ruhrbacillus 914; Typhusba- eillus 719. Fadenreaktion, Pfaundlersche, bei Typhus 857; als Agglutinationser- scheinung 15, 27. Farbstoffe, Desinfektionswirkung or- ganischer 490; präzipitierende Anti- sera gegen 285; verschiedene Ver- teilung vitaler im tierischen Organis- mus 339. Färbung von: Milzbrandbacillen 589, 591; in Schnitten 593; Milzbrand- sporen 607; Typhusbaceillen 719; Paratyphusbacillen 1014: Ruhrbaeil- len 916. Fäulnis, Einfluß auf präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferen- zierung 305, 309. N Sachregister. Felle, Milzbrandinfektion 658. Fermente in malignen Tumoren 229, Festoform, Wohnungsdesinfektion durch 496, 501. Fettgewebe, biolog. Differenzierung durch Präzipitine 311. Feuerlatrinen 431. Fibrinogen, Differenzierung durch Komplementbindung 96. Fieber bei Ruhr 908; bei und Paratyphus 1051. Filtration, Wirkung auf Tumor- zellen 186; Wasserreinigung durch 427. Fische, biologische Eiweißdifferenzie- rung bei 262, 276, 311; Verhütung von Infektionen durch 434. Fischrogen, Differenzierung durch Komplementbindung 9. Fischspeisen als Infektionsquelle für Paratyphus 1031. Flecktyphus, bei 370; Wohnungsdesinfektion bei 520. Fleisch, Verhütung von Infektionen durch 434; Nachweis von Verfälsch- ungen durch Komplementbindungs- reaktion 93, durch Präzipitinreak- tion 259, 260, 307. Typhus Fleischpasteten als Infektions- quelle für Typhus 826. Fleischvergiftungen, Geschichte der bakteriol. Aetiologie 1036; Häu- figkeit der gastrointestinalen Form 1009, 1038; Uebersicht der bisherigen Befunde von spezif. Bakterien 1038; Mechanismus der Infektion des Fleisches 1046; Bedeutung von Hilts- ursachen 1048; s. auch „Paratyphus“. Fleischvergiftungserreger der Paratyphus-Gruppe, Morphologie u. Kultur 1043; Resistenz und Patho- genität 1044; Toxinbildung 1045; Beziehungen zu den Paratyphusba- eillen 1037; Differentialdiagnose ge- gen Typhusbacillen 734; vgl. auch „Paratyphusbacillus, Typus B“. — der Gärtner-Gruppe 1107, 1113; s. auch „Bac. enteritidis Gärtner“. Fliegen als Ueberträger von: Ruhr 976; Typhus 828. Flöhe, Typhusübertragung durch 829. Fluorescein, Einfluß auf desinfi- zierende Wirkung des Lichtes 457. Fluoresceinmolke, Verhalten des Typhusbaeillus in 730. Fluorsalze, Trinkwassersterilisierung durch 426. Fluorsilber als Desinfektionsmittel 471. Flußsäure 474. als Desinfektionsmittel Salvarsananwendung | 1177 Formaldehyd, Desinfektionswirkung 479, 492, 495, 525; Wirkungsweise 516; Verwendung bei Wohnungsdes- infektion 519; Verhalten in dem zu desinf. Zimmer 502; Anwendung bei Herstellung von Bakteriensuspen- sionen für Agglutinationsreaktion 9, für Phagocytoseversuche 149; bei ae von Phagocytosepräparaten 52. — Wirkung auf: präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferenzierung 305; Milzbrandsporen 616; Paratyphusba- cillen 1023; Schweinepestbacillen 1083; Ruhrbaeillen 921. Formaldehyddampfdesinfekti- onsapparate 515. Formaldehyd-Kaliumperman- ganat-Verfahren 501. Formalinbouillon, Verhalten Typhusbaeillus in 731. Formalingentianaviolettlösung zur Färbung des Milzbrandbaeillus 592. Formalinlampen 49. Formardol, Desinfektionswirkung 500. Formeston, Desinfektionswirkung 480. Formobor, Wohnungsdesinfektion durch 497. Formochlorit, tion durch 496. des Wohnungsdesinfek- | Frambösie, Chemotherapie bei 367. Frauen, Beteiligung an Typhusmor- bidität 839, an Paratyphusmorbidität 1012; als Typhusbacillen-Daueraus- scheider 812, 814. Freund-KaminerscheReaktion bei Carcinom 234. Frigo-Apparat, rung im 77. Frösche, Empfänglichkeit für Milz- brandbaeillen 621. Früchte, Haltbarkeit der Ruhrbaeil- len auf 920; Verhütung der Infek- tionsübertragung durch 434. Fruchtwasser, Typhusagglutinine im 849. Serumkonservie- |ı Frühkontakte bei Typhus 806, 820. | Fuchsin, Färbung des Milzbrandba- eillus mit 589, 592, 593. Fuchsinagar, Wachstum von Para- typhusbacillen 1018; Ruhrbacillen 926; Typhusbaeillen 744. Fuhrwerke, Desinfektion öffentlicher 523. Furunkel, Typhusbacillen in 775. Futtermittel als Infektionsquelle für Milzbrand 633, 648; Nachweis von Verfälschungen durch Komplement- bindungsreaktion 97, durch Präzipi- tinreaktion 283. Futterwiceke, serobiologisches Ver- halten 283. 1178 G. Galaktose, Beeinflussung durch Ty- phusbaeillus 726, durch Paratyphus- bacillus 1017. Galle, bakterizide Wirkung 52; Ueber- tritt und Nachweis von Ruhrbacillen in 913, von Milzbrandbacillen 644, von Typhusbacillen 772, 781, 7 812, von Typhusagglutininen 849; Wirkung auf Milzbrandbacillen 619, auf Ruhrbacillen 919, 922; Anreiche- rung von Typhusbaeillen aus dem Blut in 761. Gallenblase, Veränderungen bei Paratyphus 1024, bei Typhus 772. Galliein, Desinfektionswirkung 483. Gans, Empfänglichkeit für Milzbrand- bacillen 586, 621, für Paratyphus- bacillen 1025; Vorkommen von Para- typhusbacillen bei der gesunden G. 1073. Gänsefleisch, durch 1042. Gartenerdebacillensporen als Desinfektionstestobjekte 446. Gasbildung des Typhusbacillus 724, des Paratyphusbacillus B 1016. Gase, Desinfektionswirkung 492. Gastroenteritis durch Paratyphus- bacillen 1009, 1038. Gaudanin bei Hautdesinfektion 531. Gebrauchsgegenstände als In- fektionsquelle für: Paratyphus 1035; Ruhr 968. Fleischvergiftungen Geflügel, Empfänglichkeit für: Bac. enteritidis Gärtner 1110; Mäuse- typhusbacillen 1087; Milzbrandbacil- len 586, 621, 652; Paratyphusbacil- len 1025; Vorkommen von Para- typhusbacillen bei gesundem 1073. Gefriermethode der Agglutination nach Asakawa 14. Geißeln beim: Milzbrandbaeillus 594; Paratyphusbacillus 1014; Typhusba- eillus 720. Geisteskranke als Dauerausscheider bei Ruhr 974, bei Typhus 812. Geisteskrankheiten, reaktionen bei 279. Gelatine, Wachstum von: Bacillus enteritidis Gärtner 1108; Milzbrand- bacillus 598; Paratyphusbaeillus, Ty- pus A 1138, Typus B 1014; Ruhr- bacillus, Typ. Shiga-Kruse 916, Typ. Flexner 921, Typ. Y 922, Typ. Strong 923; Ty phusbacillus 721. Gelbfieber, Salvarsananwendung bei 370; Abwehr 331. Gelenkentzündungen bei 910. Gemüse als Infektionsquelle für Ruhr 920, für Typhus 826; Verhütung von Infektionsübertragung durch 434. Generatorgas zur Entrattung von Schiffen 524. j Ruhr ı Giftbildung =. Präzipitin- | Glyzerinagar, Sachregister. Gentianaviolett zur Färbung des Milzbrandbacillus 589, 591, 592. Gerbereien, Milzbrandverbreitung durch 648, 650, 664. Gerichtsarzt, Bedeutung der bio- logischen Eiweißdifferenzierung für den 259, 269, 300. Gerste, serobiologisches Verhalten 283. Geschlechter, Differenzierung durch Komplementbindungsreaktion 95, 97; durch Präzipitinreaktion 275. Geschwülste, experimentelle Erfor- schung der 167; Transplantationen auf fremde Species 168, auf gleiche Species 172; Verimpfungsmaterial u. -technik 176; Impfausbeute im all- gem. 178; Steigerung und Schwan- kungen der Virulenz 179; histolog. wahrnehmbare Tumorvarietäten 180; Resultate variierter Transplantations- versuche 184; Natürliche Immunität gegen 197; erworbene Immunität 193; athreptische Immunität 203; Wachs- tumsbegünstigung 209; Geschwulst- genese 209; parasitäre Theorie 216; nichtspezifische kurative Versuche in- klusive Chemotherapie 223; bioche- mische Erforschung 226, 281; sero- logische Krebsdiagnostik 133, 230; Chemotherapie 371. Getreide, serologisches Verhalten 283. „Toxinbildung“. Gipsstäbehen, Anwendung bei Milz- branddiagnose 657. | Glaskapillarenmethode Wrights zur Feststellung der Agglutination 13, der Bakterizidie 54. Glaubersalz, Trocknung agglutinie- render Sera durch 20, hämolytischer Sera 7: Globin, Differenzierung durch Kom- plementbindung 95. Globulin, Differenzierung durch Prä- zipitine 267. Glykoformal zur Formaldehydent- wickelung 497. Glyzerin, Wirkung auf Tumorzellen 156. Wachstum des Milz- Brandbaeillus 600. Gold, Desinfektionswirkung 468, 575. Goldfische, Empfänglichkeit für Milzbrand 621. Goldsalze, Desinfektionswirkung 471. Wirkung auf Tumoren 226. Gonokokken, Verwendung zu Pha- gocytoseversuchen 148. Gonokokken-Infektionen, Epi- phaninreaktion bei 129; Komplement- bindungsreaktion 107; spezif. Bak- teriotherapie 161, 163, 164. ı Gramfärbung, Verhalten von: Milz- brandbacillen 589, 594; Ruhrbaeillen 916; Paratyphusbacillen 1014; Ty- phusbacillen 719. Sachregister. Granaten bei Herstellung von Des- infektionstestobjekten 448. Granula, Pfeiffersche bei Bakterio- lyse 50. Gravidität, Einfluß auf Milzbrand- empfänglichkeit 624. Grubeninhalt, Desinfektion 526; Haltbarkeit der Typhusbacillen in 827. Gruber-Widalsche Reaktion 22. — bei Typhus, Geschichtl. 842; Aus- führung 854; klinische Bewertung 843; Spezifizität 845; bei Differen- tialdiagnose zwischen Paratyphus u. Typhus 847. — bei Paratyphus A 1142, 1143; B 1067. Grundwasser, Beurteilung 422; Be- ziehungen des zur Typhusmorbidität 804. Grünlösungen Löfflers, Verhalten des Typhusbacillus 729, des Mäuse- typhusbacillus 1087, des Paratyphus- bacillus B 1019. Gruppenwirkungen bei Agglutina- tion 4, 19, 21, 23, 28; bei bakterio- lytischen Versuchen 62, 67. Guajakol, Desinfektionswirkung 489. Guäthol, Desinfektionswirkung 489. | Gummihandschuhe, Sterilisierung DIT. Gurken, Wachstum bacillus auf 597. des H. Haare, Nachweis eillen an 658. Hacktleisch, biolog. Differenzierung durch Präzipitine 308. - Hadernkrankheit 650. Hafenärzte, Funktionen bei Seuchen- prophylaxe 393. Hafer, serobiologisches Verhalten 283. Halogene als Desinfektionsmittel 476; Trinkwassersterilisierung durch 424. Halogenozeptoren der Zellen 344. Hämagglutinine, experimentelle Diagnostik mittels 39; Verwendung A Diagnose von Serumexanthemen 41. Hämatogen Hommel, Prüfung durch Präzipitinreaktion 311. Hämatoxylin, präzipitierende Anti- sera gegen 285. Hammel, Empfänglichkeit für Mäuse- typhusbacillen 1083; Gewinnung von Komplement beim 55, von bakterio- Iytischen Immunseris beim 61; Im- munisierung gegen Ruhr 958; Vor- kommen von Paratyphusbacillen beim gesunden 1072. Hammelblut, Verwendung zu Kom- plementbindungsversuchen 74. Hammelfleisch, Fleischvergiftungen durch 1041. von Milzbrandba- Grundwasserstandes | Milzbrand- a) ı Hämoglobin, Differenzierung durch Präzipitine 270. Hämolysine, experim. Diagnostik mittels 67; Versuchsmethodik 73; Bildung durch Milzbrandbacillen 641; H.-Reaktion bei Geschwülsten 231. Hämoptoe, Feststellung fingierter durch Präzipitinreaktion 307. Händedesinfektion 478 531. Hanfsamen, serobiologisches Verhal- ten 284. Hängender Tropfen, Beobachtung der Agglutination im 12; der Bak- teriolyse 50, 52. Harn, Nachweis von Eiweiß durch Komplementbindung 93, durch Prä- zipitinreaktion 274; Giftwirkung bei Carcinom 226; Wachstum der Milz- brandbacillen in 597; als Infektions- quelle bei Typhus 805, 808; Nach- weis von Typhusbacillen im 768; Dauer der Ausscheidung und Ge- fährlichkeit der Harn- Daueraus- scheider bei Typhus 809; Ausschei- dung von Milzbrandbacillen durch 644; Vorkommen von Typhusagglu- tininen im 849. Harnagar, Wachstum von Typhus- bacillen auf 731. Harngelatine (Piorkowski), Wachs- tum von Typhusbacillen 739, von Ruhrbacillen 917, 926. Harnstofflösung, Einfluß auf prä- zipitable Substanz bei biolog. Ei- weißdifferenzierung 309. Hase, Empfänglichkeit für Milzbrand 586; kreuzweise Immunisierung mit Kaninchen zwecks Gewinnung prä- zipitierender Antisera 264, 269. Hasentumoren, passive Immunität bei 200; Uebertragbarkeit 176. Haupt-undNeben-Agglutinine 19#27 Haupt- und Neben-Bacillen- träger 807. Haushalt, Seuchenprophylaxe im 4354 Haustiere als Infektionsquellen für Paratyphus 1033, 1071. Haut, Desinfektion 531. Hautmilzbrand 650, 652. Hautreaktion bei Typhus 861. Hautsarkome, Uebertragungsversuch auf Tiere 169. Heer, Seuchenprophylaxe im 439. Hefen, Differenzierung durch Kom- plementbindung 97; serobiologisches Verhalten 284. Heiratsverbote Lepröse usw. 407. - Heißwasser-Alkohol-Desinfek- tion der Hände 534. Helminthen, Zusammentreffen mit Geschwülsten 220. Helmitol, Anwendung bei Harn- dauerausscheidung von Typhusbacil- len 809. für Tuberkulöse, 1180 Hemmungserscheinungen bei Agglutinationsreaktion 5, bei Bak- teriolyse 46. Hetralin, Anwendung bei Typhus- bacillendauerausscheidung im Harn 809. Heuinfus, Wachstum des Milzbrand- bacillus auf 597. Hirnpeptonagar, Milzbrandbacillus 597. Hitze als Desinfektionsmittel 461; Wirkung auf: Agglutinabilität der Bakterien 6, 9; Geschwulstzellen 184, 186; präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferenzierung 305, 308; Milz- brandbaecillen 614, 627; Paratyphus- bacillen 1022; Ruhrbacillen 920, 924; Schweinepestbacillen 1083. Hoden, Ansiedlung des Typhusbacil- us? mean: Hogcholerabacillus siehe „Para- typhusbacillus, Typ. B“. Höllenstein s. „Silbernitrat“. Horngebilde, biologisches Verhalten des Eiweißes 268. Hornhaut, experim. Milzbrandinfek- tion 633. Huhn, Empfänglichkeit für: Mäuse- typhusbacillen 1087; Milzbrandbacil- len 586, 621; Paratyphusbacillen 1025, 1085. Hühnerblut, Differenzierung durch | Präzipitine 258, 259, 264, 266. Hühnersarkome, Uebertragbarkeit 176, 186. Hühnerspironemosis, Chemothe- | rapie bei 367. Hummermayonnaise als Infek- tionsquelle für Paratyphus 1032. Hund, Empfänglichkeit für: Bac. en- teritidis Gärtner 1110; Fleischver- giftungsbakterien 1044, 1045; Milz- brandbacillen 586, 620, 652; Para- typhusbacillen 1026; Ruhrbacillen u. Be 935, 937; Typhusbacillen 802, Il. Immunisierung gegen: Milzbrand 672, Typhus 878; Vorkommen von Paratyphusbacillen beim gesunden 1072; Versuche der Uebertragung menschlicher Tumoren auf 168, 169, 171; Gewinnung bakteriolytischer Immunsera beim 61. Hundeblut, Verwendung zu Komple- mentbindungsversuchen 76. Hundeserum, brandbaeillen 618. Hundetumoren, 174, 176. Hungern, Einfluß empfänglichkeit 624. Hydrazinhydrat, Desinfektionswir- 2 are ydrochinin, Wirkung auf = mokokken 369. = a Wirkung auf Milz- | Uebertragbarkeit auf Milzbrand- | Sachregister. Hydrochininchloralhydrat,Wir- kung bei Trypanosomiasis 366. Hydrochinon, Desinfektionswirkung 489. Hydrochlorisochinin, Wirkung bei Trypanosomiasis 366. Hydroxylamin, Desinfektionswir- kung 472. Wachstum des | Hypagglutinabilität von Bakte- rien 6, 21. I. Ichthargan, Desinfektionswirkung 471. Ichthoform, Desinfektionswirkung 483. Ichthyol, Desinfektionswirkung 488. Ikterogen, Wirkung auf Tumoren 226. Ikterus, Gruber-Widalsche Reaktion bei 845. Ileum, Veränderungen bei Ruhr 912. Immunisierung größerer Tiere 1157; Impftechnik 1161; Blutent- nahme 1164; Serumgewinnung 1165. — kreuzweise bei Herstellung präzipit. Immunsera 263. Immunisierungsvermögen der Bakterien als Differenzierungsmittel 16, 64. Immunität, aktive, bei: Milzbrand 671; Paratyphus 1102, 1105, 1123; Ruhr 946, 958; Typhus 837, 864. — passive bei: Milzbrand 678, Para- typhus 1106; Ruhr 963; Typhus 877. — gegen Geschwülste, natürliche 187; erworbene 193; athreptische 203. Immunitätsreaktionen s. „Ag- glutination“, „Bakterizidie“, ‚„Kom- plementbindung“ usw. | Immunopsonine s. „Opsonine“. Immunotherapie, aktive s. „Bak- teriotherapie“. Immunsera, Gewinnung von größe- ren Tieren - 1157; Konservierung 1166; Wertbemessung und Unschäd- lichkeitsprüfung 1166. — Herstellung: agglutinierender 19; bakteriolytischer 60; präzipitierender 285. Impfausbeute bei Geschwulstüber- tragung 178; Steigerung u. Schwan- kungen der Virulenz 179. Impfmilzbrand bei Tieren 649, beim Mensch 650. Inagglutinabilität von Bakterien 6, 21; von Typhusbacillen 851. Inaktivieren der Immunsera bei bakteriolytischen Versuchen 55; bei Komplementbindungsversuchen 85. Index, opsonischer 143, 145, 146, 153. Indolreaktion, Verhalten des: Bac. enteritidis Gärtner 1108, Paratyphus- bac., Typ. A 139 Dypr BT Sachregister. 1131; Ruhrbaec., Typ. Shiga-Kruse | 918, Typ. Flexner 921, Typ. Y 922, Typ- Strong 923; Typhusbaeillus 722. Infektionsquellen u. -wege, All- gemeines 377; Erforschung 400. — bei: Milzbrand 632, 646; Paratyphus 1028; Ruhr 968; Typhus 805, 819. Infektionskrankheiten, Serodia- gnostik mittels: Agglutination 25; Bakterizidie 44; Komplementbindung 72; allgem. Prophylaxe 375. Influenza, Wohnungsdesinfektion bei 519. Influenzabacillen, Herstellung gleichmäßiger Suspensionen 9; Iden- tifizierung durch Komplementbin- dung 102. Inhalation von Milzbrandsporen bei Tieren .634, beim Menschen 650. Injektionstechnik bei Immunisie- rung größerer Tiere 1161. Inkubationsstadium, Infektiosität Typhuskranker im 806. Insekten als Ueberträger von: Ty- phus 828; Ruhr 976; Nachweis von Blut im Innern durch Komplement- bindung 93. Instruktion für Desinfektoren (Woh- nungsdesinfektion) 522; für Bedie- nung von Dampfdesinf.- Apparaten 514. Inulin, Beeinflussung durch Bacillus paratyphi A 1139. Involutionsformen bei: Milz- brandbaeillus 596; Ruhrbacillus 914. Irrenanstalten, Ruhrprophylaxe in 982; Bedeutung der Typhusbaeillen- dauerausscheider 812, der Ruhrbaecil- | lendauerausscheider 974. = Iridiumverbindungen, bakterizi- | de Wirkung 471. Iridoeyelitis bei Ruhr 910. Irrigal, Desinfektionswirkung 475. Isoagglutinine, Nachweis 41, 42. Isoform, Desinfektionswirkung 482. Isolierung der Infektionskranken 402; Dauer 404; Isolierspitäler 403. | Isopräzipitinbildung 265. Itrol, Desinfektionswirkung 471. Izal als Desinfektionsmittel 485. J. Jateorrhyza palmata, präzipitie- rende Antisera gegen 285. Jauche, Haltbarkeit von Milzbrand- nn in 648, von Typhusbacillen Jequiritydekokt-Nährböden, Verhalten des Typhusbacillus 728. Jezscher Typhusextrakt 881. Jod, Desinfektionswirkung 476; Wir- kung bei Syphilis 367, bei Pilz- krankheiten 369, bei Hausdesinfek- tion 531, 532. ' Kalkmilch, 1181 Jodbenzinoform, Hautdesinfektion durch 536. Jodeiweiß, Verhalten bei Komple- mentbindungsversuchen 96. Jodjodkaliumlösung, Wirkung auf Ruhrbacillen 919, bei Hautdesinfek- tion 536. Jodkalium, Anwendung bei Typhus- bacillendauerausscheidern 418. Jodoform, Desinfektionswirkung 480, Anwendung bei Typhusbacillendauer- ausscheidern 817. Jodoformin, Jodoformal, Jodo- formogen, Desinfektionswirkung 482. Jo „ thyrin, Komplementbindung mit 96. Jodtinktur, Anwendung zur Haut- desinfektion 531, 536. Jodtrichlorid, Desinfektionswirkung 477, 525; Wirkung beim diphtherie- infiz. Meerschweinchen 455. Johnesches Verfahren der Milz- brandkapselfärbung 592. K. Kachexie, biochemische Erforschung 226 Kadaver s. „Tierkadaver“. Käfiginfektionen mit Tumoren 220. ı Kahmhautbildung des Ruhrba- eillus, Typ. Shiga-Kruse 918, Typ. Flexner 921. Kairin, Desinfektionswirkung 490. Kalb, Empfänglichkeit für: Bacillus enteritidis Gärtner 1110; Mäusety- phusbacillus 1088; Paratyphusbacil- len 1026; Vorkommen von Para- typhusbacillen beim gesunden 1072. Kälberruhr 109. Kälberruhrbacillen 1097; Resi- stenz, Toxinbildung, Pathogenität 1099. Kalbfleisch, durch 1041. Kaliumhydroxyd, wirkung 472. Kaliumpermanganat, Desinfek- tionswirkung 475; Trinkwassersterili- sation durch 424. Fleischvergiftungen Desinfektions- ı Kaliumzyanid, Wirkung auf Tu- morzellen 186. Kalk als Desinfektionsmittel 473; Ein- fluß auf präzipitable Substanz bei biol. Eiweißdifferenzierung 305. Desinfektionswirkung 473, 526; Wirkung auf: Milzbrand- sporen 616; Schweinepestbacillen 1083; Ruhrbacillen 920, 980. Kälte, Wirkung auf: Geschwulstzellen 184, 185; Bakterien 460; Milzbrand- bacillen 614; Ruhrbacillen 920: Schweinepestbacillen 1083. 1182 Kamel, Empfänglichkeit für Milz- brand 586. Kampfer, Desinfektionswirkung 490; | Wirkung bei Pneumokokkeninfektion | 369. Kampferoxol, Desinfektionswirkung 476. Kaninchen, Empfänglichkeit für: Bacillus enteritids Gärtner 1110; Fleischvergiftungsbakterien 1044, Mäu- setyphusbacillus 1087, 1088; Milz- brandbacillus 587, 619; Paratyphus- bacillus A 1139, B 1023, 1084; Ruhr- bacillen und -gifte 935, 938; Ty- phusbacillus 799, 800, 802 . — Immunisierung gegen: Milzbrand 672 —676; Ruhr 958, 960—962; Ty- phus 877. — Komplementgewinnung beim 55, 75; Gewinnung von agglutinierenden Seris — Versuche der Uebertragung mensch- Sachregister. Kartoffel als Nährboden für: Milz- brandbacillen 597, 600, 604; Para- typhusbaeillen 1015; Ruhrbaeillen 916; Typhusbacillen 721. Kartoffelbacillensporen als Des- infektionstestobjekte 446. Kartoffelsaftgelatine zur Züch- 5 von Typhusbacillen aus Fäces 76 | Kartoffelsalat als Infektionsquelle für: Typhus 826; Paratyphus 1030. Karzinome s. „Geschwülste“. Käse als Infektionsquelle für Para- typhus 1031. Kasein, Differenzierung durch Kom- plementbindung 95; durch Präzipi- tine 272. ' Katalasen in Geschwülsten 230. Katgut, Sterilisierung 529. ısglu den serls | Katheter, Desinfektion 528. 18, von bakteriolytischen Seris 61. licher Tumoren auf 170, 171; Vor- | kommen von Paratyphusbaeillen beim gesunden 1072. Kaninchenblut, Differenzierung | durch Präzipitinreaktion 264, 265. Kaninchenserum, Wirkung auf Milzbrandbaeillen 618. Kankroin Schmidt 218, 219. Kapillaren, Pasteursche bei Ge- schwulstübertragung 177. Kapillarmethode bei: Agglutina- tionsversuchen 13: Komplementbin- dungsversuchen 78; Präzipitinver- suchen 303. Kapselbacillen, Differenzierung durch Komplementbindung 102. Kapselbildung beim Milzbrandba- eillus 590; in Bez. zur Immunität 666, 685; beim Typhusbacillus 720. Kapselfärbung beim Milzbrandba- eillus 591. Karbenzym, Wirkung auf Ge- schwülste 224. Karbolfuchsin zur Färbung von | Milzbrandbaeillen und -sporen 592, | 607; von Tuberkulose-Phagocytose- präparaten 152. Karbolsäure, Wirkung auf Tumor- zellen 186; Milzbrandsporen 615; Ruhrbaeillen 921; Schweinepestbaeil- len 1083. — als Desinfektionsmittel 483; Wir- kungsweise 560; Verstärkung der Wirkung durch Kochsalz 562; bei Sputumdesinfektion 525. — zur Konservierung von Bakterienauf- | schwemmungen 26. Karbolsäuregelatine für Züch- tung der Typhusbacillen aus Fäces (38. Karbolthionin zur Färbung von Phagocytosepräparaten 152. | Knoblauchsaft, Katze, Empfänglichkeit für: Fleisch- vergiftungsbakterien 1044, 1045; Mäu- setyphusbacillen 1087; Milzbrandba- cillen 586; Paratyphusbacillen 1026; Ruhrbacillen 935. — Versuche d. Uebertragung mensch- licher Geschwülste auf 168. Kaviar, Differenzierung durch Kom- plementbindung 95; als Infektions- quelle für Paratyphus 1032. Kehricht, Beseitigung 431. Keimträger s. „Bacillenträger“. Kenotoxin, Nachweis durch Epipha- ninreaktion 128. Keratitis bei Ruhr 910. Kerne in Ruhrbaeillen 916. Kettenbildung beim Milzbrandba- cillus 595, 629; bei agglutinierten Bakterien 13; s. auch ‚„Fadenbil- dung“. Kettenbindung nach Moreschi 17, 40 Keuchhusten ‚ Serodiagnose durch Komplementbindung 107; Wohnungs- desinfektion bei 519. Keuchhustenbacillen, Herstellung gleichmäßiger Suspensionen 9; Identi- fizierung durch Komplementbindung 102. Kieselsäure, Komplementbindung durch 73; Wirkung auf Tumorzellen 371. Kindborg-Agar, Wachstum des Ty- phusbacillus 746, 753. Kinder, Morbidität an: Paratyphus 1013; Ruhr 969; Typhus 819, 839. Kinotherm nach Uhlenhuth 310. Kläranlagen für Abwässer 432. Kleider, Seuchenverbreitung durch 389, 437; Ruhrübertragung durch 968. Kleins Milzbrandsporenfärbung 608. Desinfektionswir- kung 491. u Sachregister. 1183 Knochen, Differenzierung durch Kom- plementbindung 94; durch Präzipi- | tinreaktion 307. Knochenmark ,Milzbrandbacillen im 657; Typhusbaeillen im 774, 781. Knötchenbildung in der Kalbs- leber durch Bac. nodulifaciens Lan- ger 1100. Koagglutination (Bordet & Gen- gou) 41. K 2 ltsalze, Desinfektionswirkung 472. Kochsalz, Einfluß auf Desinfek- tionskraft von Chemikalien 562, 578; Einfl. beim Agglutinationsprozeß 4; Wirkung auf Paratyphusbacillen 1022.- Koffein-Fuchsinagar, Wachs- tum des Typhusbacillus 745, 746. Koffein-Kristallviolett-An- reicherungsverfahren für Ty- phusbaeillen 746, 731. Kohlehydrat- Nährböden siehe „Zuckernährböden‘“. Kohlensäure, Desinfektionswirkung 492. Kohlenstoffverbindungen, Des- infektionswirkung 477. Kohlkropf, Parasiten des 217. Kokken, Agglutination 14, 23. Kollargol als 455; Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Kolostralmilch s. „Colostrum“. Kombinationstherapie bei Che- motherapie 361, 366. Komplement, Bakteriolyse 44, 45, 52, 54, 55; Komplementbirdung 72, 77; Devia- bilität 86; Ablenkung bei bakterio- lytischen Versuchen 46, 58. Komplementbindungsreaktion, experim. spezif. Diagnostik mittels 72; Bedeutung der Salze 3; allge- meine Methode 73, 80. — bei Differenzierung von Eiweiß und Blut 87; von Fibrinogen und Serum- globulin und Albumin 271, kleiner Eiweißmengen in Eiweißgemischen 306, von Organen 95. — mit tierischen Antigenen 87; mit | pflanzlichen Antigenen 96; mit bak- | teriellen Antigenen 97. — bei Geschwülsten 231; brand 661, 689; bei Paratyphus und Bac. enteritidis Gärtner 1069, 1124. — bei Wertbemessung der Sera 107. Konglutination (Bordet & Gay, Streng) 17; von Erythrocyten 40; bei Komplementbindungsreaktion 73; bei Typhus 857. Kongorot, gegen 285. Konidienbildu ng beim Ruhrbacil- lus 914; beim Typhusbaeillus ' 720. Konserven als Infektionsquelle für Paratyphus 1030. Desinfektionsmittel | Wirkung bei spezif. | bei Typhus | 861; bei Ruhr 934, 956; bei Milz- | | Konservierung von Serumpräpara- ten 1030. | Kontaktinfektionen bei: Para- typhus 1032; Ruhr 968; Typhus 820. Körnchen, metachromatische im | Milzbrandbacillus 606; im Typhus- | bacillus 720. | Körpertemperatur s. „Fieber“. | Kotpräzipitine, spezifische 273. | Krankenpfleger, Infektionsverhü- tungsmaßnahmen 409. | Krankentransportwagen für In- fektionskranke 405; Desinfektion 523. Kreatinin, Bildung durch: Bac. en- teritidis Gärtner 1108; Paratyphus- bacillen 1018; Typhusbacillen 723. Krebse s. „Geschwülste“. Krebsdiagnose durch Präzipitin- reaktion 281. Krebseiweiß, Konstitution 227. Krebskachexie, biochemische Er- | forschung 226. Krebspreßsäfte, Wirkung bei Krebs- kranken 227. ı Kreolin, Desinfektionswirkung 485; Wirkung auf Milzbrandsporen 615. Kreosot und Kreosol, Desinfek- tionswirkung 489. Kresamin, Desinfektionswirkung 487. Kresole, Desinfektionswirkung 483; Anwendung bei Ruhr 980. Kresolseife n, Desinfektionswirkung a W irkung auf Milzbrandsporen 15 Kresylsulfosäuren, Desinfektions- wirkung 485. Kreuzspinnengift, agglutinations- | vermittelnde Wirkung 18, aut Ery- throcyten 40. Kristallinse, biologische Sonder- stellung des Eiweißes 267. Kröten, Empfänglichkeit für Milz- brandbacillen 621. Küchenbetriebe, Gefährlichkeit: d. Typhusbacillendauerausscheider für 816. Kugeln, sporoide im Milzbrandba- eillus 606. Kuhmilch, spezif. Präzipitine gegen 258. Kunsthonig, biologische Unterschei- dung durch Präzipitinreaktion 311. Kupfer, Desinfektionswirkung 468. Kupferchlorid, Wirkung bei Tu- berkulose 369. Kupfersalze als Desinfektionsmittel 471. Kurorte, Seuchenübertragung in 438. Kutanreaktion bei Typhus 861. präzipitierende Antisera | L. Lackmusagar, Wachstum des Milz- brandbacillus 601; des Paratyphus- bacillus 1019. 1184 Lackmusmilchzuckeragar, Wachstum von: Typhusbaeillus 740; Paratyphusbacillen 1018; Ruhrbaeil- Sachregister. ı Linseneiweiß, serobiologisches Ver- len 924, Typ. Shiga-Kruse 918, Typ. Flexner 922, Typ- Y 923, Strong 923. Lackmusmolke, Wachstum von: Milzbrandbacillus 602; Paratyphus- bacillus, Typ. A 1138, Typ. B 1015; Ruhrbaeillus, Typ. Shiga-Kruse 918, Typ. Flexner 922. Lackmus-Nutrose-Nährböden s. „Barsiekowsche Nährböden“. Lähmungen nach Milzbrandinfek- tion 641. Laktoalbumin und -globulin, Differenzierung durch Komplement- bindung 95. Laktoserumreaktion 258, 271. Landquarantänen 388. Largin, Desinfektionswirkung 471. Latrinen, Desinfektion 526. Läuse, Typhusübertragung durch 829. Lauthansalze,Desinfektionswirkung 472. Lävulose, Beeinflussung durch Para- Typ. | halten 283; Differenzierung durch Komplementbindung 95; durch Prä- zipitinreaktion 267. Lipoidlöslichkeit der Antigene bei Komplementbindung 99. Lipotropie von Heilmitteln 339. Liquor aluminii acetici, Desin- fektionswirkung 472. Lithiumhydroxyd, Desinfektions- wirkung 472. Löfflersche Grünlösungen, Ver- halten von: Mäuseiyphusbacillus 1087; Paratyphusbaeillus B 1019; Typhus- bacillus 729. Loretin, Desinfektionswirkung 482. Lösungsmittel, Einfluß auf Wirk- samkeit der Desinfizientien 451. | Lues s. „Syphilis“. Luft als Infektionsquelle für Typhus 827; Verhütung der Infektionsüber- tragung durch 420. | Lugolsche Lösung, Desinfektions- typhusbacillen 1017; durch Typhus- | bacillen 726. Leber, Ruhrbacillen in der 913. Leberabszesse durch Ruhrbaeillen 911, durch Typhusbaeillen 776. Leberautolysate zur Immunisie- rung gegen Tumoren 198. Leguminosen, serobiologisches Ver- halten 283. Leichenschau, obligatorische bei Seu- chenprophylaxe 398. Leichenschmäuse, tragung durch 406. Leichenwesen, Bedeutung für Seuchenprophylaxe 433; siehe auch „Jierkadaver“. Leihbibliotheken, Infektionsüber- tragung durch 438. Leinöltettsäure als Grundlage des- infizierender Salben 451. Leishmaniosis, Chemotherapie 364. Leitungswasser als Infektionsquelle für Typhus 821, 822. Lepra, Komplementbindungsreaktion bei 105; Wohnungsdesinfektion bei 320. Leuchtgas, Desinfektionswirkung 492. Leukocyten, Herstellung von Emul- sionen für Phagocytoseversuche 149. Leukocytenstoffe, bakterizide Wir- kung auf Milzbrandbacillen 668. Lichen, Salvarsananwendung bei 370 Licht, Desinfektionswirkung 457; Wir- Seuchenüber- | Lumpen, kung auf Milzbrandbaeillen 614, 624: | auf Schweinepestbacillen 1083. Linoval als Grundlage desinfizieren- der Salben 451. wirkung 476. Lumbaltlüssigkeit, Verwendung zu Komplementbindungsversuchen 106; Nachweis von Typhusbacillen in 776, von Paratyphusbaeillen 1143. Seuchenverbreitung durch 389,437; Milzbrandübertragung durch 650. Lunge, Nachweis von Typhusbaeillen In ir Lungenmilzbrand bei Tieren 649, beim Menschen 650, 653. ' Lupus, Lichtbehandlung 459; chemo- therapeutische Beeinflussung 369. Lymphangitis epizootica, Che- motherapie 369. Lyse s. „Bakterizidie“. Lysoform, Desinfektionswirkung 479. Lysol, Desinfektionswirkung 485, 486; Wirkung auf Milzbrandsporen 615. auf präzipitable Substanz bei biolog. Eiweißdifferenzierung 305. Lyssavirus, Einfluß auf Milzbrand- empfänglichkeit 625. Lytta vesicatoria, präzipitierende Antisera gegen 285. M. Magen, Vorkommen von Typhusba- eillen im 781. Magendarmkanal, experim. Milz- brandinfektion 633. Magencarcinom, Präzipitinreaktion bei 282. Mais, serobiologisches Verhalten 283. Malachitgrün, Desinfektionswirkung 490. Malachitgrünagar, Wachstum von: Typhusbaeillus 729, 746, 747; Para- typhusbacillus A 1139, B 1018. ' — Herstellung nach Leuchs 749; Kom- binationen 751. 0 TE LT Sachregister. Malachitgrünbouillon zur An- reicherung von Typhusbacillen 754. Malachitgrün-Gallenagar (Löffler), Wachstum von Typhusbacillen 751. Malachitgrün-Reinblau-Safranin- Nährböden, Verhalten des Ty- phusbaeillus 752, der Paratyphus- bacillen 1018, 1019. Malaria, Komplementbindungsreak- tion bei 105; Chemotherapie 363; Mischinfektion mit Typhus 777. Mallein, Verhalten bei Komplement- bindungsversuchen 98. Maltafieber, Mischinfektion mit Ty- phus 777. Maltatieberkokken, Phagocytose- versuche mit 149. Maltose, Beeinflussung durch: Para- typhusbaeillen 1017; Ruhrbaeillen 927; Typ. Shiga-Kruse 918, Typ. Flexner 922, Typ.Y 923, Typ. Strong 923. Mammacarcinome, Uebertragungs- versuche auf Tiere 168, 171. Mandeln, serobiologisches Verhalten 284. Mannit, Beeinflussung durch: Ty- | Maximumthermometer bei 1185 Prü- fung der Dampfdesinfektionsapparate 513. Medikamente, Sterilisierung flüssi- ser 530. Meerschweinchen, Empfänglichkeit für: Bac. enteritidis Gärtner 1110; Fleischvergiftungsbakterien 1044; Mäu- setyphusbacillus 1087, 1088; Milz- brandbacillus 587, 619; Paratyphus- bacillus A 1139, B 1023, 1024; ae 937; Typhusbaeillus 799 —801. — Immunisierung gegen: Milzbrand 672, 680; Ruhr 958, 961; Typhus 839, 867, 877. — Verwendung zur Komplementgewin- phusbacillus 726; Ruhrbacillen 927; Paratyphusbacillen 1016. Mannit-Lackmusagar, Wachs- tum der Ruhrbaeillen: Typ. Shiga- Kruse 918, Typ. Flexner 922, Typ. Y 923, Typ. Strong 923. MarmoreksTuberkuloseserum, Komplementbindung durch 103. Marmorstaubseife zur infektion 536. Marpmann-Agar, Typhusbacillus 730, 740. * Masern, Wohnungsdesinfektion bei 519. Masut, Desinfektionswirkung 485. Maus, Empfänglichkeit für: Bacillus enteritidis Gärtner 1110; Fleischver- giftungsbakterien 1044; Mäusetyphus- bacillus 1087, 1088; Milzbrandbacil- lus 587, 619; Paratyphusbacillen 1023, 1084, 1139; Ruhrgifte 936; Typhusbaeillen 799—801. — Immunisierung gegen Milzbrand 673, gegen Typhus 839. — Vorkommen von Paratyphusbacillen bei gesunden 1073. — Eiweißdifferenzierung plementbindung 94. — Versuche der Uebertragung mensch- licher Geschwülste auf 171. Mäusetumoren, Transplantation 175, 176; Impfausbeute 178; Chemothera- pie 371. Mäusetyphusbacillus 1086; Pa- thogenität 1087; Empfänglichkeit des Menschen für 1089; Beziehungen zum Paratyphusbacillus 1007. durch Kom- Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. 2. Aufl. III. Hautdes- | Wachstum des | nung 55, 74; zu bakteriolytischen Versuchen 47. — Versuche der Uebertragung menschl. Tumoren auf 169. — Vorkommen von Paratyphusbaeillen bei gesunden 1072. Mehlspeisen als Infektionsquelle für Paratyphus 1028. Meiostagminreaktion 125, 133, 233; bei Typhus 860. Melanosarkome, Versuche d. Ueber- tragung auf Tiere 169, 170, 171. | Meldepflicht bei Seuchen 383,399. ı Meliotorm, Desinfektionswirkung 480. Meningitis epidemica, Serodia- gnose durch Komplementbindung 103, 106; Wohnungsdesinfektion bei 519; Agglutinationswirkung des Kranken- serums auf Typhusbacillen 845. — durch Typhusbacillen 774, 776. — durch Paratyphusbaeillen 1143. Meningokokken, Agglutination 12, 14, 21, 24; Komplementbindung 102. Mensch, Empfänglichkeit für: Mäuse- typhusbaeillen 1089; Milzbrandbacil- len 650, 652; Paratyphusbacillen Typ. A 1136, Typ. B 1076; para- typhusähnliche Bacillen 1132; Ruhr- bacillen 904; Typhusbacillen 838. — Komplementgewinnung beim 53. Menschenblut, Differenzierung durch: Heteroagglutinine 41, durch Komplementbindungsreaktion 87, 94, durch Präzipitinreaktion 261, 262, 264, 265. | Menschenhaare, Verhalten bei Prä- zipitinreaktion 269. Menthol, Desinfektionswirkung 490; Anwendung bei Typhusbacillendauer- ausscheidern 418, 817. Merkblätter über Seuchen 412. Mesenterialdrüsen, Ruhrbacillen in 913; Typhusbacillen in 780, 781. Mesothorium, Wirkung auf Tumor- zellen 371. Metakalin, Desinfektionswirkung 487. Metalle, gediegene und kolloide als Desinfektionsmittel 468, 575. 5 1186 Metallinstrumente, Sterilisierung 528. Metallverbindungen, Wirkung auf | Tumorzellen 371. Metatyphus (Mandelbaum) 797. Methode, optische 137. — refraktometrische 141. — viskosimetrische 142. Methylenblau zur Färbung des Milzbrandbacillus 589, 592, 593, von Phagocytosepräparaten 152; Verwen- dung zur Beurteilung der Bakteri- zidie 59; Wirkung bei Malaria 363, bei Trypanosomiasis 366; Beein- flussung durch Ruhrbaeillen 931; präzipitierende Antisera gegen 285. Methylalkohol, Desinfektionswir- kung 477. Methyljodid, Anwendung bei Ty- phusbaeillendauerausscheidern 817. Methylviolett, Desinfektionswirkung 4. Micrococcus melitensis s. „Malta- fieberkokken“. —neoformans, ätiolog. zu Geschwülsten 217. Mikrapipette für Epiphaninreaktion 128. Mikroskop, Agglutinationsbeurteilung durch 12. Beziehung Milch als Infektionsquelle für: Para- | typhus 1028, 1075; Ruhr 975; Ty- phus 816, 824. — als Nährboden für: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Milzbrandbacillus 601, 602, 618; Paratyphusbacillus A 1139, B 1015; Ruhrbacillus Typus Shiga- Kruse 918, Typ. Flexner 922; Ty- phusbacillus 725. — biologische Eiweißdifferenzierung 258, 271; Differenzierung durch Komple- mentbindung 93, 9. — Sterilisierung durch ultraviolettes Licht 458. — Vorkommen von Milzbrandbacillen in 644, von Agglutininen 26, von Ty- phusagglutininen 849. — Nachweis von Verfälschungen durch Komplementbindungsreaktion 92. ae von Infektionen durch Miliartuberkulose, Typhusagglu- tinine bei 845. Milz, Ruhrbaeillen in 913; Typhus- bacillen in 780, 781; Verhalten bei Mäusetyphusinfektion 1088. — Beziehungen zum Tumorwachstum 202; als Immunisierungsmaterial gegen Tumoren 197. Milzbrand, Geschichtliches 583; geogr. Verbreitung 584; örtl. u. zeitl. Vorkommen 585; Vorkommen bei den einzelnen Tierarten 586, 619; Aetiologie 587; individuelle Resi- stenz 622; Infektionsmodus 632; Ver- Sachregister. lauf der experim. Infektion 636; beim Menschen 650; Krankbeits- formen und -verlauf 651; Obduk- tionsbefunde 654; Diagnose 655; Serodiagnose 103, 659; Prophylaxe und Therapie 661, Chemotherapie 369; Schutz- und Heilimpfungsver- fahren 691; Typhus 777. Milzbrandbacillus 587; Morpho- logie 589, 629; Kapselbildung 590; kulturelles Verhalten 596, 601; Varietätenbildung 602; Sporenbil- dung 588, 595, 603, 608; asporogene Stämme 609; Resistenz 612—618; Pathogenität 619; Virulenz 626, Ab- schwächungsmethoden 627; Wir- kungsweise im Tierkörper 638; Toxinbildung 639; Verbreitung inner- halb des Tierkörpers 642; Ausschei- dung 644; Uebertragung unter natürl. Verhältnissen 646; Differentialdia- gnose 658. Milzbrand-Immunität, natürliche 665; erworbene 671; passive 678. ı Milzbrandkadaver, Vernichtung 661, 662. Milzbrandkarbunkel beim Rind 652, beim Menschen 655. ı Milzbrandserum 678; Gewinnung 681; Wirkungsweise 683; Wertbe- stimmung 680; Anwendung zu Schutz- und Heilzwecken 696. Milzbrandsporen als Desinfektions- testobjekte 445, 612. Milzemulsionen, Einfluß auf Milz- brandinfektion 622. Milzexstirpation, Einfl. auf Milz- brandempfänglichkeit 624. Milzpunktion, diagnostische bei Ty- phus 767. Mischinfektionen, Ägglutinations- reaktion bei 29; bei Typhus 777. Mischvaceins bei spezif. Bakterio- therapie 160, 163. Mitagglutination 4, 19, 21, 23, 28. Mohn, serobiologisches Verhalten 284. Möllersches Verfahren der Milz- brandsporenfärbung 607. Morbicid, Desinfektionswirkung 480. Morphin, Desinfektionswirkung 490. Mucinnährböden, Wachstum des Milzbrandbacillus 597. Muscheln als Infektionsquelle für Typhus 825; für Paratyphus 1032. Mutationen beim Typhusbacillus 794; bei Ruhrbaeillen 931; des ag- glutinatorischen Apparates der Bak- terien 24. Mutative Festigung von Parasiten gegen Arzneimittel 351. ne fungoides, Chemotherapie Myxosarkome, Versuche der Ueber- tragung auf Tiere 170. Mischinfektionen mit Sachregister. N. Nähragar, -bouillon usw. „Agar“, „Bouillon“ usw. Nährstoff Heyden, Prüfung mittels Präzipitinreaktion 311. Nahrungseiweiß, Differenzierung durch Komplementbindungsreaktion 93, durch Präzipitinreaktion 277. Nahrungsmittel als Infektions- quellen für: Paratyphus 1028; Ruhr 975; Typhus 824. — Anwendung der biolog. Eiweißdif- ferenzierung bei Kontrolle der 260, 307; Bedeutung der Typhusbacillen- dauerausscheider für N.-Betriebe 816; Verhütung von Infektionen durch 433. siehe ı Nitritbildung 1187 Nickelsalze, Desinfektionswirkung 472. Nieren, Ausscheidung von: Milz- brandbacillen 644; Paratyphusbacil- len 1056; Typhusbaecillen 768, 780. Nigrosinagar, Wachstum des Ty- phusbacillus 730. durch Paratyphus- bacillus 1018. Nöggerathsches Farbengemisch, Verhalten des Typhusbacillus 730. Noma, Typhusbacillen bei 776 | Normal-Agglutinine 22. Nahtmaterial, Sterilisierung des chi- | rurgischen 529. Naphthalinpräparate, tionswirkung 489. ß-Naphthol, Wirkung bei Typhus 368. Desinfek- ‚Naphthoxol, Desinfektionswirkung 476. Narkose, Einfluß auf Milzbrand- empfänglichkeit 625. Natriumhydroxyd, Desinfektions- wirkung 472. Natriumhypochlorit, Trinkwasser- sterilisation durch 425. Natrium salieylicum, Anwendung bei Typhusbacillendauerausscheidern 418, 817. Natriumsuperoxd, Trinkwasser- sterilisation durch 426. Naturhonig, biologische Prüfung durch Präzipitine 311. Neben- und HauptagglJutinine 19, 21; bei Wirkung der Ruhrim- munsera 949. Nebennieren, Veränderungen bei Paratyphus 1024. Nebenhoden, Entzündung durch Typhusbacillen 774, 775. Nematoden, Zusammentreffen mit Geschwülsten 221. Neosalvarsan, Anwendung bei Sy- philis und Frambösie 367, bei Try- panosomiasis 365, bei Rückfallfieber und Hühnerspironemosis 367. Nephritis bei Ruhr 911. Neuritis bei Ruhr 911. Neurotropie von Heilmitteln 339. Neutralrotagar, Verhalten von: Paratyphusbacillus A 1139, B 1019; Ruhrbacillus Shiga-Kruse 918, Flex- ner 922; Typhusbacillus 728. Neutralrotmilchzuckeragar, Wachstum des Typhusbacillus 740. Neutralrottraubenzuckerbouil- l 2 2 ‚ Wachstum des Typhusbacillus 729. N au s ralsalze, Desinfektionswirkung 73: Normal-Gewebe, Immunisierung gegen Tumoren mit 197. Normal-Hämolysine, Verwendung bei Komplementbindungsreaktion 75. Normallösung Maaßen, Verhalten der Typhus- und Colibakterien in ( Normalsera, opsonischer Index 154. Notschlachtungen, Fleischvergif- tungen nach 1045. Novojodin, Desinfektionswirkung 482. Nukleinsäure, Desinfektionswirkung 491. Nukleoproteide, Verhalten bei Tu- moren 228. Nutrizeptoren der Zellen (Ehrlich) 192, 339. Nutrosenährböden, Wachstum von: Milzbrandbacillen 602; Paratyphus- bacillen 1016; Ruhrbacillen 928; Ty- phusbacillen 727. 0. Obduktionsbefunde bei: Milz- brand 654, 655; Paratyphus 1076, 1143; -Typhus 778, 780; Ruhr 912. Oberflächenspannung, Nachweis der Veränderung durch Meiostagmin- reaktion 125, 133. Oberflächenwasser, Reinigung 423. Obst, als Infektionsquelle für Ty- phus 826. Ochsenfleisch, Fleischvergiftungen durch 1041. Office internationale d’Hy- giene Publique 384. Oele als Lösungsmittel für Desinfi- zientien 451; ätherische als Desin- fektionsmittel 491. Olivenöl, Nachweis von Verfälsch- ungen durch Präzipitinreaktion 313. Olpidium Dicksonü 217. Omorol, Anwendung bei Typhusba- cillendauerausscheidern 817. Operationsfeld, Desinfektion 531. Operationshandschuhe, Sterili- sierung 537. Ophthalmoreaktion bei Typhus 861. 75* 1188 Opsonine als Maßstab für die spezi- fische Bakteriotherapie 143; Tech- nik der Versuche 148. — bei: Paratyphus 1069; Ruhr 934, 955; Typhus 859. OÖrceinagar, Wachstum des Ty- phusbacillus 730, des Paratyphusba- cillus 1019. OÖrchitis durch Typhusbacillen 774, ((d ganextrakte, hämolyt. Wirkung 103. OÖrganotropie der Heilmittel 338, 399. Örgansäfte, Einfluß auf Milzbrand- infektion 622. OÖrganspezifizität der mentbindungsreaktion 95; der biolog. Eiweißpräzipitine 266. OÖrientbeule, Chemotherapie 364. Orthotyphus (Mandelbaum) 797. un Ir OÖsteomyelitis durch Typhusbacillen | ((d. Otitis media durch Typhusbacillen 776. Ovarialecarcinome, Uebertragung auf Tiere 171. Ovarialeysten, Typhusbaeillen in 776. Oxalsäure, Desinfektionswirkung 474. OÖxydationsmittel, Desinfektions- wirkung 475. OÖxygenozeptoren der Blutkörper- chen 344. Ozon als Desinfektionsmittel 492; Trink wassersterilisation Wirkung auf Milzbrandsporen 615. 1 Padlewski-Agar, Wachstum von: Paratyphusbacillus 1018; Ruhrbaeil- len 926; Typhusbacillus 753. Palladiumverbindungen, bakte- | rizide Wirkung 471. Pankreatin, Differenzierung durch Komplementbindung 9. Papageienenteritis, 1090. infektiöse Papageienpestbacillus s. „Psit- takosebacillus“. | Papayotin, Differenzierung durch Komplementbindung 95. Papierröllchen, Anwendung bei Milzbranddiagnose 657. Parabiose, Einfluß auf Geschwulst- Immunität 199. Parachlorphenol, wirkung 488. Parachlorsalol, kung 489. Paragglutination (Kuhn, meister & Woithe) 23. Desinfektions- Desinfektionswir- Gilde- Komple- | Sachregister. Pararuhrbacillen (Deycke & Re- schad) 983; Differenzierung vom Typhusbaeillus 734. Parasitropie der Heilmittel 338, 359. Parafuchsin, Wirkung bei Trypa- nosomiasis 366. Paratyphus A, Geschichtliches 1136; Häufigkeit 1137; Epidemiologie 1140; klinische Erscheinungen 1141; bak- teriologisch-serologische Diagnose, Ob- duktionsbefunde 1143. ı Paratyphus B, Geschichtliches 1005; Versuche der | durch 426; | Paralysol, Desinfektionswirkung 487. | Para-Parisol, Desinfektionswirkung | 480. Häufigkeit 1009; Erreger 1013; Epi- demiologie 1028. — Uebertragung durch: Milch-, Va- nille-, Mehl- und Eierspeisen 1028; Milch 1029; Kartoffelsalat, Konser- ven 1030; Fischspeisen, Käse 1031: andere Nahrungsmittel 1032; Kon- taktinfektion 1032; Wasser 1034; Gebrauchsgegenstände 1035. — Klinische Erscheinungen und Ver- lauf 1049; Pathogenese 1049; ty- phöse Form 1050; gastrointestinale Form 1054; choleraähnliche Form 1057; Paratyphus levissimus 1059; Sekundär- u. Mischinfektionen 777, 1059; Dauer, Rezidive, Rekonvale- szenz 1062; Bacillenträger u. Dauer- ausscheider 1064. — bakteriol.-serolog. Diagnose mittels: Züchtungsverfahren 1066 ; Gruber- Widalscher Reaktion 847, 1067; Prü- fung auf Bakteriolysine 62, 67, 1068; Komplementbindung, Präzipitinreak- tion, Opsonine und Bakteriotropine 1069; Mortalität und Obduktionsbe- funde 1076. Paratyphus C 1130. Paratyphusbacillus, Typ. A: Morphologie u. Kultur 1138; Toxin- bildung und Pathogenität 1139; Ag- glutination 1140. — Typ. B: Morphologie 1013; kul- turelles Verhalten 1014, 1044; Ag- glutination 12, 22,7 24, 27 8A 1019; spezif. Bakteriolyse 51, 52, 61, 62; Komplementbindung 102; Re- sistenz 1021, 1044; Pathogenität u. Virulenz 1023, 1044, 1126; Toxin- bildung 1026, 1045. —als Erreger der: gastrointestinalen Form der Fleischvergiftungen 1036, 1043; lokaler Entzündungen mit u. ohne Bakteriämie oder Sepsis 1059. — sekund. Vorkommen bei nicht spezi- fisch Erkrankten 1060; Verbreitung im menschlichen Körper 1063; Ubi- quitätsfrage 1069. — Vorkommen: im gesunden Tier 1071; im Wasser 1073; in Schlachtpro- dukten 1074; in der Milch 1075; im Körper gesunder Menschen 1076. EEE EEE EEE ZA EEE EN. ne . a a var Au; Pen‘ Sachregister. Paratyphusbaeillus, Differenzie- rung vom Typhusbaeillus 734, 741, 744; Beziehungen zum Bae. enteritidis Gärtner 1119. — Typ. C 1130. —paratyphusähnliche Bacillen (Varietäten) 1130; mit positiver In- dolreaktion 1131; ohne Trauben- 1189 | Pferd, Empfänglichkeit für: Mäuse- zuckervergärung 1131; als Krank- | heitserreger beim Menschen 1132; der Coligruppe nahestehend 1135; typhusbacillen 1088; Milzbrandbaeil- len 586, 652; Ruhrgifte 937, 938. en: gegen Ruhr 959, 960, 62. — Komplementgewinnung beim 55; Ge- winnung bakteriolytischer Immun- sera 61. — Vorkommen von Paratyphusbaeillen beim gesunden 1072. | Pferdeblut, Verwendung zur Kom- dem Typhusbaeillus nahestehend 1133. | Paratyphusdiagnostikum nach | Ficker 26. Parotitis durch Typhusbacillen 776. Pasteurs Milzbrandimmunisierungs- Verfahren 671, 690. Pathogenität s. „Tierpathogenität“. Paukenhöhle, Typhusbacillen in 776. Pellagra, Salvarsananwendung bei 370. Pelzarbeiter, Milzbranderkrankun- gen der 650. Pemphigus, Salvarsananwendung bei 370. Pentosen bei Carcinom 228. Pepsin, Nachweis komplementbinden- der Antikörper bei Immunisierung mit 96; Wirkung auf Milzbrand- bacillen 619, aut präzipitable Sub- durch Ruhrbacillen 910; stanz bei biologischer Eiweißdifferen- | zierung 305. Pepton, Prüfung mittels Präzipitin- reaktion 311. Peptonlösung, Wachstum von: Milz- brandbacillus 597: Ruhrbacillus Shi- ga-Kruse 917, Flexner 921, Y 922. Pergenol, Perhydrol,Desinfektionswirkung 475. plementbindungsreaktion 76; Diffe- renzierung durch Präzipitine 258. Pferdefleisch, Fleischvergiftungen durch 1041; biologischer Nachweis durch Komplementbindungsreaktion 93, durch Präzipitinreaktion 259, 260, 308. Pferdetumoren, 174. Pferdetyphus 837. Pflanzenantigene, bindung durch 96. Phagocytose im Pfeifferschen Ver- such 51; bei normalen und immuni- sierten Menschen 144, 153; bei Milzbrandimmunität 666, 684. Phase, Bedeutung der negativen für Bakteriotherapie 156. Phenantrenröhrchen zur Prü- fung von Dampfdesinfektionsappara- ten 514. Phenol, Desinfektionswirkung 483, 976; Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Uebertragbarkeit Komplement- ' Phenolbildung durch Typhusbaecil- ı Phenolkochsalzlösung, Desinfektionswirkung 476. | Phenokollchlorid, Pericardialflüssigkeit, Typhus- agglutinine in 849. Peritonealexsudat, Typhusagglu- tinine in 849. Peritonealhöhle, bakteriolyt. Ver- suche in 47. Peritonitis durch Typhusbacillen ‘76; Verhalten des opsonischen In- dex bei tuberkulöser 155. Peroxole, Desinfektionswirkung 4798. Persulfate, Desinfektionswirkung 475. Pest, Abwehr 381; Serodiagnose d. Komplementbindung 103; Woh- nungsdesinfektion bei 520. Pestbacillen, Agglutination 10, 24; spezif. Bakteriolyse 50; Verwendung zu Phagocytoseversuchen 149; Prä- zipitinreaktion 258. Pettenkofersche Bodentheorie für Typhus 804. PfaundlerscheFadenreaktionbei Typhus 857. Pfeifferscher Versuch 44, 46, 61; bei Typhus 839; bei Paratyphus 1068; bei Psittakose 1092; bei Ruhr 955. len 722. Auf- schwemmung von Bakterien in für Agglutinationszwecke 9. Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Phenolphthaleinnährböden, Wachstum des Typhusbacillus 730, 740. Phenostal,Desinfektionswirkung 488. Phenylarsine, parasitizide Wirkung 346. Phenylessigsäure, wirkung 489. Phosphate, Wirkung nationsreaktion 4. Phosphorsäure, kung 474. Phytopräzipitine 28). Pigmentbildung des bacillus 601. Pikrinsäure, 489. Pilgerverkehr, Verschleppung exo- tischer Seuchen durch 389. Pilze, serobiologisches Verhalten 284. Pilzkrankheiten, (Chemotherapie 369. Pinselfabriken, Milzbrandübertra- gung in 690. Plakanthrakozidine 668, 670. Desinfektions- bei Aggluti- Desinfektionswir- Milzbrand- Desinfektionswirkung 1190 Plasmodiophora brassicae als Geschwulsterreger 217. Platinchlorwasserstoffsäure, Desinfektionswirkung 471. Plattenversuch, bakterizider 53. Placenta, Uebergang von Milzbrand- bacillen durch 645; von Typhus- bacillen 778. Placentareiweiß, Verhalten bei Abderhaldens Dialysierverfahren 235. Pleuraexsudate, Agglutiningehalt 26; Typhusagglutinine in 849; Nach- weis von Typhusbacillen in 772; bakterizide Wirkung auf Milzbrand- bacillen 619; Verwendung zu Kom- plementbindungsversuchen 106. Pleurahöhle, bakteriolyt. Versuche | in 47. Plimmersche Körperchen beiTu- moren 217. Plurionen Ehrlichs 343. Pneumokokken, Agglutination 13, 24; Auflösung durch taurocholsaures Natrium 52; Verhalten gegenüber spezifischen Tropinen 145; als Se- kundärinfektionserreger bei Typhus 778. Pneumokokken-Infektionen, Chemotherapie 369. Pneumonie, Gruber-Widalsche Re- aktion bei 845; durch Typhusbaeillen uk Pocken, Salvarsananwendung bei 370; Wohnungsdesinfektion bei 520. Pockenschutzimpfung 4]5. Pökelwaren, biologische Eiweißdif- ferenzierung 309. Polfärbung bei Paratyphusbacillen 1014, bei Ruhrbacillen 916. Polkörner im Typhusbaeillus 720. Polleneiweiß,Differenzierung durch Komplementbindung 97, durch Prä- zipitinreaktion 276. Polytropie bei Heilmitteln 339. Polyvalenz agglutinierender Sera 19, 23; komplementbindender Sera 102. Porzellan-Emaillefarben für desinfizierende Wandanstriche 521. Präzipitinreaktion, biolog. Ei- weißdifferenzierung durch 257; Ver- suchstechnik 285; Anwendung in der gerichtsärztl. Praxis 300, bei der Fleischbeschau und Nahrungs- mittelkontrolle 307. — bei: Geschwülsten 230: Milzbrand 659, 689; Paratyphus 1069; Ruhr 953; Typhus 858. Preßsäfte, Typhusimmunisierung mit 367. Prodigiosuskulturen, auf Tumoren 223. Prognose, Bedeutung schen Index für die Wirkung des opsoni- 155: Sachregister. Prophylaxe, allgemeine der Infek- tionskrankheiten, Prinzip, Aufgaben und verschiedene Möglichkeiten 375; Abwehr exotischer Seuchen 380; Quarantänewesen 382; Seequarantä- nen 385; Sperr- und Quarantäne- maßnahmen zu Lande 388; Be- deutung des Warenverkehrs 389, des Pilgerverkehrs 389; Wirksamkeit u. Grenzen des internationalen Seuchen- schutzes 392. ı — Seuchenprophylaxe und -bekämpfung im Inland 397; Revisionssystem 397; Isolierung der Kranken 402; Beob- achtung der Angehörigen 406; Mei- dung der Infektionsgelegenheit 407; prakt. Durchführung der Maßnah- men und Organisation des öffentl. Sanitätsdienstes 410. — Bekämpfung der Infektionserreger innerhalb des empfänglichen oder infizierten Organismus 414, in Tieren als Verbreitern 419, in der unbe- lebten Natur 420. — gegen: Luftinfektion 420, Bodenin- fektion 422, Trinkwasserinfektion 422, Nahrungsmittelinfektionen 433; Beseitigung der Abfallstoffe 430; im täglichen Leben, in bestimmten Be- rufen usw. 436. Propylalkohol, kung 477. Desinfektionswir- ' Prostatitis durch Typhusbacillen 776. ' Pseudoglobulin, | Psittakosebaecillus, Protargol, Desinfektionswirkung 471; Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Proteinochromreaktion zur Dif- ferentialdiagn. zwischen Typhusba- cillus und Bact. coli 723; beim Para- typhusbaeillus 1018. Protozoen, ätiologische Beziehungen zu Geschwülsten 217. Protozoeninfektionen, Komple- mentbindungsreaktion bei 105; Che- motherapie 363. Pseudoagglutination von Bakte- TIen ab: Pseudodysenterie der Irren 902, 906. Differenzierung durch Präzipitinreaktion 270. Pseudomilzbrandbacillen 659. Pseudotuberkulose beim Meer- schweinchen durch Bakterien der Paratyphusgruppe 1093. Psittakose 1090. Bezieh. zum Paratyphusbacillus 1008; Morpholo- gie und kulturelles Verhalten 1092; Toxinbildung und Pathogenität 1093; Differenzierung vom Typhusbacillus 734. Psoriasis, 370. Puro, Prüfung durch Präzipitinreak- tion 311. Pustula maligna 650. Salvarsananwendung bei Sachregister. Pyoktanin, Desinfektionswirkung 490. Pyocyanase, Wirkung auf Milz- brandbacillen 616, auf Tumoren 224; Anwendung bei Meningokokken- u. Diphtheriebacillenträgern 418. Pyrieit, Desinfektionswirkung 473. Pyrokatechin, Desinfektionswirkung 489. Pyronin, kung 348. chemotherapeutische Wir- Q. Quarantänemaßnahmen, Ge- schichtliches 382; zur See 385; zu Lande 388. Quecksilber, Desinfektionswirkung 469; Wirkung bei Syphilis 367. Quecksilberjodid, Wirkung Tumorzellen 186. Quecksilberoxyzyanid, Desinfek- tionswirkung 470. Quellungserscheinungen bei ag- glutinierten Bakterien 13. Quellwasser, Beurteilung 423. auf R. Räbigers Färbung für Kapseln der Milzbrandbacillen 592. Radiumstrahlen als mittel 459; Wirkung sten 230. Raffinose, Beeinflussung durch Para- typhusbacillen 1015, 1139. Rassendifferenzierung durch Präzipitinreaktion 265, 276. Rasseneinflüsse bei Geschwulst- übertragung 189. F Desinfektions- bei Geschwül- Ratinbacillus 1114; Zugehörigkeit | zur Gärtner-Gruppe 1009; Differen- | Reviswrssystem be zierung vom Typhusbacillus 734. Ratte, Empfänglichkeit für: Fleisch- vergiftungsbakterien 1044, Mäuse- typhusbaeillen 1087, Milzbrandbacil- len 587, 620, Paratyphusbacillen 1084, Typhusbacillen 802. — Immunisierung gegen Milzbrand 673, 680; Typhusübertragung durch 829; Komplementgewinnung bei 55; Dif- ferenzierung des Bluteiweißes durch Komplementbindung 94; Versuche der Uebertragung menschl. Tumoren auf 169—171; Vorkommen von Para- typhusbacillen bei gesunden 1072. Rattengeschwülste, Uebertragbar- keit 175, 177; Impfausbeute 178. Rattenschädlinge, Bakterien der Paratyphusgruppe als 1114; Morpho- | Reagenzglasversuche, logie, kulturelles und serobiologisches | Verhalten 1115; Pathogenität 1116. | Rattenserum, Wirkung auf Milz- brandbacillen 618. | Rindfleisch, Raubtiere, Erkrankung an Milzbrand | 587. 1191 Räucherwaren, spezifische Eiweiß- differenzierung in 260; Paratyphus- bacillen in 1022. Reagenzglasgestelle für Präzipi- tinversuche 294. bakterio- lytische 52, 54; bei Typhus 841. Reagenzpapiere, agglutinierende nach Jakobsthal 20. Reaktion der Nährmedien, Einfluß auf Wachstum von: Milzbrandbacil- len 597: Paratyphusbaeillen 1014; Ruhrbacillen 916; Typhusbaeillen 720. —Gruber-Widalsche =. Widalsche Reaktion“. RKeduktionswirkungen des Milz- brandbacillus 601, des Typhusbaeillus 728. Regenwürmer, Milzbrandverbreitung durch 646. Reichs-Seuchengesetz, Deutsches 382. Reis, serobiologisches Verhalten 283. Rekonvalezenz, Infektiosität Ty- phuskranker in der 806. „Gruber - Rektoskop, Auffindung von Ruhr- geschwüren durch 981. Renntiere, Erkrankung an brand 621. Resistenz von: Bac. enteritidis Gärt. 1109; Fleischvergiftungsbakterien 1044; Kälberruhrbakterien 1099; Milzbrand- bacillen 612, 631; Paratyphusbacil- len 1021, 1044; Ruhrbaeillus Shiga- Kruse 919, der giftarmen Typen 924; Schweinepestbacillen 1083; Typhus- bacillen 822, 823, 827. Resorcin, Desinfektionswirkung 489. Respirationsorgane, Nachweis von Typhusbacillen in den 771. i Seuchenbe- Milz- kämpfung ım Inland 397. Rezeptoren, Spezifizität 1. Rhamnose, Beeinflussung durch Para- typhusbacillus 1017; Ruhrbaeillus Strong 923. Rhizopoden, ätiolog. Beziehung zu Geschwülsten 217. Rhodanate, Desinfektionswirkung 474. Ricinussamen, serobiologisches Ver- halten 283. Rieselfelder 432. Rind, Empfänglichkeit für Milzbrand- bacillen 586, 651, für Typhusbaeil- len 802, für Gärtnerbacillen 1110; Immunisierung gegen Milzbrand 681; Vorkommen von Paratyphusbacillen beim gesunden 1071. Rinderblut, Verwendung zu Kom- plementbindungsversuchen 74. Fleischvergiftungen durch 1041. Rindergalle, Anreicherung von Ty- phusbacillen aus Blut in 761. 1192 Roborat, serobiologisches Verhalten 284. TE 3 Roggen, serobiologisches Verhalten 283. Rohlysoform, Desinfektionswirkung 484. Rohkresol,Desinfektionswirkung 480, 525. Rohrzucker, Beeinflussung des Milz- brandbacillus 597, des Paratyphus- bacillus A 1139, B 1016. Romanowski-Färbung für Milz- brandbacillen 593. Röntgenstrahlen als Desinfektions- mittel 459. Roseolen, Züchtung des Typhusba- eillus aus 766. Rosolsäure-Nährböden für Ty- phusbaeillen 730, 757. Roßhaarspinnereien, Milzbrand- übertragung durch 648, 650, 669. Rostbildung, Einfluß auf präzipi- table Substanz bei biologischer Ei- weißdifferenzierung 306. Rotlauf, Chemotherapie 369. Rotwild, Erkrankungen an Milzbrand 986. Rotz, Serodiagnostik durch Komple- mentbindung 98, 107; Chemothera- pie 369. Rotzbacillen, Herstellung gleich- mäßiger Suspensionen für Agglutina- tionszwecke 9; Agglutination 12, 21, 24; Verwendung zu Phagocytosever- suchen 149; Präzipitinreaktion 258. Rückfallfieber. Chemotherapie 367; Wohnungsdesinfektion bei 520; Misch- infektion mit Typhus 777. Ruhr, Geschichtliches 899; Aetiologie 904; Verbreitung 905; klin. Verlauf 907; Obduktionsbefunde 912; gleich- zeitiges Vorkommen mit Typhus 911; Prognose 912; Serumtherapie 963; Epidemiologie 969; Prophylaxe und Bekämpfung 978; Wohnungs- desinfektion bei 520. Ruhrbacillen, ätiologische Bedeu- tung 904; Agglutination 12, 14, 21, 24, 948, 949; spezif. Bakteriolyse 61; bakteriol. Nachweis 924; Dif- ferentialdiagnose 926, durch Serum- reaktionen 932, gegen Typhusbacillus ‘34; Tierversuche, Toxinbildung 935. — Typ. Shiga-Kruse, Morphologie und allgem. Verhalten 914; Beweg- lichkeit, Geißeln 915; kulturelles Ver- halten 916; Resistenz 919. —giftarme Typen 921; Resistenz 924; Typ. Flexner 921; Typ. Y 922; | Typ. Strong 923. Ruhr-Immunität 946; Agglutina- tionsreaktion 947; Präzipitinreaktion 953; bakterizide Substanzen 954; Bakteriotropine und ÖOpsonine 955; komplementbindende Stoffe 956; Sachregister. Anaphylaxie 956; Antitoxine 957; aktive Immunisierung 958; Schutz- impfungen des Menschen 962. _ Ruhrsera, Heilwirkung 963; Wert- bemessung 967; polyvalente 967. S. Saccharose, Beeinflussung durch: Paratyphusbacillen 1017; Ruhrbacil- len 927: Typ. Shiga-Kruse 918, Typ. Flexner 92, Typ: Y 93, Typ: Strong 923. Safranin, Beeinflussung durch Ruhr- bacillen 931; Wirkung bei Trypano- somiasis 366; bei Färbung des Milz- brandbacillus 592. Safranin-Malachitgrün-Rein- blau-Lösungen, Verhalten der Paratyphusbacillen 1019. Safranin-Reinblauagar, Wachs- tum des Typhusbaeillus 729. Sahne, als Infektionsquelle für Ty- phus 825, für Paratyphus 1029. Salat, Verhütung von Infektionen durch 434. Saligenin, Desinfektionswirkung 480. Salicylsäure, Desinfektionswirkung 489. Salol, Desinfektionswirkung 489. Salpetersäure, Desinfektionswirkung 474, 475. Salpingitis 776. Salufer, Desinfektionswirkung 473. Salvarsan, Wirkung bei: Malaria, Orientbeule 364; Trypanosomiasis 365; Syphilis, Frambösie, Rückfall- fieber, Hühnerspironemosis, Angina Vincenti, Ulcus tropicum367 ; Amöben- ruhr 368: Milzbrand 369, 665; Rotz, Rotlauf, Pilzkrankheiten 369; Sand- floh, Brustseuche, Flecktyphus, Schar- lach, Anaemia splenica, Bantische Krankheit, Chorea minor, Pocken, Psoriasis, Lichen, Pemphigus, Pel- lagra, Gelbfieber 370. Salze, gallensaure, bakterizide Wir- kung 52. Salzgehalt der Medien, Bedeutung für Antigen-Antikörperreaktion 3, für Agglutinationsreaktion 4, für Bak- teriolyse 45. Salzsäure, Desinfektionswirkung 474, 475; Wirkung auf Milzbrandsporen 616. Sammelmolkereien, Bedeutung für Epidemiologie des Typhus 824, des Paratyphus 1029; Infektion durch Typhusbacillendauerausscheider 816. Sanatol, Desinfektionswirkung 485. Sandfiltration von Trinkwasser 427. Sandfloh, Anwendung von Salvarsan gegen 370. andplattenfilter 429. andseife zur Hautdesinfektion 536. durch Typhusbacillen Y\ S S Sachregister. Sanitätsdienst, Organisation des öffentlichen bei Seuchenbekämpfung 410. Sanoform, Desinfektionswirkung 482. Sapoformol, Desinfektionswirkung 480. Sapokresol und Saposapol, Des- infektionswirkung 487. Saprol, Desinfektionswirkung 488. Saprophyten, Paratyphusbacillen als 1070. Sarkome, Wirkung der Erysipel- infektion auf 223; siehe auch „Ge- schwülste“. Sarzinen,Differenzierung durch Kom- plementbindung 102. Sattler, Milzbranderkrankungen 650. Sauerstoff, Einfluß auf Wachstum von: Milzbrandbacillus 596; Para- typhusbacillen 1014; Ruhrbacillen 916; Typhusbacillus 720; auf Milz- brandsporenbildung 603. —-Verbrauch der Bakterien als Kri- terium bei Prüfung bakterizider Sera 59. Säureagglutination von Bakterien 24. Säuren, Einfluß auf: Agglutinabili- tät der Bakterien 6; Komplement- bindung 85; präzipitable Substanz bei biologischer Eiweißdifferenzierung 305; Wachstum des Milzbrandbacil- lus 597. — als Desinfektionsmittel 474, 573. Säurefuchsin-Gelatine, Wachs- tum der Ruhrbacillen 926. Säurefuchsin-Indigokarmin- Traubenzuckeragar, Wachstum des Typhusbacillus 730, 740. Säurefuchsin-Malackitgrün- | agar (Kindborg), Wachstum Typhusbacillus 753. Schaf, Empfänglichkeit für Milzbrand 585, 620, 652; Immunisierung gegen Milzbrand 680. Scharlach, Komplementbindungs- reaktion bei 106: Salvarsananwendung bei 370; Wohnungdesinfektion bei 519, 520; Mischinfektion mit Ty- phus 777. Schichtprobe bei Milzbrand 660. Schiffe, Seuchenverschleppung durch 385, 397; Desinfektion 524. des | Schiffsärzte, Aufgaben bei Seuchen- | prophylaxe 393. Schilddrüse, Typhusbacillen in 776. Schinken, Fleischvergiftung durch 1041. Schlachttiere, Vorkommen von: Bac. enteritidis Gärtner 1113; Para- typhusbacillen 1008, 1026, 1041, 1045, 1046, 1074. ech lafkrankheit, Chemotherapie 65. Schlamm, Haltbarkeit von Typhus- bacillen in 822. 1193 Schleimbildung bacillen 1014. Schleimhäute, Desinfektion 531. Schlußdesinfektion bei Wohnungs- desinfektion 518. Schmalz, biologische Differenzierung durch Präzipitinreaktion 311. Schnellagglutination nach Gäht- gens 12. Schnellfilter, amerikanische für Wasserfiltration 430. Schnellimmunisierungsmethode nach Fornet & Müller, Tsuzuki 19, 29. Schuhmacher, Milzbranderkrankun- gen 650. Schule, 408, 439. Schütteln, Einfluß auf Agglutina- tion 13. Schüttelextrakte von Bakterien für Komplementbindungsreaktion 98. Schutzimpfung gegen Seuchen, Allgemeines 415; gegen Milzbrand 690, 699; Ruhr 962, 982; Typhus 968; Pocken 415. Schutzmasken gegen Pestinfektion 410. Schwangerschaft, Komplement- bindungsreaktion bei 96; Abderhal- der Paratyphus- Seuchenübertragung durch dens optische Methode 139; Epi- phaninreaktion 129. Schwefel, kolloider, Wirkung auf Tumorzellen 225, 371. Schwefelsäure, Desinfektionswir- kung 474. | Schwefelwasserstoff, Desinfek- tionswirkung 492; S.-Bildung durch: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Milz- brandbacillus 602; Paratyphusbacil- lus 1018; Typhusbaeillus 722. Schwein, Empfänglichkeit für: Bac. enteritidis Gärtner 1110; Fleischver- giftungsbakterien 1045; Milzbrand- bacillen 586, 620, 652, 654; Para- typhusbaeillen 1085; Immunisierung gegen Typhus 837; Häufigkeit des Vorkommens von Schweinepestbacil- len beim 1082, von Paratyphusba- cillen beim gesunden 1071. Schweineblut, Verwendung zur Komplementbindungsreaktion 79. Schweinefleisch, Fleischvergiftun- gen durch 1041. | Schweinepest, Serodiagnostik durch | Schwermetallsalze als Komplementbindung 103. Schweinepestbacillus 1081; Häu- fiskeit des Vorkommens beim Schwein 1082; Resistenz, Toxinbildung 1083; Pathogenität 1084. Schweinerotlauf s. „Rotlauf“. Schwemmekanalisation 431. Schwermetalle, Wirkung auf Tu- moren 225. Desinfek- tionsmittel 469, 574. 1194 Sediment, Beurteilung bei Agglu- tinationsreaktion 12, 14. Sedimentoskop nach Kuhn & Woi- the 12. Seefische, Paratyphusinfektionen durch 1031. Seequarantänen 38. Sehnenscheidenentzündungen bei Ruhr 910. Seidenfäden objekte 447. Seifen, Desinfektionswirkung 472. Seifenspiritus, Desinfektionswir- kung 478; Anwendung bei Hautdes- infektion 531, 534. Sekundärinfektionen bei Para- typhus 1059; beı Ruhr 910; beı Ty- phus 777. Selensalze, Wirkung auf Tumoren 224. Selterswasser, Verhütung von In- fektionen durch 434. Senföl, Desinfektionswirkung 491. Septikämie durch: Milzbrandbacil- len 637, 643, 654; Paratyphusbacil- len 1023; Ruhrbaeillen 913; Typhus- bacillen 778. Septoforma, 480. Serodiagnostik, spezifische mittels: Agglutination 3; Bakterizidie 44; Komplementbindung 72; physikali- scher bzw. physik.-chemischer Me- thoden 123. — bei: Milzbrand 659; Paratyphus 1067; Ruhr 932; Tumoren 230; Typhus 842. Serumfestigkeit bei pathog. Mikro- organismen, Bezieh. zur Chemo- therapie 340; Bedeutung bei bak- teriolytischen Versuchen 62. Serumgewinnung bei größeren Tieren 1157, 1165; Injektionstech- nik 1161; Blutentnahme 1164. Serumpapiere nach Jacobsthal 882. Serumtherapie bei: Milzbrand 696; Ruhr 910, 963, 981; Typhus 879. Serovaccination bei Milzbrand 693. Serumtrocknungfür:agglutinieren- de Sera 20; bakteriolytische Sera 61; hämolytische Sera 77. Seuchen, Abwehr exotischer 380, 392; Bekämpfung inländischer 397. Bone hengesetz, preußisches 382, 399. Sieb, therapeutisches (Ehrlich) 345. Signalthermometer zur Prüfung von Dampfdesinfektionsapparaten 514. Silber, Desinfektionswirkung 468, 475. Silbernitrat, Desinfektionswirkung 4<0; Wirkung auf: Milzbrandbacillen 615; auf Ruhrbacillen 921, 981. Si > ersalze,' Desinfektionswirkung IV, für Desinfektionstest- Desinfektionswirkung Sachregister. Simultanimpfung bei Milzbrand 693, bei Ruhr 963. Smilax officinalis, präzipitieren- de Antisera gegen 285. Sodalösung, Desinfektionswirkung 521, bei Sputumdesinfektion 525; Wirkung auf präzipitable Substanz bei biologischer Eiweißdifferenzierung, 305. Sojabohnen, serobiologisches Ver- halten 283. Solutol und Solveol, tionswirkung 487. Somatose, serobiologisches Verhalten 284. Sommerdiarrhöen der Kinder als Ruhrinfektionen 969. Sommerfrischen, Seuchenübertra- gung in 436, 438. Sonnenlicht, Desinfektionswirkung 457; Wirkung auf: Milzbrandbacillen 614, Ruhrbacillen 920, 924. Sozojodol, Desinfektionswirkung 482. Speichel, Typhusagglutinine im 849. Speicheldrüsennährböden für Milzbrandbacillen 597. Sperling, Empfänglichkeit für Milz- brandbacillen 621; Enteritiserkran- kung durch Bakterien der Paraty- phusgruppe 1102. Sperma, Differenzierung durch Kom- plementbindung 95, durch Präzipi- tinreaktion 269, 275. Spermageruch der 914 Desinfek- Ruhrkulturen Spezialnährböden für Typhusba- cillen 737; für Ruhrbacillen 918. Spezifizität der Antikörper 1; der Eiweißpräzipitine 261. Spirochäten als Krebserreger 219. Spondylitis typhosa 77. ' Spontanagglutination von Bak- terien 6, 8, 20. Spontantumoren bei ge- häuftes Auftreten 220. Sporenbildung beim Milzbrandba- cillus 588, 599, 603; beim Typhus- bacillus 720. Sporenfärbung beim Milzbrandba- eillus 607. Sporenmaterial als Testobjekt für Desinfektionsprüfungen 445. Sporotrichosis, Chemotherapie 369. Sporozoen als Geschwulsterreger 217. Sprayapparate für Wohnungsdesin- fektion 521. Spreader nach Wright 151. Sputum, Desinfektion 525; Nach- weis von Milzbrandbacillen 657, von Typhusbacillen 771. Stalagmometer, Anwendung bei Meiostagminreaktion 133. Ställe, Milzbrandinfektionen in 648; Desinfektion 527. Tieren, a Sachregister. Stammvaccins für Bakteriothera- pie 158, 164. Staphylokokken, Agglutination 24; Komplementbindung 102; Verhalten gegenüber Opsoninen und Tropinen 145, 148; als Antagonisten des Milz- brandbaeillus 617; als Sekundärinfek- tionserreger bei Typhus 777. Staphylokokkeninfektionen, Epiphaninreaktion bei 129; opsoni- scher Index bei 154; Bakteriothera- pie 158, 160, 163, 164. Staub als Infektionsquelle für Milz- brand 651, für Typhus 828; Verhü- tung der Staubentwickelung als Maß- nahme der Seuchenprophylaxe 421. Stauung, venöse, Einfluß auf Milz- brandempfänglichkeit 623. Stauungsödem, Verwendung zu Komplementbindungsversuchen 106. Sterilisation von Trinkwasser durch Kochen 423, durch Chemikalien 424. Stickoxyd, Desinfektionswirkung 492. Sticekstoffwasserstoffsäure, Desinfektionswirkung 475. Streptobacillus faecalis, Dif- ferenzierung durch Komplementbin- dung 102. Streptokokken, Agglutination 12, 21, 23, 24; Herstellung gleichmäßi- ger Suspensionen 8, 9; Komplement- bindung 102; Verh. gegenüber Opso- ninen 144; Präzipitinreaktion 258; als Antagonisten des Milzbrandba- eillus 617; als Sekundärinfektions- erreger bei Typhus 777. Streptokokkeninfektionen,Epi- | phaninreaktion bei 129; spezif. Bak- teriotherapie 161, 163, 164. Ströme, elektrische, Desinfektions- wirkung 459; Wirkung auf Milz- brandbacillen 615. Strontiumchlorid, Verwendung bei Epiphaninreaktion 126. Stückehenimpfungsmethode bei Geschwulstübertragung 177. Stuhl s. „Fäces“. Sublamin, Desinfektionswirkung 470. Sublimat, Desinfektionswirkung 469, 493; zur Desinfektion von Sputum und Wäsche 525, von Badewasser | Tabakrauch, 1195 Suprarenin, Wirkung auf Tumor- zellen 371. Synchytrium taraxaci und ane- mones als Geschwulsterreger 217. Syphilis, Epiphaninreaktion bei 129; Komplementbindungsreaktion bei 105, 107; Meiostagminreaktion bei 136; Chemotherapie 367. System, hämolytisches für Komple- mentbindungsreaktion 73, 74; Ein- stellung 798. 1 Desinfektionswirkung 491. Tachiol, Desinfektionswirkung 471; Trinkwassersterilisation durch 426. Tageslicht, Desinfektionswirkung 457; Wirkung auf Milzbrandbaeillen 615, auf Schweinepestbacillen 1083. Talsperrenwasser, Beurteilung 423. Tänienerkrankungen, Präzipitin- reaktion bei 280. Tannalbin, Wirkung bei Ruhr 921. Tannigen, Wirkung bei Ruhr 921. Tannin, Desinfektionswirkung 489; Wirkung auf Ruhrbacillen 924. Tanninalkohol, Hautdesinfektion durch 531. Tartarus stibiatus, trypanozide Wirkung 365; Wirkung bei Wurm- krankheit 370. Taube, Empfänglichkeit für: Bac. en- teritidis Gärtner 1110; Fleischver- giftungsbakterien 1044; Milzbrand- bacillus 621; Paratyphusbacillus A 1139, B 1025, 1084; Komplement- gewinnung bei 55. Taubenblut, Differenzierung durch Präzipitinreaktion 264. Taurocholsäure, bakterizide Wir- 425; Wirkung auf Milzbrandsporen 615, auf Ruhrbaecillen 921, auf Schweinepestbacillen 1083, auf Tu- morzellen 186, auf präzipitable Sub- stanz bei biologischer Eiweißdiffe- renzierung 305; Anwendung zur Fi- xierung von Phagocytosepräparaten 152; Anwendung intravenöser S.-In- jektionen als Heilmittel gegen In- fektionen 455. Suezkanal als Eintrittspforte exoti- scher Seuchen für Europa 387. Sufonin, Desinfektionswirkung 480. kung 52. Temperatur, Einfluß auf: Agglu- tinationsprozeß 13, 22, Komple- mentbindung 81, Geschwulstzellen 154, 186, Desinfektionskraft von Chemikalien 452, von Formaldehyd bei Wohnungsdesinfektion 503, Wachs- tum von Milzbrandbacillen 596, Para- typhusbacillen 1014, Ruhrbacillen 916, 921, Typhusbacillen 720, Milzbrand- sporenbildung 604. Tenesmus bei Ruhr 908. Teratome nach Implantation von Embryonalgeweben 213. Ternionen (Ehrlich) 192, 343. Terpentinöl, Desinfektionswirkung AN. Testmaterial für Desinfektionsver- suche 445, Zubereitung 447; Be- handlung während und nach der Desinfektion 449; für Prüfung von Dampfdesinfektionsapparaten 513. 1196 Thallin, Desinfektionswirkung 490. Thalliumkarbonat, Desinfektions- wirkung 472. Thanatol, Desinfektionswirkung 489. Therapia sterilisans magna Ehrlichs 361. Therapie für Milzbrand 664; für Typhusbacillendauerausscheider 809, 817. Thermometerpipetten 78. Thermopräzipitation bei brand 660. | Thiophendijodid, Desinfektionswir- kung 482. Thorsalze,Desinfektionswirkung 472, Thymol, Desinfektionswirkung 490; Wirkung auf Milzbrandsporen 615, bei Wurmkrankheit 370. Thymusextrakte, Einfluß auf Milz- brandinfektion 622. Tiefenwirkung von Desinfektions- mitteln im infizierten Organismus 155, von Dampf bei Dampfdesinfek- tion 512. Tier-Antigene, Komplementbindung durch 87. Tiere, Bekämpfung der Infektions- erreger im Innern der 419; Ueber- tragbarkeit menschlicher Geschwülste auf 168. — Immunisierung größerer 1157; In- jektionstechnik 1161; Blutentnahme 1164; Serumgewinnung 1165. Tierkadaver, Milzbrandverbreitung durch 646; Unschädlichmachung in- fektiöser 526. Tierpathogenität von: Bac. en- teritidis Gärtner 1110, 1126; Bac. nodulifaciens Langer 1101; Fleisch- vergiftungsbakterien 1044; Kälber- ruhrbakterien 1099 ; Mäusetyphusba- eillen 1087; Milzbrandbacillen 610, 619; Paratyphusbacillus A 1139; B 1023, 1044, 1126; Pseudotuberkel- bacillen der Meerschweinchen 1094; Psittakosebacillen 1093; Rattenbaeil- len 1116; Ruhrbacillen 935 ; Schweine- pestbacillen 1084; Typhusbacillen 798. Tierquarantänen 419. Tiertumoren s. „Geschwülste“. Tierversuche bei Milzbranddiagnose: 655, bei Ruhr 935. - Titerbestimmung bei: agglutinie- renden Seris 4, 20, 22; bakterio- Iytischen Seris 61; präzipitierenden Seris 292. E os mull, Fäkaliendesinfektion durch 926. Tou ssaint sche Methode der Milz- brandimmunisierung 671. Toxi nbildung bei: Bac. enteritidis Gärtner 1109; DBae. nodulifaciens Langer 1101; Fleischvergiftungsbak- terien 1045; Kälberruhrbaeillen 1099; Sachregister. Mäusetyphusbacillus 1087; Milz- brandbacillus 639; Paratyphusbaeil- lus A 1139, B 1026, 1045; Psitta- kosebacillus 1093; Ruhrbacillen 935; Schweinepestbaeillus 1083; Typhus- bacillus 863. Tramwagen, Desinfektion 523. ‚ Tränensekret, Typhusagglutinine in Milz- | | ı Traubenzucker 849. Transplantationen von Geschwül- sten auf fremde Species 168, auf gleiche Species 173; Material und Technik 176; Ausbeute 178. Transport von Infektionskranken 405. Transportwagen für Desinfektions- gut 517. Transsudate, Agglutiningehalt 26. als Ersatz für Kochsalz bei Agglutinationsreaktion 4 Traubenzuckernährböden, Wachstum von: Paratyphusbacillen 1016; paratyphusähnlichen Stämmen 1131; Ruhrbacillen 918; Typhusba- cillen 724, 726. Trial’tr1pr 148,153: Triaminophenazoxoniumchlo- A N d, chemotherapeutische Wirkung 2 IE 1 En inose, Epiphaninreaktion Trichloressigsäure, Desinfektions- wirkung 474. Triehosoma-Infektionen als Ur- sache von Geschwulstbildungen 221. Trinitrophenol, Desinfektionswir- kung 489. Trinkwasser als Infektionsquelle für: Milzbrand 648; Paratyphus 1034,1073; Ruhr 976; Typhus 821. — Sterilisierung durch Chemikalien 424, durch Kochen 423, durch Filtration 427, durch ultraviolettes Licht 458. — Verhütung von Infektionen durch 422. Tritonen, Empfänglichkeit für Milz- brandbacillen 622. Trocknung des Desinfektionsgutes nach Dampfdesinfektion 514; siehe auch „Eintrocknung“. Tröpfceheninfektion, Maßnahmen gegen 421. Tropfen, hängender, Beobachtung der Agglutination im 12, der Bak- teriolyse 50, 92. Tropine s. „Bakteriotropine“. Trüffelsaft, serobiologisches Ver- halten 284. Trypanblau, chemotherapeutische Wirkung 344, Anwendung bei Babe- siosis und Leishmaniosis 364, bei Trypanosomiasis 365. Trypanosomen, Agglutination 13. bei Sachregister. Trypanosomiasis, Chemotherapie 369. Trypanrot, Anwendung bei Babe- siosis und Leishmaniosis 364, bei Trypanosomiasis 369. Tryparosan, Wirkung bei Trypano- somiasis 366. Trypoflavin, chemotherapeut. Wir- kung 349. Trypozid, chemotherapeut. Wirkung 356. Trypsin, Wirkung auf Milzbrand- bacillen 619, auf Tumoren 224, auf präzipitable Substanz bei biologischer Eiweißdifferenzierung 305. -— Nachweis von komplementbindenden | Antikörpern bei Immunisierung mit 96. Tuberkelbacillen, Herstell. gleich- mäßiger Suspensionen 8; Agglutina- tion 10, 24; Komplementbindung 102; Verhalten gegen Bakteriotropine und Opsonine 145, 148 Tuberkulin, Anwendung bei Kom- plementbindungsversuchen 98. Tuberkulose, Serodiagnostik durch Komplementbindung 98, 103, 106, 107 ; Epiphaninreaktion bei 129; Meiostagminreaktion bei 135; opso- | nischer Index bei 154; Chemothera- pie 369; Wohnungsdesinfektion bei 520; Mischinfektion mit Typhus 777; Agglutinationswirkung des Kranken- serums auf Typhusbacillen 845. Tuberkulosevaccins für spezif. Bakteriotherapie 163. Tumoren s. „Geschwülste‘“. Tusche, Sterilisierung 531; Fixie- rung agglutinierter Bakterienhäuf- chen durch 14. Typhus, Geschichtliches 717; Auf- fassung vom bakteriologischen Stand- punkt 780: Epidemiologie 803; In- fektionsquellen 805; Uebertragungs- wege 819; Bedeutung des Bodens und der Luft 827, der Fliegen 828; Misch- und Sekundärinfektionen 777; Befunde bei atypischen Fällen 778; placentare Uebertragung 778. — Serodiagnose mittels Agglutination 847, Komplementbindung 103, Bak- terizidie 64—66, tion 136. — Wohnungsdesinfektion bei 520. — Chemotherapie 368; Serumtherapie 879; Schutzimpfung 868. —ambulatorius 818. Typhusbacillus, Morphologie und Färbbarkeit 718; Beweglichkeit 719; Geißeln und Kapselbildung 720; kulturelles Verhalten 720; spezielle | differentialdiagnost. Merkmale 722, 732; Züchtung aus Fäces 735, 757; Vorkommen und Nachweis im zir- kulierenden Blut 759, im ‚Harn 768, Meiostagminreak- | 1197 in den Respirationsorganen 771, in den Roseolen 766; diagnost. Milz- punktion 766; Vorkommen in den Gallenwegen 772; als Erreger meta- statischer Eiterungen und Entzün- dungen 774; Mutationen 794; Iden- tifizierung durch Agglutination 850; Tierpathogenität 798. Typhusdiagnostikum nach Ficker 26. . Typhushäuser 316. Typhus-Immunität 837; erwor- bene 839; Agglutinine 12, 14, 22, 24, 27, 842; Bakteriolysine 48, 50, 51, 61, 62, 839; Pfaundlersche Fa- denreaktion 857; Komplementbin- dungsreaktion 102, 861; Präzipitin- reaktion 58, 858; Konglutinations- reaktion 857; Opsonine 859; Meio- stagminreaktion 860; Ophthalmo- reaktion 861; Kutireaktion 861; Ana- phylaxie 863; Antitoxine 863; Bil- dung der Immunsubstanzen u. We- sen der Immunität 864; Typhus- impfstoffe 866; prophylaktische Im- pfungen beim Menschen 868, thera- peutische 875; Vererbung 882. Typhusserum 877; Konservierung 881; Anwendung beim Menschen 879. Typhusvaceins für spez. Bakterio- therapie 163. U. Ueberchlorsäure, Desinfektionswir- kung 474. Ueberempfindlichkeit s. „Ana- phylaxie“. Ueberschwefelsäure, Desinfek- tionswirkung 475. Uebertragungswege des Typhus 819. Ubiquitätsfrage für Paratyphus- bacillen 1069. Ulzerationen, Andsiedlung des Ty- phusbacillus auf 775. Uleus tropicum, Salvarsantherapie 367. Ultraviolettes Licht, Desinfek- tionswirkung 457. Unionen (Ehrlich) 191, 343. Universal-Dampfdesinfektions- apparat nach Rubner 515; Bücher- desinfektion im 523. Untersuchungsanstalten, bakte- für Seuchenbekämpfung 401. Urethanchinin, Wirkung bei Ma- laria 363. Urethritis bei Ruhr 910. Umine s2 0, Earn: Urotropin, Anwendung bei Dauer- ausscheidung von Typhusbacillen d. den Harn 417, 809; Wirkung auf Ruhrbaeillen 924. 1198 Urticaria bei Ruhr 911. ı Uveaeiweiß, Verhalten bei Epipha- ninreaktion 129. \E Vaccins, autogene für Bakteriothera- pie 158. Vanillespeisen, Paratyphuserkran- kungen durch 1028. Vakuumdesinfektionsapparate 515, 516; für Bücherdesifektion 523. Vaccinationstherapie s. „Bakte- riotherapie“, Variationen des agglutinatorischen Apparates der Bakterien 24. Varietäten des Milzbrandbacillus 596, 602; des Paratyphusbaeillus 1130; der Ruhrbaecillen 928. Variola, Einfluß des Lichtes auf 459. Vasogene als Desinfektionsmittel 477. Verbandstoffe, Sterilisierung 530. Verbrennungsöfen für Tierkada- ver, Abfälle usw. 517. Vererbung der Milzbrandinfektion 645; der Typhusimmunität 882. Versendung milzbrandverdächtigen Materials 657. Versuch, Castellanischer s. „OCa- stellanischer Versuch“. — Pfeifferscher s. „Pfeifferscher Ver- such“. Verwandtschaftsreaktionen bei | biologischer Eiweißdifferenzierung 259, 261. Vesikatorflüssigkeit, Agglutinin- gehalt 26. Vesuvin, Beeinflussung durch Ruhr- bacillen 931; präzipitierende Anti- sera gegen 28). Vibrionen, Agglutination 24, mentbindung 102. durch Komple- reaktion 127. Virulenz der Kulturen für Pfeiffer- schen Versuch 48, 62, für bakteri- zide Reagenzglasversuche 56; des Milzbrandbacillus 610, 626; künst- liche Abschwächung 627; des Ty- phusbacillus 798; der Paratyphusba- cillen 1023, 1044, 1126; der Ruhr- bacillen 935. Viskosität, Messung der 142. Vögel s. „Geflügel“. Vogeleier, Differenzierung der Ei- weißkörper durch Präzipitine 266. Volks- und Schulbäder als Mittel der Seuchenprophylaxe 407. = ersuch für Phagocytoseversuche 53: Vorwärmung des Desinfektionsgutes vor Dampfdesinfektion 515. Differenzierung durch Viergläserversuch bei Epiphanin- Widalsche Reaktion =. Sachregister. W. Wachstumsbegünstigun Tumoren 209. Zi: Wandanstriche, desinfizierende 521. Wände, Desinfektion 521. Wa Dr en, Typhusübertragung durch bei Warenverkehr ‚ Verschleppung exo- tischer Seuchen durch 389. Wärmeschutzmantel für Dampf- desinfektionsapparate 515. Wäsche, Seuchenverbreitung durch 389, 437; als Infektionsquelle für Ruhr 968; Desinfektion bei Tuber- kulose 525; Desinfektionsapparate nach Rietschel & Henneberg für 517. Wasser, Vorkommen, Verbreitung u. Nachweis von: Bac. enteritidis Gärt. 1113; Paratyphusbacillen 1034, 1073, 1113; Milzbrandbaeillen 648, 658; Ruhrbaeillen 919, 924, 976; Typhus- bacillen 821; Verhütung von Infek- tionen durch 422; s. auch ‚„Trink- wasser“. Wasserdampf als Desinfektionsmit- tel 462; Wirkung auf Milzbrand- sporen 614. Wasserstoffsuperoxyd, Desin- fektionswirkung 475; Trinkwasser- sterilisation durch 426; Wirkung auf Milzbrandsporen 615; Anwendung bei Meningokokken- und Diphtherie- bacillenträgern 417. Wasserversorgung, Ueberwachung zu Epidemiezeiten 422. Weichtiere als Infektionsquellen für Typhus 825, für Paratyphus 1032. Weilsche Krankheit, Gruber-Wi- dalsche Reaktion bei 845. Wein, Haltbarkeit des Typhusbaeil- lus in 826. Weizen, serobiologisches 283, 284 Verhalten „Gruber- Widalsche Reaktion“. Wild, Erkrankung an Milzbrand 586, 621; Fleischvergiftungen durch 1041. Wismutsalze, Desinfektionswirkung, 482. Wohnung, Seuchenübertragung durch 436 | Wohnungsdesinfektion 495, 518. Wohnungsfürsorge als Maßnah- me der Seuchenbekämpfung 433. Wollsortierer, Milzbranderkrank- ungen der 650. Wuchsstoffe der Zellen nach. Ehr- lich 192. Wunddesinfektion 52. Wurmkrankheit, Serodiagnose durch Komplementbindung 107, durch Meio- RUNTER 136; Chemotherapie u 2 iu Sachregister. 1199 Wurstwaren,Fleischvergiftungen durch | 1041; als Infektionsquellen für Ty- phus 826, für Paratyphus A 1140, B 1032, 1075; biologische Eiweiß- differenzierung in 260, 308. X. Xeroform, Desinfektionswirkung 482. Xerosebacillus, Verhalten gegen Opsonine 145. Y. Y-Bacillus s. „Ruhrbacillus, Typ. | ya Yog hurt ‚ Anwendung bei Typhus- bacillendauerausscheidern 817. 2. Zellhafter u. Zellspringer Ehr- lichs 352. Zentrifuge, Anwendung bei Agglu- tinationsversuchen 12. Ziege, Empfänglichkeit für: Bac. en- teritidis Gärtner 1110, Milzbrand- bacillen 586, Paratyphusbacillen 1026, Ruhrgifte 937. Ziege, Immunisierung gegen: Ruhr 959, Typhus 877. — Gewinnung von Komplement an 55, von bakteriolytischen Immunseris 61. — Vorkommen von Paratyphusbacillen bei gesunden 1072. Ziegenblut, Verwendung zu Kom- plementbindungsversuchen 74. Zimmerdesinfektion mit Form- aldehyd 495. Zimmetöl, Desinfektionswirkung 491. Zink, Desinfektionswirkung 468. Zirkonsalze, Desinfektionswirkung 472. Zitronensäure, Desinfektionswir- kung 479. Zoopräzipitine 257. Zuckernährböden, Wachstum von: Bac. enteritidis Gärtner 1108; Para- typhusbacillus A 1139, B 1016; Ruhrbacillen 918, 923, 924; Typhus- bacillus 726. Zungenbelag, Nachweis von Ty- phusbacillen in 772, 781. Zygorhizidium Willei als Ge schwulsterreger 217. Zylinderzellencarcinome, Ver- a der Uebertragung auf Tiere Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 4362 u“ N 14 - ce > ar u) 7; er [2 ’ D Bert Wer; a ' „ “‚ > MB OR Handbuch der pathogenen 46 Mikroorganismen H28 2., verm. Aufl. 1912 Bd,.3 Biologteal & Medical PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY Fe an: et er dr LER beine ee ati deine ame Ten area en em a ever ankr-ıhrn a Ahr Pe VE 2 te Br Ma FA "EERETNe At REN GEBE BE er IA: u äh ar wen: Ar E Kickers ter Nu: