ÜIljp i. 'M. 'Mi ICtbrarg North Ctaroltua S'tatf Mmopraitg 33601 a65 Bd.l 3:'. NORTH CAROLINA STATEUNIVERSITY LIBRARIES lllllliliiilllllllilililliliiliili S01 898744 + Date Due ae 5 - '35 Jl 8* "3 ^ lUT 2 i.q3R MAY 2 0 1938 Je -8 39 fJCT t5 mB DEC 21t m^ / \ Handbuch der Pflanzenkrankheiten von Prof, Dr. Paul Sorauer. Dritte, vollständig neubearbeitete Auflage in Gemeinschaft mit Prof. Dr. G. Lindau, und Dr. L. Reh, Privatdozent an der Universität Berlin Assistent am Naturhistor. Museum in Hamburg herausgegeben Prof. Dr. P. Sorauer, Berlin. BERLIN Verlagsbuchhandlung Paul Parey. Verlag für Landwirtschaft. GnrtPnbau und Foratweaen. SW , HeUemauustrasse 10. 1909. Handbuch der Pflanzenkrankheiten von Prof. Dr. Paul Sorauer. Erster Band. Die niehtparasitären Krankheiten. Bearbeitet Prof. Dr. Paul Sorauer, Berlin. Mit 208 Textabbildungen. BERLIN. Verlagsbuchhandlung Paul Parey. Verlag für Landwirtschafl. Gartenbau und Forstwesen. SW., Hedemannstrasse 10. 1909. Alle Rechte auch das dei- Übersetzung, vorbehalten. Altenburg, S.-A., Pierersche Hofbuchdruckei Stephan ßeibel & Co. Vorwort. Für die dritte Auflage raeines Handbuches habe ich die Unter- stützung von Herrn Prof. Dr. Lindau und Herrn Dr. Reh erbeten. Ersterer hat in dem zweiten Bande unseres Werkes die pflanzlichen Parasiten behandelt, letzterer die tierischen Feinde in einem dritten Bande zu bearbeiten übernommen. Eine solche Hilfe schien mir notwendig, weil die seit dem Er- scheinen der zweiten Auflage veröffentlichten Untersuchungen so zahl- reich sind, dafs zur Bewältigung des Materials lange Zeit erforderlich wäre. Es würde daher unvermeidlich sein, dafs der Anfang des Werkes bereits zu veralten beginnt, wenn die letzten Bogen erscheinen. Auch selbst bei der hier vorgenommenen Arbeitsteilung läfst sich dieser Übelstand nicht ganz umgehen, und Avir haben uns dadurch zu helfen gesucht, daß wir einige der wichtigeren neuen Arbeiten in einem „Nach- trage" erwähnen. Wenn, von der älteren Literatur namentlich, Arbeiten vermifst werden, so erklärt sich dies aus dem Umstände, dafs wir hauptsächlich diejenigen Studien herbeigezogen haben, die zur Stütze unserer Darstellung notwendig gewesen sind. Ein ausführlicher Literatur- nachweis ist nur bei monographischer Behandlung der einzelnen Krank- heiten möglich. Die Bearbeitung des ersten Bandes, der die nichtparasitären Krank- heiten umfafst, hatte ich mir vorbehalten. Nach meinem bereits im Vorwort der zweiten Auflage genügend gekennzeichneten Standpunkt ist es erklärlich, daß dieser Band der umfangreichste ist, weil ich auf die Kenntnis der durch Witterungs-, Boden- und Kulturverhältnisse hervorgerufenen Krankheiten das Hauptgewicht lege. Die durch diese Faktoren hervorgerufenen Störungen sind nicht nur die häufigsten und nachhaltigsten, sondern sie bilden auch vielfach die Einleitung für parasitäre Erkrankungen. Deshalb war ich besonders bestrebt, gestützt auf eigene Studien und die Beobachtungen anderer Forscher, zu zeigen, wie dieselbe Pflanzen- spezies je nach Lage und Bodenbeschaffenheit in ihrem Aufbau und ihren Lebensgewohnheiten sich ändern kann ; je nach der verschiedenen Konstitution, die ein Lidividuum erlangt, ist dasselbe bald mehi' zu einer gewissen Erkrankungsform geneigt, bald widerstandsfähiger. Dies gilt auch für das Verhalten den parasitären Organismen gegen- über, und daraus ergibt sich, daß letztere nicht nur durch direkte Ver- nichtungsmittel bekämpft werden müssen, sondern dafs das Haupt- gewicht auf eine Änderung des Mutterbodens eines jeden Parasiten, YI Vorwort. d. h. auf eine Konstitutionsänderiing der Nährpflanzen zu legen ist. Wir müssen also in der Anzucht widerstandsfähiger Rassen unsere wesentlichste Aufgabe sehen. Diese Theorie von der Prädisposition der einzelnen Organismen parasitären Angriffen gegenüber, mit welcher der Unterzeichnete bei Herausgabe der ersten Auflage dieses Werkes allein stand, zählt nunmehr viele der bedeutendsten Forscher zu ihren Anhängern. Und so hoffe ich, wird die Idee, die ich seit Beginn meiner wissen- schaftlichen Tätigkeit verfochten , nämlich die Ausgestaltung einer rationellen Pflanzenhygiene endlich zum Durchbruch kommen. Wir müssen lernen , den Organismus vor Erkrankung von vornherein zu bewahren, und dürfen erst in zweiter Linie, notgedrungen, dazu schreiten, den bereits erkrankten Organismus zu heilen. In dem ersten Bande behandelt der erste Abschnitt die Mechanik des Krankheitsprozesses, und der zweite trägt die Überschrift „Geschicht- liches". Diese Bezeichnung soll andeuten, daß ich nicht eine Geschichte der Phytopathologie schreiben wollte, weil dazu viel eingehendere Vor- studien gehören. Aber es schien mir erwünscht, schon jetzt den Ver- such zu wagen , den Werdegang der Disziplin zu skizzieren , um zu zeigen, wie die jetzigen Anschauungen im Laufe der Zeiten sich heraus- gebildet haben. Bei Durchsicht des speziellen Teils dürfte der Leser finden, dais auch in der vorliegenden Auflage wieder eine gröfsere Zahl eigener Untersuchungen niedergelegt worden ist. Die in der Phytopathologie unbedingt notwendige Unterstützung der Krankheitsbeschreibungen durch Abbildungen ist in bedeutend erweitertem Mafse durchgeführt worden. Dem Charakter des Buches entsprechend sind namentlich anatomische Zeichnungen neu hinzugekommen. In dem Bande über parasitäre Krankheiten finden wir diesmal mehrfach synoptische Tafeln zusammengestellt, um dem Leser die einzelnen Gattungen einer Familie in ihren Unterscheidungsmerkmalen zur Vergleichung übersichtlich zu machen. Die neuen Zeichnungen sind von Fräulein H. Detmann und Fräulein E. Lütke ausgeführt worden, denen ich für ihre Tätigkeit bestens danke. Vor allem aber danke ich meinen Herren Mitarbeitern. Sie hatten mit mir die schwierige Aufgabe zu lösen, das Material in einem vor der Bearbeitung kontraktlich festgesetzten Räume zur Darstellung zu bringen. Während der Bearbeitung sahen wir uns vor die Entscheidung- gestellt, entweder den ganzen Stoff in knapperer Form, als wir ur- sprünglich in Aussicht genommen , vorzuführen oder einzelne Kapitel ausführlich zu bearbeiten und andere wesentlich kürzer zu fassen. Wir wählten den letzteren Weg, indem wir die uns am wichtigsten schei- nenden Abschnitte eingehend behandelten, diejenigen Gruppen aber, die schon in anderen Werken eine genügende Bearbeitung gefunden haben, entsprechend einengten. Schöneberg, im Oktober 1908, Paul Sorauer. Inhalt. Einleitung. Seite Erster Abschnitt. Das Wesen der Krankheit l 1. Umgrenzung des Krankheitsbegriffes 1 2. Die Entstehung der Krankheit 4 3. Die Beziehungen der Pflanze zu ihrer Umgebung 6 4. Die parasitären Krankheiten 10 5. Epidemien 15 6. Künstliche Immunisierung und innere Therapie 20 7. Prädisposition 22 8. Prädisposition und Immunität 23 9. Erblichkeit der Krankheiten und Prädisposition 28 10. Degeneration 31 Zweiter Abschnitt. Geschichtliches 37 Spezieller Teil. Erster Abschnitt. Krankheiten durch ungünstige Boden- verhältnisse. Erstes Kapitel. Die Lage des Bodens 69^ 1. Die Erhebung über dem Meeresspiegel 69 a) Allgemeine habituelle Änderungen 69 Bei krautartigen Gewächsen 69 Ausbildung der oberirdischen Achse der Holzpflanzen 73 Anpassungen des Wurzelkörpers der Holzpflanzen. ........ 75 b) Spezielle Erkrankungen 78 Eückgang in der Kultur der Lärche 78 Mifserfolge bei unseren Tropenkulturen 81 2. Neigung der Bodenoberfläche 83 a) Zu steile Lage 87 Stelzenwuchs 89 b) Zu tiefe Lage 95 Zu tiefes Pflanzen der Bäume ' 95 Zu tiefe Lage der Saat 104 Wurzeln aus der Spitze der Getreidekörner 113 3. Grofse horizontale Differenzen 118 Glasige Getreidekörncr 126 4. Kontinental- und Seeklima 128 5. Einflufs des Waldes 182 Zweites Kapitel. Ungünstige physikalische Bodenbeschaflfenheit .... 135 1. Beschränkter Bodenraum 135 Die Wurzelkrümmungen 135 Der Zwergwuchs (Nanismus) 139 Die Dichtsaat 144 YUI Inhalt. Seite 2. Unpassende Bodenstruktur 145 a) Leichte Böden 145 Nachteile des Sandbodens 145 Senkung des Grundwasserspiegels 148 Das Absterben der Erlen 150 Die Strafseupflanzungen 151 Wirkungen der Dürre bei den Feldfrüchten ; 153 Durch Trockenheit unterbrochene Keimung 154 Behandlung der Gehölzsamen 156 Verscheinen bei Getreide und Hülsenfrüchten 158 Fadenbildung der Kartoffeln (Filositas) • • • 159 Durchwachsen der Kartoffeln 161 Knollenbildung ohne Laub 168 Oberirdische Kartoffelknollen 163 Notreife des Obstes 163 Fuchsige Pflaumen 164 Weitere Erscheinungen der Notreife 165 Mehligwerden der Früchte 165 Die Stippflecke _ •• _ 166 Steinigwerden der Birnen und die Lithiasis 169 Für trockne Böden geeignete Obstsorten 173 Stauchlinge 174 Verhaarung (Pilosis) 1T7 Das Verholzen der Wurzeln 179 Balleutrocknis der Ericaceen 180 Mittel gegen den Wassermangel im Boden 181 Berieselung 181 Bodenbearbeitung 182 Bodenbedeckung 183 Mit Pflanzen bestandener Boden 184 Waldstreu 186 Die AVälder 187 Die Brache 187 b) Lehmboden 188 Allgemeine Charakteristik 188 Das Terschlämmen des Bodens 190 Die Verbesserung der sich verdichtenden Böden 193 Die Überflutungen 195 Die Versumpfung 196 Das Verbrennen der Pflanzen im nassen Boden 198 Verspätete Saat 200 Aussauern der Saaten 201 Versauern der Topfgewächse 203 Das unvorsichtige Begiefsen 206 Gebrauch der Topfuntersätze 206 Der Abbau der Kartoffeln 208 Empfindlichkeit der Süfskirschen 209 Die Lohkrankheit 211 ßingelkrankheit der Eotbuche 219 Wurzelerkrankung der echten Kastanien (mal nero) 219 Wurzelbrand der Futter- und Zuckerrüben 221 Tropenkulturen 227 AVurzelfäule des Zuckerrohrs 228 Krankheiten der Baumwolle 229 Eicinuskulturen 230 Tabak 230 Kaffee 231 Kakao und Tee 231 Anderweitige Tropenkulturen 232 Mittel zur Beseitigung der Nachteile schwerer Böden 233 Auf eggen 237 Kalken, Mergeln, Gipsen 238 3. Die Nachteile der Heideböden 241 Die Säuren im Boden 241 Rohhumus 242 Inhalt. jj^ Seite Ortstein 244 Bodenvergiftung durch Schwefelmetalle 250 Frostempfindlichkeit der Moorbodenvegetation 252 Der Nutzen der Fichte 254 Die Veränderung im Moorboden durch die Kultur 257 Der Rindenmulm 259 Die gärtnerischen Heideerdekulturen 260 Das Fleckigwerden der Orchideen 262 Drittes Kapitel. Uiig-iinstige chemische Bodenbeschaffenheit 264 1. Verhalten der Nährstoffe zum Bodengerüst 264 A. Bodenabsorptiou infolge chemisch-physikalischer Vorgänge 264 B. Arbeit der Bodenorganismen . . . . ' 268 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen 274 A. Wasser- und Nährstoffmangel 275 a) Wassermangel 275 Einflufs der verschiedenen Vegetationsdecken 275 Das Welken 276 Die Produktionsänderung durch Wassermangel 277 Verfärbungen bei Gehölzen 279 Röte des Getreides 281 Röte des Hopfens 282 Der Laubrausch der Reben. Rote Brenner Seng 288 Vergilbung durch Veredlungsunterlage 284 Verfrühtes Vertrocknen des Laubes 284 Das Ausbrennen des Rasens 285 Milchglanz . . . 285 Glasigwerden der Äpfel 286 b) Produktionsänderung durch Stickstoffmangel 287 Hungerzustände bei Kryptogamen 287 Taubblütigkeit, Unfruchtbarkeit 289 Kernlose Früchte 292 Verhalten schwächlicher Samen 295 Abwerfen der Früchte 295 Vertrocknen der Blütenstände bei Zierpflanzen 296 Dornenbildung 297 c) Produktionsänderung durch Kalimangel 297 d) Kalkmangel ;jq2 e) Magnesiamangel 305 f) Chlormangel yyg g) Eisenmangel und Gelbsucht (Icterus) 308 h) Mangel an Phosphor und Schwefel 312 i) Sauerstoffmangel 312 Allgemeine Erscheinungen 312 Brusone-Krankheit des Reises . . . . 315 Erkrankung der Gladiolen 316 k) Kohlensäuremangel 316 B. Wasser- und Nährstoffüberschufs 319 a) Wassertiberschufs 319 Nässe 319 Drainzöpfe 319 Ausgewachsenes Getreide . . . 320 Aufreifsen fleischiger Pflanzenteile 321 Wollstreifen im Apfelkernhaus 324 Ringelkrankheit der Hyacinthenzwiebeln 326 RindensprüDge . . . .' 328 Rindenabwurf ' 328 Wasserreiser 33I Verbänderung (fasciatio) 332 Zwaugsdrehung (Spiralismus) 335 Wassersucht (Oedema) 335 a) Bei Beerenobst 335 b) Bei Kernobst .'.'.'. 338 -^ Inhalt. Seite Geschwulst an Johannisbrot 339 Die rückschreitende Metamorphose (Verlaubuug) 340 Die Gelte des Hopfens 343 Gabelwuchs der Reben 345 Der Blattfall 346 Die Schüttekrankheiten 349 Blattfall bei Zimmerpflanzen 352 Ablösungsprozefs der Blütenorgane 353 Abröhre'n der Weinblüten 354 Abstofsen junger Blütentrauben bei den Hyacinthen 356 Zweigabsprünge 357 b) Erhöhung der Nährstoffkonzentration 360 Veränderungen der Wiesen 362 Rieselfelder 364 Schorfkrankheiten 367 Die vorschreitende Metamorphose 372 Knospendrang (Blastomaniaj 377 Kropf masern der Bäume 378 c) Einflufs von Stickstoffüberschufs 387 Überdüngtes Saatgut 3f^7 Überdüngte Rüben 389 Überdüngte Kartoffeln 390 Cbilisalpeter bei Holzgewächsen 391 Überdüngung bei Gemüsen und anderen Feldgewächse.n 392 Stickstoffüberschufs bei Zierpflanzen 393 Kräuselkrankheit der Kartoifeln 395 d) Kalk- und Magnesiaüberschuls 399 Kalküberschufs bei dem Weinstock 402 e) Kaliüberschufs 403 f) Phosphorsäureüberschuls 405 g) Kohlensäureüberschuls 406 Zweiter Abschnitt. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Viertes Kapitel. Zu trockne Luft 408 Die Knospenbeschädigung 408 Der Hitzelaubfall 411 Der Honigtau 412 Herz- und Trockenfäule der Futter- und Zuckerrüben 414 Mangelhafte Blütenentfaltung 416 Zimmerkulturen 419 Hartschaligkeit der Leguminosensamen 420 Fünftes Kapitel. Übermäfsi^e Luftfeuchtigkeit 422 Wachstumsmodus bei anhaltender Luftfeuchtigkeit 422 Einflufs feuchter Luft auf durch Trockenheit beschädigte Pflanzen .... 425 Korkwucherungen 42o Korksucht der Kakteen 427 Zerfressene oder gefensterte Blätter 430 Korkbildung an Früchten 432 Gelbsprenkelung (aurigo) 434 Intumescenzen 435 Hautkrankheit der H^-acinthen 4.')1 Glasigwerden der Kakteen 454 Sechstes Kapitel. Nebel 458 Siebentes Kapitel. Regeng'üsse 460 Achtes Kapitel. Hag-el 462 Neuntes Kapitel. Wind 470 Zehntes Kapitel. Elektrische Entladungen 479 Blitzschläge 479 Gipfeldürre der Nadelhölzer 486 Unterschied zwischen Blitz- und Frostwunden bei Nadelhölzern 489 Inhalt. XI Seite Beschädigungen der städtischen Baumpflanzungen 493 Wirkung von Streublitzen an Weinstöcken 493 Streublitze auf Feldern und Wiesen 495 Nachteile bei der Elektrokultur 496 Elftes Kapitel. Wärmeman§:el 497 A. Allgemeiner Teil 497 Lebensäufserungen bei niedrigen Temperaturen 497 Die Herbstfärbung 500 Gefrieren und Erfrieren 504 Theorien über das Wesen der Frostwirkung 507 Störungen durch Erkältung 512 B. Spezielle Fälle der Frostwirkungen 513 Süfswerden der Kartoffeln 513 Schofsrüben 515 Frostgeschmack der Weinbeeren 517 Veränderungen an Blütenorganen 517 Eostringe an Früchten 522 Verhalten älterer Laubblätter bei akuter Frostwirkung 523 Mangelhafte Ergrünung jüngerer Blätter 525 Frostlaubfall 526 Verhalten der Eüben und Kohlgewüchse bei Frost 530 Frostblasen 531 Kammartige Zerschlitzung der Blätter 533 Aufziehen der Saaten 535 Innere ^'erletzungeu bei jungem Getreide 536 Innere Verletzungen im Getreidehalme 538 Halmknicken 541 Kahlährigkeit 541 Bewegungserscheinungen durch Frost 546 Abfrieren älterer Zweigspitzen 552 Kirschbaumsterben am Ehein 553 Zweigbrand bei Waldbäumen 557 Abfrieren von Frühjahrstrieben 558 Erfrieren der Wi;rzeln 561 Frostspalten 564 Frostbeulen 568 Frostrunzeln 573 Frostlappen, Korklocken 574 Verfärbungserscheinungen im Achsenkörper 575 Frostlinie 577 Innere Zerklüftungen des Achsenkörpers 579 Offene Frostrisse • 581 Krebs (Carcinoma) 584 a) Apfelkrebs 584 b) Astwurzelkrebs bei Obst- und Waldbäumen 591 c) Kirschenkrebs 592 d) Der Krebs (Grind) des W^einstockes 594 e) Krebs an Spiraea .... 596 f) Der Eosenkrebs 599 g) Brombeerkrebs 603 Die übereinstimmenden Momente bei den Krebsgeschwülsten .... 605 Der Brand (Sphacelus) 606 Parenchymholznester 610 Falsche Jahresringe (Doppelringe) 613 Experimentelle Erzeugung von Parenchymholz durch Frostwirkung 614 Die Theorie der mechanischen Frostwirkung 617 Die Cuticularsprengungen 621 Frostschutzmittel 622 a) Die Schneedecke 622 b) Die Verwendung des Wassers 623 c) Die Windwirkungen 624 d) Die Schmauchfeuer 625 Die Voraussage der Fröste 627 Frosthärtere Obstsorten 629 Schneedruck und Eisanhang 631 XII Inhalt. Seite Zwölftes Kapitel. WärmeUberschufs 634 Der Hitztod 6B4 Mangelhafte Aiisbildung vinserer Gemüse in den Tropen 635 Die Verschiebung der gebräuchlichen Saatzeiten in unseren Breiten . . . 636 Das Verbrennen "der Blätter im Freien 637 Die Brennflecke in den Gewächshäusern 640 Entlaubung 640 Sonnenbrand an Blüten und Früchten 642 Die Beschädigung der Trauben durch Sonnenbrand 642 Sonnenrisse 644 Einfluls zu hoher Bodenwärme 644 Fehlschlagen der Ananas 647 Das Glasigwerden von Orchideen 647 Fehlschläge bei der Blumenzwiebeltreiberei 648 Saatgut, das durch Selbsterhitzung gelitten hat 649 Dreizehntes Kapitel. Lichtmaiig-el 649 Das Verspillern 649 Die Beschattung 652 Das Lagern des Getreides 658 Lichtmaugel als Krankheitsdisposition 661 Vierzehntes Kapitel. Lichtüberscliufs 666 Dritter Abschnitt. Euzymatische Krankheiten. Fünfzehntes Kaijitel. Verschiebuiig'en der enzymatischen Fiiuktionen . 669 Allgemeines 669 Die Albicatio (Panachierung) 671 Die Mosaikkrankheit des Tabaks 678 Die Pockenkrankheit des Tabaks 683 Weifser Eost des Tabaks 683 Erkrankung der Erdnüsse in Deutsch-Ostafrika 684 Die Schrumpfkrankheit des Maulbeerbaumes 684 Die Serehkrankheit des Zuckerrohres 686 Die Cobb'sche Zuckerrohrkrankheit 690 Peach Yellow • • • • 691 Der Gummiflufs der Kirschen 693 Der Gummiflufs bei anderen Gewächsen 701 Gummiflufs der Akazien 701 Gummiflufs der Pomeranzen • 701 Die Dintenkrankheit der echten Kastanie 702 Die Gummöse der Feigenbäume 703 Der Mannaflufs 705 Der Harzfluls 705 Harzbildung bei dicotylen Gewächsen 709 Vierter Abschnitt. Eiiiflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Sechzehntes Kapitel. Die Rauchgase 711 Schweflige Säure 711 Salzsäure, Chlor 717 Flulssäure (Fluorwasserstoffsäure) 722 Stickstoffsäuren 723 Ammoniak 723 Teer- und Asphaltdämpfe 725 Brom 728 Siebzehntes Kapitel. Feste Auswurfstoffe der Schornsteine und mit- ^eführte Destillate 729 Schwefelwasserstoff 734 Sodastaub 735 Fangpflanzenmethode 736 Leuchtgas und Acetj-len 736 Inhalt. XIII Seite Achtzehntes Kapitel. Abwässer 739 Kochsalzreiche Abwässer 789 Chlorcalcium- und chlormagnesiumhaltige Abwässer 742 Chlorbaryum 743 Zinksulfathaltige Abwässer 743 Eisensulfathaltiges Wasser 744 Kvipfersulfat- und kupfernitrathaltige Abwässer 745 Neunzehntes Kapitel. Schädliche Wirkungren von Kulturhilfsmitteln . 746 Anstreichmittel 746 Anaesthetica 756 Schädigungen durch Düngemittel 757 Fünfter Abschnitt. Wunden. Zwanzigstes Kapitel. Wunden des Achsenorganes 762 Allgemeines 762 Die Schröpfwunde 766 Wildschaden 771 Überwallung der Querwunde mehrjähriger Achsen 773 Überwallungsvorgänge bei einjährigen Zweigen 775 Der Ringelwulst 777 Die Schälwunde 787 Biegen der Zweige 800 Das Drehen der Zweige 805 Wirkung des Einschnürens der Achse 806 Zweigstecklinge 811 Verwendung verschiedener Achsenorgane zu Stecklingen 814 Die Veredlung 819 Die Okulation 823 Kopulieren und Pfropfen 828 Die Lebensdauer veredelter Individuen 829 Die natürlichen Verwachsungsprozesse 837 Wundschutz 840 Wundgummi 841 Die Schleimflüsse der Bäume 844 Wurzelverletzungen 845 Maserige Überwallungsränder 849 Rindenknollen 851 Blattverletzungen 861 Blattstecklinge 864 Beschädigungen des Laubapparates 869 IVachträge 871 Verzeichnis der Abbildungen. Seite Fig. 1, 2. Wurzeln zwischen Felsspalten 76 „ 3. Fichtenwurzel mit fleischiger Ersatzwurzel 77 „ 4. Stelzenfichte bei Schönmünzach 90 „ 5, 6. Stelzenkiefern aus dem Grunewald 92 „ 7, 8. Harzgallen auf Stelzenwurzeln 93 „ 9. Roggensämling bei tiefer Lage 110 „ 10. Querschnitt durch den untersten Knoten einer jungen Koggenpflanze 112 „ 11. Weizenkörner mit Wurzeln aus der dem Embr3'o gegenüberliegenden Spitze 118 „ 12, 13, 14. Mikroskopische Bilder von Fig. 11 114, 115, 116, 117 „ 15. Künstlicher Zwergwuchs bei Thuja ohtnsa 140 „ 16. Fadenkranke Kartoffel 160 „ 17. Kartoffelknolle mit Kindelbildung 161 „ 18. Zelle mit eigenartigen Inhaltsstoffen aus dem Fleische eines Apfels 167 „ 19. Birne an Lithiasis erkrankt 171 ,, 20. Mikroskopisches Bild von Fig. 19 172 „ 21, 22. Vergleichende Längsschnitte durch eine wilde und kultivierte Mohrrübe 180 23. Apfelwurzel mit aufgebrochenen Lohstellen 210 24. Querschnitt durch eine lohkranke Stelle der Apfelwurzel 211 25. 26. Lohkranke Binde am Apfelstamm 212, 213 27. Kirschenzweig mit Lohpolstern 214 28. Neubildungen auf der Schälwunde eines Kirschenstammes 217 29. 30. Wurzeln von Kiefer und Eiche auf Ortstein 246, 247 31. Moorkiefer aus der Ltineburger Heide 248 32. Krebsartige Wundstelle einer Moorkiefer 249 33. Fichtenfamilie durch natürliche Ableger entstanden 255 34. Eiche mit Senkerbildung 256 35. Mulmige Kiefernborke 260 36. Kernlose Birne 293 37. 38. Querschnitt durch Zweig und Dorn von Bhamnns cathartica 298, 299 39. Typische Blattbeschädigungen bei Kalimangel 301 40, 41. Normale und bei Chlormangel erwachsene Buchvs^eizenpflanzen 306, 307 42. Bohne durch Wasserüberschufs aufgeplatzt 322 43, 44. Woll streifen im Apfelkernhaus 324, 325 45. Ulmenborke mit polsterartigen Gewebeinselu 329 46. Ulmenrinde in Wucherung 330 47. 48. Verbänderung bei Fichte 333 49. Verbänderung bei Erle 334 50. Wassersucht bei Bibes aureum 336 51. Verlaub te Hopfenkätzchen 343 52. Tiefschorf kranke Zuckerrübe 367 53. Lenticellenwucherung an der Kartoffelknolle 369 54. Zapfensucht bei Kiefer 373 55. Sprossende Birnenfrüchte 374 56. Durchwachsener Lärchenzapfen 375 Verzeichnis der Abbildungen. J^y Seite Fig. 57. Rosettentrieb der Kiefer 377 „ 58. Entrindete Kropf maser von Ahorn 379 „ 59, 60, 61. Maserspiefs bei Malus sinensis 380 381 „ 62, 63, 64, 65. Perlartige Maserbildung bei der schwarzen Johannis- beere 382, 383, 384 „ 66. Schema des Verhaltens der Düngemittel zueinander 400 „ 67, 68. Querschnitte durch Knospendecken von Quercus und Pinus . . 409 „ 69. Querschnitt durch die Spitzenregion einer noch nicht entfalteten Blume von Hipiieastrum robustum 418 „ 70, 71. Korkwucherung bei Phyllocadus 428 429 „ 72. Gefenstertes Kartoffelblatt . ' 431 „ 73, 74. Korkwarzen am Stiel einer Weinbeere 432 433 „ 75. Intumescenz bei Cassia t07nento in MiCHELi's „Nova plantarum genera", in welchem auf mehr als lÖÖ Seiten und zwölf Tafeln die Pilze sorgfältigst be- schrieben luid abgebildet werden. Micheli ging auch auf die Lebens- erscheinungen genauer ein und war der erste, welcher die Anheftung und Aussaat der Sporen beobachtete. Von den besclniebenen Gattungen seien die für- die Pflanzenki'anliheiten später in Betracht kommenden Namen Aspergillus , Botrytis, Puccinia (jetzt Gijnmosporangium), Mucor und Lijcogala genannt. In schneller Reihenfolge erscheinen dann: „Methodus fungorum" von Gleditsch (1753), die ,^Fungormn agri ariminensis historia" von ' BattTea (1755), in welcher bereits ein besonderes Kapitel die Nützlich- keit und Schädlichkeit der Pilze behandelt. Die scharfe systematische Besclneibung der einzehien Gattungen mid Ai'ten begiiuit mit Linne's _^Systema Naturae" (1785), dem „Methodus sexualis", den „Genera plantarum", dem „Corollarium generum" und der „Philosophia botanica'", deren dritte Ausgabe, 1790 von Willdenow besorgt, eine genaue Auf- zählung aller Botaniker bis 1788 enthält. In diesem Werke wird auch eine Anzahl &ankheiten {Farnes, Polysarchia, Cancer usw.) genannt. In der uns vorliegenden WiLLDENOw'schen Ausgabe finden sich S. 245 folgende Bemerkungen über parasitäre Krankheiten: ^^Erysiphe Th. est Mucor alhus^ capitulis fuscis sessilibus, quo folia asperguntur, frequens in Humulo, Lamio , Acere" usw. — „Buhigo est pulvis ferrugineus, foliis subtus adspersus, frequens in Alchemilla, Rubo saxatih . . . ." — „ üstilago, cum fructus loco seminum farinam nigram proferunt. Ustilago Horclci C. B. Ustüago Avenae C. B." — Es folgen daini noch Notizen über Mutterkorn, Gallen und andere Deformationen, Farbenänderungen usw. — Wichtig für die Pathologie ist, dafs der scharfe Systematiker sich nicht verschweigen kann, dafs eigentlich kein Individuum dem andern gleicht und Klima wie Boden beständig modifizierend auf den Organismus einwirken. Es heifst nämlich in der Philosophia botanica : „Yarietates tot smit quot differentes plantae ex ejusdem speciei semina sunt pro ductae. Varietas est planta mutata a causa accidentali : climate, solo, calore, ventis etc.; reducitur itaque in solo mutata." — Speziell mit den subterranen Pflanzen beschäftigt sich Scopoli's Werk „Dissertationes ad scientiam naturalem pertinentes" (1772). Im Jahre 1780 begann die Herausgabe von Bulliard's „Herbier de la France", Paris, in welchem auf (JOO farbigen Tafeln die einzelnen (Gattungen (darunter Mucor, Trichia, Sphaerocarpus, Nidularia, Hypoxylon) abgebildet werden. Nachdem 1783 in Jena Batsch' „Elenchus fungorum" und 1788 bis 1791 Bolton's „Historia fungorum, circa Halifax sponte nascentium'' er- schienen waren, in welchen nm- die LiNNE'schen Gattungen sich wieder- finden, kam 1790 die wertvolle, an eigenen Beobachtungen reiche Arbeit y Tode's: „Fungi mecklenbmgenses selecti", in Lüneburg heraus. Die II. Geschichtliches. 51 äufserst sorgsamen Abbildiiugen umfassen unter anderem die Grattmigen Acrospermiim. Stilhum, Äscophora , Tiihcrcularia , Eclotmm, Vohtella, Hystcrhim , Vermicidaria , Piloholus , die wir jetzt bei den Kranldieits- erregern wiederfinden. Audi A. a. HrMBOT.DT liat in seinem „Florae fribergensis specimen" (17'.i;!) imm'- uidl-civ Anzahl Gattungen beschrieben. Aber alle diese Ai-britcn sind glcidisiuii nur als „Beiträge" zu be- zeichnen. Eine zusammenfassende, methodische Systematik lieferte erst ___Persoon's für lange Zeit maisgebende „Synopsis methodica" (Göttingen 1801)^ El England erschien von 1797 bisTg^ein 439 Tafeln geschätzter Abbildungen bietendes Werk von JÄmes/Sowerby unter dem Titel „Coloured figm:e.s_ of english Fungi 6r Muslu-ooms " . Immer mehi- neigen sicli nun die Mykologen den mikroskopischen Pilzformen zu , wenn auch die damalige Optik genauere Studien noch versagte. Dies bezieht sich zunächst auf die in den „Schi'iften natur- forschender Freunde zu Berlin'" (8. Jahrgang 1809/10) veröffentlichte Arbeit von Linck: „Observationes in Ordines plantarum naturales" und auf das an Kopien aus früheren Büchern reiche Abbildungswerk von Nees V. Esenbeck: „System der Pilze und Schwämme", Würzbm-g 1817, das eine Zusammenstellung „der Ansichten der tiefern Vegetations- stufen, in geschichtlichen Fragmenten" enthält. Wir finden darin auch die Aussprüche der Forscher, welche fiir die Urzeugung eintreten, und der Autor selbst, wenn wir die schwülstige naturphilosophische Dar stellimg recht verstehen, faist die parasitären Pilze in iln-en niedrigsten Gruppen als aus der Mutterpflanze selbst hervorgehende Gebilde auf. So sagt er beispielsweise von den Entophyten : „Ihr eigenster Charakter ist, dafs sie dem überfüllten oder erschöpften Leben angehören und sich, ohne aufs Ganze sich ausbreitende Entmischung, m'sprüngiich nur an einzehien, aus dem Gesammtleben heraus in die Besonderheit ge- bildeten Stellen, gewöhnlich, doch nicht immer, zuerst unter der gemein- schaftlichen Bedeckung, entwickeln. Die Abhängigkeit der infus oriellen Zelle von dem höhern Organismus offenbart sich hier stets durch ihr Aufsitzen mittelst eines mehr oder minder verlängerten Stiels. Die Zelle wächst erst, ehe sie sich freimacht, und die Verlängerung an ilu^em Grunde ist der xAusdruck des nicht plötzlich, sondern organisch aufgehobenen Polaritäts-Yerhältnisses, das durch die Hauptpflanze in sie übertritt." Bei der Gattung Cyathus (S. 141) heilst es: „Der ganze Stamm, den wir beschi^ieben, ist nm- ein der Erde entsprossener Staub- faden. Der Staub des Staubpilzes erzeugt sich selbst . . . ." Nunmelu' erscheint das klassische Werk von Elias Fries ^), mit seinen für die damalige Zeit scharfen Gattungs- und Artdiagnosen die ganze bekamite Formenwelt des Pilzreichs umfassend. Die Literatur begimit nun diux-h Einzelarbeiten und wissenschaft- liche sowie praktische, den. Acker- und Gartenbau umfassende Hand- bücher und Schriften, welche die Krankheiten berühren (Tessier, Jäger, HoPKiRK, Lehrbücher von Willdenow , Nees, de Canpolle, Wenderoth. Reichenbach , Re , Kieser) , derart zu wachsen , das wir nm^ noch die füi' die Geschichte der Pathologie markantesten Erscheinungen hervor- zuheben vermögen. Zu diesen gehört in erster Linie F. Unger^), der das Ergebnis ') Svstema mvcologicum T. I bis III. Lundae 1821, Grvi^hiswaldiae 1829 bis 1832. — i:ienchus ^Fungorum. Gryph. 182s. -) Die Exantheme der Pflanzen und einige mit diesen verwandte Krankheiten der Gewächse. Wien 1838. 4* 52 II- Geschichtliches. äufserst fleiisiger und gewissenhafter Studien in seinen „Exantheme der Pflanzen" 1833 veröffentlichte. Der in einem kleinen abgelegenen Alpentale lebende Arzt gibt in einer Anzahl seln^ sauber und natur- getreu selbstgezeichneter Abbildungen seine Beobachtungen wieder und baut auf dieselben seine Lehre von den Krankheiten auf. „Die meisten Ki-ankheiten der Pflanzen spielen in den Säften .... Die fehlerhafte Ausbildung und die zahlreichen Abnormitäten im chemischen Vorgange des Nahrungssaftes, sowie ähnliche Fehler des höher belebten Lebens- saftes , sind die Ursache von unzähligen Krankheiten , die sich dm^ch mangelhafte Ausbildung der Pflanzensubstanz , durch Anhäufung von Excretionsstoften , durch Auflockerung des Parenchjans , durch ver- änderte Beschaffenheit der Seki'eta usw. oder durch Zustände von entgegengesetztem Charakter äufsern. Überhaupt dürfen die meisten quantitativ und qualitativ veränderten Vorgänge der pflanzlichen Cliylo- poese als die Quelle von Krankheiten angesehen werden, die sich mehr durch veränderte Substanz als durch Alienation der Form zu erkennen geben. Der Culturstand, in den ein grofser Theil der Pflanzen ver- setzt wird, wirkt so nachtheilig auf den Organismus, dafs wenigstens der gröfste Theil solcher Pflanzen ki^ank genannt zu werden ver- dient . . . ." Während avü- nach diesen Darlegungen vermuten müssen, dafs der Autor die Krankheiten als Funktions- und Bildungsabweichungen im Haushalt des Organismus auffassen würde , kommt Unger zu der An- sicht, dafs die Krankheit etwas Fremdartiges sei. „Denn wie sich das Kosmische, Elementarische als Älterliches oder Vorbildliches zu dem Organischen, Kindlichen, Gregenbildlichen verhält, ebenso der Organis- mus zur Krankheit, die nichts anders als ein zweyter, niederer 0 r g a n i s m u s i s t , dessen Elemente schon in einem andern höhern verborgen liegen." La dieser Anschauung liegt die Fortbildung des von Batsch geäufserten Gedankens über das Wesen der parasitären Organismen. „Zu den Krankheiten der Clewächse, sagt Ungkk, „die am wenigsten Selbstständigkeit verrathen, die in ihrer Wurzelgestalt noch so innig mit demjenigen Organismus, den sie befallen, verwebt sind, gehören ohn- streitig die Formen, die wir mit Bleichsucht (etiolement), Wassersucht (anasarca), Gelbsucht (icterus), Windsucht (timpanitis), Tabescenz, Mifs- wachs, den Profluvien u. a. m. bezeichnen, und welche bei weitem die Mehrzahl ausmachen. Gröfsere Selbstständigkeit zeigt das ungeheure Heer von Mifsbildungen, denen immer Fehler der Säftemasse und da- durch ein Verweilen auf tiefern Bildungsstufen zu Grunde liegt. Ueber diese erhebt sich der Honigthau {Saccharogenesis diabetica) , dessen pathischen Prozess zuerst L. Treviranus und seine universellere Bedeutung Dr. H. Schmidt erkannten. Verwandt mit diesem ist un- streitig der Mehlthau; das höhere Organisationsbestreben der aus- geschwitzten Säfte offenbart sich hier durch organische Bildungen, die dem Honigthau noch fehlen. Noch selbstständiger werden diese organischen Bildungen im Rufsthaue {Fuligo vagans). Endlich tritt der Krankheits Organismus in den Exanthemen und den ihnen verwandten Formen als eigenartiges geschlossenes Ganzes hervor Hierher gehören die Parasiten ; die höchsten unter ihnen, wie einige Arten von Loranthus, scheinen sich vom Mutterkörper gänzlich losgerissen zu haben." — II. Geschichtliches. 53 Unger's Anschammgen teilen auch Nees v. Esenbeck und A. Henry V), die betreffs der StaubjDilze erklären: „. . . . die Pilze stellen liier deut- lich, auf der tiefsten Stufe . . . ." „Mit Recht betrachtet iiian sie als Krankheitsstoffe, als Exantheme der höheren Pflanzen." „Es bildet sich im allgemeinen der Blattpilz durch eine Coagulation der in die Inter- cellulargänge ergossenen Säfte." Unter dem Einflufs dieser Ansicht sclnieb auch Theodor Haktig seine ^Arbeit über die Bot- und "Weifsfäule der Kiefer, bei der er zuerst die Mitwii'kung von Pilzen (Nachtfasern, Nyctomyces) feststellte^). Die Entstehung dieser Pilze fühi'te er auf einen Zerfall der Zellwandungen zurück. Von den Werken, die mehr die allgemeinen Konstitutionskrank- heiten ins Auge fassen und die Pilze kaum berühren , nennen wir die von Geiger ^) und Linuley *) , die im wesentlichen sich auf praktischen Erfahrungen aufbauen. Dagegen zeig-t wiederum Wiegmann ^) , dafs seine Angaben sich auf mikroskopische Studien stützen und hierbei auch die Chemie ihre Berücksichtigung findet. Beispielsweise gibt er an, dafs die Jauche des Brandes sowohl als des Ej-ebses Gallert- und Humussäure, aber die des Brandes mehr Gallertsäme- enthalte. Beide Krankheiten erscheinen ihm nicht jDarasitärer Natur, und der Krebs (Carics, Necrosis) entstehe immer ,, aus Stockung und Yerderbniss der Säfte, selbst wemi dieselben nie im Überflufs vorhanden waren". — Unter den Ursachen finden wir Wurzelverletzungen, Frostbeschädigungen und ungünstige Bodeneinflüsse . wie z. B. „wenn der UntergTuncl nafs, sauer, steinig oder sonst unfruchtbar ist, oder gar Raseneisenstein (Ort- stein) enthält". Nachdem mittlerweile das grofse Pilzwerk von Corda^) zu er- scheinen begonnen, tritt Meyen's ') Pflanzenpathologie als mafsgebendes Buch, das auch jetzt noch zu Rate gezogen zu werden verdient, her- vor. Er teilt die Materie in „Äufsere Ki-ankheiten" und „Innere Ki'ank- heiten". Zu den ersteren rechnet er aufser den Verwundungen durch Menschen und Tiere . Maser- und Gallenbildungen auch die phanero- gamen und ki'j^atogamen Parasiten, von denen Ustilagineen mid Ure- dineen sowie andere Pilze nach dem damaligen Standpunkt ausführhch abgehandelt werden. Meyen teilt nicht mehi' den UNGER'schen Stand- punkt, dafs die Parasiten als Afterorganismen das Produkt einer in jeder Pflanze ruhenden Bildungsrichtung , der Krankheit, seien und je nach der Beschaffenheit und Kraft des Nährorganismus in einer mein- oder weniger entwickelten Gestalt und Selbständigkeit zutage treten. Ln Gegenteil hebt seine Pflanzenpathologie bei Besprechung der Brand- pilze speziell hervor: „Die Beobachtmigen über die Entstehung des ') Das System der Pilze, I. Abt. Bonn 1837. 2) Abhaudlung über die Verwandlung der pol^^cotylen Pflanzenzelle in Pilz- und Schwammo-ebilde und die daraus hervorgehende sogenannte Fäulniss des Holzes. Berlin 18M8. ^) Die Krankheiten und Feinde der Obstbäume. München 1825. *) The Theory of Horticulture. London 1840. •■■') Die Krankheiten und krankhaften Mifsbildungen der Gewächse von Dr. A. F. WiEGMANx sen. Braunschweig 1889. *) Icones Fungorum hucusque cognitorum. Prag 1837 bis 1854. ■') Pflanzenpathologie. Lehre von dem kranken Leben und Bilden der Pflanzen. Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben von Dr. Guttfü. Nees v. Esenbeck. Berlin 1841. 54 II- Geschichtliches. Brandes zeigen auf das deutlicliste, dafs wir es liier mit wahren Ento- pMiien zu tun haben: wir werden sehen, wie sich einige Brandarten als eigne parasitische Gewächse im Innern der Zellen der von ihnen befallenen Pflanzen zeigen imd dafs man die Brandmasse nicht mit dem thierischen Eiter zu vergleichen hat." Der Haupttitel für Meten's „Pflanzenpathologie" lautet eigentlich: „Handbuch der Pflanzenpathologie und Pflanzenteratologie. Heraus- gegeben von Dr. Chr. Gottfr. Nees v. Esenbeck. I. Bd. Pflanzen- pathologie." Nach diesem Titel wäre ein zweiter Teil, nämlich eine Teratologie , noch zu erwarten gewesen. Meyen selbst hatte die Ab- sicht, eine solche zu bearbeiten, aber nach den Mitteilungen des Heraus- gebers kein literarisches Material dafür hinterlassen. Als Nees v. Esen- beck nun selbst eine Bearbeitung vornehmen wollte , erschienen die „Elements de Teratologie vegetale, ou Histoire abregee des anomalies de rorganisation dans les vegetaux ; par A. MoyuiN Tandon , Doct. scienc. et med. etc. , directeur du jardin des plantes de Toulouse. Paris 1841". Als Vorgänger dieses "Werkes sind zu nennen C. E. Ja eger: „Über die Mifsbildungen der Gewächse". 1814, und Thom. Hopkirk: „Flora anomala", 1817. Wir ersehen aus_ der deutschen Übersetzung von MoQuiN Tändon's Werk^), dafs der Übersetzer, C. Schauer, als Spezialist in der Lage war, manche Mifsverständnisse und Fehler des Autors , namentlich in den deutschen Citaten , zu berichtigen und Ergänzungen aus eigenen Beobachtungen zu geben. MoQUiN Tandon sagt: „Unter dem Ausdruck Mifsbildmigen , Monstrositäten (Monstra) versteht man meist angeborene, mehr oder weniger bedeutende und complicirte Abweichungen von dem Typus einer Art, welche fehler- hafte Entstellungen hervorrufen und dem regelmäfsigen Gange der Funktionen hinderlich oder hemmend entgegentreten." Besser würde uns die Definition von de Candolle (Theor. element. 1. ed. p. 406) gefallen , wonach Monstrosität jede Störung der Ökonomie eines Ge- wächses ist, welche eine Formveränderung der Organe nach sich zieht und aus einer inneren Anlage, fast niemals aus einer sichtbaren Ursache entspringt. Das Werk von Moquin Tandon ist wegen seiner ausgezeichneten Literaturnachweise auch jetzt noch jedem Spezialisten unentbehrlich. — Um diese Zeit erhält die Lehre von den Lifektionskrankheiten einen neuen Anstofs diurch das Überhandnehmen der Kartoffellvrankheit, die auch jetzt noch als einer der gefürchtetsten Feinde unserer Land- wirtschaft eine besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und als Kraut- oder Phytophthorafäule in den Lehrbüchern beschrieben wird. Eine der ersten Publikationen darüber verdanken wir Martius ^), und ent- sprechend den äufserst schweren Schädigungen des Nationalvermögens durch diese Krankheit folgt von da ab eine Flut von Veröffentlichungen, ^) Pflanzenteratologie. Lehre von dem regelwidrigen Wachsen und Bilden der Pflanzen. Von A. Moquin Tasuux. Übersetzt und mit Zusätzen von Dr. J. C. ScHAUEK. Berlin 1842. 2) Die Kartoffelepidemie der letzten Jahre. München 1842. II. Geschichtliches. 55 von denen wir nur die von Focke^), Payen 2), Schacht^), Speerschneidek'*\ V. Holle ^), Kühn*^) und de Bary^) hervorheben wollen. (Weitere Literatui'nachweise finden sich bei der speziellen Besprechung der einzelnen Ki'anklieiten. ) Dals eine derartige Erscheinung wie die Kartoffelepidemie die Pilzki'aiikheiten in den Vordergrund drängen und die gesamte Mykologie befruchten mul'ste, war selbstverständlich, zumal auch die ökonomische Wichtigkeit der Brandpilze immer gröisere Beachtung zu finden begann. Schon früh hatten Tjllet*^), Tessier^) und Prevost^*^) den Getreide- brand studiert, mid die neue Zeit hat durch de Bary's ") Untersuchungen ^ ^^ und Brefeld's vieljährige Studien einen bedeutend erweiterten Einblick in das Wesen dieser Krankheiten und auch über die Mittel zu ihrer Bekämpfung erlangt. Von den Brandki'ankheiten aus hat sich vornehm- lich die jetzt übliche Methode der Saatgutbeize entwickelt. Indem wir betreffs der überwältigend reichen mykologisclien Arbeiten auf den speziellen Teil des Buches, der die parasitären Krank- heiten behandelt, verweisen, wollen wir hier nur zu einigen der haupt- sächlichsten, die gesamten Pilzfamilien behandelnden Arbeiten zurück- kehren. Des grofsen Werkes von Ell\s Fries, das 1882 vollendet wui'de, ist bereits gedacht worden. Im Jahre 1831 erschien der erste, 1833 der zweite Teil von Wallroth's Kiyptogamenflora^^), in welcher die Zellkiyptogamen von Math. Joe. Bluff und Carl Ant. Finger- HUTH bearbeitet worden sind. Im Jahre 1842 begann Rabenhorst's Krj^togamenflora^**), 1851 Bonorden's Handbuch der Mykologie'*), das durch seine Abbildungen der miki'oskopischen Pilzformen, obgleich dieselben in den Kupferwerken von Schäffer , Persoon , Greville, Sowerby, Sturm, Krombholz und Nees sen. schon reichlich berück- sichtigt worden waren, sich dennoch seinerzeit sehr nützlich er- wies. Zwar existierten auch bereits die „Icones fungorum" von Corda und seine mit sehr kleinen Zeichnungen versehene , früher erwähnte Anleitung zum Studium der Mykologie '^^) , allein , abgesehen von der Eigenart seines Systems, beschränkte sich Corüa meln^ auf die bequem sichtbaren Entwicklungsstadien , während Bonorden eingehender den Bau der Gewebe festzustellen suchte. Dieser Autor betont Unger gegenüber, dafs die parasitären Pilze unbedingt selbständige Organis- ') Die Krankheit der Kartoffeln im Jahre 18-45. Bremen 1846. 2) Les maladies des pommes de terre, des betteraves, des bles et des vignes. Paris 1850. ^) Schacht , Bericht über die Kartoffelpflauze und deren Krankheiten. Berlin 1854. *) Das Faulen der Kartoffelknollen. Flora 1857. Bot. Z. 1857. ^) Über den Kartoffelpilz. Bot. Zeit. 1858. ''I Die Krankheiten der Kulturgewächse, ihre Ursachen und Verhütung. Berlm 1858. ^) Die Kartoffelkrankheit. Leipzig 1861. ^) Dissert. sur la cause qui corrompt les graines de ble, 1755. ^) Traite des maladies des graines, 1788. ^**) Memoire sur la cause de'la carie des bles. 1807. '') Untersuchungen über die Brandpilze. Berlin 1853. ^^) Flora cryptogamica Gei-maniae auctore Ferd. Guil. Wallrothio, Med. et Chir. Doctore etc. Norimbergae 1831 — 33. '^) Krvptogamenflora von Deutschland, Bd. I. Leipzie; 1844. 2. Aufl. I — VII 1884-1903 ^*) Handbuch der Allgemeinen Mykologie usw. mit 12 Taf. Abb. Stuttgart 1851. '•^) Anleitung zum Studium der Mykologie nebst kritischer Beschreibung aller bekannten Gattungen. Prag 1842. 56 II- Gescliichtliches. men wären, beliaiiptet aber, „dal'is die Spaltöffnungen es sind, welche die Sporen aufnehmen und in den damit in Verbindung stehenden Lufthühlen zur Entwicklung bringen". Er sagt, dafs Algen, Flechten und Moose , welche keine Spaltöftnungen haben , und ebenso junge Zweige und Aste frei von Parasiten sind. Betreifs der Wirksamkeit der Parasiten äufsert er sich dahin, dafs sie „zunächst eine Hypertrophie und Degeneration der belasteten Theile verursachen; wo sie aber nur vereinzelt vorkommen, wird die Vegetation der Blätter dadurch gar nicht gestört". Nach ihm ist trocknes "Wetter der Verbreitung der Parasiten wesentlich förderlich, „weil dieses die Verstäubung der Sporen begünstig-t, weshalb Caeoma und Phragmidium nie häufiger als in trocknen Sommern gefunden werden, auch das den Saaten so verderb- liche Caeoma cercalnim, der gelbe Kornbrand, der im Jahi^e 184(3 so vielen Schaden anrichtete." / Mit Kühn's „Krankheiten der Kulturgewächse" (Berlin 1858) vollzieht sich der v'önMEYEN bereits angestrebte Zweck der Versclunelzung wissen- schaftlicher Studien mit den praktischen Erfahrungen behufs Behand- lung der Pfianzenkrankheiten in der glücklichsten Weise. So not- wendig und so hervorragend die rein wissenschaftlichen Untersuchungen in den einzelnen Gebieten der Phytopathologie auch immer sein mögen, so erhalten sie doch erst ihre volle Bedeutung durch eine Prüfung im praktischen landwirtschaftlichen Betriebe. Nur in der praktischen Kultur kann man die Hauptfrage lösen , ob die Verhältnisse in der freien Natur dieselbe Entwicklung von Parasiten oder andern Krankheits- erregern ebenso zulassen, wie sie sich im Laboratorium gezeigt hat. Und darum ist es notwendig, dafs die Phytopathologie sich auf prak- tischen Kenntnissen des Acker- und Gartenbaues sowie der Forstwirt- schaft aufbaue. Die Unterschiede, die in der Medizin sich heraus- gebildet haben zwischen dem wissenschaftlichen Forscher und dem praktischen Arzte, müssen notgedrungen auch in der Disziplin der Pfianzenkrankheiten sich ausbilden. Die praktische Seite bezeichnen wir als die L ehr e vom „Pflanzenschutz". Die mykologischen Studien gehören zu den unentbehrlichen Grund- wissenschaften des Pflanzenschutzes, und daher haben wir dieselben in der Geschichte der Phytopathologie mit möglichster Aufmerksamkeit berücksichtigt. Fortfahrend in diesem Bestreben nennen wir zunächst das meisterhafte Tafelwerk der Gebrüder Tulasne: „Selecta fungorum carpologia", Paris, und das als Sammelwerk willkommene aber mit meist recht groben Abbildungen versehene englische Werk von Berkeley: £_ „ Outlines _ of British Fungology " , London 18(30. Von besonderem^ Werte bleiben die Ai'beiten von de Bary, deren hierhergehörende Ergebnisse sich in der „Morphologie und "Physiologie der Pilze^ Flechten und- y Myxomyceten "', Leipzig 186(3_zusammengefafst finden. Hervorragende Forschungen verdanken wir ferner 0. Brefeld durch seine ^, Untersuchungen über die Schimmelpilze", Leipzig 187l^ 72 u. ff. , und CoHN dui'cli seine „Biologischen Mitteihmgen über Bakterien", Schlesische Ges. f. vaterl. KJiiItiu', 1873, sowie Tliirch seine „Untersuchungen über Bakterien", 1875, und durch andere in den „Bei- trägen zur Biologie der Pflanzen" enthaltenen Studien. Cohn hat darin mit Glück die Entwicklungsgeschichte der Bakterien gefördert. Sein Schüler Zoi'f «Tweiterte diese Studien wesentlich bereits in dem Werke „Die Spalljiilzc", Breslau (3. Aufl. 1885). Von zusammenfassenden j j Werken aus dieser Zeit sind noch zu nennen: Eidam, „Der gegen- II. Geschichtliches. 57 wärtige Standpunkt der Mykologie mit Rücksiclit anf die Lehre von den Infektionskrankheiten'', Berlin (2. Aufl, 1872), und Ferner Winter, / _^,Pie Pilze Deutschlands. r)sterreiclis_„.uiid. der ScWeiz", Leipzig 1884. Eine weitere Vervollständigung bringt die R.\BENHORST'sclie Kiypto-" gamenflora. Die umfassendste systematische Zusammenstellung der gesamten Pilze bietet P. A. Sacc.\ri)0's „Sylloge fungorum", dessen XI. Band o mit einem „^upplementum universale", Patavii 1895^ erschienen ist. '^ Daran schliefst sich im Jalne _1898 Sydow's „Index universalis et -3 locupletissimus nominum plantarum Tföspitium specierumque onuiium fungormn", Berolini. Fratres Borntraeger. Das Buch enthält alle bis 1897 bekannt gewordenen Pilze. AVeitere Supplementbände (XIV bis XVI) erschienen 1890 bis 1902 und werden noch fortgesetzt. Saccardo ergänzte sein grofses Pilzwerk dm"ch 1500 Abbildungen, die von 1877 — 1886 unter dem Titel „Fungi italici autographice deli- noati", Patavii, erschienen. An Stelle der skizzenhaften Zeichnungen dieses Werkes begaim A. N. Berlese eine Serie äufserst sauberer, farbiger Abbildungen unter dem Titel „Icones fungorum ad usum Sylloges Saccardianae adcommo- datae'', AbeUini. zu veröftentlichen. Bis zu Heft IV— V, die 1894 er- schienen, waren die Sphaeriaceae Hyalophragmiae erledigt. Der Ver- fasser hat unseres Wissens das Werk nicht volleudct, weil ihn der Tod zu früh dahingerafft hat. Ebenfalls farbige Abbildungen finden wir in Cooke's „MycogTaphia seu Icones fungorum", London; das erste Heft erschien 1879 mit Dar- stellung der Discomyceten, Das Anwachsen der Allheiten auf dem Gebiete der Mycelpilze und Bakterien zu einer nicht mehr zu bewältigenden Fülle verbietet hier em weiteres Eingehen auf die Materie uncl zwingt uns , auf den seit 1873 erscheinenden „Botanischen Jahresbericht" zu verweisen. Dafs auch die Teratologie seit Moquin TanüON ihre weitere Ent- wicklung gefunden hat , ist selbstverständlich. Von Werken , die das Gesamtmaterial behandeln, sind hervorzuheben: M. Masters, „Vege- table Teratology", London 18(39, und 0. Penzig, „Pflanzenteratologie", systematisch geordnet, Genua 1890 — 94, das als das vollständigste Nach- schlagebuch auf diesem Gebiete bezeichnet werden darf. Ein weiteres Eingehen auf die mykologische Literatm' müssen wir des beschränkten Raumes wegen unterlassen. Der Leser findet aber die geminschte Ergänzung im zweiten Bande dieses Werkes. Notwendig dagegen bei einer Darstellung des Entwicklungsganges der Disciplin erscheint noch ein kurzer Hinw^eis auf die zahlreichen Ausgaben natür- lichen getrockneten Materials in Herbarienform. Von den Exsikkaten- Averken, die speziell sich mit Pflanz enki-ankheiten befassen, seien hier angefühi-t: Thümen, F. v. , „Herbarium mj^cologicum oeconomicum", Teplitz 1873 — 79: Rabenhorst, „Fungi em-opaei exsiccati", fortgesetzt von AVintek und Patzschke: Fuckel, L., „Fungi rhenani exsiccati", zweite Ausgabe, 1874: Eriksson, Jak., „Fungi parasitici scandina- vici", Stockholm 1882—1895; Briosi, G., et Cayara, F., „J funghi parassiti delle plante coltivate ed utili essicati, delineati e descritti", Pavia, fasc. I — XH (1897): Krieger, W. , „Schädliche Pilze unserer Kulturgewächse", fasc. I, 189(5: Seymour, A. B. , and Earle, F. S., „Economic fmigi", Cambridge. An Rehm's seit vielen Jahi-eu er- scheinende Ascomyeetensammlung schliefsen sich noch viele neue, die 58 II- Geschichtliches. allgemeine Pilzfiora einzelner Länder darstellende Exsikkatenwerke an, wie z. B. die von Saccardo, Sydow, Vesteroren, J. B. Ellis, Jaap, BuBAK und Kabat, Posch usw. Wälii-end die PHanzentranklieitslehre die teratologisclien Ersoliei- imno'en nur so weit heranzuziehen versucht, als sie für die einzelnen Vorkommnisse eine bestimmte Störung in den Emährungs- oder Bau- verhältnissen als Ursache nachweisen oder wenigstens vermuten kann, war sie gezwungen, immer eingehender die TierAvelt zu berücksichtigen. Als besonders verbreitete, das ganze Material oder gröfsere Gebiete zu- sammenfassende Werke , die als Unterlage dienen , sind zu nennen : Eatzeburg, „Die Forstinsekten", Berlin 1839—1844, und: „Die Wald- verderbnis", Berlin 1866— 68; A. Gerstäcker, „Handbuch der Zoologie", IL Bd.: Ai'thi-opoden, Leipzig 1863; E. L. Taschenberg, „Entomologie für Gärtner und Gartenfreunde", Leipzig 1871, und: „Die der Land- wartschaft schädlichen Lisekten und Würmer", Leipzig 1865. Ferner: NöRDLiNGER, „Die kleinen Feinde der Landwirtschaft", Stuttgart 1860. Kaltenbach, „Die Pflanzenfeinde aus der Klasse der Lisekten", Stutt- gart 1874, und Ritzema Bos. „Tierische Schädlinge und Nützlinge", Berlin 1891. Weniger reichhaltig an Material, aber dem praktischen Bedürfnis des Tiaien mehr angepafst durch seine farbigen Tafeln ist das von C. French im Auftrage des Ackerbaudepartements von Viktoria heraus- gegebene „Handbook of the destructive insects", Melbourne 1891. In demselben Jalu-e erschien eine kleinere Spezialarbeit über Gallenbildungen von H. R. v. Schlechtendal : „Die Gallbildungen (Zoocecidien) der deutschen Gefäfspflanzen", Zwickau 1891, und zehn Jahre später ein umfassendes systematisches Werk von G. Darboux und C. Hoüard, „Catalogue systematique des Zoocecidies de l'Europe et du Bassin mediterraneen", Paris 1901. Durch viele sorgfältig ausgeführte Originalzeichnungen empfiehlt sich die „Forstliche Zoologie" von K. Eckstein, Berlin 1897. Speziell dem Gartenbau dienen die populären Schriften von H. v. Schilling, von denen wh' hervorheben: „Die Schädlinge des Obst- und Weinbaues," „Die Schädlinge des Gemüsebaues," Frankfurt a. 0. 1898, und den „Praktischer Ungezieferkalender," Frankfurt a. 0. 1902. Ebenfalls dem praktischen Bedürfnis angepafst ist der „Schutz der Obstbäume gegen feindliche Tiere" von E. L. Taschenberg (3. Aufl. von 0. Tascüenberg), Stuttgart 1901. _ Bei der weiteren Entwicklung der Disziplin des Pflanzenschutzes zeigt sich das Bestreben, für einzelne der hauptsächlichsten Kultur- pflanzen Hilfsbücher herzustellen. Als Beispiele führen wir an: Eisbein, „Die kleinen Feinde des Rübenbaues", 1882, mit sauber ausgeführten farbigen Tafeln, und ferner: Emile Lucet, „Les insectes nuisibles aux Rosiers sauvages et cultives en France", Paris 1898, mit zahlreichen Tafeln in Schwarzdruck. Am ausgebildetsten ist die im Dienste des Pflanzenschutzes arbeitende Zoologie in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo die Zoologen an den zahbeichen Versuchsstationen der Einzelstaaten, als auch speziell die „Division of Entomology" des Department of Agriculture zu Washington teils durch neue Forschungen, teils durch Verbreitung populärer Abhandlungen die Lehre von den Feinden der Kulturpflanzen ungemein fördern. Eingehendere Hinweise II. Geschichtliches. 59 auf die zoologisclie Literatur finden sich im dritten Bande dieses Hand- buches, Entsprechend dem immer mehr sich vertiefenden Verständnis für die nationalökonomische Bedeutung der Phytopathologie hat sich seit dem Erscheinen der KüHN'schen „Ki-ankheiten der Kulturgewächse" die Zahl der Lehr- und Handbücher der Phytopathologie allmälilich vermehrt. Zunächst zu nennen sind die Schriften voii_Örst£DT, „Om Sygdomme hos Planterne , som foraarsages af Snylteswampe , navnlig om Rust og Brand", K0benhavn 1863. Dem Werke folg-ten 1865 Mit- teilungen des Verfassers über Wirtswechsel der Rostpilze {Gijn/no- sporanghim Sahinae). Sodann erschien das Buch von Hallier ^ , der wegen seines besondern Standpunktes in einer Geschichte der Pflanzen- ki-ankheiten eingehender berücksichtigt werden mufs. Diese Hallier- schen Anschauungen, die zu scharfen literarischen Ausemandersetzungen^ namentlich mit de Bary führten, finden sich in späteren Schriften^) wiederholt und erweitert. In seinen „Pestkrankheiten der Kultur- gew^ächse" liefert Hallier eine Reihe von Untersuchungen über die Peronosporeen, und glaubt, damit die Richtigkeit seiner „Piastiden- theorie" für alle Zeit begründet zu haben. Bei Gelegenlieit der Cholera- Versammlung in Weimar (1868) trat Hallier zum ersten Male mit der Behauptung auf, dafs die von Nägeli als Spaltpilze (Schizotmjcetes) zu- sammengefafsten Formen keine selbständigen Organismen seien, sondern ErzeugTiisse des Plasmas verschiedener Farlenpilzgrui)i)en darstellen. Mit- hin sei die NÄGELi'sche Fanülie der Sjjaltpilze aus dem System zu streichen und die gesamten Infektionskrankheiten auf die Wirkung derartiger Plasmaprodukte (Piastiden) zmäickzufüliren. „Um also den Ursprung der Infektionskrankheiten aufzufinden, hat man bei jeder derselben zu untersuchen, welcher bestimmte Pilz aus seinem Plasma die Kontagions- zellen (Bakterien , Mikrokokkus usw\) erzeugt und auf welche Weise das geschieht." Betreffs der durch die JPliyiophtlwra erzeugten Kartoffel- krankheit wird nicht bestritten, dafs dieser Pilz die Ursache der Krankheit sei, aber er sei es weniger direkt, als vielmehi^ durch die Bakterien. .,Vor allen Dingen habe ich bewiesen, dafs die Bakterien, welche die absolute Ursache der Kartoöelpest sind, von den Piastiden der Phytophthora erzeugt werden, und dafs diese, sind sie erst einmal aus- gebildet, zm^ Erzeugung der Pest durchaus genügen, und es des Mycels und der Knospen der Phytophthora gar nicht mehr bedarf." Seine zahlreichen Untersuchungen führen schliefslich den Verfasser zu der Erkenntnis , dafs bei allen Infektionskrankheiten , menschlichen, tierischen und pflanzlichen, zweifellos drei Momente in Betracht kommen: ,,1) Absolute Ursache: 2) Aufsere oder allgemeine Begünsti- gung (Gelegenheitsursache oder Disposition): 3) Persönliche Be- glinstigamg. d. h. Empfänglichkeit des Erkrankenden."' Die Anschauung, dafs bei allen Krankheiten nicht nur die direkte Ursache , sondern auch die früheren . vorbereitenden Stadien und bei den parasitären Angritfen die den Parasiten in seiner Entwicklung be- günstigenden Nebenumstände einschliefslich der Disposition des Nähr- organismus zu berücksichtigen sind, hatte zuerst Soraüer in seinem „Handbuch der Pflanzenkrankheiten", I. Aufl., Berlin, Paul Parey, 1874, ') Ph3-topathologie. Die Krankheiten der Kulturgewächse. Leipzig 1868. 2) Die Piastiden der niederen Pflanzen. Leipzig 1895. — Die Pestkrankheiten (Infektionskrankheiten! der Kulturgewächse. Stuttgart 1895. ß {jO II. Geschichtliches. in die Phytopathologie eingeführt. Eine weitere Begründung lieferte die zweite Auflage des genannten "Werkes (188G) und ein speziell für den Praktiker gesclu-iebener Auszug: „Die Schäden der einheimischen Kultui-pfianzen'" 1888. Nur langsam haben diese Ideen sich Bahn brechen können, wie dies die nächstfolgenden Handbücher erkennen lassen. Von diesen nennen wir das durch zahlreiche eigiie Forschungen _geschätzte: „Lehrbuch der Baumkrankheiten" von Robert Hartig, Berlin 1882 (11. Aufl. 1889). Die dritte Auflage, in welcher der Ver- fasser nunmehr rückhaltslos eine Prädisposition anerkennt und eine örtliche, zeitliche, individuelle, erworbene und krankhafte Prädisposition unterscheidet, erschien im Jaln-e 1900 unter dem Titel: „Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten", Berlin, Julius Springer, — Als Vorarbeit für diese Lehi-bücher anzusprechen ist eine Studie über die Zersetzungs- erscheinungen des Holzes, die unter dem Titel: „Wichtige Krankheiten der Waldbäume", Berlin 1874, erschienen war. Auf das SoRAUER'sche Handbuch folgte zunächst eine ausführliche Bearbeitung von Frank: „Die Krankheiten der Pflanzen", Breslau 1880 (H. Aufl. 189STr~SpezieTn3.6n forstlichen Kulturpflanzen gewidmet ist das „LelirBüch"des Forstschutzes" von H. Nördlinger , Berlin 1884. Umfassender und mit einem Atlas versehen ist das Werk von Solla, „Note di Fitopatologia", Firenze 1888, dem eine Ai'beit von Brunchorst, „De vigtigste Plantesygdomme", 1887, in Norwegen voran- ging. In dieses Jahrzehnt fallen auch eine Anzahl beachtenswerter Artikel von Jensen, von denen (nach Rostrup) hier erwähnt sein mag: „KartoÖelsygen kan overvindes ved en let udforlig Dyrkningsmaade". Kjöbenhavn 1882. Während die bisherigen Autoren die Krankheiten nach ihren er- Aviesenen oder angenommenen Ursachen geordnet hatten, trat Kirchner mit einem speziell für den praktischen Gebrauch eingerichteten Werke : ^Die Krankheiten und Beschädigungen unserer landwirtschaftlichen ^Kulturpflanzen", Stuttgart 1890, hervor. Hier sind die Kraifli:heiten nach den einzelnen Kultm'pflanzen angefühlt und nach ihrem dem blofsen Auge entgegentretenden Habitus geschildert. Systematische wissenschaftliche Ergänzungen werden am Ende des Buches zusammen- gestellt. Entsprechend der Forschungsrichtung des Verfassers erschien 1895_ ein reich illustriertes Werk, das nur die p_arasitären Krankheiteil IBe' handelt :_j,J^flanzenki^anklieiteii, durch layptogame" Parasiten verursacht", von Karl Freiherr_v,_ Tubeuf, Berlin, Julius Springer. Der Parasitis- mus wird hier als eine Form der Symbiose dem Verständnis des Lesers nähergebracht und dabei auf eine „innere und eine äufsere" Disposition zur Erki^ankung hingewiesen. Die innere hängt „von dem Zustande der Energie des lebenden Protoplasmas der Whthszelle" ab, während die äufsere Disposition „besonders auf anatomischen Ver- hältnissen basiert". Li demselben Jahre veröffentlichte PhillieuX ein zweibändiges, an eignen Untersuchungen reiches Werk: ..Maladies des plantes agri^/^^^ coles et des arbres fruitiers et forestiers", Paris. Dieses umfassendste — -Werb^der französischen Literatur beschäftigt sich auch nur mit den parasitären Krankheiten. Dieselben w^erden streng wissenschaftlich be- handelt; jedoch wird aufserdem dem praktischen Bedürfnis insofern Rechnung getragen, als die Bekämpfüngsniittel berücksichtigt werden. Der ungeahnte Aufschwung, den die Studien über die Bakterien II. Geschichtliches. (jl infolge ihrer vielseitio-en ökonomischen Bedeutung nahmen, machte es notwendig, dais de Bary's „Vorlesmigen über Bakterien" einer Neu- bearbeitung und Ergänzung unterzogen wurden. Eine dritte , von MiGULÄ durch eigne Allheiten erweiterte inid mit genauen Literatur- angaben versehene i^uflage erschien im Jalnre 191)0 in Leijjzig. MittlerA^'eile hatte die stets fühlbarer werdende Notwendigkeit, die praktischen Kreise mit dem Wesen der Pflanzenkranldieiten vertraut zu machen, dahin gefüln^t, dafs die grofse Deutsche Landwirtschafts- Cresellschaft die Herausgabe entsprechender Publikationen in die Hand nalim. Im Jahre 1892 erschien die erste, 189(5 die zweite Auflage des „Pflanzenschutz", bearbeitet von A. B. Frank und P. Soraüer. Die Verfasser strebten die denkbar knappste Darstellung an, gliederten die Krankheiten nach den Nährpflanzen und behandelten jede Krankheit in drei Abschnitten: Erkennung, Entstehung und Bekämpfung. Der Text wurde durch zahlreiche Abbildungen auf farbigen Tafeln ergänzt. Nach derselben Methode veröffentlichten Frank eine ausführlichere i Bearbeitung unter dem Titel: „Kampf buch gegen ^e Schädlinge unserer ' Feldfrüchte", Berlin 1897, uncrSoRAUER ein mit zahlreichen Textfigiiren versehenes Werk: „Schutz der Obstbäume gegen Krankheiten", Stutt- ^ gart 1900. *~^ Von fremdsprachigen Büchern fällt um diese Zeit die Herausgabe eines durch reichen Tafelschmuck sich empfehlenden Werkes : „De ziekten von het suikerriet op Java" von H. Wakker und G. Went, 3 Leiden 1898. nachdem 189(3 bereits W. Krüger eine Abhandlung über die Zuckerrohrkrankheiten in den „Berichten der Versuchsstation für Zuckerroln- in AVest-Java, Kagok-Tegal" geliefert hatte. Dieselbe be- schäftigt sich eingehend unter gewissenhafter Literaturbenutzung mit der Sereh-Krankheit. Die Kafteekrankheiten speziell behandelt Delacroix in seinem 1900 in zweiter Auflage erschienenen Buche: „Les maladies et les ennemis des Cafeiers", Paris. Zwei Jahre später erschien: „Fungus diseases of stone-fruit trees in Australia" by D. Mc Alpine, Melbourne. Während die letztgenannl en Werke nm- spezielle Kulturpflanzen im Auge haben, zeitigt das Bedürfnis nach einer umfassenden Be- arbeitung des gesamten Krankheitsgebietes nach langer Zwischenperiode endlich wieder ein Handbuch: „Plantepatologi" Haandbog i La?ren om plantesygdomme af E. Rostrup, Kobenhavn 1902. Dieses vornehm aus- gestattete, durch viele saubere Originalzeichnungen gewinnende Werk legt den Hauptschwerpunkt auf die Pilzkrankheiten, die der Verfasser durch viele eigne, seit 1871 p^^blizierte Beobachtungen vermehrt hat. Zur Erleichterung des Auffindens der einzelnen Krankheiten ist eine Auf- zählung derselben, nach den Wirtspflanzen geordnet, am Schlufs des Werkes beigegeben. Das neueste Werk , das als ein bedeutsamer Kulturfortschritt im allgemeinen zu bezeichnen ist, erschien 1903 in japanischer Sprache und liegi uns mit deutschem Titel vor: „Lehrbuch der Pflanzen- krankkeiten in Japan", Ein Handbuch für Land- und Forstwirte, Gärtner und Botaniker. Von Arata Ideta. HL Aufl. Tokio 1903. Das mit einem Vokabularium der technischen Ausdrücke in deutscher, eng- lischer und japanischer Sprache versehene Werk ist mit 13 Tafeln und 144 in feiner Linienzeichnung ausgeführten Textfigm'en (meist nach deutschen x^utoren) versehen. Bei einer Wissenschaft, die wie die Phytopathologie bestimmt ist. iß2 II- Geschichtliches. mit ilu'en Forsclmugsergebnisseii im praktischen Betriebe Verwendmig zu finden , machte sich alsbald das Bedürfnis geltend , dm-ch farbige Abbildungen dem Laien das Erkennen der Krankheitsformen und -erreger zu erleichtern. Deshalb finden wir, abgesehen von den speziellen Pilz- werken, vielfach das Bestreben, durch farbige Habitusbilder den Text zu ergänzen. Der Versuch einer Darstellung der hauptsächlichsten Ki-ankheiten in Form eines Atlas mit kurzen Bescln^eibungen der Tafel- figiu'en koiuite erst gewagt werden, nachdem eine weiter ausgebreitete Erkenntnis der Wichtigkeit der Disziplin einen genügenden Abnehmer- kreis erhoifen liefs. Dementsprechend erschien im Verlag von Paul Parey in Berlin Sorauek's „Atlas der Pflanzenkranldieiten'', von welchem seit 1886 bis jetzt sechs Hefte in Folioformat ausgegeben worden sind. Die besondere Sorgfalt, welche auf die naturgetreue Wiedergabe der einzelnen Farbentöne verwendet worden ist, und der daraus resultierende Preis liefsen den Atlas weniger in den &eisen der Praktiker, als in den wissenschaftlichen Instituten Verbreitung finden, und dementsprechend machte sich allmählich das Bedürfnis nach der Herausgabe eines weniger teuern Werkes geltend. Dasselbe erschien unter dem Titel: „Atlas der Krankheiten und Beschädigungen unserer landwirtschaftlichen Kultur- pflanzen'', herausgegeben von 0. Kirchner und H. Boltshauser, Verlag von ÜLMER, Stuttgart, und liegt jetzt in sechs Heften vollständig vor. Die ermutigenden Erfahrungen, welche mittlerweile die Deutsche Landwirtschafts -Gesellschaft mit der Herausgabe des bereits erwähnten kleinen Buches „Pflanzenschutz" gemacht, zeigten, dafs eine Ausbreitung der Kemitnisse über die Krankheiten zurzeit in den Kreisen der prak- tischen Landwirte am erfolgreichsten dm'ch diesen km^zen Leitfaden durchgefülu't werden kann, und sie gab denselben in neuer Bearbeitung von SoRAUER und Rörig mit sieben sein- sorgfältig hergestellten Tafeln im Jahre 1904 in dritter Aiiflage heraus. Speziell dem systematischen Studium der Krankheiten dienend ist der „Atlas des Conferences de Pathologie vegetale" von Georges Delacroix, Paris 1901, zu nennen, der auf 5(j Tafeln in schwarzen Abbildungen die hauptsächlichsten Er- ki-ankungen der Kultmpflanzen darstellt. Ergänzend veröffentlichte Del.vcroix im Jahre 1902 im Auftrage des französischen Landwirts chafts- ministeriums ein kleines Werk: „Maladies des plantes cultivees", Paris, das hauptsächlich für die Praxis gesclmeben ist. Der bedeutendste wissenschaftliche Fortschritt lieg-t selbstverständ- lich in der monogTaphischen Bearbeitung der einzelnen Krankheits- gebiete, und auch diesen Weg hat die junge Disziplin der Pathologie bereits beschritten. Entsprechend der Wichtigkeit der Krankheiten sind es besonders die Rostpilze , namentlich die Getreideroste, denen eingehende Studien gewidmet worden sind. Im Jahre 1894/95 wm'de die deutsche Ausgabe eines 463 Seiten umfassenden Werkes von Jakob Eriksson und Ernst Henning veröffentlicht: „Die Getreideroste, ihre Geschichte und Natur, sowie Mafsregeln gegen dieselben", Stockholm. Das Aufsehen erregende Werk, das als ein Band der „Meddelanden frän Kongl.Landtbruks-Akademiens Experimentalfält" zunächst erschien, bringt die Getreiderosterkrankungen auf 13 farbigen Tafeln zui- An- schauung und stellt besonders die Spezialisierung des Parasitismus bei den Getreiderostpilzen fest. Aufserdem geht das Werk auf die Be- .sprechung der disponierenden Faktoren ein und prüft die Lage, physika- lische und chemische Bodenbeschaffenheit, Vorfrucht, Saatzeit usw. Mit erweitertem Programm erschien 1904 eine ebenso sorgfältige. II. Geschichtliches. (53 auf eignen Studien fulsende Arbeit von H. Klebahn unter dem Titel: „Die wirtswecliselnden Rostpilze''. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer biologischen Verhältnisse. Berlin 1904. Gebr. Bornträger. Eine Tabelle gibt in cln-onologischer Reihenfolge eine Aufzählung der heteröcischen Rostpilze seit den ersten, 18G4 ausgeführten Versuchen von DE Bary mit Puccinia grammis. Der Text behandelt in möglichster Ausfülu-liclikeit unter Hinweis auf die einsclilägige Literatur die Ab- stufung der Unterschiede und die Umgi'enzung cler Arten, die Speziali- sierung und die Descendenztheorie, die Empfängiiclilieitsfrage und die Frage der Übertragbarkeit der Rostki'ankheiten mittels der Samen. Dabei wird eingehend auch die seit 1897 von Eriksson aufgestellte Mycoplasma-Theorie besprochen. Über diesen Punkt ist bereits früher berichtet worden (s. S. 31). Die neuesten Studien veröffentlichte Eriksson im Jahre 1904 in den Scln-ifben der Schwed. Akad. d. Wissensch. unter dem Titel: „Das vegetative Leben der Getreiderostpilze". Als ein weiterer bedeutsamer Fortschritt in der Beschaffung wissen- schaftlicher Grundlagen ist ferner die jj^Pathologische Pilanzenanatomie" von Ernst Küster, Jena 1903, bei Gustav Fischer zu nennen. Ton der Erfaln-ung geleitet, dafs eine scharfe Trennung der Naturformen in normale und anormale nicht dmx-hfülu-bar ist , prüft der Verfasser die Erscheinungen nach dem physiologischen Gesichtspunkte , also nach der Funktionstüchtigkeit der Gewebe. „Entweder werden die Gewebe dui'cli Eiirflüsse irgend welcher Art gehindert, zu funktionstüchtigen, d. h. normalen, sich auszubilden, oder funktionstüchtige Gewebe erfahren nachti'ägliche Veränderungen, bei welchen sie ihre Funktionsfähigkeit ganz oder teilweise einbüfsen, oder es entstehen neue Gewebe am Pflanzenkörper, derart, dafs die erki'ankten und verunstalteten Organe des letzteren entweder gar nichts für den Gesamtorganismus leisten, oder doch weniger als diejenigen, die wir als normale bezeichnen." Wir haben in dem vorHegenden Werke einen erfolgi'eichen Versuch zu sehen, die Entwickln n^' s m e c h a'n i k des pflanzlichen Organismus darzustellen. Die Ausbildung der p e r i o^d i s c h e n L i t e r a t u r hängt mit den Be- strebungen nach einer Organisation des Pflanzenschutzes zusammen. Das leitende Prinzip war die praktische Frage , wie sich die Aus- breitung der Ki'ankheiten und Feinde der Kultui'pflanzen am besten verhindern mid ihre direkte Bekämpfung sich am vorteilhaftesten be- werkstelligen lasse. Dieser Frage waren zuerst die Vereinigten Staaten von Nordamerika dadurch nähergetreten, dafs von selten des Ackerbauministeriums (Department of Agricultm-e) im Jahre 1887 Institute zum Studium der Phytopathologie und der landwirtschaftlichen Insektenkunde geschaffen wui'den. Diese äufserst tätigen Listitute und Versuchsstationen gaben zunächst Jahi'esberichte und später aufserdem Spezialpublikationen über wissenschaftliche Untersuchungen heraus. Einen genaueren Ein- blick in die Organisation des Dienstes gewälirt der Bericht aus dem Jahre 1889 *). Wir ersehen daraus , dafs die phji:opathologische Ab- teilung ihre Untersuchungen in einer bestimmten Zeitschrift „The Jomnial of Mycology" veröffentlichte und aufserdem populäre Be- ^) Report of the chief of the section of vegetable pathology for the year 1889. Published ny autoritv of secretarv of agriculture. Washington 1890. ß4 II- Gescliichtliclies. sclii'eibiingen einzelner der liauptsächlichsten Kranlvlieiten in Form von Flugblättern (Bulletin) verbreitete. Einen sein- groisen Teil der Tätigkeit beanspruehte die Korrespondenz , die vorzugsweise in Be- antwortung von Anfragen aus den Kreisen der Praktiker bestand und die beispielsweise im Jaln-e 1889 bereits 2500 Briefe umfafste. Ein Hauptaugenmerk wm-de auf das Verfalu-en gerichtet, die Studien- ergebnisse im Laboratorium dmxli Feldversuche auf ihre praktische Brauchbarkeit zu prüfen. Behufs Ausführung derartiger praktischer Anbauversuche installierte die pathologische Abteilung bestimmte Persön- lichkeiten ( Agents) zm- Überwachung der Ausführung. "Wenn die Resultate solcher Freilandversuche aus verschiedenen Gegenden übereinstimmend genug waren, um allgemeine Schlüsse ziehen und Mafsnahmen zur Be- kämpfung daraus ableiten zu können, wurde zur Veröffentliclmng der Ergebnisse geschritten. In Deutschland zeigi-en sich [die ersten Bestrebungen nach einer Organisation auf dem Ackerbaukongrefs zu Wien im Jahre 1890, w^o Eriksson und Sorauer den Antrag einbrachten , den Regierungen ähn- liche Mafsregeln zu empfehlen, wie sie in Nordamerika bereits durch- geführt wurden. Behufs Ausarbeitung eines speziellen Arbeitsplanes und Entfaltung einer werbenden Tätigkeit wurde eine „Internationale phytopathologische Kommission" aus Vertretern aller em^opäischen Kulturländer gegründet und Sorauer als Schriftführer derselben be- auftragt, die entsprechenden Publikationen zu veranlassen. Dies gab die Anregung zur Gründung der „Zeitschrift für Pflanzen - krankheiten", deren erster Jalrrgang 1891 erschien. Ebenso wurden nunmehr die Bestrebungen behufs Einrichtung von Versuchsstationen und ähnlichen Instituten zur speziellen Pflege des Pflanzenschutzes in verschiedenen Ländern intensiver und erfolgreicher. Speziell in Preufsen war schon_ im Jahre 1880 M ein sehr ein- 'gehendes Referat von KoRN-Breslau : „Über die Begründung einer wissen- schaftlichen Centralstelle behufs Beobachtung und Tilgung der Feinde der Landwirtschaft aus dem Reiche der Pilze und Insekten", publiziert worden. Eine Anregung in diesem Sinne sollte bei der Reichsregierung seitens des Deutschen Landwirtschaftsrates erfolgen. Im Juni 1889 brachte Julius Kühn, durch dessen Bemühungen die Versuchsstation in Halle a. S. unter Hollrung's Leitung gegründet wurde, denselben Gegen- stand bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft zur Sprache, und 1890 gründete die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft einen „Sonder- ausschufs für Pflanzenschutz", dessen Vorstand von Julius Kühn, A, B. Frank und P. Sorauer gebildet wurde. Der Sonderausschufs er- richtete ein Netz von Auskunftstellen für die praktischen Landwirte, welches das ganze Deutsche Reich umspannte , und veröffentlichte, nachdem Sorauer für die Aufstellung einer Statistik eingetreten und mit einer statistischen Bearbeitung über den Getreiderost im Jahre v/ 1891 begonnen hatte, fortlaufende „Jahresberichte des Sonder- ausschusses für P f 1 a n z e n s c h u t z " . Im Jahre 1890 wurde auch das Phytopathologische Laboratorium zu Paris unter Pkillieux und Delacroix eröffnet und am 11. April 1891 zu Amsterdam die niederländische Sektion der Internationalen phyto - pathologischen Kommission gegründet, welche die Am^egung gab, dafs Ritzema Bös 1895 als Leiter des „Phytopathologischen Laboratoriums Archiv des Deutschen Landwirtschaftsrates, Heft 8, S. 307. II. Geschiclitliches. 65 "Willie Commelin Schölten" nach Amsterdam berufen wurde. Im Jalu-e 1895 erschien auf x4.m-egung des Niederländischen phytopathologischen Vereins und der Phytopathologischen Abteilung der Botanischen Ge-v^, Seilschaft Dodonaea die „Tijdschrift over plantenziekten", heraus- Z" gegeben von J, Ritzema Bos und Gr. Staks. Mittlerweile war in dem PASTEUR'schen Institut eine Versuchsstation behufs Bekämpfung schäd- licher Tiere diu'ch ansteckende Ki-anldieiten gegTündot und 1894 unter die Leitung von Metschnikoff gestellt worden. Rastlos tätig war Eriksson als Leiter des Experimentalfältet zu Albano bei Stockholm. Er gab 1895 die Beweisexemplare füi' die spezialisierten Cxetreiderostformen heraus, nachdem ihm behufs dieser Studien im Februar 19(>1 eine Unter- stützung von lOOoO Kronen staatlicherseits bewilligt worden war. Die Rostfrage , die auch für den Weizenbau Australiens die höchste Be- deutung besitzt, hatte seit 1888 zum jährlichen Zusammentritt einer Konferenz von Mitgliedern der australischen Kolonien gefüln-t, die einen offiziellen Bericht: „Rust in wheat Conference", für eine längere Reihe von Jahren veröffenthchte. In Deutschland folgte auf die „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten" von SoRAUER im .Tahre 1892 die ,,For stlich-naturwissenschaft- liche Zeitschrift" von C. v. Tubeuf, welche den Krankheiten der Pflanzen ebenfalls besondere Aufmerksamkeit widmete. Im Jahre 1898 wiu'de die „Kgl. bayrische Station für Pflanzenschutz" gegTündet und Y. TüBEUf's Leitung unterstellt. Aufserdem wm^len die Referate in dem seit 1873 erscheinenden Sammelwerke: „ Just's botanischer Jahresl^ericht" wesentlich reichhaltiger, da nun eine gröfsere Anzahl von Zeitschriften das Gebiet der Pflanzenkrankheiten speziell in ilu* Progi'amm aufnahm. Zu diesen gehört in erster Linie das von Uhlworm und Hansen heraus- gegebene „Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde ^ und Infektionskrankheiten" sowie die von Hieronymus und P. Hennings redigierte „Ileclwigia", das von Lotsy bearbeitete „Bota- nische Centralblatt", ferner Biedermann's ^,0 entralblatt für 'Ägrikulturchemie", redigiert von Kellner, die „Naturwissen- schaftliche Zeitschrift für Land- und Forstwirtschaft" von V. Tubeuf und L. Hiltner und die „Praktischen Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz" von L. Hiltner. Speziell über fi'opische Kulturpflanzen finden wü.' eingehende pathologische Mitteilungen im „Tropenpflanz er", Zeitschrift f. tropische Land- wirtschaft von 0. Warburg und F. Wohltmann, sowie in den dazu- gehörigen „Beiheften", welche die Organe des „Kolonialwirtschaft- lichen Komitees zu Berlin" sind. In den deutschen ostafrikanischen Kolonien ist besonders Zimmeirmann auf pathologischem Gebiete tätig, wie seine „Mitteilungen aus dem biologisch-landwirt- schaftlichen Institut Amani" beweisen. In Österreich wiu'de im Jahre 1898 die „Zeitschrift für das landwirtschaftliche V e r s u c h s w e s e n in Österreich" gegründet. Im folgenden .Jahre begann P. Nypels eine Reihe von VeröflPentlichungen unter dem Titel: „Maladies des plantes cultivees", Bruxelles , und y. Istvänffi gab 1900 den ersten Band der „Annales de Ilnstitut Central ampelologique Royal Hongrois" als jVIitteilung des seiner Leitung unterstellten Central- Weinbauinstituts heraus. Auch hier wird den Krankheiten besondere Aufmerksamkeit zuteil. Dasselbe gilt für die von Göthe und später von Wortmann herausgegebenen „.Jahresberichte der Kgl. Lehi'anstalt für Obst- . Wein- und Gartenbau" zu Geisenheim a. Rh. und die von Sorauer, Handbuch. 3. AuH. Erster Band. 5 (j(3 II. Geschichtliches. Müller-Thurgau bearbeiteten Jaliresbericlite der „Deutsch-scliweizeri- schen Versuchsstation für Obst-, "Wein- und Gartenbau zu Wädensweil", Zürich. Schon die Aufzähkuig der Zeitschriften, die teils die deutsche und fremdsprachliche Literatur referieren, teils Originalarbeiten bringen, gibt einen Einblick in das ungewöhnlich schnelle Anwachsen des Stoffes, das mit Notwendigkeit eine einheitliche Zusannnenfassung in einem Sammelwerke erforderte. Der Bearbeitung eines solchen unterzog sich Hollrung, der seit 1899 einen „Jahresbericht über die Neuerungen und Leistungen auf dem Gei)iete der Pflanzenkrankheiten", Berlin, Verlag von Paul Parey, herausgibt. Somit hat die junge Disziplin der Phytopathologie denselben literarischen Apparat erlangt, den die älteren Disziplinen besitzen, und der zum wissenschaftlichen Fortschritt unbedingt nötig ist. Aber auch die praktische Seite der Phytopathologie, nämlich der Pflanzenschutz, hat die erwünschte Fortentwicklung gefunden. Die 1880 von Korn angeregte, 1889 von Kühn wirksam befürwortete, von Sorauer auf den internationalen landwirtschaftlichen Kongressen und in der Zeitschrift für Pflanzenla-ankheiten weiter ausgebaute Idee der Einrichtung spezieller Listitute wm'de 1891 im Preufsischen Abgeordnetenhause von Schultz -Lupitz in Form eines Antrages zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Am 27. April desselben Jahres ver- öffentlichte der Reichsanzeiger, dafs der Antrag Schultz-Lupitz der Kgl. Staatsregierung zur Erwägung überwiesen worden sei, und alsbald trat das Landwirtschaftliche Ministerium in die Prüfung der Frage ein, inwieweit durch Erweiterung der ihm unterstehenden wissen- schaftlichen Institute der Pflanzenschutz gefördert werden könne. Je eingehender und vielseitiger aber die Beratungen wurden, desto mehr kam der Gedanke zum Durchbruch, dafs wirksame Maisnahmen im Interesse des Pflanzenschutzes nur durch ein Reichsinstitut erlangt werden können. Ein solches wurde nun durch Bewilligung sehr reicher Mittel in Form einer „Biologischen Abteilung für Land- u n d Forstw^irt Schaft" dem Reichsgesundheitsamte angegliedert und ist von 1905 ab ein selbständiges Institut des Reiches. Die zurzeit unter Aderhold's Leitung stehende Abteilung besitzt in Dahlem bei Berlin neben den entsprechenden Laboratorien ein sehr ausgedehntes Versuchs- feld und publiziert die Resultate ihrer Ai-beiten in zwanglos er- scheinenden Heften, von denen das erste im Jahre 1900 ausgegeben wurde. Aufser diesen wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht die Biologische Abteilung auch populäre Flugschriften und farbige Plakate und wirkt dadurch fördernd für die Ausbreitung der Kenntnisse über die häufigsten tierischen und pflanzlichen Schädlinge in den Kreisen der Praktiker, denen auch kostenlos direkt Auskunft in Angelegenheiten des Pflanzenschutzes erteilt wird. Neben der erwähnten Reichsanstalt, die nunmehr den Titel: „Kais. Biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft" führt, finden wir in den deutschen Einzelstaaten noch vielfach Ein- richtungen zur Pflege des Pflanzenschutzes, die teils sich an bestehende Institute der Hochschulen und Versuchsstationen angliedern, teils selb- ständige Schöpfungen darstellen. Von letzteren ist aufser den bereits erwähnten Instituten zu Halle und Geisenheim noch die im Jahre 1902 begründete, unter Kirchner's Leitung stehende Anstalt für II. Geschichtliches. 67 Pflanzenschutz in Holienlieim zu nennen. Auch in den übrigen europäischen Ländern finden wir eine eifrio-e Förderung des Studiums der Pflanzenkrankheiten, wie die VeröÖentlichungen der Institute be- weisen. Zu diesen gehören: „Bulletin de la Station Agronomique de TEtat ä Gembloux", Bruxelles (Em. Marchal), und „Travaux de la Station de pathologie vegetale", par Delacroix, Paris, die bereits ge- nannte „Tijdschrift over Plantenziekten" (Ritzema-Bos) und die „Land- bouwkundig Tijdsclii'ift", die „Oversigt over Landbrugsplanternes Sj^g- dorome", Kjöbenhavn, in „Tidsskrift for Landbrugets Planteavl", Kjöbenhavn (Rostrup) , die „Uppsatser i praktisk Entomologi", Stock- holm (Lampa), „Beretning om Skadeinsekter og Plantesygdomme", Kristiania (Schöyen), „Berättelse öfver skadeinsekters uppträdande i Einland" (E. Reuter), in „Landbruksstyrelsens meddelanden", Helsing- fors, „Annual rej^ort of the Consulting botanist" (Carruthers), in „Journ. Royal Agric. Soc", London. Dais auch die auf sereuropäischen Staaten in den Bestrebungen zur Hebung des Pflanzenschutzes nicht zurückgeblieben, ist selbstverständ- lich. Die ausgedehnteste Förderung hat die Disziplin nach wie vor in Nordamerika erfahren, wo das Department of Agricultm'e zu Washington seine besondere Aufmerksamkeit nunmehr auch den tierischen Feinden zugewendet hat. Aufser der Errichtung der „Division of Entomology' , die durch gehaltvolle Untersuchungen wesentlich zur Kenntnis der tierischen Schädlinge beiträgt, ist die Einrichtung von Versamm- lungen landwh'tschaftlicher Zoologen besonders beachtenswert, in denen diurch mündlichen Austausch Fragen allgemeiner Bedeutung behandelt werden. Auf'serdem bearbeiten zahlreiche Forscher an den Universitäten und Versuchsstationen das Gebiet mit erfreulichem Erfolge. Von letzteren erwähnen wir die Landwirtschaftliche Versuchsstation des Staates New York zu Geneva imd die New Jersey Agricultural College Experiment Station. Weitere Angaben bietet der spezielle Teil unseres Buches, in welchem die verschiedenen Bulletins der den Pflanzenschutz pflegenden Institute citiert werden. Aufser den zahlreichen Publikationen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika liefern auch die Zeitscln"iften anderer Länder be- achtenswerte Beiträge zur Kenntnis der Ki-ankheiten tropischer Kultur- pflanzen. Dahin gehören die „Mededeelingen van het Proefstation voor Suikerriet in West -Java", die Mitteilungen der „Proefstation voor Cacao te Salatiga", Malang, das „Boletim da Agi'icultura", S. Paulo, „Boletim del Instituto Fisico-Geogi^aphico de Costa Rica", „Q^^eens- land Agricultural Journal", „Australian fungi" (Mc Alpine), in „Proceed. Xinnean Soc. of New South Wales", „Administration Reports Royal Botanical Gardens", Ceylon, „Rejjort of the Department of lancl records and agriculture", Madras, und „The Joiu-nal of the College of science. Imperial University of Tokio", Japan. Betreffs der zahlreichen andern Listitute und Einzelforscher müssen wir auf das „Botaniker-Adrefsbuch" von J. Dörfler, Wien 1902, verweisen. Nachschrift. In den vorgeführten Mitteilungen haben wir versucht, nicht nur auf das literarische Material hinzuweisen, sondern auch die leitenden Ideen der einzelnen Zeitepochen zum Ausdruck zu bringen , um_ zu zeigen, wie unsere Wissenschaft sich allmählich auf ihren jetzigen (53 II. G-escliichtliches. Standpunkt lieranfgearbeitet liat. Gewifs nicht ohne Interesse sind die AVandhmgen der Ansichten über das Wesen und die Rolle der para- sitären Organismen. Aber nicht minder' interessant sind die als roter Faden durch alle Berichte zu verfolgenden Hinweise der Autoren auf den Einliufs der Gestmie , d. h. der Witterungsfaktoren. Gerade des- lialb haben wir in oft längeren Citaten die Anschauung früherer Zeiten wiedergegeben. Und in dieser Beziehung finden wir eine schlagende Übereinstimmung von den ältesten Zeiten an, indem stets die Ab- hängigkeit solcher Erscheinungen, die wir jetzt als parasitäre kennen gelernt haben, von den Idimatischen und Bodenverhältnissen, zum Teil auch schon von den Kiüturmafsregeln betont wird. Diese Idee , welche auch die leitende in dem hier vorliegenden Buche ist, hat clen Verfasser seinerzeit veranlafst, die ersten Versuche zu einer Statistik der P f 1 a n z e n k r a n k h e i t e n zu unternelunen. Diese Versuche, die, wie erwähnt, mit Hilfe der Deutschen Land- wirtschafts-Gesellschaft begonnen und durch deren „Sonderausschufs für Pflanzenschutz" fortgesetzt worden sind, haben nun dadurch ilu'e An- erkennung gefunden, dafs vom Jalu-e 1905 ab die „Kais. Biologische Anstalt iür Land- und Forstwirtschaft" die Statistik der Pflanzen- ki^ankheiten übernehmen wird. Die Wichtigkeit einer Statistik auf unserem Gebiete wird viehach angezweifelt mit dem Hinweis, dafs gerade unsere gefälulichsten Ki'ank- heiten stets vorhanden sind und die Angaben der sammelnden Persönlich- keiten über Intensität der Erki^ankung und Gröfse des wirtschaftlichen Verlustes so individuell beeinflufst erscheinen, dafs sichere positive Zahlen niemals erhalten werden können. Diesen Einwendungen gegenüber ist zu betonen, dafs ich nicht deswegen die Statistik in die Hand genommen habe, um präcise Zahlen über Ausbreitung und wirtschaftliche Wirkung der einzelnen Krank- heiten zu erlangen. (Übrigens wird auch in dieser Beziehung die Berichterstattung mit der zunehmenden Schulung des Beobachter- personals allmählich so genau wie auf allen Gebieten des orga- nischen Lebens werden.) Die Hauptaufgabe der Statistik liegt in dem Nachweis der Beziehungen, welche die einzelnen Ki^ankheiten zu den lokal oder allgemein sich geltendmachenden klimatischen und Bodenverhältnissen sowie zu den Kulturfaktoren haben. Das Studium der leicht zu konstatierenden extremen Erla-ankungsformen und die Feststellung, durch welche Faktoren dieses Extrem zustande gekommen ist, ■ bildet das fruchtbringende Feld der Statistik. In diesen Studien liegt die Zukunft der Pathologie. So wertvoll an sich die Beobachtungen über die Formenkreise und Lebensansprüche der parasitären Mikroorganismen sind, so bilden sie doch immerhin nur ein Glied in der Kette der Forschungen und erlangen ihren Wert nur in der Feststellung ihres Verhaltens inner- halb der freien Natur und des üblichen Wirtschafts- betriebes. Und dies erkennen wir durch einen ausgebildeten statisti- schen Dienst , der uns lehrt , unter welchen Verhältnissen die Krank- heiten sich steigern oder vermindern. Diese Erkenntnis führt zur Vorbeugung der Krankheiten durch eine auszubildende Pflanzenhygiene, imd in dieser Richtung mufs die Pathologie sich in Zukunft weiterentwickeln. Spezieller Teil Erster Abschnitt. Krankheiten durch ungünstige Boden Verhältnisse. Erstes Kapitel. Die Lage des Bodens. "Wenn auch die Ki-anklieiten, die bei ungünstiger Lage des Kultur- landes sich einstellen, besser bei den Einzeltaktoren, durch welche die Lage dem. Pflanze nwachstum verderblich wird, besprochen werden, so haben wir doch für notwendig gehalten, im folgenden die allgemeinen Verhältnisse verschiedener Lagen zu skizzieren. Denn gerade für die leitende Idee in diesem Handbuch, für den Hinweis auf die sich heraus- bildende Disposition zu gewissen Erkrankungen, ist es von besonderer Wichtigkeit, zu zeigen, wie der stoffliche imd gestaltliche Aufbau einer Pflanzenart sich mit den Standortsverhältnissen ändert, wie einzelne Funktionen bald herabgedrückt bald gefördert erscheinen, und wie demnach die einzelnen Lokalitäten ihren bestimmten Charakter den Pflanzen aufdrücken , welche dadiu'ch den einzelnen Schädigungs- ursachen gegenüber sich ganz verschieden verhalten müssen. 1. Die Erhebung über den MeeresspiegeL a) Allgemeine habituelle Änderungen. Bei krautartigen Gewächsen. Dafs mit der ziuiehmenden Höhe einer Kulturfläche über den Meeresspiegel die Wärme eine immer geringere wird, und dafs diese Wärmeabnahme der mafsgebende Faktor für die Begrenzung der Vegetation ist und somit die Ernte im Gebirge eine verspätete sein mufs, bedarf keiner weiteren Ausführung, Dafs diese verspätete Ernte grofse Schwierigkeiten für das Trocknen des Getreides bietet und besondere Vorrichtungen im Hochgebirge nicht selten erforderhch macht, und dafs trotzdem manchmal ein S chwarz werden der Körner in- 70 I- Krankheiten dvircli ungünstige Bodenverhältnisse. folge eintretender Pilzvegetation stattfindet, ist allgemein bekannt. Ein Beispiel in präzisen Zahlen liefert Angot ^), nach dessen Beobachtungen 'sich die Ernte des Winterroggens in Franla-eich durchschnittlich um vier Tage verzögert, wenn die Höhe um 100 m zunimmt. Aufmerksam zu machen ist aber dabei auf den Umstand, dafs mit der zunehmenden Höhe die Verdünnung der Luft die Wärme derselben vermindert, dafs also auch diese Verdünnung ganz wesentlich auf die Ausbildung der Vegetation wirken mufs. Dazu kommen die Feuchtigkeitsverhältnisse, welche, abgesehen von der physikalischen Bodenbescliaffenheit, für alpine Regionen niederer Breiten andere sind als für Pflanzen aus der Ebene der arktischen Zone. Innerhalb derselben Breite wird das Gebirge als kälterer Körper melrr AVasserclampf verdichten und daher reich- lichere Niederschläge erhalten als die Ebene. Es wird daher auch mehr Schnee fallen, und das zum Sclrmelzen dieser gröfseren Schnee- masse erforderliche Wärmequantum wird also der Vegetation entzogen. Selbst wenn der Schnee im Frühjahr geschmolzen , wird trotzdem noch die Pflanze im Gebirge zunächst weniger von der Sonnen- wärme Vorteil ziehen können als die in der Ebene, indem die Zer- rissenheit der Bodenoberfläche wirksam wird. Ein Quadratmeter Grund- fläche , der eine stark zerklüftete Bodendecke besitzt , hat eine viel grölsere , in unendlich viele schiefe Ebenen zerspaltene Oberfläche ; auf diese muls sich dieselbe AVärmemenge verteilen wie auf ganz ebenem Lande, dessen einzelne Punkte somit stärker erwärmt werden. Li diesem Falle befinden sich die Gebirgsketten gegenüber den Ebenen. Es erklärt sich aus den bisherigen Angaben, dafs mit der Erhebung über den Meeresspiegel sich die durch Wärme wesentlich beförderten Prozesse der Verwitterung und Verwesung verlangsamen müssen. Es erklärt sich ferner, dafs derartige eigentümliche Kombinationen der Wachstumsfaktoren charakteristische Formen erzeugen werden, bei denen der kurze , gedrungene Wuchs das bekannteste Merkmal ist. Solche Wuchsformen erhalten sich zunächst durch die Samen konstant. Derartig erblich gewordene Idimatische Formen sind als „öko- logische Varietäten"^) bezeichnet . worden. Wenn wir anfangs gesagt haben, dafs die Lufttemperatur in den Höhen geringer ist, so mufs anderseits betont Averden, dafs mit der Höhe die Litensität der Bestralüung zunimmt und allmählich höhere Bodenwärme erzeugt. Es würde deshalb das Gebirgsklima niederer und mittlerer Breiten sich durch gröfsere Lichtintensität und grölsere Bodenwärme sehr günstig von dem der Ebenen in einer Polarzone, die dieselbe Lufttemperatur hat, unterscheiden. Der geringere Luft- druck auf den Bergen mufs eine Steigerung der Transpiration zur Folge haben, wie Friedal") angibt, und die erhöhte Lichtzufuhr eine Steigerung der Assimilationstätigkeit des Blattes ; folglich arbeitet die typische Gebirgspflanze energischer, und daraus erklärt sich ilu^e verkürzte Vegetationszeit. Nach den Beobachtungen von Bonnier*), der am Montblanc und ') Der Naturforscher, 1883, Nr. 24. ^) Lebensgeschichte der Blütenpflanzen MitteleurojDas. Von Kirchner, Loew und C. Schröter. Stuttgart, Ulmer 1904. S. 116. ^) Friedas, Action de la pression totale sur l'assimilation chlorophyllie'nne. C. rend. 1901. Cit. Bot. Jahresb. 1901. Abt. II. S. 221. *) BoNNiER, Etüde experimentale de Tinfluence du climat alpin sur la Vege- tation etc. Bull. Soc. Bot. France. Tom. 35. 1888. 1. Die Erhebimg über den Meeresspiegel. 71 in den Pyrenäen Versuchsgärten angelegt hatte , trat im Alpenklima bei einer grollen Anzahl krautiger Gewächse eine Verkürzung der Triebe ein, die zum Nanismus führte. Bei den Hoohgebirgsexemplaren wird das Palisadenparenchym stärker entwickelt und chlorophyllreicher. Dementsprechend ist die assimilatorische Arbeit eine gesteigerte. "Wenn man Blätter derselben Spezies von Exemplaren der Ebene und aus dem Gebirgsgarten, die gleichzeitig abgeschnitten wurden, prüfte, zeigten die Blätter aus dem Hochgebii'ge in der gleichen Zeit für gieichgTofse Flächen eme stärkere Sauerstotfentwicklung. Solchen alpinen Charakter soll man bei Pflanzen dadurch künstlich züchten können, dafs man sie wäln-end der Nacht in Eis packt, während man sie tagsüber in normalen AVachstumsverhältnissen beläfst ^). In einer späteren Mitteilung-) macht Bonniek speziell darauf auf- merksam, dafs sich durch die in den alpinen Regionen stattfindende Steigerung der Transpiration und Assimilation leicht erklären lasse, weshalb Pflanzen der Ebene , ins Alpenklima gebracht , eine relativ gröfsere Menge an Zucker , Stärke , ätherischen Ölen , Farbstoffen, Alkaloiden und andern Produkten der Chlorophyllarbeit entwickeln. Wie sehr der spezifische klimatische Charakter sofort den Ent- wicklungsmodus einer Pflanzenspezies beeinflufst, zeigen die bekannten 1875 bis 1880 ausgeführten Anbauversuche von Kekner v. Marilaun^) mit Samen , die von derselben und zwar A'or Fremdbestäubung ge- schützt erzogenen Mutterpflanze stammten. Ein Teil der Samen wurde in einem alpinen Versuchsgarten auf der Kujjpe des Blasers in Tirol (2195 m Seehöhe), ein anderer Teil im Wiener botanischen Garten ausgesät. Auf der Kuppe des Blasers erfolgte das Keimen der Samen bald nach dem Abschmelzen der 1,5 m hochgewesenen Schneedecke in der Zeit vom 10. bis 25. Juni. Die Entwicklung der Sämlinge fiel somit in die Zeit des höchsten Sonnenstandes und der längsten Tage. Die Sämlinge waren sofort einer Temperatur ausgesetzt, welche ebenso hoch oder noch etwas höher war als die den Versuchspflanzen im Wiener botanischen Garten mi März bei einer Tageslänge von zwölf Stunden zuteil gewordene. An den Pflanzen, welche nicht durch die einzelnen Fröste im Juni, Juli und selbst im August getötet worden waren, wiu'den Ende August und Anfang September Blüten beobachtet, also z. B. bei Saturcja hortensis, Lcx^idium fiatiniiH, Af/rostmui/a Giiliago, Centavrca Cyamis, Turgenia Jatifolia usw. Die im alpinen Versuchsgarten erwachsenen Pflanzen zeichneten sich den im Wiener botanischen Garten entwickelten Exemplaren gegen- über dadurch aus, dafs sie auffallend verkürzte und in geringerer Zahl entwickelte Stengelglieder besafsen. Ferner sah man, dafs an den alpinen Exemplaren . z. B. von Viola (irvcnsii^ , schon aus der Achsel des dritten und vierten Laubblattes sich Blüten entwickelten, während in Wien dies erst bei dem siebenten und achten Laubblatt stattfand. Die Zahl der Blüten war geringer und die Blütenblätter, ähnlich den Laubblättern , durchschnittlich kleiner. Ein Teil der in der Ebene einjährigen Arten . die genügend Zeit und Wärme zirr Samenaus- ') P.vi.LADix. lufluence des changements des temperatures sur la respiration des plaiites. Revue gen. de Botanique, 1899. S. 242. 2) BoxxiKii, Gastox, Influenae des hautes altitudes sur les fonctions des vegetaux. Compt. rend. de l'Acad. scienc. Paris. Tom. CXI. 1890. Cit. Bot. Centralbl. 1891. Nr. 12. ^) Pflanzenleben. Bd. II, S, 453 ff. Wien. 1898. 72 I- Kraiiklieiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. bildmig gefunden hatten, wurde auf der Kuppe des Blasers langlebiger dadurch, dafs im folgenden Jahre aus dem untersten Teil des Stengels neue Sprosse sich entwickelten. Auch ein früheres Aufblühen konnte man beobachten. Entsprechend dem Umstände , dafs mit der zunehmenden Höhe die Litensität der Besonnung wächst, war auch die auf dem Anthocyan beruhende Blüteiifärbmig intensiver. Blumen, die in der Ebene weifs waren, zeigten auf den Alpen eine violette Unterseite ihrer Blumen- lilätter. Die Spelzen von Gräsern, die in der Ebene gTün oder nur matt violett waren, wurden in der Alpenregion durch reichlichere Aus- bildung von Anthocyan dmikel braunviolett*). Die Blätter von Scdum acre , alhuni und hcxangnlare wiu"den purj^urrot. Dagegen vergilbten Blätter vom Orohiis vernus , Valeriana Phu und Viola cucullata durch den Lichtüberschufs im alpinen Versuchsgarten, die im Tal an schattigen Orten gTünlaubig bleiben. Bei dem Einflufs des Gebirgsklimas handelt es sich nicht nur um die Wärme differenzen der Jahresmittel mid der einzelnen Jahreszeiten, sondern namentlich auch um die Luftfeuchtigkeits Verhältnisse. Wärme und Luftfeuchtigkeit in ihrer Gesamtmenge luid in ilurer zeit- lichen Verteilung sind neben der Lichtzufuhr ausschlaggebend für die Vegetation. Die Luftfeuchtigkeit beeinflufst, wie erwähnt, die für die Pflanzen verfügbare Lichtmenge ; denn der Wasserdampf hat etwa die fünffache AbsorptionsgTöfse für die Lichtstrahlen gegenüber einer trocknen Luft, Da nun der absolute Gehalt der Luft an Wasserdampf mit der Höhe abniimnt, so wii'd auch weniger Licht im Gebirge absorbiert, namentlich da der Lichtstrahl einen kürzeren Weg ziuäickzulegen hat, um zum Erdboden zu kommen, gegenüber den Gegenden im Meeres- niveau. Dafs der absolute Feuchtigkeitsgehalt der Luft mit der Höhe abnimmt, ist selbstverständlich, denn die Temperatur wird eine immer geringere, und die Luft mufs ihren Wasserdampf kondensieren und in flüssiger Form abgeben. Aber die relative Feuchtigkeit nimmt zunächst im Gebirge zu, und dies ist der Grund, weswegen wir das Gebirgs- klima als ein feuchtes und regnerisches zu bezeichnen pflegen. Li Beziehung zur Luftfeuchtigkeit steht auch die Bewölkung. Diese Zunahme der relativen Feuchtigkeit und die abnehmende Lufttemperatur bilden die Ursachen für eine schnelle Begrenzung unserer Kulturbestrebungen, soweit dieselben sich auf die Gewimiung von Samen in Gebirgsregionen erstrecken. Wir wissen, dafs die Blüten- und Samenbildung eine Wärme Steigerung im Verhältnis zur Erhaltung der vegetativen Periode beansprucht. Deshalb sehen wir, dafs das Getreide im Gebirge , wie anfangs erwähnt , vielfach nicht ausreift und ebenso Klee und andere Leguminosen kein genügendes Saatgut liefern. Es kommt zu den erwähnten Verhältnissen noch ein 1) Von namhaften 'Forschern wird die Ansicht vertreten, dafs das Anthocyan zum Schutz der Pflanze gegen zu starke Besounung entwickelt werde. Kkrnkk (1. c. Bd. I, S. 508) vermutet, dafs in den bei Wärmemangel auftretenden Blumen- rötungen das, was an direkt zugeleiteter Wärme den Blüten abgeht, „durch jene Wärme ersetzt wird , welche durch Vermittlung des Anthocyans aus den Licht- strahlen gewonnen wird''. Wir glauben beobachtet zu liaben^ dafs zwar der rote Farbstoff sich häufig bei Wärmemangel entwickelt, aber auch bei Wärmereichtum sich dann einstellt, wenn im Verhältnis zur Wärme ein Lichtüberschufs bei zucker- führenden Geweben sich geltend macht. 1. Die Erhebung über den Meeresspiegel. 73 anderer Umstand hinzu, auf welclien Pax\) aufmerksam, gemacht hat. Es ist nämlich der Insekteiu-eichtum schon bei 2300 m nui* halb so grofs wie in der Ebene ; daher spielen Windblütler im Hochgebirge eine gröfsere Rolle; auch wird die vermehrte Schwierigkeit der Lisekten- bestäubung dadmxh teilweise ausgeglichen, dais eine ungeschlechtliche Vermelu'ung dafür eintritt {Folygonum viviparmn, Poa alpina, Saxifraga cernua)-^ ferner sind zehn Elftel aller Arten Stauden, und selbst die bei uns einjährige Viola tricolor wird in den Alpen ausdauernd. Aufserdem ist noch daraufhinzuweisen, dais bei fortgesetzten Kultur- versuchen im Höhenklima km'zlebige Gebirgs Varietäten sich ausbilden, die zwar quantitativ geringeres, aber qualitativ noch zufriedenstellendes Saatgut Uefern. Solches bietet die gröfsere Möglichkeit, die Ernte im Gebhge noch glücklich einzubrmgen, und hat (nach Schiebler)^) den Vorteil, in tieferen Lagen zmiächst seine verkürzte Vegetationszeit bei- zubehalten, also in den nordischen Klimaten vorteilhafte Verwendung zu finden. Ausbildung der oberirdischen Achse der Holzpflanzen. Gegenüber einer vielverbreiteten Ansicht ist zu erwähnen, dafs Zwergwuchs im Hochgebirge nicht dem Schneedruck zuzuschreiben ist, da wir noch Baumgestalten m den Regionen haben, wo der meiste Schnee fällt. Die Schneedecke wird bekanntlich nicht etwa immer stärker, je gröfser die Erhebung des Hochgebirges sich gestaltet, sondern steigt nui- etwa bei uns bis zur Höhe von 2500 m, also nur bis zur oberen Grenze der Zwergkiefer, des Zwergwacholders und der Alpenrosen. Höher hinauf nehmen die Niederschlagsmengen ab. Fichten, Lärchen- und Zirbelkiefern leiden weniger durch Schneedruck, wenn sie allein oder locker stehen, weil ihre elastischen, abschüssig gestellten älteren Zweige die angesammelten Schneemassen bei Wind leichter abgleiten lassen. Andere Gehölze , wie Salix serpyllifoh'a und Rhamnus pumila, entgehen übermäfsigem Schneedruck häufig durch ihre Ansiedlung an steilen Felswänden, von denen der Schnee schnell abstürzt. Aber auch die dem vollen Schneedruck ausgesetzten Gehölze werden schwerlich durch die Last des Schnees oder dm'ch den Wind zum Anschmiegen an den Boden veranlalst. Vielmehr darf man mit Kerner annehmen, dafs es die Bodenwärme ist, die ihnen in direkter Nähe der Erde die besten Existenzbedingungen bietet. Li den Hochalpeiu*egionen ist der Boden viel wärmer als die Luft, die vermöge ihrer zunehmenden Verdünnung und ihres schnell abnehmenden Wassergehaltes weniger Sonnenlicht absorbiert. Genannter Autor citiert, dafs z. B. auf dem Gipfel des Montblanc (4810 m) die Litensität des Sonnenlichtes um 26 °/o gröfser ist als im Niveau von Paris. Auf dem Pic du Midi (2877 m) beobachtete man eine Temperatiu' des besonnten Bodens von 33,8 " C, während die Luft nur 10,1 ^ zeigte. Diese Bodenwärme mit der Lichtmtensität erklärt die beschleunigte Entwicklung und das frühe Blülien der alpinen Pflanzen. Ln Gegensatz zu Kernkr glaubt Vöchting^) auf Grmid seiner Be- obachtungen an Mimulufi T/lhtgii. dessen junge Triebe von bestimmtem ^) Das Leben der Alpenpflanzen. Zeitschr. d. d.-östr. Alpenvereins 1898. S. 61. -) ScHiEBLER, Die._Pflanzenwelt Norwegens. Allg. Teil. Christiania 1873. ^) VöcHTixG, H., Über den Einflufs niedriger Temperatur auf die Sprolsrichtung. Ber. Deiitsch. Bot. Ges. XYI. 1898. S. 37. 74 I- Krankheiten dvircli migünstige Bodenverhältnisse. Alter bei niedriger Temperatur im Früliling sich, niederlegten , bei Wärmesteigernng sich aufrichteten, dals das Hinkriechen der Alpen- pflanzen am Boden teilweise oder ganz dem Einflnis der niedrigen Temperaturen zuzuschreiben sein möchte. Wir vermögen dies^e Auf- fassung nicht zu teilen. Betretis des Wachstumsmodus der Bäume in den alpmen Regionen liegen Untersuchungen von Rosenthal ^) vor. Derselbe fand, dafs bei allen untersuchten Holzarten die Jahresringbreite im Hochgebirge ge- ringer als im Tieflande ist. Die Excentricität der Äste ist meist sehr stark, aber die Richtung des stärksten Zuwaches veränderlich. Das Wasserleitungssystem erfährt infolge der gesteigerten Verdunstung eine gröfsere Ausbilclung. Bei den Dikotjdedonen wird der höhere Anteil an Leitungsgewebe durch die Verschmälermig des Jahresrmges erreicht; bei den Nadelhölzern wurde eine beträchtliche Verminderung des Spät- holzringes gefunden. Die im Gebirge fortwährend durch die Verwitterungserscheinungen sich vollziehenden Bpdeiu-utschungen bewirken Schiefstellungen der Bäume und damit Änderungen in der Holzausbildung derselben. Hartig^) wies nach, dafs bei Stämmen und Ästen der Fichte, sobald sie zur Horizontalen sich neigen, auf der Unterseite breitere Jahresringe und sog. „Rotholz" (Holz mit kurzen Tracheiden und starker Verholzung), auf der Oberseite schmale .Jahresringe aus „Zug- holz" (lange Tracheiden mit schwacher Verholzung) gebildet werden. Nach GiOYANOZZi^) wird diese verschiedenartige Ausbildung des Holzringes der Coniferenzweige zu hygrometrischen Messungen von den Bewohnern der Piemonteser Alpen benutzt, da das kleinzellige, dickwandige Rotholz ganz andere hj^groskopische Eigenschaften als das Zugholz besitzt. Die Rotholzseite eines geschälten Zweiges wird in trockner Luft konkav, in feuchter konvex. Nach den Untersuchungen von Cieslar^) scheint der Ligningehalt des Fichtenholzes an der oberen Grenze des baumartigen Vorkommens geringer als in tieferen Lagen zu sein. Dafs der gedrungene Wuchs bei alpinen Formen erblich für die nächsten Generationen ist, geht aus den Beobachtungen von Cieslar^) hervor, wonach Fichten aus Samen von Bäumen gebirgiger Standorte bei Kultur in der Ebene geringeren Zuwachs zeigten als die unter gleichen Bedingungen erzogenen Pflanzen von Bäumen der Ebene. Engler hat dieselbe Beobachtung bei Aussaatversuchen in der forst- lichen Versuchsstation bei Zürich gemacht. Aus Keimversuchen mit Samen von Fichte, Kiefer und andern Waldbäumen schliefst M. Kienitz ^), dafs für die in niederen Regionen heimischen Fichtensamen die Minima, Optima und Maxima der Keimungstemperaturen höher liegen als füi- die aus höheren Lagen stammenden Samen. Bei den Kultm^en im Höhenklima ist aber auch ferner zu berück- ^) Rosenthal, M., Über die Ausbildung der Jahresringe an der Grenze des Baumwuchses in den Alpen. Dissert. Berlin, cit. Bot. Centralbl. 1904. Nr. 48. '^) Häutig, R., Holzuntersuchungen. Berlin. Springer 1901. 3) GiovANozzi, Sul movimento igroscopico dei rami delle Conifere. Malpighia XV, cit. Bot. Jahresb. 1901. Abt. II. S. 191. *) CiESLAR, A., Über den Ligningehalt einiger Nadelhölzer. Mitt. a. d. Forstl. Versuchswesen Österreichs, 1897. Heft XXIII. 5) Centralbl. f d. gesamte Forstwesen, 1894, Bd. 20, S. 145. ^) Kienitz, Vergleichende Keimversuche mit Waldbaumsamen aus klimatisch verschieden gelegenen Orten Mitteleuropas. Ref. Bot. Zeit. 1879. S. 597. 1. Die Erhebung über den Meeressj^iegel. 75 .sichtigen , dal's sich die Gebirgserhebmigen verschieden verhalten, je nachdem sie isolierte Kegel oder Hochplateaus darstellen. Da Be- strahlung und Ausstrahlung des Bodens auf die Temperatur der ihn bedeckenden Luftschichten von bedeutendem Eintlufs sind , so wii'd die Vegetation in denselben Höhen ganz verschiedenen Temperatur- differenzen gegenüberstehen. Auf dem Hochplateau ist während der Besonnungszeit die Wärmeabnahme mit der Höhe geringer als auf einem alleinstehenden Gebirgskegel ; wenn aber die Somie fortgeht und die Ausstrahlung ausschlaggebend wird , dann kühlen sich die unteren Luftschichten über dem Hochplateau auch mehr ab. Es sind also die täglichen Temperaturschwankungen dort viel gröfser und ebenso diejenigen der Jahreszeiten. Auf Hochplateaus kann die Ab- külilung bis zum Frost herabsinken, während die isolierte Kuppe noch davor bewahrt bleibt. Dasselbe Verhalten zeigt sich zwischen Tal und Höhe , und wir haben erst kürzlich eine Anzahl Beispiele aus Italien kennen gelernt. Unter diesen ist eine Meldung von Passerini ^) aus der Umgebung von Florenz besonders deutlich, Li der Nacht vom 19./20. April 1903 sank die Temperatm% die am 15. noch -l-18,o*^ C. aufwies, auf — 1,1*^ C, um nach neun Stunden wieder auf 4-12,2'' C. zu steigen. Während die Gemüse und das Getreide keinen Schaden erlitten, hatten die Bäume durch Erfrieren von Blättern mid Blüten namhafte Verluste. Schon 50 m höher waren Schädigungen nicht mehr wahrzunehmen. Als Schutz gegen Frostgefahr in den Bergregionen wirken Wolken und Nebel. Betreffs letzterer beobachtete Thomas-) in Thüringen, dafs auf den in Nebel gehüllten Höhen das junge Buchenlaub nicht litt, während in den Tälern und Schluchten die Blätter durch Frost beschädigt wurden. Aiff der die scharfe Abkühlung verhindernden Eigenschaft der Nebel hat sich die künstliche Frostverhütung durch Erzeugung von Rauch aufgebaut. Anpassungen des Wurzelkörpers der Holzpflanzen. Besonders interessant sind im Gebirge die Anpassungserscheinungen des Wurzelkörpers an den Gesteinsboden und die dabei auftretenden Ersatzbildungen. Li der nachstehenden Figur 1 sehen wir eine Eichen- wurzel, welche sich durch eine Gesteinsspalte ihren Weg gebahnt und bei ihrem fortgesetzten Dickenwachstum innerhalb der Spalte eine ab- geflachte, brettartige Gestalt angenommen hat. Nach dem Austritt aus dem Gestein ist der Wurzelkörper zur cylindrischen Form zurück- gekehrt. Es lehrt dieses Beispiel erstens, clafs trotz des Druckes, den die starke Wurzel so viele Jahre ausgehalten, die Leitungsfähigkeit für Wasser und plastisches Material in dem brettartigen Teile nicht unter- brochen worden ist. Zweitens bemerken wir oberhalb der brettartigen Abflachung ein Hervortreten adventiver Wurzeln, Beide Vorgänge entsjDrechon den durch künstliche Schnürungen veranlafsten Erschei- nungen. Soweit wir Wurzeln haben untersuchen können, die sich in Gesteins- spalten abgeflacht hatten . konnten wir bemerken , dafs die brettartige ') Passerini, Sui danni prodotti alle plante del gliiacciato etc. Bull. Soc. Bot. ital. 1903. S. 308. -) Thomas, Fk., Scharfe Horizontalgrenze der Frostwirkung an Buchen. Thüi% Monatsblätter. April 1904. 76 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Abüacliuiig des Wiu-zelkörpers dadiircli zustande gekommen, dafs die alljährlicli sich bildenden Holzringe an den Seiten, wo sie sich frei entwickeln konnten , also in der Richtung der Spaltfläche , sehr_ stark ausgebildet , dagegen an den Seiten , wo die "Wurzel dem_ Grestein an- ^eprefst gewesen, "auf ein Minimum reduziert und schliefslich unkennt- lich ^\au-den. An den freien Seiten war das Holz gefäfsreich, in einzelnen Fig. 1. Fig. J. Wurzeln von Quercus peduncidata zwischen Felsspalten. (Nach DÖBNEE-NOBBE.) Jaliresringen sogar sehr breit und mit dicker Einde versehen; an den unter Druck des Gesteins stehenden "Wurzelseiten wurde das Holz gefäfslos , kurzzellig und aus schief aufsteigenden , statt vertikal ver- laufenden Holzfasern gebildet. Schliefslich erkennt man keine Jahresring- differenzierung mehr, und man sieht nur noch ein ganz schmales Kork- band auf dem bisweilen parenchymatisch km-zzelligen Holze ohne er- kennbare Markstrahldifferenzierung aufliegen. Trotzdem ist die cambiale Tätigkeit an der brettartigen "Wurzel- stelle nicht erloschen, wie man dies bei dem Übergange des abgeflachten, 1. Die Erliebiing über den Meeresspiegel. 77 in den cylindriseli weiter wachsenden "Wurzelteil sielit. Die anatomi- schen Veränderungen in den zwischen Gestein einprelsten Wurzeln nähern sich so auffällig den durch künstliche Schnürung an ober- irdischen Achsen erlangten Resultaten, dals wir in dieser Beziehung^ auf unsere späteren Studien in dem Kapitel „Wunden'' verweisen können. In Fig. 2 finden wir eine andere, ebenfalls von Quercus pcdunculata stammende Wiu-zel, die wahrscheinlich nur zwischen Steinen sich hin- durchgeprefst hat. Sie hat bei der Begegnung mit dem Hindernis ihres Längenwachstums sich gekrümmt und bei dem Weiterwachsen sich ab- geflacht. Mit zunehmendem Alter ist die geprefste Wurzelfläche ins Freie gelangt und hat an den freigewordenen Seiten eine erhöhte Aus- bildung der Holzringe erfahren, die sich nun ähnlich wie Überwallungs- ränder in grofser Üppigkeit entwickelt haben. Die Quetschung, welche die Wurzel erlitten hatte, dirrfte ähnlich wie eine Ringelung gewirkt und wie bei dieser eine Art Ringelwulst oberhalb der Druckstelle erzeugt haben (s. Ringelung im Kapitel „Wunden"). Über den anatomischen Befund in den Anfangsstadien derartiger Abflachungen des Wurzelkörpers können wir uns durch die Unter- suchungen von LoPKiORE ^) einen Begriff machen. Derselbe beobachtete Adventivwurzeln bei Keimpflanzen von Vicid Faha , die gezwungen waren, unter dem Seitendruck von nicht auseinanderweichenden Kotyledonen zu wachsen. Innerhalb der Drucksphäre erschienen diese zarten Wurzeln bandartig verbreitert, und nach Austritt aus der Druck- region wurden sie wieder normal cylindriseli, wie dies unsere alten abgebildeten Eichenwurzeln ebenfalls erkennen lassen. Bei den ganz jungen Wurzeln der Saubohne sah Loprioke an den nicht durch die Kotyledonen gedrückten Seiten die Epidermiszellen sich zu Wurzel- haaren verlängern. An den geprefsten Seiten dagegen waren nicht nur die Epidermiszellen tangential abgeplattet, sondern auch die zwei bis \äer äufseren Rindenschichten bedeutend geprefst, so dafs sie eine Art peripherischen Gürtels mn die Wm^zel an diesen Seiten bildeten, wobei die radialen Wandungen dieser gepreisten Zellen zickzackförmig gefaltet wie bei einem Blasebalge erschienen. Die unter dem Druck der Kotyledonen stehenden Zellen erwiesen sich auch stofl'lich ver- ändert, indem iln-e Membranen entweder verkorkt oder „samt ihrem Lumen mit einer Art Schutzgummi imprägniert waren". Bei Fig. 1 hatten wir bereits darauf aufmerksam gemacht, dafs vor der brettartigen Abflachung mehrere Adventivwurzeln sich gebildet haben. Wie man sieht, hat hier die Wm^zel vor dem Eintritt in die Gesteinsspalte eine Krümmung gemacht, und unter dem Einflufs der Krümmung hat an der freien, konvexen Aufsenseite die Neubildung von Adventiv\vurzeln sich eingeleitet. Wir erblicken darin eine Folge des Krümmungsreizes , den Null ^ ) in seiner xA.rbeit ausfülu4ich besprochen hat. Die Eigenheit, dafs bei Wurzeln, die infolge eines ihrem Längen- wachstum entgegentretenden Hindernisses sich krämmen müssen, an der Konvexseite der Krümmungsstelle neue Seitenwurzeln hervortreten, ist leicht zu beobachten. Bei Wasserkulturen in Glasgefäisen bemerkt ^) Gr. LopiiioHE, Yerbänderimg infolge des Köpfens. Ber. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXII. Heft o. S. 309. 2) Xui.i. , Vergleichende Kulturversuche. Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Naturkunde. Cit. Bot. .Jahresber. 1900. II. S. 304. I. Krankheiten dui'cli ungünstige Bodenverhältnisse. man diese Ersclieinnng , wenn kräftige Wurzeln den Boden des Glas- gefäfses erreichen und sich nun umlegen. Im Gebirge trifft man derartige Vorkommnisse bisweilen als Hilfs- vorrichtungen an flachstreichenden, jüngeren Baum wurzeln an, wenn die Spitze eines Wurzelastes durch Verletzung oder Vertrocknen auf dem Gestein verloren gegangen ist. In Fig. 3 a sehen wir eine solche Ersatzwurzel, die oberhalb der abgestorbenen Spitze des Hauptastes {AÄ) sich entwickelt hat. Das Ersatzorgan ist viel kräftiger und fleischiger als die früher gebildeten Seitenwurzeln. Die Adventivwurzelbildung infolge des Krümmungsreizes oder einer Verletzung der Wurzel wird übrigens technisch in der Baum- zucht fortwährend verwertet. Bei dem A^er- plianzen der Sämlinge unserer Wald- und Obstbäume wird entweder die Pfahlwurzel schneckenförmig gelo-ümmt in das Pflanzloch gebracht, oder sie wird um etwa ein Drittel verlmrzt. Stärkeres Zurückschneiden ist Fig. 3. Ast einer Fichten- nicht empfehlenswert, weil die Adventiv- wurzel, an der sich oberhalb wurzelbildung immer schwächer wird, ie der abgestorbenen Spitze eine ^^^ Regionen der Achse gekrümmt oder tleiscnige iiirsatzwurzel ge- i ??, i bildet hat. (Nach Nobbe.) angeschnitten werden. b) Spezielle Er k r a n k u n g e n. Rückgang in der Kultur der Lärche. Als ein schlagendes Beispiel für die Nachteile, die sich bei der Kultur von Pflanzen aus dem Gebirgsklima in der Ebene herausbilden, möchten wir den vielfach bemerkten Rückgang der Lärchenpflanzungen ansehen. Kirchner ') erwähnt bei der Schilderung der Lebensgeschichte dieses Waldbaumes , dafs derselbe ein echter Hochgebirgsbaum des europäischen Alpen- und Karpathensystems sei. Der natürliche Ver- breitungsbezirk erstreckt sich von der Dauphine durch die Schweiz über Vorarlberg, die Baja-ischen und Salzburger Alpen nach dem Mährisch - Schlesischen Gesenke , den Karpathen bis zu dem Hügel- land Südpolens. Die obere Höhengrenze liegt für die Lärche etwa bei 2400 m, die untere in den Alpen bei 423 m, im Schlesischen Gesenke ungefähr bei 357 m. Während sie in Schottland, Schweden, Norwegen sehr gut gedeiht , kommt sie im mittlem und nördlichen Deutschland sowie in Frankreich nicht gut fort. Bei gemeinsamem Vorkommen pflegt mit Ausnahme der obersten Höhenregionen meist die Lärche von der Fichte zurückgedrängt zu werden, falls nicht letztere auf trocknem Boden steht und dann im Längenwachstum hinter der ersteren zurückbleibt. Von allen einheimischen Nadelhölzern ist die Lärche der am meisten lichtbedürftige Baum, der mit einer so starken Transpiration ausgestattet ist, dafs dieselbe nicht nur alle Nadelhölzer, sondern auch die meisten Laubbäume übertrifl't. Wegen der Un- ^) Lebensgeschichte der Blütenpflanzen Mitteleuropas. Bd. 1. Lief. 2. S. 157. Stuttgart, Ulmer 1904. 1. Die Erhebung über den Meeresspiegel. 79 empfincllichkeit , welche sie in ilirem natürlichen Verbreitmig'sgebiete geo-en die AVinterkälte zeigt, ist die Lärche viel mehr in ihrem Ge- deihen von der im Sommer herrschenden AVärme abhängig; sie liebt Gegenden mit einem beständig nnd gleichmäfsig warmen Sommer und ausgiebigen Luftwechsel, eine Winterruhe von mindestens vier Monaten, darauf einen kurzen Frühling und einen raschen Übergang vom Früh- ling zum Sommer. Bei ihrer äufserst frühen Belaubung vermag sie eme sehr kurze Vegetationszeit auszunutzen. Diese Angaben stützen sich auf die Beobachtungen zahlreicher Spezialisten und dürfen daher als durchaus zutreffend anerkannt werden. Betreifs der stofflichen Zusammensetzung erhalten wir einen Einblick durch die Arbeiten von Weber ^). Derselbe untersuchte Stammabschnitte und im Oktober gepflückte Nadeln von Lärchen der Bayrischen Alpen, aus dem Spessart, aus der Maintalebene usw. Trotz der Verschieden- artigkeit des Bodens ergaben sich doch übereinstimmende Resultate betretis des Einflusses der Höhenlage, welche Verfasser folgendermafsen zusammenfafst : Die organische Substanz der Nadeln nimmt in einer bemerkens- werten Regelmäfsigkeit mit der absoluten Höhe der Standorte zu; umgekehrt stellt sich der Gehalt an Reinasche. Der Aschengehalt ist auch ein absolut gröfserer, wenn die Lärche im Flachlande oder Mittel- gebirge wächst, so dafs also zur Hers'tellung der gleichen Menge verb rennlicher Substanz immer mehr Mineral- stoffe von der Pflanze aufgenommen werden, je mehr i h r A n b au in die Ebene hinabsteigt. Gerade die wichtigsten Aschenbestandteile , Kali und Phosphorsäiu'e , zeigen gegenüber den Alpenlärchen bei den Exemplaren der Ebene eine regelmäfsige Zu- nahme. Betreffs des Kalkgehaltes steht zwar auch die Lärche der Ebene obenan, doch scheint hier die Bodenbeschaffenheit sehr mais- gebend zu sein. Magnesia und Schwefelsäure zeigen unbedeutende, Eisenoxyd und Kieselsäure wiederum gröfsere Zunahme. Aus den WEBER'schen Untersuchungen erkennt man, wie sehr sich die Lebensweise dieses Hochgebü'gsbaumes und seine stoffliche Zu- sammensetzung mit dem Niedersteigen in die Ebene ändern, und es ist die Frage nunmein' nahegelegi, ob sich nicht auch der anatomische Bau bei den gänzlich abweichenden Lebensverhältnissen in der Ebene ändern wird. Vor allen Dingen bietet die Ebene die starken Kontraste der äufserst intensiven Sommerhitze mit starker Winterkälte ; dazu kommen die langsamen Frülijahre mit ihren bisweilen im Februar, stets aber im März eintretenden sommerlichen Tagen mid darauffolgenden Rück- fällen. Von ausschlaggebender Bedeutung aber dürften die Herbste der Ebene sein , bei denen eine relativ warme , feuchte Periode sich nicht selten bis in den Dezember hineinzieht und die Vegetation nicht zum Abschlufs kommen läfst. Man denke nur an unsere Eichen- und Apfell^äume , die das Laub an den Spitzen der Zweige häufig genug den ganzen Winter über behalten. Bei den Apfelbäumen, namentlich bei Spalier- und Schnurformen, bilden manche Sorten im Herbst gar keine Terminalknosjje aus, sondern das jüngste Blatt bleibt einfach im Winter auf einer jugendlichen Entfaltungsstufe stehen. ') E. Weber, Einflufs des Standortes auf die Zusammensetzung der Ascbe von Lärchen. Allgem. Forst- u. Jagdzeitung 187:3, S. 367, und in Biedermaxs's Centralbl. f. Agriculturchemie, 1875, S. 330. gQ I. Krankheiten durch inigünstige Bodenverhältnisse. Bei der Lärche äufsern sich derartig lange feuchte, relativ warme Herbste in der Form, dals nach dem normalen sommerlichen Abschkifs des Jahresringes noch einmal einige Lagen Frülüingsholz gebildet werden, wie ich direkt zu beobachten mehrfach Gelegenheit gehabt habe. Also in der Ebene findet in solchen Fällen der Eintritt einer vollkommenen RuheiDoriode, den Kirchner als erforderlich zur normalen Entwicklung der Lärche betont, nicht statt, mid die nächstliegende Folge wird häufig der Verlust der gerühmten Frostwiderstandskraft . sein. INIit dem Eintritt der Frostwunden öffnen sich die Einfallspforten für alle Wundparasiten, die bei dem vielfach dichten Bestände der Lärche in der Ebene und der dadurch bedingten feuchten, unbewegten Luft die günstigste Gelegenheit zm^ Ansiedlung und Ausbreitung finden. Daher sehen wir so reichlich den Pilz des sog. Lärchenkrebses, die J)afHXEi,, Beiträge zur Luft- und Saftbewegung in der Pflanze. Pringsh. Jahrb. f. wissensch. Bot. Bd. XII, Heft L S. 120. 2. Neigung der Bodenoberfläche. 101 die aus dem Wurzellvörper heraufgesogene und -gepreiste Flüssigkeit gesund, dann wird selbst eine gröfsere Infiltration der Intercellular- räume ohne Nachteil für den Pflanzenkörper vorübergehen, wie Moll ^) gezeigt hat. Wenn aber die Wassermasse bereits mit Gärungsprodukten aus den verjauchenden Wm'zelspitzen beladen ist, dann sehen wir dm'ch diesen Vorgang Giftstoffe in den besonders empfindlichen Splint und Rindenkörper getrieben, und nun Ijreitet sich auch hier leicht das Absterben aus. Die zu tief gepflanzten Bäume sterben aber meist nur in schwerem, mit Wasser dauernd überladenem Boden; in leichten Bodenarten kümmern sie wohl, bleiben aber am Leben. Wenn der schwere Boden mit seiner AVasserfüUung die Stammbasis umgibt und die durch die Lenticellen stattfindende Intercellulardurchlüftung verhindert , müssen aber auch selbständig Alkoholgärung und Essigsäurebildung in den Rindenzellen auftreten und zu einem Absterben führen, das sich radial auf die Kambiumzone und den jungen, bei der Wasserleitung besonders tätigen Splintkörper fortsetzt. Es bleibt dann von Jahr zu Jahr ein immer kleiner werdender Cylinder aus Kernholz in der Mitte des Stammes übrig, der das Wasser- bedürfnis des oberirdischen Teiles decken soll. Das wasserärmere Kernholz aber wird auch weniger zur Wasserleitung tauglich sein, und die toten Gewebe des Holzkörpers, die allerdings auch noch Wasser mechanisch leiten, werden durch ihre Hilfe nicht hinreichen, das Wasser- bedürfnis der Ki'one zu decken. Lifolgedessen welkt endlich der Baum oder treibt im Frühjahr seine Knospen nicht mehr aus. Der Umstand, dafs die nicht parasitären Fäulnisprozesse im ver- schütteten Stammende in der Nähe der Bodenoberfläche aufhören, führt zu der Vermutung, dafs die Zersetzungsprodukte nicht die gesunde Pflanzenzelle, sondern erst eine abnorm funktionierende, geschwächte anzugToifen vermögen. Eine solche Schwächung ist auch tatsächlich da. Es ist anfangs erwähnt worden, dafs die vom Sauerstoff der Luft abgeschlossene, lebenski'äftige, stoftreiche Zelle alsbald anfängt, durch die Wirksamkeit von Fermenten (Alkoholase) Alkohol zu entwickeln, der vorher nicht da war und auch wieder verschwindet , wenn man atmosphärische Luft der Pflanze neu hinzufülurt. Es ist ferner nach- gewiesen worden, dafs die Pflanze bei Sauerstoffabschlufs lange Zeit weiter Kohlensäure in beträchtlichen Mengen ausscheidet (intramole- kular atmet), aber dafs diese Kohlensäm'emengen bei längerer Versuchs- dauer sich doch als kleiner herausstellen wie diejenigen der in sauerstoff- haltiger Luft atmenden Pflanzen 2). Da die Kohlehydrate (Stärke, Zucker) das Material zur Atmung abgeben, so ist aus den obigen Tatsachen zu entnehmen, dafs diese Inhaltsstoffe der Zellen in abnormer Weise bei ') Untersuchungen über Tropfenausscheidung und Infektion, 1880, S. 78. Sej?. aus Verslag en Mededeeling d. Koninkligke Akad. Amsterdama, cit bei Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 1881, I, S. 159. '^) WoKTMAXN (Über die Beziehungen der intramolekularen zur normalen Atmung der Pflanzen. Inauguraldissertation. Würzburg 1879) gibt zwar au, dafs die Kohlen- säuremengen bei der intramolekularen vmd normalen Atmung gleich grofssind; es will mir aber scheinen, dafs die kurze Dauer seiner Versuche ihn noch hat ISTach- Avirkungen der bisherigen normalen Funktionen mit beobachten lassen. Er gibt auch selbst zu (S. 31), dafs bei langer Zeitdauer von den angewendeten Versuchs- objekten ohne Zutritt von Sauerstoff eine geringere Quantität an Kohlensäure produziert worden ist, als dieses bei fortdauernder Gegenwart A^on Sauerstoff der Fall gewesen wäre. 102 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Sauerstoffabsclilufs verarbeitet werden. Man kann mit Pfeffer^) die Atmung als einen aus zwei ineinandergreifenden Vorgängen sicli her- stellenden Prozel's auffassen. Der erste Vorgang ist die in Gärungs- ersclieinungen sicli kundgebende, intramolekulare Atmung, die Borodin ^) auch innere Verbrennung nennt ; der zweite, nui' unter SauerstoÖ'zufuhr von aufsen mögliche Vorgang ist die sofortige weitere Verbrennung der Gärungsprodukte im Augenblick ihrer Entstehung. Wenn dieser letztere, für das Zellloben unbedingi notwendige Akt unterbleibt, dann verliert nicht nur die sauerstofPlose Stammzone des zu tief gepflanzten Baumes ihr Atmungsmaterial, wird also an ßeservestoffen immer ärmer, sondern sie bildet nun auch diejenigen Produkte, die zur Fäulnis und zum Tode der Zelle führen. Die ungenügende Atmung also ist die notwendige Vorbedingung für das Absterben , und in dem Mafse , als der verschüttete Teil, sich der Bodenoberfläche nähernd, allmählich immer mehr und mehr Sauerstoff bekommt, wird auch der Gärungs- prozefs sich abschwächen und in den normalen Verbrennungsprozefs übergehen, somit auch die Fäulnis allmählich ihre Grenze finden. Es handelt sich dann nur noch darum, dafs der Baum die Mögliclikeit hat, oberhalb dieser Grenze im Erdboden neue Wui'zeln zu bilden, um den durch die Transpiration des Laubkörpers entstehenden Wasserverlust zu decken. Die kümmerliche Produktion, welche man in dem ersten Jahre häufig wahi^nimmt, verschwindet, je mehi' plastisches Material abwärts wandern und zu Neubildungen am Holzringe des Stammes und Wurzelkörpers verwendet werden kann. Je schneller das Wachstum, desto gröfser die Energie der Atmung, wie schon Saussure gezeigt, und je mehr der flach streichende, neue Wurzelkörper selbst auch vom Lichte berührt wird, desto mehr steigern sich seine Kohlehydrate und damit seine Sauerstoffabsorption und Kohlensäureabgabe ^). Das Verhalten der Bäume, die zu tief gepflanzt oder gar teil- weise verschüttet worden sind , hängst selbstverständlich von ihrem specifischen Charakter ab. Bei Weiden und Pappeln z. B. findet man zwar den in der Erde eingesenkten Teil abgestorben : aber in der Nähe der Bodenoberfläche erscheint die Fäulnis sistiert. Aus dem Stamme haben sich zahlreiche Adventivwurzeln gebildet, und diese rufen einige Zeit nach der Verschüttung wieder eine gesunde Entfaltung der Baum- krone hervor. Der Baum wird also gerettet, wenn er imstande ist, schnell neue Wurzeln in der Nähe der Erdoberfläche zu erzeugen. Bekannt als ganz besonders empfindlich gegen das zu tiefe Pflanzen sind die Ericaceen und Epacrideen , bei denen es vorkommt, dafs die Stammbasis abstirbt, ohne dafs der Wui-zelkörper sein- gelitten. Wenn die Stämmchen Moos und Flechtenvegetation an der Basis zeigen, so hat man bereits allen Grund, vorsichtig zu sein. Bei der Baumzucht läfst sich nicht eine allgemein gültige Regel betreffs der Pflanzhöhe geben. Abgesehen von der Bodenart, deren physikalische Beschaffenheit hier ausschlaggebend ist , kommt es bei veredelten Bäumen auf die Unterlage an. Die auf AVildling veredelten Obstsorten pflanze man derart, dafs ihr Wiu-zelhals in der Ebene der Bodenoberfläche bleibt oder selbst etwas darüber hinausragt (bei Moor- 1) Pfeffer, Über das Wesen und die Bedeutung der Atmung. Landwirtsch. Jahrb. 1878. ^) Borodin, Sur la respiration des plantes pendant leur gennination. ^) Borodin, Memoires de l'Acad. imperiale des sciences de St. Petersbourg VII Serie. 1881. 2. Neigung der Bodeuoberf lache. 103 boden mit grolser Nässe verwendet man sogar Hügelpflanznng). Die auf Zwerg unterläge veredelten Birnen (auf Quitte) und Äpfel (auf Doucin und Paradiesapfel) dagegen müssen mindestens so tief in den Boden, dafs die Veredlungsstelle im gleichen Niveau mit der Boden- obei-fläclie sieh befindet, also die ganze Unterlage im Boden verbleibt. Es entwickeln sich aus dieser eine gröfsere Menge Adventivwin-zeln, die der Ernährung sehr förderlich sind. Eine schöne Zusammenstellung praktischer Erfahrungen hat Bouche ^) gegeben. Er weist zunächst darauf hin, dafs man an alten, gesunden Bäumen die starken Wiu-zeln über den Boden hervortreten sehe ; dieses Heraustreten des Wm^zelhalses sei der normale Fall. Manche Bäume vertragen in der Jugend ein tiefes Pflanzen, da sie aus der Stamm- basis dicht unter der Oberfläche neue Wurzeln treiben (Rüstern und Linden) ; andere dagegen sind sehr empfijidlich, wie z. B. Birken, Ahorn, Eichen, die meisten Rosaceen. Platanen, Walnüsse, Rot- und Weiis- buchen. Auch die meisten Nadelhölzer erfordern Aufmerksamkeit bei der Pflanzung, wie z. B. die Gattungen Piniis^ Picea luid Ähies und teilweise auch Tim ja. nämlich Thuja (Biota) Orientalin und die damit verwandten Arten, wähi-end ein tiefes Pflanzen der Thuja occidmtalis , Warreana und plicata zuträglich sich erweist. Selbst 5 bis 8 cm starke Stämme sah Bouche eine Menge neuer Wiu"zeln aus der verschütteten Stamni- basis treiben und sich dadurch sehi- ki'äftigen. Iimipenis communis will flach stehen; dagegen vertragen /. Sahina imd Verwandte eine tiefe Pflanzung mit Vorteil. Von Pappehi imd Weiden ist bereits erwähnt, dafs eine tiefe Pflanzung durch eine neue Wurzelbildung an der Erd- oberfläche sofort ihr Gegengewicht erhält; bei schwachen Stännnen findet man oft, dafs die dicht miter der Oberfläche gebildeten Wiu-zeln die Ol3erhand über die älteren, tieferen gewinnen. Für viele Sträucher ist es tatsächlich oft vorteilhafter, sie tiefer zu pflanzen, als sie früher standen, weil sie durch zahlreiche neue Wm'zeln aus den verschütteten Stengelbasen sich um so mehr kräftigen. Dies bemerkt man beispielsweise bei CaJycanthus, Cornus alba und sibirica, Ribefs , manchen Ai'ten von Spiraea^ VibwnwH Opiüus, Aesculus macrostachija, Sijmphoria, Ligustrum, Rosa gallica u. a. Flach dagegen sind zu pflanzen Caragana, Berberis, Colutea, Cornus mascula und sanguinca, Corylus, Cytisus, Rhamnus, Sambucus. Bei Strafsenpflanzungen kann auiser den plötzlich notwendig werdenden Aufschüttungen auch das Asphaltieren und Zementieren der Strafsen dämme für die Wurzeln der Bäume seln^ gefährlich werden. Es ist nicht blofs das Absperren der atmosphärischen Luft, sondern auch der Verlust der atmosphärischen Niederschläge, auf welche die Bäume in grofsen Städten um so mehr angewiesen werden, je tiefer durch Kanalisation und dergi. unterü-dische Bauanlagen der Grundwasserspiegel gesenkt wird. Junge Bäume, welche nach der Senkung des Grundwasser- spiegels gepflanzt werden , suchen trotz der vermehrten Tiefe der Wasserquelle diese dennoch zu erreichen. Um dies zu erleichtern, müssen in solchen (Jrtlichkeiten die Baumpflanzlöcher wesentlich tiefer gemacht werden. Li Berlin beträgt diese Vertiefung nach Bouche (iO cm, so dafs jetzt die Baumlöcher 1,5 m tief gegraben werden. 1) Bouche, C. Über das Tiefpflanzen von Bäumen usw. Monatsschr. d. Ver. z. Ford. d. Gartenb., v. Wittmack, 1880, S. 212, und Wredow a. a. O., S. 75. 104 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Zu tiefe Lage der Saat. Die Erfahrung wird auch jetzt noch vielfach gemacht, dafs bei reicher Aussaat keimfähiger Samen eine verhältnismäfsig geringe Menge von Pflanzen erzogen wird. Häufiger, als man in der Regel glaubt, Hegt die Ursache in einem zu tiefen Unterbringen der Samen. Bei dem Eineggen oder dem stellenw^eise bei Gerste üblichen Unterhacken ^) ist es gar nicht zu vermeiden, dal's einzelne Samenkörner sein- tief, andere sein' flach zu liegen kommen. Gleichmäfsigkeit kann nur durch Bestellung mit der Drillmaschine erzielt werden. Aber auch der Gärtner, der bei Topfaussaaten eine sein- gleichmäfsige Bedeckung der Samen herstellen kann, erhält bei sehr feinen Sämereien nicht selten nur einen geringen Prozentsatz an Pflanzen, selbst wenn der Same gut mid keimfähig war. Die Vorgänge, welche die Verluste hervorrufen, sind aber nicht immer dieselben und finden auch nicht immer unter denselben Be- dingTingen statt; deshalb ist es auch nicht möglich, allgemeine Regeln zu geben. Es bleibt nichts übrig, um sich vor Nachteilen in dieser Beziehung zu schützen, als sich den Einflufs der einzelnen Faktoren, welche bei der Aussaat zu beachten sind, Idarzumachen und zu sehen, welche Kombinationen in jedem einzelnen Fall vorhanden sind. Die Keimung läfst eigentlich drei Phasen erkennen. Jede der- selben kann Störungen erleiden und Ursache für das Fehlsclilagen der Pflanzen werden. Das erste Stadium umfafst die Quellung und kann als ein mechanischer Vorgang aufgefafst werden, bei welchem (wahr- scheinlich durch Wasserverdichtung) eine Temperatursteigerung be- obachtet worden ist. Er leitet das zweite Stadium, die Mobilisierung der Reservestoffe, eine Kette chemischer Erscheinungen, ein, und diese begleiten den dritten Akt, den der ge stalt liehen Ent- wicklung. Störungen im Stadium der Quellung sind mehrfach beobachtet worden. NoBBE und Haenlein ^) fanden ganz besonders bei Papilionaceen und Caesalpiniaceen die Samenschale bisweilen so undurchdringbar für tropfbar flüssiges AVasser, dafs die Samen jahrelang den Embryo ohne Regung, aber immer noch gesund behielten. Der Same keimte nicht, weil er nicht aufzuquellen vermochte. Bei den Kleesamen erweist sich die oberflächlich gelegene Stäbchen- oder Hartschicht, in deren Zellen der Farbstoff sitzt, so impermeabel für "Wasser, dafs Kleesamen 8 bis 14 Tage lang in englischer Schwefelsäure und jahrelang in Wasser liegen können, ohne auch nur ihren an und für sich im Wasser lös- lichen Farbstoff aus den Stäbchenzellen zu verlieren. In solchen Fällen hilft nur mechanische Behandlung. Galter und Klose '^) ver- mischten die Samen von Luzerne und Kleearten mit feinem Sande und rieben ein solche Mischung enthaltendes Säckchen 10 Minuten lang- unter den Füfsen. Ohne dafs die Samen sich wesentlich beschädigt zeigten, erwies sich nach dieser Behandlung die Luzerne um 13,4 *^/ü, ^) EüGERS-GoRow, Versuche über den Nutzen oder Nachteil einer flachen oder tiefen Bestellung der Gerstenkörner. Mecklenb. landw. Ann., 1874, Nr. 23. 2) NoüHE luid Haenlein, Über die Resistenz von Samen gegen die äufseren Faktoren der Keimung. Versuchsstationen 1877, S. 71. 3) Galtek und Ki.usE, Quellungsunfähigkeit von Kleesamen. Wiener landw. Zeitschr., 1877, Nr. 17, cit. Jahresb. f. Agrikulturchemie, XX. .Jahrg., 1877, S. 181. 2. Neigung der Bodenoberfläclie. 105 Weilsklee um 10,2 <*/o, Hornklee um 37,8 ''/o quelluiigsfäliiger. Nobbe\) führt Beispiele von einer unerwartet langen Erhaltung der Keim- kraft an, Kiefernsaatgut von Finus silvestris , aus dem Jahre 1869 stammend, lieferte nach fünfjälniger Aufbewalirung in verschlossenen Gläsern innerhalb eines bewohnten Zimmers noch 82 "/o, nach sieben Jalu-en noch 12 "/o keimungsfällige Samen. Rotklee {TrifoUum i^ratcnse) zeigte bei derselben i\.ufbe Währung nach 12 Jahren noch 10,5 "/o, Erbse {Pisuiii sativum) nach 10 Jahren noch 47,7 '^/o, Spcrgida arrensis nach 12 Jahren noch 20 "/o, Lein {Liimm usitatissimum) nach (i Jahren noch 49*^/o, nach 11 Jahren noch 3"/o keimender Samen. Von 400 Körnern der Akazie (Rohmia Pscud-Acacia) waren nach 10 Tagen, nach welchen die für praktische Zwecke gültige Versuchszeit aufhört, 71 Körner, bis Ende des Jahres noch 55 Körner, im folgenden Jahre noch 18, im darauffolgenden noch 7 und nach 7 Jahren noch 1 Same gekeimt, und zwar bei steter Aufbewahrung derselben in zeitweise erneuertem, destilliertem Wasser. Nach diesen Erfahrungen wird es uns glaubhaft erscheinen, dafs manche verschüttete Samen, unbeschadet ihrer Lebenskraft, sehi' gTofse Zeiträume überdauern. Auch bei den vorerwähnten Akaziensamen war der nach sieben Jalu^en ungekeimt gebliebene Rest noch völlig gesund. Eine geringe Verletzung der Samenschale hatte nach wenigen Stunden Aufquellung und in der Regel auch baldige Keimung zm- Folge. Störungen in der zweiten Phase des Keimungsprozesses, in welcher die chemische Aktion der Überführung der starren Reservestofie in wanderungsfähiges Bildungsmaterial erfolgt, sind am häufigsten zu be- obachten. Nicht zu verwechseln mit wirklichen Störungen ist das bei vielen harten Samen vorkommende üb er jähr ige Liegen im Boden (Craffirr/HS , Bosn, lughins , Prunus). Teils mag hier auch die schwere (^uelibarkeit schuld haben: die Samen kommen während der trocknen Sommerzeit wieder in einen Zustand der Ruhe. Anderseits kann auch bereits Wasser eingedrungen sein und zm* Bildung von Fermenten, welche die Mobilisierung des anderen Reservematerials einleiten, Ver- anlassung gegeben haben; aber diese Ferment wirkung selbst ist eine bis zum Eintritt der trocknen Sommerperiode zu langsame, um eine genügende Ernährung des Embryo zu ermöglichen. Bei einzelnen Li- dividuen und Varietäten aller schwerkeimenden Arten zeigt sich eine Keimung und Entwicklung schon bei Herbstsaat im folgenden Früh- jahr. Dies geschieht namentlich dann, wenn man die Samen bald nach der Ernte und womöglich mit ihi-em Fruchtfleisch aussät. Noch wirk- samer erweist sich das „Stratifizieren", d. h. das schichtenweise Einlegen der Samen in mit Sand gefüllte Gefäfse während des Winters. Die wirklichen Störungen zeigen sich bei Mangel der zur Keimung notwendigen äufseren Bedingungen. Dahin gehören aufser Feuchtigkeit und Wärme der ungehinderte Zutritt von Sauerstoff und die Inne- haltung der Zeit der Reaktionsfähigkeit des Samens. Die Zeit . innerhalb welcher der Same auf die Einwü'kung der äufseren Keimungsbedingungen mit der normalen Mobilisierung der Reservestofie und der Ent\\icklung des Embryo antwortet, ist für die einzelnen Pflanzengesclilechter und Alten, ja, selbst für die Individuen derselben Varietät ungemein verschieden. Bekannt ist, dafs man Weiden, Pappeln und Ulmen sofort nach der Ernte aussäen mufs, da sie nach Dr.BNER's Botanik für Forstmänner, 4. Aufl., bearb. v. Nukbe, 1882, S. 382. 106 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. wenigen Tagen oder Wochen ihre Keimki'aft schon einbül'sen, während man bei Gurken und Melonen kräftigere, fruchtbarere Pflanzen oft erhält, wenn die Samen ein Jahr geruht haben. Die Samen mancher unserer Obst- und Waldbäume keimen zwar meist noch nach einem oder mehreren Jahren, aber die Zahl der langsam wachsenden, schwächlichen Exemplare nimmt mit dem Alter des Saat- gutes zu. Als der wichtigste Faktor neben dem Wasserzutritt , der für die Quellung notwendig, ist, wie erwähnt, der Sauerstoff anzusehen. Die Samen brauchen nicht einmal so viel Wasser zur Keimung, als ihre Substanz überhaupt bis zur Sättigung imbibieren kann; die vegetative Tätigkeit des Keimlings beginnt schon vor dieser Zeit ^). Bei anfäng- lichem Mangel an tropfbar flüssigem Wasser, das endosmotisch auf- genommen werden kann, nimmt der Same auch aus der Atmosphäre hygroskopisch Wasser auf ^), verdichtet auch Wassergas auf der Ober- fläche, ja, nach Art der porösen Körper kondensiert er auch Wasser- stoff, Stickstoff, Sauerstoff und andere Gase. Deherain und Landrin^) fanden, dafs aus der atmosphärischen Luft der gequollene Same ver- hältnismäfsig mehr Sauerstoff als Stickstoff aufnimmt, so dafs in einem geschlossenen Räume mehr Stickstoff zurückbleibt; vom dritten Tage ab beginnt er, Kohlensäure dafür abzugeben, und diese Produktion steigert sich, so dafs bald mehr Kohlensäiu^e vorhanden, als der in dem eingeschlossenen Luftvolumen befindlich gewesene und allmählich ganz verschwundene Sauerstoft' hätte liefern können. Die übermäfsige Kohlensäureprodulition ist also als ein Produkt der Oxydationsvorgänge der im Samen sich einleitenden inneren Verbrennung zu betrachten. Die Verfasser stellen sich den Beginn der chemischen Alitionen im Samen in der Weise vor, dafs die schnelle, bei den verschiedensten Samen anfangs konstatierte Gasverdichtung latente Wärme des Gases notwendig frei werden läfst, und diese Wärme steigert die Temperatur des eingeschlossenen Sauerstoffs genügend, um eine Oxydation be- ginnen zu lassen. Damit ist der Anstofs zur normalen Lösung des Reservematerials des Samens gegeben; die durch die Oxydation frei Averdende Wärme begünstigt immer mehr diese Vorgänge, welche sich nach aufsen hin durch die Produktion von Kohlensäiu^e kundgeben. Die Erweckung des schlummernden Samens wh^d nach dieser Auffassung durch die Lockerung vorbereitet, welche die Samen- schale infolge ihrer Quellung durch Wasser erleidet; die gelockerten, für Gase dui'chlässig gewordenen Zellschichten gestatten nun ein schnelles Eindringen der Gase, die mit ihrer Kondensation also den ersten Anstofs zu denjenigen Verbrennungsprozessen geben, welche den Übertritt der Reservestoffe in eine cliffusible, wanderungsfähige Form veranlassen. Da man bei Pflanzen mit Sameneiweifs beobachten kann, dafs die Lösung der Stärke vom jungen Pflänzchen , bei den Mono- kotylen von dem Samenlappen aus beginnt, so wird man annehmen 1) Jahresb. f. Agrikulturchemie, 1880, S. 213. ^) R. Hoffmann im Jahresbericht der agrikulturchemischen Untersuchungs- station in Böhmen, 1864, S. 6, und F. Haberlanbt in Zeitschrift für deutsche Land- wirte, 1863, S. 355. Beide Arbeiten im Auszuge in Jahresb. f. Agrikulturchemie, .Jahrg. VII, 1864, S. 108 u. 111. a) Compt. rend. 1874, t. LXXVIII, S. 1488, cit. in Biedermann's Centralbl. f. Agrikulturchemie, 1874, II, S. 185. 2. Neigung der Bodenoberfläche. 107 können, dal's der stickstofireicliste Teil, nämlich das plasmastrotzende Gewebe des Embryo , zuerst zu Umsetzungsersclieinungen durch den Sauerstoff angeregt wird und nun selbst dm-ch Entwicklung reicher Enzyme am-egend weiter auf die Umgebung wirkt. Die Störung in der zweiten Keimungsphase kann nur erfolgen durch Sauerstoffmangel oder auch durch Überschufs an Kohlensäui'e.. Die grofse Schädlichkeit der letzteren geht aus den von Dehekain und Landrin bestätig-ten Angaben von Th. de Saussure hervor, dafs kein (xas der Keimung so nachteilig sei, wie gerade die Kohlensäure. Samen, welche in einer Mischung von Sauerstoff" und Wasserstoff' gehalten werden, keimen wie in atmosphärischer Luft ; es genügt jedoch, einer Atmosphäre von Sauerstoff' einige Hundertstel Kohlensäure zuzuführen, um die Keimung still stehen zu sehen, sobald nur die AVürzelchen herausgetreten sind. Ist die Kohlensäure sehr be- trächtlich, so gehen die Samen zugrunde, ohne zu keimen. Auch anderen ruhenden Pflanzenteilen ist die Kohlensäure im Über- schufs sehr schädlich. Van TiEGHEM undBoNNiER^) fanden bei Zwiebeln und Knollen (Ttdipa. O.valis crenata), die in sauerstoffreicher Luft noch weiter atmeten, also Kohlensäure produzierten, dafs sie in einer Atmo- sphäre von reiner Kohlensäure Alkohol bildeten. Derartige Tulpen- zwiebeln, welche einen Monat hindurch in sauerstofffreier Luft gelegen, waren erstickt und blieben auch ferner ohne jede weitere Entwicklung. Solcher Kohlensäureüberschufs kann mit Sauerstoffmangel gemeinsam nun bei einer zu tiefen Lage der Saat auftreten. Diese schadenbringende Höhe der Bodendecke, welche die Keimung des Samens verhindert, läfst sich aber nicht durch bestimmte Zahlen aus- drücken. Abgesehen von den verschiedenen Ansprüchen der einzelnen Pflanzenarten differiert aber für dieselbe Ai't die zulässige Höhe der Bedeckung nach Bodenbeschaffenheit, Menge und Verteilung der Niederschläge usw. Daher weichen die Resultate der vielfach vor- genommenen Versuche über die beste Aussaattiefe auch voneinander ab, sobald sie auf bestimmte Zahlenangaben eingehen. Sie stimmen aber alle darin überein, dafs man in zweifelhaften Fällen lieber zu flach als zu tief säen soll. Der Zweck der Bedeckung ist die Befestigung der jungen Pflanze und die Erhaltung eines ausgiebigen Feuchtigkeitsgrades. Der Lichtabschlufs kommt weniger in Betracht. Vor allem ist die Er- haltung einer zum Keimen genügenden Feuchtigkeit ins Auge zu fassen. Ist eine solche vorhanden, dann werden die Wurzeln selbst bei ober- flächlicher Lage des Samens alsbald in den Boden eindringen. Somit würde eine ganz flache Saat aUer Samen zu empfehlen sein, wenn nicht die trocknen Frühjaln-sperioden kämen, welche die Bodenoberfläche so weit austrocknen können, dafs eine vorübergehende oder selbst dauernde Sistierung der Lebenstätigkeit im Keimling stattfindet. Je lockerer der Boden, desto leichter die Gefahr des Austrocknens, desto tiefer also mufs die Saat zu liegen kommen. In Gegenden mit trocknen! Frühjahr wird schwerer Boden eine gleichmäfsigere Keimung zulassen , selbst bei geringer Saattiefe. Derselbe Boden und dieselbe Tiefe der Aussaat werden gefährlich , wenn starke Regengüsse und heifse Tage schnell abwechseln und auf der Obei'fläche des Bodens 1) Bulletin de la societe botanique de France, t. XXVII, 1880, S. 83, cit. in Wollxy's Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysrk. ■jQg I. Krankheiten clurcli ungünstige Bodenverhältnisse. eine feste Ki'uste erzeugen, welche die Luftzufuhr zu den im regsten Stoffwechsel befindlichen Samen nahezu abschneidet. Die im Samen eingesclilossene Binnenluft hält nicht lange vor. Die Durchlüftung des Pflanzenkörpers ist aber unumgänglich nötig ; selbst der ruhende Same leidet aufserordentlich, wenn ihm die Binnenluft entzogen wü-d. Die scharfe Krustenbildung des Bodens kann eine an und für sich nicht schädliche Saattiefe somit zm- Ursache bedeutender SchädigTuig werden lassen. Wie sehr der Luftmangel die Keimfähigkeit der Saat beeinflufst, erhellt aus den Citaten von de Veies ^). Hiernach injizierte Haberländt Eunkelknäuel unter der Luftpumpe und beobachtete, _ dais sie 71,13 °/o Wasser aufnahmen; es keimten nun von diesen teilweise luftleer gemachten Samen nur 30 "/o, während von den zm^ Kontrolle aufge- stellten normalen Samen 90 ^lo keimten. Bei einem zweiten Versuche wurde die gesamte Luft durch Wasser unter der Luftpumpe ersetzt, und es keimten jetzt nur noch 8^/o gegenüber 72 "/o bei der Kontroll- probe. Auch war die Zeit, welche die Samen zur Keimung brauchten, bei den normalen eine kürzere. Es ist wohl anzunehmen, dafs die Ent- fernung speziell des Sauerstoffs aus dem Samen und die Erschwerung einer Diffusion neuer Quantitäten dieses Gases in die Litercellular- räume die Ursache der Erlöschung der Keimkraft sind. Dutrochet^) sah auch bei erwachsenen Pflanzenteilen den Tod häufig eintreten, wenn dieselben mit Wasser injiziert waren. Bei schnellem Auf- tauen gefrorener fleis chiger Pflanzenteile, die infolge einer Infiltration der Intercellularräume mit Wasser ein glasiges durch- scheinendes Aussehen haben, dürfte der durch das Wasser bedingte Abschlufs der Zellen von der Luft wesentlich mit zu deren Tode bei- tragen. Von den mehrfach durchgeführten praktischen Versuchen präzise Zahlenwerte für die beste Saattiefe des Gretreides zu gewinnen, sind die von Roestell, Titschert, Ekkert und Wollny die eingehendsten. ROESTELL^) gibt für lockeren, kräftigen Ackerboden 2 bis 4,5 cm als günstigste Tiefe an. Die TiETSCHERT'schen Versuche "*) bestreben sich, die in verschieden physikalisch konstruierten Bodenarten maximalen Grenzen der günstigen Saattiefe festzustellen. Für Sandboden ergab sich als rationelle Maximal- tiefe 10 cm, für humosen Boden 8 cm, für kalklialtigen Ton- und Lehm- boden 5 cm. Letztere beide Bodenarten litten von der trocknen Witterung, so dafs die seichtere Aussaat schlechtere Erfolge gab. Ein später im Jahre wiederholter Versuch (August bis September) ergab für alle Boden- arten eine Saattiefe von nur 2,5 cm als sehr ungünstig der Trocken- heit wegen; Tonboden erwies sich in diesem Falle bei 10 cm Saattiefe am günstigsten. Man sieht daraus, mit welcher Reserve die bestimmten Zahlen aiffgenommen werden müssen. Ekkert^) experimentierte mit ^) De Vkie«, Keimungsgeschichte der Zuckerrübe, Landwirtsch. Jahrb. v. Thiel, 1879, S. 20. -) DuTRocHET, Memoires etc. edition Bruxelles S. 211, cit. von de Vkies 1. c. ^) Annalen der Landwirtschaft, Bd. 51, S. 1. *) TiETscHERT, Keimungsversuche mit Eoggen und Raps. Halle 1872. S) Ekkert, Über Keimung, Bestockung und Bewurzelung der Getreidearten usw. Inauguraldissertation. Leiijzig 1874. 2. Neigung der Bodenobertläche. 109 Roggen, Hafer und Gerste in Lelimboden, Teichschlamm, Sandboden und Gartenerde, Bei Aussaaten von Roggen in freistehende Holzkästen zeigte sich ein Unterschied zwischen 2 bis 8 cm Bedeckung im Aufgehen der Pflanzen (infolge der gieichmäfsigen allseitigen Durchlüftung) nicht. Bei Versuchen im Freien erschien die Bestockung um so günstiger, je geringer die Tief läge der Saat : doch bezieht sich dies mein* auf die Zeit des Erscheinens der Sprosse als auf die Qualität derselben. Hafer und Gerste vertragen eher eine tiefere UnterbringTing als Roggen. Bei Sommerung ■ ist eine tiefere Lage der Saat zulässig als bei Winterung, Die Minimalgrenze für Getreide dürfte 1,5 bis 2 cm betragen, die Maximalgrenze für günstige Resultate wohl bei 6 cm liegen. Spätere Versuche desselben Verfassers*) ziehen einen anderen, sehr berücksichtigungswerten Faktor in Betracht, der für denselben Boden wiederum modifizierend auf die zulässige Saattiefe einwirkt. Die Qualität des Saatgutes ist bisweilen ausschlaggebend. Auf die Keimfähigkeit schien die Qualität des Saatweizens , mit dem zuerst experimentiert wurde , allerdings ohne Einflufs , aber die Entwicklung der .jungen Pflanze war bei gleicher Saattiefe um so günstiger, je besser das Saatkorn war. Bei einer mittleren Saattiefe (es handelt sich um Versuche im Sandboden) von 5 cm ergaben alle Qualitäten das längste Stroh: bei derselben Tiefe waren auch die Ähren am längsten. Das Verhältnis des Gewichtes des Körnerertrages zu dem des Strohertrages ist um so migünstiger ausgefallen, je schlechter das Saatgut und je tiefer die Aussaat gemacht worden war. Die Versuche mit Gerste be- stätigten die Ergebnisse, welche bei Weizen gewonnen worden waren : je geringer die Saattiefe und je besser die Qualität bei derselben Tiefe, desto früher ging die Saat auf. Die Summe der aufgelaufenen Pflanzen war bei dem geringeren Saatg-ute keine geringere, aber der Einflufs der Saattiefe machte sich bei dieser Qualität darin geltend, dafs das Stroh um so länger war, je seichter die Unterbring-ung. Im allgemeinen wird man sich sagen müssen, dafs die Saattiefe bei sonst gleich gedachten Verhältnissen zunächst auf alle diejenigen Entwicklungsstadien von Einflufs sein wird, die mit dem Jugendstadium zusammenhängen. Es ist aber auch die Quantität der Körnerernte durch die Anzahl der Sprossen und die Länge der Äliren sowie die Ausbildung der Ahrchen von der jugendlichen Entwicklung abhängig und wird somit von der Saattiefe beeinflufst. Dagegen hängt die Qualität der goorntoton Körner von dem Ernährungszustände und den Witterungsvnliiiltuissen des laufenden Jahres ab, wird also kaum mehr durch die Jugcndciitwicklung oder die angeerbten Eigenschaften des Kornes beeinflufst werden. Vorquellen der Samen, das mehrfach bei anhaltend trockner Saatzeit für leichten Boden empfohlen worden ist, hat seine grofsen Bedenken. Wenn nämlich die Witterung trocken bleibt, reicht das aufgenommene Quellungswasser nicht aus , um ein Eindringen der primären Würzelchen des Getreides in Bodenschichten mit genügender Feuchtigkeit zu gestatten, und es ist dann eine Vegetationsunterbrechung unvermeidlich. Daraus erklärt sich die Erfahrung von WoLLNY^), dafs Vorquellen später ausreifende Pflanzen liefert. Die eingehendsten Studien über die passende Saattiefe verdanken ^) Ekkert, Kulturversuch mit "Weizen und Gerste verschiedener Qualität usw. Fühling's Landw. Zeit., 1875, Heft 1; 1876, Heft 1 u. 2. 2) Bot. Centralbl., Bd. XXX, Nr. 15 (1887), S. 48. 110 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. wir "WoLLNY ^), der füi' Getreide feststellte, dafs 2 bis etwa 3 cm tiefe Aussaat die besten Ernteresultate liefert. Darüber hinaus fand sich, wie JöRGENSEN ^) bereits besonders hervorgehoben, ein merklicher Rück- gang. Letztgenannter Autor sah auch, dafs der Roggen dabei am empfindlichsten, der Weizen am wenigsten litt. Bei den Hülsenfrüchten ist die Saattiefe bedeutungsloser; dagegen erwiesen sich Kleearten, Rüben und Raps sehr abhängig von der Höhe der Samenbedeckung, die noch geringer als bei dem Gre- treide (0,5 bis 2,6 cm) wün- schenswert erscheint. Die WoLLNY'schen Versuche zeig- ten , dafs in den trocknen Jahren die stärkere , in den feuchten die schwächere Erd- deckung am vorteilhaftesten gewesen. Übereinstimmend bei feuchter und trockner Witte- rung bemerkte man eine Ver- spätung der Erntezeit mit zu- nehmender Saattiefe, eine Ab- nalnne der Zahl der überhaupt aufgelaufenen und noch mehr der bis zur Ernte sich erhalten- den Pflanzen. Aber es mufs immer wieder betont werden , dafs präzise Zahlen für die günstigste Saat- tiefe in den einzelnen bestimm- ten Lokalitäten nur direkt vom Landwirt gesammelt werden können, da nicht nur Boden- beschaffenheit und Witterung, sondern auch der Sorten- charakter mitsprechen , wie Stössner^) gezeigt hat. Dasselbe gilt für Knollen, Zwiebeln und AVurzelstücke, die zur Aussaat benutzt wer- den. Hier sprechen ganz be- sonders die Cohärescenzver- hältnisse des Bodens mit, weil diese wasserreichen , fleischi- gen Organe von der Sauerstoff- zufuhr im Boden wesentlich und schnell beeinflufst werden. Für Kartoffeln haben schon die Ver- , suche von Nobbe*) und KüHN^) ergeben, dafs in fraglichen Fällen das Fig. 9. Roggensämling bei tiefer Lage des Samenkorns. Emporhebung des Bestockiuigs- knotens in die Nähe der Bodenoberfläche. (Orig.) 1) WoLi.NY, Saat und Pflege der landwirtschaftl. Culturpflanzen. Berlin 1885. 2) JöKGENSEN, S., Versuche über das Unterbringen der Saat usw. Annalen d. Landw. in d. Kgi. Preuss. Staaten. Wochenblatt 1873, Nr. 11. 3) Stössner, Untersuchungen über den Einflufs verschiedener Aussaattiefen usw. Landwirtsch. Jahrbücher 1887. *) NoBBE, Handbuch der Samenkunde, 1876, S. 184. ^) Kühn, Berichte aus dem ph^'siolog. Laborat. Halle, Heft I, S. 43. 2. Neigung der Boden Oberfläche. \W seichtere Auslegen das vorteilhafteste sein ^^'ird. Bei der Treiberei der Blumenzwiebeln entstehen bisweilen namhafte Verluste dadm-ch, dafs die Zwiebeln (Hyaeinthen) zu tief in die Töpfe gepflanzt oder mit den Töpfen zu hoch bis zum Stadium der Durchwm-zelung mit Erde be- deckt werden. Namentlich wenn der Deckboden schwer und feucht und die Zwiebeln im Vorjahi' bei feuchter Witterung nicht genügend ausgereift sind, pflegt leicht der ,,Rotz" (s. d, Bd. II) sich einzustellen. Interessant ist der Vorgang der Selbstregulierung der Saattiefe seitens einzelner Pflanzengeschlechter. Bei den Gräsern, und zwar am besten erkennbar bei unseren Getreidearten, ist das erste Liternodium der Apparat, der dazu bestimmt ist, bei zu tiefer Lage des Samenkorns den die Stengelanlage und die Seitenknospen bergen- den zweiten Knoten , den Bestockungsknoten , in die lockere , stark durchlüftete obere Bodenschicht hinaufzuschieben. Li beistehender Fig. 9 erblicken wir das bereits nahezu entleerte Samenkorn mit seinen schwach gebliebenen, bereits im Korn angelegt gewesenen (primären) Wurzeln. Aus dem Samenkorn hat das erste (überverlängerte) Inter- iiodium den zweiten Knoten bis in die Nähe der Erdoberfläche hinauf- geschoben, und erst in dieser giiiistigen Lage haben sich die nunmehi- auf Lebenszeit verbleibenden sekundären Wm^zeln entwickelt und kommen die Anlagen der Seitentriebe zu weiterer Ausbildung. Bei flacher Aussaat bleiben beide Knoten dicht beieinander und geben im Querschnitt umstehendes Bild (Fig. l(j). Das Gewebe des Knotens erscheint durch gebräunte Gefäfsstränge radial gefächert. Diese Gefäfsbündel- cylinder gehören den j^rimären Wui'zeln an und erkranken bereits während oder bald nach der Ausbildung der secundären Wui'zeln. Das Grundgewebe des Knotens zeigt dicht an der wenig zelligen Markscheibe (}ji) den ersten Gefäfsbündelkreis (g) des jungen Halmes. Äste dieser Bündel, kenntlich an den weiten Gefäfsen (g), sind bereits weiter aufsen im AchsencyHiider zu finden. Dieser junge Halm besitzt auf der mit V bezeichneten Seite noch gieichmäfsig zusammenhängendes Rinden- gewebe ; nach der entgegengesetzten Seite TJ zu aber haben sich bereits das erste, farblos bleibende, scheidenförmige Blatt [seh) und die Anlage des nächsthöheren, sich später vollkommen ausl)ildeiiden ersten grünen Blattes (bl) vom Rindengewebe abgetrennt. In der Achsel dieses ersten Blattes erkemit man schon die meristematische Anlage der ersten Seitenknospe (hi), welche das vor ihr liegende grüne Blatt mit bereits deutlich entwickelter Epidermis (e) vorwölbt -, r ist die Epidermis des sich eben von der Achse differenzierenden Scheidenblattes. Ver- folgt man das (punktierte) Gewebe der Anlage des ersten grünen Blattes (?>?) im umstehenden Querschnitt rückwärts nach der mit V be- zeichneten Seite hin, so sieht man, dafs dasselbe in einen farblosen, aber dm-ch seine verhältnismäfsig grofsen, Luft führenden Intercellular- räunie (/) gekennzeichneten Geweljering übergeht. Es ist dies das Rindengewebe des jungen Halmes, und man erkennt somit, dafs jedes Getreideblatt eine dü-ekte Fortsetzung der Halmrinde ist. Dieser Rindenring häng-t auch auf der Seite V noch mit dem Ge- webe des Scheidenblattes zusammen, und es ist bemerkenswert, dafs diese Scheide schon in einem so jungen Stadium der Halmdiiferen- zierung ihre Ai'beit geleistet haben mufs, da das Gewebe vollständig verarmt ist und lückig (/) zu werden beginnt. Während bei den Gramineen also der Hilfsapparat . der bei zu tiefer Saat den Vegetationskegel in die reichdurchlüftete Bodenkrume 112 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. führen soll, in der (bis 9 cm beobachteten) Streckung des untersten und im Notfall auch noch des nächsthöheren Internodiums besteht, finden wir bei den Leguminosen und anderen Dikotyledonen eine andere Ein- richtung. Bei Bohnen z.B. bemerken wir zunächst auch eine den Bedürf- nissen entsprechende vermehrte Verlängerung des hypokotylen Gliedes, so Fig. 10. Querschnitt durch den untersten Knoten einer jungen Boggenpflanze. Buchstabenerklärung im Text (Orig.). dafs bei ganz verschiedener Saattiefe schliefslich die wachsende Stengel- spitze bei allen Pflanzen in annähernd derselben Höhe sich befindet. Natürlich wird die Kräftigkeit der Pflanzen bei gleichem Saatgut durch die gTöfsere Saattiefe vermindert. Je mehi^ sich das hypokotyle Grlied verlängern mufs, damit sein, dem gekrümmten Rücken des Lastträgers vergleichbarer, oberer Teil die Erdlast durchbrechen und die Koty- ledonen ans Licht bringen kann, desto melir Reservestoffe werden verbraucht. Es ist daher ganz erklärlich, dafs aus grofser Tiefe kom- mende Pflanzen schwächlicher sind , selbst wenn sie nicht erst im 2. XeigiiHg der Bodenoberfläche. 1I3 Samen Reservestofie dui-ch starke intramolekiilare Atmung verlieren. Solches wird aber aulserdem der Fall sein, wenn nach der zu tiefen Einsaat sich andauernd nasses "Wetter einstellt, so dal's Sauerstoffmangel entsteht. AVelehe Mengen von Reservestofien durch intramolekulare Atmung und Alkoholbildung verloren gehen können, zeigen ' die Versuche von GoDLEWSKi und PoLZENiusz ^). Sterilisierte Erbsen im evacuierten Räume produzierten in der ersten Zeit fast so viel Kohlensäure wie bei der normalen Atmung in Luft. Die Gesamtmenge betrug über 20 *^/o der ursprünglichen Trockensubstanz der Samen. Die Menge des gebildeten Alkohols entsprach der Menge der Kohlensäure. Erst in der sechsten "Woche hörte die Kohlensäureproduktion der in sterilisiertem "Wasser liegenden Erbsen ganz auf, und bis dahin waren etwa 40 "/o der vorhandenen Trockensubstanz in Alkohol und Kohlensäure gespalten worden. Das ist auch bei dem Getreide der Fall. Diese Schwächung wird bei letzterem durch die Arbeit der sekundären "Wiurzeln am Be- stockungsknoten wieder beseitig!. Bei den Hülsenfrüchten kann nun ein ähnlicher Vorgang der Selbsthilfe eintreten, indem, wie "Wollny nachgewiesen, an dem überverlängerten hypokotylen Gliede Adventiv- A\Tirzeln gebildet werden. Er beobachtete solche an dem erdbedeckten Stengelteile aui'ser bei den Ackerbohnen auch bei Erbsen, Wicken, Linsen, Lupinen, und von Pflanzen anderer Familien noch bei Raps und Sonnenblumen. Aber die Leguminosen kommen häufig gar nicht in die Lage, von einem derartigen Hilfsapparat Gebrauch zu machen, da sie, selbst bei normaler Saattiefe und Keimfähigkeit, leicht anderen Fährlichkeiten erliegen, wie in dem Abschnitt über „Hart schal ig - keit" besprochen werden soll. Wurzeln aus der Spitze von Getreidekörnern. Wir glauben hier am besten einen Fall anschliefsen zu können, der durch seine Eigentümlichkeit und Seltenheit verdient, der Wissen- schaft erhalten zu bleiben. Herr Landwirtschaftslehrer Wolfes in Dargun (Mecklenburg- Schwerin) übersandte mir im Jahre 187() 14 Weizenkörner, welche Fig. 11. Weizeiikörner mit Wurzeln, welche nicht vom Embryo stammen, sondern aus der hypertrophierten Fruchthaut an der Sjiitze des Samenkorns entspringen. durch Hypertrophie den Embryo nicht seitlich am Sameneiweifs, sondern mitten im Endosperm eingeschlossen zeigten. Die Körner waren im Herbst gesät und, zum Teil mit Wurzeln aber ohne Triebe, im Frühjahr im Boden wieder aufgefunden worden. Ihre Gestalt (Fig. 11 u. 12) war entweder schlank birnenförmig oder auch an einem ') GoDi.E-usKi und Poi.zExiusz, über Alkoholbildung bei der intramolekularen Atmung höherer Pflanzen. Anzeig. Akad. d. Wiss. Krakau, cit. Bot. Jahresb. 1897, S. 142. Sorauer, Handbiich. :j. AuH. Erster Baml. S 114 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Fig. 12. Weizenkorn mit hypertrophierter Fruchthaut und Wurzelbildung . an seiner Spitze. Embryo zentral statt lateral. Buchstabenerklärung im Text (Orig.)- 2. Neigung- der Bodenoberfläche. 115 Ende cylindrisch und am anderen, sich schnell verjüngenden, die Form eines Geigenhalses annehmend. Bei manchen Körnern (Fig. 11 u. 12) war die Verlängerung des schmalen , dem Embryo entgegengesetzten Endes so bedeutend, dal's dadurch ein 2 bis 3,5 mm langer, nach oben gekrümmter Hals gebildet wurde. Bei 12 Körnern, deren Länge von ^U bis 1^4 cm schwankte, trug der Hals eine grofse Anzahl von 1 bis 2 cm langen, sehr- dünnen, fädigen , dicht büschelig gestellten Wurzeln , welche fast ihrer ganzen Länge nach behaart waren. Wenn man die hier und da gesprengte , stellenweise runzelige Fruchtschale von dem Korn vorsichtig mit der Nadel abzuheben suchte, fand man, dafs dieselbe an einzelnen Stellen noch dicht auf dem Korn aufgekittet war und in der Umgebung dieser meist etwas dunkler ge- färbten Stellen abbrach ; dagegen blieb ihr oberer Teil fast stets in festem Zusammenhange mit dem schnabelförmigen Fortsatze, der sich dann im ganzen wie eine strohige Kappe von dem eigentlichen Samen- korn abheben liefs (Fig. 12). Der Hals stand also zur Zeit der Unter- suchung mit dem eigentlichen Samenkorn in keiner anderen Verbindung als dmx'h die Fruchtschale , aus deren Substanz er auch gebildet zu sein schien. Im frischen Zustande des Kornes hat derselbe sicher fest auf dem Samen aufgesessen, da einzelne konkave Stellen, welche man mit der Lupe an der inneren Kappenwand wahi'nahm, zu den kleinen, konvexen Erhabenheiten pafsten. welche auf dem Samenkorne sichtbar waren. Aufser dem merkwürdigen, schnabelförmigen Fortsatze mit seinen Wurzeln war aber noch der Umstand auffallend, dafs die sonst überall vorhandene Furche diesen AVeizenkörnern fehlte : ebensowenig war der Keimling, welcher an der Basis des normalen Kornes sitzt und durch die Fruchtschale hindurch sofort kenntlich ist, bei den aufgefundenen Körnern bemerkbar. Der Mehlkörper selbst endlich zeigte bei dem Zerschneiden nur zum kleinen Teil jene weifse Farbe des gesunden Kornes : er war namentlich vom Rande her auf weite Strecken glasig dm-chscheinend und gelblich. Der Geruch war ranzig. Die für den Stärkenachweis mafsgebende Blaufärbung bei Zutritt von Jod trat nur in denjenigen Gewebepartien des Kornes intensiv auf, welche auf dem frischen Schnitte weifs und mehlartig sich zeigten, während die glasigen Stellen meist nur leicht hellblauen Zellinhalt aufwiesen. Die Kleberschicht war bei den aus Mecklenburg eingesandten Kömern gar nicht und die dünne Samenschale nur unvollkommen entwickelt. An Stelle der Kleberschicht (Fig. V2k) befand sich tafel- förmiges Parenchym. dessen Inhalt nicht wesentlich von dem des darunterliegenden Gewebes abwich. Das Auffallendste an den so abweichend gebauten Weizenkörnern war aber jedenfalls die Lage des Embryo am entgegengesetzten Ende von denijenigen, welches die Wui'zeln (Fig. I2ir) trug, genau in der Mitte des Kornes (ähnlich wie bei den Typhaceen) gleichmäfsig von allen Seiten von stärkeführendem Gewebe des Mehlkörpers (Endo- sperm) eingeschlossen. Während bei den normal gebauten Weizen- körnern der Keimling aufsen an der Basis des Kornes sitzt und mit dem Mehlkörper durch ein besonderes Organ, das Scutellum (den Samenlappen) verbunden ist, liegt hier der Keimling (Fig. 12e) ohne Samenlappen in einer zentralen Höhlung (Fig. 12/t) des Kornes. Diese Höhlung ist bei einigen Körnern ellipsoidisch. bei anderen 116 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. dreiseitig-, bei einigen geht sie etwa bis in die Mitte des Kornes, bei anderen erstreckt sie sich, nach oben immer enger werdend, bis an die Spitze, ja bis in das Gewebe der Kappe hinein. Auf der Innenseite ist sie mit einer, aus zwei tafelförmigen ZeUreihen mit kleberähnlichem Inhalt gebildeten Schicht (Fig. 12«) ausgekleidet, welche deutlich an die sonst bei gesunden Körnern aufsen auf dem Mehlkörper aufgelagerte Kleberschicht erinnert. Die tütenförmig übereinandergeschachtelten jungen Blätter des Keimlings zeigen keine wesentliche Abweichung; dagegen ist die Zahl der kranzförmig fast in gleicher Höhe entspringenden Keimwurzeln (Fig. 12r) stets auf (3 bis 8 vermehrt, und diese Wur- zeln erscheinen von einer nach Ai't der Korkzellen geordneten, <3 bis 8 Zellen- reihen starken, stärkefreien Parenchymschicht bedeckt. Auf diesem Gewebe ruht die vereinigte und verän- derte Samen- und Frucht- schale (Fig. 12s/), welche am trocknen Korn nach der Spitze hin immer dicker, derbwandiger, zellenreicher wird und unmerklich sich zu der Kappe ausbildet, die an ihrer Spitze die Wurzeln (Fig. 12 ?r) trägt. Von den Wurzeln aus setzt sich rückwärts der Ge- fäisbündelstrangin die Kappe hinein fort. Hier findet man oft melu-ere Stränge an der Spitze der Kappe zu einem horizontal laufenden, ring- förmigen , dickeren Gefäfs- netze, an einen Halmknoten erinnernd, vereinigt. Noch weiter von der Spitze abwärts sieht man die Gefäfsbündel- stränge (Fig. 12^) isoliert in der Nähe des äufsern Umfanges innerhalb der Kappe abwärts laufen, ja sie lassen sich in den Mehlkörper des Kornes hinein verfolgen (Fig. \2gg). Das normale Korn hat keine aus- gebildeten Gefäfsbündel im Endosperm und nur eine Anlage dazu im Samenlappen. Hier aber ziehen sich die Gefäfsbündel in mehrfach unregelmäfsigem Verlauf durch den Mehlkörper und umgeben selbst bei einzelnen Körnern halbkreisförmig den Keimling, welcher, trotzdem die Kömer vom Herbst bis zum Frühjahr in der Erde gelegen, sich nicht entwickelt hatte. Bei Zerlegung der kranken Körner in einzelne, zur- mikroskopischen Untersuchung geeignete Querschnitte konnte man nun die wahrschein- liche Ursache dieser auffallenden Verbildung alsbald auffinden. An den- jenigen Stellen des Kornes, an welchen die Fruchtschale sich durchaus nicht vom Korn lösen wollte, sondern eine zusammenhängende, feste, mm Fig. 18. Myceldurchzogene, hA'pertrophierte Fruchthaut. 2. Neigung der Bodenoberfläche. 117 gieichmäisige. etwas dunkle Masse bildete (Fig. 13), lielseii sich dicke, reichverzweigte, oft mit kurzen, knäuelartigen Astanhäufungen ver- sehene Mycelfäden nachweisen. Die Fäden des farblosen, stark licht- brechenden Mycels w^uchsen quer duixh die sehr dicken Wandungen (Fig. 13 ni) der Zellen der miteinander verschmolzenen Frucht- und Samenschale. Da. wo die Zellen inhaltsreicher und dünnwandiger wurden, im Gewebe des Mehlkörpers, häuften sich die Mycelfäden und füllten einzelne Zellen ganz aus (Fig. 1-itnm). In der Umgebung solcher Stellen war die Stärke gelöst, der plasmatische Inhalt erhalten, aber fest, wie nach dem Eintrocknen. In anderen Zellen zeigte sich das feine Netz plasmatischer Substanz, das bei Anwesenheit der Stärkekörner kaum merklich war, allein vor- handen-, es besafs genau die Anordnung, als wenn es sich noch um die Stärkekörner herumlagerte : aber statt der Körner waren meist niu- noch die entsprechenden Hohlräume vorhanden. Daher die gelbliche, dm-chscheinende Beschaffenlieit der betreffenden Stellen, zwischen welchen, mehr nach der Mitte des Kornes zu, inselartige Zellgruppen mit starkem Stärkegehalt eingestreut lagen. Diese gemischten Regionen er- wiesen sich bei Jodzusatz unter schwa- cher Vergi'öfserung hellblau. Wie abweichend an diesen Stellen das kranke Korn gebaut war, zeigt am besten der Vergleich von Fig. 13 mit Fig. 14. Letztere stellt einen Schnitt aus der entsprechenden Stelle eines ge- sunden Kornes dar. Die aus der Frucht - und Samenhaut gemeinschaftlich ge- bildete Schale des Kornes (Fig. 13 u. 14 /is) hat bei dem ki-anken Korn mein- als die dreifache Dicke der gesunden Schale. Bei g sehen wir in der krank- haft entwickelten Fruchthaut ein ausgebildetes Gefäfsbündel mit ziem- lich deuthch kenntlicher Gefäfsbündelscheide gs. Bei dem kranken Korne geht die wuchernde Fruchthaut direkt in den Mehlkörper e über, während bei dem gesunden die eiweifsreiche Kleberschicht (Fig. 14/»-) zwischen beiden Ciewebeformen liegt. Dies ist im wesentlichen der Befund gewesen, der sich bei Unter- suchung der eingesandten Körner ergeben hat. Die Körner erscheinen somit total verbildet, und da die Verbildung sowohl in der Lage des Keimlings als auch in der Ausbildung des Mehlkörpers und namentlich in einer AVucherung der Fruchtschale sich geltend macht, so liegt darin der Beweis . dafs diese Deformation zur Zeit der Anlage des Kornes auf dem Halme sich vollzogen haben muls. Die Befruchtung hat noch normal stattgefunden, da der Embryo sowohl Blätter und Vegetationskegel als auch Wiu-zeln (letztere in erhöhter Anzahl) auf- weist. Aber alsbald mufs ein lokaler Reiz auf das Gewebe der Frucht- haut dieselbe zur Zellvermehrung angeregt und dabei die Verschiebung des Embryo von der Seite nach der Mitte des Endosperms veranlaist haben. Dieser Reiz ist wählend der ganzen Ausbildung des Kornes tätig gewesen und hat die Neigung ziu' vegetativen Tätigkeit derart gesteigert, dafs bereits der Charakter des Endosperm eine Änderung erfahi-en. indem sich Gefälsbündel wie in einer vegetativen Achse aus- Fig. 14. Normale Frucht- und Samen- haut nebst Kleberschicht. ]lg I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. bildeten. Die liauptsäclilicliste Steigerung der Zellvermebrnng erblicken wir in der Spitze des Samenkorns, welche den Charakter einer vege- tativen Achse annimmt und durch die Verschlingung der Gefälsbündel das Bild eines Halmknotens darstellt. Aus diesem Halmknoten sind reichlich Wurzeln hervorgegangen, und es wäre nicht unwahrscheinlich, dais bei einer gröiseren Durchlüftung der Bodenschichten die Anlage von Blattknospen stattgefunden hätte. Wir würden dann einen ähn- lichen Fall wie bei dikotyledonen Gewächsen vor uns gehabt haben, wenn sich bei diesen , wie mehrfach beobachtet worden , vegetative Achsen aus dem Fruchtknoten entwickeln. Für derartige Vorgänge aber lag die Saat zu tief. Es fehlte der Hilfsapparat zur Hebung des Kornes an die Bodenoberfläche, nämlich die Streckung des ersten Internodiums am Keimling. Infolgedessen er- folgte bakteriose Verjauchung bei Sauerstoffmangel, die sich durch den ranzigen Geruch nach Buttersäure anzeigte. Dieser Verlauf ist der Grund, weswegen der vorliegende Fall an dieser Stelle erwähnt wird. Wäre es möglich gewesen, den Pilz, der sicher als die Ursache des Reizes zur vegetativen Verbildung angesehen werden darf, näher zu bestimmen, dürfte der Fall besser bei den jiarasitären Krankheiten untergebracht worden sein. Die Unmöglichkeit aber, das ursprüngliche Pilzmycel an den von Bakterien und Schimmel- pilzen durchsetzten Fruchtknoten weiter zur Entwicklung zu bringen, läfst nur Vermutungen über die Natur des Parasiten zu. Nur das eine ist sicher, dafs das den Reiz ausübende Mycel nicht zu den Schwärze- pilzen {Claäospormni usw.) gehörte. Nach Brefeld's neuen Untersuchungen über das Eindringen der Brandkeime in die Blüten des Getreides liegt jetzt die Vermutung am nächsten , dafs die noch während der Blüte eingewanderten Brandsporen bald nach der Befruchtung des Kornes gekeimt und durch das langsame Vordringen ihres Mycels den Reiz auf die Fruchthaut ausgeübt haben. 3. Orofse horizontale Diifereüzeii. Die individuelle Entwicklung innerhalb derselben Pfianzenspezies wird ebenso wie durch die vertikalen Erhebungen des Standorts auch durch die horizontalen Verschiebungen ilu-er Kulturstätten von Nord nach Süd oder Ost nach West beeinilufst. De CandolleM stellte den Satz auf, dafs unter annähernd gleichen Breitengraden und Höhen die Temperatursummen über 0" im Schatten für dieselbe Entwicklungs- phase (Blütezeit, Laubfall usw.) in den westlichen Gegenden Europas höher sind als in den östlichen. Die Beobachtungen zeigen, dafs inner- halb des europäischen Klimacharakters die Dauer der Vegetations- periode nach Nordosten hin ab-, nach Südwesten zunimmt. AVesteuropa läfst wegen der vielen Gebirgszüge und plateauartigen Unterbrechungen die Erscheinung weniger deutlich zum Ausdruck kommen wie die grofsen ebenen Landflächen Rufslands , über welche eine sehr be- merkenswerte Arbeit von Kowalewski ^) berichtet. Dieselbe stützt sich auf Angaben von 2200 in allen Gegenden des europäischen Rufslands ') Sur la methode de sommes de teniperature appliquee aux phenonienes de Vegetation. Separatabzug der Bibliotheque universelle de Geneve, 1875 2) W. KowAi.KwsKi, Über die Dauer der Vegetationsperiode der Kulturpflanzen in ihrer Abhängigkeit von der geographischen Breite und Länge. Arb. d. St. Peters- burger Naturforscherges., XV, 1884 (russisch), cit. Bot. Centralbl., 1884, Nr. 51, S. 867. :-». Grofse horizontale Diffeieiizeii. 119 zerstreut Avolmenclen Landwirten, welche den Zeitpunkt der Saat und Ernte ihres Getreides gemeldet haben. Da die Kultur sich den klima- tischen Verhältnissen anpassen mui's, so geben die üblichen Saat- und Erntezeiten ein Bild der vorhandenen Vegetationsbedingungen. Es findet nun die Aussaat des Winterroggens im südlichen Teile des Cherson'schen Gouvernements am 15. September statt'), um Ai'changelsk dagegen schon am 1. AugTist. Die Streifen der gleich- zeitigen mittleren Aussaat von Winterroggen verlaufen nicht parallel den Breitengraden, sondern von NW nach SO gesenkt, laufen also fast in derselben Richtung wie die Isochimenen. Die Differenz der Ernte- zeiten von Winterroggen im hohen Norden (Aix-hangelsk) und im Süden (Cherson) erstreckt sich, wie die Saatzeit, auf anderthalb Monat. Die Dauer der Saatperiode von Sommergetreide ist im hohen Norden um drei- bis viermal kürzer als an den Südgrenzen : an der westlichen Grenze ist dieselbe zwei- bis zweieinhalbmal länger als im Osten. Die Ernteperiode ist im Norden ebenfalls dreimal kürzer als im Süden, im W^esten anderthalb- bis zw^eimal so lang als im Osten. Die Streifen gleichzeitiger Reife des Sommergetreides sind von SW nach NO ge- richtet, stimmen also in ihrer Richtung mit den Isotheren überein. Die Dauer der Vegetationsperiode beträgt im Süden und Südwesten Rulslands nur 85 bis 11 0 Tage bei Roggen, Buchweizen, Lein und Gerste, dagegen bereits 110 bis 125 Tage bei Sommerweizen, Hirse, Hafer und Erbse; die längste Vegetationsperiode (150 bis 105 Tage) besitzen Zuckerrübe, Mais und Kartoffeln. Somit übersteigt im Süden die längste Vegetationsperiode die kürzeste fast um das Doppelte. Da- gegen sind im Norden die betreifenden Perioden nicht nur überhaupt kürzer, sondern auch stärker zusammengedrängt. Im hohen Norden und Nordosten übersteigt die Differenz zwischen der längsten und der kürzesten Vegetationsperiode nicht 10 bis 20 Tage. Bei derselben Kulturpflanze innerhalb des em'opäischen Rufslands nimmt die Schnelligkeit der Entwicklung durchschnittlich mit der Breite zu. So besitzt beispielsweise der Hafer im Gouvernement Cherson (Süden) eine Vegetationsperiode von 123 Tagen, Weizen und Gerste eine solche von 110 Tagen; im Norden dagegen vermindert sich die Vegetationsdauer des Hafers auf 98 (Aix-hangelsk) , des Weizens auf 88, der Gerste auf 98 Tage. Linerhalb derselben geographischen Breite findet man im Westen eine längere Vegetationsdauer als im Osten. Die Ursachen der Verkürzung der Vegetationsperioden können also nicht in der Wärmesumme liegen, welche die Pflanzen unter dem ent- sprechenden Breitengrade empfangen : denn sonst müfsten die Pflanzen eben im Süden bedeutend schneller ihre Entwicklung durchlaufen als im Norden, zumal sich die südliche Schwarzerde viel stärker erwärmt als der schwerere, oft tonige und feuchte Boden des Nordens. Aufser- dem drängt auch der im Süden vorhandene Mangel an Feuchtigkeit noch schneller zum Abschlufs der Vegetation. Es mufs also ein anderer Faktor malsgebend sein, und diesen erblickt Kowalewski in der Ins olations - dauer. Er nimmt nun als mittlere Aussaatzeit des Hafers den 5. Mai, als mittlere Erntezeit desselben den 20. August an und findet somit für die 08tägige Vegetationsperiode in Archangelsk eine Insolationsdauer von 2000 Stunden: reclmet man noch die Periode der hellen Nächte dazu, so steigt diese Gröfse bis auf 2240 Stunden. In Cherson wird M Alle Daten nach dem in Rufsland tiblichen alten Stil. 120 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. der Hafer am 20. März gesät und am 20. Juli geerntet. In dieser 123tägigen Vegetationsepoche finden sich aber nur 185'» Insolations- stimden. xluiserdem. sagt Kowalewski, muis bemerkt werden, dals die Kultursorten des Nordens an kleinere Wärmemengen angepafst sind und daher, in den Süden übertragen, verhältnismäisig früher reifen. Dieses Resultat stinunt mit demjenigen, später zu erwähnenden überein, das Schübeler (Die Pflanzenwelt Norwegens) gefunden. Auch von Canada sollen ähnliche Beobachtungen vorliegen. Zur ferneren Erklärung der Veränderung der Vegetationsdauer zieht Kowalewski die gröfsere Intensität der Beleuchtung, die geringere Wolken - menge und gröfsere Feuchtigkeit der Atmosphäre herbei und glaubt, ge- stützt auf Famintzin's Untersuchungen, dafs im Süden z. B. das Licht- oiotimum der Assimilation überschritten wird und daher hemmend wü'kt. Dies entspräche dem bei den vertikalen Erhebungen erwähnten Ver- gilben schattenliebender Pflanzen der Ebene bei dem Anbau im Hoch- gebirge. Indes braucht man nicht auf eine hemmende Wirkung des süd- lichen Lichtüberschusses zurückzugreifen, wenn man die WiESNER'schen Anschauungen acceptiert. Zur Erklärung der Lichtverwertung seitens der Pflanzen im hohen Norden betont Wiesner ^) nach seinen Unter- suchungen, dafs im hochnordischen Gt-ebiete (Tromsö) bei gleicher Sonnenhöhe und gleicher Himmelsbedeckung die chemische Intensität des gesamten Tageslichtes gröfser als in Wien und Kairo , dagegen kleiner als in Buitenzorg auf Java sich erweist. Das Lichtklima des hochnordischen Grebietes ist durch eine relativ grofse Gleichmäfsigkeit der Lichtstärke ausgezeichnet, welche in keinem andern Vegetations- gebiete erreicht wird. Die Pflanzen der arktischen Vegetationsgrenze erhalten die grölste Menge des Gesamtlichtes. Hier fällt bei der nied- rigen Wuchsform jede Selbstbeschattung durch das eigne Laub fort, und selbst die Holzgewächse in benachbarten südlicheren Gebieten zeigen nur eine minimale schattengebende Verzweigung. Über das Verhalten der Pflanzen bei künstlicher horizontaler Ver- schiebung durch die Kultur liegen schon frühere Anbauversuche mit Getreide nordischer Abstammung vor-), über welche Wittmack referiert hat. Derselbe kam zu folgenden Schlüssen: Pflanzen aus dem Norden entwickeln sich in Mitteleuropa zwar etwas langsamer, holen aber später die einheimischen ein oder eilen ihnen sogar voraus. Man sieht also, dafs die im Norden angewöhnte kurze Vegetationsdauer manchmal durch die erhöhte Wärme des südlicheren Standortes noch mehr ab- gekürzt wird, vorausgesetzt, dafs man es auch mit trocknem Klima zu tun hat. Das feuchte Klima Englands mit den niedrigen Maximal - temperaturen verzögert die Reife. Der Feuchtigkeitsgehalt der L u f t ist sehr mafsgebend und kann überall Verzögerung der Reife ver- anlassen: ebenso wie umgekehrt Gegenden mit grofsen Trockenperioden, SteppenJvlima und ähnlichen, von den Breitengraden nicht abhängigen Verhältnissen abgegrenzte Herde mit frühzeitig reifenden Pflanzen - formen bilden können. Allzu grofse Trockenheit verzögert allerdings die Entwicklung, wie dies experimentell festgestellt worden ist. Wir verweisen betreffs der Bodentrockenheit auf die Versuche von StahI:- ') WiKsxEi!, ,7., Beiträge zur Kenntnis des photo-chemischen Klimas im arktischen Gebiete,. Sitz. Akad. d. Wiss.. Wien CVII, cit. Bot. Jahresb. 1898, I, S. 586. -) Über vergleichende Kulturen mit nordischem Getreide. Von Dueisck, Köknicke, Krau.s, Vn.MORix u. a.. ref. von Wittmack. Landwirthsch. Jahrb. 1875, S. 479, und 1876, S. 618 ff. H. Grofse horizontale Differenzen. 121 SüHködb:k , die in dem Kapitel „Wa.sserüberscliuis" aiige führt werden. Dafs der Zeitpunkt der Einwirkung der Wärme sehr wichtig, ist wohl erklärlich. Wärme im Juli und August ist vorteilhafter als im Mai und Juni ; bei dem Regen ist es umgekehrt. Auf die Bedeutung der physikahschen Bodenl)eschatifenheit. näm- lich auf die Beschleunigung der Reife durch lockere Böden . wird man auch durch die WiTTMACK'sche Zusammenstellung hingewiesen, ebenso wie auf den Umstand, dals im allgemeinen für dieselbe (xetreide- sorte die Vegetationszeit in östlichen Gregenden kürzer als in den west- lichen ist. Gestützt auf die Erfalu-ungen , dai's die Kultursorten nördlicher Klimate ihre kürzere Vegetationsdauer in der nächsten Entwicklungs- periode beibehalten, hat sich ein schwungvoller Handel mit nordischem Saatgut ausgebildet. Indes ist nicht zu vergessen, dafs man dabei die Quantität der Ernte im Auge behalten mufs. Dieselbe hängt, reich- liche Nährstotfzufuhr gleichmäfsig vorausgesetzt, doch stets von der Dauer der vegetativen Periode, also der Bestockungszeit ab. Je länger das Getreide Zeit hat, vegetative Organe anzulegen (und dies geschieht innerhalb einer feuchten , kühlen Jahreszeit) , desto reichlicher erfolgt die Bestockung und damit die Ausbildung einer gröi'seren Anzahl von Ähren aus dem einzelnen Samenkorn. Wenn man sich verleiten läfst, im Westen entstandene, langlebige, durch Produktionsreichtum ausgezeichnete Sorten nach dem Osten zu übertragen, läuft man Gefahr, dafs dieselben im Osten den Frösten er- liegen. Das schlagendste Beispiel finden wir bei den englischen Weizen- sorten aus der Gruppe des Squarehead . die immer unsicherer nach Osten hin werden, weil sie auswintern. Betreffs der Frostwiderstands'- fähigkeit liegen Erfahrungen vor, dafs die Samen nordischer Gegenden in südlichen Breiten Pflanzen ergeben, welche nicht nur bisweilen, trotz anfänglicher Verlangsamung der Entwicklung, früher reifen, sondern auch den Frösten besser widerstehen. Aus den Ergebnissen langjähriger Beobachtungen Schübelek's ^) ist hervorzuheben, dafs die durch eine kurze Vegetationszeit in nordischen oder alpinen Klimaten zur Gewohnheit gewordene Schnellwüchsigkeit nach vier- bis fünfjährigem Anbau in niederen Breiten wieder verloren geht. Umgekehrt gewöhnen sich langlebige Sorten in einigen Jahren eine kurze Vegetationszeit an. Gelber Hühnermais von Hohenheim z. B., der im Jahre 1852 zu Christiania in 120 Tagen reifte, verkürzte bei wiederholter Aussaat seine Vegetationszeit bis 1857 um 3t) Tagej In Christiania beträgt die Entwicklungszeit der Gerste 90 Tage: das aus Alten (70") stammende Saatgut brauchte nur 55 Tage (s. Kowalewski). Von den durch die nördliche Lage verursachten stofflichen Eigen- tümlichkeiten, welche vielfach mit den Änderungen der Pflanzen Ijei dem Aufsteigen auf das Hochgebirge übereinstimmen, ist besonders wichtig, dafs der Zuckergehalt der Früchte nach Norden hin ab-, dä§ Ai'oma dagegen zunimmt. Bonniek und Flahault behaupten auch, dafs nicht nur die Gröfse , sondern auch die grüne Farlie der Blätter an Dunkelheit im Norden zunimmt-). Eine Zusammenstellung^), welche 1) SchOhkler, Die Pflanzenwelt Norwegens. 1873, S. 77 u. ff. 2) BoxNiF.u et Flahaiii.t, Observations sur les modifications de.s vegetaux snivant les conditions phvsiques du milieu. Annal. d. sc. nat. Botanique, t- VII, Paris 1879, p. 98. =') The effects of Uninterrupted Sunlight on Plants. G-ard. Chron.. 1880. I. S. 272. 122 J- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. ScHüBELEHsehe' Versuelie beliaiulelt , führt folgende specielle Beispiele an. Bei "Weizen, dessen Samen aus Ohio und Bessarabien bezogen war. stellte sich eine jährlich zunehmende dunkle Färbung der Körner ein, bis diese die gelbbraune Farbe des einheimischen norwegischen Winterweizens erhalten hatten. Ähnliche Resultate waren mit Mais, Bohnen, Erbsen, Sellerie u. a. erlang-ti worden. Sellerie, der vom .Kaukasus bis Vorderindien, in Afrika (Ägypten, Habesch, Algier) wächst und in Europa vom Mittelmeer bis zur Ostsee zu finden ist, geht jetzt in Finnland bis ()i> "^ : dort bilden sich aber die Wurzelknollen schlecht aus : die Würzhaftigkeit wird jedoch im Norden schärfer ^). Die bereits er- wähnte grofsere Intensität der Blütenfarben, die parallel der Steigerung dieser Eigenschaft mit zunehmender Erhebung über den Meeresspiegel sich zeigt, erschien bei den meisten Gartenblumen auch bei dem Fort- schreiten nach Norden. Betreffs der Bildung arom.atischer Stoffe ist als Beispiel auiser Sellerie noch der Wacholder anzuführen, der in Norwegen viel reicher an Öl als in Centraleuropa ist; auch Zwiebel und Knoblauch sind in Norwegen ungemein scharf. Die Erdbeeren sind sauer , aber aromatisch , während diese Früchte nach Götze in Coimbra ausgezeichnet suis , aber fast ohne jedes Aroma sind. Die Pflaumen bleiben oft so sauer, clai's sie den aus südlicheren Gegenden stammenden Früchten gegenüber als unreif anzusehen sind. Bei dem Wein läfst sich eine ähnliche Beobachtung machen : Man vergleiche den süfsen portugiesischen Wein mit dem weniger süfsen , aber blume- reichen Rheinw^ein, Bei Betrachtung der horizontalen Differenzen, die sich in der Ab- nahme der Regenmenge, in der Zunahme der Klarheit der Luft, von Westen nach Osten, in den Beleuchtungsverhältnissen zwischen südlichen und nördlichen Gegenden usw. äufsern, dürfen wir einen Umstand nicht vergessen, auf welchen de Candolle^) bereits aufmerksam gemacht hat. Derselbe ist zwar experimentell noch nicht genügend gefestigt, findet aber in der praktischen Erfahrung seine vielfache Bestätigung. Es ist nämlich die grofsere , v o 1 1 k o ni m n e r e W i n t e r r u h e der Pflanzen. Nach Ihne^) tritt die Belaubung der in Mitteleuropa und Coimbra normal gedeihenden Bäume in Coimbra etwa einen Monat früher und deren Laub- verfärbung ungefähr anderthalb Wochen später ein als bei uns. Somit ist die Winterruhe dort etwa sechs Wochen kürzer. Die Dauer und Voll- kommenheit der Winterruhe mufs aber für die Schnelligkeit der nach- herigen Entwicklung einflufsreich werden. Man kann wohl annehmen, dafs bei Andauer einer Temperatur, w^elche die Funktionen nicht sämtlich zum Stillstand bringt, sich eine Anzahl vegetativer Prozesse mit langsamem, aber stetigem Stoffverbrauch (Oxj^dationsprozesse) voll- zieht, ohne dafs die Pflanze Ersatz durch neu assimiliertes Material erhält, Aufserdem scheint es , dafs manche Enzyme , welche die Energie des Stoffwechsels bedingen, erst während einer vollkommnen Winterruhe in der nötigen Menge zur Entwicklung gelangen oder vor- bereitet werden. Tritt keine vollkommne Ruhe ein, so dürfte dies nament- lich bei zwei- und mehrjährigen Stauden und den Knospen der Zweige an Holzgew^ächsen fühlbar werden : dieselben werden früher treiben, ') Hanskn, C , Der Sellerie. Gartenflora, 1902, S. 18. ■-] A. HE Canüoli.k, Sur la methode des sommes de temperature appliquee aux phenomenes de la Vegetation. Archiv, des sc. phvsiques etc. Nouv. ser. LUX. LIV. Genf ISir,, cit. Bot. Jahresber., 1875, S. 585. 3) Ihnk, Phänologische Mitteilungen. Cit. Bot. .Jahresb., 1898, IT, S. 409. 3. Grofse horizontale Differenzen.^ 123 aber sclnvächere Organe produzieren (kleinere Blätter, gröl't^ere Anzahl nnfruchtbarer Blumen ). Des zmielimenclen Gewichtes der Samen in den nördlichen Breiten ist im vorhergehenden schon gedacht worden ; es liegen aber auch Untersuchungen von Pktermann ^j vor. welche eine hohe Keimkraft schwedischer Samen von Kleearten . Lieschgras (Phleutii }irattvsc L.), von Fichte und Kiefer gegenüber deutschen . französischen und belgi- schen Samen beweisen. Die in der Tat durchschnittlich ein grölseres Gewicht besitzenden schwedischen Samen betätigen ihre grölsere Keim- kraft nicht nur durch die Zahl der keimfähigen Körner, sondern auch durch die Energie, mit welcher die Keimung von statten geht. Diese Ergebnisse lassen sich recht gut durch eine gröfsere Entwicklungsenergie der Püanze infolge vollkommnerer Winterruhe erklären. Die Beobachtungen haben ihre sehr beachtenswerte praktische Seite insofern, als sie klärend auf die Kulturmethode des Samenwechsels wirken. Es wird nicht genügend sein, überhaupt nur Saatgut aus anderen Gegenden einzuführen, sondern es wird notwendig erscheinen, vor allen Dingen sich zu fragen, welche Eigenschaften man an der Kultur- pflanze zu verbessern Avünscht, und in welchen Klimaten diese gesuchten Eigenschaften zu höherer Ausbildung gelangen. Von dorther bezogen, wird das Saatgut dann den gewünschten Erfolg zeigen. Die Kulturerfolge, welche durch Benutzung von Pflanzen anderer Klimate erlangt werden, halten aber, wie erwähnt, in der Eegel nur für sehr wenige Vegetationsperioden vor. Manchmal tritt der Einflufs des jetzigen Standortes schon in der zweiten Vegetationsepoche auf und stempelt die Pflanzen der fremden Klimate schnell wieder zu ein- heimischen Produkten. Obstbäume, aus Angers bezogen, trieben und blühten auf Malorka schon zu Ende der Monats Februar, während die einheimischen erst einen Monat später blühten ^). Eine zwei Jahre später wiederum aus Angers eingetroffene Sendung zeigte dieselbe Erscheinung. Die Obstbäume der ersten Sendung blühten jetzt aber bereits später, nämlich gleichzeitig mit den einheimischen. Selten vollzieht sich der Übergang von dem bisher erblichen zu einem neuen, klimatisch bedingten Entwicklungsmodus so schnell, als er sich bei der Eückkehr verliert; doch haben wir bei unseren Gemüsen auch Beispiele schneller Änderung der bisherigen Eigenschaften. Im Tropenklima behalten dieselben nur im ersten Jahre annähernd ihren Charakter; aber schon im zweiten Jahre geben die Samen dieser eingeführten Pflanzen gestreckte, verholzende Exemplare ^). Das sind eben unsere ins Variieren gekommenen Kultur- formen. Von schnellen Änderungen wildwachsender Species ist nichts bemerklich . wie die HoFFMANN'schen Versuche mit Parallelsaaten ge- wisser Formen von Fhascolwi und Tritictmi in Giefsen , Genua. Mont- pellier, Portici und Palermo *) gezeigt haben. Dagegen erwähnt Hoff- iiANX langsame, im Laufe vieler Generationen erst zustande gekommene Änderungen; so wird Jiicmtis coniniunifi in den Tropen baumartig und perennierend: ebenso wird Brseda odoraia in Neu- Seeland mehr oder M Pktkumann, Kecherches sur les eraines originaii-es des hautes latitudes. Extrait du t. XXVIII. des Memoires couronnes et autres Memoires publie.s par l'Acad. royale de Belgique, Bruxelles 1877. ■') Gartenzeitung von Wii tmack, 1882, S. 374. ^) Deutsche Gärtnerzeitung, 1883, Nr. 17. •*) H. HuFF.MANN , Rückblick auf meine Yariationsversuche von 165Ö bis l^^O. Bot. Z., 1881. 8. 430. 124 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. weniger ausdauernd und anderseits BeUis pfrcnni^ in Petersburg- leinr .jährig. ■ 1 ; i ! ! i 1 , Zu den langsam sich vollziehenden Änderungen .im Wachtums- modus gehört die Ausbildung der Jahresringe bei unseren Bäumen. Allerdings schwankt die Verteilung zwischen gefäfsreichem Frühlings- holz und gefäfsarmem Sommerholz innerhalb desselben Breitengrades in jedem Jahre je nach Zahl und Verteilung der Niederschläge: aber bei der durch die horizontalen Differenzen der Lage gegebenen Ver- änderung der Durchschnittswitterung werden derartige Verschieden^ heiten konstant, und es bilden sich dadurch ökologische Varietäten. Auf solche anatomischen Unterschiede in der Entwicklung derselben Spezies in südlicher und nördlicherer Lage geht Bonnier ') ein. Er verglich Exemplare der Linde , Rotbuche , Akazie u. a. aus der Gegend von Toulon (mit 260 tägiger Vegetationszeit) mit solchen bei Fontainebleau (Vegetationszeit 178 Tage) und fand, dafs das Frühjahrsholz im Süden besser entwickelt und reicher an vielfach weiteren Gefäfsen ist. Hier kommt allerdings der Reichtum an Frühjahrsniederschlägen im Mittel- meergebiet in Betracht. Das Sommerholz des Südens dagegen ist reicher an Libriformfasern und besteht oft nur aus solchen , während bei Fontainebleau sich auch im Sommer noch zahlreiche Gefäfse bilden. Die Blätter der Toulon-Pflanzen erwiesen sich um Va oder ^2 mal dicker und mit mehr Schichten von (längerem) Palisadenparenchym versehen gegenüber den nördlicher erwachsenen Pflanzen. Die Spaltöffnungen sind zahlreicher, das Sclerenchym kräftiger und die Cuticula verstärkt. Die Toulon-Pflanzen repräsentieren den Charakter der Mediterranflora im allgemeinen. Der gröfseren Intensität der Blütenfarben bei dem Aufsteigen der Pflanzen von der Ebene nach dem Gebirge und dem Übergang aus niederen Breiten in die nordischen Regionen ist bereits gedacht worden. Neuerdings ist auch die Aufmerksamkeit auf die sich ändernde Färbung der Laubblätter in erhöhtem Mafse hingelenkt worden und hat eine eigenartige Deutung als Schutzvorrichtung erfahren. Sehr ausführlich behandelt Mac MiLLAN -) diese Verhältnisse. Er spricht von „wärmen- den Farben" (warming-up colours) und meint dabei besonders die rote Farbstoffreihe, die in kälteren Regionen reichlicher vertreten sei. Alpine und Polarpflanzen sind häufiger mit blauen oder violetten Blumen als mit gelben zu finden , die Zweigenden oftmals gerötet. Durch den roten Farbstoff werde die Temperatur etwas erhöht und der Ein- flufs der Kälte dadurch etwas abgeschwächt. Wenn man von zwei übereinstimmenden Thermometern die Kugel des einen mit einem grünen, die des anderen mit einem purpurfarbigen Blatt umbindet, so macht sich nach kurzer Zeit bei Sonnenbeleuchtung am purpurfarbigen Blatt eine Temperaturerhöhung von () bis 10 " geltend. Ebenso fand er , dafs ein Thermometer , in ein Bund Veilchen gesteckt . höhere Temperatur anzeigt als in einem Bunde Schlüsselblumen, nachdem beide einige Zeit in der Sonne gelegen. Die herbstliche Färbung könne als eine entschiedene Reaktion der Pflanze auf die erniedrigte Temperatur aufgefafst werden. Durch den roten Farbstoff bilde die Pflanze sich eine Wärmequelle. ^) BüN'N'iEu, Cultures experimentales dans la region mediterraneenne etc. Cit, Bot. Jahresb. 1902. 11, S. 299. 2; CoxvvAv Mac Mh.i.ax. Minnesota Plant Life. Saint Paul, Minnesota, 1899, S. 417. S. Grofse horizontale Diflerenzeii. 125 Darum sind so viele Frühlino-sbliimen rot und violett und Herbst- blumen blau oder rot. In den warmen Klimaten nehmen die Gewächse oft Eigenschaften an, welche das direkte Gegenteil von denen der Polar- oder Gebirgs- pflanzen sind. In den Tropenpflanzen sind die Reservestoffbehälter weniger stark entwickelt als in verwandten Arten kälterer Gegenden. Die Knospen sind weniger geschützt, filzige Überzüge auf Blättern und Zweigen (mit Ausnalmie der Wüstenpflanzen) seltener. Viele winter- liche Gewohnheiten fallen fort: es gibt weniger zweijährige Pflanzen. Die wärmenden Farben treten mehr zurück, indem weifse, gelbe und gefleckte Blumen (Orchideen) vorherrschen. Die Natur bilde den roten Farbstoff aus , um das überschüssige Ijicht nicht verloren gehen zu lassen und es in Wärme umzusetzen und es als wachstumfördernde Kraft auszunutzen. Wir können uns mit dieser Theorie vorausbedachter Nützlichkeit des roten Farbstoffs als eines wärmeerzeugenden und lichtabschwächenden Apparates nicht befreunden, wenn wir auch gern gelten lassen wollen, dafs, wenn der rote Farbstoft' einmal erzeugt worden ist, er in der an- gegebenen Weise wirksam sein wird. Dafs die Pflanze ihn zum Schutze gegen Kälte erzeug-f. wenn die Temi^eraturen niedrig werden, ist schon darum nicht glaubhaft, weil man es in der Hand hat, eine Rötung der Blätter bei den heifsesten Sommertemperaturen hervorzurufen. Bei den gerbstoffreichen Rosifloren (z. B. bei Crataegus) habe ich die rote Herbstfärbung der Zweige mitten im Sommer durch Ringelung der- selben binnen wenigen Wochen zu erzeugen vermocht. Und der Um- stand, dafs im Sommer innerhalb weniger Tage die Unterseite vieler Blätter sich rot färbt, sobald man sie nach oben kehrt, ist allgemein bekannt. Fernere Beispiele liefern die Parasiten. An demselben Kirsch- baum z. B. werden die Blätter der von Exoascus Ccrasi befallenen Äste leuchtend rot, während die gesunden grün bleiben. Bei vielen Flecken- krankheiten erscheinen die kreisrunden Pilzherde rot umsäumt. Ama- ryllideen , deren Blätter im Sommer absterben ( Hippeast rwii u. a.), bekommen c arminrote Flecke und Streifen. Somit glauben wir, dafs der rote Farbstofl' als eine notwendige, an eine relativ überreiche Lichtzuführ gebundene Reaktion der Zelle auf den Einflufs verschiedener Faktoren anzusehen ist. Einer dieser Faktoren kaim auch die Temperaturerniedrigung sein, die sich bei hori- zontalen oder vertikalen Verschiebungen des Standorts einstellen wird. Blicken wir auf die vielfachen Veränderungen zurück , welche die Pflanzen im gestaltlichen und stofflichen Aufbau durch die horizon- talen Verschiebungen ihres Standorts erfahren, so werden wir uns der Überzeugung nicht verschliefsen kömien, dafs in diesen Verschie- bungen nicht selten der Grund für eine Disposition zur leichteren Erkrankung oder anderseits zu gröfserer Immunität zu suchen sein wird. Wir haben bereits auf die gröfsere Frostempfindlichkeit westlicher Squarehead -Weizen in östlichen Gegenden hingewiesen und erinnern jetzt daran, dafs auch parasitäre Erki-ankungen von dem im Saatgut erblich mitgebrachten verschiedenen Entwicklungsmodus der Wirts- pflanzen abhängig sein können. Man denke beispielsweise an die Tat- sache, dafs manche parasitäre Pilze zu bestimmten Jahreszeiten auf- treten oder sich doch besonders reichlich verbreiten. Falls solche Pilze mir den jungen Blättern gefährlich werden, wird für eine epidemische 12(5 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Ausbreitung es aussclilaggebend sein, ob zur Zeit der reichsten Sporen- ausstreuung viel junge Blätter vorhanden sind. Dieser Umstand hängt aber davon ab. wie schnell eine Pflanze in einem bestimmten Klima ihren Entwicklungscyklus durchläuft. Hat sie eine langsame Entwicklung, so ist die Periode, in der sie junge Blätter darbietet, eine langdauernde und damit die Gefahr der Pilzinfektion eine sehr nahegerückte. Reift eine (z, B. aus nördlicheren oder östlichen Gregenden eingeführte) Varietät schnell, dann kann zur Zeit der hauptsächlichsten Sporenverbreitung der ganze Blattapparat schon ausgereift imd damit widerstandsfähig gegen viele Parasiten sein. Solche Umstände verdienen gröfsere Beachtung, als ihnen bisher zu teil geworden. Sie werden auch bei der Erklärung der „Biologischen Rassen" einzelner Parasiten in Erwägung gezogen werden müssen : denn es ist dtu'chaus nicht unwaln-scheinlich, dafs manchmal Infektionen nächstverwandter Wirtsspezies nur darum nicht gelingen . weil eine Nährpflanze sich zur Infektionszeit schon in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium befindet, bei welchem der Blattapparat abgereifter, d. h. derbwandiger imd inhaltsärmer ist. Dafs die Pilzinfektion an ein bestimmtes Entwicklungsstadium der Nährpflanze gebunden, zeigt sich beispielsweise bei den Rostpilzen des Getreides. Eriksson ^) erwähnt, dafs bei frühreifen Sorten auch der Rost früher auftrete, und die neuen Beobachtungen liefern Beispiele, wie die Puccinia-Arten des Getreides ihre bestimmte Zeit des Auftretens haben. So zeigte sich-) im Jahre 1904, dafs hauptsächlich und zuerst Fuccinia ffluniaruiu bei Weizen aufgetreten ist: darauf folgte P. dispersa, die sich aber nm' noch der- jenigen Organe und Sorten bemächtigte , welche noch nicht abgereift waren. Daher sah man späte , langsam reifende AVeizeiisorten reich- lichst mit P. dispersa und spärlich mit P. glnmariniK die frühreifenden Varietäten aber in entgegengesetzter Weise besiedelt. Bei Lagergetreide fand sich Pncc. graiuinis. Als ein Produkt klimatischer Einflüsse anzusehen sind Glasige Getreidekörner. Glasig nennt man diejenigen Getreidekörner, deren Endosperm hart, fast durchscheinend und im Querschnitt grau oder rötlich gefärbt ist, während bei den gewöhnlichen mehligen Körnern das Endosperm weich, weifs, porös und leichter zerreiblich erscheint. Das Glasig werden der Körner pflegt häufiger im Norden und Osten Europas als in den westlicheren Teilen aufzutreten, was auf einen Einflufs der Lufttrockenheit bei hoher Lichtintensität hinweist. In den feuchteren westlichen Regionen erlangen die vegetativen Organe ein grölseres Übergewicht. So gibt beispielsweise Liebenberg ^) an. dafs die sonst ausgezeichnete nordische Gerste zwei Nachteile besitze, nämlich einen zu grofsen Prozentsatz glasiger Körner und eine zu dunkle Färbung, die vom Beregnen des erntereifen Getreides herrühre. Diese Regengüsse zur Erntezeit beeinflitssen natürlich nicht mehr die 1) Er[ks3ox, .T., Sur l'origine et la propagation de la rouille des cereales par la semence. Ann. scienc. nat. Bot. VIII ser., tom. XIV und XV. Paris 1902. 2) .lahresb. d. Sonderausschusses f. Pflanzenschutz. Deutsche Landw. Ges. 1905. Getreiderost. 3) V. LiEBENBERG, Bericht über die allgemeine nordische Samenausstellung usw., 1882, cit. Bot. Centralbl., 1882, Nr. 43, S. 115. :i Grolse horizontale Diffei-enzeu. 127 Kornausbildung , welche in eine meist trockne Periode langer Tage fällt. Bei der langen Lichtwirkung werden auch die Roggensorteii intensiv gefärbt. Derselbe Autor Ijerichtet . dafs l>ei der Getreide- ausstellung in Schweden die Haferproben durchschnittlich nur 22,00 bis 32,04 "'o Spelzengewicht besafsen, während dasselbe bei österreichischen und französischen zwischen 25.23 *^'o und 38.37 "^ o schwankte. Im all- gemeinen kami die Ansicht von HaberlandtM als gültig anerkannt werden: derselbe spricht aus. dafs ein kontinentales Klima glasige Körner erzeuge, dafs dagegen kühle, feuchte Sommer oder künstlicher Nälu'stotf- und Wasserreichtum mehlige, spezifisch leichtere und stick- stoffärmere Getreidekörner produzieren. Der glasige Zustand des Getreidekornes besteht nach den von Grönlunü-) an mehliger und glasiger Gerste angestellten Untersuchungen darin, dafs die stärkehaltigen Zellen des Samen- eiweifses bei dem mehligen Korne die Zwischeiu-äume zwischen den einzelnen Stärkekörnchen mit Zellsaft erfüllt zeigen, während die glasigen Körner diese Zwischenräume mit Protoplasma ausgefüllt be- sitzen. Die Arbeit von Johannskn' (Allg. Brauer- und Hopfenzeitung, 1884, Nr. 78 und 79) nimmt einen gTöfseren Luftgehalt in der ganzen Masse des Kornes und nicht blofs zwischen den Wänden bei den mehligen Körnern an. Bei der Keimung wird das glasige Korn zu einem mehligen. Nach GrüNLUXI» . der übrigens keine Beziehung zwischen Witterung und Entstehung des glasigen Zustandes anerkennt, keimen glasige Körner leichter und besser und geben ki'äftigere Pflanzen. Obgleich der \'erfasser auch von stark stickstoffhaltigem Boden glasige Körner als unbestreitbar annimmt, so glaubt er doch, dafs magerer, sandiger, schlecht kultivierter Boden diese eigentümliche Bildung viel sicherer erzeugt. Bei reiner Kalidüngung sah er ein mehliges Korn entstehen. Übrigens kommen beide Formen in verschiedenen Übergängen in derselben Ähre bis- weilen vor. Bei der Entstehung glasiger Körner möchte ich annehmen, dafs im sandigen, schnell trocknenden Boden der Prozefs der Stärke - bildung abgekürzt wird, iind da Kali das Korn mehlig macht, so möchte ich viel eher glauben, dafs die Leistung des Kali zu früh beschränkt wird , und zwar dadurch , dafs andere Prozesse , nämlich die Reife- vorgänge, zu früh und intensiv eintreten. Dies wird bei starker Licht- und Wärmewirkung um so früher geschehen, je weniger Wasser vor- handen ist. Für die Ansicht eines Überwiegens des Reifeprozesses zur Zeit, wo noch Mehlbereitung stattfinden sollte, spricht auch die Mitteilung von Sanio^), dafs man in Ostpreufsen das Glasigwerden des Weizens dem Umstände zuschreibt, dafs er überreif auf dem Halme wird. Analytisch gestützt findet sich diese Ansicht durch die Unter- suchungsergebnisse von R. PoTT'*). der bei vier glasigen Weizensorten einen durchschnittlich höheren Prozentsatz an Asche fand als bei mehligen Körnern. Die Körner haben durch die schnelle Reife eben ihi'e Mineralstoffe nicht vollkommen zur Bildung der organischen Sub- stanz ausfrenutzt. Man versleiche auch die hohen Prozentsätze der ') Ha BEUL AN- DT, Die Abhängigkeit der Ernten von der Gröfse und Verteilung der Niederschläge. Österr. landw. Wochenbl.. 1875, S. 352. 2) Nach einer Preisschrift des Verf. cit. im Jahresbericht f. Agrikulturchemie. XXIII (1880), S. 214. 3) Botanisches Centralbl.. 1880, S. 310. ••) .Jahresbericht f. Agrikulturchemie. 1870—72, II, S. 5. 128 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Körner an Stickstotf bei Haferpiianzen , die durch Wassermangel oder Wasserüberscliuis verkümmerten (s. Kap. „Wasserüberschuis"). ' Man dürfte über die Natur der glasigen Körner sicli am leich- testen klar werden, wenn man die Untersuchungen von Petri und von JOHANNSEN ^) berücksichtigt. Ersterer gab bereits im Jahre 1870 an, dai's glasige Körner durch Aufweichen in Wasser mehlig werden können; letzterer bestätigt diese Beobachtung. Es wurden 200 Kilo (Torste zur Hälfte mit Wasser befeuchtet, bis sie 15 °/o aufgenommen hatten, darauf getrocknet, ausgebreitet und gewendet, bis wieder das ursprüngliche Gewicht erreicht war. Der Prozentsatz an mehligen Körnern war jetzt 50, während er im ursprünglichen Material nur 19 betrug. Bei Kulturversuchen wurde gefunden, dai's bei früher Aussaat eine stickstofifarmere , mehligere Gerste sich ausbildete, während bei späterer Saat das Ernteprodukt stickstoffreicher ausfiel. Diese Er- fahrung weist darauf hin, dai's man im Glasigwerden der Körner nm- eine mechanische Verschiedenheit zu erblicken hat, die sich ausbildet, Avenn die Zeit der Kornreife dm'ch Wassermangel bei Licht- und Wärmeüberschufs sehr abgekürzt wird. Ein allmählicher Reifeprozefs läfst dem Korn längere Zeit zur Ausbildung eines vermehrten Stärke- vorrats unter Beibehaltung eines gTöi'seren Wassergehaltes der Substanz, der sjDäter durch Luft teilweise ersetzt wird. Dies bezieht sich nament- lich auf das Protoplasma in den Endospermzellen. In diesem liegen die Stärkekörner eingebettet. Bei schnellem Reifen kittet das Plasma sich dicht um die Körner, und das Korn erscheint glasig. Bei lang- samerer Reife und gTöi'serem Wassergehalt baut sich die Zelle lockerer, indem zwischen den Stärkekörnern mein- Zellsaft und später Luft vor- handen ist : und dann ist bei gröfseren, lufterfüllten Intercellularräumen das Korn undurchscheinend und mehlig. Je mehr das Protoplasma überwiegt, desto mehr Neigung zur Glasigkeit, und deshalb sind auch normalerweise, wie z. B. bei dem Maiskorn, die äufseren Lagen des Samenkorns glasig und die inneren mehlig. Diese Verhältnisse erklären die Beobachtungen von Schindler^), dals im Weizenkorn mehlige und glasige Partien abwechseln können. Die oben mitgeteilte Erklärung für das Zustandekommen der Glasig- keit erhält eine Bestätigung durch die Versuchsresultate, die von der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft erhalten worden sind^). Der Bericht teilt mit: Die Glasigkeit der Körner hängt mehr von den AVachstumsbedingungen als der Sorte ab. Glasiger sind die Sorten mit kürzerer Vegetationsdauer, wie Lupitzer, Strube's begxannter und Galizischer Kolben- im Vergleich zu Schlanstedter- und Noe- Weizen. Die Ertragsfähigkeit der Sorten steht im allgemeinen im umgekelirten Verhältnis zur (llasigkeit ihrer Körner. 4. Koiitiiieutal- und Seeklima. Das charakteristische Merkmal der von dem Meere beeinflufsten Gegenden besteht in den geringeren Schwankungen zwischen Sommer- und Wintertemperaturen, da die Sommer länger und kühler, die Winter ^) JoHANNSEN, Bemerkungen über mehlige und glasige Gerste (Ugeskrift for Landsmsend), 1887. cit. Biedehm. Centralbl., 1888, S. 551. 2) ScHi.Njji.En, Lehre vom Pflanzenbau auf physiologischer Grundlage. Wien 1896. ^) Mitteilungen der Saatzuchtstelle über wichtige Sortenversuche. Saatliste vom 6. Dez. 1904. Deutsche Landwirtsch.-Ges. 4. Kontinental- und Seeklima. 129 Avärmor sind. Unter dorn Einflufs des Atlantischen Ozeans seilen wir das Frühjahr zeitiger eintreten, den Herbst länger währen als in den Gegenden mit Kontinentalklima. Doch ist der Effekt auf die Vegetation trotz des früheren Anfangs nicht der erwartete ; denn die Blütezeit der Gehölze ist bei der geringeren Frühjalu-swärme höchstens wenige Wochen früher und die Fruchtreife ist kaum früher, ja, verzögert sich sogar manchmal und findet bisweilen gar nicht statt. Man denke an den in England im Freien nicht mehi' reifenden Wein. Die Luft ist das ganze Jahr feuchter, und in den Übergangszeiten herrschen oft länger dauernde, starke Nebel. Es ist schon früher der Ansicht von Haberlandt gedacht worden, wo- nach Frühreife der Pflanzen sowohl in nördlichen als in südlichen Breiten mit derselben Leichtigkeit eintreten und Veranlassung zur Bildung ent- sprechender Varietäten werden kann. Es spielen eben hierbei die Feuchtigkeitsverhältnisse mafsgebend mit, und solche kommen nun in gTofsen Schwankungen liei dem Kontinentalklima gegenüber einem gleichmäfsig feuchten Küstenklima zum Ausdruck. Die von Haberlandt ausgeführten Anbauversuche ^) ergaben in dieser Beziehung folgend(> Erfahi'ungen. Das aus feuchten Klimaten bezogene Saatgut liefert ver- hältnismäfsig mehr Stroh, aber weniger Körner-, das Getreide ist auch leichter dem Lagern miterworfen. Dagegen kann man bei Saatgut aus trocknen Gegenden mit kurzem Frühjahr und heifsem, trocknem Sommer die Produktion geringerer Stroh-, aber reicherer Körnererträge be- obachten, und Pflanzen von solchem Saatgut widerstehen besser der Trockenheit. Bei Samenwechsel ist der Bezug aus Ländern mit kontinentalem Klima vorteilhafter-, die dort herrschenden harten Winter beeinflussen das Körnerprodukt in der Weise, dafs die aus demselben entstandenen Pflanzen weniger der Gefahr des Auswinterns ausgesetzt sind als solche , die aus dem feuchteren Westen mit seinem milderen Winter nach Osten verpflanzt werden. Das Kontinentalkhma bringt kleine, aber spezifisch schwere Körner hervor, wälu'encl ein kühler und feuchter Sonmaer oder künstliche, reiche AVasser- und Nährstoffzuführ zwar das Korn vergTöfsern , aber den Inhalt gleichsam lockern, indem an Stelle der glasigen Beschaffen- heit die mehlige, verbunden mit abnehmendem spezifischem Gewicht und abnehmendem Stickstoffgehalt, auftritt. Wichtig für den Samenwechsel ist endlich die Beobachtung, dafs Wintergetreide, aus Gegenden über dem 45. Breitengrade stammend, bei uns im Frühjahr angebaut, in demselben Jakre nicht mehr zum Schossen gelangt, dafs dagegen solches, aus niederen Breiten bezogen, bei uns sich wie Sommergetreide verhält. Bei dem grofsen Interesse , das sich allseitig den Kolonien zu- wendet, ist es nötig, die tropischen Verhältnisse näher in Betracht zu ziehen. Hier erlangen die Temperaturdifferenzen auf dem Lande und zwischen Land und See eine erhöhte Bedeutung. So berichtet beispiels- weise Fesca^) betrefl's der starken Erwärmung des Landes bei dii^ekter Bestrahlung gegenüber dem Meer, dafs die Temperatur der tropischen Meere selten mehr als 30" C. beträgt, während das Gestein sich auf ()<> bis 70" C. erhitzt. Pechukl-Loesche beobachtete an der Westküste ') Fl!. Habkiu.axut, über die Akklimatisation und den Samenwechsel. Osten-, landw. Wochenbl., 1875, Nr. 1. -) Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. S. 23. Sorauei-, H;in.lbiicli. 3. Aull. Erster Band. 9 ]30 i- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. von Afrika in 5** s. Breite zwischen 1. Januar und 4. März nicht weniger als 86 mal eine Bodentemperatur über 75^ C. Demgegenüber aber stehen nächtliche Abkühlungen auf 15" C. und weniger. Tages- schwankungen der Bodentemperatur von 30 bis 40" C. werden in den Tropen häufig sein, wogegen die Tagesschwankungen des Meeres höchstens 1 " C. betragen düi'ften. Infolge der verschiedenen Erwärmung von Land und Meer mufs am Tage bei der intensiven Bestrahlung über Land ein Minimum ent- stehen, welchem die Luft vom Meere her zuströmt: umgekehrt in der Nacht. Diese See- und Landwinde sind bei den stärkeren Gegensätzen der Erwärmung von Land und Meer in den Tropen und Subtropen be- deutend intensiver und ein Faktor, mit dem zu rechnen ist. Die Luft über dem Meere ist nach Saito \) beinahe frei von Schimmelpilz-. Bakterien- und Hefekeimen, wähi'end die Luft über dem Lande (unter- sucht wurde Strafsen- und Gartenluft in Tokyo) namentlich in feuch- ten und warmen Perioden besonders keimreich ist. Der Seewind wirkt somit luftreinigend. Nach den Polen hin nehmen die Seewinde ab, da das Meer allmählich eine höhere mittlere Wärme annimmt wie das Land und auch die Tagesschwankungen des Bodens geringer werden. Den periodischen Tageswinden entsprechen durch die starke Er- wärmung der grofsen Kontinente aus demselben Grunde die wechselnden Jahreswinde, die Monsune, denen die Vegetation sich anpassen mufs. Von der Lage zum Meer und der Höhe der Temperatm^ sind auch die als Regen auftretenden Niederschlagsmengen abhängig und dem- entsprechend sind diese im warmen Seeklima am stärksten, im Kontinental- klima am geringsten. Den deutschen Nordseeküsten entspricht ungefähr ein Jahresmittel von 9" C. Bei 80 "/o Sättigung würde die Luft 7,20 g Wasserdampf im Kubikmeter enthalten. Wenn sich die Luft auf 4 '' C. ab- kühlt, so vermag sie nur noch 6,9 g Wasserdampf pro Kubikmeter zu halten, und es mufs sich also die Differenz als Niederschlag ausscheiden. Wenn eine Tropenluft von 25" C. bei derselben Sättigung (80 "/o) sich be- findet, enthält sie 18,48 g Wasserdampf und scheidet bei einer Ab- kühlung um 5" C. 1,18 g Wasser pro Kubikmeter aus. Diese Nieder- schlagsmenge beträgt also mehr als das Dreifache von der bei der- selben Temperatm-erniedrigung betroffenen Luft von 9" C. an den Nordseeküsten. Daraus erklären sich die starken tropischen Regen- fälle und namentlich die starke T a u b i 1 cl u n g , die stellenweis als einzige Wasserquelle für eine gewisse Zeit in heifsen Klimaten aus- reichen mufs. So wenig bei Anbauversuchen die Bodenanalysen und die Tempe- raturmittel einen irgend genügenden Einblick in eine etwaige Nährstoff- verwertinig seitens der Kulturpflanzen bieten, ebensowenig kami der jährliche Regenfall einen Anlialt über die Feuchtigkeits Verhältnisse einer Gegend geben. Denn es kommt wesentlich auf die Boden- verhältnisse und die Verteilung der Niederschläge auf die einzelnen Monate an. Die Wüste Sahara empfängt (s. Fesca) in einem grofsen Teile ihres Gebietes die gleiche mid eine gröfsere Regenmenge , die für Deutschlands Ackerbau als ausreichend gilt ('60 cm), ohne dafs dort ein wesentliches Ergebnis erzielt würde. Denn auf einem stark er- hitzten Boden verdunstet die gröfste Menge der Feuchtigkeit sofort. Die ^) Saitu. Untersuchungen über die atmosijhärischen Pilzkeime. Journ. College of Science. Tokvo. Vol. XVIII. 4. Kontinental- und Seeklima. 131 erwünschteste Verteilung der Regen in den Tropen ist nicht die gleich - mäfsig über das ganze Jahr sich erstreckende, sondern diejenige, die bei uns besteht, nämlich dais zu Beginn der Vegetationszeit eine Periode reichlicher Niederschläge sich einstellt und dann eine Zeit der Trocken heit folgt. Die in der Regenzeit reichliche Bewölkung trägt zm- Her Stellung der kühleren Temperatur, die zur Entfaltung der vegetativen Organe besonders günstig ist, wesentlich bei. Im Seeklima ist die Bewölkung stärker als im Kontinentalklima. Li den Gebieten gi^ofser Lufttrockenheit, wie z. B. am Mittelmeer- becken, sind mehrfach im Jahresmittel nur 20 "/o, in den trockensten Monaten oft nur U) " o des Himmels bewölkt , in den feuchten Tropen nicht selten mehr als Sij "/o. Da aber die Bewölkung die Bestrah- lung und Ausstralilung vermindert, so mufs in den niederen Breiten eine Erniedrigung, in den höhern Breiten eine Erhöhung der Temperatur stattfinden. Diese Temperaturerniedrigung und Bewölkung sind füi' manche Kulturen ein Bedürfnis und dürfen nicht aufser acht gelassen werden, und wir glauben beispielsweise mit Zimmermann '), dal's manche Erkrankungen in den Kaffeeplantagen, namentlich das übermäisige Fruchttragen, auf die mangelnde Berücksichtigung des Schattenbedürf- nisses zurückzufülu'en sind. Ebenso möchten wir glauben, dafs die reichlichen Pilzkrankheiten, die soit Beginn der Teekultur im Kaukasus in einem Zeitraum von 15 Jahren aufgetreten''), zum Teil in den Ab- weichungen des kaukasischen Klimas von dem der Heimat des Tees ihren Grund haben. Dafs sich die Entwicklung des Pflanzenleibes den einzelnen Kom- binationen der klimatischen Wachstumsfaktoren anpafst , ist selbstver- ständlich, und die neuere Biologie berücksichtigt nunmehr auch diese Umstände, wie z. B. die Arbeit von Hansgikg^) zeigt, der von steno- phyllen Windblättern (wie bei dem Weidentypus), von Leder- und Windblättern (Palmentypus), von xerophilen Lederblättern {Myrtiis, Laurus). von Taublättertypen (Bromeliaceen, Pandaneen), Dickblättern (Crassula- und Mesembryanthemumtypus) usw. spricht. Das am meisten in die Augen springende Beispiel bildet die Strandvegetation mit ihrem Halophytencharakter. Die fleischige und glasige Beschaffenheit der Vogetationsorgane fühi't Brick*) auf die reichlichen Natronsalze zurück, die einen äufserst starken Turgor im Parenchym veranlassen. Je mehr wir Beweise dafür sammeln, dafs der Organismus sich den klimatischen Faktoren anpafst, desto mehr werden wir von der Fehlerhaftigkeit der Anschauung überzeugt werden, dafs man straflos die klimatischen Sippen, die sich bei jeder Kultursorte bilden, beliebig verschieben könne. Wenn auch die Gesamtsummen der klimatischen Faktoren in zwei räumlich weit entfernten Örtlichkeiten übereinstimmen mögen, so ist damit noch keine Garantie für das gleich- gute Gedeihen in der neuen Heimat gegeben, da die Verteilung von ^) ZiMMKUMASN, Sonderbei" ichtc über Land- und Forstwirtschaft in Deutsch- Ostafrika. Bd. I, Heft 5. 1903. -) Spescii.new, Travaux du jardin bot. de Tiflis VII. 1. Verhandl. d. Internat, landwirtsch. Congresses in Rom 1903. =') HANstau.;, A., Phyllobiologie nebst Übersicht der biologischen Blatttypen usw. Leipzig, Bornträger. 1903. ■*) BuicK. Beiträge zur Biologie und vergleichenden Anatomie der baltischen Strandpflanzen. Cit. Bot. Jahresb. 1888, I, S. 765. ]:J,2 I. Krankheiten durcli ungünstige BodenA-erhältnisse. Licht, AVärme und Feuchtigkeit auf die einzehien AVachstmnsperioden sich ganz verschieden enveisen kann. Die zalüi-eichsten Beweise liefern die Ei-ki-ankungen derjenigen Neuholländer- und Kappflanzen, die, einem trocknen Klima angepafst, ihr Leben in imseren sonnenarmen, feuchten Glashäusern zubringen müssen. Stamm- und Wurzelfäule, Zweigsterben durch Botrytis usw. schädigen die Kulturen in jedem Winter bedenk- lich. Das sog. Ab stocken der Triebe von Fimeha, Chorkema, Pulte- vaea, Correa, Baronia, Agathosma und Borosma, von Hdichnßum, Humea u. dgl. ist eine Folge der nicht zu über^^'indenden grofsen Luftfeuchtig- keit in unseren Yegetationshäuseni. 5. Eiuflul's des Waldes. Dei- EinÜufs der Lage und Bodenbescliatienheit auf die Vegetation wird lokal modifiziert dui'ch die Bewaldung, und diesem Punkte hat die Pathologie eine erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Der Wald ähnelt in seinem Eiiiflufs gröfseren Wassei'flächen : denn da die orga- nische Substanz eine höhere specifische Wärme als die Mineralsubstanz besitzt, wird der bewachsene Boden bei gleicher Besonnung sich weniger stark ei'^värmen als das nackte Gestein oder der Sand. Die Sommer- hitze wii'd also durch Wald gemildert. Bei der reichlichen Verdunstung des Laubkörpers der Bäume ^\'ird die Luft eine um so feuchtere sein, je dichter der Bestand und je geringer die Luftbewegmig ist. Ent- s]irechend der stärkeren Verdunstung düi'fte über den Wäldern leichter Wolkenbildung erfolgen, und dieselbe wöi-d auch nicht so leicht zer- streut werden. Da der relative Feuchtigkeitsgehalt der Luft in und über dem Walde gTöfser ist, wird leichtere und reichlichere Taubildmig eintreten. Die Wucht der Regengiisse wird vermindert. Da die scharfen Regen, namentlich bei geneigier Lage, vom Erdreich nicht so schnell aufgenommen werden können, rimien die Wassermassen vom nackten Boden ab und spülen dabei die fernen humosen Teile der Felder von der Höhe in die tieferen Lagen. Der Feldbestand wiixl bei jährlicher Wiederholung dieses Vorganges derartig geändert, dafs die hohen Lagen verarmen mid ein nui' wenig fruchtbares Bodenskelett ziu'ückbehalten , w^ährend in der Niedei-ung die Humusschichten an- wachsen. Mit der Verarmung an Hmnus sinkt die wasserhaltende Kraft des Bodens, und der Rücken des Feldes zeigt allmählich Schädigungen durch Wassermangel. Bei schweren Böden füln-t das beständige Auf- schlagen der Tropten bei starken Regen langsam zur Verkrustung. Allen diesen TTbelständen begegnet der Wald, dessen Bamnkronen den Regen auffangen mid teilweis behalten. Trotzdem dringi: genügend Wasser hindiu'ch imd rinnt an den Stämmen abwärts, wird vom Moos oder selbst vom dürren Laub des Laubwaldes an der Bodenoberfläche oder der Krume zurückgehalten und kommt der Vegetation zugute. Einige positive Zahlen über die hier theoretisch erörterten Verhältnisse entnehmen wir dem „Illustrierten Forst- mid Jagdlexikon" von Fürst M. Gestützt auf die Beobachtmigen der forstlichen meteorologischen Stationen wird angegeben, dafs die Lufttemperatur im Jahresdurch- scluiitt unter dem geschlossenen Kronendach der Bestände etwa 0,8" C. niedriger als im Freien ist. Die Difi^'erenz ist im Sommer am gröfsten ') Illustriertes Forst- vmd Jagdlexikon, II. Aufl. Herausg. Dr. Hekmaxx Füust. Berlin 1904, Paul Parev. S. ::i84. 5. Einflufs des AValdes. 1:^3 (bi,s ;i " C). während sie im Frühling und Herbst dem Jahresdm'chsehnitt gleichkommt und im Winter fast verschwindend ist. „Die Temj)eratur- schwankungen sind unter dem Kronenschirm geringer als im Freien." Die Temperatur des bewaldeten Bodens ist zu allen Jahreszeiten um 1 bis '4^ C. niedriger als diejenige im Freilande. Die absolute Feuchtigkeit ist im Walde und im Freien nicht verschieden, dagegen wegen der niedrigeren Temperatur die relative Feuchtigkeit im Walde während des Winters, Frühjahrs und Herbstes um 4 bis 8 "/o, im Sommer um 12 bis 2<>"o höher als im Freien. Die Verdunstung einer freien Wasseirfläche ist im Walde um 50 bis (50 ^/o geringer als im freien Lande : „die Verdunstung des Wassers aus dem Boden wird um 80 bis 00 '^o herabgesetzt." Von den Niederschlägen werden je nach Holzart, Alter und Schlufs der Bestände sowie der Stärke des Niederschlages 10 bis 50 "/o von den Baumkronen zurückgehalten, bei schwachem Regen viel- fach 100"/o: im allgemeinen gelangen ()0 bis 80 "/o an den Waldboden. „Im mittleren Europa wird durch den Bestandesschlufs die Jahres- und die Sommertemperatur um 1 bezw. 2 bis 3" C. erniedrigt, die relative Feuchtigkeit um ca. 5'^'o bezw. 15 "'o erhöht." Da man die Gröfse der Fernwirkung von ausgedohntoii Waldungen noch nicht festgestellt hat, so bleibt die Frage d(\s Einflusses der Be- waldung auf das Klima eine offene: aber eine Wirkung des AValdes auf seine unmittelbare Umgebung wird nicht abzuleugnen sein , und gerade diese kommt vom Standpunkt der Phytopathologie in Betracht. Der Unterschied in der Insolation, die im Walde sehr gering, im freien Felde sehr schnell und stark dxu'ch Erwärmung des Bodens und seiner darüberliegenden Luftschichten sich geltend machen mufs, wird eine ausgleichende Luftströmung erzeugen müssen, die namentlich im Frühjahr, zm- Zeit des Erwachens der Baumvegetation . von grofser Bedeutung werden kann. Einen Einblick in das Lobe]i der Waldvegetation geben die Unter- suchungen von Hesselmann M. Er beobachtete das innerhalb der Baum- kronen sich vollziehende regelmäfsige Absterben der Zweige und fand, clafs deren Blätter bei Esche . . Birke und Eberesche noch stark , bei Haselnufs merklich weniger in assimilatorischer Tätigkeit begriffen waren. Wenn gut beleuchtete Zweige absterben, sind Korrelations- erscheinungen dabei im Spiele. Die schattenertragenden Bäume bilden ausgeprägte Licht- und Schattenblätter aus ; die lichtbedürftigen Bäume zeigen diese Differenz nicht. Die Assimilationstätigkeit der Bodentlora ist in den imbelaubten Baum- und Strauchbeständen im Frühling sehr lebhaft und sinkt mit der Belaubung — bei den Schattenpflanzen infolge der Blattstruktur langsamer als bei Sonnenpflanzen — bis zum gänz- lichen Aufhören. Mit dem verminderten „Nahrungskonsum" sinkt auch die Atmungsintensität. Abgeschnittene Schattenblätter von ConraHar/a »lajalis u. a. bilden sowohl in der Sonne wie im Schatten mehr Stärke als ebenso behandelte Sonnenblätter und zersetzen bei demselben Lichtgenufs rascher Kohlensäure als diese. Übrigens erwies sich bei Convallaria die Stärkespeicherung um so geringer, je trockner der Boden war. Gleichgrofse Blattflächen von Blättern mit Palisaden- zeUen transpirieren weit stärker als diejenigen, deren Blätter die Schattenblattstruktur besitzen. 1) HEs^iKi.MANx. Hk.vdkik, Zwy Keuutnis des Pflanzenlebens schwedischer Laub- wiesen. .Tena. Fischer, 1904. Cit. Bot. Centralbl. v. Lur.sv, 1904. Nr. 49. ];{4 I- Kraiikheiten durch ungünstige Bodeuverhältuisse. Aiiy diesen Angaben geht deiitlieli lieivor. wekhe tieieingieil'enden Ändeningeii in der ÖkonoBiie der stehenbleibenden an den Schatten bisher gewöhnten Bännae durch ihre plötzliche Lichtstellnng bei dem Niederschlagen von Waldpartien sich vollziehen müssen. In Park- anlagen rächt sich eine zn starke plötzliche Auslichtung durch Ent- temung zahlreicher Bäume nicht selten durch teilweises oder gänzliches Absterben der Baumkronen bei den stehengebliebenen Exemplaren. "Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auch noch auf einen anderen Punkt lenken : Man betrachte einmal die mit Obstbäumen bepflanzten Chausseen in der Ebene . namentlich die Kirschalleen , und man wird Beispiele genug finden , bei denen die Stämme auf der Süd- oder Südwestseite aufgesprungen, mit Fetzen abgeplatzter Ringelborke bedeckt sind und häufig auch noch Gummiklumpen an den "Wundstellen erkennen lassen. Die Unt ersuchmag ergibt alle Merkmale der Frostbeschädigungen, und diese erklären wir damit, dafs die von "Wald entblöfste Ebene gefähr- lich werdenden Temperaturextremen im Frühjahr ausgesetzt ist. Die Februar- und Märzsonne mobilisiert frühzeitig die Eeservestoffe. indem sie sich in ihrer ganzen Intensität an die Stämme anlegt und durch die Bodenreflexion in ihrer Wirkung verstärkt wird, und das wasser- und zuckerreichere Gewebe erliegt sodann einer Frostwirkung. Eine feuchtere Atmosphäre in der Umgebung von Wasser- oder Waldflächen ist temperaturausgleichend und frostschützend. Selbstverständlich wirken in Gegenden mit gröfseren Boden- erhebungen , wo sich die Diflferenzen zwischen Tal und Berg bereits bemerklich machen , diese bestimmend und oft ausschlaggebend mit ; aber in der Ebene wird die Bewaldung zum sehr beachtenswerten Faktor. Das Niederschlagen gröfserer Waldbestände in weiten Ebenen rächt sich nicht niu' vielfach am Besitzer allein, sondern auch in der weiteren Umgebung, indem es die Gefährdung durch die Spätfröste steigert. In dieser Beziehung glauben wir, dafs namentlich viele kleine Waldbestände, durch eine grofse Ebene verteilt, von Nutzen sein werden : denn auf eine bedeutende Fernwirkung eines einzigen grofsen Waldes düi-fte kaum zu rechnen sein. i': Anerkannt ist ferner der Nutzen des Waldes als Windschutz, falls nicht Gebirgsrücken denselben übernehmen. Wie jede Lichtseite aber auch ihre Schattenseite mit sich bringt, so finden wir auch schädigende Einflüsse des Waldes auf die angrenzende Felclfliu'. Je nach seiner Lage zum Felde kann der Wald die meist von Westen kommenden sommer- lichen Regengüsse abhalten, so dafs wir trockne, windstille Feldstreifen in der unmittelbaren Nähe eines Waldes erhalten ; oder der Wald läfst im Gegenteil den Feldstreifen für die Regen zugänglich und verhindert eine erwünschte schnelle Abtrocknung der Saaten. Im ersteren Falle kann der Waldsaum ein schützender Zufluchtsherd für schädliche Li- sekten werden. So ist mehrfach beobachtet worden, dafs die Zwerg- cihade von trocknen Waldrändern aus ihre Überflutung der Äcker be- gonnen hat. Als Beispiel der Begünstigung von KrankheitseiTegern durch eine lange sich haltende Feuchtigkeit in der Nähe des Wald- saumes dienen die Meldungen über gröfsere Intensität der Erkrankung des Getreides durch Incrima , Oph/oholus und Lq^iosphacria hcrpo- trichoides. Ferner sind die Erfahrungen von Goethe ^) über die Be- 'I RriM,i.i-n r4,,Kiiii;, Über den Krebs der Obstbäume. Eerlin 1904, Paul Parey. 1. Beschränkter Bodenraum. 135 günstiguiig anzuiüliren , welclie der durch Nectria (Jitisshua liervor- geriifeiie Pilzki'ebs der Obstbäume durch den Standort erfährt. Die Neigung zur Krebs er krankung wird durch einen erhöhten Feuchtigkeits- gehalt der Luft begünstigt, wie ihn die oberen Lagen gebirgiger Gegenden oder auch kalte Talböden darbieten. „Die Bäume zeigen an solchen Stellen dürftiges Wachstum und sind mit Moosen und Flechten bedeckt. Ähnliches beobachtet man in der Nähe von aus- gedehnten Wäldern, aus denen bis in den Sommer hinein kühle, feuchte Luft strömt." Zweites Kapitel. Ungünstige physikalische ßodenheschaffenheit. \. Beschränkter Bodenraum. Die Wurzelkrümmungen. Für den praktischen land- und forstwii-tschaftlichen Betrieb spielt die Frage der Beschränkung des Bodenraumes, wenn damit nicht Nährstotfmangel verbunden ist, eine untergeordnete Rolle; denn die Ernährungsstörungen, die durch Überwachsen und Reiben dicht an- einandergepreister Wurzeln oder deren Einwachsen zwischen Gesteins- spalten entstehen , erlangen keine wirtschaftliche Bedeutung. Anders dagegen liegt die Sache bei dem gärtnerischen Betriebe und der Zimmerkultur der Pflanzenliebhaber. In diesen Kreisen sind aber die Meinungen über einen Einfiuis des allzugermgen Bodenraumes für die Wurzelausbreitung selu" geteilt. Vorherrschend und auch seitens mancher Agrikultiu-chemiker aus- gesprochen ist die Ansicht, dafs die mechanischen Wirkungen bei dicht aneinandergeprel'sten und in mannigfachen Krümmungen diirch- einandergewirrten Wurzeln ohne Einflui's auf das Gedeihen der Pflanzen sind. Es könne sich bei beschränktem Bodenraum immer nur darum handeln, dafs ein Nährstoft'mangel sich schnell geltend mache, und diesem sei mit Vorteil durch Düngung abzuhelfen. Der beste Beweis liege in der Anzucht der sog. ..Marktpflanzen" der Gärtner in grofsen Städten , die , dem Geschmack des Publikums entsprechend , äufserst kräftige Büsche von Blütenpflanzen (Fuchsien, Pelargonien, Begonien usw.) in relativ sehr kleinen Blumentöpfen heranzuziehen wissen. Die Tatsache ist richtig, die Deutung aber unzutreffend. Die Beschränkung einer grofsen Wurzelmasse auf einen kleinen Raum hat zunächst die Vermehrung der Wurzelkrümmungen zur Folge, und diese Krümmung bildet die Veranlassung zur gesteigerten Pro- duktion von Seitenwurzeln. Diese Erscheinung läfst sich leicht bei Wasser- kulturen beobachten. Wenn eine stärkere Wiu-zel den Boden des Glas- gefäfses erreicht, und die Spitze sich nun umzulegen gezwungen ist, entstehen alsbald neue Seitenwurzeln. Null') hat diesem Umstände ein besonderes Studium gewidmet. Er fand , dafs an gekrüromten Wurzelstrecken die Seitenwurzeln einseitig auf der Konvexflanke an- ') Noi.i., F., Über den bestimmenden Einflufs der Wurzelkrümmungen auf Ent- stehung und Anordnung der Seitenwurzeln. Landwirtsch. .Jahrbücher XXIX (19(10). S. 861. ]^3tj T- Ki-ankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. gelegt worden. Die Konkavflanke bleibt frei : dies trifft für Haupt- und Nebenwurzeln zu, und zwar nicht blof's bei meclianisclien Einflüssen, sondern auch bei geotropischen und hydrotropischen Reizwirkungen. Pollock ^) wies dabei nach, dafs die gekrümmten Wurzeln auf der kon- vexen Seite in ihren Zellen mehr Wasser als auf der konkaven Seite enthalten. NOLL schreibt dieses Hervortreten neuer Seitenwurzeln an der Krümmungsstello einem Empfindungsvermögen der Pflanze für Form- verhältnisse des eigenen Körpers (M o r p h ä s t h e s i e) zu. Man kann diesen Ausdruck annehmen, wenn man darimter eine mechanische Stoff- verschiebung versteht, die infolge des Krümmungsreizes in den ge- reizten Geweben sich einstellt. Der Vorgang dürfte ähnlich dem bei direkter Verwundung eintretenden verlaufen, bei welchem eine Plasma- anhäutung in den der Wundfläche benachbarten Zellen sich nachweisen läfst. Selbstverständlich begegnet man auch Seitensprossungen an konkaven Stellen gekrümmter Wurzeln ; aber in solchen Fällen war die Anlage des Seitenorgans schon vorhanden , bevor die Krümmung der Mutterwurzel stattgefunden hatte. Bei dem Wachstum der Bäume im Freien kaim der Umstand der Entwicklung von Seitenwurzeln an der Konvexseite pralctischen Vorteil haben, indem die Pflanze fester verankert wird und sich Bodenräume zur Nährstoffausnutzung aussucht, die sonst vielleicht von AVurzelästen nicht durchzogen worden wären. Aber in dem Falle, wo der Gesamt- wurzelballen nur einen bestimmt zugewiesenen engen Bodenraum zur Verfügung hat, wie bei den Topfkulturen, entstehen Nachteile, die in /os^j///-o.s' Jiaki, die Mume-Pflaume, Frunus Mume, und Sakura, Prunus I'studocerasus, nowie Aviygdalx .f Pnsica. Von Ziergehölzen werden Evonymus japonim und Bambusrohr genannt. ') Kein. J. J.. Japan nach Reisen und .Studien. Leipzig. Engelmann. 188H. Bd. II. .S. al.5. -') Arata Ideta. Lelirbuch der Püanzenki-ankheiten in Japan. 3. Aufl. Tokio, .'^hökwabö. ]9(ia. 142 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. zu haben. Zur Erreichung dieses Zweckes werden die Sträucher in kleine Töpfe gepflanzt, zurückgesehnitten und bis zum Frühjahr mög- lichst lange in kühlen, dunklen Kellern gehalten, um das Erwachen der Vegetation über die natürliche Grenze hinauszuschieben. Eiskeller leisten in dieser Beziehung grol'se Dienste. Wenn die Vegetation sich bereits im Freien bedeutend entwickelt hat, werden die Blüten - .sträucher herausgebracht. Sie haben dann_ zur^ Ausbildung der Triebe eine ganz andere Kombination der Vegetationstaktoren. An Stelle der feuchten Frühjahrsluft, der verhältnismäfsig geringeren Sonnenwärme und der längeren, kühlen Nächte, erhält die Pflanze trockene, licht- reichere, lange Tage mit wenig Niederschlägen. Infolgedessen bleiben die Zweige kurz, und die Augen bilden sich leicht zu Blütenlmospen aus. Nicht überflüssig wird es sein, darauf aufmerksam zu machen, dafs man bei Aufbewahrung der Sträucher in warmen Kellern das Gregen- teil erreicht, nämlich vollständige Unbrauchbarkeit zum Treiben. Der warme . dunkle Aufbewahrungsort erzeugt verspillerte , sehi' zeitige Triebe , die bei dem endlichen Transport der Pflanzen ins Freie ent- weder durch Vertrocknen zugrunde gehen oder allmählich langsam zu peitschenförmigen , blütenlosen Ruten erstarken. Das gespeichert ge- wesene Material ist im Keller zur Bildung der verspillerten Triebe ver- schwendet worden. Das häufigste Vorkommnis ist die Verzwergung aus Wasser- mangel. Wie jeder Organismus hat auch die Pflanze die Fähigkeit, den verschiedenen Verhältnissen innerhalb weiter Grrenzen sich anzu- passen. Ein Individuum kann, wenn es von Jugend auf an sein- ge- ringe Wassermengen gewöhnt wird, mit der Hälfte der Wassersummo auskommen, die eine unter Wasserüberschufs sich entwickelnde Pflanze derselben Art und Varietät braucht. Natürlich ist der Aufbau des ganzen Individuums diesen Verhältnissen angemessen. Eingehendere Untersuchungen liegen bei der G-erstenpflanze vor^), welche bei ver- schiedenem Wassergehalt des Bodens (10, 20, 40 und üO'^/o der wasser- haltenden Kraft) kultiviert worden war. Der günstigste Wassergehalt für die Kultur dürfte etwa bei 50 — (50 "/o der AVasserkapazität eines Bodens zu suchen sein. Im Versuch zeigte sich, dafs die Pflanze selbst bei nur 10"/o Wasser sich mit ihrer Organisation eingerichtet hatte; es war absolut wenig Blatt- und Wurzelsubstanz gebildet worden, aber das Verhältnis zwischen Körnern und Stroh war das normale : also etwa ebensoviel Trocken- substanz in der Form von Körnern als in Form von Stroh. Bei der- selben Menge an Nährstoffen im Boden wuchs die Trockensubstanz, je mehr die Pflanzenwurzel Wasser zugeführt erhielt. Bei zuviel Wasser (also über 00 '^'o der wasserhaltenden Kraft hinaus) wurde absolut weniger Trockensubstanz produziert , und diese geringere Menge wurde noch wertloser, da das Verhältnis zwischen Stroh und Körnern sich zu Un- gunsten der letzteren änderte. Eine Messung der Blätter ergab, dafs dieselben um so länger und breiter wurden, je mehr Wasser gleichmäfsig zugeführt worden war. Diese gröfseren Blätter bei stärkerer Wasser- zufuhr werden teilweise durch Vermehrung der Zellen, teilweise durch gröfsere Ausdehnung derselben bedingt. Wenn die einzelnen Ober- hautzeUen gröfser sind, dann ist von vornherein anzunehmen, dafs auch 1) SoRAUER, Einflufs der Wasserzufuhr auf die Ausbiiduno- der Gerstenpflanze. Bot. Zeitung 1873. S. 145. 1. Beschränkter Bodenraum. 14-> die der Oberliaut aiigoliörenden Atmuiigsapparate , die Spaltöffiimigs- zellen, an der grölseren Streckung teilnehmen, also gröfser sein werden, dafs sie aber auch durch die gröfsere Streckung der Oberhautzellen weiter voneinanrler gerückt erscheinen werden. Die direkte Messung bestätigte diese Ainiahme. so dafs also pro Quadratzentimeter eines im Wasserreichtum gewachsenen Blattes weniger, aber gröfsere Spalt- öffnungen zu finden sein werden , als bei den unter "Wasserarmut des Bodens erwachsenen Pflanzen. Die Untersuchungen von H. Möller ^ ) haben festgestellt, dafs solche Pflanzen, welche infolge von Wasser- mangel verzwergen (Nanismus), sich in ihrem Aufbau anders ver- halten als solche, bei denen eine Verzwergung durch Mangel sämtlicher Mineralstoffe in ungenügend konzentrierter Lösung hervorgebracht wird. Bei letzteren wird die geringere Breite der Blätter nicht durch ge- ringere Breite der Zellen , wie bei Wassermangel , sondern durch ge- ringere Menge der Zellen wahrscheinlich veranlafst, da die Messungen dieselbe Zellenbreite und dieselbe Gröfse der Spaltöffnungen bei Pflanzen aus genügender Nährstoft'lösung und aus ungenügend konzen- trierter Lösung nachwiesen. Diese Differenzen sind erklärlich: es wii'd bei mangelhafter Zufuhr der Gesamtmineralstoffe die Zellvermelu-ung leiden, bei Wassermangel allein dagegen die verminderte Zellstreckung in den Vordergrund treten. Wie einige Versuche von Müllek mit Broinus mollis zeigen, ist dieser Nanismus nicht erblich, da aus Samen von Zwergpflanzen Riesenexemplare gezogen werden können. Indes erzeugen bei gleichen Vegetationsbedingungen die von normalen Pflanzen abstammenden Samen doch kräftigere Exemplare als das von verzwergten Pflanzen herrührende Saatgut. Der von Möller studierte Fall des Nanismus aus Nährstoflmangel ist auf sandigem Boden nicht selten: dabei spielt der Mangel an Stick- stofl' die Hauptrolle. Hier pflegt der Nanismus sich dadurch zu charakterisieren , dafs sich aufser der allgemeinen Reduktion die Ver- hältnisse der einzelnen produzierten Organe zueinander verschieben. Im Verhältnis zur Gesamtproduktion erlangt der Wurzelkörper gröfsere Ausdehnung, aber die Organe der sexualen Sphäre erleiden einen gTöfseren Rückgang. Die Anzahl der Blütenanlagen ist äufserst gering. An Stelle einer Traube oder Rispe finden wir manchmal nur eine einzige Blume, und da, wo eine gröfsere Menge von Blumen angelegt ist, produzieren nur einzelne wh'klich keimfähige Samen. Dals die Blattformen dabei auch vereinfacht werden, ist leicht zu verstehen. Bei Besprechung des Zwergwuchses muls hier auch derjenigen Fälle gedacht werden, die nicht nachweisbar mit den Bodenverhältnissen oder sonstigen äufseren Vegetationsfaktoren in Verbindung stehen, sondern durch Kno spen Variation Zustandekommen. Der bisherige Wachstumsmodus wird durch einen Stofs oder Reiz, der vorübergehend oder dauernd wirkt, derart verändert, dafs die organische Substanz an- statt in schlanken , dünnen , grofsblätterigen Zweigen von geringerer Zahl in Form von zahlreicheren kürzeren, meist dickeren, kurzlaubigen Zweigen Verwendung findet und auf diese Weise Hexenbesen dar- stellt. Li manchen Fällen ist die Am^egung zu derartig veränderter Wachstumsrichtung in parasitären Eingriffen gefunden worden. Nament- lich die Pilzgattung Tnphrma (E.roascus) übt auf die Zweige verscliiedenor ') H. Moi.i.KK, Beiträge zur Kenntnis der Verzwergung (Nanismus). Landwirt- schaftliche Jahrlnicher von Thiel. 1888. S. 167. 144 I- IvraiiklieitGii durch uuglin^itige Bodenverhältnisse. Laubbäume einen Reiz aus, der zur Hexenbesenbilclung führt: (s. Bd. II, 8. 170): in anderen Fällen finden wir Rostpilze oder Milben aus der Gattung FJfianze und die Art der Aufbewahrung eine grofse Rolle, und Nobbe fand z. B., dal's Samen von Pinus siJrestris. die im Wohnzimmer in ver- schlossenen (lläsern gestanden hatten, nach 5 Jahren zu ungefähr 80 " o und nach 7 Jahren noch zu 12^lo keimten: ja selbst nach 10 bis 11 Jahren fanden sich einzelne Samen noch entwicklungsfähig. Unter denselben Umständen aufbewahrt, zeigi3e Saatgut von Trifolmm pratense nach 12 Jahren noch 10*^/o, Pistim sativnni nach 10 Jahren 47*^/0 und Sper- (ptJa arvcnsis einmal 25 '^o imd aus einem anderen Jaln-gange sogar (57 "'o keimfähige Körner. Von Zedern und Pinien wird angegeben, dais sie nach 30 Jahren noch gekeimt haben ^). Indes empfiehlt es sich, feinsamige Coniferen doch bald nach der Reife auszusäen. Praktisch wichtig ist die Frage, ob man im Sommer. Herbst oder Frühjahr die Aussaat vornehmen soll. Der Sommer ist wegen der gTofsen Feuchtigkeitsschwankungen im Boden die gefährlichste Zeit: darum umgeht man bei den Gehölzen, die ein sofortiges Unterbringen der Saat notwendig machen, wie Weiden und Pappeln, die Gefalrr, indem man Stecklings Vermehrung anwendet. Besser ist die Herbstsaat, die bei Eichen. Kastanien, Haselnüssen und dergl. zur Notwendigkeit wird, bei den sehr hartschaligen Samen wie von Crataegus , Prunus , Ilex , Sorbus, Rosa, Cornus, Berberis, Ribes, Carpinus. Staphylea, Clematis u. a. empfehlenswert ist. Die letztgenannten Arten bleiben namentlich in sandigen Böden, die vorübergehend wieder austrockenen, oft 2 bis 3 Jahre ungekeimt liegen. Am besten ist die Frühjahrssaat, weil das Saatgut dabei allen Fälu'lichkeiten des Winters und der Tierbeschädigungen entzogen ist. Um die Zeit vom Herbst zum Frühjahr nicht zu verlieren, findet das „Str atifizieren" der Samen, d. h. das schichtenweise Einlegen der Körner in feucht erhaltenen Sand, seine Anwendung. Bei dem jetzt lebhaft entwickelten Bezüge von Sämereien ge- schätzter Ziergehölze aus dem Vaterlande ist es wichtig, die Erfahrungen zu kennen, welche betreffs des Verlustes der Keimfähigkeit während des Transportes gemacht worden sind. Graf v. Schwerin^) hat in der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft darauf aufmerksam gemacht, dafs Ahom- arten einen längeren Transport nicht vertragen, so dais z. B. seit Jahren die aus dem Himalaja bezogenen Ahornsamen keine einzige Keimpflanze ergeben hatten. Indes darf man nicht zu früh die Saatbeete umbrechen, da manche Samen sehr lange gesund in der Erde liegen bleiben ; so liegt beispielsweise Chamaecyparis Latrsoniana manchmal 4 Jahre in der Erde, namentlich in trockenen Jaliren. Bei dem Bezüge von Mafjnolia Injpolcuca aus Japan wurde jahrelang entweder überhaupt keine Pflanze erzielt oder doch so wenige , dafs die Transportkosten nicht gedeckt w^uxlen. Die Samen vertrockneten unterwegs. Seitdem 1) DöBSER-NoBBE, Botanik f. Forstmänner, 4. Aufl., 1882, S. 882. ^) u. ^) Über das Keimen von Gehölzsamen. Der Handelso:ärtner 1905, Nr. 14. 158 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. neuerdings diese Samen in ihrem natürlichen Fruchtfleisch belassen, und so in Holzkohlenpulver gepackt ankommen, liegen sehr ermutigende Resultate vor. Wenn vorhin gesagt worden ist, dafs die Äcer-Arten nur bis zum nächsten Frühjahr keimfähig bleiben, so ist noch zu ergänzen, dals die Ahornarten aus der Campestre-Gruppe {Acer obtusatum, Halumu. a.) in der Regel erst im zweiten Jahre keimen. Nur vereinzelt findet man schon Keimlinge nach einem Jahre. In manchen botanischen Grärten sollen aber die Bäume der Campestre -Reihe regelmäfsig meist frühkeimende Samen liefern, und man erklärt dies daraus, dafs dort bei der Aussaat die zuerst aufgegangenen Pflänzchen zur Aufzucht benutzt worden sind. Daraus ergäbe sich der Schlufs , dafs man die Eigenschaft , schnell keimende Samen zu produzieren, dmxh Selektion beständig machen kaiui. Dieser Punkt , bei grofsen Aussaaten die am frühesten hervor- tretenden Keimlinge gesondert zu Samenträgern heranzuziehen, dürfte der Aufmerksamkeit der Züchter zu empfehlen sein. Das Verscheinen bei Getreide und Hülsenfrüchten. Bei dieser Wachstumsstörung unterbleibt die Ausbildung der Samen- körner dadurch, dafs die Pflanze nicht genügend AVasserzufuhr erhält. Ein solches hochgradiges Durststadium wird natürlich auf den Böden mit sehr lockerem Grefüge, bei denen die Verdunstung sehr grofs und die kapillare Leitung des Wassers aus dem Untergrunde gering ist, am häufigsten zutage treten. Doch nicht jeder intensive Wassermangel wird ein Verscheinen der Blüten hervorrufen. Es kommt hierbei wesentlich, wie Hellriegel's Versuche bei dem Getreide zeigen, auf das Entwicklungsstadium an. in welchem die Pflanze sich gerade zur Zeit des Eintritts der Wassernot befindet. Wenn, wie in den Versuchen i) ausgeführt wurde, eine Getreidepflanze von erster .Jugend an nur ein geringes Wasserquantum zm- Verfügung hat, so bildet sie alle ihre Organe in derselben, vielleicht sogar in noch etwas längerer Zeit aus, wie die mit reicher Bewässerung versehene Pflanze; jedoch ist die ganze Produktion schwach. Das Verhältnis der geernteten Körner zur Gesamttrockensubstanz ist aber immer das normale, d. h. die Hälfte Trockensubstanz ungefäln- wird in Form von Körnern geerntet. Wie bei allen Vegetationsbedingungen ist auch hier eine unterste Grenze; hält sich die Wasserzufuhr unter derselben, findet überhaupt keine nennenswerte Produktion statt. Tritt ein bedeutender Wassermangel gleich nach den ersten Keimungsstadien ein, so bleiben die Körner lange (im Versuch bis sechs Wochen lang) lebendig und entwickeln sich nach dieser Zeit kräftig, sobald reichliche Wasserzufuhr sich wieder einstellt. Noch weniger schädlich erscheint eine Durstperiode, wenn die Körner milchreif sind, also ihre normale Gröfse erreicht, aber ihren inneren Ausbau noch nicht beendet haben. Die Arbeit der Pflanze, welche zu dieser Zeit überhaupt keine neue Trockensubstanz mein- bildet, besteht in der Umwandlung und der Fortführung der im Blatt erzeugten Substanz nach den Reservestoflfbehältern, den Samen, hin. In allen zwischen der Saat- und Reifeperiode liegenden Entwicklungs- 1) Hellriegel, Beiträge zu den naturwissenschaftl. Grundlagen des Ackerbaues. Braunschweig. Vieweg 1883, S. -598 bis 620. 2. Uniiassende Bodeustruktur. 159 phasen wii'kt längerer Wassermangel schädlich, und die Folgen sind um so tiefer eingreifend, je jugendlicher noch die Pflanze bei Eintritt der Durstperiode ist. Wenn in der Zeit des kräftigsten Schossens eine längere Trockenjjeriode eintritt, so kann die Pflanze diesen Schaden nicht melu' ausgleichen. Die Folgen anhaltender Trockenheit sind um so empfindlicher, je mehr Wasser die Pflanze in der Jugend gehabt hat. Wemi sich eine Pflanze bei reichlicher Bodenfeuchtigkeit bis zum Blütenansatz üppig entwickelt hat und es folgt jetzt eine gröfsere Dm'stperiode, dann geht die Körneranlage zugTunde : es kann ein mehr oder weniger umfangreiches Fehlsclilagen der Körnerernte eintreten, was wir dann als „Ver seh einen" des Getreides bezeichnen. Ein recht interessantes Beispiel hat Ritzema Bos *) bezüglich der „ Maartegerst " veröffentlicht. Maartegerst ist Wintergerste, die im März gesät wird. Dieselbe war auf Ackerflächen gebracht worden, bei denen die AVinter- gerste der Herbstsaat ausgefroren war. Nur eine Anzahl der im Herbst gesäten Pflanzen war dm'ch den Winter gekommen und ging gut bestockt in den Sonuner, so dafs dasselbe Feld Wintergerste und Märzgerste hatte. Letztere litt nun im heifsen Sommer durch Vorscheinen, während die dazwischen stehenden Pflanzen der Herbstsaat vollkommene Körner- ernten brachten. Aufser dem Getreide leiden bei uns am häufigsten noch die Erbsen, Selbstverständlich kann auch bei anderen Pflanzen ein Fehlschlagen der Samenernte durch ^'erscheinen der Blütenteile statt- finden. Die Fadenbildung der Kartoffeln (Filositas). Die Krankheit („mules" der Franzosen) besteht in einer Verkümme- rung der Augen; aus denselben entwickeln sich schlanke, faden artige Stengel von der Dicke eines mittleren Wollfadens. Nicht selten treiben die Augen der übrigens verhältnismäfsig sehr stärkereichen Knollen überhaupt nicht aus , oder die schwachen Triebe vermögen selbst bei geringer Bodenbedeckung nicht an die Oberfläche zu kommen, und die Knollen gehen meist unter den Erscheinungen der Trockenfäule zu- gninde. Die Krankheit ist bisher nur dort "reichlich aufgetreten , wo leicht erhitzbare Böden grofse Trockenperioden zu überstehen hatten. Fig. 16 stellt den Basalteil eines in Wasserkultur gezüchteten Stecklings von einer fadenkranken Kartoflel dar. Die Dimensionen von Stengel, Blättern mid Knollen entsprechen der natürlichen Gröl'se. und man ersieht, wie tatsächlich die Stengel nur die Dicke eines starken Wollfadens besitzen. Die Stolonen (fit) sind auch schmächtiger und haben bereits KnöUchen (Ä') angesetzt, von denen einzelne sich an der Spitze verlängert haben und zu grünen Trieben (h) ausgewachsen sind, oder schuppenförmige, grüne Blättchen entwickeln {d). Der abgebildete Steckling stammt aus einer Versuchskultur, deren Resultate in der zweiten x\uflage dieses Handbuchs in präzisen Zahlen wiedergegeben sich finden und zu dem Schlüsse führen, dafs wir in der Fadenkrankheit der Kartofl'eln erb lieh gewordene Zustände einer Notreife vor uns haben. Die Mitteilungen aus den Örtlichkeiten, in denen die Krankheit aufgetreten , namentlich aus dem Marchfelde bei Wien^), über die daselbst befolgte Kulturmethode bestätigen diese Ansicht. Es werden dort nämlich die Kartoffeln, welche meist zu den 'J Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., 1894, S. 94. -I Ai.T\AiTKi!, Das Mai-chfeld und seine Bewässeriin"-. Österr. Landw. "Wochenbl. 1875. Nr. 51. 160 T. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. frühesten Sorten gehören, möglichst zeitig ausgelegt, nachdem sie vor- lier noch künstlich angetrieben worden sind. Bei der steigenden Fig. 16. Basalteil eines in "Wasserkultur gezüchteten Stecklings von einer faden- kranken Kartoffelknolle, nat. Gr. (Orig.) Sommertemperatur und der flachen Lage in den oberen Schicliten eines nur mit geringer wasserhaltender Kraft begabten, stark erhitzbaren Bodens (Sandboden auf dem Marchfelde bei Wien, Kalkboden bei 2. unpassende Bodenstruktur. IQl Poitiers)*) erleidet das Wachstum der oberirdisclieii Achsen alsbald einen Stillstand, und die um diese Zeit angelegten, noch lange nicht aus- gewachsenen Knollen füllen sich mit Stärke, so dafs sie selu- zeitig auf den Markt gebracht werden können und hohe Preise erzielen. "Wenn die Knollen im .jugendlichen Zustande durch Notreife einen Wachstumsstillstand erleiden und dann geerntet werden, so hat auch die Ausbildung ihrer Augen noch nicht die normale Gröfse erreicht. Die aus diesen sich entwickelnden Triebe müssen naturgemäfs schwächlich sein. Wenn solche Knollen im nächsten Jahre als Saatgut zu gleicher Kultur verwendet werden, müssen allmählich diese Schwächeerschei- nungen sich steigern und zu dem Resultate führen, dafs schliefslich nur fadendünne Stengel hervorwachsen. Demgemäfs ist die Krankheit die Folge eines fortgesetzten Kulturfehlers, nämlich einer unzulässigen Abkürzung der Vegetationszeit. Ein Wechsel des Saatgutes wird hier allein ins Auge zu fassen sein, da der Kulturzweck die Rückkehr zur normalen Bestellung verbietet. Durchwachsen der Kaitoifeln. In den regenarmen Sonmiern. wie z. B. im Jahre l!M)4, war eine der häufigsten Klagen, dafs die Kartoffeln klein geblieben oder bei an- nähernd normaler Gröfse ungemein viel „Kindelbildung" gezeigt M ♦ M % Fig. 17. Durchwachsene Jvartoffel: links Anlage vollständiger Nebenknollen (Kindel- bildung), rechts nachträgliche Streckung des Gipfelendes (Wasserenden). (Orig.) haben. In vorstehender Fig. 17 ist eine der bizarrsten Formen wieder- gegeben worden, welche zwei Arten der Durchwachsung zeigt, nämlich die wirkliche ., Kindelbildung" und die .,Wasserenden". Das Stielende der Knolle (linke Seite der Zeichnung) zeigt zwei, wie die Leimen eines Armstuliles seitlich in annähernd gleicher Höhe stehende Tochterknollen, und ^'on da aus nach der KnoUenspitze hin sehen wir die Tochterknollen immer kleiner werden, bis sie in der Nähe des jüngsten ') Journal d'Agriculture pratique; cit. Biedermann's Centralbl. f. Agrikultur- Chemie, 1873, Nr. 10, und Annalen d. Landwirtsch., 1873, Wochenbl. Nr. 16. Soraiier, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 11 |ß2 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. kegelförmig vorgezogenen Endes der Knolle (rechte Seite des Bildes) nur noch als schwach halbkugiige Vorsprünge kennthch sind. Die Verbildung der Knolle beruht auf P r o 1 e p s i s , d. h. vorzeitiger Entwicklung der Augen. Die Erklärung für diese Erscheinung liegt sehr nahe. Die Kartoffelstaude entwickelt, nachdem sie einige Zeit kräftiges Laub gebildet, allmählich die Spitzen oder Seitenaugen der unterirdischen Triebe zu Knollen, welche die erarbeitete Stärke auf- speichern. .Je trockener die Sommerzeit, um so schneller reift die Knolle aus, indem sie bei mäfsiger Vergröi'serung und Vermehrung ihrer Zellen auch die Stärkekörner in den Zellen vergröfsert und die Zell- wände verdickt. Allmählich verlieren die Zellwände mit Ausnahme der jugendlichsten am Auge die Fähigkeit, sich bedeutend zu strecken. Wenn nun nach längerer Trockenheit und vorgeschrittener Reife ein bedeutender Wasserauftrieb in die Knolle gelangt, wird der Druck des durch reichliche Wasser aufnähme vermehrten Zellinhalts sich namentlich in den jungen Zellen des Auges geltend machen und ihre noch leicht dehnbaren AVandungen strecken, d. h. das Auge beginnt zu wachsen. Aus den Augen werden junge Zweige, welche sich ver- längern, bis sie die Bodenoberfiäche erreichen. Dies ist der seltenere. nur bei anhaltend feuchter Witterung eintretende Fall. In der Regel sind es vorübergehende Regenperioden, welche einen kurz dauernden Wasserauftrieb in der Knolle hervorrufen; dann bleibt der Trieb kurz und verdickt sich zur sekundären Knolle (Kindel). Dafs die Zellen mit der Reife der Knolle ihre Dehnbarkeit ver- verlieren, sieht man recht deutlich an der Korkschale, die bei jungen Knollen immer glatt ist. Wenn die Knollen recht reif sind , ist die Schale bei der Mehrzahl der Kartoffelsorten, namentlich den roten, rauh. Die zuerst dicht miteinander verbundenen Zellen der Korkschale können schliefslich dem Druck des sich ausdehnenden Parenchyms der Knolle nicht mein- dm-ch Dehnung der Wandungen folgen, sondern w^erden an zahlreichen Stellen auseinandergesprengt, wodurch die Rinde rissig wird. Unter den Rifsstellen haben sich neue Korkzellen gebildet. Das Eintreten des Rissigwerdens der Schale hängt natürlich von der Sorte ab. Je rissiger bei sonst glattschaligen Sorten eine Knolle ist, imi so reifer und stärkereicher ist dieselbe. Das Durchwachsen der Knollen hat nun in vielen Fällen insofern einen schädlichen Einfiufs, als sich dadurch die Quantität Stärke, die wu- als Bodenrente entnehmen, in minder leicht gewinnbarer Form darstellt. Man erhält neben den grofsen Knollen eine Menge kleiner, die weniger reif und daher stärkeärmer sind. Die bereits vorhandenen Knollen werden nach den Untersuchungen von Kühn^) rmd Weidner-) durch das Kindelbilden nicht ärmer an Stärke. Diejenige , welche in den sekundären Knollen sich vorfindet , stammt nicht aus den Mutter- knollen, sondern ist in den Blattorganen neugebildete und von dort herabgewanderte. Nur bei den Stöcken, deren Kraut schon abgestorben ist, bringt plötzlich erneute Wasserzufuhi- die Kindelbildung auf Kosten des Stärkegehaltes der alten Knolle hervor. Beide, Mutter und Kind, haben erst den Stärkegehalt einer nicht durchwachsenen Knolle. Die sog. „Wasserenden" sind nichts anderes als die durch eine nachträgliche Wasserzufuhr zu erneutem Wachstum angeregten Gipfel- 1) Zeitschr. d. landvv. Centralver. der Prov. Sachsen 186>!, S. 322. ■^) Annalen des Mecklcnb. patriot. Ver. 1868, Nr. 39. 2. Unpassende Bodenstruktiir. J(33 teile der Knollen, die sich dadurch kegelförmig verläiigeni und mit neuer Stärke füllen _(s. die rechte Seite der Figur 17). Die Füllung ist ebenso mangelhaft wie bei den eigentlichen „Kindein". Knollenbildung ohne Laub. Wenn man Knollen zur Zeit ihres natürüchen Austreibens nicht in Erde bringt, sondern in einem trockenen, wenig belichteten Räume bis zur nächsten Ernteperiode aufbewahrt, erntet man bisweilen eine Anzahl kleiner Knollen. Dieselben stehen entweder dicht an der Mutterknolle oder hängen an kurzen Stolonen, die sich aus den Augen entwickelt haben. Während bei rechtzeitiger Wasser- und Lichtzufuhr dieselben Augen zu beblätterten grünen Trieben geworden wären, hat bei der trockenen dunkeln Aufbewahrung das austreibende Auge sich zu dem fadenartigen nur mit Schuppen statt der Blätter besetzten Ausläufer (stolo) ausgebildet, und dessen Spitze hat alsbald wieder zur Knolle sich verdickt. Oberirdische Kartoffelknollen.' Es kommt vor , dafs bei flach gelegten nicht gehäufelten Knollen (las Ki-aut noch grün bleibt, während der A^^urzelapparat durch die Trockenheit oder Tiere stark beschädigt wird. Wenn ein nachfolgen- der Regen den geschwächten Wurzelkörper so weit in Funktion erhält, dafs die oberirdischen Achsen am Leben bleiben , entwickeln sich an ihnen aus den Seitenaugen kleine gefärbte Knollen. Auch unter anderen Verhältnissen ist dieser Vorgang möglich : rloch stimmen die Verhält- nisse stets darin überein, dafs der Wurzelapparat erkrankt ist und nur sehr- geringe Wassermengen aus dem Boden den belaubten Stengeln zuführen kann. Man kann selbst Stecklinge aus älteren Stengelteilen dazu bringen, in ihren Blattachseln Knollen anzusetzen. Notreife des Obstes. In Jahren mit anhaltender Trockenheit, wie z. B, 1904, treten äufserst häufig die Klagen auf, dafs das Kernobst nicht haltbar sei. Das Sommerobst ist zwar schneller reif und kann 8 bis 14 Tage früher auf den Markt gebracht werden, aber der Geschmack läfst zu wünschen übrig. Das Winterobst bleibt in der Regel kleiner, ist weniger saftig und aromatisch und geht entweder schneller in Fäulnis über, oder aber es braucht viel längere Zeit auf dem Lager, um verkaufsfähig zu werden. Der erstere Fall läfst sich auf den leichten Böden beobachten; der letztere ist dann gefunden worden^), wenn auf schwerem Boden nach der Trockenperiode noch Regen eintritt, der ein Weiterwachsen der bisher durch den Wassermangel zurückgehaltenen Früchte veranlafst. Das geschilderte Verhalten ündet seine Erklärung bei Erwägung des Umstandes. dafs Grüte und Haltbarkeit der Früchte von zwei Faktoren abhängig sind. Zunächst mufs jede Frucht eine genügende Zeit zur Einwanderung des zu ihrer Ausbildung nötigen Wassers und Näln^stoff- materials haben, was in die Zeit der Schwellungsperiode fällt. All- mählich stellen sich dann die Oxydationsvorgänge des Reifeprozesses ^) Monatsschrift für Pomolo2;ie und praktischen Ob.stbau von Obkki.ik( k und LiKAs, 1868, 8. 272. l(]4r I- Krankheiten durch unfj;ünstige Bodenverhältnisse. ein, bei welclieii das bisher in Form von Stärke gespeicherte Reserve- material veratmet wird. Je länger die Frucht Zeit hat, das aus den Blättern eimvandernde Material zu speichern , desto reichlicher ist sie für die Reifevorgänge ausgestattet und desto langlebiger ist sie. Wird dieser FüUungsprozefs durch die Trockenheit vorzeitig unterbrochen, finden die Reifungsprozesse der Umwandlung von Stärke in Zucker ver- hältnismäisig wonig Material vor. Bei normaler, d. h. abwechselnd Sonnenschein und Regen bietender Sommerwitterung nimmt auch die Frucht während des Roifevorganges aufser Wasser noch Mineral- bestandteile auf, wie Pfeiffer und ich festgestellt haben. Es findet bis kurz vor der Vollreife eine absolute Zunahme an Mineralstolfen statt; relativ erscheint dieselbe bei der gröfseren Zunahme an organischer Substanz natürlich kleiner. Bei ständigem Wassermangel unterbleibt diese Zufuhr, und die Früchte veratmen nun schnell das spärliche Material. Der Säurevorrat ist gering und die Zuckerbildung spärlicher : daher der fade Geschmack und die geringere Haltbarkeit. Bei dem Winterobst vollziehen sich die Reifevorgänge erst auf dem Lager. Es gelten aber sonst dieselben Gesichtspunkte. War die Witterung wälu^end des Sommers für die Einwanderung reicher Reservestoftmengen günstig, geht die Frucht M'ohl vorbereitet auf das Winterlager und erhält sich lange gesund. Bei geringer Menge von Reservestoffen lebt sie sich eben schnell aus. In Jahren , in denen nach einer langen Trockenperiode eine anhaltend kühle, trübe Zeit eintritt, fängt das AVinterobst, nachdem es in seinem AVachstum dui'ch die Trockenheit einen langen Stillstand erlitten, von neuem zu wachsen und Material zu speichern an. Wenn es im Herbst geerntet werden mufs , geht es verhältnismäfsig unreifer auf das Lager und braucht nun länger Zeit, um reif zu werden. Das sind nachher die (im ganzen selteneren) Fälle, in denen die Früchte unverhältnismäfsig lange auf dem Lager liegen müssen und nicht mürbe werden wollen, sondern zähfieischig verbleiben. Fuchsige Pflaumen. Als eine Erscheinung der Notreife ist die mehrere Wochen \'or der normalen Reifezeit eintretende fuchsig-rote Verfärbung der Pflaumen zu nennen: die Früchte sind dabei noch vollständig hart und durchschnittlich halb .so grofs als die normal ausgereiften. Li der Regel fallen die fuchsigen Pflaumen vorzeitig ab. Die Erscheinung tritt nur in an- dauernd heifsen, trockenen Perioden auf und zeigt- sich namentlich auf Sandböden. Die bei den einzelnen Sorten zu verschiedenen Zeiten eintretende Verfärbung erinnert an die vorzeitige Annahme der Reife- färbung madiger oder sonstig verletzter Früchte des Kernobstes. Auch bei dem Fuchsigwerden der Pflaumen ist zu betonen, dals nicht der trockene Standort an sich die Ursache ist, sondern eine intensive Wasserarmut des Bodens nach vorangegangener Periode mit normalen reichlichen Niederschlägen. Bäume, welche beständig nur knappe Wasserzufuhr erhalten, passen sich der geringen Feuchtigkeit dadurch an, dafs sie die Fmchte, welche sie nicht ernähren können, km^z nach der Blüte abwerfen. Nur bei den Bäumen, die reichen Frucht- behang infolge günstiger Bewässerungsverhältnisse bis zum Sommer hin behalten haben, wirkt die längere Sommertrocknis verhäng- nisvoll. Als Vorbeugungsmittel kann die rechtzeitige Fortsetzung der 2. Unpassende Bodenstruktur. [ti.") Wasserzufulir durch Begielsen angesehen werden. Man warte nicht zu lange mit der Nachhilfe durch reiches Begielsen. Fängt man zu spät mit der Bewässerung an, fallen häufig nicht nur die fuchsigen, sondern alle Früchte al). Weitere Erscheinungen der Notreife. Selbstverständlich können bei allen Fruchtgattungen die Folgen einer andauernden Trockenheit des Bodens nach normaler Frtthlings- feuchtigkeit sich geltend machen. Das Abwerfen von Blättern und Früchten ist ein häufiges Vorkommnis : die mangelhafte Ausbildung der an der Pflanze verbleibenden Organe die minder in die Augen springende Erscheinung. Bei Obst und Kartoffeln resultiert daraus eine geringe Haltbarkeit in den Aufbewahrungsräumen , bei dem Getreide eine Schmächtigkeit der Körner. Wir kommen auf andere Fälle noch später zu sprechen, wenn wir der Folgen ungewöhnlicher Lufttrockenheit ge- denken. Mehlig werden der Früchte. Bei Kernobst, namentlich den frühen Sorten, zeigt sich in besonders heifsen Sommern auf sandigen Böden die Erscheinung, dafs das Frucht- fleisch nicht saftig und knackend, sondern mürbe, saftarm, mehr fade, wie aromatisch scluneckend und bei Druck zu mehligem Brei leicht zerfallend sich darstellt. Dieselben Sorten sind in kühleren Jahren oder an anderen Standorten, ja selbst von demselben Baume bei früh- zeitigerer Ernte nicht mehlig, sondern gehen von dem festen durch den schmelzenden direkt in den weinig-teigigen oder in den fauligen Zustand über. Spezielle Untersuchungen sind mir über den vorliegenden Fall nicht bekannt geworden. Es kann daher nur vermutungsweise aus- gesprochen werden, dafs das Mehligwerden der Früchte auf einem durch "Wassermangel in andere Bahnen gelenkten Akt des Reifungsprozesses beruht. Diese Ablenkung dürfte nicht mehr an den Zusammenhang der Frucht mit dem Baume gebunden sein, sondern spät im Leben der Frucht, etwa zur Zeit der allgemeinen Lösung der Intercellularsubstanz des Fruchtfleisches sich einstellen. Bei der normalen Fruchtreife tritt nach Überschreitung des Stadiums der gröfsten Süfsigkeit, bei welchem die Früchte bereits „schmelzend", d. h. die Zellen ihres Fruchtfleisches leicht voneinander trennbar sind, auf Kosten des Zuckers die Alkohol- und schliefslich wohl die Essigsäuregärung ein. Die Früchte werden weinig-teigig unter stetig fortschreitender Bräunung. Ein Teil des ge- bildeten Alkohols verbindet sich nach FremyM mit den Fruchtsäuren zu den Äthern, welche das Aroma der Früchte bedingen. Kühle Temperatur verhindert das schnelle Verbrennen des Zuckers. Die mit der Reife gering- werdende Wasserzufuhr zur Frucht aus dem Zweige erklärt . dafs l)ei grofser Sommerhitze die Frucht aufserordentlich schnell auslebt und da- bei stark Kolilensäure und Wasser abgibt. In dem was s er ärmeren, hoch- durchwärmten Fruchtfleische dürfte aber die Lösung der Intercellular- substanz, die wir zu den Pektinen rechnen, nicht in der gewöhnlichen Weise stattfinden. A. M.wkr-) fafst die Pektine als Kondensationsprodukte ') Compt rend. LVIII, S. 6Ö6. 2) Agrikulturchemie 5. Anfl.. Bd. I, S. 141. Heidelberg 1901. ]i;ij I. Krankheiten durch uiigüustige Bodenverhältnisse. von (Talaktose imd der Pento^se Ära bin ose auf und macht auf die P^igentümlichkeit aufmerksam, dafs sie durch ein besonderes Enzym i2,elatinieren und dureli ein anderes zu obigen Pentosen hydralisiert werden. Man darf wohl annehmen, dafs diese Prozesse quantitativ oder ([uaHtativ bei dem Mehlio-vverden der Frucht verändert werden. Es deutet darauf der Umstand, dafs bei der mehligen Frucht stets ein fester Zusammenhang zwischen Oberhaut und Fruchtfleisch vorhanden ist, ^\ äln-end bei dem normalen Aveinig-teigigen Zustande die Oberhaut vom Fruchtfleisch sich leicht abheben läfst, also die Intercellularsub stanz sich l(')st. Der fade Geschmack der mehligen Frucht erklärt sich durch ge- ringen Säuregehalt und schnelles Veratmen des Zuckers. Zm- BegTündung der Ansicht, dafs Wärmeüberschufs einen rela- tiven Mangel an organischen Säuren in einer Frucht veranlassen kann, mufs an die Tatsache erinnert werden, dafs in den Blättern die nächtlich gebildeten Säuren am folgenden Tage grofsenteils wieder veratmet werden. Dieser Verbrennungsprozefs dürfte auch in der grünen Frucht stattfinden, und es ist wohl denkbar, dafs derselbe in den langen, heifsen Sommertagen so intensiv ist, dafs ein grofser Teil der ent- standenen Säuren verschwindet. Unter solchen Umständen kommt die \\einige Gärung gar nicht zustande. Für die Anschauung, dafs das Mehligw^erden der Früchte bei Wasserarmut der Zellen unter breiartigem Zerfall der Intercellular- substanz eintritt, wenn die BedingTingen für eine weinige Gärung nicht gegeben sind, spricht der Umstand, dafs ich künstlich an Äpfeln den Vorgang hervorzurufen vermochte. Es wurden Früchte verschiedener Sorten nach normaler Baumreife in trocknen Sand eingeschichtet luid vom Herbst bis zum nächsten Sommer in einem kühlen, hellen Keller aufbewahrt, um das Ausleben der Frucht möglichst langsam eintreten zu lassen. Dabei zeigte sich, dafs einzelne Früchte mit vollkommen unverletzter "Wachsglasur im August noch gesund , aber vollständig fade im Geschmack und von mehliger Beschaffenheit waren ^). Die Stippfleeke. Im Fleisch des Kernobstes , vorzugsweise der Äpfel , entstehen braune, zähe, mitunter bitter schmeckende, zerstreute Flecke. Befinden sich dieselben in unmittelbarer Nähe der Schale, machen sie sich als etwas eingesunkene, matter gefärbte, schliefslich braune, zähe Stellen bemerkbar. Auf lockeren Böden in trockenen Jahren, wie das Jahr 1004 gewesen, ist die Erscheinung am häufigsten. Die festfleischigen Sorten leiden weniger. Obgleich von einzelnen Forschern ein Pilz, Spilocaea pomi Fr., als Ursache angegeben wird , möchte ich doch die Erscheinung als eine Folge zu schnellen i^uslebens einzelner Zell- grappen des Fruchtfleisches ansehen. Bei jeder Frucht erscheint das M Sowohl bei mehligen als auch bei normal saftigen Früchten kennzeichnet sich das Stadium der Eeife durch das Erscheinen eigenartiger Stoffgruppen, die nach sofortigem Einlegen der Schnitte in unverdünntes Glvcerin sichtbar werden. Umstehende Figur stellt eine Zelle aus dem Fleische eines Apfels (Gloria mundi) nach sofortigem Einlegen des Schnittes in Gh^cerin dar. Der zarte plasmatische Wandbelag, der faltig zusammengezogen, ist in der Zeichnung teilweise fort- gelassen; er drängt die hier dargestellten Inhaltsmassen mehr oder weniger zu- sammen. Auch die in den meisten Zellen sofort in die Augen springende, meist in einer Ecke liegende, sehr grofse Vakuole, Avelche ich als Säurevakuole ansprechen möchte, fehlt, um die Stoffe deutlicher zu zeigen, welche bei der Glycerinreaktion 2. Unpassende Bodenstruktur. 167 (Tewebe des FruclitÜeisclies iingieichmäisig mit Reservestoffen gefüllt. "Wenn vorzeitige Bodentrockenheit die Leitung der zur vollen Aus- bildmig der Fruclit notwendigen Menge organischen Materials ver- hindert, werden einzelne GewebegTuppen besonders arm an Inhalts- stoffen bleiben und dann schneller sich ausleben. Die Anfänge der hervortreten. Es sei hier bald betont, dafs nicht alle Zellen._die dargestellte Kom- 1)ination zeigen; schön fand ich sie im Aufsenfleisch bei reifen Äpfeln, Birnen und Pfir- sichen. Die Untersnchungen weisen darauf hin, dafs eine dem Zucker nahestehende Substanz in verschiedenen Übergangsformen in den Zellen vorhanden ist. Zwischen einzelnen gröfseren oder zahlreichen, sehr kleinen Vakuolen findet sich diese Sub- stanz, dem Plasmaleibe eingebettet oder frei im Zellsafte, entweder als vereinzelte trübe Tropfen oder als mehr geradlinige Massen, die dem Aussehen nach etwa von teigiger Beschaffenheit sein düi'ften. Manchmal findet man sie in noch stärker lichtbrechender und noch festerer Form als knollige, warzige, unregelmäfsige Anhäufungen. Diese festeste Form scheint auch in Gestalt kleinster sandartiger, dem Wandbelage eingebetteter Körnchen vorzukommen, auf welche man erst aufmerksam wird, wenn dieselben zu Tropfen oder (durch Yakviolenbildung) zu kleinen Bläschen im Glvcerin aufquellen. Allen drei Formen kommt eine Quellungsfähigkeit in Glvcerin zu. Bei Be- obachtung unter Wasser werden die Tropfen leicht un- deutlich und verschwinden, aber im ausgepreisten A2)felsafte bleiben sie kenntlich und von den verschie- denen Vakuolen unterscheidbar. Das Qviellvmgsprodukt in seiner ausgebildetsten Form auf der Höhe der Ent- wicklung ist nun durch die strahlige Mittelfigur in unserer Abbildung dargestellt, während der teigartige Zustand der Substanz durch die darunterliegende schraffierte Fläche mit geschweiften Konturen an- gedeutet ist. Die wolkige Umhüllung ist der in der- selben Ebene liegende Teil des Plasmasackes, welcher Farbstoffkörnchen und zwei Vakuolen umschliefst. Der Quellungsvorgang ist bei den oben geschilder- ten drei Massen der gleiche, tritt aber in verschiedener Intensität ein. Am schnellsten und ausgebildetsten er- scheint er bei der Tropfenform; er nimmt ab, je fe.ster die Substanzen werden. Bei Wasserzutritt verschwinden zuerst die Tropfen; an ihrer Stelle bleibt bisweilen ein feinkörniger Rückstand am Rande der Plasmahülle; etwas später werden die teigigen Massen unsichtbar, und die durch das Plasma gebildete Grenzlinie wird kreisrund; die polj^penartigen Formen Averden langsam durchscheinender, die warzigen Massen graugeköruelt und trübe, ohne sich an einem Tage ganz zu lösen. Wenn man die gern der Wandung anliegenden, zwischen Vakuolen eingebetteten, trüben Kugeln bei Beginn des AVassereintritts betrachtet, bemerkt man häufig eine von innen heraus beginnende Quellung einzelner Inhaltsgruppen, die bis zur '\'akuolen- bildung sich steigert. Ähnliches findet man bei Glycerin, bei welchem der Vorgang langsamer sich einstellt und die veränderten Zustände sich länger erhalten. Durch diesen Quelluugsvorgang der in den trüben Tropfen eingebetteten Substanzen er- scheint deren Inneres bisweilen derart von einer oder mehreren Vakuolen angefüllt, dafs die eigentliche trübe Masse nur noch als schmaler Umfassungsring der \ akuole auftritt, der in Wasser immer durchscheinender wird, bis er überhaupt nicht mehr kenntlich ist. Eine eigentliche Lösung der Substanz wurde nicht beobachtet. Wenn die frischen Schnitte erst in Wasser liegen, treten die trüben Tropfen nicht mehr auf, woraus zu schliefsen , dafs die Substanz vom Wasser aufgenommen wird. Wohl aber wurde in mehreren Fällen beobachtet (bei Reinetten), dafs, wenn nach einer schnell A-orübergehenden Wassereinwirkung die Tropfen verschwunden waren, ein feinkörniger Rückstand blieb. Bei Glycerinzvisatz quollen diese soliden Körnchen entweder zu Tropfen oder zu einzelnen fadenförmigen Schläuchen auf. Vielleicht sind es nur diese Körnchen, welche in den Tropfen und den übrigen, obenerwähnten, als verschiedene Aggregatzustände einer Grundsubstanz ange.sprochenen Formen eingebettet, zu polypenartigen Ausstrahlungen aufquellen. Man sieht nämlich an solchen Tropfen, welche durch eine Vakuole zu einem dickwandigen Bläschen er- Fig. 18. Pai-enchymzelleaus dem Fleische eines reifen Apfels nach Behandlung mit unverdünnt. Glvcerin. (Orig.) 1(m r. Krankheiten durch uno'ünstige Bodenverhältnisse. Erki-aukuiig müssen in einem ziemlich t'rülien Stadium der Fracht - entwicklung gesucht werden. Ich fand mehrfach in erkrankten, durch o-ebräunte "und verkorkte Membranen kenntlichen Zellgruppen an die Zelhvand angelagerte Körner, die sich durch Jod langsam blau färbten und also als Stärke angesprochen werden mufsten. Einzelne dieser Körner zeigten einen weifslich bleibenden , verquollenen Saum. Ferner be- obachtet man manchmal an den zum Stippigwerden am meisten geneigten mürbfleischigen, frühen Apfelsorten ein Zerreifsen des gebräunten (le- webes. Da diese Lücken nur dadurch zu erklären sind, dafs zur Zeit, als die Frucht noch im Schwellungsprozefs begriffen war, das stippige (lewebe bereits verkorkte, nicht mehr genügend dehnbare Membranen besafs, so mufs die Erkrankung schon früh vorhanden gewesen sein. Ein derartiges Absterben einzelner Gewebegruppen infolge un- genügender Einlagerung von Reservestoffen wird um so leichter statt- finden, wenn die Stärkeablagerung durch einseitig gesteigerte Stickstoft- weitert sind, dal's mir einzelne Punkte avis der stark liohtbrechenden, gallertartig aussehenden Wandung sich schlauchartig verlängern. Indes sind solche festere Körnchen vor der Quelluug nicht in der Wand beobachtet worden. Die quellenden Stellen stülpen sich entweder zu gleichmäl'sigen, cylindrischen Schläuchen oder perlschnurartigen Ketten aus, welche in einzelnen Fällen den Wandbelag erreichen können und dann als knotige Bänder die Zelle quer durchspannen. Durch die fortgesetzte, langsame Quellung verändern sich die Figuren fortwährend in Glyceriu. wobei die immer teigiger, schwächer lichtbrechend und fadenziehend werdende Substanz das Bestreben bekundet, zur Tropfeiiforui zurückzukehren. Entweder nehmen einige der Hauptarme der oben darj^cst eilten Polvpenfigur immer mehr Substanz auf und werden zu breiten Bändern, die schlipfslich zu kugligen Tropfen sich zusammenziehen, oder es zeigen einzelne Glieder der Perlschnurketten unter steter Volumzunahme und Abnahme der Lichtbrechung ein stärkeres Wachstum, wobei ■die kleineren kugligen Kettenglieder und die sie etwa verbindende Fadensubstanz immer schmaler werden, endlich zerreifsen iind in die gröfseren Tropfen hinein- gezogen werden. Diese Tropfen waren in den ausgeprägtesten Fällen noch nach ■96 Stunden kenntlich, später aber nicht mehr aufzufinden und durch Reagentien .auch nicht mehr hervorzurufen. Was mich veranlafst, die erwähnten Substanzen in die Zuckerreihe oder zwischen die Zucker- und Gerbstoffreihe zu stellen, ist ihr Vorkonunen in denselben Zellen, welche durch Glycerin zusammenziehbare, stark lichtbrechende, durch Alkohol aus- ziehbare, die Kupferreduktion zeigende, grofse Tropfen enthalten, in welche die kleinen, obenerwähnten Tropfenformen, wie mir scheint, übergehen. Die grofsen, in besonderen Teilen des Plasmasackes durch Gl3^cerin zusammenziehbaren Siruptropfen, die allmählich wieder verschwinden, lassen sich durch Anwendung von doppelt- chromsaurem Kali zum Teil fixieren, da sich in ihnen ein bleibender, braunkörniger Niederschlag bildet. Bei Birnen sah ich dieselbe Erscheinung nach Einwirkung ver- dünnter Schwefelsäure auf das Glycerinpräparat, wobei die Wandungen der Stein- zellen weinrot wurden. Eisenchlorid gibt keine besondere Farbenreaktion. Wenn man zum Glycerinpräparat ein Stückchen Ätzkali bringt, färben sich die Sirupkugelu intensiv gelb und der übrige Zellinhalt matter. Chemisch reiner Traubenzucker ver- liielt sich ebenso, während er bei Lösung in reinem Wasser nur eine schwach gelb- liche Flüssigkeit ergab. Etwas länger kann man die Trojjfen auch durch Zusatz von Chlorcalcium oder salpetersaurem Kalk erhalten; sie bewahren dann zwei bis vier Tage ihre starke Lichtbrechung. Bei Anwendung von salpetersaurem Silber ent- steht in vielen Sirupkugeln ein braunkörniger Niederschlag, der entweder aus vielen, sehr kleinen, oder weniger zahlreichen, aber gröfseren knolligen Körpern besteht. Ein Teil der Tropfen verschwindet, ohne Niederschläge zu geben. Mir scheint, dafs man es hier mit einer aufserordentlich leicht veränderlichen, in Wasser und Alkohol leicht, in Glycerin schwerer löslichen Substanz zu tun hat, die in derselben Zelle in verschiedenen Umwandlungsstadien vorkommt und daher verschiedene Reaktionen zeigt. Schon das offene Liegen an der Luft bewirkt eine Veränderung, da ein Apfel, der an der frischen Schnittfläche die Sirupkugeln in Masse aufwies, nach wenigen Stunden an derselben Schnittfläche durch Glycerin keine Tropfen mehr zeigte, sondern solche erst tiefer im Gewebe wieder auf- finden liefs. ■J. ruiiassende Bodeiistiaiktur. l(ji| düiigaiiy erschwert wird. Tatsäehlicli liaben auch praktische (Jbstziu-hter beobachtet, dafs das Stippigwerdeii besonders häufig sich zeigte, wenn die Bäume mit Malzkeimeu, Hornspänen u. dgh in überreichem Mafse gedüngt worden waren. WoKTMANX ^) bestätigt unsere Anschauung betreti's des nicht para- sitären Charakters der Stippäecke mid deren Auftreten bei Wasser- mangeL Er schreibt das Auftreten der toten, verkorkten Zellgruppen einem Säureüberschufs zu, der dadurch zustande kommt, dafs infolge eines nicht zu deckenden Verdunstungsverlustes der Frucht der Zell- saft allmähhch konzentrierter wird. Der absolute Säuregehalt nimmt bei der Reife der Früchte allerdings ab , aber der relative kann durch den Wassermangel in den Zellen sich steigern. Dafs gröfsero Früchte mehr verdunsten als kleinere und die stippigen Sorten (Rötliche Reinette, Goldgunderling, Winter- Goldparmäne, Landsberger Reinette, grüner Stettiner, Danziger Kantapfel) mehr verdunsten als die nicht zur Stippigkeit geneigten Sorten, schliefst Woktmann aus der Untersuchung der Epidermis. Er fand eine stärkere Verdickung der Aufsenwände der Oberhautzellen bei nicht stippigen Sorten, deren geschälte Exemplare mehr verdunsten als geschälte stippige Äpfel. Wenn Früchte nicht stippiger Sorten mit einer Nadel angestochen und in sauere oder al- kalische Lösmigen (Kalitartarat, Kalkwasser) gelegt wurden, entstanden Stippflecke, die von den natürlichen nicht zu unterscheiden waren. Nicht zu verwechseln ist die Erscheinung mit den sog. „Fliege n - flecken". Es finden sich dann auf der Apfelschale sehr feine, schwarze, gruppenweise vereinigte Pünktchen, die für das blofse Auge einen wolkigen Anflug darstellen und unter der Lupe wie Anhäufungen von Fliegenschmutz aussehen. Als Ursaclie werden Pilze, nÄmlich Lepiothyri/ou })()mi Mntg. et. Fr. und P/ajUachord poiiügcna (Schw.) Sacc. angegeben. ^Manchmal findet man auch wirkliche aufgespritzte Insektenexkremente, in denen diese Pilze vegetieren. Da die Schale sich unter den Fliegen- flecken in keiner Weise angegritten erweist, genügt das Abreiben mit einem nassen Tuche, um die Früchte wieder verkaufsfähig zu machen. Eine andere, manchmal als Stippflecke bezeichnete Erscheinung ist das „Rostigwerden der Schale". Die Bezeichnung rührt von der Farben- veränderung her, welche die Oberhaut der Frucht annimmt. Dieselbe be- kommt während des Schwellungsprozesses sternförmige oder dendritisch verzweigte Rifsstellen. welche durch Korkbildung geschlossen werden. Das Steinig werden der Birnen und die Lithiasis. Es ist eine häufig zu beobachtende Tatsache, dafs Birnen auf magerem Boden in trockenen Jahren ein festes Fleisch behalten und beim Genufs dm'ch die aufserordentliche Menge steiniger Körnchen zwischen den Zähnen knirschen. Li feuchten Jalii-en sind dieselben Birnensorten weichfleischig. und ^'on den Steinen ist wenig zu bemerken, so dafs die Praktiker häufig die Ansicht vertreten, die Bildung der Steine in den Birnen sei die direkte Folge grofser Trockenheit. Die Untersuchung jugendlicher Früchte zeigt aber bereits, dafs bei jeder Birnensorte in normaler Entwicklmig stets Nester von clerl)- wandigeren, sklerenchjmiatischen Zellen in ungleicher Verteilung sich vorfinden. Diese Steinzellen sind soear ein imterscheidendes . ana- V) WoiuMANx, Ji i... Über die sog. Stippen der Äpfel. Landwirtsch. Jahrbücher 1S92. Heft ■^ u. 4. 170 I- Krank]) eiteii durch nnsünstige Bodenverhältnisse. tomisehey ]\[erkinal zwischen Birne und Apfel ^). Es ist also nicht das Auftreten der Steinzellen, sondern nur die stärkere Wandverclickung der stets vorhandenen, aber in manchen Sorten relativ schwachwandig bleibenden Elemente, welche dm-ch die Trockenheit bedingt ist. Dazu kommt, dafs ihr Zusammenhang mit dem umgebenden in trockenen Jahren zäheren Gewebe des Fruchtfleisches ein festerer bleibt. AVälurend bei dem sog. Steinigwerden der Birnen es sich nm- um die gesteigerte Wandverdickung ^) der normal angelegten Sklerenchym- zellennester handelt, also nicht um eine Vermehrung der Elemente, sehen wir bei der Lithiasis eine durch Zellvermehrung nachträglich zustande kommende Anhäufung von Steinzellelementen. Diese treten auch schliefslich über die Oberfläche der Frucht hervor und bilden dann entweder gieichmäfsig verteilte oder auf der Sonnenseite gehäufte hellbraune, kreisrunde Flecke oder durch Verschmelzung landkarten- artige Zeichnungen (Fig. 19), deren Oberfläche krümelige Beschaffenheit zeigt. Nicht selten leiden dieselben Birnsorten auch von Fiisicladiuni (s. II. Bd.); jedoch lassen sich die Lithiasisflecke leicht durch ihre krümelige Beschaffenheit und die aufgeworfenen Wundränder von den glatten, meist geschwärzten Pilzflecken unterscheiden. So weit bis jetzt die Beobachtungen reichen, leiden nur einzelne Sorten an Lithiasis, und zwar bilden manche vorherrschend rundliche Flecke , wälu-end bei anderen hauptsächlich zickzackartige klaÖende Risse entstehen. Nicht immer sind die Steinnester vertieft; manchmal treten sie als schwach korkfarbige Polster über die Oberfläche hervor. ') TiKPiN; Memoire sur la difference qu'offrent les tissus ceUulaires de la jjomme et de la poire etc. Paris. Compt. rend. 1838, I, S. 711 ff. '-) Der Stoff, aus welchem die schichtig verdickten Wände der Steinzellen be- stehen, hat von Erdmanx^) den Namen Glykodrupose erhalten. Der Name wurde des- halb gegeben, weil der Forscher glaubte, dafs die chemische Zusammensetzung dieser Zellen die gleiche wie in dem Gewebe ist, das den Stein der Pflaumen und Kirschen {iJriipaceen) bildet. Die durch mäfsig konzentrierte Salzsäure zerlegte Substanz ergab zur Hälfte des Gewichtes Traubenzucker in Lösung; die ungelöst zurück- bleibende Hälfte führt nun den Namen Drupose; diese hinterläfst bei dem Kochen mit Salpetersäure und Auswaschen mit Wasser, Ammoniak und Alkohol eine ^elblichweifse Cellulose. Eedmann schliefst aus seinen Untersuchungen, dafs die Substanz der Steinzellen aus einem Kohlenhydrat entstanden sei, und zwar durch Austritt von Wasser und Sauerstoff aus Stärke oder Gummi, während bei dem normalen Reifungsprozefs zur Bildung des Zuckers Wasser aufgenommen werden mufs Der Ansicht, dafs Zucker- und Cellulosebildung miteinander in innigem Zusammenhange stehen, gibt m; Vru;» (Wachstumsgeschichte der Zuckerrübe, in den Landw. .Jahrb. 1879, S. 438) Ausdruck. Er sagt, dafs man ganz gewöhnlich in den- jenigen jungen Zellen eine Anhäufung von Traubenzucker findet, welche später ihre Wand stark verdicken. Beispielsweise sind die Bastfasern des Klees sowohl wie die Fasern der inneren Strangscheide der Gefäfsbündel, die im ausgewachsenen Zustande sehr dickwandig erscheinen, in ihrem jüngeren, noch dünnwandigen Stadium reich an Traubenzucker, während das umgebende Gewebe aim oder leer an Zucker ist. Dieselben Verhältnisse fand de Vries bei den jungen Bastfasern der Kartoffel- pflanze und des Maises Selbst in den später dickwandigen Haaren findet eine Akkumulation dos Zuckers vor der Wandverdickung statt, so z B. in den Haaren der jungen Kleeblätter, in deren Blattparenchym selbst kein Zucker nachgewiesen werden konnte. Ebenso ist nach de Viuks im 'Wurzelparenchym derselben Pflanze der Zucker nicht zu finden, während er in den jungen Wurzelhaaren reichlich auftritt. Bekannt..ist die durch Einwirkung verdi\nnter Schwefelsäure nach Er- hitzung mögliche Überführung der Cellulose in Dextrin und Zucker. Man vergleiche auch die neueren Untersuchungen über die Hemicellulosen: Mannan, Galactan und Araban. 3| LiEiu.;'s Annalen. Bd. 13S, S. lol ; cit. im .Jahresbericht f. Agrikulturcheniie 1866, S. 99. 2. Unpassende Boilenstriiktur. 171 An den gesunden Stellen der steinkranken Birne ist ein ganz normaler Bau zu finden, d. h. unterhalb der schmalzeiligen, nicht sehr dickwandigen, farblosen Epidermis (Fig. 20^-) liegen drei bis vier Schichten meist tangential gestreckter oder kubischer Parenchymzellen ip), die plasmareicher als die tieferliegenden Gewebe sind und Chloro- phyll , aber keine Stärke führen. Die Stärke findet sich erst in dem Innenfieische allmählich ein. und ihre Körner pflegen an Gröfse nach dem Samengehäuse hin zuzunehmen. Unterhalb der äufseren chlorophyll- reichen Zelllagen beginnt die Einlagerimg der Steinzellennester [st), die im normalen Fleisch wenigzellige Gruppen bilden und bei den derb- fieischigen Früchten nur durch kleine Zwischenfelder von zartem Parenchym (zp) geschieden sind. Von der Peripherie nach dem Innern der Frucht fortschrei- tend , werden die Steinzellengruppen spärlicher, uad das umgebende Paren- chym nimmt eine stei'nförmigo Anord- nung an. In den ersten Stadien der Erkrankung findet man bei den stets noch grünen und harten Früchten, dafs unterhalb der un- verletzten und farblosen Epidermis ein- zelne Zellen keine Chlorophyllkörper be- sitzen , sondern einen braunen , stark lichtbrechenden , klumpig zusammen- geballten Inhalt haben. Allmählich ver- mehrt sich die Zahl dieser gelu'äunten Zellen, und nun bricht die Oberhaut auf. Unter der aufgebrochenen Stelle, die sie 1 durch Zusammentrocknen und krünn' ligen Zerfall der Gewebe zu einer Grube igr) zunächst vertieft, findet man auch mitten im Fruchtfleisch braunw^andiges absterbendes Gewebe (6r), das später bisweilen zerreifst und Lücken bildet. Bisweilen in diesen Lücken, stets aber in den offenen peripherischen Gruben ((/r) ist farbloses schlankes Mycel zu finden, das eine nachträgliche Einw^ande- Fig. 19. Eh-ne an Lithiasis rung darstellt und den Gewebezerfall be- erkrankt. (Orig.) schleunigen dürfte. Die auffälligste Erscheinung besteht nun darin, dafs nach Ent- stehung der Grube das dieselbe veranlassende Absterben des Frucht- fleisches aufhört und sich nun geschlossene Massen neugebildeter, sklerenchymatischer Elemente in fächerförmiger Anordnung polsterartig vorzuwölben beginnen (/). Diese Kissen aus Steinzellen treiben das abgestorbene Rindengewebe (/) vor sich her und stofsen dasselbe ab. Die einzelnen Elemente der Steinzellenpolster sind im Querschnitt quadratisch oder quer rechteckig und liegen nahezu lückenlos an- einander; sie färben sieh schon in früher Jugend durch Anilin sulph. leuchtend gelb imd lösen sich auch im späte.sten Alter leicht in Schwefelsäure, ohne dafs eine Ausscheidung von Gipskristallen be- obachtet werden konnte. AVährend die normalen Steinzellennester bei 17 I. Kraukhoiten diu-ch ungünstige Bodenverhältnisse. Eiiiwirkiiiit;' von Clilorzinkjod gTöfstenteils golb bleiben, färben sich die Elemente der nachgewachsenen Sklerenchympolster nach einiger Zeit entweder gänzlich oder doch in den innersten Membranlamellen blau. Fig. 20. Querschnitt eines Steinzellenpolsters bei einer an Lithiasis erkrankten Birne. (Orig.) Figurenerkläruno- im Text. 2. Uni^assende Bodenstruktur. 173 Das Wacli.stum dieser SklerenclijTiipolster ovtblgt diircli eine ^Meristemscliicht (in), die sich unterhalb der abgestorbenen Rinden- lagen bildet und zunächst aussieht, als ob sie zu einer den Krankheits- herd abschlieisenden Tafelkorklage werden wollte , wie dies bei den Fusicladiumpolstern zu beobachten ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, sondern die Meristemlage bleibt, solange die Frucht noch grün und krautartig ist , in Tätigkeit. Nach aul'senhin bildet sie (meist sjjärlich) neue dünnwandige Rindenzellen, die allmählich der Zerstörung durch Bakterien und Mycelpilze wiederum anheimfallen, während sie auf ihrer inneren , dem (meist samenlosen) Kernhause zugewendeten Seite die dickwandigen Elemente der Steinzellpolster vermehrt. Die fächerartige Anordnung der Zellreihen bei denselben erklärt sich durch die Gewebespannung, welche der Schwellungsprozefs der unreifen Frucht veranlafst. Wenn dabei die Neubildung der Stein- zellen stärker ist, als die Ausdehnung des parenchjinatischen Frucht- fleisches , dann wölben sich die Steinzellgruppen ])olsterartig vor. In der Regel halten aber beide Vorgänge gleichen Schritt , und dadurch, dafs schlielslich das pathogene Meristem abstirbt und die äufseren Stein- zellen sich in ihrem Verbände lockern , entsteht die krümelige Be- schaffenheit der Steinflecke. Dafs solche an der Lithiasis erkrankten Früchte ungeniefsbar sind, ist selbstverständlich. Da die Erscheinung nicht bei allen Sorten zu finden ist und selbst bei denselben Sorten nicht alljährlich, sondern nur auf trockenen Böden in trockenen Jahren zu störender Entwicklung gelangt, so liegt die A'ermutung nahe , dafs die Veredlungsunterlage mitsioricht. Schwach- wüchsige Unterlagen , die einem trockenen Boden mit ihrem geringen Wurzeivermögen nur ungenügende "Wassermengen für eine schnell- wüchsige Krone entnelunen können, werden besonders das Steinig'vs^erclen begünstigen. Sollte daher die Krankheit sich öfter wiederholen , so versuche man bei Zwergbäumen auf leichtem Boden ein Veredeln der Birnen auf möglichst schnellwüchsige Quittenvarietäten. Bei Stand- bäumen suche man durch Auffrischen des Bodens, durch Düngung des Untergrundes und reichliche Bewässerung und in — hartnäckigen Fällen — selbst durch Verjüngung der Krone nach der Düngung einzugreifen. Ein möglichst schnell vor sich gehender Schwellungsprozefs der Frucht dürfte dieselbe am besten gegen die übermäfsige Steinzellenbildung schützen. Für trockene Böden geeignete Obstsorten. (iemäfs der leitenden Idee unseres Handbuches . dafs man vielen Ki-ankheiten vorbeugen könne . wenn man für unsere Kulturpflanzen stets die ihrem Charakter entsprechenden Lebensverhältnisse ein- gehender berücksichtigen würde, geben wir hier bei den durch Trockenheit begünstigten Krankheiten des Obstes eine Aufzählung be- kannterer Kultursorten . welche speziell für trockene Böden geeignet sind 0 : Virginischer Rosenapfel, Ende Juli. L. Str. Scharlachrote Parmäne, Herbst. L, Str. Landsberger Reinette, Herbst. L. Str. Danziger Kant- M Oheudikck, Deutschlands beste Obstsorten. Leipzig, Voigt, 1881. L. bedeutet eiupfehlen-swert iur den Landwirt; Str. geeignet zur Anpflanzung an Strafsen. Die Monatsbezeichnung hinter dem Sortennamen weist auf die Zeit der Vollreife hin. 174 I- Kranklieiten durch imgüiistige Bodenverhältnisse. apfel , Herl)st. L. Winter - Goldparmäne . Winter. L. Str. Reinette von Orleans, Winter. Sti-. (Für den Landwirt da, wo besserer Boden ist.) Gelber Bellefleur. Winter. L. Str. Alantapfel, L. Deutscher Goldpepping , Winter. L. Muts bis Mitte oder Ende Oktober am Baume sitzen. Grofse Kasseler Reinette , Winter bis Sommer lialtbar. L. Str. Purpurroter Cousinot, Winter bis Sommer. Birnen für trockene Böden: Hannoversche Jakobsbirne. Ende Juli. L. Str. Clapp's Lieblingsbirne, August. Ij. Erzherzogsbirne. August. L. Gute Graue, Anfang September. L. Str. Kuhfuls. x\nfang September. L. Str. Madame Treyve, September. Esperen's Herren- birne. Ende September. L. Str. Bosc's Flaschenbirne. Ende Oktober. L. Marie Luise. Anfang November. L. Str. Josejjhine von Mecheln, Dezember. Madame Körte, Januar. Kampervenus, Koclibirne für den ganzen Winter. L. Str. Bei Kirschen ist bekannt, dai's dieselben einen gut durchlüfteten, trockenen Boden durchgängig lieben. Dagegen ist es bei Pflaumen, die durchschnittlich auf einem feuchten, schweren Boden besser ge- deihen und meist auch süfsere Früchte liefern , wünschenswert , eine Anzahl der weniger Wasser beanspruchenden Sorten kennen zu lernen. Biondecks Frühzwetsche, Anfang August, Frühe Aprikosenpflaume, Mitte August. Anna Lawson, Ende August. Bunter Perdrigon, Ende August. Grofse Reineclaude , Anfang September. Althann's Reine- claude, Anfang September. Violette Jerusalemspflaume, Anfang Sep- tember. Anna Späth, Mitte September. Hauszwetsche , Ende Sep- tember. Als Strafsenbaum empfiehlt sich die Pflaume schon ihrer Wuchsform wegen nicht sehr. Als Sorten, die auf trocknen, leichten Böden im Küstenklima sich bewähren, sind zu nennen^): L Apfel: Landsberger Reinette, Pin^pur- roter Cousinot, Charlamowsky, Geflammter Kardinal, Baumanns Reinette: für- die Provinzen an der Ostsee und Nordsee eignet sich ganz be- sonders der Prinzenapfel. 2. Birnen: Gute Graue, Bosc's Flaschen- birne, Rote Bergamotte, Juli-Dechantsbirne. 3. Pflaumen: Gr. blaue Hauszwetsche. 4. Kirschen: Gewöhnliche Sauerkirsche. Stauchlinge. Wie fast überall in der Natur werden dieselben Effekte durch ver- schiedenartige Mittel erzielt. Auch bei dem Zwergwuchs ist der be- schränkte Bodenraum nur eine der Ursachen: eine andere ist Nälir- stoffmangel, der entweder durch geringe Zufuhr roher Bodenlösung zum Wurzelkörper oder auch durch Verminderung von organischer Reservenahrung hervorgerufen werden kann. Letzteren Fall werden wir später noch zu berücksichtigen haben bei dem „Pincement Grin'\ d. h. dem Abstutzen von Blättern zur Verhinderung des Austreibens der in ihren Achseln befindlichen Augen, und bei der Entstehung zwerghafter Pflänzchen durch Abschneiden nährstoffreicher Kotyledonen. Bei dem diuxh physikalisch ungünstige Bodenbeschaftenheit, näm- lich zu grofse Lockerheit, veranlafsten Nanismus kann aber auch der Wassermangel allein in Betracht kommen. Man darf sich nur ver- gegenwärtigen. dafs selbst bei reichlichem Gehalt des Bodens an M Nach brieflicher Mitteilung von Herrn Baumschulbe.sitzer Ki.irzi Ludwigslust. 2. rnpas.sende Bodeiistruktur. 175 mineralischen und organischen Nährstoffen die (xrölse dei' Pflanze von der Streckuno- der einzelnen Zellen abhängt und diese durch den von der Wasserziü'uhr aus der Wurzel beeinflulsten Turgor reguliert wird, und man kommt alsbald zu dem Schlüsse , dai's eine geringe Wasser- zufuhr während der Vegetationszeit kleine, zwerghafte Exemplare er- zeugen mufs. Jede Exkursion über sandige Strecken, denen ein feuchter Untergrund fehlt oder doch sehr entfernt liegt, gibt Beispiele genug. Tiber die Verkürzung der Zellen bei Wassermangel habe ich aus- fülndiche Messungen veröffentlicht^). Für die Verzwergung bei Mangel an den anderen Nährstoffen unter Überschufs an Wasser hat Möller'-') den experimentellen Nachweis geliefert und auch den Satz bestätigt, dafs l)ei gering konzentrierten Nährlösungen der Wurzelapparat relati\- an Masse zunimmt. Zu demselben Resultat ist Mobius^) bei seinen vergleichenden Kulturen von Xanthiuiu in Sand- und Lehmboden ge- langt. Er fand bei den Sandpflanzen stärkere Verzweigung des Wurzel - und Stammkörpers, kleinere schmalere Blätter und eine geringere Anzahl von Drüsenhaaren gegenüber den in Lehmboden erzogenen Exemplaren. Bei letzteren schien dagegen der Gehalt an Kalkoxalatkristallen ge- ringer zu sein. Die Dornen wurden auf Sandboden kleiner, aber die Membranen aller verholzten Elemente, wie es schien, wesentlich dicker. Vergleichende Studien über den Einflufs trockner und feuchter Standorte finden wir auch bei Duval-Jouve*) , der feststellte, dafs auf trocknen, heifsen Standorten besonders die Ausbildung der Hartbast - bündel gefördert, in schattigen, feuchten Lagen aber zurückgehalten wird. Sehr eingehend sind die Beobachtungen von Volkens ■') an Poh/- (jonum amphibiwH in seiner Sand- und Heideform und der Wasserform. Bei der Sandform ist der Stengelumfang auf Kosten des zentralen Luftkanals geringer: die Rindenzellen sind stärker verdickt, und zwischen Rinde und Phloem schiebt sich ein ziemlich breiter Ring ungemein verdickter, mechanischer Zellen ein. Es bildet sich ein geschlossener Holzzylinder, dessen Grefäissystem fast zwei- bis dreimal so stark ent- wickelt ist als bei dem der Wasserstengel: bei letzteren erleichtert das Fehlen dickwandiger Elemente und das Auftreten starker Luft- lücken das Schwimmen. Die Blattstiele der Wasserform, welche ohne jede mechanische \"erstärkung, sind bis sechsmal so lang, als die der Landform, deren Mittelrippen durch starke Collenchymstränge verstärkt sind. Die Palisadenzellen der Blätter sind in den Wassersprossen stärker entwickelt : dagegen fehlen ihnen die stark entwickelten Borsten auf der Oberfläche und aufserdem die etwas gTöfseren Ei^idermiszellen der Oberseite , welche bei der Landform einen schleimigen Inhalt bergen, der von Volkens als Wassen-eservoir in Zeiten groiser Trocken- heit gedeutet wird. Bei der bekannten Rose von Jericho {Anastatica h/rroclnmt/ea), dieser sich bei Trockenheit kopfartig zusammenschliefsen- den Wüstenpflanze . beruht das Zusammenneigen der Zweige darauf ^) SunAUEi!, Bot. Zeit. 1878. 2) Moi.i.Kit, Beiträge zur Kenntnis d. Verzwergung. Landw. Jahrb. 1883, S. 167. ^) Münus, M., Über den Einflufs des Bodens auf die Struktur von Xanihim» spinosum usw. Ber. d. Deutsch Bot Ges. 1905, Bd. XXII, Heft 10. ■*) Di v.vi.-JouvK, Anordnung der Gewebe im Blatte der Gräser. Bot. .Jahresb. V. Just 1875, S. 432. ^) V()i.KKN8. Beziehungen zwischen Standort und anatomischem Bau der Vegetationsorgane Jahrb. d. Kgl. Bot. Gartens zu Berlin. Bd. III. 1884, S. 46: cit. Bot. Contralbl. 1SS4, Nr. 46. 176 J- Krankheiten dvirch ungünstige Bodenverhältnisse. dais die Holzzellen auf den verseliiedenen Zweigseiten eine verscliiedene Qnellnngst'äliigkeit in der Längsriclitung besitzen . Avelche mit einer nngieichen Verholzung Hand in Hand geht. Von vornherein wird man sich sagen müssen, dais jede beschränkte Nährstotfzutuhr , die zum Nanismus führt , sich in der Zuwachsgröfse, also in der Bildung der sekundären Gewebe am meisten ausprägen mufs. Den anatomischen Nachweis hat Gauchery *) geliefert, der Fälle anführt, liei denen das Cambium nur wenige Zellreihen neu gebildet hat. Manchmal konnte er zwischen Phloem und Xjdem überhaupt gar keine meristematische Zone mehr feststellen : es mufs also der ursprüng- liche Cambiummantel infolge mangelhafter Ernährung alsl^ald in Dauer- gewebe übergegangen sein. Bei den Pflanzen , die auf sandigem oder steinigem Boden miter vielfachem Wassermangel zu wachsen gezwungen sind . kommt eine andere Form der Hypoplasie 2) (Hemmungsbildung) zur Erscheinung. Es ist nicht so sehr die Zahl der Zellelemente, welche vermindert er- scheint . als deren Gröise : es bilden sich nämlich Exemplare aus, die wir als „Staue hlinge" bezeichnen möchten. Wir verstehen darunter Holzpilanzen, die nicht bis zur Verzwergung in ihrem Wachstum zurück- gehalten werden, wohl aber durch die auffällige Verkürzung ihrer Achsen- organe einen gedrückten, knorrigen Habitus zeigen. Bei diesem Habitus gilt als charakteristisches Merkmal die scharf hervortretende gesteigerte spiralige Drehung der Holzelemente des Stammes. Die schönsten Beispiele sehen wir bei Sijringn und Crataegus. Wir können uns das Zustandekommen der verstärkten Spiralwindung erklären, wenn wir die Richtung der Holzzellen als die Diagonale eines Parallelogramms zweier Kräfte auffassen. Am Scheitel jeder sich streckenden Achse wirkt einerseits das Streben nach Längenwachstum, bei dem als Schwellfaktor die Streckung des Markkörpers ausschlaggebend wird. Anderseits wirkt die allseitige VergTölserung der jugendlichen Zellen auch als Ursache für die radiale Ausweitung des Stammkörpers. Wenn wir uns eine in der L ängss treckung begriffene, ganz jugendliche Holzzelle im Cambiummantel einer Stamm- spitze denken, so wird dieselbe um so weniger aus ihrer ursprünglichen Längsrichtung abgelenkt, .je mehr das Längenwachstum des Stamm- scheitels im Verhältnis zum Dickenwachstum überwiegt. Je mehr aber die reichlich angelegten jungen Holzzellen, während sie sich verlängern, durch das Dickenwachstum des Markzylinders in der Richtung des Stammradius nach aufsen gedrückt werden, desto schärfer wird ihre spiralige Drehung. Deshalb sehen wir bei Pflanzen auf feuchtem, nahr- haftem Boden schlanke, lange Triebe mit geringer Spiraldrehung und auf wasserarmen Sandböden oder bei sonstigen Behinderungen des Längenwachstums kurze Achsen mit starker Drehung. Unsere Auffassung findet ihre Bestätigung bei der später zu er- wähnenden „Zwangsdrehung": Je mehr die Stengel tonnenförmig auf- getrieben sind, desto schärfer die spiralige Drehung der Blattspur stränge. Wir erwähnen diesen Punkt deshalb, weil das Auftreten derartig stark gedrehter Stauchlinge als Symptom für die Beurteilung der Boden- verhältnisse wertvoll wird. ') GArcHKKY, Recherches sur le nanisme vegetal. Ann. sc. nat. Bot. 1899. YIII ser., t. IX. ^ -) KüsTKK, E., Pathologische Pflanzeiianatomie. .Tena 1903. S. 21. Hier reich- liche Literatur. 2. Unpassende Bodenstruktur. 177 Verhaarung (Pilosisj. Pflanzen auf trockenem Boden erhalten schon ein behaarteres Aus- sehen , selbst wenn sich nicht mehr Haare als auf feucht stehenden Exemplaren derselben Art ausl>ilden. Wenn eine bestimmte Menge Haare auf einem Blatte gebildet wird, so rücken diese Haare auf einen kleineren Raum dadm-ch mehr zusammen, dafs die sie trennenden Epidermiszellen kürzer bleiben. Hieraus erklärt sich teilweis schon die Beobachtung, dafs Hochgebirgspflanzen bei der Kultur in der Ebene weniger behaart erscheinen; diese Pflanzen werden üppiger, die Dimensionen ihrer Organe gTöfser. die Haare räcken weiter auseinander. Aber es findet in der Tat auch auf trockenen Standorten eine ver- mehrte Neubildung von Haaren statt. So zitiert Moquin-Tandon *) Be- obachtimgen von Linne, dafs der Pfirsichblättrige Knöterich {Polygonum Persicaria L.) an WasseiTändern ganz kahl, an trockenen Stellen mit Haaren besetzt erscheint; unser Feldquendel (Thymus SerpyUuni h.) ver- liert am Meeresstrande seine Kahlheit und erhält einen kiurzhaarigen Überzug. Unser Türkenbund {Lilmm Martagon L.), der seit langer Zeit m Gärten kultiviert wird, ist kahl; er wird aber wieder behaart wie die wilde Pflanze, wenn er auf schlechteren Boden kommt usw. Solche Erscheinungen lassen sich auch bei Gartenpflanzen beobachten, die durch Selbstaussaat auf sandigen Feldstellen sich entwickeln. Eine ungewöhnliche Haarbildung findet ferner bei manchen Pflanzen - teilen statt, die sich nicht mehr zu ihrer bestimmten Gestalt ausbilden. Nach Mcquin-Tandon bedecken sich die Staul)fäden der dreimännigen Winde mit dicken Wollhaaron: ähnlich verhalten sich die Staubfäden mehrerer Arten von "Wollkraut ( Verhascum), wenn die Staubbeutel ver- kümmern. Die Blütenstiele des Pemckenbatmaes (Bhus Cotinus) sind vor der Blüte tmd, wenn sie Fmchte tragen, kamn behaart; wenn da- gegen die Flüchte sich nicht ausbilden, so werden die unfruchtbaren Blütenstiele länger, mid es kommen jetzt zahlreiche lange, violette Haare an iluien zum Vorschein. Letztgenannte Haarbildungen gehören nicht zu den mit der Trockenheit in Verbindung stehenden Erschei- nmigen, sondern sind als Korrelationsvorgang aufzufassen. Das AVasser und NährstofiPmaterial , das bei der Ausbildung von Staubbeuteln oder Früchten Verwendung finden sollte, kommt bei Zerstörang der Sexual- organe anderen Organteilen in erhöhtem Mafse zugute. Teilweise gehören vielleicht auch die neuerdings bei der P a r th e n o g e n e s i s beobachteten Erscheinungen hierher, dafs die Mikropyle infolge haarartig verlängerter Zellen des Griffelgewebes oder der Integumente verstopft wird^). Auch bei dem Wurzelapparate sehen wir, je nach dem Aufenthalt der Wurzel, die Behaarung wechseln. Bei denselben Arten kann sich der Apparat in Form langer, schlanker, peitschenförmiger, wenig ver- zweigter, kahler oder fast kahler Äste entwickeln, wenn die Wurzel in Wasser oder in einen lockeren , mit Wasser gesättigten Sand taucht. Die Wurzeläste werden um so kürzer, knorriger, verzweigter mid be- haarter, je trockener im allgemeinen der Boden, je mehr also die Wurzel nur die feuchte Luft der Bodenzwischenräume zur Verfügung M Pflanzen-Teratologie, übersetzt von Schauek, 1842, S. 61. •-) AViNKi.ER, H. , Über Parthenogenesis bei WO^stroemia. Ber. d. D. Bot. Ges., Jahrg. 1904, Bd. XXII, S. 573. Sor.iuer, Han.lbnch. X Au«. Erster Ban.l. 12 178 T. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. hat. In ganz trockener Liif't entwickeln (nach Persecke) ^) die Wurzehi auch keine Haare mehr. Schliefst man Wurzeln in feuchte Luft ein, so entwickeln sich die jungen Wm'zelspitzen kurz miterhalb ihres fort- wachsenden Endes <>anz bärtig, da fast jede Oberhautzelle sich zu einem Haare ausstülpt. Bei den oberirdischen Piianzenteilen. welche an trockene Luft ge- wöhnt sind, mufs der Feuchtigkeitsgrad der Luft auffallend gering sein , wenn die Haarbildung intensiv hervorgerufen werden soll , wie C. Kraus ^) bei Kartoifelkeimen angibt. Li sehr feuchter Luft sind die Kartotfelkeime derselben Sorte haarlos oder nur mit wenigen und kürzeren Haaren besetzt. Es ist also bei den oberirdischen Organen der Einliuls der feuchten Luft gegenüber der trockenen , welche die Behaarung verhindert: bei den auf tropfbar flüssiges Wasser meist an- gewiesenen Wiu-zeln wird derselbe Effekt durch dauernde Wasserzufuhr erzielt, gegenüber dem haarbefördernden Einflufs der feuchten Luft. Die extreme Haarbildung ist daher bei der ober- und unterirdischen Achse die Folge gleichsinnig wirkender Ursachen : es wird den Organen die gewohnheitsgemäfs notwendige Wassermenge in dem Stadiimi . in welchem sie sich entwickeln, vorenthalten. Zur Erklärung der Tatsache, dafs gröl'sere Trockenheit des um- gebondeii Mediums die Haarbildung befördert, haben Kraus ^) und Mer^) die Erscheinung herbeigezogen, dafs mit der beförderten Haarbildung in trockenen Medien das Längenwachstum des Organs gemäfsigt oder gehemmt ist. Beide Forscher meinen nun, dafs das Material, das durch die verhinderte Längsstreckung der Zellen des Achsenzylinders erspart wird , zur Ausbildung der Haare verwendet wird. Aufser den oben angeführten Beispielen von Bhus u. a. stützen auch Beobachtungen von Heckel die Ansicht, dafs mit der überreichen Haarentwicklung mangel- hafte Ausbildung anderer Teile Hand in Hand gehe. Heckel ■*) sah Exemplare von Lüium Martagon L. und Genista aspalathonles Lam. mit ungewöhnlicher Behaarung unter Reduktion der Blütenteile. Kraus be- tont, dafs mit der Abnahme des Längenwachstums eine Erhöhung des Turgors in der Querrichtung des ganzen Organs stattfinde (wie wir bei der Ausbildung des Markkörpers der „Stauciilinge" angenommen haben), der sich auch auf die Epidermiszellen erstrecke und dieselben zur Aus- stülpung von Haaren anrege. Vesque-^) schreibt, wie Mkr und Kraus, der vermehrten Transpiration die Beförderung der Haarbildung zu. Die Anregung für die Epidermiszellen zur massenhaften Haar- bildung erfolgt häufig auch von selten parasitärer Tiere, wie z. B. von Milben, die mit ihren Mandibeln die jugendlichen Blätter verwimden imd dadurch die sog. Filzkrankheit erzeugen. Es finden diese Haar- bildungen bei den Gallen ihre Beschreibmig. Li der älteren Mykologie sind solche durch den Saugreiz von Milben entstandenen Haarfilzo als Pilze {Erineum Pers.. Taphriua Fr., Phyllermm Fr.) beschrieben. ') Pküskckk, Über die Form Veränderung der Wiu-zel in Erde und Wasser. Inauguraldissertation, Leipzig 1877. -) KuAis, Beobachtungen über Haarbildungen, zunächst an Kartoffelkeimen. Flora 1876, S._15:5. ■') Mei! , Recherches experinientales sur les conditions de developpenient des poils radicaux. Coinpt. rend. LXXXVIII (1879), S. 665. *) Hkckei., Du pilosisme deformant dans quelques vegetaux. Compt. rend. t. XCI, 1880, p. 348. ^) Sur les causes et sur les limites des variations de structure des vegetaux. Cit. Bot. Centralbl. 1884, Nr. 22, S. 259. 2. Unpassende Bodenstruktur. jycj Das Verholzen der Wurzeln. Das Verholzen der Wurzelt rächte l)e.steht darin . dal's die Zell- elemente der Getafsbiindel , welche durch die Kultur parenchymatisch geworden waren, zur prosenclwmatischen, holzigen Beschaffenheit der Stammform zurückkehren. Die Mohrrübe z. B. , die uns zur Speise dient, hat eine Mutterpflanze, deren Wurzel aus einem starken, harten Holzkörper und einer dünnen, weichen Rinde besteht. Die Zellen des Holzkörpers sind wie alle übrigen Holzzellen dickwandig, sj^indelförmig, zwischen einander gokeilt. In der kultivierten Wurzel sind statt dieser Holzzellen dünnwandige, wenig langgestreckte, fast stumpf aufeinander- gesetzte Zellen vorhanden und die Gefäfse selbst, die jetzt in zer- streuten Gruppen zwischen den parenchymatischen Zellen liegen, sind wenig verholzt. Die Milchsaftgefäfse, welche sich in der Rinde bilden, wenn die schraubigen, porösen Gefäfse im Holzkörper entstehen, sind, ebenso wie sämtliche Zellelemente der Rinde, weiter geworden. An Stelle der Stärke, die in der wilden Mohrrübe das ganze Rindengewebe anfüllt, auch im Holzkörper hier und da auftritt und bis auf 70 "/o des Trockengewichtes steigt, ist in den guten S]3eiserüben der Zucker getreten, so dafs dort nur Spuren von Stärke zu finden sind. Je feiner die Sorte, um so mehr schwindet der Stärkegehalt, wi :> bei der holländischen, blafsgelben und der Duwicker Karotte. Von diesen finden sich allmählich Übergänge nach der wilden Pflanze hin in anderen Kulturvarietäten, die als Futter benutzt werden , wie die Altringham - Möhre und die weilse Pferdemöhre. Von allen Sorten zeigen sich auf magerem Boden Exemplare . die in der Regel im Herbst in Samen schiefsen und sich durch eine dümie, oft geteilte, durch ihre Verholzung sehr deutlich an die wilde Mohrrübe erinnernde Wurzel auszeichnen. Ebenso verhält es sich mit Wrucken, Steckrüben. Rettichen, Kohlrabi usw. Am besten werden die Unterschiede durch einen Vergleich der anatomischen Bilder klar. In Fig. 21 sehen wir den Längsschnitt durch eine zweijährige wilde Mohrrübe, a ist das vertikal gestreckte Parenchym des markartigen Zentralteils mit zerstreut stehenden spiralig-porösen Gefäfsen: h der Holzkörper aus spindelförmigen Holzzellen nebst Ge- fäfsen und einem Teil der nach der sekundären Rinde hin verlaufenden Markstrahlen: c das zum langgestreckten dünnwandigen Parenchym gewordene Cambium: d sekinidäre Rinde mit ihren dem Verlauf der Milchsaftgefäfse folgenden Resorptionsstellen: e primäre Rinde : /'Kork. Fig. 22 ist die entsprechende Partie aus einer zweijährigen kulti- vierten Mohrrübe. Die Buchstaben bedeuten in beiden Figuren die- selben Teile, und bei Vergleich der gleichbezeichneten Gewebe tritt die Verändertmg des Holzkörpers h und die Zunahme in den Dimensionen der sekundären Rinde bei der kultivierten Möhre klar vor Augen. Bei allen Wurzelgemüsen tritt das Verholzen auch normal auf, wenn sie zu alt werden . und dann ist dieser Prozefs , wie in den vorzeitig verholzenden Exemplaren . von einem teilweisen Verschwinden des Zuckers begleitet. Bekannt ist die Erfahrtmg . dafs manche unserer Gemüsepflanzen in den heifsen Klimaten alsbald verholzen. Gegen letzteren Umstand wird schwerlich Al)hilfe zu schaffen sein, da der tropische Wärme- luid Lichtttljerschufs die schnelle Verholzung ermöglichen. Bei den Kulturen in den gemäfsigten Kiimaten kann das Verholzen durch reichliche Be- wässerinig und Düngiing bestimmt vermieden werden : ntir ist dabei zu 12* 180 T. Kranklieiten durch uiisünstige Bodenverhältnisse. beachten . dals das Land tiefoTündig- und der Same gilt ist. Auf die Auswahl dos Saatg-ntes ist besondere Aufmerksamkeit zu verwenden, weil Same aus trockenen Lokalitäten eine grölsere Neigung zur Ver- holzung und zur Yielschwänzigkeit der Wurzeln mitbringt. Ballentroeknis der Ericaeeen. Eine eigenartige Empfindlichkeit des Wm^zelkörpers gegen Trocken- heit ist bei der Kultur der zahlreichen Ai'ten imd Varietäten aus den Gattungen Erica, Äzalea , Bhodoclendron und andern Ericaeeen zu berücksichtigen. Genannte Pflanzen vertragen kein vollständiges Aus- 2. Uni)ass;eiide Bodenstruktur. 181 trocknen des Wurzelballens. Wähi'end andere Pflanzen einen Wasser- mangel bis zum oftmaligen Welken ohne jede bemerkbare Scliädigimg an sich vorübergehen lassen mid nach Wasserzufuhr weiter wachsen, scheinen die einmal gänzlich trocken gewordenen feinen Wm^zeläste der Ericaceen ihre Funktion nicht mehr aufnehmen zu können. Ich unter- suchte in einem Falle die Wurzeln einer ballentrocken gewesenen und nachher 24 Stunden in Wasser untergetauchten Erica (frac/'lis und fand die feinen AVurzelenden trotz des Aufenthaltes im Wasser noch geschrumpft. Der Charakter der meisten Ericaceen als Moor- und Heidepflanzen kommt darin zum Vorschein, dals sie (mit Ausnahme einzelner Arten) in einem reichlich bewässerten, leicht durchlüftbaren Boden am besten gedeihen. Dem reichen Luftbedürfnis der Wurzeln mufs man dm^ch Kultur der Pflanzen in kleinen Töpfen möglichst Rechnung tragen. Die Eriken wurzeln dann schnell durch. In grofsen Töpfen ver- sauern die Pflanzen leicht. Auf Ballentrocknis antworten die Eriken und Azaleen mit Blattabwurf. Es ist aber falsch, das begangene Ver- sehen dacliu-ch gTit machen zu wollen, dafs man nun den Topf ballen in Wasser steckt und nach Vollsaugen der Erde die Pflanzen in ge- schlossene Kästen stellt, um die Verdunstung möglichst herabzudrücken und die Pflanzen zur Turgescenz zu bringen. Man lasse sie im Cxegen- teil an ilu-em bisherigen Standort, aber beschatte sie stärker in den Mittagsstunden. Mittel gegen den Wassermangel im Boden. Wenn sich Wassermangel im Boden durch Rückgang der Vegetation kemitlich macht, was auf sandigen Böden am häufigsten einzutreten pflegt, wird man naturgemäfs , wo es möglich ist, zur Berieselung schreiten. Mit solcher Wasserzufuhr erzielt man nicht nur die Er- frischung der Gewebe, sondern bringt auch eine Auflösung. Zufuhr und neue Verteilung der Bodennährstotfe zuwege. Berieselung. Bei der häufigen Senkung des Gfrundwasserspiegels bildet die Be- rieselung eine Lebensfrage, und es ist interessant, die Ergebnisse der Untersuchungen von König ^ ) über die Wirkungen des Rieselwassers kennen zu lernen. Danach sieht man, dafs das Wasser wähi-end des Be- rieseins einer Wiese sehr viel Nälu-stoffe verliert, und zwar während der wärmeren Jahi-eszeit erheblich mehr als in der kalten. Die Abnahme betrifit jedoch nicht alle Nährstoffe. Wenn sich der Kohlensäuregehalt des Rieselwassers steigert, nehmen sogar fast immer Kalk und Magmesia zu. anstatt ab. Ihre Menge scheint, wie die der Kohlensäure, mit der Intensität der Oxydationsvorgänge im Boden zu steigen und zu fallen. Im Ciegensatz zu den vorgenannten Nährstoffen scheint das Kali zu jeder Zeit vom Boden absorbiert zu werden, da auch im Winter bei der Berieselung sich eine geringe Abnahme dieses wichtigen Minerals im Wasser nachweisen liels. Das Natrium, resp. Chlornatrium zeigte während der Winterrieselung, ebenso wie Salpeter- und Schwefelsäure, fast immer eine geringe Zunahme . während sie in der Vegetationszeit sich vermindern, also wahrscheinlich direkt von den Pflanzen auf- genommen werden. ') Journal für Landwirtschaft. Jahr":. 1880, Bd. 2s. Heft 2. J52 I- Krankheiten durch inigünstige Bodenverhältnisse. Der Sauerstoffgehalt des Wassers, der, wie der Verfasser schliefst, durch Oxydation der organischen Bodensäuren auch bodenreinigend wirkt, ist je nach der Art des Beriesekingswassers und je nach der Jahreszeit verscliieden. König fand , dafs dieser Gehalt im Frühjalu- am höchsten , im Sommer am geringsten und im Herbste wieder zu- nehmend sich zeigt. Quellwasser ist sauerstoffreicher als ein schon durch bewohnte Ortschaften gegangenes Flufswasser, und umgekekrt verhalten sich die suspendierten, organischen Stoffe, die von dem noch armen Quellwasser daher aus dem Boden aufgenommen, von dem reich- lich gesättigten Flufswasser dagegen abgesetzt werden. Temperaturbeobachtungen bei 4(J cm Tiefe ergaben während der kälteren Jalrreszeit eine Differenz in der Wärme bis zu 2,8** C. zu- gunsten des berieselten Landes, und dieser Temperaturerhöhung dürfte es zuzuschreiben sein, dafs berieselte Wiesen eher ergrünen und später im Herbst vergilben. Wie schnell wirkend die Bodenabsorption ist , wenn der Boden nicht gesättigt und das Wasser zum Rieseln hochgradig mit Dung- stoften beladen ist, zeigte König durch einen Versuch, bei welchem er künstlich Latrinenstoff e dem Rieselwasser beigemengt hatte. Nach einmaliger Benutzung des Wassers liefs sich nachw^eisen, dafs der Boden 84,5 **/o der organischen Stoffe, 74,2 ^lo des Ammoniaks, 81,6 °/o des Kalis und 86,8 "/o der Phosphorsäure bereits aufgenommen hatte. Nach der dritten Benutzung desselben Wassers konnten diese Stoffe im ablliefsenden Wasser überhaupt nicht mehr nachgewiesen werden. Natürlich sind diese Zahlen nur lür den im Versuch gegebenen Fall gültig und ändern sich je nach der Sättigung des Bodens und Wassers, haben also z. B. keine Gültigkeit für die Spüljauchenberieselung, bei welcher die Böden in verhältnismäfsig kurzer Zeit mit Nährstoffen überladen sein müssen. Dennoch zeigen die Versuche , welche viel- seitigen Vorteile man bei richtiger Anwendung der Berieselung erreichen kann. Die Wichtigkeit einer künstlichen Bodenbewässerung wird jetzt immer mehr anerkannt. Der beste Beweis findet sich in den Verhand- lungen der Landeskultur -Abteilung der Deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft ^) , in welcher die Fragen direkter Wasserzufuhr oder Hebung des Grundwasserspiegels bereits ventiliert und die bisher bekannten Systeme durch xlbbildungen teilweise erläutert wurden. Die Verhandlungen haben zu einem direkten Antrag bei dem Vorstand der Gesellschaft geführt, „dafs derselbe die Frage der Ackerbewässerung mit möglichster Tatkraft in die Hand nehme". B o d e n b e a r b e[i t u n g. Vorläutig ist man indes bei grofsen Landkomplexen doch nur in den seltensten Fällen imstande, ohne bedeutende Kosten Berieselungsanlagen einzurichten, tmd es werden deshalb billigere, wenn auch weniger durch- gi-eifende Mittel häufiger zur Anwendung gelangen. Solche Hilfsmittel bietet die Bodenbearbeitung. Am empfehlenswertesten dürfte die Bodenlockerung sein. Es fehlt nicht an Praktikern, M^elche behaupten , dafs das Lockern der Ackerkrume doch unmöglich ein Mittel sein könne , die Feuchtigkeit dem Boden zu erhalten, und dafs ') Die Möglichkeit der Ackerbewässerung in Deutschland. Arbeiten d. Deutsch. Landwirtsch.-Ges., Heft 97, 1904, S. 7^). 2. T'iipassende Bodenstiiiktur. lg;3 diet^e Manipulation vielmehr als der kürzeste Weg angesehen werden müsse, dem Boden noch mehr Wasser zu entziehen. Diese Anschauung ist irrtümlich, wie viele Versuche dartun. Die eingehendsten sind die- jenigen von WoLLNY ^). der genau vergleichsweise vorgegangen ist und zu dem Resultate kommt, dafs, wenn die obersten Bodenschichten gelockert werden, sie allerdings schneller abtrocknen, aber dadurch den Wasservorrat der unteren Bodenschichten mehr schonen. Die Ei-\^'ärmung(ler Ackererde durch Insolation, die Durchlüttimg, wenn Winde über die Bodenfläche streichen, und dergl. Einflüsse ent- ziehen den oberen Bodenlagen das Wasser in um so höherem (irade, als dieselben in der Lage sind, den Verlust durch kapillare Zufuhr aus den tieferen Bodenschichten möglichst reichlich wieder zu decken. Wenn nun durch die Lockerung der Ki'ume die Zwischenräume zwischen ihren Bodenteilchen bedeutend vergTöfsert werden , so wird die Haar- röhrchenanziehung vermindert, und das Wasser steigt in den gröfseren Zwischenräumen des nun bröckeligen Bodens nicht mehr in die Höhe. Je schneller der Boden durch Behac ken , Eggen und Schälen zu einer grobbröckeligen Krume gelangt, desto mehr wird ein Austrocknen der tieferen Schichten, in denen die Wurzeln sich befinden, verlangsamt. Das entgegengesetzte Resultat wird durch das F e s t d r ü c k e n (Walzen) des Ackerlandes erzielt^). Da hierbei die meisten nicht kapillaren Hohlräume in kapillare übergeführt werden , so wird die Hebung des Wassers von unten her beschleunigt und die Oberfläche länger feucht gehalten. Unter Umständen ist aber auch das Walzen als jMittel zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit zu empfehlen. Dies wird nämlich auf allen sein" lockeren Bodenarten von geringer Wasser- kapazität und reichlicher Untergrund sfeuchtigkeit am Platze sein , da mit dem Festwerden die A^erdunstung der Oberfläche herabgedrückt und die Zuleitung von unten vermehrt wird. Bei bindigen Böden mit grofser Wasserkapazität wäre natürlich das Walzen geradezu schädlich. B o d e 11 b e d e c k u 11 g. Man kann an Stelle der Bodenlockerang auch ein Überdecken der Krume mit einem lockeren Material anwenden. Li dieser Be- ziehung kami selbst von dem Überfahren der Krmne mit Sand vorteil- hafter Gebrauch gemacht werden. Es werden nicht blofs die Feuchtig- keits- . sondern gleichzeitig die Wärmeverhältnisse günstig geändert : denn nach Wollny's Versuchen^) wird durch die Lockerung des Bodens die Temperatur desselben herabgedrückt, weil die Wärmeleitung der gelockerten Schicht wegen gröfserer Mengen eingeschlossener Luft vermindert wird. Ebenso ist der mit einer Sanddecke versehene Boden innerhalb der wärmeren Jakreszeit kälter als der unbedeckte, weil die helle Farbe der Oberfläche die Absorption der Wärmestrahlen ver- mindert und die zurückgehaltene gröfsere Wassermenge unter dem ') Woi.i.Nv, Einflufs der Bearbeitung und Düngung auf die Wasserverdunstuiig aus den) Boden. Osterr. landw. Wochenbl. 1880, S. 151. -1 Wui.i.Nv in Österr. landw. Wochenbl. 1880, S. 214. — NEs.s(,Eii, Bad. Landw. Correspondenzblatt 1860, S 230. — P. Wagneu, Versuche über das Austrocknen des Bodens bei verschiedenen Dichtigkeitsverhältnissen der Ackerkrume. Bericht der Versuchsstation Darmstadt 1874, S. 87 ff. — v. Ki.knzi;, Landw. Jahrb. 1877. ^) Einflufs der Abtrocknung des Bodens auf dessen Temperatur- und Feuchtigkeit.svei-hältuisse. Forschungen a. d. Geb. d. Agrikulturphj'sik. 1880, S. 34-"!. 184 T- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Sande schwerer erwärmbar ist. Würde der Boden selbst an seiner Oberfläclie abtrocknen, so müfste sich seine Temperatur erhöhen, weil die Wärme konsumierende Verdunstung alsdann vermindert würde. Die Bodenlockeruno- und Bedeckung mildern also die Temperatur- extreme ; aber sie sind auch noch in anderer Weise nützlich. Es zeigt sich nämlich nach Wollny (a. a. 0. S. 337), dals von derselben Nieder- schlagsmenge durch den mit einer Sanddecke versehenen Boden während der wärmeren Jahreszeit bedeutend mehr Wasser durchsickert als durch den unbedeckten. Es kommt dies daher, dais der mit einer (selbst nm' 1 cm dicken) Sandschicht bedeckte Bodön wasserreicher bleibt, also schneller gesättig-t ist und daher mehr in tiefere Lagen des Unter- grundes abflieisen läfst. Dasselbe Resultat zeigt jede andere Bedeckung mit leblosen Gegenständen, also mit Stalldünger, Stroh, Lohe, selbst mit Steinen. Weniger als der nackte Acker läfst der mit einer vegetierenden Pflanzendecke versehene Boden dui'ch. Von praktischer Seite liegen auch Angaben vor, welche den Nutzen der Torf er de auf Sandböden hervorheben. So benutzte Walz') die obere , () bis 8 cm hohe , als Brenntorf nicht verwertbare Schicht eines Torflagers, um ein Ackerfeld aus geringem Sandboden im Februar 2 cm hoch damit zu überdecken. Später erhielten diese getorfte und «ine daranstofsende nicht getorfte Fläche reichliche Stalldüngung. Bei der im Sommer eintretenden Hitze und Trockenheit zeigte der un Mai gepflanzte Mais auf dem getorften Felde einen besseren Stand und lieferte einen höheren Ertrag: ebenso zeigten spätere Ernten sich auf dem getorften Stücke ausgiebiger. Die Wirkung des Torfes , welche in präziseren Ernteergebnissen auch durch Neklinger^) nachgewiesen, beruht auf seiner Fähigkeit, die Dungstoffe aufzusaugen und festzuhalten, die sonst im Sandboden fort- gespült würden. Da aber Düngung, wie ich experimentell festgestellt^), die Pflanzen befähigt, mit weniger Wasser bessere Ernten zu bringen, so erklärt sich hiermit auch das günstigere Verhalten bei Trockenheit. Mit Pflanzen bestandener Boden. Es ist oben schon gesagt worden , dais der mit lebenden Pflanzeü bestandene Boden am wenigsten Wasser durchsickern läfst. Die Sache ist ganz erklärlich, da die Pflanzenwurzeln das Wasser aufsaugen. Vei'- gleichende Untersuchungen*) ergaben, dafs der Boden um so mehr an Wasser erschöpft wird, je dichter die Pflanzen stehen, wenn auch die Wassererschöpfung nicht proportional der Dichte des Pflanzen- standes zunimmt. Nach diesen Resultaten kann man ermessen, welche Differenz im Wassergehalt zwischen einem nackten, gelockerten und einem mit- dichtem Rasen bestandenen Boden sich bei heifser, anhaltend trockner Witterung herausbilden mufs. Es ist also in den Baumschulen auf lockerem Boden durchaus nicht gleichgültig, ob oft gehackt oder Rasen M Zeitschrift d. landw. Ver. in Bayern 1882; cit. in Biedermann's Centralbl. 1883, s. im. 2) Fühiing's landw. Zeit. 1878, Heft 8. ^) SoRAUKi!, Nachti-ag zu den Studien über Verdunstung. Forsch, auf d. Geb. d. Agrikulturphysik, Bd. VI, Heft 1/2. *) Woi.i.Nv, Der Einflufs der Pflanzendecke und Beschattung auf die physika- lischen Eigenschaften und die Fruchtbarkeit des Bodens. Berlin, Parey, 1877, S. 128. 2. I'npasseude EodeiistruktuT. 185 und Unkraut bis zur Bildung einer zusammenhängenden Decke belassen werden. Dai's lediglich durch die Aufsaugung des geringen AVasser- vorrats dm-ch Unkräuter und die Rasennarbe bei Obstbäumen Not- reife und Unfruchtbarkeit erzeugt werden, ist nicht nur theo- retische Schlufsfolgerung, sondern mehrfach gemachte Erfahrung. Bei forstlichen Kulturen zeigen sich, wie bei den Baumsaaten der Gärtner, diejenigen Ländereien am gefährdetsten , auf welchen die Pflanzen den Bestand noch nicht geschlossen haben. Kiesböden ohne genügenden Humusgehalt sind auch für ältere Bestände bis zu 10 bis IT) jährigem Alter gefährlich, namentlich wenn nach keiner Seite hin Schutz durch gröfsere Anpflanzungen zu finden ist. Berasten Boden sieht der Forstmann als Beförderungsmittel dei" Dürre an. da derselbe die Niederschläge festhält und durch seine starke Verdunstung das aus dem Untergründe aufsteigende Wasser schnell dem Boden entführt'. Bei Waldbäumen beobachtet man bisweilen fast kreisförmige Stellen um die Stammbasis , auf denen kein Nachwuchs sich erhält. Es wird dieser Umstand der Reflexion von Sonnenstrahlen an den glattrindigen, astreinen Stämmen (Buchen, Birken, Tannen) zugeschrieben. Die von solcher Spiegelrinde abprallenden Sonnenstrahlen dörren den Boden in erhöhtem Mafse aus. Unter den Vorbeugungsmafsregeln empfiehlt sich die Anzucht der Pflanzen durch natürliche Besamung, da die an Ort und Stelle entstandenen Pflanzen am besten sich den trocknen Lokali- täten anpassen werden. Da, wo gepflanzt werden mufs. benutze man Material, das schon einmal in der Schule verpflanzt worden ist, und bedecke nachher möglichst sorgialtig den Boden. Aufsordem kommen alle die Eim'ichtungen in Betracht, die zur Hebung des Wassermangels im allgemeinen empfehlenswert sind, wie bei Saatbeeten ein Schutz durch Mauer, Zaun oder Baumreihen, Bestecken mit Reisern, Anhäufeln der Pflanzen und überhaupt Bodenlockerung, namentlich aber auch Düngung, da die letztere eine Wasserersparnis bedeutet. Das Begiefsen ist nur im alleräufsersten Notfalle anzuraten. Bei dem Bestecken der Beete mit Reisig vom Rande aus ist Nadelholz , und unter diesem das Gezweig unserer Kiefer oder auch der Weymouthskiefer am meisten zu empfehlen: denn Fichtenreisig läfst die Nadeln zu schnell fallen, und diese erwärmen sich sehr bedeutend. Tanne wird leicht zu dicht, und Laubholzzweige haben zu schnell welke und verdorrte Blätter, unter denen der Boden ebenfalls zu wenig seine Feuchtigkeit erhält. Dafs ferner auch an sich ein Ausbrennen der Saaten und des Rasens bei dichtem Bestände sich einstellen kann, während dieselbe Parzelle bei lockerem Saatstande unversehi^t bleibt, ist durch AVollxv's Versuche sehr nahe gelegt. Denn derselbe fand, dafs bei Drillsaat dem Boden zwischen den Reihen geringere Mengen von Wasser entzogen werden als dem in der Reihe selbst, und dafs der Boden um so gröfsere Mengen von Wasser enthält, sowohl zwischen als in den Reihen, .je weiter die Pflanzen voneinander entfernt sind M. Es wird also auch eine richtige Bemessung des Aussaatquantums auf wasser- armen Böden ein Mittel zur Verhütung von Beschädigungen durch Trockenheit sein. Nur in ganz bestimmten Fällen kann sich der bestandene Boden nützlicher erweisen als der nackte. Bei dem lockeren Anbau schnell- lebiger Pflanzen als Überfrucht kami auf Sandböden Wasser für ') Österr. lanchv. Wochenl)!. 1^80. S. 283. |g(3 I. Krankheiten durch inigüiistige Bodenverhältnisse. spätere Samen ziu-ückgehalten Averden. Wenn nämlicli die Aussaat der schnell lebigen Gewächse im Herbst oder ersten Frühjahr erfolgt, dann fällt die Zeit des gröfsten "Wasserbedarfes dieser Pflanzen in die Herbst- oder Frühjahrsfeuchtigkeit , und wenn die trockne Jahreszeit eintritt, neigen dieselben zum Fruchtansatz und beanspruchen relativ wenig Wasser. Nunmehr erhalten sie den oberflächlichsten Bodenlagen durch ihre Beschattung und Taubildung eine ziemlich gleichmäfsige Feuchtigkeit, in welcher spät gesäte Samen und zarte Pflänzchen sich entwickeln können, während diese auf nacktem Boden vertrocknen würden. Wald streu. Freilich darf nicht vergessen werden, dafs jede Decke die Durch- lüftungsfähigkeit des Bodens hemmt, und dafs also dort, wo es zur Erhaltung der Fruchtbarkeit darauf ankäme, die Kohlensäure im Boden zur Zersetzung und Löslichmachung der Gesteinsfragmente benutzen zu müssen, man in der Auswahl der Bodenbedeckung vorsichtig sein mufs. Wie sehr die Bodendecke die Luftzirkulation stört, geht aus Ammon's ^) Versuchen hervor. Bei 40 mm Wasserdruck gingen durch eine Erdschicht von 1 9, <> qcm Querschnitt und n,,50 m Höhe innerhalb einer Stunde folgende Luftmengen hindurch : Bei Grasdecke Bei Strohdecke Unbedeckt 1,60 (),::50 7,32 Liter Lii besser durchlüfteten Boden wird auch mehr Kohlensäure erzeugt, und diese wird trotz der gröfseren Abgabe an die Luft auch in er- höhtem Mafse im Boden zur Geltung kommen. Die Wirkung der Brache besteht gerade in der zum grofsen Teil durch Mikroorganismen ein- geleiteten gröfseren Kohlensäureerzeugung und stärkeren Zersetzung der Gesteinstrümmer. Ein anderer Nachteil der Bodenbedeckung ist die geringere Ver- wendbarkeit der meteorischen Niederschläge für den bedeckten Boden. Je nach der Art der Decke wird dieser Nachteil verschieden grofs sein; er wird um so mehr wachsen, je mehr sich die Substanz der Decke wie ein Schwamm voUzusaugen imstande ist. Als Beispiel für diese Verschiedenartigkeit mögen die Angaben von Eieglek ") dienen , der Waldstreu und Torfmoos {SpJiagnmn) auf ihre Durchlässigkeit geprüft hat. Von den in feinem Strahl auf lufttrockne Spreu täglich auf- gebrachten 500 g Wasser wurden aufgesogen und sickerten durch Buchenstreu Tannenstreu Sphagnunirasen durchgesick. aufges. durchges. aufges. durchgesick. aufges. am I.Tage 400,3 09.7 441,3 .■>8,7 210,0 284,0g am 8. Tage 4S7,() 12,4 499,0 0,4 493,."i 0,5 g Die Bespritzung entsprach einem Regen von K) mm Höhe und demnach wurden in der Buchenstreu etwa 20 "/o. ni der Tannenstreu etwa 12"/o und im Moosrasen 57 *^/o des aufgefallenen Wassers zurück- gehalten. Die Streudecke war überall 8 cm hoch. Aus den übrigen Tabellen ergibt sich , dafs in den nächsten drei bis vier Tagen noch gTöisere Mengen täglich von der Streu aufgesogen wurden, die erst allmählich bis zum neunten Tage so weit mit Feuchtigkeit gesättigt ') Biedermann's Centralbl. 1880, S. 40.5. 2) Forsch, auf d. Geb. d. Agrikulturphysik, 1880, S. 80- 2. T'npassende Bodenstruktur.* 187 war, (lals fast alles nunmclir anffalleiide Wasser abflols. Ein nach heifser, anhaltencl trockner Witterung sich einstellender Regen von 10 mm Höhe käme dem Boden unter Bnchenstreu nur in Höhe von 8 mm, bei der Tannenstreu von 8.8 mm und unter der Moosstreu nur in Höhe von 4,8 mm zur Verfügung. Übrigens ändern sich die Ver- hältnisse je nach der Kraft, mit der das Wasser auf die Streu auf- schlägt. Wenn das Wasser fein verstäubt auf das Moospolster gegeben Avurde . sog letzteres 70 "/o der gegebenen Feuchtigkeit auf, während dieselbe Wassermenge, in Form eines feinen Strahls zugeführt, zum grr>lsten Teil durchflofs und nur zu 14*^'o zurückgehalten wurde. Die Wälder. Als Mittel zur Schonung der Bodenfeuchtigkeit im Ackerlande mufs auch die Nähe von gröfseren Baumkomplexen, namentlich Wäldern, angesehen w^erden. Nach den von M.\tthieu ') neun bis elf Jahre lang durchgeführten Beobachtungen ist die Luft im Walde in 1,5 m Höhe durchschnittlich kälter als über dem freien Felde, und zwar ist die Differenz im Sommer am stärksten. Einen ebenso deprimierenden Einflufs, wie der Wald auf die mittlere Lufttemperatur ausübt, besitzt er auch für die Temperaturextreme, die im Walde geringer sind. Wenn auch die Temperaturdifferenzen vielleicht nur 0,5 '^ C. betragen, so werden sie immerhin sich geltend machen, wenn eine Regenwolke über die (jegend hinzieht: es mufs über dem Walde der Sättigungspunkt der Ijuft eher erreicht werden und somit der Regen früher anfangen, also reichlicher sein, als auf dem unbestandenen Lande. Tatsächlich er- gaben die Messungen Matthieu's und Fautrat's^) eine gröfsere Regen- menge über dem Walde. Hygrometrische Bestimmungen stellten fest, dai's die Wasserdampfgewichte in 1 cbm Luft durchschnittlich oberhalb eines Fichtenwaldes 8,60 g betrugen, während sie über einem Laub- walde 8,40 g. über unbedecktem Boden in derselben Höhe (104 bis 122 m hoch) bei 100 m horizontaler Entfernuni;- vom Nadelwalde 7,39 g, in demselben Horizontalabstande vom Laubwalde 8,04 g betrugen. So wie in vertikaler Richtung die Waldnähe die Luft feuchter erhält, so dürfte auch in horizontaler Entfernung ein derartiger Einflufs existieren. Die Brache. Weniger zur Erhaltung oder Erhöhung des Wasservorrates im Boden, als vielmehr zur Ansammlung des übrigen Nährstoffmaterials ist die „Brache" in Betracht zu ziehen. Nach Wollny"s^) Angaben lassen sich die Eigentümlichkeiten der Brache dahin zusammenfassen, dafs der brachliegende Boden im Sommer wärmer, im Winter kälter, die Temperaturschwankungen überhaupt im Brachlande gröfser als in dem mit Pflanzen bestandenen Boden sind. Während der Vegetations- zeit ist der mit einer Pflanzendecke überzogene Boden stets von ge- ringerem Wassergehalt als im nackten Zustande. Dieser gröfsere Feuchtigkeitsgehalt erhält sich im kahlen Boden auch bei öfterer Be- M Matthii-.i-, Meteorologie comparee agricole et forestiere. Paris 1878; cit. in Forschungen auf d. Geb. d. Agrikulturphysik, 1879. S. 422 — 429. ■-) FviTRAT, Über den Einflufs der Wälder auf den sie berührenden Regenfall und die Anziehung der Wasserdämpfe durch die Fichten. Aus Compt. rend. 1879, Bd. 89, Nr. 24: cit. Biedermann's Centralbl. f. Agrikulturchemie, 1880, S. 241. ^) WoT.i.Nv. Die Wirkung der Brache. Allgem. Hopfenzeitung 1879. Nr. 55/56. 188 ^- Kranklieiten durch ungüustig-e Bodenverhältnisse. arbeituiig noch. Letzterer profitiert auch von den atuiospliäriselien Mecler.schläo'en mehr, indem während der Vegetatioiiszeit durch den brachliegenden Boden bedeutend gröfsere Wassermengen absickern als aus dem mit einer vegetierenden Pflanzendecke versehenen Felde. Der für das Nährstoffkapital des Bodens am meisten in Betracht kommende Punkt ist aber der Kohlensäuregehalt des Brachlandes, dessen Luft nach Wollxy's Untersuchungen ungefähr viermal soviel Kohlensäure , als die des Graslandes enthält. Also das Lösungsmittel für die mineralischen Bodenbestandteile ist um so vieles reichlicher vorhanden, A\'oraus sich teilweise schon die gröfsere Ansammlung von PflanzennährstofiPen im Brachboden erklärt: teilweise hängt die gröfsere Bereicherung auch von der schnelleren Zersetzung der organischen Substanzen durch die stärkeren Temperaturschwankungen, die gröfsere Feuchtigkeit und die regere Tätigkeit der Mikroorganismen ab. Es ist jedoch schliefslich darauf hinzuweisen, dais Böden mit geringer wasserfassender Kraft und in grofser Mächtigkeit (Sandböden) bei ihrer gi'ofsen Durchlässigkeit einen bedeutenden Teil der Pflanzen- nährstoffe in den Untergrand nutzlos abwaschen lassen können. Solche Böden müssen also gerade umgekehrt unter Pflanzendecke gehakten werden. Welches von diesen Mitteln gegen den Wassermangel zur An- wendung gelangen kann, müssen die lokalen Verhältnisse lehren. Jeden- falls ist ersichtlich, dafs wir der Trockenheit nicht machtlos gegenüber stehen, b) Lehmboden, Allgemeine Cha.^akteristik. Für die Betrachtungen der schädlichen physikalischen Einflüsse auf die Pflanzenwelt haben wir nicht nötig, Lehm- und Tonböden von- einander zu unterscheiden. Wir haben es stets mit Mischinigen von Ton und Sand zu tun, und nur das Mischungsverhältnis dieser beiden Bestandteile ist verschieden. Vom sandigen oder „milden" Lelun an schwächt sich der Sandgehalt immer mehr ab bis zum „strengen" Lehm und zu den im feuchten Zustande plastischen Tonböden, bei denen die feinen abschlämmbaren Teile überwiegen. Bei unseren Kulturländereien werden die Beimengungen von Kalk und Humus nocli modifizierend ins Gewicht fallen. Kalk wird die schweren Böden durch Erhöhung der Krümelbildung lockerer machen. Die Fruchtbarkeit ist von der Krümelung direkt abhängig, und plastische Tone sind unfruchtbar. Die nicht gekrümelten Tonböden sind für Wasser undurchlässig und geben daher in ebenen Lagen leicht Gelegenheit zur Versumpfung, Je geringer die Korngröfse des Bodens, desto gröiser wird die Aufnahmefähigkeit für Wasser, so dafs bei schnellfolgenden starken Differenzen der AVasserzufidn" ganz bedeutende Volumen Veränderungen vorkommen. Darauf beruht das starke Auf- reifsen der Tonböden bei dem Austrocknen, liösliche Salze werden nur schwer ausgewaschen werden können. Das Austrocknen ist um so gefährlicher, je mehr eine Bodenart sich dem reinen Tonboden nähert, der, einmal trocken geworden, nur sehr langsam wieder Wasser aufnimmt , da sich dasselbe nur schwer zwischen die dicht gelagerten Bodenpartikelchen eindrängen kann. Diese Eigenschaften schwächen sich in dem Mafse ab . als die Sand- beimengungen sich steigern. Bei den strengen Böden wird die Aus- 2. Ulipassende Bodenstruktur. XgQ trocknnng im Sommer liisweileii g;efährlicher als bei den Sandböden, namentlich wenn eine starke Bamnvegetation in (iregenden sich ent- wickelt hat, die überhaupt arm an Niederschlägen sind. Die Sommer- regen genügen dann nicht, den Wasserverlust zu decken. Diese Böden sind somit auf die Winterfeuchtigkeit angewiesen und können in Jahren , in denen dieselbe gering gewesen und auch die Schneedecke gefehlt hat, bei trockenen Frählingen den Pflanzenwuchs mehr schädigen als die Sandböden. Daraus erklärt sich, dafs nach heifsen , trockenen Sommern und niederschlagsannen Wintern bei alten Bäumen Gipfel- dürre, d. h. Zweigtrocknis , aus Wassemiangel sich einstellen kann, selbst wenn das Frühjahr regenreich ist. Sandböden können bei mäfsigen Frühjahrsregen sich schneller sättigen und ihr Wasser den Wurzeln zur Verfügimg stellen. Die schweren Böden werden „kalt" genannt. Dies erklärt sich aus dem hohen Wassergehalt, der mit der Feinkörnigkeit der Struktur wächst. In manchen Gegenden sterben ausländische Coniferen (Ahies Finsapo, Biota orientalis cmrea, Taxus hibcrnico, Picea orientalis) schnell ab. Man schreibt dies dem Winterfrost zu, findet aber bei ein- gehenderer Beobachtung, dafs nur bei grofser Nässe des Bodens die niederen Temperaturen gefährlich werden ^). Die meisten Störungen werden aber , wie wir im folgenden sehen können, durch die geringe Durchlüftbarkeit verursacht, die bei der Zer- setzung organischer Massen zu Fäulniserscheiimngen führt. Daher kommen bei Beurteilung der Lehmböden auf ihre Fruchtbarkeit nicht nur der (4rad der Krümelung, sondern auch die Tiefe, bis zu welcher sich dieselbe erstreckt . ausschlaggebend ziu' Geltung. Da die festen Lehmschichten des Untergrundes sehr schwer durchlüftbar sind , so erfolgt die Ausbreitung des Wurzelapparates vorwiegend nur in den gekrümelten Schichten. Auf die Erhaltung der Krümelung ist daher besonderer Wert zu legen, und dies ist namentlich auch bei Wäldern zu berücksichtigen, die einem fortwährenden Streurechen unter- worfen sind. Nach Bamanns^) Untersuchungen ist dann die durch Streuentnahme hervorgerufene Bodenverdichtung so stark, dafs ein be- denklicher Rückgang des Waldbestandes unausbleiblich ist. Die A'orgänge der Bodenverdichtmig und die Notwendigkeit der Bodenlockerung sind auch bei unseren Tropenkulturen sehi- in Betracht zu ziehen, wie Vosseler^) zeigt.. Er bespricht die von Koerts als „Älterer Rotlehm" bezeichneten Böden und speziell die Urwaldböden Ostusambaras folgendermafsen : „Der rote Boden besteht der Haupt- sache nach aus feinem Lehm bezw. Ton. der wohl durchlässig, aber zu fein porös zur Aufnahme feiner Humuspartikelchen ist , der zudem chemisch gelöste Stoft'e vielleicht nui' an der Oberfläche zu binden ver- mag und ihr Eindringen in die Tiefe verhindert. Da er selbst schon das Endprodukt einer Zersetzung ist, fehlt ihm der Vorteil während eines solchen Prozesses etwa auftretender Auflockerungs Vorgänge." Auch hier ergibt sich also als erste Vorbedingung erfolgTcicher Kultur die Boden - lockerung. M CoiuiKs, AV., Beitrag; zum Verhalten der Coniferen gegen Witterungsein flüsse. Hamburg 1897. 2) Kaman.n, E., Untersuchung streuberechter Böden. Sond. Z. f. Forst- u. Jagd- wesen, XXX. Jahrg.: cit. Bot. .Jahresb. 1900, II, S. 415. ^) VossF.i.F.R, Über einige Eigentümlichkeiten der Urwaldböden Ostusambaras. Mitteil. a. d. Biol. Landwirtsch. In.stitut Amani. 1904, Xr. 33. 190 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Je toniger ein Boden ist . desto langsamer werden sich infolge seiner niederen Temperatur die Pfianzenreste zersetzen. Während in hinreichend gekrümelten Bodenarten normale Verwesung stattfindet, sammeln sich auf dichten Tonböden Massen von Rohhumus, also Piianzenresten , an . die . wenig zersetzbar , auf dem Boden aufgelagert bleiben, weil die Bedingungen für die Verwesung ungünstig sind. Wenn sehr feinkörnige Bodenarten mit grofser Was serka pazität , also der Fähigkeit, grofse Mengen von Wasser zurückzuhalten, ohne es tropfenweis wieder abzugeben, so viel Wasser bekommen, dafs das sich zwischendrängende Wasser den Zusammenhalt der Substanz - partikelchen untereinander überwindet und dieselben auseinandertreibt, dann erweicht der Boden. Den strengen Ton- und Lettenböden ist dieser Zustand besonders eigentümlich: seltener kommt ein derartiges „Zergehen" bei L ehmboden vor. Solches Erweichen des Bodens ist in doppelter Beziehung gefährlich, wenn es im Herbst oder Frühjahr sich einstellt. Einerseits fliefst der Boden gleichsam ab und die Saaten sind bald dem Ver- trocknen oder, bei Wintersaaten, auch dem Ausfrieren mehr ausgesetzt. Anderseits verlangsamt dieser Zustand die Bearbeitung und Be- stellung der Felder und wird Ursache geringer Ernten. Es ist nämlich wohl zu berücksichtigen , dafs bei unseren sämtlichen Kultur- gewächsen die usuelle Bestellzeit durch die Beobachtung des Verhaltens der Pflanzen in unserm Klima sich herausgebildet hat. Man kann jeder- zeit die Erfahrung machen, dafs eine Verlegung d e r K u 1 1 u r z e i t e n Änderungen im Charakter der Pflanzen hervorruft (Überführung von Winter- in Sommergetreide). Solche Verlegung der Saatzeit wirkt oft schädlich. Erinnert sei hier beispielsweise an die Erbsen. Dasselbe Saatgut . das bei Aussaat im zeitigen Frühjahr eine schöne Ernte von gesunden Pflanzen liefert, bringt bei Aussaat im Sommer sehr häufig kurze, durch den Meltau arg geschädigte Pflanzen mit kleinen Hülsen hervor. Kohlrabi, zu spät im Frühjahr gepflanzt, werden leicht holzig usw. Ahnliche Erscheinungen sind bei feinsandigen Heideböden (Flott- lehm) zu beobachten. GtRAEBNER^) charakterisiert diese Bodenform als eine aus fast mehlfeinen Sandkörnern mit nur geringen Tonbeimengungen bestehende. Die ganze Masse sieht im feuchten Zustande lehmartig aus : im trockenen Zustande aber unterscheidet sie sich vom richtigen Lehm durch ihre Porosität. Dabei kann infolge der äufserst feinen Kornstruktur Flottlehm so hart wie Stein werden. Bei Kulturen , die dauernd unter dem Pfluge stehen und durch tierischen Dung locker erhalten werden, ist solcher Boden oft vorteilhaft, aber bei den Forst- kulturen äufserst schädlich. Denn nach der üblichen einmaligen Locke- rung setzt sich durch den Regen der feine Sand alsbald wieder fest zusammen und läfst den Luftsauerstotf zu wenig zu den Baumwurzeln gelangen. Das Verschlammen des Bodens. Bei heftigen Regengüssen und Überschwemmungen werden Boden- arten mit grofsem Grehalt an sehr fein zerkleinerten Teilchen zusammen- geschwemmt und bei dem Abdunsten des Wassers in Form einer dichten abschliefsenden Kruste zurückgelassen. Mit der Feinheit seiner Zer- kleinerung wächst die wasserfassende Kraft eines Bodenbestandteils ») Gräbn-ku, Handbuch der Heidekultiu-, 1904, S. 200. 2. rupassende Bodenstruktur. 191 ungemein, wie bereits erwähnt worden ist. Die Oberfläche wird thir^h die zunehmende Zerkleinerung immer mehr vergröfsert. und die wasser- haltende Kraft beruht auf Oberflächenanziehung. Durch Zerkleinerung einer aus groben Quarzstücken von 1 bis 27 mm (xröfse bestehenden Bodenmasse, die eine absolute Wasserkapazität von 7"o besafs. liei's sich die kapillare Aufsaugungskraft für Wasser derart vermehren, dals ein aus dem Quarz hergestellter feiner Sand mit einer Korngröfse von 0,3 mm mehr als sechsmal so viel Wasser zurückhielt. Man sieht, dafs unter Umständen die Art (U^s Minerals ganz gleichgültig sein kann und nur die mechanische Beschafl'enheit ins Gewicht fällt , dafs also auch einmal Quarzstaub die Rolle des Tones übernehmen kann. Natürlich besitzt der staul)feine Sand immerhin keine Kohärenz, kann also nie- mals für sich allein die Rolle eines Bindemittels übernehmen, wie solche der Ton hat. Hauptsächlich sind es aber die Tonböden, welche an Verschlammen leiden und durch Bildung luftabschliefsender Schichten Samen und Pflanzen\\-urzeln zur Fäulnis bringen. Bisweilen bilden sich die Pflanzenwurzeln Hilfsorgane, um in Sumpfböden die nötige Durch- lüftung zu finden. Erinnert sei in dieser Beziehung an die der Boden - Oberfläche zustrebenden, knieförmigen Auswüchse der Wurzeln von Taxodiuin äistichuin und von Pinus serotina, die auf trockenen Böden nicht gebildet werden und von Wilson^) direkt als Atmungsorgane an- gesprochen werden. Ein Beispiel für die Schädigung der Vegetation durch direkte Schlammablagerung liefert Robinet") aus Toulouse, wo die Baum- schulen nur zwei Tage hindurch unter Wasser gestanden hatten. Die- jenigen Pflanzen , an deren Basis sich nicht viel Schlamm abgelagert, blieben gesund : dagegen litten solche Individuen beträchtlich, bei denen die Stamrabasis etwa 10 bis 12 cm hoch mit Schlamm umgeben war. Mandeln, Akazien, Kirschen (auch die Weichselkirschen), Ebereschen, Liffustriini^ Mdhonia, Evonymus und die meisten Coniferen gingen gänz- lich zugrunde. Von Craiaec/us , Pints comiitunis (wobei die auf Quitte veredelten weniger litten) . Pirn^ Malus , Casfanca , Mespilns , CataJpa u. a.. welche 8 bis Kl Tage unter Wasser gestanden hatten, schwärzten sic-h nur diejenigen Exemplare an der Basis und starben ab, bei denen der Schlamm nicht entfernt worden war. Phitanus. ÄhiKS, ühmis hatten nicht gelitten, und Pojmlus sowüe Scdix (Trauerweiden) entwickelten sogar aus der Stammbasis reichliche Wurzeln in den Schlamm hinein. Von Sophora, Frarinus, Carpinus, Fagus und BeiuJa starben nicht alle Exemplare, so wenig wie von Rohiin'a-. die tJberlebenden erhielten aber gelbes Laub. Linden und Kastanien verloren sogar gänzlich ihre Blätter. Immergrüne Pflanzen, auch ein Teil der Coniferen. verloren ihre Blätter, soweit sie vom Wasser bedeckt gewesen waren. Doppelt ins Gewicht fallend ist diese Änderung der physikalischen Bodenbeschaflenheit in Gegenden, die öfteren Überschwemmungen aus- gesetzt sind, und unter diesen leiden solche, die von Seewasser über- schwemmt werden, am meisten. Abgesehen von dem Schaden, den die Vegetation dm'ch den hohen Seesalzgehalt der Ackerkrume erleidet, zeigt sich nach A. Maykk^) als Folgeerscheinung des erst im zweiten ') Wit.tiMN. W. P.. The production of aeratiug orgaus ou the roots of swamp and other plauts: cit. Bot. .Tahresber. 1889, I, S. 682. -) Revue horticole; cit. Wiener Obst- u. G-artenzeituug 1876, S. 37. ') A. M.vvF.i;, Über die Einwirkung von Salzlösungen auf die Absetzungs- verhältnisse toniger Erden. (Forsch, auf dem Gebiete d. Agrik. -Physik. 1879. S. 251.) 192 I- Kraiikheiteu durch ungünstige Bodenverhältnisse. Jahre Liswoilen bemerkbaren Diehtsclilemmens die Bildung einer sehwarzen, stark mit Schwefeleisen imprägnierten Scliiclit, die als AA-eiterer Schädiger der Vegetation anzusehen ist. Auch V. GoHREN ^) hebt die Bildung derartiger eisenschüssiger, in "Westfriesland „Knick" genannter Schichten in humusreichen, lehmigen und tonigen Schlickablagerungen der Meeres- und Flufs- marschen hervor und erklärt deren Entstehung damit, dafs das Eisen- oxyd des Lehmes bei Abschluis der Luft durch die organische Sub- stanz zu Eisenoxydul reduziert wird , das sich mit der Quellsäure zu quell saurem Eisenoxydul verbindet. Das sich nach allen Richtungen hin verbreitende quellsaure Eisenoxydul oxydiert sich allmählich wieder, verkittet als Eisenoxydhydrat alle Bodenteile fest und wirkt mit bei der Bildung des verrufenen Ortsteins. Wir kommen auf die Ort- steinlnldung bei Besprechung der Eigenheiten des Moorbodens zurück und wenden uns jetzt zunächst zu den Verschlämmungserscheinungen unter dem Einilufs von Salzlösungen , wie sie bei Anwendung von Düngesalzen sich einstellen. Nach den MAYER'schen Ver,suchen zeigt sich, dafs in Wasser suspendierte Tonteilchen sich in verschiedener Weise niederschlagen, je nachdem sie in reinem Wasser oder solchem, welches Kochsalz und andere Beimengungen enthält , sich schwebend befinden, Li reinem AVasser fallen die Teilchen nach ihrer Gröfse (genauer nach dem Ver- hältnis ihrer Oberflächen zu ihren Massen) nieder. Die feinsten Teilchen bleiben ungemein lange im Wasser schwebend, da sie mit einer beinahe der chemischen Auflösung zu vergleichenden Anziehungskraft von dem Wasser festgehalten werden. Dieser Anziehungskraft gegenüber ist die Schwerkraft dieser Teilchen belanglos. Setzt sich der Ton aus einer Salzlösung nieder, so kann man, wenn man solchen Ton versuchsweise in einem Glaszylinder aufgeschlämmt hat, beobachten, dafs sich von oben herab eine aus dichteren , feineren Tonteilchen gebildete Grenzschicht in dem Zylinder kenntlich macht, oberhalb welcher eine verhältnismäfsig sehr klare Flüssigkeit steht. Durch die Anwesenheit des Kochsalzes werden die feinen Tonteilchen mehr als Ganzes niedergeschlagen (koagTiliert nach Schlösing). Es entsteht „Flockung". Die etwas gröberen Teile unter ihnen scheinen im Sinken verzögert zu werden; die feineren werden etwas beschleunigt. Man hat angenommen , dafs durch die Anwesenheit des Salzes wahrscheinlich die i^nziehung zwischen Ton und Wasser vermindert wird , da dieses den Ton vollständiger sinken läfst. Dagegen mufs die Anziehung von Ton zu Ton vermehrt, derselbe also verdichtet werden. Durhäm^) erklärt den Vorgang auch derart , dafs die Anziehungskraft des Wassers , die sonst gänzlich zur Suspension des Tones in Anspruch genommen ist, durch das Salz der Lösung bis auf den letzten Rest gesättigt wird. Nach Durham ver- halten sich Schwefelsäure, nach Mayer die Mineralsäuren überhaupt, wie Kochsalzlösung; ebenso ist es mit deren Salzen selbst bei einem TTberschufs von fixem Alkali oder Ammoniak. Nach den jetzt herrschenden Anschauungen wirken alle Elektro - lyte, also alle Körper, welche in wässeriger Lösung zum Teil in .,Ionen" gespalten werden, flockend. Nichtelektrolyte sind wirkungs- ') vuN Gohuen: Boden und Atmosphäre. Leipzig 1877, S. 56. 2) Biedermannes Centralbl. 1883, Nov., S. 78h. ") rheni. News.; cit. „Naturforscher" 1878, S. 112. 2. rnpassemle Bodenstruktur, 193 los. Der elektrische Strom fällt die Flocken ebenfalls aus : es ist daher anzunehmen, dafs die im Wasser verteilten Partikel elektrisch ge- laden sind und mau iu der Imdung die Ursache der Schwingungen zu suchen hat^). Das wesentlichste ^Moment, das für alle tonigeu Kulturböden be- achtenswert ist. liegt in dem Nachweis, dais die salpetersauren Salze sich betrelfs der Aufschlämmbarkeit des Tones den salzsauren nähern und wegen ihrer leichten Auswaschbarkeit den Boden rasch zum iJichterwerden bringen. Dadurch erklärt sich das mechanische Verderben toin-eicher Bodenarten durch wiederholte einseitige Salpeterdüngung, Nachdem anfangs sich schöne Ernten ergeben, erfolgt später ein ßückgang. Dieselbe Schattenseite hat selbstver- ständlich die für einzelne Pflanzen zur Verwendung gebrachte Koch- salzdüngung. Auf wesentliche Nachteile überreicher Gaben von Dungsalzen macht Behrens ") aufmerksam. Es kommt nämlich deren osmotische Wirkung in Betracht. Durch diese osmotische AVirkimg löslicher Salze im Boden wird die Deckung des Wasserbedarfs der Pflanze erschwert, und die Pflanze antwortet darauf durch eine zweckentsprechende Modifikation ihrer Organe. Dem pln^siologischen Wassermangel entsprechend, drückt die Pflanze ihre Verdunstung herab dmxh den Bau fleischigerer Blätter mit kleineren Intercellularräumen, wie bei den Pflanzen der Salzquellen und des Meeresstrandes. Von unseren Kulturpflanzen leidet am meisten der Tabak, der sich dann gerade so verhält wie in heifsen, trockenen Sonunern. Er bildet fleischigere Blätter, deren Bremibarkeit herabgesetzt wird. In Bestätig-ung dieser in Europa gemachten Beobachtungen erwähnt Hunger^) von den Kulturen des Deli-Tabaks auf Sumatra, dafs das am meisten geschätzte und dm'ch Auslese immer hocligTadiger ge- züchtete, gTofse dünne, ölarme Blatt nur bei Wasserreichtum wie bei anhaltendem Regenwetter sich entwickelt, während bei trockner Witterung sich kleine dicke, mit viel Drüsenhaaren versehene, minder- Avertige Blätter ausbilden. Die Verbesserung der sich verdichtenden Böden. Die Verbesserung der leicht schliefsenden Tonböden wird in der Erliöhung ihrer Bearbeitungsfähigkeit bestehen müssen. Die schweren Böden sind ungefüge, d. h. sie setzen den Ackerwerkzeugen durch ihr Anhaften im feuchten Zustande, durch ihre Härte im trockenen Zustande grofse Schwierigkeiten entgegen. Es entstehen grofse Schollen, die, wenn der Ton- oder Lettenboden sehr arm an Humus ist, auch nicht leicht zerfallen. Bekanntlich ist die vorteilhafteste Bearbeitung für die Frühjahrsbestellung das Umbrechen im Herbst und Liegenlassen in rauher Fm'clie : die während des Winters erfolgende Lockerung durch das Gefrieren des Wassers in den Bodenzwischenräumen macht aus den zähen Schollen eine mürbe, krümelige Masse. ') Eamann, E., Bodenkunde IT. Aufl., Berlin, .J. Springer, 1905, S. 225. 'I J. Behkkns, Über Düngungsversuche. Jahresb. d. Vertreter d. angewandten Botanik, Tl. Jahrg. Berlin, Gebr. Bornträger. 1905, S. 28. . 3) HuxGEK, F. W. T. , Untersuchungen und Betrachtungen über die Mosaik- krankheit der Tabakpflanze. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., 1905, Heft V. Soi-aviex', HaniUjuch. 3. AuH. Krster Baml. 13 194 J- Krankheiten durch ungimstige Bodenverhältnisse. Diese Vorteile aber sind nur für die Fri^ilijahrsbestelliuig vorhanden und verschwinden nach starken Regengüssen im Laufe des Sonuners. Man mufs also gegen die Zähigkeit durch Zufuhr von Humus oder Moorerde sorgen. Das Düngen mit langem, strohigem Mist ist hier aufserordontlich angebracht. Ganz besonders wirksam aber zeigt sich das Kalken und Mergeln des Bodens, Durch die Zufuhr von Kalk, der im Boden als doppelt kohlensaurer z. T. in Lösung ist , wird das Verschlammen verhindert, wie die praktische Erfahrung lehrt. Es mufs von allen Salzen, auch von den am besten wirksamen Kalk- und Magnesiasalzen eine bestimmte Menge in der Flüssigkeit enthalten sein (der Schwellenwert der Wirkungen mufs überschritten werden), wenn ein Absetzen der Tonteile eintreten soll. Auch in den Flüssen macht sich die flockende Wirkung gelöster Salze geltend, in- dem sich z. B. Sinkstoffe in Flüssen aus Kalkgebieten schneller ab- setzen als aus kalkarmen Gegenden ^). Für die Landwirtschaft direkt wird die Krümelung dadurch wichtig , dafs auf ihr die Gare des Ackers beruht. Die Krümel des Bodens verhalten sich ähnlich wie die Tonflocken. Die Wirkung des Kalkes zeigte Hilgakd dadurch, dafs er festen Tonboden mit 1 ^/o Atzkalk knetete. Während der ursprüng- liche Tonboden nach dem Trocknen steinhart wurde , erwies sich der mit Kalk versetzte bröckelig und mürbe. Da neben der andauernden mechanischen Bodenbearbeitung die Salze die Lockerheit des Acker- bodens bedingen, so wird dies auch bei Waldboden in gleichem Mafse der Fall sein. Wenn die die Krümelstruktur bedingenden löslichen Salze vermindert werden, wie durch übermäfsige Streunutzung, Bedeckung mit Rohhumus , Auswaschen aus den oberen Schichten u. dgl., mufs eine Bodenverdichtung eintreten. Bei der Rübenkultur ist vielfach die Zufuhr von Scheide schlämm aus den Zuckerfabriken in Gebrauch. Der mechanische Einflufs macht sich hier nicht selten dadurch geltend, dafs infolge gesteigerter Erhitz - barkeit und Wasserarmut diese Böden nachher Herz- und Trocken- fäule hervorrufen. Von grofsem Interesse erscheinen die in einer Arbeit von Hilgari» ^) niedergelegten Angaben über die „Alkalib öden" Kaliforniens. Die oft mitten zwischen vorzüglichem Kulturlande eingesprengten Alkali- stellen enthalten so viel Salze , dafs dieselben sich durch Efflorescenz auf der Oberfläche bemerkbar machen. Diejenigen , welche alkalische Karbonate (und teilweise auch Borate) enthalten, zeichnen sich durch die Schwierigkeit oder fast Unmöglichkeit aus, zur Herstellung einer eigentlichen Ackerkrume gebracht zu werden. Nach jedem Regen steht auf diesen, durch ihre niedrigere Lage kenntlichen Stellen von auf- gelöstem Humus gefärbtes, kaffeebraunes Tonwasser zuweilen wochen- lang. Dieselbe Bearbeitung, welche den danebenliegenden guten Boden zu einer aschenartig lockeren Beschaffenlieit bringt, macht das Alkali- land zu einem Haufwerk abgerundeter Schollen von der Gröfse einer Erbse bis zu einer Billardkugel. Die von dem Alkaliboden ausgelaugte, schwarzbraune Lösung gab nach dem Abdampfen. Glühen und Sättigen mit Kohlensäure 0.2.51 ^'u 1) Eaman.n a. a. 0. S. 226. ^) Hu.üAitii, Über die Flockung kleiner Teilchen und die physikalischen und technischen Beziehungen dieser Erscheinung. American Journal' of sciences and arts XVII March 1879. Forsch, auf d Gebiete d. Agrikulturphysik, 1879, S. 441. 2. Unpassende Bodenstruktur. 195 unverbrennlichen Rückstand; liiervoii waren 0,158 "/o wieder in Was.ser löslich, und dieser lösliche Teil bestand ans Natriumkarbonat .')2,74'*'o, Natriumchlorid 33.08 ^/o, Natriumsulpliat 13.2l)"'o. Natriumtriphosphat 1.83 »/ü. Die 0,093 "/o unlöslichen Rückstandes des geglühten Wasser- extraktes enthielten Calciumkarbonat 14,02 "o, Calciumtriphosphat 5,37^-0, Magnesiitmtriphosphat 5,77 "/o, Kieselerde in Na^CO^ löslich 24,37^*0. Eisenoxyd, Tonerde utid etwas Ton 50,47 "/o. In diesem Falle sowie auch bei vielen anderen alkalischen Boden- arten Kaliforniens l)ringt die Zutat einer hinlänglichen Menge Grips eine auffällige Wirkung hervor. Die kaustische Wirkung des Alkali- karbonates auf Samen und Pflanzen wird sofort aufgehoben, so dafs dort, wo vorher nur „Alkaligras" {Brizopijrum) und Chenopodiaceen wuchsen, bald Mais und Weizen ohne Schwierigkeit fortkommen. Zur mechanischen Änderung der Bodenkrume . zur gröfseren Lockerung derselben bedarf der Gips natürlich längerer Zeit. Die Überflutungen. Gegenüber der vielfach verbreiteten Ängstlichkeit bei Einbruch von Wassermassen in Kulturländereien dürfte hervorzuheben sein, dafs , abgesehen natürlich von Auswaschung von Nährstoffen und den mechanischen Schädigungen diu'ch den Wellendruck, die Vegetation nicht übermäfsig empfindlich gegen eine längere Bedeckung des Bodens mit Wasser ist. Namentlich die Holzpflanzen besitzen . wie Über- schwemmungen zeigen, eine grofse Widerstandsfähigkeit, die um so länger anhält, je länger die Wassermassen in Bewegung bleiben. Die Nachteile stellen sich erst hochgradig ein , wenn es sich um stagnierendes Wasser handelt, das lange Zeit über der Bodenoberfläche verbleibt. Für kürzere Zeit gehört die Überflutung in der Form der Überstauung zu den nützHchen Kulturmafsregeln. Allerdings wird sie immer gefährlicher als jene Bewässerungsmethoden sein, bei welchen der Boden der Luft stets zugänglich bleibt (Berieselung). Der iii dem Rieselwasser enthaltene Sauerstoff ruft Oxydationen in den Wiesen- böden hervor, da das unterirdisch abfliefsende Drainwasser eine ge- ringere Menge Sauerstoff und gleichzeitig eine gesteigerte Menge Kohlensäin-e und Schwefelsäiu'e im Vergleich zu dem aufrieselndeii Wasser aufweist^). Solange sich genügend Sauerstofl' vorfindet . voll- ziehen sich die langsamen Verbronnungserscheinungen der organischen Substanz, die wii- als Verwesung bezeichnen, hauptsächlich durch die Arbeit der Mikroorganismen zu Kohlensäiu'e , Wasser , Ammoniak und Salpetersäure. Tritt dagegen durch andauernde Überstauung Sauer- stoffmangel ein. so beginnt jener Zersetzungsvorgang teils rein chemi- scher Natiu\ teils unter Mitwirkung von Bakterien, den wir als Fäul- nis bezeichnen, und dessen Endprodukte in Verbindungen bestehen, die noch oxydierbar sind. Finden die Wasseransammlungen in Lagen statt, in denen gänz- lich undurchlässige Bodenschichten den vertikalen Wasserabflufs ver- hindern und auch der horizontale Abflufs erschwert ist . tritt Ver- sumpfung ein. 1) Woi.LXY, E., Die Zersetzung der organischen Stoffe und die Humusbildungen. Heidelberg 1897, Carl Winter, S. 351. 13* 196 T. Krankheiten durch ungüustige Bodenverhältnisse. 3lit der Bodeiiveniässnng beginnen diejenigen Symptome sich zu zeigen, die bei Wurzelf änlnis allmählich einzutreten pflegen. Bei Laubbäumen, namentlich den Obstbäumen und dem Weinstock, macht sich vorzeitige Gelb laubigkeit bemerkbar, die an den Zweigen von unten nach oben fortschreitet. Dieser fortschreitende Gang des Aus- lebens und Abfalls der Blätter von der Zweigbasis nach der Spitze hin spricht dafür, dal's die fortwachsenden Zweige zur Ausbildung ihrer jungen Blätter die älteren entleeren, wie dies auch beim allmählichen Vertrocknen der Fall ist. Dadurch unterscheidet sich diese Blattver- gilbung von der Bleich laubigkeit infolge von Frostwirkungen, bei denen der jugendliche Blattapparat gestört und in seiner normalen Chlorophyllarbeit behindert wird. Die Versumpfung. Am verhängnisvollsten wird das Stagnieren der Nässe im Forst- betriebe, wo die Frostempfindlichkeit der Bäume nach R. Hartig's ') Beobachtungen gesteigert wird und das Ausfrieren und Aufziehen in den Saatbeeten stattfindet. In den jimgen Kiefernbeständen Nord- deutschlands beobachtete Hartig") die Würz elf äule in verheerendem Grade. Sie beginnt zwischen dem zwanzigsten und dreifsigsten Jahre, indem nach kurzer Zeit kümmerlichen Wachstums die noch völlig grün benadelten Bäume umfallen , sobald Schneedruck oder Wind auf sie einwirken. Es erweist sich dann die Pfahlwurzel (s. Stelzenwuchs S. 92) bis an die Stammbasis hinauf nafsfaul , während die meisten flachstreichenden Wurzeln gesund erscheinen. In Fichtenbeständen ist solche Wurzelfäulnis w^ohl auch zu finden , macht sich aber weniger bemerkbar, weil das oberflächlich verlaufende Wurzelsystem den Baum unabhängiger von den wenigen in die Tiefe hinabsteigenden Wurzeln macht. Besonders in der Mark Brandenburg läfst sich beobachten, wie die Gesundheit der Kiefern dann aufhört, wenn die ihr am meisten zu- >;agenden Sandflächen von Bodenmulden unterbrochen werden, in denen Wasseransammlungen sich zu Moortümpeln ausbilden. Bis an den Rand der moorigen Stellen sind die Bäume geradschäftig und verhältnis- mäfsig langnadelig ; in dem Augenblick, wo das schwarze Moor be- ginnt, wird der Wuchs krüppelhaft, werden die Nadeln kurz, und der Baum zeigt ganz schmale, nicht selten auskeilende Jahresringe. Gerade in der von den Behörden wohl gewünschten, weil ren- tabelsten, Ausdehnung der Kiefern anpflanzung auf nasse Bodenlagen ist es nicht zu verwundem, dafs die Erscheinungen der Wurzelfäule bei diesem Nadelholz in so grofser Ausdehnung zu finden sind. Es empfiehlt sich durchaus, die Kiefernkultur auf die sandigen, freien Lagen zu beschränken und bei schweren, nassen Böden solche Holzarten zu wählen, welche erfahrungsgemäfs die Nässe am besten vertragen. An Orten, wo ein bestimmtes Wirtschaftssystem die Bestände nicht regelt, finden sich im Laufe der Jahre durch die gröfsere Widerstands- fähigkeit im Kampfe ums Dasein von selbst dieentsprechenden Holz- arten ein. Es ist ungefähr dasselbe wie das allmähliche Platzsreifen 1) Haktig, E. , Lehrbuch der Pflanzenkrankheiteu, III. Aufl., Berlin, Springer 1900, S. 263. 2) Die Wurzelfäule, Zersetzungserscheinungen des Holzes. Berlin, Jul. Springer,. 1878. S. 75. 2. Unpassende Bodenstruktur. 197 trostliarter Holzarten (Hainbuche. Birke, Zitterpajjpel) in Frost - 1 ö c h e r n. Am besten verträgt die Roterle die stagnierende Nässe; aui'serdeni sieht man Schwarz- und Silberpappel sowie die meisten Weiden und die Ruchbirke auf nassem Boden gedeihen. Manchmal findet man auch Eschen : dieselben haben aber dann ganz moosbesetzte Stämme und krebsartige Geschwürstellen. Um den Schäden der Versumpfung zu begegnen, wird man deren Ursache genau feststellen müssen. Bisweilen ist es nur Mangel an Luftzug, und dann kann eine teilweise Befreiung des Landes vom Baumwmchs durch Entfernung von Unterholz und unteren Ästen der Bäume, Durchforstung usw. schon helfen. Manchmal bei geringer Ver- sumpfung, und zwar besonders im Gebirge, dürfte durch Bepflanzung mit Nadelhölzern (Fichte) abgeholfen werden können :' es sind dies solche Fälle, in denen eine vermehrte verdunstende Oberfläche genügt, um Wasseransammlungen im Boden zu vermeiden. Durch Hef an- wachsen der Bäume und deren dichten Schluis wird" nicht nur die verdunstende Oberfläche immer gröfser, sondern es kann durch das dichte Laubdach auch immer weniger Wasser auf den Boden hinab. Das radikalste Mittel, die Entwässerung durch Drainage oder Gräben, ist gerade bei Forsten erst nach reiflicher Erwägung aller ört- lichen Verhältnisse in Anwendung zu bringen, da das Verfahren bis- weilen gröfsere Nachteile als Vorteile bringt. Dies ist vorzugsweise in Gebirgsforsten der Fall, wo leicht die Erniedrigung des Wasserstandes eines Bezirkes weitergreifende Folgen für die Umgebung hat , und Strecken, namentlich Hänge mit starkem Baumwuchs, die keinen Über- schufs an Wasser hatten, trockner gelegt werden. Die an das bisherige Mals von Feuchtigkeit gewohnten Bäume gehen zurück und dürften zum Teil absterben. In der Ebene sind derartige schroffe Schwankungen durch die Drainage weniger zu fürchten. Wir würden auf die Sumpfbildung hier nicht weiter einzugehen haben , wenn nicht , abgesehen von den Gasexhalationen , dadm'ch Schädigtmgen der Kulturflächen hervorgerufen würden . dais solche Sumpf- und Bruchwässer zeitweise zum Abflufs gelangen. Vorzugs- weise ist hier die Wiesenschädigimg im Auge zu behalten, da manch- mal schädliches Sumpf- und Bruchwasser zur Berieselting Verwendung findet. Der Versumpfung von Rieselwiesen durch Überfüllung mit Senkstotfen mag nur nebenbei gedacht werden. Betreffs der Gasexhalationen sind die Angaben von Bischof und Popoff anzuführen ^). Die entstehenden Gase sind oft reich an Kohlen- wasserstoffen, namentlich Methylwasserstoff (Sumpfgas CH^). PopOFF untersuchte das Gas, das sich in einem Kolben entwickelte, in welchem eine Schlammmasse mit Küchenabfällen u. dergl. sich befand. Die Schlammmasse blieb 8V'2 Woche bei anfangs 17, später 7 bis 10" C. im Kolben und ergab bei den aufeinanderfolgenden, meist nach Zwischen- räumen von zwei bis vier Tagen stattfindenden Untersuchungen Gas- gemische von folgender prozentischer -Zusammensetzung: 1. 11.75 CO- 2,48 CH* 4,71 0 81, (Mi N 2. 12,02 .. 5,(58 „ ~ 81,70 :>. :U,99 „ 29.(i:} „ 0,0 0 :?5.08 N ') Bi!' an genügende Wasserziituhr und zeigten doch das abweit-hendo Verhalten. Die Versuche von Thiel beschäftigen sich mit der verschieden späten Aussaat im Herbste. Die Erntezeit war für alle Pflanzen selbst von weit auseinanderliegender Saatzeit nahezu dieselbe ; aber der Er- trag war bei spät gesäten sehr gering, soweit sie überhaupt am Leben geblieben waren. Wohl mit Recht macht Thiel hier aufmerksam, dafs die spät gesäten Pflanzen bei der entsprechenden Frühjahrs Witterung gleichzeitig mit den früh gesäten schofsten, ohne dafs sie Zeit gehabt hatten, wie die aus früher Saat stammenden Pflanzen, genügendes Material für reichliche Entwicklung zu sammeln. Natürlich spielt hierbei die Beschaffenheit des Saatgutes auch eine wesentliche Rolle. Je älter das Saatgut ist. desto langsamer lassen sich die Reservestoffe mobi- lisieren. Bei der Reife und Nachreife gehen die Zucker- und Amyd- stickstoffmengen zurück^), und diese müssen bei der Keimung erst wieder in den Vordergrund treten. Von dem Alter der Samen und der ßeschaflenheit des Bodens hängt das mehr oder weniger günstige Auf- gehen ab. Bei dieser Gelegenheit wollen wir die Warnung einflechten, dafs man sich nicht auf die Ergebnisse anderweitiger Keimproben verlassen darf, sondern man mufs seine eignen Böden auf ihr Verhalten zu den verschiedenen Samen selbst direkt prüfen. Saatgut, das nach den üblichen Keimproben sich bewährt, kann, namentlich in schweren Böden, schlechte Resultate geben . und umgekehrt vermag ein leichter Boden einem im Keimbett mittelmäi'sig sich erweisenden Samen zu gutem Aufgehen oft zu verhelfen. Hiltner -) berichtet beispielsweise von frisch geerntetem Roggen . der durch einen Gewitterregen gelitten hatte : er hef auf verschiedenen Feldern gut auf, versagte auf schwerem Boden aber gänzlich. In einem anderen Falle verschimmelte Roggen, der bei der Keimprobe <.)7*^ o Pflänzchen entwickelte, auf einem Felde fast voll- ständig, während er auf dem danebenliegenden einen normalen Bestand ergab. jAussauern der Saaten. In dem Abschnitt über zu tiefe Lage der Saat (S. lo4) haben wir schon der Nachteile gedacht, welchen das Saatgut auf schweren oder verkrusteten Böden bei grofsem Wassergehalt manchmal ausgesetzt ist. Auch die aufgelaufene Saat hat mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die von der physikalischen Bodenbeschaflfenheit , namentlich von dem ITberflufs an Wasser bei schweren Böden . herrühren. Hierzu gehört das Aussauern der Saaten, das allerdings auch bei leichten Böden ein- treten kann, aber tatsächlich meist nur bei schweren, zähen Böden l)e- obachtet wird. Das Aussauern ist ein Abfaulen der Wurzeln durch längere Be- rührung mit stehendem Wasser in Gegenwart organischer Bestandteile. Die meisten Wurzeln vertragen einen dauernden Aufenthalt in fliefsen- deni oder solchem stehenden Wasser recht gut, das frei von ab- gestorbenen organischen Substanzen ist, was wir bei der Methode der Wasserkulturen sehen können. Es wird aber hier auch ängstlich ver- mieden . tote Pflanzenreste in den Kulturgefäfsen zu belassen : denn ') Jmhannsen, W., Studier over Planternes ])eriodiske Livs vtti-inger, T : cit. Bot. Jahresb. 1897, I, S. 143. 2) L. Hn.iNKi! in Prakt. Blätter f. Pflanzenbau u. Pflanzenscbutz, 1908. Heft I. 202 T- Krankheiten durch iin^ünstige Bodenverhältnisse. die sich zersetzende orgaiiiselie Substanz beansprucht allen Sauerstoff, der bei der geringen Zufuhr noch vorhanden ist: die Wm-zel der wachsenden Pflanze muls dann durch Sauerstoffmangel und Überschuls an Kohlensäure zugrunde gehen. Auch in gewönlichen Verhältnissen können Saaten oft eine wochenlange Berührung mit Wasser aushalten, wenn die Temperatur eine niedrige ist. So berichtet Feige ^), dais Weizen, welcher fünf Wochen unter 5*^C. kaltem Wasser gestanden, dennoch erhalten geblieben ist. Dagegen war ein Weizen , welcher acht Wochen unter Wasser war, dessen Temperatur bis auf 7 " C. stieg, spurlos verschwunden. Korn, welches vordem gesund war, vertrug vier bis fünf Wochen lang Wasser von 3^ C, w^ar jedoch schon etwas angegriffener als der obenerwähnte Weizen. Luzerne und Klee hielten ebenfalls im Wasser besser aus als Korn. Durch Aussauern leidet nach Kühn der Roggen besonders stark, während unter denselben Verhältnissen andere Gräser, wie die Trespe, sich sehr üppig entwickeln können. Dieser Umstand hat den hier und da noch immer auftretenden Irrglauben hervorgerufen , dais Roggen sich in Trespe verwandeln könne. Hierher gehört nach unserer Auf- fassung auch die „Arrahhiafkdo'' des Weizens in den Marennen und der römischen Campagna. Peglion^) erklärt die Erscheinung als ein allgemeines Zurückgehen der Pflanzen durch Überwucherung seitens der Unkräuter, die auf dem unzuträglichen Boden besser als der Weizen gedeihen. In Süditalien bezeichnet man die Erkrankung als „cahla fredäa^'' und „secca molla'' . Am allerschädlichsten wird das Aussauern bei der Winterölsaat, speziell bei dem Raps. Die Wurzeln desselben verfaulen bei an- dauernder Nässe von der Spitze aus , so dal's im Frähjahr nur noch der Wurzelhals und die Blattrosette übrigbleiben, die so lange gesund erscheinen, als die feuchte Frühjahrs Witterung das Austrocknen ver- langsamt. Gar bald indes werden die Pflanzen braun und lassen sich an einem Blatte aus dem Boden ziehen. Zm- Erklärung des Umstandes, clafs bei dauernder Bodennässe die Vegetationsdecke sich ändert, dafs also Erscheinungen eintreten, wie vorerwähnte Ausbreitung der Trespe bei Roggensaat, dient eine Unter- suchung von E. Freiberg und A. Mayer ^). Dieselbe ergab, dafs das SauerstoftToedürfnis bei den Wurzeln der Sumpfpflanzen ein viel ge- ringeres als bei denen unserer Kulturpflanzen ist. Damit zeigt sich, wie von vornherein zu vermuten, dafs die einzelnen Pflanzenspezies ganz verschiedene Ansprüche an den Sauerstoffgehalt der Bodenluft stellen und sich demnach mit ihrer Ansiedlung nach den gebotenen Verhält- nissen richten müssen. Aus den Versuchsergebnissen läfst sich aber noch eine Andeutung entnehmen, die im allgemeinen zur Beurteilung der Ansprüche dienen kann, welche die verschiedenen Pflanzen mit dem Luftbedürfnis ihres Wurzelkörpers an die Bodenart stellen. Es zeigt sich nämlich , dafs das Sauerstoff'bedürfnis der Pflanze für ihre Atmungsfähigkeit um so gröfser ist , je gröfser der Stickstoffgehalt der Pflanze. Die Sumpfpflanzen zeigen einen auffallend geringen Stickstoflgehalt und lockeren inneren Bau. der das Speichern gröfser M Aus Österr. landw. Wochenbl. cit. in Biedermann'« Centralbl. 1H77, S. 76. -) Pkgi.iu.v, V., Suir arrabbiaticcio e calda fredda. Annuar. d. E. Stazione di Fatol, veget. Roma. Vol. I. 1901.. S. 37. ^) E. FuEiBKKG und A. Maveh, über die Atmungsgröi'se bei Sumpf- und "Wasser- pflanzen. Landwirtsch. Versuchsstationen 1879, S. 463. 2. rnpassende Bodenstruktur. 203 Lnftqiiantitäteu im Innern des Leibes gestattet und anfeine Eiieiehternng der internen Atmung sclilielsen lälst. Die eigentlichen Wasserpflanzen atmen in geringerer Intensität wie die Landpflanzen, wie Böhm bei Versuchen in einer "Wasserstoffatmosphäre durch Messung der infolge innerer Verbrennung gebildeten Kohlensäure gefunden ^). Da man wohl annehmen kann . dafs die Atmungsgröfse der Pflanze von der Menge Eiweiis bestimmt wird, die zur Verbrennung im Körper ge- langt, so wird bei unseren stickstoÖ'reichen Kulturpflanzen das Sauer- stoff bedürfnis des Wurzelkörpers am gröfsten sein und diejenigen Bodenarten daher die geeignetsten, welche diesem Bedürfnis neben den anderen Anforderungen am vollkommensten genügen. Dies sind die nährstoffreichen lockeren oder gelockerten Acker. Denjenigen Ländereien also, welche durch Krustenbildung bei Regen oder Verschlammung bei Überschwemnnmgen immer wieder dem Sauerstoflmangel ausgesetzt sind, wird durch entsprechende Ände- rung ihrer physikalischen Eigenschaften aufgeholfen werden müssen. In denjenigen Fällen von Versauern dagegen, bei denen der Luft- abschlufs nicht durch die physikalische Beschaftenheit zm^ Notwendig- keit wird, sondern bei denen nur übermäfsige AVasserzufuhr die an sich gTofsen Bodenräume füllt, wird man an Entfernung des Wassers gehen müssen. Hier sind dann tiefe Drainage oder mindestens 120 cm tiefe Abzugsgräben, die den Grundwasserspiegel so weit senken, die empfehlenswertesten Vorbeugungsmaisregeln. Die Herstellung einer so tiefen durchlassenden Schicht wird darum notwendig, weil manche Hülsenfrüchte, wie Luzerne und Esparsette, mit ihren tiefgehenden, nur spärlich mit Fibrillen besetzten Wurzehi gern absterben, sobald sie auf Grundwass(M- kommen. Das Versauern der Topfgewächse. Das Versauern der Top f g e w ä c h s e zeigt sich vorzugsweise auch nur bei Anwendung lehmiger oder mooriger Erden. Wenn das Abzugs- loch des Blumentopfes verstopft ist und übermäfsiges Begiefsen durch migeübte Arbeiter stattfindet, sterben auch die Wurzeln der Topf- gewächse vollständig ab, indem sie braun und weich werden. Die versauerte Erde lälst sich durch ilu-en eigentümlichen Gerach sofort erkennen ; es tritt ein ganz anderer Zersetzungsprozefs der reich- lich vorhandenen organischen Reste, welche nahrhafte Topferden immer enthalten, ein. Es entstehen wahrscheinlich saure Verbindungen aus der immer noch wenig gekamiten Reihe der Humuskörper und jeden- falls auch freie Säuren. Ist Eisen im Boden, so können die unschäd- lichen Eisenoxydsalze zu den schädlichen Oxydulsalzen reduziert werden, da bei der TTbei-füllung der Bodenräume mit Wasser empfind- licher Sauerstoflmangel eintreten mufs. Das sowohl durch die Wurzelausscheidung wie durch die Zer- zetzung der organischen Bodenreste mit Kohlensäure überfüllte Wasser reicht bei dauernder Einwirkung allein schon hin, die Pflanzen zu töten. W. Wolf'"^) zeigte experimentell, dafs ge.sunde Pflanzen, in kohlen- säurehaltiges Wasser versetzt, alsbald in ihrer Kohlensäureausscheidung 1) B.,HM, Über die Respiration von Wasserpflanzen. Sitzungsber. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien, 1875, Maiheft. 2| Tagebl. d. Xaturf. Vers, zu Leipzig 1872, S. 209. 204 ^- Kranklieiteii durcli ungünstige Bodenverhältnisse. o-aiiz bedeutend nachlassen. Die Folge davon ist ein Welken und später ein Absterben der Blätter. Wenn wir auch, die Mechanik des hier stattfindenden Welkens noch nicht mit Sicherheit erklären können (die von W. WüLF^) gegebene Erklärung erscheint nicht ausreichend), so werden wir doch kaum fehlgehen bei der Annahme , dai's infolge der übermäfsigen Kohlensäureanhäufung im Bodenwasser zunächst die normale Kohlensäureausscheidung der AVurzehi, die bei kräftigem Wachstum nicht unbeträchtlich, aufgehoben wird. Es mufs im Innern der Pflanze ein aufsergewöhnlich hoher Gasdruck entstehen, der bis zum Auftreten positiver Drucke in den Gefäfsen gesteigert, die Fähig- keit derselben, AVasser nach den oberirdischen Teilen zu leiten, reduziert. Die Leitungsfälligkeit der Gefäfse für Wasser wird um diejenige Leistung vermindert, die der negative Druck in den Gefäfsen über- nimmt. Wenn somit die Zuleitung des Wassers geschwächt, ohne dafs der Verbrauch der Blätter vermindert wird , so ist das Welken die nächste Folge, Wenn, wie bei den Versuchen von Wolf, die Pflanzen in destilliertes Wasser zurückversetzt werden, stellen sich ein normales Aussehen und normale Funktionen wieder ein. Das destillierte Wasser ist in diesem Falle gleichsam ein Schwamm, der die Kohlensäure und die übrigen Wurzelausscheidungen mit Begierde aufnimmt. Für die Pflanzenwurzel wird schliefslich der Effekt derselbe sein, ob die Kohlensäure im Wasser gelöst oder gasförmig infolge mangeln- der Bodenabsorption die AVurzelfasern umspült. Bei den oberirdischen Pflanzenteilen ist es allerdings anders und sehr ins Gewicht fallend, ob sie mit kohlensäurereichem Wasser oder mit derartiger Luft in Berührung kommen. Wenigstens ist dies durch Böhm's Versuche für die Blätter grüner Landpflanzen anschaulich gemacht worden^), Böhm tauchte Blätter verschiedener Landpflanzen in kohlensäurehaltiges Wasser und fand, clafs die Sauerstoflfabscheidung aufhörte, wenn man den Pflanzenteil verhinderte, sich erst mit einer Kohlensäureatmosphäre zu umgeben und sich dadurch vor der direkten Berührung mit dem Wasser abzuschliefsen. Die Erscheinungen bei dem übermäfsigen Begiefsen verstopfter Töpfe und der daraus resultierenden Stockung der Boden- und Pflanzen- tätigkeit lassen sich am besten ermessen, wenn man einmal den Boden eines mit einer gesunden Pflanze versehenen Blumentopfes während der Vegetationszeit mikroskopisch betrachtet. Was für ein reges Wirtschaften entfaltet sich da im Boden. Von der Krume aus bis (bei Laub- und Heideerde) auf den Topfgrund begegnet man Resten von Blättern und Stengeln, an denen vielfache Arten der sog. Schimmelformen in sterilen Mycelrasen oder mit ausgebildeten Konidienformen ihr Zersetzungs- werk ausüben. Je nach der Natur der Pflanzenreste findet man ab- wechselnd Sepedonmi» (chrysospertintni ?) , VcrticUJitini ruherrimun) oder PeniciUium glaucmti, Äcremonmm , Acrocylindriuiii , Cladosporium peni- cilUoicles , verschiedene Arten von Fusarium u. a. m. Auf der Ober- fläche kommen bisweilen noch viele andere, namentlich die luftbedürf- tigeren Gattungen gemeinschaftlich mit lebenden Diatomaceen und anderen Algenformen vor. Am tiefsten hinein gehen die Schizo- myceten, Slan findet Stärkekörnchen und Plasmareste von strahlig angeordneten Kolonien von Stäbchenbakteiien umgeben, mid auch auf ') Jahresber. f. Agrik.-Cheniie. 1870 72, II, S. 1:^. '-) Anzeigen der Wien. Akad., d. AViss.. 1872, Nr. 24, 25, S. 163. 2. riipassende Bodenstruktur. 205 kristallinischen Splittern sind manchmal Bakterienkolonien angesiedelt. All dies rege Leben arbeitet an der Zerstörung der Pflanzen Substanz und befördert die Sauerstoff beanspruchenden Prozesse , die wir als Verwesung bezeichnen, und all dies rege Leben wird durch den Abschlul's der. Bodenporen mit Wasser entweder aufgehoben oder in andere, schädliche Bahnen geleitet, die in die Reihe der Fäulnis- er scheinungen . also der Zersetzung bei Sauerstotfabschlufs , ge- hören. Jeder Boden hat aufser seinem Bakterienbestande auch seine mykologische Flora, die an der Zersetzung der organischen Substanzen arbeitet und, wie es nach Oudemans und Koning i) scheint, annähernd typisch für bestimmte Bodenarten ist. Man kann bei den Topfkulturen den Beginn einer Stagnation schon voraussetzen, wenn man sieht, dafs die Oberfläche des Bodens sich mit einer auch dem Topfrande fest ansitzenden, harten . weifsen oder rötlich gefärbten Kalkkruste überzieht. Dafs die Inkrustierung der obersten Bodenschicht der Töpfe und des Topfrandes vorzugsweise durch kohlensauren Kalk erfolgt, ersieht man aus der ungemein reichen Kohlensäure-Entwicklung bei Zusatz von Essigsäure. Auch kohlensaure Magnesia und kohlensaures Eisenoxydul, das später durch Oxydation als Eisenoxydhydrat verschiedene Färbungen der Krusten erzeugt, werden angetroffen. Nach dem mikroskopischen Be- funde scheinen auch schwalben schwanzförmige Kristalle des Gipses und Oktaeder des Oxalsäuren Kalkes sowie in Essigsäure lösliche rhombische Formen von phosphorsaurem Kalke aufzutreten. Diese letztgenannten Salze sind nicht immer und nie in grofsen Mengen nachweisbar : dagegen sind der kohlensaure Kalk und wohl auch die kohlensaure Magnesia nebst feinsten Quarzsandkörnchen die steten. Materialien der Krusten. zwischen denen anfangs noch eine reiche Pilz Vegetation mit Konidien- bildung auf den Humusbestandteilen wahrnehmbar ist. Die Entstehung dieser Krusten ist dadurch zu erklären, dafs das bei dem Begiefsen in grofsen Quantitäten gegebene Wasser sich mit der durch den Ver- wesungsprozeis reichlich erzeugten Kohlensäure innerhalb der Boden- zwischenräume beladet. Dadurch wird das Wasser ein ausgezeichnetes Tiösungsmittel für den im Boden vorhandenen einfach kohlensam^en Kalk und die Magnesia , für phosphorsaures und kieselsaures [Eisen- oxyd usw. Je schneller bei gutem Abzüge des Blumentopfes das überschüssige Wasser ablaufen kann . desto weniger Mineralien werden gelöst und fortgeschwemmt. Bleibt dagegen das Wasser im Topfe, und ist es ein- mal mit dem Kalk , der als doppeltkohlensaurer gelöst ist , reichlich versehen , so ist kein anderer Weg zur Entfernung vorhanden als der der Verdunstung. Es verdunstet nun von der wassergesättigten Ober- fläche des Topfes und, falls die Poren der To.pfwände nicht dmch gTüne, schleimige Algenvegetation verschlossen, auch durch die Topf- wandungen hindurch langsam diese Wassermasse, wobei sie die gelösten Stoffe zmlickläfst . Die „Töpfe beschlagen". Der Kalk bleibt als einfach kohlensaurer Kalk zurück, wie am Rande eines Kochtopfes , in welchem kalkhaltiges Wasser zum Kochen gebracht worden ist. _ Hiermit ist die Nützlichkeit der beiden in der Praxis angewendeten ') Oij.EMANs;, C. A. .L. et Ku.MXG, C. J., Prodrome d"une flore mvcologique obteoiue de la terre humeuse du Spanderswoud etc. Extr. Archiv. neerlana[. ; cit. Z. f. Pflanzenkr. 1903, S. 60. 206 1- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Vorgänge des häufigen A b w a s c li e n .s der B 1 u m e n t (i | > f e und des Aufiockerns der Bodenoberfläclie erwiesen. Man hat bei der zunehmenden Sucht, alles durch Düngung zu er- zielen. auch vielfach versucht, den in vergossenen Töpfen stehenden Pflanzen durch Zuführung verschiedenartiger Düngungsmittel wiederum aufzuhelfen, ohne die Hauptaufgabe, nämlich die Herstellung genügen- der Bodenventilation, zu erfüllen. Die Pflanzen haben sich dabei nicht verbessert. Umpflanzen der Gewächse zur Zeit der beginnenden Vege- tation und Anregung der geschwächten Pflanze zu erhöhter Produktion durch Zuführung von Wärme zu den Wurzeln bleuten die besten Mittel. Dafs eine Düngung bei saurer Erde , also bei Gegenwart freier Humussäure, eher schädlich wie nützlich wirken kann, geht aus EiCH- horn's Untersuchungen hervor ' ). Humusreiche Erden . sagt der Ver- fasser, welche freie Humussäuren enthalten, machen aus Lösungen neutraler Salze Säure frei. Die hierdurch entstehende Säuerung ist stärker als ohne die Mitwirkung dieser Salze. Düngungen mit neu- tralen Salzen werden daher in solchen Bodenarten die Säuren ver- mehren. Dasselbe findet statt mit phosphorsaurem Kalk oder einem Phosphate überhaupt, wobei Phosphorsäure oder phosphorsaurer Kalk in Lösung gehen; Zusätze von neutralen Kalisalzen. Iiesonders schwefel- sauren Alkalien . begünstigen die Zersetzung. Ist die Humussäure an Basen gebunden, so tritt eine solche Säuerung nicht ein. Zufuhr von Mist, Jauche usw. werden bei derartigen Aufschlielsungen nur Nachteile bringen und sind ebenso zu vermeiden wie mergelige Erden. In Rücksicht auf das häufige Absterben der Pflanzen bei der Zimmer- kultur soll hier auf Das unvorsichtige Begiefsen hingewiesen werden. Ein übermäfsiges Begiefsen wird zum Teil dadurch veranlafst, dals der Ungeübte jederzeit einen Wassermangel im Boden voraussetzt , sobald die Pflanzen w^elken. Bestärkt wird er in diesem Glauben durch die Erscheinung, dafs häufig nach dem Giefsen im Laufe des Tages ein Straffwerden der Pflanzen eintritt. Folgt nun diesem Zustande der Turgescenz wiederum ein Welken . so wird die Wasser- gabe erneuert, bis sich die Pflanze als dauernd welk und die Wurzel als verfault erweist. Solche Vorgänge zeigen sich namentlich im Herbst bei dem Einräumen zarterer Pflanzen in die Glashäuser, die noch wenig geheizt werden. Der Grund des Welkens ist dann die Kälte des Bodens. Wir wissen aus einer Anzahl von Fällen, welche Sachs ^) anführt, dafs die verschiedenen Pflanzen eine bestimmte Temperatur für ihre Wurzeln brauchen, damit dieselben arbeiten, also auch Wasser aufnehmen können. Tabak und Kürbis welken in einem Boden von 3 bis 5 " C. : wurde •derselbe Boden auf 12 bis 18** C. erwärmt, war die Wurzeltätigkeit wiederhergestellt. Wenn, wie in dem angeführten Beispiele, nun be- gossene, welke Pflanzen im Laufe des Tages ihre Blätter hoben, wurde dies dem Einflufs des Giefsens zugeschrieben. Der wirkliche Grund aber w^ar die während des Tages durch die Somie veranlafste Erhöhung der Temperatur der Luft und somit des Bodens im Topfe , wodurch die Wurzeln zur Wasseraufnahme wieder angeregt wurden. Bei Ein- tritt der Nacht und Sinken der Temperatur unter die Grenze . bis zu ') Landwirtsch. Jahrbücher 1877, S. 957. 2) Lehrbuch der Botanik, I. Aufl., S. 559. 2. Unj)assemle Bodenstruktur. 207 welcher die Wurzel überhaupt noch zur Aufnahme von AVasser fähig, wiederholt sich das Welken. Die Pflanze kann also bei oröi'ster Boden - nässe dennoch verdursten, wenn der Boden zu kalt ist. Anderseits kann die Pflanze in feuchter Luft mit total faulen Wurzeln noch lange Zeit leben, wie sich bei Wasserkulturen zeigt. Dies ist auch der Grund, dafs man bei Wurzelerkrankungen meist erst sehr spät Sj'mptome von Störungen am oberirdischen Teile wahrnimmt. Eine andere Ursache des Welkens macht sich im Hochsommer bemerkbar. Weiui stark verdunstende Pflanzen der heifsen Sonne und bewegten Luft längere Zeit ausgesetzt sind, beginnen sie trotz ge- nügender Bodenfeuchtigkeit zu welken, weil die Wassermenge, welche durch die Blätter verdunstet, nicht schnell genug von der Wurzel er- setzt werden kann. Zwar wird durch die bei stärkerem Sonnenschein gleichzeitig eintretende Temperaturerhöhung auch die Wasserzufuhr sich vermeinten: es steigert sich nach de Vries M die Imbibition der Zell- wände und damit ihre Fähigkeit der Fortleitung des Wassers, aber die erhöhte Zufuhr kann trotzdem nicht den Verdunstungsverlust decken, und die Blätter müssen erschlaflen. Werden die Töpfe dann ungeprüft weiter gegossen, so versauert die Erde ebenfalls. Dasselbe Resultat zeigt sich bei den sogenannten Neuholländer- und Cappflanzen aus den Familien der Epacrideen, Ericaceen, Papi- lionaceen, Rutaceen u. dgi. Die lockere, feine, sandige, wenig zer- setzte Erde, die als Heideerde im Handel ist, kann zwar in die Töpfe nicht sehr fest gedrückt werden, weil die unverwesten Wurzel- und Blattreste eine sehr lockeres Gefüge bilden. Durch zu scharfes Be- giefsen werden aber die feinen Sand- und Tonteilchen erst auf- gewii'belt und dann nach unten gespült, so dafs nur lange, lockere, faserige Bestandteile auf der Topfoberfläche zurückbleiben. Dieselben können natürlich nur sehr wenig Wasser zwischen sich zurückhalten und lassen dasselbe schnell nach unten durch. Die Topfoberfläche ist deshalb stets fast halbtrocken. Wenn sich nun der Gärtner verleiten läfst , unter solchen Umständen zu giefsen , und wenn die Töpfe keinen guten Abzug haben, dann faulen die sehr feinen Wurzeln. (Nebenbei l:)emerkt sei, dai's bei den sogenannten versauerten Töpfen nicht selten alkalische Reaktion sich zeig-t. Ich sah bei wurzelfaulen Topfpflanzen feuchtes rotes I^ackmuspapier sich bläuen, soweit es über der Topf fläche lag.) Als Hilfsmittel ist bereits oben das Verpflanzen in sehr sandreiche Erde und Emsenken der versauerten Pflanzen in Beete mit Boden - wärme empfohlen worden. Dafs bei dem Umpflanzen die Wurzeln bis auf die gesunden Teile zurückgeschnitten werden müssen, darf als selbst- verständlich gelten. Als Vorbeugungsmittel ist das Einfüttern der Töpfe in die Erde u. dergl. zu empfehlen. Dazu mufs man sich aber eines Stockes oder eines kegelförmig gedrehten Holzes bedienen, um ein tiefes . trichterförmiges Loch herzustellen , dessen oberer Rand gerade so grofs wie der Topfrand ist. Der Topf hängt dann gleich- sam in dem Loche : der Topfboden hat unter sich den übrigen Teil des kegelförmigen Loches , wodurch das Einkriechen der Regen- würmer durch das Abzugsloch und das Verstopfen desselben ver- hindert wird. Bei frei im Zimmer oder auf Tabletten stehenden Blumentöpfen ') Bot. Zeitung 1872, S. 781. 2l>8 !• Kraiik]ieiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. darf hi'i nur einiger Aufmerksamkeit kein Versauern vorkommen. Es läfst sich nämlich diu'ch ik.nklopfen an den Topf" mit ziemlicher Sicher- heit der Wassergehalt der Erde beurteilen. Wenn diese reich an Feuchtigkeit ist , "befindet sich auch Wasser zwischen den einzelnen Bodenpartikelchen und der Wandung des Topfes , und der Ton des- selben ist ähnlich dem einer dichten Masse ; bei Wasserarmut dagegen klingt der Topf hohl. Nach dem Vorstehenden ist also nicht nur zu erwägen, wieviel ge- gossen wird, sondern auch, in welcher Art und Weise die Topfpflanzen begossen werden. Um das Aufwirbeln der feinsten Ton- und Sand- partikelchen und damit die Krustenbildung oder das Verschlammen der Abzugskanäle des Topfes zu vermeiden, wird man also nie scharf aus der Tülle der Giefskanne gleisen dürfen. Entweder bediene man sich bei beetweise gestellten , eingesenkten Pflanzen der Brause oder bei Töpfen auf Stellagen in Glashäusern einer lang und eng ausgezogenen Tülle , die nur einen schwachen Wasserstrahl gibt. Auch vermeide man, den Wasserstrahl auf die Stammbasis zu halten, die nicht selten ganz weifs von Kalkinkrustationen ist. Gebrauch der Topfuntersätze. Bei der Zimmerkultur ist der (Trebrauch von Topfuntersätzen all- gemein. Betrefls Erhaltung der Reinlichkeit der Fensterbretter und Blumentische ist der Topfuntersatz notwendig: für die Kultur ist er meistens schädlich. Gleichviel ob man die Töpfe von oben begieist oder sie durch Einfüllen von Wasser in den Untersatz von unten be- wässert, so wird doch eine Ansammlung von überflüssigem Wasser fast stets die Folge sein. Viele Liebhaber halten diesen Zustand sogar für erspriefslich. Die Folgen aber sind ein Ersticken der Wurzeln am Boden des Blumentopfes. Die Wurzelfäulnis setzt sich allmählich nach oben fort und macht sich schliefslich im Absterben der Blätter vom Rande her kenntlich. Wenn diese Symptome auftreten, ist in der Regel die Pflanze für den Liebhaber verloren. Der Gärtner kann die erkrankte Pflanze oft- mals erhalten. Für den Liebhaber, der ein Warmbeet nicht zur Ver- fügung hat, empfiehlt sich das Einpflanzen des kranken Stockes in reinen Sand und Aufstellen desselben in warme, halbschattige Ijage. Der Abbau der Kartoffeln. Bei Besprechung der Nachteile schwerer Böden sei der in prak- tischen Kreisen neuerdings wiedermn stark hervorgetreten Ansicht ge- dacht, dafs unsere Kartoffeln sich „abbauen", d. h. ihre guten Eigen- schaften alhnählich verlieren und degenerieren. Man will dies damit erklären, dai's bei der üblichen Fortpflanzungsmethode durch Auslegen von Knollen man eigentlich unausgesetzt ein einmal aus Samen er- zogenes Lidividuum ungeschlechtlich fortpflanze , und dafs somit ein derart langlebiger Organismus doch auch endlich einmal die Schwäche- zustände des Alters zeigen müsse. Beweis dafür sei der Rückgang im Stärkegehalt bei unseren beliebtesten älteren Sorten, wie z. B. bei der Daber'schen. Unserer Ansicht nach liegt die Ursache des vermeintlichen Abbaues in der Unvorsichtigkeit des Landwirts, Sorten, die auf leichtem Boden entstanden sind , auf schweren Böden zu kultivieren. AVir verweisen 2. Unpassende Bodenstruktur. 209 in dieser Beziehung auf eine Arbeit von Ehhenbekg') über die Ergeb- nisse fünfzehnjähriger Versuche der „Deutschen Kartoffelkulturstation". Der Durchschnittsertrag von sämtlichen angebauten Sorten erwies sich von 1888 bis 1903 beständig steigend. Betreffs der „Daber'schen" fallen die Erträge nur aut schwerem Boden, was erklärlich wird, da in Daher selbst ein leichter, trockener Sandboden vorherrscht. Wurde neu- bezogenes Saatgut davon in schweren bindigen Boden gebracht, lieferte dasselbe bessere Erträge, als die seit lange dort kultivierte Form. Das- selbe neue Saatgut aber auf Sandboden gebracht, ergab meist em minder gutes Resultat der eingebürgerten Rasse gegenüber. "Wir finden in diesen Versuchen den Hinweis , dafs neu eingeführtes Saat- gut zunächst den Charakter seines bisherigen Anzuchtsortes beibehält. Wenn also ein schwerer Boden den Stärkegehalt herabdrückt, so ge- schieht dies bei neuem Saatgut nicht gleich hn ersten Jahre, und des- halb ist dasselbe stärkereicher als die einheimische Frucht. Auf Sand- boden aber hatte sich eine Rasse gezüchtet, die den für die Verhält- nisse möglichen reichsten Stärkegehalt besals ; die Neueinführungen mit ihren mitgebrachten Eigenschaften aber hatten sich diesen Verhältnissen noch nicht genügend angepafst, gaben also eine geringere Ausbeute. Ein Abbau oder eine Degeneration wird somit nur dort stattfinden, wo eine Sorte nicht die von ihr beanspruchten Kulturverhältnisse findet. Ahnlich dürfte es sich mit allen Erscheinungen eines vermeint- lichen Abbaues oder einer Degeneration verhalten. Unsere Kultur- rassen sind eben Züchtungsprodukte ganz bestimmter Lage-, Boden- uiid "Witterungsverhältnisse und erhalten sich nur rein, wenn sie ähn- liche Bedingungen wie an ihrem Entstehungsorte wiederfinden. Will man schätzbare Eigenschaften einer bestimmten Sorte an einer andern ( )rtliclikeit verwerten, so geht dies niu- durch öftere Erneuerung des Saat- gutes aus der Heimat dieser Sorte oder aus ähnlich situierten Gegenden. Die Empfindlichkeit der Süfskirschen. Die Klagen in einzelnen Gegenden, dafs die Süfskirschen alljährlich zunehmende Beschädigungen durch Frost, Gummiflufs , Pilzbefall usw. erleiden, beruhen vielfach auf Nichtbeachtung des Umstandes, dafs die Kirsche keinen schweren Boden liebt. Dieser Umstand ist neuerdings von EwERT^) besonders hervorgehoben worden und verdient den Obst- züchtern immer wieder vor Augen geführt zu werden. Natürlich sind auch hier einzelne Kultursorten befähigt , sich schwereren Böden mehr anzupassen: aber im allgemeinen gilt die Regel, dafs die Süiskirsche einen leichten, tiefgründigen Boden gern hat und auf diluvialen Sauden und Löfsböden besonders gut gedeiht. Der Nälirstoffreichtum des Bodens ist weit weniger ausschlaggebend als die physikalische Bodenbeschaffenheit, und zwar besonders die Körnung. Vielfach wird Kalkmangel als Ursache des schlechten Gedeiheifs angegeben, und wir erzielen auch Heilungs erfolge durch Kalkzufuhr. Die Verbesserung im Wachstum der Bäume ist aber dabei nicht immer auf die Wirkung des Kalkes als Nährstoff zurückzuführen, sondern auf ') Ehuenbkrg, B., Der Abbau der Kartoffeln. Landw. Jahrb. Bd. XXXIII; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie, 1905, S 235. 2) EwERi-, Das Gedeihen der Süfskirschen auf einigen in Oberschlesien häufigen Bodenarten. Landw. Jahrb. 1902, Bd. XXXI, S. 129. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 14 210 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. die dadurch erzielte Veränderung der physikalischen Bodenverhältnisse, nämlich auf die gröfsere Krümelung und dadurch gesteigerte Durch- lüftbarkeit. Betreffs des Kalkes als Nährstoff erhalten wir durch die EwEKT'schen Angaben einen Einblick, Demnach gedeiht die Süis- kirsche noch bei einem Kalkgehalt von 0,04 bis 0,15 °/o. Boden mit etwa 80*^/0 abschlämmbaren Teilen ist selbst bei 40 bis 45 'Vo CaCO'^ für Kirschenkultur nicht geeignet, wenn der Kalk hauptsächlich in abschlämmbarer Feinheit vorhanden ist. Gegen Grund- wasser ist die Kirsche sehr emptindlich, und ihr Anbau rentiert am besten auf trockenen Böden in freien Lagen. Die liohkrankheit. Vorzugsweise bei älteren Bäumen, die in nassem Grunde stehen, aber bis- her kräftiges Wachstum gezeigt haben, leitet sich ein Rückgang in der Produk- tion dadurch ein , dafs die Stammrinde der alten Teile aufreifst oder nach Ab- blätterung der äufseren Korkschichten blasige oder flach schwielige Auftrei- bungen zutage treten läfst, die später eine staubig oder wollig aussehende Oberfläche erhalten. Wenn die Stelle etwas trocken wird, läfst sich von der- selben ein rotgelbes bis braungelbes Pulver abwischen, das im Farbenton der frischen Lohe ähnlich ist und die Ver- anlassung zur Bezeichnung „Lohkrank- heit" gegeben haben mag. Ich habe bei Einführung dieser Krankheit in die Wissenschaft den von den praktischen Züchtern gebrauchten Namen beibe- halten. Derselbe Vorgang stellt sich auch an Wurzeln und jüngeren Zweigen ein. Junge Zweige mit knötchenartigen Lohpusteln treten bei Kirschen auf. Die Erkrankung der älteren Stamm- und Wurzelrinde ist bisher am häufigsten bei Äpfeln beobach- tet worden. Pflaumen leiden seltener. Ähnliche Vorgänge , die ein Abplatzen grofser Borkenschuppen zur Folge haben, sind bei Ulmen und Rüstern gefunden worden und werden bei den Wachstumsstörungen der Moorböden abgehandelt werden. Li FigTU 23 sehen wir ein Stück Apfelwurzel in natürlicher Gröfse. Dessen Rinde ist durch verschiedene grofse Querrisse mit zurück- geschlagenen Rändern zerklüftet, und die aufgebrochenen Stellen sind mit ockerfarbigem Pulver oder (bei frischem Herausnehmen aus der Erde) mit weichen, feuchten, braunen Massen bedeckt. Figur 24 stellt den Querschnitt durch eine solche Schwiele dar. Fig. 23. Apfelwurzel mit auf gebrochenen Lohstellen, nat. Gr (Orig.) 2. Unpassende Bodenstruktur. 21 Wir finden den Holzkörper (c ist die Cambinmzone) von meist normalem Bau, dui'clizogen von den Markstrahlen (ni), die der Mehrzahl nach keinerlei Al^weichung zeigen. Nur bei einzelnen (?>/) fällt es auf, dafs sich dieselben in ihrem jüngeren Teile zu verbreitern beginnen und dadurch einen lockerern Bau einleiten. Dieser Lockerungs Vorgang findet aber erst in der Rinde seinen deutlichen Ausdruck, indem dort die Reihen der Markstrahlzellen ösenartig auseinanderweichen können. Fig. 24. Querschnitt durch eine lohkranke Stelle der Apfelwurzel. (Orig.) Während die junge |Innonrinde mit iln'en Hartbaststrängen noch keine Änderung des normalen Baues zeigt, lassen die älteren Schichten (auf der linken Seite des Bildes) eine Verarmung des Zellinhalts und radiale Streckung {k') erkennen. Die Überverlängerung des Rindenparenchyms wird um so stärker, je weiter die Zellen nach aufsen liegen, und sie steigert sich innerhalb der Korkzone derart, dafs die frei an der Ober- fläche liegenden Zellen eine schlauchartige Gestalt (.s) annehmen und nur noch ganz lose miteinander in Verband stehen. Wenn die Wurzeloberfiäche abtrocknet, sclirumpfen die Zell- schläuche und lösen sich dabei in ihren äufseren Schichten gänzlich voneinander. Dann bildet sich die lohfarbige, pulverige Masse, welche mit dem Finger abwischbar ist. Auch die Lamellen von Tafelkork (t), welche an der Peripherie in dicken (bei normalem Verhalten gleich- 14* 212 I. Kranklieiteu durch ungünstige Bodenverhältnisse. mälsigen) Schichten vorhanden .smd und von auisen her aUmählich ab- sterben und zerfallen {v) , werden an der lohkranken Stelle in den Lockerungsprozeis hineingezogen. Sie spalten sich, indem einzelne Mittelschichten ihre Zellen abrunden und die Neigung zeigen, den Bau des Füllkorks anzunehmen, wie später bei der Kirsche eingehender be- scln"ieben werden soll. Wenn die Rhidenwucherung an der Peripherie und die Entleerung des Zellnilialts ihien höchsten Grad erreicht haben, treten die be- kannten uhiglasfoimigen Tafelkorklagen auf (f), welche das schliels- lich verkorkende hypertrophierte Rinden- parenchym abschneiden und zum Bestand- teil der Borkenschuppe werden lassen. Der Zellstreckungsvorgang sclnreitet mittler- weile seitlich und nach innen hin weiter fort. So sehen wh' bei w bereits die ersten An- fänge , indem die normalerweise tangential gestreckten Rindenzellen im Querschnitt quadratisch werden und dm'ch Teilung an Zahl zunehmen, um sich nach der kranken Seite hin mehr abzurunden, diu-ch Ver- gröfserung der Intercellularräume sich zu lockern (r) und schlieislich in die Radial- streckung überzugehen, die bis zum schlauch- artigen Auswachsen sich steigert. Durch dieses Ziu'ückgreifen des Über- verlängerungsvorganges in immer jüngere Rindenparenchymlagen wird endlich die Tätigkeit der Wurzel an den lohkranken Stellen erschöpft. An den oberirdischen Achsen ist die Beschädigmig nicht so intensiv. Bei stärke- ren Stämmen wird man bisweilen auf die Erscheinung erst aufmerksam, wenn man die Borke genauer betrachtet und findet, clais einzelne Borkenschuppen sparrig abstehen. Hebt man dieselben ab, was auffällig leicht vonstatten geht, dann bemerkt man, dal's das noch saftige Rindengewebe in seinen auf s ersten Lagen unregelmäisige, blasige Er- hebungen bildet, welche später aufreifsen und in staubförmige, bei trockenem Wetter ab- wischbare Massen zerfallen. Figur 25 stellt die frische Rindenfläche eines Apfelbaumes dar, die durch Abheben der äulseren Borkenschuppen h bloisgelegt worden ist. Auf der grünbraunen saftigen Fläche treten nun die halbkugeligen oder gestreckten, schwielenartigen Erhebungen (a) deutlich hervor. Figur 2(3 stellt den Querschnitt einer solchen beuligen iVuftreibung dar, bei welcher aber Holzkörper, Cambium und jüngste Innenrinde nicht gezeichnet worden sind. Wir erkennen auf den ersten Blick die Übereinstimmung im Bau mit der Lohstelle der Wurzel._ An dem unteren Teil der Figur finden wir das Rindenparenchym mit den drei Hartbaststrängen noch in normaler Ausbildung und Lagerung; aber schon dicht über den Hartbastbündeln wird eine Umlagerung bemerk- Fig. 25. Rindenstück eines lohkranken Apfelstammes. a die Schwielen der Lohkrankheit, /) Kest der trockenen , das Ganze überdeckenden Borkenschvippen. (ürig.) 2. ünijassende Bodenstruktur. 213 bar, indem die tangential gestreckten, clilorophyllreiclien Rindenzellen anfangen, sich radial zu verlängern (r), sich zu teilen und in parallelen, durch gTofse Intercellularräume (?) gelockerten Längsreihen sich anzu- ordnen. Dais diese Gewebeveränderung schon sehr früh, sogleich bei dem Heraustreten aus der Cambiumzone stattgefunden haben muls, geht daraus hervor . dafs sich die Dauergewebeform des CoUenchyms {rl) nur einschichtig innerhalb des Wuchergewebes hat ausbilden Fig. 26. Lohkranke Stelle am Apfelstamm. (Orig.) Buchstabenerklärung im Text. können. Den Hauptanteil an der Auftreibung aber haben die peripheri- schen Schichten, die sich zu Polstern (w) gestreckter, schliefslich schlauchförmiger (.s) Zellen ausgebildet und die tafelkorkartigen Zell- lagen (/) in die Höhe gehoben und endlich zersprengt haben. Bei der Deutung dieser Erscheinung dürfen wh* nicht vergessen, dais diese Lohstellen unterhalb der alten Borkenschuppen entstehen und unter Ausbildung von Füllkork selbst wieder durch Verkorkung zu Borkenschuppen werden. Dabei sehen wir, dafs die Gliederung der Rinde in abgeschnürte und abschnürende Zelllagen, wie sie in den Borken abwechseln, schon im jugendlichen Rindengewebe angelegt wird. 214 I. Ivrankheiten durch ungünstige Bodenverhältnis Denn wir finden , dal's sich im jungen , trisclien Rindengewebe Quer- bänder tafelförmiger, in Inhalt und Bau der "Wandung abweichender Zellen in geschwungenen Linien (np), durch das hypertrophierte , an- fangs stärkeführende Gewebe hindurchziehen. Diese gestaltliche und funktio- nelle , die Borkenschuppenbildung bedingende Gliederung des Rinden- parenchyms ist auch bei anderen Baunmnden zu finden, tritt aber, soweit ich beobachtet, erst in den älteren Achsen auf, bei denen das Rindenparenchym durch den Druck der aufgelagerten Borkenschuppen bereits beeinflufst wird. Ich habe deshalb diese Streifen tangentialer Zellen (m^>) , die später verkorken, manchmal auch noch Tafelkork ent- wickeln und die Borkenschuppen herausschneiden , als „ D r u c k - b ä n d e r " bezeichnet. Die Lohkranldieit an jungen Zweigen hatte ich Gelegenheit, bei Kirschen zu studieren, und zwar in einem nassen Sommer an jungen, sehr kräftigen Bäumen einer Baum- schule, Fig. 27 zeigt, dafs an diesen Kirschzweigen die Oberhaut zer- schlitzt oder in breiten, unregelmäfsi- gen Streifen (e) aufgerissen ist. An den aufgeplatzten Stellen war eine intensiv ockergelb gefärbte Masse (/') erkennbar, die bei stärkerer Erschüt- terung durch Anschnellen pulverig verstäubte. Der Gesamteindruck dieser Triebe war so , als ob dieselben äufserst stark mit einem Rostpilze bedeckt wären. Die ersten Anzeichen der Er- krankung traten im Juli auf, indem mitten zwischen normal wachsenden Stämmen einzelne Exemplare ihre Blätter gelb färbten und abwarfen. Trotzdem entwickelte die Endknospe der Zweige einen kräftigen August- trieb, der bis zum Herbst den gröfs- ten Teil seines Laubes behielt. Im September zeigte sich, am ältesten Teil des Triebes beginnend und nach der Spitze hin an Intensität abnehmend , das vorerwähnte Aufplatzen der äufseren Rindenumkleidung und das Hervortreten der ockergelben sammetartigen Flächen. Bemerkenswert ist ferner der Umstand, dafs. fast nur die üppigen Wildhnge erkrankt erschienen; bei veredelten Exemplaren waren die Erscheinungen der Lohe nur spärlich bemerk- Tig 27. Ein]cihiigei und zweijähriger Klrschenz^\ eig mit Lohpolstern zwi- schen den zert5chlit/ten Rindenstreifen. (Orig.) 2. Unpassende Bodenstruktur. 215 bar. Sodann zeigte sich, clafs die Zweige, soweit sie noch ihre Blätter behalten hatten, wenig aufgerissene Rindenstellen, sondern nur ge- schlossene, schwielige Auftreibungen, also jüngere Stadien besafsen. An den zwei- und mehrjährigen Achsenteilen erla-ankter Bäume kamen aufgerissene Rindenstellen {r) seltener vor; meist traten dort die einzelnen Herde als sehr breite, querverlaufende, auffallend hohe, ocker- gelb gefärbte Lenticellenpolster hervor. Die Untersuchung dieser Polster und der breiten, aufgerissenen, abfärbenden Flächen am einjährigen Zweige liefs sofort eine grofse Übereinstimmung mit den älteren erkennen -, nur konnte nicht beobachtet werden, dafs die Lenticellenpolster stäubten. Die abfärbenden Massen erwiesen sich als hellbraune , zylindrische , faltige Korkzellen mit ab- gerundeten Ecken, die einzeln oder in kleineren Gruppen sich ablösten. Die stäubenden Zweige zeigen sich mit wenigen Ausnahmen sonst ge- sund ; nur ist ihre Primärrinde durch beträchtliches Auseinanderweichen der Parenchj-mzellen sehr gelockert. Ebenso wie in der Rinde finden sich auch im Holzkörper Stellen von gelockertem Bau. In der Region, die ungefähr gegen Mitte des Sommers entstanden ist, bemerkt man Querbinden von gefäfslosem Parenchymholz , das mit Stärke voll- gepfropft ist, während das normal gebaute Holz mit Ausnahme der Markstrahlen stärkelos ist. Innerhalb der Querbinden sind die Mark- strahlen erweitert und zeigen hier Gummiherde. Die ersten Anfänge der Lohbildung findet man bereits dicht unter der Gipfelknospe am obersten Zweiggliede, wo die Epidermis noch un- verletzt, aber doch schon durch eine etwa fünfschichtige Korklamelle unterlagert ist. Diese aus verhältnismäfsig dickwandigen Zellen be- stehende, dem Tafelkork entsprechende Schutzschicht zeigt gleich bei ihrer ersten Anlage stellenweise insofern eine Änderung, als die un- mittelbar unter der Epidermis liegenden Zellen sich zu parallel gestellten Reihen zylindrischer, radial gestreckter, braunwandiger Füllkorkzellen ausgebildet haben. Es liegt also hier der Charakter des Lenticellen- baues vor, den Stahl M bei der Kirsche bereits eingehend beschrieben hat, und der nm* insofern von der SiAHL'schen Beschreibung abweicht, als hier die Füllkorkpolster selten unter einer Spaltöffnung entstehen. Dafs eine reichliche Füllkorkbildung bei der Anlage einer Tafel- korkschicht unabhängig von den Spaltöffnungen erfolgen kann, sieht man hier, indem nun mehrschichtige Lenticellen entstehen, bei denen die Korkbildung tief in die Primär- und sogar in die Sekundärrinde rückwärts hineingreift. Mit dem Alterwerden des diesjährigen Triebes tritt ganz normal eine zweite Tafelkorklage unmittelbar unter der erstentstandenen auf; sie ist ebenso stark (nämlich 5—7 Zellen hoch) gefunden worden wie die erstangelegte , deren Zellen allmählich unter anscheinend geringer Quellung und Bräunung der Membranen zusammensinken. Durch diesen Vorgang erscheint die normale Korkbekleidung des Kirschzweiges in zwei Schichten differenziert. Die obere, ältere ist sehr dicht, da die Zellen meist derart zusammengesimken sind, dafs ihr Innenraimi nur als feiner Strich erkennbar ist; diese Schicht geht allmählich in die zweite, nach- gebildete Korklage über. Bei letzterer sind die tafelförmigen Zellen sehr gleichartig und ihr weites Lumen mit wässerigem Inhalt oder auch mit ') Stahl, Entwickluneseeschichte und Anatomie der Lenticelle Bot. Z. 1873, Nr. 36. 216 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Luft erfüllt; sie grenzen an eine gebräunt erscheinende Zelllage mit deut- lich plasmatischem Wandbelag, welche als Korkcambium die stellenweise eintretende Fortbildung der Korkschicht übernimmt. Die älteste, zu- sammengesunkene, braune Korklage wird bei Behandlung mit Schwefel- säure deutlicher in ihrer Zusammensetzung erkennbar, da sich vielfach die Zellen dehnen und stellenweis ihre ursprüngliche Höhe und Weite, bisweilen fast quadratischen Querschnitt zeigen, während die Füllkork- zellen sich nicht verändern. Die später entstandene Schicht wölbt bei dieser Behandlung nach Zerstörung des Korkcambiums ihre jüngsten Korkzellen halbkugiig vor. Bei der Anlage der mehrschichtigen Lenticellen wiederholt sich nun unterhalb des ersten Füllkorkherdes die Bildung derartiger Elemente in der sekundären Korklage. Der zweite Fall der Lenticellenbildung ohne Zusammenhang mit Spaltöffnungen ist hier in Fig. 28 abgebildet. Dieselbe stellt den Quer- schnitt einer Neubildung auf einem geschälten Kirschenstamm dar. Wir haben uns vorzustellen, dafs das ganze hier dargestellte Grewebe in Form einer berindeten Schwiele dem alten, von der Rinde entblöfsten Holzzylinder aufsitzt. Indem wir betreffs der anatomischen Vorgänge, welche zur Bildung dieses neuen Gewebes auf dem blofsgelegten Holzkörper führen, auf das Kapitel „Wunden" (Schälwunden) verweisen, erwähnen wir hier nur die Tatsache , dafs , wenn man zu bestimmter Zeit einem Baume die Rinde fortnimmt, das nunmelu- freigelegte, jüngste Splintholz wieder in Vermehrung treten und die Wundfläche mit einer parenchymatischen Ge- webeschicht bekleiden kann. Dieser Parenchymmantel vermehrt sich durch späteres Auftreten einer ständigen Meristemschicht im Innern, und diese wird zum normalen Cambium, das nach innen Holz und nach aufsen Rindenelemente anlegt. Fig. 28 ist eine mehi-ere Monate alte Neubildung, die in Form einer breiten, lappigen Schwiele auf dem Splintholz eines experimentell ge- schälten Süiskirschenstammes sich angesetzt hat. Der alte Holzkörper des geschälten Stammes ist in der Zeichnung fortgelassen worden ; er würde an hp anstofsen. Das aus seinem SjDlint hervorgegangene Gewebe hat sich durch Auftreten der Cambiumzone c scharf in einen Holz- und Rindenkörper differenziert. Der Holzkörper ist an der Stelle, an welcher er dem alten Stamme aufsitzt, parenchymatisch gebaut ; erst später geht dieses Parenchymholz hp in gefäfsführendes , Libriformfasern aus- bildendes Neuholz nh über. Entsprechend der erst allmählich zum normalen Bau gelangenden Holzbildung ist auch der Rindenaufbau anfangs unregelmäfsig , indem die Hartbastkörper zunächst in Form einzelner, weitlumiger, kurzer Elemente hh angelegt werden und erst später aus dem Cambium als zusammenhängende Gruppen faserartig gestreckter Elemente hh' hervorgehen*). ^) Nebenbei sei auf die mit der Lohkrankheit in keinerlei Verbindung stehende, aber in der Zeichnung wiedergegebene Bildung von Knollenmaseranfängen {B) hingewiesen. Es entstehen nämlich bei lokaler Anhäufung plastischen Materials, wie z.B. bei Neubildungen in der Nähe von Wunde» bei verschiedenen Bäumen (Kirsche, Apfel, Birne, Kiefer) isolierte Holzkörpor in der Einde. Als Zentrum derartiger Holzbildungen von kuglig-schwielenförmigem Bau erkennt man sehr häufig eine oder mehrere Hartbastzellen. Der Fall, dafs (namentlich erkrankte) Hartbastzellen umwallt werden, ist bei Verwundungen des verschiedensten Ursprungs ein sehr häufiges Vorkommnis. Die Umwallung besteht meistens nur aus einem mehrschichtigen Mantel tafelförmiger 2. Unpassende Bodenstruktui 217 Der Rindenkörper der Neubildung hat in seinen peripherischen Parenchymschichten eine schützende Korklage h ausgebildet , die all- mählich zu grölserer Mächtigkeit gelangt ist. Anfangs war nur Tafel- kork angelegt worden; später haben sich an einzelnen Stellen Füll- korkmassen //.• statt der Tafelkorkzellen entwickelt, welche die aus letzterer Zellform gebildete Decke li zerspreng-t und durch ihre rück- wärtsgreifende Vermehrung das Korkcambium kh tief nach innen ge- drückt haben. f -,; Der Beginn der Füllkorkbildung fiel in die Zeit, in der die ganze Schälstelle zwecks anderweitiger Untersuchungen in einen Glaszylinder Fig. 28. Neugebildeter Holz- und Rindenkörper auf einer Schälwunde eines Kirschenstammes. Die Rinde zeigt Lenticellenwucherung. (Orig.) mit Wasser eingeschlossen wurde. Während diese aus dem Phellogen hervorgegangene Lenticellenwucherung bei dem in der Luft belassenen Teile der Schälstelle nur schwach bemerkbar war, hatte sie unter Wasserverschlufs eine ungewöhnliche Üppigkeit erlangt. Die Lohkranklieit der Kirsche ist also eine abnorme Steigerung des normalen Lenticellonbildungsvorganges : es entstehen so zahlreiche Korkzellen. In einzelnen Fällen aber bildet sich an Stelle eines bald erlöschenden Korkcambiums eine dauernd tätige Cambiumlage aus, welche nach innen Holz- elemente, nach aufsen Rindenelemente anlegt. Em solcher Fall ist in der schwielen- artigen Gewebewucherung B bei u' dargestellt , während bei u im linken Teil der Figur (A) nur eine Korkumwallung um eine der erstentstandenen, isolierten Hartbastzellen zu sehen ist. Um diese Neubildungen weichen die Rindenstrahlen rat wie um einen fremden Körper zu beiden Seiten aus. 218 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. und ausgebreitete Füllkorkpolster dickt nebeneinander , dais dieselben miteinander verschmelzen, die Epidermis in zusammenkängenden, gröfseren Fetzen abstoi'sen und als gieickmäfsige , einen greisen Teil des Zweigumfanges bekleidende , sammtige Fläche zutage treten. Die äufseren Lagen der Füllkorkpolster sind so locker, dal's die periphe- rischen Zellen bei trockner Luft diu-ch geringe Stöise aus ihrem Ver- bände sich lösen; daher das Abfärben der lohkranken Stellen bei Be- rührung mit dem Finger und das Stäuben der Zweige bei stärkerer Erschütterimg. Die Verstäubung ist um so gröfser, je mehr Füllkork- zellen übereinanderliegen, und es sind Polster beobachtet worden, die aus 20 Zellen hohen Parallelreihen von Füllkork bestanden. In diesem Falle hatte der Streckungsvorgang die primäre Phelloderm- schicht in ihrer ganzen Dicke erfafst, so dafs die später gebildete,, zweite Füllkorklage sich unmittelbar darunter anschlofs , also eine trennende Tafelkorklamelle zwischen den einzelnen Generationen nicht übrig blieb. Die Entstehung der Lohkrankheit wird auf grofsen Wasserreich- tum des Rindenkörpers zurückgeführt werden müssen. Dieser lokale Wasserüberschufs wird einerseits durch reichliche Wasserzufuhr zu den Wurzeln besonders kräftig wachsender Lidividuen , anderseits durch geringere Verdunstungsfähigkeit der Rinde infolge gröfserer Luftfeuchtigkeit hervorgebracht werden können. Dafs solche Verhält- nisse bei der Kü'sche zur Lenticellenwucherung führen, beweist einer- seits die experimentell erzeugte Füllkorkanhäufung bei der unter Wasser gehaltenen Schälstelle und ferner eine Beobachtung an den natürlich erkrankten Exemplaren. Dort fand sich an den jüngsten , noch be- blätterten Internodien, dafs gerade diejenigen Stellen, in denen die Rinde Falten bildete, bevorzugte Herde für die Korkwucherungen waren. Solche Falten entstanden z, B. an den Orten, wo die Gefäfsbündel für das Blatt aus dem Achsenzylinder heraustraten und die Rinde bei dem Übergang in den Blattstiel vorwölbten. Es liegen aufserdem noch einige andere Beobachtungen vor, welche für die Begünstigung der Lenticellenbildung durch gröfsere Feuchtig- keit infolge verminderter Verdunstung sprechen. So erwähnt Stapf ^) bei seinen Studien über die Kartofielpilanze, dafs sich die Spaltöffnungen zu Lenticellen entwickeln, wenn die Transpiration aufgehoben wird. Ferner fand Haberlandt^), dafs bei horizontalen Zweigen verschiedener Bäume (Linde , Ulme , Gleditschie u. a.) die Lenticellen an der Unter- seite stets zahlreicher als an der Oberseite auftraten , obgleich eine Zählung der Spaltöffnungen auf beiden Seiten annähernd dieselbe Menge erkennen liefs. Die dem Erdboden zugeneigte Zweigunterseite wird sicherlich bei der gröfseren Nähe des Erdbodens und der ge- ringeren Luftzufuhr eine geringere Transpiration als die Oberseite be- sitzen. Die Lohpolstor bei den Pflaumenbäumen stimmen im wesent- lichen mit den bei Kirschbäumen beobachteten überein. Sie sind bis- her nur an alten, wurzelkranken Exemplaren beobachtet worden. Von Aprikosen sind mir nur Anfangsstadien bekannt geworden. Bei allen ') Stapf, Beiträge zur Kenntnis des Einflusses geänderter Vegetations- bedingungen usw. Verh. d. Zeel. -Bot. Ges. Wien; cit. Bot. Jahresb. , VI. Jahrg.,. Abt. I, S. 214. 2) Haberlandt, Beiträge zur Kenntnis der Lenticellen. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. LXXII, Abt. I, Juliheft 1875. 2. Unpassende Bodenstruktur. 219 Steinobstsorten waren die Korkwuclierungen von starken Lockernngs- vorgängen in der Rinde, die zum Teil Verschiebungen der Baststränge nach aulsen zur Folge hatten , begleitet. Im jungen Holz bemerkte man mehrfach auch da, wo die Lolila^ankheit nicht zum Ausbruch ge- kommen , einen schwach ausgebildeten Holzring und Reduktion der Hartbastbündel auf einzelne weite , mit braunrotem, gummösem Inhalt erfüllte ßastzellen. Spuren von Gummosis fehlten nirgends ; bisweilen fanden sich reichliche Gummihorde. Bei Kirschen liefs sich von neben- einander gebauten verschiedenen Sorten eine besondere Neigung ein- zelner Sorten zur Lohkrankheit erkennen, so z, B. bei der „Schwarzen Herzkirsche" und bei „Winkler's weifser Herzkirsche". Sämtliche Fälle, die ich kennen gelernt, stammen von schweren Böden oder moorigen Wiesen ; bei einzelnen erklärten die Einsender, dafs die erki^ankten Bäume eine Stallmist oder Jauchedüngung erhalten hatten. Diese Angaben im Vereine mit dem anatomischen Befunde veranlassen mich, die Lohkrankheit als eine Folge übermäfsiger "Wasser- zufuhr aus dem Boden zu erklären bei Bäumen, die, in kräftigem Wachs- tum begriffen, eine Störung derart erleiden, dafs die Verdunstung der Krone zur FortschaÖung dos Wasserüberschusses nicht mehr ausreicht. Eine Depression der Laubtätigkeit oder ein teilweiser Laubverlust durch atmosphärische Einflüsse oder Baumschnitt werden vorzugsweise in Be- tracht kommen. Diese Korkwucherungen und Lockerungserscheinungen im Rinden- und Holzkörper treten auch bei gesunden Bäumen in ent- sprechenden Standortsverhältnissen auf, steigern sich aber in der Loh- krankheit zur extremen Äufserung. Die Gegenmittel ergeben sich von selbst. Hauptsächlich wird aus- giebige Bodendurchlüftung einen Erfolg versprechen. Die Ringelkrankheit der Rotbuche. Nach der Schilderung, welche Th. Hartig^) gibt, ist die in der Übersclirift genannte Ki'ankheit , die ich aus eigner Anschauung nicht kenne, hierher zu ziehen. In einem Buchenorte von 20 jährigem Alter sah Hartig viele Stangen von 1 — 2 m über dem Boden bis zum Gipfel in Abständen von 30 bis 1 00 cm mit einem fast ringförmigen, etwas spiralig auseinanderlaufenden Wulste von der Dicke einer Federspule umgeben. Diese Wülste erwiesen sich als Überwallungserscheinmigen von Wunden, welche ursprünglich dm-ch Lenticellenwucherung veranlafst worden waren. Die Korkbildung hatte dabei rückwärts immer tiefer in die Rinde hinein um sich gegTitfen , bis sie den Holzkörper erreicht hatte. Dadurch war für ein bis zwei Jahi'e die Holzbildung an diesen Stellen vollständig unterbrochen worden. Ein erkennbarer Schaden der Krank- heit, welche nur in sehr gutwüchsigen Stangenorten und dort wieder besonders an Stämmen erster und zweiter Klasse aufgetreten, liefs sich nicht konstatieren. Wurzelerkrankung der echten Kastanien. (Mal nero.) Die in Frankreich häufige Krankheit äufsert sich nach Delacroix-) am auffallendsten in nassem , undurchlässigem Boden und bei ge- ') Haktu;, Th., Vollständige Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen, S. 211. Berlin 1852. ^) Dei.acbüix, G., La maladie des chätaigniers en France. Bull. soc. mvcol. de France XIII, 1897, S. 242. 220 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. pfropften Bäumen. Die Blätter verlieren ihre dunkelgrüne Farbe, und die Zweige beginnen an den Spitzen zu vertrocknen. Die Früchte werden nur unvollkommen reif und bleiben in der sich öffnenden Cupula sitzen. Delacroix fand die Mykorhizen an den feinen Wurzeln krankhaft verändert, und zwar nehmen dieselben, wie er glaubt, aus Mangel an Humus einen parasitären Charakter an. Das Mycel steigt dann in den stärkeren AVurzeln in die Höhe bis zum Wurzelhals und im Stamm aufwärts bis zu den Zweigen. Aus den Wurzel- und Stamm- wunden erfolgt ein gerbstoffhaltiger Ausilufs. In diesem Schwäche- zustande bieten die Bäume einen geeigneten Ansiedlungsherd für andere Parasiten, wie z. B. Pohjporus sidfureus und Armülaria meVea sowie SphacrcUa maculiforniis. Der Grund, weswegen ich die Krankheit an dieser Stelle einreihe, liegt in den Ergebnissen einer eingehenderen Untersuchung, die ich mit Material aus Rennes anzustellen Gelegenheit hatte. In dem von Herrn Crie gesandten Begleitschreiben wü'd mitgeteilt , dafs das absterbende Astholz beim Zerbrechen oder Ablösen der Rinde einen Gärung an- zeigenden Geruch habe, und er vermute eine Umsetzung des Tannins, wobei Glykose und Alkoholgärung auftreten. Die eingesandten Zweig- proben waren reich mit Flechten besetzt, und die Blätter zeigten tief in die Intercostalfelder hineingreifende, vom Rande ausgehende Bräunung. Mafsgebend werden die Wurzeln, die ein holperiges Aussehen haben , da sehr zahlreiche , verschieden grofse, abgeflacht halbkugiige, schwarze, harte Polster die Oberfläche bedecken. Nach Behandlung mit Kalilauge, wobei das austretende flockige Tannin weinrot bis braun gefärbt wird, zeigen die Querschnitte , dafs es sich um Rinden- auftreibungen handelt, die noch von der normalen Korklage gedeckt sind. Die Primärrinde hat parenchymatische Wucherungen entwickelt, deren in fächerförmigen Reihen angeordnete Zellen farblose, in Schwefel- säure anscheinend schwer lösliche Wandungen und einen braunen, sehr festen Inhalt besitzen. Diese Rindenauftreibungen werden später von einer uhrglasförmigen , von der äufseren Korkschicht abgehenden Tafelkorklamelle abgeschnitten und diu-ch die nachwachsende Innen- rinde über die Wurzeloberfläche als Schwiele emporgetrieben. Die gesunde Rinde ist vollgepfropft mit Stärke. Bei dem eingesandten Material hatten auch die Zweige etwa ^U bis V2 mm breite , abgeflachte , halbkugelige , nur sehr wenig hervor- tretende Erhebungen der Rinde. In diesen zeigte sich der Anfang von mehi^schichtiger Lenticellenwucherung , wie solche in ausgedehntem Mafse bei den lohkranken Kirschen zu beobachten gewesen. Die an den Zweigen noch festsitzenden Blätter deuteten in ihrer Beschaffen- heit bereits die Wurzelerkrankung an. Sie zeigten eine vom Rande nach der Mittelrippe hin in den Intercostalfeldern fortschreitende Bräu- nung und Vertrocknung des Parenchyms. Dasselbe war schliefslich nur in der nächsten Nähe der Rippen noch grün. Die auf den kranken Blättern auftretenden schwarzen, gelb umsäumten, zerstreut stehenden, rundlichen Flecke , welche verschiedene Pilzansiedlungen enthielten, müssen als sekundäre Erscheinungen betrachtet werden. Der Befund an den Zweigen im Verein mit den Auftreibungen des Wurzelkörpers bringt die Krankheit, die uns von Crie als „Mal nero" bezeichnet wurde, in die Gruppe der Lohkrankheiten. Demgemäfs würde die Auswahl faseriger oder gut gekrümelter Böden, welche beständig reichliche Bodendm'ch- lüftung gewähren, das beste Vorbeugungsmittel gegen die Krankheit sein. 2. Unpassende Bodenstruktur. 221 Der Wurzelbrand, der Zucker- und Futterrüben. Als Wnrzelbrand bezeichnen wir eine Gewebeerkrankung, die sich schon einstellen kann, wenn die jungen Pflänzchen die Kotyledonen ent- falten oder die ersten Blättchen auszubreiten beginnen. Es erscheint unterhalb der Keimblätter am Stengelchen eine schwarze Stelle , die nach dem Wurzelende hin (weniger nach den Kotyledonen zu) an Ausdehnung gewinnt und einsinkt. Selbst wenn die junge Keimpflanze noch nicht einmal die Bodenoberfläche erreicht hat, kann die Er- krankung in den ersten Anfängen bereits kenntlich werden. Vanha beobachtete dabei ein Glasigw^erden des Gewebes, bevor dasselbe in Bräunung überging. Die Pflänzchen beginnen zu welken und knicken meist an der kranken Stelle um. Alsbald erfolgt dann der Tod. Wenn die Ki-anklieit auf eine kurze Stengelstrecke des hypokotylen Gliedes beschränkt bleibt und das Pflänzchen nicht umfällt, kann sich die ein- gesunkene Stelle ausheilen und ein normales Weiterwachsen eintreten. Wegen der Schwärzung der kranken , oftmals fadendünn zusanrmen- schrumpfenden Stelle unterhalb der Keimblätter bezeichnen die Praktiker die Erscheinung auch als „schwarze Beine" oder „Zwirn". Die- selbe Bezeichnung wird bei dem Schwarz werden und Erweichen des hypokotylen Gliedes unserer Kohlgewächse ebenfalls angewandt, beruht aber auf anderen Verhältnissen. Bemerkenswert ist , dafs bei ausgelegten Rübensamen zw.ir oft ganze Büschel von Pflänzchen erkrankt sich zeigen, dafs aber doch der Fall gar nicht selten ist, dicht neben den erkrankten auch ganz gesunde und gesund bleibende Sämlinge zu flnden. Ferner ist hervorzuheben, dafs die Krankheit gleichzeitig auf allen Stellen eines Feldes ge- funden wird, welche überhaupt die Erkrankung zur Entwicklung gelangen lassen, und dafs in der Regel mitten in erkrankten Ackern einzelne Flecke verschont bleiben. Mit dem Älterwerden der Pflanzen hört der Wurzelbrand auf. Die ausgeheilten Pflanzen pflegen allerdings gegen- über den gesund gebliebenen an Gröfse und Zuckergehalt nachzustehen und Neigung zu Vielscdiwänzigkeit und anderweitigen Verkrüppelungen za zeigen. Stoklasa M hebt hervor, dafs nicht alle Sorten gleich em])fänglich für Wurzelbrand sind. Die Krankheit kennt man seit Ausbreitung des Rübenbaues in den dreifsiger Jaliren des vorigen Jahrhunderts und, nach Stift-), begann 1S58 bereits auf einer Versammlung der Rübenzuckerfabrikanten des Zollvereins die Diskussion über die Ursache der Erscheinung. Von Seiten praktischer Rübenzüchter wurde damals die Ansicht ausgesprochen, dais die physikalische Bodenbeschaflenheit , nämlich die zu grofse Festigkeit der Erde die Schuld trage. Man hob hervor, dafs der Wurzelbrand nur da gefunden wird , wo der Boden oberflächlich fest geworden und nicht gelockert wurde : daher wäre fleifsiges Hacken zu empfehlen. Als die Wissenschaft sich der Frage bemächtigte, war die Parasiten- theorie bereits im aufsteigenden Aste ihrer Entwicklung. Zunächst gab •Julius Kuhn 1859 der Ansicht Ausdruck, dafs der Moosknopfkäfer {Ätomaria J/nraris Steplm.) Frafsstellen erzeuge, welche den Wm'zel- ') Stoklasa, Jri,., Wurzelbrand der Zuckerrübe. Centralbl. f. Bakteriologie. II. Abt., 1898, S. 687. -) Stifi', Axtox, Die Krankheiten der Zuckerrübe. Wien 1900. Verlag des Centralver. f. Rübenzuckerindustrie. 222 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. brand einleiteten. Ich habe Ähnliches beobachtet *). Auch die Tausend- füfsler und ähnliche Tiere wurden als Ursache herangezogen. Diese für eine längere Reihe von Jahren herrschende Ansicht wurde erst er- schüttert, als Hfllkiegel fand, dafs die Krankheit ohne tierische Be- schädigungen entstehen könne und in vielen Fällen schon von den Knäueln ausginge. Infolgedessen empfahl dieser Forscher ein zwanzig- stündiges Einweichen der Rübenknäule in eine einprozentige Karbol- säurelösung-). Als eine spezielle Pilzkrankheit spricht zu ungefähr derselben Zeit Karlson die Erscheinung an und hebt dabei hervor, dafs nur schwächliche Exemplare dem Wurzelbrande erliegen. Pflänzchen aus sehr gutem Saatgut oder durch energisches Wachstum sich kräfti- gende Sämlinge würden von den schon im Samenknäuel mitgebrachten Pilzen nicht bewältigt ^). Die aufser mit Karbolsäm^e auch mit Kupfer- vitriol vorgenommenen Beizversuche liefsen eine Verminderung des Wurzelbrandes erkennen. Trotz dieser nicht ungünstigen Erfahrungen mit dem Beizen legt Karlson doch das Hauptgewicht auf die Anzucht besonders ki-äftiger Sämlinge und macht unsere jetzige Kulturmethode, die nur auf die Gewinnung grofser Mengen von Samen hinziele und die Qualität vernachlässige , für die Ausbreitung des Wurzelbrandes ver- antwortlich*). Die Theorie der Samenbeize wurde von Wimmer, dem Mitarbeiter Hellriegel's, weiter ausgebildet. Von den verschiedenen, zur Beizung benutzten Stoffen erwies sich die Karbolsäure am vorteilhaftesten, und zwar bei Benutzung einer einprozentigen Lösung des „Acidum carboli- cum crudum 100 "/o Pharm. Germ. II." Auf einen Gewichtsteil Samen rechne man ungefähr 6 bis 8 Gewichtsteile Flüssigkeit. Günstig erwies sich auch eine Warm- sowie eine Kaltwasserbeize •^). Während Wimmer die Frage betreffs des Einflusses von Witterung imd Bodenbeschafifenheit unentschieden läfst, tritt Holdefleiss ent- schieden dafür ein, dafs nicht Parasitismus, sondern B odenbe schaffen - heit den Wurzelbrand veranlasse. Bei den die Krankheit begünsti- genden Böden fand er meistens eine reichliche Menge von Eisenoxydul, aber verhältnismäfsig wenig Kalk. Dabei war eine Neigung zum Verschlammen und Verkrusten der Böden unverkennbar, und dementsprechend war auch die Erfahrung, dafs nach reichlichem Hacken der Wurzelbrand sich ausheilte. Daraufhin empfiehlt dieser Forscher aufser dem fortdauernden Offenhalten der Rübenböden eine reiche Zu- fuhr von gebranntem Kalk (12 bis 15 Zentner pro Morgen), der am vorteil- haftesten zu den Vorfrüchten und nicht direkt zu den Rüben gegeben werde. Gute Erfolge einer Zufuhr von 7 Zentnern Ätzkalk pro Morgen sah auch Loges*'). Als weiteres begünstigendes Moment hebt Hollrung eine niedere Temperatur hervor und gedenkt dabei des Umstandes, dafs die Wurzelbranderkrankung niemals über die Erddecke hinaus auf die dem Luftzuge ausgesetzten oberirdischen Achsenteile hinübergreife. Er tritt mit Entschiedenheit dafür ein, dafs physikalische und chemische 1) Zeitschr. f. Pflanzenkr., 1892, S 278. 2) Hki,i,iuegki, , über die Schädigung junger Rüben durch Wurzelbrand usw. Deutsche Zuckerindustrie, Jahrg. XV, S. 745. Biedermann's Centralbl. 1890. S. 647. ^) Auch HdLLKUNG fand bei Aussaat von grol'sen Rübenknäueln einen geringeren Orad der Erkrankung. Dritt. Jahresb. d. Versuchsstat. f. Nematodenvertilgung. 1892. *) Blätter für Zuckerrübenbau, 1900, Nr. 17. "■j HuLLKUNG in Zeitschr. f. Rübenzuckerindustrie i. D. R., Bd. 46, Heft 482. •■') Bericht d. Landw. Versuchsstation Posen. 1891. 2. Unpassende Bodeustruktur. 223 Ursachen , welche bei kalten , luftabschlielsenden Ackern sich geltend machen, den Wurzelbrand veranlassen. Die Ansicht, dal's die Böden, auf welchen die schwarzen Beine der Rüben sich einstellen, gern verschlammen und abbinden, wird nach 8tift's Mitteilung (a. a. 0. S. 10 und 20) von Marek und Kk.\wczynski bestätigt; man fand in einem solchen Boden 77,25 "/o Feinsand. Diesen, noch von manchen anderen Beobachtern geteilten Anschau- ungen gegenüber blieb die Parasitentheorie, die in Frank ihren eifrigsten Vorkämpfer fand, bestehen. Frank, der mit Krügkr seit 181>2 eingehende Versuche ausführte, stellte fest, dafs aufser dem von Lohde aufgefundenen, bei vielen Erkrankungen von Keimlingspilanzon aus sehr verschiedenen Gattungen vorkommenden Piithiu»/ de Baryamrm und aufser der von Eidam erwähnten lihizocton/'a viohicea es einen sjDezifischen Rübenpilz, Pliowa Bctac Frank, gäbe, „welcher nicht nur die Herz- und Trockenfäule der erwachsenen , sondern auch den "Wurzelbrand der jungen Rüben ver- ursacht" M. Die mannigfachen Erfahrungen bei Feldversuchen liefsen selbst diesen Forscher jedoch bald erkennen, dafs Wetter und Boden- verhältnisse einen bestimmenden Einflufs ausüben. „Es bleibt dahin- gestellt, ob dadurch das Pflänzchen für den Pilzbefall empfindlicher wird oder ob sich dies nicht genügend dadurch erklärt, dafs das Wachstum durch das kalte Wetter verlangsamt und das Pflänzchen ungewöhnlich lange in dem Jugondzustande zurückgehalten wird, der an und für sich der krankheitsom[)fängli(he ist, während eine Keimpflanze, die durch AVärme rasch zur Entwicklung gebracht wird, eben dadurch rasch dem empfänglichen Zustande entwächst und der Gefahr schneller entgeht." In dieser Erklärung kommt nach mehrfachen Modifikationen der ur- sprünglichen Darstellungen bei Frank der Standpunkt zum Ausdruck, dafs aufser diesem spezifischen Krankheitserreger , dem Phonia , doch noch zum Zustandekommen des Wurzelbrandes ein bestimmtes Empfäng- lichkeitsstadium des Rübenpflänzchens gehört. Dieser Standpunkt wurde von SoRAUER schon früher vertreten, wobei er nachwies, dafs Wm^zelbrand auch ohne das Vorhandensein des Phoma zu finden sei, und dafs statt dessen Bakterienvegetation die Krankheitserscheinungen begleite. Die eingehendsten Untersuchungen über die Bakterien des Wurzelbrandes verdanken wh' Hiltxer, auf dessen neue Studien wir im folgenden be- sonders eingehen werden, nachdem wdr noch den Standpunkt von Stoklasa skizziert haben. Nach Stift's Mitteilungen (a. a. 0. S. 17) be- kennt sich auch Stoklasa zu der Tatsache, dafs Bakterien den AVurzel- brand der Rüben zu erzeugen vermögen, und er hält dazu folgende Arten für befähigt: Bacillus suhtüis, B. liquefackns, B. fluorescens liqnefaciens, B. mesentcrkus vulgatm und B. rmjcoides; letzteren erklärt Linhardt für den wesentlichsten Schädiger. Neuerdings ist auch Pseudomonas campestris genannt worden. Die von den vorgenannten Forschern als schädlich bezeichneten Witterimgs- und Bodenverhältnisse hält Stok- lasa für die Ursachen , welche eine P r ä d i s p o s i t i o n im Rüben- pflänzchen erzeugen. Er wendet seine Aufmerksamkeit speziell der Oxalsäure zu, die dm^ch den Lebensprozefs der Pflanze normal ge- bildet wird und als Kaliumoxalat vorhanden ist. Die giftig wirkenden löslichen Oxalate werden, wenn Calciumoxyd von den Wurzelhaaren aus dem Boden aufgenommen werden kann, zu dem unlöslichen ') Frank, A. B., Kampfbuch gegen die Schädlinge unserer Feldfrüchte, Berlin, Paul Parev, 1897, S. 117. 224 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Calcimnoxalat umgesetzt. Durch diese Uiischädliclimachmig der Oxal- säure hört die lähmende AVirkung derselben auf den Assimilations- prozei's auf, und die Pflanze gesundet. Wenn viel Salpetersäure im Boden vorhanden oder gar im Überschuis zugeführt wird (starke Chilisalpeterdüngung) , tritt allerdings eine Beschleunigung der Entwicklung, aber gleichzeitig auch eine Steigerung des Oxal- säuregehaltes ein. In solchem Falle wird die junge Rübenpflanze, falls sie nicht genügend Kalk aufnehmen kann, disponiert zum Wurzel- brande. Die eingehendste Studie über das Verhältnis der Bakterien zu der Krankheit verdanken wir , wie bereits erwähnt , Hiltner und Peters ^). Die Verfasser haben eine Anzahl von Versuchen angestellt und gefunden, dafs es Erden gibt, die fast niemals Wurzelbrand aufkommen lassen und umgekehrt auch solche , bei denen die Krankheit kaum zu vermeiden ist. Sie schliefsen daraus, dafs manche Erden eine gewisse Schutzlvraft zu verleihen imstande sind und erblicken diese schützende Eigenschaft in der Fähigkeit der immunisierenden Erden, die Wurzeln der Rübenjjflänzchen in ihren äufseren Zellschichten mit solchen Mikro- organismen zu versehen, welche den Wurzelbrand erzeugenden Pilzen und Bakterien das Eindringen verwehren. Diese Schutzscheide , die Hiltner und Peters schon früher bei Erbsen ebenfalls beobachtet, nennen sie „Bakteriorhiza". Wurde die Bildung dieser Schutz- scheide durch Sterilisieren der immunisierenden Erde und Abtöten der schützenden Bodenorganismen verhindert, so konnten die den Wurzel- brand veranlassenden Pilze und Bakterien, falls die Samen nicht vor- her gebeizt wurden, auf die junge Keimpflanze übergehen und die- selbe zerstören. Wie wenig aber die Organismen an sich zu fürchten und wie die Hauptsache für die Erkrankung in den Umständen zu suchen ist, welche die Pflanze erst empfänglich für jene Zerstörer machen, geht am besten aus den eigenen Worten der genannten Verfasser her- vor. Sie sagen (a. a. 0. S. 249) von dem Resultat ihrer Versuche: „Dieses Ergebnis aber lautet, dafs die Entstehung kranker Keime im Keimbett eine ziemlich komplizierte Erscheinung darstellt. Sie ist nicht, wie man bisher fast allgemein angenommen hat, ausschliefslich darauf zurückzuführen, dafs parasitische Pilze oder Bakterien den Knäulen anhaften und von diesen aus auf die Wurzeln übergehen; denn diese Organismen haben an sich nicht die Fähig- keit, die Rübenwurzeln zur Erkrankung zu bringen. Erst dadurch, dafs die Wurzeln durch den Einflufs bestimmter Stofte, namentlich von Oxalaten, in ihrer Widerstandsfähigkeit geschwächt worden, werden sie sonst harmlosen Parasiten zugänglich. " Nach Hiltner's Anschauung werden nun die disponierenden Stoff'e oder Zustände durch Zersetzungen der Gewebe an den Samenknäueln entweder auf dem Felde infolge ung-ünstiger Witterung oder später auf dem Lager durch zu starke Erwärmung erzeugt. Über die Förderung, welche das Auftreten des Wurzelbrandes da durch flndet, dafs die dabei vorzugsweise beteiligten Mikroorganismen (Phoma und Biicillui^ nnjcoldes) in ihrer Nährflüssigkeit bestimmte ^) HiLTNEu, L., und Petkhs, L., Untersuch van gen über die Keimlingskrankheiten der Zucke?- und Runkelrüben. Arb. d. Biolog. Abt. f. Land- u, Forstwirtsch. am Kais. Gesundheitsamt, IV. Bd , Heft 3, 1904, S. 207. 2. Unpassende Bodenstruktur. 225 organische Verbiiiclunoen vorfinden, berichtet eine Arbeit von Sigmund ^j. Nachdem Verfasser hervorgehoben, dafs genannte Parasiten allein die Kranklieit nicht zu steigern vermögen, erwähnt er, dals die Zahl der kranken Rübenkeime aber erhöht wird, wenn Glykokoll, Harnsäure, Asparaginsäure , Hippursäure , Leucin usw. sich in den Nährlösungen genannter Mikroorganismen finden und die Rübenknäule in diese Nähr- lösungen eingequellt werden. Wir haben bei dieser wichtigen Krankheit zunächst die An- schauungen und Beobachtungsresultate, wie sie im Laufe der Zeit hervorgetreten, einfach registriert, um zu zeigen, wie bei allen Be- obachtern trotz ihres ganz verschiedenen Standpunktes doch eine An- gabe als roter Faden sich hindurchzieht, nämlich der Einfiufs des Bodens '^ ). Dieser kommt am schärfsten bei den schweren, abbindenden Böden zum Ausdruck; er kann sich auch bei anderen Ackern ein- stellen, wenn dieselben durch irgendwelche Umstände verkrusten. Der Faktor, der vor allen Dingen unter solchen Verhältnissen sich geltend machen mufs, ist der Sauerstoffmangel. Welche Vorgänge im Boden, im Samen und in der jungen Pflanze dadurch eingeleitet werden, wagen wir vorläufig noch nicht zu präzisieren. Ebensowenig ist ein abschliefsendes Urteil darüber erlaubt, ob der Wurzelbrand eine Konstitutionskrankheit, also eine ziu" Gewebezersetzung führende Ab- lenkung der normalen Lebensfunktionen ist, oder ein parasitärer, d. h. einer dasselbe Resultat hervorrufender, aber durch notwendige Mit- wirkung von Miki'o Organismen bedingter Vorgang ist. Weini letzteres zutreffen sollte, was wir für die Mehrzahl der Fälle glauben, so kommt dabei aber die allseitig gefundene Tatsache ausschlaggebend in Be- tracht, dafs diese Organismen, gleichviel ob Mycelpilze oder Bakterien, nur zur zerstörenden Tätigkeit gelangen, wenn die Pflänzchen eine Disposition zur Aufnahme dieser Organismen erlangen. Und diese Disposition ist ein Produkt des Standortes unter bestimmten Witterungsverhältnissen. Also ist in erster Linie doch immer der Boden die nächste Ver- anlassung zu einer den Wurzelbrand einleitenden Abwegigkeit des Assimilationsprozesses. Ob diese Ablenkung stets in dem Überschufs freier Oxalsäure zum Ausdruck kommt, und ob das Übermafs der giftig wirkenden Säure dadurch hervorgebracht wird, dafs der Pflanzen- Icib mehr Säure bildet oder dafs weniger bei Sauerstoffmangel davon verbrannt wird, kann späteren Forschungen vorbehalten bleiben. Für unsere Zwecke genügt, zu wissen, die Krankheit ist ein Produkt bindiger Bodenbeschaflenheit unter ungünstigen Witterungs Verhält- nissen, namentlich bei nassem, kaltem Wetter. Damit kommen wir auf die Angaben der Praktiker zm^ück, die von Anfang an l)is auf die neueste Zeit behaupten, dafs in den Boden- verhältnissen die Ursache des Wurzelbrandes liegt. Lidem wir ein Beispiel dieser Äufserungen anführen, gelangen wir zu den sich von selbst ergebenden Bekämpf üngsmafsregeln. Bhiem Vi Wn.ii. SicMiND, Beiträge zur Kenntnis des Wurzelbrandes der Rübe. Natur- wissensch. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtschaft, 1905, S. 212. 2) AVeiteres Material aus praktischen Kreisen findet sich in den Jahresberichten des Sonderausschusses für Pflanzenschutz. Deutsch. Landw.-Gesellsch. 1892 bis 19* i5. Sorauer. Handlnich. 3. Aufl. Erster Band. 15 226 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. berichtet über einen Fall aus den Jahren 1904 und 1905^). Auf einem klargestürzten Felde bei Prag wiu-den 1904 bei kalter, feuchter Witterung und langsamem Wachstum die Fabrilo-üben massenliaft wurzelbrandig, obgleich bisher dort die Erscheinung selten gewesen. Auch heilten sich später die Rüben vollkommen aus. Dasselbe Feld trug im folgenden Jahre nach reicher Kali-, Stickstoff- und Phosphor- säuredüngung wiederum Fabrikrüben. Infolge der sehr nafskalten Witterung ging die Saat erst nach 14 Tagen (am 24. April) aiif. Die Befürchtung, dafs bei dem schwächlichen Wachstum infolge der kalten Nächte AVurzelbrand wiederum sich einstellen würde, blieb glücklicher- weise unbegründet, und die Anfang Mai eintretenden warmen Tage brachten das erste Blattpaar zu schneller, kräftiger Entfaltung. Als aber am 20. Mai ein heftiger Regengufs das Feld ungemein fest- geschlagen hatte und das Wasser nur langsam einziehen konnte, zeigten viele Pilänzchen nach fünf Tagen die Anfänge von Wiu'zelbrand. Dieses Beispiel der Folgen des plötzlich eingetretenen Luft- abschlusses in der vom Regen festgeschlagenen Erde zeigt, dafs in erster Linie das ständige Offenhalten der Bodenoberfläche durch Hacken geboten ist. In zweiter Linie wird die Zufuhr von gebranntem Kalk empfohlen werden müssen, selbst wenn der Boden kalldialtig ist. Die Wirkung des Kalkes wird nicht immer als Nährstoff in Betracht kommen, sondern als mechanisches Bodenverbesserungsmittel , indem er die Krümelung erhöht. Auch Superphosphat hat gute Erfolge gezeigt^). Der Benutzung eines möglichst la-äftigen Saatgutes ist in den ge- fährdeten Ackern erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Will man zur Samenbeize schreiten, was unserer Anschauung nach von zu geringem Vorteil ist'\), so bediene man sich der Karbolsäure- lösung. Zum Beizen von V2 dz Rübensamen löst man 1,5 kg Karbol- säure {Aciduni carholicmn liquidum crudiiin 100*^/0) oder auch die teiu-ere, reine , kristallisierte in 3 hl Wasser. Zur Prüfung der gewünschten Löslichkeit schüttele man 0,5 g in 1 1 Wasser wiederholt durch; die Lösung mufs in 5 bis 10 Minuten erfolgt sein. AVenn nunmehr die ganze Beizflüssigkeit hergestellt ist, werden die Samen hineingeschüttet und im Verlaufe der nächsten Stunden wiederholt und kräftig um- gerührt. Sodann beschwert man die Samen mit Brettern und Ge- wichten , so dafs sie gänzlich von der Flüssigkeit bedeckt bleiben. Nach etwa 20 Stunden nimmt man die Samen heraus und breitet sie in dünner Schicht in einem recht luftigen Räume aus, wobei sie mehr- mals umzuharken sind. Sobald das Saatgut genügend abgetrocknet ist, kann es gedrillt werden, kann aber auch, wenn es vollkommen abgetrocknet ist, lange Zeit liegen bleiben, ohne zu leiden. Will man die Beizflüssigkeit mehrmals benutzen, braucht man nur den jedesmaligen Verlust durch Nachgiefsen der gleichen Lösung zu ergänzen ; doch tut man bei der Billigkeit des Mittels gut , dieselbe Lösung nicht zu oft zu verwenden*). 1) Brikm, H., Wurzelbrandentdeckung und kein Ende. Blätter f. Zuckerrüben- bau V. 15. Juni 190.5. ■'') Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., 1896, S. 54 u. 340. Landwirt, 1896, Nr. 15, 17, 21. Jahresber. d. Sonderausschusses f. Pflanzenschutz, 1902. ■'') Hii/iNKu in Mitteil. d. pflanzenphysiolog. Versuchsstat. Tharand. Sachs. landw. Zeit. 1904, Nr. 16-18. *) Wii.FAKTH, H., und WiMMKR, G. , Die Bekämpfung des Wurzelbrandes der Rttben durch Samenbeizung. Zeitschr. d. Vereins d. Deutschen Zuckerindustrie, Bd. 50, Heft .529. 2. Unpassende Bodenstruktur. 227 Statt der Beize erscheint uns das Kandieren des Saatgutes mit kolilensam^em Kalk vorteilhaft. Die Hauptsache bleibt die Bodenbearbeitung; denn auch das vorsichtigst behandelte, bei den Keimproben tadellos be- fundene Saatgut kann erki-anken. In dieser Bezieliung gibt Hilt^er in seiner vorerwähnten Arbeit sehr beachtenswerte Winke. Es wird bisher im Handel nach vereinbarter Methode die Güte des Samens nach seinem Verhalten im Keimbett geprüft. Nun zeigt sich, dafs die Menge der kranken Keime um so höher steigt, je länger man die Knäule im Keimbett bcläl'st. Die Versuche ergaben, dafs wemi man z. B. die Keime am neunten Tage dem Sandkeimbett entnahm, man oft mehr als zehnmal so viel kranke feststellen konnte als am sechsten Tage. Dazu kommt, dafs wenn die Knäule dicht beieinander liegen, die gegenseitige Ansteckung eine beträchtliche ist. Aufserdem ist die Zahl der er- krankenden Keime ganz verschieden, je nachdem man sie vorquellt oder nicht und je nachdem man zum Vorquellen destilliertes oder kalkfreies oder kalklialtiges Leitungswasser benutzt. Zieht man schliefslich in Betracht, dafs die Bodenbeschaftenlieit ausschlaggebend für das spätere Verhalten der Keime wird , so kommt man zu dem Schlufs , dafs die .jetzt üblichen Methoden der Saatgutbeurteilung keinen Schutz und keinen Mafsstab für den Rübensamen gewähren. Um einen Einblick in die Keimfähigkeit des Saatgutes zu erhalten, werden die Rüben- knäule in möglichst verschiedenen Keimbetten und nach verschiedenen Methoden geprüft werden müssen^). Aber die besten Keimresultate geben in keiner Weise eine Garantie betrefi's des Wurzelbrandes. Dieser hängt in seinem Auftreten davon ab , ob die in den vertrockneten Blütenhüllen der Samen vorhandenen Mikroorganismen im Boden Gelegenheit finden, sich derart zu entwickeln, dafs sie die jungen Priänzchen anzugi^eifen vermögen. Tropenkulturen. In Rücksicht auf den von mir vertretenen Standpunkt, dafs bei vielen unserer Kulturen den Bodenverhältnissen, namentlich der physi- kalischen Bodenbeschatfenheit zu wenig Rechnung getragen wird, glaube ich auch auf die Ansprüche der tropischen Kulturpflanzen an die |)hysikalischen Eigenschaften der Kulturländereien hinweisen zu müssen. Betreflfs der tropischen Kultur stütze ich mich auf die Angaben von Fesca^), der mehrfach eigne Erfahrungen mitzuteilen weifs, und ferner auf die neuen Publikationen des Biologisch-Landwirtschaftlichen Fustituts Amaui^). ') Über Verschiedenartigkeit der Keimung gleichbehandelten Saatgutes in Sand und Erde vergl. die Mitteilung von Marek im Jahrb. d. Deutsch. Landwirtsch. Ges., 1892. 2) Fk.sca, Der Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen. Berlin, Süsserott. Bd. I, 1904. ^) Wie oben gesagt, dienen die Angaben über die Krankheitserscheinungen tropischer Kulturptlanzen hauptsächlich als Hinweis auf die Beachtung der Boden- und Witterungsverhältnisse als Krankheitsursache. Wir können vxns bei den Schilderungen um so kürzer fassen, da eine reichhaltige Literatur spezielle Studien leicht ermöglicht. Aufser den bereits S. 65 bis 67 erwähnten Zeitschriften bieten die neuen Publikationen der Usambara-Po.st wertvolles Material: „Der Pflanzer", Ratgeber für tropische Landwirtschaft unter Mitwirkung des Biologisch-Landwirt- schaftlichen Institutes Amani, herausgegeben durch die Usambara-Post, 1905. 15* 228 I- Ivranklieiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Wie wir sehen werden , handelt es sich bei den Schädigungen, ähnhch wie in den gemäi'sigten Klimaten, viehach um Erscheinungen des Sauerstoflinangels, den schwere oder bei der Kultur sich verdichtende Böden zutage treten lassen. Manche Pflanzen der Tropen sind in der Lage, Hilfsorgane bei Sauerstoffnot zu entwickeln. Ähnlich den Ad- ventivwurzeln aus den Stammorganen verschütteter oder verschlammter Bäume können die Palmen {Phoenix^ Kentia, Chamacrops usw.) senk- recht aus der Erde hervorwachsende Wurzelzweige entwickeln, die eine eigenartige Atmungs Vorrichtung besitzen (P n e u m a t h o d e n) ; die- selbe erscheint als ein mehliger Überzug, der von der Spitze der Wurzel aus sich auf eine gewisse Strecke abwärts zieht. Diese mehlige Be- schaffenheit entsteht durch Vermehrung, Vergröfserung und Lockerung der äuiseren Lagen der Wm'zelrinde unter Sprengung der Epidermis und fast gänzlichem Fortfall des Sclerenchymringes. JosT^j stellte experimentell bei Phoenix fest, dafs diese Pneu- mathoden im Boden verbleiben, wenn derselbe gut durchlüftet wird; dagegen erheben sie sich über die Topfoberfläche , wenn der Topf unter Wasser gesenkt wird. Ahnliche Einrichtimgen wurden auch bei Pandanus, Saccharum und Cyperns gefunden. Die Wurzelfäule des Zuckerrohrs. Unter den zahlreichen Krankheiten des Zuckerrohrs s])ielt die Wurzeffäule eine hervorragende Rolle. Auf Java gilt sie als der schlimmste Feind der Zuckerrohrkultur. Es hat natürlich nicht daran gefehlt, die auf kranken Wurzeln sich ansiedelnden Mikroorganismen ( Verticillium (Hypocrea) Saccheri, Cloclospornaii javanicum Wakker, Allan- tospora radicicola Wakker, Bythium usw.) als Ursache heranzuziehen; indes haben die neuen Untersuchungen von Kamerling^J die schon früher von ihm und Suringar^) ausgesprochene Vermutung, dafs es sich um eine Konstitutionskrankheit infolge von Bodenverdichtung handele, nun- mehr aufser Zweifel gesetzt. Schon Ragiborski hat erwiesen, dafs durch Verpflanzen des Zuckerrohrs, das an dieser als D ongkellanziekte bekannten AVurzelkrankheit litt, in ein anderes Erdreich die Pflanzen gesund wurden. Die Krankheit tritt vorzugsweise aiff' schweren Ton- böden auf und zeigt sich auf Java in einem akuten Absterben der Pflanzen bei Beginn des Ostmonsuns, nachdem dieselben eine abnorme Verzweigung des Wurzelkörpers und Verkümmerung der Wurzelhaare schon lange vorher haben erkennen lassen. Verfasser untersuchte die Böden , auf denen die Krankheit sich einstellte , und fand , dafs die Krümelstruktur des Bodens gering war und derselbe sich leicht schlofs. Die Durchlässigkeit der Böden kann durch Humuszufuhr verbessert werden, da Humus ebenso wie Ferrihydroxyd oder ferrireiche Silikate die Krümelbildung begünstigen. Da sich der Humus durch Oxydation allmählich verliert, so ist din'ch erneute Zufuhr von Stallmist, Reis- ^) JosT, Ein Beitrag zur Kenntnis der Atinungsorgane der Pflanzen. Bot. Zeit. 1887, Nr. ?,1. 2) KAMKin.iN(i, Z., Verslag van het Wortelrot-Oenderzoek, Soerabaia, 1903, 209 S. mit 19 Tafeln. ^) Kameiü.ini;, Z., en SruiNGAH, H. , Oenderzoekingen over ouvoldoenden groei en ontijdig Afsterven van het riet als gevolg van wortelziekten. Mededeelingen van het Proefstation vor Suikerriet en West-Java, Nr. 48; cit. Zeit.schr. f. Pflanzenkr., 1901, S. 274, und 1904, S. 88. 2. Unpassende Bodenstruktiir. 229 stroli oder Gründünouno; dafür zu sorgen, dals die Bodenlockerlieit erhalten bleibt. Nach den Studien von Wakker^) scheinen auch manche Blatt- fleckenkrankheiten entweder direkt von Bodennässe erzeugt oder (bei parasitärer Natur) doch durch die Nässe begünstigt zu werden. Der Verfasser fand in der Umgegend von Malang eine „gelbe Streifenkrank- lieit", „Rost", „Ring-fleckenkranklieit", sowie die rote und gelbe Flecken- krankheit, Während er die erstgenannten für parasitäre, durch die Nässe begünstigte Erscheinungen ansieht, erklärt er die gelbe Fleckenla^ankheit, bei der die Blätter etwas langgezogene, miteinander verschmelzende, grüngelbe Flecke erhalten, für eine erbliche Konstitutionslvrankheit. Krankheiten der Baumwolle. Die Mehrzahl der Baumwollkrankheiten ist zurzeit unter den j^ara- sitären Erscheinungen zu suchen. Ob dies immer so bleiben wird, be- zweifele ich. Mit der Überzeugung, dafs viele der gefundenen Mikro- organismen als Schwächeparasiten anzusehen sind, mufs natürlich der erst existierende Faktor als ausschlaggebend betrachtet werden, nämlich die die Schwächung veranlassende Ernährungsstörung, welche erst die Möglichkeit für die Pilzansiedlung bietet. Und diese wird in erster Linie in den Witterungs- und Bodenverhältnissen gesucht werden müssen. Beispiele von Ki-anldieiten, bei denen der Boden allein bei der nassen Jahreszeit als Ursache angesehen wird, werden aus unseren ostafrika- nischen Kolonien durch Vosseler^) gemeldet. Im Jahre 1904 trat im Bezirk Kelwa eine „Stengelbräune" auf, welche der dortigen Gegend mehr als alle bis dahin aufgetretenen Krankheiten Schaden zugefügt hat. Es entstehen braunschwarze Rindenflecke unterhalb des Gijjfels am Hauptsprofs •, infolgedessen erfolgt ein Absterben dieses Teils sowie der oberen Nebensprossen. Die Krankheit erschien aber nur auf so- genamitem sauren Boden, Eine zweite , längs der ganzen Küste verheerend auftretende Er- scheinung war die Blattrotfleckenkrankheit, Die Blätter bekommen einen blassen, mit zackiger Grenze scharf gegen die Innenfläche ab- stechenden Rand. Dann erhält das ganze Blatt erst dunkelrote Flecke oder gleichmäfsige rote Färbung, womit oft eine Verkrümmung der Blatt- fläclie verbunden ist. Das Verschwinden des Übels bei eintretender Trockenheit deutet darauf hin, dafs bei der herrschenden nassen Witte- rung der Boden die Baumwollkultur ungünstig beeinflufst hatte. VosSELER scheint auch zu vermuten, dafs die gefürchtete „Welk- krankheit" (Wilt discase) zu den klimatischen Ki'ankheiten zu ziehen sei, und weist darauf hin, dafs durch Anzucht von Pflanzen aus Samen gesunder Stöcke in erki'anlcten Feldern immune Rassen erzogen werden könnten. Nach Schellmann ^) verträgt' die Baumwolle keine steifen Tonböden und keine sauren Humusböden. ') Wakkeh, J. H., De Bladziekten te Malang. Archiev voor de Java-Suiker- industrie, 1893, Atlevering 1. 2) VossEi.ER, Zwei Baumwollkrankheiten. Immune Baumwollsorten. Mitteil. Biolog.-Landwirtsch. Institut Aniani. 1904, Nr. 32. ») Der Pflanzer, üsambara- Post 1905, Xr. 1. Daselbst auch die ältere Literatvir. 230 !• Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Die Ricinusknltnren. Obgleich Ricinus in der subtropischen und selbst in der gemäfsigten Zone noch gedeiht, kommt derselbe nach Zimmermann^) doch als Kultur- pflanze betreös Gewinnung ölreicher Samen nur für die Tropen in Betracht, wo er von der Meeresküste bis zu einer Höhe von etwa 1(>0() m wächst. Ausschlaggebend ist für Ricinus allerdings ein reicher Nährstoffvorrat, da er sehr starke Ansprüche an den Boden stellt. Demnächst verlangt die Pflanze grofse Wassermengen, solange sie in der vegetativen Periode sich befindet. Später aber spricht die physi- kalische Bodenbeschafifenheit mit, indem alle Böden, die nicht drainiert sind und dauernd feucht bleiben, die Kultur nicht gedeihen lassen. Diese Beobachtungen in den Tropen stimmen mit den Erfahrungen, die wir bei der Kultur von Ricinus als Zierpflanze machen, überein. Zur reichen Entfaltung kommen die Pflanzen nur, wenn sie einen grofsen Bodenraum und lockere , nährstoffreiche Erde zur Verfügung haben. Bei der Anzucht in Töpfen, denen man durch Düngesalze viel Nahrung zuführen will , verschlämmt die Erde , und die Pflanzen bleiben klein und schwächlich. Der Tabak. Ein sehr lehrreiches Beispiel über den ausschlaggebenden Einflufs des Bodens liefern die Beobachtungen von Hunger^) über die Ent- wicklung des Deli-Tabaks und sein verschiedenartiges Verhalten gegen- über der „Mosaikkrankheit", über welche in dem Abschnitt über die enzymatischen Krankheiten ausführlicher berichtet werden soll. Ein Boden aus weifsem Klei, sagt Hunger, der viel Sand bei- gemengt enthält, ist bei günstigen Niederschlagsverhältnissen der beste für dünnblätterigen Tabak, aber zugleich auch für das reichliche Auf- treten der Mosaikkrankheit in der Form des sogenannten „Kopf bunt". Hier macht die Pflanze den Eindruck des „Überwachsens": lange Internodien, gelbgrünes Laub, nach dem Köpfen zahlreiche Seiten- sprossen, welche sämtlich erkranken. Fehlt dem Kleiboden jedoch der Sand und wird er lehmartig, dann wird er für die Tabakkultur unbrauchbar. Der Wurzelkörper der Pflanze ist gering entwickelt und häufig verkrümmt; die Blätter zeigen unrichtige Längenverhältnisse und besitzen geringe Qualität. Die Mosaikkrankheit tritt hier schon ein bis zwei Wochen nach dem Verpflanzen auf. Die roten Verwitterungsböden von Ober-Langkat sind ziemlich fest; die Pflanzen sind hier gedrungen; die dicht über- einanderstehenden Blätter sind nicht besonders dünn, und die Mosaik- krankheit kommt wenig vor; sie erscheint nur ausnahmsweise auf den nach dem Köpfen nur spärlich entwickelten Trieben. Auf den schwarzen humusreichen Böden zeigt der Tabak eine enorme , wohl proportionierte Entwicklung ; die sehr grofsen Blätter sind dunkelgrün und dünn. Mosaikkrankheit häufig. Auf dem torfähnlichen, porösen, mit grofser Wasserkapazität ver- ') Zimmermann, A., Die Ricinus-Kultur. Der Pflanzer, Ratgeber für tropische Landwirtschaft unter Mitwirkung des Biologisch-Landwirtsch. Institutes Amani, herausg. durch d. Usambara-Post. -) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh., 1905, Heft 5. Hinger hat als Botaniker der ^Versuchsstation für Deli-Tabak (VIII. Abt. d. Bot. Gart, zu Buitenzorg) das um- Beobachtungsmaterial zur Verfügung gehabt. 2. Unpassende Bodenstruktur. 231 sehenen Paja- Boden tritt die Mosaiivkrankheit fast gar nicht anf. Die enormen Blätter welken fast niemals in dem wasserhaltenden Boden, sind aber sehr dick und ölreich, werden bei dem Fermen- tieren immer dunkelfarbig und sind daher nicht sein- preiswert. Auf neuem Paja-Boden kann Lman auch durch Köpfen keine Mosaikkrank- heit hervorrufen. Kaffee. Der am meisten Beachtung verdienende Baum unserer Tropen- kultur, der Kaffee, ist besonders empfindlich gegen extreme Boden- beschaffenheit. Obgleich ihm Trockenperioden nicht zusagen und er am liebsten in einem Erdreich steht, das auch zu Zeiten der Dürre sich frisch erhält, so verträgt er doch Trockenlieit noch besser wie Boden- nässe. Wenn er während der Regenzeit nur wenige Tage versumpft, soll er unrettbar dem Tode verfallen. Hinreichende "Wasserkapazität des Erdreichs verbunden mit reichlicher Durchlüftung sind somit Haupt- erfordernisse. Ein frisch gerodeter Waldboden wird als besonders günstig für die Kaffeekiütur bezeichnet. Wahrscheinhch sind der schwarze Rost (surirtc rocst) und die Krebs kr ankheiten (Natal- krebs und Javakrebs) (Djamoer oepas) mit ihren Cambium-Erkrankungen physiologische Störungen, die durch unpassende Boden- und AVitterungs- verhältnisse eingeleitet werden und spätere Pilzansiedlungen zur Folge haben. Gegen undurchlässigen Boden soll der Liboriakaliee nicht so empfindlich wie der arabische sein und noch dort gedeihen , wo der letztere versagt M. Die als „Blorokziekte" von Zimmermann 2) beschriebene Blatt- krankheit scheint mir auch hierher zu gehören. Die Blätter bekommen wolkige, gelbe Flecke, an denen die Oberhaut später einsinkt und der ZeUinhalt sich bräunt. Die Bäume auf Java werden zwar nicht davon getötet, aber in ihrer Fruchtbarkeit aufserordentlich herabgedrückt. Als eine Folge übermäfsiger Wasserzufuhr betrachtet Zimmermann^) die bei Coffea Jihcrica selten, bei C. arahica häufiger auftretenden sogen. „Sternchen", d. h. vorzeitig sich öffnende, noch nicht vollkommen entwickelte und daher unfruchtbar bleibende Blüten. Die Erschei- nung ist nicht mit der unter gleicher Bezeichnung gehenden Schwarz- färbung der Blütenknospen, die schliefslich ungeöffnet abfallen, zu verwechseln. Verschiedene Arten von Wurzelschimmel sind be- schrieben und als Ursache von Wurzelfäule angesprochen worden*)-, ich glaube , dals man auch hier zu studieren haben wird , ob diese parasitären Pilzformen nicht erst dann schädlich eingreifen , wenn die Wurzeln bereits durch ungünstige Ernährungsverhältnisse geschädigt worden sind. Kakao und Tee. Betreffs des Kakaobaumes sagt Fesca : „Extreme Bodenarten, sowohl magerer Sand , wie zäher Ton sagen dem Kakaobaume nicht zu. Hinsichtlich Tiefgründigkeit , Frische , ohne an Grundwasser zu ') Dki.achoix, G., Les maladies et les ennemis des cafeiers. II edit. Paris, Chalamel, 1900, S. 8. 2) Teysmannia 1901, S. 419. ^) Eenige Pathologische en Physiologische Waarnemingen over Koffie. Mede- deelingen uit S'Lands Plantentuin. " LXVII. *) Bolletini del Instituto Fisico-Geographico de Costa Rica, 1901. 232 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. leiden, sowie an Humus- und Nährstoffgehalt stellt derselbe noch höhere Ansprüche als der Katfee." Über den Tee äuisert sich der- selbe Autor, der in Japan selbst gute Teeböden analysiert hat, dafs er im gesetzterem Zustande derselben 30 bis 40 "/o Wasser bei kapi- larer Sättigung gefunden habe. Der Tee verlangt einen hinreichend tiefgründigen Boden, der frei von stagnierendem Grundwasser ist; gegen letzteres ist er sehr empfindlich. Auch hier wird ein noch nicht näher bekannter Pilz als Ursache einer Wurzelkrankheit beschrieben; er soll, besonders auf nassem Boden, ein frühes Absterben der Sträucher zm' Folge haben; jedoch versichert Fesca'), dafs die Kranklieit auf gut durchlüfteten Böden nicht von ihm jemals gesehen worden sei. Auf unzusagenden Standort möchten wir auch die von Zimmermann ') be-. schriebene Erkrankung junger Teepflanzen zurückführen, obwohl ein mit gelappten Haustorien versehenes Mycel in den Krankheitsherden be- obachtet worden ist. Die Blätter erschlaffen und werden mifsfarbig ; der Stengel bräunt sich an der Basis oder an höheren Stellen, während das Wurzelwerk gesund erscheint. Manchmal zeigen nur die Blätter, nament- lich am Hauptnerv, braune Flecke. Die von den kranken Stengelteilen zur Entwicklung gebrachten Pilze (Nectrieen) konnten bei Impfversuchen die Krankheit nicht hervorrufen. Bei trockner Witterung liels die Krankheit bedeutend nach. Auch das Verpflanzen der Keimlinge von den dichten Saatbeeten führte zu einem Stillstand der Krankheits- erscheinungen. Wenn hier in möglichster Kürze der Bodenansprüche unserer hauptsächlichsten tropischen Kulturpflanzen gedacht worden ist, so mufs noch hinzugefügt werden, dafs natürlich das Klima der ausschlaggebende Faktor bleibt. Unter diesen klimatischen Faktoren wird auch der Luftfeuchtigkeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen, da die Güte der Ernte oftmals wesentlich davon ab- hängig ist. Bei den Kakaokulturen in Kamerun z. B. läfst sich be- obachten, dafs die quantitative Produktion der Bäume eine ungewöhnlich reiche ist, aber die Qualität der Früchte infolge der grofsen Feuchtig- keit nur mittelmäfsig ist. Hier leben sich die Bäume auch schnell aus. Anderweitige T r o p e n k u 1 1 u r e n. Von den GetreidegTäsern ist es zunächst der Mais, der einen tief- gründigen, mürben, von Grundwasser freien Boden verlangt und zähen Ton nicht verträgt. Ebenso verhält sich Sorghum, das noch empfind- Ucher gegen kalte Nässe ist als der Mais und wegen seiner tiefen Be- wurzelung sehr widerstandsfähig gegen Dürre sich zeigt. Daher der Anbau in der tropischen und subtropischen Steppe. Ganz ungeeignet für feste Böden, vorzüglich aber in lockeren Bodenarten an dürren Ortlichkeiten ist die Neger- oder Pinselhirse {Pennisetum spicatum). Die anderen Hu'searten verhalten sich ähnlich. Die Leguminosen, die wegen ihrer meist kurzen Vegetations- dauer zum Anbau als Nachfrucht sich besonders eignen, dürften für die Tropen und Subtropen nicht mu- als Stickstoffsammler und als ausgezeichnetes Nährmaterial gTofse Bedeutung beanspruchen, sondern auch wertvoll durch ihre geschlossene , vor Verhärtuno- schützende 1) A. a. 0. S. 273. 2) Zimmermann, Untersuchungen über tropische Pflanzenkrankheiten. Sonder- berichte über Land- und Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika, Bd. II, Heft 1, 1904. 2. Unpassende Bodenstruktur. 233 Bodenbeschattuno- und als lockernde Gründüngungspflanzen werden. Ein gutes Gedeihen zeigen die Pflanzen in trocknen Böden, und dem- gemäis werden ihnen in Gegenden mit reichen Niederschlägen schwere Böden verderblich. Eingehendere Studien über Sorghum-Krankheiten und ihi-e Beziehungen zu Witterungsverhältnissen hat neuerdings Busse geliefert ^). Von den Knollengewächsen beansprucht die Batate etwa die- selben Kultm^bedingungen , wie bei uns die Kartoffel. Auch die C a s s a V e n ( Manniok) verlangen tiefgründigen , losen , trocknen , aber humusreichen Boden. Die Feuchtigkeit liebenden, Arrowroot liefern- den Maranta-Arten beanspruchen ebenfalls Lockerheit des Bodens; daher erweist sich jmigfräulicher Boden wegen seiner Festigkeit wenig geeignet. Selbst Taro. die Knollen der verschiedenen Colocasia- Ai'ten, welche sehr viel Feuchtigkeit beanspruchen, gedeihen doch nur g-ut, wenn der Boden durchlässig ist. Dasselbe gilt für die Yams- wurzel, die von verschiedenen Arten der Gattung Dioscorea gewonnen wird. Betreffs der Mohnkultur und Opiumgewinnung sei auf die Arbeit von K.Braun 2) und bezüglich der Kautschukpflanzen und zwar speziell des Lianen- , Wm-zel- und Kräuterkautschuks auf die Studien von ZiMMEHMANN ^j verwiesen. Mittel zur Beseitigung der Nachteile schwerer Böden. Drainage. Wir haben hierbei nicht nur die tonreichen Böden ins Auge zu fassen, sondern auch diejenigen sandigen, deren Korn- struktur eine so feine ist, dafs sie so dicht wie Tonboden werden können. Von den Mitteln, welche die Praxis zur Erhöhung der Boden- lüftung anwendet, verdient in erster Linie die Drainage genannt zu werden, welche ebenso nützlich durch die Erleichterung des Luftaus- tausches in den Bodenzwischenräumen wie durch die Entfernung stagnierender Wassermassen wirkt. Der Drainstrang wirkt nach jedem Regen wie ein Luftsaugapparat. Wenn der Regen kommt und die Bodenräume ausfüllt, nimmt er die gegenüber der Atmosphäre sauer- stofl'ärmere . aber kohlensäurereichere Luft fort. Da aber der Regen durch die Drainstränge schnell aufgesogen wird, strömt ebenso schnell säuerst olifreiche Luft von der Oberfläche her in die Poren hinein und erhöht somit die Oxydationsvorgänge im Boden und die Tätigkeit der sauerstofl'bedürftigen Wurzeln und der Miki'oorganismen. Die Befürchtung, dafs durch die Drainage die Felder an Nähr- stoffen verarmen, ist wohl nur selten zutreffend, da die zahh-eichen Untersuchimgen von Drainwässern nur geringe Spuren von durch die Krume absorbiertem Kali und Ammoniak sowie von Phorphorsäure aufweisen. Salpetersaure Salze allerdings gehen in gröfserer Menge verloren; aber dieselben werden bei ihrer leichten Löslichkeit im nicht drainierten Boden ebenfalls teilweis in den Untergrund gewaschen werden. Nicht zu unterschätzen ist ferner die durch die Drainage an- wachsende Erwärmbarkeit der Böden mid die dadiu"ch erzeugte Ver- 1) Wai.tki! BrssK, Untersuchungen ü})er die Krankheiten der Sorghum-Hirse. Arb. d. Biolog. Abt. f. Land- u. Forstwirtschaft a. Kais. Gesundheitsanite, Bd. IV, Heft 4. 1904. •-) Der Pflanzer, 1905. Xr. 11, 12. 3) Derselbe 1905, Nr. s— 10. 234 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. besserung der Ernte , von welcher man im allgemeinen sagen kann, dal's der nasse und deshalb kalte Boden nährstoffärmere Produkte liefert. Warum der nasse Boden ein kalter ist, ergibt die Betrach- tung, dais, wenn das Wasser eine spez. Wärme = 1 hat, die höchste spez. Wärme, die ein Boden überhaupt zeigt, nur = 0,5 ist, also höch- stens die Hälfte derjenigen des Wassers beträgt. Entfernt man also durch Drainage den schwierigst zu erwärmenden Körper, so mufs der Boden wärmer werden. Vor der Drainage bleibt der Boden im Früh- jahr lange kalt, was ein späteres Erwachen der Vegetation, ein späteres Keimen der Samen veranlal'st. Ein kalter Standort für die junge Pflanze wirkt doppelt störend, da er eine Verzögerung der Ausbildung gerade in einer für die ganze spätere Pflanze maisgebenden Entwicklungsphase hervorruft. Die Bewurzelung wird dürftig , das Aussehen siech , und spätere günstige Temperaturverhältnisse vermögen den Schaden nicht mehr auszubessern. Als Beispiel mag einer der mit Winterroggen von Stökhardt^) ausgeführten Versuche dienen. Die Versuchsparzellen unter- schieden sich durch Drainage und Bodenlockerung. Eine Parzelle war durch etwa 2,5 cm weite Drains in geringer Tiefe durchzogen, und zwar derart, clafs an einem Ende des Stranges die knieförmig gebogene Röhre schornsteinartig nach der Bodenoberfläche mündete. Diese, sowie eine zweite Parzelle ohne Drains waren 50 cm tief gelockert, während eine dritte nur 25 cm tief gegraben und nicht drainiert war. In Bestätigung früherer, mit Lupinen, Hafer u. dergl, erhaltener Resultate ergab die Ernte, obgleich die jungen Pflanzen bis zum Frühjahr keine Unterschiede zeigten, ein erhebliches Plus auf der drainierten Parzelle. Pro Morgen berechnet, betrug die Ernte Stroh und In Körner Spreu Summa kg kg kg Parz. I drainiert und 50 cm tief umgegraben 539 1470 2009 „ H undrainiert, 50 cm tief gegraben 411 928,5 1339,5 „ HI undrainiert, 25 cm tief gegraben 338 859,5 1197,5 Körnergehalt Stickstoffgehalt pro Scheffel der Körner kg o/o ParzeUe I 40,80 2,18 „ n 39,85 1,83 „ HI 37,70 1,83 Über den Nutzen der Drainage zur E n t f e r n u n g von Eise n aus Neubrüchen sagt Pätz^): „Grewöhnlich findet man das Eisen unmittelbar unter der Ackerkrume und zwar in der Höhe des gewöhn- lichen Grundwasserstandes, Das Grundwasser bringt das Eisen mit nach oben und verkittet in vielen Fällen in der gewönlichen Höhe des Grundwasserstandes die Sandkörnchen im Boden derart, dafs man sehr oft bei Ausführung einer Drainage einen harten, steinähnlichen, roten Boden findet. Diu-ch Herstellung einer richtig systematisch angelegten Drainage , wobei die Horizontalen von den Saugdrains rechtwinklig durchschnitten, die letzteren mindestens eine Tiefe von 1,2 m haben und die Entfernung zwischen je zwei Drains auf das Zehnfache der ') Chemische Ackersmann, 1859, S. 232; 1861, S. 100; 1864, S. 22. 2) Hannoversche landw. Zeit. 1880, Nr. 45; cit. Biederm. Centralbl. f. Agrik.- Chemie, 1880, S. 911. 2. Unpassende Bodenstruktur. 235 Tiefe angenommen ist, wird der Grundwasserstaiid Lis zur Tiefe der Drains niedriger gestellt und dem Boden oberhalb der Stränge kein Eisen mehr zugeführt. Das bereits vorhandene Eisen wird durch die atmosphärischen Niederschläge gelöst und den Drainsträngen zugeführt, oder es verbleibt dem Boden als unschädliches Oxyd." Bodenbearbeitung. Da, wo es sich nicht um die Fortschatfiing übei-ilüssigen Wassers handelt, werden statt der Drainage das Rigolen und Tiefpflügen oft am Platze sein. Dabei wird dann Vorsicht geboten erscheinen, wenn auf eine fruchtbare Ackerkrume ein durch das Rigolen oder Pflügen an die Obei-fläche zu bringender toter Unter- giTind in Aussicht steht. Aufser jedesmaliger Düngung darf dann nur allmähliches Vertiefen der Krume im Laufe mehrerer Jaln-e stattfinden. Da mit einer Vertiefung der Krume die Erweiterung des Wurzelnetzes jeder Pflanze und demgemäfs die Erhöhung der Ernte eintritt, also auch eine gröfsere Ausnutzung des Bodens stattfindet, so ist eine zu- nehmende Düngerzufuhr mit der zunehmenden Bodenlockerung geboten. Bei den zur Krustenbildung geneigten, sonst physikalisch nicht ungünstig gebauten Böden genügt zur Erhöhung der Bodenventilation das Hacken und Behäufeln. Diese dem Landwdrt und Gärtner kaum genug zu empfehlende Manipulation , die auf jedem Boden Ver- wendung finden kann, reguliert die Bodenfeuchtigkeit. Manche schöne, praktische Erfahrung über den Vorteil der Boden- lockerung finden wir in den Berichten des Sonderausschusses für Pflanzenschutz bei der Deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft. Wir entnehmen ein einziges Beispiel, das sich auf vergleichende Versuchs- kulturen stützt. Mentzel in SkoUmen ^) (Ostpreufsen) teilte einen mit schwedischem Weizen, Eppweizen und Koströmor Weizen im Ge- menge bestellten Acker in zwei Teile und hielt eine Hälfte desselben durch Aufeggen nach jedem Regen bez. durch Aufgrubbern mit dem Federzinkon-Kultivator gelockert, während bei der andern Hälfte diese Bearbeitung unterblieb. Letztere ergab, obgleich der Boden ein besserer war, pro Hektar 2P'5 dz, erstere dagegen 2<)Vj dz. Gleichsinnig, wie derartige Lockerung der Bodenoberfläche wirkt auch eine Gründüngung, die auf leichtem Boden tief, auf schweren Bodenarten flach untergebracht zu werden pflegt. Durch die Grün- düngung wird nämlich der kapillare Aufstieg des Wassers aus den darunter liegenden Bodenschichten unterbrochen 2). Einerseits wird die Erhaltung der Feuchtigkeit in den tieferen Schichten leichterer Böden erhalten ; andererseits wird bei schweren , nassen Böden für eine Aussaat eine gut durchlüftete Krume geschaffen, so dafs die Samen normal keimen können. Die aus dem gefährlichsten Keimungsstadium herausgetretenen gekräftigten Pflanzen vermögen dann die nach Zer- setzung des Gründungs wieder kapillar stärker aufsteigende Boden- nässe besser zu übei-wänden. D u r c h f r i e r e n. Von höchster Bedeutung für die Kultur schwerer Böden ist ihre winterliche Lockerung durch gehöriges Durchfrieren. Bedenken wir, dafs das Wasser beim Übergang zu Eis eine Vermeh- rung seines Volumens um nahezu ein Elftel erfährt, so wird uns klar, ') Jahresb. d. Sond.-Aussch. f. Pflanzenschutz. Arb. d. Deutsch. Landwirtsch.' C4es., Heft 107, 1905, S. 64. ^) KiNfi, F. H., Tenth Annual Eeport of the Ao;ric. Exper. Stat. of Wisconsin, 1884, S. 194. 236 I- Kranklieiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. dals durch die Eiskristalle die dichter liegenden Bodenpartikelchen ans- einandergedränot werden. Da aulserdem die Gesteine von einem Netz feiner Spalten überzogen sind, in welche Wasser sich allmählich hinein- zieht, so arbeitet der Frost anch beständig an dem Zerfall der festen Gesteine imcl zwar tim so intensiver, je öfter Auftauen und Gefrieren im Laufe des Winters miteinander abwechseln. Natürlich wird die Schnelligkeit der Wirkung von der Bodenbeschaffenheit, bez. dem Wassergehalt abhängen; je geringer derselbe ist, desto schneller und tiefer werden die Frosttemperaturen eindringen. Somit werden die schweren und die Humusböden am langsamsten gefrieren und auftauen. Welchen Vorteil die Bodenlockerung durch Frostwirkung gewährt, zeigen die Versuche von Wollny M. Derselbe liefs im Herbst von drei Parzellen zwei auflockern und in rauher Furche liegen, während die dritte nicht bearbeitet wiu'de. Diese und eine der beiden anderen wurden im Frühjahr umgegraben, während die dritte blofs oberflächlich bearbeitet wurde. Es zeigte sich nun, dais bei den verschiedensten Kultnr- gewächsen die Erträge der im Herbst nicht in rauhe Fiu'che gelegten Parzelle am geringsten waren, während die im AVinter in rauher Furche diu-chgefrorene und im Frühjahr noch einmal gelockerte die reichste Ernte gab. Bedeckung der Krume. AVir kommen jetzt zu den Vorteilen, welche schwere Böden durch das Bedecken der Krume mit Streumaterialien erlangen, nachdem wir früher des Schutzes solcher Bodenbedeckung bei leichten Böden bereits gedacht haben. Der nächstliegende Vorteil ist der, clafs die Deckmaterialien dadurch, dafs sie den Schlag der Eegentropfen auffangen und das Wasser nur leitend der Bodenoberfläche mitteilen, das Zusammenschlagen der Bodenteilchen verhüten und infolgedessen die Kriune lockerer halten. In Baumschulen keimt die Saat auch gleichmäfsiger auf bedeckten Beeten. Das Unkraut vrachert nicht so stark und kann, da es ober- flächlicher im lockeren Boden wurzelt, leichter und vollständiger ver- tilgt werden. In dem porösen Material der Decke erzeugen die starken Luft- schwankungen zwischen Tag mid Nacht starke Taubildung; der ab- fliefsende Tau kommt dem darunterliegenden Boden zugute und be- fördert seine Gare. Benutzt man Lohe in 1 bis P/2 Zoll Höhe, so bietet dieselbe im Winter den Saatbeeten eine Decke und im Frühjahr Schutz vor dem Eindringen der Fröste und vor dem Zerklüften' des Bodens. Bei Samen- und kleinen Pflanzbeeten wird man gut tim, im Juni oder Juli zu begiefsen. Im August wird behackt, und wenn die Lohe zu tief unter die Erde kommen sollte, werden nachher die Blöfsen mit neuer Lohe bedeckt. Gegen die dabei unvermeidlichen Maikäfer helfen Lockhaufen aus aufgeschichteter, sich erwärmender, feuchter Lohe. In diese Haufen legen die Maikäfer ihre Eier, und diese Haufen werden mit einem Teil der darunterliegenden Erde auf den AVagen geladen lind mit Braunkohlenasche , Kalk , Gips und organischen Abfällen zu einem Komposthaiifen verarbeitet, der nach ein bis zwei Jahren auch die Engerlinge zum Absterben bringt. — Ein Verfahren, das schliefslich hier noch Erwähnung finden dürfte, ist das 1) WoLLxv, E , Über den Eintlufs des Winterfrostes auf die Fruchtbarkeit der Ackererden. Biedermann's Centralbl. 1U02, S. 301. 2. Unpassende Bodenstruktur. 237 Aufeggen. Über das Aufeggen der AViesen teilt Anuekegg^) sehr beachtens- werte Ergebnisse mit. Eine Wiese von gieichmäfsiger Bodenbeschatfen- heit und Benarbung wurde in vier gleich groi'se Parzellen geteilt: die- selben ergaben 1. nicht geeggt und nicht gedüngt 877 kg Heu 2. „ „ aber gedüngt 803 „ ,, 3. geeggt und nicht gedüngt 770 „ „ 4. „ „ gedüng-t 15(53 ,, „ Das Aufeggen der Wintersaaten öfthet nicht nur den ver- krusteten Boden wieder, sondern erhöht auch wesentlich die Bestockung. Direktor Conradi^) weist jedoch mit Recht daraiif hin, dais die Egge nur dann brauchbar sein wird , wenn die Kruste nicht allzu dick ist und der Boden nicht zu bindig erscheint. Auch mufs man, wenn eine Verkrustung im Frühjahr vorauszusehen ist, eine verstärkte Aussaat eintreten lassen, da das Aufeggen Pflanzen vernichtet, also der Pflanzen- bestand verdünnt wird. Darum ist das Aufeggen auch lediglich zur Auflichtung von Saaten sehi' anwendbar. Die Vergröfserung des Stand- raumes für die stehengebliebenen Pflanzen bedingt eine erhöhte Licht- zufuhr zu den Basalknoten und die Erweckung der Seitentriebe, sobald diese Knoten durch die von der Egge angehäufelte Erde auch feucht erhalten und vor zu schneller Verholzung geschützt werden. Wenn die Erde bei dem Eggen nicht genügend krümelt, mufs die Walze, am besten die Ringelwalze, nachhelfen. Die Walze wird sogar in der Mehrzahl der Fälle der Egge folgen müssen, einerseits darum, weil bei bindigeren Böden die vollständige Krämelung durch die Egge nicht gelingt und anderseits, weil es erforderlich ist, dafs die aufgerissene Erde an die Basis der Pflanzen wieder angedrückt werde. Der günstigste Zeitpunkt für diese Eggenarbeit hängt von der Entwicklung der Pflanze und dem Wassergehalt des Bodens ab. Sind die Pflanzen sclion zu weit herangewachsen oder herrscht anhaltend trockne Witterung, dann sollte das Eggen unterbleiben oder im letzteren Falle docli niemals ohne nachfolgendes Walzen ausgeführt werden. Es dürften liier auch einige Worte über die Bedeutung der Steine im Boden am Platze sein. Die Untersuchungen vonWoLLNY^) haben in dieser Bezielumg gezeigt, dafs bei hoher und konstant bleiben- der Lufttemperatur (während der wärmeren Jahreszeit) der mit Steinen bedeckte und gemischte Boden um ein Geringes wärmer als der von Steinen befreite ist. Bei sinkender Temperatur findet ein umgekehrtes \'erhältnis statt. Wäln-end des täglichen Minimums der Bodentempe- ratur ist der steiiflialtige Boden meistenteils kälter und während des Maximums wärmer als der steinfreie Boden. Betrefi's der Feuchtig- keitsverhältnisse erwies sich die mit Steinen bedeckte Ackererde wälrrend der wärmeren Jahreszeit feuchter als unbedeckter Boden von sonst gleicher Beschaflenheit : der mit Steinen bedeckte Boden läl'st gröfsere AVassermengen hindurchsickern als der unbedeckte. ') Illustr. landw. Vereiiishlatt 1880, Xr. 8; cit. in Biederm. Centralbl. f. Agrik.- Chemie, 1880, S. 69:'.. -) Aus „Der praktische Landwirt" in Fühling's landw. Zeit., 1880, S. löl. 3) WuLi.xv, Fühling-s landw.- Zeit. 1880, 8. 314 238 '• Kraukhoiton ihiroli uiiirünstigo iMtdonvorhältnisso. Kalken. Mergeln. Gipsen. Pio Hivloutuuü; dos Kalkes beruht sowohl in seiner ehemisehen Wirkiiuo- als direkter Xährstort'. als aueli in den die meehanisohe Boden- besehatVenheit ändernden Eiüensehatten. Abgesehen von der Be- «iünstiüttno- der Krümelst ruktttr ist hervorznheben , dai's in Tonböden der Kalk die Silikate angreift und lösliehe Kalitimverbindnnoen frei macht. Oureh sehnellere Zerstörnno- der orüanisehen Substanzen bringt or die Hunuisstotte besser zur Verwesnno-. BetretVs der teehniseheu AnstuhrnniT des Kaikens wird empfohlen, tlen gebrannten Kalk in Körben so lango unter Wasser zu halten, bis keine Lutt blasen mehr aufsteigen (^etwa drei bis vier Minuten) und dann die Stücke auf einen Haufen zu sehiehteu. Sie zerfallen (löschen siclO von selbst — und der Kalkstein, der durch das vorhergegangene Brennen seine Kohlensäure verloren, wird nun ein weifses Pulver ans Calcium- hydroxyd (OaiOllVj) und stellt als solches den gelöschten Kalk dar. der sich in 7oO Teilen kalten, aber erst in 18lH> Teilen kochenden Wassers löst (Kalkwasser). U'O Teile gebrannter Kalk entsprechen bVJ Teilen gelöschten Kalkes. Pas Kalkpulver ist bei windstillem Wetter recht regelmäfsig mit der Hand oder einer passenden Schaufel über den Acker zu verteilen. Man tut gut. es im Herbste auf die Stoppel zu streuen und dann tlacli unterzuackern: mufs man bis zum Frühjahr warten, dann streue man möglichst zeitig vor der Saat . sobald der Boden abgetrocknet ist. Schwächere Posen (15 bis 30 Zentner pro Hektar) in etwa fünfjähriger Wiederholung empfehlen sich mehr als einmalige starke Kalkmig. weil durch letztere die Humuszersetzung eine so heftige wird, dafs ilie nachfolgende Erntesteigerung auf Kosten späterer Produktion gpbogenen Ästen auch bei Juniperus und Taxus haccata beobachtet, 1111(1 sidirrlich wird auch bei anderen Coniferen, die gut durch Steck- linge wachsen, solche Vermehrung vorkommen; alleiii derartige Fälle werden stets vereinzelt bleiben. ') CoxwENTz, H., Die Fichte im norddeutschen Flachland. Berichte d. Deutsch. Bot. Gesellschaft 1905, Heft 5, S. 220. -) ScHünEi.ER, F. C., Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiania 1878—75. S. 164. 3. Die Nachteile der Heideböden. 255 Die liier durch ein Beispiel erläuterte Vermehruno-sfahigkeit gewinnt eine erhöhte Bedeutung in jenen Moorgegenden, wo die Fichte als der einzig mögliche Waldbildner zur Kultur herangezogen werden muis. _ Nur die wenigsten Nadelhölzer besitzen eine solche Leiclitig:keit der Senkerbildung "und der Entwicklung neuer regelmäisiger Gipfeltriebe Fio-. 83. Eine Fichtenfaniilie, die durch natürliche Ableger entstanden ist. Drei an'' der Stammbasis vorhandene Äste haben an einzelnen Zweigstellen sich neu bewurzelt und dort ihre Knospen zu sekundären Stämmen ausgebildet. (Nach Sem llKI.KIl.) aus Seitensprossen. Diese Eigenschaft benutzen die Gärtner reichlich zur Anzucht junger Individuen aus Stecklingen. Bei anderen Coniferen behalten die Stecklinge von Seitenzweigen den Bau der Seitenachse bei und bilden keine schönen Stämme. Auch die Gattung Araucaria besitzt gTofse Neig-ung zur Bildung von Kopf trieben, und solche äufsert sich 256 I. Krankheiten durch uno-Unstiffe Bodenverhältnisse. maiiclimal schon bei einzelnen an der Mntterpflanze verbleibenden Seiten- zweigen, wenn der Gipfeltrieb verloren gegangen ist. Im Anschluis an diese auf nassen Böden hervortretende Senker- bildung der Fichte geben wir in Figur 34 die Zeichnung eines _ nur einmal beobachteten Falles von Wurzelbildung aus einem Ast der Eiche. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte ich Gelegen- heit, in dem Schlofspark zu Rogau (Oberschlesien) einen alten, inwendig schon stark ausgehölilten Eichenstamm zu sehen, der auf einer tief liegen- .^,^^% -0 Fig. 34. Eiche aus Rogau (Oberschlesien) mit Senkerbildung. (Orig.) den, bei Hochwasser der Überschwemmung durch die Oder ausgesetzten und sumpfig gewordenen Wiese stand. Der Baum war an den unteren Ästen bereits laubarm. Die_ beiden untersten, wahrscheinlich einmal absichtlich herabgebogenen Äste lagen mit ihrem oberen Teil tief im Boden, und ihre Spitzen hatten sich aufwärts gerichtet. An der Krümmungsstelle des Astes (rechte Seite der Figur) war eine starke Wurzel nachweisbar , die zu der Zeit entstanden sein dürfte , als die noch jugendliche Zweigspitze durch die ersten Überflutungen von an- geschwemmtem Boden überdeckt worden war. Die durch diese Wurzel herbeigeführte Unterstützung der Ernährung machte sich dadurch kennt- 3. Die Nachteile der Heiileböden. 257 lieh, dals eine grölsere Anzahl von jüngeren Zweigen wie selbständiges Buschwerk sich entwickelte. An den in einiger Entfernung stehenden kräftigen Fichtenpilanzmigen war mir nichts Besonderes aufgefallen. Die Veränderungen im Moorboden durch die Kultur. Notwendig ist es scliliefslich noch, einen Einblick zu gewimien, inwiefern die schädlichen Faktoren der Humusböden bei der Kultur sich geltend machen mid durch die Kultur eine Andermig erfahren. Über die „B es an düng" ist im Vorhergehenden bereits gesprochen worden. Es käme somit die Düngung zur Erörtermig, da der Nähr- stoflgehalt, namentlich im Hochmoor, so gering ist, dafs nur spezielle Pflanzen mit geringem NährstoÖ'bedürfnis und hoher Anpassungsfähig- keit an Humussäiu'en zu gedeihen vermögen (Sphagniini , Erioplioruni, viele Crt >-ex- Arten , Caihtna usw.). Alle Düngemittel müssen zmiächst dahin wirken, die die Zersetzung übernehmenden Mikroorganismen im Moor zu vermehren: denn in dem humussauren Boden ist die Bak- terienflora äufserst diü-ftig. Über den EinÜuis der Kulturmafs- nahmen auf die Zunahme der Bakterienvegetation im Moorboden finden wir eine beachtenswerte Ai'beit von Fabricius micl v. Feilitzex V), welche die früheren Versuchsergebnisse von Stalström^) bedeutend erweitern. Letzterer stellte bereits fest, dafs der im natürlichen Zustande an Bak- terien äufserst arme Moorboden durch Entwässerung schon an INIikro Organismen reicher wird. Dies wird besonders für Hochmoore bedeutungsvoll, da sie viel ärmer als Niederungsmoore an Bakterien sind, was wohl mit dem geringen Stickstoffgehalt der ersteren zusammen- hängt. Die mit Ton gemischten oder durch Dimgmig verbesserten Moore haben höheren Bakteriengehalt. Die Bakterientlora hält sich dabei fast aussclilieislich in der oberen 15 — 25 cm dicken Bodenlage auf. Fabricius mid v. Feilitzex priiften auch den Feuchtigkeitsgehalt in der oberen Bodenlage und fanden, dafs derselbe bei unkultiviertem Hoch- moor durch Entwässermig etwa nur von 90 auf 87 *^/o herabgegangen war, dagegen durch andere Kulturmafsnahmen bis auf etwa (34 "/o sinken komite. Letztere bestanden in einer Mischung der Krume mit Sand, in- folgedessen sich ein anderer Pflanzencharakter entwickelte. Die Boden- temperatur war auf dem j'ungfräulichen Moor am niedrigsten. Blofse Entwässermig übte wenig Einflufs (+0,3" C), aber die kultivierten Beete zeigten eine anhaltende Steigerung von beinahe 2"C. Betreffs der chemischen Zusammensetzung ergab sich, wie zu erwarten, im natürlichen Hochmoor der Kalkgehalt sein- gering; ebenso war der Stickstoffgehalt gering, während er in den Niedermigsmooren sich be- friedigend erwies. Interessant ist der Rückgang der Humussäuren durch die Kultur: der Gehalt betrug im natürlichen Hochmoor mehr als 2'*/o und ging durch Besandung, Kalkung und Düngung auf etwa 0,3 "/o zurück. Die Bakterienflora fanden die genannten Forscher infolge der sauren Reaktion des Bodens im Hochmoor nur spärlich entwickelt und auch durch Entwässerung wenig geholfen: dagegen zeigte sich eine 1) Fahricus, 0., und H.iai.mau von Fkii.hze.n, Über den Gehalt an Bakterien in jungfräulichem und kultiviertem Hochmoorboden auf dem Versuchsfelde des Schwedischen Moorkulturvereins bei Flahult. Centralbl. f. Bakteriologie usw. II. Abt., Bd. XIV, S. 161. 1905. -) Om lerslagningens betydelse. Finska Mosskulturföreningens arsbok. 1898. S. 44. Sorauer, Handbuch. .3. Aufl. Erster fJand. 17 258 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. grolse Steigerung dm'eh Besanduiig , Kalkung und Düngung und die damit zusammenhängende Bearbeitung des Bodens. Sand führte neue Bakterien zu, Stallmist gewährte eine derartig reiche Ernährung, dais der Bakteriengehalt so hoch wurde, wie in einem Niederungsmoor bei denselben Kultiu-bedingmigen. In beiden steigt und fällt der Bakterien- gelialt parallel mit der Bodentemperatur, Bezüglich des Stalldüngers gehen die Erfahrungen der Praktiker sehr auseinander. Es ist vielseitig ein Mifserfolg dabei beobachtet worden. Andererseits finden sich Berichte , welche selbst in Mooren mit grofsem StickstofFgehalt eine äufserst vorteilhafte Wirkung des Stalldüngers feststellen, wie Graf Schwerin ^) berichtet. Man kömite sich diesen Widerspruch folgendermaisen erklären : Selbst in Mooren, die Stickstoff im Überflufs enthalten, kann eine Stall- mistdüngung von sekr günstiger Wirkung sein, wenn das Moor wenig zersetzt ist, der Stickstoff darin also wahrscheinlich noch in wenig aufnehmbarer Form (z. B. in organischen Verbindungen) vorhanden ist. Auf zersetzten Mooren aber sind die Erträge nach Stalldmig tatsächlich schwach, und das Unkraut wuchert in erdrückender Menge, weil durch die Dungzufuhr vermutlich einseitiger Stickstoff überschnfs ohne ge- nügendes Gegengewicht von Phosphat- und Kalkzufuhr sich geltend macht. Bei der Moorkultur handelt es sich in erster Linie um das Kali. Dies gilt auch für Moorwiesen, bei denen eine gute Heuernte aber nach M. Fleischer^) aufser Kali auch Phosphorsäurezufuhr verlangt (Thomasphosphatmehl). (Verfasser warnt bei dieser Gelegenheit vor dem Übererdungsverfahren, wenn das Grundwasser nicht tiefer als 20 — 40 cm steht.) Die Form, in welcher das Kali gegeben wird, dürfte auch in der Mehrzahl der Fälle mafsgebend sein ; denn Tacke ^) erwähnt, dafs er bei Kartoffeln den besten Erfolg bei Chlor kalium erzielt habe. Knollenmenge und Stärkegehalt waren dabei am höchsten. Wälu^end die Knollen ohne Kahdüngung 17,(37 'Vo Stärke enthielten, be- sal'sen sie bei Kainitdüngung nur 17,02 "/o, bei Karnallitzufuhr sogar nur 16,48 '^/o, dagegen bei Chlorkalium 18,(i2"/o. Die Düngemittel wurden mi Herbst gegeben: Frühjahrsdüngung setzte Quantität und Qualität der Knollen herab. Hensele'^j fand bei seinen Kartoffelanbauversuchen, dafs Kainit auf Wiesenmoorboden den Stärkegehalt der Kartoffel bedeutend zurückdrückte. Bei Vergleichskulturen auf Mineralboden und Moorboden waren die Erträge des ersteren gröfser, und der Stärkegehah der Moor- kartoffeln ereichte niemals den der Knollen auf Mineralboden oder den des Saatgutes. Bezüghch der Schädlichkeit der Frühjahrsdüngung sei auf die Berichte der Generalversammlung des Verems zur Fördermig der Moor- kuhur verwiesen 5). Dort findet man besonders betont, dafs Kainit und Thomasmehl im Herbst auf das Moor gestreut werden müssen, weil die Frühjahrs düngung bei Hackfrucht den Zucker- und Stärkegehalt herab- drücke. Für Thomasmehl sei die Herbstdüngung auch darum günstiger, weil die Säiu^e des Moores viel länger lösend einwirken könne. Chili- ') Mitt. d. Ver. z. Ford. d. Moorkultur, 1895, Heft 6. ^) Milchzeitung 1887, Nr. 8. •■') Mitt. d. Ver. z. Ford. d. Moorkultur, 1895, Nr. 6. ■*) Hknski.k, J. A., Bericht der Moorkulturstation „Erdineer Moos" 1900/01. Centralbl. f. Agrik.-Chemie, 1903, Heft 'A. "j Jahrg. 1895, S. 123. 3. Die Nachteile der Heideböden. 259 Salpeter hatte bei den Versuchskultnren den Zuckergehalt der Rüben um 1,5 "^ 0 vermmdert. Auch die Vorfrucht scheint bei den Moorkulturen eine Rolle zu spielen , wie ein Fall aus der Provinz Posen zeigt ^). Dort waren nur diejenigen Zucker- und nachgebauten Futterrüben er- krankt, welche nach Senf angebaut worden waren. Betreffs der Rüben- kultur kommt HOLLRUNG^) zu dem Resultat, dals reines Moorland am besten ganz vermieden werden müsse und selbst liesandetes nur bei grofser Vorsicht verwendbar sei. Der Rindenmulm. Wenn wir bisher das Charakteristische des sauren Heidebodens in der Produktion von Hungertypen kennen gelernt haben, zu deren Ent- stehen nicht nur die Nährstoffarmut , sondern auch bei den grolsen Feuchtigkeitsschwankungen der Wassermangel Veranlassung geben kann, so können doch auch Erscheinungen von Wasserüberschuis auftreten. Dieselben äuisern sich an älteren Bäumen mit starker Borkenbildung dann, wenn Heidekraut und Moos in hohen Polstern die Stammbasis umgeben. Diese dichten Polster sind Wasserspeicher, die teils das Wasser des moorigen Bodens festhalten, teils das atmosphärische ansammeln und auf diese Weise einen an der Stammbasis stets höher hinaufwachsenden feuchten Filz bilden. Solche feuchten Polster mindern die Temperatur- schwankungen, welche dem Abstoisen der aUen Borkenschuppen förder- lich sind. Sie hindern aber auch wesentlich den Luftzutritt und ver- anlassen die Zersetzung derjenigen Zelllagen der Borkenschuppen, welche besonders locker gebaut sind, zu einer tief braunen, im trocknen Zustande pulverigen , bei stärkerer Feuchtigkeit schmierigen Masse , die als „Mulm" bezeichnet wird. Derartige Mulmnester bilden die Brutstätte zahlreicher tierischer und pflanzlicher, die Zersetzung beschleunigender und übertragender Organismen. IJlier das Zustandekommen der Mulmnester gibt die Untersuchung ) WoLi.xY, E., Die Zerisetzung der organischen Stoffe usw. Heidelberg 1897 S. 4. 268 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Ammoniak zngefülirte Düngerstickstoö' bei seiner Durchwanderung des Bodens fast gänzlich zu Salpetersäure oxydiert wird. Die Untersuchungen von Way ^) zeigen, clafs durchschnittlich von den Mineralbestandteilen sich keine sehr grofsen Mengen im Drainwasser nachweisen lassen. Er fand in 1000 Teilen an Kali nur bis zu 0,003, an Kalk bis 0,186, an Schwefelsäure bis 0,138, an Phosphorsäure bis 0,002 Teile usw. Indes dürfen wir aber nicht vergessen, dafs es sich um dauernde Verminde- rungen handelt, die sich summieren, falls die Drainage reichlich läuft. Eine übersichtliche Zusammenstellung 35 jähriger Lysimeterversuche in Rothamsted und neuerer Untersuchungen in Holland ^j läfst erkennen, wie schnell in der Regel die Nitrifikation von Düngemitteln, wie den Ammoniaksalzen vor sich geht. Selbst im Herbst und Winter ist die Nitrifikation so lebhaft, dal's grofse StickstofPverluste zu erwarten sind, weshalb es sich empfiehlt, Ammoniak salze als Kopfdüngung im Frühjahr zu verwenden. Bei Verwendung von Sulfaten und Chloriden des Ammoniaks wird der Kalk in Verbindung mit der Schwefel- und Salzsäure in grofsen Mengen in das Drainwasser gespült. Dieser Vorgang ist die notwendige Einleitung zur Bindung des Ammoniaks im Boden und der darauf- folgenden Nitrifikation. Reicht der kohlensam-e Kalk für diese Um- setzung nicht aus , so werden leicht die Ammoniaksalze den Pflanzen gefährlich. Da auch die Sulfate und Chloride des Kaliums wie die des Ammoniaks Gips und Chlorkallv bilden, die nicht vom Boden absorbiert werden, so sieht man, wie notwendig eine periodische Kalkung ist. B. Die Arbeit der Bodenorgranismen. Der Tätigkeit der Tiere in bezug auf die Veränderung des Bodens ist im dritten Bande unseres Werkes Erwähnung getan; hier handelt es sich in erster Linie um die Arbeit der Bodenbakterien, deren land- wirtschaftliche Bedeutung in sehr übersichtlicher kiu'zer Zusammen- fassung von Behrens^) und Hiltner^) dargelegt worden ist. Nach ihrer hauptsächlichsten Arbeitsleistimg könnten wir bei den Bakterien von solchen , die die Stickstoffwanclerimg auslösen , und anderen, welche die kohlenstoffhaltigen Verbindungen angreifen (wie z. B. dig Pektin- und Cellulosevergärer), und endlich von Humusbildnern und Humuszersetzern sprechen. Aber die Tätigkeit dieser Organismen an ihrem Nährsubstrat ist hier nicht allein zu würdigen, sondern, und zum Teil vorzugsweise, ihre gegenseitige Beeinflussung. Einzelne Gat- tungen oder Arten schliefsen einander aus, andere unterstützen einander. Als ein hervorragendes Beispiel dient der Einflufs des Schwefel- kohlenstoffes, von welchem man neben einer Giftwirkung auch eine direkt wachstumfördernde Reizwirkung angenommen hat. Letztere glaubte man in der Tatsache zu erkennen, dafs nach Verschwinden des Schwefelkohlenstoffes und seines wachstumhemmenden Einflusses eine deutlich erkennbare Erhöhung der Fruchtbarkeit eintrat. Hiltner gelang ') Weitere Analysen bei A. Maykü, Agrikulturchemie. 5. Aufl. 1902 Bd. 2 Abt. 1 S. 118. 2) Beleuchtung der Bodennitrifikation durch Drainwasseruntersuchungen. Mitteil. d. D. Landw. Ges. 1Ü06 Stück 13. ^) Behrens, Die durch Bakterien hervorgerufenen Vorgänge im Boden und Dünger. Arb. d. Deutsch. Landwirtsch.-Ges. 1901 Heft 64. *) HiLTNKR, L., Über neixere Erfahrungen und Probleme auf dem Gebiete der Bodenbakteriologie usw. Arb. d. Deutsch. Landwirtsch.-Ges. 1904 Heft 9S. 1. Verhalten der Nährstoffe zum Bodengerüst. 269 nun der Nachweis, clals der Schwefelkolilenstoö hanptsächlicli dadurch, die wechselnden Erscheinungen bedingt, dai's er den Gleichgewichts- z u s t a n d der Bodenbakterienflora stört. Durch seine fettlösende Eigenschaft dräng-t er gerade die bis dahin vorherrschenden Bakterien plötzlich ziurück, sowie er überhaupt die Vermehrung der sämtlichen Arten aufhebt, solange er im Boden unverändert vorhanden ist. Ver- dunstet nun das Gift oder verschwindet durch Umsetzung, daim steigert sich die so lange zurückgehaltene Vermehrung der Bodenorganismen derart, dais z. B. in einem Falle eine Vermehrung von 9 Millionen der auf Fleischpeptongelatine wachsenden Arten auf 5() Millionen in 1 g Erde nachgewiesen wurde. Von Moritz und Scherpe konnte dabei chemisch eine Erhöhung der Stickstoffproduktion und damit der Kartoffel- ernte festgestellt werden. Unter Hinweis auf das über die Bodenbakterien bereits im zweiten Bande (S. 89) geschilderte Verhalten der Stickstoffbakterien ergänzen wir hier nur die dort angeführten Tatsachen. Nachdem nämlich Wjno- (iRADSKY die Umwandlung des Ammoniakstickstoffs zu Salpeterstickstoff' als aufeinanderfolgende Arbeitsleistungen zweier verschiedener Bakterien- gruppen (Nitrit- und Nitratbildner) nachgewiesen hatte, wurde von Omeliaxsky festgestellt, dafs der Stickstoff der organischen Substanzen vorerst wieder durch andere Bakterien in Ammoniak verwandelt werden mufs. Bei dieser Arbeit können nun leicht Störungen eintreten, da die hier in Betracht kommenden Bakterien äufserst empfindlich gegen ge-\\ löste Stoffe sind. So wird beispielsweise der Salpetersäure bildende \ ■ Organismus an seiner Tätigkeit vollständig gehindert , wenn noch ) / Spuren von Ammoniak vorhanden sind. J '■ Zahh'eichen anderen Bakterienarten (man kennt deren bereits mehr als zwanzig) kommt im Gegensatz zu obigen die Fähigkeit der Deni- trifikation, also der Reduktion des Salpeterstickstotfs bis zum freien in die Luft entweichenden Stickstoff zu. Auf diesen Vorgang hat man die Tatsache zurückführen wollen, dafs frischer Stallmist unter. Umständen im Boden enthaltenen Salpeter schädigt und dafs Stroh- \ düngung nachteilig wirkt. Jetzt erklärt man diese Erscheinung haupt- I sächlich dadurch, dafs eiweifsbildende Organismen den aufnehmbaren/ Bodenstickstoff festgelegt haben (Pfeiffer und Lemmermann , sowie Gerlach und Vogel). Diese Bakterien führen den Salpeter zmiächst in Nitrit und dann in eiweifsartige Verbindimgen über. Dafs dazu aber bestimmte Nebenbedingimgen gchrircn, zoi^t ein HiLTNER'scher Versuch, / bei dem die Strohdüngung bei TM]if kuhnifii uaiiz ungemein "scliacllich' sich erwies, während sie in gleichen Gaben in freiem Lande eine günstige Wirkung ausübte. AVahrscheinlich ist dieser Widerspruch darauf zurück- zifführen , dafs die entstandenen eiweifsartigen Produkte im Freiland schneller in wieder aufnehmbare Produkte verwandelt werden können. Für die Betrachtung der Nährstoffwanderung und -Wandlung durch die Bodenbakterien kommt schliefslich auch noch der Vorgang der Stickstoffsammlung, d. h. der Assimilation des freien Stickstoffs durch Bakterien in Betracht. Aufser dem von Winogradsky vor langer Zeit bereits festgestellten anaeroben Clofftruhum Pastoriamon (Pastcun'anun/), das bei genügenden Mengen von Kohlenhydraten den elementaren Luft Stickstoff zu seiner Ernährung verwenden kann, sind durch Bei- jerinck auch sauerstoffliebende Arten, wie Azoiohader chroococcum, auf- gefunden worden. Diese in jedem Ackerboden vorhandene Art konsu- miert äufserst gi'ofse Mengen von Kohlenhydraten bei ihrer Stickstoff- 270 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. assimilation (nach Gerlach und Vogel 8,9 mg Stickstoff bei 1 g Tranben- zucker). Hierher zu rechnen sind auch die Veränderungen der AVald streu, bei der die StickstofFanreicherung von Henry ^ berechnet worden ist. Er hebt hervor, dafs bei der auf feuchtem Boden im Sommer sehr lebhaften Um Winter kaum bemerkbaren) Zersetzung abgestorbener Eichen- und Buchenblätter und Fichtennadeln allein oder im Gemisch mit Erde Stickstoff gespeichert wird. Nach seinen Berechnungen können ab- gefallene Eichenblätter binnen Jahresfrist 20 kg Stickstoff pro Hektar sammeln. Auf trockenem Boden bereicherte sich das tote Laub entweder gar nicht (Rotbuche) oder doch nur ganz unbedeutend (Weifsbuche, Eichte). Ein Stickstoflfverlust wurde jedoch in keinem Falle beobachtet. Indirekt mitwirkend, und zwar speziell bei der Stickstofifanreicherung des Bodens, reihen sich hier auch die Knolle henbakterien an, die im Nitragin^) als Handelsware eingeführt sind, während ein rein ge- 2:üchtetes Material von frei lebenden Stickstoffsammlern als „Alinit" verkauft wird. Die neueren Untersuchungen weisen darauf hin, dafs nicht blofs für einzelne Nährpflanzen angepafste Rassen derselben Bakterienspezies anzunehmen sind, sondern dafs verschiedene Arten zu unterscheiden sind. Hiltner hält hauptsächlich wegen ihrer morpho- logischen und physiologischen Verschiedenheit zwei Arten einander ent- gegen, nämlich Ehizohium radicicola und Rh. BeijerincML Dafs die Knöllchenbakterien nicht ernährend für die Leguminosenpflanzen wirken können, so lange noch Salpeter im Boden den Wurzeln zur Verfügung steht, und die Wirksamkeit dieser Organismen erst beginnt , wenn die Leguminosen einige Zeit hindurch an Stickst off hunger leiden, sei hier nur nebenbei erwähnt, um die Abhängigkeit des Bakterienlebens von den verschiedenen Faktoren weiter zu illustrieren. Als ein solcher Faktor wird auch die Wurzelausscheidung einer jeden Pflanze gelten müssen. Ja auch die ganz gesunden Samen, welche in den Boden kommen , _ und die grünen Teile gesunder Keimpflanzen besitzen ihre spezifische Bakterienflora, die sich stark vermehren und in den Boden ausschwärmen kann. Dabei können andere Mikroorganismen verdrängt werden ^j. Aus derartigen Ungleichheiten der Vegetations- bedingTingen im Boden müssen notwendigerweise bedeutende Schwan- kungen in der Lidividuenzahl jeder Bakterienart und damit in der Gesamtarbeitsleistung betreffs Herstellung des für unsere Kulturpflanzen zuträglichen Nährstoffmaterials entstehen. Wenn nun durch einzelne Umstände, wie z.B. durch spezifische Wurzelausscheidungen, einer be- stimmten Pflanzenart Bakterienarten angelockt und zu starker Vermehrung veranlafst werden, welche einzelne Nährstoffe, vor allem aber den Stick- stoff, in eine iür die Kulturpflanzen ungünstige Form überführen, dann kann der Fall eintreten, dafs die Chemie den GesamtnährstoftVorrat als genügend, ja vielleicht als überreich nachweist und die Pflanzen doch in ihrer Produktion zurückgehen. Wir stehen dann vor den Er- ') Henky, E. , Über die Zersetzung der abgefallenen Blätter im Walde usw. (Annal. Sc agron. franc. VIII). cit Centralbl. Agrik. Chem. 1904 S. 793. ') Betreffs der Bodenimpfung mufs man berücksichtigen, dafs die Bakterien, Avie alle Pflanzen, nur gedeihen werden, wenn der Boden so beschaffen ist, dafs er ihre Vermehrung begünstigt Sie müssen, wie Ek.mv sehr bezeichnend dies aus- drückt, ihr richtiges „Bodeuklima" finden. ■) DüGGKi.i, M., Die Bakterienflora gesunder Samen usw. Centralbl. f. Bakt. 1904, Bd. XIII S. 198. / ]. Verhalten der Nährstoffe zum Bodeiigerüst. 271 scheinniigen der B o d o u m ü d i g k e i t. Darauf bezügliche Versuche er- wähnt HiLTNEK, der bei Erbsen, welche im Laufe von drei Jahren sieben- mal in derselben , nur verschieden gedüngten Erde in Töpfen erzogen worden waren, in der dritten Generation ausgesprochene Anzeichen der Bodenmüdigkeit wahrnahm, „Die Pflanzen kränkelten, neigten leicht zu Befall, vergilbten vorzeitig und gaben schlechte Ernten." In den späteren Generationen wurde bei diesem Versuch die Erkrankung überwunden. „Die Wurzeln der Erbsenpflanzen waren jetzt auffallend gebräunt, innerlich aber ganz weifs und gesund, und es liel's sich nachweisen, dafs nunmehr eine regelrechte ßnlderiorhiza vorhanden war, die, ge- bildet durcli angepafste nützliche Bakterien, das weitere Eindringen der schädlichen Organismen verhinderte ^)." Bezüglich der Rebenmüdigkeit zitiert Behrens (a. a. 0. S. 110) die Beo])aclitungen von A. Koch, wonach dieselbe durch eine Anhäufung .schädlicher Mikroorganismen hervorgerufen wird. Nach dem Sterilisieren des ki-anken Bodens (nicht des gesunden) wairde das Rebenwachstum ein besseres. Wemi eine solche Verschiebung in der Zusammensetzung der Bakterienflora nach der kulturschädlichen Richtung hin stattfindet, dann erklärt sich auch die Steigerung der Bodenmüdigkeit durch eine in kurzen Zwischenräumen vor sich gehende Wiederholung des Anbaues derselben Pflanze auf einem bestimmten Ackerstück. Und diese An- .sammlung feindlicher Elemente wird nicht bloi's für die Bakterien ihre Gültigkeit haben, sondern auch für andere pflanzliche und tierische Feinde, welche Bodenmüdigkeit veranlassen können. Unter den Bakterien, welche bei mehrmaligem Anbau von Legu- minosen im Boden sich anhäufen, fand Hiltner, dafs die Pektin- vergärer in Wirksamkeit treten. Er fand, dafs in stark erbsenmüden Böden vollkommen gesunde Erbsensamen besonders durch diese als starke Säurebildner bekannten Bakterien verfaulten. Eine anderweitige Abweichung der normalen Bakterienarbeit im Boden ist die Vertorfung des Düngers. Man findet in schweren Böden oft noch nach Jahren den eingebrachten Dung ziemlich unzersetzt wieder. Ebenso vertorft bisweilen eine zu tief untergebrachte Grün- düngung. Es vollziehen sich infolge des zu beschränkten Luftzutritts die Rohhumusbildungen. Die Herstellung einer richtigen krümeligen Humusdecke ist aber das Endziel unserer Bodenbearbeitung; denn durch den Humus erhalten wir die Ausgleichung der Extreme von Hitze und Kälte, Nässe und Trockenheit und den richtigen Nährboden, der den meisten Bodenbakterien erst die Existenzmöglichkeit liefert. Ist diese vorhanden, dann entwickelt die Ackerkrume ihr eigentliches Leben, das bis zu einem gewissen Grade durch die Kohlensäureproduktion mefsbar ist. Wie dabei die Bakterien mitwirken, zeigen einige An- gaben von Stokl.\sa und Eknest ^) , welche die Atmungsintensität von IUI) g Trockensubstanz des Bader inm IlartJchi , einer Dcnitrifikations- bakterie, auf 2,5 g Kohlendioxyd pro Stunde berechneten : bei derselben Menge Trockensubstanz von CJostridlum c/elathiofiun/, einem Ammoniak- bildner, ergab die Kultur 2,0 g Kohlensäure. Dafs die Kohlensäure- produktion eines Ackers wirklich vom Bakterienlebcn in erster Linie M Bodenpflege und Pflanzenbau. ..Arb. d. D. Landwirtsch.-Ges. Heft 98 S. 74. ■-) S.oKLASA, .J., und Eii.NKsr, A. , Über den Ursprung, die Menge und die Be- deutung- des Kohlendioxvds im Boden. Centralbl. für Bakteriologie usw. II. Abt. 190.-) Bd. XIV Nr. 22'23 S. T.'ö. 272 !• Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. abhängig ist, beweist der Umstand, dafs nach. Sterilisation des Versuchs- bodens keine Kolüendioxydprodiiktion zu beobachten war. Über den Einfiuis der Durchlüftung finden wir bei den genannten Autoren folgende Mitteilungen : Ein Waldboden aus tiefer Lage lieferte binnen 24 Stunden pro Kilo in Aerobiose 59, in Anaerobiose 0 mg, ein Toriboden in Aerobiose 41 mg in Anaerobiose 7 mg Kohlensäm'e. Natürlich sprechen Wärme und Feuchtigkeit ausschlaggebend mit. Je reicher auf einem Acker die Kohlensäureproduktion, desto vollständiger vollzieht sich der chemische Prozefs der Bindung des flüchtigen Ammoniaks, wie Schneidewind ^) beobachtet hat. Diese Frage kommt hier insofern in Betracht, als die Stickstoffverluste bei Zufuhr tierischen Dunges eine Verarmmig des Bodenkapitals darstellen. Wurde Stall- dünger in gewöhnlicher Behandlung in einer Düngergrube belassen, so zeigte er nach dreimonatiger Lagerung einen Stickstoffverlust von 80,31 *^lo ; lagerte er aber auf einer Unterlage von stark Kohlensäure produzierenden altem Dünger, betrug der Verlust nur 16,94 ^/o. Hier mufste also die reichliche Kohlensäure das flüchtige Ammoniak ge- bunden oder doch die Dissoziation des gebildeten kohlensauren Am- moniaks verhindert haben. Zu den empfindlichsten, weil häufigsten Schädigungen gehört der sogenannte „ungare Boden". Derselbe unterscheidet sich durch seinen Mangel an Elastizität von dem garen, der unter dem Einflufs der löslichen Bodensalze und Mikroorganismen die bereits früher be- sprochene Krümelstruktur annimmt. Li Rücksicht auf den vorwiegen- den Anteil der Bakterien an den Zersetzungserscheinungen können wir die Gare des Ackers als eine Arbeit derselben bezeichnen. Wenn wir auch noch lange nicht alle sich im gärenden Boden vollziehenden Prozesse kennen, so wissen wir doch, dafs wir die Gare bis zu einem bestimmten Grade als wirkliche Gärung auffassen dürfen. Erinnert sei nur an die speziellen Pektinvergärer (Plectridicn), die bei der Keimung der Leguminosensamen von Bedeutung erscheinen, ferner an die Cellulose- vergärer mit vorwiegender Bildung von AVasserstofi' und Methan (Sumpfgas CH*). AVeiter kommen die Stre2)fofhrix- Arten als Humus- vergärer in Betracht, besonders aber die Säure bildenden Granulose- organismen^), die vorwiegend Buttersäure und Kohlendioxj^d produzieren, wobei die Plectridien die Hauptarbeit bei der Mineralisierung der organischen Substanz übernehmen. Der Stickstoffsammler (Bacilhts radicicoJa und megatermm, Clostridium Pasteurimmm, Azotohader), sowie der Ammoniakbildner (Bacdlus ureae, aJbuminis, protetis vulgaris^), hutyricus, mycoides, suhtiJis, mesentericus vidgatus, foetidus^ HaderiumcopropliilumuBW.)^ der nitrifizierenden (Baderiuiii niirobader usw.) und denitrifizierenden Gattungen {JBadJlus mycoides, suhtilis, liqitidus , nuhilus , vulgaris, coli, prodigiosus, liquefaciens, Bader imn fuscum, Clostridium gelatinosmn usw.) ist bereits gedacht worden, und nun erinnere man sich noch an die spezifischen Fäulnisorganismen. Alle diese biologischen Prozesse spielen sich im garen Boden ab, ergänzen oder bekämpfen einander, je nach den jedesmaligen Idimatischen A''erhältnissen des Bodens. ') ScHNKiDEwiND, Zur Frage der Stalldüngerkonservieruug. Deutsche landw. Presse 1904 Nr. 73. .. ■') LöHNis, F., über die Zersetzung des Kalkstickstoffs. Centralbl. f. Bakt. II 1905 Nr. 8/4 S. 87. ^) SioKi.AS'A, J., Über die Schicksale des Chilisalpeters im Boden usw. Blätter f. Zuckerrübenbau 1904 Nr. 21. 1. Verhalten der Nährstoffe zum Bodengerüst. 273 Auiser den Bakterien hat man auch grüne Algen, deren Erscheinen als Zeichen einer guten Gare gilt, als Stickstoffsaminler angesprochen. Nach Koch ^) ist aber dies wohl nicht der Fall, sondern ihr Wert darin zu suchen, dais sie durch ihre Chlorophylltätigkeit den stickstott'- bindenden Bodenbakterien kohlenstoffhaltige Nahrung liefern. Von den blaugTünen Algen behaupteten Beijekinck, Schlösing imd Laurent die Fähigkeit, freien Stickstoff' zu assimilieren, und ebenso sollen nach Saida -) eine Anzahl Schimmelpilze {Mucor stolonifer und A^ipergiUus niger) diese Fähigkeit besitzen. Wenn Treboux'*) neuerdmgs hervorhebt, dais die Tätigkeit der Nitrit- mid Nitratbakterien häufig versagen dürfte , dais aber das im Boden zurückgehaltene Annnoniak den Pflanzen stets zur Verfüg-ung ist und verarbeitet wird, so ist dies für viele Fälle zuzugeben. Auch andere Forscher haben die Nützliclikeit der Ammoniakernährung nach- gewiesen. Aber schliefslich berulit die Ammoniakbildung im Boden doch auf Verwesmig, an der Bakterien beteiligt sind. Das Wachstum der Mehrzahl der die Fruchtbarkeit des Bodens bedingenden Mikroorganismen ist an einen reichlichen Wechsel von Feuchtigkeit und abtrocknender Durclilüitung bei genügender Wärme gebunden, und diese Verhältnisse fehlen bei schweren Böden in nassen Perioden: der Boden bleibt ungar. Hier läfst sich die Pflege der nützlichen Bodenbakterien nur durch fortgesetzte Bodenbearbeitung erzielen, und anerkannte Praktiker empiehlen möglichst schnellen Um- bruch der Getreidestoppeln auf Lehmböden zur Erzielung eines gröfseren Stickstoffgewinns durch früher begimiende Gare. Li der Lauchstädter Versuchswirtschaft wurden nahezu dieselben Erfolge dm^ch früh- zeitiges Pflügen wie durch eine Gründüngimg erzielt. Auf allen schweren Böden ist das Herbstpflügen für die Frühjahrsbestellung das wesentlichste Vorbeugimgsmittel gegen imgaren Boden. Neuerdings wieder zu Ehren kommt die Brache*) bei schweren Böden. Bei leichten Bodenarten wird sie als Verschwendung anzusehen sein. Das Wohltätige der Brache ist ihre aufschliefsende Wirkung, über deren Zustandekommen ein endgiiltiges Urteil noch aussteht. Wir glauben, dais phj^sikalische, chemische und bodenbakteriologische Vor- gänge dabei ergänzend ineinander greifen. Der Winter wirkt um so besser lockernd, je öfter der Boden auftaut und wieder durchfriert ; da- durch wird das Eingi'eifen des Verwitterungsprozesses begünstigt und der Boden für die nützlichen Arten der Bodenbakterien geöffnet. Zu welchen Gattungen dieselben gehören, ist noch nicht sicher festgestellt. HiLTNER hat zunächst nachgewiesen, dais es nicht die Almitb akter ien sind. Li letzter Linie wird es stets darauf ankommen, den Nitrifikations- bakterien die höchste Arbeitsleistung zu ermöglichen; denn nach Reit- MAIR-'^) setzt in guten, milden Böden bei genügender Wärme gleich nach der herbstlichen Ernte die Nitrifikation des Bodens sofort derartig ') KucH, A., Bodenbakterien- und Stickstofffrage. Verh. d. Gesellsch. deutscher Naturf. zu Karlsbad. 190:i Teil I S. 182. -) s. VuGKi-, J., Die Assimilation des freien elementaren Stickstoffs durch Mikro- organismen. Centralbl. f. Bakteriol. II, 1905, Bd. XV S. 174. ^) TuKBoix, 0., Zur Stickstoffernährung der grünen Pflanzen. Ber. d. botan. Gesellsch. 1905. S. 570. •*) s. Hn.LMAxx, Bedeutung der Agrikulturphvsik usw. Nachrichten aus dem Klub der Landwirte, 1902 Nr. 4-53, und Mitteil. d.'D. Landw.-Ges. °) Reitmaik, O., Die Stellung der Brache und der Gründüngung in unsern modernen Fruchtfolgen. D. Landw. Presse. Sond. 1903. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 18 274 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. wieder ein, dafs der Bedarf einer folgenden Halmfruclit an Nitraten bis zum nächsten Frühjahr wieder gedeckt wird. Voraussetzung ist dabei aber die richtige Krttmehmg und ein gewisser Kalkgehalt ^). (Siehe auch das bei Drainwässern Gesagte.) Natürlich wird man mit Stutzer^) betonen müssen, dai's nur unter bestimmten Umständen die Brache zm^ Anwendung gelangen kann. Wir glauben, dafs sie dann angebracht ist, wenn es dem Landwirt rechnerisch am vorteilhaftesten erscheint, den Acker lieber für die lange Zeit der Brache zu entbehren, als die schneller wirkende Gründüngung und Stallmistzufuhr anzuwenden. Auf diese allein ist wegen ihrer mechanisch lockernden Eigenschaften bei zur Ungare neigenden Bodenarten Gewicht zu legen und nicht auf die Düngesalze. Der Stickstoff der organischen Dungmassen erscheint, wie Pfeiffer ^) besonders betont, im Boden fest- gelegt, gleichsam kapitalisiert und zeigt daher eine lange Nachwirkiuig. Dieser Autor ist übrigens ein Gegner der Brache, die er als Raubbau betreffs des Stickstoffkapitals bezeichnet. Er versteht darunter einen unvollständigen Ersatz der den Ackern durch die Ernten entzogenen Nährstoffmengen. Die bei der Brachhaltung gewonnenen löslichen Stickstoffverbindungen gingen nach Pfeiffer's Ansicht dem unbebauten Boden gröfstenteils diu-ch die Sickerwässer wieder verloren. Solche Bedenken sind unserer Ansicht nach vollständig gerechtfertigt für leichte Böden, fallen aber bei schweren, durch Ton mit reicher Absorptions- kraft versehenen, durch die Ernten geschwächten Bodenarten fort. 2. Yerhalteu der Nährstoffe zu den Pflanzen. Die Erscheinungen, welche in diesem und dem folgenden Abschnitt zu behandeln sind, dürfen nur selten als alleinige Folgen eines Mangels oder Überschusses des Nährstoffkapitals im Boden aufgefafst werden. Sie sind meist das Ergebnis des Zusammenwirkens zahlreicher Faktoren, unter denen der Feuchtigkeitsgehalt der Luft eine besonders mafsgebende Rolle spielt. AVir wollen nicht vergessen, dafs fast alle Ki^ankheiten nur durch eine unpassende Kombination der nor- malen Vegetationsfaktoren zustande kommen und eine Störung des Gleichgewichtes der ineinandergreifenden Ernährungs Vorgänge sind, wodurch bestimmte Prozesse zurückgedrückt werden und andere in störender AVeise ein Übergewicht erlangen. Wenn wir jetzt von Krankheiten durch Wasser- und NährstoÖ'- mangel oder -überschufs sprechen, so ziehen wir dabei auch die Er- scheinungen hinein, bei denen an einzelnen Stellen des Pfianzenkörpers Atrophien und Hypertrophien eintreten. Diese brauchen nicht auf einem wirklichen Mangel oder Überschufs von Wasser und Nährmaterial im Boden zu beruhen, sondern können einfach dadurch zustande kommen, dafs der Organismus durch die Kombination der AVachstumsfaktoren nicht imstande ist, alle Organe in einer für die Gesamtentwicklung '^) WoHi.TMAN.N, F., FiscHKii, H., Und SriixEiDKii, Ph , Bodenbakteriologische und bodenchemische Studien aus dem Poppelsdorfer Versuchsfelde. Jouru. f. Land- wirtschaft 1904 S. 97. -) Stitzkk, A., Die Nutzbarmachung des Stickstoffs der Luft für die Pflanzen. D. Landw. Presse 1904 Nr. 10—19. =') PKKiFFKK-Breslau , Stickstoffsammelnde Bakterien, Brache und Raubbau. Berlm, P. Parey, 1904. cit. Centralbl. f. Agrik. Chem. 1905 S. 599. 2. \'erhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 275 vorteilhaften Weise zu ernähren. Zu den absohiten Mangel- und Überschulserscheinimgen treten daher die relativen in Form von Störungen des lokalen Gleichgewichts. A. AVasser- und Nährstoffmang-el. a. Wassermangel. Einflufs der verschiedenen Vegetationsdecken. Nachdem wir bereits früher der physikalischen Vorgänge , welche zu Wassermangel im Boden führen, gedacht und eine Anzahl davon herrührender Krankheitserscheinungen besprochen haben, müssen wir ergänzend noch des Einflusses gedenken, den die Vegetationsdecke selbst auf den Wassergehalt des Bodens ausübt. Auf demselben Boden bei denselben Witterungsverhältnissen findet eine Kulturpflanze auf einem Teile des Ackers genügenden Wasservorrat zu ihrer Entwicldung und auf einem anderen Teile nicht, wenn auf ersterem eine anspruchs- losere Art kultiviert worden ist, welche geringere Mengen AVasser dem Boden entzogen hat. Also die Vorfrucht wird für jede Bestellung von Bedeutung. Der Wassergehalt ist, wie Wollny ^) festgestellt, in der Wurzelregion eines mit Pflanzen bestandenen Ackers geringer als in der korrespon- dierenden Schicht dos nackten Bodens. Je üppiger der Pflanzenbestand, je dichter und langlebiger derselbe ist, desto mehr verliert der Boden an Wasser. Die Versuche lassen zwar keine feste Skala des AVasserverbrauchs feststellen, doch weisen sie darauf hin, dafs durchschnittlich die immer- grünen Nadelhölzer die gröfsten Wassermengen beanspruchen, worauf iu absteigender Linie die Laubhölzer und perennierenden Futterpflanzen folgen, während die flachwurzelnden Ackergewächse den Gesamtvorrat an Wasser im Acker weniger in Anspruch nehmen. Am meisten scheinen von letzterer Gruppe die blattreichen, aufrechtstehenden Schmetterlingsblütler, wie Acker- und Buschbohnen, Wasser in ihrer Hauptentwicklungszeit zu verlangen , während die bei weitem Stande angebauten Wurzel- und Knollengewächse an letzter Stelle zu nennen sind. Im Sommer brauchen die perennierenden Futtergewächse etwas gröfsere Mengen als die Ackerpflanzen und Nadelhölzer; im Frühjahr und Herbst ist es umgekehrt. Im AVinter gleichen sich die Ansprüche der verschiedenen Gewächse aus mit Ausnahme der Nadelhölzer, welche bei milder AVitterung immer noch gewisse Mengen Wasser dem Boden entziehen. Denselben Gegenstand behandelt v. Seelhokst^), der zu dem Schlüsse kommt, dafs Roggen den Acker in bezug auf die Feuchtigkeit bedeutend weniger erschöpft als Weizen. Dieser Umstand wird sehr wesentlich für eine etwa nachfolgende Gründüngungspflanze; denn nach dem später das Feld räumenden AVeizen kommt diese nicht nur später in den Boden, sondern findet nun auch einen viel trockneren Standort, Der Klee erschöpft das I^and äufserst stark an AVasser, so dafs in trockenen Jalu-en die ihm folgende AVintermig, abgesehen davon, dafs J) Woi.Lxv, E., Über den Einflufs der Pflanzendecken auf die ^Wasserführung der Flüsse. Vierteljahrsschr. d. Bayer. Landwirtschaftsrates 1900 S. ö89. -) V. Sekliioksi-, Untersuchungen über die Feuchtigkeitsyerhältni.sse eines Lehm- bodens unter verschiedenen Früchten. Journ. f. Landwirtsch. 1902 Bd. öO cit. Centralbl. f. Agr. Chemie 1908 Heft 6. 18* 276 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. durch den Kleestoppel der Boden leicht sperrig wird, sich wegen Wassermangel nur langsam und ungleich entwickeln kann. Dagegen scheint die Kartoffel, wenigstens die mittelfrühe, eine gute Vorfrucht zu bilden, da sie das Land ziemlich feucht zurückläfst. Auch Erbsen bilden eine gute Vorfrucht für die Winterung. Besonders ungünstig wird von v. Seelhorst der Hafer beurteilt, und zwar nicht so sehr wegen der Nährstofferschöpfung, als wegen der starken Wasser- entziehung. Im Anschlufs an die Feldgewächse ist auch des schädlichen Einflusses einer Rasennarbe zu gedenken. Dafs eine ge- schlossene Narbe den Wurzeln der holzartigen Gewächse, namentlich der Obstbäume, das Wasser wegfängt und die Krume verarmen macht,, ist leicht verständlich-, aber neuerdings hat man eine direkte Gift- wirkmig des Rasens behauptet ^) , die vielleicht darin zu suchen sei, dafs durch die Grasnarbe nützliche Bakterienarten unterdrückt und schädliche begünstigt würden. In dem gemeldeten Falle waren die Wurzeln der Bäume (Af^felbäume) lang, abnorm dünn und gebrämit, das Laub war sehr hell und fiel 14 Tage früher ab. Die Belaubung war spärlich, der Holzzuwachs gering. Sobald die Wurzeln oder auch nur ein gröfserer Teil derselben in den nicht von Rasen gedeckten Grund kamen, verschwanden die Kranklieitserscheinungen. Diese stimmen im wesentlichen mit den auf schweren, undurchlässigen Böden durch Sauerstoffmangel erzeugten überein, so dafs es keines- wegs notwendig erscheint, eine Giftwirkung anzunehmen. Wir sehen, dafs in vielen Fällen , namentlich auf leichten Böden , die Rasennarbe nicht schadet, wenn für Nährstoffe im Bereiche der Baumwurzeln Sorge getragen wird. Auf schliefsenden Tonböden wird der Rasen sich von dem kapillar aufsteigenden Wasser des Untergrundes lange grün er- halten und dem Untergrunde viel Feuchtigkeit entziehen, ohne ihm solche während der Vegetationszeit in nennenswerter Menge zurück- zugeben, weil er die atmosphärischen Niederschläge für sich verbraucht. Das Welken. Dafs die Erscheinungen des Welkens auch bei Wasserreichtum im Boden eintreten können, indem die Wurzeln unvollkommen funktionieren, ist bereits bei Besprechung des „physiologischen Welkens" erwähnt worden. In Böden mit hohem Gehalt an löslichen Salzen wird unter Umständen das Wasser so festgehalten, dafs die Wurzel nur mühsam ihren. Bedarf decken kann. Es treten dann die Erscheinungen zutage, welche man bei Anwendung hochkonzentrierter Nährstofflösungen auch experimentell hervorrufen kann : kurze Internodien, kleinere Blätter, kürzere Wurzeln, die grofse Neigung zur Fäulnis zeigen, Herabminderung der Produktion und Transpiration. — Eine weitere Ursache des AVelkens ist die Temperatiu-erniedrigung des Bodens. Wird die Wärme nicht erreicht, welche eine bestimmte Pflanze braucht, damit ihre Wurzel das Geschäft der Wasseraufnahme beginnen kann (Kältestarre), während die Luft- temperatur die Verdunstung seitens des Blattapparates zuläfst, macht sich diese Störung dos Gleichgewichtes zwischen Wasserverbrauch und -zufuhr alsbald durch Welken bemerkbar. Ein spezieller nicht seltener Fall ist das Welken von Warmhaus - 1) Bei.fohd, Duke of, and Pickekixg, Si'kxckr, U., The effect of grass on trees. Third report of the Woburn exper. fruit farm. London 190o. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzeu, 277 pflanzen bei Abkülilung der Töpfe während des Umarbeitens der Warmbeete oder bei dem Verpflanzen usw. Unerfahrene Gärtner giefsen dann häufig und sehen einen Erfolg, wenn das vorgewärmte Wasser die Wm-zeltätigkeit weckt. Bei Wiederholung der Abkühlung wird dasselbe Experiment ausgeführt, bis schliefslich der Topf mit Wasser überladen ist und die Wurzeln durch Sauerstoffmangel zu- grtmde gehen. Ein anderer Fall des Welkens der Topfkulturen wurde von Hell- KiEGEL beobachtet. Er fand, dafs Pflanzen in grofsen Töpfen welkten, die einen mehr als dreimal so grofsen Wasservorrat führten als kleine Töpfe mit Pflanzen derselben Spezies, die nicht welkten. Dieser Um- stand erklärt sich aus dem relativen AVassergehalt der Erde, der in den kleinen Gefäfsen noch 14 — 20 "/o betrug, während die absolut gröfsere Wassermenge bei der gröfseren Erdmasse der grofsen Gefäfse so verteilt war, dafs sie nur noch 11 — 15"/o Bodenfeuchtigkeit re- präsentierte. In diesem Falle war durch die schwierigere Bewegung des fester gehaltenen Wassers in den Bodenkapillaren den AVurzeln in den gröfseren Gefäfsen die Aufnahme erschwert, so dafs die Ver- dunstung das Übergewicht erlangte. Gegenüber diesem physiologischen AVelken möchten wir die Welk- erscheinungen bei wirklichem Wassermangel im Boden als mechanisches Welken bezeichnen, weil der mechanische Wassertransport in den Gefäfsen nachläfst. Natürlich mufs bei starkem Wasserverbrauch der Blätter und geringem Nachschub in den Gefäfsen der Luftgehalt steigen, und in dieser Steigerung des Luftgehaltes über ein gewisses Mais hinaus ist, wie Strasbuhoek ^) betont, die Behindermig der Wasserbewegimg in den Achsenorganen zu erblicken. Dabei wird auch die Luft in den trachealen Elementen um so mehr verdünnt, je stärker an warmen Tagen Transpiration und Assimilation sind'-), und die Folge ist, dafs eine Befeuchtung des Bodens um so schneller zur Wirksamkeit gelangt. Im allgemeinen übt das Begiefsen einen um so geringeren Einflufs aus, je turgescenter die Pflanze isf^). Die grofse tracheale Luft Verdünnung kommt auch bei der bekannten Tatsache in Betracht, dafs die bei heifsem AVetter schnell welkenden Feldgewächse von der Betauung des Bodens in der Nacht schon Nutzen ziehen werden, namenthch da die Verdunstung durch die Blätter zu dieser Zeit herab- gedrückt ist. Die Produktionsänderung durch "Wassermangel. Auch des verschiedenartigen Ernteertrages infolge von Wasser- mangel ist bereits in früheren Abschnitten gedacht worden , so dafs wir hier nur ergänzend einige weitere Fälle anzuführen brauchen. Am schlagendsten sind die HELLKiEGEL'schen*) Versuche. Zwei Proben von Kleeblättern wmrden einem Felde entnommen, bei dem sich stellenweise ein AVelken der Pflanzen kundo-ab. Es wurde gefunden : ') Stuasiuuuki!, Ed , über den Bau und die Verrichtungen der Leitungsbahneu in den Pflanzen. Jena 1891. cit Bot. Zeit. 1892 S. 261. ''') Noi.L, Über die Luftverdünnung in den Wasserleitungsbahnen der höheren Pflanzen. Sitzungsber. d. Niederrheinischen Ges. f. Natur- und Heilkunde. Bonn 1897. II S. 148. ^) Chambkrlaix, HufsroN Sikwakt, Recherches sur la seve ascendante. cit Bot. Jahresb. 1897 S. 73. '} a. a. O. S. 544. 278 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. an welken Plianzen : Blätter 71,0 "o Wasser, Blattstiele 78,4 '^/o, 71,10/0 „ „ 80,8 "/ü, an straffen Blättern zwischen den welken: 82,5% „ „ 90,0 ",0. An Trockensubstanz hatten die welken Blätter in den Blattflächen ca. 2lt"'(>. in den Blattstielen 19 — 21 "/o; dagegen die straften Pflanzen in den Blattflächen 17,5 "/o nnd in den Blattstielen 10 '^/o, also fast nur die Hälfte von jener der welken Pflanzen. Ein Beispiel für die Beeinflussung des Getreides durch Trockenheit liefern die Untersuchungen von Prianischnikow^), wonach der StickstofiP- gehalt im Korn zunimmt, wenn die Feuchtigkeit sich verringert. Ein ausführlicheres Bild über den Einflufs der Nährstoffaufnahme und -Ver- arbeitung in trockenen Jahren gewähren die Studien von Stahl- Sl'Hkoeher -). Nach Erwähnung der bekannten Tatsache, dafs Phosphor- säm-e das Reifen beschleunigt, Stickstoff' und Kali dasselbe verzögern, wird betont, dafs für die Nährstofl'aufnahme die Monate vor der Blüte die bedeutungsvollsten sind. Herrscht in dieser Zeit Wassermangel im Boden, so wird eine geringere Menge organischer Substanz entstehen. Aber die leicht durch die Zellwände dringende Salpetersäure kann doch ihren Weg in die Pflanzen finden und ihrerseits wieder zur Phosphor- säureaufnahme anregen, um die Bildung von Proteinstoflen zu bewh-ken. Auf diese Weise kommen in trockenen Jahren geringe Ernten mit hohem N- und P-Gehalt zustande. Die Stickstoffsteigerung tritt auch mehr zutage, da bei der Trockenheit die Stärkefüllung des Korns sehr erschwert wird. Der umgekehrte Fall läfst sich bei den norw^egischen Kornproben feststellen, deren hohes absolutes Gewicht durch reiche Stärkeeinlagerung bedingt ist. Diese erklärt sich durch das Wachstum des Getreides bei reichlicher Feuchtigkeit unter dem Einfluis der langen Tage. In direkten Zahlen ausgedrückt finden wir das Sinken der Produktion mit dem Rückgang des den Pflanzen zur Verfügung stehenden Wassers bei Versuchen von Hellriegel mit Gerste in mit Sand gefüllten Töpfen. Bodenfeuchtigkeit rp i 1 - in Prozenten" der Trockensubstanz wasserfassenden Kraft in Stroh und Spreu in Körnern 80— (30 7394 Mg 489(3 Mg , Durchschnitt «30—40 5988 „ 4133 „ { von je 40—20 4842 „ 1942 „ I 3 Pflanzen. Die Töpfe mit einer Bodenfeuchtigkeit unter 20 "/o der Wasserkapazität des Sandes litten durch die Sommerhitze derart, dafs die Ähren in den obersten Blattscheiden sitzen blieben, ohne zur Körnerbildung zu gelangen. In scheinbarem AViderspruch mit solchen Ergebnissen steht die Beobachtung der Praktiker, dafs in vollkommen ausgetrockneten, so- genannten staubtrockenen Böden die Pflanzen weiterwachsen kömien, obgleich der Untergrund ganz steril ist. Solche Fälle finden ihre Er- klänmg, sobald der sterile Untergrund nur wasserhaltig ist und die ') PiuAxiiscHMKDW, über den Einflufs der Bodenfeuchtigkeit auf die Entwicklung der Pflanzen. Journ. f. experim. Landw. 1900 Bd. I S. 19. 2) Stahi.-Schkokukr, Kann die Pflanzenanal^'se uns Aufschlufs über den Gehalt an assimilierenden Nährstoffen geben? Journ. f. Landw. 1904. cit. Biedermann's Centi-albl. f. Agr. Cheni. IDO.j Heft 2. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 279 Wiu'zeln in der Feuchtigkeit bleiben. Experimentell hat die^sen Fall HABEKLA^'DT *) studiert, der den unteren Teil der Wurzeln seiner'Versuchs- pflanzen in destilliertes Wasser tauchen liefs, während die oberen Wurzeln in Bodenschichten verharrten, die, wie Kontrollversuche er- gaben, so trocken waren, dafs die Pflanzen darin verwelkten. Die mit ihren äufsersten Wm^zeln in destilliertes Wasser tauchenden Pflanzen zeigten eine nicht unbeträchtliche Zmiahme an Trockensubstanz, woraus hervorgeht, dafs die im Trockenen befindlichen Wurzeln die Mineral- substanzen aufgenommen haben müssen. Aus dieser Arbeitsteilung der Wurzeln erklärt sich das AVachstum unserer Kiilturpflanzen mit tief in einen sterilen, aber feuchten Untergrund hineinreichenden Wurzeln trotz trockener Ackerkrume. Diese vorzugsweise bei Getreide dargestellten Änderungen in der Produktion erfolgen nach Hellriegel bei anderen Kulturpflanzen gleich- sinnig. Verfärbungen bei Gehölzen. Das Tj-pische bei Wassermangel und reicher Belichtung ist die kräftige Entwicklung der mechanischen Gewebe. Wir haben nur nötig, auf die Befunde in trockenen Klimaten hinzuweisen. Beispielsweise meldet Jönsson-) miter den Charakteren der Wüstenpflanzen, dafs die Wände der Epidermiszsllen vielfach verschleimt sind. Bei Haloxijlon, Enrotia, CalUgomini, Halimodendron wechselt Schleimkork schichtenweise mit gewöhnlichem Kork ab. Der Schleimkork ist sehr quellungsfähig und wird nach Sprengung des Schutzkorkes blofsgelegt, so dafs er Wasser anziehen und festhalten kann. Auch in den Assimilations- geweben finden sich schleimführende Zellen. Bei Halimodcmlron wh'd die sekundäre Rinde sehr mächtig und spongiös , wo^lurch sie die Temperaturextreme abschwäclit und leicht Wasser speichern kann. In den peripherischen Teilen bilden reichliche Salzausscheidungen einen Schutz. Diese Merkmale ändern sich in Gegenden, die reich an Wasser- gehalt im Boden und in der Luft sind. So wurde beispielsweise bei HnUiiiodcmlron in Kopenhagen kein Schleimkork gefunden. Aus Neu- Amsterdam berichtet Swaxlund''') über die äufserst dicke Aufsenwand der Epidermen, die häufige Einsenkung der Spaltöftmmgen, die Einrollung der Blätter und dadurch bedingte Einschränkung der Transpiration. Wir haben diesen Gegenstand schon früher in dem Ab- schnitt über horizontale Diflerenzen und bei den Fehlern der Sandböden berührt und dabei auch des Merkmals der Rotfärbimg gedacht. Man kann auch durch künstliche EingrilFe lokalen AVassermangel und Anthocyanbildung damit hervorrufen, indem man Pflanzen, welchen eine rote Herbstfärbung eigen ist, an ihren Blättern einknickt oder ihre Zweige ringelt. Es tritt dann an den oberen Teilen über der Wund- stelle mitten im Sommer Rotfärbung ein. Betrefl's der durch Hitze und Trockenheit hervorgerufenen Ver- färbungserscheinungen gebe ich einige Beobachtungen aus dem Jahre 1802, das im August bei dem Auftreten heifser AVinde ungewöhnlich hohe Temperaturen aufwies. Ich fand am 11». August auf besonders ') cit. B;i:ui:iiMAXN"s Centralbl. f. Agr. Cheni. 1878 S. 314. ■■) JiixssoN-, B., Zur Kenntnis des anatomischen Baues der AVüsteupflanzen. Lunds Univ.-Arsskrift XXXVIII. Bot. Jahresb. 1902 II S. 292. 3) SwAxi-rxi., J., Die Vegetation Xeu-Amsterdam's und St. Pauli's m ihren Be- ziehungen zum Klima. Dissert. Basel 1901. 280 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. schwerem Lehmboden eine Temioeratur von 52,7 '^ C. Sämtliche Gehölze welkten inid die Mehrzahl entlaubte sich allmählich. Natürlich waren auch hierbei grofse individuelle Unterschiede bemerkbar. Verfärbung- und Blattfall gingen fast immer von den untersten Blättern der Zweige aus. Bei der Erle fielen die Blätter unter Erhaltung der grünen Farbe. Acer Pseudoiüatanus var. Sclnvedlcri mit roter Blattunterseite. Blätter wurden von den Spitzen der Zipfel her rötlichbraun bis lederfarbig in den Intercostalfeldern. Aufserdem auf der Blattfläche zerstreut unregelmäfsige tiefer gebräimte , vollkommen dürre Brandflecke. Be- schädigte Blätter sitzenbleibend. Acer Negundo. Obere Blätter etwas schlaff". Ränder der Teil- blättchen nach oben gehoben. Die nächst unteren Blätter bleich gelbgrün , die untersten hellgelb , gieichmäfsig an den dürren Rändern nach oben gerollt. Acer plcdanoides. Blätter zeigen iinter schwacher Vergilbimg un- regelmäfsige , kleine verfliefsende , zwischen den Rippen verlaufende Brandflecke: die vertrockneten Spitzen biegen sich hakenförmig nach oben. Fagus sihaiica. Einzelne, aber nicht immer die untersten, sondern die exponiertesten Blätter erhielten unregelmäisige, in den Intercostal- feldern auftretende, mit gelbem, verwaschenem Rande versehene, dürre Stellen. Bisweilen ist die ganze Oberfläche gieichmäfsig leicht gelDräunt. Niemals Randzeichnungen. Vitis vinifera. Bei Beginn der Trockenheit zeigen sich einzelne, ganz unregelmäfsig zwischen grünbleibenden stehende Blätter gelb. Die citronengelbe . bei anderen Varietäten rote Verfärbung beginnt an einer Stelle des Randes und schreitet in den Intercostalfeldern fort, bis nur noch die Rippen grün erscheinen. Trotz der Trockenheit fand ich damals an einzelnen unteren Blättern die den Rippen folgenden trockenen, eckigen Flecke der Plasiitojxtra viticola. Frmms Per^ica. Sämtliche Blätter etwas erschlafft; manche (aber nicht immer die untersten) von der Spitze aus vergilbend. An ein- zelnen Bäumen schreitet die Verfärbung an den Rippen schneller fort, so dafs zuerst die Nervatur und dann die übrige Blattfläche gelbrot bis weinrot sich färben; darauf fällt das Blatt ab. (Eigenschaft der Sorte.) ^ ^ _ Prunus domestica. Sämtliche Blätter schlaft', Mehrzahl aber noch gieichmäfsig grün mit Ausnahme der untersten, die an vielen Zweigen weifsgelb geworden sind und schmale, braune, zurückgeschlagene, dürre Randflecke besitzen. Leicht bei Wind sich ablösend. Prunus avium. Untere Blätter, namentlich der Kurztriebe, gieich- mäfsig citronengolb und abfallend. Prunus Cerasus. Nm* wenige Blätter vergilbt, sonst die gesamte Belaubung noch frisch: ein Beweis, dafs die Kirschen Trocken- heit lieben. Pirus communis. Je nach Exposition mehr oder weniger Brand- flecke, aber keine Vergilbung zeigend. Bisweilen dürre Randzonen, dagegen häufiger solche Blätter, deren ganze Blattfläche tief umbra- braun ist (Unterseite heller mit noch frisch grüner oder leicht gebräunter Mittelrippe), Ränder stark nach oben gerollt'^ Wegen der grün bleibenden Blattstiele fallen die beschädigten Blätter nicht oder spät ab. Aus diesen und zahlreichen anderen Beobachtungen ergibt sich, 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pfhmzen. 281 dafs dvirchschnittlich die von der Nervatur entferutesten Teile der Blätter zuerst und am meisten sich verfärben und vertrocknen; dabei Hebung der Ränder nacli oben. Bei scluiell eintretenden Hitzeperioden mit starker Sonnenwirkung traten die Brandflecke in den Vordergi'und, bei geringerer Intensität des Sonnenscheins herrscht die allgemeine fleckenförmige Verfärbung vor. Hierher gehört auch die besonders kräftige Entwicklung von Anthocyan auf dürren, mageren Lokalitäten, die selbst in den arktischen Regionen , wo die Rotfärbung bei der starken Belichtung eine vor- herrschende Erscheinung ist, auffällig wird. AVulff M fülirt ein sehr bezeicluiendes Beispiel an. Er sah an Orten, die durch Vogelexkremente gedüngt waren, bei Pflanzen, die in ariden Gegenden in ihren vege- tativen Organen stark gerötet erschienen, stets die Anthocyanbildung verschwinden. Schliefslich sei auch noch an die Verminderung der Beweglichkeit der Kleeblättchen und verwandter Organe bei anhaltendem Wasser- mangel gedacht. Bei Minwsa piuh'ca geht die periodische Reizbarkeit verloren, und die Blättchen bleiben offen stehen: „Trockenstarre''. Röte des Getreides. Die Rotfärbung des Getreides bei anhaltend trockener heifser Sommerzeit hat vielfach die Vermutung hervorgerufen, dafs parasitäre Einflüsse dabei im Spiele w^ären. Klebahn ^) hat einen speziellen Fall, der durch seine weite Verbreitung und Intensität allgemein auffiel, genauer geprüft und gefunden, dafs der rote Farbstoff allmählich an Stelle des Chlorophylls auftritt. Während der alkoholische Auszug- normaler Blätter gTün erscheint , wird derselbe bei roten Blättern, bei denen das Chlorophyll zerstört wurde , nur schwach gelblich gefärbt. Der rote Farbstolf ist in Wasser und Glycerin löslich, in Alkohol und Terpentin unlöslich, färbt sich mit Kali und Ammoniak blau und mit Säuren wieder rot. Er ist an den Zellsaft gebunden, und zwar teils in der Epidermis, teils im Assimilationsgewebe. Bei Hafer erwies sich die Entwicklung der geröteten Pflanzen und ihre Körnerproduktion geringer als bei den grünen Halmen. Wir haben die Rötung bei Ge- treide ebenfalls studiert^) und kommen in Übereinstimmung mit Klebahn ') Wn.i-F, TuoHu.ij, Botanische Beobachtungen aus Spitzbergen. Lund. 1902. Betreffs der jetzt herrschenden Anschauung, dafs das Anthocyan eine Schutz- vorrichtung für das Chlorophyll gegen Lichtüberschufs bilden soll, macht Wui-ki-' (S. 67) auf die Untersuchungen von Encei.maxn aufmerksam, woraus hervorgeht, dafs die Lichtabsorption des roten Anthocyans zu der des Chlorophylls komplementär ist imd demgemäfs die Kohlensäurezerlegung nicht beeinträchtigt. „Die.se Tatsache hat ja nunmehr die Unhaltbarkeit der'PiaxGSHKiM-KNv-KF.K.NKit'schen Lichtschirm- theorie zu voller Evidenz dargetan." \Vri.FF sieht den Vorteil des Anthocyans in seiner gröfseren Wärmespeicherung. Wie ich bereits früher erwähnt, vermag ich vorbedachte Nützlichkeicseinricntungen oder Äui'serungen einer „Finalität" im Organismus nicht anzunehmen. Ich erblicke überall notwendige Folgeerscheinungen bestimmter Kombinationen der Wachstumsfaktoren. Die Anthocyanbildung er- scheint mir als Folge von LichtWberschvifs auf einen an freien Säuren reichen Zellinhalt, dem nicht genügend stickstoffhaltige Assimilate zur Verfügung stehen. Dieser Zustand kann, wie bei den Pflanzen der kalten Regionen durch Wärme- mangel, in anderen Fällen durch Wassermangel, verringerte Nährstoffzufuhr usw. herbeigeführt werden. ^) Ki.EiiAiix, H , Einige Wirkungen der Düi-re des Frühjahrs 1893. Zeitschr. f. Pflanzenkraukh. 1894 S. 262. ") ScüAiEH, P., Beitrag zur anatomischen Analvse rauchbeschädigter Pflanzen. Landw. Jahrb. 1904 S. .596, Taf. XV- XVIII. 282 T. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. ZU dem Schlüsse, dals in der Röte nur Erscheinungen der Notreife bei "Wassermangel unter groiser Lichtintensität zu erblicken sind. In miserer Abhandlung finden sich auch anatomische Einzelheiten über das V e r s c h e i n e n und das Auftreten sogenannter „ _T r o c k e n f I e c k e " , Bemerkenswert ist eine bis zum Braungelb sich steigernde Gelbfärbung der Wandungen der Baststränge und das Erstarren des Zellinhalts in einzelnen Gruppen des Assimilationsgewebes. Von den durch normale Senilität absterbenden Blättern unter- scheidet sich das durch plötzliche Hitze und Trockenperioden zu- grunde gehende Organ dadurch, dals es nicht oder doch nur stellen- weise so stark zusammenschrumpfen kann wie das normal ausgereifte, also an festen Inhaltsstofien nahezu erschöplte Blatt. Bei letzterem befinden sich zwischen der Epidermis der Ober- und Unterseite nur die gänzlich verarmten und daher zu einer welligfaltigen Schicht zusammenfallenden Zellen des Blattfleisches , während bei ersteren eben der restierende reichlichere Inhalt durch sein Austrocknen die "Wandungen steift und dadurch das Zusammensinken mehr oder weniger verhindert. Ich fand dieselben Verfärbungserscheinungen auch bei wilden Gräsern (ArrJienathcniDi) und warnte vor Täuschungen bei der anatomi- schen "Untersuchung. Es traten nämlich eckige oder kugelige Inhalts- massen auf, die ähnlich wie Stärke mit Jod reagierten und somit den Schein von noch vorhandener gröfserer Assimilationstätigkeit erwecken können. Die übrigen Reaktionen weisen indes nach, dafs es sich um „Restkörper" von der Chlorophyllzersetzung handelt, welche in die Carotingrup p e gehören. Man könnte sie mit dem Leichenfett ver- gleichen. Die „Röte" des Hopfens. Die von den praktischen Züchtern auch als „Sommerbrand", „Fuchs" oder „Rote Lohe" bezeichnete Ki-ankheit besteht in einem von der Basis her fortschreitenden Fleckigwerden der Blätter. Die Flecke erfassen sowohl die Randpartien als auch die zwischen den einzelnen Nerven liegenden GewebegTuppen. Durch teilweise Zer- störung des Chlorophylls erscheinen die erkrankten Stellen anfangs gelblich, später rötlich und endlich trocken und gebräunt. Das Blatt fängt mittlerweile an, immer länger im Zustande des Welkens zu ver- bleiben; schliefslich schrumpft es und fällt auch wohl ab, während die oberen jüngeren Teile der Rebe noch freudig gi^ünen und sich weiter entwickeln. Nur die Gröisenverhältnisse der während dieser Zeit ent- standenen Neubildungen sind geringere gegenüber denjenigen an anderen Pflanzen, welche den Verlust der unteren Blätter nicht zu beklagen haben. Bleibt die Krankheit auf die unteren Partien beschränkt, so ist der Schaden nicht bedeutend; erfafst sie dagegen auch die oberen Teile mit den Blütenkätzchen, so wird das Ernteprodukt ein sehr leichtes, und es empfiehlt sich dann, alsbald zu ernten. Die Krankheit ist leicht mit dem durch die Webermilbe ver- ursachten „Kupferbrande" zu verwechseln, unterscheidet sich aber habituell dadurch, dafs Kupforbrand die Blätter an den oberen Teilen der Reben rötlichgelb färbt und durch feine Gespinstfäden auf der Blattunterseite erkannt wird, während der Sommerbrand von der Basis der Rebe her ein Vergilben und Vertrocknen der Blätter veranlafst. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 283 Es ist ein Aussaugen der älteren Organe durch die jüngeren, die zu ihrer Fortentwickhmg das vorhandene organische Material beanspruchen. Das sogenannte „Stangenrot" scheint dem „Verscheinen" des Getreides zu entsprechen und die Folge plötzlichen Eintritts einer Trockenperiode zur Zeit der Kätzchenausbildung zu sein. Bei dieser und den verwandten Rötungskrankheiten spielt übrigens der Wassermangel in der Luft eine ausschlaggebende Rolle; weil eine Bodenbewässerung allein selten Abhilfe schafft. Besser ist, wenn ein fortgesetztes abendliches Bespritzen stattfinden kann. Aber bei grofsen Flächen ist schwerlich im praktischen Betriebe das nötige Arbeiter- personal und die groise Wassermasse zur Verfügung. Am günstigsten sind die Vorbeugungsmaisregeln , indem man entweder durch mäl'sige Sc hatten anlagen für die Hopfenplantagen die exzessive Ver- dunstung herabdrückt oder durch Zufuhr von Düngesalzen (nicht tierischem Dung) die Wasserkapazität des Bodens erhöht. Ein Bei- spiel für letzteren Fall fülurt Fr. Wagner^) an. Er fand bei seinen Kulturen, dafs die Hopfenpflanzen ohne Salpetergaben der Trockenheit sowie pflanzlichen und tierischen Parasiten weniger gut widerstanden und die unteren Blätter früher vergilbt zeigten als bei den mit Chilisalpeter gedüngten. Ebenso ist mehrfach im praktischen Betriebe beobachtet worden, dafs Futter- und Zuckerrüben die Trockenheit besser über- wunden hatten, wenn der Boden mit Kalisalzen oder Chilisalpeter oder auch mit reichlichem Stallmist gedüngt worden war (s. z. B. Jahresb. d. Sonderausschusses f. Pflanzenschutz für das Jahr 1904." Arb. d. Deutsch. Landw.-Ges. 19U5, S. 91). Älmliche Verfärbungen infolge von Wassermangel sind bei Lein beobachtet worden; sie werden teils als „Röte" {(c roit(/c), teils und zwar bei vorzeitigem Vergilben der Stengelspitzen als „G elb sucht'- (le j(iunc) beschrieben. Der „Laubrauseh" der Reben. „Rote Brenner." „Seng." Die obigen Namen sind Kollektivbezeichnungen für eine Gruppe schwer auseinander zu haltender Erscheinungen, die das Gemeinsame einer Rotfärbung der Blätter haben. In der Regel folgt der Verfärbung stellenw^eises oder gänzliches Vertrocknen des Laubes, das dann vor- zeitig abzufallen beginnt. Neuerdings hat Müller-Thurg.\u ^) für eine bestimmte Rötungsform eine parasitäre Ursache festgestellt^) und sich bemüht, die dem blofsen Auge wahrnehmbaren Merkmale, die diesen Erkrankungsfall von anderen unterscheiden, hervorzuheben. Unter Hinweis auf die im zweiten Bande unseres Handbuchs besprochene, durch P^mdopeziza trachciphila verursachte Form des .,Roten Brenners" (s. Bd. H S. 278), bei der die Verfärbung häufig in Form von Flecken in den Nervenwinkeln beginnt, ist hier hervorzuheben, dafs der infolge von Wassermangel bei starkem Sonnenschein sich kenntlich machende Laubrausch in der Regel mit einer vom Rande ausgehenden Verfärbung der Intercostalfelder anfängt. Je nach Sorte und Standort wechseln ') Wagxku, Fr., Salpeterdüngungsversuche des Deutschen Hopfenbau-Vereins Wochenbl. d. Landw. Ver. in Bayern 1904 S. 182. -) Mi i-i-Ku-TuriifiAr, H., Der rote Brenner des Weinstocks. Centralbl. f. Bakt. II, 190^3, Heft 1^. 3) Eine andere, mit Botrytis- Vegetation verbundene Form vom Roten Brenner beschreibt Bkhkkns (Untersuchungen über den Eotbrenner der Reben) in Ber. d. Grofsh. Bad. Ver.suchsanstalt zu Augustenburg 1902 S. 4'^. 284 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. die Bilder imgemein, und man findet statt der Rötung nur bisweilen eine leuchtende Gelbfärbung. Manchmal trocknen die Blattränder ab. Die Art der Verfärbung läuft parallel mit dem Vorgange der Sommer- dürre bei anderen Gehölzen, wobei man meist beobachten kann, wie die mangelnde Wasserzufuhr sich zuerst an den von dem Blattstiel und der Mittelrippe am weitesten entfernt liegenden Teilen bemerkbar macht und nachher f ortsclu-eitet , bis schliefslich nur die nächste Um- gebung der Nerven noch grün bleibt (s. habituelle Änderungen), Betrefis der physiologischen Arbeit hat Müller- Thurgau schon früher nachgewiesen, dafs Stärkebildung und -lösung um so langsamer vor sich gehen, je geringer der Wassergehalt der Blätter ist^); be- gossene Reben bildeten mehi^ Zucker. Eine ähnlich dem parasitären Brenner sich äufsernde Erscheinung ist von Sauvageau und Perraud^) als Pektinkrankheit {waladie pc'Ctiquc) als Folge anhaltender Trockenheit besclnieben worden. Hier lösten sich die Blattspreiten vom Blattstiel ab. Vergilbung durch die Veredlungsunterlage. Bei miseren Obstarten stellt sich ein AVassermangel manchmal dadurch ein, dafs eine schnellwüchsige Sorte auf eine Zwergunterlage veredelt wird, die nicht imstande ist, in Zeiten starker Verdunstung das nötige Wasser dem Edelstamm zuzufüln-en. Auf gutem Boden werden manchmal Birnen , die auf Quitte ver- edelt sind, gelb, während die auf Wildling gesetzten Exemplare kräftig gedeihen. Bei solchen Zwergstämmen sah ich in trockenen Sommern, dafs später in die Rinde eingespitzte , gut gewachsene Edelreiser kräftige, aber gelbliche Triebe machten, während die ältere Krone grün war. Auch hierin sehe ich Erscheinungen des Wassermangels durch die Quittenunterlage, die (namentlich wenn sie hoch gepflanzt ist) nicht das nötige Wasser beschaffen kann, Birnen auf hochgepflanzten Quitten reifen daher ihr Laub schneller und werfen es früher. Verfrühtes Vertrocknen des Laubes. Wenn infolge der Sommerdürre das Laub abstirbt, wobei es meist wegen des Frischbleibens der Blattstiele am Zweige hängen bleibt, ist der Schaden, den der Baum erleidet, ein weit gröfserer, als man in der Regel annimmt. Man glaubte, es bestehe vorzugsweise die Schädigung in dem vor- zeitigen Aufliören der Blattarbeit und der damit verbundenen geringeren Holzbildung _usw. Es hat sich aber durch die Untersuchungen von Kraus '^j erwiesen, dafs neben diesem Mangel an Zuwachs auch ein positiver Substanzverlust eintritt, der viel gröfser ist als bei einer normalen herbstlichen Entlaubung. Die durch DiüTe getöteten Blätter verhalten sich nämlich nicht so wie die im Herbst abfallenden Organe. Letztere haben die Mehrzahl der für den Pflanzenkörper noch ver- wendbaren Stoffe allmählich an den Stamm abgegeben und sich end- lich durch eine rundzellige Trennungsschicht losgelöst; die verdorrten Blätter, bei denen sich keine Trennungsschicht bildet, behalten ihre M III. Jahresber. d. Versuchsstat. Wädensweil. Zürich 1894 S. 56. -) Sauvagkac, C, et Peuraud, J., La maladie pectique de la vigne. Eevue de viticulture 1894 p. 9. r -i & •) Bot. Zeit. 1873, Nr. 26 und 27. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 285 stickstotfhaltigen Bestandteile nebst der Phosphorsäure , mid nur die Stärke samt dem Kali gelangt vor dem Tode des Blattes in den Stamm zurück. Durch das verfrühte Vertrocknen des Laubes gehen den Pflanzen nahezu doppelt so viel Stickstoff und Phosphorsäure verloren als durch den herbstlichen Laubfall. Dies beweist eine von Maehker ausgeführte Analyse von Blättern einer SjTinga. Es enthielten an Prozenten der Trockensubstanz Sommerdürre Blätter Herbstliche Blätter Stickstoff 1,947 1,370 Phosphorsäure .... 0,522 0,373 Kali 2,998 3,831 Kalk 1,878 2,410 Mineralstoffe überhaupt ( kohlensäurefrei) . . 8,028 9,03(5 Obige Mengen in Prozenten der Gesamtascho ausgedrückt, würden sich folgendermaisen stellen: Sommerdürre Blätter Herbstliche Blätter Stickstoff 24,0*^0 14,0 "/o Phosphorsäure .... 6,5% 3,8*^/0 Kali 37,3 «0 39,7% Das Ausbrennen des Rasens. Bei dem Vertrocknen der Grasnarbe infolge sommerlicher Hitze- perioden kommt für Wiesen natürlich der Verlust an Futtersubstanz schwerwiegend in Rechnung. Wo Berieselungsanlagen fehlen, hat man keine Möglichkeit , den Schaden zu verhüten. Bei Schmuckanlagen dagegen läfst sich der Schaden vermeiden, wenn man rechtzeitig durch Überstreuen von Heu oder anderem leichten Schattenmaterial die Licht- wirkung und damit die Verdmistung herabdrückt. Das Spritzen der Rasenflächen ist nur dort von Erfolg, wo dasselbe wiederholt am Tage ausgeführt werden kann. Andernfalls mufs man zur Beschattung greifen. Milchglanz. Zu den Erscheinungen, die experimentell bezüglich ihrer Ent- stehungsursachen noch nicht geprüft sind und daher nur vorläufig ein- gereiht werden können, gehört der Milchgianz der Blätter. Die Kranklieit äufsert sich in der Weise an Fruchtbäumen, dafs die sonst normal ausgebildeten Blätter ihr dunkelgi'ünes Ansehen ver- lieren und einen silberartig weifslichen Reflex zeigen. In der Regel leiden nur einzelne Äste mid zwar etwa vom Juni oder Juli an. Ln folgenden oder im zweiten, höchstens dritten Jahre nach Auftreten des IVIilchglanzes stü'bt der Ast ab. Bei den Exemplaren, die ich nach Jahresfrist wieder besichtigen konnte , zeigte sich mehrfach nach Ent- fernung des abgestorbenen Astes die Erscheinung an anderen Asten, so dafs ich vorläufig mir die Meinung gebüdet habe , der Milchglanz sei ein absolut sicherer Vorläufer des Todes eines Zweiges. Am ausgebreitetsten liefs sich der JNIilchglanz bei Aprikosen am Spalier auffinden: aufserdem begegnete ich der Erscheinung an Pflaumen und Äpfeln. Die Verändenmg beginnt bei den älteren Blättern des Frühjahrs- 286 i- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. triebes; die jüngsten bleiben öfters verschont; ebenso die aus Proventiv- augen sich iDlötzhch am alten Holze entwickelnden Spättriebe. Zunächst findet man nur eine gewisse Stumpfheit der Farbe , ein stellenweises Nachlassen des Glanzes und , wie mir scheint , eine ver- mehrte Luftmeng-e in den Intercellularräumen zwischen einzelnen Palisadenzellen oder auch zwischen diesen und den Epidermiszellen. Allmählich werden die stumpfen Stellen weifslich, und zwar durch drüsige Lockerung der Epidermiszellen zwischen den grünbleibenden, feinsten NervenverzweigTingen. Die Lockerung besteht in einem stellen- weisen Lösen des Verbandes zwischen Epidermis und Palisaden- parenchym. Aderhold \), der die Krankheit auch an Kirschen beobachtete und sah, dafs die Zellen der Epidermis sich gegenseitig lockern, konnte nachweisen, dafs in der Löslichkeit der Intercellularsubstanz (Mittel- lamelle) sich bei den Milchglanz zeigenden Stellen Abweichungen vom gesunden Blatte zeigten. Daraufhin vermutet er, dafs die Inter- cellularsubstanz in den ki'anken Organen in löslicheren Pektinverbin- dungen besteht als bei deni gesunden Blatte, und da die Kalkverbindungen der Pektinsäure unlösliche Zustände darstellen, so liegt die Vermutung nahe, dafs Kalkmangel die Ursache der Krankheit sei. Auch nach dieser Anschauung würde die Krankheit in die Gruppe der dmxh Wasser- und Nähi'stolfmangel veranlafsten Erscheinungen gehören ; nur muis dabei hervorgehoben werden, dafs der Wasser- und Nährstoffgehalt des Bodens hierbei nicht in Betracht kommt, sondern nur in der Pflanze selbst sich lokal geltend macht. Und dieser Umstand deutet auf Störungen im Zuleitungssystem. Dafür spricht auch die Tatsache, dafs die Zweige mit milchkranken Blättern vorzeitig ab- sterben. Die von mir beobachteten Aprikosen und Pflaumen zeigten Gum- mosis, und die Apfelbäume litten an Borkenkäferfrafs. Es wäre mög- lich, dafs man durch Verjüngen der kranken Bäume und Kalkzutühr den gesamten Organismus stärken könnte. Glasigwerden der Aepfel. Ebenfalls auf lokale Leitungsstörungen dürfte die Erscheinung zurückzuführen sein, dafs einzehie Früchte eines Baumes teilweise oder gänzlich hart bleiben und glasig durchscheinend werden, minder gefärbt und im_ Geschmack fade sich ausbilden. Bei der Untersuchung einer nur teilweise glasigen Apfelfrucht sah ich im Längsschnitt, dafs die Rindenpartie am intensivsten glasig war, uud_ dafs iin Iiniern der Frucht das weifse, normale Fleisch von der Basis bis ziemlich zur Kelchhöhle hinaufstieg. Die glasige Mantelzone war hier und da weifslich marmoriert von eingesprengten Grupj^en normalen Fleisches. Die Samen waren meist verkümmert, unreif und noch weifs. Der gesunde Teil besafs reichlich Stärke und stark luft- tührende Intercellularen. Letztere waren im glasigen Teile luft ärmer, und Stärke fehlte gänzlich mit Ausnahme einzelner eingesprengter Zellgruppen. Der glasige Teil wurde an der Luft schneller braun; neben reichlichem Traubenzucker war etwas Dextrin nachweisbar. An Trockensubstanz ergab: ') Aderhoi.o, R., Notizen über einige im vorigen Sommer beobachtete Pflanzen- krankheiten. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895 S. 86. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 287 gesunde Hälfte glasige Hälfte mit Schale 21,48 "/o 19,43 »/o ohne Schale ...... 20.24 «/o 17,97 »o AdekholdM fand gesundes Fruchtfleisch glasiges Pruchtfleisch Spezifisches Gewicht . . . 0,718 0,925 Trockensubstanz in Prozenten des Frischgewichtes. . . 14,44*^0 12,-;„K ri\ Kof ir. .Ioi.icoIKoti JaKiro rlrni neu auseinander hervor- Der ursprüngliche, bereits bandartige Trieb (7) hat in demselben Jahre drei sprossende Etagen (3, 3, 4) gebildet, a Knospenschuppen. ('/2 nat. G Nach NoBBfc.) Fig. 48. QuLT.-^chnitt der verbänderten Fichtenzweige, A aus dem oberen, JJ aus dem unteren Zweigteile. u Rinde mit Blattkissen, [i Holzkörper, -/ Mark. (Nat. Gr. Nach Nobbe.) einzige zusammenhängende, gl eichmäfsige Fläche bilden und nicht etwa eine Verschmelzung von vielen nebeneinanderstehenden Einzelringen zeigen, wie dies der Fall sein müfste, wenn eine A'erbänderung durch Verwachsung vieler ursprünglich getrennt gewesener Achsen entstanden wäre. Diese Anschauung ändert sich auch nicht \)ei Betrachtung der Fasciation der Erle (Fig. 49), bei der wir aufser der überall vor- kommenden charakteristischen Krummstabbiegung der Zweige infolge einseitiger Wachstumssteigerung auch die bei Laubhölzorn häufigere Abspaltung zylindrischer Zweige von dem Bandkörper wahrnelunen können. Es liegt eben im fasciierten Stengel das Material gehäuft für viele Achsen, die sich isolieren können : aber er selbst ist eine Einheit. Über Pflanzen-Verbänderung. Referat in Bot. Zeit. 1867, S. 232. 334 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Über das Zustandekommen der Verbänderungen, die durch die ^rofse Vermehrung ihrer Blätter und Blattspurstränge sich als Hyper- trophie kennzeichnen, können wir nur Vermutungen aussprechen. Ursprünglich muLs eine Achse, die später verbändert, eine Hemmung erlitten haben. Dais ein Druck von zwei entgegengesetzten Seiten die Achse bandartig machen kann, haben wir bereits früher bei den zwischen Felsspalten eingeklemmten Wurzeln gesehen. Unter Umständen kaim eine solche veränderte Wachstumsrichtung anhalten, wenn die Hemmung selbst bereits verschwunden ist. So zitiert Trkviranus eine Beobachtung über einen durch Druck an der Mauer bandförmig gewordenen Stengel von Tecoiiia radicans, der noch bandartig blieb , als er weit über die Mauer hinaus gewachsen war. Dabei wurden auch die weiter sich ent- wickelnden Zweige noch teil- weise bandförmig. Aufser solchem seitlichen Drucke kann in anderen Fällen auch ein vorübergehender Druck von oben eine Ver- l)reiterung des Vegetations- punktes zu einer Vegetations- iiäche wahrscheinlich veran- lassen, und ein solcher Druck kann möglicherweise durch abnormes Verhalten der Knospenschuppen (verzögerte Lockerung durch Verharzung, Vertrocknung u. dgl.) schon zustande kommen. Falls nicht abnorme Drucksteigerung vor- handen, können direkte Ver- letzungen der Vegetationsspitze Veranlassung zur Vermehrung der Vegetationspunkte geben. Ist die Verbänderung ein- mal zustande gekommen, kann sie durch Stecklinge fortge- pflanzt werden, ja unter Um- ständen samenbeständig sich erweisen, wie wir dies bei unserer beliebten Gartenpflanze Celos/a cn'stata, dem Hahnenkamm, sehen. Die Fälligkeit zur Fasciation ist bei allen Pflanzen vorauszusetzen , und wirklich beobachtete Fälle wurden schon von Masters M in grofser Anzahl (150) gemeldet. Wie erwähnt, ist von der eigentlichen Fasciation die fasciierte Verwachsung zu unterscheiden , die durch bandartiges Verkleben isolierter Achsen zustande kommt. Lofriore -) hat derartige Fälle bei Wurzeln künstlich hervorgerufen. Fig. 49. Fasciation von Alniift (jhitinosa. C/ü nat. Gr. Nach Nobbe). ') Masikus, Vegetable Teratology 18t39, S. 20 (vergl. Penzk; und die Einzel- fälle in den Bot. .Jahresberichten). -) LopRioRE, G., Die Anatomie bandartiger Wurzeln, cit. Zeitschr. f. Pflanzen- krankheiten 1904, S. 226. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 335 Zwangsdrehung (Spiralismus Mor.). Mit obigem Namen bezeichnet A. Braun *) diejenigen Stengelmil's- bildmigen, welche in tonnenförmig autgeblasenen Stellen bestehen, an denen die Riefen, welche von den Blättern herablauten und die zu ihnen gehörenden Getai'sbündel darstellen , eine extreme , spiralige Windung zeigen. Bisweilen ist die tonnenförmigo Anschwellung so stark, dai's der Stengel in der Richtung der Spiraldrehung reifst und sich an diesen kranken Stellen in eine Anzahl Spiralbänder spaltet. Von ScHiMPER ist die Wachstumsstörung „ S t r o p h o m a n i e" genannt worden. Die meisten Fälle sind aus den Familien der Dipsaceen , Compositen und Rubiaceen bekannt geworden. Einzelne Vorkommnisse werden auch von Labiaten, Scrophulariaceen, Cruciferen und unter den Mono- kotyledonen von Asparagus , Lilium , Orc/iis, Triticum usw., aufserdem auch von Equisetuni beschrieben. Wir glauben , dafs es kein unzutreffendes Bild ist , wenn wir die Zwangsdrehung als eine tonnenförmig aufgeblasene Fasciation ansehen. Wirtschaftliche Bedeutung kommt den Fällen nicht zu. Von ihnen verschieden ist die verstärkte Spiraldrehung normal ge- bauter Holzstämme, die wü^ auf Hemmungen im Längenwachstum (meist infolge von Wasser- und Nährstoffmangel) zurückführen. Wassersucht (Oedema). a) Bei Beerenobst. Seitdem die Anzucht der hochstämmigen Stachel- und Johannis- beeren durch Veredlung auf kräftige Triebe von Rihe^ anreuni weitere Verbreitung gefunden, haben sich die Klagen über eine Kranklieit der Unterlage, welche das Gelingen der Veredlung in Frage stellt, sehr vermehrt. Diese Krankheit ist von den Züchtern als „Wassersucht" bezeichnet worden; sie besteht in dem Auftreten geschlossener, d. h. von der äufseren Korkschicht bedeckt bleibender oder aber auch aufreiisender Rindenbeulen (Fig. 50 A). Die Rindenauftreibungen sind bald nur klein, bald erreichen sie eine Ausdehnung von mehreren Centimetern Länge •, sie stehen entweder einseitig am Stamm oder umgeben denselben, mit- einander verfliefsend, ringsum. Am häufigsten erscheinen sie an zwei- und mehrjäln-igem Holze; doch können sie auch sehr intensiv an ein- jährigen Zweigen auftreten und deren Tod unmittelbar nach sich ziehen, während das ältere Zweigholz zwar ki'änkelt, aber nicht direkt abstirbt. Bei dem jetzigen Verfahi'en der Frühjahrs Veredlung von liibcs im Hause zeigen sich häufig aufbrechende Beulen unmittelbar unter der Veredlungsstelle , und in solchen Fällen wächst die Veredlung nicht. Aber auch weiter rückwärts von der Veredlungsstelle sind in intensiven Fällen derartige Auftreibungen sowohl am Stamme zwischen je zwei Augen als auch namentlich dicht in der Nähe der Augen bez. der aus ihnen bereits entwickelten Zweige zu finden. Man beobachtet Fälle, in denen am zweijährigen Holze die Basis eines stehen gebliebenen Triebes tonnenförmig geschwollen und an dieser Stelle mit aufgerissenen Rindenfetzen bedeckt ist. Der Zweig oberhalb dieser Stelle ist aV)- gestorben. ^) Sitzungsberichte naturf. Freunde z. Berlin, cit. Bot. Zeit. 1873, S. 11 u. '60. 33Ö I. Krankheiten durch un";ünsti^e Bodenverhältnisse. Die frische GescliwuLst zeigt, sobald die dieselbe deckende Kork- hülle, welche die Oberhaut des Zweiges darstellt, entzweigesprengt ist, unter dieser Hülle hervorquellend eine gelbliche , schwammigweiche, callusähnliche Gewebemasse aus schlauchartig verlängerten, sehr inhalts- armen, wasserreichen Zellen (Fig. 50 B s). Es ist die ehemalige normale Rinde, deren Zellen, in den ßegionen zwischen je zwei Bastzellgruppen (Fig. 50 B b) beginnend , auf Kosten ihres sonst an grünem Farbstoff Fig. 50. Wassersucht bei Rihcs airmwi. (Orig.) reichen Lihalts sich in der Richtung des Stammradius aufs erordentlich stark gestreckt haben. Sie sind zum Teil auseinandergewichen und haben bei ihrem stets zunehmenden Umfang endlich die äufsersten ältesten Rindenlagen (Fig. 50 B c h) , die an der Veränderung nicht mehr teil- genommen und frühzeitig durch Korkschichten (li) von dem darunter- liegenden Gewebe abgetrennt worden sind, entzweigesprengt ^). ^) Vergl. SoRAUKK in „Freihoff s Deutsche Gärtnerzeitung" 1. August 1880, und Gtüschkl; in Monatsschrift d. Ver. z. Beförd. d. Gartenb., Oktober 1880, S. 451 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 337 Nicht immer ist die Rinde iu ihrem ganzen Querdurchmesser von der schlauchförmigen Streckung ergriffen : in sehr intensiven Fällen aber gewahrt man schon eine Deformation der Zellen in der Cambial- region (c). Dann ist auch das Holz nicht mehr normal-, an Stelle des bisher gebildeten , aus dickwandigen , langgestreckten Holzzellen und Gefäfsen mit leiterartig durchbrochenen Querwänden bestehenden, normalen Holzes entsteht ein aus kurzen , weiten , verhältnismäfsig dünnwandigen , paronchymatischen Zellen (h p) zusammengesetztes Holz. Der Querschnitt (Fig. 5i) B) stellt den Übergang der gesunden Zweigseite N in die wassersüchtige W dar; h ist das normale Holz. Zur Zeit , als die Lage st entstand , machte sich die Krankheit in der Cambiumregion bemerklich, und die Folge davon war, dafs von da ab auf der kranken Seite Parenchymholz hp gebildet wurde, welches nach links bei einem Markstrahl ni abbrach ; noch weiter nach links entstand in derselben Zeit normales Holz. Ganz derselbe Unterschied macht sich in dem jüngsten Rindenparenchym rp bemerkbar. Durch die groise , radiale Streckung der Zellen auf der wassersüchtigen Seite W werden die Hartbaststränge h bogenförmig nach aufsen gedrängt, und demgemäfs sind auch die den Bastkörper begleitenden Zellreihen mit oxalsaurem Kalk 0 in steil ansteigende, unregelmäfsige Reihen ver- schoben; chl sind chlorophyllreich gebliebene Parenchymgruppen. Bei diesem lockeren , wasserreichen Bau des Gewebes , welches die Ge- schwulst darstellt, ist es erklärlich, dafs es keine lange Dauer hat. An trocknem Standort der Pflanzen und zunehmender Lufttrockenheit bräunt es sich rasch, schi-umpft, fällt zusammen und stellt eine mürbe, braune Masse dar, die teils auf dem Holzkörper aufgelagert bleibt, teils den äufseren , bei Trockenheit sich zurückrollenden , klaffend auseinander- weichenden Rindenlappen anhaftet. Solche Stämme erhalten ein brandiges Aussehen und sind von der Kultur am besten ganz aus- zuschliefsen. Bei der Leichtigkeit, mit der solche Unterlagen auf kräftigem Boden wieder herangezogen werden können, wäre der Ver- lust durch die Krankheit minder empfindlich, wenn er nicht gerade die Topfexemplare , die veredelt worden sind , beträfe und wenn nicht dadurch die Anzahl der Veredlungen bedeutend verringert würde. Ich bin nicht der Ansicht, die in der Praxis ausgesprochen wird, dafs eine überreiche Ernährung der Pflanze die Schuld trage , sondern glaube, dafs an einzelnen Stellen der Achse ein Wasserüberschufs sich geltend macht. Wäre hier gleichzeitig eine Anhäufung von plastischem Material, so würde sich dieselbe durch reiche Zellvermehrung vorzugs- weise äufsern; das ist aber nicht der Fall. Zählt man die Zellen in derselben Stammhöhe an der gesimden und kranken Seite, dann findet man nur ein unbedeutendes Übergewicht an letzterer. Es handelt sich demnach vorzugsweise hier um eine abnorme Zellstreckung. Dieselbe erklärt sich durch die Behandlimg der 7t!/6es-Stämmchen bei der Vorbereitung zm- Veredlung. Um schlanke, schnell in die Höhe gehende Stämmchen zu erzielen, mufs man die anderen, seitlich entspringenden Schöfshnge wegnehmen und an den jungen Stämmchen selbst die Seitenzweige zurückschneiden. Sind nun die Stämmchen gut angewurzelt, werden sie im Warm- hause schnell angetrieben und die durch das frühere Zurückschneiden schon spärlich vorhandenen Augen noch dadurch vermindert, dafs man die aus ihnen sich entwickelnden Triebe einstutzt oder gänzlich ent- fernt. Durch das Abschneiden der Zweige steigert sich die durch den Sorauer. Handbuch. .3. Aufl. Erster Band. 22 338 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Wasserdruck emporgetriebene Wassermenge in der Hauptachse und macht sich in einer schlauchförmigen Verlängerung der jüngeren Rindenzellen und der Bildung beulenartiger, sclüiefslich aufreifsender Auftreibungen geltend. Direkte Versuche , durch reiches Giefsen und schnelles Antreiben gilt bewurzelter Exemplare im Warmhause unter fortgesetztem Stutzen der sich entwickelnden Seitentriebe die Wassersucht hervorzurufen, er- gaben mir äufserst günstige Resultate. Vermeidung des zu schnellen Antreibens der Veredlungsunterlagen und vorsichtiges Einstutzen (nicht gänzliches Entfernen) der hervor- brechenden Triebe werden der Krankheit vorbeugen. Mauker ^) hat die Verwendung von Bibes nigruni statt li. aureum als Veredlungsunterlage empfohlen. Aber mir sind auch Fälle von Wucherungen der Achse bei der schwarzen .Johannisbeere bekannt geworden, namentlich nach dem Verpflanzen solcher Stöcke, die zur Untruchtbarkeit neigen. b) Bei Kernobst. Es ist vorauszusehen, dafs bei unserer Kulturrichtung ähnliche Erscheinungen wie die bei Bibes beobachteten auch an anderen Obst- arten auftreten werden. Denn durch die hochgradige Steigerung der Nährstofifzulühi^ werden unsere Obstgehölze immer weichlicher: die Masse der parenchymatichen ZweigsulDstanz steigt beständig gegenüber den prosenchymatischen Greweben. Zwischen Wildlingen und Edel- sorten sind in dieser Beziehung schon bedeutende Differenzen. Direkte Messungen haben mir gezeigt , dafs die Zweige der Kulturvarietäten eine fleischigere Rinde bekommen und der Holzring bedeutend an Dicke abnimmt ^). Diese zunehmende Neigung unserer Obstbäume , weiche, reservestofifspeichernde, parenchymatische Gewebe auf Kosten der Aus- dehnung des Holzringes zu bilden, habe ich als „Parenchj^matosis" bezeichnet. Li besonderen Fällen erreicht diese Bildungsrichtmig so extremes Übergewicht , dafs Krankheiten entstehen. Solche beobachtete ich be- sonders am Fruchtholz der Birnen, das sich zu tonnenförmigen, fleischigen Anschwellungen verkürzen kann, welche die Züchter als „Fruchtkuchen" bezeichnen. Die krankhaften Störungen bestanden entweder darin, dafs die Korklagen und äufseren Rindenschichten an einer Zweigseite schildartig abgeplatzt waren und eine grünlichgelbe callusartige Gewebemasse zum Vorschein kommen liefsen, oder dafs fast am ganzen Zweigumfang ringförmig, bei ähnlicher Gewebe- veränderung, die Rinde in steifen, bröckeligen Schuppen sich abhob. Im letzteren Falle waren alle oberhalb einer derartigen Stelle befind- lichen Zweige tot. Wenn die Erkrankung an dem minder üppig entwickelten Frucht- holz, das als „Fruchtspiefse" von den Fruchtkuchen unterschieden wird, sich geltend machte, sah man mehrfach eine vollständige Ab- gliederung dieser Zweigchen, ähnlich der von normalen Zweig- abwürfen, wie sie bei den Pappeln alljährlich beobachtet werden. Bei dem vorliegenden abnormen Abwurf der Birne war die Bruchfläche aber nicht glatt, sondern uneben und wollig, dabei aber hellfarbig wie der Querschnitt des gesunden Holzes. 1) Der Obstgarten 1879, S. 182. 2) SoRAUER, P. , Nachweis der Verweichlichung unserer Obstbäume durch die Kultur. Zeitschr. f. Pflanzenkraukh. 1892, S. 66. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 339 Der Querschnitt durch eine im Anfang.sstadium der Erki^ankung be- findliche Zweigstelle zeigt, dals der Rindenkörper einseitig eine starke Entwicklung, vorzugsweise innerhalb der Primärrinde erfalu-en hat. Sein Parenchym ist dünnwandig, teilweise blasig oder schlauchförmig aufgetrieben und ungemein gelockert. Ein Vergleich der Markkörper zwischen einem geplatzten und gleich- alterigen gesunden Zweige ergibt, dals ersterer um ein Drittel grölser als der andere, der Holzring dagegen nui' ein Drittel so breit wie bei letzterem ist. Zu diesem Mii'sverhältnis gesellen sich noch bedeutende Struktur- dilierenzen. Während ein gesunder Trieb die normalen Libriformfasern und ein reichlich entwickeltes Getafssystem zeigt, ist der Holzkörper des erkrankten Zweiges fast ausscliliei'slich aus parenchymatisch dünnen Zellen aufgebaut, zwischen denen die Gefäfsstränge eingelagert sind. Bei normalen Bäumen kann unter Umständen die Schwäche des Holz- ringes durch sklerenchymatische Elemente in der Rinde ausgeglichen werden ^). Die wassersüchtigen Zweige der Birne unterscheiden sich somit von denen bei Ribcs insofern, als hier der Holzkörper mit in die Par- enchymatöse hineingezogen und gänzlich gelockert wird. Dadiu^ch, dafs die parenchymatisch gewordenen Holzzellen sich abrunden und aufblähen, w^erden die Gefäfse allmählich verbogen, verschoben und schliefslich zerrissen. Sobald der Lockerungsprozeis den ganzen Umfang eines Fruchtspiefses oder Fruchtkuchens erfafst, erfolgt die Abgiiederung. Die kranken Zweige stammten von Spalierbäumen aus einem gut bewässerten, mit Kuhdung reichhch versehenen Garten. Wenn auch derartig extreme Fälle zu den selteneren Vorkomm- nissen gehören, so sind doch Anfangsstadien, die in Erweiterungen und Wucherungen der Markstrahlen und Streckungsvorgängen bei einzelnen Rindenzellgruppen bestehen, gar vielfach zu beobachtende Erscheinungen. Geschwulst an Johannisbrot. Manchmal treten Anschwellungen infolge von Zellstreckung und Zellvermehrung als Korrelationsvorgänge auf. So berichtet beispiels- weise Savastano^) über Auswüchse an Zweigen von Ceratonia Siliqua. Es bilden sich tanninreiche, konische Auftreibungen an der Spitze der Blütenachsen, wodurch die Blüten atrophieren. In einer früheren Arbeit beschreibt Savastano^) das Zustandekommen gröfserer Ge- schwülste am Johannisbrotbaum. An den normal angelegten Fruchtzweigen bemerkt man in solchen Fällen bei Beginn der Krankheit, dafs dieselben die Früchte in den ersten Stadien ihrer Ausbildung ab- werfen, und dafs nunmehr der zurückbleibende Basalteil des Achsen- kegels anzuschwellen beginnt. Durch AViederholung dieses Vorganges in den folgenden Jahren entsteht eine knotige Geschwulst , die einen ganz beträchtlichen Umfang und eine Höhe von G — K) cm erreichen kann. Diese hypertrophierte Spitze des Fruchtzweiges besitzt eine mehrmals dickere Rinde als das normale Fruchtholz, und der Holzkörper besteht aus gefafslosem Holzparenchym. In der fast markigen Rinde erscheinen ') PiETERs, A., The influence of Fruit-bearing on the development of mechanical tissue in some Fruit-trees. Ann. of Bot. V. 10. London 1896 S. 511. 2) Savastano, L., Tumori nei coni gemmarii del carubo. Boll. d. Societä d. Naturalist! in Napoli. 188S. Vol. II, S. 247. 3) Savastano , L. , Hypertrophie des cönes ä bourgeons (maladie de la loupe) du Caroubier. Compt. rend. 12. Janv. 1885. 22* 340 I- Krankheiten durch tingünstige Bodenverhältnisse. die Ba.stfasern weitlnmiger und von unordentlicliem Verlauf; die Mark- strahlen sind gekrümmt, der Holzring mannigfach verbogen. Im Parenchym sind einzelne Zellgrnppen mit gefärbten Wandungen und gummösem Inhalt kenntlich. Von Beginn der Krankheit an steigert sich der GerbstolFgehalt der Geschwulst, wobei eine deuthche Störimg des Ver- holzungsprozesses in die Augen springt. Hierher gehört auch wahrscheinlich ein Fall, den Vöchting^j bei Kohh'abipflanzen beschreibt. Wenn alle Vegetationspunkte entfernt worden waren, schwollen die Blattkissen zu umfangreichen Gebilden an. Im normalen Holzkörper der Achse war, wie in den Blattkissen, das Cambium zur Entwicldung dünnwandiger Xjdemelemente angeregt worden. Bei ähnlichen Versuchen mit HeJianthus annuus sah Verfasser an den Wurzeln kleine Knöllchen entstehen. Ich beobachtete an geknickten Wurzeln von Süfskirschen tonnenförmige Verdickungen. Auch die Anschwellungen , welche Warburg '^) bei dem Astkrebs der Kinabäume in feuchten Gründen beschreibt, dürften solche Korrelationserscheinungen darstellen. Die rückschreitende Metamorphose (Verlaubung). Wenn die Organe einer morphologisch höheren Entwicklungsstufe in eine niedrigere umgewandelt erscheinen, sprechen wir von einer rückschreitenden Metamorphose, Pathologisch in Betracht kommt nur die Umwandlung der Blütenorgane insofern, als der Sexualapparat durch Veränderung in vegetative Organkreise seiner Bestimmung ent- zogen und dadurch eine Unfruchtbarkeit eingeleitet wird. Dafs wir diese Fälle in die Gruppe der durch Wasser- und NährstofiP- überschufs veranlafsten Erscheinungen einreihen, beruht auf folgender Anschauimg. Die Ausbildung des pflanzKchen Organismus hängt von zwei Faktoren ab : der Beschaffung des organischen Baumaterials und der Art der Verwendung desselben. Unter der Voraussetzung, dafs die erste Arbeitsleistung des Organismus , die Assimilation , also die Bildung neuer Trockensubstanz, in normaler Weise sich vollzieht, wird die Ausbildung des Pflanzenleibes davon abhängen, nach welcher Richtung hin dieses organische Baumaterial Verwendung findet. Dabei erkennen wir zwei Richtungen, die wir als die vegetative und sexuelle Periode auseinanderhalten. Letztere sehen wir meistenteils sich damit einleiten, dafs der Organismus eine vielfach deutlich erkennbare Ruhe- periode in der Produktion seiner vegetativen Apparate eintreten läfst. Neue Blätter werden zu dieser Zeit in der Regel nicht ausgebildet, und das Spitzenwachstum der Zweige ruht. Dafür tritt der Vorgang der Speicherung von Reservebaustoffen in den Vordergrund. Diesen Speicherungsvorgang sehen wir eingeleitet und begünstigt durch ein Nachlassen in der Wasseraufnahme bei zunehmender Be- leuchtung und Erwärmung. Wenn sich Reservestoffe z. B. in der Form von Stärke niederschlagen, gehört dazu eine erhöhte Konzentration des Zellsaftes. Kann eine solche durch irgendwelche Umstände nicht erzielt w^erden und bleiben die Baustoffe in einer diluierteren Form, z. B. als Zucker , so bedarf es nur eines geringen Anstofses , um die vegetative Tätigkeit wiederzuerwecken. Es herrscht somit ein gewisser 1) VöcHTiNG, H., Zur experimentellen Anatomie, cit Bot. Jahresb. 1902. 11. S. 300. 2) "Waruurg, 0., Beitrag zur Kenntnis des Krebses der Kinabäume auf Java> cit. Bot. Centralbl. 1888, Bd. XXXVI, S. 145. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 341 Antagonismus zwischen diesen beiden Entwicldungsphasen, die wir als erblich gewordene Anpassungen an die Witterungsverhältnisse auffassen können. Nach einer kühleren, wasserreicheren Zeit, in welcher die Pflanze vorzugsweise die Mineralsubstanzen des Bodens aufnimmt und den Clilorophyllapparat in der Produktion von Blättern zur möglichst reichen Ausbildung gelangen läfst, folgi eine wärmere, trockenere, den gröfsten Lichtreichtum aufweisende Periode, in welcher die Sexual- organe aus dem in den Blättern bereiteten , fertigen , plastischen Bau- material angelegt und nach kurzer oder längerer Ruhezeit weiter ent- wickelt werden. Je mehr die Blätter plastisches Baumaterial erarbeitet haben, desto zahlreicher und vollkommener werden die Sexualorgane innerhalb dieser Ruheperiode angelegt werden. Wie diese Anlagen sich später aus- bilden, hängt von der Art ihrer weiteren Ernährung ab. Machen sich Einwirkungen geltend, welche zur Ausbildung vegetativer Organe nötigen, dann entwickeln sich Laubblätter, und zwar entweder aus neu angelegten Herden oder aus den bereits vorhandenen Anlagen der Sexualsphäre. Es tritt „Verlaubung" ein. Dm'cli die Erfahrungen bei unseren gärtnerischen Züchtungen wissen wir, dafs reiche Nährstoffzufuhr unter gleichzeitiger Steigerung von Wärme und Feuchtigkeit, meist zu Zeiten geringerer Lichtwirkimg, diejenigen Bedingungen sind, welche den Verlaubungsvorgang einleiten und begünstigen. Besonders deutlich tritt dies in die Erscheinung bei der Entstehung solcher gefüllten Blumen, deren Staubgefäfse zu Blumen- blättern umgewandelt werden. Da dieser Vorgang, wie alle Änderungen in der Wachstumsrichtung, unter gleichbleibenden BedingTiugen erblich worden kann mid Accumu- lationen erfahrt, so ist es erklärlich, dafs wir Beispiele finden, in denen die NeigTing zum Rückgang der Sexualorgane in morphologisch niedrigere Ausbildungsformen alle Kreise einer Blüte ergriffen hat und damit vollständige Vergrünung eintritt. Selbstverständhch sind nur selten die Bodeneinflüsse direkt die Ursache einer Verlaubung. Diese wird vielmehr durch bestimmte Kombinationen der gesamten Wachstumsfaktoren eingeleitet, wie wir bereits erwähnt haben, und tritt auch nicht selten als Korrelations- erscheinung infolge Unterdrückung anderer Wachstums Vorgänge auf. So entstehen durch Verwundungen der vegetativen Achsen, durch pflanzHche und tierische EingTiffe (Milben) Verlaubungen einzelner Blüten und Blütenstände. Beispielsweise hat C. Kraus ^) Pflanzen verschiedenen Alters von HcJimithus annims fortgesetzt entblättert und nur die Deckblätter der Blütenkörbchen belassen. Bei älteren Pflanzen trat nun frühzeitig ein Zurückkrilmmen und Vergröfsern der Deckblätter ein. Von den jüngeren Pflanzen zeigten 25 "/o eine wirkliche Verlaubung, indem die Deckblätter mehr oder weniger die Gestalt von Laub- blättem annahmen. Die Umwandlung von Knospenschuppen zu krautigen, blattartigen Organen nach Zerstörung des Vegetationskegels durch Frost habe ich bei meinen Erfrierungsversuchen mehrfach beobachtet. Ahnliche >) Krais, C, Untersuchungen über künstliche Herbeiführung der Verlaubung usw. dvirch abnorme Drucksteigerung. Forsch, auf d. Geb. d. Agrikulturphysik. 1880, S. 32. 342 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Resultate erhielt Goebel ^) durch Entlaubung und Entgipfelung junger Pflanzen von Primus Padus, Aesculus, Rosa, Syringa und Quercus. ■ Die Teratologie hat die Vorkommnisse systematisiert. Der einfachste Fall ist die „virescentia", die Grünfärbung, bei der ein Organ der Blütenkreise im wesentlichen seine Gestalt behält, aber eine grüne Färbung amiimmt. Mit diesem Auftreten des Chlorophyllfarbstoffs wird in der Regel das Organ fleischiger. Bei der eigentlichen Verlaubung (Phj'llodie, Phyllomorphie) nähert sich das Organ auch seiner Gestalt nach dem Laubblatt. Brakteen werden zu normalen Stengel- blättern, die Kelchblätter werden durch wirkliche Laubblätter ersetzt. Die Blumenblätter werden grün und fleischig, die Stempel werden zu Staubgefäfsen (S tarn in o die) oder Staubgefäfse und Stempel nehmen den Charakter von Blumenblättern oder gi'ünen, fleischigen, laubartigen Gebilden an, wie z. B. bei der gefüllten Kirsche, den gefüllten Ranunkeln usw. Bei der Reseda können durch Phyllodie der Ovula kleine be- blätterte Achsen in dem urnenförmig offenen Fruchtknoten gebildet werden. Bei den beliebten Knollenbegonien sah ich den Samenträger aus dem Fruchtknoten hervorwachsen und die Ovula auf die blumen- blattartig umgebildeten Stempeläste übertreten usw. Es gibt Fälle, in denen sämtliche Blattkreise einer Blüte zu gleichartig grünen Blättchen umgebildet sind, also vollständige Grün blutig keit (Chloranthie) entsteht. Eines der schönsten Beispiele dieser Art ist die seinerzeit mit grofsem Enthusiasmus begrüfste grüne Rose (Bosa chinensis Jaqu.), deren Umbildungsvorgänge von Celakowsky ^) eingehend geschildert worden sind. Selbst die in neuerer Zeit durch vielseitige Studien mehrfach als konstantes Vorkommnis nachgewiesene Parthenogenese möchte ich hier anschliefsen. Kirchner^) sieht in ihr eine Einrichtung, „welche in einer andersartigen Weise, als es die viel weiter verbreitete spontane Selbstbestäubung tut, dazu dient, um die Ausbildung von keiinfähigen Samen in solchen Fällen sicherzustellen, wo aus irgend einem Grunde der Eintritt von Befruchtung ungewifs oder schwierig geworden ist". Man kann eben Samenanlagen von somatischem Charakter annehmen, bei denen ziu- Zeit der Entstehung des Embryosackes die Reduktions- teilung unterblieb und die Eizelle einen vegetativen Charakter behielt. Bei den kryptogamen Gewächsen entspricht die Apogamie dem Verlaubungsprozefs der Phanerogamen, indem an Stelle der Geschlechts- produkte vegetative Keime auftreten wie bei Äiliyrium Filix femma var. cristaium , Aspidium faJcatum und Pteris creiica. Bei letzterer Pflanze sollen überhaupt keine weiblichen Geschlechtsorgane mehr gebildet werden, sondern das junge Pflänzchen geht vielmehr durch vegetative Sprossung genau aus denjenigen Stellen am Prothallium hervor, wo die Archegonien stehen müfsten*). Solche „lebendig gebärende" (vivipare) Pflanzen liefern reich- lich Materiel zur Vermehrung ebenso wie z. B. die Zwiebeln mancher Liliaceen, die durch Umv/andlung einer Blüte entstehen. ^) GüEUEL, Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Bot. Zeit. 1880, S. 803. 2) Celakowsky, Beiträge zur morphologischen Deutung des Staubgefäfses. Pringsheims Jahrb. 1878, S. 124. ^) Kirchneu, 0., Parthenogenesis bei Blütenpflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1904, Bd. XXII. Generalversanimlungsheft. Hier auch die betreffende Literatur. *) NoLL in SrKAszmnGEii's Lelirbuch der Bot. 1894, S. 243. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 343 Fig. 51. Verschiedene Übergangsstadien der normalen Hopfenkätzchen in verlaubte. Die Gelte des Hopfens. Ein spezieller, für die Kultur liochbedeutungsvoUer Vorgang der Verlaubung ist die Gelte, das Blindsein, die Lupel- oder Narrenkopfbildung des Hopfens. Die Namen bezeichnen nur ver- 344 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. schiedono Grade einer Milsbildixng , welche mit einer einfachen, ab- normen Verlängerung des Hopfenkätzchens anfängt und sich bis zm* Bildung -flatteriger, dunkelgTÜner Fruchtstände entwickelt, aus denen verschieden grofse Laubblätter in wechselnder Zahl hervorbrechen. Die Hopfenzüchter wissen , dafs in dem Mafse , als das Kätzchen sich verlängert und die Schuppen sich vergröfsern, auch die Qualität des Hopfens sinkt. Die für den technischen Gebrauch vorteilhafteste Ausbildung der Kätzchen ist an eine kurze, gedrungene Gestalt des ganzen Blütenstandes und an kurze, breite, papierartig dünne Beschaffen- heit der Schuppen gebunden, wie sie in vorstehender Fig. 51 Nr. 1 und 2 dargestellt sind. Nr. 2 ist halb entblättert, um die kurzgeknickte Spindel des Kätzchens zu zeigen. In Nr. S und Nr. 4 ist die abnorme Überverlängerung der Kätzchen dargestellt, die unter der Bezeichnung „brau sc he Hopfen" bei den Züchtern bekannt ist und als erstes Stadium einer beginnenden Verlaubung gelten mufs. Solche brausche Hopfen sind grob , weniger gehaltreich , etwas später reifend und in den Schuppen krautiger. Von diesem Zustande ausgehend , steigern sich die Verlaub ungserscheinungen bis zu dem Stadium, das in Nr. 5 vorgeführt ist. Die grünen, hier sichtbar gewordenen Laubblätter er- langen bisweilen die Gröfse eines normalen Blattes ; h ist die Blatt- fläche, die sich rückwärts in den Blattstiel verfolgen läfst. Am Grunde dieses Blattstiels stehen die zwei grünen Nebenblättchen w, w, welche im vorstehenden Basalteil des Kätzchens sehr klein sind, aber nach oben hin an Gröfse zunehmen. Nr. 6 stammt aus einer höheren Region des Blütenstandes und zeigt die Nebenblättchen n n von der Gröfse der übrigen Schuppen, dagegen den Blattkörper b schon viel kleiner. Die anderen Schuppen und Vorblätter sehen wir bei Nr. 5v; sie um- schliefsen je eine Blume /'. Die Nebenblätter, welche in der Entwicklung dem übrigen Blatt- körper vorauseilen und in dem normalen weiblichen Blütenstande des Hopfens allein entwickelt sind, besitzen dieselbe schuppenartige Be- schaffenheit wie die Vorblätter, so dafs das ganze Kätzchen aus gleich- mäfsig gebildeten Schuppen zusammengesetzt erscheint-, alle Schuppen sind kurzlebig und werden bald trockenhäutig, wobei sie fest dachziegel- artig aufeinander gelagert bleiben. Die Gelte besteht also in der Ausbildung der sonst unterdrückten Blattfläche zwischen je zwei schuppenförmigen Nebenblättern. Eine vielseitige Erfahrung lehrt nun ^), dafs die feuchten Jahrgänge in stark mit stickstoffhaltigen Substanzen gedüngten Böden es sind, welche das Auftreten der Gelte in grölserer Ausdehnung bedingen. Häufige Sommer- regen, welche trübe Tage im Gefolge haben, schädigen manchmal auch, ohne die Gelte gerade zu erzeugen. Es strecken sich dami die Zellen des Laubkörpers sowohl als der Achse, und selbst, wenn eine günstige Erntewitterung eintritt , reifen die Kätzchen nur oberflächlich ab •, sie gelangen mit viel mehr Vegetationswasser in die Aufbewahrungsräume und bedingen dadurch ein sehr schnelles Erhitzen des ganzen Haufens. Infolgedessen tritt selbst bei den gut entwickelten Kätzchen ein schneller Verlust des eigentümlichen Glanzes und der lichtgTünen Färbung und damit eine wesentliche Entwertung des ganzen Ernte- produktes ein. ') Beobachtungen über die Kultur der Hopfenpflanze. Herausgegeben vom Deutschen Hopfenbauverein, Jahrg. 1879—82. 2. Verhalteu der Nährstoffe zu den Pflanzen. 345 Als Mittel gegen die Gelte wird die Entfernung oder Lahmlegung der Ursaclien zu versuchen sein, falls dieselben in Form von Wasser- oder StickstoÖüberschufs sich im Boden vorfinden. Ist die Ursache in trüber, feuchter Luft zu suchen, dann sind alle diejenigen Mittel anzu- wenden, welche eine möglichst starke Durchlüftung und Durchleuchtung der Hopfenplantage befördern. Ist StickstolFüberschufs im Boden, so empfiehlt sich eine Nachdüngung mit Superphosphat. Gabelwuchs der Reben. In einzelnen Lokalitäten läfst sich bemerken, dafs verschiedene Rebsorten die Neigung zu übermäfsiger Verästelung annehmen und erblich behalten. Die Art der Verästelung erscheint in Form von Gabelimg der Reben, und solche gabelsüchtigen Stöcke sind meist wenig oder gar nicht fruchtbar, wie R.\thay^), der die eingehendsten Be- obachtungen darüber verötitentlichte , in Nieder- Österreich vielfach ge- funden hat. Die dortigen Winzer, welche diese zweigsüchtigen Rebstöcke als „Gabler" oder „Z wie wipfler" bezeichnen, geben an, dafs die Gabelbildung in sehr verschiedenen Lagen sich einstellen kann. Die Stöcke, die meist in gröfserer Anzahl nebeneinander anfangen, diese abnorme Wachstumsrichtung zu zeigen, entwickeln zuerst einzelne gabelige Verzweigungen und stellen auf diese Weise „unechte Gabler" vor, wie sie in üppigen Weinbergen allenthalben anzutreffen sein dürften. Dieses Anfangsstadium der Krankheit ist nicht gefährlich, da häufig die Stöcke wieder zur normalen Produktion zurückkehren. Die Gefahr tritt erst durch die Ausbreitung der Zweigsucht über den ganzen Stock und die damit Hand in Hand gehende Erblichkeit der Erschei- nung auf. Die Erblichkeit dokumentiert sich bei Stecklingen und Ab- senkern gabel.süchtiger Reben. Eine Ursache dieser Erscheinung ist bis jetzt nicht mit Sicherheit anzugeben. R.\thay überzeugte sich, dafs Parasiten nicht vorhanden sind; die Meinungen der Praktiker gehen weit auseinander. Einzelne glauben, dafs Bodenerschöpfung durch intensiven Weinbau die Ursache sei, während andere meinen, dafs ein Anschwemmen von Erde durch heftige Regengüsse oder die Bearbeitung des Bodens während und kurz nach einem Regen einen verderblichen Emflufs ausüben. Meiner Meinung nach ist diese Krankheit eine VergTünungs- erscheinung, also ein krankhaftes Überhandnehmen der vegetativen Wachstumsrichtung. Für diese Auffassung sprechen zunächst die Angaben von Kaserer^), dafs die ersten Anzeichen der Krankheit in der Umwandlmig der Deck- schuppe an der Ranke zu einem kleinen Blatte, der höchste Grad in der Umbikkmg sämtlicher Ranken zu belaubten Sprossen sich kenn- zeichnet. Die Ranken beim Weinstock sind Achsenorgane, deren Aus- bildung von der Menge und Beschaffenheit des vorhandenen organischen Baumaterials abhängt ; bei jüngeren Reben werden sie zum krautartigen Triebe, bei älteren bilden sie sich an den unteren Augen zu Blüten- ständen aus. Wenn nun alle Ranken zu beblätterten Trieben werden, mufs die vegetative Bildungsrichtung ki^ankhaft überwiegen. Das vor- ') Emekich Evth.w, Über die in Nieder-Österreich als „Gabler" oder Zwiewipfler bekannten Reben. Klosterneuburg 1883. ■-) Kaserer, H., Über die sogenannte Gablerkrankheit des Weinstocks. Mitteil. d. k. k. chemisch-physiol. Versuchsstation Klosterneuburg 1902, Heft 6. 346 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. hanclene Baumaterial wird falsch verwendet. Diejenige Konzentration des Zellsaftes, welclie für die Anlage der Sexualorgane notwendig ist, tritt eben nicht ein. Insofern kann man Krasser^) beipflichten, der von einer Erkrankung des Protoplasmas bestimmter Regionen als Ursache des „Krauterns" spricht. Wenn Krasser unter Berufung auf die Arbeiten von Kober und von Gaunersdorfer (1901) betont, es können bei dem „Krautern", das eben nur ein Verlauben einzelner Knospen darstellt, keine Leitungs- störungen und kein Nährstofimangel als Ursache angesehen werden, sondern es sei eine ganz lokale Erkrankung der Zellen einzelner Knospen vorhanden, so widerstreitet dies gar nicht unseren An- schauungen über Verlaubung. Es ist selbstverständlich, dais jede Organanlage unter bestimmten Ernährungsverhältnissen erfolgt. Dafs dieselben beständig wechselnde und das Produkt der augenblick- lichen Kombination sämtlicher Wachstumsfaktoren sind , haben wir schon in den einleitenden Kapiteln zu dieser Auflage besonders hervor- gehoben. Wir vermögen aber diese Kombinationen noch zu wenig festzustellen. AVir haben eben vorläufig nur einzelne Erfahrungen damber, dais z. B, Kali- und Stickstoffüberschufs im Verhältnis zur Verarbeitmig der anderen Nährstoffe die vegetative Tätigkeit einseitig auf Kosten der sexuellen Periode steigern. Wasserüberschufs bei ver- hältnismäfsig geringer Lichtzufuhr kann in ähnlicher Weise die Wachstumsrichtung beeinflussen usw. Wie derartige Gleichgewichts- störungen für jede einzelne Organanlage zustande kommen, ob augen- blickliche Hemmungen in der Nährstoffaufnahme oder -leitung die Ver- anlassung bilden, können wir nicht präzisieren. Wir können daher eben nur ganz allgemein aussprechen, dafs die Verlaubungen durch ein Übergewicht der die grünen Blätter hervor- rufenden Wachstumsrichtung gegenüber dem die Sexualorgane be- günstigenden Wachstumsmodus zustande kommen. Die sogenannten „Wechsler" oder unechten Gabler sind Stöcke, welche teilweise noch fruchtbar sind. Unter den Umständen, welche die Neigung zur Ver- laubung begünstigen können, führt Kaserer eine ungünstige Lage an, in welcher Regenwasser aus höher gelegenen Grundstücken sich an- sammelt. Gesunde Reben in ein Gablernest gepflanzt, sollen schnell zu gabeln beginnen. Superphosphat scheint die Rückkehr zur Frucht- barkeit zu vermitteln. Als empfehlenswertestes Mittel betrachten wir den Ersatz der kranken Stöcke durch gesunde von solchen Sorten, welche reichere Wasser- zufuhr und schwerere Böden vertragen. Die sogen. Gablernester wären durch Drainage imd Sandzufuhr nebst Beigabe von phosphorsaurem Kalk zu verbessern. Der Blattfall. Der Blattfall, diese normale Folge des Alters ^), erlangt nur dadurch pathologische Bedeutung, dafs er unter Umständen vorzeitig in die Erscheinung treten kann. Die Ursachen, welche solch vorzeitigen Abwurf der Organe herbei- führen können, sind verschiedenartig, und die entgegengesetzten Witterungs extreme können eine Veranlassung bilden. Demgemäfs ') KuAssER, FiuDoLiN, Über eine eigentümliche Erkrankung der Weinstöcke. II. Jahresb. d. Ver. d. Vertreter d. angewandten Botanik. 1905, S. 73. ^) Di.vGLER, H. , Versuche und Gedanken zum herbstlichen Laubfall. Ber. d. Deutschen Bot. Ges. Bd. XXIII (IQOri), S. 463. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 347 könnten die Erscheinungen auch in anderen Abschnitten des Buches behandelt werden. Indes ziehen wir vor, der Ablösungs Vorgänge in ihrer Gesamtheit hier zu gedenken, weil sie mit Gewebeveränderungen verbunden sind, bei denen Turgescenzsteigerungen ausschlagebend ein- treten, nachdem die Organe aus irgend einer Ursache funktions- schwach geworden sind. Betrelis der Ablösung der Blätter z. B. unterscheidet AViESNER M einen Sommerlaubfall, Treiblaubfall, Hitzelaubfall und Frostlaubfall. Einen Einblick in die Ver- schiedenartigkeit der Ursachen gewährt uns Pfeffer-): „Eine solche Beschleunigung des Blattfalls wird z. B. durch unziu'eichende Beleuch- tung, aber auch durch ungenügende Wasserversorgung und durch zu hohe Temperatur herbeigeführt. Nicht selten wird aber besonders durch den plötzlichen Wechsel der Aufsenbedingungen ein frühzeitiges Abwerfen der Blätter hervorgerufen, das aus naheliegenden Gründen zuerst die älteren Blätter trifft." Als Beispiele für den schädlichen Einüufs eines plötzlichen Wechsels in der TranspirationsgTöfse führt Pfeffer den plötzlichen Blattverlast einer Anzahl von Pflanzen an, sobald dieselben aus der feuchten Treibhausluft in ein trockenes Zimmer kommen ; in gleicher Weise können schroffe Übergänge der Temperatur, der Beleuchtung usw. wirken. Die anatomischen Vorgänge bei den normalen Abgliederungs- prozessen sind von v. Mohl''') sehr eingehend studiert worden. Bei den Blättern erfolgt eine Abgliederung dadurch, dafs sich an der Basis des Blattstiels, in der Regel noch innerhalb des Blattkissens, und zwar meist dort, wo der Kork der Rinde in die Epidermis des Blattstiels übergeht, im Innern des Blattstielgewebes dm'ch neu auf- tretende Zellteilung eine quer durchgehende Parenchymschicht ausbildet, deren Zellen in einer Ebene voneinanderweichen. V. MoHL nennt die Zone, in welcher sich die Trennungsschicht bildet, die „rundzellige Schicht", weil, sie aus selir kurzem, parenchymartigem Gewebe besteht, das nach dem Blattkörper hin all- mählich in die langgestreckten Zellen des Blattstiels übergeht, nach der Rinde des Zweiges hin aber scharf abgegrenzt ist. In sehr vielen Fällen ist die grüne, Chlorophyll- und stärkereiche Rinde des Zweiges von diesem kurzen, meist stärkelosen, chlorophyll- armen, an der Basis zur Zeit des Blattfalls sich bräunenden Parenchym der rundzelligen Schicht des Blattkissens durch eine aus tafelförmigen Zellen gebildete Korklage getrennt. Diese Korkplatte, welche an den Seiten in die inneren Korkschichten der Zweigrinde übergeht, ist von Schacht*) als die Ursache der Abgliederung der Blätter angesehen worden. In der Tat kann man vermuten , dafs , wenn sich eine Kork- platte zwischen das Gewebe der Rinde und das des Blattstiels ein- schiebt, das Blatt in seiner Nährstofifzufuhr verarmt und allmählich zugrunde geht. Dennoch ist die Korkschicht nicht die Veranlassung zum Blattfall; denn v. MoHL hat gezeigt, dafs sie bei vielen Pflanzen mit abfallendem Laube sich gar nicht bildet. So z. B. ist keine Kork Schicht zu finden bei den Farnkräutern mit abfallenden Wedeln (Poly- 1) WiESNEK, Jui.., Ber. d. Deutschen Bot. Ges. Bd. XXII (1904), S. 64, 316, 501. Bd. XXTII, S. 49. 2) Pfeffkh, Pf!anzenph3-siologie. II. Aufl., 2. Bd. (1904), S. 278. 3) V. Moni., Über die anatomischen Veränderungen des Blattgelenkes, welche das Abfallen der Blätter herbeiführen. Bot. Zeit. 1860, Nr. 1 u. 2. *) Schacht, Anatomie und Physiologie, II, 186. 348 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. iwdinw , DavalUa), ferner bei Ginglo biloba , Fagiis sUvatka, einigen Qucrcus-Axten , Uhrms cmupestris, Morus alba, Fraxinus exceJsior, Sijringa vnigaris , Atropa Belladonna , Liriodendron tulipiferu , usw. Da- gegen bildet sich die Korklage aus bei Populus, canadensis und düatata, Älnus glutinosa^ Juglans nigra, Daphne Mezereum, Sambucus racemosa, Viburnum Lantana , Lonicera aJpigena, Vitis vinifera, Ampelopsis quinque- folia, Aesculus macrostachya , Pavia rubra und hdea, Acer platanoides, Prunus Padus, Bobinia Pscudacacia. Die Korkschicht ist also nur als eine Schutzschicht des durch den Blattfall blofsgelegten Rindengewebes zu betrachten, die sich häufig schon ausbildet, bevor das Blatt abgefallen ist. Die eigentliche Trennungsschicht bildet sich über der Korklage in dem fast isodiametrischen Parenchym der rundzelligen Schicht und zwar auch noch nicht in dem direkt an den Kork grenzenden, braun- wandigen, sondern in dem auf diesen folgenden, hellwandigen, gesunden Teile. Dort zeigt sich kurz vor dem Blattfall eine quer vor dem Auge nach der Aufsenseite des Blattstiels verlaufende Zone jugendlicher, zartwandiger Zellen mit weniger lufthaltigen InterceJlularräumen und kleinen, sonst im Blattstielwulste nicht vorkommenden Stärkekörnern. In dieser neugebildeten Gewebezone weichen die Zellen, ohne zu zer- reifsen, lediglich durch Abrundung, wie schon Inmann ^) beobachtet, aus- einander. Ein Teil verbleibt dem abknickenden Blattstiel, ein anderer der Blattnarbe, an welcher er bald vertrocknet. Der Blattfall ist demnach ein vitaler mid kein mechanischer Akt. An den Veränderungen, welche das Zellgewebe des Blattstielwulstes erfährt, nehmen die Gefäfsbündel vor dem Abfallen des Blattes gar keinen Anteil. Diese laufen, ohne ihre Organisation zu ändern, ja ohne sich zunächst braun zu färben , durch die rundzellige Schicht und die Korklage hindurch. Der Bruch der- selben tritt, nachdem der Rifs dm-ch das parenchymatische Gewebe er- folgt ist, auf rein mechanische Weise ein. Bei manchen Pflanzen (Nuphar^ vielen Monokotyledonen, krautartigen Farnkräutern-), bei denen keine Korkbildung an der Blattnarbe vor- kommt, gehen die äufseren, vertrockneten Zellschichten der Blattnarbe unmittelbar in das gesunde Rindenparenchym über und werden durch Weiterentwicklung desselben ebenfalls abgestofsen. V. Bretfeld^) kommt zu dem Resultate, dafs der Ablösungs Vorgang der Blattorgane bei den Mono- und Dikotyledonen derselbe ist; nur der Schlufs der Ablösungsfläche ist bei verschiedenen Gattungen ein verschiedener. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber in der Zeit der Bildung der Gewebezone, in welcher die Tremiungsschicht entsteht. Während bei den Dikotylen der Ablösungsprozefs das Produkt einer kurz vor dem Abfall eintretenden Lebenstätigkeit ist, zeigt sich dieser Vorgang bei den baumartigen Monokotyledonen, Orchideen und Aroideen als ein, durch Anlage einer bestimmten Schicht vorbereiteter, mit der allgemeinen Gewebedifferenzierung fortschreitender Akt. Von den durch Wasserüberschufs veranlafsten Fällen des Blatt- abwurfs wären die bei Glashauskulturen vorkommenden Entblätterungen von kraut- oder strauchartigen Begonien, von Cistus-Arten, sowie von manchen neuholländischen Myrtaceen und Leguminosen zu nennen. Der Wasserauftrieb wird dm-ch reichliches Begiefsen der Pflanzen zu einer 1) Bot. Zeit,. 1850, S. 198. 2) V. MoHL, über den Vernarbungsprozefs bei der Pflanze. Bot. Zeit. 1849, S. 645. ^) V. Bretfelu, Über den Ablösungsprozefs saftiger Pflanzenorgane. Bot. Zeit. 1860, S. 273. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 349 Zeit minimalster Blatttätigkeit übermäfsig gesteigert. Die BrucMächen der abfallenden Blätter sind bisweilen ganz mehlig durch die gänzlich gelockerten Zellen der Trennungsfläche. Die Schüttekrankheiten. Den bedeutsamsten Fall vorzeitigen Blattabwurfs bilden die Schütte- k rankheiten. Wir sprechen hier von der Mehrzahl, obwohl mau vorzugsweise einen plötzlichen Nadelabfall junger Kiefern als „Schütte" zu bezeichnen pflegt. Es können alle Pflanzen „schütten", welche überhaupt ihren sterbenden Blattapparat abzugliedern imstande sind. Es handelt sich eben nur darum, ob der Blattkörper in seiner Gesamt- heit plötzlich funktionsschwach oder funktionslos wird. Nur weil bei der Kiefer der Fall so ungemein häufig und von schweren Folgen begleitet erscheint, hat man die Kie fernschütte speziell oft als „Schütte" angeführt. Diese Krankheitsform äufsert sich am häufigsten und schwersten an zwei- bis vierjährigen Sämlingen, deren Nadeln im Frühjahr plötz- lich braungelb oder braunrot werden und nach kurzer Zeit abfallen. Die gröfsere Verbreituiig dieser Erscheinung datiert erst von einer all- gemeiner gewordenen Änderung der früheren Kulturmethode der Samen- schläge und des Femelbetriebes, an deren Stelle jetzt die Erziehung der Pflanzen in Saatbeeten getreten ist. Seit dieser Zeit ist beobachtet worden, dals in den Monaten März bis Mai manchmal binnen wenigen Tagen grofse Flächen von Sämlings- pflanzen wie verbrannt aussehen. Dabei aber kann man bemerken, dafs junge Pflanzen unter dem Sclmtze eines nicht sehr geschlossenen Nadelwaldes oder gemischten Bestandes oder auf von alten Samen- bäumen beschirmten Schlägen nicht schütten, während kahle Flächen im Freien oder in geschlossenen Lagen von der Ki'ankheit aufserordent- lich heftig heimgesucht werden. Gestutztwurzelige Exemplare leiden mehr als solche mit langen, kräftigen Wui'zeln, und Pflanzen auf nassem Boden am intensivsten. Gebirgslagen sind weniger heimgesucht als die Ebene , und die Nordseiten scheinen fast vollständig verschont zu bleiben, während Süd- und "Westseiten stark leiden. Die Krankheit zeigt sich nicht alljäkrlich, sondern meist nur nach nafskalten, schneearmen Wintern mit abwechselnden scharfen Frösten. Am stärksten schütten die Pflanzen in trocknen Frühjahren, wo März und April durch helle, warme Tage und darauffolgende kalte Nächte ausgezeichnet sind. Manchmal tritt die Erscheinung strich- oder flecken- weise auf. Es wurde ferner beobachtet , dafs Pflanzen , welche durch einen benachbarten Holzbestand u. dgl. vor der Mittagssonne geschützt waren , meist nicht erkrankten. Saatbeete , welche bis über die Zeit der Frühjalu^sfröste hinaus bedeckt blieben, schütteten nicht, während nebenan liegende, schutzlose Saaten schütteten. Samenpflanzen, welche zwischen älteren Ballenpflanzen oder zwischen Besenpfriemen auf- "WT.ichsen , selbst solche , die unter hohem Grase geschützt standen , er- ki'ankten nicht, während sie da, wo z. B. die Besenpfriemen im Früh- jahr herausgehauen waren, von der Schütte befallen wurden. Alle diese Tatsachen erklärt Eberm.\yer M ungezwomgen durch die 1) Ebermäyeu, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden usw. Resultate der forstl. Versuchsstat. in Bayern. Aschaffenburg 1873. Bd. I, S. 251. ;J5(J I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. melirj ährigen Beobaclitungen der forstlichen Versuchsstationen, dais im März und April die Bodentemperatur bis zu IV4 Meter Tiefe kaum 4 " R. beträg-t , während die Lufttemperatm' im Schatten nicht selten um 15—18" R. höher ist. Die unmittelbare Folge solcher Temperaturdifferenzen zwischen Luft und Boden ist die, dafs die oberirdischen Pflanzenteile stark ver- dunsten, wähi-end die Wurzeln, durch die Bodenkälte noch in Untätig- keit zurückgehalten, nicht imstande sind, das Bodenwasser aufzunehmen oder doch nicht im gehörigen Mafse aufzunehmen, um den oberirdischen Wasserverlust zu ersetzen. Somit vertrocknen die .jungen Kiefern selbst bei reichlicher Bodenfeuchtigkeit. Je gröfser nun der Unterschied zwischen Boden- und Lufttemperatur im direkten Sonnenlichte, desto häufiger und verheerender die Schütte. Je mehr dagegen Umstände eintreten, welche die Bodentemperatm" er- höhen, wie warme Frühjahrsregen, oder die stärkere Abkülilung vor- her verhindern, wie lange liegenbleibende Schneemassen oder Streu- deckung, desto weniger wird die Kranldieit auftreten. Dasselbe wird stattfinden . wenn die Lufttemperatur und die Intensität des Sonnen- lichtes vermindert werden, wie z, B. dui'ch häufig bedeckten Himmel, Lage an Nordabhängen, unter dem Schutze von Oberholz, hohen Gräsern oder Sträuchern oder bei künstlicher Beschirmung der Saatbeete während des Tages. Dafs ältere Pflanzen von der Schütte seltener leiden, erklärt sich einmal aus dem stärker entwickelten Holzkörper, der für alle Pflanzen als Wasserreservoir anzusehen ist , zweitens aus dem reichlicher ent- wickelten, tiefer gehenden Wurzelkörper, welcher in der gröfseren An- zahl Faserwui'zeln mehr Aufnahmeorgane besitzt. Gegen diese Ansicht hat sich Holzner V) mit dem Einwurf gewendet, dafs die Verfärbung bei der Schütte binnen 2 — o Tagen eintritt, während bei einem eigentlichen Vertrocknungsprozefs die Kiefernadeln nur all- mälilich sich röten. Er hält eine direkte Frostwirkung für die Ursache. Dafs Frost auch eine Veranlassung zur Schütte abgeben kann, ist fest- stehend. Baudisch ^) hatte Sämlinge dm-ch Auflegen von Reisig auf 1 m von der Bodenoberfläche entfernte Rahmen geschützt. Die bis dahin gesmid gebliebenen Pflanzen litten nach Entfernung des Schutzes dm'ch die Aprilfröste. Manche Autoren schreiben auch schon den Herbstfrösten einen schädigenden Einflufs zu'*). Die zurzeit verbreitetste Theorie ist, die Krankheit als eine parasitäre anzusprechen und demgemäfs mit fungiciden Mitteln zu behandehi. Dafs es auch parasitäre Schütten gibt, ist nach den Versuchen von v. Tubeuf*) nicht anzuzweifeln (s, Bd. H, S. 268). Nur ist dabei die Tatsache zu berücksichtigen, dafs die Schüttepilze auf Kiefernarten, Tannen, Fichten und Lärchen, an älteren Bäumen häufig- vorhanden sind, ohne die spezifischen Erscheinungen der Schütte hervor- zurufen-, es müssen also bei der so gefürchteten Jugenderlo-ankmig ') HoLZNKK, Ctedug, Die Beobachtungen über die Schütte der Kiefer oder Föhre und die Winterfärbung immergrüner Gewächse. Freising 1^77. Hier Literatur- notizen von 14.5 Arbeiten über die Schütte. 2) Centralbl. f. d. ges. Forstwesen VIT, 1881, S. 362. 3) Alers in Centralbl. f. d. ges. Forstw. 1878, S. 132. Ni)rx>lixger ebenda S. 389. Dammes u. a., Jahrbuch d. schles. Forstvereins 1878, S. 40ff. *) V. TuBEUF, Studien über die Schüttekrankheit der Kiefer. Arb. d. Biolog. Abt. am Kais. Gesundheitsamt. II. Heft. 1901. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 351 noch speziell begünstigende Umstände hinzutreten , ohne welche die Epidemie nicht zustande kommt. Die sämtlichen als Ursache der Schütte angeführten Faktoren stimmen darin überein, dais die Nadehi darnm fallen, weil sie fmiktions- schwach geworden oder infolge der winterUchen Rnhe normalerweise es noch sind. Nnn beruht aber der Abgliederimgsprozei's auf Aus- bildimg der Tremiungsschicht , die sine aktive Lebensäulsermig und Turgorsteigerung voraussetzt. Somit ergibt sich ein Antagonismus : Das Blattorgan ist zurzeit aiifserstande, als normales Anziehungs- und Verbrauchszentrum zu funktionieren. Nur der Basalteil, die Region der späteren Tremiungsschicht, ist vermöge seines anatomischen Baues erregbar und wird zur Ausbildung dieser Schicht vorzeitig angeregt, weil die Turgorsteigerung, die durch zeitige Besonnung im Frühjhar neu eintritt oder von früher noch erhalten ist, keinen Ausgleich findet, in- dem eben der imtätige Laminarteil des Blattes ihm das Wasser nicht abnimmt. Diese Gleichgewichtsstörung in der Turgor- verteilnng ist die Ursache alles vorzeitigen Blattabwurfs. Im speziellen Fall der Kiefernschütte glaube ich, dafs die von Ebermayer geschilderten Gegensätze imd zwar gerade die schroffen Gegensätze die häufigste Veranlassmig für die Schütte darstellen. Nm- in der Erklärung weiche ich insofern von ihm ab , als ich statt übermäfsig gesteigerter Nadelverdunstung eben noch die winterliche Untätigkeit, die sich auch in der Beschatienheit des Chlorophyllkörpers zeigen wird, amiehme. Nur die Nadelbasis wird erregt und bildet die Tremiiuigsschicht aus , die , wie wir bei den Blumenblättern erwähnen werden, miter Umständen in äufserst kurzer Zeit entstehen kann. Ich meine, die Nadel verdurstet nicht, sondern wird eben durch die Tremimigsschicht aus dem Betriebe ausgeschaltet. Dafs nicht ein Vertrocknen der Nadeln mfolge übermäfsig gesteigerter Verdunstung die Veranlassung zu Verfärbung und Nadelfall darstellt, möchte ich aus der absolut geringen Wasserabgabe der Kiefer im Winter ent- nehmen. Ein Wasserkulturversuch mit einjährigen Sämlingen zeigte mir, dafs eine Kiefer am 17. November ihre Verdunstung einstellte, trotzdem noch Tage mit -h 3, 4, 7, 9" C. folgten; sie verdunstete bis zum 22. Dezember nicht ein einziges Gramm Wasser mehr, obgleich die Wiu'zel in Wasser stand'). Es ist also kaum anzunehmen, dafs die Frühjahrstemperatur in einigen Tagen einen grofsen Wasserverlust ani'egen sollte, zumal die Kiefer eine der am geringsten verdunstenden Baumarten ist^). Da zwar nicht ein Vertrocknen der Nadel, sondern der mangehide Ausgleich der Wasserzufuhr infolge des schrofien Gegensatzes zwischen der assimilationsschwachen Nadelfiäche und ilrrer bereits tätigen Basis mü" als Ursache der Schütte erscheint , so möchte ich in der Ver- meidung solcher schroffen Gegensätze die besten Vorbeugungsmittel sehen. Ich schlieise mich deshalb den Vorschlägen von Ebermayer an, welcher empfiehlt : A. Erhöhung der Bodentemperatur: 1. durch Verhütung einer zu starken Erkältimg während des Winters mit Hilfe von Laub-, Reisig- oder Moosdecken: 2. bei nassem Boden durch Entwässerung: 3. bei 1) SouAtER, Studien über Verdunstung. Forschungen auf d. Gebiete der Agri- kulturphvsik, Bd. III, Heft 4 5. S. 10. -) JluHNEL, V., a. a. O. Bd. II, S.411. 352 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. festen Bodenarten diu-ch Lockerung und Beimischung Immusreicher Erde, wodurch die Luftwärme leichter eindringen kann. B, Verminderung der scharfen Kontraste durch Beschattung : 1 . durch Besteckung der Saatbeete mit Nadelholzzweigen, die auch an warmen Tagen nicht zu entfernen sind : 2, durch Anlage der Saatbeete an Stellen , welche auf der Mittagsseite Schutz durch Holzbestand haben. „Bei den Kiefern- Verjüngungen im grofsen wird das radikalste Mittel darin bestehen, von der ausgedehnten Kahlhiebwirtschaft wieder mehr zur Schlagwirtschaft zurückzukehren, damit die jungen Pflanzen durch Oberholz (mäfsige Überschirmung) den nötigen Schutz gegen das direkte Sonnenlicht erhalten, aber doch so viel Licht empfangen können, als zu ihrer kräftigen Entwicklung nötig ist. Derselbe Zweck wird erreicht durch die von NO. nach SW. vorrückenden, schmalen Absäumungen, welche gegenwärtig bei den Verjüngungen der Kiefern- bestände vielfach in Anwendung kommen. — Bei der Kultivierung aus- gedehnter Blöfsen kann die Beschattung auch erzielt werden durch den Vorbau solcher Pflanzen, für deren Gedeihen der betreflende Stand- ort günstig ist, z. B. von Birken usw. oder durch vorausgehende Fichten- pflanzung." „Li solchen Fällen, wo ein Vorbau aus lokalen Gründen nicht an- geht, ist die Pflanzung der Saat vorzuziehen (einjährige Pflanzen mit gutem Wurzelsystem scheinen sich dazu am besten zu eignen), immer- hin werden aber die beiden ersteren Kulturmethoden weit sicherer zum Ziele führen." Schliefslich wird noch zu betonen sein, dafs alle Aufmerksamkeit auf Erreichung eines guten Wurzelkörpers zu richten ist ; demnach sind zu dichte Saaten, schwerer, ungelockerter Boden, bedeutende Ver- letzungen bei dem Verpflanzen u. dergl. zu vermeiden. Eine Schütte bei älteren Bäumen konunt auch vor. Bei Pflanzen, die auf moorigem Boden in Nebellöchern stehen oder in extremen Frostlagen sich befinden, fallen vorzeitig die älteren Nadelbüschel. Aber diese hängen dann schon vergilbend oder vertrocknend im Herbst an den Bäumen mid unterscheiden sich dadurch von den spezifisch schütte- ki^anken Sämlingspflanzen. Auf strengen Böden stirbt überhaupt die Kiefer leicht ab ' ). Der Blattfall bei Zimmerpflanzen. Zu den Schmerzenskindern bei der Zimmerkultur gehören die Azaleen, weil sie in der Regel plötzlich im Sommer oder Herbst das Laub fallen lassen; die besenartig aussehenden Bäumchen bringen höchstens einige kümmerliche Blumen. Auch hier handelt es sich um plötzlich auftretende schrofPe Gegensätze. Entweder werden im Sommer einmal die (meist in Heideerde stehenden) Pflanzen trocken im Ballen, und es erfolgt dann eine sehr reichliche Bewässerung, oder die Pflanzen werden im Herbst zu plötzlich in das warme Zimmer gebracht. In beiden Fällen sind die Blätter funktionsschwach imd erhalten nun durch den erhöhten Wasserauftrieb einen Anstofs zu gesteigert.er Funktion. Würde der Übergang allmählich erfolgen können, so dafs die untätigen Blattflächen Zeit hätten, durch allgemeine langsame Turgescenzsteigerung ihren normalen Betrieb wieder aufzunehmen, würden dieselben Ver- 1) RuNNEBAUM, A. , Das Absterben und die Bewirtschaftung der Kiefer im Stangenholzalter usw. Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen 1892, S. 43. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 353 hältnisse scliadlos vorübergehen ; aber bei der Plötzlichkeit des Wasser- auftriebs wird nur die Basalregion erregt und zur Ausbildung der Trennungsschicht veranlaist. Bei den Blattbegonien, bei dem Gummibaum, bei Kamellien mid vielen anderen Gewächsen stellt sich im Herbst und Winter ein Ab- lösen der Blätter ein. Hier ist der Blattapparat in der natürlich ein- getretenen Vegetationsruhe. Reiches Begiefsen im warmen Zimmer veranlaist ein Zuströmen von Wasser, das die Blätter nicht zu ver- arbeiten vermögen. Hier in Küi'ze noch einige eigene Erfahrungen. Begonia fuchsioides, die den Winter über im selu^ warmen Zimmer getrieben hatte , kam Ende März in eine ungeheizte, aber sonnigere Stube und warf binnen wenigen Tagen sämtliche Blätter mit Ausnahme der jüngsten ab. Libonia floribunda , die bisher sekr kalt gestanden , kam plötzlich zum Treiben schon im Dezember ins Warmhaus, und die Exemplare warfen alle älteren Blätter, während bei den im Kalthause verbliebenen Pflanzen keine Entblätterung eintrat. Von einer gefüllten, weifsen Euchsie waren einzelne Exemplare im Herbst ins Zimmer genormiien worden, um früh- zeitig Triebe für Stecklinge zu erzielen; andere Exemplare derselben Varietät verblieben im Keller und trieben bis Anfang März. Zu dieser Zeit wurden die Spitzen sämtlicher Pflanzen als Stecklinge in einen Kasten mit 25 ^ Bodenwärme gebracht. Nach wenigen Tagen waren die aus dem Keller stammenden Stecklinge bis auf die Spitze entlaubt, während die anderen noch nicht einmal das Blatt an der Schnittfläche abgestol'sen hatten. Die Spitzen eines wenige Tage später von einer Kellerpflanze abgebrochenen Astes wurden ohne besondere Rücksicht im Keller in Sand gesteckt und zeigten sich im Mai bewurzelt, während die von den Kellerpflanzen kommenden Zweigspitzen im warmen Kasten zugrunde gegangen waren. Für die Zimmerkultiu- darf als Grundgesetz empfohlen werden, dafs man die Pflanzen nur allmählich an andere Vegetationsbedingungen gewöhnen soll und die Zeit der Vegetationsruhe, in die jede Pflanze eintritt , nicht durch Steigerung von Wärme- und Wasserzufuhr unter- brechen darf. Der Ablösungsprozefs der Blütenorgane erfolgt in derselben AVeise wie der der Laubblätter ^ ). Die zusammen- gesetzte Achse des Blütenstandes bei Aesculus und Pavia zergliedert sich bekanntlich in ihre einzelnen Teile, die mit glatter Bruchfläche auseinanderweichen; ebenso löst sich oft, wenn viele Früchte an- gesetzt werden, eine Menge halberwachsener Früchte in einem Gelenke ab, welches sich im Fruchtstielchen befindet. Die männlichen Blumen der Cucurbitaceen lösen sich m einer Trennungsschicht ab, welche sich an der Grenze zwischen Blütenstiel und Blüte bildet und die von Ricinus conuuunis in einer Trennungslinie , welche in einem , im unteren Teile des Blütenstieles liegenden Gelenke entsteht. Die unbefruchtet ge- bliebenen, hermaphroditen Blumen von HoHcrocallis fulva und flava lösen sich in einer Trennungsschicht, die unter der Basis der Blüte dm-ch den oberen Teil des Blütenstiels verläuft. Die Zellen der Trennungsfläche runden sich ab und weichen auseinander. 1) V. MoHL, H., Über den Ablösungsproze£s saftiger Pflanzenorgane. Bot. Zeit. 1860, S. 273. Sorauer, Handbuch. 3. Auü. Erster Band. 23 354 1- Krankheiten dvirch ungünstige Bodenverhältnisse. Auf gleielie Weise zeigt sich eine deiitlicli ausgebildete Trennungs- schicht zurzeit des Abfallens bei den Kelchblättern YowPapaver somni- ferum, Liriodendrmi tuhpifera, bei dem abfallenden Teile des Kelches von Mirahilis Jalapa, Datura Stramomum, bei den Blumenblättern von Rosa canina, Papaver , der einblättrigen Blumenkrone von Lonicera Caprifoliiim, Rhododendron ponticnm, Batura Stramonium, bei den Staub- fäden von Lilium bidbiferwn und Martagon , Dictamnus Fraxmella, Liriodendron. bei dem Griffel von Lom'eera Caprifolium, Mirahilis Jalapa und Lilium Martagon. In den meisten Fällen enthalten hier die Zellen der Trennungs- schicht keine oder wenigstens nicht mehr Stärke als die Umgebung, während bei den Laubblättern und bei den derben Kelch- und Blumen- blättern von Liriodendron reichlich Stärke vorhanden ist. Dieses Fehlen der Reservenahrung erklärt sich diuxh die schnelle Bildung der Trennungsschicht bei den Blüten, für die das augenblicklich bewegliche Nährstotfmaterial ausreicht. Bei den Kelchblättern von Papaver somni- ferum entsteht die Tremnmgsschicht in einer einzigen Nacht, bei den Blmnenblättern nicht gefüllter Rosen in den Nachmittagsstunden. AVährend bei den Laubblättern in der Trennungsschicht noch eine Zellvermehrung einzutreten scheint, findet diese bei den Blumenblättern wohl kaum statt, sondern es bestehen die hier sichtbaren Vorgänge nm' im Auf- treten einer reichlicheren Menge von Protoplasma, in Lockerung und gegenseitiger Trennung unter Abrundung und bisweilen schlauchartiger Vergröfserung der Zellen, wodurch die Trennungsfläche das sammet- artige Ansehen erhält. Je besser die Organe ernährt werden , desto später tritt die Trennungsschicht auf. Das Abröhren der Weinblüten. Unter „Abröhren" oder „Durchfallen" verstehen die Wein- bauer ein Abfallen der Blüten bald nach der Blütezeit. Li einzelnen Gegenden ist die Erscheinung eine jährlich wiederkehrende, w-ährend sie in anderen Lokalitäten sich nur in einzelnen Jahren zeigt, wie z. B. in solchen, in denen die Traubenblüte durch nafskalte Witterung gestört wird. Nach den Untersuchungen von Müller- Thukgau M zeigten sich bei niedriger Temperatur zur Blütezeit schon vor dem Abheben der Blüten- hülle die Zellen der Narbe in beginnender Bräunung, was auf ein Ab- sterben oder wenigstens eine starke Behinderung des Befnichtungs- vorganges hindeutete. Tatsächlich wuchsen die Pollenkörner auf solchen Narben gar nicht oder nur mangelhaft zu Pollenschläuchen aus. Das Abwerfen der Blumenblattkappe ging sehr langsam vor sich oder unter- blieb gänzlich. Die Fruchtknoten solcher Blüten blieben zwar noch einige Zeit, manchmal sogar lange stehen, aber vergröfserten sich kaum. Da nun aber nach Müllek's Erfahrungen das Ringeln der Reben gTöfstenteils hilft, so ist wohl meist nicht die niedrige Temperatur der direkte Grund, dafs sich der Befruchtungsakt und die Ausbildung des Samens gar nicht vollziehen können. Das trübe, kühle Wetter während der Blüte ist besonders günstig für das Wachstum der beblätterten Triebe, welche daher das für die Ausbildung des Blütenstandes vorrätige Material für sich beanspruchen werden, so dafs ein Nährstoffmangel für die Blimien eintritt. Ein solches Verhungern der Blütentraube ') Müller-Thuküai, Über das Abfallen der ßebenblüten und die Entstehung kernloser Traubenbeeren, Der Weinbau, 1883, Nr. 2'2. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 355 und demzufolge ein mehr oder weniger starkes Abröhren der Blüten wird auch bei günstiger Blüten vvitterung eintreten, wenn reiche Stickstoff- nahrung im Boden ist oder wenn überhaupt ein jungfräulicher Boden mit reichem Nährst otiVorrat und AVassergehalt zur Weinkultur verwendet wird , wobei die üppige Entwicklung vegetativer Organe die Weiter- bildung des Sexualapparates einscluränkt. Tätsächlich liefert Müller Beispiele für diese Fälle und teilt gleich- zeitig Erfahrungen mit, dafs bald das Auslassen der Düngung, bald ein langer Schnitt der Reben dem Übel abgeholfen haben. Denselben Ursachen schreibt Müller auch das Auftreten kern- loser Beeren an der Traube zu, welches in der Regel mit einem teilweisen Abröhren Hand in Hand geht. Die kernlosen Beeren sind gröfsor als die unbefruchtet gebliebenen, die bisweilen auch bis in den Herbst hinein an der Traube verbleiben; erstere sind aber nicht so grofs, wie die kernhaltigen, normalen Beeren, obwohl sie wie diese sich färben und süfs werden. Ja, es stellte sich heraus, dais sie früher reiften imd süfser wm-den wie die Beeren mit ausgebildeten Samen- kernen. Da die Samenanlage in den kernlosen Beeren nicht viel gröfser erscheint, als sie zur Zeit der Blüte bereits gewesen, so mufs man an- nehmen, dafs in der Blütezeit schon eine Störung stattgefunden hat. Es ist wahrscheinlich, dafs in solchen Fällen die Befruchtung wohl vor sich gegangen ist, dafs aber entweder augenblicklicher Mangel an passendem Ernährungsmaterial oder eine andere Störmig die weitere Entwicklung der Eizelle verhindert hat. Der Reiz, den die Befruchtung auf die Fruchtknotenwand ausübt, ist vorhanden, und demgemäfs ent- wickelt sich auch die Beere; da dieselbe nun nichts von dem ihr zu- strömenden Nahrungsmaterial zur Ausbildung der Kerne zu verwenden braucht, so schreitet sie den kernhaltigen Beeren anfangs in der Ent- wicklung voraus. Dafs der Same als Stoffanziehungszentrum bei seiner Ausbildung funktioniert, beweisen die Wägungen kernloser und kern- haltiger Beeren. Müller-Thurg.\u fand ^) das Gewicht des Fruchtfleisches von 100 Beeren bei Riesling: kernlos einkernig zweikernig normal vierkernig 25,0 g 58,2 g 77,2 g 112 g Als Beispiele für die Unterschiede in der stofflichen Entwicklung mag hier ein Untersuchungsergebnis von Müller bei Riesling angefülirt werden. Es hatten am 25. September 1000 Beeren: kernlose ein Gewicht von 208,9 g, und Zucker 10,(33 "/o, Säure 18,2 "/oo kernhaltige .. „ „ 840,0 „ „ ,. 9,77 "o , 24,2 «/oo am 12. Oktober: kernlose ein Gewicht von 231.0 g, und Zucker 14,7 "/o, Säure 11,0 "/oo kernhaltige,, „ „ 898,7 „ .. .. 12,3 «/o .. 15,7 »/oo Betreffs des Einflusses des Ringeins lehrte ein Versuch, dafs die nicht geringelten Reben nur unbefruchtete Beeren besafsen, welche 1) Mülleh-Thirgau, Einflufs der Kerne auf die Ausbildung des Fruchtfleisches bei Traubenbeeren und Kernobst. II. Jahresbericht d. Versuchsstat. Wädensweil. Zürich 1893. S. 52. 23* 356 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. bald abfielen, während diejenigen Tragreben, welche km-z vor der Blüte geringelt waren, verhältnismälsig lange Trauben mit einer über- mäfsig groi'sen Zahl kernloser Früchte lieferten, zwischen denen nur vereinzelt normale Beeren sich befanden. Diese Bildung kernloser Beeren ist für unsere Verhältnisse eine grofse Schädigung, da die vorzeitig reifen Beeren bis zur allgemeinen Wemlese schrumpfen und abfallen oder faulen, also keine Verwendung finden. Wenn dagegen diese Ausartung allgemein wird, läfst sich die- selbe als ein Vorteil bezeichnen. Wahrscheinlich sind unsere Korinthen und Sultanrosinen, bei denen auch Beeren mit Kernen vereinzelt vor- kommen, die Produkte solcher Stöcke, an welchen die Kernlosigkeit der Beeren zur Regel geworden ist. Setzholz von Korinthen soll in anderen Gegenden kernhaltige Beeren liefern. Einen sehr beachtenswerten Rat erteilt Eger M, der vielfach Studien über die Individualität bei den einzelnen Weinsorten gemacht hat. Er fand, dafs einzelne Stöcke derselben Sorte die Trauben stets früher zur Reife bringen und manche unter sonst gleichen Bedingungen eine geringere Neigung zum Durchfallen der Blüten zeigen, was namenthch bei Riesling sehr in Betracht kommt. Demgemäfs mufs man in jeder Schule und jedem Weinberg die einzehien alljährlich durch günstige Entwicklung hervorragend bleibenden Individuen bezeiclmen mid nur von diesen das Setzholz zur Vermelu'ung wählen. Andere Vorgänge zeigen sich bei unseren Steinobstgehölzen während der Treiberei. Wenn das Holz zu viel ausgedünnt wird, d. h. zu viel Laubzweige weggeschnitten werden, um den Blüten und jungen Früchten Licht zu schafien , dann können Knospen , Blüten und junge Früchte abgestofsen werden. Durch die plötzliche Verminderung der verdunstenden Blattfläche stellt sich ein erhöhter Wurzeldruck für die anderen Organe ein, die die vergröfserte Wassermenge nicht aufnehmen können. Es lockert sich infolgedessen die Trennungsschicht. Das Abwerfen wird natürlich auch dm'ch andere Ursachen eingeleitet werden können ^). Das Abstofsen junger Blütentrauben bei den Hyacinthen. Bei Hyacinthenzwiebeln haben mir mehrfache Einsendungen aus verschiedenen Gärtnereien gezeigt, dafs der Fall einer Ablösung der ganzen noch unentwickelten Blütentraube nicht selten ist. Aus voll- kommen gesunden Zwiebeln mit bereits weit entwickeltem, ja häufig übermäfsig gestrecktem Laubkörper läfst sich die noch ziemlich kurze ungefärbte , ebenfalls ganz gesunde Blütentraube herausheben. Bei der sehr üppigen, aus Holland stammenden Sorte Baron van Thuyll fand ich die sonst normal entwickelten Blätter stellenweise gelblich und an diesen Stellen schwach geschwollen, ja hier und da sogar geplatzt. Die Blütentraube war stark, vollkommen gesund, etwa 8 cm lang, mit einem ebenso langen, ganz gesundem Schaft versehen und fast noch vollkommen farblos. Der Schaft hatte sich vom Zwiebelboden losgelöst; die Zellen des- selben erwiesen sich mehr oder weniger schlauchförmig aufgetrieben, und diese Auftreibung liefs sich von der Bruchstelle aus in wechselnde 1) EüEu, E. , Untersuchungen über die Methoden der Schädlingsbekämpfung und über neue Vorschläge zu Kulturmafsregeln für den Weinbau. Berlin. P. Parey. 1905, S. 68. 2) The Dropping of the Buds of Peaches. Gard. Chron. XIII, 1893, S. 574. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 357 Tiefe hinein verfolgen. Auch die procambialen Zellen der (xefäfsstränge waren blasig erweitert. Die Gefäfse an den Bruchflächen waren einfach abgebrochen und besafsen zunächst ebenso wie die übrige Bruchfläche vollkommen un- gefärbte Wandungen. Der Beginn der Lösung zeigt sich darin, dafs einzelne Zellen im Basalgewebe des Blütenschaftes meist in geringer Entfernung vom Zwiebelboden anfangen, sich abzurunden und vorzuwölben. Gleich- zeitig mit der beginnenden Wölbung ist eine Quellung der Membranen dieser Zellen an der Seite erkennbar, an der die Wölbung sich ein- stellt ; es ist eine streifige Mittellamelle der Membranen , welche in Quellung gerät. Auch erfolgt die Quellung nicht in der ganzen Membranschicht gleichmäfsig, sondern an einzelnen Stellen in höherem Grade als an anderen, wodurch der gequollene Membranstreifen einen knotigen, stellenweise Einschnürungen zeigenden Verlauf erhält. Bemerkenswert erscheint noch an den der Bruchfläche naheliegenden Zellen eine häufig auftretende, perlig unregelmäfsige Beschaffenheit der Aufsenfläche der Zellmembranen. Die halbkugeligen bis zitzenförmig- kugeligen Auftreibmigen entsprechen denjenigen bei der AVollstreifigkeit der Äpfel und zeigen mit Chlorzinkjod eine rein goldgelbe Färbung, während die übrige Membran intensiv blau wird. Diese Störung stellt sich ein , wenn bei Beginn der Hyacinthentreiberei die Zwiebeln zu früh hohe Wärme mid starke Bewässerung erhalten. Die noch nicht in Streckung begriffene Blütentraube kann das durch gesteigerten Wurzeldruck zugeführte Wasser nicht verarbeiten und aufnehmen. Damit kommt ein Wasserüberschufs an der Basis des Blütenschaftes zustande , dessen Zellen sich strecken und aus ihrem Verbände lösen. Langsames Antreiben der Hyacinthen dürfte dem Übelstande vorbeugen. Zweigab Sprünge. Als „Absprünge" werden diejenigen kleinen Zweige bezeichnet, welche sich durch einen organischen Prozefs meist samt ihrer aus- gebildeten Belaubung von der Mutterachse abgliedern. Die Ab- gliederung erfolgt vorzugsweise im Herbst; doch liegen auch Be- obachtungen von einem Abwerfen von Zweigen im Sommer (Juli) vor, und wir haben gerade ebenso wie bei der Schütte verschiedene Ur- sachen für dasselbe Phänomen zu berücksichtigen. Nicht alle Gehölze zeigen diese Eigentümlichkeit , und diejenigen . bei denen sie auftritt, werfen nicht alle Jahre ^) und nicht in allen Exemplaren. Junge, kräftige Bäume zeigen manchmal keine Absprünge , wälurend ältere oder auf magerem Boden stehende Exemplare im Herbst den Boden unter sich mit ihren Zweigen bedecken. Das bekannteste Beispiel liefern die Pappeln^), deren oft meter- langen Zweige mit ilu'en gelenkkopfartigen , angeschwollenen, halb- kugelig-hervorgewölbten , glatten, bei feuchter Witterung sammetartig schillernden Bruchflächen am deutlichsten auch zeigen, dafs der Zweig nicht dvu"ch gewaltsames Zerreifsen seiner Elemente , sondern durch eine von organischen Vorgängen im Innern vorbereitete Lösung gewisser Gewebezonen sich ablöst. 1) BoRKHAüSEx, Forstbotanik I, S. 294. 2) K. Müller, Hai., Der Pflanzenstaat, S. 532, gibt eine Abbildung davon. 358 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Neben den Pappeln werden vorzugsweise die Absprünge der Eichen^) erwähnt; bei den Fichten kommen aulser den häufig zu findenden, von den Eichhörnchen abgebissenen Zweigen ^j (Abbisse) wirkliche Absprünge wahrscheinlich nicht vor. Beobachtet ist ferner noch eine Ablösung der Zweige (Phyllocladien) bei Xyhphylhi und PhylJocladus^), bei allen Dammara- Äxten, vorzüglich schön nach A. Braun bei Bammara australis, bei mehreren Podocarpus- Arten, bei Guajaceen, Piperaceen, vielen strauchartigen Acanthaceen, bei Laurm Camphora, Crassula arborescens, Portulacaria afra, Tcuodium dis- tichuni *), bei Tilia ^), bei Uhnus pendula, Evonymus, Prunus Padus, Erica, Salix usw.*). Diesen Absprüngen verdanken die Bäume teilweise ihren charakte- ristischen Habitus. Aber der Ablösungs Vorgang wechselt nach Stand- ort, "Witterung und anderen Einwirkungen. So hebt Rose beispielsweise hervor, dafs bei anhaltender Dürre die Absprünge häufiger sind, dai's in der Mehrzahl der Fälle Seitentriebe abgeworfen werden, bei manchen Pflanzen aber auch der Gipfeltrieb. Letzterer Fall wird am häufigsten bei jungen, in fruchtbarem Boden erwachsenen Bäumen beobachtet. Nörd- LINGER^) hebt hervor, dafs vorwiegend schwachwüchsige Zweige sich abgliedern. Sowie wir einen Sommerlaubfall haben, finden wir bisweilen auch sommerliche Absprünge. Gynmocladus, Caialpa hignonioides, Gleditschia, Tilia und besonders Ailanthus glandulosa zeigen die gleiche Bildung einer Trennungsschicht und das Auseinanderweichen der Zellen wie die Blätter. Bei den jungen Trieben von Ailanthus läfst sich gut beobachten, dafs an der Bildung der Trennungsschicht neben dem Parenchym auch die noch nicht verholzten Zellen der Gefäfsbündel sich beteiligen. Kork ist um diese Zeit weder in der Nähe der Ablösungsstelle noch an der Oberfläche der Zweigrinde entwickelt, wodurch wir wiederum bestätigt sehen, dafs der Ablösungsprozefs nicht auf der Bildung einer Korkschicht beruht; diese ist nur als eine bald sehr früh (vor der Ablösung) , bald später auftretende Schutzschicht des freigelegten, parenchymatischen Gewebes zu betrachten. Sehr ausgedehnte Untersuchungen über die Zweigabsprünge ver- danken wir V. Höhnel''), der besonders auch Coniferen in den Kreis seiner Studien gezogen hat und dabei zu dem Schlüsse kommt, dafs man bei den Nadelhölzern nicht von Zweigab sprüngen reden darf, so- bald man darunter das Abwerfen lebensfrischer und saftiger Zweige versteht. Bei den Coniferen stirbt nämlich der abzuwerfende Zweig ') Tu. Hartig, Naturgeschichte d. forstl. Kulturpflanzen, S. 119. Pfeil, Deutsche Holzzucht, 1860, S. 1:^6. Wui.vND. Der Baum, 1854, S. 67. ScH.UHr, Der Baum, 1853, 8. 805, Lehrbuch d. Anatomie usw., 1859, II, S. 19. -) Ratzekuug, Waldyerderbnis, I, 1866, S. 219 (Tafel 28, Fig. 8); s. dagegen Beling und ferner Eu rn (Über Absprünge bei Fichten), Bot. Jahresbericht von Just, II, S. 968, 971, Lmd v. Höhnet., Bot. Jahresb. VI. Gonnermann, Über die Abbisse der Tannen und Fichten. Bot. Zeit, von v. Mohl vind Schlechtendal, 1865, Nr. 34. EiisE, Bot. Zeit. 1865, Nr. 41. ^) V. Moni,, Über den Ablösungsprozefs saftiger Pflanzenorgane. Bot. Zeit. 1860, S. 274 u. 275. *) RüsE, Über die „Absprünge" der Bäume. Bot. Zeit. 1865, S. 109 (Nr. 14). ^) Nc.RDi.iNGER, Deutsche Forstbotanik. 1874, I, S. 199. ®) V. Höhnet., Über den Ablösungsvorgang der Zweige einiger Holzgewächse und seine anatomischen Ursachen. Mitteilungen aus dem forstlichen Versuchs- wesen Österreichs von v. Seckendorff , III, 1878, S. 255. Weitere Untersuchungen über den Ablösungsvorgang von verholzten Zweigen. Bot. Centralbl. 1880, S. 177. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 359 zunächst am Stamme ab und wird gelb oder braun; erst nachdem er schon tot ist, wird er auf gesetzmäisige AVeise und immer durch Ver- mitthing einer Korkschicht abgeworfen, wobei der Holzkörper an einer bestimmten Stelle bricht. Die Zweigab sprünge der Laubhölzer werden im lebenden und saftigen Zustande dm-ch Vermittlung einer den dicken Holzkörper quer durchsetzenden Parenchymzone ohne Mithilfe einer Korkschicht abgeworfen. Das Alter der normalen Abwürfe ist sehr verschieden. Bei Taxo- (Uut)t sind sie immer einjährig, bei Pinus Strobus immer dreijährig, bei ]'mns Laricio 2 — 7 jährig, bei Pinus sihestris 2 — 6 jährig, bei den Zweigen von Thuja occidentahs S — 11 jährig. Dafs Fichte und Tanne keine Ab- sprünge machen sollen, ist bereits anfangs erwähnt worden. Lides erinnere ich mich, auch einmal frische Fichtentriebe mit gelenkkopf- artiger Abgliederung gesehen zu haben. Bei den Laubhölzern kann man deutlich bemerken, dafs meist die aus Seitenknospen oder Adventivaugen hervorgegangenen, oft schwäch- lichen Triebe abgestofsen werden , die sich blofs zu Kurztrieben ent- wickelt haben. Langtriebe werden nur reichlich bei Pappeln und AVeiden, bisweilen auch bei Eichen abgestofsen, und zwar ältere (bis Gjäluige Aste). Li seltenen Fällen beobachtet man den Vorgang auch bei Prunus Padus und Evonynms europaea, wäln-end bei den anderen Gehölzen meist nur einjährige Triebe abgeworfen werden. Flu' mis beachtenswert ist die Beobachtung von v. Höhnel bei T/iUJa occidentaJis^ dafs der Holzkörper an der späteren Abschnürungs- stelle bedeutend schw^ächer entwickelt ist als ober- oder unterhalb der- selben. An der späteren Bruchstelle ist derselbe besonders stark ein- geschnürt. Die Zellen des Rindenparenchyms vergröfsem sich stark, so dafs eine namhafte Lockerung entsteht. Bei Thuja orientalis fehlt das fleischige Zweigkissen , und es zeigt sich hier kein regelmäfsiger Abwm'f. Bei Anipdopsis quinquefolia sah Meehan ^), dafs das basale Inter- nodium stehen bleibt und im nächsten Jalu'e neue Triebe brmgt, welche sich bei Eintritt kalter AVitterung wiederum abgliedern. Für die Zweigabsprünge ergibt sich dasselbe Gesetz , das wir für den Laubfall aufgestellt haben : der A^erbrauchsherd, also liier der Zweig, bildet aus irgend einer Ursache nicht mehr das normale Anziehungszentrum für das ungeschwächt zuströmende A\^asser, und es tritt infolgedessen AVasserüberfüllung in der noch reaktions- fähigen, anatomisch abweichend gebauten Basalzone ein. Entweder sind die Zweige von vornherein schwächlich angelegt, oder sie kommen durch ungünstigen Standort zu geringer Entwicklung oder werden durch grofse Sommertrockenheit vorzeitig reif oder sind durch Kälte aktions- unfähig geworden usw. Erst auf das 1 e b e n s s c h w a c h e Organ macht sich der relative A\^asserüberschufs an dessen Basis geltend. Entwickelt sich dasselbe von Anfang an bei grofser AVasserzufuhr , erfolgt kein Abwin^f. Feuchte Jahre zeigen wenig oder keine Absprünge. Die bei Forstmännern vorhandene Ansicht, dafs Jahre mit viel Absprüngen gute Samenjahre einleiten, hat eben ihre Begi'ündung darin, dafs dies trockne Jahrgänge sind, in denen die Ausbildung von Blütenanlagen begünstigt wird. AA^enn die Absprünge im Forstbetriebe auch wenig wirtschaftliche ^) Meehan, On disarticulating branches in Ampelopsis. Au.s „Proceed, of the imeric. Acad. of Philadelphia. Part. I, 1880, im Bot. Centralbl. 1880, S. 1005. 360 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Bedeutung haben, so erlangen sie bei dem Gartenbau aber eine Wichtig- keit als Symptom. Namentlich zur Herbstzeit gliedern sich bei vielen unserer Glashauskulturen die Stengelglieder ab , wie namentlich bei den strauchartigen Begonien , Melastomaceen , Acanthaceen usw. Das sind sichere Anzeichen von "Wasserüberschuls , und ein scharfes Trockenhalten der Töpfe allein ist imstande, die Pflanzen vor Erki-ankung zu bewahren. b. Erhöhung der Nährstoffkonzentration. Unter den in diesem Abschnitt zu besprechenden Krankheits- erscheinungen müssen wir auch noch einige Fälle behandeln, bei denen ein Wasserüberschufs im Pflanzenleibe nur stellenweise zum Ausdruck gelang-t. Die Wurzeltätigkeit braucht dabei keine erhöhte zu sein; die Wasseranhäufung kommt vielmehr dadurch zustande, dafs die Ver- dunstungstätigkeit der Blätter herabgedrückt wird. Es müssen Turgor- steigerungen in einzelnen Organen oder Organteilen sich einstellen, wie man solche auch künstlich an abgeschnittenen Blättern durch gesteigerte Wasserzufuhr erzeugt. Mithin bleibt zu beachten, dafs vielfach die Luftfeuchtigkeit ausschlaggebend mitspricht. Umgekehrt ist in anderen Fällen, bei denen es sich um Nährst oflüberschufs handelt, darauf aufmerksam zu machen, dafs derselbe nicht immer eine absolute Anhäufung im Boden voraussetzt, sondern auch dann eintritt, wenn das Lösungsmittel , das Wasser , vorübergehend in zu geringer Menge vorhanden ist und dadurch eine schädlich hohe Konzentration der Bodenlösung zustande kommt. Gemäfs den verschiedenen Mengenverhältnissen , in welchen die einzelnen Nährstofte und übrigen Wachstumsfaktoren bei der Herstellung von 1 g Trockensubstanz einer Pflanzenspezies beteiligt sind, erscheinen auch die Ansprüche jeder Spezies an die Bodenlösung verschieden. Bei Pflanzen z. B., die zur Herstellung ihrer Substanz viel Kali oder viel Stickstofi' verlangen, wird der Wurzel eine hochprozentige Lösung dieser Stoffe notwendig sein. Die Pflanzen sterben nicht, wenn ihnen die gewünschte, hohe Konzentration nicht geboten wird, aber sie ändern ihren Wachstumsmodus; sie beanspruchen dann, wie früher gezeigt. worden ist, viel mehr Wasser, gleichsam als ob sie bestrebt wären, durch vermehrte Aufnahme der verdünnten Lösung das nötige Quantum eines bestimmten Nährstoffs dennoch herbeizuschaflen. Trotz des vielen Wassers und der sonst gebotenen Stofi^e ist die Gesamtproduktion eine ärmliche. Ein gleicher Wachstumsstillstand zeigt sich, wenn die Pflanzen in eine zu hoch konzentrierte Bodenlösung gebracht werden. Die Wasseraufnahme ist relativ gering, die Aschenmenge aber grofs und die Produktion an Trockensubstanz eine kleine. Es kommt dann der Überschufs wohl zur Aufnahme , aber nicht zur Verwendung ; die Mineralsubstanzen werden einfach im Pflanzenkörper abgelagert und sind teilweise wieder mit Wasser auslaugbar. Bei Wasserkulturen mit hohen NährstofFkonzentrationen kann man bisweilen wahrnehmen, dafs die kurzen, knorrigen Wurzelhaare mit kristallinischen Blättchen bedeckt sind. So kann beispielsweise Salpeteranhäufung in der Pflanze statt- finden, wenn übermäfsig mit Kalisalpeter gedüngt wird. Für die dabei stattfindenden Vorgänge gibt Emmerling^) durch seine Versuche eine ^) A. Emmeki.ing, Beiträge zur Kenntnis der chemischen Vorgänge in der Pflanze. Landwirtsch. Versuchsstationen, Bd. XXX, Heft 2, 1884, S. 109. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 361 sehi' acceptable Erklärung. Er zeigt nämlich , dals grade so . wie bei der Verwendung von salpetersaurem Kalk auch das Kaliumnitrat durch Oxalsäure selbst in sehr verdümiten Lösungen derartig zersetzt wird, dafs oxalsaures Kali und freie Salpetersäure entstehen , wälu-end Oxal- säure den kohlensauren Kalk nicht stark angreift, da sie denselben mit einer undiu'chdringlichen, dünnen Schicht von Calciumoxalat überzieht, "Wenn nun im Verhältnis zur Quantität der Säure, die eine Pflanzen- spezies zu bilden vermag, sich sehr viel Salpeter im Boden findet, so wird derselbe zwar aufgenommen, aber nur im Verhältnis der vor- handenen Oxalsäure zersetzt werden und die freie Salpetersäure zur Bildung der Eiweifsstoffe Verwendung finden : der übrige Salpeter häuft sich unzerlegt in der Pflanze an. Für unsere Kulturpflanzen gilt sicher das Gesetz, dafs sie alle das- selbe Nährmaterial beanspruchen, aber in verschiedener Konzentration, und dafs auch ihre Fähigkeit, Anhäufungen einzelner Stotfe zu ertragen, ausschlaggebend für das Gelingen der Kulturen ist. Dabei ist nicht zu vergessen , dafs weder die absolute Menge eines Nährstoffes , welche überhaupt schadlos ertragen werden kann, noch auch diejenige Quantität eines Nährstofies, welche sich als die für die Produktion beste (optimale) erweist, für eine bestimmte Pflanze absoliit feststehende Gröfsen dar- stellen. Vielmehr ist anzunehmen , dafs je nach der Kombination , in welcher die übrigen Vegetationsbedingungen augenblicklich vorhanden sind, das Bedürfnis nach einem bestimmten Nährstoff sich beständig ändert. Daher gibt es immer nur relative Optima und M a X i m a f ü r j e d e n V e g e t a t i o n s f a k t o r. Je nach d er augenblick- lichen Kombination der Vegetationsfaktoren ändert sich der Produktions- modus und das Produkt , nämlich der Pflanzenleib : daher ergibt die morphologische, anatomische und chemische Analyse für jedes Individuum andere Werte. Jede Konzentrationsänderung in demselben Nähi'stoffgemisch ändert schon den Wachstumsmodus und spricht sich unter Umständen direkt im Verhalten der Wurzelhärchen aus, wie Stieler ^) angibt. Bei den noch im Wachstum begritfenen Wui'zelhärchen sah er bei jedem Wechsel der Lösung eine Veränderung (Verstärkung) der Membran an der Kupjje der Wurzelhärchen-, unter Umständen kann sogar Wachstumsstillstand eintreten. In wässerigen Lösungen der Elektrolyte bilden bei manchen Pflanzen die Wurzelhärchen blasenartige, unregelmäfsige Erweiterungen, ja sie können selbst an der Kuppe oder (selten) an der Seite zerplatzen. Die Nichtelektrolyte üben nur dann einen schädlichen Einflufs aus, wenn sie giftig wirken oder in zu hoher Konzentration vorhanden sind, wobei Plasmolyse eintritt. Besonders beachtenswert ist die Beobachtung, dafs konzentrierte Magnesium verbin düngen sich direkt giftig erweisen können , was bei anderen Nährsalzen selbst bei hoher Kon- zentration nicht wahrzunehmen war. Es finden durch diese Untersuchungen meine eigenen Beobachtungen eine Bestätigung, dafs bei hochkonzentrierter Nährst oflflösung „knorrige oder aiTfgeblasene" Wurzelhaare auftreten und diese somit ein Symptom dafür bilden, dafs die Pflanze mit Schwierigkeiten bei der Nahrungs- aufnahme zu kämpfen hat. Betreffs der Getreidearten weisen die Versuche darauf hin, dafs ') SriELEE, G., Über das Verhalten der Wurzelhärchen gegen Lösungen. Dissertation. Kiel 1903. cit. Bot. Centralbl. v. Lotsy 1904, Xr. 47, S. 541. 362 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. z. B. Hafer schon cliu-ch Nährstotfmengen leiden kann, die für "Weizen erst eine volle Produktion zulassen. Daher versagt manchmal der Hafer auf Parzellen , die allmählich in zu hohen Düngungszustand ge- langt sind. Die Messungen der Transpirationsgröi'se zeigten, dafs die Pflanze zur Produktion von 1 g Trockensubstanz in konzentrierteren Lösmigen weniger Wasser als in sein- verdünnten braucht. Daraus er- gibt sich , dai's bis zu einem bestimmten Grade die Düngung eine Wasserersparnis bedeutet ^). Entsprechend der erwähnten Veränderung der Wurzelhaare ändern sich durch die Konzentration alhnählich auch der Bau und die Menge des ganzen Wurzelapparates. Sehr bezeichnend sind dafüi' die Ver- suche von Schwarz-) mit Kiefern. Es zeigte sich auch bei dem Nadel- holz eine bei anderen Pflanzen schon früher festgestellte allmähliche Abnahme des Wurzelumfangs bei Steigerung des Salzgehaltes im Boden. Damit verschiebt sich das Verhältnis zwischen oberirdischer und unterirdischer Achse. Während im ungedüngten Sande das Gewicht des Wurzelsystems der Kiefernsämlinge gröfser als das der oberirdischen Teile war, betrag bei reichlicher Nährsalzzufuhr das Gewicht des Wurzelkörpers nur ein Fünftel von dem der oberirdischen Achse. Selbst bei den Kohlgewächsen, die man durch die Kultur allmäh- lich zur Verwertung der höchst zulässigen Konzentrationen gewöhnt hat, findet schliefslich eine Überfütterung und damit ein Rückgang der Produktion statt. So erwiesen sich die Kohlrabipflanzen besonders empfindlich gegen starke Phosphorgaben, während sie hohe Stickstoff- und Kalidüngung neben der entsprechenden Kalkgabe geradezu haben müssen ^ ). Veränderungen der Wiesen. Die Methode , saure und sandige Wiesen durch Düngung zu ver- bessern, beruht im wesentlichen auf einer Erhöhung der Nährstoff- konzentration. Es fliehen dann die sauren Gräser oder die des sterilen Bodens, die nur schwach konzentrierte Lösungen vertragen, und es siedeln sich unsere guten Futtergräser mit höherem Nälu-stofi'bedürfnis und reicherer Produktion an Trockensubstanz an. Sehr instruktive Versuche über permanente Wiesen liegen von Lawes und Gilbert *) vor. Wir entnehmen daraus nm^ ein Beispiel, um zu zeigen, wie die einzelnen Grasspezies in denjenigen Nährlösungen , von denen sie eine höhere Konzentration vertragen, allmählich an Übergewicht gewinnen. Es fand sich bei nachstehenden Düngungen folgender Prozentsatz der einzelnen Grasarten bei lUU Pflanzen Heu (s. die Tabelle auf folgender Seite). Aus der umstehenden Gräsertabelle sehen wir, wie die auf sterilem Sandboden schnell sich ausbreitende Festuca dliriuscula verschwindet, wenn die Konzentration der Stickstofflösung und gleichzeitig die der Mineralsubstanzen zunimmt. Dasselbe Verhalten zeigen Ayrosiis ruhfaris und Änthoxantlmni odordtuni , während umgekehrt die Mastpflanzen ') SoKAUER, P., Über Mifsernten bei Hafer. Österr. Landwirtsch. Wochenblatt Nr. 2;B. 1888. 2) Schwarz, F., Über den Einflufs des Wasser- und Nährstoffgehaltes des Sand- bodens auf die Wurzelentwicklung von Pinus silvestris im ersten Jahre. Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen. Januar 1892. ') Otto, R., Vegetationsversuche mit Kohlrabi etc. Gartenflora 1902. S. 393. *) Nach „Journal of the Royal Agric. Soc. of England" und „Proceedings of the Eoval Hort. Soc. 1870", cit. in Biedermann's Centralbl. 1876, II, S. 405. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 363 iüD " W , ^i^ ^^-i^ Stallmist Bezeichnung der |l gis sfe T^% "^ 9 3 ' mit Am- Grasarten g-Sli 2 - - 2 SS 5 allein nioniak- düngung Festuca duriuscula . 13,04 21,42 12,00 2,98 0,79 0,22 1 0,19 Agrostis vulgaris . 8,62 21,29 2,76 11,55 9,15 1,38 0,78 Lolium perenne . . 8,62 3,39 3,03 11,89 8,60 2,59 2,73 Holcus lanatus . . 4,97 9,68 4,86 11,06 8,82 2,17 2,01 Dactylis glomerata . 1,76 2,27 2,79 5,04 23,58 4,85 16,86 Poa trivialis . . . 1,50 1,61 5,77 12,00 15,47 27,43 29,34 Bromus mollis . . 0,08 0,15 0,63 2 21 0,93 9,64 12,53 Anthoxanthum odo- 1 ratum 3,29 2,41 0,80 0,49 0,10 0,19 0,06 unserer Rieselwiesen, Dactylis glomerata und Poa trivial is, in den 5 Versuchsjahren, deren Ergebnis die Tabelle darstellt, sich immer reicli- licher auf' den stark mit Stickstoff gedüngten Parzellen ansiedeln und die anderen verdrängen. Das Gras der Dorfstrafsen, Bron/ns niolJis, be- teiligt sich in hohen Prozentsätzen niu' dort, wo Stallmistdüngung statt- gefunden hat, während Lolium perenne und Holcus lanatus zwar überall vorkommen , aber da , wo reiche Stallmistdüngung ist , nur wenig sich ausbreiten. Von den übrigen, interessanten Beobachtungen der Verfasser mag noch angeführt werden, dafs die Wiesenparzelle, welche ungedüngt ge- blieben war, eine gi'ofse Mannigfaltigkeit in den darauf vegetierenden Familien und Arten zeigte. Das Gras war kurz, stengellos und bei der Schnittperiode verhältnismäfsig sehr grün. Bei Mineraldünger gewinnen die Leguminosen die Oberhand; bei den Gramineen, die übrigens nicht eine besonders vorherrschende Gattung erkennen lassen, ist die Neigung zur Blütenentwicklung mehr ausgesprochen als im ungedüngten Lande. Umgekolu't schliefsen die ohne andere Beidüngung verabreichten Ammonsalze die LegTiminosen fast gänzlich aus und die Gramineen werden herrschender, Festuca und Agrostis erreichen ihren höchsten Prozentsatz: üppig gedeihen Rume.r, Caruin und Achillea. Wenn Chilisalpeter allein angewendet wurde , zeigte sich im all- gemeinen derselbe Eifekt wie bei den Ammonsalzen; indes war bei den Gräsern besonders Alopecurus pratensis vorherrschend ; auch machte sich eine überwiegende Neigung zur Blattproduktion gegenüber der Entwicklung der Blütenstengel bemerklich. Neben den sich etwas besser entwickelnden Leguminosen fand sich eine üppige Entfaltung der wenig nützlichen Flantago, Centaurea, Pumunculus und Taraxacunt. Die höchsten Erträge mid beste Entwicklung der Gräser sah man bei Stallmist mit stickstoffhaltigem Beidünger. Die Leguminosen und andere Pflanzen wurden von den leichter als bei alleiniger Stick- stoffzufuhr reifenden Gräsern überwuchert und verschwanden. Der Stalldünger allein , der auch eine beträchtliche Ernte lieferte , bei der namentlich Bromus mollis und Poa trivialis. weniger aber die Schmetter- lingsblütler sich beteiligten, liefs an Feinlieit und Gleichartigkeit des Heues zu wünschen übriff. ') Unter Mineraldüngung verstehen d. Verf eine Mischung von Superphosphat lit schwefelsaurem Kali, schwefelsaurem Natron und schwefelsaurer Magnesia. 3(34 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. AVenn moosige Wiesen in Kultur genommen werden, so findet sich, dafs das Moos eben gar keine konzentrierten Nährstoii'lösungen verträgt oder mindestens keine hohe Konzentration einzelner noch näher zu erforschender Nährsalze. Daraus erklärt sich das Verschwinden des Mooses von Wiesen nach KalidüngTing. Dasselbe Verhältnis wird für den Schachtelhahn Gültigkeit haben, welcher nach Chlorcalciumlösung unbedingt verschwinden soll und deshalb gegen hohe Kalkkonzentration besonders empfindlich zu sein scheint. Der extremen Ausmagerung der Wiese, die sich durch die Moos- vegetation ankündigt, steht die übermächtige Grasentwicklung an den sog. Geilstellen gegenüber. Es tritt durch das Harnlassen der Tiere eine vorzugsweise reiche StickstofPdüngung ein, und dieselbe macht sich durch üppigere Laubentfaltung geltend. Die Pflanzen hatten nach WeiskeV) nahezu doppelt so viel Proteinsubstanzen, aber etwa ^U weniger von stickstofffreien Stoflen als die daneben stehenden, nicht über- düngten Pflanzen. Demgemäfs fanden sich in der Asche der ersteren mehr Alkalien, Magnesia und Schwefelsäure. Die Pflanzen solcher Geilstellen bleiben trotz ihres gröfseren Volumens in einem zu jugend- lichen Zustande und würden bei gi^ofser Ausdehnung solcher über- düngter Stellen mehr Schaden als Nutzen gewähren. Darin gleichen sie dem Bestände der Rieselwiesen. Rieselfelder. Die Ausdehnung der Rieselfeldwirtschaft in der Nähe grofser Städte erfordert, dafs wir die bei diesem Betriebe unvermeidlichen Schädigungen speziell besprechen. Ehrenberg ^) hat kürzlich seine Er- fahrungen betreffs der Berliner Rieselfelder mitgeteilt. Abgesehen von der durch schnell sich wiederholenden Anbau der Kohlarten hochgradig gesteigerten Entwicklung der Flasmodiophora Brassicae finden sich auch Tierschäden ungemein begünstigt. Am meisten trat die aufsergewöhnliche Vermehrung von Süpha nirata hervor, wo- durch grofse Rübenflächen vollständig zerstört worden sind. Der Schädling findet in den faulenden organischen Stoffen der Spüljauche überreichliche Nahrung und in den Dämmen und Kanälen willkommene Schlupfwinkel gegen Kälte und Feinde. Der grofse Nährstoffvorrat zieht auch die Krähen aus weiter Umgebung nach den Rieselfeldern, deren Saatgut wie z. B. Mais und Weizen reihenweis ausgewühlt wird. Eine fernere Plage bilden die Ratten. Zu diesen pflanzlichen und tierischen Schädigern gesellt sich der Wind, der hier verderblicher als auf anderem Ackerlande wirkt. Auf den Berliner Rieselfeldern wurde eine gTofse Anzahl völlig be- laubter Obstbäume trotz ihrer starken Baumpfähle umgeworfen, weil die durchnäfste Erde den ohnehin nicht tiefgehenden Wurzeln zu wenig Halt gewährte. Beobachtet wurde dieser Fall besonders dann, wenn ein Feldstück mit den umgebenden Obstbaumalleen durch Spüljauche überschwemmt wurde. Bei den Berieselungen während der Vegetationszeit bemerkte man bei den herangewachsenen Exemplaren von Zucker- und Futterrüben sowie von Mohrrüben und ähnlichen Wurzelgewächsen, dafs dieselben ^) Annalen d. Landwirtsch. 1871. Wochenblatt, S. 310. ^) Ehrenberg, Paul, Einige Beobachtungen über Pflanzenbeschädigungen durch Spül Jauchenberieselung. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1906. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 3(55 es nicht vertragen, wenn die Spüljauche einige Zeit am Wurzelhalse steht. Es trat nach wenigen Stunden ein Welken der Blätter und gegen Abend sogar ein Erschlafien der Blattstiele ein. Halm- früchte , Gras , Hülsenfrüchte und andere Gewächse ohne fleischigen Wui'zelkörper zeigten die Erscheinung nicht. AVahrscheinlich handelt es sich hier um ein physiologisches Welken , indem der bei jeder fleischigen Wurzel spärliche Wurzelfaserapparat aus der hoch- konzentrierten Bodenlösung nicht imstande ist, genügend Wasser loszureifsen , um den Verdimstungsverlust zu decken. Wenn durch die Absorption der Erde die Bodenlösung an Konzentration verlor, verschwand das Welken wiederum. Zm' Vermeidung dieses Übelstandes wird der Anbau auf meter- breiten Dämmen vorgenommen, oder man häufelt die Rüben mit fort- schreitender Entwicklung an und rieselt in den dadurch entstandenen Furchen. Auf die Veränderung des Graswuchses ist schon an anderer Stelle aufmerksam gemacht worden. Auf den Berliner Rieselleldern handelt es sich vorzugsweise um Loh'um italicum, das namentlich bei Winter- beriesehmg vielfach gänzlich auswintert. Die Weichheit des Grases, die sich schon durch das leichte Faulen anzeigt, wird vorzugsweise auch durch den S tickst off üb erschuf s bedingt. Im Diurchschnitt der Jahre 1900—1902 erhielt der Hektar Berliner Rieselland 800 — 1200 kg N \). Trotz der sehi' geringen Aussaatmengen und des weiten Standes neigen die mastigen Getreide - pflanzen ungemein ziu- Lagerung. Die Vorgänge, die sich bei dem Lagern abspielen, habe ich Gelegenheit gehabt, bei Hafer von Berliner Rieselfeldern zu studieren ^). Es ist dabei eine eigenartige Zermürbung des Blattgewebes infolge von Bakterienarbeit auffällig. Betretis des Verhaltens junger Saat bei Überdüngimg beobachtete ich bei Gerste, dafs, gegenüber den normal ernährten Pflanzen, die überdüngten dunkler grün wurden, aber im Wachstum zurückblieben. Dann bekamen die Blattspitzen graugelbe Flecke und verfärbten sich schliefslich gänzlich gTau, wobei eine Anzahl der Sämlinge umknickte. Bald nach dem Umknicken begann der oberhalb der Knickstelle befindüche Teil zu vertrocknen. AVährend aber normal vertrocknende Pflanzen schliefslich eine Strohfarbe annehmen, war dies hier nur bei den unteren Blättern der Fall; die oberen vertrockneten in heugTÜner Färbung. Wichtig ist dabei auch die Erkrankung der Gefäfsbündel imd die grofse Neigung der Pflanzen zur Verpilzung^j. Aufser der bekannten Verzögerung der Reife des Getreides auf Rieselfeldern erwähnt Ehkenberg auch das Mifsverhältnis zwischen Stroh- und Kömerernte. Bei berieseltem Hafer war das Verhältnis von Korn zu Stroh wie 1 : 3,83, bei unberieseltem wie 1 : 2,88. Solche „Strohwüchsigke it" stellt sich allmählich als typische Eigenschaft heraus ; denn es ergaben sieben neu bezogene Gerstensorten ein Verhältnis von Korn zu Stroh im Durchschnitt 1:1,75, wälu'end die auf den Rieselfeldern seit langer Zeit angebaute Sorte 1 : 2,88 zeigte, Weizen und Roggen verhielten sich ähnlich. Welche Reifeverzögerung in ^) Backhaus, Landwirtschaf tl. Versuche auf den Rieselgütern der Stadt Berlin im Jahre 1904. *) SuKAUKu, P., Beitrag zur anatomischen Analyse rauchbeschädigter Pflanzen. Landw. Jahrbücher von Thiel. 1904, S. 593. ') a. a. 0. S. 646. 366 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. extremen Fällen eintreten kann, fand man bei Rotem Gebirgsweizen, der am 19. April ausgesät worden war und auf dem berieselten Felde am 18. September, auf dem unberieselten am 24. August reif war; es ergab sich also ein Unterschied von 20 Tagen. Dafs die Chlorverbindungen auf den Stärkegehalt der Kartoffeln mid auch anderweitig nachteilig einwirken, findet sich an anderer Stelle erwähnt. Als die bedeutsamste Schädigimg auf den Rieselfeldern ist die „Ver schlic kung" zu bezeichnen. Die Spüljauche enthält neben den grofsen Mengen von Kochsalz und anderen Salzen sehi' viel organische Substanz, besonders Papierreste, Kaöeesatz und dergl. Im Durchschnitt ergaben sechs Untersuchungen der Berliner Spüljauche im Jaln-e 1902: Organische Substanz . . 0,080 ^/o, Kali 0,006 0/0, Natron 0,022^/0, Schwefelsäure .... 0,006%, Chlor 0,020"/«. Die Papierreste mit der organischen Substanz trocknen auf den Feldern zu zähen, dünnen Fladen zusammen, welche wegen ihres Fett- gehaltes sich nur schwer zersetzen, und mit den Salzen und organischen Stoifen durchtränkt, den Schlick darstellen, der bodenverschlechternd wirkt. Der hohe Gehalt an Salzen wird durch Basenaustausch leicht ein Auswaschen des Kalkes verursachen. Dafs auf verschlickten Rieselfeldern tatsächlich Kalk in die Tiefe wandert, bestätigen die Analysen^). Es betrug der Kalkgehalt in Oberkrume Untergrund bei normalem Boden 0,153% 0,031^/0, bei gleichem aber verschlicktem Boden . 0,122 ''/o 0,048 ''/o. Kalkzufuhr ist also bei verschlicktem Boden erwünscht, da er physi- kalisch verbessernd wirkt. Die Beseitigung der erwähnten pai^ierartigen Fladen, durch welche junge Pflanzen, namentlich die Grassaat, ersticken können, wird man zunächst durch Aufeggen, Zerreifsen und Fortschaffen der Fetzen in Angriff zu nehmen haben. Trotzdem kommen bei der Ackerbestellung reichliche Mengen in die Erde und üben dort einen schädigenden Ein- flufs aus. Die Anreicherung an organischer Substanz durch den Schlick läfst sich aus dem Glühverlust erkennen. Normaler Boden enthielt in der Krume. 1,994%, der gleiche Boden verschlickt .... 2,418 "/o. Vegetationsversuche in Töpfen erwiesen, dafs die Schlickbeigabe stets hemmend auf das Wachstum wirkte und eine Zufuhr von Ätzkalk die Wachstumsverzögerung nicht zu beseitigen vermochte. Die Hemmung in der Entwicklung bestand nicht in dem Auftreten positiver Krankheits- symptome , sondern nur in verspätetem Aufgang des Samens und all- gemeiner Depression des Wachstums. Die Erklärung der Erscheinung ist auf physikalischem Gebiete zu suchen. Die durch ihre festverklebten ') Backhaus a. a. 0. S. 69 n. 114. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pfhin/.en 367 Bestandteile und ihren Fettgehalt für Wasser und Luft sehr undurch- lässigen Schliekstüeke hemmen die Wurzeln in ihrer Ausbreitung und bilden grofse Hindernisse für das herabsinkende und aufsteigende Wasser. Die Schorfkrankheiten. Von den vielen Krankheits- formen, in deren Ursachen wir noch keinen genügenden Einblick haben, reihen wir die Schorfe hier unter die Überschui'ski-ankheiten ein. Der Grund dafür ist die vielseitig ge- machte Waimiehmung , dafs nach Zufuhr von Stoffen, welche die Alkalität eines Bodens zu vermehren vermögen, die Schorf- erscheinmigen in reichlicherem ]\lafse aufzutreten pflegen. Bei dem Schorf oder der „Räude" bilden sich vorzugsweise flach ausgebreitete, borkig zerklüf- tete , korkfarbige Stellen auf den fleischigen . miter- irdischen , rüben- oder knollenartigen Reservestoif- behältern. Solange eine solche borken- artige Zerklüftung oberflächlich bleibt, spricht man von Oberflächen- schorf. Erfolgt da- gegen eine schnelle ^ Vertiefung der Wundstellen, so dafs dieselben zu Gruben Fig. 52 oder Löchern wer- den, bezeichnet man die Erkrankung als Tiefschorf, bei •dem in gewissen Fällen warzenartige Wucherimgen die Wundfläche verändern können unterschieden worden. Aufser Zucker- und Futterrunkeln leiden am häufigsten die Kartoftehi, zeitweise die Rübenkörper der Umbelliferen , wie Sellerie . Mohr- rübe. Petersilie usw., seltener die Rübenkörper der Kohlgewächse. Das Tiefschorfkranke Rübe von der stärkst erkrankten Seite der Wurzelrillen gesehen. Fi?. .1: <' und f die terrassenartig vortretenden Gefälsbündelringe; !j Gewebelücken mit zunderisen Rändern; k knollige Parenchj-m- wucherungen am Rübenkopfe, die als Überwallungsgewebe der Schorf- wunde zu deuten sind; ,s flache Schorfanfänge, die an der Wurzelrille ^\' abwärts sich ziehen; »• auf serster Rand der .Schorfmulde; /^ tiefste .Stelle derselben. Fig. B: Rübenquerschnitt in der Nähe des Tiefschorfzentrums c; die vom Schorf zerstörten Gefäfsbündelringe<, <' und <" treten terrassen- artig von der tiefsten Wundstelle aus zurück; / zeigt die schwache Ausbildung der äufsersten Gefäfsringe. lOrig.) Letzterer Fall ist als .,B u c k e 1 s c h o r f " 368 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Charakteristische ist die Zerstörung von Korklagen, die sich aus den dariuiterheoenden Geweben längere Zeit hindurch immer wieder ergänzen. Um sich eine Vorstellung von der schwersten Schädigiingsform der Schorfkrankheit machen zu können, geben wir die Abbildung einer Zuckerrübe, die an „gezontem Tiefschorf" oder „Gürtelschorf" leidet (Fig. 52). Die Rübe hat am Kopfende eine Dicke von 7 — 8 cm, ist aber nur oben kreisrund, zeigt dagegen an den beiden Seiten, welche die Wiu'zebeihen tragen, eine beträchtliche Abüachmig, welche sich nach dem Schw^anzende hin wieder verliert. Die abgeflachten Seiten sind muldenartig vertieft , und das Zentrum der Mulde ist etwa 6 cm von der Schnittfläche am Rübenkopfe entfernt. Die Oberfläche der Mulde ist dadurch wellig, dafs über einem tiefstliegenden Zentrum sich die einzelnen Ringe des Rübenkörpers , terrassenartig nach aufsen an- steigend, in mehr oder weniger deutlich hervortretenden Zonen erheben. Die Beschaffenheit des Gewebes der Muldenränder ist zunderig- schorfig, d. h. zerklüftet, und die Klüfte von röhrenartigen Gängen durchsetzt, welche einen faserigen Zerfall der Substanz einleiten. Die Auskleidung der gangartigen Klüfte besteht aus braunen , verkorkten, zackenartig vorspringenden Geweberesten, deren Oberfläche einen eigen- artig körnigen Zerfall erkennen läfst. Trotz des tiefgehenden Zerfalls an der Schorfstelle sehen wir, dais der Rübenkörper seine Reaktions- fähigkeit behält; denn die Ränder der einzelnen Gefäfsbündelringe wölben sich nach der Verletzung durch Neubildung von Zellen wall- artig vor. Dafs der Rübenkörper an den schorfigen Stellen schon vorher eine "Wachstumshemmung erlitten haben dürfte , geht daraus hervor , dafs an der beschädigten sowohl wie an der gegenüberliegenden Rübenseite die einzelnen Geweberinge schmaler als an den anderen Rübenseiten sind. Bei Behandlung von Querschnitten der erkrankten Stellen mit Schwefel- säure sieht man, dafs unterhalb der braunen, spröden, allmählich zer- fallenden Gewebelagen, die verkorkt sind, im anscheinend gesunden Rübenfleisch die Intercellularsub stanz einen gelblichen, weinroten bis leuchtend karmim^oten Farbenton annimmt. Manchmal erscheinen auch einzelne Gefäfsgruppen mit festen Ballen oder Pfropfen versehen, welche dieselbe Färbung mit Schwefelsäure annehmen. Die Inter- cellularsubstanz erweist sich später gelockert und beginnt schliefslich, kömig- schleimig zu zerfaMen. Dem blofsen Auge erscheint der ganze Vorgang als ein trockener Zersetzungsprozefs. Wie erwähnt, ist diese Schorfform, welche so tief in das Fleisch des Rübenkörpers eindringt, die seltenere ; meist finden wir viel flachere borkige Zerklüftungsstellen, die in kreisförmigen Herden auftreten und vielfach erkennen lassen, dafs sie in einer ziemlich frühen Entwicklungs- phase der Rübe aufgetreten sind und später an Ausbreitmig nach- gelassen haben. Bemerkenswert ist, dal 's bei dem gezonten Tiefschorf nicht der Kopf der Rübe angegriffen erscheint, sondern die Erkrankung erst in gewisser Entfernung von demselben innerhalb des Bodens sichtbar wird. Bei tiefgeflanzten Rüben findet man manchmal Schorfanfange an den Blattstielbasen. Ganz ähnliche Erscheinungen bemerkt man auch bei den Kartoffeln, Mohrrüben usw. Bei der Kartoffel ist der Ausgang der Schorf bildung von den Lenticellen aus beobachtet worden, und es ist unschw^er ersichtlich , wie leicht schädigende Einflüsse einen Angriff's- punkt finden, wenn wir eine solche Lenticelle betrachten. Hier sehen wir unter der aus tafelförmigen Korkzellen aufgebauten Schale k (in 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 3(39 untenstehender Fig. 53) die ersten Anfange der Lenticellenbildung unterhalb der Spaltöffnungen in Form unregelmälsiger , inhaltsarmer Zellen (a). Indem diese Zellenbildung immer weiter rückwärts greift und die zuerst gebildeten Zellen Wasser aufnehmen, quellen und da- durch die Korkrinde sprengen, entsteht die nun zm' Schorf bildung Veranlassung gebende Lenticelle , aus welcher die sich lockernden Füllzellen (f) in Form eines weifslichen, feuchten Mehles hervortreten. Diese Zellen vermodern; der Vermoderungsprozefs greift weiter nach imien und die dichtgedrängten, noch zusammenhaftenden Reihen der jugendlichen Füllzellen (v) sind immer tiefer im Innern des Fleisches zu suchen, wo fortgesetzt die Stärke {st) aus dem die FüUzeUen um- gebenden Gewebe verschwindet. Ganz ähnliche Vorgänge spielen sich unter dem Einfluls anhaltender Feuchtigkeit auch bei anderen imter- irdischen Pflanzenteilen ab. Der bisher schützend wirkende Korkmantel erfährt somit eine gefährliche Lockerung. Fig. 53. Lenticellenbildung an der Kartoffelschale. (Orig.) Die Schorfki'ankheit ist neuerdings als eine parasitäre aufgefafst und meist als eine bakteriöse Erscheinung beschrieben worden. Sie findet sich daher bereits im zweiten Bande unseres Handbuchs ab- gehandelt (s. ßübenschorf S. 4G und Kartoffelschorf S. 75). Aber es ist dort schon hervorgehoben worden, dafs als Ursache recht ver- schiedene Organismen angegeben werden. Teils sind es Bakterien, teils Mycelpilze. Einerseits wird erwähnt, dafs die gefundenen Organis- men als "Wundparasiten zu betrachten seien, welche die unverletzte Korkhaut nicht anzugreifen vermögen (Krüger), andererseits Hegen ge- hmgene Impfversuche vor, welche unter besonderen Umständen an jugendhchen Organen ausgeführt worden sind (Bolley). Dazu kommt, dafs eine grofse Reihe praktischer Erfalu'ungen unbedingt feststellt, dafs, wie erwälmt, gewisse Substanzen, dem Acker einverleibt, schorf- begünstigend wirken. Daraus ergibt sich, dafs der Verlauf des Schorfes wohl an parasitäre Organismen gebunden sein kann, ohne dafs diese Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 24 370 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. aber spezifische Schorforganismeii wären. Viel wahrsclieiiilicher ist es, dafs in den Rübenböden meist vorhandene saprophyte Arten durch bestimmte Änderungen der Bodenbeschaffenheit den geschwächten, alten oder zarten jugendlichen Rübenkörper anzugreifen imstande sind. Dais der Rübenkörper zur Zeit der Schorfkrankheit schon eine Hemmung erfahren hat, zeig-t der Umstand, dafs die gesunden Gefäfsbündelringe dort, wo der Schorf einsetzt, schmaler sind, also ihr Dickenwachstum beschränkter gewesen ist. Gestützt auf die BoLLEY'schen Impfversuche ^ ), welche den Rüben- und Kartoffelschorf auf gleiche Ursachen zurüclcfülu-en , wenden wir uns der Hauptfrage zu, welche Umstände als schorf begünstigend oder -veranlassend durch die praktische Erfahrung festgestellt worden sind. Ganz bekannt ist unter Landwirten, dafs das Mergeln des Ackers die häufigste Veranlassung zum Schorfigwerden der Kartoffeln darstellt. Besonders soll es der gelbe Mergel sein, welcher Eisenoxyduloxyd enthält, Frank ^) hat betreffs dieser Frage dii^ekte Kulturversiiche an- gestellt. Auf unsterilisiertem Boden entstand Schorf und unterblieb auf sterilisiertem, auch wenn demselben Lehmmergel zugesetzt worden war. Erfahrungsgemäfs wirken ferner als schorfbegünstigend Rasen- eisenstein, Strafsenkehricht , Kloakenkot, frischer tierischer Dung, Jauche und Chilisalpeter, so dafs man zu der Vermutung gedrängt wird, die alkalische Reaktion sei die hauptsächlichste Ursache der Begünstigung der Schorforganismen. Zu diesem Schlufs kommt auch BuLLEY**), dessen Versuche ergeben, dafs seine Schorf bakterien sich am schnellsten auf neutralem oder basischem Nährboden ent- wickeln. Dafs die Nässe fördernd wirkt, haben Frank's vergleichende A^ersuche erwiesen, und Bolley hebt hervor, dafs leichte sandige Böden in der Regel glatte Knollen liefern. Frank's Resultate scheinen der Erfahrung zu widersprechen, dafs man in heifsen, trockenen Jahren stellenweise viel Schorf finden kann. Die Widersprüche lösen sich, wenn man die Untersuchungen von Thaxter*) herbeizieht, der für Tief- und Flachschorfformen verschiedene Organismen miterscheidet und hervorhebt, dafs für den von ihm kulti- vierten Organismus neutrale Reaktion am förderlichsten, leichte Alkalität aber wie leichte Ansäuerung verzögernd zu wirken scheinen. Bei seinen Versuchen wurden junge Knollen an jeder Stelle, ältere noch mit Erfolg an Wundstellen und namentlich Lenticellen angegriffen, während an- nähernd reife Knollen gänzlich versagten. Die Schorforganismen erscheinen also in ihren Ansprüchen nicht übereinstimmend. Nur das ist ihnen gemeinsam, dafs sie die Lenti- cellen bevorzugen; aufserdem sind die jugendlichen Organe mit zarter Korkbekleidung und bei Rüben die Stellen, wo die Würzelchen ent- springen, besonders geeignet zu Angriffspunkten für die Mikroorganismen. Diese Stellen werden aber wesentlich gelockert durch nassen Boden, und daher wird die Behauptung erklärt, dafs Nässe die Schorf- erkrankung begünstigen kann. Aber nasse , schwere Böden sind auch der Durchlüftung schwer zugänglich, und wenn sich im Boden Sub- 1) Bolley, H. L. , A disease of beets, identical with Deep Scab of potatoes. Gov. Agric. Exp Stat f. North Dakota. Bvül 4, 1891. -) Kampfbuch gegen die Schädlinge unserer Feldfrüchte. 1897, S. 177. ■) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1901, S. 4:1 "*) TiiAxiEK, Roi.ANi), The Potato Scab. Fourtheenth Annual Report of the Connecticut Agric. Exp. Stat. 1890. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 371 stanzen befinden, welche bedeutende Saiierstoö'mengen beanspruchen, so nehmen sie, wenn derselbe von aul'sen her dem Boden nicht ge- nügend zugeführt wird, ihn von der lebendigen Pfianzensubstanz. Als solche stark Sauerstofi' beanspruchende Massen müssen die Abfallstoffe, Kloakeninhalt, tierischer Dung, Eisenoxydulverbindungen usw. angesehen werden. Wir finden Beispiele, dafs em gedüngtes Ackerstück schorfige Kartoffeln brachte , während die ohne Stallduiig gebliebene Umgebung schorft'reie Ernteprodukte lieferte ^). Bei der Zersetzung des Kloakeninhalts und anderer tierischer Abfallstoffe entstehen aber schädliche Schwefelverbindungen im Boden, und diese werden selbstverständlich giftig aiü' den Wurzelapparat, fördernd aber auf gewisse Bakteriengruppen wirken können. Sobald solche Vorgänge sich emstellen, können die Schorf bakterien, die neutralen oder alkalischen Boden bevorzugen, besonders gedeihen. Nun dürften solche Verhältnisse in Tonböden auch bei intensiver Hitze und Trockenheit entstehen ; sie können durch Zufulir von eisen- haltigem Mergel sich bilden, und damit würde sich das Erscheinen und oftmals alljährliche Wiederholen des Schorfes erklären, der nach Mergeln eintreten kann, aber nicht immer sich einstellt. Alle die genannten schorfbegünstigenden Faktoren können in bestimmten Fällen wirklich Schorf hervorbringen und in anderen Fällen nicht. Die gute Wirkung des Kalkes, die bei mehreren Anbauversuchen beobachtet worden ist '), wird sich durch seine flockende Eigenschaft, die er auf schliefige Böden ausübt, erklären lassen. Der Boden wird wärmer, lockerer, der Durchlüftung zug-änglicher und der tierische Dung vor abwegigen Zer- setzungen geschützter. Die leicht dui'chlüftbaren Sandböden, in denen sich hochkonzentrierte Bodenlösungen nicht lange halten köimen, sind meist schorffrei. Also die einzelnen sogenannten schorffördernden Substanzen an sich sind nicht schädlich, sondern erst gewisse Kom- liinationen. die die Bodenzersetzung in ungesunde Bahnen leiten. Zu der hier geäulserten Anschauung sind wir durch eigne Versuche^) geführt worden, welche die Frage beantworten sollten, ob der Schorf sich stets im Acker erhalten und ausbreiten kann. Das Ergebnis war ein negatives. In zwei aufeinanderfolgenden Versuchsjahren waren nämlich nicht nur die von gesundem Saatgut kommenden, sondern auch die von schorfigen Kartoffeln stammenden Knollen mit ganz geringen Ausnahmen gesund. Daraus geht hervor, dafs für die Ausbreitung der Schorfki'ankheit im freien Felde die Beschaffenheit des Saatgutes weniger ausschlaggebend ist und die vielfach empfohlenen Beizverfahren überflüssig sind. Die Bekämpfungsmal'sn ahmen müssen auf eine Änderung der Bodenbeschaffenheit gerichtet sein, namentlich auf Ver- meidung der schorfbegünstigenden Substanzen. Betreffs der oft be- haupteten Schädlichkeit des Kalkes haben meine Versuche ergeben, dafs Knollen, die teilweise direkt mit Kalk in Berührung gebracht worden waren, gänzlich glattschalig und gesund geblieben sind. In neuerer Zeit sind Mittel, welche die saure Reaktion des Bodens er- höhen sollen, in den Handel gebracht werden (z. B. Sulfarini. Im Anschlui's an die Schorfkrankheiten der Wurzelgewächse ') Arb. d. D. Landw.-Ges. Jahresbericlit d. Sonderausschusses f. Pflanzen- schutz 1904. '^1 Kuf(;KK, Fu., Untersuchungen über den Gürtelschorf der Zuckerrüben. Zeit- schrift d Ver. d. Deutsch. Zuckerindustrie. Nov. 1904. 3) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1899, S. 182. 24* 372 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. möcliten wir auf ähnliche, noch nicht studierte Erscheinungen an glatt- rindigen, jungen Bäumen aufmerksam machen. Linden, Ulmen, Eichen usw. zeigen auf gewissen Böden (z. B. bei moorigem Unter- grund), in der Umgebung von Adventivaugen oder -trieben runde, sich vergröfsernde , borkig zerklüftende Rindenstellen. Dieser Rinden- schorf ist in der Umgebung grofser Städte , wo die Bäume häufig Bauschutt und Abfuhrstofife im Untergrunde finden, nicht selten. Eine andere in diese Gruppe zu ziehende Erscheinung bei Gersten- und "Weizensaat ist die „Fleckennekr o se " , d. h. das Auftreten tief dunkelrotbrauner, absterbender Flecke an der Spitze und am Rande der Getreideblätter. Ich habe die Krankheit am intensivsten bisher auf schweren, tonigen oder moorigen Ackern, die dauernd reiche Kalidüngung erhielten und in Flugaschenregionen sich befanden, angetroffen. Die vorschreitende Metaraorphose. Während wir bei den bisher in diesem Abschnitt besprochenen Fällen mekrfach deutlich das Gemeinsame der Erscheinungen darin er- kannt haben, dafs es sich im wesentlichen um den Einflufs von un- zweckmäfsiger Konzentration der Bodenlösung handelt , durch welche der Organismus leidet, wollen wü' jetzt der Fälle gedenken, bei denen die plastischen Baustoffe unzweckmäfsig gesteigert werden. Auch hier braucht nicht immer ein übermäfsiger Vorrat von Nährstoffen im Boden die Veranlassung zu geben , sondern es kann auch durch verschiedene Ursachen nur eine Gleichgewichtsstörung in der Bildungsrichtung des Individuums, eine Veränderung der Verwendung des plastischen organischen Materials eintreten. Beispiele dafür sind diejenigen Erscheinuiigen , welche als vor- schreitende Metamorphose angesprochen werden. Es handelt sich hier um den Übergang von Blattorganen in eine morphologisch höhere Ausbildungsform, Die Teratologie klassifiziert solche Um- bildungen unter den Namen „P e t a 1 o d i e " und „Pistillodie", d. h. in Fälle, bei denen die Deckblätter oder der Kelch blumenblattartig werden oder Teile der Corolla dem Charakter der Staubgefäfse sich nähern oder diese sowie wirklich dem Staubblattkreise angehörige Organe sich in Fruchtblätter umwandehi. Für die Petalodie bieten die Kulturtormen unserer Primeln und Ranunkeln zahlreiche Beispiele. Für die Pistillodie finden wir die schönsten Beläge bei unserem Mohn (Papaver sommferum), der als eine alte Kulturpflanze, ähnlich unsern Kohlgewächsen, in seinem morphologischen Baugesetze schon derart erschüttert ist, dafs er zu Umbildungen seiner Organe sehr leicht neigt. Der interessanteste Fall dürften solche Mohnköpfe sein, die kranzartig an ihrer Basis viele kleine verholzende Anlagen von Köpfchen (in Frucht- blätter übergegangene Staubgefäfse) tragen. Bei gefüllten Knollen- begonien, Tulpen und anderen LiHaceen wurden Exemplare gefunden, bei denen die Staubgefäfse zu Fruchtblättern mit Samenknospen sich umgewandelt hatten. Verwandt damit sind die Erscheinungen der „Zapfen sucht" bei den Nadelhölzern, namentlich den Kiefern, wie nebenstehende Figm^ 54 veranschaulicht. In der Mehrzahl der Fälle stehen die Zapfen am Grunde eines Jahres- triebes dicht gedrängt und bleiben kleiner als normale, liefern aber keim- fähige Samen. Ihre Entstehung an Stelle von männlichen Blüten deutet auf einen lokalen Überschufs an konzentriertem, plastischem Material. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 373 Es spricht dafür ancli eine Be- obachtung von BOKGGKEVE ^j, der nach dem Verpflanzen mehrerer etwa 15 jähriger Fichten in dem Botanischen Garten zu Bonn fand, dafs im folgenden Jahre der Ter- minaltrieb sich in einen weib- lichen Blütenstand umge- wandelt hatte. Wenn der Überschuls an plastischen Baustoffen sich darin betätigt, dafs zwar die einzelnen Blattkreise einer Blüte in iln^er Gestalt erhal- ten bleiben, aber die Achse sich verlängert, sprechen wii' von Auseinanderhebungen (apostasis) der Blüten. Es erscheint dann z. B. der Kelch durch ein langes Inter- nodium von der Blumen- krone und diese von den Staubgefäfsen getrennt, usw. Die vollkommenste Form der Überernährung der Blü- ten tritt uns in den sogen. „Rosenkönigen" ent- gegen, d. h. l)ei solchen Rosen, bei denen aus der Mitte einer Blume eine neue hervorspriefst oder seitlich neue Blumen heraustreten. Wir bezeichnen derartige Fälle als Übersprossung oder Proliferatio. Es entstehen innerhalb einer Blüte oder eines Bluten- standes aufsergewöhnliche Knospen. Solche Knospen können nun bald zu Blüten, bald zu beblätterten Trieben sich entwickeln. Steht eine solche Adventivknospe im Zentrum einer Blume, so dafs dadurch •deren Achse geschlossen und erst durch Entwicklung die- ser Knospe fortgesetzt er- scheint, so nennen wir eine 1) Forstliche Blätter 1880. Bd. 17, S. 245. Fig. 54. Zapfensucht bei Kiefer. (Nach Nohbe.) 374 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. solche Proliferation eine Durchwaclisung (diaphysis). Erscheinen dagegen die Adventivknospen in der Achsel irgend eines Gliedes der Blütenkreise oder der Deckblätter, führt die Bildnngsabweichung den Namen Achs elv er spr os siing (e cb laste sis). Die mittelständigen J% > / ^VIäS^ Fig. 55. Sprossende Birnen. Versprossungen sind häufiger als die achselständigen, was wahrscheinlich mit dem Umstände zusammenhängt, dals alle Triebe, welche die direkte Fortsetzung der aufsteigenden Achse bilden, leichter "Wasser- und Nahrungszufuhr erhalten als die seitlichen Verzweigungen. Hierfür spricht auch das äufserst seltene Vorkommen von Proliferationen bei Blumen, die einzeln in der Achsel von Blättern stehen. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 375 Die Füllung der Blumen bei Compositen besteht bekanntlich häufig darin, dal's die normal röhrenförmigen Scheibenblumen zu leuchtend gefärbten Zungcnblumen werden. Eine Proliferation bei Compositen ist vielfach in der Weise beobachtet worden, dal's an Stelle des einzelnen Blütchens sich vom allgemeinen Blütenboden ein ganzes Köpfchen erhebt. So berichtet Magnus * ) über Exemplare von BeJlis perennis , die an der Peripherie ihrer Köpfchen zahlreiche , gestielte Sekundärköpfchen besafsen. Die- selbe Erscheinung wurde bisweilen aufser an Crrpis hiennis L. auch noch an Cirsium arvense Scop. beobachtet. Überall waren die einzelnen Blütchen derart durch- gewachsen , dafs sie zu einer mehr oder weniger lang- gestielten , oft mit trockenhäutigen Blättchen versehenen, von einem ganzen Blütenköpfchen gekrönten Achse wurden. An der Peripherie eines jeden Sekundärköpfchens können sogar Tertiärköpfchen und mehr Generationen sich ent- wickeln. S p r o s s u n g e n von phanerogamen Früchten sind ebenfalls keine Seltenheiten. Die bekanntesten Beispiele finden wir an unseren Kernobstfrüchten, und zwar bei Birnen mehr als bei Äpfeln. Wir geben in Fig. 55 eine Abbildung sprossender Birnen, bei denen aus einer Frucht eine andere oder auch mehrere hervorbrechen. Die Erklärung dieser Erscheinung ergibt sich von selbst bei der Betrachtung, dal's die Frucht unseres Kernobstes ein Zweig ist, dessen Rinde aufsergewöhnlich stark sich entwickelt. Gewöhnlich ist der Zweig durch die Fruchtblätter an seiner Spitze abgeschlossen; diese entwickeln sich zum Kernhause und tragen in dessem Innern die Samen. Dabei wölbt sich die Rinde des Zweiges , an dessen Gipfel die Blume ein- gesenkt ist, immer mehr über den Samenanlagen zusammen und wird durch stoffliche Veränderungen und Streckungen ihrer Zellen zum Fruchtfleisch. Wie bei den Durch- wachsungen der Rosen kann nun auch eine Birnenblüte durchwachsen , indem der kleine Achsenscheitel zwischen den Fruchtblattanlagen sich wieder streckt, die Frucht- blätter auseinanderdrängt oder gar nicht ziu^ Entwicklung kommen läl'st und sich zu einem aus der ersten Birne hervorsprossenden Zweige ausbildet. Derselbe entwickelt an seiner Spitze entweder eine Blüte oder schwillt auch ohne eine solche kreiseiförmig auf und stellt so eine zweite Birne in der ersten dar. Entwickeln diese Zweige keine Gesclilechtsorgane, dann zeigen die monströsen Birnen im Innern gar kein Kernhaus. Wenn sich die durchwachsende Achse der Birnenfrucht verzweigt, dann sprossen neben der zentralen Birne noch seitliche, kleinere Birnen hervor. Bei Äpfehi erstreckt sich manchmal die Sprofskraft nur auf einzelne Gefäfsbündeläste in der Frucht; es wölbt sich dann aus derselben seitlich ein Buckel, der sich bis ^) Sitzungsber. d. Sitz. V. 28. Nov. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg XXI. 1879, Fig. 56. I,ärchenzapfen mit durch- wachsender Achse. (Nach NOBBE.) 3 7(j I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. ZU einer kleinen Nebenfrucht steigern kann, hervor. Biklet sich die Seitensprossung bis zur Produktion einer wirklichen Knospe aus, so erhalten wir zwei schräg übereinanderstehende Kerngehäuse. Der Fall hat dann grofse Ähnlichkeit mit den Doppelfrüchten, welche durch Verschmelzung zweier getrennter, seitlich stehender Blütenanlagen entstehen. Ein einfacher Fall ist die Entwicklung einer ruhenden Laubknospe am noch unverdickten Zweigteile der Frucht, nämlich am Fruchtstiele. Bei den Nadelhölzern zeigt sich die Proliferation im Fortwachsen der Zapfenachse zu einem beblätterten Zweige, was am häufigsten bei den Lärchen (s. Fig. 56) zu finden ist. Zu den Erscheinungen, bei welchen sich ein Überschuis von plastischem Material geltend macht, gehört auch das Auftreten von Blattorganen an Stellen der Achse, die normalerweise blattlos sein sollen (Chor ise) und die Vermehrung der Blattorgane in einem Knoten (Verdopplung, De double ment), sowie die Vervielfältigung der Teile eines zusammengesetzten Blattes (Pleophyllie). Das häufigste Beispiel für letzteren Fall sind die vierblätterigen Kleeblätter, über welche eine neue Studie von Tammes ^) zunächst erwähnt, dafs de Vries durch fortgesetzte Selektion bereits eine Rasse geschaffen habe, deren Individuen sehr reich an vier- bis siebenscheibigen Blättern sind. Es liegt hier wieder ein sehr hübsches Beispiel vor, wie einmal zufällig entstandene Überernährungserscheinungen erblich werden können. Wir haben auf diesen Punkt auch bei den Verbänderungs Vorgängen hingewiesen. Bei dem Klee erscheinen einzelne Nervenäste kräftiger und gespalten oder auch der Mittelnerv, und zwar bisweilen über den Blattstiel noch hinaus. Dann trägt jeder Teil des gespaltenen Blattstiels an seiner Spitze einige Blättchen. An den Zweigen zweiter, dritter und vierter Ordnung, bei denen die Nährstoifzufuhr schon nachläfst gegenüber den erstentstandenen . ki^äftigen Achsen , läfst auch die Pleophyllie nach. Weniger in die Augen springende Beispiele finden wir bei allen Pflanzen; überall zeigen sich in den für die Nahrungszufuhr am günstigsten gestellten Zweigen solche Blätter, die besonders stark ent- wickelte Blattflächen und dann (jrabelungen einzelner Rippenäste er- kennen lassen. Am häufigsten begegnet man solch üppig ausgebildeten Blattformen bei dem sogen. Stockausschlag, also den aus schlafenden und adventiv gebildeten Augen hervorgehenden Trieben an den Stümpfen gefällter Bäume (z. B., Populus und Monis). Die Gröfsenverhältnisse pflegen weit über das Durchsclmittsmafs hinauszugehen, und die Blatt- formen weichen bis zur Unkenntlichkeit oftmals vom Typus ab. Li diesen Fällen haben die neuentstehenden Triebe das gesamte gespeicherte Reservematerial des Baumstumpfes zur Verfügung, und daher die enorme Steigerung ihrer Produktion. Als verwandte Erscheinungen nennen wir hier auch die Hexen- besen, die wir als „ Zweigsucht" ansprechen können. Die Häufung des plastischen Materials an einzelnen Aststellen, die sich allmählich durch proleptische, nestartige Zweigbildung zu verwerten sucht, dürfte in der Mehrzahl der Fälle durch parasitäre Reizmig zustande kommen. 1) Tammes, Tine, Ein Beitrag zur Kenntnis von Trifolium pratenf^e quinquefoliuni de Vries. Bot. Zeit. 1904, Heft XI, S. 211. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 377 In der Regel weichen die abnorm gebildeten Achsen in ihrem Bau von den normalen ab ^). Hierher gehört ferner der Rückgang auf die Jugendt'ormen^) bei Gehölzen, die nach starken V'^erletzungen frisch und kräftig aus- treiben. Auch die sogen. Ro s ett entriebe , wie sie Fig. 57 von der Kiefer darstellt , sind Folgen lokaler Überernährung, die dadurch zu- stande kommt, dafs die Bäume äufserst starke Verluste an ihrem Laub- körper (meist durch Rauperrfrafs) vorher erlitten haben. Die mobilisierten Baustoffe, welche dadurch ihr Ernährungsgebiet verloren haben, strömen nun den ruhenden Augen, die zwischen den normalen Nadelbüscheln angelegt oder in Form schwächlicher Quirlknospen deutlicher erkennbar sind, zu und veranlassen dieselben zum Austreiben. An Stelle von Nadelbüscheln entstehen dann einfache , breit schwertförmige Nadeln mit gezähntem Rande ; in deren Achseln können dann, wie unsere Figur es zeigt, wieder normale Kurztriebe (Nadelbüschel) gebildet werden. Betrachten wir die geschilderten Fälle in ihrer Gesamtheit, ergibt sich sofort der übereinstimmende Zug in denselben. Es ist überschüssiges Bau- material in einem Teil der Achse vor- handen. Und zwar ist durch Über- ernährung wirklich neu vom Blattapparat gebildete organische Substanz einem Achsenteil ziu* Verfügung gestellt, oder es kommt eine Anhäufung der Baustoffe lokal dadmx'h zustande, dafs mobilisiertes Reservematerial nicht sein bisheriges Verbrauchsgebiet findet, indem dasselbe durch Verletzungen (Raupenfrafs, Ver- bifs, Schneidelung, Sturm usw.) ver- loren gegangen ist. "Wirft sich dieses überschüssige Material auf bereits vor- handene Organanlagen, kommt dasselbe in erhöhter Ausbildung der normalen Form oder im Rahmen der vorschreitenden Metamorphose in anderer Organform zum Ausdruck. Gelangen die Baustoffe an einen Vegetationspunkt, werden mehr Organe angelegt. Jeder Vegotationspunkt ist stets das Produkt der ihm. zu Gebote stehenden Nahrung: er hält sich nur so lange innerhalb seiner morphologischen Gesetzmäfsigkeit, als der Ernährungsvorgang der bis- her übliche war. Steigert sich die Menge der Baustoffe, bildet er mehr Organanlagen, und damit können sich die erblich gefestigten Blatt- stellungsgesetze ändern und abnorme neue Vegetationspunkte in Form von Knospen sich bilden. Es gibt eben keine unerschütterlichen Merk- male am Organismus, und die Kultur rüttelt fortwährend an dem er- erbten Bautypus. Knospendrang (Blastomania A. Br.). Es ist bereits im vorigen Abschnitt des sogen. „Stockausschlags" gedacht worden. Die Erscheinungen sind überall zu beobachten, wo M Vergl Z.\xG, Wu.H., Untersuch, über die Entstehung des Kiefernhexenbesens. Ber. d. Kgl. Lehranstalt f. Weinbau usw. Geisenheim 1905, S. 285. Ferner bietet die naturwiss. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtschaft neuerdings reichliches Material. -) DiEL.s, L., Jugendformen und Blütenreife im Pflanzenreich. Berlin 1906. Gebr. Bornträger. Fig. 57. Eosettentrieb einer Kiefer. [n der Ach.sel der einfachen schwert- förmigen Nadeln zeigen sich die Kurztriebe mit Doppelnadeln. (Nach Ratzehuro.) (Vergröfsert.) 378 I- Kraukheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. alte Stämme von Pappeln, Eichen, Buchen, Kastanien usw. gefällt worden sind. An der Schnittfläche des Stammstumpfes erhebt sich aus der cambialen Zone ein Überwallungsrand, in welchem zahlreiche Adventivknospen gebildet werden. Dafs auch an Wundflächen kraut- artiger Stengel und Blätter neue Knospen entstehen, zeigen die viel- fachen Vermehrungsvorgänge durch „Blatt Stecklinge" von Bego- nien , Gesnerien usw. Als ebenso bekannt vorauszusetzen ist die Eigenschaft der „ V i v i p a r i t ä t" , d.h. der Entwicklung neuer vegetativer Knospen aus einer unverletzten Blattfläche innerhalb des normalen Entwicklungsganges {Aspleniwn , BriiophjUuni usw.). Oft beobachtete, nicht normale Fälle sind solche Knospenbildungen bei Cardamine pra- tensis, Drosera intermedia , Arahis pumila usw. Duchartre sah aus den Blättern von Solanum Lycapersicum kleine beblätterte Zweige hervor- gehen. Braun beobachtete an den Blättern und namentlich an den Stengeln der Kulturformen von Calliopsis tinctoria so überreiche Adventivknospenbildung , dafs er z. B. auf einem etwa 20 cm langen Stengelstück gegen 300 zählen konnte ' ). Auch bei anderen Pflanzen sind derartige Fälle beobachtet worden^), und ich sah Exemplare von Pelargonium zonale und peltatum mit kuchenförmigem, fleischigem Stengel- auswuchs an der Basis , der gänzlich mit kleinen Knöspchen bedeckt war. Einzelne kräftigere Exemplare derselben entwickelten sich so weit, dafs man äufserst kleine Blättchen unterscheiden konnte : die Mehrzahl der Knospen ging zugrunde durch gegenseitigen Druck. Ein gleiches fleischiges Polster bildete einmal Daldia variabiUs, die im Vermehrungs- kasten angetrieben worden war, um aus der Stengelbasis neue Augen zu entwickeln. Die Triebe wurden sofort zu Stecklingen abgeschnitten, worauf aus den Basalaugen der krautigen Zweigstumpfe sich neue Seitentriebe entwickelten, die immer zahlreicher, aber auch immer schwächlicher wurden. Es entstand auf diese Weise eine kraut artige Kropfmaser. Die Kropfmasern der Bäume. An die vorerwähnte , selten vorkommende Knospenhäufung bei krautartigen Pflanzen schliefst sich naturgemäfs die Kropfmaserbildung bei Bäumen, die (mit spärlichen Ausnahmen) dadurch zustande kommt, dafs normale Zweiganlagen verhindert werden, ihr Längenwachstum fort- zusetzen und statt dessen neue Seitenaugen austreiben. Die aus solchen hervorgehenden Triebe stehen um so dichter, je näher sie der Basis des Mutterzweiges entspringen, weil dort die Internodien am kürzesten sind. Wenn derartige Zweiganlagen durch Verwundungen oder andere Ursachen, wie z. B. gegenseitigen Druck, in ihrem Spitzenwachstum eine Beschränkung flnden , treiben auch sie wieder seitliche Sprosse. Als Beispiel einer ausgezeichneten Kropfmaserbildung, deren Holz- körper nach Entfernung der auffallend dicken Rinde die spiefsigen Fortsätze abgestorbener Knospenkegel zeigt, geben wir die Abbildung (Fig. 58) eines Stammstückes von Acer campestre\ bei a finden wir die Flächenansicht, bei h den Querschnitt der spiefsigen Holzkegel, deren Markparenchym durch die dunkleren Innenkreise angedeutet ist. ^) Braun, A , Über abnorme Bildung von Adventivknospen am krautartigen Stengel von Calliopsis tinctoria Dec. Verh. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg, XII, S. 151. -) Magnus, P., Verh. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg, XII, S. 161. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 379 Fig. 58. Entrindete Kropfraaser von Ah( 380 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. Ähnliche Bildungen treten bei sehr verschiedenen Baumgattungen auf, und zwar sowohl an beliebigen Stellen der oberirdischen Aclise als auch, obwohl viel seltener, bei Wurzelstockknospen. Besonders bevorzugt sind diejenigen Stellen, an denen Äste abgeschnitten worden sind. Hier beginnen dann die am Astgrunde gehäuften Proventiv- und Adventivknospen sich zu kleinen Trieben zu entwickeln. Die aus dem Cambium des Mutterstammes hervorgehenden Holzelemente nehmen durch die vielfachen Hindernisse, welche diese durchbrechenden Knospen- kegel bieten, einen um dieselben herum sich schlängelnden Verlauf. Dadurch mufs eine Verlangsamung in der Leitung des plastischen Fig. 60. Querschnitt durch ein Maserjiolster. ■picr '\Q Mn^firVii" Irin TIC an Tlwpio-^n ^'^'^ sieht, dal's die Centralpartie der einzelnen Maser- lg- öy- MaserbUdUng an Z/^\ eigen spiefse aus einer Markstrahlerweiterung der Zweigachse ■von Malus sinensis. (Nach Kissa.) hervorgeht. (Nach KissA.) Materials nach der Stammbasis stattfinden. Da aber die Masergeschwulst meist einseitig an der Achse auftritt, so dafs die gegenüberliegende Seite frei und der normalen Ernährung dauernd zugänglich bleibt, so leidet die Ökonomie des Baumes wenig. Nicht immer jedoch ist eine normale Zweiganlage als der Ausgangs- punkt von Kropfmaserbildungen vorauszusetzen. Es gibt auch Fälle, bei denen die Maserspiefse aus Markstrahlwucherungen hervor- gehen. Einen solchen Fall behandelt eine unter meiner Leitung ent- standene Arbeit von Kissa^) über Maserbildung bei Malus sinensis. Die beistehende Fig. 59 zeigt einen Zweig mit Maserpolstern, die ') KissA, N. W. , Kropfmaserbildung bei Pirus Malus sinensis. Zeitschr. für Pflanzenkrankh. 1900, S. 129. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 381 vorzugsweise aus der parencliymreiclien Basis kleiner Fruclittriebe hervorgesproist sind. Im Querschnitt erkannte man, dal's die kegelförmigen Spieise Holz- zylinder darstellen, deren Zentralkörper aus verbreiterten Markstralilen heivorgegangen sind. Derartige Markstralüen (Fig. 0(J) sind entweder primäre oder entspringen erst aus einem späteren Jahresringe. Der Holzmantel des Spiesses besteht aus der Fortsetzung des Holzringes des Mutterzweiges. Wie bei einer normalen Seitenachse ist der Maser- spiefs mit einer eignen Rinde umgeben und weist auch einen gut aus- gebildeten Cambiummantel auf. Ebenso wie ein normaler Zweig, verästelt sich der Maser- spiefs (Fig. 00///y/') und ver- längert sich diu-ch Spitzen- wachstum; aber keine dieser Achsen zeigt jemals die Anlage von Blättern oder Kjiospen. Die Differenzierung der Gewebe des Maserspiefses erfolgt schon in den ersten Entwickhnigsstadien inner- halb der Rinde des Mutter- zweiges , der zunächst nur etwas angeschwollen er- scheint. Diese Anschwellung wird dadurch hervor- gebracht, dafs die Rinde durch eine x\nzahl besonders stark entwickelter, mit me- r i s t e m a t i s c h e r Kappe versehener Markstrahlen auf- getrieben wird. Durch das weitere Spitzenwachstum dieser Neubildungen wird die Rinde des Mutterzweiges schliefslich durchbrochen. Nun tritt der Maserspiefs, mit eigner Rinde bekleidet, als selbständiges Gebilde hervor. Aber das Längen- wachstum desselben findet seinen baldigen Abschluls. da die Rindenkappe und die darunter liegende Meristemschicht vertrocknen. Statt des Spitzenwachstums tritt nun eine basale Seitensprossung bei den einzelnen Maserspiefsen im Innern der Rinde des Mutterzweiges ein. In Fig. (30, dem Querschnitt eines mit Masern bedeckten Zweiges, sehen wir, dafs die den Markkörper des Maserspiefses bildenden Mark- strahlen meist primäre sind, also vom Markkörper des Mutterzweiges ausgehen, si) bedeutet Maserspiefs, »i Mark, h Holzteil, r Rinde, c Cambium, nifit Markstrahlen des Mutterzweiges, hm Holzmantel, nu Rindenmantel des Maserspiefses, n Meristemkappe des Maserspiefses, }ini\ rni Holz- und Rindenteil der Seitensprossungen des Maserkegels. Ii zweiter, //" dritter Jahresring. ^^M>i^ bt^j:'-^ Fig. 61. Längsschnitt durch einen Maserspiefs. (Nach KisrtA.) 382 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältni Fig. 61 ist der stark vergröfserte Längsschnitt durch, einen Maser- spiefs, der noch innerhalb der Rinde des Mntterzweiges sich befindet. Ph ist Phellogen, h Korkschicht, Fe collenchymatisch verdickte Zellen, Pr Parenchym der Primärrinde des Mntterzweiges, welches sich in seinen inneren Lagen mit Stärke zu füllen beginnt, St Stärke, Abp abgestorbene Lage von Parenchymzellen der primären Zweigrinde, M meristematische Spitze des Maserspiefses , A Zellen des Holzmantels des Maserkegels mit ihren Poren (Por), c Cambium, B Eigenrinde des Maserspiefses. Also der Kegelmantel Ah}) aus schi^affierten Zellen bildet die Grenze zwischen der Maserspiefs- anlage und der Mutterrinde des Zweiges. Erstere gibt sich deutlich als Achsenzylinder zu erkennen, indem ein Holzmantel Ä bekleidet ist mit eignem Rindengewebe B, wobei zwischen beiden sich die Cambiumzone c kenntlich macht. Der Holzzylinder zeigt sich vorzugsweise aus stark porösem Par- enchymholz zusammengesetzt (Por). Das Rinden- gewebe ist reichlich mit Stärke angefüllt. Der junge Maserspiefs verlängert sich durch Spitzen- wachstum mittels seiner Meristemkappe und preist allmählich die angrenzenden Zellen der Mutter- rinde zii einer gelblichen verquollenen Schicht (Ahp) zusammen. Oberhalb dieser abgestorbenen Zelllage ist die Mutterrinde noch ganz gesund; erst wenn der Maserkegel durchbricht, wird sie abgetötet. Wenn wir im vorhergehenden der Struktur des fertigen Maserkegels besondere Aufmerksam- keit geschenkt haben, so wenden wir ims jetzt ergänzend zu den Vorgängen der Markstrahl- erweiterung, welche die Maserkegelbildung ein- leitet. Ein solcher Fall ist von mir bei Rihes mpruDi'^) studiert worden. Fig. 62 h zeigt die gehäuften, perligen bis 1 mm hohen Maserbildimgen neben- und zum Teil übereinander. Im Querschnitt Fig. 63 bemerkt man, wie der Holzring des Zweiges in fächer- artiger oder fiederiger Verästelung in den Maser- körper ausstrahlt, der hier nicht, wie bei Malus sinensis kegelförmig, sondern kugelig- warzenförmig erscheint. Fig. 63 stellt in B die Längsansicht, in A den Querschnitt einer Maserwarze dar. D ist die normale Zweigachse mit ihrem Markkörper m und Holzringe A, der nun durch wuchernde Markstrahlen mst geklüftet erscheint. Diese Markstrahlen bilden den Ausgangspunkt für die sich fächerartig verzweigenden Maserbildungen (sp) , die bei weiterer Aus- bildung einen centralen Holzkörper (M) und deutlichen Rindenmantel (r) erkennen lassen. • Der Querschnitt diux'li den Zweig an einer solchen warzigen Stelle läfst erkennen (Fig. 64), dafs die Warze eine kegelförmige Wucherung (/i-) der imieren Rinde darstellt, welche die äufseren Rindenschichten Fig. 62. Perlartige Maserbildung bei der Schwarzen Johannis- beere. (Orig.) SoKAUEu, P., Krebs an Eibes nigrum. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1891, S. 77. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflauzeii. 383 gesprengt hat und von ihnen noch Uppenartig (/) gedeckt wh'd. Die Ränder der Lippen sind abgestorben ; in der Yertiefmig ist meist Mj^cel kenntlich , das auch auf die äufseren , gebräunten und im Absterben begriti'enen oder bereits toten Zellen des primären Maserkegels (p) übergeht. Verfolgt man das Wucher- gewebe , das nach seiner Basis hin einen aus schmalen, netzartig ver- dickten Gefäfszellen bestehenden, in den normalen Holzring übergehenden Holzmantel besitzt , rückwärts , so bemerkt man, dal's man eine einfache Markstrahlwucherung vor sich hat. In Fig. G4, die eine am weitesten fortgeschritteneMarkstrahlwucherung am Ende des ersten (Entstehmigs-) Jahres eines Zweiges darstellt, zeigt die linke Seite noch den normalen Rindenbau: «/.• sind die verkorkten Reste der im Laufe des Entstehungs- jahres bereits abblätternden, äufser- sten Rindenlagen mit einzelnen Kalk- oxalatki-istallen. Diese hängen stellenweise noch mit den gefärbten, un- verletzten Korklamellen {gk) zusammen, welche als fester, gleichmäfsiger Gürtel den Zweig umschliefsen. Unter der Korkschicht liegen die coUenchvmatisch verdickten Rhidonschichten ico). und diese grenzen Fig. 63. Querschnitt durch einen mit Masern bedeckten Zweigteil. (Orig.) h „ m' ^% Fig. 64. Querschnitt durch die Rinde der Schwarzen Johannisbeere; linke Seite gesund, rechte Seite mit zunehmender Wucherung der Markstrahlen. (Orig.) an das Chlorophjdl führende Parenchym (ciiJ), das sich durch tangentiale Kalkoxalatbinden (o. o\ o^) in Zonen geteilt darstellt. An diesen Kristall- binden zeigt auch die normale Rinde des gesunden Zweiges nicht selten tangentiale Lücken, welche dadurch entstehen, dal's die dünnwandig 384 ■'-• Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. bleibenden Zellen, welche die kleinen Drusen von Kalkoxalat führen, sehr leicht zerreifsen, so dafs die Kristalle zum Teil freiliegend an den Rändern der Lücke auftreten. Im Herbst des ersten Jahres sieht man die Phloemstrahlen bis an die erste Oxalatbinde (o) reichen. In diesen Strahlen wölbt sich, wie dies bei unseren Holzgewächsen die Regel ist, die Cambiumzone (c) nach aul'sen und sinkt über dem Holzkörper (A) wieder bogenförmig zuilick. Daraus läfst sich erkennen, dafs der Markstrahl als Schwell- körper für die radiale Ausdehnung der Achse funktioniert, sowie der Markzylinder selbst die longitudinale Streckung unterhält. Der normale Markstrahl (tu) behält innerhalb der Rinde seine im Holzkörper zuletzt erlangte Zellenzahl dm'chschnittlich bei, und seine Verbreiterung in der Rinde beruht dann _ ^ ^-, nur auf der gröfseren i^usdehnung der ^ * J\'!j' '" einzelnen Zellen. In der Nähe der '\\"„ Wucherung dagegen findet man nicht selten schon Markstrahlen, deren Zellen an Zahl gewachsen sind (w^), aber im wesentlichen noch ihre radiale normale Längsstreckung bewahrt haben. Im Wucherstrahl endlich tritt eine aufser- ordentliche Zellvermehrung ein, und die Cambiumzone wölbt sich steil nach aufsen. Man sieht dies am besten in den verhältnismäfsig seltenen Fällen, in denen Markstrahlen einseitig mit der Wuchergewebebildung anfangen , wie Fig. 65. Markstrahl in den Anfangs- dies in Fig. 65 dargestellt ist. In dieser Stadien der Maserbildung. (Orig.) ^ig. 05 deutet m die Markstrahlzellen innerhalb des Holzkörpers an, c ist die Cambiumzone, die an der rechten Seite ansteigt, linkerseits über dem Holz h zurücksinkt; nr ist die normale Seite des Rindenstrahls, der an das derbwandige Rindenparenchym p anstölst und sich in Kalilauge durch die gelbere Färbung deutlich von der Umgebung abhebt. In o sind die sehr zartwandigen, kleinen Zellreihen mit oxalsaurem Kalk angedeutet ; schon hier, in der Nähe der Cambiumzone, lassen die Wandungen dieser Zellen eine eigentümliche körnige Beschaffenheit als Zeichen ihres baldigen Zerfalls erkennen. Auch in der normalen Rinde findet sich ein solcher körnigschleimiger Zerfall dieser Zellbinden und das Heraustreten der Kalkdrusen an die Ränder der entstehenden Lücken. In der wuchern- den Seite (ivr) des Rindenstrahls, dessen Zellen nach Behandlung mit Kalilauge noch dunkler gelb als die auf der normalen Seite werden und nicht selten eine deutlich knötchenartige Aufquellung der Wandung zeigen,^ richtet sich die Cambiumzone steil auswärts, c\ und deutet schon an, dafs sie kappenartig im fertigen Wuchergewebe sich vorwölbt. Dieses kegelförmige Aufsteigen der Cambiumzone ist in Fig. 64 ?/') cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1896, S. 310. ") Auf die Perchloratwirkung bei Chilisalpeterverwendung wird im Abschnitt der schädlichen Gase und Flüssigkeiten eingegangen werden. ^) Wii.FARTii, H, Wirkt eine Stickstoffdüngung der Samenrüben schädlich usw. Zeitschr. d. Ver. Deutsch. Zuckerindustrie Bd. 50, Heft 528, S. 59. *) Mi ller-Thuhcaii, Dritter Jahresbericht des pflanzenphysiol. Laboratoriums d. Ver.suchsstat. Wädensweil. Zürich 1894. S. 52. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 391 teil hervorruft. Ich legte von drei möglichst verschiedenen Sorten in abwechselnden Reihen Knollenstücke gesunder Exemplare und solcher Knollen, die an der schwarzen Trockenfäule \) litten, in sandigen Acker. Derselbe wurde in zwei ganz gleich bestellte Hälften geteilt, von denen die eine in sämtlichen Reihen starke Gaben von Chilisalpeter, die andere von Thomasmehl erhielt. Bei dem gesunden Saatgut machte sich in der Chilihälfte ein lückenhaftes Aufgehen der Knollen bemerk- bar; von dem kranken Saatgut war fast alles verfault. Ganz scharf abgeschnitten zeigte sich aber, dafs genau dasselbe kranke Saatgut in dem Augenblicke, wo es in die Thomasmehlparzelle eintrat, einen ganz gleichmäisigen Bestand an gesunden Stauden geliefert hatte. Gesundes wie krankes Saatgut sämtlicher Sorten hatte in der letzt- genannten Parzelle kürzere Stauden mit hellerem Laube und früherer Reife entwickelt, und die Ernte war nahezu doppelt so grofs als bei der Chilisalpeter-Parzelle ^ ). Hierher zu rechnen dürfte auch die Erscheinung s^in, welche in den praktischen Kreisen als Eisenflec kigkeit oder Buntwerden der KartoÖeln bekannt ist. Äufserlich normal aussehende Knollen zeigen auf dem frischen Querschnitt braune oder braungraue Gewebestellen. Dabei kann das übrige Fleisch vollkommen gesund sein und weifs bleiben oder aber auch schnell an der Luft eine rostrote Färbung annehmen. Die ursprünglich schon verfärbten Stellen zeigen braune, abgestorbene Zellwände und \aelfach noch Stärke. Manchmal und zwar dann, wenn die Schnittfläche nachträglich sich an der Luft rötet, kann man an den Kranklieitsherden nur noch Spuren von Stärke, dafür aber Zucker nach- weisen. AVährend einzelne Beobachter glauben , die Eisenfleckigkeit auf einen Reichtum des Bodens an sauren Eisenverbindungen zurückfüln^en zu müssen, sind andere geneigt, der Nässe die Schuld beizumessen. Nun liegen aber mohrfach Erfahrungen vor, dals starke Stallmist- düngung bestimmte Sorten eisenfleckig gemacht hat, die in demselben Jahre bei Mineraldüngung gesund geblieben sind^). Auch begegnet man den bei dem Zerschneiden sich rötenden Knollen gerade dort am häufigsten, wo reiche Stickstolfdüngung zur Anwendung kommt. In- folgedessen ist man berechtigt, im Buntwerden des Fleisches Anzeichen einer Überdüngung zu erblicken. Eisenfleckige Knollen geben übrigens in der Regel im nächsten Jahre gesunde Pflanzen. Chilisalpeter bei Holzgewächsen. Ein Versuch von Janorschke*) kennzeichnet die Erscheinungen fiir den Fall, dafs die Stickstoffzufuhr ohne Beigabe von Kalk und Phosphorsäure erfolgt. Buntblätterige Gehölze wurden für 1 — 2 Jahre gi'üner. Bei Zwergobst trieben die Zweige fast ohne Unterbrechung bis August und noch länger, wodurch der Ansatz der Blütenknospen verhindert wurde. Übrigens sei darauf aufmerksam gemacht , dafs die "Wirkung bei den Bäumen sich erst in dem der Düngung folgenden Jahre bemerkbar macht, aber dann auch bis zum dritten Jahre nach- 1) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1894, S. 126, und 1895, S. 98. 2) Zeitschr. d. Landwirtschaftskammer f. d. Prov. Schlesien 1899. ^) s. Jahresberichte des Sonderausschusses für Pflanzenschutz, herausgegeben V d. Deutsch. Landw.-Ges. *) Zeitschr. d. Landwirtschaftskammer f. Schlesien 1898. Kr. 34. 392 !• Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. wirkt. Nach eignen Versuchen, bei denen Latrinendünger gegeben war, möchte ich eine erhöhte Neigung der Früchte ziu* Fäulnis , namentlich einer vom Kernhause ausgehenden, sowie eine grölsere Frostempfindlich- keit als Folgen einseitiger Stickstoffüberdüngung bezeichnen. Phosphor- saurer Kalk arbeitet diesem übel entgegen. Verbuche mit Apfelbäumen, die reiche Salpeterdüngung erhalten hatten, zeigten, dais die ge- düngten Bäume stärker von der Blutlaus zu leiden hätten wie andere Exemplare ^). Ein anderer Fall ist mir bei Aüanthus gJandulosa in wohlgepiiegten Anlagen vorgekommen. Die Bäume wurden gelblaubig und zweigdürr. An den Schnittflächen frischer Äste entwickelte sich reichliche Penicilliumvegetation. Hier fand sich im Gewebe ein auffälliger Zuckerreichtum. Bei den Orangen kulturen neigen die gedüngten Bäume ziu^ Gummosis, und die als „Dic-hack'' bezeichnete Krankheit in Florida wird direkt auf Überfütterung mit organischen Stickstoffverbindungen zurückgefühi't, Auch sollen derartige Orangenbäume mehr den Insekten- angriffen ausgesetzt sein^). Überdünguug bei Gemüsen und anderen Feldgewäehsen. Trotzdem unsere Gemüse sämtlich in ihrer jetzigen Form Produkte hochgradiger Kultur sind und reicher Düngung sich angepafst haben, finden wir doch vielfach Fälle von Erkrankung, namentlich bei Anwendung von F äkalstoff en. Es läfst sich dann eine Vermehrung der leicht oxydablen, an der Luft sich bräunenden Substanzen beobachten. Da- bei tritt stets Bräunung der Gefäfswandungen , nicht selten auch Aus- füllung einzelner Gefäfse mit tintenartiger Flüssigkeit auf. Gerade bei überdüngten Pflanzen ist bakteriose Fäulnis eine häufige Erscheinung. Am wenigsten vertragen den Stickstoffüberschufs die Erbsen und ändere Hülseiffrüchte ; dagegen sehen wir ein hohes Anpassungs- vermögen bei einigen Umbelliferen , wie z. B. bei Sellerie. Aber auch hier wird , namentlich bei den Rieselfeldkulturen , häufig genug das zulässige Mafs überschritten. Wenn die fleischigen Wurzelknollen bei dem Durchschneiden ihre Schnittfläche schnell und intensiv rostfarbig werden lassen, sind sie schon in der Regel weniger wohlschmeckend. Das stärkere Stadium , das in der Marktware grofser Städte häufig zu finden, besteht in der vermehrten Schwammigkeit des Gewebes und reiclüicher Braunfleckigkeit desselben. Selbst bei den an die höchsten Konzentrationen der Nährlösung gewöhnten Kohlgewächsen lassen sich l)isw6ilen solche Zustände und damit in Verbindung bakteriose Fäulnis- erscheinungen aifffinden. Hier erweist sich neben der Zufuhr von phosphorsaurem Kalk der fortwährende Gebrauch der Hacke als be- sonders empfehlenswert. Der zunehmende Verbrauch der Blattstiele von Rhabarber zu Frühjahrskompott hat den Anbau der Pfianzen auf Rieselfeldern ver- anlafst. Ich konnte dabei Fälle beobachten, bei welchen ungewöhnlich dicke Stiele gänzlich fade im Geschmack sich erwiesen. Es hängt somit hier eine mangelhafte Produktion oder ein völliger Auf brauch der orga- nischen Säuren mit der Überdüngung zusammen. Meiner Annahme nach ist 1) Fünfter Jahresber. d. Grofsherzogl. Obstbauschule zu Friedberg i. d. W. 2) Webbeu, H. , Fertilization of the soil etc. Yearbook U. S. Depart. Agric. for 1894. Washington 1895. S. 193. 2, Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 393 dieser Rückoano; der Säure bei Stickstoffübersckufs auch anderweitig zu finden und die Ursache des schnellen Eintritts bakterieller Fäulniserscheinungen. (S. Wirkung der Oxalsäure. S. 361.) Bei den Cuciu'bitaceen (Gurken und Melonen) kann eine an sich noch nicht gefährliche Konzentration der Nährlösung schädlich wirken, wenn die Temperatur dauernd nicht genügend hoch ist. Li diesem Falle sind gummöse Erscheinungen in den Früchten am häufigsten, und man bemerkt dabei Schwärzung der Gefai'se. Bei der Tabakkultur macht sich Stickstofiüberschuls durch rauhere Blätter und gröiseren Nikotingehalt kenntlich^). Dafs bei Getreide die Fäkaldüngung Lagerung und, namentlich bei Hafer , Taubheit veranlassen kann , ist bereits früher erwähnt worden. Stickstoifübersehufs bei Zierpflanzen. Hier liegen äulserst zahheiche Fälle vor. Neben Fäkaldünger und Chilisalpeter oder schwefelsaurem Ammoniak kommen , besonders bei den gärtnerischen Kulturen, die Hornspäne in Betracht. Wir können natürlich nur einzelne Beispiele anführen. Von einer Reihe Pflanzen der Begonia semperfJorens gab ich einigen schwefelsam^es Ammoniak im Überschufs. Vier Tage nach der Düngiing wurden die jungen Triebe an ihrer Basis mifsfarbig und begannen sich schlaff umzulegen. Die Blattränder fingen an , schmutzig grüne , später braun werdende und vertrocknende Stellen zu bekommen, die durch eine durchscheinendere Übergangszone mit dem gesunden mittleren Blattgewebe verbunden waren. In der Sonne trat schnelleres Welken ein. Mark und Rinde erwiesen sich mit Kalkoxalatdrusen durchsetzt, deren Einzelkristalle nicht so scharfkantig wie bei den gesunden Exemplaren, sondern mehr knollig- abgerundet waren. In den erkrankten Geweben fehlte die Stärke, und die Chlorophyllkörper wurden zu kleinen eckigen Körnchon reduziert. Ge- fai'se häufig mit braunem, körnigem Inhalt gefüllt. Wandungen des ge- sammten Gewebes braun. Inhalt der Blattepidermiszellen braunkömig. Vor dem Zerfall der Chlorophyllkömer zeigten sich im Inhalt der Mesophyllzellen oftmals braune Tropfen. Bei Begonien sowohl wie bei Pelargonium zonale, dessen Blätter sich ebenso verfärbten und leicht nach dem Vertrocknen abfielen, fand ich in der Achse der erkrankten Pflanzen im Mark und der Jungrinde auf- fällig viel Kristalle von Kalkoxalat. Die Stengel der kranken Pelar- gonien zeigten durchgängig spärlichere und kleinere Stärkekörner; sie fehlten im Rindenparenchym fast ganz, während die nicht überdüngten Pflanzen dieselben sehr reichlich besalsen. Es kommt also hiei- die gleiche Erscheinung wie bei Kartoffeln und Rüben zum Ausdruck, nämlich die Armut an festen Kohlenhydraten. Bei eben bewurzelten Pelargonienstecklingen verm-sachte eine Chilisalpetergabe, die an und für sich klein war, aber durch ihre häufige Wiederholung verhängnisvoll wurde, zunächst ein äulserst üppiges Blattwachstum: dann aber senkten sich die Blätter abwärts, und an der Achse entstanden, stets dicht über dem Blattansatz, braune FaulsteUen, die in kurzer Zeit den ganzen Stengel umfafsten. - Darauf fielen die Blätter, und die ganze oberirdische Achse starb bis auf einen kurzen Basalstumpf ab. Aus diesem begannen neue kümmerliche ') ScHELi.MANN-, W., Der Tabak und seine Nahrungsansprüche. .,Der Pflanzer". Herausg. Usambara-Post 1905, Nr. 5. 394 I- Krankheiten durch imgünstige Bodenverhältnisse. Triebe liervorznbrechen. — AVir haben dieses Beispiel angeführt, um da- rauf hinzuweisen, dafs die Wirkung der Überdüngung, obgleich die- selbe vom Boden ausgeht, sich nicht an der Basis der Achsen zuerst bemerkbar macht, sondern an den peripherischen Teilen, den Blättern. Bei vergleichenden Kulturen mit Fuchsienstecklingen ^) ergab eine fortgesetzte Düngung mit schwachen Gaben von schwefelsaurem Ammoniak eine merkliche Wachstumsteigerung und wesentliche Ver- gröfserung der Blätter; aber dieselben besalsen Epidermiszellen mit dünnerer Wandung, und der Holzring der Zweige war schwächer aus- gebildet. Stärkegehalt geringer, Chlorophyllgehalt gröfser, Vegetations- zeit verlängert. Nachdem die Fuchsien durch Überführung in ein Glas- haus vor den Herbstfrösten geschützt worden waren und Zeit gehabt hatten, ihre Entwicklung normal abzuschliefsen, verschw^anden die Unterschiede gegenüber den ungedüngten PÜanzen, und die gedüngten hatten nunmehr den Vorteil der gröfseren Produktion für sich Hier haben wir einen Erfolg, wie ihn die Landwirte namentlich bei den Futter- rübenkultiu-en wahrnehmen. Die Wirkung der starken StickstofFgaben macht sich in einer Verzögerung des Reife Vorganges bemerk- bar. Finden unsere Kulturen noch vor Eintritt der Frostperiode Zeit genug, ihren Entwicklungsgang abzuschliefsen, so dafs die Blätter sich normal ausleben können, dann haben wir den gewünschten Vorteil von der Düngung durch Erzielung gröfserer Substanzmengen mit normalem Reservestoffvorrat. Aber in der Regel verbieten die klima- tischen Verhältnisse den Abschlufs der Vegetation , und die Organe gelangen in unreifem Zustande in den Winter. Der Nachteil, den das Einbringen ungenügend ausgereifter Organe in die Winterquartiere hat, ist bei den landwirtschaftlichen Ernte- produkten bereits hervorgehoben worden : sie besitzen gröfsere Neigung zur Fäulnis. Dasselbe Resultat zeigte ein vergleichender Düngungs versuch bei Erica. Rotblühende Arten entwickelten in den Versuchsreihen mit ein- seitiger Stickstoffdüngung weniger lebhaft rote, fast blaurote Blumen ; ihr Habitus war schlaffer und der Blütenansatz spärlicher. Die gedüngten Exemplare litten im Winter so stark von Botrytis cinerea^ dafs sie meist zugrunde gingen, während die nicht gedüngten Pflanzen derselben Sorten an demselben Standort schadlos durch den Winter kamen. Ein anderer Versuch, der den Einflufs hochkonzentrierter Lösung der gesamten Nährstoffe dartun sollte, wurde von Bluth^) ausgeführt. Die im zweiten Kultur jähr befindlichen Eriken erhielten in fortgesetzten Gaben WAGNER'sches Nährsalz in 1^/ooiger Lösung. Nach 10 — 12 Tagen trat dunklere Laubfärbung und stärkeres Wachstum ein, aber jetzt schon zeigten diese Pflanzen eine gröfsere Empfindlichkeit gegen Sonnen Wirkung und Trockenheit im Vergleich zu den vielen hundert ungedüngten Exemplaren derselben Sorte. Gewisse weiche Sorten {E. hiemalis, congcsta usw.) entwickelten ihre neuen Seitentriebe schlaffer und mannigfach verbogen. Hartnadelige Arten {E. hJanda, incditerranea, verticillata, mamnwsa) behielten zwar ihren aufrechten Habitus, aber der Knospenansatz war auffallend gering oder blieb ganz aus, während die Zweige weiter wuchsen. Auch hier starben die gedüngten Pflanzen ') SoBAUER, P., Einflufs einseitiger Stickstoffdüngung. Zeitschr. f. Pflanzen- krankheiten 1897, S. 287. •^) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895, S. 186. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 395 während der Winterzeit durch Botrytis gröistenteils ab. Bei ander- weitig mit Hornspänen durchoeführten Düngnngsversuchen konnte eben- falls eine üppige Laubentwicklung auf Kosten des Blüten- ansatzes der Eriken festgestellt werden; aber es zeigte sich keine gröfsere Hinfälligkeit der gedüngten Pflanzen während des Winters, Nach den mehrfach gemachten Erfahrungen mufs ich die sich häufenden Klagen über „Versagen der Maiblumen" bei der Treiberei auf Stickstoflfüberdüngung zurückführen. Bei der zweijälirigen Anzucht der Pflanzen auf dem Felde wird jetzt vielfach Chilisalpeter oder schwefelsaures Ammoniak angewendet. Die Pflanzen wachsen üppiger und bestechen durch ihre sehr starken (meist blauspitzigen) „Keime" (Knospenkegel) den Käufer-, aber die Blütenstände sind in der Anlage schwach. Solche Pflanzen lassen sich schwerer treiben und geben häufig Blütentrauben, bei denen einzelne Glocken nicht zur Ausbildung kommen. Vergleichende Versuche von Koopmann') lieferten sehr interessante Unterschiede bei der Treiberei. Bei Anzucht der Pflanzen mit Kainitdüngung entwickelten sich zuerst die Blütentrauben und die Blätter folgten sehr langsam; dagegen war durch Ammoniakdüngung die Blattvegetation so üppig, dais die Blüten- trauben ganz im Laub versteckt safsen. Im allgemeinen wird man für Maiblumen eine Kalidüngung empfehlen dürfen. Eine weitere schädliche AVirkung konnte bei Rosen festgestellt werden. Es liegen mir Beobachtungen vor , dafs Teerosen , darunter Marechal Niel und Nyphetos in den Glashäusern nach starker Düngung ihre Knospen abwarfen oder an der Übergangsstelle des Kelchbechers in den Blimienstiel abfaulen liefsen. Ein Verpflanzen von eingesandten kranken Topfexemplaren in eine sandige, nährstoffarme Erde hatte zur Folge, dafs im nächsten Jahre sich normale Blumen entwickelten. Älmliche Fäulniserscheinungen beobachtete ich bei Bom'bon- und Remontantrosen im freien Lande nach Fäkaldüngimg. Hier hatte das Unterhacken von Gips ein allmähliches Nachlassen der Krankheit zur Folge. Auch bei anderen gärtnerischen Kulturpflanzen, ja selbst bei Efeu hatte ich Gelegenheit, Fäulniserscheinungen nach Stickstoffüberschufs (meist in Form von Fäkaldünger, Jauche, Chilisalpeter und schwefel- saurem Ammoniak) zu beobachten. Ich habe dann in der Mehrzahl der Fälle das Umsetzen der Pflanzen in reinen San d oder sehr sandige Lauberde für ein Jahr empfohlen und mehrfach selbst mit Vorteil erprobt. Die Kräuselkrankheit der Kartoffeln. Wir reihen hier diese in den Kreisen der Kartoflelzüchter so wohl bekannte und von wissenschaftlicher Seite so vielfach studierte, aber in ihren Ursachen noch nicht erkannte Krankheit ein. Der Grund, weshalb wir der Kräuselkrankheit an dieser Stelle gedenken, ist die auf eigne Beobachtung gegi-ündete Anschauung, dafs die kräuselkranken Triebe die Merkmale einseitiger Stickstoffdüngung erkennen lassen. Nur handelt es sich hier nicht um die direkte Folge derselben, sondern um die Nachwirkung im folgenden Jahre. Die Mutterknolle ist ent- weder gänzlich oder in einzelnen Augen nicht vollständig ausgereift und zeigt mm bei der Entwicklung im folgenden Jahre eine Erkrankung ') Zeitschr. f. Pflanzoukrankh. 1894. S. 314. 396 I- Kraukheiteu durch ungünstige Bodenverhältnisse. ■sämtlicher oder auch nur einzelner Triebe. Dieser Punkt ist zu be- tonen, weil die bisherigen Beobachter bisweilen besonders hervorheben, dafs alle Stengel an einer Knolle erkranken, also die Krankheitsursache in der ganzen Knolle liegen muls, während meine eigenen Beobachtungen mit Sicherheit das Resultat ergeben haben, dals die Erkrankung auch an einzelne Augen gebunden sein kann. Die Krankheit, welche nach Kühn') zuerst im Jahre 1770 in Eng- land, 1776 in Deutschland epidemisch auftrat und aufserordentlichen Schaden verursachte, besteht zunächst in einer Verfärbung des Laubes, das nicht mehr das frische Aussehen wie an der gesunden Pflanze besitzt. Der Hauptblattstiel zeigt sich meist nach unten gebogen oder voll- ständig eingerollt : die einzelnen Blattabschnitte sind gefaltet, wellig hin und her gebogen, mit braunen, meist länglichen Flecken versehen. Letztere dehnen sich auf die Hauptrippe des Blattes und endlich auf den Stengel aus. Zuerst sind nur die oberflächlichen Zellen der Flecke braun; später geht die Erkrankung des Gewebes tiefer ins Innere und im Stengel bis auf den Markkörper. Dabei ändert sich die Stengel- beschaffenheit von der normalen Biegsamkeit bis zur glasartigen Sprödigkeit. Daza zeigt sich nach Schacht^) eine sehr reichliche Zuckerbildung in den kranken Zellen. Wenn sich solche Pflanzen bis zur Ernte wirklich lebendig erhalten, haben sie doch gar keinen oder höchst spärlichen Knollenansatz. Betreffs der früheren Literatur, in der die verschiedensten Ursachen (auch parasitäre Pilze) angegeben werden, verweisen wir auf die vorige Auflage unseres Handbuches. Neuere Anschauungen finden wir bei Frank ^) , der eine Anzahl verschiedener Formen der Krankheit unter- scheidet und in Übereinstimmung mit mir ausspricht, dafs die ersten Anfänge der Erki-ankung eine Beteiligung von Pilzen nicht erkennen lassen. Die Ursache des Absterbens des Protoplamas in den einzelnen braunen Gewebeherden ist nicht bekannt. Abweichend von meinen Beobachtungen betont aber Frank, „dafs alle Triebe einer Staude zu- sammen erki^anken." (Kampf buch S. 222.) Speziell auf die Kräuselkrankheit gerichtete ausgedehntere Anbau- versuche mit mehreren Sorten zeigten mir, dafs die Krankheits- erscheinungen anfangs bei einer Sorte {Eorhj Puritan) allein aufgetreten waren. Die kranken vereinzelt zwischen den gesunden stehenden Pflanzen besafsen nur ein Drittel der Höhe der gesunden Exemplare und wiesen die bekannten Merkmale, besonders das Knacken der gekräuselten Blätter, auf. An den Blattstielen fanden sich mehrfach verkorkte kleine Rifs- stellen. Die ersten Erkrankungsanfänge an den Stengeln fand man an einem der unteren in der Erde befindlichen Internodien, wobei stets eine Schwärzung der Gefäfswandung festzustellen war. Dieses Merk- mal läfst sich rückwärts mehr oder weniger tief ausstrahlend in die sonst gesund aussehende Mutterknolle hinein verfolgen. Das zeigt, dafs nicht die Knolle dem Triebe das Krankheitsmaterial gebracht hat, sondern umgekehrt. Ebenso stralfl.t die Gefäfsbräunung aus dem er- ') Kühn, Jul., Krankheiten d Kulturgewächse. 1858. S. 200. — Ber. aus d. physiolog. Lahorat. d. landwirtsch. Instituts zu Halle. 1872, Heft I, S. 90. ^) Bericht an das Kgl. Landesökonomiekollegium über die Kartoffelpflanze und deren Krankheiten. 1854. S. 11. ^) Frank, A. B., Die pilzparasitären Krankheiten der Pflanzen. Breslau 1896. S. 300. — Kampfbuch gegen die Schädlinge unserer Teldfrüchte. Berlin, Parey, 1897. S. 217. ^ ^ ^ ö ' J. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzeiu 397 ki^ankten Stengelknoten in die dort entspringenden "Wurzeln aus und ist im ganzen äufserlich noch grün erscheinenden Achsenteil bis zu den Rippen der jüngsten Blätter hinauf zu finden. Besonders auffällig ist das Saftstrotzende der ganz gesmid aus- sehenden Mutterknolle, welche einzelne Zellen mit grofsen, unversehi'ten Stärkekörnern aufweist. Die stärkeführenden Gruppen liegen zerstreut in dem ätifserst turgescenten, aber kaum Spuren fester Inhaltsstofte auf- weisenden, grofse Zellkerne besitzenden, übrigen Parenchym der Knolle. Bemerkenswert ist ferner, dals , ebenso wie gesimde und kranke Triebe aus einer Mutterknolle entspringen können, auch die Krankheits- merkmale an demselben Stengel manchmal au±" bestimmte Regionen sich beschränken. Man sieht aus kranken Stengeln gesunde Augen sich entwickeln und findet kranke Stengel, bei denen nur eine Hälfte des Gefäfsbündelringes geschwärzt ist. So wie andere mit Gefäfsbräunung verbundene Krankheiten beginnt auch die Kräuselkrankheit die ersten Symptome an der Peri- pherie zu zeigen. Es schwärzt sich zumeist die Cuticulardecke der Epidermiszellen , deren Inhalt dann schwach tintenartig sich zu ver- färben beginnt, bis Wandung und Inhalt gleichmäfsig braun geworden sind, und nun die Epidermiszelle zusammensinkt. Dort, wo die Epidermis an das collenchymatische Gewebe grenzt,, sieht man die Verfärbung in den Wandungen desselben fortschreiten; diese werden erst schwach gelblich, dann rotgelb (bei einzelnen Sorten eigenartig blutrot) tmd schliei'slich braim. Diese Wandfärbungen, welche tangential sich schnell auszudehnen scheinen, erinnern an enzymatische Ei nfiüsse. Der weitere Verlauf der Krankheit stimmt bei den einzelnen Sorten nicht überein. weil walu-scheinlich die Zellwandungen bald lockerer, bald fester gebaitt sind. Bei EarJy Puritan wtu^le beobachtet, dafs die gebräunten Zellwandungen in körnigen Zerfall geraten können, wobei wahrscheinlich stäbchenförmige Bakterien zur Mitwirkung gelangen. In solchen Fällen schwindet das Gewebe; es entstehen Lücken imd Ein- senkungen im Rindengewebe des Stengels, und nunmehr findet man meist Mycel. Die Einsenkungen vertieften sich bei obengenannter Sorte bis- weilen bis auf den Holzring und waren im späteren Stadium der Krankheit auch schon an den noch grünen Stengelspitzen nachweisbar. Von ihnen aus geht aber die Gefäfsbräunung nicht ; dieselbe beginnt an der Stengelbasis und pflanzt sich nur im Röhrensystem selbst fort. An den Rifsstellen bemerkt man manchmal Heilungsvorgänge dtirch schlauchartiges Vorstrecken benachbarter, gesunder Rindenparenchym- zellen. Wenn oben gesagt worden ist, dafs die Krankheitssymptome nicht überall gleich erscheinen, so bezieht sich das z. B. auf das Auftreten braimer Stippflecke an nicht gekräuselten Blättern. Diese Blätter aber besitzen in ihren Blattstielen genau dieselbe schwach tintenfarbige, in einigen Fällen schleimig-körnig sich verdichtende Ausfüllung der Gefäfse, deren Wandung auch gebräunt erscheint. Die hier geschilderten Merkmale kommen einzeln auch bei anderen Pflanzen mit Stickstofliiberschufs vor. Hält man nun diese Merkmale zusammen mit den Ergebnissen früherer Beolmchtimgen, so charakterisiert sich die Kraus elkraiikheit folgendermafsen. Die Erkrankung tritt be- sonders gern tmd stark an zarten, frithen Sorten auf. Ferner besitzen die geernteten Knollen den Charakter der Jugend entwicklung, indem 398 J- Krankheiten durcli ungünstige Bodenverhältnisse. sie sich durch glattere Schale , schwächeren Stärkegehalt und einen bedeutend höheren Kaligehalt auszeichnen. Hierzu kommt noch eine geringere Grölse und ein geringerer Gehalt an Trockensubstanz, Aus derartigen Knollen sind mehrfach unter günstigen Umständen wieder gesunde Pflanzen gezogen worden. Unter den angegebenen Merkmalen haben wir die lange Dauer der saftstrotzenden, noch Stärke tührenden Mutterknolle hervorgehoben, und zwar deshalb, weil neuerdings Hiltnek\) einen hierhergehörigen Fall von Erhaltung, ja sogar teilweiser nachträglicher Vergröl'serung der Mutterknolle zur Sprache gebracht hat. Von verschiedenen Seiten sind dieselben Erfahrungen gemacht worden. In dem von Hiltner beschriebenen Falle kam hinzu, dafs diese aus prall gebliebenen Mutter- knollen entstandenen Stöcke gar keine unterirdischen , an Stolonen hängenden Knollen entwickelt hatten, sondern solche direkt an den unteren Internodien der grünen Stengel trugen. Diese Stengel waren aber um die Hälfte kürzer als bei normalen Ptlanzen und trugen zu- sammengerollte Blätter, die Hiltner an die Kräuselkrankheit erinnerten. Er glaubt, dafs diese Vorgänge eine l'olge davon sind, dafs man uni'eife Knollen als Saatgut benutzt hat. Diese Saatknollen haben, nachdem sie Stengel entwickelt , das vom Blattkörper erarbeitete Material zunächst dazu benutzt, um selbst noch w^eiter zu wachsen. Natürlich sei dann zu wenig organische Substanz für die diesjährigen Knollen übrig ge- blieben. Wenn wü^ die Anschauung von Hiltner über das Zustandekommen solcher straffbleibenden Knollen acceptieren, w^erden wir darauf hin- gewiesen, in der Kräuselkrankheit eine Folge ungeeigneten Saatguts zu sehen. Die Mutterknollen sind im Vorjahr nicht genügend aus- gereift. Dieser Umstand mufs auch in der Ausbildung der einzelnen Augen zur Geltung kommen. Während die Mehrzahl derselben noch Zeit gefunden, sich normal zu entwickeln, können einige im Jugendzustande zum Stillstand gekommen sein, und werden demnach den Jugendcharakter bei dem Austreiben im folgenden Jahre beibehalten. Somit wüi^de sich erklären, dals man manchmal nur einzelne Triebe Ivräuselkrank findet. Der Charakter der Jugend ist das Vorherrschen des Kalis und der gröfsere Reichtum an Stickstoffverbindungen bei geringem Nieder- schlagen von Kohlehydraten als Reservestofle. Derartige Zustände sehen wir begünstigt , wenn frischer Dung bei frühen Sorten zur An- wendung gelangt und Trockenheit dem Knollenwachstum ein vor- schnelles Ende bereitet. Wenn die Kräuselkrankheit der Kartofteln, ähnlich der Schrumpf- krankheit der Maulbeerbäume und in Übereinstimmung mit anderen Fällen, die wir bei den „enzymatischen Kranklieiten" erwähnen werden, auf einem Überwiegen von Stickstofifverbindungen , die nicht normal verarbeitet werden, beruht, dann würden sich auch die gefundenen Symptome der Schwärzung der Gefäfse und der schnellen Ansiedhing von Bakterien leicht erklären lassen. Diese Anschauung erhält eine weitere Stütze durch eine Studie von Appel^), der unter dem Namen „Bakterien -Ringkrankheit" 1) Hii.TNKR, L., Zur Frage des Abbaues der Kartoffeln. Prakt. El. f. Pflanzen- bau und Pflanzenschutz 1905, Heft 12. 2) Apfel, 0., Die Bakterien-Ringkrankheit der Kartoffel. Flugblatt 36 d. Kais. Biolog. Anst. Dahlem. 1906. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 399 Erscheinungen besclu'eibt, die vielfach an die Kräuselkrankheit erinnern. Er macht für die Ringkrankheit Bakterien verantwortlich, und „zwar ist es, ebenso wie bei der Schwarzbeinigkeit, nicht eine einzelne Art, sondern einige sich verwandtschaftlich nahestehende Formen". „Diese Bakterien sind in manchen Böden zweifellos normalerweise vorhanden ..." Nach diesen Äufserungen möchte ich die Baktorien-Ringkrankheit auch in den Kreis derjenigen Erscheinungen ziehen, bei denen der Parasit nicht das Ausschlaggebende ist, sondern die Beschalienheit der Mutterpllanze, die den Bakterien den erst zu ihrer Ausbreitung besonders günstigen Mutterboden bereitet. Und solche Zustände werden ähnliche sein können, wie die bei der Kräuselkrankheit geschilderten, bei welcher ich ebenfalls einen weiteren Zerfall der Gewebe durch Bakterien beobachtet habe. Es scheint somit, dafs wir eine ganze Gruppe von Kartoftel- krankheiten vor uns haben, die das gemeinsame Merkmal der Schwärzung der Gefäfse besitzt und darauf zurückzufülu-en wäre , dafs unvoll- kommen verarbeitete Stickstotifverbindungen bei ungenügender Aus- bildung der Kohlehydrate ihren Einflufs geltend machen. Diesem Mangel werden wir nach Möglichkeit vorzubeugen Stichen, indem wir alle Mafsregeln durchfühi-en , welche eine allmähliche voll- kommene Reife der Knollen am Stocke zulassen. d. Kalk- und Magnesiaüberschufs. Unter Hinweis auf die in früheren Abschnitten bereits über die Wirkung des Kalkes erwähnten Beobachtungen heben wir hier zunächst die Mahnung von Okth^) hervor, an Stelle einer einzigen sehr starken Kalkzufulir lieber öfter kleinere Mengen auf den Acker zu bringen. Selbstverständlich kann ein Kalküberschui's nicht durch bestimmte Zahlen präzisiert werden, da jede Pflanze und jeder Acker ein anderes Kalkbedürfnis haben. Auch kommt es gar nicht auf die absolute Menge bei der Kalkzufuhr an, sondern auf das Verhältnis zu den anderen Nährstoffen, welche durch den Kalk in ihrer Löslichkeit und Wanderungs- fähigkeit beeinflufst werden. Endlich kommt aber auch die Witterung zur Zeit des Kaikens in Betracht. Für die Praxis namentlich beherzigenswert sind die Warnungen, welche Hüffmann-) atif Grund vielseitiger Erfahrungen ausspricht. Kalk wirkt schädlich, wenn er in gröfseren Mengen auf kraftlosen Böden zur Verwendung gelangt ; auf humusarmen, leichteren, tätigen Böden erweist er sich in trockenen Frühjahren zu stark lockernd und austrocknend und stört die Bakterienarbeit. Kommt er als Mergel zur Verwendung, ist daraiif zu sehen, dafs dieser vorher an der Luft gut zerfallen ist. damit etwaige schädliche Bestandteile rechtzeitig oxydiert werden können. Ebenso wie bei anhaltender Trockenheit wird Kalk auch bei stauender Nässe gefährlich, namentlich wenn er als sogen. „Wasser kalk" mit viel Kieselsäure. Eisenoxyd und Tonerde vermischt ist. Derselbe wird bei feuchtem Wetter leicht zementartig hart. Aber auch unter normalen Verhältnissen kann der Kalk gefährlich werden-, man darf nicht vergessen, dafs bei seiner erminschten Leistung der Zersetzung der organischen stickstoffhaltigen Substanzen ^) Orth, A., Kalk- und Mergeldüngung. Anleitung, im Auftrage d. Deutsch. Landw.-Ges. Berlin 1896. -) HoFFMAxx, M., Düugungsversuche mit Kalk. Arb. d. D. Landw.-Ge.s. Heft 106. 400 I. Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältni;^ und der Umformung des entstehenden Ammoniaks in salpetersauren Kalk auch- Ammoniakverbindungen verflüchtigt werden. Kommt salz- saures oder schwefelsaures Ammoniak mit kohlensaurem oder phosphor- saurem Kalk zusammen, entstehen das äufserst leicht lösliche Chlor- calcium und Gips und andererseits kohlensaures bez. phosphorsaures Ammon. Bei Versuchen von "Wagner \) (Darmstadt) beobachtete man einen durch Ammoniakverdunstung entstandenen StickstoftVerlust von 30*^/o gegenüber einer Salpeterdüngung. Besonders leicht entstehen derartige Verluste , wenn der Boden reich an kohlensaurem Kalk ist, wenn das Ammoniaksalz nur flach untergebracht ist und Sonne und Wind reichlich Zutritt haben-, dann kann das durch die Umwandlung des nicht flüchtigen schwefelsauren Ammoniaks entstehende flüchtige kohlen- saure Ammon sehr schnell dem Acker entführt werden. Superphosphat Thomasschlack( Schwefelsaures Ammoniak Stalhnist u. Guano Kainit ChiHsalpeter Fig. 66. Schematische Darstellung der günstigen und ungünstigen Beziehimgen der Düngemittel zueinander. Sandige und zugleich kalkreiche Böden werden deshalb nicht für Ammoniakdüngung, namentlich nicht für Kopfdüngung geeignet sein. Aufserdem wird jetzt verständlich, warum man nicht Ätzkalk direkt mit Stallmist oder anderen ammoniakhaltigen Dungstoffen in Berührung bringen soll. Aufser den genannten Beziehungen hat der Kalk auch seine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Phosphorsäure. Die wasserlösliche Phosphorsäuro im Superphosphat wird durch gleichzeitige Kalkung in ihrer Wirlamg beeinträchtigt, allerdings nicht so sehr wie die der citronensäurelöslichen Thomasmehlphosphorsäure; am stärksten ist die Behinderung bei der des Knochenmehls. Es dürfte hier der Ort sein, auf die Beziehungen der Dünger zu- einander hinzuweisen, um zu vermeiden, dafs sie gegenseitig einander schädigen, d. h. in ihrer Wirkung beeinträchtigen. An Stelle längerer ') Zeitschr. der Landwirtschaftskammer f. d. Prov. Schlesien. 1904, S. 1688. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 401 Besclireibungen geben wir eine dem „Praktischen Ratgeber im Obst- und Gartenbau" 19U6 Nr. 17 entlehnte Figur wieder. In diesem Schema bedeuten die dünnen Verbindungslinien für die einzelnen Düngerarten , dais man dieselben immer zusammenmischen darf. Die Dünger, welche mit Doppellinien verbunden erscheinen, dürfen nur kurz vor dem Ausstreuen miteinander gemengt werden ; da- gegen darf man niemals diejenigen Dünger miteinander mischen, welche in der Figur mit dicken Strichen verbunden sind. Der Vergiftungserscheinungen durch M a g n e s i a ü b e r s c h u f s und der daran sich knüpfenden Theorie von LoEW über ein bestiimntes Mengen- verhältnis zwischen Kalk und Magnesia im Boden zur Erzielung guter Ernten ist schon in dem Abschnitt über Kalkmangel (S. 302) gedacht worden. Neuerdings hat LoEwM seine früheren Mitteilungen ergänzt, indem er darauf aufmerksam macht, dais das günstige Mengenverhältnis zwischen Kalk und Magnesia im Boden durch keine bestimmten Zahlen stets fixiert werden kann -, es ändert sich, sobald die beiden Basen der Aufnahme durch die Pflanze in verschiedenem Grade zugänglich sind. Gegen die LoEw'sche Anschauung sprechen die Versuche von Meyer ^), von denen wir hier nur hervorheben, dais sowohl starke Kalk- als auch Magnesiagaben die Ernten sehr beeinträchtigen. Natürlich verhalten sich die verschiedenen Pflanzenarten zu derselben Düngung ganz verschieden; bei derselben Magnesiagabe zeigte beispielsweise Hafer schon einen Rückgang in der Körner- und Strohernte , während bei Roggen dies nicht der Fall war. Auch Gössel^) hält auf Grund seiner Versuche die LoEw'sche An- sicht für nicht richtig; indes glauben wir, dafs trotzdem dieselbe be- achtenswert bleibt. Man darf sich nur nicht an bestimmte Zahlen binden, weil jeder Kulturversuch andere Verhältnisse bietet. Die Paralysierung der mit den Düngesalzen massenhaft in den Boden gebrachten schädlichen Magnesia Verbindungen wird man stets im Auge behalten müssen. Vor allem handelt es sich um die grofsen Mengen von Chlormagnesium, die mit den sogenannten „Abraum salzen" dem Acker zugeführt werden und die den Zuckergehalt der Rüben, den Stärkegehalt der Kartoffeln usw. herabdrücken. Unser Bestreben mufs sein, das nicht absorbierbare Chlor an eine Base, also namentlich an Kalk zu binden, durch die es leicht in den Untergrund gewaschen werden kann. Schliefslich mufs darauf aufmerksam gemacht werden, dafs dieselbe Kalkmenge einmal schädigend, ein anderes Mal fördernd wirkt, je nach- dem dieselbe als kohlensaurer oder schwefelsaurer Kalk gegeben wird. So fand z. B. Suzuki'*) bei Vegetationsversuchen mit Bergreis, dafs durch eine übermäfsige Gabe von kohlensaurem Kalk (das Verhältnis von Kalk zu Magnesia war 3:1) die Ernte beträchtlich herabgedrückt w^u'de , selbst wenn die Phosphorsäm'e in leicht löslicher Form vor- ') LoEw, O., und Aso, K., Über verschiedene Grade der Aufnahmefähigkeit von Pflanzennährstoffen durch die Pflanzen. Bull. College of Agric. Tokyo, Imp. Univ. vol. VI. No. 4, cit. Centralbl. f. Agrik.-Chemie 1905, S. 594. -) Meveu, D., Untersuchungen über die Wirkung verschiedener Kalk- und Magnesiaformen. Landw. Jahrbücher Bd. XXXIII, 1904, S 371. =') GüssEi., Fk., Bedeutung der Kalk- und Magnesiasalze für die Pflanzen- ernährung, Vortrag auf d. 75. Naturf. Vers. (s. Chemikerz. 1903, Nr. 78) *) Suzuki, S., Über die schädliche Wirkung einer zu starken Kalkung des Bodens. Bull. College of Agric. Tokyo, Imp. University vol. VI. cit. Centralbl. f. Agrik.-Chem. 1905, S. 588. So r au er, Handbuch. 3. Auti. Erster Band. 26 402 !• Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. lianden war. Dagegen zeigte die Zufuhr einer äquivalenten Menge Gips eine ungewölmliclie Erntesteigerung namentlicli an Körnern. Aus diesem Versuch aber ergibt sich auch, dals die schädliche Wirkung des Kalküberschusses nicht immer in einer Verminderung des Auf- schliefsungsvermögens eines Bodens gegenüber schwer löslichen Phosphorsäureverbindungen zu suchen ist, sondern wahrscheinlich auch ihren Grund in der Neutralisierung der Wurzelsäuren hat. Durch Abstumpfung der Säuren der Pf lanzenwurzeln kann die Aufnahme der verfügbaren Phosphorsäure beeinträchtigt werden. Der grofse Unterschied zwischen der Wirkung des Calciumkarbonats und derjenigen des Gipses erklärt sich leicht dadurch, dafs der Gips aus dem Boden nur so weit, als er in Wasser löslich ist (also in äufserst geringer Menge), aufgenommen wird, während die Aufnahme des Karbonats durch die Pflanzen hauptsächlich von der Säure der Wurzeln abhängt. Der Kalküberschufs bei dem Weinstock. Seit der Einführung des Weinbaues mit veredelten amerikanischen Reben sind die Klagen über die Gelbsucht des Wein Stockes besonders in den Vordergrund getreten. Beschrieben wird die Krank- heit meist als „Chlorose"; nach unserer Anschauung müfste sie als „Icterus'' bezeichnet werden. Selbstverständlich sind die Ursachen für die Gelblaubigkeit , wie bei den anderen Pflanzen, äufserst verschiedener Art : sehr häufig spielt dabei die mit oder ohne Mycelpilze sich einstellende Wurzelfäulnis auf schweren Böden eine Rolle. Namentlich Vüis Riparia und rupestris mit ihrem feineren Wurzelsystem erweisen sich gegen solche Böden empfindlich, während Sorten mit starken Wurzeln (Jacques, Herheniont usw.) sich besser anpassen ^). Besonders schwer aber ist es , die amerikanischen Reben auf solchen Böden zu erziehen , die viel Kalk in leicht aufnehmbarer Form enthalten und nicht sehr reich an Nähr- stoiTen sind. Die meisten Erfahrungen darüber hatte man in Frankreich Gelegenheit zu sammeln. Luedecke^) gibt die Resultate von Boden- untersuchungen wieder, welche der landwirtschaftliche Verein zu Cadillac 1890 vornehmen liefs. Es enthielt der Boden, der keine Gelbsucht und der, welcher Gelbsucht der Stöcke zeigte 0,06 '*/o, 0,37 "/o, 18,93%, 3,02 o/o, 0,10 «/o. Der Gehalt der Böden an Stickstoff, Kali und Phosphorsäure ist also gleich, Eisenoxyd in beiden hoch, aber der Kalkgehalt des Gelb- sucht erzeugenden Bodens nahezu zehnmal gröfser. Bei den nunmehr vorgenommenen Düngungsversuchen mit Chilisalpeter, Ammoniak, Phosphorsäure 0,07 «»/o, Kali 0,39%, Kalk 1,81%, Eisenoxyd 5,90 %, Stickstoff 0,10%, >) Eger, E., Untersuchungen über die Methoden der Schädlingsbekämpfung usw. Berlin, Paul Parey, 1905. ") LuEDECKE in Zeitschr. f. d. landw. Yer. d. Grofsherz. Hessen 1892, Nr. 41, 1893, Nr. 2. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen, 403 Superpliospliat , Clilorkalium , scLwefelsaui-er Magnesia und Eisen- vitriol zeigte nur der letztere einen hervorstechenden Erfolg. Auf dieser Versuclisparzelle hatten die Stöcke besonders viel neue Wurzeln gebildet. Dieselben Resultate \\Tirden unter ähnlichen Verhältnissen anderweitig auf Böden erzielt, die ebenfalls sehr reich an Eisen von vornherein waren, bei denen also die Eisenvitrioldüngung in ihrer günstigen Wirkung nicht einem vorher dagew^esenen Eisenmangel zu- geschrieben werden konnte. Derartige Resultate, die auf den hohen Kalkgehalt der Böden als Ursache der Clelbsucht des AVeinstocks hinweisen, liegen vielfach vor ^), und ebenso zahlreich sind die Beobachtungen über die Wirksamkeit des Eisenvitriols. Es fragt sich nun, wie man den schädlichen Einflufs des Kalkes und die günstige Wirkung der genannten Eisenverbindung erklären solly LuEDECKE fand die aus dem Kalkboden von Rhcinhessen kommenden Wässer alkalisch reagierend und sah bei Zusatz eines Eisensalzes (Eisenvitriol , Eisenchlorid) , dafs das Eisen ausgefällt wurde. Er zog daraus den Schlufs , dafs , da die Pflanzen nur Eisen in aufgelöster Form aufzunehmen vermögen, das alkalische Wasser aber die Lösung des Eisens verhindert, trotz des vielen Eisens im Boden die Weinstöcke doch Mangel daran leiden und daher icterisch würden. Yiala und Ravaz erblicken die schädliche Wirkung des Kalkes in einer Neutrali- sation des Zellsaftes der Wurzeln (s. Egek). In Ermangelung weiterer experimenteller Studien müssen wir uns zu- nächst mit der Tatsache begnügen, dafs gTofse Mengen leicht löslicher Kalkverbindungen den Icterus am Weinstock hervorzurufen vermögen und reicliliche Gaben von Eisenvitriol sich vielfach nützlich gezeigt haben. Es liegt nun am nächsten, daran zu denken, dafs die Schwefel- säure der Eisenverbindung an den Kalk geht und denselben in den nur sehr wenig sich lösenden Gips überführt, der sich unschädlich oder sogar wachstumsfördernd erweist. Tatsächlich führt Eger (a. a. 0. S. 84) Versuchsergebnisse von Oberlix-Beblenheim an, aus denen sich eine wesentliche Ertragssteigerung nach Gipsdüngung auf reichen Böden ergibt. Da eine gleichzeitig ausgeführte Gipszufuhr zu mageren Böden vollständig erfolglos blieb, so ist wahrscheinlich die günstige Wirkung des Gipses seiner auf- schliefsenden Kraft zuzuschreiben. e. Kaliüb erschuf s. Auf die Gefahren, die fortgesetzte reiche KalidüngTing für die Bodenbesehaffenhoit liat, ist schon hingewiesen und dabei betont worden, dafs die leichteren und die Moorböden am dankbarsten sich für Kali- zufuhr erweisen. Li letzterer Zeit hat al^er Hollkung auf einen anderen Nachteil der Mineralsalzdüngung überhaupt , also auch der Kalisalze, aufmerksam gemacht. Er weist auf Versuche von Hall hin, welche ergeben haben, dafs sich der Wasserbestand in den Böden völlig ändert. Hall stellte seit 186(3 fest, in wieviel Tagen des Jahres die Drainage auf einem migedüngten gegenüber einem beständig mit Chili- salpeter gedüngten Felde gelaufen hat. Je mehr die Drainage läuft, um so mehr Wasser wii'd dem Felde entzogen. Obgleich das Ergebnis 0 s. V. Baüu u. Mach, Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft (s. Egku). 26* 404 I- Kraukheiten durch ungüustige Bodenverhältnisse. in den einzelnen fünfjährigen Perioden, die zum Vergleich kamen, ein schwankendes war, deutete das Gesamtresultat für den ganzen Zeitraum doch darauf hin, dafs der „gesalzene Boden" weit gTöfsere Mengen Wasser durch den Untergrund in die Drainage entlassen hatte, was auf eine ungünstige Umgestaltung des Bodens schliefsen läl'st. Bei dem Einlufs der Kalisalze auf den Pflanzenkörper kommt es darauf an, in welcher Form und auf welchem Boden das Düngesalz zur Anwendung gelangt'). Denn es handelt sich wesentlich um die "Wirkungen der Nebensalze , die bei der Kalizufuhr dem Boden ein- verleibt werden. Zurzeit finden der Kainit und das 40 " o ige Kalisalz die reichlichste Verwendung. Bei Kainit braucht man 3 ^u Zentner, wenn man so viel Kali zuführen will, wie in einem Zentner 40 •^.'o igen Kalisalzes enthalten ist. Unter den im Kainit zugefüln-ten Nebensalzen spielt das Kochsalz eine hervorragende Rolle. Aufserdem kommen schwefelsaure Magnesia imd Chlormagiiesium in Betracht. Die emzelnen Pflanzen verhalten sich nun sehr verschieden zum Kochsalz: während Zuckerrüben dankbar sich erweisen, ist die Kartoffel sehr empfindhch^). Allerdings ist auch bei den Zuckerrüben der Erfolg ein ziemlich trügerischer, da zwar (nach den Versuchen von Aducco und Wohltmann) die Masse der geernteten Rübensubstanz vergröfsert wird, aber der Reinheitsquotient und der Zuckergehalt zurückgehen. Wegen der Nebensalze prüften Schneidewind und Ringleben ^) die Kalirohsalze gegenüber den hochkonzentrierten Formen bei verschiedenen Kalkgaben. Bei Kleegrasgemisch, Hafer, Zuckerrüben luid Kartoffeln zeigte sich, dafs der Kainit sich dem Chlorkalium und schwefelsauren Kali überlegen zeigle , wenn ausreichende Mengen von kohlensaurem Kalk vorhanden waren ; fehlten diese , trat der entgegengesetzte Fall ein. Nahm man den schwerlöslichen Gips statt des kohlensauren Kalkes, erwies sich der Kainit schädlich, besonders für Kleegrasgemisch, weniger für Hafer. Bei Kartoffeln war die Wirkung günstig, sofern die Böden kaliarm waren ; bei gröfserem Kalireichtum derselben kam die Überschufs- wirkung, nämlich Erniedrigung des Stärkegehaltes, zum Vorschein. Die, durch die Chloride bewirkte Stärkedepression, die mit einem gröfseren Wasserreichtum verbunden ist, fand Szollema^) bei den stärkereichen Kartoffelsorten etwas gTöfser als bei den stärkeärmeren. Bei den Pflanzen, welche gegen die Chlorverbindungen der Kali- rohsalze, wie z. B. des Kainits , sehr emjjfindlich sind, erweist sich manchmal der Nachteil, dafs das Kali während des Herbstes und Winters aus dem Boden teilweise ausgewaschen wird, insofern als vorteilhaft, als dabei auch reichlich die gefährlichen Nebensalze (Koch- salz und Chlormagnesium) ausgewaschen werden, also dem Boden zwar absolut weniger Kali verbleibt, aber dasselbe m reinerer Form zur Geltung kommt. Das Auswaschen von Kali fällt übrigens blofs bei Böden in die Wagschale , welche nur germge Mengen Kalk und der- 1) Blätter für Zuckerrübenbau 1905, S. 62. 2) Blätter für Zuckerrübenbau 1905, S. 89. '') ScHNEn)Ewixi> , W. , und ßiNtJLEBEN, O. , DiB Wh'kung der Kalirohstoffe und der reinen Kalisalze bei verschiedenen Kalkformen. Landwirtsch. Jahrb. 1904. Bd. XXXIII, S. 353. *) SzoLLEMA, D., Über den Einflufs von Chlor- und anderen in den Stafsfurter Eohsalzen vorkommenden Verbindungen etc. cit. Centralbl. f. Agrikultur - Chemie 1901, S. 516. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 405 artig absorbierende Bestandteile besitzen, wie z.B. bei leichten Sand- nnd Moorböden ^). Von den nachteiligen "Wirkungen der Kalidüngung bei andern als den bereits genannten Kulturpflanzen erwähnen wir noch diejenigen die Behrens'^) bei Tabak beobachtet hat. Seine Versuche ergaben nämlich , dafs der Wassergehalt der Blätter beträchtlich stieg , wenn schwefelsaures Kali als Beidünger zu Stallmist gegeben \vurde, und dal's damit eine gröfsere Leichtigkeit des Faulens der an der Luft schwerer trocknenden Blätter verbunden war. Dies hängt wahrschein- lich mit der von Copeland beobachteten Turgorsteigerung dui'ch Kali- salze (Pottasche) zusammen^). Natronsalze (Soda) zeigten diese physiologische Wirkirng nicht. Beachtenswert ist die Klage der Landwirte , dafs bei fortgesetzter Kalidüngung die Qualität der Wi e s e n p f 1 a n z e n so verschlechtert werde, dafs die mit dem Heu gefütterten Tiere abmagern. Wenn auch diese hochgi'adige Wirkung noch anzuzweifeln ist, so steht doch fest, dafs häufig eine geringere Schmackhaftigkeit des Heues solcher Wiesen beobachtet worden ist, welche mit Kainit oder Kainit und Thomas- schlacke wiederholt gedüngt worden sind*). Die bei verschiedenen Feldfrüchten und Obstbäumen hier und da hervorgetretenen Schädigungen beruhen meist auf unzweckmäl'siger Anwendung der Kalisalze und äufsern sich dann vielfach auch in Nach- wirkungen-^). Man wird denselben am besten vorbeugen durch Ver- meidung starker Kaligaben auf schweren Böden, durch Unterlassen der Einbringung des Salzes mit dem Saatgut, durch wiederholte kleinere Kalkgaben und (bei den besonders chlorompfindlichen Pflanzen wie z. B. Kartoffeln) durch Verwendung des 40 "/o igen Kalisalzes vmd anderer gereinigter hochkonzentrierter Verbindungen an Stelle der Rohsalze. Die wiederholte Zufuhr kleiner Kalkmengen erweist sich darum nützlich, weil der Kalk im kohlensäurehaltigen Bodenwasser um so mehr ausgewaschen wird, je mehr Kalisalze dem Boden zugeführt werden, da er sich, wie bereits erwähnt, mit ihnen zu löslichen Ver- bindungen umsetzt. Hoffmann**) empfiehlt, sich womögKch eines hoch- prozentigen Handelsmergels zu bedienen und davon mindestens 5— 7V2 dz pro Morgen zu geben. Droht einem Boden die Gefahr der Verkrustung (das „Abbinden"), so bringe man im Herbst mindestens 2V2 dz Ätzkalk flach unter und wiederhole dies nach etwa vier Jahren. f. P h o s p h o r s ä u r e - Ü b e r s c h u i s. Schädigungen dm'ch einen Überschufs an Phosphorsäure sind selten. Sie können wohl nur dort erwartet werden, wo reichlich Superphosphate zur Verwendung gelangen, also eine wasserlösliche Phosphorsäure vor- handen ist. Die citratlösliche des Thomasmehls ist schon schwerer 1) ScHNK(i>E\vixi), Auswaschen des Kalis im Winter. Zeitschr. d. Landwirtschafts- kanimer f. Schlesien 1904, Nr. 14, S. 471. -) Behukxs, J., Weitere Beiträge zur Kenntnis der Tabakspflanze. Landw. Versuchsstationen 1899, S. '214. 3) Bot. Jahresber. 1897, I, S. 72. ■*) Mitteilungen d. Deutsch. Landw.-Ges. vom 11. März 1905. ^) Ci.ArsEx, Resultate von Obstbaumdüngungen. Landwirtschaftl. Jahrbücher Bd. XXXIII, S. 939. •5) HuFF.MAxx, M., Die Kalisalze. Anleitung. Herausg. v. d. Deutsch. Landw Gesellsch. III. Aufl., 1905. 406 I- Krankheiten durch ungünstige Bodenverhältnisse. beweglich. Aber auch die wasserlösliche Phosphorsäiire geht alsbald wieder in den unlöslichen Zustand dadurch über, dafs sich im Boden Diphosphate des Calciums, Magnesiums, Aluminiums und Eisens bilden, die nur langsam von der Kohlensäure des Bodens und den sauren Ausscheidungen der Wurzeln gelöst werden. Eine Schädigung durch Superphosphat wird daher sellDst bei reicher Gabe nur auf Böden zu befürchten sein, die arm an kohlensaurem Kalk, Eisen und Tonerde sind. Versuche liegen nur in geringer Anzahl vor. Die sorgfältigen Untersuchungen der Versuchsstation Bernburg mit Zuckerrüben ^) , die einbasisches Calciumphosphat, also wasserlösliche Phosphorsäure im Überschufs erhalten hatten , haben gezeigt , dafs ein Rückgang im Zuckergehalt nicht eingetreten ist und auch die Mengen der Rüben- substanz und des Nichtzuckers dieselben wie in normal gedüngten Rüben geblieben sind. Soweit meine eigenen Erfahrungen reichen, kann sich der Phosphor- säureüb erschuf s in einer Verkürzung des Wurzelsystems äufsern, wie dies bei allen hochkonzentrierten Lösungen einzutreten pflegt. Aufser- dem wird ein vorschneller Abschlufs der vegetativen Periode (Frühreife) eingeleitet. Die Pflanzen kommen nicht zur vollständigen Ausnutzung ihres Laubapparates, der vorzeitig zu vergilben pflegt. Dementsprechend ist die Ernte weniger ausgiebig. K o h 1 e n s ä u r e - tj b e r s c h u f s. Die Versuche über den Einflufs eines Gehaltes der Luft und des Bodens an Kohlensäure, der weit über das unter den gewöhnlichen Wachstumsverhältnissen vorhandene Mals hinaus geht, führen zu wider- sprechenden Resultaten. Während ein Teil der Beobachter nur schädigende Wirkungen erkannt hat, berichtet ein anderer Teil über vorteilhafte Entwicklung. Diese Gegensätze dürften ihre Erklärung dadurch finden, dafs bei der Kohlensäiu^e wie bei allen anderen Nähr- stofien die Wirkung davon abhängt, wie gleichzeitig alle sonstigen Wachstumsfaktoren in Tätigkeit sind. Die Pflanzen sind im allgemeinen auf den geringen normalen Kohlensäuregehalt der Luft in ihrer Tätig- keit abgestimmt^). Sie werden eine stärkere Steigerung bald durch Hemmungserscheinungen, bald durch Wachstumsförderung beantworten, je nachdem die Steigerung plötzlich oder allmählich eintritt und je nachdem der Reichtum an Licht und Wärme, an Wasser und anderen Nährstoffen dem Individuum gestattet, die vergröfserte Kohlensäure- menge noch zu verarbeiten. Experimentell finden wir diese Anschauung durch GoDLEWSKi^) bestätigt. Über die fördernde Wirkung liefern unsere Mistbeetkulturen reichliches Beweismaterial. Nach den Untersuchungen von E. Demoussy *) ist es nicht nur die erhöhte Wärme , sondern tatsächlich auch die Steigerung des Kohlensäuregehaltes der Luft in den Mistbeetkästen, die bisweilen mehr als zwei Tausendstel beträgt. Bei den vergleichen- 1) s. Vortrag von H. Eoemer; cit. Blätter f. Zuckerrübenbau 1905, S. 229. 2) Brown, F., u. Escomhe, F., Der Einflufs wechselnden Kohlensäuregehaltes der Luft auf den photosynthetischen Prozefs der Blätter und auf den Wachstums- modus der Pflanzen. — Farmer, J., u. Ciiandleh, S., Über den Einflufs eines Über- schusses von Kohlensäure in der Luft auf die Form und den inneren Bau der Pflanzen. Proceed. E. Soc. LXX. cit. Centralbl. f. Agrik.-Chemie 1903, S. 586. °) s. Sachs, Arbeit, d. Bot. In.stituts zu Würzburg. Heft III. ") Compt. rend. de l'Acad. d. sciences 1904. cit. Centralbl. f. Agrik.-Chemie 1904, Heft 11, S. 745. 2. Verhalten der Nährstoffe zu den Pflanzen. 407 den Kulturen hatte die Mistbeetluft, die nach sorgfältiger Prüfung kein Ammoniak erkennen liefs, nahezu das dreifache Erntegewicht gegenüber den in gewöhnlicher Luft unter sonst gleichen Umständen erwachsenen Pflanzen geliefert. Dafs die Versuche in sterilisiertem Boden gegenüber dem nicht sterilisierten viel geringere Erntemengen erkennen lassen, schreibt der Verfasser der Abtötung der Mikroorganismen zu, die durch ihre Tätig- keit bei der Zersetzung zur Kolilensäureproduktion beitragen. Und es ist auch wahrscheinlich, dafs die dicht am Boden bleibenden Gewächse eine Wachstumsbegünstigung durch die aus der Erde beständig ent- weichende Kohlensäure erfahren, da melu'fach festgestellt ist, dafs die Luft an der Oberfläche der Erde mehr als drei zehntausendstel Kohlen- säure enthält. Li einer Luft, in der die Kohlensäure eine fünfmal höhere Spannung als normalerweise hatte , nahmen eine grofse Anzalil verschiedener Pflanzen um etwa 6i)^o mehr an Gewicht zu als in gewöhnlicher Luft ; auch blühten dieselben früher und reichhcher * ). Vermögen die Pflanzen, die selbstverständlich je nach Art und Lidividualität sich verschieden verhalten, die gebotene Kohlensäure- menge nicht mehr zu bewältigen, mufs Funktionsstockung eintreten. Kosakoff ^) unterscheidet eine spezifisch schädigende Wirkung und eine indirekte durch Verminderung des Partialdruckes bezw. Entziehung des Sauerstolfes. Lifolge der Depression des Transpirationsstromes zeigt sich ein AVelken der Pflanzen. Böhm^) beobachtete ebenso wie Saussuke eine Verzögerung der Keimung, indem mit zunehmender Kohlensäure- menge die Wurzeln und Stengel immer kürzer wm-den. Chlorophyll- ausbildung und Assimilation waren wesentlich vermindert. Li einer Kohlensäureatmosphäre kann bei Golenkpflanzen (Grami- neen, Commelinaceen usw.) weder der Schwerkraftreiz perzipiert werden, noch vermag ein in Luft perzipierter Reiz eine Krümmung einzuleiten*). Scliliefslich sei noch darauf hingewiesen , dafs bei Eintritt von Kohlensäureüberschufs erst eine fördernde und allmählich später die störende AVirkung sich einstellen kann. Li diesem Sinne sind die Versuchsergebnisse von Brown und von Farmer-^) zu deuten, welche be- obachteten, dafs bei vermehrtem Kohlensäuregehalt der Luft sich nach acht bis zehn Tagen in melireren Fällen eine tiefer grüne Färbung aller Chlorophyll führenden Pflanzenteile geltend machte und der Stärke- gehalt vermehrt wurde. Aber aufserdem trat eine Verkürzung und Verdickung der Internodien, Einrollung der Blätter bis zur gänzüchen Verkümmerung und Abstofsen der Blütenknospen bezw. gänzlicher Ausfall der Blütenanlagen ein. Li der Praxis sind derartige Verhältnisse, wie sie im Experiment geboten worden sind, kaum jemals zu fürchten. Am häufigsten dürften solche Fälle vorkommen, dafs bei der Mistbeetkultur der Dünger zum Erwärmen der Kästen zu viel Kohlensäure entwickelt. Hier wird vor- sichtiges Lüften (auch bei Frosttagen) die Gefaln^ beseitigen. ^) DEMOfssr, E., Sur la veo;etation dans des atmospheres riches en aciile carbonique. Compt. rend. CXXXIX, S. 883. '-) KosARuFF, P. , Die AVirkung der Kohlensäure auf den Wassertransport in den Pflanzen. Bot. Centralbl. 1900, Bd. 83, S. 138. ^) Sitzungsber. d. Wiener Acad. 1873 vom 24. Juli. ■*) Koiu-, Die paratonischen Wachstumskrümmungen der Gelenkpflanzen. Bot. Zeit. LVIII. 1900, S. 1. ^) a. a. O. 408 I^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Zweiter Abschnitt. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Viertes Kapitel. Zu trockene Luft. Die Knospenbeschädigung. Der Mangel einer genügenden Lnl'tfeuclitigkeit ist ein bisher äufserst wenig berücksichtigter Faktor bei der Entstehung von Krank- heitserscheinungen, trotzdem wir demselben z.B. bei den Zimmerkulturen beständig begegnen. In welcher Richtung sich eine anhaltende, grofse Armut der Luft an Feuchtigkeit geltend machen wird, ersieht man aus den Eigenschaften der xerophilen Gewächse. Als Beispiel erwähnen wir die Beobachtungen von GrREViLLius \) , der bei den Pflanzen eines baumlosen Kalkplateaus fand , dafs sich namentlich eine Verdickung der Epidermis mit ihrem Wachsüberzuge oder als Ersatz eine stärkere Behaarung bemerkbar machten. Diese Merkmale treten an den Blättern um so stärker hervor, je höher dieselben am Stengel stehen. Die Epidermiszellen sind gegenüber den Normalformen gewöhnlich etwas kleinlumiger, die Palisaden breiter und dichter aneinander geschlossen, Intercellularräume geringer. Die mechanischen Gewebe in Achsen und Blattstielen sind stärker entwickelt, Markkörper minder la'äftig, Ideinzelliger , aber stärkereicher. Diese Veränderimgen treten freilich fast immer in Verbindung mit grofsem "Wassermangel im Boden auf, wodurch das Urteil darüber, welchen Einfluis die Trockenheit der Luft und die dadurch bedingte übe/mäfsige Transpü'ation allein ausüben, schwer zu fällen ist. Einzelne Vorgänge aber sehen wir sich einstellen, wenn bei genügendem Wasservorrat im Boden die Luft anhaltend heifs und trocken ist, und diese werden hier zu erörtern sein. Es sind teils Hemmungserscheinungen im Knospen- leben oder in den Keimungszuständen, teils Störungen in ausgewachsenen Blättern, welche zum sommerlichen Laubfall führen. Betreffs des Knospenlebens haben wir zwei Zustände auseinander- zuhalten: die Öffnung der Knospen und ferner das Hervorbrechen des jungen Triebes kurz nach Entfaltung der Knospen. Setzt eine längere Trockenperiode im zeitigen Frühjahr ein, wo sie in der Regel bei an- dauerndem Ostwind sich erhält, so wird der auf abwechselnder Wirkung von Sonnenschein und Regen beruhende Offnungsvorgang der Knospe be- hindert. Die in dem Knospenschuppengewebe vieler Baumarten meist durch Membranschmelzung entstehenden Gummimassen müssen zur Er- leichterung der Knospenentfaltung durch Regen erweicht sein, während die harzartigen und teilweise balsamischen Schmelzungsprodukte in den Knospenschuppen, durch den Sonnenschein erwärmt und erweicht, dem Druck der schwellenden Knospe gleichzeitig nachgeben. Bei anhaltend trockner, meist windiger Frühjahrs Witterung wird die Knospenentfaltung ^) Grevillius, Morphologisch-anatomische Studien üb.d xerophile Phanerogamen- Vegetation der Insel Oeland. Englers Jahrbücher 1897, XXIII, S. 24. Zu trockene Luft. 409 nun dadurch gestört, dais die Innenseite der Knospenschuppe an iln-em notwendigen Wachstum verhindert wird und sich nicht genügend zurückschlagen kann. Bei der zweiten Art der Schädigung wird die hervortretende, jimge Triebspitze plötzUch den scharfen Sonnenstrahlen und der hochgradigen Verdunstung m abnorm trockner Luft ausgesetzt, nachdem sie bereits den vor zu starker Verdunstung schützenden Mantel der Knospenschuppen abgestreift hat. Zum Verständnis dieser Vorgänge geben wh" nach Grüss ^) einige Abbildungen. Tri Fig. G7 finden wir den Quer- schnitt diu'ch die Knospendecke der Eiche, bei Fig. 08 den von P/'nus Mughus. Man unterscheidet leicht die einzelnen Schuppen , die fest übereinandergeschachtelt erscheinen, an der stark entwickelten Epidermis der Aufsenseite und findet bei Ver- gleich der beiden Knospenhüllen die Steigerung der Schutzvorrichtungen bei dem Nadelbaum durch Ein- lagerung der Harzmassen (/<). An dem Quersclmitt der einzelnen Deck- schuppe bemerkt man, dafs ihre Aufsen- oder spätere Unterseite be- sonders stark verdickte Elemente besitzt. Bei Pinus sind die Epi- dermis Zellen in hohem Grade sklerenchjTnatisch verdickt. Bei der Wintereiche , deren Knospendecke im vorliegenden Falle aus acht ein- zelnen Schuppen zusammengesetzt ist, sind die unterhalb der Epi- dermis befindlichen Zelllagen die stark verdickten, so dafs das Lumen fast ganz verschwindet. Die Sommer- eiche Qu. pcditncitJata Ehrh. verhält sich etwas abweichend. Lifolge der sklerotischen Elemente in den Deck- schuppen behalten dieselben, wenn sie im Frühjahr sich durch Basal- wachstum vergTöfsern, eine gewisse Steifheit und bleiben dem hervor- brechenden Triebe länger angelegt. Dadurch beschützen sie ihn länger vor den gefährlichen Temperatm- Fig.67 QucTschnitt Schwankungen Die Eiche in den ttt^?,°SS wärmeren Mittelmeerländern, Quercus sef^silißora Sm. //ea^L., hat die sklerotischen Elemente (aSTach GuCss.) - — '»^"■""T'''^^^^ Fig. 68. Querschnitt durcli die Knospen- decke von Pinus Mughus Scop. (Nach GrCss.) 1) Grüss, J., Beiträge zur Biologie der Kno.spe. Pringsheims Jahrb. f. wissen- schaftliche Bot. Bd. XXIII, Heft 4, S. 687 ff. 41() II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. • in ihren spärlicheren Knospendecken nicht oder kaum angedeutet. Hier handelt es sich um Schutz gegen die sommerliche Trockenperiode und dazu dienen ein Haarapparat , der sich aus der Epidermis , und eine Korklage, welche sich aus dem subepidermalen Gewebe entwickelt. Zur Zeit des Laubausbruchs wächst nun die Innenseite der dach- artig bisher zusammengeneigten Schuppen, die bekanntlich nichts anderes wie reduzierte, auf ihren Stipularteil beschränkte Blätter sind, an der Basis weiter, während die skierotisierte Aufsenseite dies nicht tut. Folglich wird die Basis der nunmehr vom Rand her vertrocknenden Schuppe fleischig, polsterförmig und drückt sie somit gespreizt nach, auisen. Dies ist der Zeitpunkt der Gefahr; demi nun ist der zarte Vegetationskegel nahezu schutzlos den Temperaturschwankungen aus- gesetzt. Daher finden wir im Frühjahr bei Eichentrieben bisweilen durch Frosteinwirkung hervorgerufene innere Zerklüftungen (siehe Kapitel Frostwirkungen) oder Schrumpfungserscheinungen durch Trockenheit infolge anhaltender scharfer Ostwinde. Gleichviel aufweiche Weise bei den einzelnen Baumarten der Schutz- apparat der Knospenschuppen gebildet wird, ob aus sklerotischen Zell- lagen oder aus Korkschichten, Haarfilzen oder Harzmassen, so steht die eine Tatsache fest, dafs diese Apparate je nach der Witterung und Nahrungszufuhr zur Zeit ihrer Anlage sich in den verschiedenen -Jahren verschieden ausbilden und demnach im folgenden Frühjahr von ver- schiedener Schutzkratt sind. Wenn z. B. der Sommer feucht und trübe gewesen, neigen die Deckschuppen in ihrer Entwicklung mehr zur Natur rles grünen Laubblattes, und die Zellen werden gröfser, aber weniger ver- dickt-, sie reagieren im Frühjahr schneller auf die Tm^gescenzsteigerung der Gewebe und werden schneller auseinanderweichen. Damit wird der Vegetationskegel frühzeitig den Unbilden der Frühjahrs Witterung aus- gesetzt und dabei zu schnell seines Transpirationsschutzes beraubt. Dieser Faktor ist nicht zu unterschätzen; denn Grüss (1. c. S. 649) berichtet , dafs , als er von einer Eichenknospe die äufseren stärkeren Deckschuppen entfernte, er fast regelmäfsig ein Zugrundegehen der Knospe bemerkte, selbst wenn die Temperatur nicht sank und Feuchtig- keit in genügendem Mafse vorhanden war. Auch die inneren , zart- häutigeren Tegmente vertrockneten, da sie an die Transpirationssteigerung nicht gewöhnt waren. Die unter gleichen Bedingungen (auf ab- geschnittenen Zweigen) gehaltenen, unverletzten Knospen entwickelten sich weiter. Der Versuch bei Buchenknosijen , denen die ganze Knospendecke genommen worden war , zeigte , dafs die jungen , blofsgelegten Blätter viel länger frisch blieben als bei der Eiche, und man darf dieses Ver- halten dem Umstände zuschreiben, dafs die jungen Buchenblättchen durch ihre Behaarung vor zu starker Transpiration und dem Ver- trocknen geschützt werden. Dafür spricht auch die Beobachtung von Grüss, dafs bei Aesculus H/ppocastanum die jungen, bekanntlich äufserst dicht behaarten Blätter nach der Entfemmig der Kjiospendecken sich doch noch normal entfalteten. Die Wirksamkeit des Harzschutzes er- gibt sich aus einem Beispiel bei Abies Pinsapo Boiss. Hier vertrockneten diejenigen Knospen , deren Harz durch Schwefelkohlenstoff entfernt worden war. Es fragt sich nun, inwieweit man im praktischen Betriebe solchen Unregelmäfsigkeiten in der Knospenentfaltung entgegenarbeiten kann ? Die Ausbildung der Knospendecken kann man nicht beeinflussen, Zu trockene Luft. 411 und die gefährliclien Scliwankmigen in der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgekalte der Luf't während der Frühjahrszeit kann man nicht beseitigen. Dennoch glauben wir, lietse sich sogar bei dem Wald- bau ein vorbeugndeos Verfahi^en emschlagen , um die Transpirations - extreme zu mildern. In erster Linie mui's dem Boden seine natürliche Moos- bezw. Streudecke erhalten bleiben , weil damit die Boden- feuchtigkeit geschont und eine feuchte Atmosphäre bedingt wird. Aus demselben Grunde wäre die Vermeidung der Kahlhiebe zu empfehlen. Endlich aber, und zwar namentlich bei jüngeren Kultiu-en, dürfte das Stehenlassen von Waldmänteln an den Seiten, an denen die Sonne im Frülijahr besonders stark auf die Stämme wirkt , sich vorteilhaft er- weisen. Wir denken bei derartigen Schutzbäumen besonders an die schnellwüchsige und locker sich aufbauende Birke. Bei Gartenkulturen hat man natürlich die Vorbeugung besser in der Hand. Es sei in dieser Beziehimg vorläufig hier nur darauf auf- merksam gemacht, dafs man nicht versuchen soll, den übermäfsig starken Transpirationsverlust durch gesteigerte, reichliche Wurzelbewässe- rung zu ersetzen. Dies geht nicht, und man sieht Pfianzen vertrocknen, die AVasserüberflufs an den AVurzeln haben. Das einzig rationelle Mittel bildet künstliche Beschattung. Der Hitzelaubfall. Die Beobachtung zeigt, dafs alljährlich vom Friihjahr an bei unseren sommergrünen Bäumen Laub abgeworfen wird. Bei städtischen An- pflanzungen fällt dies namentlich an Accf Negnndo auf; aufserdem gesellen sich gern alsbald die wenig entwickelten Blütenstände der Linden lange Zeit vor der „Lindenblüte" hinzu. Weniger auffällig, aber stets vorhanden ist der Vorgang auch bei anderen sommergrünen Baumarten. Wiesner ^) nennt dieses ständige Abfallen einzelner vergilbter Blätter speziell den „Sommerlaubfall" und sieht die Ursache desselben in der Ab- nahme des höchsten Sonnenstandes. Ich glaube, dafs auch andere Ur- sachen dabei wirksam sein können-, denn während nach Wiesner's An- gaben die sommerliche Entblätterung sich vorzugsweise nach dem 21. Juni einzustellen pflegt, lehrt die Beobachtung, dafs z. B. bei Acer Nefjunäo ^ Acer call forn/ cum und verwandten Arten schon im Mai und Junianfang ein Abwerfen der erstgebildoten Blätter stattfinden kann. Solange dieser Blattverlust im Verhältnis zur Gesamtbelaubimg eines Baumes geringfügig ist, hat er keine pathologische Bedeutung. Es ist eine ganz normale Erscheinung, dafs die Blätter eines Zweiges sich zu verschiedener Zeit ausleben und daher auch bald früher, bald später fallen. Die erstentstehenden im Frühjahr sind ihrer ganzen Anlage nach schwächlich ; sie erreichen geringere Gröfse und Masse und geraten bald in eine ihre Assimilationsarbeit hemmende Lage dadurch, dafs die später entstehenden la'äftigeren Blätter ihnen das Licht entziehen. Als- dann entledigt sich der Baum der arbeitsunfähigen Organe. Als Krankheitserscheinung aber ins Auge zu fassen sind die sommerhchen Entblätterungen , welche massenhaft und plötzlich sich einstellen und das kräftig entwickelte, im vollen Lichtgenufs befindliche Laub erfassen. Dahin gehören als Ursache die Spätfröste, am häufigsten aber eine längere, mit grofser Hitze verbundene Trockenperiode. Den ^) Wiesner, Jri.., Über Laubfall infolge Suiken.s des absoluten Lichtgenusses (Sommerlaubfall). Ber. d. D. Bot. Ges. 1904, S. 64. 412 II- f^chädliche atmosphärische Einflüsse. hierdiircli eingeleiteten Blattabwurf unterscheidet Wiesner als „Hitze- laubfall", „offenbar in erster Linie infolge einer übermäfsigen Tran- spiration, mit welcher die Zufuhr des Wassers vom Stamme her nicht mehr gleichen Schritt hält." Einen derartigen „Hitzelaubfall" sah ich in den Strafsenpflanzungen, namentlich bei Linden eintreten , trotzdem reichlich bewässert worden war. Daraus geht hervor, dafs tatsächlich die trockene Luft bei reichem Sonnenschein als der schädigende Faktor anzusehen ist. Bei alleinigem Wassermangel im Boden stirbt das Laub an Sommerdürre, aber bleibt meist am Zweige hängen. Wegen der besonderen Empfindlichkeit der Linden sind dieselben als Strafsenbäume trotz ihrer Schönheit nicht zu empfehlen. Die Sommerlinde leidet früher und stärker als die Winterlinde und zeigt sich nach Eintritt der sommerlichen Hitze fast ausnahmslos mit den feinen Spinnfaden der Webermilbe (Tetranychus telarius) bedeckt. Bei vielen Gehölzen treten die Blattläuse in Unmengen auf. Mit der Ent- laubung, von der nur die Zweigspitzen ausgenommen sind, tritt eine vorzeitige Ruheperiode bei den Bäumen ein. Sobald das Wetter kühler wird ( — oder bei reichlicher Straisenbewässerung auch noch innerhalb der heifsen Zeit — ) beginnt ein zweiter Trieb, wobei die sich entwickelnden Seitenknospen auch noch etwa sitzengebliebene Blätter abstofsen können (Treiblaubfall nach Wiesner). Dieser zweite Trieb erlangt bei nassen Herbsten nicht die gehörige Holzreife und leidet dann leicht dm'ch winterliche Fröste. Um allen diesen Folgeerscheinungen vorzubeugen, empfiehlt sich bei Strafsenpflanzungen der Ersatz der Linde durch die Ulme. Handelt es sich um ältere Alleen, die geschont werden müssen,_ so dürfte aufser den möglichst häufigen Strafsenbesprengungen ein Überbrausen der Bäume mit scharfem Wasserstrahl zur späten Abendzeit sich besonders nützlich erweisen. Ich halte die konsequente Durcliführung dieser Mafsregel auch für das wirksamste Mittel gegen das Ungeziefer. Der Honigtau. Nach den bisherigen Beobachtungen mufs eine Krankheit hierher gezogen werden, die unter dem Namen „Honigtau" (Mclh'go, Mel aeris, Ros mellis) mehrfach^) beschrieben und dabei auf sehr ver- schiedene Ursachen zurückgeführt worden ist. Sie besteht im Auf- treten eines zuckerigen Überzuges auf Blättern, Blüten und jungen Zweigen holziger und krautiger Pflanzen bald als glänzender, gleich- mäfsiger Firnis, bald in Form gelblicher, zäher Tropfen, meist die Ober- fläche der Organe überziehend. Meyen ^) erzählt darüber, dafs eine Zeit hindurch die von Plinius ausgesprochene Ansicht Geltung gehabt, wo- nach der Honigtau als wirklicher aus der Luft fallender Tau anzusehen sei, der besonders in den Hundstagen auftrete und nicht blofs die Pflanzen, sondern auch die Kleider der Menschen überziehe. Dieser Ansicht widersprach J. Bauhin, der darauf aufmerksam machte, dafs nur einzelne Pflanzen oder Arten in einer Gegend la-ank würden. Nachdem man die Abscheidung eines süfsen Saftes aus dem After oder aus den Hinter- ') Saccharogenesis diabetica; Unger, Exanth. p. 8. — Honning Dugen, Fabricius Kiobenh. 1774. — Le Givre, Adans, cit. beiSEETZEx: Sistematarum generaliorum de morbis plantarum. Göttingae 1789. -) Pflanzenpathologie, 1841, S. 217. Zu trockene Luft. 4XS leibsröhren der Blattläuse beobachtet hatte , wurden diese als die Ur- sache der Krankheit angesehen , zumal man bemerkte , dals Blattläuse und Honigtau sehr häufig gemeinschaftlich gefunden werden. Dem wurde aber zunächst entgegengestellt, dals die Blattläuse meist nur auf der Unterseite der Blätter, der Honigtau dagegen vorzugsweise auf der Oberseite auftrete; jedoch ist dies allerdings kein sehr sicherer Beweis, da die Blattläuse von der Unterseite des nächst höheren Blattes die Oberseite des darunterliegenden bespritzen können. Aber allmählich mehrten sich die Beobachtungen von Honigtau an isolierten Pflanzen im Freien und im Zimmer, an denen keine Blatt- läuse sich vorfanden oder doch erst einige Zeit nachher auftraten. In dieser Beziehung interessant ist eine Beobachtung von Hartig im Jahre 1834. Ein Rosenstock, der nicht aus dem Zimmer gekommen, sonderte auf der unteren Epidermis der Blätter kleine Tröpfchen ab, aus denen der Zucker in rautenförmigen oder kubischen Kristallen sich ausschied. Dabei veränderte sich die grüne Farbe des Blattes in eine gi^aue, was durch Verschwinden dos Chlorophylls im Mesophyll der secernierenden Stellen und durch Aiittreten heller Tropfen in den Zellen _ bedingt wurde. Treviranus ^) fand ebenfalls mehrfach solche zuckerige Aus- scheidungen bei warmer, anhaltend trockner Luftbeschatfenheit, sowohl im Freien wie in Gewächshäusern, an Weifspappeln, Linden, Orangen- bäumen, Disteln (Carduus ardio'iäes) und führt noch ältere Beobach- tungen von LoBKL , Pkna , ToüRNEFORT u. a. an , wonach Honigtau auf Ölbäumen, Ahornarton, Walnüssen, Weiden, Ulmen mid Fichten vor- kommt. Er und nach ihm Meyex haben sich überzeugt, dafs die zuckerhaltigen Tropfen direkt von den Epidermiszellen ausgeschieden werden, wobei der erstere Beobachter noch hinzufügt, dafs die Spalt- öffnungen bei dieser Sekretion nicht beteiligt sind. Weitere Be- merkungen über Honigtau auf sehr verschiedenen Pflanzen, namentlich auf Eichen, lieferte später Gasparrini 2). Der Honigtau an den Linden ist von Boussingault und bei der Traubenkirsche (Prunus Padus) von Zöller ^) chemisch untersucht worden. Boussingault fand dabei den zu zwei verschiedenen Zeiten ge- sammelten Honigtau in den Mengenverhältnissen der einzelnen Stoffe verschieden, woraus ersichtlich ist, dafs das Sekret nicht immer gleiche prozentische Zusammensetzung hat. Aber auch die Natur der Stoffe scheint sich zu verändern; denn während Bousslngault niu' Rohrzucker (48 — bb^lo), Invertzucker (28— 24"/o) und Dextrin (22 — 19"/o) fand, gibt Langlois im Honigtau der Linde aulserdem noch Mannit als Bestandteil an. Die Resiütate neuerer Untersuchungen wau-den von Czapek*) gesammelt. Es geht daraus hervor, dafs bei den verschiedenen Pflanzen die Zu- sammensetzung des Honigtaues verschieden ist. Eine Übereinstimmung der Ansichten über die Ursachen der Er- scheinung hat sich bis jetzt nicht erzielen lassen. Während Büsgen^) in eingehenden Studien über das Einstechen der Blattläuse in den 1) Physiologie der Gewächse, 1838, Bd. II, Teil 1, S. 35-37. 2) Sopra la melata o trasudamento di aspetto gommoso etc. Bot. Zeit. 1864, S. 324. 3) Ökonom. Fortschr. 1872, Nr. 2, S. 39. ^^^^ ^ , ^ ^) Czapek, Fr., Biochemie der Pflanzen. Jena. Gustav Fischer. 1905, Bd. 1, S. 408. 5) BüsGEN, M., Der Honigtau. Biolog. Studien an Pflanzen u. Pflanzenlausen. Sond. Biologisches Centralbl. Bd. XI, Nr. 7 u. 8, 1891. 414 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Pllanzenteil nachweist , clai's die Tiere durcli den Af'ter viel gröi'sere Mengen Honigtau ansscheiden (durch, die Hinterleibsröhren wird nur ein wachsartiges Sekret geliefert) als man gewöhnlich annimmt und daher zu dem Schlüsse kommt, dafs echter Honigtau nur von Pflanzen- länsen herrührt, haben wir von Bonnikr^) Versuche über künstliche Hervorrufung der Erscheinung ohne Mitwirkung von Tieren. BüSGEN sagt: „Die Eigenschaften der Cuticula gestatten weder ein Ausschwitzen von Zuckersäften aus dem Zellinnern, noch, wie Wilson annahm, ein osmotisches Heraussaugen von Flüssigkeiten durch auf der Blattfläche befindliche Zuckertröpfchen, wie solche die Blattlaus- exki'emente darstellen." Dieser Ausspruch läfst aber die Umstände unberücksichtigt, dafs die Cuticularglasur Sprünge bekommen kaini, und dafs Ausscheidungen in einzelnen Fällen doch wohl durch die Spaltöffnungen ihren Weg finden können. Beweis für letzteren Fall bieten die von Bonnikr erhaltenen Resultate. Blätter, die gröfseren Temperaturdifterenzen ausgesetzt waren (Nadelhölzer, Eichen, Ahorn etc.) liefsen bei autfallendem Lichte unter dem Mikroskope das Hervortreten von nektarähnlichen Tröpfchen aus den Spaltöffnungen direkt erkennen. Meine eigenen Beobachtungen bestätigen das Auftreten von Honig- tau ohne Mitwirkung von Blattläusen. In einem Falle sah ich bei Wasserkulturen auf älteren Blättern von Birnensämlingen, die ungeschützt der heifsen Julisonne ausgesetzt waren, reichlich Honigtaubildung. Diese Beobachtung zeigt, dafs der Wassermangel im Boden nicht mit- zuwirken braucht. Ich glaube , dafs dann Honigtau zustande kommt, wenn bei kräftig vegetierenden, nicht zu alten Blättern eine plötzliche, übermäfsige Transpirationssteigerung bei starkem Lichtreiz sich einstellt und eine zu hohe Konzentration des Zellsaftes herbeiführt. Dauert die Störung über ein gewisses Mais hinaus fort, leidet das Blatt dauernd und fällt vorzeitig ab. Im anderen Falle wäscht der Regen allmählich den zuck- rigen Überzug, der zur Ansiedelung von Schwärzepilzen (Rufstau) leicht Veranlassung gibt, wieder ab. Es handelt sich bei der Entstehung des Honig- taues nicht immer um absolut hohe Wärme- und Lichtreize, sondern mehr um eine plötzliche, grofse Differenz, die z. B. sich einstellt, wenn nach sehr kühlen Frühlingsnächten das in seiner Tätigkeit herabgedrückte Organ plötzlich den Reiz der intensiven Morgensonne bekommt. Beschattung würde das beste Vorbeugungsmittel, häufiges Bespritzen ein wirksames Heilmittel sein. Wahi'scheinlich gehört hierher die gefüi'chtete Mafuta- Krank- heit der Sorghum -Hirse {Andropogon Sorghum) in Deutsch - Ostafrika. Auf Blättern und Stengeln zeigen sich honigartige Ausschwitzungen (Mafuta heifst Ol), die zur Entstehung rufsartiger Überzüge Veranlassung geben-). Auch andere Pflanzen leiden, namentlich bei Dürre. Die Herz- und Trockenfäule der Futter- und Zuckerrüben^). Ms eine dem Honigtau ihren Ursachen nach verwandte Erscheinung ist die Herzfäule der Zuckerrüben zu betrachten. Sie zeigt sich meist in der heifsen Julizeit in regenlosen Perioden und äufsert sich in einem 1) BoNNiER, G., Sur la miellee des feuilles. Compt. rend. 1896, p. 835, cit. Zeit- schrift f. Pflanzenkrankh. 1896, S. 347. -) BussK, W., Weitere Untersuchungen über die Mafuta-Krankheit der Sorghum- Hirse. Aus „Tropenpflanzer", cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1902, S. 82. 3) s. Bd. II S. 240. Zu trockene Luft. 415 Absterben der Herzblätter, soweit dieselben noch niclit ihre halbe (Trölse erreicht haben. Das absterbende Laub wird fast plötzlich schwarz. In schweren Fällen sieht man den gesamten Blattapparat zugrunde gehen : aber in der Regel sterben die Pflanzen nicht gänzlich, sondern treiben in der nächsten Regenperiode wieder neues Laub. Neben der Er- ki-ankung des Blattapparates kann eine Zersetzung des Rübenkörpers sich einstellen (Trockenfäule). Derselbe bekommt in der Nähe des Kopfendes graue Flecke, die sich unter Zersetzung des Gewebes ver- tiefen und schliefslich die Rübe zerstören können. Von grofser wirt- schaftlicher Bedeutung ist dabei, dafs aus der Rübe ein Teil des nicht reduzierenden Zuckers verschwindet und ein anderer Teil in redu- zierenden (Trauben-) Zucker umgewandelt wird^). Tritt rechtzeitig Regen ein, kann durch Korkbildung das tote Gewebe abgestofsen werden. Tritt der Heilungsprozefs nicht schnell genug ein, so dafs eine lange Herbstfeuchtigkeit ihren Einüuis auf die Faulstelle ausüben kann, setzt sich der Zerstörungsprozel's der zuckerärmeren Rübe auch noch innerhalb der Mieten fort. Die Mehrzahl der Beobachter ist geneigt, die Ursache der Er- scheinung in Pilzeinwirkungen zu suchen, da man in den erkrankten Herzblättern vielfach Mycel findet ^). Namentlich war es Frank, der die Pilztheorie verteidigte und zwei Arten: Fhoma Betae'^) Frank und Fusarium heticola Frank daiür verantwortlich machen wollte. Sicher ist jedoch, dafs die ersten Anfänge der nerzblatterkrankung ohne Mycelpilze und Bakterien sich zeigen und die Parasiten später bei feuchter Witterung eine Fortsetzung der Gewebezerstörung veranlassen. Solange indes die Rübenpflanzen gesund sind, vermögen ihnen die Pilze nichts anzuhaben. Erst wenn die Verdunstung durch den Biattapparat sich hochgradig steigert und die Wasseraufnahme durch den Wurzelkörper eine wesentliche Beschränkung erleidet, treten disponierende Umstände für eine Pilzansiedlung ein. Als ein besonderes Förderungsmittel für Eintritt der Krankheit wird von den Praktikern die Zufulu' von Kalk, auch m der Form von Scheideschlamm angegeben, und wir haben nach dieser Richtung sehr instruktive Feldversuche ^), bei denen auf gekalkten Feldern einzelne Parzellen ausgespart wurden. Die mit Kalk behandelten Äcker gaben kranke Rüben, die ungekalkten aber gesunde Ernte. Auch die Lage an sich hat sich vielfach als mafsgebend für das Auftreten der Krankheit gezeigt, insofern als Ackerkuppen mit kiesigem Untergrund oder Abhänge, von denen das Wasser schnell abläuft, manchmal allein trockenfaule Rüben hervorbringen. Die einzelnen Sorten erweisen sich dabei von verschiedener Empfänglichkeit : die Vilmorin- Zuckerrübe soll besonders schnell erkranken. Sorten mit glattem, flach ausgebreitetem Laube und langen AVurzeln verdienen in gefährdeten Gegenden den Vorzug*''), ') Fkank, A. B., Kampfbuch. 1897, S. 131. 2) Piui.i.iKix et Di-.i.Acuoix, Complement ä Tetude de la maladie du cceur de la Betterave. Bull. Soc. mycologique. VII, 1891, p. 23. ^) svn. Phoma s^phaerosperma Rostr., Phoma Betae Eostr., PhyUosticta tabifica Prill. et 'Del. *) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895, S. 250, 1896 S. 339. ^) Barios, W., Einige Beobachtungen über die Herz- vmd Trockenfäule, cit. Centralbl. f. Bakteriologie 1899, S. 562. 416 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Sehr eingeliende Feldversuche hat Sasse \) angestellt und dabei gefunden, dals die Dampftiefkultur den Ausbruch der Trockenfäule zu verhindern imstande gewesen ist. BetreÖs des Einflusses der Düng-ung gehen die Meinungen weit auseinander. Dies kommt unserer Meinung nach daher, dafs die Wirkung desselben Dungmittels auf verschiedenen Äckern und je nach der Witterung verschieden ist. Betreffs der Trockenfäule werden diejenigen Düngungen gefährlich erscheinen, welche leichte Böden noch mehr lockern, ihre Erwärmbarkeit vermehren und ihre wasserhaltende Kraft vermindern, wie dies bei Scheideschlamm eintreten kann^). Dieselben Mittel sind bei schwerem Boden günstig. Am meisten streitig ist der Punkt der Kalidüngung. Es wird betont, clafs eigentlich der Boden durch die Salzdüngung das Wasser besser zurückhalte, also dem Einfluls der Trockenheit gröfseren Widerstand leiste , und dennoch fände man nicht selten bei reicher Kainitdüngung gerade dort zuerst herzfaule Rüben. Ein solches Ergebnis findet nach unserer Anschauung aber seine naturgemäfse Erklärung: die Kainitdüngung befördert auis er ordentlich die Entwicklung der Blätter, und es ist erklärlich, dafs bei Eintritt einer anhaltenden Trockenperiode der umfangreiche Laubapparat dem Rüben- körper am schnellsten Wasser entzieht und eine schädliche Konzentration des Zellsaftes veranlafst. Analysen haben gezeigt, dafs bei hohem Kaligehalt in den Blättern die Trockenfäule um so stärker auftrat, je geringer im Verhältnis dazu der Gehalt an Phosphorsäure war. Geboten sind also bei dieser Krankheit als Vorbeugungsmafsregeln die Vermeidung solcher Lagen, die schneller und starker Austrocknung ausgesetzt sind. Bei leichten Böden werden die den Boden hitzenden Materialien (Kalk, Scheideschlamm) nicht direkt zu den Rüben gegeben werden dürfen. Bei Eintritt gefährlicher Trockenperioden suche man die Drainage zu vermindern, da in den meisten Fällen eine Bewässerung der Rüben nicht ausführbar sein dürfte. Zu erwägen ist, oh man diu-ch Abschneiden der älteren Blätter oder durch Beschattung mittelst Über- streuen von Langstroli die Verdunstung der Pflanzen heral)drücken kann. Mangelhafte Blütenentfaltung. Viel häufiger, als man allgemein annimmt, machen sich die Folgen grofser Lufttrockenheit bei den Blumen, und zwar namentlich den ge- füllten, bemerkbar. Wenn man die Entwicklung von Exemplaren der- selben Spezies mit einfachen und gefüllten Blüten an demselben Stand- ort vergleicht (Fuchsien, Petunien, Knollenbegonien, Rosen u. dgi.), so wird man ausnahmslos eine schnellere und leichtere Entfaltimg der nicht gefüllten Blumen beobachten. Das langsamere und schwerere Aufblühen gefüllter Blüten dürfte sich darauf zurückführen lassen, dafs die durch den Blütenstiel zugeführte Wasser- und Nährstoffmenge sich auf ein weit bedeutenderes Blattmaterial verteilen mufs. Der durch die vermehrte Zahl der Blumenblätter hervorgerufene Transpirations - Verlust ist ein gewaltiger, und derselbe ist keineswegs durch Begiefsen der Wurzeln zu ersetzen. Lifolgedessen leben sich die Organe schneller aus ; sie werden notreif und sterben in ihrer Wachstumsregion schon 1) Sasse, Otto, Einige Beobachtungen aus dem praktischen Betriebe betreffs Auftretens der Herz- oder Trockenfäule. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1894, S. 359. ") Richter, W. , Über die Beziehungen des Scheideschlamms zum Auftreten der Herzfäule der Eüben. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895, S. 51. Zu trockene Luft. 417 ab, bevor die Blume sicli noch vollständig entfaltet hat. Daher findet man bei grofser Trockenheit der Luft vielfach ein Abfallen halb- geöffneter Blüten, das nicht zu verwechseln ist mit dem Abwerfen der Blüten bei Wasserüberschufs. In letzterem Falle läfst sich mehr- fach beobachten, dafs die Blüte samt ihrem Stiel sich abgliedert, während bei übermäfsiger Transpiration in einer äufserst trockenen Atmosphäre die Blumenblätter an der Ansatzstelle am Blütenstiel sich lösen, nachdem sie sich dort gebräunt haben. Wenn bei gärtnerischen Glashauskulturen oft versucht wird, durch reichliches Spritzen der ganzen Pflanzen künstlich eine feuchte Atmo- sphäre zu erzeugen , so hilft dies nur dann , wenn die Blumentöpfe auf einer Erdfläche stehen und nun die verdampfende Feuchtigkeit aus dem Erdboden eine beständig feuchte Atmosphäre schafft. Stehen die Pflanzen dagegen auf Stellagen von Holz, Eisen oder Mauerwerk, dann verkümmern die Blüten trotzdem, und es findet sich dabei an der Ablösungsstelle der Blütenblätter leicht Botrytis -Vegetation ein. Diese führt nachher zu irrigen Schlüssen , da Botrytis - Erkrankungen vorherrschend bei grofser Luftfeuchtigkeit sich einzustellen pflegen. Eine der auffälligsten Schädigungen durch übermäfsige Luft- trockenheit ist das Abfallen der gefüllten männlichen Blumen bei Knollenbegonien. Hier beobachtete ich die Erscheinung viel- fach in dem trockenen Sommer 19U4 an Stellen, die niemals direktes Sonnenlicht erhielten. Dafs die Trockenheit der Luft tatsächlich der schädigende Faktor war, ergab sich aus dem Umstände, dafs solche Pflanzen, die ilu-e Blumen gerade während ihres Erschliefsens abfallen liefsen , dieselben behielten und entfalteten, wenn sie über weite , mit Wasser gefüllte Bassins gestellt wurden. Das Abfallen der männlichen Blüten (die weiblichen kamen stets ziu" Entfaltung) kündigt sich dadurch an, dafs die Blume die nickende Stellung der Knospe beibehält. Mit der Lupe erkennt man an der Ansatzstelle der Blütenblätter einen schmalen, braunen Ring. Dort erweist sich das jugendliche Gewebe in Wandung und Lihalt tief l;)raun und zusammengefallen. Zwischen der Basis der Petalen und der sie tragenden Achse bilden sich grofse Lücken durch Schrumpfen und Zerreifsen des Gewebes der Petalenbasis , bis schliefslich die Bltimenblätter nur noch an wenigen Geweberesten festhängen. Li den einzelnen Petalen erscheinen die Gefäfsbündel auch an den Stellen, die noch unverfärbt und anscheinend frisch sind, bereits tief gebräunt. Das Absterben des Basalteils erweist sich als ein vorzeitiges Ausleben ; denn man findet in dem Gewebe nur noch spärliche plasmatische Flocken als Zellinhalt. In der Nachbarschaft der abgestorbenen Ge- webe zeigt sich eine abnorme Häufung von (teilweise schlecht aus- gebildeten) Einzelkristallen des Oxalsäuren Kalkes als letzte Reste der veratmeten organischen Substanz. Eine zweite Art mangelhafter Blütenentfaltung infolge der Luft- trockenheit wairde bei Liliaceen und Amaryllideen beobachtet und be- stand darin, dafs die Perigonzipfel an den Spitzen verklebt blieben. Während der übrige Teil der Blume normal gestaltet und gefärbt war, vorgilbten die verklebt bleibenden Perigonzipfel, schrumpften und trockneten zu einer schliefslich brüchig werdenden Masse zusammen. Der wirtschaftliche Schaden ist nur dann von Bedeutung, wenn es sich bei der Blumentreiberei um die Entfaltung gTofser Einzelblüten wie bei Lilium aureuni und longifloruni und Htppeastrmn rohustuni'Dietr. etc. handelt. Sorauer, Handbuch. 3. Autt. Erster Band. 27 418 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. An letzterer Spezies, die bei den Gärtnern auch als ÄniarijUis Tettaui bekannt ist und wegen ihres leichten ßlühens als Zimmerpflanze viel- fach kultiviert wird, beobachtete ich die Öffnungsmechanik und deren unvollkommenes Funktionieren bei Trockenheit etwas eingehender. Die drei äuiseren Zipfel des ziegelroten Perigons beginnen am vorletzten Tage vor der vollen Entfaltung der Blumen an ihren Basal- teilen sich voneinander zu trennen, so dafs die grol'se kegelförmige Blumenknospe zunächst drei Schlitze zeigi. Die Spitzen dieser drei äufseren Blumenblätter aber bleiben noch fest miteinander vei'klebt, selbst wenn der Vorgang des Auseinanderweichens sich durch bevor- zugtes "Wachstum der Innenseite der Perigonbasis so verstärkt, dafs dieselbe bauchartig nach aufsen vorgewölbt wird. In dieser immer stärker werdenden Konvexität liegt eine grofse Federkraft, welche die verklebten Spitzen voneinan- der trennen möchte und in normalen Fällen auch tat- sächlich endlich voneinander- reifst. Wie grofs diese fe- dernde, durch basale Epinastie des einzelnen Perigonzipfels erzeugte Kraft ist, zeigt sich, wenn man die noch verklebten Spitzen der drei Zipfel un- gefähr 48 Stunden vor der normalen üffnmigszeit ab- sclmeidet. Es sind dann binnen 10 Minuten die ein- zelnen Zipfel um 1 ,5 bis 2 cm auseinandergewichen, d.h. die Blumenkrone hat sich so weit geöffnet. Der Apparat, welcher imstande ist, einer so stark federnden Kraft derartigen AViderstand zu leisten, be- steht darin, dafs die noch vollständig grünen Spitzen der drei äuiseren Perigon- zipfel zu einem festen, bis- weilen fingerhutähnlichen Kegel von etwa 5 mm Länge verankert sind. Jeder Zipfel erschemt nämlich auf der Innenseite dickfleischig durch starkes Wachstum des der MitteMppe entsprechenden kielartig vorgewölbten Teiles. In der vorstehenden Fig. 69 sehen wir, wie die drei Perigonzipfel in der IVIittellinie mit ihren kielartigen Leisten {a) einander berühren. Diese Leisten besitzen keine Gefäfsbündel ; letztere ig) liegen vielmehr zu drei bis vier peripherisch in dem eigentlichen Laminarteil. Die einzelnen Laminarhälften zu beiden Seiten der fleischigen medianen Leiste sind nach innen gekrümmt und berühren die benachbarten Perigonzipfel mit den Rändern (r) : diese sind grün, während die fleischigen, im Zentrum (c) die weitesten Parenchymzellen besitzenden Polster farblos erscheinen. Die Polster weisen nur spärlich grofse Stärkekörner gegenüber den zahlreichen kleinkörnigen Stärkemengen im übrigen Gewebe auf. Die Epidermis ist normal flachwandig an Fig. 69. Querschnitt durch die Spitzenregion einer noch nicht entfalteten Blume von Hipiie- astriim rohustnm. (Orig.) Buchstabenerklärung im Text. Zu trockene Lutt. ^ 410 den Auisenseiten der Perigonzipfel : die Innenseite derselben zeigt unter beginnender Entwicklung von rotem Farbstotif ein papillöses Auswachsen der Epidermiszellen. Während dieselben schon zu deut- lichen, zahm-adartig gegenseitig ineinandergreifenden Papillen an den polsterartigen Erhebungen ausgewachsen sind (a), zeigen sie an dem Ilachen Laminarteil noch kaum eine Streckung. In diesem dichten Ineinandergreifen der Papillen eines Perigon- zipfels zwischen diejenigen der anderen ist die Ursache zu erblicken, weswegen diese Zipfel so fest miteinander verankert bleiben. Ihre Loslösung voneinander unter Hilfe des federnden Zuges erfolgt dadurch, dafs diese Papillen schnell zu keulenförmigen Haaren auswachsen und auf diese Weise den Verband lockern. In den Höhlen (/*), welche die äufseren Perigonblätter frei lassen, liegen die Spitzen der drei inneren, deren Epidermis aber früher zu Papillen auswächst, als dies bei den äufseren der Fall ist. Liese inneren Perigonzipfel werden jedenfalls durch das gegenseitige Aneinanderstemmen ihrer auswachsenden Papillen das Auseinanderweichen, also das Aufblühen begünstigen. Bei trockner Luft bemerkt man nun zwar die Anlage der Papillen, aber nicht ihr Auswachsen zu keuligen Haaren, und deshalb bleiben die Spitzen der Perigonljlätter veremigt und schrumpfen allmählich. Die Zimmerkulturen. Das t\^ische Bild, das uns bei den Zimmerpflanzen entgegentritt, ist die Braunfärbung und das Abtrocknen der Blattspitzen. In den Wohnungen, in welchen Gas gebrannt wird, ist man in der Regel geneigt, diesem Umstände die Schuld beizumessen; tatsächlich ist die Trockenheit der Zimmerluft die Ursache, und die Erscheinung zeigt sich ebenso intensiv in Wohnungen ohne Gasbeleuchtung. Dafs nach diesen Anzeichen der Erki'ankung so häufig der Tod der Gewächse, namentlich der sogenannten Blattpflanzen eintritt, hängt nicht mehr mit der Trockenheit der Luft, sondern dem Bestreben der Blumenliebhaber zusammen, durch recht häufiges Begiefsen eine gröfsere Luftfeuchtigkeit zu erzeugen. Die Pflanze hat aber von dieser erhöhten Wasserzufuhr keinen Vorteil; sie kann nur dann mehr Wasser verbrauchen und aus- hauchen, w^enn sie stärker neue Substanz produziert, also kräftiger assimihert und junge Blätter bildet. Die Trockenheit der Luft aber behindert gerade die Blattentfältung. Bringt man Blattpflanzen tropischer Klimate (manche Blattbegonien, Hoffmaimien , Ruellien, Maranten usw.) aus dem feuchten AVarnihause in ebenso warme Zimmer, bemerkt man alsbald einen Stillstand in der Entwicldung. Die älteren Blätter beginnen, sich zurückzukrümmen, die jüngeren roUen mehr oder weniger ihre Ränder und bleiben kleiner als die bisher gebildeten. Das Spitzenwachstum der Triebe w^ii'd ver- langsamt, alle Streckungsvorgänge herabgedrückt. Eigenartig ist, dafs bei manchen Pflanzen, z. B. bei vielen strauchartigen Begonien, selbst die in der trocknen Luft entstandenen Blumen nicht oder nur un- vollkommen sich öffnen und schlief slich , ohne zu erkranken, abfallen. Dieser Vorgang ist auch im Freien zu beobachten. Die Ruheperiode der Pflanze tritt sclmeller ein, und bei Beginn der neuen Vegetations- epoche wird das Austreiben der Knospen verzögert und vielfach ganz verhindert. Wenn bei einer derartigen Untätigkeit der oberirdischen Achsen die Wurzeln zu reich begossen werden, verfaulen sie. 27* 420 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Man hat verschiedene Mittel vorgeschlagen, um den .schädlichen Einfluis der trocknen Zimmerluft abzuschwächen, wie häufiges Über- brausen oder nächtliches Überdecken der Pflanzen mit feuchten Gaze- tüchern und dergleichen; indes haben sich derartige Hilfsmittel nicht ausreichend erwiesen. Den besten Erfolg sah ich in WARDschen Kästen oder bei dem Aufstellen der Pflanzen über Wasserflächen. Neuerdings hat man Blumentische, in denen die Pflanzen auf einem mit "Wasser gefüllten Zinldiasten stehen, dessen oberer Boden reichlich durch- löchert ist. Dadiu"ch steigt fortwährend Wasserdampf zwischen den Pflanzen in die Höhe. Hartsehaligkeit der Leguminosensamen. Die Hartsehaligkeit der Leguminosensamen und zwar nicht nur die der Papilionaceen, sondern auch der Mimoseen und Caesalpinia- ceen kann als eine natürliche Schutzvorrichtung der im Quellungsstadium höchst anfälligen Samenkörner gegen Mikroorganismen angesehen werden. Alle unsere wildwachsenden Schmetterlingsblütler zeigen dasselbe Bau- prinzip, und erst bei unseren Kulturen wird die Hartsehaligkeit zum schädigenden Faktor, sobald sie das Keimen des Saatguts verhindert. Die Hartsehaligkeit beruht auf der besonderen Verstärkung der Palisadenschicht des Samenkorns, welche mit ihrer Cuticula die äufserste Lage der Samenschale bildet. Diese säulenförmigen, äufserst dicht an- einandergefügten Palisaden zeigen im Querschnitt stark lichtbrechende Querlinien (Lichtlinien) von besonders dichtgebauter Substanz. Der Zellinhalt enthält jene Stofle, welche die Färbung der Samenschale veranlassen und denen als Schutzstofle gegen parasitäre Angrifte eine hervorragende Bedeutung zugeschrieben wird. An die von Nobbe als „Hart Schicht" angesprochene Palisadenschicht schliefst sich nach innen eine Lage von sogenannten Sanduhrzellen , worauf düim.wandige Zelllagen mit grofsen Litercellularen folgen, die bei der Quellung des Samens besonders beteiligt sind. Entsprechend der Kleberschicht bei dem Getreidekorn finden wir bei der Mehrzahl der Leguminosensamen mit Ausnahme der Phaseoleen und Vicieen und einiger anderer Arten nach Harz (Landwirtschaftliche Samenkunde) ein Endosperm in Form einer harten, hornigen, im Wasser schleimig werdenden Lage. In der Nabel- gegend pflegen Palisaden und runde Sanduhrzellen zweireihig auf- zutreten. Dafs die Hartsehaligkeit, welche die schnelle Quellung des Samen- korns verhindert, wMdich einen Schutz gegen Mikroorganismen bildet, beweist ein Versuch von Hiltner, dem wir in der vorliegenden Dar- stellung folgen^). Ältere Lupinensamen, die nicht absolut hartschalig, sondern nur schwer quellbar waren, wurden in Wasser zum Aufquellen gebracht. Die an jedem Tage aufgequollenen Samen wurden gesondert in den Keimapparat gelegt, und es liefs sich feststellen, dafs die zuerst aufgequollenen, also gar nicht hartschaligen Lupinenkörner fast sämtlich verfaulten, während der Prozentsatz der zur Keimung gelangenden Samen um so höher wurde, je später die Aufqiiellung erfolgte, je höher also -der Grad der Hartschalijzkeit war. ^) Hii.TXKK, L. , Die Keimungsverhältnisse der Leguminosensamen und ihre Beeinflussung durch Organismenwirkung. Arbeiten d Biolog. Abteil, f. Land- u. Eorstwirtsch. am Kaiser!. Gesundheitsamte. Bd. III, Heft 1. Berlin 1902. Zu trockene Luft. 421 Ans Versnclien mit achtjährigem Kleesamen, der dnrch das Alter teilweise schon nachgedunkelt, ja selbst bisweilen braun und geschrimipft erschien, und der nun nach seiner Färbung sortiert zur Aussaat gelangte, ging hervor, dafs die Körner, die noch das Aussehen völlig frischer Saat zeigten , die höchsten Keimprozente aufwiesen. Von den bereits verfärbten Samen waren die bramigewordenen die schlechtesten und zeigten mehr als 9U '^lo faulige Körner. Bei den nur leicht nach- gedunkelten Samen ergab sich das bemerkenswerte Resultat , dafs die hellen Körner einen bedeutend gröfseren Ausfall durch Fäulnis auf- wiesen als die violetten Samen, was zu der Anschauung führte, in dem violetten Farbstoft' der Samenschale einen Sclmtzstoff gegen bakterielle Angriffe anzuerkennen. Dafs die Hartschaligkeit von der AVitterung abhängig ist, geht aus dem verschiedenen Prozentsatz von Keimlingen, den eine bestimmte Art in den einzelnen Jahrgängen liefert, deutlich hervor. Durch welche Art der "Witterungseinflüsse diese unliebsame Beschaffenheit des Saat- gutes veranlafst wird, läfst sich daraus erkennen, dafs Hiltner bei künstlicher Austroclmung der Samen (durch eine Temperatur von 35^ C. oder über Schwefelsäure) den Prozentsatz an hartschaligen Körnern erhöhen konnte. Es wird also ähnlich wie bei dem Glasigwerden des Getreides sein: je schneller der Trocknungsvorgang bei der Reife sich vollzieht, desto mehr hartschalige Samen dürften sich bilden. In der Praxis zeigen sich nun aber mannigfach einander wider- sprechende Erfährungen. Bei trockener Lagerung beobachtete man, dafs die Samen von Lupinen, Wicken, Inkarnat- und "Wundklee mit der Zeit hartschaliger wurden, wähi'end die feineren Kleesämereien eher das Gegenteil zeigten. Der "Widerspruch löst sich aber durch die Be- obachtung von HiLTN'ER an künstlich getrockneten Samen. Derselbe Einflufs, der bei dickwandigen Samen eine erhöhte Zähigkeit der Schale hervorruft, bewirkt dies zwar auch bei den dünnwandigen; aber bei diesen treten infolgedessen Spaltungen in der Schale auf, welche die Unquellbarkeit vermindern. Übrigens soll auch die Kälte, wie Rodewald meldet, eine Verminderung der Hartschaligkeit bei Leguminosensamen herbeiführen. "Wenn man sich vergegenwärtigt, dafs die sehr stark hartschaligen Samen jahrelang im Boden liegen können, ohne zu keimen, und selbst die minder quellungsunfähigen so spät zm- Keimung gelangen, dafs sie zwei- und mehr\^'üchsigen Bestand veranlassen, so wird man einsehen, dafs der Landwirt zm- künstlichen Beseitigung der Hartschaligkeit greifen mufs. Es sind nun im Laufe der Jahre vielfache Mittel empfohlen worden. So sollte man beispielsweise die Samen in eine 1 bis 2^/oige Lösung von kohlensaurem Natron legen, um die Kieselsäure in der Schale in Lösung zu bringen. Von anderer Seite wurde der Vorschlag- gemacht , die hartschaligen Samen einfach abzusieben, weil sie etwas kleiner wie die quellbaren befunden worden sind. Auch die Heifs- wasserbehandlung ist, und zwar melu"fach mit Erfolg, zum Teil aber auch mit Mifserfolgen zur Anwendung gebracht worden. Eintauchen in kochendes "Wasser für eine Minute hat schon geschadet, dagegen sich bei der Dauer von fünf Sekunden' bewährt. Eine richtige Einhaltung so kurzer Zeitperioden aber darf man den Arbeitern nicht zutrauen. Kaliumpermanganat , verdünnte Schwefelsäure , Kupferoxydammoniak haben sich ebensowenig wie Sodalösung bewährt; dagegen fand Hiltner in der konzentrierten Schwefelsäure ein wirksames Mittel. 422 ^I- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Dieselbe hat selbst bei längerer Einwirkung sich nur für solche Samen schädlich erwiesen , die Verletzungen der Schale beim Drusch erlitten hatten. Im allgemeinen ward ^/2 bis 1 Stunde Beizdauer hinreichend sein, wenn die Samen durch ein Rührwerk auch tatsächlich alle benetzt werden. Nach vollendeter Beizung entferne man zunächst die Säure durch Nachspülen mit Wasser und setze dann möglichst bald etwas Kalkmilch zu, die 5 — 20 Minuten lang einwirken muis. Die mikro- skopische Untersuchung derartig gebeizter Samen ergab, dafs (bei Äcacia Lophanta) die Schwefelsäure nicht nur die Cuticula, sondern auch den gröfsten Teil der Palisadenzellen weggenommen, aber vor der Licht- Hnie Halt gemacht hatte. Jedoch erst, w^enn diese Lichtschicht selbst an einigen Stellen von der Säure durchbrochen war, wurden die Samen in Wasser quelllähig ^). Es ist deshalb diese in der Samenschale sämtlicher Leguminosen vorhandene Zellschicht, die nach Mattirolo=^) aus einer besonders dichten Cellulose besteht, welche den Samen vor schneller AVasseraufnahme und -abgäbe schützt. An die angeborene Hartschaligkeit schhefst sich das Verhärten der Samenhaut w^ährend der Keimung. Bei solchen Sämereien, welche im Keimprozefs die Kotyledonen über die Erde emporheben, streifen diese allmählich die kappenförmig aufsitzende Samenschale ab, wenn dieselbe die autgenommene Feuchtigkeit lange genug behält und dehnbar bleibt. Tritt dagegen j^lötzlich eine heiise , regenlose Periode ein, trocknet die Kappe auf den Kotyledonen zusammen und verhindert deren Entfaltung, sowie das Hervorbrechen des jimgen Stengelchens. Dasselbe zwängt sich, falls es nicht erstickt, schliefslich unter Ver- krümmung seitlich hervor. Lopriore^) erw^ähnt hierhergehörige Er- scheinungen bei keimenden Bohnen; ich beobachtete sie bei Gurken, Kürbissen, Melonen und Steinobstsaaten. Am störendsten erwies sich das Sitzenbleiben der abgetrockneten Steinfruchtschalen bei Sämlingen von Pflaumen, Pfirsichen und anderen Amygdalaceen. Ein Überbrausen der Saatbeete zur Abendzeit ist daher eine nicht zu umgehende Vorsichts- mafsregel. Fünftes Kapitel. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. Der Wachstum smodus bei anhaltender Luftfeuchtigkeit. Altere Arbeiten haben darauf hingewiesen, dafs Bau und Funktionen der Individuen dm^ch den Einllufs hochgradig feuchter Luft in dem gleichen Sinne alteriert werden, wie dies durch Lichtentziehung ge- schieht. Nach den Versuchen von Vesque und Viet'*) haben die in feuchter Luft erzogenen Pflanzen längere, weniger verzw^eigte AVurzeln, schmächtigere Stengel, Blätter mit längeren Blattstielen und kleineren 1) HiLTXEH und KixzEi,, über die T^rsachen und die Beseitigung der Keimungs- hemmungen bei verschiedenen praktisch wichtigeren Sanaenarten. Naturwissensch. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtschaft 1906, S. 199. 2) La linea lucida nelle cellule nialpighiane degli integumenti seminale. Torino 1885, cit. von Hiltnek und Kinzei.. 3) Berichte d. Deutch. Bot. Ges. 1904, Heft 5, S. 307. *) Vesque et ViET, Influence du Milieu sur les vegetaux. Annales des scienc. nat. Sixieme serie. Botanique t. XII, 1881, p. 167. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 423 Flächen. Die Wandiingen der Epidermiszellen sind weniger undnliert, die Zelh-eihen des Mesophjdls etwas minder zahlreich und ohne Differenzierung zu Palisadenparenchym. Überhaupt war das ganze Gewebe des Blattes aus feuchter Luft gleichmäisiger, während man in trockner Luft die Unterschiede zwischen Palisadon- und Schwamm- parenchym deutlich hervortreten sah. Die Gefäfsbündel in deninternodien sind in der trocknen Luft viel stärker entwickelt; dies bezieht sich nicht blofs auf den Dm'chmesser des ganzen Bündels, auf die Zahl der Gefäfse mid deren Durchmesser, sondern vorzugsweise auf die Hart- bastfasern, die in trockner Luft reichlich vorhanden und in der feuchten Luft gänzlich fehlen können. Duval-Jouve ^) beobachtete bei Gräsern, dafs trockne und heifse Standorte die Entwicklung der Bastbündel be- günstigen, während im Feuchten diese Entwicklung zurückgehalten wird. Die Verfasser zitieren Rauwenhoff ^) , der auch in dieser Weise die etiolierten Pflanzen charakterisiert. Bei vergleichenden Versuchen in trockner und feuchter Luft, sowohl unter heller als dunkler Glocke, zeigte sich, dafs in der Dunkelheit, aber in trockner Luft, die Pflanzen weniger verspillert waren als diejenigen, welche bei Beleuchtung in feuchter Luft gewachsen waren, woraus die Verfasser schliefsen, dafs die Gestalt der etiolierten Pflanzen in erster Linie durch den Mangel an Transpiration bedingt wird. Die gleiche Ansicht äufsert Brenner'^). Bei seinen Untersuchungen an Fettpflanzen beobachtete er eine Neigung, in feuchter Luft die Succulenz der Blätter zu vermindern, aber die Oberfläche zu ver- gröfsern. Die Zellen des Stengels dehnten sich hauptsächlich in der Längsrichtung. Auch AViesner*) sah bei Sempervirnnt tedonim im absolut feuchten Räume die Blätter bedeutend sich vergröfseni und stark epinastisch werden. Die Blattrosetten lösen sich dabei auf, indem die Internodien zur Entwicklung gelangen. W. Wgllny^) fand, dafs bei JJlex curopoens eine Rückbildung der Stacheln in normale Blätter infolge dauernder Luftfeuchtigkeit eintrat. Er beobachtete aber auch, dafs mit der VergTöfserung der Blätter eine Verminderung des Chloro- phjdlgehaltes Hand in Hand ging. Auch Eberhardt'') gibt an, dafs die Zahl der Chlorophyllkörner sich verringere, wenn die Stengel länger und die Blätter gTöfser werden. In einer späteren Arbeit '') fafst dieser Forscher die Ergebnisse seiner Versuche dahin zusammen, dafs die feuchte Luft mit der Streckung der Blätter und Stengel eine Abnahme in den Dickendimensionen dieser Organe verbindet. Die Haarbildung wird verringert, die Blüten- und Fruchtbildung werden verzögert. Epidermis-, Rinden- und Markzellen werden länger, die Intercellularräume gi'öfser, die Zahl von Sekretionskanälen geringer und die Entwicklung des Holzes weniger stark. Am Wurzelkörper bemerkt man eine geringere Produktion von Nebenwurzeln. 1) Botan. Jahresbericht 187.5, S. 432. -) Annal. d. scienc. nat. 6 ser. V, p. 267. ^) Bkkn.nf.i!, "W., Untersuchungen an einigen Fettpflanzen. Just's Bot. Jahresb. 1900, S. 806. •*) ■\ViKs.\Ei! , Jfi.. , Formveränderungen von Pflanzen bei Kultur in absolut feuchten Eäumen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1891, S. 46. ^) Woi.LXY, W., Untersuchungen über den Einflufs der Luftfeuchtigkeit auf das Wachstum der Pflanzen. Inaugural-Dissertation. Halle 1898. 6) Ebekhaudi, M. , Action de l'air sec et de Fair humide sur les vegetaux. Compt. rend. 1900, t. 181. p. 114. 'j cit. Centralbl. f. Agrik -Chem. 1904, Heft 8. 424 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Die Verzögerung der Blüte- und Reifezeit wird auch von E. AVollny^) angegeben, der den vorauszusehenden Umstand dinxh zaUreiche Ver- suche bekräftigte, dafs die Verdunstung von Pflanzen und Boden unter sonst gleichen Umständen um so geringer sich erweist, je gröfser der Feuchtigkeitsgehalt der Luft ist. Lafs in zahlreichen Fällen bei Herab- clrückung der Transpiration reichliche Wasserausscheidung in Tropfen- form stattfindet, und zwar bei den einzelnen Pflanzen durch verschiedene Vorrichtungen, sei nur kurz erwähnt^). Wir finden die Erscheinung häufig bei Topfgewächsen, welche im Herbst in noch ungeheizte Glas- häuser gebracht werden oder als Zimmerpflanzen mit ihren Blättern die stark sich abkühlenden Fensterscheiben berühren. Schliefslich erwähne ich noch die Resultate eigener Versuche^). Bei Bäumen (Birnen) fanden sich die gesamten Triebe und ebenso deren einzelne Internodien in trockner Luft kürzer, die Blattstiele eben- falls kürzer, die Blattfläclien schmäler als in feuchter Luft. Bei Getreide- aussaat erwies sich in feuchter Luft die Bestockung etwas geringer; die Blattzahl war darin etwas vermindert, aber die Gröfse der einzelnen Blätter vermehrt, und zwar in der Längenausdehnung, w^ährend sie in der Breite etwas abgenommen hatte. Dieselbe Dimensionsänderung zeigten auch die einzelnen Zellen des Blattes. Der Einflufs der feuchten Luft veranlafste ganz besonders eine Streckung der Blattscheiden und auch der einzelnen Halmglieder sowae selbst der Wurzeln, obgleich die sämtlichen (auch die der trocknen Luft ausgesetzten) Pflanzen in Nährstofflösung standen. Dafs auch die Substanz neben der Form der Pflanzen bei ver- schiedener Luftfeuchtigkeit sich ändern wird , ist von vornherein zu vermuten. Li der Tat ergaben meine Versuche , dafs in feuchter Luft eine geringere Menge von Frischsubstanz produziert worden ist, und dafs von dieser Frischsubstanz bei den Pflanzen in feuchter Luft ein gröfserer Prozentsatz auf die Wurzel entfiel. Dabei waren die ober- irdischen Teile auch wasserreicher. Betreffs der Funktionen liels sich feststellen, dafs die Verdunstmig in feuchter Luft eine absolut geringere ist; sie ist aber auch pro Gramm produzierter Frisch- und Trocken- substanz eine geringere, d. h. die Pflanze braucht zur Herstellung von 1 g Substanz in feuchter Luft weniger Wasser, und dies dürfte daher kommen , dafs sie unter diesen Umständen ihre Substanz mit weniger Mineralstoffen aufbaut. Ein weiterer Versuch mit Erbsen"*) beweist, dafs wirklich die neuproduzierte Substanz prozentisch ärmer an Asche ist. Die durch stärkere Verdunstung in trockner Luft vermehrte Wasseraufnahme der Pflanze zur Folge hat, dafs dieselbe in der Zeiteinheit nur eine halb so konzentrierte Lösung aufnimmt als die mit geschwächter Verdunstung in feuchter Luft stehende Pflanze. Aus diesen Resultaten ergibt sich zur Genüge eine Erklärung, wes- wegen Pflanzen in feuchter Luft den Krankheiten häufig leichter erliegen als die in trockner Atmosphäre gewachsenen Lidividuen. Man sieht. ^) "Woi-LNY, E. , Untersuchung^en über die V^erdunstung vind das Produktions- vermögen der Kulturpflanzen bei verschiedenem Feuchtigkeitsgehalt der Luft. Forsch, auf d. Geb. d. Agrikulturphysik Bd. XX, 1898, Heft 5. -) s. Bot. Jahresber. 25. Jahrg. ^ Teil I, S. 76. Abh. von Nesti.er und Goebel. ä) SoRAUER, Studien tlber Verdunstung. Forsch, auf d. Geb. d. Agrikulturphysik, Bd. III. Heft 4/5, S. 55 ff. *) a. a. 0. S. 79. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 425 dal's die Exemplare sclimächtiger, wasserreicher und ascheärmer sich auf- bauen. Und noch haben wir keinen Einblick in die Verschiedenartig- keit der organischen Bestandteile des Pflanzenlcibes ; es ist sehr wahi'- sdheinlich, dal's die in feuchter Atmosphäre erwachsenen Pflanzen zuckerreicher, stärkeärmer sowie reicher an Asparagin und ärmer an wirklichem Eiweifs sind. Einflufs feuchter Luft auf durch Trockenheit beschädigte Pflanzen. ]\Ian wird der Meinung sein, dafs man Pflanzen, die durch intensive Trockenheit gelitten haben, am schnellsten wieder zur früheren Tätig- keit zurückführen kann , wenn man sie zunächst in eine recht feuchte Atmosphäre bringt. In dieser Beziehung erhalten wir durch folgenden Versuch eine Warnung. Kirschbaumsämlinge , welche bei Sandkulturen eine lange Durst- periode ausgehalten hatten, zeigten alsbald eine Akkomodation an die verminderte Wasserzufuhr zu den AViu-zeln. Sie verdunsteten, zunächst ohne ihren Habitus zu verändern, allmählich abnehmende Mengen von Wasser, bis der Sand etwa nur noch 4"/o seiner wasserhaltenden Kraft an Feuchtigkeit besafs. Von da ab begannen die Pflanzen zu welken; dabei hörte ihre Verdunstung aber auch fast ganz auf. Beispielsweise verdunstete bei einer Temperatiu' von 30 "^ C. und reichlicher Sonnen- beleuchtung ein Pflänzchen, das bisher etwa 8 g Wasser täglich ver- braucht hatte, mu- noch ein Decigramm, Nach geeigneter Wasser- zufuhr steigerte sich auch wieder langsam die Verdunstung. Wemi dagegen der Durstzustand zu lange anhielt, vertrockneten die Blätter, anfangs ohne sich zu verfärben, von den Sj)itzen herab. Wurden nun die Pflanzen, nachdem sie begossen, in feuchte Luft gebracht, so erholten sie sich nicht, wie ich anfänglich geglaubt, wälu'end die ' unter der trocknen Glocke ihre oberen ausgebildeten Blätter wieder hoben imd auch die noch nicht ganz vertrockneten Basalteile der älteren Blätter von neuem turgescent werden liefsen. Die Verdunstung richtete sich auch wieder langsam ein. Bei Topfkulturen der Gärtner wird diese Beobachtung nützliche Anwendung finden. Man mufs übermäfsig trockne Töpfe nach dem Begiefsen an ihrem Standort belassen und nur etwas beschatten, aber nicht die Pflanze durch Überführung in eine mit Feuchtigkeit fast ge- sättigte Luft zu gänzlicher Untätigkeit herabstimmen. Korkw^ucherungen. Überall da, wo Kork als normale Gewebeform gebildet wird, kann durch besondere Umstände eine abnorme Steigerung, also Wucherung auftreten. Auch die reguläre Korkbildmig ist in den verschiedenen Jahreszeiten in wechselnder Stärke zu beobachten. Erinnert sei an die gewöhnlichen Rindenporen mit ihren abgerundeten, durch Intercellularen getrennten Füllkorkzellen; diese Zellen, welche lange Cellulosereaktion be- halten, werden während der Vegetationszeit aus einer Verjüngungsschicht stets neu erzeugt. Im Winter, wo der Gasaustausch der ruhenden Rinde ein minimaler ist, wird die Produktion des Füllgewebes sistiert: es hat sich im Herbst aus der Verjüngungsschicht statt der rundlichen Füükorkzellen ein Verschlufs von normalem Tafelkork gebildet. Bei dem Erwachen der Rindentätigkeit im Frühjahr bildet das Korkcambium 42(3 II- ''Schädliche atmosphärische Einflüsse. wieder Füllkork, der die winterliclie Verschlui'sschiclit der Lenticelle sprengt , gerade so, wie er bei der ersten Anlage der Rindenporen die Epidermis gesprengt hatte , unter der er zuerst gebildet worden war. Je feuchter die Luft wird, desto mehr treten die wasseranziehenden^ sich streckenden Füllzellen über die Oberfläche der Rinde hervor. Bekannt sind die strichförmigen , mehlartigen, abwischbaren, weifsen Polster, die an feuchten Standorten bei gesteigerter Luftfeuchtigkeit und Verminderung der Transpiration der Laubkrone an den giattrindigen Stämmen der Kirschen und Erlen hervorquellen. An der Basis starker Blattstiele von Juglans regia, Samhiicus nigra, Aüanthus gJandulosa , PauJoivma imperialis und anderen Bäumen lassen sich im Herbst den Lenticellen äufserst ähnliche Gebilde beobachten-^ nur fehlt bei ihnen die Verjüngungsschicht (Stahl) ^). Spätere Unter- suchungen") haben gezeigt, clafs nicht nur die Blattstielbasis, sondern bei manchen Pflanzen die Nerven auf der Blattunterseite {Fwus stipulata), ja schliefslich auch die Blattflächen, Korkpolster entwickeln können. Obgleich nun diese Korkbildung auf der Blattfläche eine fast ebenso verbreitete Erscheinung wie die auf den Blattstielen ist, mit welcher sie in Bau und Entwicklung sehr viel Übereinstimmendes hat , so ist trotz der weiten Verbreitung doch in diesen Bildungen ein pathologisches Moment nicht zu verkennen. Man kann bei diesen Korkwucherungen auf Blättern zwei Typen unterscheiden^). Entweder liegt die Korkfläche mit ihren Teilungs- wänden und ihrem meist einschichtigen Phellogen parallel zur Blatt- fläche in derselben Ebene, und dann erheben sich die Korkpolster über die Blattfläche in Form von Schwielen usw. ; oder aber die Korkschicht und speziell ihr Phellogen liegt in Form einer uhrgiasförmig eingesenkten, meist sich immer mehr vertiefenden Zone im Blattinnern. Manche Pflanzen haben beide Bildungen auf demselben Blatte. Gegenüber der Konstanz, die sich in betreff des Ortes seiner Entstehung und seiner Ausbildung bei dem Stengelkorke geltend macht, ist hier bei den Blattkork- wucherungen das Zufällige hervorzuheben. Abgesehen davon , dafs die beiden vorerAvähnten Typen auf demselben Blatte vorkommen können , gibt es auch zwischen beiden Typen noch Übergänge ; ja die Korkwucherungen können auf demselben Blatte in verschiedenen Schichten entstehen (meist beginnen sie in der subepidermalen Lage) und verschiedenen Entwicklungsgang haben (Bachmann). Das äufsere Aussehen dieser Korkbildungen auf Blättern, die bei Gymnospermen, Mono- und Dikotyledonen auftreten können, ist sehr verschieden. Bald sind es kleine Hügel, bald Korkplatten oder Streifen von gröfserer Ausdehnung. Bisweilen führen die Korkwucherungen aber auch zm" Bildung von Löchern, die das ganze Blatt durchbohren können (llcx, Zaiiria, liuscus, CamclUa axillaris, Pepcroniia ohtusifolia, Eucalyptus Gimni und Glohulus etc.). Die Anfänge der Durchlochung zeigen sich in Form gelblicher Punkte. Bei Blättern mit grofsen Intercellularräumen geht der Korkbildung ein Wachstum der Parenchym- zellen vorher, derart, dafs die Litercellularräume durch die Zellwand- ausstülpungen ausgefüllt werden. Wenn Zellen mit etwas dickeren ^) Stähl, Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Lenticellen. Bot. Zeit. 1873, Nr. 36. 2) PouLSEN, Om Korkdannelse paa Blade. Kjöbenhavn 1875. ^) Bachmann, Über Korkwucherungen auf Blättern. Priugsheim's Jahrb. 1880, Bd. XII, Heft 2, 8. 191. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 427 AVanclungen durch wiederholte Teihiiigen in KorkzeUreihen umgewandelt werden, so verlieren die Zellwände ihre ursjDrüngliche Dicke. Häufig erfahren auch die Korkzellen , wenn sie erst die Epidermis gesprengt haben, noch eine nachträgliche Streckung: die äulseren strecken sich zuerst. Bei Zamin mtrgrifol/'d sieht man braune , den Nerven parallel ver- laufende Streifen auf den einzelnen Fiederchen, die später in diesen Streifen stückweise oder der ganzen Länge nach einreifsen. Die Streifen sind Korkgewebe , die nicht etwa nach dem Zerreil'sen der Fiedern entstehen und also Wundkork darstellen, sondern sie sind schon im jüngeren Blatte angelegte Bildungen. Auf älteren Blättern von Bammara rohnsta sind die Unter- und mehr noch die Oberseite mit Korkwucherungen bedeckt, welche in der Regel klein und niedrig bleiben. Im Jugendzustande stellen sie kleine , rote Flecke auf der grünen Blattfläche dar und werden später, wenn sie sich liügolartig erheben, braun; zuletzt finden in der Epidermis und den näclisttniucuden Korkschichten Aufreifsungen statt. Bei Arcmcaria OmmiiicilKdiii und seltener bei A. BiäivUli finden sich an älteren, vorjährigen Blättern kleine Korkhügel, die zu Leisten miteinander verschmelzen können. Bei Sciadopytis verticillaia und Cryptomeria japonica treten an älteren Blättern auch bisweilen kleine Korkwärzchen auf; häufiger (aber meist nur auf der Unterseite) lassen sich solche Bildungen an den breiten Blättern der Sequoja sempcrvirens erkennen. Störend sind in den Handelsgärtnereien kleine punktförmige Korkwärzchen bei Cydamen perslcwn und die landkartenälmlichen Zeichiu;ngen auf der Blattober- seite bei PeJurgonium prltatuni und bei verschiedenen Arten von Blatt- begonien usw. Alle diese Korkwaicherungen haben sich bis jetzt nur in den feuchten Warmhäusern und Mistbeetkästen auffinden lassen. Von den Monokotylen zeigen Korkbildungen, die in das Blatt hinein- dringen: Cliria Gardeni Hook, und Clivia nohilis Ijii-i^l., Pandamif! rcflexus, Bichorisandra oxyi)etaJa, Bülhergia iridifolia Vanilla planifolia, und andere Orchideen. Die beobachteten Korkwucherungen auf den Blättern finden sich nicht bei allen Exemplaren in gleicher Menge, nicht auf allen Blättern derselben Pflanze in gleicher Ausdehnung und nicht in allen Jahren in derselben Entwicklung. Man mufs daher sclilieisen , dafs besondere Umstände derartige Korkbildungen veranlassen. Soweit die Erfahrung reicht, ist es ein Überschuls an Feuchtigkeit in der Luft bei anhaltender hochgradiger Wasserzufuhr durch die Wurzeln und abnehmender Lichtintensität. Einen Einblick in das Zustandekommen dieser Erscheinuno-en finden wir bei der Korksucht der Kakteen. Diese Krankheit, die bei importierten Kakteen manchmal zu finden ist, bei den in Europa gezogenen Pflanzen aber zur ständigen Sorge der Züchter geworden ist , besteht an den verschiedensten Kaktusarten in dem Auftreten trockner, papierartig aussehender Stellen. Sie beginnen in Form bald rostgelber, bald grün bleibender, etwas glasig aussehender Flecke und breiten sich entweder zu grofsen, korkfarbigen Flächen aus oder werden zu Vertiefungen, die wde vernarbte Frafsstellen erscheinen. Speziellere Studien machte ich zunächst an Cerens flagellifornns. Bei schwerer Erkrankung erschienen zwar die Stengelspitzen noch frisch und grün, aber in kurzer Entfernung von der Spitze begann eine Zone 428 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. rostfarbiger Flecke, die meist unterlialb eiiie.^ Staclielpolsters ihren An- fang nahm. Die Flecke verschmolzen allmählich zu einer rostigen Fläche, die hier und da schüÜerig aufrii's. An dem gesunden Teil bestand das Oberhautgewebe aus zwei Lagen von unregelmäi'sig vier- bis sechsseitigen Zellen mit verdickter, stai'k cuticularisierter Aul'senwand. Unter dieser Doppelschicht lag eine einzige Reihe tangential gestreckter, collenchymatisch verdickter Zellen, auf welche das chlorophyllführende Rindengewebe mit äufserst zahlreichen Kristallen von oxalsaiu'em Kalk folgte. x\n den rostfarbigen Stengelstellen hatte sich in den Oberhautzellen Korkbildung eingefunden. Die teils mauerförmig, teils mrregelmäfsig gelagerten Korkzellen traten allmählich kappenartig hervor und rissen schlieislich am Gipfel des Hügels entzwei, wobei die cuticularisierte Aufsenwand der oberen Epidermislage gesprengt wurde. Fig. 70. Stammstück eines Phi/UocnctKs, das unterseits Korkwucherungeu in Schwielen zeigt, während avif der Gegenseite der Durchlöchernngsprozefs beginnt. ( Orig.) Bei andern Cereusarten erschienen einzelne Seiten des Stengels auf gröfseren Strecken weifslich und trocken. Hier hatten sich in den an den Stengelkanten papillös vorgezogenen, an den Stengelflächen ebenen Epidermiszellen Korklagen gebildet. An jungen Flecken bemerkte man eine Veränderung des Rindenparenchyms : die äufseren Zellen waren nicht mehr ausgeprägt collenchymatisch und tangential gestreckt, sondern mehr in radialer Richtung verlängert, dünnwandig, chlorophjdlarm und teilweise gefächert. Durch diese Streckung drückten die Zellen der Rinde das Korkgewebe nach aufsen hervor und verursachten auf diese Weise weifslich aussehende Blasen oder Schwielen. Bei den Gattungen Opu7ifia und PhiiUocacUis tritt die zweite Art der Korkwucherung, welche zur B i 1 d u n g v e r t i e f t e r Stellen od er zur gänzlichen D u r c h 1 ö c h e r u n g führt, mehr in den Vordergrund. Die beistellende, von einem PlnßJocacfus stammende Figur 70 läfst beide Vorgänge der Korkwucherung erkemien. Auf der Unterseite sehen wir die schwieligen Vorwölbungen, auf der Oberseite die beginnende Durchlöcherung. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 42& Der flache Stengel zeigt im Querschnitt aulserhalb des Gefäfsbündel- körpers den fleischigen Rindenkörper, der an den gesimdon Stellen mit Stärke (st) erfüllt ist und zahlreiche Schleimzellen (s) und Kalkoxalat- prismen und Drusen (o) enthält. Bei Beginn der Schwielenbildung ist ein Teil des Rindenparenchyms unter Verbrauch der Stärke in Streckung und Fächerung eingetreten und hat die Epidermis vorgewölbt. Die inhaltsarmen, peripherischen Gewebe (?) beginnen abzusterben, und eine Tafelkorklage (t) grenzt das tote, in den Intercellularen stark luftert'üllte Gewebe von dem noch saftigen ab. Damit kommt der Krankheitsprozefk zur Ruhe , und der Stengel erscheint mit papierartig-trocknen Flecken besetzt. Wenn dagegen der Faktor, der die Entstärkung und Streckung des Rindenparenchyms einleitet, nicht in seiner Wirksamkeit erlischt und gi-öfsere Partien absterben, reifst schliefslich die Oberfläche des abgestorbenen Gewebes entzwei, und es bilden sich Löcher (7), die all- mählich sich inuner mehr ver- tiefen, indem die Tafelkork- bilung (t) immer weiter nach innen zu fortschreitet. Bei r ist die Veränderung des Inhalts der Rindenzellen, die zur Kork- bildung Veranlassung gegeben hat, am frühesten und intensiv- sten aufgetreten und schreitet dort auch am schnellsten in das Blattinnere hinein fort. Der Korkbildungsprozefs an sich ist bei den Kakteen ein normaler Vorgang, wenn die Stengel ein gewisses Alter er- reicht haben. An der Basis alter Stämme zeigt sich eine Borken- bildung wie bei unseren Ge- hölzen. Das Pathologische ist die im Jugendlichen Teile bereits sich einstellende Bildung von Tafelkorklagen auf Kosten des Rindengewebes. Und die Veranlassung dazu wird in dem Vorgang zu suchen sein, dafs sich Gewebeherde in der Rinde bilden, deren Zellen unter Auflösung der Stärke und allmählicher gänzlicher Verarmung des Inhalts sich strecken. In Figur 71 lernen wir die ersten Veränderungen der Gewebe kennen, welche sowohl die Korkschwielen als auch die Durchlöcherungen einleiten. Wir haben ein Stück Rindengewebe von Phyllocactus vor uns , das sich durch eine kaum merkliche Verfärbung ins Gelbe und äufserst schwache Vorwölbung von der gesunden Umgebung unter- scheidet. Es bedeutet c die Epidermis , / die collenchymatisch ver- dickten Zellen, o Kalkoxalatkristalle. Die Veränderung beginnt in der unmittelbaren Nähe der Gefäl'se _r/ an dem zarten Nervenstrange, welcher das saftige Parenchym durchzieht. Die dunkleren Tupfen in dem Parenchym deuten die Chlorophyllkörner an, welche entweder in normaler, wandständiger Lagerung sich befinden oder innerhalb grofser, stark lichtbrechender Inhaltstropfen (o) zusammengezogen liegen. Der Erki^ankungsprozefs beginnt damit, dafs (walu\scheinlich infolge einer Fig. 71. Aufaug.sstadium der Kork- wucheruugen bet PhyllocaduR. (Orig.j 430 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Häufung abbauender Enzjmie und Steigerung des Säuregehaltes) die Zellen der Gefäisbündelsclieide {gs) und dann der weiteren Umgebung (?) an InhaltsstoÖen verarmen und dabei sich strecken. Es entsteht somit eine „innere Intumuscenz" , die, wenn sie bis in die Nähe der Oberfläche fortgeschritten ist, die Korkbildung einleitet. Greift die Verarmung des Zellinhalts weiter nach rückwärts in die innere Rinde hinein , so wird immer mehr Kork gebildet. Da derselbe bei dem Wachstum des Organs der Streckung nicht folgen kann, so mufs er zerreil'sen. Bei der Bildung oberflächlicher Schwielen werden die- selben schliefslich gesprengt. Bei der nach der Tiefe fortschreitenden Korkbildung aber reifst der Korkzjdinder lochartig auf und es entstehen tiefe Gruben, wie bei dem Tiefschorf der Kartoffeln, die zur vollkommenen Durchlöcherung führen können. Eine erfolgreiche Bekämpfung der den Kakteenzüchtern un- angenehmen und zu Verlusten führenden ' Erscheinung wird durch Nachlassen des Begiefsens und reiche Luftzufuhr eingeleitet. Unter Umständen, namentlich bei mehrjähriger Wiederholung der Erkrankung, mufs ein Trockenhalten der Pflanzen bis zur Schrumpfung eintreten. Zerfressene oder gefensterte Blätter. Sowohl bei krautartigen Pflanzen als auch bei Bäumen ist in einzelnen Lokalitäten der Umstand befremdlich, dafs die Blätter viel- fach durchlöchert sind , als ob ein Tier die Substanz zwischen den Ril3[)en herausgefressen hätte, ohne dafs aber ein tierischer Schädiger aufzufinden wäre. Die Beobachter werden in der Regel um so ängst- licher, je länger der Vorgang anhält, weil er sich in seiner Intensität zu steigern pflegt. Es können dann derartig extreme Fälle eintreten, dafs einzelne Blätter fensterartig durchbrochen erschemen , indem nur* das Rippennetz mit schwachen Säumen von Blattparenchym noch übrig- bleibt. Derartige Blätter sind nicht selten verbogen und gekräuselt, sterben aber nicht vorzeitig ab. Die Triebe selbst lassen keine Er- Ivi-ankung erkennen und entwickeln häufig in den Achseln der ge- fensterten Blätter neue Sprosse mit normaler Belaubung. Der extremste Fall, den ich zu beobachten Gelegenheit hatte, be- traf Kartoffeln , deren Triebe zu Anfang des Monats Juli an einzelnen Stauden nur durchlöcherte Blätter zeigten (s. Fig. 72). Während meist die unteren nur vereinzelte Löcher besafsen, waren die oberen in den Litercostalfeldern lang zerspalten und durch Zerstörung der Randpartien mannigfach zerschlitzt. Manchmal sahen die jüngeren Blätter federartig aus, da die einzelnen Teilblättchen nur aus den Rippen mit ganz schmalem Saum bestanden. Zwischen den Durchlöcherungen bemerkte man in den Blattflächen bei durchfallendem Lichte vergilbte Punkte, und diese erwiesen sich als die Anfängsstadien eines Verkorkungsprozesses , der mit Durch- bohrung der Blattfläche endete. Die Korkbildung erfolgte in der Art, wie sie im vorhergehenden allgemeinen Abschnitt beschrieben worden ist. Sie erwies sich aber nicht als das Primäre, sondern war erst eine Folgeerscheinung. Die ersten Anzeichen der Erlvrankung bestanden in dem Verblassen einzelner Mesophyllgruppen, meist in der Nähe feiner Nervenäste. Das Palisadenparenchym war häufiger als das Schwamm- parenchym beteiligt. Li einzelnen Fällen bemerkte man an Stelle des Verbleichens eine Braunfärbung des Zellinhalts , begleitet von Ver- Übermäfsio'e Luftfeuchtio-keit. 431 korkung der Wandiingen. Die Epidermis folgte in ihren ^Veränderungen den Mesopliyllgruppen, und es entstanden kleine abgestorbene Gewebe- herde, die sich nicht weiter veränderten. In den Gruppen von Zellen, welche durch Auflösung ihres Chlorophjdlkörpers die durchscheinenden Blattstellen verursacht hatten, zeigte sich eine Vergröfserung, durch welche die unbeteiligt bleibende Epidermis vorgewölbt wurde. In den vergröfserten Mesophyllzellen stellte sich nun Korkbildung ein. Dabei brach die verkorkte Stelle auf. Durch das Fortsclii'eiten dieser Vorgänge rückwärts in das Blattfleisch hinein vertieften sich die Korkherde bis zur vollständigen üui'ch- löcherung. Dieselbe wird verständlich, da es sich um jugendliche Blätter handelt, die durch ihr AVachstum alle Gewebe spannen und '^A 'A '■ c'y^ Fig. 72. Kartoffelblatt infolge krankhafter Ivorkbildung durchlöchert. (Orig.) diejenigen, die din-ch Verkorkung der Ausdehnung nicht folgen können, zum Zerreifsen veranlassen. Der Vorgang ist also im Prinzip derselbe wie bei den Stämmen der Kakteen. Auch bei den anderen Pflanzen, welche Durchlöcherimgen der Blätter aufweisen, lassen sich als Anfangsstadien die Verarmung und Vergröfserung einzelner Zellgruppen erkennen , und es reihen sich daher diese Fälle naturgemäfs an die Erscheinungen an, die im Folgenden als Intumeszenzen beschrieben werden sollen. Dort wird auch auf die Ursachen noch einmal näher eingegangen werden. Bei dem Zustandekommen der Durchlöcherungen spielt die indi- viduelle Ernährung eine Hauptrolle: denn man findet an denselben Standorten Exemplare, die gänzlich „zerfressen" aussehen neben nahezu 432 II- Schädliche atmosphärifsche Eiut'lüsse. normal bleibenden Pflanzen. Bisweilen leiden nur einzelne Arten. So sah icli beispielsweise in Gruppen aus verschiedenen Ahornspezies nur eine einzige sehr kräftig wachsende mitten zwischen anderen gesund sich entwickelnden Arten erkrankt. Korkbildung an Früchten. Bekannt sind die sogenannten R o s t z e i c h n u n g e n auf xipfeln und Birnen , d. h. braune , stumpfe , nicht selten schüHerige Fleckchen oder Linien auf der glatten Fruchtobeirfläche. Einzelne Sorten zeigen die Erscheinung alljälu'lich, sodafs sie in die Besclu-eibung des Sorten- charakters aufgenommen worden ist. Es sind Korkbildungen, die in der Regel von Spaltöffnungen ausgehen. Abnorm wird der Vorgang in einzelnen Jahren dadurch, dafs nicht nur die „rostfleckigen Sorten", sondern auch gewöhnlich glattschalig bleibende Früchte zur Hälfte oder gänzlich eine korkfarbige Oberfläche erhalten und vielfach später klaffend aufspringen. Es liegen hier Verletzungen der Epidermis zur Zeit der ersten Schwellungsperiode der Früchte zugrunde. In den mir bekanntgewordenen Fällen (Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Weinbeeren) liei's sich nachweisen , dafs ein leichter Spätfrost die Cuticulardecke der jungen Frucht durch unzählige kleine Risse zer- klüftet hatte. Unterhalb der mila'oskopisch kleinen Sprünge bildete die Frucht sofort Korklagen aus. Stellenweise vertrocknen die Epidermiszellen und bleiben nebst den erstgebildeten Korkzellen als Schultern auf der nunmehr stumpf lederfarbigen Frucht- oberfiache sitzen. Fig. 73. WeinlKM i^ik- überall da, wo die verkorkten Stellen Warzen (W) am Fi-ucht&iiei.(Orig.) eine zusammenhängende Fläche bilden, wird der fortschreitende Schwellungsprozefs der Frucht behindert, und die Folge ist, dafs die Frucht klaffende Sprünge bekommt. In diese wandert besonders gern die Monilia hinein und mumifiziert die Früchte. Allein diese Erscheinungen gehören, streng genommen, nicht hier- her; sie haben nur insofern einen Zusammenhang mit Wasserüberschufs, als die Zerklüftungen um so leichter auftreten, je schneller bei an- haltender Feuchtigkeit die Schwellung der Früchte erfolgt. Dagegen möchte ich das Auftreten von Korkwarzen an Beeren- stielen der Weintrauben als einen nur bei feuchter Luft sich be- merkbar machenden Vorgang bezeichnen. In Fig. 73 finden wir zwei Beeren, deren Stiele ein gebräuntes, holperiges Aussehen durch das Auftreten vieler korkfarbiger, dichtgestellter Wärzchen zeigen. Die Er- scheinung tritt schon auf, ehe die Beeren ihre normale Gröfse erreicht haben. Die Warzen sind an der Ansatzstelle der Beeren am reichlichsten entwickelt ;_ stärkere Äste der Fruchtspindel pflegen glatt zu bleiben, und es zeigen in der Regel auch nur einzelne Trauben eines Stockes die Erkrankung. Dieselbe ist, solange warme, trockene Witterung herrscht, bedeutungslos; sie wird erst gefährlich, w^enn bei anhaltend Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 433 feucht-warmem Wetter Parasiten sich einnisten. Folgt dann eine scharfe Trockenperiode, scln-umpfen einzelne stark warzige Stielchen und die dazu gehörigen Beeren. In Fig. 74 sehen wir den Querschnitt durch einen warzigen Beeren- stiel, der den gewöhnlichen Bau der Achse zeigt, aber einzelne auf- fällig weite Markstrahlen {ms) besitzt, die den Holzring (/<) zerklüften. Im Rindenkörper bemerken wir in regelmäfsiger Verteilung die Hart- bastgruppen [h) und vor ihnen die Siebelemente (s) mit oftmals dick verquollenen Wandungen. Bei o sind die reichlich vorhandenen Kalk- oxalatkristalle angedeutet; dieselben treten teils als kleine Drusen, teils als Raphidenbündel auf. Die verschiedenen Stadien der Korkwarzen- bildung sind mit W bezeichnet. Die warzigen , den Lenticellen ähn- lichen Auftreibungen entstehen dadurch , dafs einige direkt unterhalb der Epidermis oder etwas tiefer liegende Rinden- parenchymzellen sich radial vergröfsern und die Oberhaut leicht vorwölben. Diurch Steige- rung dieses Vorganges , wobei Fächerung der gestrecktenZeUen nicht ausgesclilossen ist, entsteht ein Gewebehügel, dessen ver- korkende Kappe sich schliefslich bräunt und entzweireiist. Diurch die Vermehrung des Rinden- parenchyms und Absterben der äufseren braunen , verkorkten Elemente entstehen die gröi'seren Warzen , deren peripherische Zelllagen schalenförmig aus- einanderwoichen. Es bildet sich dabei ein deutliches Korkcam- bium aus, das mit dem Absterben der äufseren Schichten rück- wärts immer tiefer in die Rinde des Beerenstiels liineingreift. Bleibt die Witterung dauernd trübe, warm und feucht, oder sind die Trauben zu stark unter dem Laube versteckt, so ist für die Ansiedlung von MN'celpilzen , unter denen Botrytis cinerea in erster Linie bemerkbar wird, die günstige Gelegenheit geschatfen. Die Erscheinung ist namentlich in den Treibhäusern zu finden, und hier mufs die geschlossene, feuchte Atmosphäre dm'ch Lüften bei gleich- zeitigem Heizen verbessert werden. Zeigen sich warzige Beerenstiele im Freien, lichte man das vor den Trauben befindliche Laubwerk stärker aus und schüttle nach jedem Regen das von demselben festgehaltene Wasser sorgfältig ab. Als Begleiterscheinung der Korkwarzen beobachtete ich einmal bei jungen Weinblättern am Grunde zwischen stärkeren Seitenrippen lippen- artig einander gegenüberstehende Flügel der Blatt fläche. Diese Auswüchse (Emergenzen) waren durch Aufbrechen der Blattfläche (meist über einem Gefäfsbündel) entstanden. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster liand. 28 'MB )4^;r{t^ßmui^^. A.^ Fig. 74. Querscliii ' i ii den warzigen Fruchtstiel einer Weinbeere. (Orig.) ^34 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Anhangsweise sei hier noch das C h a g r i n i e r e n der Rosen- stämme angefüln-t. Die hochstämmigen Rosen werden bekanntlich über Winter niedergelegt und mit Reisig oder Erde zugedeckt. An jungen, noch giattrindigen Stämmen findet man bisweilen im Früh- jahr bei dem Herausheben aus der Erde dieselben mit kleinen Warzen besät, von denen eine Anzahl in der Regel mit einem bleichen oder braunroten Hof umsäumt ist. Die Warzen sind Lenticellenwucherungen. Dieselben beginnen unterhalb der Spaltölihungen und treiben die Schliei's- zellen auseinander. Dort, wo ein verfärbter Hof sich vorfindet, ist Mycel nachweisbar. Gelbsprenkelung (aurigo). Bei Monokotyledonen mehr als bei Dikotyledonen erscheinen die Blätter bisweilen mit gelben oder rötlich - braunen Fleckchen übersät. Die Sprenkelung beginnt von der Spitze aus, und die Zahl der Flecke, die in der Regel durch eine blasse Randzone in die sonst normal grün- bleibende Blattfläche übergehen, kann sich bei Beginn der Krankheit dadurch vermehren, dafs zwischen den erst entstandenen noch neue kleine Fleckchen sich ausbilden. Ein Verschmelzen derselben ist seltener. Bisweilen ist mit der Verfärbung eine Auftreibung des Gewebes ver- bunden, und es zeigt sich dann ein deutlicher Übergang zu den eigent- lichen Intumescenzen ^). Die Gelbsprenkelung tritt besonders bei Glashaus- und Zimmer- pflanzen auf, und unter diesen begegnen wir der Erscheinung am häufigsten bei Dracänen, Palmen und Pandanusaiten. Um ein Beispiel zu geben, wie diese Flecke sich ausbilden und unter Umständen bis zur Blattdurchlöcherung fortschreiten können, führe ich einige Beobachtungen an Fandanus javanicus an. Die Flecke entstehen stets in einer zwischen zwei Rippen liegenden Mesophyllpartie, die nach der Blattoberseite hin den Charakter des Palisadenparenchyms, an der Unterseite den des Schwammparenchyms aufweist, in der Mitte aber aus selrr zartwandigen, nahezu isodiametrischen, mit farblosem, wässerigem Inhalt erfüllten, etwa sechsseitigen Zellen besteht. Von dieser innersten, farblosen Gewebegruppe beginnen die periphe- rischen, also dem chlorophyllführenden Mesophyll angrenzenden Zellen sich nach der Seite des geringsten Widerstandes, d. h. nach dem Zentrum hin , übermäfsig zu strecken , wobei sie häufig die centralen Zellen zusammendrücken. Nicht selten erfolgt die Streckung nm- in den direkt nach oben und nach unten gerichteten, aber nicht in den seitlichen Zellen der zartwandigen Gruppe , und es entsteht dadurch eine eigen- tümliche Lagerung. Die centrale Partie des Gewebes besteht dann aus radial gestellten, schlauchförmig ausgezogenen, oft durch Quellung dick- wandiger gewordenen, inhaltslosen Zellen, die später braun werden und verkorken. Bei zunehmender Intensität wird das Schwammparenchym unter Auflösung seines Chlorophyllkörpers in diesen Streckungsprozefs hineingezogen; sein Inhalt zerfällt zu braunkörniger Substanz, und damit wird die gelbe Färbung intensiver. Mit dem Hineinziehen des chlorophyllreichen Gewebes in den abnormen Streckungsprozefs erhebt sich die Blattoberfläche oft schwielenartig. 1) SoRAUEK, P., Über G-elbfleckiffkeit. Forsch, auf d. Geb. d. A^rikulturphvsik Bd. IX, Heft 5. öl. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 435 Häufig l)leil.»t mit der Verkorkung der gestreckten Zellelemente der Krankheitsprozel's stehen, und wir haben dann eben nur gelbe, im jugendlichen Stadium sogar erst bei durchfallendem Lichte erkennbare Flecke. Der ganze Erkrankungsherd kann dabei durch eine Zone wirk- licher Korkzellen vom gesunden Gewebe abgeschnitten werden. Bei fortschreitender Intensität der Erki^ankung, bei welcher schliefslich sogar die Zellen der Gefäfsbündelscheide unter Quellung ihrer Wandungen mit nachfolgender Bräunung an der Überverlängerung teilnehmen kömien, sprengen die sich streckenden Mesoph3dlzellen die darüberliegende Epidermis. Es folgen dann die Vorgänge, welche bei den Durchlöcherungs- erscheinungen bereits besclirieben worden sind. Äufserlich ähnlich aussehende Pilzerkrankungen lassen sich bei Pandanus leicht unter- scheiden, da dabei die Zellstreckungen fehlen. Bei Dracaena rubra und Draco beschränkt sich der Krankheitsprozel's bisweilen nur auf den Zerfall des Chlorophylls in den üineren Zellgruppen ; hier wurden mehrfach Membranen mit perlig in das Zellinnere vorspringenden Quellungs stellen wahrgenommen. Bei üracaenn mdivisaheoh-ächteie ich wälu'end der Verfärbung der Krankheitsherde, dafs bei der Auflösung des Chlorophylls reichlich Zucker in den Zellen nachweisbar war, der im gesmiden Gewebe sich nicht zeigte und in dem Krankheitsherde verschwand, sobald Bräunung und Verkorkung der Wandungen eintrat. Die Gelbsprenklichkeit erweist sich somit in vielen Fällen als Vorstadium der eigentlichen Intumescenzen, in andern aber, wie z.B. bei den Dracänen, bleibt sie meist als selbständiges Kranklieitsbild bestehen, und hier weisen das vorübergehende Auftreten von Zucker und die perligen Membranquellungen auf dieselben Ursachen hin, welche bei der Überverlängerung von Zellen zur Wirkung gelangen. Bei der l^raktischen Behandlung hat man sich zu vergegenwärtigen, dafs die Pflanzen , welche Aurigo zeigen , unter einer Wasserzufuhr leiden , die sie nicht bewältigen kömien. Die Wassergaben brauchen gar nicht stärker wie früher zu sein: aber sie werden den Pflanzen in der Ruhe - Periode verabreicht, in der ihre Assimilationstätigkeit herabgedrückt ist und die äufsern Verhältnisse nicht dazu angetan sind, dieselbe zu heben. Die Flecke treten nämlich vorzugsweise im Herbst und Winter auf. wenn die Pflanzen in warme Räume gebracht werden. Sie haben dann wohl Wärme und Wasser nebst mineralischen Nährstoffen, aber nicht Licht genug. Man mufs deshalb die einseitige Reizmig entfernen und die Pflanze kühler, trockner und möglichst hell stellen. Intumescenzen. Noch nicht genügend von den praktischen Pathologen ge'W'iirdigt .sind die meist gi'uppenweise auftretenden, knötchenförmigen oder pustelartigen Gewebeauftreibungen, die ich seinerzeit als „Intumescentia" eingefülirt habe. Sie sind vorherrschend an Blättern gefunden worden, sind aber auch an Stengeln nicht selten: spärlich waren bisher die Beobachtungen über Intumescenzen an Blumen und Früchten. Den besten Einblick in die Entwicklung solcher Gebilde, deren Wert in ihrer symptomatischen Bedeutung liegt, erlangen wir dui'ch Betrachtung eines bestimmten Falles. Bei Cassia tomentosa fand ich im Januar 1879 in einem Warmhause die jmigen Triebe mit Blättern besetzt, deren Fiederchen nach unten gelo-ümmte Ränder aufwiesen. Die Krümmmig erschien durch ein gesteigertes Wachstum der Oberseite 28* 436 II. Schädliche atinosphäi-ische Einflüsse. hervorgernten , welche piistelartige Auftreibnngen bemerken liefs. Je weniger Auftreibungen, desto flacher das Blattfiederchen und desto mehr fanden sich die Erhabenheiten in der Nähe der Mittelrippe : wenn dieselben sehr reichlich und gleichmäfsig über die ganze Fläche ver- teilt waren, erschien das Blatt fast blasig. AVirklich blasig konnte man es aber nicht nennen, weil den Auftreibungen der Oberseite keine gleichgrofse Vertiefung der Unterseite entsprach. Die Auftreibung ist kegelförmig, anfangs mit derselben Färbung und matten Oberfläche versehen wie das übrige Blatt; später whxl die Spitze des Kegels heller, straffer micl glänzender. Noch später wird die Spitze gelb, verbreitert sich, reifst (Fig. 75 se) endlich auf (wenn nicht vorher das ganze Fiederchen vergilbt), und die Auftreibung erscheint nun in der Mitte trichterförmig vertieft und gebräunt. Die Ursache der Erscheinung ist das stellenweise schlauchartige Auswachsen des Palisadenparenchyms (j>) der Blattoberseite, das an Fig 75. Blattintumescenz bei Cassia tomentosa. (Orig.) den normalen Stellen chlorophyllreich , dicht aneinandergelagert und nur nach dem Schwammparenchym (.?) hin mit schmalen, spaltenförmigen. lufterfüllten Litercellularräumen versehen sich erweist. Sobald die Anschwellung begimit , fangen die Chlorophyllkörner an, von der Spitze der Zelle aus zu verschwinden, und die Zellen ver- längern sich derart , dafs zuerst nur wenige die Streckung begüinen, allmählich aber die Umgebung mit in den Streckungsprozefs hinein- gezogen wird. In dem Mafse , als die Verlängerung fortschreitet, wird inuner mehr Chlorophyll gelöst, so clafs schliefslich die schlauch- förmig gewordenen Palisadenzellen fast ganz farblos oder mit wenigen kleinen, gelblichen, im ganzen Zellraum zerstreuten Körnern versehen erscheinen. Mit der Verlängerung der Zellen , die die Epidermis in die Höhe stülpen, ist auch eine geringe Breitenzunahme verbunden, wodurch die Zellen seitlich sehr fest aneinandergeprefst erscheinen und nur nach dem Schwammparenchym hin noch schwache Intercellular- räume zeigen. Sobald der Druck des sich vorwölbenden Gewebes die Überinäfsige Luftfeuchtigkeit. 437 Epidermis (/') an der höchsten Stelle der Anftreibimg entzweigesprengt hat (zc), schwellen die nun freigewordenen Enden des Palisadenparenchyms keulig auf ßp) und verdicken unter Bräunung mehr oder minder tiet abwärts ihre Wandungen. An der Durchbruchstelle und deren Um- gebung bräunen sich auch die Epidermiszellcn und fallen teilweise zusammen. Derselbe Vorgang der Auftreibung kann auch auf der Unterseite des Blattes eintreten; dabei werden die direkt unter der mit Haaren (/*) versehenen Epidermis liegenden, sonst etwa isodiametrischen Zellen des Schwammparenchyms auch lang-zylindrisch. In einzelnen Epidermiszellen, sowohl der Ober- als Unterseite des Blattes und auch in manchen der schlauchförmig ausgewachsenen Parenchymzellen zieht Glycerin einzelne gTofse oder mehrere kleine Gly kos e tropf e n zusammen . Ähnliche Blattauftreibungen fand ich bei gelbtleckigen und auch bei noch normalgrünen Blättern von Äcacia longifolia und ni/'cro- hotnja. Als Beispiel fiu' das gemein- same Vorkommen der Intumescenz mit Korkblattern führe ich Mijr- mecodia echinata an, deren Blätter die Intumescenzen meist auf der Blattunterseite , die Kork- wucherungen aber vorherrschend auf der Oberseite entwickeln. In Fig. 76 erkennen wir, dal's haupt- sächlich an der Bildung der zart- drüsigen Gewebeauftreibung die beiden der Epidermis zunächst- liegenden Parenchymschichten be- teiligt sind. Die Epidermis mit ihren unverändert gebliebenen Spaltölfnungen (c) ist in die Höhe getrieben und an der Grenze des normalen Gewebes abgesprengt, worden: sie erscheint aber, was bemerkenswert, noch migebräunt und turgescent, also wie die schlauch- förmigen Mesophj'Uzellen («) noch vollständig ausreichend ernährt. Erst in einem weit vorgeschrittenen Altersstadium des Blattes sah ich die Auftreibungen zusammentrocknen und durch Bildung einer Tafelkorklage an ihrer Basis (}>) vom gesunden Parenchym abgeschnitten. Die teils blasig, teils warzig auftretenden Kork Wucherungen finden sich am häufigsten ohne die Begleitung von Intumescenzen. Sie sind miregelmäfsig über die ganze Blattfläche als rostfarbige, bisweilen silberig glänzende Fleckchen verteilt. Bevorzugt ist die Gegend der Mittelrippe. Die Korkbildung beginnt hier innerhalb der Epidermiszellen und schreitet von da aus in das Mesophyll hinein fort, indem zunächst die zwei anstofsenden Lagen des aus .4 — 5 Reihen farbloser, inhaltsarmer, sehr weitlumiger Zellen gebildeten Hj^poderms ergriffen werden (d). Das- darunterliegende Palisadenparenchym , das in kegelförmigen Strebe- Fig 76. Blattstück von Myrmecodia echinata mit aufbrechend er Korkwarze auf der Ober- seite und drüsiger Intumescenz auf der Unterseite. (Orig.) 438 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. pfeilern (e) in das Hypoderm hineinreicht, wird meist nicht irritiert, zeigt aber, ebenso wie das chlorophyllarme Schwammparenchjan , zur Zeit der Korkbildung in jeder Zelle einen stark lichtbrechenden, oft gTün gefärbten Tropfen. Manchmal ähnehi derartige Korkpolster in hohem Grade gewissen Pilzerkrankungen, wie ich Gelegenheit hatte, an Pelargoniiwi zonale zu beobachten. An dieser Pflanze waren die Blätter unterseits mit einzelnen oder zu gTöfseren Gruppen vereinigten, weifsen, cystopusähnlichen Polstern be- deckt. Dieselben erwiesen sich als halbkugelige, später manchmal fächerig auseinandergehende, lufterfüllte Korkwucherungen. Letztere begannen mit einer Vergröfserung des Schwammparenchyms , wobei alle Intercellularräume ausgefüllt wurden. Die Epidermis blieb in der Regel unverändert, während die daranstofsenden Mesophyllzellen sich senkrecht zu derselben streckten und unter allmählichem Verlust des Chloroj)hylls sich durch Korkwände fächerten. Die Korkzellen verloren teilweise durch unregelmäfsige Vergröfserung ihre parallele Anordnung mid wölbten sich stark in die Höhe , bis die Epidermis rifs. Dieselbe machte aber vorher ihren hemmenden Einflufs dadurch geltend, dafs sie die Korkzellen drückte, wodurch die Wandungen zerknittert erschienen. Der Streckungs- und Korkbildungsprozefs griff immer tiefer rückwärts in das Mesophyll hinein, wodurch die Wucherungen bis zur vierfachen Ausdehnung der Blattdicke bisweilen gelangten. In die Spaltöffnungen und später in die Wunden der aufreifsenden Korkwucherungen wuchs ein braunes gewundenes Mycel (vielleicht ein Cladospormm) hinein. Reichlich von Intumescenzen hat der Weinstock zu leiden und namentlich die Exemplare, die in Glashäusern behufs Frühtreiberei im freien Grunde ausgepflanzt sind. Es wurden aufser den Blatt- auftreibungen auch an den Beerenstielen Knötchenbildungen bisweilen beobachtet, und da diese eine von den vorher geschilderten Warzen abweichende Bauart zeigen , mögen sie hier eingehender beschrieben werden. Beistehende Fig. 77 ist der Querschnitt durch ein solches Knötchen. Die den Holzring des Beerenstiels bildenden Gefäfsbündel sind mit h bezeichnet; ni ist der Markkörper, // h der Hartbast, bis zu welchem die abnorme Veränderung des Rindenparenchyms zurückgreift. Dieselbe zeigt sich in einer Ausweitung und schliefslichen radialen Üb er Verlängerung des unterhalb der collenchymatischen Elemente liegenden Parenchyms, dessen Zellen sich nachträglich gefächert haben. Durch diese Über- verlängerung wird das Collenchym (c) zusammengedrückt und, ohne vorher an der Streckung teilgenommen zu haben , samt der Epidermis zum Absterben gebracht. Die normale Epidermis erkennt man bei c- /• ist die an der Grenze des absterbenden Gewebes sich bildende Kork- zone. Letztere ist übrigens nicht immer zu finden •, manchmal geht das absterbende unmerklich in das sehr dünnwandige, noch lebende Gewebe über, das an der Übergangsstelle schwach verkorkte Wandungen zeigt. c g normales, hier gruppenweise und nicht in zusammenhängendem Ringe auftretendes Collenchym. Die Fächerung und Üb er Verlängerung des Rindenparenchyms und das Fehlen von Korkwucherungen unterscheidet diese knötchenförmigen Litumescenzen von den früher geschilderten Korkwarzen, die im Jugendstadium grofse Ähnlichkeit mit jenen haben. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 439 Die auf den Weinblättern bemerkbaren Intmnescenzen erscheinen anf der Unterseite in Form drüsiger Erhabenheiten, die oftmals zusammenfliefsen und anf der Blattoberfläche durch gelblich veifarbte, liisweilen auch etwas erhabene Stellen angedeutet werden. Sie ent- stehen durch schlauchförmiges Auswachsen des unter der Epidermis liegenden Schwammparenchyms , dessen Zellen sehr verarmt an festen Inhaltsstoffen und (hirch Ausweitung dicht aneinandergeprefst erscheinen. Mit ihrer zunehmenden Überverlängerung wird die sie deckende Epidermis gebräunt und entzweigesprengt. Anfangs sind nur die direkt unter der Epidermis liegenden Zellen irritiert ; aber kurz nacli Beginn der Aiülreibung wird auch die nächst- innere Zellschicht ergriffen , und diese ist es in der Regel , welche später die gröfste Streckung erfährt, und deren Zellen sich nicht selten durch nachträgliche Querwände teilen. Die das Zentrum der Auf- treibung einnehmenden Zellen sind am längsten und schmälsten und Fig. 77. Teil einer knötchenföriuigen Intumescenz am Stiel einer Weinbeere. (Orig.) stehen genau senkrecht zur Oberfläche des Blattes, während die seitlich anstofsenden schief fächerförmig gelagert sind, an Länge ab- und an Breite zunehmen. Stärke ist nicht nachweisbar. In den extremsten, zur Beobachtung gelangten Fällen sind sämtliche Zellen des Mesophylls bis zum Palisadenparenchym der Oberseite hin in die Streckung hinein- gezogen ; das letztere selbst jedoch sah ich nicht ergriffen. Wie gesagt , sind diese Erscheinungen bei der Weintreiberei gar nicht selten , und hierbei finden sich Fälle , welche auf die Ursachen der Intumescenzen mit grofser Deutlichkeit hinweisen. Aus dem im Laufe der Jahre mir häufig zur Verfügung gewesenen Material greife ich als Beispiel eine Mitteilung des Herrn Hofgärtner Roese heraus. Derselbe hatte ein Weinhaus, das mit 14 Stöcken besetzt war; von diesen gehörten (5 Stück der Sorte Black Hambiu-gh (Blauer Franken- thaler) an, und einer derselben stand an derjenigen Seite des Glashauses, an welcher die Wasserheizungsröhren aus dem Vorhause eintraten. Hier war also erhöhte Wärme l3ei reichster Luftfeuchtigkeit vorhanden. 440 II' Schädliche atmosi^härische Einflüsse. und dieser Stock allein entwickelte derart Intumescenzen , dals die Blätter nnterseits nahezu filzig aussahen. Ein gegenüber, an der andern Wand des Glashauses, angepflanzter Stock von Royal Muscardine ver- mischte in den oberen Regionen des Hauses sein Laub mit dem des befallenen Stockes, ohne eine Spur von Erkrankung zu zeigen. Dieser Fall läfst erkennen, wie verschieden sich die einzelnen Sorten an demselben Standort verhalten und wie bei derselben Sorte individuelle Erkrankungen ihre Erklärung finden. Betreifs des verschiedenartigen Verhaltens der einzelnen Reben ist auf eine Studie von Fr. Muth ^) zu verweisen , der das Entstehen von Intumescenzen nach der Kupferung der Blätter beobachtete. Während beispielsweise Frühroter Veltliner und Muscat St. Laurent keine Auftreibungen erkennen liefsen , waren Morillon panache , Made- leine Angevine und blaues Ochsenauge äufserst stark erkrankt. In einem dem obigen, von mir beobachteten, ähnlichen Falle sah NOACK ^) die Erkrankung nachlassen, als in dem Weinhause nicht mehr so viel gespritzt wm-de. Das bescliriebene Vorkommnis ist nicht mit den Erscheinungen, die an AmpeJopsis Jiederacea gefunden wurden^), übereinstimmend. Bei dieser Pflanze sah Tomaschek an jungen Zweigen, Blattstielen und Blatt- nerven, besonders aber an der Aufsenseite der Nebenblätter perlen- artige Bildungen. Die Perlen, die bei Lichtmangel besonders grofs waren und im Herbst vertrockneten, bildeten sich unterhalb einer Spalt- öffnung, schon an ganz jungen Teilen, indem die eine Atemhöhle um- gebenden Zellen in dieselbe hineinwuchsen und bei ihrer fortschreitenden Vermehrung die Epidermis auftrieben. Im Herbst und Winter zeigten sich an Stelle dieser Auswüchse wirkliche Lenticellen mit Korkbildung. Während die bisher geschilderten FäUe ebenso wie die später noch zu erwähnenden nur Glashauskulturen betreflen, möchten wir nun über ein im Freien und zwar bei einem Grase beobachtetes Vor- kommnis berichten. Bei äufserst starkwüchsigem Hafer von der Insel Rügen fanden sich Pflanzen, deren unterster, von der Erde gedeckter Halmknoten im Querschnitt das nebenstehende Bild (Fig. 78) aufwies. Der zentrale Teil des Halmknotens zeigt den bekannten wirren Verlauf der Gefäfs- bündel {g) und die Anlage einer Wurzel (tf), welche im Begriff ist, die aufgetriebene Rinde des Halmknotens zu durchbrechen. In diesem Rindenmantel bezeichnet r den normal gebauten Teil, während bei r die subepidermalen Parenchymzellen bereits beginnen, sich radial zu strecken. Die Üb er Verlängerung steigert sich bei s zmu ausgesprochen schlauchförmigen Charakter und ergreift in der Nähe der durch- brechenden Wurzel alle Schichten des Rindenkörpers. Die dadurch übermäfsig gespannte, an dem Streckungsvorgang nicht aktiv beteiligte Epidermis beginnt schliefslich an einzelnen Stellen (c) entzweizureifsen. Der Halm zeigt bei z eine starke Frafsbeschädig-ung, deren Einflufs tief in den Halmknoten hineinreicht , in dem eine starke Gewebebräunung 1) MuTu, Fk., Über die Beschädigung der Rebenblätter durch Kupferspritzmittel. Mitteil. d. Deutsch. Weinbau- Vereins 1906. 2) NoACK, Fu , Eine Treibhauskrankheit der Weinrebe. Gartenflora 1901,. ß. 619. ^) Tomaschek, Über pathogene Emergenzen auf Ampelopsis hederacea. Österr. Bot. Zeit. 1879, S. 87. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 441 mit zum Teil gummös ausgefüllten Gefälsen sich bis zm- Mtte des Knotens hinzieht. Es liegt nun nahe, diese Verwundung als Ver- anlassung zur Intumescenzbildung aufzufassen, zumal benach- barte andere , nicht angefressene Halme die Gewebewucherung nicht zeigen. Man würde sich dann den Zusammenhang in der Weise vor- stellen können, dal's bei der reichlichen Wasser- und Nährstotfznfuhr durch die Wurzeln und der geringen Verdunstung dos Knotens inner- halb der Bodenkrume die Entfernung eines Teils des Gewebes durch den Tierfrafs hingereicht hat, den Turgor im restierenden Gewebe bis zur Intumescenzbildung zu steigern. Ähnliche Korrelationserscheinungen beobachtete ich bereits früher bei Einwirkung von Kupformitteln auf die Kartoffelblätter'). Bei stark- Fig. 78. Intumescenz an dem unteren Knoten einer Haferpflanze. (Orig.) wüchsigen Sorten erwies sich eine Anzahl von Blättern durch das Be- spritzungsmittel beschädigt; in der Nähe der abgestorbenen Gewebeflecke erscliienen später Intumescenzen. Dafs auch andere Ursachen der- gleichen Erscheinungen veranlassen können, ergibt sich aus dem Umstände, dafs Wärzchen auf Kartotfelblättern schon zu einer Zeit beobachtet worden sind , als die Kupferbehandlung noch nicht eingefülirt worden war 2). Neuere Resultate in dieser Richtung hat v. Schhenk^) geliefert. An Kohlpflanzen, die in einem Glashause mit Kupfer-Ammon-Carbonat bespritzt worden waren, zeigten sich nach wenigen Tagen auf der Blatt- unterseite blasse, allmählich fast weifs werdende Knötchen, die sich als ^) SoRACER, P., Einige Beobachtungen bei der Anwendung von Kupfermitteln gegen die Kartoff elkranklieit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 82. 2) Masteus, Leaves of Potatoes with warts. Gard. Chron. 1878, I, S. 802. ^) ScHKENK, H. V.. Intumescences formed as a result of chemical Stimulation. Sixteenth ann. report Missouri Bot. Gard. May 1905. 442 II. Schädliche atmospliärische Einflüsse. Intumescenzen ihrem anatomisclien Bau nach erwiesen. Aufungespritzten Pflanzen in demselben GJashause waren keine Anftreibnngen zu finden; wohl aber entstanden solche durch Bespritzung der Blätter mit schwachen Lösungen von Kupferchlorid, Kupferacetat, -nitrat und -sulfat. V. SCHRENK betrachtet aber diese Intumescenzen nicht als Korrelations- erscheinungen, sondern als Reaktionen des Blattgewebes auf den chemischen Reiz der Gifte. Hierher rechne ich ferner den Fall, welchen Haberlandt ^) bei einer Liane, ConocephaJus, beschreibt. Er schildert die Bildung von Ersatz- Hydathoden nach Vergiftung der normalen Organe an den Blättern. Fig. 79. Intumescierter Stengel von Lavatera trimestris. (Orig.) Fig 80. Intumescierter Zweig von Äcacia pendula. (Orig.) Fig. 81. Vergrölsertes Stück von Fig. 80. (Orig.) Die ungemein reiche nächtliche Wasserausscheidung erfolgt am Grunde flacher Grübchen auf der Blattoberseite durch scharf differenzierte Epithem-Hydathoden mit Wasserspalten, die stets über den Treffpunkten von Gefäfsbündehi liegen. Nach Vergiftung dieser Organe durch Be- pinseln des Blattes mit 0,5 prozentiger alkoholischer Sublimatlösung bildeten sich über den Gefäfsbündeln kleine Knötchen, an denen jeden Morgen grofse Wassertropfen auftraten. Diese Knötchen, welche also die Funktion der getöteten Hydathoden übernommen hatten, erschienen M Haberlandt in „Festschrift für Schwendener", cit. in Natnrwiss. Wochenschr. 1899, S. 287. Übermäfsio-e Luftfeuchtie;keit. 443 aus langen sclilauchartigen Zellen zusammengesetzt, die in ihrem luiteren, durch Querwände gefächerten Teile lückenlos aneinanclerschlossen, am oberen, keulenförmig angeschwollenen Ende aber pinsclartig auseinander- wichen. Sie waren durch Streckung der Leitparenchymzellen, oft auch der Palisadenzellen entstanden und hatten die Epidermis durchbrochen. Als Beispiele wuchernder Zellstreckung an Stengeln gebe ich die Habitusbilder eines Stengelstückes von Lavatcra trimestris Fig. 79 und von Acacia pendula Fig. 80, deren aufgerissene Rinde in der Ver- gTöfserung Fig. 81 noch deutlicher zu sehen ist. Bei Malope grandiflora und Lavatera trimestris bemerkt man Stengel und Zweige auf der Sonnenseite dicht mit Längsschwielen besetzt. Fig. 82. Querschnitt durch einen intumescierten einjährigen Zweig von Acdcia pendula ^). (Orig.) Diese Schwielen werden durch bedeutende Längs- und Querstrecknng der Zellen des Rinden- und auch des Holzkörpers veranlaist. Wenn die Schwiele noch jung ist, leitet sich der Vorgang meist dadurch ein, dafs in der Höhe der primären Hartbastbündel die zwischen zwei Bündeln liegenden, chlorophyllführenden Parenchymzellen sich radial und stärker noch tangential strecken und bei dieser Vergröfserung sich bogenförmig nach aufsen wölben. Der mechanische Ring erscheint dadurch gelockert, dafs die Bastbündel weit auseinandergerückt werden und die Collenchym- schichten weniger entwickelt sind. Bei stärkeren Intumescenzen erweist sich die gelockerte Stelle tiefer gehend, indem auch der Holzkörper seine prosenchymatischen Elemente und Markstrahlzellen zu einem weitmaschigen Parenchym umändert. SoR.UER, P., Über Intumescenzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1899, Bd. XVII. S. 458. 444 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Über die Vorgänge , die sich bei der Bildung der moosartig zusanunenstehenden Intumescenzen bei Acacio pendula abspielen, gibt die beistehende Figur 82 hinreichend Aufschluls. Es bedeutet tn Mark- körper, h Holzring, c Cambium, h Hartbastgruppen, e Epidermis, .s be- ginnende Streckung innerhalb der Primärrinde , iv die in gewundenen Parallelreihen aufsteigenden, schlauchförmig gewordenen _ Rinden- parenchymzellen, welche bei k nach Durchbruch der Epidermis garben- artig atiseinanderweichen. In Fällen hochgradiger Intumescenz greift der Vorgang der Über- verlängerung rückwärts in die Sekundärrinde hinein und weitet die ^ Fig. 83. Blume von Cymhiämm Lotvi mit drüsenartigen Intumescenzen {a auf den Perigonzipfeln. (Orig.) Zellen der Phloemstrahlen (q) aus. Ja es kommen sogar Fälle vor, in denen der Holzring in seinen letztgebildeten Lagen irritiert erscheint, indem die äufsersten Splintschichten aus Parenchymliolz sich aufbauen. Nicht selten beobachtet man, ebenso wie bei liitumescenzen an ver- schiedenen Arten von Eucalyptus, das Vorherrschen und bisweilen ausschliefsliche Auftreten der Intumescenzen auf der dem Lichte zu- gewandten Zweigseite. Nach den in früher angeführten Fällen ge- gebenen Erklärungen erübrigt sich hier eine eingehendere Besprechung. Am seltensten sind die Intumescenzen an Blüten organen. Ich be- obachtete einen derartigen Fall bei Cymhidium Lowi. Die normal Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 445 grofsen, sonst gut ausgebildeten Blüten zeigten an den Perigonblättern unterseits quittengelbe oder gelbgrüne, halbkugelige Höcker (Fig. 83 a) ; ebensolche Gebilde waren auch auf dem Fruchtknoten zu finden. In der Jugend besafsen sie eine glatte Oberfläche, später platzten sie in der Gipfelregion und vertieften sich trichterartig. An den alten Knötchen war die Vertiefung bis zur vollständigen Durchlöcherung der Perigonzipfel tbrtgc schritten. Die Blumen wurden dadurch un- verkäuflich. In der beistehenden Figm* 84 sieht man die unterhalb der Epidermis [e) der Unterseite eines Perigonblattes befindliche Zellschicht zu aufrechtstehenden, anfangs kuppenartig zusanunengeneigten, keuligen Schläuchen ausgewachsen (s), die zunächst von der an der Streckung unbeteiligten braunwandigen, verquollenen Epidermis zusammengehalten werden. Nach ../ Sprengung der Oberhaut weichen die nun- mehr selbst derbwandig, tiefbraun und in- f n - 1 / i--f, r-._^^./="v/Tx haltsarm werdenden Schläuche garbenartig , \ ]\'^ -C^^^-^ vY; Fig. 84. Querschnitt durch eine Intumescenz des Perigonzipfels von Cymbidium LoicL Obere Figur Jugendstadium, untere Figur ausgewachsener Zustand. (Orig.) O Oberseite, T Unterseite, < Ejiidermis, s (obere Figur! Anfang der Streckung der subepidermalen Zellen, x (untere Figur) Auseinanderreifsen der keulig überverlängerten Zellen, g Gefäfsbündel, ir fortgeschrittener Durchlöeherungszustand. auseinander. Der Vorgang der Überverlängerung ergreift allmählich immer tiefer liegende Zellpartien und kann sich schliefslich bis direkt unter die Epidermis der Oberseite fortsetzen («•), worauf eine Zerreifsung dieser Epidermis und eine Durchlöcherung des Perigonzipfels zustande konunen ^ ). Die Anfangsstadien der Intumescenzen wurden am Fruchtknoten studiert. Man bemerkt zunächst, dafs an einer Stelle emige Oberhaut- zellen eine gelbbraune, verquollene Wandung bekommen und ganz mi- merklich über die Oberfläche hervortreten. Unterhalb derartiger Stellen ist das Gewebe noch vollkommen farblos, aber dichter gedrängt und ') SoRAUKR, P., Intumescenzen an Blüten. Ber. d. Deutsch. Bot. Gc Bd. XIX, S. 115. 1901, 446 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. reichliclier mit Plasma und ölig aussehenden Tropfen erfüllt. Bei einigen dieser Zellen hat bereits eine radiale Streckung stattgefunden, die bis zur steilen Aufrichtung und einer Querfächerung derselben sich steigert. Der Vorgang greift allmählich auf die Umgebung, namentlich auf die dicht unterhalb der Epidermis liegenden Zellen über. Die sich überverlängernde Schicht wird auffällig dickwandig und färbt sich kaffeebraun , während die zusammensinkende , verquellende Epidermis eine hell gelbbraune Kappe bildet. Die Verfärbung ist von einem Ver- korkungsprozesse begleitet, und diesem ist es wahrscheinlich zu- zuschreiben, dafs an den noch nicht vollständig entwickelten und daher noch in Streckung begi'iffenen Organen die spröde gewordenen Zell- partien zerreifsen und abbröckeln. Dadurch wird die trichterförmige Vertiefung am Gipfel der Intumescenz ein- geleitet. Von den auf Früchten auftretenden Intumes- cenzen sind mir am häufigsten solche auf un- reifen Hülsen von Bohnen und Erbsen zu- gegangen und zwar mehrfach mit der Bemerkung, dafs reiche Pilzrasen sich auf den Hülsen an- gesiedelt hätten. Die Früchte erscheinen, namentlich wenn sie in der Nähe der Erdober- fläche sich befinden, stark mit Warzen bedeckt und erwecken den Verdacht starker Verpilzung, wie beistehende Erbsenhülsen (Fig. 85 ) erkennen lassen. Auf Querschnitten gewahrt man an ein- zelnen, dem blofsen Auge noch glatt erscheinen- den Stellen, dafs einige Epidermiszellen sich bereits zu strecken beginnen. Dieselben liegen oftmals unmittelbar neben einer Spaltötfnung, ohne dafs aber sonst dieser Apparat bei der Entstehung der Intumescenzen mitwirkte. All- mählich beteihgen sich auch die darunter- liegenden Parenchymzellen an dem Streckungs- vorgang. Die gestreckten Elemente fächern sich durch Querwände , und es entstehen nun feste, aus anfangs oft säulenförmig aneinander- gereihten Zellreihen gebildete Warzen, die über 1 mm Höhe erreichen. Sie werden später durch Absterben der peripherischen Schichten braun, und ihre Zellreihen weichen nach Zerklüftung der Decke garbenartig auseinander. Das Stadium der höchsten Entwicklung stellt sich in Fig. 8(3 dar. Es bezeichnet fr den noch normalen Teil der Fruchtwand; e Epi- dermis , p sind die z. T. sich kreuzenden Lagen dickwandiger Ele- mente der inneren pergamentartigen Fruchthaut. Im Zentrum der Wucherung (w) erkennt man die langgestreckten, säulenartig gestellten Parenchymzellen, die nach aufsen hin unregelmäfsig fächerartig aus- einandergehen. Die in der Zeichnung dunkel gehaltenen Randzonen [z, s) deuten das im Absterben begiiffene Gewebe an. Die Wandungen dieser zusammengesunkenen, zu sich kräuselnden Zipfeln oftmals ver- schrumpfenden Parenchymgruppen erscheinen gelb bis braun und verleihen den Warzen eine erdartige Färbung. Durch die vielfache Fig. 85. Erbseuhülsen ijiit drüsig - aufgetriebener Aufsenfläche. (Orig.) Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 447 Zerklüftung der Intumescenzen , die manchmal so dicht stehen, dals nm- wenige normale Epidermiszellen sie trennen, erhält die ganze Friichtwand stellenweise eine moosartige Oberfläche. Auch die pergamentartige Innenwand der Hülsen kann intumes- cieren, und zwar ist dies sogar häufiger der Fall als bei der Aul'sen- wand. Bei manchen Erbsensorten mit sehr markigen Hülsen findet man fast alljährlich auf der festen, glatten Innenseite weilse, wie 8chiuunelrasen aussehende Gewebefilze. In einem Falle fand ich im intumescierten Gewebe zahlreiche Oosporen, die vermutlich zu Pc^-owaspora Viciae gehört haben. Aus den bisher angeführten Beispielen ergibt sich, dals auf allen oberirdischen Organen der Pflanze die Intumescenzen auftreten können. Sie bilden niu' ein Glied in einer Kette von Erscheinungen, die z. T. gemeinsam miteinander auftreten, z. T. sogar ineinander übergehen. Die einfachsten Störimgen haben wir als „Aurigo" angesprochen-, sie charakterisierten sich durch Verarmung einzelner Gewebe - gruppen im Blattinnern unter Zerstörung des Chlorophyll- apparates meist unter Zurück- lassung von Carotinkörpern. Während des Verschwindens ^o > ^ '>) des Chloroplu'lls bemerkt man "I^^^c^Ta) ^-^^^i^t ein Bestreben der Zellen sich ^v : /'"'^^^ auszudehnen; sie füllen die Intercellularen aus, wobei sie auf die Umgebung einen V - Druck ausüben, und sterben —^ _ . ^ schliefslich unter Verkorkung '" ' - "' — -^_,e der Zellwandungen. Man -i-'-o^^-^^SleÄS*-^--'- . / kann derartige Nester über- ■"'="' ^^••'^'9=?»-'*^^«fV,'^V^v,;^ivv. fr verlängerter Zellen auch als "^"'"''^••^^•Jl^ 7 „innere Intumescenzen" ^ iDezeichnen. Bei den eigent- Fig. 86. Querschnitt durch die intumescierte liehen Intumescenzen ' be- Aufsenseite einer Erbsenhülse. (Orig.) ginnen die Vorgänge der Ver- armung und Zellstreckung in den peripherischen Schichten des Organs, und zwar meist in den subepidermalen Zelllagen, seltener in der Epi- dermis selbst. Der Vorgang der Überverlängerung ist hier unbehinderter, und häufig schreitet er in die tiefer liegenden Gewebescliichten fort, so dafs wir Fälle von Intumescenzen haben, die an der Unterseite des Blattes begiimen und allmählich das gesamte Mesophyll bis zur oberen Epidermis umfassen. Wenn sich in dem intumescierenden Gewebe Kork- bildung einstollt, sehen wii' schwielige oder grubige Korkherde auftreten, welche bis zur vollständigen Durclüöcherung eines Blattes führen können. Am Achsenkörper äufsert sich die Intumescenz in Hypertrophie des Rindenparenchyms , das in abgeschlossenen Einzelherden in Form von Warzen mit glatter oder mannigfach zerschlitzter Oberfläche aus der Rinde hervorbricht. Bleiben die Vorgänge der uberverlängerung nicht auf kleine, isolierte Einzelherde beschränkt, sondern ergreifen das parenchymatische Gewebe in grofsen, zusammenhängenden Flächen, so reilsen die Organe auf und stellen dann jene Zustände dar, die wir bei der „Wassersucht" kennen gelernt haben. 448 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Obgleich, somit die genannten Erscheinungen innerlich zusammen- gehören, haben wir sie doch getrennt behandelt, weil zu ihrem Zustande- kommen bald die eine, bald die andere Ursache vorwiegend sich, geltend macht. Für die Intumescenzen erweist sich das Vorhandensein einer mit Feuchtigkeit reichlich versehenen Atmosphäre als ausschlag- gebend , wie sich aus den Beobachtungen zahlreicher Forscher ergibt. Indem ich betreft's meiner eignen und anderweitigen älteren Unter- suchungen auf die Literatur angaben in Küstek's pathologischer Anatomie') verweise, führe ich hier nur einige besonders eingehende Arbeiten an. Ein Teil derselben beschäftigt sich mit der Frage des Lichteinflusses bei dem Zustandekommen einer Litumescenz. In dieser Beziehung- erklärt Atkinson 2), dafs eine Erhöhung der Turgescenz in den Blättern durch die herabgedrückte Transpiration zustande kommen wird , wenn die Glashäuser schwach beleuchtet sind. Tatsächlich fand ich in der Mehrzahl der Fälle Intumescenzen zur Herbst- und AVinterzeit _, wenn die Glashäuser nach der Überführung der Pflanzen aus dem Freien bei dem kühlen, trüben Wetter geheizt w^erden mufsten. Trotter ^) spricht direkt aus, dafs Halbdunkel die Bildung von Intumescenzen begünstige, ja Steiner*) sah solche sogar im Dunkeln entstehen, aber nur in den ersten Tagen der Verdunkelung, so dafs man eine Nachwirkung der vorangegangenen Lichtarbeit vermuten darf. Dieser Autor beobachtete auch bei Muellüi und Aphelanära , dafs die Pflanzen bei gleicher Luft- feuchtigkeit nach einigen Wochen aufhörten, Intumescenzen zu bilden, sich also der hochgradig feuchten Atmosphäre angepafst hatten. Dafs der schroffe Übergang von trockner zu feuchter Luft wirklich ausschlaggebend ist, geht daraus hervor, dafs die genannten Pflanzen wieder anfingen, Intumescenzen zu bilden, nachdem sie drei Wochen hindurch in trockner Luft gehalten und dann in die feuchte wieder zurückgebracht wurden. Unter Wasser sah Steiner keine Intumescenzen entstehen, wohl aber konnte Küster^) solche an Pappelblättern wahrnehmen, die er auf Wasser oder Nährlösungen schwimmen liefs, und zwar im Dunkeln wie im Licht. Nur bei allzu intensiver Beleuchtung unterblieb dieser Vorgang, wahrscheinlich infolge der geförderten Transpiration. Im Gegensatz hierzu stehen die Angaben von Viala und Pacottet^), wel) gebildeten Blatt- fleisch der Oberseite, die mit einer dreifachen Epidermis (c) versehen Fig. 87. Querschnitt durch ein Blattknötchen des Gummibaumes. (<)rig.) ist. Von diesen drei Schichten ist die äufserste kleinzellig und mit einer sehr starken Cuticularglasur versehen. Die imierste Zelllage der Oberhaut zeigt dünnwandigere, verhältnismäfsig sehr weite Zellen (w), welche als wasserspeichernde Schutzschicht angesprochen wird. Einzelne sackartig ausgeweitete Zellen dieser Schicht bergen jene eigenartigen traubenförmigen mit Kalk inkrustierten Zellstoffkörper (c), welche als Cystolithen bekannt sind. Der feste Abschlufs der Blattoberseite mufs ungünstig für den Durchlüftungsprozefs des Blattes sich erweisen; aber dafür besitzt die Blattunterseite die förderlichen Einrichtungen. Das Schwammparenchym zeigt grofse Intercellularen (?), deren Binnenluft durch die Atemhöhle (a) Überinäfsige Luftfeuchtigkeit. 451 und den Spaltötiuiingskanal ist) nach aul'sen entweichen und frisch ein- tretender Anisenhüt Platz machen kann. Die Wasserzuleitung ertblgt durch die Blattnerven, von denen einer bei g durchschnitten zu sehen ist und bei r die groi'sen Gefäisröhren zeigt. Der Weg für die im Blatte erzeugten, nach dem Stamme abfliefsenden organisierten Bau- stoffe ist in seh, der Gefäi'sbündelscheide, angedeutet; k bezeichnet die Stelle, bei der die Zellen durch übermäfsig gesteigerten Turgor sich zu vergröfsern beginnen und damit die Intercellularräume ausfüllen, also zunächst „innere Intumescenzen" bilden. Der überreiche Wassergehalt kommt noch mehr in dem peripherischen Gewebe zum Ausdruck, da dasselbe, nur unter dem Druck der Epidermis stehend, sich schlauch- förmig verlängern und samt der Oberhaut emporwölben kann (int). Tatsächlich ist also die Knötchenkrankheit des Gummibaumes eine regelrechte Intumescenz , die in den vorigen Abschnitt gehört. Wir haben die Krankheitserscheinung aber deshalb abgegliedert, weil sie bei der Anzucht von Ficus als Marktpflanze eine wesentliche prak- tische Bedeutung erlangt. Die Krankheit tritt seltener bei den gärtnerischen Kulturen als bei denen der Liebhaber auf und führt zur vorzeitigen Entblätterung. Sie kommt , wie ich experimentell nachweisen konnte , dadurch zustande, dafs die Pflanzen zm- Zeit, in der sie ihren Trieb abgeschlossen haben, und ihre Transpirationsgröfse zurückgeht, durch übermäfsige Wärme und reichliche Bodenfeuchtigkeit zu erneuter Tätigkeit gereizt werden. Ich erzielte die Intumescenzen dadurch, dafs ich einen Gummibaum, der im Sommer la^äftig getrieben hatte und dann in normale Ruhe übergegangen war, im Winter nicht kühler und trockner hielt, sondern in einem stark geheizton Zimmer am Fenster aufstellte und reichlich begofs. Die älteren Blätter fielen darauf ab, während auf den jüngeren sich Intumescenzen einstellten. Nachdem der Baum hell , aber kühler gestellt wurde , blieben die intumescierten Blätter bis zum nächsten Sommer am Stamme, und derselbe trieb wieder gesmid , wenn auch schwächlich, weiter. Diese Erkrankungsart und ihre Heilung dürften als Norm für alle derartigen Fälle anzusehen sein. Die Intumescenzen sind also h o c h - bedeutsame Symptome einer abnormen Tm-gescenz bei allen Kulturen, Sobald sie sich zeigen, ist es Zeit, die Pflanzen möglichst hell, aber kühler zu stellen und mit dem Bewässern nachzulassen. Die Hautkrankheit der Hyacinthen. Unbeachtet, obgleich sehr häufig ist die Erscheinung, die in Fig. 88 sich darstellt. Anstatt dafs wie bei gesunden Zwiebeln die äufseren Schuppen glatt sind und, die Zwiebel fest umschliefsend , bis an den Zwiebelhals hinauf zu reichen pflegen, erscheinen bei der Hautkrankheit die äufsersten Schuppen kurz und mit vertrocknenden Rändern zurück- sterbend. Nicht selten sind derartige Hyacinthen geplatzt und besonders in der Nähe der Rifsstelle mit trocknen Blattern dicht besetzt. An den noch fleischigen äufseren Zwiebelteilen sind Ansiedlungen des blau- grünen Pinselschimmels (PeniciUmm glaucnm) ein häufiges Vorkommnis. Die einzehi stehenden oder miteinander verschmolzenen Blattern sind oberseits abgeflacht und nicht selten spaltenförmig eingerissen. Auch in dem gefärbten Teile normal abgetrockneter Zwiebelschuppen sieht man oft reichlich solche geschwürartig aufgetriebenen, gelben 29* 452 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Stellen, welche fast immer Mycel erkemien lassen; dasselbe erweist sich bei der Kultur als zu PeniciUiuni gehörig. Das Gewebe solcher Stellen unterscheidet sich von dem gesunden Teile der Schuppe durch die gelben, migemein spröden, in schartkantige Stücke zerspringenden Wandungen und durch das weite Lumen der Zellen, während die- jenigen des gesunden Teiles mit ihren etwas gequollenen, dicken, farb- losen "Wandungen bis zum Verschwinden des Lumens zusammen- gesunken sind. Die Stärke ist nicht nur in dem gelbwandigen , bis- weilen quer die Schuppe durchsetzenden , verkorkten und durch nach- träglich entstandene Korkzellen aufgetriebenen Gewebe, sondern auch in der farblosen Umgebung bis auf Spuren verschwunden. Nach Entfernung der erkrankten trocknen Zwiebelschalen bemerkt man auf den noch vollständig weifsen, saftigen ^ bis an den Zwiebel- hals normal hinaufreichenden Schuppen ein von oben her beginnendes Abtrocknen derselben. Hier verliert das Gewebe den natürlichen Glanz und den Turgor, so dafs "^i^ allmählich der Schuppen- teil du.rch Zusammensinken der Zellen zwischen den nunmelir deutlicher hervor- tretenden Gefäfsbündeln ein faltiges Aussehen be- kommt. Aulserdem pflegt der Rand gelblich zu werden. Dabei erscheinen an tieferen Stellen des fleischigen , weifsen , vor Stralfheit glänzenden Schuppenteils kleine, läng- liche , glasig durchschei- nende , gelbliche , schon schwach über die Ober- fläche hervortretende Flecke. Dieselben ver- gröfseni sich in wenigen Tagen und werden durch einen lehmgelben, saftigen Rand alsbald mehr in die Augen springend. Dann aber schreitet die Veränderung langsamer fort, indem die Auftreibung nur allmählich deutlicher hervortritt und ihre Mitte weifslich, trockenhäutig und längsfaltig wird. Mit zunehmendem Alter sinkt die Mitte ein, und schliefslich erscheint sie durchlocht. Bei Behandlung mit Schwefelsäure sieht man die obere, unmittelbar unter der Cuticula liegende Lamelle (Fig. 89 /) der etwas mehr verdickten Epidermiszellen sehr stark auf- quellen, und dann erkennt man darin bisweilen Mycelfäden. Der Querschnitt durch die erki^ankte Schuppe (Fig. 89) zeigt bei h eine ältere, links davon eine jüngere Blatter. Man erkennt, dafs in der verfärbten Epidermis die "Wandungen verquollen sind, und dieser Quellungs- und Verkorkungsprozefs {vli) sich in der älteren Blatter be- reits durch die ganze Dicke der Schuppe fortgesetzt hat. Dort ist das fleischige, stärkelose Parenchym, das anfangs (p) noch farblos und in normaler Lagerung sich zeigte, schon strangweise zusammengesunken und bildet erhärtende Stellen mit unregelmäfsigen Lücken {z). *..^, FiK. 88. Hyacuillienzwienui Jim den Blattern der Havitkrankheit behaftet. (Orig.) Schuppe, welche glanzlos wird, h Blatterbildung', r abtrocknender Rand, A- junge Zwiebel. Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 453 In den Zellen unmittelbar unter der aufgetriebenen Epidermis sieht man keinen Zellkern mein-, während die nächst inneren denselben noch besitzen, aber braungefärbt zeigen. In der Epidermis entstehen Korkzellen , während das darunterliegende Parenchym mit der Trommerschen Probe Zucker erkennen läfst. In diesem zuckerreichen Gewebe schreitet die Korkbildung fort, und da die verkorkten Zellen nicht zusammenfallen, erheben sie sich allmählich mehr und mehr über das andere Gewebe der Zwiebelschuppe , dessen Wandungen die Cellulosereaktion behalten und zusammensinken. Die Analysen ergaben an Trockensubstanz gesunde Zwiebeln kranke Zwiebeln in den äufseren Schuppen . 34,6 »/o 51,82 "/'o 36,7 «/o 55,43 ^V in den mneren Schuppen. . 22,4^/0 33,50 "/o 32,6 «'/o 40,I6»/o- Demnach sind die kranken Zwiebeln reicher an Trockensubstanz, was nicht auffallen kann, da bei ihnen der Abtrocknungsprozefs der äufseren Schuppen viel weiter fortgeschritten ist. Fig. 89. Querschnitt durch eine hautkrauke Zwiebelschuppe der Hyacinthe. (Orig.) Es enthielten nach Entfernung aller braungefärbten Schuppen an Zucker (als Traubenzucker bestimmt und auf Trockensubstanz berechnet) gesunde Zwiebeln kranke Zwiebeln in den äufseren Schuppen . . 0,71 ^/o 0,82 "/o, in den inneren Schuppen . . 1,23 ''/o 1,66 "/o. Das heilst, es sind die Zwiebeln in den inneren jüngeren Schuppen zuckerreicher als in den älteren , und bei der Krankheit sind innere luid äufsere Schuppen zuckerreicher als im gesunden Zustande. Wir- erhalten somit dieselben Resultate, welche bei der Ringel - krankheit gefunden worden sind. Tatsächlich kommen beide Ki'ank- heiten häufig gemeinsam vor, und diese Blattern, die als Intumescenzen zu bezeichnen sind, erweisen sich als Symptom für eine geringere Reife der Zwiebeln , das gi'ade bei sehr üppigen , geplatzten Exemplaren zu finden ist. Dafs sich das Penicillium auf solchem Boden schnell und häufig ansiedelt, ist selbstverständlich. Die Hautkrankheit verdient daher als Symptom eine grofse Beachtung und weist darauf hin, dafs die Zwiebeln in einem sandigen, nicht zu humusreichen und zu feuchten Boden kultiviert werden sollen. 454 IJ- Schädliche atmosphärisclie Einflüsse. Das Glasigwerden der Kakteen. An verschiedenen Kakteen beobactitet und an Cercus nycticalus Lk. näher von mir untersucht wurde ein Krankheitszustand, der sich durch das Auftreten glasiger, später sich schwärzender Stellen charakterisiert. Bei den weicheren Cereen führt eine gröfsere Ausdehnung dieser Gewebeveränderung zum Absterben des darüberstehenden Stammteüs. Der Tod erfolgt entweder durch Zusammentrocknen des geschwärzten, in seiner Struktur verbleibenden Gewebes oder (bei Mitwirkung von Bakterien) durch Eintritt eines breiartigen Zustandes, wobei die Ober- haut durch geringen Fingerdruck sich ablösen läfst. Bleibt der Krankheitsherd auf eine Seite des Stengels beschränkt, vermag sich derselbe unter Zm-ücklassung tiefer Schüssel artiger Wundstellen aus- zuheilen. Das Habitusbild auf Seite 450 stellt ein Stammstück von Cereus nycticalus dar, das am oberen Ende geschwärzt und breiartig erweicht ist. Von dem erweichten Teile ist durch schiefen Druck des Fingers ein Oberhautfetzen abgelöst worden. An der Basis des Stammstückes befinden sich ausgeheilte Wundstellen , die bis auf den Holzring des Achsenzylinders reichen. Bei Durchmusterung sehr stark erkrankter Exemplare bemerkt man, dafs eine Anzahl glasiger Stellen schwielig über die Oberfläche hervor- tritt. Der Querschnitt zeigt, dafs zwar die äufsere Rindenpartie des Stammteils noch dunkelgrün und normal gebaut sich erweist, aber die darunterliegenden Rindenschichten chlorophylllos und stärkearm sind und stark vergröfserte Zellen besitzen, welche die Ursache der schwieligen Auftreibung sind. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Intumescenzen, bei welchen die schwielige, oftmals berstende Gewebe- wucherung durch Streckung der subepidermalen Lagen eingeleitet wird, habe ich die abnorme Vergröfserung der tiefer im Gewebe eingesenkt liegenden Zellnester als „innere Intumescenzen" bezeichnet. Da- mit reihen sich diese Vorkommnisse an die Erscheinungen der vorher beschriebenen Gelbsprenklichkeit an. Auch liier bestehen die An- fangsstadien der Erkrankung in dem Auftreten inhaltsarmer, sich bräunender und verkorkender Zellnester mitten im grünen Gewebe •, nur leiden bei den Kakteen die Stengel, während bei Pandanus die Umänderungen in den Blättern sich abspielen. Die Nester der meist nach einer Richtung hin sich vergröfsernden Zellen fallen zusammen, während nunmehr in der Kaktusrinde die hellwandig bleibenden Zellen in der Umgebmig dieser Nester sich schlauchartig zu strecken pflegen und sternartige Anordnungen bilden. Von diesen inneren, erkrankten Gewebeherden greift der Vorgang der Verarmung und Überverlängerung des Rindenparenchyms rückwärts nach dem Holzring und seitlich in der Richtung des Rindenumfangs "beständig weiter um sich, bis ein gröfserer Teil des Stengels gebräunt oder geschwärzt ist. Schliefslich werden auch die äufsersten Zelllagen von der Verfärbung ergriffen, ohne dafs dabei eine Überverlängerung noch einzutreten pflegt, und nunmehr erscheint der Stengel auch dem blofsen Auge tief tintenschwarz. Der Schwärzungsvorgang tritt schon an den glasig erscheinenden Krankheitsanfängen fast augenblicklich nach Ausführung des Schnittes ein, so dafs man anfangs an das Vorhandensein übergrofser Mengen von Gerbsäure glaubt, die mit dem Eisen des Messers sich verbinden. tJbermäfsige Luftfeuchtigkeit. 455 Da aber die Verfärbung auch bei Verletzungen durch ein Hommesser oder einen Platinspatel sich einstellt, so mui's man eine empfindliche, durch den Sauerstoff der Luft sich schnell verfärbende Substanz voraussetzen. Aber Guajaktinktur allein oder mit Wasserstoffsuperoxyd geben keine Blaufärbung. Auf Lackmuspapier zeigt das gesamte Rinden- parenchym scharf saure Reaktion. Als Faktor , der die Überverlängerung der Zellen einleiten dürfte, ist eine Glykoseanhäufung anzusehen; denn bei Behandlung der Schnitte nach der TROMMER'schen Zuckerprobe erfolgt in dem gesamten glasigen Gewebe äufsert reicher Niederschlag von Kupferoxydul, das in dem Mafse spärlicher wird, als man sich dem gesunden Gewebe nähert. Umgekehrt verhält sich der Stärkegehalt, der in dem schwerst- erkrankten Gewebe gleich Null ist, während die gesündere Umgebung reichliche Stärkemengen zeigt. Auffällig ist das Verhalten des oxal- saiu'en Kalkes, der nebst dem Inhalt der Schleimgänge ungemein reich- lich auftritt. Im gesunden noch grünen Rindengewebe zeigt er sich vorwiegend in Form von Raphiden, während er in dem erkrankten Teile meist als kurze Oktaederform und bisweilen in langen Säulen zu finden ist. Walirscheinlich sind verschiedene Mengen von Kristallisations- wasser ausschlaggebend. Über denHeilungsprozefs belehrt uns die obere Figur der umstehenden Abbildung 90-, sie stellt ein Stück des Querschnitts durch einen Zweig mit vertiefter Wundstelle dar, wie solche an der Basis des Habitusbildes zu sehen ist. M ist der Markkörper mit seinen Schleimzellon , H das normale alte Holz , E der Rindenkörper. An der Wundstelle erkennt man, dafs der Gewebeschwund ursprünglich die gesamte Rinde {M) erfafst hatte. Der Holzzylinder (H) war aber nicht angegriffen worden. Die Wundränder {nr) dos Rindenkörpers waren abgestorben und durch eine Tafelkorklage (t) vom gesunden, seitwärts belegenen Rinden- parenchym getrennt. In dem stehengebliebenen Rindenteil war neues Dickenwachstum eingetreten, das sich durch die Anlage neuer Hartbast- bündel {h') kenntlich machte. Die alten Hartbaststränge in der Wund- nähe waren erkrankt und erwiesen sich durch einen Korkmantel ein- gekapselt (6). Die ganze Gewebezone b' - b' ist nachträglich neu gebildet worden, und zwar an den Teilen, welche vom Rindenkörper bedeckt geblieben waren, durch eine normale Cambialtätigkeit, dagegen an der Wundstelle selbst durch eine Vermehrung des jüngsten Splintes. Denn in der Wunde war das Cambium zerstört, und daraufhin ist die letztgebildete noch cambiale Holzlage in erneute Zellvermehrung eingetreten und hat callusartiges Gewebe gebildet. Die zur Zeit der Neubelebung der jüngsten Splintschicht bereits derbwandig gewordenen Gefäfsanlagen haben aber an der Vermehrung nicht teilgenonmien , sondern sind passiv von dem neugebildeten Callus nach aufsen geschoben worden. Man erkennt dies daran, dafs diese Gefäfsanlagen (g), die im Quer- schnitt den Gefäfsen {g) im normalen Holzkörper (H) gleichen, sich nun isoliert in dem callösen Gewebe vorfinden. Genauer kenntlich wird der Heilungsvorgang in der untenstehenden anatomischen Figur, die ein Stück Gewebe aus der Lücke des oberen Querschnitts darstellt. H bedeutet wiederum den alten Holzkörper mit einigen Gefäfsen (g). Dort, wo die dickwandig gezeichneten Elemente aufhören , war die tiefste Stelle der Wundfläche. Es verblieben auf derselben die jungen Elemente des Splintes, welche nach Aufhören der 456 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. t Übermäfsige Luftfeuchtigkeit. 457 Fig. 90. Das Habitusbild auf der rechten Seite ist ein verkleinertes Stammstück von Cereus m/dicahis , das, an der Spitze geschwärzt und erweicht, einen durch Fingerdruck abgelösten Kindenfetzen zeigt; am unteren Teil befinden sich verheilte, tief schüsselartige AVunden. Das obenstehende anatomische Bild gibt den Quer- schnitt einer schüsselartigen, verheilenden Wunde wieder. Die untere anatomische Zeichnung stellt die Neiujildungen und Gewebedifferenzierungen dar, welche bei dem Heilungsprozefs der Wunden sich einsteilen. M Markkörper.- H Holzkörper. R Rindenkörper. .9 normal gelagerte Gefäfse. i/' vorgeschobene Gefäfse. /) durch Kork eingekapselte, tote Hartbastgrui>pen der Aufsenriiule. i' junge Hartbast- gruppen der Aulsenrinde. irr abgestorbener Wundrand der alten Kinde H. Das alte Gewebe ist durch eine Tafelkorklage {() vom gesunden abgegrenzt. /( und n aus dem Wuiid<-allus differenzierte neue Rinde. (Orig.) Fäiüniserscheinungen sich vergrölserteii und vermelirteii. Der bereits differenzierte jugendliclie Splint bildete seine Elemente in lockerer, dünn- wandiger Form weiter aus, und daher kommt es, dais man dünnwandige Gefaise (g) in emem zarten Parenchjmiholz wiederfindet. Das ganze mit n bezeichnete Gewebe ist Neubildung, deren Entstehung mit der Neuberindung geschälter Baumstämme übereinstimmt. Das neue, aus Callus hervorgegangene Gewebe weist bereits eine Differenzierung auf, welche anzeigt, dals der Stamm eine neue Rinde an der Wundstelle zu bilden im Begriff' ist; denn wir finden in der Region unmittelbar vor den dünnwandigen Gefäfsen (g) die ersten parallelen Zellteilungen, die auf die Ausbildung einer neuen Cambiumzone hindeuten. Aul'serhalb derselben erkennt man bereits die Anlage von sekundären Hartbast- elementen (&') in einem zwar plasmatischen Inhalt, aber noch keine Chloroplasten führenden parenchymatischen Gewebe , das später zur normalen Rinde wii'd. Dieser Heilmigsvorgang ist aber nur dann beobachtet worden, wenn die Pflanzen direktes Sonnenlicht und frische, bewegte Lifft zugeführt bekamen. Die ganze Erscheinung habe ich bis jetzt nur als eine Kranklieit in Gewächshäusern kennen gelernt, und zwar in solchen, die wegen der Kultur anderer Gewächse wärmerer Zonen eine geschlossene, sehr feuchte Luft behalten muisten. In einem speziellen Falle sah ich die Krankheit durch reichhche Lüftung des Gewächshauses zum Still- stand kommen und im folgenden Jahre bei neuer Besetzung mit Blatt- pflanzen und domgemäl's gesteigerter Luftfeuchtigkeit in verstärktem Mafse wiederum auftreten. Daher möchte ich die Erscheinung als eme direkte Folge übermäl'siger Luftfeuchtigkeit ansprechen. Die Bekämpfungsmafsregeln ergeben sich von selbst. In einem Falle hat neben der gesteigerten Licht- und Luftziffulu' auch eine Bei- gabe von Gips zur Erde sich vorteilhaft erwiesen, Wii' haben den Intumescenzen und verwandten Erscheinungen einen bedeutenden Raum gewidmet, um dadurch auf deren Bedeutung hinzuweisen. Vorzugsweise kommen die Glashauskulturen in Betracht, und vielfache Beobachtungen haben mir gezeigt, dafs äufserst zahlreiche Krankheiten darauf zurückzuführen sind, dafs man die natürliche Ruheperiode der Pflanzen nicht beachtet und sie durch hohe Wärme und Feuchtigkeit zu imzeitiger und daher abwegiger Produktion reizt. 458 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Sechstes Kapitel. Nebel. Li den gemäi'sigten Klimateii hört man selten über Beschädigungen durch Nebel klagen. Im Gebirge hat sich die Vegetation den reichen Niederschlagsmengen angepalst, und der Verzögerung in der Reife der Halmfrüchte und im Trocknen der übrigen püanzlichen Produkte hat man durch Kulturmalsregeln nach Möglichkeit abzuhelfen gesucht. Dafs in der Ebene sogenannte „Nebellöcher", auch „Frostlöcher'", sind , welche durch starke Flechtenvegetation an den Baumstämmen sich auszeichnen, düiite bekannt sein. In den warmen Gegenden wird der Nebel bedeutungsvoller als schädigender Faktor, weil er hier als wesentlicher Förderer saprophyter und parasitärer Pilze sich geltend machen kann. Den häufigsten Klagen begegnen wir bei den Baumwollkulturen, und eingehende Schilderungen liegen aus Ägypten vor. David ^) schreibt aus der Baumwoll Versuchsstation zu Zagazig, dafs an jedem Morgen im Oktober in Unterägypten der Boden von schweren, dichten Ausdünstungen oder niedrigen Nebeln bedeckt erscheint. Eine allgemeine Folge ist zunächst die , dafs die Kapseln sich nicht ölfnen , weil die Frucht- blätter zu zähe bleiben. Die Laubblätter bekommen rote Flecke , die man der Einwirkung der Sonne auf die Tautröpfchen zuschreibt; letztere wirken als Brennlinsen. Die Baumwollhaare in den Kapseln faulen oder werden durch die Einwirkung eines Schwärzepilzes entwertet. Neben der BaumwoUe leiden auch Hihiscus cscidenius und cannabinus, ja selbst junge Maispilanzen. Die wesentlichste Veranlassung zu dieser verhängnisvollen Nebelbildung, die von den englischen und Gebirgs- nebeln vollständig verschieden ist, gibt das Einsickern des Wassers vom Nil her und die während der Brache erfolgende Unterwassersetzung des Landes, so dafs der Boden nafs, dicht und schlammig wird. Die Empfindlichkeit der Baumwolle erklärt sich aus ihren speziellen Ansprüchen an Boden und Klima. Dieselben werden besonders eingehend in der Spezialarbeit von Oppel -) geschildert. Danach verträgt die Baum- wolle als Tieflandpflanze keinen steinigen Boden und keine schroifen Temperaturübergänge ; sie verlangt, in ihrer sechsmonatlichen Wachstums- zeit 18 — 20 "C Mittelwärme und ausgiebige Feuchtigkeit, aber erweist sich gegen anhaltende Regenzeit sehr empfindlich. „Hohe Luftwärme, grofse Bodenwärme, heiterer Himmel bei Tage und reichlicher Taufall bei Nacht sind Hauptbedingungen." Nach Aufbrechen der Blüten mufs trockenes , warmes Wetter herrschen. Sandiger Boden ist besonders zusagend; auf humusreichen Böden schiefst die Pflanze zu sehr ins Kraut. Tonboden ist gänzlich untauglich, da er die Feuchtigkeit nicht durchläfst. Übrigens liegen auch Beispiele von Anpassung an das Klima vor. So berichten Webber und Bessey ^), dafs die Baumwolle bei ihrer Über- führung von Bahamas nach Georgien anfangs zugrunde ging, doch all- mählich sich dem gemäfsigten Klima anpafste. ') David, Nebel t^nd Erdansdünstungen und ihr Einflufs auf ägyptische Bavim- wolle. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1897, S. 143. -) Oppei. , Die Baumwolle nach Geschichte, Anbau usw. Leipzig, cit. Bot. Jahresber. 1902, I, S. 374 ») Tearbook of the Depart. of Agricult. 1899, p. 463. Nebel. 459 Aber auch die Nebel von der Art der englischen können ver- hängnisvoll werden, und zwar in grolsen Städten mit vielen Fabriken. Die umtassendsten Studien über Londoner Nebel hat auf Veranlassung der Royal Horticultural Society in London F. W. Oliver ^) verötitentlicht. Die lästigste Beimengung ist der Rauch, dessen Bestandteile als rufsige Überzüge nicht nur die Pflanzen, sondern auch die Scheiben usw. über- ziehen. Eine Analyse dieser Rufsüberzüge ergab : Kohlenstoti' 39,00 »/o Kohlenwasserstofle 12,30 °/o Organische Basen 2,00 ^/o Schwefelsäure 4,33 "/o Salzsäure 1,43 "/o Ammoniak 1,37 "/o Metallisches Eisen und magnetisches Oxyd . 2,63 % Silikate, Eisenoxyd u. a. Mineralstoflfe . . . 31,24 '"o Je nach der Empfindlichkeit der einzelnen Arten sind die Be- schädigungen der Pflanzen entweder nur Verfärbungserscheinungen oder führen zum Blatt ab wurf. Bei ersterer Art sind Blattspitzen und -ränder gebräunt, aber die übrige Blattfläche noch arbeitsfähig (Fteris, Odonto- glossum etc.). Blattabwurf unter gänzlicher Vergilbung und Bräunung oder aber auch ohne äufsere Zeichen einer Beschädigung ist der häufigere Fall. Als Ursache der Blattzerstörung wird die Schwefelsäure angesehen; aufserdem schreibt Oliver auch dem metallischen Eisen einen schädigenden Einflufs zu. Bei den blattabwerfenden Pflanzen, die übrigens vor dem Abfall eine Entleerung der Blätter an Stärke erkemien lassen, dürfte die schwefelige Säure in erster Linie ver- antwortlich zu machen sein. Die Versuche , welche ein schnelles Herabgehen der Transpiration feststellten , ergaben jedoch erst dann ähnliche Wirkungen wie bei dem Nebel , wenn glciclizeitig eine Ver- minderung des Lichtes eintrat. Diesem Lichtmangel möchte ich auch die Entleerung der Zellen zuschreiben: denn bei alleiniger Einwirkung der Säure sah ich bei meinen Versuchen den gesamten Zellinhalt schnell sterben und der Wandung auftrocknen. Von Teersubstanzen war namentlich Pyridin in grofser Menge im Nebel enthalten. Bei Versuchen mit Dämpfen von diesem Körper zeigte sich, dafs die Blätter nach einiger Zeit schlaff und dunkler grün wurden. Die Zellen erwiesen sich als plasmolysiert ; das Plasma der Epidermis wurde gebräunt, das Chlorophyll aber nicht verändert. Wo Braun- färbung eintrat, war in der Regel Tannin in den Zellen. Das Ein- dringen des Pjrridins erfolgt ähnlich dem der schwefeligen Säure vor- herrschend durch die Spaltötfnungen. Ganz ähnliche Wirkungen zeigten auch die dem Pyridin verwandten Körper, wie Picolin, Lutidin. Nicotin. Thiophen etc. Sehr heftig griff' Phenol sowohl in wässeriger Lösung als auch namentlich in Dampfform das Laub an : starke Plasmolyse, Braunfärbung des Plasmas und der Chloroplasten. Die Blüten verhielten sich dem Nebel gegenüber ungemein ver- schieden: bisweilen zeigten sich wesentliche Unterschiede bei zwei ') Oliver, F. W. , On the effects of urban fog upon cultivated plants. Joum. Hortic. Soc. Vol. XVI, 1893; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 224, und Gard. Chron. XII, 1892, S. 21, 594, 648 usw. 4ß0 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Arten derselben Gattung und sogar bei den einzelnen Fetalen derselben Blüte. Tulpen, Hyacinthen und Narzissen waren sehr widerstandsfähig. Von Interesse ist es, dals infolge des mit dem Nebel verbundenen Lichtmangels, wodurch die Assimilation, Transpiration und Respiration zurückgedrückt werden, sich manchmal eine eigenartige Gelbfleckigkeit einstellte. Dabei schien eine Häufung des Säuregehaltes (weil bei der verminderten Atmung weniger organische Säuren verbrennen) ein- zutreten und eine damit verbundene Turgescenzsteigerung zu Zell- streckungen im Mesophyll zu führen (durigo). Wir haben somit bei dem Nebel in den Städten zwei schädigende Faktoren ins Auge zu fassen: die Licht Verminderung und die Gift- wirkung der beigemengten Stoffe, welche um so gefährlicher ist, je lichtbedürftiger die Pflanzen sind. Die einer geringeren Lichtzufuhr angepafsten Gewächse (Farne) haben sich weniger empfindlich erwiesen. Eine Verminderung der schädlichen Wirkungen derartiger Nebel wird nur bei Glashauskulturen möglich sein und ist in England auch erzielt worden. Man bediente sich spezieller Reinigungsapparate (Fog- annihilator), bei denen die in die Glashäuser eintretende Luft über stark absorbierende Substanzen (Holzkohle) geführt wurde. Für Freiland- pflanzungen kann nur die Auswahl widerstandsfähiger Arten in Betracht kommen. Siebentes Kapitel. R e g e 11 g* ü s s e. Von den schädigenden Einwirkungen , die sogenannte Schlagregen auf den Boden ausüben, indem sie die Oberfläche desselben festschlagen oder grofse Erdmengen zusammenschwemmen , ist bereits früher ge- sprochen worden. Die nächstliegenden Folgen sind die Erscheinungen des Sauerstoffmangels für die Wurzeln. Betreffs der Einwirkung der Regengüsse direkt auf den Pflanzenkörper kommt zunächst die mecha- nische Wirkung in Betracht. Dai's nicht häufiger Pflanzenblätter von Platzregen zerschlagen werden oder bei anhaltend sanftem Regen durch eine zu grofse Wasseransammlung leiden , erklärt sich daraus , dafs viele Pflanzen Einrichtungen zeigen, durch welche sie befähigt werden, derartigen Schädigungen auszuweichen. Eine eingehende Darstellung solcher Verhältnisse finden wir bei Stahl ^) und Jungner ^), welche auf die Ausbildung von Träufelspitzen, auf die Stellung und vielfache Teilung der Blattflächen usw. aufmerksam machen. Weniger in Betracht gezogen sind bisher die mittelbaren Folgen des Regens, die durch Verminderung der Transpiration in Verbindung mit der starken Wasser aufnähme durch die Wurzeln zustande kommen. Dahin gehört das Anschwellen des Holzkörpers bei den Bäumen. Nach den Untersuchungen von Friedhich^) findet durch die Herab- minderung der Transpiration während der Nachtzeit ein ständiges An- ') Stähl, E. , Eegenfall und Blattgestalt. Ein Beitrag zur Pflanzenbiologie. Annal. de Buitenzorg. ; cit. Bot. Jahresber. 1893, I, S. 49. 2) Jungner, J. E., Om regnblad, daggblad och snöblad. Bot. Not.; cit. Botan. Jahresber. 1893, S. 49. ^) FuiKDKicH, JosKK, Über den Einflufs der Witterung auf den Baumzuwachs. Mitteil. üb. d. forstl. Versuchswesen Österreichs, Wien 1897, Heft XXII. Regengüsse. 461 schwellen des Baumstammes (abgesehen vom direkten Zuwachs) durch Quellung des Holzkörpers statt, während tagsüber em Abschwellen sich einstellt. Die Difierenzen werden zur Zeit der gröisten Zuwachs- tätigkeit am stärksten sein und die Quellung des Holzkörpers bei Eintritt von Regen nach längerer Trockenheit besonders scharf hervortreten. Rinde und Borke sind dabei mehr passiv beteiligt. Zuwachs und Quellung des Holzzylinders werden durch die Lultfeuchtigkeit in ihrem Einflufs auf die Baiunkrone geregelt. Es ist nun leicht ersichtlich, dafs bei Bäumen, solange sie glatt- rindig sind , durch starke und plötzliche Schwellimgs- und Zuwachs- steigerungen die Rinde stellenweise platzen wird. Derartige AVunden können in Lagen mit reicher Boden- mid Luftfeuchtigkeit zu offenen Wunden werden , die , wie ich glaube , durch Bakterienansiedlung sich dauernd vergröfsern. Es entstehen dann jene Grindstellen der .jugendlichen Baumstämme, die man z. B. bei Linden, Ulmen, Eschen , Ahorn usw. an nassen Gräben und Dorfteichen beobachten kann. Mehr noch als bei den holzigen äufsert sich bei den krautartigen Gewächsen der Einflufs einer längeren Regenperiode in Erscheinungen des Aufplatzens von Früchten und Stengeln. Das bedeutsamste Vor- kommnis bei unseren Gemüsekulturen nach dieser Richtung ist das Aufreifsen der Gurken; am meisten leiden die Früchte, stellen- weise auch die Stengel. Die mit anhaltend regnerischem Wetter viel- fach verbundene Depression der Temperatur ist nicht selten die Ursache gänzlicher Mifsernten, da die Gurken dann an Gummosis und ver- schiedenen Schwärzepilzen leiden. Lange, kühle Regenperioden können ferner auch vorzeitigen Blatt- fall, «chlecht ausgebildete Ähren bei Getreide, geringen Zucker- und Stärkegehalt an Rüben und Knollen usw. hervorrufen. Mit Recht fürchtet man den Einflufs wiederholter Regenschauer zur Blütezeit der Obstbäume und der ziu- Samengewinnung angebauten Feldgewächse. Erstens werden die zur Bestäubung notwendigen Insekten von reichlichem Flug abgehalten und zweitens auch das Aufspringen der Staubbeutel und Festhaften der PoUenkömer auf der Narbe erschwert. Dagegen ist die Anschauung, dafs die Vermehrmig der Bakterien und Mycelpilze stets durch Regenzeiten gefördert werde, nicht durch- gängig zutreffend. Nur wenn die Regenperioden von Wärme begleitet werden, steigern sich meistens die parasitären Erkrankungen; dagegen hält kalte, nasse Witterung das Wachstimi der hervorragendsten Parasiten (Roste, Falscher Meltau etc.) zurück. In den Tropengegenden erweisen sich die regenreichen Jahrgänge daher meist als Begünstiger der Pilzkrankheiten, und um wenigstens ein Beispiel anzuführen, nennen wir die Beobachtungen von Busse ^), der die P h y t o p h t h o r a f ä u 1 e der K a k a o f r ü c h t e besonders stark in regen- reichen Jahren auftreten sah. Nicht die Regenmenge, sondern mehr die Form der Wiederholung der Regen ist ausschlaggebend. Wuchtige Regengüsse scheinen die Ansiedlung der Pilzsporen auf den glatt- schaligen Früchten eher zu verhindern; aber die feineren häufigen Regen, die in Bodenmulden und Gebieten mit mangelhaftem Wasser- wirtscliaftl. Komitees Reisebericht der pflanzenpatliologisclien Expediti ies Dach Westafrika. Tropeapflanzer 1905, S. 25. 4.02 11^- ^Schädliche atmosphärische Einflüsse. abfluis stagnierende Feuchtigkoit leicht erzeugen können , erweisen sich pilzbegünstigend. Weniger leiden die Gegenden, in denen die frische Seebrise oder überhaupt der Wind ungehindert Zutritt hat. Auch für unsere Kultiuren ist in regenreichen Zeiten der Wind ein bisher unterschätzter Bundesgenosse im Kampfe gegen Parasiten, und in dichtgepflanzten Obstgärten sollte man namentlich in warmen Regen- perioden die Baumkronen durch öfteres Schütteln von dem über- schüssigen AVasser befreien. Achtes Kapitel. Hagel. Alle Hagelschäden stellen Wunden mit Sub stanz verlust dar-, eine chemische Einwirkung infolge der Kälte des Hagelkorns ist nicht nach- weisbar, sondern nur eben der mechanische Schlag, der entweder einzelne Partien des Gewebes quetscht und durch Vertrocknung zugrmide gehen läfst oder der Blätter und Achsen zerfetzt, indem er mehr oder weniger grofse Partien abschlägt. Um einen Einblick in die verschiedenen Wirkungen des Hagel- schlages zu erlangen, sei hier ein kleines Stück eines Roggenhalmes vorgefüln-t, der an den Stellen g, z und v vom Hagel getroffen worden ist. Bei Betrachtung eines solchen Halmes nach einem Hagelschauer, der nicht so stark gewesen, dafs Blätter oder Äln-en abgeschlagen oder gar die ganzen Halme geknickt worden wären, bemerken war bekanntlich weifsliche oder weifse Flecke auf der grünstreifigen Oberfläche. Die Streifung entsteht durch abwechsehide Lagerung von dmikelgrünen Furchen und helleren Linien. Im Querschnitt erkennt man, dafs diese Furchen aus einem weichen, Chlorophyll führenden Rindenparenchym bestehen, während die helleren Streifen aus dickwandigen, faserartigen Zellen {p) zusammengesetzt sind. Diese Faserstränge geben dem Halme seine Festigkeit; j'e dickwandiger diesell)en . desto widerstandsfähiger und weniger zum Lagern geneigt zeigt sich der Halm, In vorliegender Zeichnung (Fig. 91) erweisen sich die grünen Partien am meisten verändert. Während bei g die Zellen unversehrt erscheinen, zeigen sich bei z nur noch gerüstartig untereinander verbundene, trockene Zellhäute, die w^eiter nach der inneren Halmwandung zu in noch grünes, lebendes Gewebe ii übergehen. Hier hat also der Schlag des Hagelkorns in der Weise gewirkt, dafs die Oberhaut des Halmes e gar nicht zerstört worden ist, wohl aber hat das weichere, darunterliegende Rindenparenchym derartige Quetschungen davongetragen, dafs ein Teil der Zellen all- mählich abgestorben ist. Das dahinterliegende , clilorophyllhaltige Gewebe zeigt aber, dafs der Schlag hier an dieser Stelle nicht so heftig war wie bei v. Dort verblieben nur noch wenige Reste von Zell- wandungen des ehemaligen saftigen Rindengewebes , und an dieser Stelle hat das Hagelkorn solche Gewalt gehabt, dafs es die derbwandige zähe Oberhaut bei o entzweigeschlagen hat. Durch die dadurch ent- standene Öffnung ist die Luft in die Wunde getreten, und infolgedessen erscheint ein solcher Hagelfleck für das blofse Auge weifs, wärend bei n immer noch ein grünlicher Farbenton bemerkbar sein wird. Hagel. 463 In äliiiliclier Weise wird sich der Gewebeverlust bei anderen parenchymatischen Pflanzenteilen gestalten, und je nach der Gröfse dieses Verlustes wird die assimilatorische Tätigkeit sinken. Indes dürfte dieses Herabdrücken der Lebenstätigkeit nur dann von hervorragendem Einflufs werden, wenn das Hagelwetter zu einer Zeit sich einstellt, in welcher die Bildung des vegetativen Apparates bereits beendet worden und die Pflanze in die Reproduktionsepoche eintritt, in welcher sie die plastischen Stoffe aus den Blättern herauszieht. Den Einflufs des Hagels auf die Getreideähren schildert C. Kraus ^) nach Beobachtungen , die er hauptsächlich bei Gerste angestellt hat. Er fand viele Ähren stark abwärts gekrümmt und gedreht, weil es den wenigsten Ähren gelungen war, ihre Grannenspitzen aus der obersten, vom Hagel getroflenen Blattscheide loszumachen. Die direkt getroffenen Fig. 91. Hagelschlag am Roggenhalm. ij gesundes, grünes Gewebe, z von einem Hagelkorn verletztes, u anstofsendes gesundes Parenehym. t völlig zerstörte Halmrinde mit gesprengter Oberhaut o; /( Halmparenchym, /; Gofäl'sbündel, p Strängt- bastfaserähnlicher Zellen. (Orig.) Älu'en blieben in ihrer gesamten Ausbildung zm-ück. Die Körner er- wiesen sich leichter, ungieichmäfsiger und vielfach schwarzspitzig. Das Ähi-engewicht blieb um 88^/0, das Körnergewicht um 43 ''/o zurück. Ähnliches fand Kraus bei zwei unbegTannten Weizensorten , bei denen sich aber wegen des Fehlens der Grannen die Ähren leichter aus der obersten Blattscheide hatten herausarbeiten können. Demgemäfs war das Ährengewicht der verhagelten Weizenhalme nur um 24 bez. 15 "0, das Körnergewicht um 27, bez. um 17*^o geringer als das der nicht vom Hagel getroffenen Pflanzen. Wenn zeitig im Jahre, also etwa im Mai, Hagelschlag eintritt, be- merkt man später nicht selten zwischen den von Hagelflecken bedeckten ») Kkaus, C, Wirkung von Hagelschlägen. Deutsche Landwirtschaftl. Presse 1899, Nr. 14 1.5. 464 II. Schädliche atiliosphärische Einflüsse. i /J v\ ^^ reifenden, aufrechten viele kürzere, grüne, an der Basis gekniete Halme. Hier hat walu'scheinlich das Hagelkorn die Pflanze geknickt, und der Halm hat zum Emporrichten mehr Z*eit ge- braucht, was die Reife verzögerte. Der Weizen scheint am robustesten zu sein. Ich beobaclitete nach einem Hagelwetter im Juni 1005, dais die Roggenhalme, die in Fig. 91 dargestellten Beschädigungen aufwiesen^ während in den entsprechenden Zellgruppen bei Weizen das innere Gewebe nur durch einen Rifs zerldüftet oder unbeschädigt war. Die Epidermis war nicht zerrissen, sondern nur in AVandung und Inhalt gebräunt. Sehr auffällig war die Knickung der Ähren^ von der die beistehende Fig. 92 nur eine milde Form darstellt, bei der die Spindel einen stumpfen Winkel macht (Ji). Bei den stärkst beschädigten Ähren war die Spindel zwei- bis dreimal derartig geknickt und an den Knick- stellen fast gänzlich kahl. Fig. 93 gibt ein Bild von der Beschaffen- heit der Spindel an der Knickstelle. Es be- zeichnet g die Gefäfse, z das zerrissene Par- enchym, v die Stelle, an der ein Gefäfsbündel zum Absterben gebracht worden ist. Seitlich davon, bei hr , erschien das gesamte Gewebe tief gebräunt. An anderen Ähren fand man an der Schlagstelle die Epidermis aufgerissen, das angrenzende Gewebe zusammengefallen , ver- zerrt und gebräunt. Einzelne Gefäfsbündel er- wiesen sich fast gänzlich isoliert, indem das gerissene oder gezerrte Parenchym abgeplatzt war. Es dürfte dies eine Folge der- Spannung sein, da die noch grüne Ähre später weiter wächst. Je nachdem das Hagelkorn aufschlägt, variieren die Beschädigungen sehr mannigfach. Stellenweise konnte auch das von G. Kraus ge- meldete Vorkommnis beobachtet werden, dafs nach dem Aufschlagen des Hagelkorns auf Ähren, die noch in der Blattscheide gesteckt hatten, die Grannen sitzen blieben. Dadurch kam die Ähre bogig verkrümmt zum Vorschein. An der Ansatzstelle der Ährchen waren die Beschädigungen meist intensiver als in den Spindelinternodien zu finden. Schwere Schädigungen kann der Hafer erleiden, wenn die Rispen noch in der oberen Blattscheide zur Zeit des Hagelwetters einge- schlossen sind. Es können gänzlich taube Ährchen entstehen, und die Pflanzen ähneln dann zum Verwechseln den durch Blasenfüfse beschädigten. Ährenverkrümmungen durch das Saugen von Tlirips habe ich bei Gerste in manchen Jahren häufig gefunden. Sehr instruktive Abbildungen Fig. 92. Weizenähre durch Hagelschlag ge- knickt. Knickstelle kahl. (Orig.) Hagel. 405 liefert Puppel M, der auch mehrfach versucht hat, die "Wirkungen me- chanischer Stölse zu studieren. Er Hefs z. B. ein Stück noch nicht geschoisten "Winterroggens mit einer schweren glatten AValze nieder- walzen. Bei dem Ausschossen der Ähren fand er ein ähnliches Bild wie nach Hagelschlag. Eine eigenartige Erscheinung zeigte sich bei "Weizen, der am 4. Juni verhagelt war. Auiser den bekannten Hagelwunden an allen Halmen fanden sich, . zerstreut im ganzen Felde, Pflanzen von gTünerem Aussehen mit fast körnerlosen Äliren. "Was an Körnern vorhanden war, erwies sich im Juli noch grün und milchig. Die Ähren in ihrer Gesamtheit erschienen hell lederbraun dm'ch Bräunung fast aller Spelzen. Zwischen diesen sah man kurze, _ frisch grüne Spelzenspitzen hervortreten, welche durchwachsenen Äh r c h e n angehörten. Diese enthielten (i — 8 Blütenanlagen, von denen keine einzige ausgebildet war 7fp Fig. 93. Querschnitt durch die Spindel der Weizenähre an der Hagelschlagstelle (/() der vorigen Figur. (Orig.) und die obersten nur noch Anfänge der Staubbeutel ernennen liefsen. Die Spelzen waren lanzettHch, dunkelgrün und krautartig weich, so dafs ein deutlicher Übergang zum Laubblattcharakter erkennbar war. In einem andern Falle waren tatsächlich junge Pflänzchen aus dem Grunde einzelner Ahrchen hervorgesprolst. Etwas Ähnliches beobachtete Behrens^) nach einem am 1. Juli eingetretenen Hagelwetter bei Hopfen, bei dem bereits vier "Wochen später die Blütenkätzchen vollkommen verlaubt waren. Dafs diese Umbildung der Blütenstände wirklich mit der Zerstörung der Blätter durch den Hagel zusammenhängt, geht aus des Verfassers Versuchen hervor. Er erzielte nämlich bei fortgesetzt künstlich entlaubten Ranken die sog. „braus chen Hopfen" (s. S. 348), während die nicht ihrer Blätter beraubten Stengel desselben Stockes normale Kätzchen lieferten. M Pt'ppEL, Max, Hagel- und Insektenschäden. 40 Tafeln nach Original- photographien. Berlin 1904, P. Parev. -) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1896, S. 111. Sorauer, Handbuch. Erster Band. .30 466 II. Schädliche atmosphärische Einflü;- Bei den Kartoffeln ist ein Rückgang im Stärkegehalt der Knollen durch Verhageln des Krautes beobachtet worden ^ ). Bedeutenden Schaden kann der Raps durch Verletzung der Schoten erleiden, und es ist selbstverständlich, dafs bei allen unsern krautartigen Kulturgewächsen die Zerstörung des Laubkörpers einen Ernteausfall bedingen muis. Ein Fehler wäre es aber, das vom Hagel zerfetzte Laub zu ent- fernen. Versuche bei Kohlpflanzen zeigten, dafs man bessere Köpfe auf derjenigen Ackerparzelle erhielt, bei welcher man das zerschlagene Laub belassen hatte gegenüber einer solchen, auf welcher den Pflanzen die verletzten Blätter fortgenommen worden waren. Fi«. 94. Querschnitt durch die Fruchtwand einer vom Hagel getroffenen Tomatenfrucht. (Orig.) c Epidermis der Aufsenseite der Frucht, t' Epidermis der Innenseite der Fruchtwaud, v abgestorbener Wundrand, durch Tafelkork t vom le)>enden Gewebe abgegrenzt: r radial sieh streckende, teilweise sich lächernde Zellen , lu normale Zellen des Fruchtfleisches , / beginnende Bildung von Tat'elkork, g Gefäfsbündel. h Gefäfsbündelscheide, » Fächerung der radial zum Getalsbündel sich überverlängernden Zellen, /. verkorkte Gewebezone, »f Stärke, z zerknitterte Zellen mit verquollenen, verkorkten Wandunaen. Interessant sind die inneren Beschädigungen, die nach Hagelschlag an saftigen Früchten vorkommen. Fig. \^A stellt den Querschnitt der Fruchtwand einer vom Hagel getroÖenen Tomate dar. Wir erblicken links die eigentliche Schlagstelle in Form einer trocknen, harten, dunkel- braunen Auftreib ung mit nicht zerstörter Epidermis {c). Durch den Schlag des Hagelkorns ist das zartere subepidermale Gewebe tödlich gequetscht worden und infolgedessen gebräunt und vertrocloiet [t). Infolge des weiteren Schwellungsprozesses der noch nicht ausgereiften Frucht ist das Gewebe zerrissen und zu einer harten Blase umgebildet worden. Neben dieser äufserlich scharf in die Augen springenden Verletzung aber zeigt sich mitten im saftigen Fruchtfleisch eine zweite harte Stelle ') Jahresber. d. Sonderausschusses f. Pflanzenschutz 1903, S. 94. Hagel. 407 im Umkreise eines Gefälsbünclels (>/), Die Härte des Gewebes kommt hier von dem Verkorkungs vorgange, dem die ganze Stelle verfallen ist, nachdem sich zunächst eine reichliche Zellstreckung und -fächerung in der Umgebung des Bündels eingestellt hatte. Diese wird wahr- scheinlich dadurch eingeleitet worden sein, dai's dm'cli den Hagelschlag oder dessen Nachwirkung eine ringförmige Zone (^) in einer bestimmten Entfernung vom Gefäfsbündel sich verändert hat. Einzelne Zellen sind unter Vere][uellung und Verkorkung der Wandungen zusammen- gefallen; andere haben nur verquollene Wandungen bekommen und die anstofsenden Zellwände sind ohne sonstige Änderung nur verkorkt. Zu der Zeit, als der Hagel fiel, war die Frucht noch grün und stärke- reich, und durch die Gewebeverkorkung ist die Stärke in der irritierten Gewebezone erhalten geblieben, während sie bei der nachträglich fort- schreitenden Reife aus dem übrigen Fruchtfleisch verschwunden ist. Deshalb sehen wü^ einen Ring aus tief gebräuntem, mit Stärke (st) an- gefülltem Gewebe um das Gefäfsbündel gezogen. Dm'ch die Abtötung und das teilweise Zusammenfallen dieser Zellen haben die direkt an dem Gefäfsbündel liegenden und von diesem noch reichlich mit Wasser versehenen Zellen Raum zur Streckung bekommen. Sie haben sich, von der Gefäfsbündelscheide (h) beginnend , in annähernd radialer Richtung überverlängert und durch parallele Querwände in) gefächert. Auch aufserhalb der eigentlichen Wundstelle hat das Parenchym der Fruchtwand an der radialen Streckung (r) sich beteiligt, und nur das Innenfruchtfleisch (nt) ist normal geblieben. An der Grenze zwischen dem normalen und über- verlängerten Gewebe begann zur Zeit der Untersuchung eine Tafel- korkbildung (/") sich einzustellen, die, sich an die verkorkte Innenstelle anschliefsend, eine zusammenhängende zähe Masse bildete. Ahnlichen Korkstellen begegnen wir bei den Früchten von Kern- obst, namentlich bei Äpfeln. Auch hier macht der Hagelschlag viel- fach keine ofl'enen Wunden, namentlich bei um-eifen Früchten. Wir finden nur vertiefte, teilweise später sich bräunende Stellen. Die Ver- tiefung kommt dadurch zustande, dafs das unter der unverletzt bleibenden Epidermis liegende Parenchym der Apfelrinde gequetscht worden ist, infolgedessen vertrocknet und , meist in radialen Rissen , zerklüftet. Auch hier bleibt, wie bei der Tomate, die Stärke in dem verkorkenden Gewebe der Umgebung der Hagelwunde erhalten, falls der Apfel zur Zeit des Hagelschlages noch unreif war. Es bilden sich in diesem Falle später oftmals auch unregelmäfsig uhrgiasförmige Zonen von Korkzellen aus, welche die gesamte innere Hagelwunde vom gesunden Fruchtfleisch abgrenzen. Hoch bedeutsam sind die durch Hagelschlag hervorgerufenen Rindenwunden, welche, an sich in der Regel von geringer Aus- dehnung, durch ihre Häufigkeit aber wesentliche Schädigungen re- präsentieren. Soweit ich derartige Verletzungen an Obstbäumen zu sehen Gelegenheit hatte, habe ich gefunden, dafs die Störung im Gewebe sich nicht blofs auf die Hagelstelle selbst erstreckt, sondern auch seitlich noch sich fortpflanzt. Bei Hagelwunden an den dies- jährigen Zweigen . an denen sie relativ den beträchtlichsten Schaden verm'sachen, pflanzt sich die Störung von der eigentlichen Wundstelle m der Form einer Rindenlockerung seitlich fort. In Folge davon sehen wü' im Querschnitt von der toten Zone aus Streifen von meist stärke- gefülltem Parenchymholz sich in das normale Holz einschieben und 30* 468 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. dasselbe lockern. Es wird dadurch spröde und brüchig, und dies dürfte besonders bei solchen Baumarten ins Gewicht fallen, deren Zweige als Bind- und Flechtmaterial Verwendung finden ("Weide, Birke). Unterscheiden läist sich die Hagelwunde von der Frostbeschädigung oft durch ihre Lage im .lahresringe. Da Hagel meist in der heifsen Zeit auftritt, so liegt die Wunde nahe dem Abschlufs des Jahresringes^ wäln-end die Frostbeschädigung in der Frühlingsholzzone sich vorfindet. Auffallend ist, dafs unter den Hagelstellen diesjähriger Zweige, auf welche ein Frost überhaupt noch gar nicht eingewirkt haben kann^ man bisweilen in dem Radius der Wundstelle die Markla-one gebräunt, namentlich aber den Spnalgefäfsteil des Gefäfsbündels stark verfärbt findet. Da das zwischen der Wundstelle und der Markkrone liegende Holz des Gefäfsbündels gesund ist, so bleibt nur der Schlufs. dafs (vielleicht durch die Markstrahlen) eine Fortpflanzung der Störung nach dem Marke hin erfolgt. Oftmals lassen sich auch die Hagelwunden von Frostwunden cla- dm'ch unterscheiden, dafs bei ersteren sehr bald wieder geradlinig gefächertes , gefäfsreiches , normales Holz auftritt , während bei _ den verheilenden Frostrissen durch die gröfsere Ausclehnmig der Über- wallungsränder breitere Zonen von Parenchymholz zu finden sind.. Bei schwachem Hagelschlag erfolgt die Tötung der Rinde innerhalb, der Schlagfiäche nicht gieichmäfsig , und das Cambium wächst lücken- haft weiter. Bei der ünregelmäfsigkeit der Heilung löst sich an den Wund- stellen die Rinde schlecht und unregelmäfsig vom Holze, und dies gibt im Eichenschälwaldbetriebe Veranlassung, dafs die verhagelten Eichen- schossen sich schlecht schälen lassen. Vielfach sind die Hagelwunden Ausgangs stellen für andere Krankheits- erscheinungen. Wenn feuchte Witterung längere Zeit nach dem Hagel- schlag anliält , zeigen sich nicht selten Anfänge von Wundfäule , Pilz- fäule und dergleichen. Bei Amygdalaceen bürgert sich leicht Gurami- flufs ein. Solche Folgekrankheiten können nachher Veranlassung zum Absterben von Zweigen geben. Betrifft dieses Absterben die Gipfel- triebe junger Bäume, so sind verkrüppelte Kronen oder (bei Sämlingen) krüppelhafte Stämme die nicht seltene Folge. In Obstbaumschulen wird nach heftigem Hagel, der die glattrindigen Stämme stark beschädigt hat, sich oft als das beste Mittel das Zurück- schneiden derselben über der Veredelungsstelle empfehlen, um einen ganz neuen Stamm zu erzielen. Auch bei älteren Stämmen mit stark verhagelter Krone, die ja oftmals auch noch durch die vom Sturm ab- gerissenen Äste deformiert ist, wird man im folgenden Frülijahr durch zweckmäfsiges , tiefes Zurückschneiden die Krone zum Teil neu zu bilden suchen müssen. Obgleich die Reproduktionskraft zur Zeit der Hagelschäden in der Regel eine grofse im Baume ist, so dafs die Wunden leicht überheilen können, so wird man doch bei glattrindigen Stämmen, die gröfsere Partien von Rinde durch die dicht neben- einander aufgeschlagenen Körner losgeplatzt zeigen, zum Verschliefsen der Wunde durch eine Baumsalbe schreiten müssen. Nachdem die Quetschwunden der Hagelkörner durch Ausschneiden mit einem scharfen Messer in leichter heilende Flachwunden umgewandelt worden sind, verwende man eine Mischung von Lehm und strohfreiem Rindsdung mit Asche oder Schie ferstaub, die zur Salbenform zusammengeknetet sind. Hagel. - 469 Bei der augenblicklich lierrschenden Manie , alles durch Düngung kurieren zu wollen, ist es nicht zu verwundern, dais auch bei starken Beschädigungen mit Substanzverlust, wie Sturm und Hagel hervorbringen können, sofort zum Düngen geschritten wird. Wir raten aber davon ab : selbst auf magerem Boden dünge man erst dami, wenn der Baum bereits wieder neue Triebe gemacht hat. Gröfsere Wundfiächen, die längere Zeit zur Überwallung brauchen, schliefst man am besten durch Überstreichen mit kaltHüssigem Baumwachs, also einer Harzmischung, welche dem Wasser den Eintritt verwelu't. Billiger ist ein Überstreichen der Wunde mit heifsem Steinkohlenteer. Der Warnung, welche wir betreffs Erhaltung des verhagelten Blatt- apparates bei den Gemüsepflanzen ausgesprochen, schliefst sich Müller- Thürgau auch in Beziehung auf die Obstbäume und den Weinstock an ^ ). Bei dem Weine wird von einem „Hagelgeschmack" gesprochen-): dies ist vermutlich eine Folge von Pilzansiedlung an den Wund- stellen der dm^cli Hagelschlag beschädigten Beeren. Es ist empfehlens- wert, dieselben auszusclineiden , obgleich die Arbeit sehr mühsam ist. Die gelockerte Traube schliefst sich wieder vollkommen, da die stehen- gebliebenen Beeren um so gröfser werden Wenn man die verhagelten Weinstöcke durch den Schnitt regulieren will, fange man frühestens eine Woche nach dem Hagelwetter mit dem Schneiden an, um zu sehen, wie weit die Stöcke sich erholt haben-, dabei mufs soviel als möglich von dem diesjährigen Holze erhalten bleiben. Besonders wichtig ist es , die unteren , Früchte versprechenden Augen an den Reben in Ruhe zu lassen, d. h. sie vor vorzeitigem Austreiben zu bewahren. Dies geschieht dadurch^), dafs man mindestens noch einmal soviel Augen, als man im nächsten Jalu'e nötig hat, über den eigent- lichen Fruchtaugen an der Rebe stehen läfst. Unter denVorbeugungsmitteln gegen Hagelschädenist weiterer Prüfung ein in Piemont üblich sein sollendes Verfakren zu empfehlen. Es werden nämlich Netze von verzinktem Eisendraht über die Stöcke gespannt'*). In neuerer Zeit hat das „Hagels chiefsen" zu zahlreichen Ver- suchen geführt. Die Theorie, welche zur Anwendung des Mittels führt, wird von Nolibois ^) entwickelt. Die von der Erde aufsteigenden Wasser- dämpfe verdichten sich zu Wolken, deren dichteste Lagen am tiefsten liegen. Wenn diese untersten Schichten, veranlafst durch die starke Wärme aus strahlmig des Erdbodens, sehr stark verdampfen, wird die unmittelbar darüber liegende Wolkenschicht in hohem Mafse abgekühlt und gelegentlich sogar bis unter den Nullpunkt. Irgendein Anstofs genügt nunmehr, um den überkälteten Nebel zimi Gefrieren mid Nieder- fallen zu bringen. Der Prozefs setzt sich unter beständiger Abschwächmig der Kältewirkung in die höheren Wolkenschichten fort und gelangt endlich bei der Regenbildung an. Nach dieser Theorie wären Abhänge dem Hagel mehr ausgesetzt als Flachland, kalkiger und sandiger Boden mehr als feuchter Alluvial- ') MüLi.Eu-TmiuiAi- , Beobachtungen über Hagelschäden an Obstbäumen und Reben. VII. .Jahresber. d. Versuchsstation zu "VVädensweil. ■-) Chronique agricole du Canton de Vaud vom 10. August 1895. ^) Tngarische Weinzeitung 1896, Nr. 34. *) Rhu, G. , Le reti metalliche a difesa delle viti dalla gragnuola. Bellet, d. Sog. dei Viticoltori. Roma 1892; cit. Zeitsclir. f. Pflanzenkrankh. 1894, S. 168. •^) Nolibois, P., Theorie de la formation de la grele; cit. Hollrungs Jahresber. f. Pflanzenkrankh. 1904, S. 78. 470 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. boden, nackter Boden mehr wie bewaldeter, das feste Land melu' wie die Seen oder das Meer, Wenn man nun die übereinanderlagernden "Wolkenschicliten miteinander vermengen könnte, so dai's eine gröfsere Temperaturausgleiclinng erfolgte und eine Überkältnng verhindert würde, so dürfte der Hagelbildnng vorgebeugt werden können. Eine solche Bewegung der den Wolken benachbarten Luftschichten sucht man nun durch die Erschütterung infolge von Kanonenschüssen herbeizuführen. Eine andere Theorie, die von der Entstehung von Wirbelstürmen infolge Nachiliefsens kalter Luft von den Bergen in den lieifs auf- steigenden Talstrom ausgeht ^ ) , kommt ebenfalls zur Empfehlung des Hagelschieisens. In Italien haben sich bereits zahlreiche Schiefsstationen gebildet; doch lauten deren Meldungen sehr widersprechend; günstiger wird über das Wetterschiefsen aus Frankreich berichtet^). Neuntes Kapitel. Wind. Bei den plötzlichen Beschädigungen durch stark bewegte Luft begegnen wir in den Wäldern entweder dem „AVindwurf" oder „Windbruch''. Unter ersterem verstehen wir das Stürzen des Stammes mit einseitigem Ausheben der Wurzelkrone. Windbruch , der wirt- schaftlich schädlicher ist, zeigt den Stamm in einer gewissen Höhe abgebrochen. In welcher Weise sich die Sturmwirkung äufsert, hängt von Baumart, individueller Stammfestigkeit imd vom Standort ab. Betreffs der Baumart läfst sich bemerken , dafs zähholzige Gattungen , wie Birke , Fichte, Hain- und Rotbuche öfter geworfen als gebrochen werden ; Kiefer und Eiche brechen lieber. Auch die Art der Bruchwunde dürfte je nach den Gattungen verschieden sein ; es scheint , als brächen die Kiefern kürzer ab , wogegen die Eiche länger einreifst und die spröde Akazie von der Bruchiläche aus tiefgehende Längsklüftungen des Stammstumpfes oft zeigt. Inbezug auf die individuelle Stammfestigkeit innerhalb derselben Art bemerkt man leicht, dafs kernfaule Bäume am leichtesten brechen. Der individuelle Bau der Baumkrone, die den Haupt- angrififspunkt am Hebelarm des Stammes bildet, ist ebenfalls sehr berücksichtigenswert. Die Lage und die lokalen Standortsverhältnisse, welche den Bau des hier so wesentlich in Betracht kommenden AVurzel- körpers beeinflussen, sind vom weitgehendsten Einflufs. Auf tief- gründigem Terrain werden gesäte Bäume in der Regel besser aus- halten als gepflanzte, denen man zwecks leichterer Verpflanzbarkeit die Pfahlwurzel abgeschnitten hatte, und die deshalb flacher stehen. Bei flachgründigem Boden fällt der Vorteil der Pfahlwurzel weg und tritt die Ausbildimg der Krone in den Vordergrund. Je höher dieselbe am sonst glatten Stamme beginnt, desto höher rückt der Schwerpunkt, desto gefährdeter wird der Baum. Pyramidale Kronen sind darum wahrscheinlich günstiger als dicht kugelförmige. Die selbstverständ- liche Erscheinung, dafs die Gefahr der Beschädigung um so gröfser, ^) BoRDiGA, O., C4randine e spari. Atti del E. Istituto d'incorraggiamento, Napoli vol. II, 5 ser. -) Praktische Blätter f. Pflanzenschutz, herausg. von Hilineis, 1905, Nr. 11. Wind. 471 je exponierter die Stellung des Baumes , erleidet Ausnahmen. An Gebirgsabhängen bemerkt man manchmal, dais der Sturmschaden, namentlich der Windwurf, an der Windseite weit geringer ist, als an den Abhängen, an denen der Sturm abwärts geht. Ferner werden manchmal mitten in einem gleichmäi'sigen, alten Bestände ganze Kom- plexe umgelegt. Erstere Erscheinung wird darauf zurückzuführen sein, dafs der Wind, der bergaufwärts weht, dadurch mehr in seiner Wirkung gebrochen wird , dafs er die Krone eines Stammes immer nur zum kleinen Teil fassen kann, weil davor eine andere der tiefer am Abhänge stehenden Bäume sich befindet. Dieses etagenmäfsige Ansteigen der Baumkronen kann man auch manchmal an bewaldeten und ebenen Küstengegenden wahrnehmen. Nur wird hierbei die Terrassiermig der Baumkronen nicht durch die Bodenunebenheit bei gleichhohen Stämmen hervorgerufen , sondern durch die Verschiedenheit der Stammhöhe bei gleicher Bodenebene. Man wird bemerken , dafs die Küstenwinde da, wo der Baumwuchs ihnen entgegentritt , die ersten Bäume nicht auf- kommen lassen , sondern buschartig niederhalten. Erst in einiger Entfernung dahinter strecken sich, mit der Entfernung zunehmend, die Stämme bis zum Hochwald. Das Umstürzen ganzer Baumkomplexe im Innern eines gleichmäfsigen Bestandes ist auf Wirbelwind zurückzu- führen. Eine andere Form des natürlich sich ausbildenden Windschutzes erwähnt Schübeler^) von Fichtenfamilien (s. S. 255) aus dem Gudbrandsdal in einer Höhe über dem Meere, wo die Fichte sich bereits ihrer Höhen- grenze nähert. Die Bäume ordnen sich dort an exponierten Stellen gern in Reihen , luid zwar so , dafs der Mutterstamm auf der Seite zu stehen kommt, welche gegen den herrschenden Wind gerichtet ist, während die durch Absenker der Äste entstandenen Tochterstämme eine ziemlich gerade Linie hinter dem Mutterbaum bilden. Also nur soweit der letztere den AVind abgehalten , war die jMöglichkeit vor- handen, dafs die jungen Senkerstämmchen in die Höhe kommen konnten. Unter den mannigfachen AVindbeschädigungen in den Tropen hat man bei der Kakao kultur vielfach mit AVindbruch zu tun. Abgesehen von indirekten ^'erlusten durch Sturz der Schattenbäume, bricht auch der AVind direkt die Gabelungen der Hauptäste auseinander. Nach den Berichten von L. Kindt hat man nun versucht, aus dem Rest der wind- beschädigten Buschformen Hochstämme zu erziehen, indem man einen der vielen sich bildenden Wa s s e r s c h o s s en in die Höhe gehen lieis und dann durch Köpfen zur Astbildung zwang. Dieses A-^erfahren ist teilweise als vorzüglich sich bewährend hingestellt worden, wird aber von Kinut auf Grund eigner Erfahi'ung durchaus verworfen. Er fand, dafs bei derartiger künstlicher, der Natur des Baumes zuwider- laufender Stammbildung nur eine spärliche , aus kurzen , wagrecht ab- stehenden Ästen gebildete, schwachbeblätterte Krone entsteht , bei der vorzeitig reifende Früchte nur am Stamm gebildet werden. Die Ernte ist nicht nur im ersten Jahr, sondern auch in den folgenden Jahren C|uantitativ und qualitativ ungenügend. Berücksichtigenswert sind die Zeitdauer und der Zeitpunkt der Sturmwirkung sowie die herrschende AA^itterung. In Regenperioden wird dm-chweichter Boden leichter nachgeben und zum AVindwurf disponieren (s. Rieselfelder), während Frühjahrsstürme über gefrorenem Boden den Baum viel fester verankert finden und bei zunehmender Stärke mein" AVindbruch veranlassen. ') ScHüBKi.Eii, Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiania 1873 — 75, S. 168. 472 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Aulser diesen gröbsten, angenblicklicli eintretenden Beschädigungen sind aber auch solche zu registrieren, welche die Existenz des Individuums nicht vernichten, sondern nur vorübergehend oder dauernd schwächen. Zu diesen Windwirkungen gehört die schiefe Richtung der Stämme. Die auffälligsten und häufigsten Erscheinungen bieten die Strai'senpflanzungen, namentlich daim, wenn Gräben zu beiden Seiten der Chausseen oder Landwege laufen. Es läfst sich dort die auf- fällige Erfahrung machen, dafs, wenn sich die Strafse senkrecht zur herrschenden "Windrichtung (bei uns meistens West) hinzieht, diejenige Baumreihe, welche dem Windeinflusse zunächst steht, ziemlich geradestehende Stämme behält, wähi'end die andere Seite mehr oder weniger tief geneigte, über den Graben überhängende, manchmal Säbel- wuchs zeigende Bäume besitzt. Man ersieht daraus , wie ungleich die Wurzelstütze wirkt. Auf der Windseite einer solchen Strafse, wo der Wind bei seinem Angriff" zunächst die Grabenfläche trifft, ist der Wurzel- apparat in anderer Weise entwickelt; auf dieser Seite kann sich das Wurzelgefiecht weniger ausdehnen, dagegen ist es innerhalb des Strafsen- dammes stark befestigt. Der Winddruck findet durch diese Stütze ein genügend starkes Gegengewicht. Auf der anderen Seite der Strafse liegen die Verhältnisse umgekehrt ; dort sind zwar auch die Wurzeln auf dem Strafsenteil besser entwickelt als am Grabenteil, aber diese ersteren bilden hier die verankernden Apparate, welche den Zug des sich neigenden Stammes auszuhalten haben. Die stützende Seite ist hier die nach dem Graben zu liegende Wurzelseite , und ihre schwache Entwicklung veranlafst das Überneigen des Baumes nach dieser Rich- tung. Es scheint daher, dafs der wirksamste Schutz bei Obstbäumen der gegen die Windrichtung schräg gesteckte Pfahl , der den Baum stützt, sein wird; die jetzt häufiger in Anwendung kommenden Drähte vor der Windseite, welche also den Zug des Baumes auszuhalten haben, möchten sich als minder gut erweisen. Der „Säbel wuchs" wird verständlich, wenn man bedenkt, dafs der Baum alljährlich in der Frühjahrs- und Sommerzeit, in welcher die Triebe sich ausbilden, durch den Wind geneigt wird. Die zu dieser Zeit fortwachsende Spitze des jungen Stammes strebt, sich immer in der Senkrechten zu erhalten, und krümmt sich um so mehr, je sclineller der Baum zur Horizontalen gedrückt wird. Was hier von der Haupt- achse gesagt ist, bezieht sich auch auf alle Zweige, welche in scharfen Windlagen tatsächlich einseitig f a h n e n a r t i g e Kronen darstellen. Der fahnenartige Charakter liegt nicht nur in der Biegung der Äste nach der Seite, wohin der Wind weht (bei uns nach Ost), sondern auch in der Verzweigung, welche bei gröfserer Länge der Haupttriebe spärlicher zu sein scheint. Die Zweige, welche dem Wind entgegen wachsen müssen, bleiben kürzer und sterben bisweilen ab. Sehr instruktive Beispiele liefert Ludwig Klein M in zwei Fichten vom Weidfeld oberhalb des Weges Haldenwirtshaus -Wiedenereck. Die Bäume sind auf der Windseite nahezu ihrer Äste beraubt, geradeso als ob eine Hälfte der Krone mit der Schere abgeschnitten wäre (scherende Wirkung des Windes). Dieses Abtöten der Äste schiebt Klein auf die austrocknende Wirkung des Windes. Unterstützt wird die Windwirkmig durch eine erheblich stärkere Erwärmung und dadurch gesteigerte Transpiration. ^) Klein, L., Die botanischen Naturdenkmäler des Grofsherzogtums Baden usw. Karlsruhe 1904, Fiu-. 26 Wind. 473 Bei den Obstbäimion traoen die falinenartioen Kronen manchmal nur an der Peripherie Früchte, weil das Innere der Krone leicht zu dicht wird. Sobald der Stamm in hohem Grade aus der Lotlinie herausgerückt ist, macht sich eine Ernälu-uno-sdifterenz zwischen der Ober- und Unterseite der Achse geltend, welche in der Erzeugung üppiger Laubtriebe auf der dem Zenit zugewendeten Hälfte zum Ausdruck gelangt. In dem Mafse wie die üppigen Holztriebe in ihrer Entwicklung fortschreiten, erhöht Fic 95. Zwei windgedrückte und windgesclierte Ficiiten. ine iinke Pflanze besitzt zwei BLexenbesen und drei Sekundärwipfel. (Nach Klein). sich ihre Macht als Anziehungsherd für das rohe Bodennälirmaterial. das die Wurzeln zuführen. Je mehr- Bodenlösung sie absorbieren, desto mehr geht der horizontalliegenden Partie der Baumkrone von dieser Lösung verloren, mid einzelne, abwärts gedrückte Äste beginnen infolge- dessen abzusterben, während die neuen Laubachsen senkrecht aufwärts schiefsen mid sich zu Wasserreisern ausbilden. Damit ist eine langjährige Unfruchtbarkeit angebahnt. Auch 1)ei Waldpfianzungen in der Nähe der Küsten ist die einseitige Kronenentwicklmig l)emerkbar. Las Vertrocknen der Zweige wird zimi Teil jedenfalls auf die stete 474 !!• Schädliche atmosphärische Einflüsse. Reibung durch den Wind zurückzufüliren sein. Die Schwierigkeit in der Neubewaklung von Küstenstrichen ist nicht, wie wohl vieh'ach an- genommen^), durch den Salzgehah der Seewinde, sondern einfach durch deren mechanische Wirkung zu erklären. Die Krüppelformen der Bäume an den Küsten und an den Höhegrenzen des ßaumwuchses verdanken in den meisten Fällen auch dem Winde ihre Entstehung. Die Wipfel werden zum Teil vertrocknen und vom Winde abgebrochen ; ein hier wesentlich mitwirkender Faktor dürfte allerdings Schneebruch sein. In der nächsten Vegetationsepoche ver- suchen die Bäume eines der obersten Seitenaugen zu einem neuen Gipfel- triebe auszubilden, w^as bei Nadelhölzern selbst unter geschützten Verhält- nissen nur einigen Gattungen gelingt, in Sturmgegenden aber noch weniger vorkommt. Die Folgen der Entspitzung machen sich durch vermehrtes Wachstum von Seitenzweigen bemerkbar, welche, oft gut benadelt, sehlangenartig im Gestrüpp des Bodens dahinkriechen. Ein schönes Beispiel schildert Pkeda'^) von der livorneser Küste. Aufser den schief gestellten Stämmen der Kiefernarten und der Stecheiche sieht man Jimiperus phoenicea und Taniarix gallica schlangenartig verbogen und die Zweige von Philhjrco und anderen Sträuchern miteinander verstrickt am Boden entlang kriechen. Eine äuiserst ähnliche Schilderung entwirft Hansen^) von der Insel St. Honorat bei Cannes. BEtiNHAKDT'^) bezeichnet für Deutschland gewisse Gegenden als be- sonders oft heimgesuchte Sturmherde. Beispielsweise seien Schwedt a. 0., das schlesische Gebirge , der baj'rische und Oberpfälzer Wald , der Franken wald und in beschränkter Weise auch das norddeutsche Küsten- land (Mecklenburg, Holstein) zu nennen. In diesem Küstenlande herrschen im allgemeinen Nordoststürme ebenso häufig wie West- und Nordweststürme, während für Süddeutschland West- und Südwestwinde, im ganzen Norddeutschland aber West- und Nordwestwinde ein aus- gesprochenes Übergewicht besitzen. Dafs die Verteilung der Pflanzen sich den Windverhältnissen an- passen wird, ist sicher, indem die windfesteren Arten am besten aus- halten werden. Schröter und Kirchner-^) zitieren beispielsweise eine Erklärung von Müller über die Verbreitung der baumartigen Bergkiefer (Pfims montana) in den Alpen, die früher einen gröfseren Verbreitungs- bezü-k gehabt hat, aber durch ihr langsames Wachstum, ihr Licht- bedürfnis und ihre Genügsamkeit sich auf Stellen zurückgezogen hat, wo eine andere Waldvegetation sich nicht mehr entwickeln will, nämlich an die windgefegten Stellen mit geringer Luftfeuchtigkeit oberhalb der Höhengrenze des Waldes. Diese Widerstandsfähigkeit der Kiefer gegen Wind hängt wahrscheinlich mit dem anatomischen Bau der Nadel zu- sammen. Zaxg erblickt mit Scheit in dem sogenannten Transfusions- gewebe der Gefäfsbündel (s. Scheit, die Tracheidensäume im Blattbündel 1) Andkiu.i.ni), Leo, Bericht über die Wirkung des Salzgehaltes der Luft auf die Seestrandskiefer (Fhms Pinaster). Forstl.-naturwiss. Zeitschr. 1897, Heft 6. -) Pkeda, L., Effeti del libeccio etc. Bellet. Soc. Bot. ital. 1901; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1902, S. löO. 3) Han-skn, A.. Flora oder Allgem. Bot. Zeitung 1904, Bd. 93, Heft I, S. 44. *) Die Waldbeschädigungen durch Sturm und Schneebruch usw.; cit. Forsch, auf dem Geb. d. Agrikulturphysik 1880, S. 527. ^) KiHCHNEii, LoEw und ScHuuEiEi!, Lebeusgeschichte der Blütenpflanzen Mittel- europas. Bd. I, Lief. 8, S. 207. Wind. 475 der Coniferen. Jenaisclie Zeitsclir. f. Naturwiss. XVI. 1883) eine Vor- richtung, welche durch ikr-en steten Wassergehalt die Existenz der Nadel in anhaltend trockner Luft ermöglicht. Trotzdem darf natürlich eine gewisse Grenze nicht überschritten werden, und als Wind- beschädigTing gibt Zang ^) ein Vergilben und Vertrocknen der Nadel- spitzen an. Sicherlich erhöhen bei den Coniferennadeln die starke Wachsglasiu' der Epidermis und die sclerenchymatische , subepidermale Zellreihe ähnlich wie bei Kakteen, sukkulenten Euphorbiaceen und Crassulaceen die Widerstandskraft gegen den Windeinflufs. Für die Kapflora betont Cterhard^) als weitere Schutzmittel die Reduktion der Intercellularen und Einsenkung der Spaltöffnungen. Als eine mechanische Wirkung des Windes, die sich trotz der Bodenfeuchtigkeit zeigt, hebt der Ver- fasser die Ausbildung von sclerotischen Hypodermfasern und die Ver- stärkung der Blattränder durch Collenchym oder Bastbündel hervor. Für die Erklärung des Säbelwuchses und anderer durch Wind be- dingten Baumformen sind die sehr interessanten Untersuchungsergebnisse von G. Kraus ^) von Wichtigkeit. Schüttelt man nämlich einen frischen, wachsenden Sprofs einer ki^autartigen oder holzigen PÜanze, so dafs er sich schliefslich bogenförmig mit überhängender Spitze krümmt , dann ist sofort die Konzentration des Zellsaftes auf der konkaven und kon- vexen Seite ' nicht mehr gleich : der Saft auf der konvexen Seite ist konzentrierter geworden. Die höhere Saftkonzentration der konvexen Seite ist mit einem wesentlich höheren Zuckergehalt verknüpft. Dieser Zucker ist eine Neubildung im Momente der Erschütterung. Die bemerkens- werte Eigentümlichkeit bezieht sich nun nicht blofs auf die Achsenorgane allein, sondern auch die halb^\üchsigen und ausgewachsenen Blattstiele zeigen das gleiche Verhalten. Die Zuckerbildung ist übrigens nicht an die Krümmung gebunden, sondern von der Bewegung an sich ab- hängig, und mit der Zuckerbildung geht häufig ein Verschwinden der freien Säure Hand in Hand. Dafs Erschütterungen die Transpirations- gröfse vermehren, beobachtete Fekruza*) an Palmen und Sukkulenten, nachdem schon früher Wiesner •^) undEßERDi'') gezeigt hatten, dais der Wind eine Transj^irationsbeschleunigung veranlafst. Dafs selbst sehr geringe Erschütterungen schon die Verdunstmigsgröfse steigern, wurde von Kohl ^) und Baranetzky^) gefunden. Betreffs der weiteren Literatur sei auf Burgerstein verwiesen"). Da man nun aus der örtlichen Verteilung des Zuckers in den Ge- weben schliefsen kami, dafs er in dem Stoffwechselprozesse des Pflanzen- ') Zang, W., Die Auatomie der Kiefernadel usw. Dissertation. Gieisen 1904. -) Gkhhakd, 6., Beiträge zur Blattanatomie usw. Dissertation, Basel; cit. Bot. Jahresber. 1902, II . S. 293. ^1 KifAis, G., Über die Wasserverteilung in der Pflanze, II. Der Zellsaft und seine Inhalte. Sep.-Abdr. aus d. Abbandl. d. Naturf.-Ges. zu Halle, Bd. XV: cit. Bot. Zeit. 1881, S. 389. ■*) Fkuhizza, G. Sulla traspirazione di alcune palmi etc.; cit. Bot. Jahresber. 1899, II, S. 124. ^) WiEsxER, JiL. , Grundversuche über den Einflufs der Luftbewegungeu auf die Transpiration der Pflanzen K. K. Akad. d. Wissensch., Wien, 1887, Bd. XCVI. ^) Eberdt, 0., Transpiration der Pflanzen und ihre Abhängigkeit von äufseren Bedingungen. Marburg 1889, S. 82. ■'l Kohl, F. G., Die Transpiration der Pflanzen. Braunschweig 1886. '^) Baranetzky, über den Einflufs einiger Bedingungen auf die Transpiration der Pflanzen. Bot. Zeit. 1872. ^) BiRGERSTEix, Transpiration der Pflanzen. 1904. 470 II- Schädliche atmosphilvische Einflüsse. leibes eine (wenn auch nicht nnmittelbare) Vorstufe der CeUulosebildung ist, so wird man sich sagen müssen, dai's mit der Erhöhmig der Zucker- bildung im windbewegten Pflanzenteil die CeUulosebildung und Zellwand- ausbildung beschleunigt werden. Es ist verhältnismälsig- selten, dais Pflanzenteile auf der Zuckerbildungsstufe in ihrer Entwicklung stehen bleiben; viel häufiger ist der Prozefs, namentlich am wachsenden Sprofs, dafs der Zucker in dem Mafse verschwindet, als die Zellen dickwandiger werden. Wir werden also in der Deutung kaum fehlgehen, dafs die Krümmungen durch den Wind schneller insofern fixiert werden, als die konvexe Seite der Krümmmig leichter Zucker und Cellulose bildet und mit ihrem Wachstum schneller fertig wird, als bei einem nicht vom Winde bewegten Achsenteil. Bedenken wir, dafs für Licht- und Wärmewirkung sich die Biegungsstelle günstiger stellt, so ist das frühere Abschliefsen der Zellstreckungsperiocte eigentlich selbstverständlich. Der Zweig er- härtet früher und wird nicht so lang; daher also der gedi'ungene Bau auf der Windseite und die schlanke bis peitschenförmige Zweigbildung der windgeschützten Seite. Dafs Saatbeete und junge Pflanzungen bei leichten Bodenarten bisweilen verweht werden können, dafs flache Ackerkrumen durch plötzliche unvorsichtige Entfernung schützender Waldstreifen manclunal abgeweht und unfruchtbar werden, und dafs man gegen alle die ver- schiedenen Windbeschädigungen am besten durch den Verhältnissen angepafste Schutzpflanzungen vorbauen wird, bedarf keiner eingehenderen Besprechung. Wir kommen nunmeln- zu den Blattbeschädigungen, die durch Wind hervorgerufen werden. Dafs dort, wo der Wind sich häufig zum Sturm steigert, Blätter zerfetzt werden oder teilweise ver- trocknen und dürr an den Zweigen hängen bleiben, ist eine, namentlich in Küstengegenden so häufige Erscheinung, dafs hier nicht_ darauf ein- zugehen ist." Ebensowenig brauchen die Verletzungen weiter berührt zu werden, die bei der R e i b u n g d e r vo r s t e h e n d e n B 1 a t tk a n t e n ^) an sich eben entfaltenden Blättern entstehen. Besonders häufig sind derartig durchgeriebene Stellen bei den gefaltet aufbrechenden Blättern der Rofskastanie und Buche zu finden. Auch jugendliche Zweige leiden durch Reibung, wie man dies bei jungen Trieben von Birnen und Trauerweiden (Salix hahylomca), nach Stm^mtagen im Sommer beob- achten kann. Hierher gehört ferner das Peitschen der Hopfenranken, wodurch die Hopfenkätzchen bisweilen notreif und rot werden ^j. Wichtiger, und bisher wenig beachtet, sind die d ü r r e n B 1 a t tr ä n d e r. Man mufs dabei, weil viele Ursachen Blattranddürre hervorzurufen ver- mögen, unterscheiden, ob der vertrocknete und verfärbte Rand nur eine zusammenhängende oder auch stellenweis unterbrochene Saumlinie bildet oder ob noch von der abgestorbenen Randpartie dm^re, verfärbte Stellen (häufig keilförmig zwischen den Hauptnerven) in die Blattfläche hinein sich fortsetzen. Nur die trockne, sich bräunende oder schwärzende Saumlinie ist als reine Windbeschädigung aufzufassen, wie Hansen experimentell ') Casparv, Bot. Zeit. 1869, Sp. 201. — Magnis, Verh. d. Bot. Yer. f. d. Prov. Brandenburg. XVIII, S. IX. 2) Beobachtungen über die Kultur des Hopfens. 1880. Herausgeg. v. Deutsch. Hopfenbau verein. Wind. 477 festgestellt hat^). Dieser Forscher hat sich einen eignen Apparat zur Erzeugung von Wind konstruiert ^ ) , um die bei den im Freien auf- tretenden WmdbeschädigTingen mitwirkenden Nebenfaktoren (Licht und Wärmeüberschui's, Trockenheit) auszuschalten. Aus den Versuchen ergab sich zunächst als Resultat, dal's das Vorbeiströmen der Luft für die Austrocknungserscheinungen die giinstigste Bedingung ist. Blofser Stois des Windes auf eine an fester Wand wachsende Pflanze ist häufig unschädlicher, unter Umständen sogar wü'kungslos, weil die Wand den Windstrom sofort zurückwirft. Bei den mit dem Apparat durchgeführten Versuchen kam eine Tag und Nacht anlialtende Windstärke zwischen 1 mid 2 der BEAUFORTschen Skala zur Anwendung. Die in Töpfen stehenden Tabakpflanzen zeigten an einzelnen Blättern bereits nach 24 Stunden leichte Bräunungen der Ränder, während der übrige Teil der Blattspreite völlig gesund blieb und keine Spur von Welken erkennen liefs. Durchschnittlich litten die ausgebildeten Blätter eher als die jüngsten. Stets begann die Ver- trocknung der Gewebe in der Nähe der dünnsten Randnerven. Das Mesophjdl collabierte, wurde aber nicht lufthaltig, sondern sah vielmehr durchsichtig „wie injiziert" aus. Der Zellinhalt war deformiert; die Chloro- phjdlkörner waren nicht mehr deut- lich zu erkennen. In manchen Zellen zeigte das Protoplasma schwach bräunliche Körnchen. Die Leitbündel erwiesen sich stark gebräunt. Die Grenze zwischen vertrocknetem und gesundem Gewebe war scharf und die Gefäfsbündel unverfärbt. Hansex erklärt sich das Zustandekommen der BeschädigTing in der Weise, „dafs die dünnen Gefäfsbündel durch den Luftstrom zuerst ihres Wassers beraubt und dadmx'h so verändert werden, dafs sie das AVasser nicht mehr leiten. Dadurch vertrocknet an dieser Stelle das Mesophyll". Dies wäre also der sekundäre und das Absterben des Leitungsstranges der primäre Vorgang, während man bis jetzt wohl meist das Vertrocknen des Randparencliyms als direkte Wirkung aufgefafst hat. Demgegen- über sagt Hansen: „Wollte man annehmen, der Wind gTiffe das Meso- phyll direkt an, dann wäre nicht zu verstehen, warum der Vertrocknungs- prozefs nicht auch mitten auf der Lamina begmnen sollte". In derselben Anschauungsweise bewegt sich die Arbeit von Brück ^) welcher beobachtet hat, dafs im allgemeinen nur diejenigen Blätter die Randbeschädigungen erleiden, „deren Sekundärnerven bis zum Rande verlaufen, sogenannte craspedodrome oder cheilodrome (randläufige) Blätter" (Fig. 9(i). Diejenigen Blätter von Gehölzen derselben (4egend, welche die Beschädigung nicht zeigten, hatten „mehr oder weniger Fig. 96. Craspedodrome Camptodrome Nervatur. Nervatur. (Nach BrickI ') Haxsex, A-, Experimentelle Untersuchungen über die Beschädigung der Blätter durch Wind. Flora oder Allgem. Bot. Zeit. 1904, Bd 93, Heft 1. •-) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1904, Bd. XXII, Heft 7, 8. 371. ■') BuicK, W. F., Zur Frage der Windbeschädigungen an Blättern. Beihefte z. Bot. Centralbl. Bd. XX, Abt. 2, Sep. 478 ^I* Schädliche atmosphärische Einflüsse. camptodi-ome, resp. brocliidodrome Nervatur: sie verlaufen bogenläufig oder schlingläufig-, ohne im Blattrande zu endigen." In letzterer Anordnung der Nervatur erblickt Brück einen entschiedenen Schutz der Blätter vor Austrocknung durch Winde. Die Braunfärbung der Gefäisbündel ist der dm'ch Frost hervorgerufenen sehr ähnlich. Nach den Studien, die ich über das Entstehen dürrer Saumlinien an Blättern infolge -der Einwirkung saurer Gase gemacht habe , wäre der Vorgang des Sterbens dabei ein anderer. Bei Einwirkung der Rauch- gase wird das Gewebe nicht vorher durchsichtig, und es färben sich die Wandungen der Bastelemente gelb bis braun; der Zellinhalt trocknet als nahezu gieichmäfsige Substanz in seiner Gesamtheit zusammen. Die Gefäfs- bündel der ßandzone sind auch alteriert, aber ich erkläre mir das frühere Absterben des Blattmesophylls an den Rändern dadurch, dafs selbst, wenn die feinen Gefäfsbündelendigungen noch Wasser in der normalen Menge zuführten , dies doch nicht genügte . den durch die Säurewirkung ge- steigerten Wasserverlust zu decken. Ebenso dürfte es bei den trockenen Saumlinien der Windbeschädigung sein. Es kann sehr wohl die bei Wind gesteigerte Verdunstung des Mesophylls der primäre Vorgang sein. Am Blattrande ist der Wasserverlust darum relativ gröfser, weil im Verhältnis zur Gewebemasse die Oberfläche zu grofs ist und das wasserleitende System aus zu wenig Elementen besteht , also zu gering ist. An den Stellen, w^o das Blatt dicker und die Nervatur stärker entwickelt ist, werden die Gewebe erstens mehr Wasser empfangen und zweitens mehr behalten , da hier dieselbe verdunstende Oberfläche wie am Blattrande viel mehr saftiges Parenchym hinter sich hat. Daher sehen wir die Gewebestreifen dicht an den stärkeren Blattnerven zuletzt sich verfärben und vertrocknen. Nachdem man den Windbeschädigungen gröfsere Aufmerksamkeit zuwendet, erheben sich auch Stimmen, w^elche eine Anzahl auffälliger, bisher nicht genügend aufgeklärter Erscheinungen als Windschaden bezeichnen. So führt beispielsweise Lüstner ^) die sogenannte Mom- b acher Aprikos enkrankheit auf den Einflufs des Windes zurück. Die in Mombach bei Mainz endemische Krankheit äufsert sich darin, dafs die Blätter der Aprikosenbäume von der Spitze oder dem Rande her vertrocknen und abfallen. Bisweilen wird der allein vertrocknete Blattrand abgestoisen und der Rest des Blattes bleibt am Baume. Brück ^) falst die Krankheit als Folge von Sonnenbrand auf. Bei Gartenkulturen ist oft der Schutz gegen die rauhen Früh- jahrs winde notwendiger als gegen Frost. Beispielsweise beob- achtete man im April 1905, dafs junge Rhabarberblätter, die den Frost vertragen, wenn sie unberührt langsam auftauen, sich stark beschädigt zeigten, soweit die gefrorenen Blätter vom Winde ge- troffen worden waren. Ebenso wurden junge Rosentriebe nur dort verletzt, wo der Wind sie hatte fassen können. Während in wind- stillen Lagen junge Gemüse und Blumenpflanzen tadellos standen, waren sie dort verdorben, wo der Wind freien Zutritt gehabt^). Aufser der Steigerung der Verdunstungsgröfse spricht hier sicherlich die gegen- seitige mechanische Reibung der noch zarten Organe ausschlaggebend mit. ') Lüstner, Beobachtungen übei' die sogen. Mombacher Aprikosenkrankheit. Ber. d. Kgl. Lehranstalt zu Geisenheim am Khein. Berlin 1904, S. 222. Paul Parev. -) Buic'K a. a. 0. S. 74. 3) BoTTXKK, Jtiii., Rauhe Winde. Prakt. Ratgeber im Obst- und Gartenbau 1905, Nr. 8. Elektrische Entladungen. 479 Als bedeutender Schädiger wirkt ferner der Wind durch Abwehen der Schneedecken. Saaten der verschiedensten Art erhalten sich in Furchen auf der dem Winde abgekehrten Seite , selbst bei minimaler Schneebedeckung, während sie auf der Windseite zugrunde gehen. Zur Milderung der Windschäden kann nur eine richtig aufgebaute Schutzpflanzung dienen. Unter dem richtigen Aufbau meinen wir erstens die Nachahmung des Sj^stems , das die Natur an den Strand - gebieten selbst befolgt, mid zweitens die richtige Auswahl der Gehölze. Das natürliche System besteht darin, dafs bei Hecken die niedrigst bleibenden Gesträuche nach der Windseite hin gepflanzt werden; sie kümmern oder sterben zwar auch in ihrem Zweig-werk auf der AngTÜfs- seite ab; aber diese dürren Äste brechen dann schon die Gewalt des Windes und lassen die abgewendete Seite zur Entwicklung kommen. Wenn nun dahmter höhere Sträucher gepflanzt werden, so bleiben die- selben schon so lange geschützt, als die Höhe der ersten Vorpflanzung reicht. Kommen sie darüber hinaus , wird ihr Wachstum kümmerlich und einseitig, aber immerhin erheben sie sich etwas höher und gewähren einer dahinter gepflanzten Baumart wiederum Schutz, bis hohe Bäume endlich zur Entwicklung kommen können. Dort, wo Versandung mit in Betracht gezogen werden mui's, empfiehlt H. Neuek ^) vor allen Populus alba und nigra und Arten von Salix. Als Zwischenpflanzen gedeihen noch AiJcmthuFi gJanäulosa und Rhus Cotinus. Von Sträuchern sind besonders Ligustruiii vulgare, Cotoncafiter hitxifoh'n, Spirava opidifolia, Taniarix und liihes sain/i vollständig verharzte, braune Kindenparenchym- zellen aus der Umgebung des Harzganges: w tafelförmig gestrecktes, stärkeführendes Parenchym; rp normales Rindenparenchym. über isolierte , ringförmige Blitzspuren finden , erschien es mir doch notwendig, die Frage zu prüfen, ob nicht derartige Beschädigungen durch Frost hervorgerufen sein könnten. Der Verdacht lag um so näher, als ich bei Laubbäumen um frostbeschädigte Bastgruppen in der Nähe von Augen ähnliche Erscheinungen zu beobachten (lelegenheit gehabt hatte. Um zuverlässiges Vergleichsmaterial zu bekommen , erbat ich von Herrn v. Tubeuf Proben seiner künstlich angeblitzten Fichten und be- schaffte mir FrostwTinden dadiu-ch, dals ich eine gesmide fünfjährige Kiefer (v. Tubeuf hatte die charakteristischen Blitzwunden auch bei Fig. 102. Fichte, künstliche Blitzspur. (Orig.) h Zentraler Teil der Blitzspur im Rindenparenchym; /( normale Hartbastgruppe; A« von der Blitzspur eingeschlossene Hartbastgruppe: /, Korkring; AA' die dem Korkkambium ähnliche Zelllage; .7 Harz- gang in der gesunden Rinde, aus dessen normaler Auskleidung einzelne Zellen sich blasenartig vor- wölben; ffg mit Harz ausgefüllter Harzgang; 0 Oxalatkristalle; st mit Stärke erfüllte Kindenzellen; rp gesundes Rindenparenchym; 11 verquollene Gewebegruppen in demselben seh Borkenschuppe. Elektrische Entladungen. 491 Kiefern und Lärchen gefunden) im Mai während einer Nacht im Gefrier- zylinder einer Kälte bis zu — 7 " C aussetzte. Der anscheinend un- beschädigt aus dem Gefrierapparat hervorgegangene Baum kam Ende des folgenden Jahres zur Untersuchung, um ihm Zeit zu lassen, etwaige innere BeschädigTingen auszuheilen, wie dies bei den Blitzwuuden eben- falls stattgefunden haben muiste. Innere Beschädigungen zeigte die Kiefer nur an einer Seite der Stanimbasis im Rindenteil , und zwar teils in Form einzelner ab- gestorbener Zellen mit braunem, verquollenem Inhalt mitten im gesunden Parenchym, teils in Gestalt gröfserer toter Zellgruppen, die ringförmig von einem lebenden, mauerförmig angeordneten Parenchj-m umschlossen waren und dadurch eine augenähnliche Fig-ur darstellten (s. Fig. 101). Das Zentrum dieser augenförmigen Figur wurde häufig durch eine Höhlung (h) gebildet, welche von schwach gebräunten, bisweilen fast farblosen Zellen {u) ausgekleidet war. Bei Vergleich der mit jedem Schnitte wechselnden Bilder kam man zu der Überzeugung, dafs diese den Hohl- raum umschliefsenden Zellen der Auskleidung eines Harzganges ent- sprachen und bisweilen blasig in denselben hinein vorgewölbt gewesen waren. Daran gi-enzte nach auisen ein abgestorbenes Rindenparenchym (p), dessen Zellen nur selten zusammengefallen waren und meist in ihrer natüi'lichen Gröfse in Inhalt und Wandung verharzt sich erwdesen. Bei Aufhellung der Schnitte erkannte man in dem abgestorbenen Parenchj'm noch einzelne Oxalatgruppen und Zellen mit Körnern, die als verharzte Stärkekörner anzusehen sind. An das tote Gewebe gi'enzte nach auisen jene oben erwähnte ringförmige Zone tafelförmiger Zellen, die ihrer Anordnung nacii einer Korkumwallung glichen, aber mit Chlor- zinkjod Zellulosereaktion in ihren "Wandungen zeigten und vielfach reichlich mit Stärke und Harztröpfchen angefüllt waren (?<•)• Diese Umwallung des toten Gewebekernes, welche das augenförmige Aussehen der Frostwunde bedingte, ging dann in das normale Rindenparenchym (rj^) über, das hier und da noch Spuren von Stärke erkennen liefs. Der Querschnitt durch die Rinde des von künstlichen Blitzen beschädigten Fichtenstämmchens ergab das in Fig. 102 vorgeführte Bild. Die Blitzspur {b) zeigt zunächst einen zentralen braunen, streifen- artigen Kern aus verquollenem Parenchym. Derselbe wird von einer breiten, hellen Zone (/) umgeben, die aus radial angeordneten Reihen sehr dünnwandiger, nahezu inhaltsloser, oft luftführender Zellen besteht. Nach aufsen stöfst diese Zone an einen Gewebering (Ik) aus tafel- förmigen , plasmareichen , in ihren Wandungen die Zellulosereaktion zeigenden Zellen, die allmählich in das normale, gi'ofslumige Rinden- parenchym (rp) übergehen. Die aufserhalb , aber ziemlich nahe der Blitzspur liegenden Harzgänge (g) sind in der Regel nicht verändert ; die bisweilen blasig in den Harzgang hinein sich vorwölbenden Zellen der Auskleidung sind hellwandig. Auch diese blasige Auftreibung der Wandungszellen ist eine normale Erscheinung: denn man findet an Zweigen gesunder Fichten im Winter manchmal die Harzgänge voll- kommen ausgefüllt durch thyllenartige Erweiterungen der Wandungs- zeUen. Vereinzelt treten in unmittelbarer Nähe der Blitzspm' auch Harzgänge auf, bei denen die ausfüllenden Zellen zu braunen, verquollenen, harzigen Massen umgewandelt sind. Der tote Gewebekern im Zentrum der Blitzspur besteht häufig nur aus abgetötetem Rindenparenchym: manchmal jedoch erkennt man 492 I^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. auch, dafs einzelne Bastgruppen {h'^) dabei beteiligt sind. Hervorzu- heben ist der Umstand, dal's die abgetöteten Parenchymzellen vielfach gänzlich zusammengefallen und vertrocknet erscheinen. Dieses Zu- sammentrocknen erkläre ich mir als die Ursache für die Entstehung der hellen Ringzonen aus weitlumigen , dünnwandigen Zellen, welche sich als wirkliche Korkzellen erweisen und den Unterschied von der Frostwunde bedingen. Ich mache mir nun folgende Vorstellung von dem Zustandekommen dieses Unterschiedes in den beiden Wundformen. Der elektrische Funken bedingt ein schnelles Austrocknen des abgetöteten Ge- webes. Da er ebenso wie der Frost kein langsam verlaufendes, nach- trägliches Absterben des anstofsenden Gewebes veranlafst, so grenzen an die abgetöteten Gewebeherde unmittelbar lebenskräftige , reaktions- fähige Zellen. Eine Reaktion auf den Wundreiz stellt sich sofort ein, wenn die vegetative Tätigkeit in der Rinde sich geltend macht. Das Parenchym an der Grenze des toten Gewebes antwortet auf den AVund- reiz durch Zellstreckung und Zellvermehrung. Die durch den Blitz zusammengetrockneten Zellpartien bieten der Umgebung Raum zu be- deutender Streckung und Fächerung. Je schneller der Vorgang statt- findet, desto mehr Material wird verbraucht. Ist dasselbe zurzeit nicht in genügender Menge vorrätig, findet nur Korkbildung statt, und damit erklärt sich , dafs nach der elektrischen Entladung das die zusammen- trocknende Gewebeinsel umgebende Rindenparenchym, welches eine viel schnellere Streckung und Fächerung zur Ausfüllung des gröfseren Raumes erfahren mufs, mit Korkbildung antwortet. Bei der Abtötung einer mitten im Rindenparenchym liegenden Gewebeinsel durch den Frost erfolgt zunächst kein Vertrocknen des Gewebes. Die abgetöteten, verquollenen Zellen behalten ihren Umfang infolge der noch vorhandenen Turgescenz. Somit wird auch der Druck des frostbeschädigten, sterbenden Gewebes auf die gesund und reaktions- fähig gebliebene Umgebung nicht wesentlich vermindert. Damit fällt aber für die umgebenden Zellen auch die Veranlassung fort, sich so stark zu verlängern und zu fächern, wie dies beim Vertrocknen der Blitzspur notwendig war. Es wird also um den toten Kern der Frost- wunde die infolge des Wundreizes entstehende Neubildung in Form einer Ringzone aus spärlicheren und kleineren Zellen auftreten. Das zuströmende plastische Material kann nicht mehr zur Zellvermehrung verbraucht werden, da der Bedarf gedeckt ist, und wird daher in Form von Reservestofien sich niederschlagen. Daher die direkt um die Frost- wunde bemerkbare Stärkeanhäufung. Als positives Ergebnis der Untersuchung wäre anzuführen, dafs bei den Nadelhölzern ein bestimmter Unterschied zwischen künstlich er- zeugten augenförmigen Blitz- und Frostwunden besteht. Bei der Blitz- wunde trocknet das abgetötete Rindengewebe schnell zusammen und wird zunächst von einem lockeren Korkmantel umgeben, der einen hellen Aufsenring darstellt. Bei der Frostwunde behalten die abge- töteten Zellen im Innern des Rindenparenchyms zunächst ihren früheren Umfang; sie werden zwar ebenfalls eingeschlossen von einer Ringzone neugebildeter Zellen, aber diese entwickeln sich nicht zu einem lockeren Korkmantel, sondern bilden eine schmale Zone englumigen Parenchyms, das reicher an Reservestoffen wie das normale Rindenparenchym zu sein pflegt. Diese Zone stellt sich bei der Blitzwunde erst nach der Korkzone ein. Elektrische Entladungen. 493 Hinzu kommt noch der von v. Tubeuf angegebene Unterschied, dal's bei der Blitzwunde der abgetötete Rindenring in immer schmaler werdenden Bändern abwärts in das gesunde Gewebe hinein ausstrahlt, während eine derartige langsame Abnahme der Frostwirkung und ein streifenartiges Ausstrahlen der toten Gewebezone in die gesunde Rinde hinein bei ISfadelhölzern bisher nicht beobachtet worden ist, Betrefis der Theorie der Blitzwirkung stellen die vorstehenden anatomischen Beobachtungen fest, dais der elektrische Funken in erster Linie ein Vertrocknen des Gewebes hervorruft. Die Beschädigungen der städtischen Baumpflanzungen. Bei der Zunahme der elektrischen Anlagen in den Städten ist auf die Gefährdung der BaumpÜanzungen hinzuweisen. Nach den Unter- suchungen von Stone ^) sind es die Wechsel- und direkten Ströme, welche clm^ch örtliche Verbrennungen schaden. Bei trocknem Wetter ist weniger zu fürchten, wesentlich mehr aber, wenn die Rinde nafs ist. Es kommen hier namentlich die direkten Ströme der Strafsenbahnen in Betracht. Auiser der Abtötung des Gewebes ist auch die Reizwirkung schwacher Ströme ins Auge zu fassen. Erdentladungen bei Gewittern sind nach Sjöne's Beobachtungen häufiger als man vermutet und erklären mancherlei Schädigungen der Bäume , die vielfach auch noch durch rücksichtsloses Ausschneiden der Äste zur Isolierung der Drähte niifs- handelt werden. Wirkung von Streublitzen an "Weinstöcken. Unter den zahlreichen Beobachtungen, welche Coll.\ijON^) über die Blitzwirkung veröffentlicht hat, findet sich eine Angabe, dal's in einem Weinberge die getroffene Bodenoberfläche einen regelmäßigen scharf abgegrenzten Kreis darstellte , in dessen Mitte die stärkste AVirkung wahrzunehmen war. Die Weinstöcke zeigten auf den Blättern eine Menge Flecke . die anfangs dunkler grün erschienen und erst nach einigen Tagen sich ziegelrot färbten. An den jüngeren, saftigen Stengeln war namentlich das Cambimn gebräunt, während der Holz- körper unversehrt sich erwies. In den verletzten Geweben blieben die Zellwandungen unverändert, aber das Protoplasma war zusammen- gezogen und getötet. Die gleiche Beobachtung von der Ausbreitung der Blitzwirkung auf zahlreiche Individuen hat Rathay^) beschrieben und nach Erwähnung früherer Fälle auch darauf hingewiesen, dal's die- selbe Erscheinung der Ausbreitung des Blitzstrahls bei den Schafherden zu beobachten ist, wo ebenfalls stets melu-ere Individuen getroffen werden. Ebenso wie Colladon nahm Rathay auch ein Rotwerden der Blätter an getroffenen Reben wahr, soweit die Sorten rote Herbstfärbung zeigen. Die Enden der Zweige starben gänzlich ab. Der Vorgang der Rotfärbung von Blättern ist von Wiesnek und mir schon früher infolge von Ringelungs- und Knickungsversuchen festgestellt worden. Rathay ') SioNE, G. E., Injuries to Shade Trees from Electricity. Hatch Exper. Stat. Massachusetts Agric. Coli. Bull. 91. Amherst, 1908. -) CoT.LADON, Daxikl, Effcts de la foudre sur les arbres et les plantes ligneuses. Mem. de la sog. de phys...et d'histoire nat. de Geneve 1872, S. 548—5:3.^ ^) Rathay, EMKisKir, Über eine merkwürdige durch den Blitz an Yitis vinifera hervorgerufene Erscheinung. Denkschr. d. math.-naturwiss. Klasse d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien 1891. Hier auch reichliche Literaturano-aben. 494 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. ergänzt diese Tatsache durch die Beobachtung, dafs die geröteten Blätter viel weniger transpirieren als die normal grünen. Die nach Blitzschlag geröteten Blätter gleichen in allen geprüften Beziehungen den durch Ringelxing der Zweige sich rotfärbenden, und tatsächlich ähnelt die Blitzbeschädigung in vielen Punkten der mechanischen Ringelung, da hier die aufserhalb des Cambiums liegende Rindenschicht getötet wird. „Das Cambium der vom Blitz getroffenen Lotten bleibt lebend und erzeugt innerhalb der getöteten Gewebe nach auisen einen von Wund- kork umhüllten Callus und nach innen einen Holzring, der von dem älteren Holze durch eine dünne gebräunte Schicht geschieden ist." Die Trauben an den vom Blitz getroffenen Reben vertrocknen voll- ständig. Einzelne Punkte von Wichtigkeit, welche einen Parallelismus zwischen den Blitz Wirkungen am "Weinstock und an Nadelhölzern er- kennen lassen, finden wir in einer Arbeit von Rayaz und Bonnet''). Nachdem darauf aufmerksam gemacht worden, dafs das Blitzloch, welches ,jO — 100 Stöcke umfafste, gerade die kräftigsten Pflanzen am meisten beschädigt zeigte, wird hervorgehoben, dafs infolge des am 20. Mai er- folgten Blitzschlages die Spitzen der Triebe sich zu Boden neigten und vertrockneten. Die Knoten blieben längere Zeit grün, während die Internodien schon wie verbrüht aussahen. Nach unten nahmen die Kranldieitserscheinungen allmählich ab. Unterhalb der vertrockneten Spitze war in den beschädigten jungen Trieben der Markkörper zer- rissen und dem Holzringe angeprefst. Wurzeln blieben unbeschädigt. Einige Wochen nach dem Blitzschlage erschienen die getroffenen Internodien rotbraun , • geschrumpft und der Länge nach' aufgeplatzt. Die Risse zeigten Vernarbungsgewebe. Die dazwischen liegenden Ivnoten schwollen auffällig an. Zweige , deren Spitzen nicht getroffen wiu"den , wuchsen weiter , behielten aber sehr kurze Liternodien. Das junge Holzgewebe erschien braun, seine Zellen entleert und mit un- verdickten Wandungen. Die beschädigten Rindenpartien waren von Kork inselartig eingeschlossen (vergi. Fig. 102). Das Cambium bildete zunächst ein um-egelmäfsiges Gewebe , das erst allmählich wieder in normales Holz übergegangen war (vergl. Fig. 99). Wir gelangen nach diesen Angaben zu der Anschauung, daß der Blitz (wie der Frost) wesentlich auch durch seine mechanische Wirkung schädigt, und zwar infolge plötzlicher übergrofser Spannungsdiflferenzen, Je nach dem Alter der blitzbeschädigten Achse reagiert dieselbe in verschiedenem Grade. Dort wo die Rinde nicht mehr in ihrem ganzen Umfange geschädigt wird, kapseln sich die toten Stellen durch einen Korkmantel ein. Wii^d das Jungholz nicht mehr gänzlich getötet, sondern nur noch geprefst und gezerrt, bildet sich später ein Paren- chymholz aus, das langsam nach aufsen hin in normales Holz übergeht, so dafs falsche Jahresringe entstehen können. Alle Erscheinungen strahlen nach der Basis der Achse liin allmählich aus , d. h, sie ver- schwinden schließlich. Daß in Blitzwunden sich häufig Mikroorganismen ansiedeln, ist selbstverständlich, und es ist daher leicht erklärlich, dafs man der- artige Fälle als parasitäre Krankheiten beschrieben hat. Ein Beispiel bietet die „ Gelivure" des AVeinstocks , welche als Bakteriose be- *) Ravaz, L. et BoNXKT, Effets de la foudre sui" la vigne. Extr. des annales de Tecole nationale d'agricult. de Montpellier; cit Bot. Jahresb. 1900, II, S. 417. Elektrische Entladungen. 495 schrieben worden, aber nach. Ravaz und Bonnet nichts anderes als eine durch Bakterien besiedelte Blitzwunde ist \). Streublitze auf Feldern und Wiesen. Steglich ^) beobachtete im Juli einen Blitzschlao- im Kartoffel- acker. Der Blitz schlug an zwei Stellen ein, und die Pflanzen wurden infolgedessen gelb und starben ab; die Stengel erschienen auf- geschlitzt und durchbohrt, wobei die Wundränder ein zerrissenes Aus- sehen hatten. V. Seelhorst ^) beschreibt Rübenbeschädigungen durch Blitz. In einem Falle bildete das Blitzloch eine Kreisfläche von ca. 15 m Durch- messer. In der Mitte des Kreises waren die Rüben total abgestorben ; bei den peripherisch angrenzenden Pflanzen erschienen die Blätter welk und verfärbt. Manchmal standen zwischen stark verletzten Pflanzen einzelne Exemplare von geringer Beschädig-ung. Im Rüben- körper waren bisweilen kleine Hohlräume bemerkbar, namentlich im Kopfteil. In andern, von Praktikern beobachteten Fällen wird von Verfärbung und Erweichung der Rübenköpfe und ähnlichen Erscheinungen gesprochen, indessen dürften hier schon sekundäre, parasitäre Einflüsse sich geltend gemacht haben. Auch Colladon*) berichtet von einem Blitzloch auf einem Rübenfelde. Die beschädigien Pflanzen hatten Blätter , die rötlich verfärbt , geschi'umpft oder stellenweis zerrissen waren mid deren Randpartien teilweis vertrocknet erschienen. Auf einem Kartoffelacker fand sich die Mehrzahl der Pflanzen in der aufgewühlten Erde gesund: nur an einer Stelle sah die Basis der Kartoffelstengel zerrissen und wie verbrannt aus. In dem 6 m Durch- messer zeigenden Blitzloch einer Wiese waren die höchst empor- ragenden Distelköpfe abgetötet, während die niederen Teile und die Grasnarbe gesmid geblieben waren, obwohl hier und da die Erde auf- gewühlt gefunden wurde. Zur Erklärung des Umstandes , dafs stets auf gleichbestellten Ländereien viele Individuen getroffen werden, weist Rathay auf die photographischen Blitzaufnahmen hin, aus denen sich ergibt, dafs der Blitz meist keine einfache Entladung zwischen zwei Punkten ist, sondern sich zerstreut und in vielen Punkten endet. Kommt dann (bei Weinstöcken) hinzu, dafs die Stöcke in Drahtanlagen erzogen werden, so bildet der Draht eine noch besser leitende Verbindung. welche die Ausbreitung der Schädigung begünstigt. Von Bedeutung sind auch die Angaben von v. Bezold °), dafs nach den Akten der Brandversicherungsanstalt in Bayern die Gefälu^dung durch Blitz von 1833 bis 1882 sich geradezu verdreifacht hat. Vermutlich spielen die ausgedehnten Entwaldungen und Entwässerungen und die rapide Vermehrung der Schienen und elektrischen Drahtleitungen dabei eine Rolle. ') Ravaz, L. et Bcinxei-, A., Les effets de la foudre et la srelivure. Compt. rend. 1901, I, S. 805. -) Jahrb. d. D. Landw.-Ges. 1892. ^) V. Seelhokst, Eübenbeschädigung durch Blitz. D. Laudw. Presse 1904, S. 515. *) a. a. 0. S. 555. ■ ^) V. Bezoi.d, W., Über zündende Blitze im Königreich Bayern während des Zeitraums 1833 bis 1882. Abh. d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wiss. ll. Cl., Bd. XV. 496 IJ- Schädliche atinosphäi'ische Einflüsse. Nachteile bei der Elektrokultur. Das anerkennenswerte Bestreben, die Elektrizität bei der Pflanzen- kultnr direkt zu verwerten, hat nach drei Richtungen zu Versuchen ge- führt. Einesteils will man durch Beleuchtung mit elektrischem Licht die Assimilationstätigkeit vermehren. Andernteils hat man begonnen, einen elektrischen Strom durch die Erde gehen zu lassen, indem man zwei Metallplatten in den Boden versenkte und dieselben mit einer Strom- quelle verband. Drittens hat man versucht, einen Strom durch eine Pflanze (Baum) direkt gehen zu lassen. Die Resultate sind bisher sehr widersprechender Natur, so dais ein Urteil sich nicht fällen lälst. Groise Hoffnungen setzt man mehrfach auf den Einflufs der dunklen elektrischen Entladung. Dieselbe kommt zustande, wenn man z. B. ein Netz von Drähten über ein Feld zieht, ohne dafs es den Erdboden berührt, und einen Pol einer Elektrisiermaschine mit dem Drahtnetz und den andern mit dem Erd- boden verbindet. In solchem Falle dienen die Pflanzen als Leiter, und durch sie hindurch wird vermittels der dunklen elektrischen Entladung ein Ausströmen der Elektrizität aus den Spitzen der Kulturgewächse erfolgen. Ein derartiges Ausströmen mufs eigentlich fortwährend in der freien Natur stattfinden, da der Erdboden eine andere elektrische Ladung zeigt als die darüber befindlichen Luftschichten. Die be- kanntesten Versuche dürften die von Lemström ^) und von Pringsheim-) sein. Ältere Arbeiten über Versuche, bei denen der elektrische Strom durch die Erde geleitet wird, finden sich von Wollny^) zusammen- gestellt und durch eigene Versuche erweitert. Die Resultate der PRiNGSHEiM'schen Versuche , bei denen die Elek- trizität durch Lifluenzmaschinen erzeugt wurde, lauten ungemein günstig, da bei Kartoffeln , Zuckerrüben , Gerste , Bohnen , Erdbeeren eine quantitativ und qualitativ bessere Ernte erzielt wurde. Da, wie gesagt, andrerseits aber viele ungünstige Erfahrungen vorliegen, so ist vorläufig dieses Gebiet als noch nicht genug geklärt hier nicht weiter zu berück- sichtigen. Wohl aber muls hier einer Arbeit von Löwenherz *) gedacht werden, weil dieselbe mit wissenschaftlicher Genauigkeit durchgeführt ist und neue Gesichtspunkte eröffnet. Die Versuche wurden mit Chevaliergerste angestellt; zur An- wendung gelangte ein Gleichstrom, der durch die Erde geleitet wurde. Die Körner wurden sorgfältig derartig ausgelegt , dafs bei der Hälfte der Versuchstöpfe die Samen mit ihrer Längsachse parallel zur Strom- richtung lagen und daher der Länge nach vom Strom durchflössen wurden, während bei der anderen Topfreihe die Körner rechtwinklig zur Stromrichtung lagen. Es zeigte sich nun, dafs die verschiedene Lage der Körner zur Stromrichtung einen ganz unerwartet grofsen Unterschied in der Wirkung der Elektrizität zur Folge hatte. Bei der angewandten Stromstärke (0,015 — 0,030 Ampere) war überall eine Benachteiligung des Keimungsvorganges bemerkbar gewesen ; aber es war stets zu erkennen, dafs die Körner, welche der Länge nach ') Lemstuöm, Elektrokultur. Übersetzt von 0. Pringsheim. Berlin 1902, W. Junk. 2) Princshkim, Oho, Neue Elektrokulturversuche. Österr. landw. Wochenbl. 1904, No. 24; cit. Centralbl. f. Ag-riknlturch. 1905, Heft 6. ■■') Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik. Bd. 11, 1888, S. 88. ■*) LiiwENHERz , ßicHAiii) . 'S'ersuche über Elektrokultur. Z. f. Pflanzenkrankh. 1905, S. 137. Wärmeinangel. 497 vom Strom durcliilossen wurden, schlechter keimten als die, bei denen der Strom quer hindm'chging. Doch aucli in der erstgenannten Ab- teikmg machte sich ein Unterschied insofern geltend, als bei den parallel zur Strorarichtung liegenden Körnern diejenigen am schlechtesten sich ent- wickelten, bei denen der positive Strom an der Spitze der Kürner eintrat und an dem Ende, wo der Embryo liegt, austrat. AVemi innerhalb 24 Stunden die Stromrichtung zwei- bis dreimal umgekehrt wurde, konnte eine Änderung des Residtates nicht erzielt werden ; dagegen wurde eine solche deutlich sichtbar, wemi der Strom zweimal pro Minute wechselte. Die rechtwinklig zur Stroim-ichtung gelegten Körner waren dann ebenso gut, wie die nicht elektrisierten Samen aufgegangen und bei den der Länge nach von der Elektrizität durchflossenen machte sich der Nachteil nur noch dadurch bemerkbar, dafs die Körner etwa 12 — 24 Stunden sjjäter keimten. Dieser beachtenswerte Versuch zeigt deutlich, wie mannigfache Bedingungen bei der Elektrokultur beachtet werden müssen. Anhangsweise sei hier noch der Bestrebungen über die Elektrisierung von Wurzelreben und Blindholz des Weinstocks diu-ch Ströme hoher Spannung gedacht*). Im Auftrage des Kais. Landwirtschaftvereins zu Moskau wm'den, angeregt durch Berichte über Bekämpfung der Reblaus durch elektrische Ströme, Versuche eingeleitet, indem man Kisten mit Wurzelreben und Stecldingen 10 Minuten hindurch einer elektrischen Entladung aussetzte. Einige Wurzelreben wurden dann auch noch durch Funkenentladmig elektrisiert. Es wurde gefunden, dafs Ströme von hoher Spannung eine frühere und giinstigere Entwicklung der Reben veranlassen. Wurzelreben aber, welche direkt durch Verbindung mit dem Induktor elektrisiert worden waren, zeigten Beschädigungen, indem die oberirdischen Teile nicht austrieben; es waren nur bei den unterirdischen Knoten Triebe zum Vorschein gekommen. Elftes Kapitel. Wärm e ma iigel. A. Allgemeiner Teil. Lebensäufserungen bei niedrigen Temperaturen. Weit abhängiger als von der Temperatur der Ackerkrume ist die Pflanze von der Lufttemperatur. Ehe noch der Boden den Schwankungen der Luftwärme folgen kann, hat die letztere bereits das Pflanzenleben geweckt und bisweilen schon zu bedeutender Entwicklmig gebracht. Die einzelnen Pflanzenteile folgen natürlich mit verschiedener Schnellig- keit den Temperaturschwankungen. Während Blätter und dünne Stengel in kürzester Zeit ihre Wärme parallel derjenigen der Luft steigern oder vermindern, werden dicke Stämme einer bedeutend längeren Zeit dazu bedürfen, zumal da alle Pflanzengewobe schlechte AVäiHieleiter sind. Aus diesem letzteren Umstände erklärt es sich, dafs dicke Stämme bald wärmer, bald kälter als die umgebende Luft sind, und zwar sind sie *) Nach einem Referat der „"Weinlaube" 1904, No. 34; cit. Centralbl. für Agri- kulturchemie 1905, S. 394. Sorauer, Handbuch. 3. AuÜ. Erster Baml. 32 498 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. durchschnittlich am Tage käker, in der Nachtzeit wärmer als die Luft. Aber auch die dünnen Pflanzenteile, die in die Luft hinausragen, sind am Tage kälter. Die Abkühlung der Blätter rührt von ihrer Aus- strahlung her; solche wird um so gröfser sein, je mehr Oberfläche der Pflanzenteil im Verhältnis zu seiner Masse besitzt. Als weitere Ursache der Abkühlung ist aber auch die Verdunstung zu betrachten, welche auf Kosten der Wärme des Pflanzenteils vor sich geht, und diese beiden Ursachen erklären die Erscheinung, dafs in hellen Nächten das Thermo- meter unmittelbar zwischen dicht stehenden Pflanzen mit dünnen Blättern, wie im Rasen einer Wiese, eine um mehrere Grade geringere Temperatm' anzeigt als in der Luftschicht über denselben. Ist die Luftwärme selbst nahe dem Gefrierpunkte des Wassers, so können durch Strahlung die Pflanzenteile selbst schon unter 0" erkältet sein und infolgedessen zugrunde gehen oder wenigstens einzelne ihrer Funktionen zeitweilig einstellen. Nach den Beobachtungen von Sachs (Lelirbuch III. Aufl. S. 636) können die Feuerbohne und der Mais (PJiaseolus multifloruf; und Zca Mays) nicht ihre Chlorophyllkörner grün färben, wenn die Temperatur nicht wenigstens +6^0 beträgt. Ebenso verhält sich der Raps. Die Pinie (Phius Pinea) braucht wenigstens y C. Die Kohlensäurezersetzung zeigt sich bei Potamogeton erst zwischen 10 — 15*^ C; dagegen bei VaUisneria schon oberhalb 6" C, bei den Blättern der Lärche bei 0,5—2,5" C und bei den Wiesengräsern bei 1,5 — 3,5 '^ C. Die Bewegung der Blätter der Sinnpflanze {Mhiiosa pudicä) tritt erst ein, wenn die Temperatur der umgebenden Luft 15 " C übersteigt usw. Wie verschieden die Wärmeansprüche der einzelnen Pflanzen sind, zeigen am besten die Beobachtungen, welche über das Keimen der Samen in Eis gemacht worden sind. Uloth ^) fand beispielsweise, dafs Samen von Weizen und Ahorn {Acer platanoides) in Eis keimten und sich tief in das Eis eingTuben, das sie durch die bei der Keimung zunächst entwickelte Wärme auftauten. Die feinen Nebenwurzeln des Weizens hatten Eisstücke von ^s m Dicke durchbohrt. Spätere Ver- suche 2) zeigten demselben Beobachter, dafs auch mehrere Cruciferen {Lepidium ruderale und sativum, Sinapis alba und Brassica Napus), Hafer, Gerste, Roggen sowie andere Gräser, in grofsen Prozentsätzen gekeimt hatten. Bei Gerste und Hafer waren die ' Keimprozente aber merklich geringer als bei Weizen und Roggen. Von Schmetterlingsblütlern hatten im Eiskeller Erbsen zu 80 "/o, Linsen zu 12*^/0 gekeimt. Von Petersilie zeigten 60*^/0 der ausgesäten Körner eine Keimung. An- geregt durch diese Beobachtungen, unternahm später Haberlandt^) weitere Versuche mit Aussaat der gebräuclilichsten landwirtschaftlichen Sämereien in Kästen, welche durch Eis konstant bei einer Temperatur von 0 ** bis 1 " C gehalten wurden. Nach 1 V2 Monaten zeigten Roggen, Hanf, Leindotter, Rotklee, Luzerne, Wicke, Erbsen und Bastardklee einen Anfang der Keimung; eine weitere Entwicklung der Würzelchen aber liefs sich nach vier Monaten nur bei Senf, Leindotter, Bastard- klee, Rotklee und Luzerne konstatieren, während Weizen, Gerste, Hafer, Raygras, Buchweizen, Runkelrübe, Raps, Mohn, Weifsklee, 1) Fühling's Neue landwirtsch. Z. 1871, S. 875. 2) Flora 1875, S. 266. ^) Wissenschaftl. praktische Untersuchungen auf d. Gebiete d. Pflanzenbaues. Wien 1875, I, S. 109 ff., 117. Wärmemangel. 499 Bohne n. a. gar nicht zum Keimen gelangt waren. Am günstigsten von allen Pflanzen hatte sich auffallenderweise die Luzerne gezeigt. Diese Resultate stehen betretfs der Getreidearten in sehr auf- fallendem AViderspruch mit den ÜLOTH'schen Ergebnissen und ebenso mit den Resultaten von Versuchen , welche Hellriegel M veröffentlicht hat. Hier zeigte der Winterroggen sich entschieden als die anspruchs- loseste der geprüften Pflanzen betreffs des Wärmebedürfnisses. Er entwickelte bei einer fast konstanten Temperatur von 0" (nur wenige kurze Überschreitungen bis -f 1 " C kamen innerhalb der sechswöchigen Versuchsdauer vor) Blatt- und Wurzelapparat ganz normal. Schon etwas wärmebedürftiger erwiesen sich durch die geringere Gröfse der Keimpflanzen der Winterweizen und, übereinstimmend mit Uloth, in noch höherem Maise die Gerste und der Hafer, welche bei 0*^ nur die Würzelchen zu einiger Entwicklung brachten, den Blattkegel aber nicht aus dem Korne hervorzutreiben vermochten. Bei + 2 " C dagegen war die Streckung schon eine recht vollkommene. Mais regte sich bei -f 5 *^ C noch nicht und keimte selbst bei -f 8,7 ** C sehr träge und mi- voUkommen. Bei 0" waren noch gekeimt und zu nennenswerter Ent- wicklung des Blattkeims gelangt die Wicke und der Rübsen, während Erbsen in gröfserer, Lupinen und Bohnen in geringerer Anzahl zwar den Wurzelkörper gestreckt, aber den oberirdischen Achsenteil nicht entwickelt hatten. Von den bei -f 2 •* C gekeimten Samen war der Lein empfindlicher als der Rübsen, der bei nahezu 0** noch keimte, aber in der Entwicklung stehen blieb und erst bei merklich höherer Temperatur (8,7*^ C) erwähnenswertes AVachstum zeigte. Den Wicken am nächsten stehend erwiesen sich Erbsen und Klee, welche bei einer Dmxhschnittswärme von -f 2 '^ C den Wurzel- und Blatteil hervortrieben, während Bohnen und Lupinen dazu mindestens + 3 "^ C brauchten. Der Spörgel entwickelte sich bei + 2 " C auch langsam weiter. Für die Mohrrübe scheinen zur Keimung ungefähr + 3 •* C vmd für die Runkel- rübe sogar etwa -f 5 "^ C nötig zu sein. Es gehört nicht mehr hierher, darauf einzugehen, dafs natürlich die Länge der Keimdauer in dem Grade zunimmt, als die Temperatur von dem Keimungsoptimum entfernt ist; wohl aber dürfte darauf auf- merksam zu machen sein, dafs solche Keimungsversuche bei möglichst niederen Temperaturen dazu führen könnten, frostharte Varietäten zu züchten. Bei allen Aussaatversuchen zeigt sich ein ungleich- mäfsiges Aufgehen. Es wäre möglich, dafs diejenigen Samen, welche zuerst bei so niederer Temperatur keimen. Pflanzen ergeben, welche für alle Lebensprozesse ein geringeres Wärmebedürfnis haben als andere Individuen derselben Art. Dafs nicht blofs die ersten Stadien der Keimung bei so niederen Temperaturen normal verlaufen, sondern auch ein weiteres Längen- wachstum ermöglicht ist , zeigen die Versuche von Kirchner ^) , der Senf, Roggen, Weizen, Erbsen und Hanf als Keimpflanzen längere Zeit bei Temperaturen , die wenig über 0 ^ lagen , vegetieren sah. Zwar weisen auch Pflanzen mit einem höheren Wärmebedürfnis bei Über- führung in niedere Temperatur noch Tjängenwachstum auf; aber das- ') Beiträge zu den naturwisseuschafü. Grundlagen des Ackerbaues. Braun- schweig, Vieweg 1888, S. 284—804. '^) 54. Vers, deutscher Naturforscher u. Ärzte zu Salzburg, S. 75 d. Berichtes. 32* 500 II' Schädliche atmosphärische Einflüsse. selbe ist mir als das allmäliliclie Auspendeln der unter den früheren günstigen Verhältnissen erhaltenen Wachstums energie zu deuten. Bei Alpenpflanzen ist von Kerner ^) beobachtet worden, dals solche bei 0 ^ auch blühen können. Das von den Schneefeldern in den Boden einsickernde Schmelzwasser vermag bereits die Lebenstätigkeit solcher Pflanzen derart anzuregen, dafs ihre bei der Atmung erzeugte Wärme die oft 2 — 5 cm dicke Eiskruste zu schmelzen imstande ist, so dafs die grünen Organe ins Freie gelangen {SoldcmeUa). Die Herbstfärbung. Die Verfärbung der Blätter im Herbste ist bei derselben Baumart nicht immer dieselbe. Es scheint, dafs die Verschiedenheit durch den Standort eines Individuums bedingt wird. Im allgemeinen kann man zwei Typen unterscheiden. Entweder zeigt sich ein ganz normal vom Blattrande aus beginnender Vergilbungsprozefs , dem, nach der Blatt- mitte fortschreitend, eine Vertrocknung des Gewebes folgt. Oder Ver- gilbung und Vertrocknung gehen nicht parallelen, sondern entgegen- gesetzten Weg, d. h. der Vergilbungsprozefs geht vom Blattstiel und den starken Blattrippen aus und schreitet nach der Peripherie hin fort, so dafs der Rand zuletzt verfärbt wird, aber dennoch nachträglich zuerst vertrocknet. Letzteren Gang beobachtete ich besonders schön bei Acer plafanoides ^ weniger konstant bei Acer Fscudoplatanus. Die Mittelfläche wies ein gleichmäfsiges, leuchtendes Quittengelb auf, wäh- rend die Randzone noch grün war. Bei fortschreitender Temperatur- erniedrigung zeigten viele Blätter ein Braunwerden und Absterben de- äufsersten Saumlinie der noch grünen Randpartie , während das gelbe Mittelfeld noch keine toten Gewebestellen erkennen liefs. Dieser Fall kann auch bei TUia eintreten, und zwar meist einseitig, indem nur eine Blatthälfte den Vorgang zeigt ; jedoch ist bei der Linde die vom Rande nach der Mitte hin fortschreitende Verfärbung häufiger. Die Untersuchung zahbeicher Fälle lehi-t, dafs die Unregehnäfsigkeiten der Verfärbung mit dem ungleichmäfsigen Absterben der Gefäfsbündel zusammenhängen. Die normale Autolyse im Herbst stellt sich ein, wenn der gesamte Gefäfsbündelkörper seitens der Wurzel in seiner Funktion noch er- halten wird und nur langsam von den feinsten Nervenendigungen des Blattrandes her abstirbt. Dann verfärbt sich und vertrocknet das Blatt an der Randzone zuerst, und die Verfärbung schreitet in den Inter- costalfeldern zwischen den schwächeren und schliefslich auch zwischen den stärkeren Nervenästen nach der Blattmittelrippe und dem Blatt- stiel hin allmählich fort. Wird dagegen die Gefäfsfunktion im Achsen- körper oder den Blattstielen vorzeitig gestört, was man aus der Bräunung der Bündel ersehen kann, dann beginnt die Verfärbung am Blattstiel oder den stärkeren Rippen und breitet sich nun unregelmäfsig nach der Peripherie hin weiter aus. Das Absterben durch andauernde Sommertrockenheit gleicht in seinem Gange insofern der herbstlichen normalen Autolyse, als auch bei jener die am wenigsten Wasserzufuhr erhaltenden Partien des Blattes sich zunächst verfärben. Neben der Randtrocknis tritt aber hier mehr das Austrocknen der Mittelregion der gröfseren Intercostal- ') Berichte d. naturwissenschaftl.-mediz. Vereins zu Innsbruck, Sitzung vom 15. Mai 1873, eit. Bot. Z. 1873, S. 438. Wärmemangel. 501 leider in den Vordergrund, weil diese von den starken Zuleitungssträngen am entferntesten liegen und dtu'cli den Licht- und Wärmeüberscliuis besonders stark in Ansprucli genommen werden. Die Herbstfärbung beginnt mit einer Veränderung des Chlorophyll- körpers, welche vielfach von dem Auftreten eines roten Farbstoffs be- gleitet wii-d. Zunächst bemerkt man eine Veränderung der Lage der Chlorophyllkörner und ein Bestreben, miteinander zu verschmelzen. Bei der Fichte sah ich, dafs das einzelne Chlorophjdlkorn strahlige Fortsätze bildet, die sich mit denen des Nachbarkörpers vereinigen. Die Rotfärbimg wird dm-ch das Auftreten von Substanzen aus der Gerb- stoffreihe und damit verwandten Körpern bedingt. Manche immer- grünen Pflanzen werden schmutzig braungrün. Nach Kraus ^) kommt diese Färbung dadurch zustande , dafs im Palisadenparenchym fein- körnige, lebhaft rotbraini bis kupferrot gefärbte Protoplasmamassen an Stelle der verschwundenen Chloroplwllkörper auftreten. Je weiter die Zellen des Blattfleisches von der braunen Oberseite entfernt liegen, desto mehr bemerkt man Übergänge von diesen geröteten Plasma- massen zu defi normalen Chlorophyllkörnern. Alle diese Veränderungen lassen sich in vielen Fällen wieder auf normale Färbung zurückführen, wenn man abgeschnittene Zweige in die Wärme bringt. Dabei wird aber die Lichtintensität nicht erhöht, und es ergibt sich daraus, dafs nur die Temperaturerniedrigung als die Ursache der Herbstfärbung im allgemeinen angesehen werden mufs. Ein weiterer Bev/eis liegt darin, dafs bei den herbstlichen, nächtlichen Reifen nur die bereiften, also die durch Strahlung am meisten abgekühlten Stellen sich verfärben, während die im Innern der Krone befindlichen, irgendwie durch andere Blätter gedeckten Teile keine Farbenänderiuig zeigen. Was nun die Veränderung des Chlorophyllfarbstoffes anbetrifft, so ist durch Frank 2) und Wiesner ^) nachgewiesen worden, dafs bei der herbstlichen Verfärbmig das Clilorophyll in eine von Pringsheim*) „Hjqj o chlorin" genannte Substanz übergeht. Es ist dies ein meist dunkelgefärbter, ölartiger Körper, der bei Emwirkung anorganischer mid organischer Säiu-en auf das Chlorophyllkorn entstellt und schliefs- lich in nadel- oder peitschenartigen , braunen Kristallen anschiefst. Von diesem Hypochlorin hat nun Tschirch^) nachgewiesen, dafs es mit dem „Chlorophyllan" von Hoppe-Seyler identisch ist, und dafs es als das erste Oxydationsprodukt des Chlorophylls (und zwar nur eines Teiles des Rohclüorophylls , nämlich des Cyanophylls von G. Kraus) aufzufassen ist, welches auch schon von selbst sich bildet, wenn eine Chlorophyllösung längere Zeit stehen bleibt**). Die Bildung des Chlorophjdlans oder Hypoclilorins fand Tschirch in dem Maße zunehmend, je melu' Säure (dm*ch Normalalkali titrimetrisch ') Krais, Über die winterliche Färbung immergrüner Gewächse. Sitzungsber. d. phvs.-med. Soc. Erlangen; cit. in Ökonomische Fortschritte 1872, Nr. 1 u. 2. -) Sitzungsber. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg XXIII, v. 24. Febr. 1882. 3) Bemerk. Ober d. Natur d. Hypochlorins. Bot. Centralbl. 1882, Bd. X, S. 260. ■*) Untersuchungen über Lichtwirkung. Pringsheims Jahrbücher 1880, Bd. XII. 5) Sitzungsber. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg XXIII, v. 28. April 1882. _ ^) Konzentrierte Salzsäure spaltet das Chlorophyllan in einen in Salzsäure mit blauer Farbe löslichen Körper, das „Phy 11 ocy anin" der Autoren und einen in dieser unlöslichen, in Äther löslichen, braunen Körper, das „Xanthin" von C. Kkaus. (Tschirch, Unter.suchungen über das Chlorophyll III. Ber. d. deutschen Bot. G-es., Bd. I. Heft 3 und 4: cit. Bot. Centralbl. 1883,^ Bd. XIV, Xr. 25, S. 356. 502 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. bestimmt) in den Pflanzenteilen nacliweisbar war. Außer Wasser- pflanzen dürften nur wenig Pflanzen existieren , deren Zellsaft nicht deutlich sauer reagiert. Bei Gattungen, welche wenig Säure enthalten, wird die Chlorophyllanbildung eine geringe sein, und der gemachte Auszug wird lange stehen müssen, während bei stark sauren Pflanzen (Aesculus, liumex) die Oxj^dation so schnell vor sich geht, dais man überhaupt keinen rein grünen Auszug machen kann, da derselbe sofort die Eigenschaften des modifizierten Chlorophylls zeigt und schon bei dem Erkalten Chlorophyllan absetzt. Für imsere Betrachtung erwähnenswert ist , dafs nach Tschirch selbst schon die Kohlensäure imstande ist, das Chlorophyll in Chloro- phyllan umzuwandeln. Auch die Substanzen der Gerbstoffreihe , mit welchen der rote Farbstoff sicher verwandt ist, werden wir zu den sauer reagierenden, das Chlorophyllkorn angreifenden Körpern zu rechnen haben, und es fragt sich jetzt nur, woher es kommt, dafs erst im Herbst dieser entfärbende Einflufs des sauren Zellsaftes auf das Chlorophyllkorn sich geltend macht. Dies kann nun entweder darin seinen Grund haben, dafs im Laufe des Sommers so wenig freie Säure im Verhältnis zum übrigen Material in der Blattzelle disponibel ist, dafs das zur Chlorophyllanbildung verbrauchte Chlorophyll stets und schnell durch den überwiegenden Assimilationsprozefs ersetzt wdrd und wir daher in gewöhnlichen Fällen nichts von einer Gelbfärbung der Chlorophyllkörper merken, oder zweitens könnten auch die Chlorophyll- körper durch eine Substanz, welche die Säuren nicht durchläfst, geschützt sein und erst im Herbst diesen Schutz allmählich verlieren. Es könnten aber auch beide Vorgänge stattfinden, und dieses ist nach den vor- liegenden Untersuchungen das Wahrscheinlichste. Auf das tatsächliche Vorhandensein einer Schutzvorrichtung der Chloroplasten gegen die Angriffe der Säuren des Zellsaftes weisen Frank und Wiesner hin, welche betonen, dafs die grünen Körner im für Säui'en undurchdringlichen Protoplasma eingebettet liegen. Auch hat Tschirch erwähnt, dafs jedes Chlorophyllkorn von einer farblosen Plasmamembran (Hyaloplasma-Schicht), die namentlich beiWasserpflanzen leicht nachweisbar, umgeben ist und auf diese Weise einen speziellen Schutz gegen den sauren Zellsaft besitzt. Wenn nun die Blattzelle im Herbste ihrem Lebensende sich nähert, ist das Protoplasma in derselben nicht mehr sehr reichlich vorhanden. Aber selbst da, wo es noch reichlicher sich vorfindet, erleidet es bei der Herbstkälte eine (durch Wärme wieder reparierbare) Alteration, vermöge welcher es permeabel für Säuren wird. Frank sah die durch Säurewirkung erzeugte Gelbfärbung des Chlorophyllkorns bereits ein- treten, wenn dasselbe nebst dem Zellkern noch dicht in der wand- ständigen Plasmaschicht eingebettet lag. Eine solche Änderung in den diosmotischen Eigenschaften des Protoplasmas läßt auch in den winter- grünen Gehölzen die Säure ziu* Wirksamkeit kommen. Die organischen Säuren vermehren sich aber im herbstlichen Blatte, und auf diese Weise ist die Verfärbung eine um so leichtere. Betreffs der Rotfärbung ist von C. Kraus*) nachgewiesen worden, dafs das von Gorup-Besanez ^) im wilden Wein zuerst aufgefundene Br enz - 1) Über die Herbstfärbung der Blätter und die Bildung der Pflanzensäuren. Biedermanns Centralbl. 1874, I, S. 126. -) Annalen der Chemie und Pharmacie 1872, Bd. CLXI, Heft 2 und 3. Wärmemangel. 503 catechin (Oxyphen säure) in allen sich herbstlich verfärbenden Blättern, ja anch (soweit die teilweise Untersnchung reichte) in allen noch kräftig vegetierenden Blättern vorkommt. Diese Substanz wird durch Eisenchlorid giiin, mit Pflanzensäuren schön rot. Die Extrakte der Blätter geben die Reaktionen der Oxyphensäure , und es ist deshalb der Schlui's nahe gelegt, dals der rote Farbstoff bei den jungen mid herbstlich gefärbten Blättern aus der durch gesteigerte Säurebildung vermehrten Einwirkung auf das Brenzcatechin hervorgeht. Das bisher Gesagte zusammenfassend , können wir den Vorgang der Herbstverfärbung als einen gegenüber dem Asäimilations- p r 0 z e 1 s gesteigerten, auf L i c h t w i r k u n g angewiesenen Oxydation sprozefs auffassen. Derselbe äußert sich auf die in den Zellen der verschiedenen Pflanzen quantitativ sehr verschieden vorhandenen Stoffe derart , daß aus dem Chlorophyllfarbstoff das Chlorophyllan entsteht und dadurch das Blatt gelb wird. M Wenn das künstlich aus Kohlehydraten her- stellbare , in opalisierenden Tropfen wahrscheinlich vorhandene Brenz- catechin durch die herbstliche , reiche Säurebildung in einen roten Farbstoff umgewandelt wird, tritt neben der Gelbfärbung die Rötung der Blätter auf. Überwiegt dagegen die unter Formzerstörung der Chloro- phyllkörner von G. Kraus ^) und Haberlandt^) beobachtete Bildung braungelber Massen, die C. Kraus als Oxydations- mid Humifikations- produkte der Kohlenhydrate betrachtet und die, wie ich glaube, auch durch Zerfall der Chloroplasten direkt entstehen können, so färben sich die Blätter braun. Die häufigste, aber durchaus nicht die einzige Ursache der Rot- färbung ist die Temperaturerniedrigung, wodurch die Lichtwirkung in relativen Überschufs gelangt. Es sind nicht die absoluten Licht- und Wärmewerte , welche hierbei ausschlaggebend sind , sondern die re- lativen , also in Beziehung zueinander in Betracht kommenden AVerte. Die Temperaturerniedrigung wirkt herabstimmend auf den Chlorophyll- bildungsprozefs, während sie noch den Brenzcatechin bildenden, etwas mehr Licht beanspruchenden *), die Rotfärbimg einleitenden Oxydations- vorgang in voller Tätigkeit unterhält. Wenn die Tätigkeit des Chloro- phyllapparates erhöht , also mehr Kohlehydrate gebildet werden, reicht der zugängliche Sauerstoff zu so hochgTadigcr Oxydation nicht mehr aus, und der Prozefs der Rotfärbung unterbleibt. Wenn man aber die Chlorophyllarbeit durch Mangel an Nährstoff- und Wasserzufuhr künst- lich herabstimmt, dann kann der in der Zelle disponible Sauerstoff genügen, das spärlicher gewordene Material wieder hochgradig zu oxydieren, und dann tritt die Herbstfärbung schon im Sommer ein. Bei Ringelungsversuchen an Crataegus im August bemerkte ich, wie früher bereits erwähnt, den Eintritt der Herbstfärbung in der gröfsten Sommerhitze, und bisweilen gelingt es, an etwas konsistenteren Blättern durch Einbrechen der Mittelrippe an dem am Baume belassenen Blatte die Spitze zur hocliroten Herbstfärbung zu bringen, während die unterhalb ') Der Chlorophyllanauszug herbstlich toter Blätter zeigt dieselben „bandes accidentelles permanentes" wie Chantard (Centralbl. f. Agrikulturchemie 1874, S. 40) schon früher nervorgehoben hat. -) Ökonom. Fortschritte 1872, No. 1 und 2. ^) Biedermanns Centralbl. 1876, II, S 48. '•) Batai.in, Über die Einwirkung des Lichtes auf die Bildung des roten Pig- mentes. Acta Hort. Petrop. VI. 504 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. der scharfen Knickungsstelle gelegene Blattbasis ihre normale, tiefgrüne Färbung behält. Aul'serdem sehen wir im Laufe des Sommers bei vielen Pflanzen die erstgebildeten Blätter des Jahrestriebes, die schnell sich ausgelebt haben, im heii'sen Sommer die Herbstfärbung annehmen (Ämpdopsis). Bedeckte Stellen an jungen, roten Blättern bleiben grüner. Wir kommen auf diese Verhältnisse bei dem „Frostlaubfall" noch einmal zu sprechen. Auf die winterlichen Vorbereitungen der immergrünen Pflanzen wird in dem Abschnitt über die Theorien der Frostwirkung eingegangen werden. G-efrieren und Erfrieren. Betreffs der Bezeichnung „Erfrieren" finden wir in der Literatur verschiedene Auffassungen. Teils erkläre, man jedes Absterben, das allmählich sich bei einer Pflanze einstellt, weil sie zur Durchführung ihrer normalen Funktionen nicht die nötige Wärme erhält, schon als ein Erfrieren-, andererseits will man nur den plötzlich eintretenden Tod infolge des Eingriffs einer unter die Minimalgrenze der Wärme- anspmche herabgehenden, in der Regel mit Eisbildung verbundenen Temperatm'erniedrigung als „Erfrieren" gelten lassen. Wir können diese Diiferenz am besten dadurch überwinden, dafs wir die erstere Art der Wirkung des Wärmemangels als „chronische Schäden" von dem plötzlichen Tode als einer akuten Schädigung bei der Betrachtung trennen. Beispiele für chronische Schäden bieten vielfach zarte Pflanzen der Tropen, die in unseren Glashäusern nicht dauernd die Wärme für alle ihre Entwicklungsphasen finden. Bekannt sind die Mifserfolge bei der Kultm- der indischen Anoedochüus- Äxten und anderer zartlaubiger Orchideen, Begoniaceen, Gesneriaceen, Marantaceen usw., deren Blätter ich braunfleckig werden , sich krümmen und absterben sah, wenn sie längere Zeit einer Temperatur von + 3 — 5 ^ C ausgesetzt waren ^). Li nassen kalten Jahren erkranken auch Freilandkulturen von Melonen, Gurken, Tabak und Bohnen bei anhaltendem Wärmemangel. Bei den akuten Schäden ist man miwillkürlich geneigt, dieselben der Eisbildung zuzuschreiben. Dafs dieselbe an sich nicht totbringend ist , beweisen in vielen Fällen unsere winterharten Gewächse , die oft- mals steif gefroren und spröde wie Glas sind und doch nach dem Verschwinden des Frostes wieder fortwachsen. Über die Eisbildung im Gewebe machen wü* uns folgende Vor- stellung. Ist die Temperatur des Pflanzenteils auf den Eispunkt oder etwas tiefer gesunken, dann schiefsen auf der Aufsenseite der Zellhaut kleine Eiskristalle an. Diese, wohl zuerst aus dem Absorptions- später aus dem Imbibitionswasser der Zellhaut entstandenen Kristalle werden immer gröfser, indem sich an ihrer Basis immer mehr Wasser aus den Micellarinterstitien der Zellwand heraus zu Eis verwandelt. SchHefslich sind die sämtlichen feinen Eisprismen zu einer Eiskruste vereinigt. Die Zellwand hat den erlittenen Wasserverlust zu decken gesucht, in- dem sie aus dem Zellinhalte neue Wassermengen aufnahm. So wird der Protoplasmakörper der Zelle wasserärmer, und es beginnen stoffliche Umlagerungen , die endlich eine solche Intensität ') Vgl. auch: Molisch, Hans, Das Erfrieren der Pflanzen bei Temperaturen über dem Eispunkte. Sep. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. Wien. Mat.-naturw. Klasse, Bd. 07, Abt. 1: cit. Z. f. Pflanzenkrankh. 1897, S. 23. Wärmemangel. 505 erreichen, dal's die einzelnen Micellen der Zellwand und des Proto- plasmas dauernd in ihrer Gleichgewichtslage gestört , sich auf eine Weise verändern, die keine Lebenstätigkeit mehr gestattet. Die diu'ch Frost getötete Zelle zeigt dann, dal's ihre Wandung keinen Widerstand gegen den Druck des Zellsaftes leistet und läi'st letzteren allmählig ausfiieisen. In unmittelbarer Berührung mit der Luft geht derselbe in Zersetzung über, und die Zelle selbst fällt zusammen : der erfrorene Pflanzenteil sieht welk aus und vertrocknet oder verfault schnell. Dieser heraustretende Zellsaft, welcher die Fäulnis einleitet, dringt durch die Älicellarinterstitien und nicht etwa durch Risse der Zellwand, welche durch den Frost entstanden wären. Wohl kann in einem gefrorenen Pflanzenteile das Gewebe durch das Eis in einzelne Gruppen zersprengt werden und, was häufig zu beobachten ist, können die Oberhaut- zellen von dem darunter liegenden Parenchym sich abgehoben haben: aber ein Zerreiisen der einzelnen Zellen durch das Gefrieren des Wassers ist bisher selten beobachtet worden. Es fällt somit die früher allgemein und jetzt auch von Praktikern häufig genug ausgesprochene Ansicht, dals der Frost die Pflanze durch Zerreifsen der Zellen tötet, als haltlos zusammen. Derselbe Kältegrad kann bei derselben Pflanze einmal mischädlich, ein andermal tödlich sein, je nachdem das Auftauen einmal allmählich und ein zweites Mal plötzlich erfolgt. Dieser letztere Fall läi'st sich beobachten, wenn man gefrorene Blätter oder krautartige Stengel von weichlaubigen Pflanzen mit der warmen Hand anfafst. Die Berührungs- stellen werden häufig nach dem Auftauen schwarz und sterben ab. Wir kommen im folgenden auf diese Erscheinungen zurück. Auch schnelle , starke Temperaturschwankungen innerhalb einer Skala über 0" werden nicht wirkunkslos bleiben. Sachs*) hat nachgewiesen, dal's jeder schnell eintretenden Hebung oder Senkung der Temperatur auch eine Hebung oder Herabstimmung der Wachstums- geschwindigkeit folgt. Während de Vkies keine nachteiligen Folgen von derartigen Schwankmigen beobachten konnte, sah ich in extremeren Fällen Blattabwurf eintreten, namentlich wenn die Schwankungen in einer Skala stattfanden, die mehrere Grade unter 0° begann und be- deutend über 0*^ stieg. Dieselben Pflanzen sterben sogar, wenn sich in kurzer Zeit der Temperaturwechsel mehrmals wiederholt, wie aus den Versuchen von Göppert ^) hervorgeht. Wolfsmilchpflanzen {Euphorhia Lathyris) wurden aus einer Temperatur von — 4 *' in ein Zimmer von + 18" gebracht. Die durch den Frost mit ihrer Spitze abwärts ge- bogenen , an den Stengel angelegten Blätter erhoben sich alsbald und nahmen ihre normale, wagerechte Stellung wieder ein. Derselbe Vor- gang zeigte sich bei einer innerhalb zweier Tage stattfindenden fünf- maligen Wiederholung des Versuches. Am dritten Tage begann das Aufrichten der Blätter nachzulassen , und nach acht Tagen waren die Pflanzen tot. Die Pflanze war hier also infolge wiederholter Einwirkung- geringerer Frostgrade vernichtet, während sie im Freien in unbedecktem Zustande 10 — 12" Kälte längere Zeit hindurch schadlos erträgt. Ahn- liche Resultate ergaben dieselben Versuche mit vielen anderen Pflanzen. Daraus erklären sich die Wahrnehmungen der Praxis, dais geringere Kältegrade an manchen Orten Pflanzen töten , welche gleichzeitig an 1) Lehrbuch d. Bot., 8. Aufl., S. 638. 2) Über die Wärmeentwicklung in den Pflanzen usw. 1830, S. G2. 506 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. anderen Orten mit konstanteren Temperaturen eine viel gröfsere Kälte vertragen. GöPPERT macht noch auf einen anderen Umstand aufmerksam, welcher zur Erklärung der vielen Widersprüche dienen kann, die sich bei Be- obachtungen über die tötliche Wirkung geringer Frostgrade an solchen Pflanzen ergeben, welche stärkerer Kälte gewöhnlich trotzen. Es kommt nämlich auch darauf an , in welchen Verhältnissen sich die Pflanzen vor Eintritt des Frostes befunden haben, wie ein Versuch mit dem gew^öhnlichen Kreuzki'aut {Scnecio vulgaris) und dem Strafsenrispengras [Poa annua) zeigt. Töpfe mit diesen Pflanzen, welche bereits eine Kälte von 9" überstanden hatten, wurden für 15 Tage in ein Gewächs- haus von 12 - 18" Wärme gebracht. Nach dieser Zeit erfroren sie schon bei einer Kälte von 7 " , während andere Exemplare derselben Arten, welche w^ährend dieser Zeit im Freien geblieben waren, sich bei schnellem Auftauen vollkommen unversehrt erwiesen. Die getöteten Pflanzen waren durch den Aufenthalt im Warmhause verzärtelt worden. Zu demselben Schlüsse kommt auch Körnicke') bei der Beobachtung, dafs französische Getreidevarietäten durchschnittlich weit mehr dem Froste erlegen sind als Sorten , die aus den Provinzen Preufsen und Schlesien stammten. Die längere Kultur in einem Lande mit mildem Winter hat die Varietäten weniger widerstandsfähig gemacht. Bei sonst gleichen Verhältnissen fand Habkklandt^), dafs die im Warmhause bei 20 — 24" C erzogenen Sämlinge von Ackerbohne, Futter- wicke, Möhre, Gerste, Erbse, Raps, Mohn, Rotklee, Luzerne und Lein schon bei — O" C, Roggen und Weizen bei — 10 bis 12" erfroren, während gleichzeitig im Kalthause erzogene Pflanzen derselben Arten erst bei — 9 bis 12" C zugrunde gingen, ja Roggen und Weizen erst bei — 20 bis 24 " C erfroren. Am wenigsten leiden durchschnittlich diejenigen Pflanzen und Pflanzenteile, deren Wachstum in eine Ruheperiode eingetreten ist, und es ist bekannt, dafs trockene Samen bedeutende KältegTade schadlos überdauern, während sie im angekeimten Zustande bei viel geringerem Frost zugrunde gehen. Während der vegetativen Entwicklung ändert sich die Frost- empfindlichkeit mit den einzelnen Phasen des Zelllebens. In aufbrechenden Blütenknospen von Apfelbäumen, die durch einen Frühjahrsfrost gelitten, fand ich nicht die jüngsten, plasmareichsten Zellen beschädigt, sondern die etwas älteren, im Stadium energischer Streckung befindlichen gebräunt, während noch ältere Parenchymzellen wiederum gesund erschienen. Aus den bisher angeführten Fällen ersieht man, dafs es schwierig ist, bestimmte Thermometergrade als die festen Minimal- und Maximal- gTenzen für die Entwicklungsfähigkeit einer Spezies angeben zu wollen. Ln gTofsen und ganzen ist gewifs jede Pflanze an eine bestimmte Wärmeskala gebunden, aber um einzelne Grade sind die Grenz - und Optimalwerte verschiebbar, je nach der Kombination der übrigen Vegetationsfaktoren, welche augenbhcklich vor- handen ist und früher zum Aufbau des Individuums beigetragen hat. ') Annalen d. Landw.; cit. in Neue landw. Zeitung v. Fühline 1871, Heft 8, S. 586 ff. prakt -) Hakerla.vdt, ÜberdieWiderstandsfähigkeit verschiedener Saaten. Wissensch. isch. Untersuchuno;en, Bd. I. AVärmemangel. 507 Andererseits ist daran festzuhalten , dals trotz aller die Frost- empfindlichkeit steigernden Vegetationsbedingnngen viele Pflanzen ( namentlieli zahlreiche Flechten sowie Moose und Alpinen) niemals Frostbeschädigimgen erkennen lassen. AVir haben diese Erscheinung damit zu erklären, dals das Wärmebedürfnis solcher Pflanzen ein der- artig geringes ist, dals die gTölsten TemperaturerniedrigTingen nicht im- stande sind, jene molekularen Umänderungen der (Tcwebe hervor- zurufen, welche eine Wiederaufnahme der normalen Lebensfmiktioncn verhindern. Theorien über das Wesen der Prostwirkung. Nachdem wir bisher die Umstände besprochen haben, die bei dem Erfrieren der Pflanzenteile modifizierend wirken, möchten wir der Theorien gedenken, w^elche über das Wesen der Frost Wirkung aufgestellt worden smd. Dabei kommen nicht mehr die L ähmungs er scheinungen der chronischen Kältewirkungen in Betracht ; denn diese sind zunächst doch normale Funktionen, die nur allmählich diu-ch Wärmemangel sich verlangsamen, bis das Leben erlischt ^j. Anders liegt die Sache bei den akuten Fällen, bei denen wir den Tod der Kältewirkung unmittelbar folgen sehen. Bei den akuten Frosterscheinungen wird die Eisbildung ein wesentlicher Faktor. Dieselbe tritt aber nicht bei der Temperatur ein, bei welcher das reine Wasser gefriert, sondern erst unterhalb 0", weil der Zellsaft eine Salzlösung darstellt. Aufserdem ergaben die Beobachtungen, von denen namentlich die von Müller-Thukgau ^j an- zuführen sind, dals Eis erst nach einer bestimmten Überschreitung des Gefrierpunktes, einer Überkältung oder Unterkühlung entsteht. Als Beispiel, wie mancluual der Unterkühlungspunkt erheblich tiefer als der Gefrierpunkt liegt, mögen einige Angaben des vorgenannten Forschers dienen. Bei Weinbeeren erwies sich der Gefrierpunkt {G) bei — 3,1" C, der Überkältungspunkt {Ü} bei — (),8 bis 7,8" C, bei Äpfeln und Birnen — 1,4 bis 1,9 (G) und — 2,1 bis 5,1 (Ü); Kartoffel — 1,0 bis 1,(3" (G) und — 2,8" bis 5,0" C (Ü) usw. Die Eisbildung tritt plötzlich ein: es erfolgt also in den Fällen, wo eine Überkältung stattgefunden hat, ein plötzlicher Temperatur- sprung. Dafs die Eisbildung nur bei bestimmten Pflanzen tötlich wirkt, zeigen unsere winterharten Pflanzen, welche, nachdem sie spröde von Eis gewesen, doch später ungehindert weiter wachsen. In anderen Fällen aber ist beobachtet worden, dals Pflanzenteile unter bestimmten Umständen auf eine tiefere Temperatm- abgekühlt werden können und am Leben bleiben, während sie bei geringerer Kälte sich erfroren zeigen, sobald Eisbildung dabei stattgefunden hat. Dieser Eisbildung, deren Aufbau wir eingangs bereits geschildert haben, schreiben nun Müller-Thurgau^) und Molisch*) einen derartigen Wasserentzug aus der Zelle zu, dafs dieselbe daran zugrunde geht. 1) Vgl.| KrxiscH, H., Über die tötliche Wirkung niederer Temperaturen auf die Pflanzen. Inauguraldissertation. Breslau 1880. -— Sachs, Landw. Versuchs- stationen 1860, S. 19«. -) Landwirtschaft!. Jahrbücher 1886, S. 490. 3) A. a. O. S 534. *) Moi.iscH, über das Erfrieren der Pflanzen. .Jena 1897. 508 If- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Es wäre demgemäis der Frosttod ein einfacher Vertrocknungs- vorgang. Die Forscher stützen sich dabei auf den phj^sikalischen Prozefs , dafs beim Gefrieren gequollener Colloide reines Wasser aus- kristallisiert und das dadurch stark austrocknende Colloid erstarrt. Obiger Anschauung gegenüber steht unsere Ansicht, dafs der Frosttod kein spezifischer Austrocknungsprozefs ist, sondern in einer molekularen, irreparablen Zertrümmerung des P r o t o p 1 a s m a g e f ü g e s zu suchen ist; dieselbe äufsert sich sowohl in mechanischer als auch in chemischer Form. Die Zertrümmerungstemperatur ist für jede Art, jedes Lidividuum, jeden Pflanzenteil und jeden Wachstumsmodus eines Plianzen- teils spezifisch, hängt aber mit der Eisbildung nicht direkt zusammen, was wir bereits aus der Menge derjenigen Pflanzen ersehen, welche Eisbildung in ihren Geweben schadlos ertragen. Man nennt diese Ge- wächse „eisbeständig", und diese erfrieren erst, wenn ihre steif- gefrorenen Teile unter das spezifische JVIinimum abgekühlt werden. Dieses spezifische Minimum ist keine feste Gröfse , sondern steigt mit der Menge des Zellsaftes , d. h. der Kältetod tritt bei höherer Temperatur ein, und umgekehrt wird der Wasserverlust eine Steigerung der Resistenz gegen alle Faktoren zuwege bringen ^) , also bei Frost den Tod erst bei niedrigerer Temperatur eintreten lassen. An diese Vorgänge schliefst Mez^) folgende Betrachtungen an: Jede Lösung einer Substanz in Wasser mufs unter den Gefrierpunkt des Wassers abgekühlt werden, bevor sich Eis ausscheidet. Für ver- dünnte Lösungen, wie sie unter normalen Umständen im Zellsaft existieren, ist die ErniedrigTing des Gefrierpunktes proportional der molekularen Konzentration (RAOULT'sches Gesetz; cit. Nernst, Theoretische Chemie, 4. Aufl., 1903, S. 152). Betrefts der Lösungen osmotischer Substanzen, welche mehrere Stofie gelöst enthalten, gilt das Dalton^scIic Gesetz, wonach die Gefrierpunkterniedrigung gleich ist der Siunme der Erniedrigungen, welche jeder Stoff für sich allein erzeugen würde. Da nun jede Zelle in demselben Pflanzenteil einen von dem der anderen gi-aduell verschiedenen Inhalt haben dürfte, so wird auch der Unterkältungspunkt des Zellsaftes ein stets wechselnder sein. Da die Zusammensetzung des Zellsaftes innerhalb der Breite der für jede Pflanzenspezies spezifischen Grenzen je nach der Ernährung schwankend ist, so wird verständlich, dafs die einzelnen Lidividuen verschiedene Resistenz besitzen. Auch erklärt sich damit das verschiedene Ver- halten trockener Pflanzenteile gegenüber den sein- saftigen. Dafs der Tod bei den austrocknungsfähigen Samen nun auch durch die Wasser- entziehung erfolgen soll, erklären sich H. Müller und Molisch in der AVeise, dafs sie annehmen, es erfolge die Tötung durch die iDlötzliche Eisbildung in der überkälteten Pflanze, indem hierdm'ch eine sehr schnelle Wasserentziehung stattfände Gegen diese Hypothese spricht bereits Pfeffer^), bei dem wir die betreuende Literatur sehr eingehend behandelt flnden , seine Bedenken aus. Unterstützt werden diese Zweifel durch die bereits erwähnten Studien von Mez, Denn die Untersuchungen desselben führen zu folgenden Resultaten. Der die Beendigung der Kristallisation anzeigende Temperaturabfall lag bei ') Pfeffer, PflaBzenphysiologie, 2. Aufl., S. 315, Anmerk. 2) Mez, Cahl, Neue Üntersuchimgen über das Erfrieren eisbeständiger Pflanzen. Sond. Flora oder Allgem. Bot. Z. 1905, Bd. 94, Heft I. ^) S. das Kapitel über „Die Ursachen des Erfrlerens" in ,,Pflanzenphysiologie", II. Bd., 1904, S. al4. Wärmemangel. 5()9 keinem der geprüften Objekte unterhalb — G*^ C. (Die Versuche wurden niit Blattstielen von Helleborus, Saxifraga und StreJitsia, mit Blättern von Senipervmim und Sprossen von Opnntia, Äsparagus, Jßegonia, Ppperomia usw. angestellt.) „Aller erstarrungsfähige (nicht absorbierte) Zellsaft erstarrt zwischen 0^ und — o°C. Dementsprechend tritt bei — 30*^ keine stärkere Aus- trocknung der Protoplasten infolge von Wasserentziehung bei der Eis- bildung ein als bei — (i*^. Eine Pflanze, welche die Eisbildung in ihren Geweben überhaupt erträgt, stirbt also nicht infolge von Aus- trocknung der Protoplasten , sondern infolge der Abkühlung unter das spezifische Minimum.'' Wir sehen somit miseren früheren Standpunkt bestätigt, dafs nicht ein einfacher Wasserausscheidungsprozefs, sondern eine Stoffdissoziation diu'ch die Kältewirkung hervorgebracht wird, welche die Funktionen des Lebens unmöglich macht. Es sind aber neben diesen wesentlich mechanischen Vorgängen vielfach chemische Zersetzungen im Spiele. Diese werden bald nach Unterhaltung, bald ohne eine solche eingeleitet. Es braucht nicht jede Pflanze erst unterkältet zu werden, um zu gefrieren •, sie erfriert aber wahrscheinlich rascher, d. h. wird zu ultraminimaler Temperatur abgekühlt, wenn das Gefrieren mit Unterhaltung eintritt. Wenigstens ergibt sich dies aus Versuchen von Mez mit Stammstücken von Inipaihns parviflora. Aus diesen Versuchen erfahren wir auch, wie sehr die Unterkühlung von der Beschaffenheit des Zellsaftes abhängig ist. Gase, gelöste Luft verhindern oder vermindern ebenso wie emul- giertes Öl, Gununi oder Pflanzensehleim die Unterkühlung. Auch sieht man, dafs in Wasser abgekühlte Pflanzenteile stets olme oder wenigstens olme wesentliche Unterkühlung erfrieren. Es kommt vor, dafs man Pflanzensteiigel, die teilweise im Wasser stehen, so weit erfroren findet, als sie in die Luft hineim^agen. Molisch prüfte die Frage experimentell, indem er Zweige von Tradescaniia zehrina zur Hälfte in Wasser tauchen liefs; über Nacht wirkten 5 "^ C Kälte ein. Nach langsamem Auftauen im kühlen Zünmer erwies sich die in der Luft befindliche Sprofshälfte erfroren, wäln^end die untere, in Eis steckende luibeschädigt geblieben war. Die obere, von Luft umgebene Hälfte wird sich mit Unter - kältung rasch abgekühlt haben und dadurch erfroren sein. Soweit flie Pflanze dagegen im Wasser steckte , ging wegen der hohen spezifischen Wärme desselben die Abkühlung langsam vor sich, und sowohl diux'h das gefrierende Wasser ringsum wie auch durch das Eis in den bereits gefrorenen, in der Luft befindlichen Geweben wird die Unterkülilung verhindert worden sein. Eine Beobachtung von Müller-Thukgau, dafs in einer Miete die äufseren gefrorenen Rüben die inneren vor dem Gefrieren schützen, leitet die Aufmerksamkeit auf den speziell günstigen Einflufs der Eisbildung. Dieser Punkt wird von Mez hervorgehoben, indem er allgemein ausspricht, dafs der IJbergang des Zellsaftes in den festen Aggregatzustand ohne weiteres die in der Pflanze noch erhaltenen Energien vor allzu raschem Abströmen schützt. Die Wärmeleitung in Eis ist eine viel langsamere als in Wasser, in welchem sich die Wanne durch Strömung verbreitet. Die Gefahr des Erfrierens, also einer Temperaturerniedrigung auf das spezifische totbringende Minimum kann somit durch die Neben- u m s t ä n d e teils gefördert , teils gemindert werden. Die jNIinderung liegt in der Benutzung der spezifischen Wärme des Wassers , wie wn' 510 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. bei den Frostsclmtzmitteln noch erwähnen werden, ferner in der Eis- bildung selbst, welche doch schon beim Nullpunkt oder dicht unter demselben eintritt, während der Tod erst bei tieferer Temperatur sich einstellt , endlich aber in der Änderung des Zellsaftes , indem ein gröfserer Reichtum an Öl, Gummi und Schleim verzögernd wirkt. Die Steigerung der Gefahr des Erfrierens liegt in allen Umständen, die das Eintreten der tötlichen Unterkühlung beschleunigen. So kann beispielsweise der von der Kräftigkeit der Ernährung ab- hängige anatomische Bau des Individuums schon mitsprechen. Bei sehr üppigem Wachstum sind die Lumina der Zellen und Gefäfse weiter und die Intercellularen gröfser. Je weiter aber ein Gefäfsrohr gebaut, desto mehr kommt die Gefrierpunkterniedrigung dm^ch die Kapillarität in AVegfall. Diesen Umstand finden wir von Bkuuning*) hervorgehoben. Derselbe fand, dafs Taxusblätterextrakt in engen Kapillaren seinen Gefrierpunkt bei — 8,8 "^ C habe, während derselbe im offenen Reagens- glase bei — 1,3^ gefror. Auiser dem gTöfseren Wasserreichtum des Gewebes kommen noch die Luftbeschaffenheit (Feuchtigkeitsgehalt) und Luftbewegung in Be- tracht. In letzterer Beziehung sei an die vielfache Erfahrung erinnert, dafs in geschützten Lagen (geschlossenen Tälern, waldumgebenen Feldern usw.) Pflanzen erfrieren, die in der windzugänglichen Umgebung unbeschädigt bleiben. Zur Erklärung dieses Umstandes werden wir daran zu denken haben, dafs die bewegte Lifft die Verdunstung steigert und den Zell- saft konzentrierter macht. Bei stärkerer Verdunstung wird schneller Eisbildung eintreten, also die Unterkältung vermieden und gleichzeitig der Schutz des freien Wärmerestes in den Geweben herbeigeführt. In der Verhinderung der Unterkühlung diu*ch aufgelagertes Eis dürfte auch der Vorteil der „rauhen Furche" , die den Schnee länger hält, für das Wintergetreide zu suchen sein. Auch Nebel werden schützend wirken. Ein neueres Beispiel dafür finden wir in der Beobachtung von Thomas-), der in Thüringen auf den in Nebel gehüllten Höhen das junge Buchenlaub unbeschädigt fand, w^ährend dasselbe in den Tälern infolge der Frostwirkung sich ge- bräunt und welk erwies. Es war in diesem Falle eine deutliche Grenz- linie bemerkbar. Die Wolkenbedeckung in den Bergwäldern ist ein nicht zu unterschätzendes Frostschutzmittel. Wir wollen nun noch einmal darauf zurückkommen, dafs in manchen Fällen ein schnelles Auftauen gefrorener Pflanzenteile den Tod herbeiführt , w^ährend eine langsame Erwärmung das Leben erhält. Über die Richtigkeit dieser Behauptung wird vielfach gestritten. Spricht man dieselbe als allgemeine Regel aus , so erscheint sie unzutreffend, beschränkt man sie dagegen auf gewisse Fälle, dann hat sie sicherlich ihre Gültigkeit. Ein älteres, sehr lehrreiches Beispiel liefert Karsten;''). Eine gröfsere Sendung von Baumfarnen {Balantium) hatte auf der Reise 20" Kälte zu überstehen. Die bei der Ankunft in noch gefrorenem ') Bruijninu, f. f., Zur Kenntnis der Ursache des Frostschadens. Sond. Wollnv's Forschungen auf dem Gebiete d. Agrikulturphys. 1896; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1898, S. 173. 2) Thomas, Fu., Scharfe Horizontalgrenze der Frostwirkung an Buchen. Thüringer Monatsblätter 1904, 12. Jahrg., No. 1. ^) Über die Wirkung plötzlicher bedeutender Temperaturänderung usw. Bot. Z. 1861, Nr. 40. Wärinemangel. 511 Zustande ins wanne Haus gebrachten Pflanzen waren getötet, während die zuerst -in kaltes Wasser zum Auftauen gelegten Stämme, die nachher in ein kaltes Haus kamen , fast alle am Leben blieben. Daraus geht hervor, dafs nicht der Frost, sondern das schnelle Auftauen die Todes- ursache gewesen ist. Für reife Kernobstfrüchte hat Müller-Thukgau , für das Blatt von Agave americana hat Molisch erwähnt, dafs diese Objekte nach mäfsigem Gefrieren bei sehr langsamem Auftauen am Leben erhalten worden sind, während sie bei raschem Auftauen absterben können. Gefrorene Blätter der krautigen Cinerarien fafste ich mit der Hand derartig an, dafs nur die Fingerspitzen auf der Blattfläche lagen. Die an ihi^em Standort belassenen Pflanzen zeigten nach dem Auftauen nur die Fingerdruckstellen erfroren. Nach den Erfahrungen der Gärtner sind es besonders die zartlaubigen, saftreichen, in den Glashäusern herangezogenen Frühjahrsblüher (Cinerarien, krautige Calceolarien usw.), welche nach einer Frostnacht durch möglichste Verlangsamung des Auftauens gerettet werden können. Bei völlig eisbeständigen Pflanzen scheint dagegen die Schnellig- keit des Gefrierens und Auftauens keinen Einflufs auf das Leben auszuüben. Zur Erklärung des Sachverhaltes werden zwei Punkte heranzuziehen sein. Erstens werden bei dem schnellen Auftauen sich dieselben Vor- gänge abspielen, die z. B. bei dem Verdunsten der flüssigen Kohlen- säure eintreten, wobei bekanntlich die Bildung fester Kohlensäm'e statt- findet. Die Schmelzwärme wird bei schnellem Auftauen nicht nur der Umgebung, sondern auch den tieferen Schichten des Pflanzenteils ent- nommen, und diese werden dadurch noch mehr abgekühlt. Bei solchen Gewächsen, bei denen der kritische Punkt, d. h. das spezifische Minimum, nahe unterhalb des Gefrierpunktes liegt, kann dieser bei schnellem Auftauen gesteigerte Wärmeentzug den Tod herbeiführen. Der zweite zu berücksichtigende Vorgang besteht in der Unmöglich- keit der Zellmembranen, aus denen Eis herauskristallisiert ist, die ])lötzlich durch schnelles Auftauen entstandenen grofsen Mengen von Schmelzwasser aufzusaugen. Das AVasser bleibt in den Intercellularen und verdunstet, ohne dafs es der Zelle des Blattes gelingt, den nötigen Tm'gescenzzustand w^ieder zu erlangen. Daher die Methode der Gärtner, die vom Spätfrost getroftenen Pflanzen vor der aufgehenden Sonne zu schützen. Betrachten wir schliefslich vom Standpunkt der hier vorgetragenen MEz'schen Theorie die natürlichen Vorgänge der herbstlichen Stofi- umwandlungen. Wenn sich die Pflanzen für den Winter vorbereiten, sammeln sie die gröfste Menge der Reservestofife und erreichen, je nach ihrer Individualität, zu verschiedenen Zeiten ein Maximum. Bei Pinus austriaca fand beispielsweise Leclehc du Sablon ' ) dasselbe im Mai, bei dem früher wieder austreibenden Spindelbamii im März ; bei den laubabwerfenden Gehölzen ist das Maximum bereits im Herbst vor- handen. Bei den immergrünen Pflanzen verbleiben die Reservekohle- ') Leci.erc nr Sabi.ox, Über die Reservekohlehvdi-ate der Bäume mit aus- dauernden Blättern. Compt. rend. 1905, 8. 1608: cit. Centralbl. f. Agriculturchemie 1906, S. 322. — FABiiicir.s, L., Untersuchungen über Stärke- und Fettgehalt der Fichte usw. Naturwiss. Z. f. Land- u. Forstwirtschaft 1905, S. 137. 512 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. hydrate reichlicli in den Blättern*), deren Tätigkeit auf ein Minimum reduziert erscheint, da ihre SpahölFnungen dauernd sich -schliefsen. Diese Reservestoife werden tunlichst gegen Frostgefahr geschützt. Teils wandert die Stärke in die geschützten zentralen Teile der Achse (Markkörper, Markstrahlen, Parenchymholz), teils verwandelt sie sich in Zucker, oder es tritt fettes Öl an ilu-e Stelle. Bei den Fichtennadeln im Gebirge sieht man die Substanz der Chloroplasten verfliefsen, und der Zellinhalt bildet im Winter eine gleichartige plasmatische Masse mit reichlichen Öltröpfchen. Diese Umwandlung hat Lidforss ^) für alle grünen Zellen wintergrüner Gewächse nachgewiesen; im Frühling erfolgt Rückbildung der Stärke. Dieses Fortschaffen fester Körper aus der Zelle bei Eintritt des Winters stellt sich nach Mez als eine vorteilhafte Einrichtung bei den eisbeständigen Pflanzen dar. Er nennt die flüssigen Stoffe „thermisch aktive", denn sie lassen bei der Kristallisation Wärme frei werden. Die festen Bestandteile dagegen folgen retardierend der Temperatur der Flüssigkeiten ; sie sind „thermisch passiv" und wärmezehrend , da sie bei Eintritt der Eisbildung, die durch den Temp erat Ursprung vom Unterkühlungspunkt nach dem Nullpunkt hin angezeigt wird, ilu"e Wärme relativ rasch abgeben. Dieser Umstand bewirkt, dafs bei An- häufung fester Körper in den Zellen die Schmelztemperatur des Zell- saftes nach stattgehabter Unterkühlung nicht erreicht werden kann. Eine grofse Menge thermisch passiver Bestandteile bildet daher eine Gefahr für die Pflanze, während die flüssigen, thermisch aktiven Körper als Wärmeerzeuger sich vorteilhaft erweisen. Wh' unterscheiden seit den Untersuchungen von A. Fischer (Jahrb. f. wiss. Bot. 1891, S. 155; cit. von Pfeffer a. a. 0. S. 317) Öl- und Stärkebäume, je nachdem die- selben ihre Stärke in Öl verwandeln oder sie in das Innere ihrer Achse wandern lassen und in der Rinde in Zucker umsetzen. Das fette Öl der Fettbäume (Nadelhölzer, Birke), das wir durch Jonescu als Schutz- mittel gegen Blitzschlag kennen gelernt haben, wirkt neben seiner Eigenschaft, die Unterkühlung zu vermindern, ebenso wie der Zucker thermisch aktiv, d. h. als Wärmespeicher für den Fall der Kristallisation. Die Bäume, welche nun ihre gesamte Stärke in Öl umsetzen, dürften höhere Kältegrade zu ertragen geeignet sein (Nadelhölzer) als die , bei denen ein Teil Stärke zurückbleibt und nur in der Rinde zu Zucker wird (Mehrzahl der Laubhölzer). Dieser Umstand spricht sicherlich bei der Erscheinung mit, dafs Nadelhölzer und Birke am weitesten in die kalten Regionen hineinreichen. Störungen durch Erkältung. Bei den Topfkulturen in den Gewächshäusern kommen Fälle vor, dafs Pflanzen durch den Transport aus einem Glashause in ein anderes leiden, falls sie dabei eine kurze Zeit, bisweilen nur wenige Minuten, einer Temperatur unter Null ausgesetzt worden sind. Die praktischen Gärtner behaupten, dafs „die Pflanzen sich erkältet haben". In neuester Zeit ist Moebius^) dieser Angabe näher getreten mid ') Simon, Der Bau des Holzkörpers somnier- und wintergrüner Gewächse usw. Ber. d. D. Bot. Ges. 1902, S. 229. ") LiDFoiiss, Zur Physiologie und Biologie der wintergrünen Flora. Bot. Centralbl. 1896, S. 33. 3) MöBus, M., Die Erkältung der Pflanzen. Ber. d. D. Bot. Ges. 1907, Bd. XXV, H. 2, S 67. AVärmemangel. 5J3 hat dnreli Versuche obige Behauptung bestätigen können. Er nahm z. B. eine Begonia metallica aus dem Warmhause , trug die Pflanze 1 bis 2 Minuten im Freien bei einer Temperatur von — 5" C. umher und stellte sie dann wieder an ihren frlilieren Ort. Noch an demselben Tage bemerkte er auf einigen älteren Blättern neuentstandeno braune Flecke; später bekamen diese Blätter „ein glasiges dunkles Aussehen, hingen herab und vertrockneten". Junge Blätter litten nicht. Derartige Verfärbungs- und Welkerscheinungen wurden bei anderen ähnlichen Versuchen beobachtet und sind auch im wesentlichen die Merkmale, welche von den Praktikern als Folgen der Erkältung angegeben worden sind, Dafs es sich hier nicht um eine Eisbildung in den Geweben handeln kann, hebt Moebius bereits hervor. Ich kann den Beweis dafür durch einen Versuch erbringen, den ich mit Begonia argijfostigma angestellt habe ; von derselben wurde ein Topf aus dem Warmhause erst ins Freie gebracht, nachdem die Temperatur auf 0,5" C über Null gestiegen war. Binnen kurzer Zeit sah ich auf einigen Blättern glasige Flecke auftreten. Nach den im vorliegenden Kapitel an verschiedenen Stellen nieder- gelegten Versuchsergebnissen sehe ich in dem Welken und Glasig- werclen einzelner Blätter bei scharfen Temperatiu^sprüngen die Folgen plötzlicher Spannungsdifferenzen in den Geweben, Die Zusammen- ziehung der Zellen infolge der starken Abkühlung wird stellen weis ein Herauspressen von Wasser in die Intercellularräume veranlassen; aufserdem wird der Unterschied der im Blattorgan vereinigten ver- schiedenen Gewebeformen zur Geltung kommen. Wir verweisen in dieser Beziehung auf den späteren Abschnitt über Frostblasen, wo Epidermisabhebungen und Gewebeablösungen verschiedener Art be- sclmeben werden. Der praktische Züchter hat jedenfalls im Auge zu behalten , dafs bei einem Transport von Pflanzen aus warmen Häusern die Möglichkeit einer Erkältung selbst dann gegeben ist, wenn die Pflanzen niu- wenige Minuten einer Frosttemperatur dabei ausgesetzt werden. Da der schroffe Temperaturwechsel vermieden werden mufs , so wird eine Umhüllung der Töpfe mit Leinwand oder Papier für alle Fälle anzuraten sein, B. Spezielle Fälle der Frostwirkimgeu. Süfswerden der Kartoffeln. Bei der bekannten Erscheinung, dafs Kartoffeln bei Eintritt schwacher Kältegrade suis werden, beobachteten bereits Göppert ^) und Einhof ^), dafs sich individuelle Verschiedenheiten geltend machten. Unter denselben Verhältnissen wurde nm- ein Teil der Knollen süfs, imd diese blieben weich, während die anderen erstarrten. Brachte man Kartoffeln sclmell in gi'öfsere Kälte (etwa 10"), so gefroren sie sämtlich, ohne Zuckerbildung zu zeigen. Nm^ bei Temperaturen, die wenig imterhalb des Gefrierpunktes lagen, lieis sich ein Süfswerden beobachten. MCller-Thukgau fand, dafs diese Veränderung sich nm- bei Kartoffeln einstellte , die schon mindestens einen Monat aus der Erde genommen worden waren : bei frisch geernteten Knollen liefs sie sich nicJit hervor- ^) Wärmeentwicklung, S. 38. -) Neues allgem. Journ. f. Chemie. Berlin 1805, 'S. 478. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 33 514 I^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. rufen. Walu'scheinlich älmliche Erfalirmigen führten Payen ^j zu dem Schlüsse, dafs schon vor der Frosteinwh-kung die Knollen bereits wieder in Vegetation eingetreten sein dürften, wenn sie Znckerbildmig auf weisen. Die von Einhof und Göppekt gefundene Tatsache, dafs bei höheren Kältegraden die Kartoffeln erfrieren, ohne süfs zu werden und die .süfs gewordenen weich geblieben waren, erklärt sich nach den Ex- perimenten von Müllek-Thurgau") in einfacher Weise, Dieser Forscher fand , dafs die Kartoffelknolle erst bei — 3 " erfriert. Allerdings liegt ihr eigentlicher Gefrierpunkt schon etwa bei — l ^ C ; aber die Zell- ^äfte müssen erst bis auf 2 — 3 " unter den Gefrierpunkt abgekühlt, d. h. „überkältet" werden, bevor zwischen den Zellen die ersten Eiskristalle .sich bilden können. Natürlich aber wirkt eine T^mperaturerniedrigung auf 0 bis — 2 " auch schon lähmend auf viele Lebensprozesse ein. Unter diesen sind es zwei, welche hier wesentlich in Betracht kommen, nämlich ein Vorgang, bei welchem Stärke in Zucker umgewandelt wird und ein Zuckerverbrauchsprozefs. Man kann annehmen, dafs der Zucker von dem Protoplasma der Zelle teils veratmet, teils (während der Vege- tationszeit) zur Regeneration des Plasmas und zur Stärkerückbildung ver- braucht wird. Müller-Thurgau fand in der Tat^), dafs süfse Kartoffeln nach einem Aufenthalte in Temperaturen von 20 — 30" ihren Stärke- gehalt auf Kosten des verschwundenen Zuckers erhöht hatten. Bei einer Temperaturerniedrigung auf 0 " bis herab auf — 2 "^ nimmt der Veratmungsprozels (und höchstwahrscheinlich auch der Regenerations- prozefs des Protoplasmas) ab , während die Umwandlung der Stärke m Zucker nicht so schnell zurück geht. Infolgedessen wird der Zucker in der Knolle angehäuft und diese Ansammlung auch dm'ch den Ge- schmack bemerkbar -, sie beträgt etwa 2,5 "^/o der Frischsubstanz ; doch sind verhältnismäfsig grofse Schwankungen bei verschiedenen Indi- viduen derselben Varietät vorhanden. Ein höherer Wassergehalt der Knollen begünstigt das Süfswerden. Dieser Zuckerzunahme entspricht eine Stärkeabnahme: jedoch ist nach den Analysen von Czubata*) kein entsprechendes Verhältnis zwischen beiden Vorgängen nachweisbar. Nach CzuBATA geht ein Teil der Eiweifsstoffe aus dem unlöslichen Zu- stande in den löslichen während des Gefrierens über. Müller nimmt an, dafs das betreffende Ferment bei niedriger Temperatur sich vermehrt. Werden Kartoffeln , welche süfs geworden sind , einige Tage in einen Raum gebracht, der mehr als 10" Wärme hat, dann hebt sich der Atmungsprozefs, und der Zucker wird verbrannt, d. h. die Kartoffeln werden entsüfst und auf diese Weise für den Haushalt wieder brauchbar. Andere vorgeschlagene Mittel, wie z. B. das Auslaugen der Knollen durch Wasser, führen nicht zum Ziel. Aufserdem ist aber noch hervor- zuheben, dafs man süfs gewordene Kartoffeln auch unbesorgt zur Aus- saat benutzen kann. Süfs gewordene Kartoffeln erfrieren erst bei höheren Kältegraden als nicht süfs gewordene Knollen-''). ') s. Czapek, Fh., Biochemie der Pflanzen. Fischer, Jena, T. I, S. 371. Dort auch Notizen über ältere Literatur. 2) MüLLER-Thurgau, Ein Beitrag zur Kenntnis des Stoffwechsels in stärke- haltigen Pflanzenorganen. Botanisches Centralbl. 1882, Nr. 6. =^) Landwirtsch. Jahrb. 1883, S. 807. *) CziiBATA, Die chemischen Veränderungen der Kartoffeln beim Frieren und Faulen. Öster.-Ungar. Brennerei-Zeitung 1879; cit. in Biedermanns Centralbl. 1880, I, S. 472. 5) Müi-LEK-THiuGAr, Landwirtsch. Jahrb. 1883, S. 826. Wärmemangel. 5J5 Anliangsweise möchte ich hierbei noch eine mir mündlich gemachte Mitteihmg anscliliel'sen , dals in ßeinerz ein im Gestein liegender Keller existieren soll, in welchem die Kartoffeln auch ohne Frostein- wirkung suis werden. Man schreibt diese Erscheinung einer starken Exhalation von Kohlensäure zu. Experimentell ist es mir nicht gelungen, binnen zwei Tagen eine Zuckervermehrung durch Aufenthalt der Knollen in einer Kohlensäure-Atmosphäre nachzuweisen; indes wäre es wohl möglich, dais nach längerer Zeit sich erst ein Einiluis geltend machen dürfte. Die Angabe gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch eine Arbeit von Bacbet ^) und Sävalle, wonach durch die Anwendung von Kohlen- säure bei etwas erhöhter Temperatur und gröi'serem Druck Stärkemehl sclmell in Dextrin und Traubenzucker umgewandelt wurde, namentlich wenn man den Prozefs der Saccharifikation durch Beigabe von Kleber erleichterte. Man kann annehmen, dafs durch reiche Kohlen- säurezufuhr zu den Kartoffelknollen in dem vorerwähnten Falle aus Reinerz der natürliche Atmungsprozefs ebenfalls wie durch niedere Temperatur herabgedrückt worden ist mid der nach Müller noch bis zu einer Temperaturhöhe von + 10*^ nachweisbare Zuckerbildungs- prozefs eine langsame Anhäufung des Zuckers verursacht hat. Die Entstehung von Saccharose bei der Keimmig nach einer Temperatur- erhöhung beweisen die Versuche von Marcacci ^) mit Kartoffelscheiben, die an der Sonne und im Ofen getrocknet wurden. Bei dem Aus- treiben der Knollen findet sich in den jungen Trieben und später in den Blättern Saccharose (walu^scheinlich durch H^^lratation der Stärke). Dafs die Verwendungsmethoden für süfse Kartoffeln, die im äufseren Ansehen von den gesunden, nicht süfsen selten unterscheidbar sind, durchaus nicht auf gefrorene , also vereiste anzuwenden sind , ergibt sich aus dem Vorstehenden von selbst. Eine Knolle, die emmal hart gefroren gewesen, ist tot und fällt bei dem Auftauen sofort hochgradiger Zersetzung anheim. Die Knolle wird weich, läfst Wasser austreten, wii'd an der Schnittfläche sofort brami, falls dieselbe nicht alsbald mit einer Säure überstrichen wird. Die Schale löst sich bald blasig unter Gasentwicklung vom Fleische, dessen Rindenzellen unterhalb der Kork- schale durch Auflösmig der Intercellularsubstanz sich lockern. Das Plasma ist braun und körnig und von der Zellwand zurückgezogen, die Proteinkristalle sind dunkelbrami; der Saft ist stark sauer. Seh ofsr üben. Mit diesem Namen bezeiclmet man solche Exemplare von Zucker- und Futterrüben, welche bereits im ersten Sommer in Samen schiefsen. Die Erscheinung ist in manchen Jahren sein' häufig und bei der Ernte und Verarbeitung des Rübenkörpers störend , da der Wurzelköiper holziger als bei den zweijährigen Rüben ist. Über die Ursache der Erscheinung gehen die Meinungen auseinander. Sie bewegen sich in zwei Richtungen, indem einerseits die Beschaffenheit des Saatgutes, andrerseits die Witterungsverhältnisse und namentlich Frühjaln-sfröste dafür verantwortlich gemacht werden. In Rücksicht darauf, dafs man tatsächlich in Jahren, in denen Spätfröste die jungen Rübenpflanzen getroflen haben, besonders viele „Schosser" oder „Trotz er" findet. ^) Nach Compt. rend. 1878: cit. in Biedermanns Centralbl. 1879, S. 554. -) Marcacci, A., Sui prodotti della transformazione dell' amido. cit. Bot. Jahresb. 1891, I, S. 47. 33* 516 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. und gestützt auf die nachller zu erwähnenden Versuche von Aderholi> mit Kohhabi , reihen wir vorliegenden Kulturrückschlag an dieser Stelle ein. Aus der reichen Literatur über Zuckerrüben führen wir nur eine Arbeit an, da dieselbe neuere wissenschaftliche Untersuchungen bringt und kurz referierend die älteren Erfahrungen aufzählt. Andrlik und Mysik^) kommen auf Grund zahlreicher Analysen zu dem Ergebnis, dafs das Gewicht einer Schoisrübe bald kleiner bald gröfser als das der normalen Rübe sein kann. Die Wurzel der Schofsrübe ist ärmer an Kali, Phosphor- und Schwefelsäure sowie an Ammoniak- imd Amid- stickstoff. Der Saft ist reiner. Von der durch die Schoisrübe ge- bildeten organischen Substanz betrug der Zuckergehalt nur 45— rjO"/u, bei der normalen Rübe 54 — 69 ^/o. „Der gröfste Teil der zucker- freien organischen Substanz entfiel auf das Mark, also die das feste Gerippe der Pflanze bildenden Bestandteile ....". „Die Markbildung erfolgte wahrscheinlich auf Kosten des Zuckers." Wir ersehen, dafs die Rübenpflanze ihren angezüchteten Wachstums- modus, im ersten Jahre nur Reservestoffe im Wurzelkörper zu sjjeichern und dieselben im folgenden Jahre zur Samenbildung zu verwerten, geändert hat und die durch den Blattapparat erarbeitete organische Substanz sofort weiter verwendet. Dieser Umstand weist darauf hin , dafs der bei der Kulturrübe normale Vorgang der unausgesetzten Bildung neuer Blätter eine Störung erfahren hat. I)ie Vegetation hat für einige Zeit einen Stillstand er- litten, gleichsam eine Ruheperiode durchgemacht, die der winterlichen Ruhe eines normal ausgereiften Rübenkörpers entsprechen würde. Das: neu mobilisierte Reservematerial wird hier wie dort nach dem Wachs- tumsstilktand ziu- Produktion des Blütenstandes verwendet. Dafs Spätfröste einen solchen Wachstumsstillstand hervorzurufen vermögen, ist wohl begreiflich; sie w^erden um so mehr eine Samenstengelbildung anregen, je später im Jahre sie eintreten, und je mehr die nachfolgende Witterung die Ausbildung eines Blütenstandes begünstigt. Ist das der Frostnacht folgende Wetter dagegen ganz besonders für die Laub- entwicklung geeignet, kann die begonnene Streckung der Achse zum Stillstand kommen und die Ausbildung des Rübenkörpers fortschreiten. In grofsen Zuckerrübenfeldern findet man in der Regel Schofser und derartige Mittelformen. Sicherlich kann diese Neigung zum Schossen durch Samen vererbt, vielleicht auch schon im Saatgut von normalen Rüben vorbereitet werden, wenn dasselbe nicht genügend ausgebildet, also z. B. unreif geerntet worden ist. Den experimentellen Beweis über die Bildung von „Schossern" infolge von Frostwirkung hat Aderhold ^) bei Kohlrabi geliefert. Er hatte Sämlingspflanzen in Töpfen 8—12 Stunden in einen Gefrierraum gebracht und dann dieselben mit anderen nicht vom Frost beeinflufsten ausgepflanzt. Bei einem Versuch erhielt er z. B. von 18 unbehandelten Pflanzen zwei Schosser und von derselben Anzahl von Exemplaren, welche im Mai 10 Stunden hindurch einer Kälte von — 2 " bis — (3,5 ** C ausgesetzt gewesen war, sieben Schosser. In beiden Fällen überwanden 1) Schofsrübe und normale Eübe. Blätter f. d. Zvickerrübenbau 1905, Nr. 24,. S. 374. ") Aderhold, R., Über das Schiefsen des Kohlrabis. Mitt. d. K. Biolog. Anst,. 1906, Nr. 2, S. 16. Wärmemangel. 517 später einzelne Kolilrabi den Stofs der Frostwirkmig und setzten noch einen Rübenkörper an. Dais solche vorzeitige Blütenstengelentwicklung auch bei anderen, fleischige Reservestoffbehälter bildenden Pflanzen (Sellerie, Mohr- rüben , Rettichen) in manchen Jahren reichlich auftritt , ist bekannt. Dals dabei nicht immer der Frost , sondern auch andere Hemmungs- vorgänge wirksam sein können, ist sehi' wahrscheinlich. Frostgeschmack der "Weinbeeren« Die Vorgänge, welche bei dem Süfswerden der Kartoffeln eintreten, vollziehen sich auch bei den Holzgewächsen. Pfeffer ^) erwähnt in dieser Beziehung die Untersuchungen von Fischer^) über die Schwan- kungen zwischen Stärke und Zucker bei den sogenannten Stärkebäumen wie Linde mid Birke ^ ). Bei der Überführung von Zweigen im Winter aus dem Freien in das warme Zimmer bildet sich bimien wenigen Stunden in den Rindenparenchymen Stärke aus , welche in der Kälte wieder in Zucker übergeht. Eine ähnliche Zuckerbildung verbunden mit Abnalime der organischen Säuren sehen wir nach Frostwirkung bei den Weintrauben eintreten. Selbst solche Trauben, die noch nicht ausgereift waren, und die zwar in ihrem Hauptstiel vom Frost angegriffen, aber im Kamm noch grün und in den Beeren noch klar waren, zeigten eine bedeutende Säureabnahme mid Steigen des Zuckergehaltes*). Betreffs der Ver- minderung der Säuren ergab eine Untersuchung von Rieslingtrauben am Stocke, die vom 19. Oktober bis 9. November einer Kälte bis zu 5 ** C ausgesetzt gewesen, eine Säureabnahme um 4 "/o. Abgeschnittene, halb- reife, vom Frost stark beschädigte Trauben zeigten vom 1. — 11. Oktober einen Verlust von 4,5 "/o an Säure. Der Frostgesclimack scheint aber nicht auf der Zuckerzunahme und Säm-eabnahme allein zu beruhen, sondern es werden vielleicht noch Stoffverbindungen aus den Beerenstielen diffundieren, die das Proto- plasma der Zellen ohne die Frostwirkung nicht hindurchgelassen hätte. Es dürfte durch diese Veränderangen die Empfänglichkeit der Trauben für den Weifstaulepilz gesteigert werden, da Viala und Pacottet^) nach- gewiesen haben, dafs dieser Pilz nur bei hohem Zucker- und geringem Säuregehalt die Beeren zu infizieren vermag. Der Black-rot verhält sich gerade umgekehrt. Veränderungen an Blütenorganen. Bei der Einwirkung des Frostes treten bald die chemischen, bald die mechanischen Vorgänge in den Vordergrund. Bei den ersteren ist es schwierig zu entscheiden, mwieweit dieselben sich schon während des Gefrierens einleiten oder erst bei dem Auftauen beginnen. So hat beispielsweise Göppekt*^) bei den Blumen von Phajus und Calanthe ') Physiologie, 2. Aufl., I, S. 514. -) .Tal^rb. f. d. wiss. Bot. 1891, Bd. 22. ^) Über die Periodizität der Stärkezu- und abnähme in den Bäumen. Vergl. Mkr, E. in Bot. Jahresb. 1891. I, S. 46. *) Biedermanns Centralbl. 1879, I, S. 233. ^) YiAi.A, P. et Pacüttet, Sur la culture du black-rot. Compt. rend. 1904, CXXXVIII, S. 306. lg 874 Ges. f. vaterl. Kultur 1874 cit. Bot. Zeit. 1875, S. 609. 518 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. ein Blaiiwerden derselben beim Gefrieren beobachtet und diese Farben- änderung dadurch erklärt, dais durch die Frostwirkung eine Oxydation des in den sonst farblosen Zellen enthaltenen, namentlich um die Gefälsbündel herum reichlichen Indicans zu Indigo stattfinde. Prillieüx ^) gibt an , dal's diese Verändermig erst bei dem Auftauen eintrete. In ähnlicher Weise schwankend sind auch anderweitige Angaben über das Verhalten der Blütenfarbstoffe , und man kann im allgemeinen nur sagen, dafs der rote Farbstoff zu den widerstandsfähigsten gehört, ja nach GöPPERT^), der- viele Beobachtungen über die durch Frost hervor- gerufenen Farbenerscheinungen gesammelt hat, sich an Blättern und Blüten durch schwache Frostwirkungen noch steigern kann. Am häufigsten und darum am bedeutsamsten sind die Froststörungen an den Blüten unserer Obstgehölze. Für die Praxis ist es allerdings gleichgültig, in welcher Weise der Verfärbungsvorgang verläuft. Wissen- schaftlich aber dürfte es von Interesse sein, die Frostwirkung genauer kennen zu lernen. Da wir aber bei den natürlichen Frühjahrsfrösten nicht feststellen können , welches die ersten Frost Wirkungen und welches nachträgliche Veränderungen sind , habe ich künstliche Fröste auf Apfelblüten einwirken lassen. Nachdem ein blühender Apfelzweig während zwei Stunden einer Temperatur von — 4 " C ausgesetzt worden war, ergab die sofort nach dem Abheben des Gefrierzylinders vorgenommene Untersuchung, dafs die sämtlichen Blumenblätter wie einzelne Stellen der Laubblätter eine glasige Beschaffenheit angenommen hatten. Bereits nach wenigen Minuten (die Lufttemperatur betrug -f 11 " C) begann ein Erschlaffen und Braunwerden der glasig gewesenen Teile. Die Braunfärbung der Blattorgane ist also nicht direkte Wirkung der Kälte, sondern eine erst bei dem Auftauen sich geltend machende Er- scheinung. Die in ihrer natürlichen Färbung unterseits rötlich an- gehauchten Blumenblätter wurden braunadrig und fleckig. Der Rand fing alsbald an zusammenzusinken und zu vertrocknen. Der Quer- schnitt zeigte , dafs die Verfärbung weniger auf einer Bräunung der Zellwandmigen als des Zellinhaltes beruhte , indem dieser rotgelbe bis braungelbe, zusammenhängende, meist in der Längsrichtung der Zellen sich lagernde Massen ausscheidet, die an Karotin erimiern. Die einzelnen Zellschichten des Blumenblattes zeigten ein verschiedenes Verhalten. Die ausgeschiedenen gelben Massen waren namentlich reichlich unterhalb der farblos und in ihrer natürlichen Höhe verbliebenen Epidermis zu finden. Aufserdem zeigten die Parenchymzellen , welche die Gefäls- bündel der feinen Nerven begleiten, diese Ausscheidungen besonders ausgeprägt. Durch letzteren Umstand kam es, dal's gerade die Aderung des feinen Blumenblattes dem blofsen Auge auffällig braun erschien. Bei dem schnell fortschreitenden Vertrocknungsprozesse sanken die Zellen des Mittelfleisches zusammen, während die Oberhautzellen in ihrer natürlichen Höhe verblieben. Fig. 103 gibt ein Bild von einem Teile des Blumenblattes bald nach dem Herausnehmen aus dem Gefrierzylinder. Wir sehen das Blatt noch in seinen natürlichen Dimensionen mit den grofsen Intercellular- räumen (i) zwischen den äufserst zartwandigen Blattfleischzellen und 1) Bot. Zeit. 1871, No. 24. — Bull, de la Soc. bot. de France 1872, S. 152. -) KuHNiscH, H. , Über die tödliche Wirkung niederer Temperaturen auf die Pflanzen. Inauguraldissertation, S. 29. Breslau 1880. "VVärmemangel. 519 mit der unveränderten Epidermis (e). Die Verfärbmig durch die gelb- braunen, zusammengezogenen Inhaltsmassen (b) ist am intensivsten in der Umgebung des Gefäi'sbündels if/) und zwar besonders auf der Unter- seite des Blumenblattes. Im Gefalsbündel sind die engen Spiralgefäl'se gebräunt. In anderer "Weise war der Bräunungsvorgang bei den Staubgefäl'sen verlaufen. Nach dem Herausnehmen aus dem Gefrierz3dinder erhielten sie sich noch anscheinend unverändert , als die Blumenblätter schon zu welken anfingen. Erst später wurden die Staubfäden gelbbraun und die Staubbeutel bleichgelb. Der Querschnitt durch den Staubfaden zeigte, dafs die Braunfärbung wesentlich durch die inhaltsreiche Epi- dermis bedingt wurde. Zwar erschien in allen Geweben der Zellinhalt tropfig bis klumpig zusammengezogen und braun, aber die Substanz- menge in den inneren Zellen war so gering, dafs die Färbmig des gesamten Gewebes eine mattere blieb. Die Spiralgefäl'se waren wie bei den Blumenblättern leicht braunwandig. Bei den Staubbeuteln hing die Verfärbung ebenfalls von der Menge des Zellinhaltes ab. Derselbe fand sich im Connektiv am reichlichsten, und dieses erschien i Fig. 103. Durch künstlichen Frost beschädigtes Blumenblatt eines Apfels. (Orig.) daher am tiefsten gebräunt , während die Staubbeutel selbst in ihrer Epidermis und den darunter liegenden palisadenartig geordneten Faser- zeUen nur äufserst spärlich feste Inhaltsmassen aufwiesen und daher nahezu farblos erschienen. Die Reste des Grundgewebes in der Nähe des Connektivs waren etwas dunkler. Die schwersten Beschädigimgen zeigten die Gritfei, die schon bei dem Verlassen des Gefrierzylinders tiefbraun und verbogen aussahen. Ein Zusammensinken des Gewebes war zunächst nirgends bemerkbar. Die Narbenpapillen erschienen straff und mit gebräuntem, plasmatischem Inhalt angefüllt. Sie hielten auch noch, wie im frischen Zustande, die etwas gequollenen und daher verschieden gestalteten , mit trübem, gleiclmiäfsigem Lihalt erfüllten Pollenkörner fest. Am Gritiel waren wie bei den Staubfäden die peripherischen Schichten am inhaltreichsten und daher in Inhalt und Wandung am tiefsten braun gefärbt. Von mechanischen Störungen bemerkte man hier und da im Griffel- wie im Staubfadengewebe tangentiale Lücken, die teils durch Aus- einanderweichen, teils aber auch durch Zerreifsung von Zellen ent- standen waren. Nach dem behaarten Griffelfufs hin, dessen inhaltsarme Haare eine Bräunung der "Wandung erkennen liefsen , nahm die Zahl 520 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. und Gröfse der Gewebelücken zu. Hier erweitert sich das Gewebe des Griflelfufses bereits zu fünf auseinanderweichenden, mit ihrer Spitze nacli dem Zentrum gerichteten, stumpf keselförmigen, parenchymatischen Gruppen als Übergangsstelle in die fünf Fruchtblätter. Jedes derselben läfst eine epidermale Umkleidung und ein parenchymatisches Irnieh- ileisch unterscheiden. In dem Fig. 1()4 dargestellten Querschnitt eines Apfelfruchtbechers sehen wir das zukünftige Apfelfruchtfleisch bereits von zahlreichen, regelmäfsig gestellten Gefäfsbündeln ig) durchzogen. Der mit einer festen Epidermis (e) umkleidete Fruchtbeeher setzt sich S^- Fig. 104. Querschnitt durch einen jungen, frostbeschädigten Fruchtbecher des Aijfels. (Orig.) nach innen in fünf ankerförmige Äste (a) fort. Es sind dies die fünf Fruchtblätter, zu welchen sich die Griffel erweitern; an ihren um- geschlagenen Rändern, die im Querschnitt wie Ankerarme erscheinen (r), bilden sich im unteren Teil des Fruchtbechers die Samenknospen, die ihre Ernährung durch die Gefäfsbündel ige) finden. Die Samenfächer (.s/) und der Hohlraum (h) , der in der Mitte darch die nicht ver- wachsenden Fruchtblattränder frei gelassen wird, finden sich mit regel- rechter Epidermis ausgekleidet (e')." Die Zellen der Epidermis erweisen sich sowohl an der Achsenseite {hr) als auch innerhalb des Frucht- Wärmemano-el. 521 bechers am inlialtreichsten und daher am tiefsten gebräunt, während die zentrale, zunächst noch meristematische Partie jedes Fruchtblattes nur schwach verfärbt ist. Eine Zerklüftung des Gewebes, die sich im Auftreten tangentialer Lücken (?) diu-ch Trennung der collenchjmiatischen Schichten (c) vom Innern Fruchtfleisch {ni) kundgibt, ist in der Übergangszone vom Griffel zum Fruchtknoten schon bei schwachen Vergröfserungen bemerkbar. Es ist hervor- zuheben, dafs dabei tatsäch- lich auch, wie in den Staub- gefälsen ein Zerreiisen von Zellen (2) stattfindet, wäh- rend bei derberen Geweben niu" das gewöhnliche Aus- einanderweichen der Zell- lagen vor sich geht. Diese mechanischen Störungen, die bei den vegetativen Organen, wie wir später sehen werden, so bedeu- tungsvoll sind, haben bei den Blütenorganen geringe- ren Einfluls. Die Blüten sterben schon durch die chemische Veränderung des Zellinhalts und werden nur schneller abgeworfen, wenn gleichzeitig Zerklüftungen vorhanden sind. Der ex- perimentelle Befund deckt sich mit den Erscheinungen nach natüi-lichen Frühjahrs- frösten. Wie sehr von der Bo- schaffenlieit des Zellsaftes die Frostempfindlichkeit ab- hängt, mag die neben- stehende Abbildung einer jungen, von scharfem Frost getroffenen Apfelblüte zeigen (Fig. 1()5). Die da- selbst einseitig ausgeführten Schattierungen u. sonstigen Bezeichnungen gelten selbst- verständlich für beide Hälf- ten. Alle schraffierten Stellen bezeichnen Gewebe mit bereits deutlich luftführenden Intercellularräumen; bei /• ist durch die Glyzerim-eaktion Zucker nachweisbar; die Ki'euze be- zeichnen die Gegenden mit bereits soweit fortgeschrittenem Stoffwechsel, dafs reichlich oxalsaurer Kalk abgelagert wird. Die Ringe /' sollen die einzelnen frostgebräunten Zellen andeuten : alle jüngeren , plasma- reicheren Innenteile sind gesund geblieben: die dunkle liinie ist ein Gefäfsbündelstrang. Fig. 105. Die in der Knospe durch Frost be- schädigte Anlage einer Apfelblüte. (Orig.) 522 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Dafs aniser den beschriebenen aknten Kälte Wirkungen auch chronische , nur auf Verlangsamung der normalen Lebensvorgänge be- ruhende Störungen des Blütenlebens vorkommen, sei hier nur anhangs- weise erwähnt. Das bekannteste Beispiel dürfte das Unterbleiben des Öffnens der Blüten von Crocns vcrnus und Tulipa Gesneriana sein. Durch die niedrige Temperatur findet kein genügend starkes Wachs- tum der Innenseite der Perigonblätter statt, so dafs ein Herausbiegen derselben, also ein Aufblühen unterbleibt. Ähnlich, aber schwächer reagieren die Blumen von OrmtJiogahiii nmhdJatunu Colchicum aiitumnaJe, Adonift vcrnnJis u. a. Dafs auch grüne Blätter durch Einflufs niederer Temperatiu'en thermonastisch reagieren , beweisen die Vorgänge bei Mimosa puäica, OxaUs aceto'^ella usw. Hierher gehöriges Material findet sich noch in den späteren Abschnitten, welche die mechanischen Frost- wirkungen behandeln. Die Rostringe an Früchten. Als Folgen leichter Frostbeschädigungen an jungen Früchten treten die sogenannten Rostringe auf. Man versteht darimter verschieden- artige, namentlich bei Kernobst in ringförmigen Zonen sich ausbreitende Korkbildungen der Fruchtschale. Bei manchen Sorten ist das Er- scheinen korkfarbiger Zeichnungen ein ganz normaler Vorgang. Unsere Reinetten besitzen beispielsweise vielfach sternförmige , kleine Rost- punkte. Die sogenannten „gestrickten Reinetten" zeigen linien- artige Korkzeichnungen auf der Fruchtoberhaut, und manchmal erlangen solche Korkbildungen auch eine flächenartige Ausdehnung, wie z. B. bei der französischen Reinette, Parkers grauem Pepping, bei der grauen Herbstbutterbirne , der Mispel usw. Krankhaft ist nur die in manchen Jahren (z. B. 19Ü0) hochgradig gesteigerte Ausdehnung der Erscheinung auf viele sonst glattbleibende Sorten und die Ausbreitung der Kork- bildung über den gröfsten Teil der Frucht. Die Anfangsstadien zeigen sich in früher Jugend, Man bemerkt zunächst nach Eintritt sehr später Maifröste, dafs einzelne Gruppen von Oberhautzellen braunen Inhalt bekommen und abzusterben beginnen. Unterhalb solcher Stellen bildet sich Tafelkork, wodurch die absterbende Epidermis etwas vor- gewölbt wird. Während des Schwellungsprozesses der jungen, gTünen Frucht schreitet die Korkbildung rückwärts in das Fruchtfleisch hinein weiter fort, so dafs gröfsere Gruppen von parallelen Reihen senkrecht zur Oberfläche angeordneter Zellen entstehen. In einem speziellen, bei ..Amanlis Butterbirne" beobachteten Falle zeigten diese reihenweis an- geordneten Zellen dieselbe Ausdehnung wie die Oberhautzellen; sie erwiesen sich aber niu" in ihren peripherischen Lagen wirklich verkorkt, während die hellen dicken Wandungen der tiefer liegenden Zellen Cellulosereaktion zeigten. Je stärker die Neubildung ist , desto mehr werden die über ihnen liegenden, absterbenden Zelllagen zerspreng-t, und die Fruchtoberfläche wird schuppig-rauh. Bei flaschenförmigen Birnen erscheint manchmal der die Kelchzipfel tragende, bauchige Teil der Frucht rostig-grauschuppig und die Stielhälfte glatt und grün. In anderen Fällen zeigt sich ein breites korkfarbiges Band in der Nähe der Kelchhöhle usw. Bisweilen ist mit diesem Eim'eifsen der Wachsglasur mid Absterben der Oberhautzellen eine Ausbildung des neu darunter entstandenen Gewebes zu Steinzellen verbunden, und diese treten später in kreisförmigen Herden an die Fruchtoberfläche, so dafs die Zustände entstehen, die wir bei der ..Lithiasis" (S. 171) Wärmeniangel. 523 beschrieben haben (.,Diels Butterbhne" „Gute Luise von Avranches"). Da solche Veränderungen sich meist einseitig zeigen , so bleibt die korkfarbige, steinzellige Fruchtseite vielfach im Wachstum zurück, und es entstehen Kilippelfrüchte. Nachdem es mir gelungen, durch Einwirkimg künstlicher Fröste das Zersprengen der Cuticularclecke bei derben Blättern hervorzurufen, stehe ich nicht an, auch die Beschädigung der AVachsgiasur an jungen Früchten auf Frostwirkung zurückzuführen, zumal die Bildung solcher „Rostringe" bisher nur in Jahren mit Spätfrösten beobachtet worden ist. Die frostempfindlichen Birnen leiden am häufigsten und. stärksten und zwar meist an einer Seite und in bestimmter Höhe des Baumes. Das Verhalten älterer Laubblätter bei akuter Frostwirkung. Während des Frostes sind Änderungen an den Chlorophyllkörnern insofern bemerkbar, als sie sich in den saftärmer gewordenen Zellen meist klumpig zusammenballen. Eine chemische Veränderung des Chlorophylharbstoff's durch den Frost allein wird, soweit Angaben über gefrorene Chlorophyllösungen vorliegen, von der Mehrzahl der Forscher nicht angenommen. Bei einer Temperatm' von — 30", der eine Chloro- phylllösung in Olivenöl ausgesetzt worden, fand "Wiesnek ^) keinen Unterschied von einer frischen Lösung: dagegen gibt KuNiSCH-) an, dafs der alkoholische Chlorophj'llauszug von bei — 7 " gefrorenen Hyazinthenblättern sich abweichend von dem der nicht gefrorenen Blätter gezeigt habe. Manchmal sieht man beim Gefrieren der Blätter stumpfweifsliche Flecke auftreten, die von Eisdrusen herrühren können, welche in die Intercellularräumc ausschiefsen. Hoffmann sah bei Ccratonia. Lanrus imd Camphora blasiges Abheben der Epidermis und bezeichnet diese Erscheinung als „Frostblas en" ^). Bei starken Frösten werden die gänzlich durchfrorenen Blätter glasartig spröde und durchscheinend. Bei dem Auftauen derartiger Blätter hängt die Farbenänderung davon ab, ob das Protoplasma der Zellen getötet ist oder nicht. Ln ersteren Falle ist es für die Säuren in der Zelle durchlässig, und diese dringen an die Chlorophyllkörner, deren Zersetzung sie einleiten (Chlorophj'llan- bildmig): das Plasma bräunt sich; der ZelLsaft tritt schnell nach aufsen, das Blatt trocknet zu einer spröden, braunen Masse zusammen. GöPPERT*), der die verschiedenen Färbungen der Laubblätter beschreibt, erwähnt auch noch einen überaus starken Krautgeruch bei erfrorenen Pflanzien, und bei Farnkräutern erhält sich der der ganzen Familie eigen- tümliche Geruch in den erfrorenen und getrockneten Exemplaren in un- gewöhnlicher Litensität. Bei künstlich erfrorenen Süfskirschenzweigen fand ich ausgesprochenen Bittermandelgeruch. Es sind dies Folge- erscheinungen des Chemismus, der sich bei dem Auftauen sofort energisch geltend macht. Eine andere AVirkung hat Flückigek^) an erfrorenen Kirschlorbeerblättern beobachtet. Dieselben gaben bei der Destillation ') Wiesneu, Die natürlichen Erscheinungen zum Schutze des Chlorophylls etc Festschrift d. k. k. zoolog.-bot. Ges. zu Wien 1876, S. 23 -) KrNiscH, H., Über die tödtliche Wirkung niederer Temperaturen auf die Pflanzen. Inauguraldissertation. Breslau 1880. 3) Kc.MscH a..a. O., S. 22. *) GöppEux, über Einwirkung des Frostes auf die Gewächse. Sitzungsb. d. Schles. Ges. f. vaterl. Kiütur 18T4: cit. Bot. Z 1875, S. 609. ^) The effect of intense cold on cherr^'-laurel.; cit. Bot. Centralbl. 18F0, S. 887. 524 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. ein von dem der frischen abweichendes Öl und keine Blausäure, während mit Eis bedeckte, aber nicht erfrorene Blätter beide Substanzen im normalen Zustande lieferten. Wichtig ist es , auf das Verhalten der Mineralstoffe in den durch Frost getöteten Blättern hinzuweisen, weil wir dadurch einen Einblick in die Stoffverluste erlangen, welche eine Laubzerstörung durch Früli- j ahrsfröste veranlaist. Schroeder's ^) Analysen von Rotbuchenlaub, das ein Maifrost getötet hatte und das vier Wochen später im vertrockneten Zustande der Untersuchung unterzogen wurde, ergaben Folgendes : In dem erfrorenen Laube ist der ganze Stickstoffgehalt (8,5(3 "/o) der frischen Maiblätter vorhanden, wälu'end in den Herbstblättern nur etwa noch 1,33 "/o vor- handen sind, so dai's also der Pflanze durch den Verlust des Mailaubes fast dreimal soviel Stickstoff' verloren geht als durch den herbstlichen Laubfall. Die Trockensubstanz ergab 3,01 "/o Asche. Von dieser Asche waren 22 "'o Phosphorsäure, also soviel wiederum, wie in frischen Mai- blättern , während die Juliblätter nur 5 ^/o besafsen. Von Kali waren in den Maiblättern normal etwa 30 "/o, in den erfrorenen dagegen nur 5 •'o vorhanden. Kalk war natürlich im jungen Laube noch wenig (0,78 ^lo im gesunden, 4,70 "^/o im erfrorenen Laube) vorhanden, während die vegetierenden Juliblätter schon dreimal so viel (20,34 '-' o) besafsen, die istorbenen Novemberblätter sogar 37,00 '^-'o aufwiesen. Gegenüber der Meinung, dafs das vom Frühjahrsfrost abgetötete Laub am Baume hängen bleibt und somit dessen wertvolle Mineral- bestandteile Zeit zur Rückwanderung in die Achse finden, ist auf die Untersuchungen von Ramann ^) zu verweisen. Derselbe zeigte, dafs das von der Kälte getötete Blattwerk bei Eiche, Fichte und Tanne aller- dings zunächst dieselbe Zusammensetzung besafs, wie das frische Laub, sofern es noch vor einem Regen analysiert wurde , aber durch den Regen eine sehr wesentliche Veränderung erlitt; denn Ramann fand, dafs binnen 72 Stunden Wasser nicht weniger als 19,219 "/o der Gresamtasche der Rotbuchenblätter und bei der Eiche sogar 2(j,40"/o auszog. Dafs diese leichte Diffusibilität der Aschenbestandteile nicht etwa als eine Folge späterer Zersetzung angesehen werden darf, geht daraus hervor, dafs die gröfsten Mengen, nämlich bei der Buche 15,42 "/o, bei der Eiche 19,60 "/o, schon in den ersten 24 Stunden ausgelaugt worden waren. Diese letzteren Mengen ergaben an Reinasche für die Buche 11,15%, für die Eiche 14,18 "/o des Auszuges. Wie sehr der Laubverlust den Achsenkörper schädigt, ergibt sich aus einer andern Arbeit von Schroeder^) über „die Wanderung des Stick- stoffs und der Mineralbestandteile während der ersten Entwicklung der Triebe in der Frühjahrsperiode". Die Erschöpfung der Achse durch die Produktion der jungen Triebe ist am weitestgehenden bei der Phosphorsäure, nämlich 40 *^/o ; dann folgt Kali, das zu 32 "/o auswandert ; Stickstoff' und Magnesia gehen etwa zu 20 "/o aus der Achse heraus. Dafür treten bis zu Ende dieser Periode 12 "o Kalk und 84 "/u der Anfangsmenge an Kieselsäure hinzu. Von der Gesamtmenge des in die jungen Triebe einwandernden Stickstoffs, Kalis und der Phosphorsäure ') ScHKOEDKH, Uiitersuchung erfrorenen Bnchenlaubes. Forstchemische u. pflanzenphysiologische Untersuchungen, Heft I, 1878, Dresden, S. 87. 2) Eamann, Aschenanalvsen erfrorener Blätter und Triebe. Bot. Centralbl. 1880, S. 1274. 3) a. a. 0., S. 8:3. Wärmemangel. 525 stammt etwa ^s aus der oberirdischen Achse , ^k aus der "Wurzel und dem Boden. Diese Verhältnisse sprechen dafür, dais der Wurzelkörper in noch höherem Grade als die oberirdischen Achsenorgane von seinem aiifgespeicherten Vorrat an Stickstolf, Phosphorsäure und Kali abgibt. Mangelhafte Ergrünuug jüngerer Blätter. Eine besondere Form der Aui'serung niederer Temperaturen auf die Färbung des Pflanzenkörpers ist das G e 1 b b 1 e i b e n wachsender Organe aus Mangel der nötigen Ergrünungstemperatur. Bei ver- spillerten Keimpflanzen , die, kurze Zeit dem Lichte ausgesetzt, gelber wurden als die in Dunkelheit verbliebenen Exemplare, fand Elfving M, dais sich Etiolin gebildet bei Temperaturen, die für die Chlorophyll- bildung noch zu niedrig Avaren. Im ersten Frühjahi\ wenn Pflanzen ihrer Schutzdecken entledigt werden, finden sich zahlreiche Beispiele, dafs die unter der Decke entstandenen, etiolierten Triebe trotz der bisweilen reichen Beleuchtung ihre gelbe Farbe nicht oder nur langsam und um^egelmäfsig, nämlich stellenweis verlieren. Das häufigste Beispiel liefern die Hyazinthen in den Gärten. Wenn dieselben zu zeitig im Friilijahr aufgedeckt werden, und der Frost die jungen, noch nicht ergTünten Blattkegel überrascht, entwickeln sich wohl später die Blätter in normal gi'üner Färbung weiter, aber ihre jungen Spitzen bleiben weifs oder gelb. In den gelb erscheinenden Teilen sehen wir meist die Chloroijhj'll- körner in Gestalt und Anordnung wie in der normal ergrünten Zelle, also den freiliegenden oder an InterceUulargänge grenzenden Teilen der Zellwand angelagert (Epistrophe); jedoch ist der Farbstoff nur ein mehr oder weniger intensives Gelb. Von diesem Stadium bis zum völligen Fehlen der Körner in der gänzlich gebleichten Spitze des Blattes finden sich alle möglichen Übergänge ; diese sind aber keine Lösungs- zustände, sondern Hemmungsbildungen. In den weifsesten Partien des Mesophylls erscheinen die Zellen mit wässrigem Zellsaft erfüllt, der von Plasmasträngen durchzogen ist, ohne dafs im plasmatischen Wand- belage irgendwelche Chlorophyllkörper angelegt wären. In anderen Zellen der gelblicher aussehenden Partien ist die Differenzierung des Inhalts bis ziu- Anlage der Chloroplasten fortgeschritten; aber diese erscheinen weifslicher, weicher, ich möchte sagen, bisweilen wolkiger, minder dicht und minder scharf konturiert. In den nach der Frost- wirkung aus der Erde herausgetretenen Teilen der Blätter findet man endlich normal ausgebildete , intensiv grüne Chloroplasten. Bisweilen ist der Ergrünuiigsmangel mit Auftreten von rotem FarbstotF verbunden. Ein Beispiel liefert Chargüerand^), der P/ialar/s anmdmacea picta beobachtete , deren junge Blattspitzen mit ihren bekannten , weifsen Streifen frostgerötet hervortraten: die rosenrote Färbung verschwand bei Eintritt warmer AVitterung. Eine Bestätigung für den Eintritt der Rotfärbung bei Kälte liefert Schell^), der im Frühjahr Pflanzen mit rotgefärbten , jungen Blättern in drei Partien in verschiedene Temperaturen brachte und beobachtete, dafs die im Zimmer bei -\- 15*'C befindlichen Exemplare bimien 1 8 Stunden grün wurden , wähi'encl die ') Arbeiten d. Bot. Instituts zu Würzburg, Bd. II. Heft 3: cit. Bot. Centralbl. 1880, S. 835. ~) Revue horticole, Paris 1874, S. 249. ') Botanischer Jahresbericht 1876, S. 717. 526 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. bei + 8,5 " C gehaltenen Individuen erst nach 5 Tagen ergrünten und die im Freien bei einem Maximum von etwa +4" C belassenen Pflanzen erst nach 20 Tagen grün wurden, als die Lufttemperatur sich erhöhte. Es sprechen diese Beobachtungen für die von mir geäufserte Ansicht, dafs die Rotfärbung durch ein Überwiegen eines an die Licht- wirkung gebundenen Oxydationsprozesses über den Assimilationsprozefs bedingt wird. Bei gleicher Lichtmenge steigert eine Temperatur- erhöhung die Assimilation derart, dais der Ergrünungsprozefs überwiegt. Zur Vermeidung einer Fixierung des krankhaften, gelblichen Aus- sehens frostgebleichter Blattspitzen ist anzuempfehlen, die Winterdecke allmählich wegzunehmen oder eine leichte Reisigschicht für die ersten Tage über die Pflanzen auszubreiten. Der Frostlaubfall. Das plötzliche Abfallen des Laubes während imd nach Eintritt der ersten Herbstfröste ist nur eine Form des herbstlichen Laubfalls, der (im Gegensatz zu den bereits beschriebenen Fällen abnormer Entblätterung nach übermäfsiger Hitze, Trockenheit, Lichtmangel, Wasserüberschufs und anderen , eine plötzliche Funktionslosigkeit des Organs hervorrufenden Ursachen) als seniler Tod zu bezeiclmen ist. Das Blatt hat sich eben ausgelebt und ein derartig normaler Tod desselben hat für die lebendig bleibende Achse die wenigst nachteiligen Folgen. Aus dem senilen Blattapparate wandern allmählich viele plastische sowie wichtige mineralische Stoffe m den Stamm zurück und kommen bei der nächsten Vegetationsperiode zu neuer Verwendung. Das bei den plötzlich im Jugendzustande sterbenden Blättern so nachteilige Verbleiben reichlicher Mengen organischer Bausubstanz, die dadurch für die Achse verloren gehen und das Auswaschen leicht löslicher Nährstoife dmxh Beregnen sind bei dem senilen Ausleben nur von geringer Bedeutung. In letzterem Falle ist, wie neuerdings B. SCHULTZE ^) wiederum hervorgehoben hat , bis zum letzten Augen- blicke noch die Assimilation von Kohlensäure , wenn auch natürlich mit erlahmender Kraft nachweisbar. Durch das Überwiegen der Vor- gänge des Zerfalls über diejenigen des Aufbaues verarmt das Blatt namentlich an leichtlöslichen Eiweifsstoffen. Mit der zunehmenden Verdickung und Verkalkung der Membranen wird die Zuleitung neuen Nährmaterials stets schwieriger, so dafs dadurch schon die nachweisbare Abnahme^) von Stickstofi:', Phosphorsäure und KaH erklärlich wird, selbst wenn man nicht einen bedeutenden Rückwanderungsvorgang amiehmen will. Nach dem , was bereits in früheren Abschnitten über den Einflufs von Lage , Bodenbeschaffenheit und Witterung gesagt worden ist, braucht hier nicht noch besonders betont zu werden, dafs die Lebens- dauer der Blätter bei derselben Pflanzenspezies ganz verschieden sich erweist und somit der Frost auch stets auf ganz verschieden alte Blätter wirkt. Demgemäfs ist der Vorgang des Blattabwurfs nicht immer derselbe. Der häufigste Fall besteht in der Ausbilduno; einer Gewebe - ^) ScHULTZE, B., Studien über die Stoffwandlungen der Blätter von Acer Kcgumlo L., 76. Versammlung d. Ges. Deutsch. Naturf. : cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1906, S.'Sö. ') Fruwirth, C. und Ziki.stoff, W., Die herbstliche Rückwanderung von Stoffen bei der Hopfenpflanze. Landw. Yersuchsstat. 1901; cit. Bot. Jahresb. 1901, T. II, S. 161. "Wärmemaugel. 527 Zone am Blatt gründe zu einer charakteristischen T r e n n u n g s s c h i c h t. Wir geben hier die Abbildung der herbstlichen Trennungsschicht eines Blattes von Aesculus Hippocastanuni wieder (s. Fig. lOG), Das Bild stellt einen Schnitt dar, welcher in der Richtung der Länge des Blattstiels durch die Gelenkstelle an der Basis geführt worden ist, a ist das Rinden- parenchym des Zweiges, h die Lage von Tatelkork, welche zurückbleibt, wenn der Blattstiel sich abgegliedert hat und den Schutz für das Rinden- gewebe bildet, c sind die Zellen des Blattstielgrundes, die bei c in das festere, mit reichlichen Kalkoxalatdrusen versehene Parenchym der ver- breiterten Blattstielbasis übergehen. Zwischen c und e findet der Lockerungsvorgang statt, indem bei d die Zellen sich abrunden und auseinander zu weichen beginnen. Wenn nun die Hebelwirkung des windbewegten Blattes sich geltend macht, knickt der Blattstiel in der gelockerten Zellschicht ab. Fig. 106. Herbstliche Trennungsschicht eines Blattes der Eofskastanie. (Nach DöBXEu-NoBBE ) Je reifer das Blatt zur Zeit der ersten Herbstfröste ist, desto leichter fällt es ab; daher sieht man die alten Blätter der Zweige im Herbst zuerst vom Winde abgeknickt. Die gröfsere Lebensenergie, der gröfsere Reichtum an plastischem Material lassen das jugendlichere Blatt bei Frostwirkungen, welche nicht tödlich sind, widerstandsfähiger erscheinen. Treten tötliche Frostgrade im Herbste zu einer Zeit auf, in welcher das Blatt seine Trennungsschicht noch nicht weit genug ausgebildet hat. der Baum also von seiner Vegetationsruhe noch weit entfernt ist. dann bleibt das tote Laub über Winter an den Zweigen (Buche, Eiche). Die Buchen, bei denen das Laub hängen bleibt, belauben sich vielfach später im Frühjahr, als normal ausgereifte Exemplare. ^ Ziu" Zeit des ersten Nachtfrostes sieht man frühmorgens , wenn der Reif noch liegt, selbst bei windstillem Wetter, sobald die Sonne heraufkommt, die einfachen Blätter der Bäume abbrechen und die Fiederchen zusammengesetzter Blätter sich von der gemeinsamen Spindel lösen. V. MoHL ^) fand in solchen Fällen die Blattnarben der abgefallenen oder gerade in der Ablösung begriffenen Blätter bei einer Anzahl von 1) A. DE Caxdoi.le in Centralbl. f. Agrikulturchemie 1879, I, S. 159. 2) Bot. Zeitung 1860, S. 16. 528 ■'■■'■• Schädliche atmosphärische Einflüsse. Pflanzen mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Pauloivnia z. B. zeigte eine besonders dicke Eiskruste. Manchmal waren die Blätter nur noch durch die Eiskristalle mit iln-er Narbe verbunden. Diese Eiskristalle haben sich in der Trennungsschicht der Blätter gebildet. Die säulen- förmige Beschaffenheit der Kristalle, ikre über den Gefälsbündeln durch Luftbläschen hervorgebrachte Trübung, ihre scharf mit der Umgrenzung der Blattnarbe abschneidende Auflageriuig sprechen dafür, dafs nicht gTöfsere Mengen etwa ausgeflossenen Saftes gefroren sind, sondern dafs kleine Partien Wasser durch die Zellwände genau am Orte, wo sie beobachtet wurden, ausgetreten und zu Eis erstarrt sind. Die Eisbildung kann manchmal sehr früh auftreten und dadurch Ursache werden, dafs Blätter, die sonst noch längere Zeit am Baume verblieben wären, ja bisweilen noch ganz gTÜn sind, bei dem Auftauen abfallen. Aufser dieser Wirkung der Eislamelle kann ein vorzeitiger Herbstlaubfall dadurch eintreten, dafs das Blatt gänzlich oder teilweis erfriert, also plötzlich funktionslos und dann abgestofsen wird. Bei dem Frostlaubfall erfolgt die Ablösung des Blattes stets in der Trennungsschicht, die nach Wiesner's ^) Beobachtungen nicht immer aus einem Folgemeristem hervorgeht , sondern manchmal sich auch als ein Rest des primären Meristems darstellt. In anderen Fällen von Blattabwurf kann der Ablösungsprozefs in verschiedenen Geweben sich vollziehen. Betrachtet man den Abgliederungsvorgang innerhalb der Tremiungs- schicht im allgemeinen, so findet man nach AViesner-) folgende Modi- fikationen : Es kann in den Zellen der Trennungsschicht ein so starker osmotischer Druck zustande kommen, dafs die Gewebe mit glatten Wänden auseinanderweichen. Dies finden wir bei einer Entblätterung infolge von Wasserüberschufs auch in den Fällen, wo derselbe nur durch reichliches Begiefsen nach langer Trockenperiode sich einstellt. Die bei den Gärtnern bekannte Erscheinung des Abwerfens der Blätter bei Azaleen, Eriken und Neuholländern nach Ballentrocknis gehört hierher , sowie die sommerliche Entlaubung bei Eintritt von Regen nach langer Trockenheit. Bei dem herbstlichen Laubfall kommt nach Wiesner ganz besonders die mazerierende Wirkung organischer Säuren in Betracht. Er nimmt an, dafs die Trennungsflächen beim Frosttod in der Regel sauer reagieren und erklärt sich diesen Umstand dadurch, dafs der Frost das Zellplasma töte und es dadurch durchlässig für die im Zellinhalt vorhandenen Säuren mache, die sodann auf die Membranen wirken können, AVahr- scheinlich dürfte dabei die Oxalsäure eine grofse Rolle spielen. Ge- nannter Forscher legte Stengel verschiedener sommergiliner Gewächse in eine 2,5 prozentige Oxalsäurelösung und sah binnen wenigen Tagen die Blätter sich ablösen. Auch Stengel von Pflanzen, die an den Liter- nodialgliedern Trennungsschichten anlegen, zerfielen schon binnen kurzer Zeit in ihre Glieder. Wenn die Blattfläche durch Frost beschädigt wird, aber die unter- halb der Trennungsfläche gelegene Partie des Blattes , also der Blatt- stumpf, lebendig geblieben ist, dann wird der erfrorene Blattteil zusammentrocknen, aber die Blattbasis intakt und turgescent sich ') WiEssER, Julius, Über Frostlaubfall nebst Bemerkungen über die Mechanik der Blattablösung. Ber. d. D. Bot. Ges. 1905, Heft I, S. 49. -) a. a. O., S. 54. Wärmemangel 529 erweisen. Zwischen letzterem und dem vertrocknenden Teile müssen Spannungsdifterenzen entstehen, die zm' Ablösung des Blattkörpers führen. Wie schnell die vom Frost getroffenen Teile austrocknen, zeigen die Versuche von Pkunet ^). Ein angefrorener Rebenzweig mit vier Blättern, in Wasser gestellt, verdunstete während zwei Stunden 475 mor Wasser-, sein Gewichtsvorlust betrug dabei 14,4G'*/o. Unter denselben Bedingungen verdunstete ein nicht durch Kälte beschädigter ähnlicher Zweig nur 132 mgr Wasser und hatte wegen der stattgefundenen Wasserabsorption um 0,26 "/o seines Gewichtes zugenommen. Experimentell hat Wiesner auch gezeigt-, wie bei Pflanzen, die ihr erfrorenes Laub lange, oft über Winter, festhalten, dies lediglich im schnellen Vertrocknen begründet ist. Er nahm Zweige von IJgustrum ovalifoJmm mit erfrorenem Laube und stellte sie im Warmhause derart auf, dai's die Sprosse beständig Wasser aufsaugten. Diese liefsen nach (3 — 12 Tagen die Blätter fallen, während an den nicht mit Wasser ver- sorgten Sprossen die Blätter fest sitzen blieben. Bei den im Freien vorkommenden Fällen festsitzenden toten Laubes an den Zweigen wird die Ablösung erst durch Zersetzung des Gewebes erfolgen. Es wird die Vermoderung der Membranen innerhalb der toten Trennungsschicht allmählich so fortschreiten, dafs Wind oder andere mechanische Ursachen schliefslich das Blatt zum Abknicken bringen. Bei dem Vermoderimgs- prozesse werden Mikroorganismen zweifellos sich beteiligen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dafs die Mechanik der Ablösung bei dem herbstlichen, senilen sowohl wie bei dem Frostlaubfall manchmal selbst bei demselben Individuum verschieden sein kann je nach dem Alter der Blätter und den vorhandenen Nebenumständen. Aufser der Abgliederung des ganzen Blattes von der Achse kommt auch bei manchen Pflanzen (Weinstock) ein Ablösen der Blattfläche vom Blattstiel vor. Diese Region ist auch bei anderen Störungen be- sonders empfindlich und kennzeichnet ihre Ähnlichkeit mit der Blatt- stielbasis bisweilen durch gleiche Verfärbung. Bei Pappeln z. B. kann man beobachten, dafs im Herbst Basis mid Spitze des Blattstieles rot werden, während der ganze übrige Teil gelb bleibt. Der Unterschied in der Zeit, in welcher diese Prozesse bei ver- schiedenen Individuen und bei demselben Individuum in verschiedenen Höhen des einzelnen Zweiges sich einstellen, hängt mit dem physio- logischen Alter jedes Blattes zusammen. Je jünger dasselbe ist, desto später fällt es unter sonst gleichen Verhältnissen vom Zweige, wie experimentell von Dingler ^) durch Schneidelungsversuche fest- gestellt worden ist. Derselbe beobachtete eine gröfscre Widerstands- fähigkeit der jungen Blätter speziell gegenüber den Herbstfrösten. Die .jungen Blätter von Carpinns Behdus erfroren nicht nach tagelang währenden Frostperioden, die älteren hatten gelitten und vertrockneten schliefslich am Zweige. Ähnliches sah ich bei Platanen , bei denen sich in gleicher Weise das Alter der Bäume geltend machte. Bei Strafsenpflanzungen waren zwischen alten Bäumen junge Exemplare ^) Pkünet, A., Sur les luodifications de l'absorption et de la transpiration, qui surviennent dans les plantes atteintes par la gelee. Compt.-Rend. d. l'Acad. des Sciences 1892, II, S. 964. '^) DiNGi.En, Herman.v, Versuche und Gedanken zum herbstlichen Laubfall. Ber. d. D. Bot. Ges. 1905, Heft 9, S. 463. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 34 530 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. angepflanzt worden. Letztere hielten, obwohl nicht unter dem Schutze der älteren Bäume stehend , ihr bedeutend kräftigeres Laub noch fest, als das der alten Stämme zum gröfsten Teil schon am Boden lag. Verhalten der Rüben und Kohlgew^äehse bei Frost. Bei der Aufbewahrung von Zuckerrüben kann man nur durch möglichst kühle Temperatur den Zuckerverlust, der dm^ch die Atmung des Rübenkörpers innerhalb der Mieten eintritt, vermindern^). Bei Zuckerrüben, die wirklich gefroren gewesen, zeigt sich durch das Aus- frieren des Wassers sogar eine Erhöhung des Zuckergehaltes, der von NiNGER auf 0,39 "/o berechnet worden ist^). Eine Neubildung von Saccharose aber findet ebensowenig wie eine Zerstörung derselben durch den Gefrierprozefs statt. Auch die Menge der StickstofiPsubstanzen und das Verhältnis von Eiweifs zum Nicht- eiweifs bleiben dabei unverändert. Sobald aber das Wiederauftauen beginnt, scheint letzteres auf Kosten des ersteren sich zu vermehren. Die Bestandteile der Rohfaser (Cellulose und verwandte Stoffe) werden schon durch den Gefrierprozefs für Säuren und Alkalien löslicher^) und teilweise auch wasserlöslicher. Dadm'ch wird eine Erhöhung des Mchtzuckers im Safte hervorgebracht. Ich beobachtete bei dem Ge- frieren der Rüben teilweise Membranquellungen, was als der sichtbare Ausdruck der chemischen Veränderungen der Cellulose gedeutet werden darf. Strohmer und Stift fanden eine auffallende Zunahme des Säure- gehaltes. Der gröfsere , durch Wasseraustritt hervorgebrachte Zuckergehalt und der dadurch konzentrierter gewordene Zellsaft werden übrigens das wirkliche Erfrieren des Rübenkörpers verzögern. Aufserdem werden in Mieten die äufseren, gefrorenen Rüben die inneren vor dem Gefrieren schützen, worauf namentlich Müller-Thurgau hingewiesen hat, und was Mez*) dadurch erklärt, dafs der Übergang des Zellsaftes in den festen Aggregatzustand die in der Zelle noch vorhandene Energie vor allzu schnellem Abströmen bewahrt. Die Wärmeleitung in Eis vollzieht sich viel langsamer als in Wasser, in welchem sich die Wärme durch Strömung verbreitet. Die Angaben der Gemüsegärtner, dafs Braunkohl {Brassica oleracea acephala) erst nach Frösten die gewünschte Süfsigkeit erlangt, dürfte in der Zuckeranhäufung durch die niedrige Temperatur ihre genügende Erklärung finden. Nach den Analysen von Marker und Pagel^) liefs sich aus erfrorenen Kohlpflanzen eine 68,06 ^/o der Pflanzenreste betragende Saftmenge abpressen , während der gleiche Druck bei den nicht er- frorenen Exemplaren nur 7,1 "/o Saft ergab. Es enthielten lOO ccm Saft von ^) Heintz, Atmung der Rübenwurzeln. Zeitschrift d. Ver. f. d. Rübenzucker- industrie d. deutsch. Reiches 1873, Bd. XXIII; cit. Bot. Jahresb., I, S. 358. -) Bot. Jahresber. 1880, S. 665. ^) Stroiimkr, f., u. Stifi', A., über den Einflufs des Gefrierens auf die Zusammen- setzung der Zuckerrübenwurzel. Österr.-Ung. Z. f. Zuckerindustrie und Land- wirtsch. 1904, Heft VI. *) Mez, Carl, Neue Untersuchungen über das Erfrieren eisbeständiger Pflanzen. Sond. Flora od. Allgem. Bot. Zeit. 1905, S. 109. ^) M.vRKER u. PAGEr-, Über den Einflufs des Frostes auf Kohlpflanzen. Bieder- mann's Centralbl. 1877, Bd. XI, 8. 263—66. "VVärmemangel. erfrorenen nicht erfrorenen Pflanzen . . 7,96 g 4,04 o- . . 1,63 .. 0,97 „ . . 4,17 „ 1,41 „ . . 0,80 „ 0,58 „ . 0,86 ., 0,51 ., iffe 0,50 ,. 0,54 .. 531 Trockensubstanz . Rohasche .... Traubenzucker . . Dextrin (?) . . . N-haltige Substanz N-freie Extraktivstoffe Man sieht, dafs die löslichen Bestandteile im Saft eine erhebhche Ver- mehrung erfahren haben, und dafs an dieser Vermehrung der Trauben- zucker in erster Linie beteiUgt ist. Es findet hier also eine ebenso bedeutende Zuckerbildung wie bei der Kartoffel statt, die von Schmidt auf 21,85 "/o^) angegeben worden ist. Frostblasen. Von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, wohl aber wissenschaftlich beachtenswert in Rücksicht auf das Zustandekommen mechanischer Fig. lUT. Querschnitt durch eine Frostbhise am Apfelblatt. (Orig.) Gewebestörungen im Innern lebend bleibender Organe sind die Frost - blasen. Dieselben äufsern sich im Auftreten von meist kleinen, blasigen Abhebungen der Epidermis und bisweilen auch der subepidermalen Schichten von dem zartwandigen Parenchym des Blattfleisches oder dem derberen der Blattrippen. An Stelle einer weitläufigen Beschreibung geben wir in Fig. 107 die Abbildung''^) des Querschnittes einer Frost- blase am Apfelblatt. 0 zeigt die Oberseite. U die Unterseite an. M ist die Mittelrippe, s eine stärkere Seitenrippe. In der Rippe bildet der halbmondförmige Holzkörper mit senien zahlreichen Gefäfsen (g) den Hauptbestandteil. Oberseits gi'enzt dann eine chlorophylllose, dem Markkörper der Achse entsprechende, dünn- wandige Parenchvmschicht (w) an, welche von derbwandigen , coU- 1) Nach RiTTHArsEx; s. „Der Landwirt" 1«75, S. 501. 2) SoRAiEK, P., Frostblasen an Blättern. Z. f. Pflanzenkrankh. 19U2, b. 44. 34* 532 II- Schädliclie atmosphärische Einflüsse. enchymatisclien Zellen (c) gedeckt wird: diese sind um so reichlicher entwickelt, je stärker die Rippe ist. Das Collenchym tritt als feste Leiste über den nur aus Blatttieisch bestehenden Teil der Blattfläche etwas hervor. Das Blattfleisch zeigt die gewöhnliche Glieclernng in Palisaden- {p) und Schwammparenchym {sp}- Von diesen chlorophyll- führenden Schichten reicht das Palisadenparenchym nicht über das Gefäfsbündel oberseits hinweg, sondern keilt sich beiderseits aus, so dal's es in kurzer, einschichtig werdender Zelllage {br) zwischen dem Collenchym und Parenchj^m des Rippenkörpers ausmündet. Das Schwammparenchym dagegen läuft auf der Unterseite über dem Gefäfsbündelkörper fort und bildet den Rindenteil der Rippe, in welchem, wie in der Zweigrinde, Oxalatkristalle (o) in halbmondförmiger Reihe zu finden sind. Die Epidermis (e) deckt zunächst gleichmäfsig das ganze Blatt, Die mechanischen Frostwirkungen zeigen sich hier in der für die Mehrzahl unserer Pflanzen typischen Form, indem auf der Blattoberseite über dem Gefäfsbündel der stärkeren Rippen das collenchymatische Gewebe vom parenchymatischen sich abliebt, und dadurch eine Lücke (/') gebildet wird. Auf der Blattunterseite hat sich an den Böschungen des stark hervortretenden Rippenkörpers das Schwammparenchym von dem Rindenkörper der Rippe abgelöst, so dafs zu beiden Seiten derselben luftfüln-ende Holilräume ih) entstehen. Wir erklären uns die Bildung der Hohlräume dadurch, dafs das jugendliche noch hyponastische, mit den Rändern nach oben gehobene Blatt bei der Frostwirkung sowohl von oben nach unten als auch tangential sich zu beiden Seiten der Mittelrippe zusammenzieht. Wenn das muldenförmig nach oben ge- bogene Blatt sich zusammenzieht, mufs die muldenförmige Krümmung stärker, d. h. die Spannung der Unterseite gröfser werden. Dieselbe äu£sert sich in einer Zerrung nach den emporgehobenen Rändern hin, (siehe die Pfeilrichtung in der Abbildung). An den Böschungen der Rippen mufs die Zerrung am stärksten sein und kann unter Umständen bis zum Zerreifsen der Epidermis (e) führen. Wenn nun das Auftauen stattfindet, bleibt die Folge der Frost- wirkung in einer Üb er Verlängerung der gezerrt gewesenen Gewebe bestehen. Denn die Gewebe sind wohl dehnbar, aber nicht vollkommen elastisch : sie erreichen nicht wieder ihre frühere Gröfse und Lagerung. Namentlich die am meisten gespannt gewesene untere Epidermis ist länger geworden und übt nun nicht mehr den Druck auf das darunter liegende Schwammparenchym in derselben Stärke wie früher aus. Der Epidermis- druck ist gelockert, und das Schwammparenchym antwortet sofort auf diese Lockerung dadurch , dafs es sich schlauchförmig streckt. Wenn die Epidermis zur Zeit der stärksten Spannung entzwei gerissen ist, bilden die überverlängerten Rifsbänder (e) eine kraterförmige Öffnung, nach welcher hin die fadenartig sich ausbildenden Schwammparenchym- reihen (/') wachsen. Weitere Untersuchungen über Frostblasen finden wir in einer Arbeit von Noack '), der zu dem Schlüsse kommt, dafs die Frostblasen dadurch entstehen, „dafs sich aus den Zellen Wasser in die Litercellular- räume ergiefst und dort zu Eis erstarrt, sobald die Temperatur bis zu einem gewissen, für die einzelnen Pflanzenarten verschiedenen Grade unter den Gefrierpimkt sinkt". Das Anschiefsen der Eiskristalle ') Noack, Fr., Über Frostblasen und ihre Entstehung. Z. f. Pflanzenkrankh. 1905, S. 29. Wärmemaiigel. . 533 sah NoACK am stärksten an der Stelle , wo später die Ablösung der Epidermis sichtbar wurde. Eine kurz vorher erschienene Studie verdanken wir SoLKREüKR^), der bei Blättern von Buxus dasselbe haarartige Aus- wachsen der Mesophyllzellreihen beobachten konnte , wie ich es bei Äpfehi, Kh'schen, Aprikosen gesehen und in Fig. 107 abgebildet habe. Dafs diese Überverlängerung der Zellen des Blattfleisches eine bei reichlicher Wasserzufuhr auftretende Folgeerscheinung ist, hat Solereder experimentell bewiesen , indem er die Blattunterseite entfernte und die Pflanzen in feuchtem Räume aufstehte. Er fand dabei auch die Entstehung von Cuticularwarzen an den Zellmembranen, ähnlich denen, die ich von den Wollstreifen des Apfelkernhauses (S. 325) abgebildet und auch bei Frostblasen der Kirschblätter beobachtet habe. Der An- fang der haarartigen Überverlängerung der Zellen zeigt sich in den Gefäfsbündelscheiden, also an denselben Stellen, die sich bei der Kork- sucht der Kakteen (S. 429, Fig. 71) als die Ausgangspunkte der krank- haften Streckungsvorgänge erkennen liefsen. Wir sehen darin einen experimentellen Beweis für unsere Anschauung, dafs die genannten Störungen auf AVasserüberschufs zurückzuführen sind. Die Frage, ob die Frostblasen durch das ausgeschiedene Eis ent- stehen oder schon vorher durch Spannungsdifferenzen bei der Kälte sich bilden und nur den Eisbildungen den bequemsten Raum zur Ab- lagerung bieten, werden wir später im Zusammenhang mit anderen mechanischen Froststörungen noch einmal besprechen. Hier sei vor- läufig nur hervorgehoben, dafs die bei dem Apfelblatt abgebildeten Gewebelücken (aiif der Oberseite der Rippen und unterseits an deren Böschungen) ein typisches Frostmerkmal darstellen, das bei den ver- schiedensten, auch überwinternden grünen Blättern häufig zu finden ist. Kammartige Zerschlitzung der Blätter. In einzelnen Jahren mit Spätfrösten ist die Erscheinung nicht selten zu finden, dafs die sonst zusammenhängenden Flächen von Baumblättern mannigfach zerschlitzt erscheinen, und damit denjenigen Formen sich nähern, die als ,,/b?/« Jaciniata'' bezeichnet werden. Während aber bei den im Handel befindlichen Gehölzarten die ge- schlitzte Blattform ein im Entwicklungsgange des Individuums fixierter, durch Veredlung übertragbarer Zustand ist, bildet die Frostzerschlitzung ein vorübergehendes Stadium, das noch in demselben Sommer zur normalen Blattform zurückkehrt. Das häufigste Auftreten der Erscheinung hatte ich Gelegenheit bei Aesculus B/pjmcastanion im Frühjahr 1903 zu beobachten. Die in Fig. 108 dargestellte Erscheinung war auf die unteren, also zuerst aus der Knospe hervorgetretenen Blätter eines jeden Triebes beschränkt. An demselben Teilblättchen fanden sich Übergänge von den tiefen, zur Mittelrippe reichenden Einschnitten (Fig. 108 c) bis ziu- normalen un- geteilten Blattfläche (Fig. 108 /"). An derartigen Übergangsstellen be- merkte man . dai's genau in der Mittellinie eines jeden , zwischen zwei paraUolen Seitenrippen ausgespannten Intercostalfeldes sich ein hellerer, durchscheinender Streifen vorfand, an welchem stellenweise das Gewebe eingebrochen war (Fig. 108 r/). Die Randzone einer solchen Einbruchs- ^) S;ji.EKKi.Ku, H., Über Frostblasen und Frostflccken an Blättern. Centralbl. f. BakterioL, II. Abt., Bd. XII, 1904, Nr. 6'8. -) Sou.MEi!, P., Kammartige Kastanienblätter. Z. f. Pflanzenkrankh. 1903, S. 214. 534 II. Schädliche atmosphärische Einflüs stelle zeigte ebenso wie der Saum der einzelnen fiederigen Schlitzzipfel vielfacli eine etwas gelbliche , härtere , manchmal ein wenig schwielig hervortretende Linie. Dieser schwielige Saum bestand aus tafelförmigen Korkzellen, denen nach aufsen hin nicht selten Fetzen von abgestorbenen Mesophyllzellen anhafteten. Man ersieht daraus, dafs die kammartigen Einschnitte nicht bereits in der Knospe angelegt gewesen, sondern erst später entstanden sind. Fig. los. In der Knospenlage durch Frost beschädigtes und bei der Streckung kammartig zerrissenes Blatt der Rofskastanie. (Orig.) In den vorerwähnten durchscheinenden Linien, die erst stellenweise eingebrochen waren, fand man am unverletzten Teile das Mesophyll abgestorben. Der Zellinhalt war noch reichlich vorhanden, aber braun und zusammengeballt. Die Gefäfsbündel zeigten die bekannten Frost- bräunungen. Dafs gerade stets die Mittellinie der Litercostalfelder vom Frost beschädigt worden ist, erklärt sich durch die eigenartige Faltung der Blattflächen in der Knospenlage, Dieselben Erscheinungen fand ich noch bei Acer Fseudoplatanus und einzelnen derbblätterigen anderen Ahornarten, bei letzteren jedoch Wärmemangel. 535 nur in Form unregelmäl'siger Durchlöcherungen. Laubert ^) beobachtete fiederige Zerschlitzung bei Blättern von Birke und Weifsbuche. Thomas-) deutet die Schlitzblätterigkeit hauptsächlich als eine Folge der Windwirkung. Es ist seit A. Braun und Caspary hinlänglich be- kannt, dafs Kastanienblätter durch gegenseitige Reibung der Blatt- flächen durchlöchert und stellenweise zerschlitzt werden kcmnen; aber die hier geschilderte Erscheinung hat nichts mit der Windwirkung zu tun. Ich habe die Anfänge der Schlitzblätterigkeit bei Bäumchen ent- stehen gesehen, welche bald nach der Frostwirkung ins Zimmer ge- bracht worden waren ^). Das Aufziehen der Saaten. Abgesehen von den Schädigungen, welche die überwinternden kraut- artigen Pflanzen durch ein zu langes Liegenbleiben der Schneedecke erleiden können , indem sie vielfach ersticken , haben wir eine andere Erscheinung in Betracht zu ziehen, welche namentlich dem Getreide verhängnisvoll wnd, nämlich das Aufziehen der jungen Pflänzchen. Grade die stark wasserhaltenden Bodenarten sind es , welche das Aufziehen der Saaten durch Frost zeigen. Nach unbeständiger Winter- witterung, bei welcher auf nasse Tage scharfe Fröste plötzlich folgen, sieht man im ersten Frühjahr nicht selten eine Menge junger Pflänz- chen mit blofsgelegten Wurzeln auf der Oberfläche des Ackers, Ein Teil der Wurzeln ruht auch wohl noch mit seinen Spitzen in der Erde und fristet den Pflänzchen ein kümmerliches Dasein, während andere Würzelchen , vollkommen frei , mit abgerissenen Spitzen dem Vertrocknen diu"ch Wind und Sonne entgegengehen. Die Erklärung des Vorganges liegt sehr nahe. Der schwere Boden hält grofse Quanti- täten Wasser zm-ück-, dieselben gefrieren, schiefsen als lange, nadei- förmige Eiskristalle an und lieben dadurch die oberen Bodenschichten samt der jungen Saat in die Höhe. Wenn ein Teil der feinen Wurzeln bereits in gröfsere Tiefe gegangen ist, werden diese abgerissen. Bei dem nachfolgenden Auftauen kann sich zwar der Boden setzen , die jungen Pflänzchen aber können nicht mehr zurück. Die Wiederholimg des Vorganges bringt endlich obiges Resultat und, wenn man mit der Hilfe nicht schnell bei der Hand ist, namhafte Verluste zuwege. Die Hilfe beruht hier wohl meist in der Anwendung einer schweren Walze zu einer Zeit, wo das Feld schon einigormafsen abgetrocknet ist, aber die Pflanzen durch die wenigen, im Boden befindlichen Wurzeln sich noch frisch zeigen. Durch das Andrücken einer in Be- stockung begriffenen Saat erhalten die untersten Stengelknoten Schutz und Feuchtigkeit genug, um neue Adventivwurzeln zu treiben und auf diese Weise den Schaden an BefestigTings- und Ernährungsorganen wieder allmählich zu ersetzen. Namentlich bei Getreidepflanzen wird das Walzen günstig wirken, und es lassen sich bei feuchter Frühjahrs- witterung aus solchen aufgezogenen Pflanzen noch kräftige Halme heranziehen. ') Lai HEBT, R., Regelwidrige Kastanienblätter. Gartenflora, 52. Jahrg., 1903, Oktober. -) Thomas, Fh., Die meteorologischen Ursachen der Schlitzblätterigkeit von Aesculus Hippocastanum. Mitt. d. Thüring. Bot. Ver. 1904, Heft XIX, S. 10. 3) Siehe Z. f. Pflanzenkrankh. 1905, S. 234, Anmerk. 536 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse Als Vorbeugungsmittel wird selbstverstäiidlicli die Drainage wirken. Günstig mag sich auch ein Lockern mooriger Erde durch Überfahren mit Sand zeigen. Kühn ^) fand aulserdem in dieser Beziehung die Drillkultur wirksam, indem man hierbei die Saaten behackt. Zwischen diesen entstehen dadurch „kleine Rillen, in die sich die Nässe vorzugs- weise zieht, und so beobachtet man unter den angeführten Umständen in den Zwischenräumen ein Aufziehen des Bodens , während die Pflanzenreihen selbst unberührt bleiben". Hedwig") empfiehlt frühe Bestellung der Saat, um möglichst reichlich recht tiefgehende Wurzeln zu erzielen und dadurch die Pflanzen mehr im Boden zu befestigen. Ekkekt^) empfiehlt eine flache Saat, hauptsächlich aber die Anzucht kräftiger Pflanzen. Zur Befürwortung der flachen Saat scheint Ekkert durch den Ausspruch des Grafen Pinto -Mettkau bewogen worden zu sein , welcher angibt , dals nur tiefliegönde Saaten aufgezogen werden und bei diesem Aufziehen an der Basis des primären Internodiums reifsen, also an dem nur bei tiefer Saat sich stark streckenden Stengel- gliede , welches den Bestockungsknoten in die Nähe der Bodenober- fläche hebt. Diese Ansicht wird auch von Breymann*) geteilt. Die Unter- suchungen von Ekkert über die Festigkeit und Elastizität dieses untersten Stengelgliedes und der Wurzeln sprechen dafür, dafs die Wurzeln bei dem Aufziehen eher reifsen werden als das Internodium. Bei der flachen Saat ergibt sich die Möglichkeit, dafs nur die Wurzeln abreifsen und das flachliegende Korn also mitgehoben, der verletzten Pflanze .somit als möglicher Reservestoffbehälter noch erhalten bleibt. Die Be- schädigung würde somit geringer und bei Nachhilfe durch eine schnell- wirkende Frühjahrsdüngung leichter zu überwinden sein Als widerstandsfähige Art ist der J o h a n n i s r o g g e n empfohlen worden. Unter den Weizensorten findet sich eine russische Sorte, der Urt ob a- Weizen, als besonders widerstandsfähig angegeben. Übrigens werden weder Sorte noch Saattiefe den Ausschlag geben, sondern wohl vorzugsweise die Beschaflenheit des Bodens , dessen wasserhaltende Kraft dabei besonders ins Gewicht fällt. Bei den jungen Gehölzkulturen kommt bei Barfrösten auch ein Aufziehen der Saaten vor. Die mit kräftigen, langen Pfahlwurzeln ver- sehenen Kiefern- und Eichensämlinge leiden nicht, wohl aber die flach- wurzeligen Fichten und Tannen und von Laubbäumen die Schwarzerle in moorigen Böden. Innere Verletzungen bei jungem Getreide. Unbeachtet ist. es bis jetzt geblieben, dafs die Getreidepflanzen bei Barfrösten, auch wenn sie nicht aus dem Boden gezogen werden, innere Verletzungen erleiden, die bei anhaltend nasser Witterung- bequeme Einfallspforten für parasitäre Pilze bilden. Aufser den gewöhn- lichen Scliwärzepilzen finden wir den Schneeschimmel, den Roggenhalm- brecher, den Weizenhalmtöter u.a., welche die weitere Zerstörung der Pflanze übernehmen. Die für Pilzerkrankungen disponierenden Frost - 1) Krankheiten der Kulturpflanzen 1859, S. 11. ^) cit. bei Gröi'PKRT, Wärmeentwicklung usw. S. 236. ^) Ekkeht, Über Keimung, Bestockung und Bewurzelung der Getreidearten etc. Inauguraldissertation, Leipzig 1874; cit. in Biedermann's Centralbl. 1875, S. 204. *) Über das Auswintern des Weizens, des Rapses und des Rotklees. Biedermann's Centralbl. f. Agrikulturchemie 1881, S. 829. Warmem angel. 537 beschädignngen bestehen aiifser in einer Bräunung der Gefäfsbündel innerhalb des Bestockungsknotens namentlich in dem blasigen Abheben der Oberhaut an bestimmten Stellen des Getreideblattes. Solche Ab- hebungen zeigen sich selbst an ganz jugendlichen, noch in der KnosiDen- lage befindlichen Blättern, wie die beistehende Fig. 109 uns vorführt. Wir finden, dal's das .junge Blatt an seinem äufseren Rande (B) derartig vom Frost beschädigt ist, dal's die Zellen braunen, geballten Inhalt bekommen haben und zusammengesunken sind, also in kurzer Zeit ab- sterben werden (gs). Dagegen erscheint der übrige, noch schneckenförmig eingerollte Blattteil (A) vollkommen frisch und fortentwicklungsfähig. Yi^. liiO. 'j Junges, frostbeschädigtes Roggenblatt mit Abhe])ungen der Epidermis. (Orig.) Das während der Knospenlage sich oberseits bogig vorwölbende Blatt besitzt aufser den Hauptgefäfsbündeln {g) , über denen auf der Aufsenseite Hartbaststrängo (/>) angelegt sind, noch die erst in der mittleren , breiteren Blattregion zur Ernährung des vermehrten Meso- phylls sich abzweigenden schwächeren Bündel (//'). Von den durch Frost hervorgerufenen Gewebeveränderungen ist hervorzuliel^en , dafs sich radial gestreckte (r) zum Teil unregelmäfsig gezerrte (z) , ver- gröfserte Zellen mit stark verbogener Wandung nach dem Auftauen bemerkbar machen. Dieser Befund beweist, dafs sich abnorme Spannungs- verhältnisse entwickelt haben müssen. Diesen ist auch die am meisten augenfällige Erscheinung der Entstehung regelmäfsig gestellter Lücken 538 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. (?) zuzuschreiben. Die Lücken entstehen durch die blasige Abhebung der Epidermis vom eigentlichen Blattfleisch meist auf der Oberseite zwischen den Spaltöffnungsreihen (sp). Die Blattunter- oder Aufsen- seite zeigt nur spärliche Lücken von geringer Ausdehnung. Für das Zustandekommen der .Lücken bieten die stellenweise bemerkbaren tangen- tialen Streckungen einzelner, dabei zusammenfallender Epidermiszellen (ep und cz) einen bedeutsamen Hinweis. Der Epidermisbogen ist länger geworden, als er vor der Frostwirkmig gewesen ist, und diese Verlängerung erfolgte durch die Zerrung einzelner Zellen. Aufser diesen Blattabhebungen ist eine bei l' angedeutete radiale Zerklüftung des Gefäisbündels ein sehr charakteristisches Merkmal für Frost- beschädigung; dieselbe wird im Achsenkörper besonders bedeutungsvoll. Betreffs einer Unterscheidung der Lückenbildung durch Frost- wirkung von den senilen Gewebezerreifsungen geben wir in Fig. 110 den Querschnitt des ersten scheidenförmigen Blattes einer Roggenpflanze wieder, dessen Innengewebe im Laufe der normalen Entwicklung bei dem Ableben zerreifst; die dadurch entstehenden Lücken {h) sind stets tangential. TT^ Fig. 110. Natürliche Lückenbildung im scheidenförmigen Roggenblatt bei zunehmendem Alter. (Orig.) Innere Verletzungen im Getreidehalme. Viel wichtiger aber, als die Blattbeschädigungen sind die Frost- wirkungen im Halme , von denen wir meist keine Ahnung haben , da mit bloisem Auge eine Veränderung an der Pflanze nicht bemerkbar wird. Fig. 111 gibt die Abbildung eines frostbeschädigten unteren Halm- knotens vom Roggen. Das Gewebe des Halmes (H) ist fest umschlossen von der Scheide (Seh) , deren äufsere Epidermis mit c , deren innere mit e bezeichnet ist, während e" die Oberhautzellen des Halmes zeigt. Die bei allen Frosterscheinungen auftretende Bräunung der Gefäfse in den einzelnen Bündeln ist bei u und u' angedeutet, wo zwischen den weiten Ring- gefäfsen die engeren Spiralröhren am meisten geschädigt erscheinen. Bei hr befinden sich Nester gebräunter Parenchymzellen in der Scheide, bei br solche im Halm selbst; bei v und v zeigen sich gebräunte Zellpartien in der Scheide und im Halm, deren Wandungen äufserst stark aufgequollen sind, so dai's die ganze Zelle zu einer gleich- artigen gelben, gummiähnlichen Masse umgebildet erscheint. An anderen Wärmemangel. 539 .Seh Fig. 111 (obere Figur). Halmknoten aus einer frostbescliädigten Roggenpflanze. Flg. 112 [und 113 (untere Figuren). Verquellungen der Membranen an frost- beschädigten Blattscheiden eines Eoggenhalmes. (Orig.) 540 -^I- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Stellen (r) ist das Parenchym im Innenteil der Scheide zerrissen oder durch Abheben der Epidermis mit peripherischen Lücken versehen. In der Nähe derartiger Lücken oder manchmal an Stelle derselben treten gestreckte Zellen anf, welche daraufhindeuten, dais bei dem Gefrieren sich der Halm überwiegend in tangentialer Richtung zusammen- gezogen und die Epidermis gezerrt hat. Dadurch, dafs die Epidermis, nicht so elastisch wie das übrige Rindengewebe, infolge der Zerrung dauernd verlängert bleibt, mufs sie bei dem Nachlassen des Frostes sich stellenweise abheben (l und V) oder doch lockern, so dafs das darunter liegende Parenchym durch den verminderten Epidermisdruck nun schlauchförmig sich streckt (rd). Die vergröi'serten Zellen, die meist unter der äufseren Epidermis liegen (£), seltener auf der Innenseite sich finden {/) , besitzen manchmal stark verbogene oder gezerrte Wandungen. Diese Zustände sind in Fig. 112 und 113 vergröfsert dargestellt. Hier erscheinen die Quellungsvorgänge an den Wandungen so stark, dals man nur undeutlich die Grenzen der einzelnen Zellen noch zu unter- scheiden vermag und manche Zelllumina fast gänzlich verschwinden (v). Die mit den Quellungserscheinungen im vorliegenden Falle verbundene Lockerung des Epidermisdruckes hat nun die Überverlängerung des darunter liegenden Gewebes zugelassen, so dafs teils gröfsere Gruppen {rd) , teils vereinzelte verbogene, abnorm vergröfserte Zellen (^) , sich ausbilden konnten. Höchst beachtenswert sind endlich die Zerklüftungserscheinungen innerhalb der Gefäfsbündel und um dieselben. In den Gefäfsbündeln findet die Zerklüftung meist in radialer Richtung (Fig. 111 k) statt, und zwar derartig, dafs das zartere Gewebe zwischen den beiden weiten Gefäfsen zerreifst. Die Umgebung der Gefäfsbündel kann stellenweise so stark zerrissen sein (r), dafs das Bündel halbinselförmig in der Lücke liegt. Diese Erscheinung macht den Eindruck, als hätte sich das Parenchym infolge der Frostwirkung so heftig zusammengezogen, dafs es von den nicht nachgebenden Bündeln abgeplatzt ist. Falls derartige Spannungsdififerenzen weniger extrem sich geltend machen, wird das Parenchym in der Umgebung der Bündel nur stark gezerrt, so dafs nachher vergröfserte Parenchymzellen mit verbogenen Wandungen ent- stehen {/). Von hervorragender Wichtigkeit für das Leben der Pflanze sind die Beschädigungen der Gefäfsbündel, deren Elemente unbedingt an Leitungsfähigkeit einbüfsen müssen. Es ist daher erklärlich, dafs frostbeschädigte Pflanzen in ihrer Entwicklung zurückbleiben, und dafs sie , selbst ohne Mitwirkung parasitärer Organismen , die besonders gern geschwächte Saaten aufsuchen , weniger Stroh und namentlich schlecht ernährte Körner liefern. In der Regel kommt aber noch eine parasitäre Beschädigung durch Rost, Schwärzepilze und andere Blatt- und Spelzenbewohner hinzu. Denn da niemals alle Pflanzen eines Feldes gleich stark leiden (weil aufser der individuell verschiedenen Widerstandsfähigkeit die Bodenunebenheiten bald frostfördernd, bald frostschützend wirken), so ist auch die Entwicldung der Halme eine unregelmäfsige. Zwischen kräftig fortwachsenden Exemplaren stehen die stärker beschädigten im Schatten und Druck der ersteren. Licht- und Luftmangel und Steigerung der Feuchtigkeit zwischen den unter- drückten Pflanzen begünstigen die Ansiedlung und massenhafte Aus- breitung der Pilze. Wärmemangel. 54]^ Halmknicken. Die vorstehend geschilderten Veränderungen in frostbeschädigten Halmen haben nun, je nach den Stellen, wo der Frostangriff am inten- sivsten war, verschiedene Folgeerscheinungen aufzuweisen. Der häufigste Fall ist, dafs bei Spätfrösten die Halmbasis angegriffen wird. Meistens treten diese Schädigungen nesterweise im Acker auf, weil die kalte Luft sich in tiefliegenden Bodenmulden anhäuft. Hier sammelt sich aber auch am meisten die Feuchtigkeit von den atmosphärischen Niederschlägen, so dafs zu den Froststörungen die parasitäre Ansiedlung kommt. Die Halmbasis kann dann vermorschen und der Halm um- knicken. Viele der als durch Lepiosphaeria und Ophioholus vcranlafst dargestellten Fälle von Halmknicken erweisen sich als kombinierte Er- scheinungen, zu denen der Frost die erste Veranlassung gegeben hat. Es kommen aber auch andere Fälle vor, bei denen die Halme nicht an der Basis , sondern in verschiedener Höhe umknicken. Die Er- scheinung tritt nicht immer in einzelnen Nestern auf, sondern ist bis- weilen streifenweise zu finden und zeigt sich so, dafs gesunde und kranke Halme gemischt stehen. Derartige Fälle geben nicht selten zu Streitig- keiten Veranlassung, indem sie grofse Älmlichkeit mit Hagelschäden haben. Eine Entschädigung wird aber dann seitens der Hagel- versicherungsgesellschaften abgelehnt, da sich keine Anschlagsstellen der Hagelkörner nachweisen lassen. Bei dem basalen Halmbruch erweist sich der Halmgrund braun, und die Bestockungstriebe sind fast sämtlich abgestorben, vielfach sogar erweicht und stets von Mycelpilzen, bei anhaltender Feuchtigkeit auch von Bakterien , Milben und Anguillen besiedelt. Bei dem Umknicken in höheren Halmregionen erscheint der Halmgrund fest und grün; die Bestockungstriebe sind nur vereinzelt abgestorben und mehrfach ohne Verpilzung. Am häufigsten zeigt sich die culmale Knickstelle am zweiten oder dritten Liternodium oberhalb der Bodenoberfläche und charakterisiert sich als teils einseitige, teils ringsherum verlaufende l)raune Zone, deren Färbung nach dem nächst höheren Knoten hin an Intensität zunimmt. Demnach erscheint die dicht unterhalb eines Knotens belegene Region eines Halmes als die am meisten empfindliche. Dennoch vermag der an das tiefgebräunte Gewebe oberhalb anstofsende Knoten häufig noch eine Aufwärtsbiegung des umgelegten Halmes aus- zuführen , so dafs derselbe mit einem Knie wieder aufrecht zu stehen kommt. Aber die Ähre an solchen Pflanzen ist schwach und lückig. Die Wurzeln erscheinen gesund, der gebräunte Halmteil fast stets ohne irgendeine Pilzvegetation. Die Kahlährigkeit. Die scheinbar am wenigsten mit Frostschäden Beziehungen be- sitzende Erkrankung ist die Kahlährigkeit, wie sie in Fig. 114 A und B uns entgegentritt. Die Erscheinung ist bisher von mir nur bei Roggen gefunden worden , und ich schildere nunmehr einen Spezial- fall, den ich im Juni 19U0 zu beobachten Gelegenheit hatte ^). Hier zeigten sich die Hahne meist von normaler Gröfse und kräftigem Wuchs, aber besafsen im obersten oder nächstunteren Gliede bleichgelbe, später ') SoRAUER, P., Über Frostbeschädieungen am Getreide und damit in Ver- bindimg stehende Pilzkrankheiten. Landw. Jahrbücher 1903, S. 1. 542 II. Schädliche atmosi^härische Einflüsse. Fig. 114. Verschiedene Formen der Kahlährigkeit. (Orig.) strohfarbige bis liraun- gelbe , oft dunkler um- säumte Flecke, die oft zu einer den Halm um- fassenden Binde sich erweiterten. In anderen Fällen erwies sich der Halm bis zum obersten Internodium ganz gesund. Oberste Blattscheiden und Blätter aber waren strohfarbig gefleckt (Fig. 114 Bt) oder ge- tupft; höchster Teil des Halmes nebst Basis der Ährenspindel rötlich- strohfarbig, Ahrenspindel selbst braungliedrig, lachsfarbig punktiert, am Grunde ganz kahl (k) und weiter aufwärts mit an- fangs fädigen, später et- was breiter werdenden papierartigen Spelzen be- deckt (ftp). Die Spitze der Ähre kann dabei noch zur vollständigen Entwick- lung kommen, wie Fig. 114 B zeigt, und in dem Mafse, wie man sich dem grünen Gipfelteil der Ähre nähert, sieht man, wie die fadenartigen, weifsen Spelzen derber und gröfser werden und sich in ihrer Beschalien- heit dem normalen Zu- stande nähern. Bisweilen findet man Gruppen be- reits ergrünter und fleischiger Spelzen im Verlaufe des kahlbleiben- den Spindelteils (Fig.i?^). In Fig. A isf ein Fall dargestellt, bei welchem die unteren Spelzen nor- mal und grün , die ober- sten zwar normal in Gröfse und Gestalt sind, aber ein rosa- strohfarbiges Aussehen haben. Zwischen Gipfel und Basis ist die Ähren- Wärmemantj-el 543 Spindel nackt. In den intensivsten Fällen der Beschädiguno; ist an Stelle der Ähre nur eine kahle , braungiiedrige , lachsfarbig punktierte Ährenspindel übrig geblieben. Die lachsfarbigen Punkte sind die Ansatzstellen der Ährchen , die durch üi3pig entwickelte Pilzrasen gefärbt sind. Fast bei allen Formen der Kahlährigkeit biegt sich dui'ch Vertrocknen des kahlen Spindelteils die Ährenachse krummstabförmig (Fig. 114 B g). An den im Bilde vorgeführten Beispielen erkennt man deutlich , dafs die Kahlährigkeit ganz lokal wirkenden Ursachen ihre Entstehung ver- danken mufs. Wenn man diese Erscheinungen auf einem Felde studierte, auf welchem besonders zahlreiche Pflanzen an Kahlährigkeit litten, be- merkte man, dafs die Beschädigungszonen in annähernd gleicher Ent- fernung vom Boden zu linden waren. Es mufste somit die schädigende Ursache für die Kahlährigkeit in einer Luftschicht sich befunden haben, die ausschliefslich in einer gewissen Entfernung vom Boden vorhanden gewesen ist. " Je nachdem nun die nach ihrer individuellen Entwicklung FiK. ii; Quersclinitt durch ein Internodium der Ährenspindel eines au Kahl- ährigkeit leidenden Roggeiihalmes. (Orig.) in verschiedenen Stadien befindlichen Roggenpflanzen in diese schädi- gende Luftschicht hineingereicht haben, sind sie verschieden beschädigt worden. Daraus erklärt sich, dafs bald der untere, bald der obere Teil der Ähre kahl geworden ist. Bei den bestentwickelten, höchsten Pflanzen, bei denen die auf den längsten Halmen stehenden Ähren sich bereits oberhalb der schädigenden Luftschicht befanden, sind die Ähren selbst gänzlich unverletzt geblieben: nur das oberste Halmglied hat eine bleiche Binde erhalten. Bei Erwägung der Ursache der Kahlährigkeit liegt die Vermutung am nächsten, dafs der an den Binden und namentlich an der Ähren- spindel erkennbare und an den Ansatzstellen der Blüten in lachsrosa Raschen auftretende Pilz die Kranklieit veranlafst habe. Diese An- nahme ist jedoch, irrig, da auch schwere Beschädigungen der Spindel beobachtet worden sind, ohne dafs die Gegenwart von Pilzen nach- gewiesen werden konnte. Es ist deshalb dieser Pilz, der zur Gattung Acremonium gehört, als eine sekundäre Ansiedlung. ebenso wie das selten fehlende CJadosporium anzusprechen. :.44 II. Schädliche atmosphärische Eiiiflüj Untersuelite man mm die geschädigte Spindel an bleichen Stellen. an denen Acremoniuin s^icli nicht angesiedelt hatte . so bekam man die Bilder, die in Fig. 115 mid 1U5 dargestellt sind. Fig. 115 stellt den Querschnitt durch ein Internodiimi , Fig. 110 den dm-ch einen Knoten der Ährenspindel dar. Mit c ist die Epidermis, mit h deren Haare bezeichnet. // gesunde Gefäisbündel , (f ein Btindel mit gequollenen, gebräunten ÄVandungen, gs Gefälsbündelscheide. /; Bastteil, hg Holzteil des Bündels , u tief braunes Gewebe zwischen den beiden groisen Ge- talsen, welches am empfindlichsten ist und bei verschiedenen anderen Ursachen sich auch zuerst geschädigt erweist : pr gesunde Prosenchym- zellen, pr^ solche mit gesunder AYandung, aber braun ausgefülltem Lumen, pr" Prosenchym mit farblosem Iinienraum, aber tief gebräiuiten "Wandungen, r Parenchymzellen in Epidermis imd Eindengewebe mit Fig. 11(>. Querschnitt durch den Nodns einer kahlährigen Spindel. (Orig.) gelben, dick verquollenen AVandungen und schwer oder nicht mehr erkeimbarem Liunen, z gezerrte Zellen in der Umgebung der gimimi- ähnlich verquollenen Gewebeherde , hJ Basalteil eines Ahrchens , das hier vom Knoten abgeht. Man findet somit an den kahlen Stellen der Alu'enspindel alle die- jenigen BeschädigTuigsformen wieder, die in den unteren Halmknoten frostbeschädigten Getreides bemerkbar sind: nur sind an Stelle der Gewebezerklüftungen die Membranquellungen vorherrschend. Dieselben sind besonders ausgedehnt an den Ansatzstellen der Alu'chen, weil dort viel reichlicher parenchymatisches. also frostempfindliches Gewebe vorhanden ist. Und solche gummiähnUch verquollenen Gewebeherde liegen tief im Innern der Spindel. Durch diesen anatomischen Befund unterscheidet sich die Kahlährigkeit durch Frost von den ähn- lichen, lange bekannten Ahrenbeschädiguno-en durch die Getreideblasen- "Wärmemangel. 545 füfse (TJm'ps), deren Saugstellen oberflächlich bleiben. Allerdings findet man auch nicht selten an den frostbeschädigten Ähren Blaseniülse, da diese Tiere geschwächte Organe mit Vorliebe aufsuchen : aber ihre meist geringe Zahl und die Veränderung des Gewebes der Spindel lassen keinen Zweifel, dafs es sich hier um eine sekundäre Besiedlung handelt. Ausschlaggebend ist der Umstand, dafs es mir gelungen ist, durch künstlichen Frost alle hier geschilderten Blatt-, Haim- und Ahrenbeschädigungen hervorzurufen. Auch alle ver- schiedenen Formen der Könierschrumpfung konnten experimentell er- zeugt werden. Die Kahlährigkeit dm^ch Frost tritt nur in einzelnen Jahren und in gröfserer Ausdehnung blofs an bestimmten Lokalitäten auf. Der Gedanke, dais niu" einzelne Regionen des Halmes durch Frost beschädigt werden, wie dies bei der Kahlährigkeit vorausgesetzt werden mufs, hat anfänglich etwas Befremdliches. Aber man wird sofort ver- trauter damit, wenn man die Regionen ins Auge fafst, die gelitten haben. Entweder ist es der zuletzt aus der Scheide herausgetretene Basalteil der Ähre, samt dem anstofsenden obersten Teile des Halmes, oder es ist der unmittelbar unter einem Knoten belegene Teil eines Internodiums, der dann die Frostbinde zeigt. Diese genannten Regionen sind aber die weichsten und empfindlichsten am ganzen Halme, und analoge Erscheinungen finden wir auch bei dikotylen Gewächsen, bei denen wir Blüten- und Fnichtstiele niu' an der Stelle verletzt und ge- schwärzt sehen, die unmittelbar an den Blütengrund angrenzt, während der ältere Teil gesund bleibt. Wie die Witterungsverhältnisse sich gestalten müssen, um bei dem Getreide die lückigen Ähren oder die Halmbinden hervorzm'ufen, konnte durch Beobachtung nicht festgestellt werden, weil man doch erst längere Zeit nach der Frostwirkung auf die Erscheinung aufmerksam geworden war. Einzelne der zu Rate gezogenen Meteorologen neigen zu der Ansicht, dafs der Tau dabei eine Rolle spiele. Die Frostnächte im Mai sind meist windstill, und die Beschädigung der Pflanzenteile erfolgt durch Abkühlung der Organe infolge von Strahlung. Die Bodenoberfläche selbst kaim sich bei einem bestandenen Roggen- felde nicht sehi' stark abkühlen, da sie ihre Tageswärme dm'ch den Mantel, den die zwischen den Halmen befindliche, schwer bewegliche Luft bildet, lange behält. Die stärkste Abkühlung dm-ch Strahlung kann nur in den oberen Halmregionen erfolgen. Diese sind aber von dem nächtlichen Tau bedeckt. Wenn sich nun plötzlich der Morgen- wind bei Sonnenaufgang erhebt und schnelle Verdunstung des Taues einleitet, kann diese Verdunstungskälte bis unter den Gefrierpunkt kommen. Alle Stellen mit geringerer Taumenge, sowie die Teile, die durch vorliegende andere Halme geschützt werden, bleiben dann vor dieser bis auf den Gefrierpunkt sinkenden Al)kühlung bewahrt. Die Verteilung des Taues auf denselben Pflanzenteil wird aber auch verschieden sein insofern , als die Stellen , welche durch Biegimg des Organes horizon- taler als andere geneigt sind, grölsere Taumengen festhalten werden. Unter den der Frosttemperatur ausgesetzten Organen werden jedoch auch nur wieder die besonders zarten leiden, und so erklärt sich, dafs an einer Ähre blofs einzelne Stellen beschädigt werden können. Für die Tatsache , dafs vorzugsweise die Ährenbasis geschädigt sich erweist, kommt der Umstand erklärend hinzu, dafs der Frost nicht die plasma- reichsten, sondern die plasmaarmen Organe unter sonst gleichen Ver- Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 35 54(5 II' Schädliolie atmosiDhärisclie Einflüsse. hältnissen zuerst beschädigt. Die Ährchen an der Basis der Ähre sind aber die schlechtest ernährten und plasmaärmsten, wie jede gesunde Getreideähre erkennen lälst. Infolge einer Unterhaltung mit dem Direktor der Deutschen See- warte, Herrn Admiral Herz, lieis mir derselbe in liebenswürdiger Weise später folgende Erklärung zugehen. „In Pflanzendickichten, sie mögen hoch oder niedrig sein, wird einerseits der Boden durch Beschirmung gegen die nächtliche Ausstrahlung geschützt, andrerseits geht diese Ausstrahlung von der Oberfläche des Dickichts kräftig und, wegen der schlechten Wärmeleitung, sehr wirksam vor sich. Aber die an den Blättern erkaltete Luft sinkt in das Sieb des Dickichts herab, wie sie an den Hängen in die Mulden des Bodens hinabsinkt Es ist deshalb sehr wohl denkbar, dafs die niedrigsten Lufttemperaturen etwas unter der Oberfläche eines solchen Dickichts sich einstellen, besonders wenn einerseits seine Dichte nach unten zunimmt und andererseits die Wipfel auch durch einen leichten Wind vor allzuweit gehender Erkältung geschützt werden." In welcher Weise tatsächlich im E]'eien sich die Vorgänge abspielen, welche die schädigende Abkühlung einzelner horizontaler Luftschichten in gröfserer Entfernung von der Bodenoberfläche zuwege bringen, bleibt weiterer Beobachtung überlassen. Aber dais Kahlährigkeit durch der- artige Frostwirkungen hervorgerufen wird, zeigt eben das Experiment, bei welchem ein Hohlzylinder mit einem die Kältemischung enthaltenden Mantel über den oberen Teil blühender Roggenhalme gestülpt worden war. Bei der Unmöglichkeit für die einzelnen horizontalen Luftschichten innerhalb des Gefrierzylinders, sich schnell zu vermischen, erwies sich auch nur eine bestimmte Zone derart abgekühlt, dafs sie die geschilderten Ährenbeschädigungen zuwege brachte, Dafs auch bei Waldbäumen sich Beschädigungen einstellen, welche auf das Vorhandensein einer den Frosttod herbeiführenden Luftschicht oberhalb der warmen Bodenoberfläche hinweisen , schliefsen wir z. B, aus den Beobachtungen von Nördlinger ^). Er sah im Juni 1862 im Hohenheimer Oberen Walde junge Schosse von Säle , Eichen und Aspen, im August 1883 mehrere Weidenarten, namentlich Sah\r fragiUs, am Grunde der Blattstiele erfroren, ohne dafs eine Frostnacht eingetreten gewesen wäre. Bewegungserscheinungen durch Prost. Bei manchen den Frost überlebenden Pflanzen erfolgen bei dem Gefrieren eigentümliche Be wegungs er s ch einungen, welche bei dem Auftauen wieder verschwinden. Göppert (Wärmeentwicklung in den Pflanzen S. 12) erwähnt die Beobachtung von Linne , dafs die Blätter einer Wolfsmilch {Euphorbia Lathyris) sich mit der Spitze ab- wärts neigen, bis das Blatt dem Stengel anliegt. Die Blätter vom Goldlack {Cheiranthu^ Cheiri) sehen im gefrorenen Zustande wie ver- welkt und mannigfach gekrümmt aus und erlangen nach dem Auftauen wieder ihre frühere Beschaffenheit und Stellung, Wittrock ") erblickt in den Bewegungserscheinungen einen Schutz gegen Winterkälte. Beispielsweise biegen sich die immergrünen Wurzel- 1) NöRDLiNGER, H., Lehrbuch des Torstscliutzes, Berlin, P, Parey 1884, S. 347, 2) Bot. Ges. zu Stockholm. Sitz. v. 24. Oktob. 1883; cit. Bot. Centralbl, 1883, Nr. 50, S, 350, Wärmemangel. 547 blätter zahlreicher Kräuter rückwärts und abwärts, so dafs wenigstens der äulsere Teil der unteren Blattfläche gegen den Boden gedrückt erscheint; im Sommer stehen sie schräg aufreclit. Besonders deutlich bemerkbar ist dies bei Hypochoeris macidaia L. , Gciim urhanum L., Cerefolium sativum L. u, a. Auch einige zeitige Frühlingspflanzen, wie lianunculus Ficaria />., zeigen dasselbe Verhalten. Haktig erkennt in diesen Erscheinungen gleichsam ein Welken der Pflanzenteile infolge der Schlaffheit der Zellen, aus denen Wasser in die Intercellular- räume herausgefroren ist. Da je nach der Jugend und Ausbildung des Gewebes das Ausfrieren des Wassers in verschiedenen Regionen des Organes verschieden sein wird, so dürfte sich dadurch auch die Ver- schiedenartigkoit der Bewegung bei Frost erklären. Derartige Bewegungserscheinungon sind aber keineswegs an die Eisbildung gebunden und sind nur extreme Fälle thermonastisclier Reaktion , die , wie Pfeffer ^ j erwähnt , schon in den abendlichen Senkungen von Blüten, Blättern und Sprossen zum Ausdruck kommt. VöCHTiNG^) beobachtete an Mhnulus TUinyii Rgl. , dafs im Frühling- Sprosse bestimmten Alters bei hoher Temperatur emporwachsen, bei niedriger dagegen eine horizontale Richtung behalten oder, falls sie bereits aufrecht sich entwickelt haben, die horizontale wieder annehmen. Beleuchtung und Luftfeuchtigkeit sind dabei ohne Einflufs. Er meint, dafs bei andauernd geringen Wärmegraden die Pflanze nur kriechende Triebe entwickeln dürfte , an denen niemals Blüten entstehen. Mit dem Blühen hört diese Empfindlichkeit auf, die als Psychr oklinie bezeicluiet wird. Dafs es sich bei derartigen Bewegungen nicht blofs um Turgoränderungen handelt, sondern wirklich auch Roizwirkungen vor- liegen, schliefst LiDFOKSs^) aus zahlreichen Beobachtungen an Holosteum, Lamhim, Vcronica usw. mit denen auch Klinostatenversuche angestellt wurden. Bei höherer Temperatur sind die Stengel negativ geotropisch, bei Temperaturen unter + G " dagegen diageotropisch und epinastisch. Hier wirkt aber das Licht modifizierend, indem bei Lichtabschlufs die Stengel trotz der niederen Temperatur nicht mehr dia-, sondern negativ geotropisch sind. Rein thermonastisclier Natur sind dagegen die Bewegungen der Blütenstiele von Anemone nemorom , die bei niederer Temperatur ab- wärts gekiHinunt sind, bei höherer aber aufrecht stehen. Bei den Blattstielen und Blattflächen bemerkt man vielfach die Annahme einer Horizontalstellung oder, an höheren aufrechten Achsen, das Zurückbiegen unter die Horizontalebene. Hervorheben möchten wir dabei aber den Umstand , dafs die Bewegungen sich meist in den Gelenken vollziehen und bei derselben Pflanze nicht immer gleichsinnig sich zeigen. Es kann vorkommen, dafs bei zusammengesetzten Blättern ein Teil der Foliola nach oben geschlagen ist, wälu'end die Mehrzahl nach unten sich zurückbiegt, dafs also einmal die morphologische Ober- seite der Gelenkpolster sich verkürzt, ein andermal die Unterseite. Unter den Krümmungen, die bei Eisbildung besonders deutlich in die Erscheinung treten, ist das Rollen der Blattflächen hervorzuheben. Ein sehr leicht zu beobachtendes BeisjDiel bieten unsere winterharten 1) Pfeffer, Pflanzenphysiologie, II. Aufl., 2. Bd. (1904j, S. 495. -) Bot. Jahresb. 1898, I, S. 582. ^) LiiiKuRss, Bexgt, Über den Geotropismus einiger Frülijahr.spflanz3n. Jahrb. f. wiss. Bot., 38 Bd., 1902, S. 343. (Z. f. Pflanzenkrank., 1903, S. 277.) 35* 548 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Rhododendron. Hakshbekger ^) beschreibt einen Fall bei Bhododendron maximmn , bei welchem sich die Blattstiele bis um 70 "^ senkten und die Blattränder sich stark rückwärts rollten, so dais die Oberseite vor- gewölbt erschien. Wurden die Pflanzen ins warme Zimmer gebracht, hatten schon nach 5 Minuten ihre Blätter in normale Stellung sich be- geben. Als Grund dieses Vorganges vermutet H. eine eigenartige Reizbarkeit des Plasmas , während ich Spannungsdiflerenzen zwischen den verschieden gebauten Gewebeschichten annehme. Bei mehreren holzigen Pflanzen sieht man eine Bewegung der Zweige und Äste und zwar proportional der Kälte. Nach Caspary^) richten Acer Negimäo und Pierocarya caucasica ihre Beastung auf, während Larix , Pinus Strohus sowie Tilia parvifolia die Äste senken ; Aesculus H/ppocasianuni und rubra sowie Carpinus Betnlns senken die Äste bei geringen Frostgraden und richten sie bei stärkerer Kälte wieder auf. Bei dieser Hebung oder Senkung vollzieht sich gleichzeitig eine seit- liche Bewegung, die bei einzelnen Arten nach rechts, bei anderen nach links hin erfolgt. An Cornus sanguinea sah Frank ^) die ein- bis drei- jährigen Ästchen stark wellenförmig geschlängelt und umeinander gewunden. Die meisten Krümmungen zeigten sich deutlich nach einer und derselben Himmelsgegend orientiert, so dafs von Frank auf die AVirkung eines aus bestimmter Richtung kommenden kalten Luftstromes geschlossen wurde. Die Ursache für die genannten Bewegungs Vorgänge an Blättern und Blattstielen sowohl als auch bei Zweigen möchten wir, wie gesagt, in SpannungsdiÖerenzen suchen, welche teils durch Turgescenzänderungen, teils durch ungleiche Zusammenziehung verschiedener Gewebeformen innerhalb desselben Organs bei Eintritt der Kälte zustande kommen. Dafs eine Steigerung der Turgescenz der parenchymatischen Gewebe bei der „Frostwelke" der Blätter unter Umständen die Straffheit derselben wieder herstellen kann, beweist ein Versuch, den ich bei Aesculus Hippocastcmum ausgeführt habe. Ein dreijähriges Topfexemplar wurde im Februar in ein Warmhaus gestellt. Es entwickelte sich sehr kräftig bis Mitte März, so dafs der Terminaltrieb bei 14 cm Länge sechs Blätter zur Entwickhmg brachte. Das gröfste Blattfiederchen der beiden jüngsten Blätter besafs eine Länge von 2,5 cm und bei den unteren, älteren von 5 cm bei 9 cm Blattstiellänge. Die Pflanze kam am 14. März ins Freie. In der folgenden Nacht sank die Temperatur auf — 2,5^ C, und am nächsten Morgen bemerkte man an vier der ältesten Blätter ein scharfes Einknicken der Blattstiele etwa in ihrer Mitte oder etwas unterhalb derselben. Die Knickstelle war flach zusammengedrückt und begann alsbald schlaft' zu werden. Die Spitzen der Teilblättchen, die sonst kein welkes Aussehen hatten, waren an den geknickten Blättern schlaff und fingen an, sich braun zu verfärben. Da ein solches Knicken der Blattstiele bisher nicht beobachtet worden war, wurde dieselbe Pflanze in der Nacht vom 21. — 22. März wiederum ins Freie gestellt. Die Temperatm^ sank bis — 7 " C , und ^) Hahshbergkr, John, Thermotropic movements of the leaves of Rhododendron maximum; cit. Bot. Jahresb. 1899, II, S. 141. ^) Eeport of the international Horticultural Exhibition etc., London 1866 ; cit bei Xördlinger, Forstbotanik, I, S. 201. 3) FuAXK, A. B., Krankheiten d. Pflanzen. Breslau 1895, Bd. I, S. 187. Wärmemangel. 549 am nächsten Morgen hingen die Fiederchen sämtlicher Blätter im scharfen Winkel abwärts. Die jüngsten Blättchen zeigten die Er- scheinung im geringsten Grade. Selbst in noch gefrorenem Zustande erschien kein Teil der jungen Triebe spröde oder von glasiger Be- schaffenheit, so dafs auf eine Bildung von Eiskrusten im Gewebe kaum geschlossen werden konnte. Die Blättchen waren weich und schlau' und von graugrüner Färbung, und die Blattstiele, solange die Pflanze im Freien stand , im starken Bogen nach abwärts gerichtet , aber noch nicht geknickt. Die Knickung trat erst nach einigen Stunden im Zimmer ein, und zwar, wie bei der erst beobachteten Beschädigung, wiedenim etwa in der Mitte der ganzen Länge. Diese Stelle schrumpfte alsbald und bräunte sich. Gleichzeitig begannen sämtliche Teilblättchen mit Ausnahme der jüngsten, von ihrer Ansatzstelle aus sich zu schwärzen, wobei die Spitzen sich nach oben krümmten und trocken wurden. Die Knickungsvorgänge müssen auf Hebelwirkung bei verminderter Turgescenz zurückgefüln-t werden. Denn sobald man einzelne der bei der schwachen Frostwirkung eingeknickten Blätter abschnitt und in Wasser stellte, verschwanden trotz der Knickstelle die Welk- erscheinungen, und es trat eine grofse Straffheit der Gewebe ein. Zwar behielten die Teilblättchen ihre dem Jugendstadium eigene Abwärts- neiginig, aber ihre Intercostalfelder wölbten sich stark zwischen den Rippen hervor, und ihre Seitenränder begannen sich nach unten zu richten. Das Welken und Umknicken erklärte sich durch die inneren Zer- klüftungserscheinungen im Markkörper des Blattstieles. Bei der Kastanie hat der Blattstiel insofern eine der Achse ähnliche Struktur, als er einen geschlossenen Gefäfsbündelkreis besitzt, der die breite, farb- lose Markscheibe vollständig gleichmäfsig umgibt und in einer der Markkrone ähnlichen Abstufung in dieselbe übergeht. Schon nach der schwächsten Frostwirkung bemerkte man an den Blattstielen, die noch nicht eingeknickt waren , aber durch Erschlaffung der ent- sprechenden Stelle als zur Einknickung vorbereitet sich erwiesen, dafs dort der Markkörpor Lücken in meist radialer Richtung besafs. Das- selbe zeigte sich an der Blattstielbasis. Dadurch, dafs der hier im Zentrum der Markscheibe verlaufende , aus ein bis zwei Bündeln be- stehende Gefäfskörper unberührt blieb und die Risse im Markparenchym allseitig radial verliefen , fand man bisweilen eine eigenartige , stern- förmige Zerklüftungsfigur. Bei den Blättern, welche erst nach der zweiten, stärkeren Frostwirkung eingeknickt waren, erschien die Zer- klüftung der Markschoibe bisweilen so stark, dafs der zentrale Gefäfs- bündelstrang nur noch durch einen schmalen Parenchj^mstreifen mit den peripherischen Gefäfsbündeln zusammenhing, und die ganze übrige Markscheibe sich losgelöst hatte. Die Lücken setzten sich nicht selten in oder zwischen den peripheren Gefäfsbündeln fort und bildeten dann Zerklüftungen, welche bis zur Rinde reichten. Lmerhalb derselben können sich noch tangentiale Abhebungen der zwei bis vier äufseren collenchymatischen Zelllagen vom zarten, inneren Gewebe hinzugesellen. Letzteres erwies sich chlorophyllreich und zeigte bisweilen sogar noch geformte Chlorophyllkörper. Ähnliche Störungen liefsen sich auch in den Mittelrippen stärker geschädigter Teilblättchen nachweisen. Hier wurden Bräunungserscheinungen zuerst an den Gefäfswandungen wahrgenommen und dann traten sie in einzelnen ParenchymgTuppen der Rinde auf. 550 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Bei der Frostwelke im Freien kann natürlich eine so gesteigerte Wasserzufulir, wie hier im Versuche durch Einstellen der abgeschnittenen Blätter in Wasser erzielt wurde, nicht Platz greifen, und deshalb bleiben die welken Organe lange Zeit oder auch dauernd im Welkzustande, namentlich wenn Gewebezerklüftungen und Veränderungen der Gefäfse die Leitungsfähigkeit herabdrücken. Dies kann nicht nur bei den einzelnen Arten und Individuen, sondern selbst an den einzelnen Zweigen desselben Exemplares verschieden sich gestalten. Ein Beispiel lieferte eine Ulme, die in einem Topfe stand und im Winter in einem Warm- hause zum Austreiben gebracht worden war. Das Bäumchen, das einer Frostnacht mit nur 1 "^ C Kälte ausgesetzt worden war, hatte an seiner Spitze gabelartig zwei Triebe entwickelt, welche in Länge, Blattzahl und Blattgröfse nahezu übereinstimmten In der Frostnacht hatte aber nur ein Trieb zu welken angefangen und zeigte auch einzelne welkende, aber keine Farbenänderung auf- weisende Blätter. Die erschlafften Organe erholten sich bei meln-tägigem Aufenthalt im Zimmer nicht mehr, verrieten aber auch kein Fortschreiten im Welken. Es geht daraus hervor, dafs die Frostwelke eine ganz lokale mit dem Wasserauftrieb seitens der Wurzel nicht in direkter Be- ziehimg stehende Erscheinung ist. Bei den B e w e g u n g s e r s c h e i - n u n g e n d e r Z w e i g e wird sich die Verschiedenartigkeit der Bewegungen leicht erklären lassen, wenn man den Bau der einzelnen Achsen genauer be- trachtet und sieht, wie die Ausbildung der Jahresringe betreffs der Menge des dünnwandigen Frühlingsholzes (Fig. 118) zum derbwandigen , eng- lumigen Herbstholze ständig wech- selt. Man vergleiche in dieser Be- ziehung die Studien von ß, Hartig^) über den Wechsel von dickwandigem Rotholz zum hellen lockeren Zugholz innerhalb desselben Querschnittes eines Fichtenastes, In beistehender Fig. 117 zeigt sich das Rotholz in den ersten Jahres- perioden auf der Oberseite des Astes besonders stark ausgebildet; die späteren Jahrgänge weisen dann einen plötzlichen Wechsel auf, indem nunmehr die Astunterseite dunkel durch die dichte Rotholzbildung er- scheint. Wie verschieden die Elemente von „Rotholz" und „Zug- holz" gebaut sind, ersehen wir aus den anatomischen Bildern (Fig. 118 und Fig. 119). über das Zustandekommen derartiger Verschiedenheiten erlangen wir von R. Hartig sehr beachtenswerte Mitteilungen. Er gibt an, dafs z. B. bei Stämmen mit exzentrischem Wüchse die Jahresringbildung auf der beasteten Seite besonders stark entwickelt ist. Die Rotholzbildung erweist sich vielfach von der herrschenden Windrichtung abhängig, indem die vom Fig. 1 17. Querschnitt durch einen Fichtenast, der das feste Rotholz im inneren Teile der Holzscheibe auf der Zweigoberseite, in den äufseren Jahres- ringen aber auf der Zweigunterseite zeigt. (Nach R. Hartig). R. Hartig, Holzuntersuchungen. Berlin, Springer, 1901, S. 50. 551 Fig. 118. Rotholz von der Unterseite eines Fichtenastes (Querschnitt). Die oberste Zellreihe gehört noch dem Frühjahrsholze an, die unteren vier Reihen sind Rotholz, das linksseitig grofse Intercellularräume besitzt. (Nach R. Hartig.) Fig. ll'J. Querschnitt durch Zugholz von der Oberseite eines Fichtenastes (Nach R. Haktk;.) 552 !!• Schädliche atmosphärische Einflüsse. Winde abgekehrte Seite in der Rotholzbildung begünstigt wird. Hier wird, wenn -der Westwind beispielsweise dauernd eine Fichte fafst, die West- seite gezogen und die Ostseite , nach welcher hin der Baum gebogen wird, stärker gedrückt und zur stärkeren Rotholzbildung veranlaist, während die bei der Biegung des Stammes gedehnte Windseite Zug- holz produziert. Jeder Ast wird eine ebensolche Differenzierung auf- weisen, denn durch das Gewicht der Benadlung wird der Ast nach unten gezogen; seine morphologische Oberseite steht also unter einem fort- währenden Zuge, der einen Reiz auf das Cambium ausübt, welches infolgedessen dünnwandigere, weniger verholzte, aber längere Tracheiden ausbildet, die das „Zugholz" darstellen. Abgesehen von der Windwirkung wird die Holzausbildung eines jeden Astes durch seine Umgebung beeinilulst: die Beschattung durch andere Bäume, die Nähe von Felsen oder Mauern, die einseitige Wirkung gröfserer Feuchtigkeit, teilweise Entlaubung durch Tierfrafs oder sonstige einseitige Änderungen in der Ernährung der Achse werden Ungleichheiten in der Quantität und Qualität des Jahresringes herbeiführen. Daraus ergibt sich, dafs bei Kältewirkung die Zusammenziehung der Gewebe eine sehr wechselnde und die Senkung der Äste je nach Verteilung von Zug- und Rotholz eine sehr mannigfache sein mufs, also die von den einzelnen Forschern gemachten Beobach- tungen keine allgemeine Gültigkeit haben können, sondern nur als Einzelfälle vorläufig zu registrieren sind. Auf die Spannungsdififerenzen kommen wir in dem Abschnitt über die inneren Zerklüftungen eingehend zu sprechen. Abfrieren älterer Zweigspitzen. Fast so regelmäfsig wie der Blattabfall zeigt sich bei einzelnen unserer Holzgewächse ein Abfrieren der Z w e i g s p i t z e n. Maulbeer- bäume, Akazien und Himbeeren liefern die häufigsten Beispiele hiervon. Genauere Studien über diesen Punkt verdanken wir v. Mohl^), der darauf hinwies, in wie verschiedenen Stadien sich unsere Holzgewächse bei Eintritt des Winters befinden. Bei manchen dauert das Wachstum der Zweige ungestört fort, so lange die Bedingungen für die Weiterentwicklmig überhaupt günstig sind ; dasselbe erleidet nur durch die Frostperiode einen Stillstand und fährt sogleich wieder fort an der Stelle, wo es im Herbst aufgehört hat, sobald die Temperatur es gestattet. Dies ist bei dem Efeu (Hcdera Helix) und beim Sadebaum {Juniperus Sahina) der Fall. Bei vielen Bäumen schliefst die Entwicklungsperiode eines Zweiges gegen Ende des Sommers von selbst dadurch, dafs sich eine Endknospe bildet, welche im nächsten Frühjahr die unmittelbare Fortsetzung des Zweiges übernimmt, wie bei den Obstbäumen, bei Eichen, Eschen, Fichten und Tannen. Bei unseren Kulturen tritt sehr häufig der Fall ein, dafs ein zweiter Trieb im Jahre, der Johannistrieb, hervorgelockt wird ; der- selbe gibt nun nicht selten unreifes Holz, welches im Winter leicht erfriert, während das Holz des Frühj ahrs trieb es stets vollkommen ausreift. Eine dritte grofse Gruppe läfst im Laufe des Sommers bei einer ganz normalen Entwicklung die mitten in ihrer Entfaltung begriffene Spitze des Zweiges auf einmal abfallen. Die Fortsetzung des Zweiges übernimmt Bot. Zeitung 1848, S. 6. Wärmemangel. 553 dann im nächsten Jahre die oberste Seitenknospe, wie dies Gymnocladus canadcnsis und Ailanthus glanduhsa zeigen. Weitere Beispiele bieten die Linde, Ulme, Platane, Haselnufs. Nun wies v. Mohl nach, dafs die Bäume, deren Zweigspitzen fast regelmäfsig bei uns erfrieren, zu dieser letzten Gruppe gehören , deren Vertreter z. B. in Rom im Oktober bereits ebenfalls ihre Zweigspitzen so regelmäfsig abgeworfen und ihre Vegetationsperiode damit faktisch beendet haben , wie bei uns die Linde. Bei den Bäumen dieser Gruppe, die wir in den Anlagen kultivieren, erfolgt ein solcher normaler Vegetationsabschlufs in der Mehrzahl der Fälle nicht, und dies zeigt, dafs unsere Sommer für sie zu kurz und zu kalt sind, um sie ihre vollständige Entwicklung beenden zu lassen. Der Frost trifft deshalb immer unreife Triebe. Hierher ge- hören Rohinia Pseudacacia , Gleditschia , Sophora japonica , Bronssonetia popyrifera, Monis alba, Salix hahyJonica und Vitis vinifera. Hier würde sich, wenn die Zweige erhalten werden sollen, das vorzeitige Entlauben derselben empfehlen. So sind beispielsweise nach den Beobachtungen von Lawrenck') im Winter 1708— U unter allen Fruchtbäumen nur die Maulbeerbäume erhalten worden, weil man ihre Blätter schon längere Zeit vor Eintritt der Kälte zu Futter für die Seidenraupen abgepflückt hatte. Bei unseren Obstbäumen pflegt man das Absterben der Zweig- spitzen infolge der Winterkälte als „Spitzenbrand" zu bezeichnen. Damit in Verbindung steht aber nicht selten eine Folgeerscheinung, die erst im Sommer sich geltend macht. Wenn nämlich bei manchen Zweigen der Fall eintritt, dafs nur die besonders empfindlichen basalen Astringe beschädigt werden, treiben in der Regel diese Zweige noch aus und die angelegt gewesenen Blüten entwickeln sich. Aber ungefähr im Jmii zeigt sich V e r g i 1 b u n g des Laubes, Abwerfen der etwa angelegt gewesenen Früchte und Vertrocknen der Zweige. Infolge der Beschädigung des Astringes ist die Leitung des Nähi'materials gestört. Die Zweige selbst leben noch, solange Reservestoffe vorhanden sind. Nach Verbrauch derselben stirbt die Achse. Bei Weinstöcken verdient der Fall, dafs die Stöcke bis auf das alte Holz herabfrieren , besonderer Erwähnung. Es entwickeln sich dann aus der Stammbasis ungemein üppige Reben, von denen man früher meist annahm, dafs sie unfruchtbar im folgenden Jahre wären und erst im zweiten Jahre Fnichtholz trügen. Dieser Ansicht gegen- über haben die Untersuchungen von Müller-Thurgau ^) erg3ben, dafs solches Holz doch schon im Herbst (August) seines Entstehungsjahres Fruchtaugen anlegen kann, und dafs demgemäfs die Behandlung des Stockes einzurichten ist. Das Kirschbaumsterben am Rhein. Als einen speziellen Fall der vorhergehend geschilderten Er- .scheinungen betrachten wir die seit Ende des vorigen Jahrhunderts viel besprochene Erki-ankung der Süfskirschen in den Kreisen St. Goar, St. Goarshausen und Unterlahn. ') G-ÖPPERT, Wärmeentwicklung, S. 5. 2) Müi.LEn-THriiGAx- , Über die Fruchtbarkeit der aus den älteren Teilen der Weinstöcke hervorgehenden Triebe, sowie der sog. Nebentriebe. Der Weinbau 1882. 554 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Nach dem mir aus dortiger Gegend zugegangenen Material i) und nach anderweitig von mir beobachteten Fällen äuisert sich die Erschei- nung in der AVeise, dais ziemlich plötzlich ein Gelbwerden des Laubes einzelner Zweige oder der gesamten Krone sich einstellt und, meist unter Auftreten reichlichen Gummiflusses, die Zweige oder selbst der ganze Stamm absterben. Manchmal treiben auch die Zweige noch a,n der Spitze weiter, während sie am übrigen Teile kahl bleiben. Die mikroskopische Untersuchung stellte hochgradige Gummosis fest; selbst in den jüngsten Trieben waren bereits Gummilücken zu finden. Im Holz- und Rindenkörper fanden sich vielfach jene Bräunungserscheinungen, die wir später bei der Beschreibung der Wirkungen künsthcher Fröste noch schildern werden, und zwar waren dieselben selbst bei an- scheinend noch gesunden Trieben, Blättern und Fruchtstielen nach- weisbar. In älterem Holze sah man mehrfach bestimmte Formen von Gewebezerklüftungen, die mit den durch künstliche Fröste hervor- gerufenen übereinstimmen. Auf Grund dieses Befundes bin ich der Ansicht, dais nicht nur bei dem „Rheinischen Kirschbaumsterben", sondern auch bei den vielfach, aber meist in geringerer Ausdehnung sich zeigenden ähnlichen Fällen eine Frostwirkung zur Zeit des Frühlingstriebes als hauptsächlichste Ursache anzusehen ist. Für die am Rhein belegenen Lokalitäten schildert Göthe ^) , der unserer Ansicht beitritt, die Witterungsverhältnisse im Jahre des Er- scheinens der Krankheit folgendermafsen : Die Kirschen standen schon in Blüte, als sie am 22. März von einer Kälte von — 9,7 ^^ C überrascht wurden-, es zeigten sich im Laufe des Frühjahrs abnorm starke Schwankungen zwischen strenger Kälte und hohen Wärmegraden. — Solche Witterungskontraste halte ich für die Ursache äufserst zahl- reicher Fälle von Nachwirkungskrankheiten, die bei den Steinobst- gehölzen fast stets mit starker Gummosis verbunden sind und von der Ansiedlung von Wund- oder Schwächeparasiten begleitet werden. Auch für den speziellen Fall am Rhein hat man anfangs einen derartigen Pilz, VaJsa leucostoma , verantwortlich gemacht 3). Bald darauf wies aber schon Wehmer*) darauf hin, dais dieser Pilz, der von Frank als Cytospora ruhescens zunächst beschrieben worden war, nicht imstande sei, die Krankheit hervorzurufen, sondern nur ebenso, wie das gleich- zeitige Auftreten von Bakterien, als sekundäre Erscheinung zu betrachten sei. Den experimentellen Beweis dafür, dais die Valsa nicht imstande sei, in gesundes Gewebe sofort einzudringen, fülu-te zunächst Aderhold ^). Dieser Forscher fand bei seinen künstlichen Gefrierversuchen, dais eine Mitwirkung von Spätfrösten für das Wuchern des Pilzes un- verkennbar wäre. Betreffs des genannten Pilzes ist Adehholü der Ansicht, dais, wenn der Pilz auch zunächst die durch Frost oder andere Ursachen hervor- gerufene Verwundung nötig habe , um sich anzusiedeln, er später aber ^) SoRAi'ER, P., Das Kirschbaunisterben am Rhein. D. Laudwirtsch. Presse 1900, S. 201. -) Göthe, E. , Das Absterben der Kirschenbäume in den Kreisen St. Goar, St. Goarshausen ii. Unterlahn. D. Landwirtsch. Presse 1899, S. 1111. ?) Frank, A. B. in D. Landwirtsch. Presse 1899, Nr. 83, S. 949. *) Wehmer, Zum Kirschbaumsterben am Rhein. D. Landwirtsch. Presse 1899, Nr. 96. ^) Aderhold, R., Über das Kirschbaumsterben am Rhein, seine Ursachen und seine Bekämpfung. Arb. d. Biolog. Abt. f. Land- u. Forstw. am Kais. Gesundheits- amte. Berlin 1903, P. Parey u. J. Springer. Bd. III, Heft 4. Wärmemangel. 555 sich so ki'äftigen könne, dals er parasitär sich weiter ausbreite. Diese Anschauung deckt sich mit der von Vuillemin ^) betreffs der 1887 in Lothringen beobachteten Kirschenkrankheit, die grolse Ähnhchkeit mit der vorliegenden zeigt. Als Ursache wird Coryneunt Beijcrinch'i be- zeichnet, zu der der Verfasser Ascospora Beijerinckn als Schlaucliform zieht. Als Ansicht der genannten Forscher würde sich also ergeben, dals klimatische Ursachen den Kranklieitsboden geschaffen haben, aber der Pilz immerhin die Krankheit erzeuge. Demgemäls müsse bei der Be- kämpfung alles mit Valsa oder deren Konidienform , der Cyptospora., besetzte Holz sorgfältig vernichtet werden. Über das richtige Verhältnis dieses Pilzes zur Krankheit erlangen wir aber erst einen Einblick durch die neuesten Impfversuche, welche Lüstner ^) ausgeführt hat. Er nahm unter anderem zwei Kirschbäumchen von verschiedenen Sorten und knickte ihnen die Kronen ab. Das ab- geknickte Ende und das stehengebliebene Stammstück wurden mit den Konidien des Pilzes geimpft und aufserdem nachher noch mit konidien- haltigem Wasser bestrichen. Da die Krone infolge der Knickung nicht absterben wollte, wurde sie später abgeschnitten und an ihren Stamm angebunden. Bis Ende Oktober hatte sich der Pilz, wie Fig. 120 an den mit x bezeichneten Stellen zeigi , über das abgeknickte und ab- gestorbene Gipfelende ausgebreitet, während der übrige Teil des Stammes, obgleich in derselben Weise geimpft, vollständig gesund l)lieb und wieder austrieb. Die Impfwunde war dort normal aus- geheilt. Ähnliche Ergebnisse citiert Lüstner von Beijerinck und Rant (Centralblatt für Bakteriologie und Parasitenkunde, II. Abt. Bd. XV, S. 874) , die mit einer Cijtoftxmra auf Pfirsichen und Kirschen Gummi- Hufs nicht __ hervorrufen konnten und nichts über ein Eingehen der geimpften Äste berichten. Gestützt auf diese Versuche und meine eigenen Beobachtungen betrachte ich nicht nur die vorliegende Erkrankung, sondern auch die anderen durch V(tlsa-Av\.e\\ bzw. deren Pyknidenformen hervorgerufenen Erkrankungen als Vorkommnisse unter Mitwirkung von Schwäche- parasiten, bei denen nur das Krankheitsbild durch den Pilz be- stimmt wird. Die Pilze kommen erst zur Ansiedlung, wenn der Ast infolge von Ernährungsstörungen durch Witterungs- oder Bodeneinflüsse u. dgl. erkrankt oder mindestens geschwächt ist. Auf solchem Mutter- boden bedarf es nachher gar nicht mehr einer Wunde zur Einwanderung der Pilze: diese kann auch durch die Lenticellen erfolgen. Die ziu- Ansiedlung derartiger Schwächeparasiten notwendig vorher vorhandene Ernährungsstörung braucht durchaus nicht immer durch Frost verm'sacht zu werden : es können ebenso ungeeigneter Standort, Wasserübersclmfs, Trockenheit u. dgl. den ersten Anstofs geben. Letztgenannten Faktor betrachtet nun LCstner als Schwächungsursache für die Kirschbäume am Rhein, wälirend ich an der Ansicht festhalten möchte, dafs in der Melirzahl der Fälle Frostbeschädigungen , und zwar solche , die im Frühjahi' zustande kommen, die erste Veranlassung darstellen. Demnach sehe ich in einer ängstlichen Vernichtung der pilz- ^) VuiLLKMiN, Paif., Titres et travaux scientifiques. Paris, Tvpoeraphie, A. Davv 1890, 40. ' . 1 ö f ' . -) Lv.sTXEK, G., Beobachtungen über das rheinische Kirschbaumsterben. Bericht d. Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisenheim a. Rh. f. d. Jahr 1905, von Prof. Wortmann. Berlin, Paul Parev 1906, S. 122. 556 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Fig. 120. Mit den Konidien von Valsa leucostoinn au zwei Stelleu geimpftes Kirschenstämmchen , dessen Krone nach der Impfung- unterhalb der oberen Impf- wunde abgeschnitten wurde. Bei O die normal geheilte Wunde, bei X P^'kniden der Fa7,sa leiicostoma. (Nach Lüstner.) Wärmemangel. 557 befallenen Teile nur einen sehr schwaclien Trost. Man vergesse näm- lich nicht die Ubiquität der Cytosporeen und ähnlicher Pilzgruppen. Die Hauptsache ist der Anbau von Sorten, die einer bestimmten Lokalität sich a n g e p a i's t haben . Aufserdem aber ist zu versuchen, ob die Frostempfindlichkeit nicht durch Kalkzufuhr in humusreichen Böden vermindert werden könne. Zweigbrand bei Waldbäumen. In derselben Weise wie das Kirschensterben beurteile ich eine Krankheit, die Fuckel bei Aprikosen und Pfirsichen beobachtet hat. Das charakteristische Vergilben und Verwelken des Laubes mit nach- folgendem Absterben einzelner Äste begann im Juni. Als Ursache sieht Fuckel Cytospora ruhesccns an, zu der als reife Fruchtform von ihm Valsa prunastri Fr. angegeben wird. Von den bekannteren Vorkommnissen desselben Krankheitscharakters reihe ich hier noch an den „Schwarzen Brand der Rotbuch en- triebe". Nach Willkomm^) soll die Ursache des Absterbens der an der Basis sich schwärzenden Triebe in einem Pilz zu suchen sein, der eine Konidienform wie Fusisjwriuni candidum Lk. entwickelt und zu Lihertella faginca Desm. zu ziehen sei. Die vollkommene Fruchtform wäre demnach Qmdernaria Persoonii Tul. ^). Viel von sich reden machte zu Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jalu-hunderts das Absterben der Pyramidenpajjpeln, das in verschiedener Intensität durch Nord- und Mitteldeutschland zu finden war. Ein ähnliches Vorkommnis wurde schon zwischen 1820 bis 1840 in England beobachtet^). Jüngere Zweige hatten gebräunte Rindenstellen, miter denen der Holzkörper meist auch angegTitifen er- schien. Die Blätter wm'den gelblich und schlaff und der Zweig starb ab. Unter den verschiedenen Theorien, die zur Erklärung der Erschei- nung herangezogen wurden, spielt die Degeneration der Art durch fortgesetzte ungeschlechtliche Vermehrung eine Hauptrolle. Obwohl von vielen Seiten von Anfang an darauf hingewiesen wiu-de , dafs ein Spätfrost als Ursache anzusehen sei, der die im Vorjahr wenig aus- gereiften Zweige beschädigt habe *), siegte schliefslich die Anschauung^ ') Willkomm, Die mikroskopischen Feinde des Waldes. 1866, Heft I, S. 101. -) Selecta fung. carp. II, S 105. ») Biolog. Centralbl. XI, 1891, S. r29. *) In neuerer Zeit hat die Erklärung dieser Krankheit als eine Folge von Frösten eine wesentliche Stütze durch die Beobachtungen des Grafen von Siiiwkrin ex-halten (Gartenflora 1905, Heft 15, S. 400). Bei einer Eeise nach Italien liefs sich feststellen, dafs südlich der Alpen keine Erkrankung der Pyramidenpappeln vorhanden war, also in der jetzigen Heimat des Baumes von einer Degeneration nichts zu bemerken war. Das in Deutschland strichweise hervorgetretene Absterben erklärt sich ein- fach als Folgeerscheinung der Ende der 70 er Jahre wiederholt nach langen, feuchten und milden Herbsten auftretenden Frühjahrsfröste. Von den früheren Beobachtern machte H.\rssi.<;) und schuppenartigen Blätter anzusehen. Fig. 121. ^'1: Zwei^ einer Süfskirsche. Die durch künstliclien Frost beschädigten Augen zeigen ihre Schuppenblätter fleischig verdickt und vergröfsert und spreizend auseinander gebogen, li: Längsschnitt durch eine frostbeschädigte Knospe des [nebenstehenden Zweiges. (Orig.) Bei den in manchen Jahren innerhalb einzelner Lokalitäten häufigen Vorkommnissen dieser Art bemerkt man, dafs in der Regel die bereits am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittene Gipfelknospe un- gestört weiter wächst. Dann erhalten die Zweige ein peitschenartiges Ansehen, indem ihre Spitze reich belaubt ist, während die unteren Inter- nodien kahl bleiben. Eine andere bei älteren Birnentrieben mir be- kannt gewordene Erscheinung bestand in der Schwärzung und dem 5(50 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Absterben der Basalpartie der jungen Triebe, die im übrigen nocli grim erschienen nnd erst später vertrockneten. Ein spezielles Studium hat Potonie den Erscheinungen des Wieder- ersatzes der durch Frost verlorenen Frühlingstriebe gewidmet^). Die einzelnen Baumarten verhalten sich verschieden. Bei manchen Arten scheinen aus den unverletzt gebliebenen Basalaugen der erfrorenen Zweige seitliche Triebe hervorzukommen, wie z. B. bei Castanea sativa Mill. , sowie bei Ccltis- und PI atmuis- Arten. Wenn der junge Trieb ganz zerstört ist, erfolgt bei vielen Pflanzen die Neubelaubung durch Austreiben „accessorischer Sprosse". Manche Holzarten legen nämlich bei zunehmend kräftiger Zweigernährung in der Achsel eines Blattes nicht eine, sondern durch Sprossen des inneren Knospen- stammes mehrere Knospen in einer Längsreihe an („Unterknospen"). Diese Unter- oder „Beiknospen" kommen unter normalen Verhält- nissen nur bei kräftigen Trieben einzelner Gehölze {Cercis) zur Ent- wicklung; bei Störungen aber, wie z. B. bei starkem Beschneiden, bei Verbeifsen und bei Frost, der den aus der Hauptknospe entstandenen Trieb vernichtet, bilden sie auch bei anderen Gehölzen das Ersatzmaterial, wie z. B. bei Calycanthus floridus, Cercis Süiqiiastruni , Gymnocladus, Lirioäendron tulipifera und Bohinia Fseudacacia, welche bis vier in der Blattstielbasis versteckte Unterknospen entwickelt. Andrerseits kann auch der Ersatz aus andern, ebenfalls schon vorjährig angelegten, den sogenannten „Säum äugen" beschafft werden. Es sind dies in den Achseln basaler Knospenschuppen bisweilen regelmäfsig zur Ausbildung gelangende Augen, wie man bei manchen Weidenarten deutlich wahr- nimmt. Wenn die ans zwei Schuppen verwachsene Knospendecke ab- fällt, sieht man jeder Schuppenhälfte entsprechend eine Achselknospe, die bei Verunglücken des Hauptzweiges zunächst Ersatz bilden kann. In andern Fällen greift der Baum zum Ersatz auf seine schlafenden Augen vorjähriger Triebe zurück, wie sich bei Bhus, Carya glahra Mill. und Jiiglans rupesiris Engelm. vorzugsweise beobachten liefs, während Carya amara Mich, und Pterocarya fraxinifolia Lam. vorwiegend Unter- knospen zur Entfaltung brachten. Die Koniferen pflegen die erfrorenen Sprossen sowohl durch ein Erwecken bisher schlafender Augen als auch selbst durch Neubildung von Knospenanlagen in bisher knospen- losen Blattachseln, namentlich aus den Achseln der Schuppen an der Basis des Jahrestriebes zu ersetzen. Eine besondere Begrenzung in der Art des Ersatzes erfrorener Triebe bei den einzelnen Baumarten läfst sich aber nicht ziehen, da die Stärke der Frostbeschädigung einerseits und der bisherige Ernährungszustand des Baumes andrerseits im Verein mit der jeder Art charakteristischen, gröfseren oder geringeren Leichtigkeit der Adventivknospenbildung in verschiedenen Fällen auch verschiedene Ersatztriebe hervorrufen. Je üppiger eine Baumart wächst, desto mehr neigt sie zur Bildung von Unterknospen, wie man bei Stockausschlägen häufig beobachten kann. Bei Weinstöcken erfolgt die Regeneration, wenn der Frost das Hauptauge getötet hat, aus den Nebenaugen. Hier kommt es nun sehr auf die Zeit der Frostwirkung an. Ist der Tod des Hauptauges schon so früh im Jahre erfolgt, dafs es zu seiner Streckung noch sehr wenig Reservestoffe verbraucht hat, dann reicht häufig das in der Rebe vor- ') PoTON'iK, Über den Ersatz erfrorener Frtthlingstriebe durch accessorische und andere Sprosse. Sitzungsber. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenb. XXII, 1880, 8.81. Wäi'memangel. 5ßj handene Reservematerial noch ans, die Nebenangen derartig zn kräftigen, dafs nocii Blütenknospen angelegt \yerden können. Stirbt das Haupt- auge jedoch erst durch Maifröste, dann entwickeln sich die Triebe aus den Nebenaugen zwar kräftig, aber ohne Blütenansatz und können erst im nächsten Jahre allenfalls zur Fruchtbarkeit gelangen. Das Erfrieren der "Wurzeln. Nach schneelosen AVintern finden sich, namentlich in nassen Lagen, nicht selten bei den verschiedenartigsten Gehölzen die Wurzeln er- froren, während die oberirdischen Achsenteile am Leben geblieben sind. Die Erschemung erklärt sich dadurch, dafs das "Wurzelholz weicher und lockerer als das Stammholz gebaut ist. Die "Weichheit liegt einerseits darin, dafs zur Zeit, in welcher die Kälte am tiefsten in den Boden dringt, das Wachstum der Wurzel noch nicht abgeschlossen ist, also der Frost noch junge, unverdickte Elemente trifft- andrerseits aber sind auch die fertig ausgebildeten Elemente des Holzkörpers nicht so dickwandig wie die entsprechenden Lagen des oberirdisclien Achsen- körpers. Dies gilt ohne Rücksicht auf den Nährstoff- und Wassergehalt des Bodens für alle Lagen. Dafs der Grad der üppigen Entwicklung auch einen Einilufs auf die Frostempfindlichkeit ausüben wird, ist nicht in Abrede zu stellen: allein dieser Einflufs äufsert sich nach den V. MoHL'schen Untersuchungen ^) in anderer Weise. Betrefis des ersten Punktes , des Eintrefiens der Frostwelle auf noch nicht in Ruhe befindliche Wurzeln, wird eine Betrachtung des Ganges der Jalu^estemperatur den nötigen Aufschlufs geben. Voraus- geschickt sei dabei, dafs die Messungen der Baumtemperatur die Ab- hängigkeit derselben innerhalb der Krone von den Wärmoschwankungen des Luftmeeres nachweisen, dafs aber die Stammtemperatm-, namentlich an der Basis und bei dickborkigen Baumarten, sehr wesentlich von der Bodenwärme beeinflufst wird^), indem das durch die Verdunstung des Laubes notwendig nachsteigende Wasser die Temperatur der Boden- schichten mitbringt*^). Einen sehr in die Augen springenden Beweis liefert R. Hartig*). Es wurde von zwei gleichen, von der Sonne be- schienenen Bäumen der eine entästet, so dafs der Verdunstungsstrom ') V. Moni,, Einige anatomisclie und physiologische Bemerkungen über das Holz der Baumwurzeln. Bot. Zeit. 1862, Nr. 29, 33, 34 ff. -) Brkiteni.ohneu und Bukhm (Sitz. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien, 17. Mai 1877) fanden, dafs die Temperatur der unteren Stammpartie ganz unter dem Ein- flufs der Bodenwärme steht; wenn aber die Transpiration aufgehoben ist, hängt die Baumtemperatur lediglich von der Lufttemperatur ab. ") Ebkrmayeu, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden. I, Aschaffenburg 1873, S. 119—139. — Die Messungen zeigten, dafs zwischen der Teinperatur der Bäume (in Brusthöhe) und des Waldbodens kein wesentlicher Unterschied besteht. Mit zunehmender Bodentiefe und Baumhöhe aber werden die Unterschiede grofs. Im allgemeinen ergibt sich, dafs vom Oktober bis März die Waldbäume kälter sind als der Waldboden. „Die Wurzeln sind in dieser Periode die wärmsten Teile des Baumes; mit steigender Höhe nimmt die mittlere Baunitemperatur successive ab und ist am tiefsten an den Ästen und Zweigen." ,Im Sommerhalbjahr (vom April bis inkl. September) sind umgekehrt die Wald- liäume wärmer als der Boden, d. h. die Temperatur der Bäume nimmt von__oben nach unten ab und ist während des Tages am höchsten in den Zweigen und Asten, am tiefsten in den Wurzeln." Die mittlere Jahre.stemperatur der Bäume schwankt zwischen 3,9 und 6,7° je nach der Höhe des Standortes l\ber dem Meeresspiegel; sie ist geringer als die mittlere Luft- und höher als die mittlere Bodentemperatur des Waldes. *} Lehrbuch der Eaumkrankheiten 1882, S. 177. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 36 562 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. fast ganz zum Stillstand kam. Das Thermometer wies nun in dem belaubt gelassenen Exemplare eine lun 10" niedrigere Temperatur auf als in dem entästeten. Nach Entfernung der Äste bei diesem zweiten Exemplar stieg dessen Temperatur alsbald um 10". Da sich nun im Frühjahr das Luftmeer schnell erwärmt, unterstützt es sehr bald die direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen auf die Zweige ^) und erhält dieselben auf der Temperatur, bei der sie wachsen können. Je intensiver und länger anhaltend die Luftwärme, um so mehr geht das Erwachen des Cambiumringes und seine Produktion neuer Holz- und Rindenelemente von der Krone aus stammabwärts, bis es im April und Mai die Wurzeläste erreicht und dort nun endlich auch die Pro- duktion eines neuen Holzringes einleitet. Die Zeit des Erwachens, die Dicke des neuen Holzringes und seine Ausbildung sind bei den ein- zelnen Baumarten mid Varietäten verschieden. Ja, es zeigt sich auch oft eine individuelle Verschiedenheit insofern, als nicht alle Exemplare alljährlich imstande sind, soviel plastisches Material in der Baumkrone zu produzieren, dal's dasselbe noch zur Ernährung des Cambiummantels der Wurzel ausreicht. Es tritt dann der Fall ein, dafs sich der Verdickungsring in einem solchen Mangeljahre von der Krone nur bis zur Stammbasis erstreckt und sich dann auskeilt, so dafs die Wm'zeln in diesem Jahre gar nicht dicker werden. In derselben Weise, wie die Wärmewelle und damit die Tätigkeit des Cambiunninges von oben nach unten fortschreitet, erlischt sie auch im Herbst. Da der Boden länger warm bleibt, hat auch die Wurzel noch Gelegenheit, ihr wenn auch nicht mehr sehr intensives Wachstum fortzusetzen, und somit wird die v. MoHL'sche Beobachtung erklärlich, dafs die Wurzeln im Dezember, Januar und Februar noch an der Ver- dickung der Zellwände ihres letztangelegten Jahresringes arbeiten. Positive Zahlen werden hierbei das anschaulichste Bild geben. V. MoHL fand im Winter 1861/62 an einem Süfskirschbaume die Bildung des Wurzelholzes am 4. April noch nicht beendigt. Dabei hatten sich die Zweigknospen bereits bis über 2 cm Länge entwickelt, mid der neue Holzring an dem Mutterzweige hatte schon neue Gefäfse soweit ausgebildet, dafs ihre Tüpfelung erkennbar war. Die zwischen den Gefäfsen liegenden Holzzellen waren noch dünnwandig und besafsen erst die Hälfte ihrer typischen Gröfse. An der Wurzel waren aber die auf s ersten Holzz eilen des vorjährigen Jahresringes noch nicht einmal verdickt. Nachdem der Baum am IL April bereits geblüht hatte , zeigte die Untersuchung zu dieser Zeit noch immer keinen vollständigen Abschlufs des vorjährigen Jahresringes in der Wurzel, und erst am 26. April war für die Wurzeln die Ruhe ein- getreten. An den vorjährigen Zweigen war zu dieser Zeit der neue Jahres- ring bereits vollkommen verholzt und schon so dick, dafs man in radialer Richtung sechs Gefäfse hintereinander zählen konnte. Im untersten Teil des Stammes war dagegen erst eine einzige Reihe von Gefäfsen aus- gebildet, und es zeigten sich nur die innersten Holzzellen verdickt. Li der Hauptwiu'zel war der vorjährige Jahresring fertig und das Cambium auch gleich zu neuer Tätigkeit vorbereitet, da die Rinde sich leicht vom Holzkörper trennen liefs ; jedoch von einem neuen Holzringe war ') Vergl. KuuTscH, Untersuchung über die Temperatur der Bäume etc. Jahrb. d. Kgl. Sächsischen Akad. zu Tharaud, Bd. X, 1854. Wärmemangel. 563 noch keine Spur zu sehen. In den Nebenwurzehi von der Dicke eines kleinen Fingers löste sich die Rinde noch nicht; hier war also voll- kommene Winterruhe. Sie verharrten auch am 30. April noch in diesem Zustande, als die Blätter zum Teil bereits ausgewachsen waren und an der Hauptwurzel der neue Holzring durch junge , noch unverdickte Gefälse seine Ausbildung begann. Betreffs des zweiten der oben erwähnten Punkte, nämlich der eine geringere Widerstandsfähigkeit bedingenden, anatomisch abweichenden Bauart der Wurzeln , werden wir einen Einblick gewinnen , wenn wir uns erinnern, zu welcher Zeit die Jahresringe im Stamm gegenüber denen der Wurzel ausgebildet werden. Bei der Stammproduktion wird der fertige Abschlufs des Jahres- ringes um so früher in das Jahr fallen, je höher er in der Krone liegt, mithin wird dort seine Ausbildung überwiegend aus Frühjahrsholz be- stehen. Ehe die Herstellung des Jahresringes bis zur Stammbasis fort- sclu"eitet, ist es schon Sommer geworden und daher nicht mehr viel Zeit zur Ausbildung von Frühjahrsholz. Somit mufs die Differenzierung des Jalu'esringes in der Weise vor sich gehen, dafs (gleichviel ob ein Jahresring dick oder dünn ist) die relative Menge vom Frühjahrs- holz zum Herbstholz von oben nach unten abnimmt, also relativ das Herbstholz immer nach der Stammbasis hin zunimmt. Diese Vor- aussetzung ist durch direkte Messung von v. Mohl ^) sowohl als von Hartig-) und Sanio^) tatsächlich bestätigt worden. Es kommt hinzu, dafs der Baumteil, je dicker er ist, ein clesto höheres Wärmemaximum erreicht *). Auf der überwiegenden Herbstholzbildung beruht die Festigkeit der Stammbasis. Für die Ausbildung des Wurzelholzes kommt der Charakter der Holzart in Betracht. Bei den Koniferen mit ihi^em frühen Abschlufs des AVurzelwachstums fällt die Ausbildung noch in die Zeit gröfserer Bodenwärme und Trockenheit, und demgemäfs wird sich meistens Herbstholz bilden. Ist viel Material da, also der Jahresring breit, dann ist ein starker Herbstholzring vorhanden (v. Mohl), Bei den Laub- bäumen, bei denen sich die Ausbildung des Wurzelholzes bis zum nächsten Jahre hinzieht, ja, wie oben gezeigt worden, manchmal erst zur Blütezeit des neuen Triebes abschliefst, sind alle Differenzierungen schwächer und die Grenzen der Jahresringe verwaschener. Da es in den Bodenschichten erst Frühhng wird, wenn es oben schon Sommer, ist die Bildung von Frühlingsholz immer vorhanden. Bei weiterem Fortschreiten des Jahresringes hängt dessen Ausbildung von dem Grade und der Dauer der Bodenwärme und Trockenheit ab. Bringt ein Jahr- gang eine lange trockene Periode, wird sich Herbstholz vorfinden; ist dies nicht der Fall, beschränkt sich die Ausbildung auf das Frülilings- holz und zeigt nur einen schwachen Ansatz von Herbstholz. Daher der lockere Bau bei schmalringigen Wurzeln. In kurzer Wiederholung des Dargestellten können wir den Unter- schied zwischen Wurzel und Stamm bei den Laubbäumen dahin 1) a. a. 0. 2) g^_ g^_ Q_ 3) Jahrbücher f. wissensch. Bot. IX, S. 115 ff. ♦) Ihnk, über Baumtemperatur unter dem Einflufs der Insolation. Bot. Central- blatt 1883, Xr. 34, S. 234. Vonhaisk-v, Untersuchungen über den Rindenbrand. Allg. Forst- und Jagdzeitung 1873. 5(54 ^I- Schädliche atmosphärische Einflüsse. zusammenfassen, dais erstens alle Jahresringe in der Wurzel weit schmäler als die entsprechenden des Stammes sind , und dal's bei der steten Ausbildung des porösen Frühjaln:sholzes diese schmalen Schichten überwiegend porös sind. Bei den Koniferen findet sich betreffs der geringen Breite der Jahresringe derselbe Unterschied zwischen Stamm und Wurzel, und ebenso nimmt, je dünner der Jahresring ist . desto mehr das Herbstholz im Verhältnis zum Frühlingsholz ab. Überall sind die Holzzellen länger und weiter und deren Wandungen dünner in der Wurzel als in den entsprechenden Stammteilen. Dem Erfrieren der Wurzeln ist darum eine gröfsere Aufmerksamkeit zu widmen, weil dadurch zahlreiche Fälle sommerlichen Absterbens einzelner Baumindividuen oder -gruppen mitten unter Altersgenossen derselben Art ihre Erklärung finden. Die Bäume mit erfrorenen Wurzeln pflegen nämlich, wie die gesunden, im Frühjahr auszutreiben und entwickeln auch noch normale, wenn auch in der Regel mit kleineren Blättern versehene Triebe, Erst im Sommer, und dann aller- dings schnell fortschreitend, tritt Vergilbung des Laubes und Vertrocknen der Zweige ein. Der Wasservorrat der Achse ist dann durch die Transpiration der Blätter aufgebraucht. Selbst in Gegenden und bei Varietäten, wo eine Beschädigung der oberirdischen Achse durch Winterfröste nicht zu befürchten, wird man, in Rücksicht auf die Empfindlichkeit der Wurzeln , Topfobstbäume in geschützte Räume zu bringen haben und bei Freilandkulturen den natürlichen Schutz durch Laub und Schnee nicht nur belassen, sondern womöglich erhöhen. Bei Anlage von Gehölzkomplexen wird man nur dann die sonst vorteilhafte Herbstpflanzung unbedenklich ausführen können, wenn es sich um absolut frostharte GeJiölze handelt, oder wenn man so früh im Herbste mit der Pflanzimg vorgeht, dafs, tüchtiges Einschlämmen der Wurzeln vorausgesetzt, man noch ein Anwurzeln und dichtes Anlegen der Erde annehmen darf. Dais eine Bildmig feiner Haarwurzeln noch im Winter stattfinden kann, beobachtete schon Duhamel^) und wurde später von Lindlf.y bestätigt. Bei Baumanlagen von geringerer Ausdehnung wird sich durch Bedeckung des gelockerten Bodens das tiefere Eindringen der Kälte in denselben abschwächen lassen. Dafs frisch verpflanzte Bäume durch Winterfrost an ihren Wurzeln leichter leiden als auf ihrem Standort belassene Exemplare, ist eine vielfach gemachte aber nicht ausnahmslose Erfahrung. Frostspalten. Die Temperatur im Innern starker Baumstämme kann nur langsam der Aufsentemperatur folgen, und darum ist das Stamminnere vom Morgen bis Mittag kälter, am Abend aber wärmer als die umgebende Luft^). Die Zusammenziehung der Gewebe bei Eintritt von Kälte wird somit in den äufseren Stammschichten sich schon geltend machen, während der Kern noch seine frühere Ausdehnung beibehält. Auf diese Weise kommen Spannungsdifierenzen zustande, die um so gröfser sein werden, je schrofier der Temperaturwechsel eintritt. Nun zieht sich bei Temperaturerniedrigung der Holzkörper in der Richtung des Umfanges, also tangential stärker zusammen als in radialer Richtung, so dafs der peripherische Mantel für den noch wärmeren Stammkern eigentlich zu ') Des semis et 2Jlantations des arbres. S. 155. 2) Roy W. SyuiiiEs, Minnesota Bot. Studies. Bull. 9, 1895. Wärmemangel. 565 eng wird. Er mul's demgemäls tangential gespannt werden, wenn er den Kern noch vollkommen umschlossen halten soll. Kann er sich bei zunehmender Kälte nicht mehr genügend dehnen, so muls er reifsen. Auf diese Weise müssen Risse in der Baumrinde zustande kommen, die um so tiefer in das Holz sich fortsetzen werden, je strenger die Kälte und je gröfser die Differenz zwischen den abgekühlton peripherischen und den wärmeren zentralen Geweben des Stammes ist. Bei plötzlich sich einstellender starker Kälte hat man nun wahi'genommen, dals unter beträchtlichem Knall einzelne Baumstämme der Länge nach einen tief Fig. 122. Frostleiste an einem Stamm von Accy campestre. (Nach Fhank-Sc iiwakz.) klaffenden, der Drehung der Holzfaser folgenden Spalt bekommen. Einzelne Baumarten zeigen diese Erscheinung besonders häufig. In erster Linie leidet die Roiskastanie ; aulserdem sind Eiche, Pappel und Kirsche hervorzuheben. Der Spalt bleibt nur klaffend offen, solange die strenge Kälte anhält. Bei Eintritt wärmeren Wetters werden die Spaltränder einander genähert, und zwar bis zum gänzlichen Schlufs der Wunde . welche aber kaum jemals gut verheilt und meist in den folgenden Wintern wieder aufbricht. Der Heilungsvorgang ist der normale, indem aus dem Cambium, dem Jungholz und der Jungrinde Überwallmigs Wülste gebildet werden, die miteinander zu verkleben be- strebt sind. Diese hervorquellenden Überwallungsränder finden aber 56(3 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. nicht, wie bei jeder anderen Verletzung mit freiliegender Wundfläclie, den notwendigen Raum zu ihrer Ausbreitung, sondern sind gezwungen, steil gegeneinander zu wachsen imd sich über die Spaltwunde empor- zuheben. Sie bilden daher durch den gegenseitigen Druck nach aulsen vorspringende, in der Mitte lippenartig vertiefte Wülste, die als „Frost- leisten" bezeichnet werden. In Fig. 122 sehen wir eine derartige Frostleiste an einem starken Stamme von Acer campcstre^ der eine Anzahl radialer Zerklüftungen zeigt. Einer dieser radialen Risse hat den Stamm in seiner ganzen Dicke zersprengt, so dafs ein äufserlich sichtbarer, anfangs weit klaÖender, bei Eintritt wärmerer Witterung sehr eng gewordener Spalt entstanden ist. Als der Baum im Frühjahr von_ seiner Cambiumschicht aus den Spalt schliefsen wollte, fanden die Überwallungsränder keinen Platz, sich in den Spalt hineinzulegen und mufsten daher nach aufsen sich biegen. Daher die lippenartigen Vorsprünge, die der Querschnitt er- kennen läfst. Ein derartiger Wundheilungsvorgang ist bisher bei keiner anderen Stammverletzuiig beobachtet worden , so dafs sein iiuftreten als unbedingt sicheres Merkmal für Frostwirkung bezeichnet werden darf. Caspary ^) ist dieser Erscheinung experimentell näher getreten. Er wies durch direkte Messung nach, dafs der Ausdehnungskoeffizient des frischen Holzes sowohl in der Richtung des Umfanges als auch des Radius den aller festen Körper, auch denjenigen des Eises, beträcht- lich übersteigt und niu" von der Luft übertroffen wird. Dies erklärt die plötzliche Entstehung tiefer Spalten. Wie weit der Spalt sich öffnet, ist bei derselben Baumspezies und Stammstärke individuell verschieden ; aber darin stimmen alle Fälle überein, dafs, wenn die Frostspalten einmal entstanden sind, nach ihrem Zusammengehen bei Tauwetter ein sehr geringer Kältegrad hin- reicht, um sie wieder zu öffnen. Dies erklärt sich daraus, dals zur Entstehung der Spalten eine Kraftmenge nötig ist, welche die Kohäsion der Zellelemente in der ganzen Länge des Stammradius zu überwinden hat, wäln:end bei dem Eintritt erneuter Kälte zum Wiederöffnen des Sjoaltes in demselben Jahre nunmehr gar kein Widerstand und im nächsten Winter nur der des letzt] ährigen, neugebildeten Wundschlusses zu überwinden ist. Alle im Winter entstehenden Frostspalten gehen meist tief in das Stamminnere hinein. Im alten Holzkörper aber ist der Baum unfähig, neues Vernarbungsgewebe zu bilden; infolgedessen stellt jede Frost- spalte eine dauernde, wohl äufserlich zu überdeckende, aber im Innern stets unverheilte Wunde dar. Dieselbe wird um so bedeutungsvoller, je mehr zu dem radialen, grofsen Froststpalt sich noch seitliche tangentiale Sprünge gesellen. Diese laufen meist in den Lagen des Frühlingsholzes und können durch radiale Querrisse untereinander A^er- bunden werden. Es tritt dann eine gefelderte Zerklüftung ein, welche den Holzkörper technisch vollkommen unbrauchbar macht und durch Erleichterung der Ausbreitung holzzerstörender Pilze den Tod des Baumes beschleunigt. Wir erhalten dann Bilder wie in Fig. 123, welche den Querschnitt eines Eichenstammes darstellt, der durch Pohjporus siüfureus von einer Astwunde aus besiedelt und zerklüftet worden ist. ') Casi'ary, Nene Untersuchungen über Frostspalten, Bot. Zeit. 1857, No. 20—22. In einer früheren Abhandlung, Bot. Zeit. 18-55, S. 449, hat Verf. auch die ältere Literatur angegeben. Wärmeinangel. 5ß7 Während die Zerklüftungen der Stämme durch lange, den gröisten Teil des Baumschaftes durchziehende Spalten vielfach beschrieben worden sind ^) , ist der Entstehung kurzer , weniger tief gehender und leichter sich schliefsender Spalten nicht genügend Beachtung geschenkt worden. R. Hartig ^) gedenkt derselben bei der Weifstanne, wo sie oft nur ganz kurz sind, in den höheren Schaftteilen auftreten und meist sehr bald verwachsen, ohne Frostleisten zu bilden. Auch sie verlaufen in der Richtung der Holzfaser, also meist etwas schräg. Aufser bei der Tanne sah ich derartig kurze Frostspalten, und zwar oft mit Fig. 1'2;:5. Eichenstamm durch Fobjporus siilfurcus zerklüftet. (Nach Fhank Schwarz ) lippenartiger Verwallung, namentlich bei der Rotbuche, der Kirsche und Platane. Bemerkenswerterweise sind diese Baumarten durch eine lange Zeit glatt bleiliende Rinde ausgezeichnet. Hier bemerkt man auch am leichtesten die Bevorzugung gewisser Baumseiten bei der Entstehung der Frostrisse. Wenn die Bäume nicht zufällig durch ihre Nachbarschaft geschützt sind , sondern frei stehen , wird man bei der ') GöppERT, Über die Folgen äufserer Verletzungen der Bäume, S. 30. Breslau 1873. Verf. hat an 76 verschiedenen C4ehölzarten Frostrisse kennen gelernt. 2) R. Hartig, Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten, 3. Aufl., S. 214. Berlin 1900, Julius Springer. 508 I^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Mehrzahl derselben feststellen können, dai's die West- und Südwest- seiten die reichlichsten Frostverletzungen zeigen. Wie verschieden sich die einzelnen Baumseiten verhalten, lehren z. B. die Stralsenpflanzungen von Platanen. Zur Zeit,. wenn das bekannte normale Abschuppen der Stämme beginnt, wird man sehen, dai's die meisten Borkenschuppen zunächst auf den zwischen West und Süd gelegenen Stammseiten ab- gestofsen werden. Bisweilen werden „Trockenrisse" als Frostrisse angesprochen, worauf NöRDLiNGER ^) besonders aufmerksam gemacht hat. Die Trocken- risse , welche namenthch bei kräftigen Bäumen sich einstellen, die auf eine undurchlassende Bodenschicht gelangen oder sonst plötzlich starken Wassermangel zu erleiden haben, charakterisieren sich dadurch, dafs sie entweder in ihrem radialen Verlauf wiederholt absetzen, also in den älteren Jahresringen in einem anderen Radius verlaufen als in den jüngeren, oder überhaupt nur kurz mitten in der Holzscheibe einen oder zwei Jahresringe radial spalten. Derartige innere Spalten er- scheinen dann in Form einer Lanzenspitze, d. h. in der Mitte am meisten verbreitert. Da bei den bis zur Rinde gehenden Spalten die Wunde offen bleibt, neigen sich auch die Überwallungsränder in den Spalt hinein, bilden also keine vorspringenden Leisten wie die Frost- spalten. Frostbeulen. Im Anschlufs an die Frostspalten wäre der sogenannten „inneren Frostrisse" zu gedenken, welche R. Hartig^) an Eichen und Tannen beobachtet hat. „Wenn bei starker Kälte der Baum schwindet^), sagt er, so können zwar im Holzkörper An der Spaltungsfläche Risse entstehen, die aber nur bis zum Rindenmantel verlaufen , ohne letzteren zu zer- sprengen. Die Rinde, welche ja keine radialen Spaltflächen besitzt, hält den Holzkörper zusammen. Allerdings wird die elastisch dehn- same Tannenrinde da, wo innerlich ein Frostrifs mündet, auseinander- gezogen und verliert dadurch einen Teil ihrer Elastizität. Wenn dann in der Folge der Baum dicker wird, so übt die Rinde hier einen geringeren Druck auf das Cambium aus, und der Zuwachs wird dadurch lokal gesteigert. Der Stamm erscheint äufserlich nicht rund , sondern mit leistenförmigen Vorsprüngen versehen." Einen ganz ähnlichen Vorgang nahm ich bei der Entstehung der Gebilde an, welche ich als Frostbeulen bezeichne. Es sind dies breitkegelförmige , aber meist abgeflachte , bisweilen 1 cm hohe Auf- treibungen an glattrindigen zwei- bis mehrjährigen Stämmen oder Zweigen. Nicht zu verwechseln sind diese Beulen mit den bei üppigen Kulturvarietäten gar nicht selten vorkommenden, kegelförmigen Buckehi, die unter der Rinde sofort einen harten, holzigen Kern erkennen lassen , während die Frostbeulen zum Teil stets , zum Teil wenigstens im Jahre ihrer Entstehung aus einer weichen, mit dem Nagel leicht zerdrückbaren Gewebemasse bestehen. ') NüRDLiNGEii, Trockeni'isse (falsche Frostrisse) an der Fichte. Auch ein Grund der Rotfäule. Centralbl. f. d. gesamte Forstwesen. Wien 1878, Heft 6. '-') R. Hartig, Innere Frostspalten. Forstl.-naturwiss. Zeitschr. 1896, S. 488. ^'j Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten 1900, S. 214. Wärmemangel. 569 Die von Anfang an hart verholzten Erhebungen, für welche ich den Namen „Gefäfsbuckel" in Vorschlag bringen möchte, haben fast immer eine bestimmte Stellung zum Auge , während die Frost- beulen an beliebigen Stellen des jungen Stammes oder des Zweig- internodiums sich zeigen. Die „Gefäfsbuckel" sind einspitzige oder zweispitzige, berindete Holzanschwellungen , welche wie Maseranfänge über die Peripherie des übrigen Holzkörpers hervortreten; sie ver- danken ihre Entstehung der übermäfsigen Entwicklung der beiden Gefäls- bündel , welche normalerweise in jedes Augenkissen gehen und sich mit dem zentralen , stärksten Bündel zur Bildung des Gefäfsbündel- köri3ers im Blattstiel vereinigen. Bei den (weichen) Frostbeulen finden wir keine Beziehungen zu den Blattspursträngen. Sie zeigen sich an beliebigen Stellen und ent- stehen durch blasenartiges Abheben des Rindenkörpers vom Holz- zylinder. Das auf letzterem stehen gebliebene Jungholz tritt, da die Abhebungen nur bei Spätfrösten, also zur Zeit reicher vegetativer Tätigkeit sich einfinden, sofort in Zellvermehrung und füllt den Hohlraum mit zartwandigem Parenchymholz , das an der Peripherie allmählich in normales Holz übergeht. Der ganze hier stattfindende Prozeis ist derselbe, welcher bei der Neuberindung einer künstlich hervorgerufenen Schälwunde eintritt. Der Unterschied liegt bei der Beulenbildung nur darin, dafs die Rinde nicht abgeschält, sondern mu' stellenweise durch Frost abgehoben und dafs somit die vom Holzkörper ausgehende Neuproduktion dem Auge zunächst nicht sichtbar wird. Man kann sie bisweilen in ihrer un- gemeinen Üppigkeit sehr klar erkennen, wenn man bei grofsen Frost- beulen die Rinde aufschneidet. Es gelingt dann, hier und da eine mehrere Zentimeter lange und 0,5 — 1,0 cm hohe gekrösartige Wucherung, die gar nicht mit der alten Rinde zusammenhängt und nur auf dem Holzkörper ruht , blofszulegen. In einem Falle (bei der Birne Bonne Louise (V Avranche) hatte die Wucherung den Rindenmantel gesprengt und war als unregelmäfsig konturierte , etwa kegelförmige Masse mit warzig-ki'ümeliger Oberfläche weit über den Stammumfang hervorgetreten. Ältere Zustände verheilter Frostbeulen konnte ich bei Ahorn. Kirsche und Apfel beobachten. Bei Ahorn sind sie bisher am schönsten anzutreffen gewesen, und zwar an zweijährigen, über P/2 m Länge be- sitzenden Trioben. Manche derselben zeigten in ihrem ganzen Ver- laufe mit Ausnahme der Spitzenregion kleine, flache, etwa V2 mm hohe, allseitig sanft verlaufende, vollkommen berindete Buckel, welche mehr durch das Gefühl als durch das Auge bemerkbar waren. Die äufsere Rinde erschien durchaus normal und als die direkte Fortsetzung der übrigen, nicht erhabenen Partie des Zweiges. Im Querschnitt läfst sich die Ursache der Rindenauftreibung in einer Anschwellung des Holz- körpers erkennen, welcher im Anfange des zweiten Jahresringes ein Nest holzparenchymatischer, sehr weiter, stärkereicher Zellen gebildet hat. In der Regel findet sich ein solches Parenchymholznest genau zwischen zwei Markstrahlen , so dafs der seitliche Übergang von diesem krank- haften Holzgewebe zum gesunden ein ziemlich plötzlicher ist, während diese abnormen Holzelemente in radialer Richtung ganz allmählich die normalen Dimensionen und Verdickungen amielunen. Nur zeigen sich noch in dem radial angrenzenden sowohl wie in dem seitlich an- stofsenden, regulär gebauten Holze einzelne stark erweiterte und ver- kürzte, mit Stärke (im März untersucht) erfüllte Holzzellen. 570 II. Schädliche atmosphäi'ische Einflüsse. In dem Holzparencliymneste finden sich unregelmäfsig verlaufende gelbe Streifen ; die gelbe Färbung rülirt von gequollenen Zellwandungen lier, die bei Frostschädigungen allgemein vorkommen. Auch andere Merkmale einer bestimmten Gruppe von Frostschäden sind vorhanden, wie z. B. die Zerrung der Markstrahlzellen an der Froststelle nach einer Seite hin und die tonnenförmige Erweiterung des Mark- strahles bei seinem Eintritt in das Parenchymnest. Diese tonnenförmige Erweiterung des Markstrahles wird weniger oft durch Vermehrung seiner Zellen hervorgerufen als durch Verbreiterung derselben auf Kosten ihrer Länge ; dabei bemerkt man nicht selten eine in die Augen springende Ver- dickung der sekundären Membran. Eine Zellvermehrung zeigt sich am häufigsten bei den einzelligen Markstrahlen, die von der Froststelle aus zweizeilig werden. Je weiter sich ein solcher Markstrahl in das Parenchymnest hinein fortsetzt, desto breiter und kürzer erscheinen im Querschnitt seine einzelnen Zellen und mit desto schiefer stehenden "Wandungen greifen sie keilförmig ineinander, anstatt stumpf aneinander gefügt zu bleiben ; endlich werden alle Zellen in dem Parenchymneste, dessen Elemente im Zentrum des Nestes am weitesten sind, gleich- gestaltet, so dafs man überhaupt eine Differenzierung der Markstrahlen nicht mehr erkennt. Dem gelb- bis braunstreifigen Neste von Parenchymholz entspricht in demselben Radius eine ehemals damit zusammenhängende, jetzt aber durch dazwischengeschobenes , neues Holz getrennte , braune Rinden- zone, die tangential gestreckt ist. Bei dem Färben der Schnitte mit Campecheholzextrakt zeigten sich oft sehr hübsche Bilder, wenn konzentrierte Chlorzinkjodlösung hinzutrat. Die Holzzellwandungen in ihrer verschiedenartigen Ver- dickung traten deutlicher hervor. Einzelne Gruppen von Holzzellen färbten ihre Wandungen intensiver gelb und zeigten sich mehr ge- quollen; es waren dies die Wände der die Gefäfse umgebenden^ stärkeführenden, gefächerten Holzzellen^, welche somit ^) Aus diesen gefächerten Holzzellen kann man zur Zeit des Erwachens der Vegetation bei Behandlung der Schnitte von Acer, Salix viminalis und anderen Gehölzen mit stark sau- rer, konzentrierter Chlor- zinkjodlösung grofse, dunkelblaue Stärke- ranken austreten sehen (vergl. Fig. 124 r). Die Strivktur der Ranken ist verschieden. Bald er- kennt man ihre Zu- sammensetzung aus den einzelnen, unregelmäfsig gequolleneu Stärkeköi-- nern noch sehr deutlich, indem ein fester ge- bliebener Kern der Kör- ner über die Oberfläche der glatten, durch Ver- schmelzung der periphe- rischen Schichten der Stärkekörner entstan- denen Wandung der Fig. 124. Stärkeranken bei Behandlung der Schnitte junger schlauchförmigen Ranke Weidenzweige mit Chlorzinkjod. Die Ranken treten aus höckerig hervortritt; den angeschnittenen gefächerten Holzzellen hervor und bald jedoch ist die Sub- krümmen sich vielfach in die Gefäfslumina hinein. (Orig.) stanz der hohlen Ranke Wärmemangel . 571 empfindlicher sein dürften als die anderen Elemente des Gefäi'sbündels. Bei Frostbeulen der Kirsche, die in Fig. 125 und 126 skizziert sind , zeigt sich das anatomische Bild insofern etwas abweichend von den Frostbeulen des Ahornzweiges, als hier meist der Gummiflufs infolge ^^^^''S'^V^'' ^V" nr —^ 7lA._. ^ O ^-^-— ^ kp' ik^ WßW'&^mi Fig. 125. Frostbeule am Zweige einer Süfskirsche. Medianer Schnitt. (Orig.) der Verletzung sich hinzugesellt. Fig. 125 ist der Querschnitt aus dem Zentrum einer Beule, Fig. 120 ein seitlich der Mediane der Wunde ent- nommener Längsschnitt, r ist der braune Streifen aus totem Gewebe, welcher den die Beule veranlassenden , inneren , leinen Rifs zunächst gleichmäfsig hautartig und die Oberfläche glatt; die Spitze erscheint oft zackig. Bei älterem Holze treten die Stärkeranken im Herbstholze des letzten und vorletzten Jahresringes am zahlreichsten auf. Glycerin hellt die Banken oder, besser gesagt, Stärkeschläuche auf, die übrigens sowofil auf der Oberseite als auf der Unterseite des Schnittes hervortreten. Alkohol läfst sie schärfer konturiert und dunkler erscheinen; Kalilauge entfärbt sie und zeigt die körnigen Bestandteile der Wandung besser. Die Bildung der Eanke scheint zu erfolgen durch Quellung der Stärk ekcirner, die dann platzen und ihren Inhalt mit dem Reagenz zu einer Membran umformen, an der man bisweilen helle kreisrunde Stellen ei'kennt, gleichsam als ob Vakuolen bei der Bildung angelegen hätten. Die zackige Beschaffenheit der Spitze wird durch unregelmäfsiges Hervortreten der einzelnen äufsersten Stärkekörncheu bedingt. Diese Eanken möchte ich für Traubesche Zellen halten; stark saures Chlorzink mit Kali allein zeigte hautartige Niederschläge. Zinnchlorid (neutral) und Eisen- chlorid (sauer) erzeugen keine Ranken, die übrigens durch Schwefelsäure oder Salz- säure nicht zerstört werden; ein Eintrocknen der Zweige, die vorher viele Hanken zeigten, vermindert die Ausbildung derselben oder hebt sie ganz auf. Ülterhaupt ist diese Erscheinung nicht immer hervorzurufen; sie scheint an eine besondere Beschaffenheit der Stärke kurz vor ihrer Auflösung im ersten Frühjahr gebunden 572 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. begrenzte. Dieser Rils war äufserlich gar nicht sichtbar; denn die äuisersten Rindenschichten c sind unverletzt geblieben, obwohl die Wunde ziemlich tief war und bis in das alte Holz h hineinreichte ; sie mufs aber von Anfang an sehr eng gewesen und zu einer Zeit ent- standen sein, in der eine Überwallung sofort möglich war, denn es senkte sich das überwallende Gewebe alsbald in die Wunde r, ohne dafs erst gröfsere Gewebepartien zum Absterben gekommen wären. Dieses junge , weiche Überwallungsgewebe sowie die an die erkrankten Partien der Rinde angrenzenden Zellen erzeugten alsbald dicke Kork- lagen ]iv, welche das tote Gewebe vollständig einhüllten und von dem gesunden isolierten. Die Hartbastbündel h, welche mitten im gesunden Rindengewebe in der nächsten Nähe der Wunde erkrankten, sind durch isolierte Korkumwallungen (Fig. 125 ii) eingeschlossen, so dafs v on ihnen aus eine weitere Zersetzung des umgebenden chlorophyllhaltigen Rinden- parenchyms nicht stattfinden kann. /r// .-.-€' ^^% -/i/i H^ hjt Fig. 126. Dieselbe Wunde wie bei Fig. 125 dargestellt. Seitlich geführter Schnitt. (Orig.) Bei dem Heilungsvorgange bemühten sich nun das neue Holz n h imd die neue Rinde n r, die Wunde von den Seiten her zu überdecken. In der Mitte der Wunde , wo die klaffenden Ränder am weitesten ab- stehen, Fig. 125 nh ^ ist ein Schlufs noch nicht erreicht-, dagegen ist an den Seitenpartien dieser Fall bereits eingetreten ; es haben sich von oben und unten her die beiden neuen Holzlagen Fig. 126 nh^ nh' mit ihren Rändern vereinigt und das tote Rindenstück, Fig. 126 w, von dem toten Holzteil schon getrennt. Je älter und dicker die neuen Holz- und Rindenlagen werden, desto mehr wird die tote Rinde nach aufsen gedrängt und endlich ganz abgestofsen. Das abgestorbene Holz hp, welches parenchjanatischer Natur war und die augenblicklich noch frischen Wundränder, Fig. 125 hp, die ebenfalls aus Parenchjanholz gebildet sind, gehen erst ganz allmählich in festeres, normales Gewebe über. Das erst gebildete, zur Überwallung sich anschickende Neuholz trägt in der mittleren Wundgegend den Todeskeim schon in sich, indem zahlreiche Gummiherde (Fig. 125 g) sich gebildet haben, welche das wenig widerstandsfähige Gewebe in kurzer Zeit auflösen werden. Bei älteren Überwallungen an einem durchaus nicht üppigen Ahorn- zweige wurde auch einmal eine Spaltung des Jahresringes be- Wäriuemangel. 573 merkt, indem die Herbstholzregion auf einer Seite des Zweiges sich durch eine bedeutend dickere, gefäfsreiche Frühjahrsholzzone in zwei Blätter spaltete und dann wieder mit der erst gebildeten Zone ver- schmolz , so dal's auf einer Zweigseite ein Jahresring mehr zu zählen war als auf der anderen. Wenn man an bisher gesunden Stämmen zum ersten Male derartige Auftreibungen bemerkt und dies in den ersten Sommermonaten der Fall ist, wird es sich empfehlen, den Baum stark zu schröpfen. Dies mufs in der AVeise geschehen, dafs man oberhalb der Auftreibungen das Messer einsetzt und mehrere Längsschnitte durch die Beulen bis unter dieselben in das gesunde Gewebe hinein vollfüln't. Durch den Wundreiz, den man auf das gesunde Gewebe in der Umgebung der Beule ausübt, wird erstens dieses Gewebe zu erhöhter Überwallungstätigkeit angeregt, zweitens wird der Zudraug an plastischem Material von dem krank- haften Wuchergewebe abgelenkt. Prcstrunzeln. Während bei den Frostbeulen die stellenweise stattfindende Ab hebung des gesamten Rindenkörpers vom Ilolzzylinder als Ursache nachgewiesen werden konnte, handelt es sich bei den Frostrunzeln um Ablösungen der äufseren. derben Rindonlagen von der zarten Lmen- rinde. Die Erscheinung ist bisher nur an cliesjährigen Kirschzweigen im Juni beobachtet worden. Die Zweige waren dadurch auffällig, dafs die sonst glatte Rinde auf einer Seite quergerunzelt erschien. Das Cambium war nicht gestört, das Mark etwas gebräunt. Nachgewiesenermafsen entstehen durch den eindringenden Frost grofse Spannungsdifferenzen in der Achse. Der Frost zieht, auch ohne (hifs es bis zur Ausscheidung von Eiskristallen in den Intercellular- räumen kommt, das Gewebe zusammen, und zwar um so stärker, je dünnwandiger es ist. Die Rinde leidet bedeutend mehr als der später erreichbare, schwerer abkühlbare und weniger sich zusammenziehende Holzkörper. Die Zusammenziehung erfolgt in der Richtung der Tangente stärker als in radialer Richtung. Dieser Überschufs wirkt wie eine alleinvorhandene, in der Richtung des Stammumfanges statt- findende Zerrung, der auch die einzelnen Rindenlagen bei grofser • lugend der ganzen Rinde in verschiedenem Mafse folgen werden. Bei gleicher Stärke der Zusammenziehung an allen Punkten der Rinde werden diejenigen Zellen, welche der Peripherie am nächsten liegen und am meisten in der Richtung des Stammumfanges gestreckt sind, auch am meisten gezerrt werden. Wenn man erwägt, dafs die äufseren Zellen der primären Rinde bei ihrer gröfsercn Derbwandigkeit nicht mehr so elastisch wie die darunterliegenden, dünnwanderigeren sind, so sieht man ein, dafs nach Aufhören der Zerrung bei ihnen die durch die unvollkommene Elastizität bewirkte , dauernde Vergröfserung am bedeutendsten sein wird. Nach dem Verschwinden der bei Spätfrösten doch nur kurz dauernden Frostwirkung wird der gesteigerte Turgor die Zellen in der gedehnten Gestalt erhalten; da die äufseren Rindenlagen nach der stärkeren Dehnung nicht mehr Platz in der bisherigen Tangentialebene haben, werden sie sich runzelig oder blasig über die bisherige Ebene des Stammumfanges erheben und auf diese Weise die „Frostrunzeln" bilden. 574 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Auiser der tangentialen und radialen Zusammenzieliung kommt bei den jungen , noch krantartigen Zweigen die longitudinale Ver- änderung liinzu, die bei der durch die Frostwirkung bedingten Krümmung des Achsenkörpers entstehen muis. Man kann künstlich an einjährigen Trieben durch Biegen leicht Querrunzeln erzeugen. Betreffs der bei gebogenen, krautartigen Stengeln sich entwickelnden Spannungsverhältnisse sei auf die Arbeit von Ursprung') verwiesen. Prostlappen, Korklocken. Viel häufiger als die in Form von Frostrunzeln imd Frostbeulen auftreten- den Abhebungserscheinungen im lebenden Rindengewebe sind die Ablösungsvor- gänge , die sich durch Vertrocknen der äufseren Gewebelagen einstellen, wenn Zweige diurch den Frost getötet werden. In Fig. 127 sehen wir einen Zweig mit lockenartig zurückgerollten, flatternden, trockenen Rindenfetzen von der Herbst- sylvesterbirne. Auch bei weichholzigen Äpfeln (Morgenduftapfel) wurde an Zweigen und jungen, noch giattrindigen Baumschulstämmen im Mai und Juni die Erscheinung aufgefunden. Man sieht zu- nächst das Periderm blasig abgehoben ; später reifsen die Blasen durch einen Längsspalt auf. Das gesamte Rinden- parenchym erscheint unterhalb des Risses geschwärzt und trocknet schnell zu- sammen. In dem Mafse , als sich der Rifs erweitert, schreitet das Absterben des Rindengewebes weiter fort, indem es zunächst gelbgrün und weich wird, dann nachdunkelt, zusammensinkt und schliefslich vertrocknet. Mit der Zeit werden diese toten Stellen auch ganz blofsgelegt, indem der Längsrifs in der Peridermblase sich ver- längert und neu auftretende Querrisse die ganze abgehobene Korkhaut in mehrere Lappen teilen. Bei dem Zu- sammentrocloien rollen sich dann die einzelnen Lappen rückwärts ein und entblöfsen dadurch das bisher bedeckt gewesene Rindenparenchym. Es bleibt zu bemerken, dafs gerade an der Basis der jungen, noch glattrindigen Stämme am meisten derartige Korklappen zu finden sind, während die jüngeren Zweige äufserlich unversehrt erscheinen und auch frisch aus- treiben, aber allerdings nach einiger Zeit gelbe und welke Blätter erhalten. 1) Urspkitng, A., Beitrag zur Erklärung des exzentrischen Dickenwachstums an Krautpflanzen. Ber. d. D. Bot. G. 1906, Heft 9, S. 498. Fig. 127. Flattei-ig aufgerissene Korklamellen an frostbeschädigten Zweigen. Wärmemangel. 575 Von clor Ausdehnung und Häufigkeit solcher Korklocken, die immer wieder durch gesund gebliebene Stellen voneinander getrennt gefunden werden , hängt es ab, ob der Baum am Leben bleibt. Meist stirbt derselbe, da das Cambium unter den geschwärzten Rindenstellen tot ist. Die Gegend in der Umgebung der Augen oder fortgeschnittener Zweige erscheint zu derartigen Frostbeschädigiingen besonders geneigt. Die Verfärbungserscheinungen im Achsenkörper. Die Obstzüchter pflegen, wenn sie im Frühjahr ihre Bäiune schneiden, aus der Betrachtung der Schnittfläche Schlüsse zu ziehen, ob eine Obstsorte frosthart für eine bestimmte Gegend sich erwiesen hat oder durch die Kälte beschädigt worden ist. Man urteilt danach, ob die Schnittfläche gieichmäfsig weifs oder stellenweise gebräunt er- scheint. Die Bräunmig tritt teils in ringförmigen Zonen , teils in flächenartiger Ausbreitung auf. Im ersteren Falle ist (oft einseitig am Zweige) die cambiale Region oder die Peripherie der Markscheibe, die sogenannte Markkrone, wo die innersten Gefäfse des Holzringes in das Markparenchym hineinragen , der Herd der Verfärbung. Bei flächenartiger Bräunung pflegt ein Teil der Holzfläche nebst Markkörper an derjenigen Zweigseite ergriflen zu sein, an welcher die dazugehörige Knospe sitzt. Die Braunfärbung ist ein Zeichen der Humifikation, welche allmählich bei dem Auftrocknen des Zellinhaltes an die AVandungen sich einstellt. Bei den braunen Zellwänden bemerkt man nicht selten Quellungserscheinmigen. Wenn einzelne Stammteile erfroren sind, sieht man bisweilen von denjenigen Teilen , welche im ganzen Querdurchmesser gebräunt sind, braune Streifen im Holzkörper bis zu verschiedener Tiefe sich stamm- abwärts ziehen, und diese Streifen haben manchmal eine symmetrische Anordnung, so dafs ein Querschnitt durch den halb gesunden Stammteil eine regelmäfsige, gebräunte FigTir aufweist. Am bekanntesten ist das „L a n d w e h r k r e u z " bei Acer : bei Cytisus und Fraxinus kommen ähnliche Bilder vor. Cytisus und andere Papilionaceen zeigen zuweilen sehr ansprechende Buntfärbung derartiger Querscheiben, welche wohl eine technische Verwendung verdienen. Die Buntfärbung ist durch den verschiedenen Grad der Bräunung in den Zonen des Kernholzes und des Splintes bedingt. Doch sind derartig regelmäfsige flächenartige Verfärbungen seltene Vorkommnisse. Die häufigste Erscheinung besteht in mn-egelmäfsiger Bräunung derjenigen Rindenpartie, die ein Auge umgibt, und derjenigen Markausbuchtung, welche nach dem Auge hinführt. Der Grad der (xewebeerkrankung hängt natürlich von der Zeit und Intensität der Kältewirkung sowie der spezifischen Empfindlichkeit der Baumart und, bei gleicher Intensität, von dem Alter der Achse ab. Je jünger ein Zweig ist, desto ausgebreiteter sind in der Regel die Gewebebräunungen. Einen Einblick in die Verschiedenartigkeit der Frostbräunung bietet der in Fig. 128 wiedergegebene Querschnitt eines durch künstlichen Frost beschädigten Bhnenzweiges. Hier bedeutet m den Markkörper, ml: die Markkrone, mb die als Markbrücke bezeichnete Ausbuchtung der Markscheibe, welche nach dem kurz oberhalb dieses Schnittes liegenden, also hier noch nicht sichtbaren Auge führt. An der Stelle , wo das Auge (die Knospe) sitzt, ist jeder Zweig mehr oder weniger verdickt und baucht sich aus zum ..Ausenkisse n". In diesem verlaufen die 576 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Gefälsbündel q und g\ welche in den Blattstiel abgehen, in dessen Achsel das Auge sich befindet. Die Gewebekappe, welche über dem zentralen Blattspurstrange dem Rindenkörper des Zweiges in der Fig. 128. Durch künstlichen Frost hervorgerufene Bräunung und Zerklüftung der Gewebe eines Birnenzweiges. (Orig.) Zeichnung aufgesetzt erscheint, stellt das Vernarbungsgewebe dar, das nach dem Abfallen des Blattes im Vorjahre sich gebildet hat. Die einzelnen Gefäfse in den Blattspur strängen und im Holzringe sind mit g\ Wärmemangel. 577 y und // bezeichnet. Der Holzring h mit den Markstrahlen ms zeigt mannigfache, vorherrschend radiale Zerklüftungen, während die Gewebe- lücken / im Rindengewebe meistens tangential verlaufen. Bemerkens- wert ist die durch einen klaffenden Längsspalt gesprengte Markbrücke, die durch die Stärke der Verwundung erkennen läfst, dafs sie die frostempfindlichste Stelle des Zweiges darstellt. Bei vielen Laubhölzern gibt es noch eine zweite Region grofser Frostempfindlichkeit, nämlich die Hartbastzellen und deren äufsere parenchymatische Umkleidung. Bei meinen künstlichen Erfrierungs- versuchen zeichneten sich dadurch namentlich Kirsche , Pflaume , Rot- buche und Apfel aus, während die Birne gröfsere Widerstandskraft auf- wies. Auch im vorstehenden Bilde zeigen sich die Bastbündel (/>) nicht angegriffen, ebensowenig wie das Collenchym {cl). Die Cambiumzono c, welche den Baumzüchtern bei dem Frülijahrsschnitt der Obstbäume durch ihre Braunfärbung anzeigt, dafs die Zweige durch den Frost beschädigt worden sind, ist hier nicht durchgängig gebräunt. Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigt sich , dafs am meisten das noch cambial zartwandige Jmigholz und die gleichalterige, innerste Jungrinde gebräunt sind, während die zwischen beiden Regionen liegende plasma- reiche Meristemlage farblos und unversehrt erscheint. Bei einem Überblick über den gesamten Querschnitt, welcher betreffs der Frostverfärbungen als Beispiel für alle Gehölze gelten kann, sehen wir also als die empfindlichste Stelle des Zweiges die Region des Augenkissens, in welcher der Zweig den schmälsten Holzring und die meiste Parenchymanhäufung besitzt. Die in der Zeichnung dunkel gehaltenen Zellen stellen die gebräunten Partien dar. Sodann folgt betrefis der Frostempfindlichkeit die Mark- krone mit den Markstrahlen. Der Markkörper selbst leidet meist erst später und wird um so weniger beschädigt, je älter der Zweig ist. Im vorliegenden Falle war der Versuch gegen Mitte Mai ausgelührt worden, zu welcher Zeit in Mark und Rinde bereits Stärkespeicherung stattgefunden hatte. Die Markbeschädigung beschränkte sich hier auf eine schachbrettartige Zeichnung der Markscheibe, indem einzelne der stärkeführenden Zellen ihren Inhalt gebräunt hatten. Die Untersuchung zeigte , dafs nicht die Stärkekörner selbst , sondern ihre plasmatische Einbettmigsmasse verfärbt war. Die unregelmäfsige Verteilung der vom Frost gebräunten Zellen in allen Geweben kann nur dm*ch den verschiedenen Zellinhalt erklärt werden. Wahrscheinlich sind die zuckerreichen Zellen die empfindlicheren. Der plasmatische Inhalt leidet bereits , wenn die Zellmembran noch hell ist. Bei den Beschädigungen der Markkrone zeigen sich zuerst die engen Spiralgefäfse gebräunt. Die FroBtlinie. Es ist im vorigen Abschnitt erwähnt worden, dafs die Obstzüchter die gebräunte Cajnbialregion als Zeichen einer Frostbeschädigung an- zusehen pflegen. Man findet nun vielfach diese Zone als „Frostlinie" bezeichnet. Selbst einfache Waldarbeiter zeigten mir einmal die braunen, nach Frühjahrsfrösten sich einstellenden ringförmigen Zonen zwischen älteren Jahresringen, die wir später bei der Besprechung der „falschen Jahresringe" und ., Mondringe" näher kennen lernen werden, als Frostlinien. Wir verstehen unter diesem Ausdruck die bei mikro- Sorauer, Handbuch. 3. Auü. Erster Band. 37 578 II- J^^cliädlic'ho atiuosphärischo Einflüsse. skopisclier Prüfimg frostbescliädioter Gewebe sich zeigenden brannon, ringförmigen oder in Zickzacklinien auftretenden Streifen z u s a ni ni e n - gesnnkener, verquollener parencliymatisclier Zellen, die sehr häutig vorkommen, aber bisher kaum beachtet worden sind. Genauer untersucht habe ich die Erscheinung an Zweigen eines Apfelbaumes, der vorher schon im Glashause angetrieben und im INlai nur für i 22 Miimten einer Kälte von — 4" C aus- gesetzt worden war. Bei der Mitte Juni ausgeführten Untersuchung eines Zweiges , dessen Spitze erfroren war, zeigte sich äufser- licli eine scharfe Grenze zwischen dem abgestorbenen und lebendig gebliebenen Teile. Diese Wahrnehmung macht man bei allen Frostschäden. Es macht sich nicht eine allmähliche Ausdehnung der Schädigungszone nachträglich be- merkbar, wenn nicht sekundäre Faktoren, z. B. holzzerstörende Pilze , zur Mit- \\'irkung gelangen. Wohl aber kann die Frostwirkung selbst in das gesunde Ge- webe hinein durch Abtöten bestimmter Gewebepartien ausstrahlen , wie dies im vorliegenden Versuche der Fall war. Zerschnitt man nämlich den an seiner Spitze erfrorenen und abgestorbenen Zweig unmittelbar neben dem an das tote Gewebe anstofsenden gesund ge- bliebenen und austreibenden Auge , so ^v .sah man einen braunen, scharf ab- "^, gegrenzten Streifen von den toten Stellen aus in den gesunden Achsenteil hinein an drei gesunden Augen vorbei sich , fortsetzen. Er durchlief die Achse von ' .A,: ") aulsen nach innen in diagonaler Richtung. /*■ ,^ Die scharfe Umgrenzung, welche der ; ' """'-^v, braune Streifen zeigte, und sein dia- .' ""/^ gonaler Verlauf erklärten sich bei der 'A.h 1 mikroskopischen Betrachtung, welche nachwies , dafs wir es mit dem Haupt- . ' • gefäfsbündel des untersten, toten Auges der erfrorenen Spitze zu tun hatten. Es war also hier der Fall eingetreten, dafs ^ der Tod des Auges allmählich Fig 129. Quelluug der auch das Absterben des im ge- ^^"'X'SLnf (Sg""'" »""den „nd gesund blcibonden Gewebe verlaufenden Zuleitungs- stranges (Gefäfsbündels) nach sich zog. Dies wäre also die einzige Nachwirkung, die bei Frostbeschädigungen eintreten kann, falls nicht nachträglich Parasiten eingTeifen. Um zu erfahi'en, welches wohl die allererste Frostwirkung auf das Gewebe des Baumes sein möge , also welche Beschädigung bei dem Auftreten ganz geringer Fröste sich einstellt, ^^'urde eine ganze An- Wärmeiiiangel. 57 das bis zum Juli gebildete Neuholz, c die Region, in welcher die Kälte das Gewebe getötet hatte. In den sich über die Wundliäche wölbenden sehr üppigen Überwallungsrändern hat die schneckenförmig sich krümmende Cambiumzone /' eine dicke neue Rinde g und einen neuen, durch die Markstrahlen ä sich fächernden Holzkörper e erzeugt. Aber diese Holzbildung aus prosenchymatischen Elementen beginnt erst ziemlich weit rückwärts im Überwallungsrande; der davorliegende lippenförmige Teil dieses Randes besteht aus Parenchymholz , an dessen Peripherie sich allmählich einzelne pros- enchymatische ZellgTuppen // kenntlich machen. In demselben Radius, 584 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. in welchem die ersten derbwandigen Holzzellen auftreten, erscheinen in der Rinde die Anfänge von Hartbastzellen li h. Die Überwallungsränder treten als Buckel mit anfangs lippen- förmiger Spalte über die Rinde hervor. Dasselbe Bild gewähren nun natürliche Anschwellungen, die bisweilen an Apfel-, Buchen-, Eschen- und Kirschenzweigen krebsiger Stämme angetroffen werden, und die ich für die Anfangs Stadien der geschlossenen Krebsgeschwülste halte (s. Fig. 135 im folgenden Abschnitt). Fic 132. Durch künstliche Kälte erzeugter Frostrifs an einem Apfelzweige. In Überwallung. (Orig.) Der Krebs (Carcinoma). Als „Krebs" spreche ich solche Wunden an, deren Überwallungs- ränder zu wuchernden Holzgeschwülsten sich ausbilden. Der Charakter der Wucherung liegt in der ausschliefslichen oder überwiegenden Bildung von Parenchymholz an Stelle der normalen pros- enchymatischen Holzelemente. Die Krebsgeschwülste haben für jede Gehölzart typische Gestalt. a) Der Apfelkrebs. Der Krebs an den Apfelbäumen tritt in zwei Formen auf, von denen die eine, häufigere sich durch eine breite zentrale, blofsliegende Wärmemangel. 585 Wundfläche, gebildet aus dem frei hervortretenden, geschwärzten Holz- körper, auszeichnet, welche von wulstigen, sehr starken, nach auisen terrassenartig alljährlich zurücktretenden Überwallungsrändern umgeben wird. Im Mittelpunkte der Wunde ist häufig der Rest eines kleinen Zweigstumpfes kenntlich. Derselbe ist in Fig. 1:33 mit z bezeichnet, während der nächste Überwallungsrand durch n} kenntlich gemacht worden ist. Wir sehen, wie die Wundfläche sich allmählich vergröi'sert, indem der erstgebildete, noch ziemlich flache Überwallungsrand abstirbt und sich schwärzt, während der nächstjährige u'^ , terrassenförmig zurücktretende zur Ausbildung gelangt. Der Vorgang wiederholt sich von Jahr zu Jahr (s. u^ und ?/*), bis die Achse nahezu in ihrem ganzen Fig. 133. nffeiitr Apfelkrebs. (Orig.) Fig. 134. Geschlossener Apfelkrebs. (Orig.) Umfange von der Krebswucherung erfafst wird und abstirbt. Solche Stellen mit offenliegender, immer breiter werdender Wundfläche be- zeichnet man als offenen Krebs. Die nach auisen hin zunehmende Dicke der Überwallungsränder erklärt sich dadurch , dafs das von oben herabkommende plastische Material des noch lebenden belaubten Zweiges in jedem folgenden Jahre durch das Zurücktreten des Überwallungsrandes sich auf einen kleineren Teil des Zweig- oder Stammumfanges zu verteilen hat und demgemäfs die immer kürzer werdende Cambiumzone mit relativ reich- licherer Nährstoffmenge zu Neubildungen versieht. Der geschlossene Krebs (Fig. 184) stellt bei vollkommener Aus- bildung annähernd eine kugelige, bisweilen den Zweigdurchmesser um 586 n. Schädliche atmosphärische Einflüsse. das Drei- bis Vierfache übersteigende , knotige , meist vollkommen be- rindete Holzwucliorung dar (^0, welche an ihrem Gipfel abgeflacht und im Zentrum der Gipfelfläche trichterförmig vertieft ist (t). Im Gegensatz zu dem offenen Krebs umfafst diese Geschwulst einen viel geringeren Teil der sie tragenden Achse, ersetzt aber die geringere Breitenausdehnung durch bedeutend gröfsere radiale Erhebung, also gröi'sere Höhe. An denselben Zweigen und Ästen, an denen Krebsgeschwülste auf- treten, läfst sich häufig auch Brand konstatieren. Bei allen drei Arten von Verletzungen trifft man im Winter nicht selten in den abgestorbenen, zerklüfteten AVundrändern die leuchtend roten bis braunen, stumpf- kegelförmigen oder auch ovalen Kapseln der Nectria düissinia. Macht man einen Querschnitt durch die Geschwulst des geschlossenen Krebses, so zeigt sich ungefähr folgendes Bild. W\v sehen (Fig. 135) lg- 185. Querschnitt durch einen Apfelzweig- mit einem Knoten des „geschlossenen Krebses". (Orig.) die ganze grofse Anschwellung radial in zwei Gruppen zerklüftet durch einen Spalt (sp) mit wulstigen Rändern, der die innere Fortsetzung der äufserlich erkennbaren, trichterförmigen Vertiefung am abgeflachten Gipfel der Krebsgeschwulst bildet (Fig. 134 und 135, t). Am Grunde des Spaltes liegt meist eine braune, mehlartige oder kittartige Masse, die sich als aus humifizierten Zellresten bestehend erweist. Die Ränder (r) des Spaltes sind ebenfalls stark gebräunt ; sie werden durch braunwandige, mit totem, braunem Inhalt versehene, parenchymatisch gestaltete, derb- wandige, poröse Zellen gebildet. Je weiter man von diesen im Absterben begi'iffenen Spalträndern rückwärts nach dem gesunden Teile des Stimm- umfanges hin fortschreitet, desto mehr verliert sich die braune Färbung. Das Gewebe wird weifs; es ist aus Parenchymholz gebildet, das aufser- Wärmemangel. 587 ordentlich viel Stärke besitzt. Allmählich treten Gruppen stark licht- brechender Zellen in diesen Parenchymliolzmassen auf; dies sind bereits deutlich langgestreckte, dickwandige Holzzollen, die bisweilen vereinzelt oder in kleinen Gruppen , anscheinend unregelmälsig verstreut im parenchymatischen Holze erscheinen (Fig. 135, h-. vergl. den in Fig. 132 dargestellten Querschnitt durch einen künstlich erzeugten Frostrils am Apfelzweige). Mit dem Auftreten der ersten Holzzellen parallel geht das Erscheinen der Hartbastzellen (Fig. 132, Aft) in der Rinde. Diese pros- enchymatischen Elemente in dem aus Parenchymholz gebildeten Wund- rande sind die ersten Anfänge normaler Jahresringbildung und laufen von dem Wimdrande aus nach rückwärts immer näher zusammen, bis sie sich in einem normalen Jahresringe auf der gesunden Seite vereinigt haben. "Wenn wir von der normalen Jahresringzone der gesunden Stammseite ausgehen , können wir diese Bildung so auffassen , als ob das prosenchymatische Gewebe eines gesunden Jahresringes (Fig. 135, nh) sich innerhalb der Krebsgeschwulst, die der Hauptmasse nach aus hier und da grofse Ki'istalle von oxalsaurem Kalk fülu'endem, stärkereichem Parenchymholz besteht, in mehrere, fächeraj'tig auseinandergehende Äste spaltet (Fig. 135, h). (Fächerung de s Jahresringes.) Die AVundränder selbst findet man nicht vereinigt, den Spalt also trotz seiner Enge niemals ganz verwachsen, da die äufseren, den Spalt begrenzenden Zellen immer wieder absterben. Im Verhältnis zu der ungemein üppigen Neubildung ist die Masse der absterbenden Zellen bei dem „geschlossenen Krebs" eine sehr geringe; daher bildet hier die tote Stelle immer nur einen engen, ge- wundenen Spalt, während bei dem .,ofitenen Krebs" das ursprünglich getötete Gewebe eine derartig breite Fläche darstellt und das Absterben der Wundränder ein so weitgTeifendes ist, dafs nicht nur die gleich anfangs abgestorbene Holzfläche ungedeckt bleibt, sondern auch jeder Überwallungsrand durch den folgenden nicht mehr vollkommen gedeckt wird. Die charakteristische Fächerung bzw. Spaltung eines Jahresringes (Fig. 135, nh,h) innerhalb der holzparenchymatischen Wucherränder ist bei dem offenen Krebs minder deutlich und kann in dem Falle völlig verschwinden, dafs der ganze, gesund gebliebene Achsenteil in der Höhe der Krebswunde an der exorbitanten Verdickung teilnimmt, also eine einseitige Hypertrophie der Achse ausschliefst. Einen Beweis für die Weichheit des Gewebes der Krebsgeschwulst gibt die Trockensubstanzbestimmung von normalem und krebskrankem Wundholz bei Kirsche. Das normale Holz zeigte 60,9 "^ o Trocken- substanz, das darüberstehende Krebsholz nur 45,1 "/o. Aus dem Umstände, dafs die Krebsgeschwulst häufig die Dicke des sie tragenden zwei- bis dreijährigen Zweiges bedeutend übertrifft, ist zu schliefsen, dafs die Geschwulst, die auf einem diesjäln-igcn, noch grünen Triebe nie zu finden ist, also erst im verholzten Zweige ihren Anfang nimmt, sehr schnell wachsen mufs. Bei dieser schnellen Ent- wicklung des Gewebes ist es nicht zu verwundern, dafs die Schwankungen zwischen trüber, feuchter Witterung und Trockenperioden dadurch zum Ausdruck kommen, dafs innerhalb eines Sommers abwechselnd Zonen von dünnwandigem und dickwandigem Holz in der Ki'ebswucherung entstehen. Dies sieht man, wenn man in Fig. 135 vom Mark m aus- gehend die dunklere Zonung verfolgt, welche den derbwandigen Holz- elementen entsijricht und in dem normalen Achsenteile das Herbstholz 588 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. gegenüber dem reichlicheren Frühjahrsholz, innerhalb der Krebs- geschwulst aber überhaupt Prosenchym gegenüber dem Parenchymholz andeutet. Die Figur zeigt, wie die letztgebildeten, dunklen Ringe im gesunden Teile nach dem kranken hin sich facherartig teilen, u bedeutet einen schräg angeschnittenen, abgestorbenen Ast. Diese Üppigkeit des Wachstums, welche sich durch Bildung der ge- fächerten Krebsgeschwulst kundgibt, darf aber durchaus nicht zu dem Schlüsse führen, dafs das Wachstum des ganzen Baumes stets ein üppiges sei; man findet im Gegenteil bei mageren, schmachtenden Bäumen an gewissen Ürtlichkeiten ein regel- mäfsiges Auftreten von Krebsknoten. Die krebsigen und auch brandigen Bäume zeigen meistens eine sehr üppige F 1 e e h t e n V e g e t a t i o n. An der zentralen Haftstelle eines solchen Flechtenpolsters läfst sich oft kon- statieren, dafs die Korklagen des Zweiges schief aufgeblättert sind und die Thallusstränge sich dazwischen geschoben haben. Ja, ich konnte Fälle beobachten, in denen der Flechtenthallus die ganze schützende Korklage eines Zweiges durchsetzte und auf den teilweise noch Chloro- phyll führenden, collenchymatischen Rindenzellen angelangt war. So schadlos also, als man im allgemeinen die gelben und grauen Flechten- kolonien erklärt, dürften dieselben nicht sein. Wie sehr aber die Aus- breitung der Flechten von einer uns noch unbekannten Beschaffenheit des Baumes (wahrscheinlich einer gröfseren Weichheit, Lockerheit und Rissigkeit der Rinde) abhängt, be- weist eine Beobachtung an veredelten, älteren Stämmen von Fraxinus. Die etwa 1 bis Vi 2 m hohe Unterlage erschien nur sparsam mit Flechten- polstern bekleidet, während der auf- gesetzte Edelstamm, der bisweilen schon eine 12 — 15 jährige Krone trug, mit Flechtenvegetation dicht über- zogen war. Krebsstellen an alten Boden sind in der Regel mit Flechtenpolstern Fig. 186. Jugendzustände des Apfel- krebses. (Orig) Eschen auf nas; überdeckt. Betreffs der Jugend zustände der Krebsstellen ist bei den Frost- rissön bereits erwähnt worden, dafs ich derartige kleine Rifswunden für die Ausgangspunkte der Krebswucherungen halte. In nebenstehender Wärmemangel. i89 Figur gebe ich die Abbildung zweier Zweige in natürlicher Gröise, wie ich sie an einem krebski-anken Apfelbaum gefunden habe. Bei Fig. 18G, a findet sich eine ovale, eingesunkene Rindenstelle in der Nähe eines Auges. Der seit der Verletzung stattgehabte Zuwachs hat die Spannung an der toten Stelle so vermelirt, dafs in der Mitte derselben sich ein Sprung in der aufgetrockneten Rinde eingestellt hat. Bei h sehen wir ein etwas fortgescliritteneres Stadium; die tote Rinde in der Mitte der Wunde wh'd bereits durch seitlich hervorgetretene und schon miteinander verschmolzene Überwallungsränder emporgehoben. Die in Fig. 136, c und c^ bezeichneten Stellen weisen nun schon stark hervortretende Höcker mit gleichmäfsiger neuer Rindenbekleidung auf; r sind die trockenen, schorfartig etwas vorspringenden Ränder der primären Zweig- rinde , welche durch den Frost auseinandergeborste}i war. Hier sind die Stellen nicht in der unmittelbaren Nähe des Auges-, c ist mitten im Internodium und c} auf der entgegengesetzten Seite eines Auges. Bei Fig. 13(3, (/ hat die Wunde das Gewebe rings um ein Auge erfafst. Das Auge ist ge- storben und die Umgebung eingesunken. Die Wundfläche ist hier sehr grofs; die Rinde r^ unter welche Luft eingetreten , ist mit der gesunden Umgebung noch im Zu- sammenhang, und die Neuproduktion an der Grenze der toten Stelle hat eine Verbreiterung des Zweiges hervorgerufen, wie sie bei Brand- wunden sehr häufig ist. Die Abbildungen des offenen sowohl als des geschlossenen Apfelkrebses zeigen, dafs die Gegend der Achse, in welcher Augen oder jugendliche Zweige sitzen, zur Krebsbildung iDevorzugt wird. Eine solche Bevorzugung der Region unterhalb eines kurzen Zweigchens zeigt die Abbildung des nebenstehenden Birnen- ästchens (Fig. 137). Unmittelbar unter dem kurzen Zweigchen bei a sehen wir einen tiefen, bereits überwallten Frostrifs-, bei 6, der Gegend des sogenannten Astringes mit seinen kurzen Internodien und vielen schwachen Augen ist die Rinde durch viele kleine Sprünge zer- klüftet und schuppenförmig aufgetrocknet. Ge- rade der jüngere obere Teil c des Zweiges ist aber gesund geblieben. Bei solchen Rindenspalten findet man die stärksten Überwallungsränder, die manchmal einen einzigen, geschlossenen, mit gleichmäfsiger Rinde bekleideten Buckel, oft aber zwei einander berührende lippenförmige, meist der Länge nach verlaufende Auftreibungen darstellen. Derartige Wundränder erscheinen bisweilen faltig nach der gewundenen Mittel- spalte, dem ehemaligen Rindenrisse, hin abfallend und ahmen dann die Krebswunde nach. Aber nicht immer stellen, die Rindenrisse Längsspalten dar, und demgemäfs ist dann die Überwallung auch nicht in Form von zwei wulstig aufgeworfenen Lippen anzutreffen, sondern mehi' als knollige, kugelige Erhebung mit ki'aterförmiger, zentraler Vertiefung. An 9 mm dicken Zweigen fand ich bereits Krebs - knoten von 13 mm Höhe und 35—45 mm Breite. Andere, ebenso Fig. l:-?7. Bevorzuguug der Zweigbasen seitens des Frostes. (Orig.) 590 -'•■'-• Schädliche atmosphärische Einflüsse. dicke, zweijährige Zweige zeigten aber auch bisweilen nur sehr schwache, schwielige, mit neuer Rinde versehene, gieichmäfsig geschlossene Auf- treibungen, welche aus einem Spalt der alten Rinde hervorbrachen. Die hier vorgeführten Studien stellen fest: Jede Krebsstelle zeigt als Anfangsstadium eine Wunde , welche als schmaler radialer Rifs bis auf das Cambium geht und dasselbe in geringer Ausdehnung zu beiden Seiten des radialen Risses abtötet. Diese Wunde mufs kurz vor oder zu einer Zeit entstanden sein, in welcher der Baum seine höchste vegetative Tätigkeit in der Achse entfaltet, da die Wundfläche sofort durch äufserst üppige Überwallungsränder zu decken gesucht wird. Die Üppigkeit der Überwallungswülste gibt sich dadurch kund, dafs, namentlich bei der geschlossenen Krebsform, eme Fächenmg des Jahresringes, der vorzugsweise an seinen Randpartien aus Parenchym- holz besteht, einzutreten pflegt. Dieser gelockerte Bau macht die Wundränder äufserst hinfällig, so dafs sie schädlichen Eingriffen mit Leichtigkeit erliegen. Als Ursache dieser Erkrankungsformen müssen wir den Frost an- sehen, weil es gelungen ist, durch Einwirkung künstlicher Fröste solche Anfangsstadien zu erzeugen , wie sie bei den Krebswunden ge- funden werden. Eine Anzahl sehr zuverlässiger Beobachter hat andererseits aber festgestellt , dafs man durch Impfung eines Kapselpilzes , Nectria ditissima, Wunden zu erzeugen imstande ist ^), welche den Formen des offenen Apfelkrebses vollkommen gleichen. Diese Angaben kann ich durch eigene Versuche bestätigen. Man hat wohl ein Recht, von einem Pilzkrebs zu sprechen , aber der genannte Parasit ist nicht imstande, eine unverletzte Achse anzugreifen; er vermag nur dann zerstörend weiter sich auszubreiten, wenn er in eine Rinden- w^unde gebracht wird. Darin stimmen sämtliche Impfversuche über- ein. Andererseits triftt man dieselbe Nectria auf Apfelbäumen , auf Buchen und anderen Laubholzarten an , ohne dafs der Pilz irgend- welche krebsige Wucherungen veranlafst. Als spezifischer Erreger von Krebsgeschwülsten kann er daher nicht bezeichnet werden, sondern wird nm^ gelegentlich dazu Veranlassung geben, wenn ganz bestimmte Nebenumstände gleichzeitig mitwirken. Aufser dem Vorhandensein einer frischen Wundfläche ist es die spezifische Eigenart der Baumspezies bzw. der Kultursorte, welche die Fähigkeit besitzen mufs, mit schnell sich ausbildenden Überwallungen von grolser Üppigkeit auf den Wund- reiz zu antworten. Diese Fähigkeit ist so typisch, dafs man in der Praxis von .,krebs- süchtigen Sorten" spricht. Aufserdem hat die Erfahrung aber auch gewisse Lagen und Bodenarten kennen gelehrt, in denen die Bäume leicht krebsig werden. Es sind dies sogenannte Frostlagen, eine moorige Bodenbeschafifenheit, undurchlässiger Untergrmid usw. Dies sind feststehende Tatsachen. Wenn man nun im Auge behält, dals die Nectria ditissima unbedingt eine Wunde zur Ansiedlung braucht, so mufs man fragen, woher denn die Wunden kommen. Nach den Beobachtimgen im Freien und den Ergebnissen der künstlichen Er- frierungsversuche mufs man zu der Überzeugung gelangen, dafs die häufigste Gelegenheit die Frostbeschädigamgen liefern werden. Für ') s. Literatur im zweiten Bande dieses Handbuchs, S. 209. Wäi-memano-el. 501 den Binienkrebs steht Paparozzi auf demselben Standpunkt '). Sind die Frostwunden flächenartig ausgebreitet, wie wir sie später bei dem „Brand'" kennen lernen werden, so siedelt sich die Nectria an, ohne dafs der Baum üppige Überwallungsränder bildet. Wenn aber enge, bis auf das Cambium gehende Frostrisse entstehen, mid die Nectria findet Eintritt in dieselben, dann antwortet der Baum, falls er durch Witterung, Standort oder Sortencharakter dazu befähigt ist, mit der Bildung von Ki'ebswucherungen. Demnach erscheint auch der Pilzkrebs im wesentlichen abhängig von den Frostbeschädigungen, und seine Bekämpfung oder Vermeidung wird übereinstimmend mit der Frostgefahr zu behandeln sein. b) Astwurzelkrebs bei Obst- und Wald bäumen. Als eine besondere Form des Krebses wird der „Astwurzel- krebs'' genannt, der bei Wald- und Obstbäumen eine häufige Er- scheinung ist. Er besteht darin, dafs Zweige und Aste an ihrer Basis Frostwunden zeigen, welche in die Gruppe der offenen Krebse ge- hören und aus verschieden gTofsen, schwarzen, toten Holzflächen mit üppigen, unregelmäfsigen Überwallungsrändern gebildet werden. Gerade der Astwinkel ist bei manchen Baumarten besonders heimgesucht, und bei den sogenannten „Zwie- seln" oder Gabelungen, bei denen also der Unterschied zwischen Haupt- und Nebenachse verschwindet und zwei gleich starke Äste von einem Punkte aus abgehen, zieht sich die ent- blöfste und geschwärzte Holzstelle meist an beiden Seiten in die Höhe , und der Über- wallungsrand wird demgemäfs durch das Material beider Äste gebildet (s. Fig. 138). Abgesehen von den empfindlicheren, eingeführten Hölzern sind nach Nördlinger-) auch unsere einheimischen Waldbäume den Astwurzelschäden ausgesetzt, namentlich in der Jugend. So z. B. die Buche in schattigen Lagen und schlechten Böden, wo- bei sich übrigens sehr häufig auch die von den Astwurzeln entfernteii Internodien mit Frost- platten bedecken ; auch die jährigen Ausschläge der Eichen auf mageren Bodenarten leiden, und bei Eschen zeigt sich die Beschädigung, wenn die Bäume in Einsenlmngen mit strengem Tonboden stehen. In solchen nassen Lagen sah ich die Überwallung aufserordentlich üppig, aber durch dicke, rissige, mit Flechten überzogene Borke bis zur Unkenntlich- keit verdeckt. Entgegengesetzt der von Hartig vertretenen Ansicht, dafs der Astwurzelkrebs dm^ch Frühlingsfröste bedingt sei , meint Nördlinger, dafs die Fröste im Vorwinter die Ursache wären. Er stützt sich dabei auf die Untersuchung der Holzringe und auf den Umstand, dafs der Astwm-zelkrebs in Tausenden von Fällen hoch in der Krone und in lo8. Astwurzelkrebs. ') Pai'akozzi, G. , II cancro del pero. Roma, Offizina poligrafica; cit. Bot. Centralbl. 1904, Bd. XXVIII, S. 94. 2) Die Septemberfröste 1877 und der Astwurzelschaden (Astwurzelkrebs) an Bäumen. Centralbl. f. das ges. Forstwesen. Wien 1878, Heft 10. 592 I^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. schattigen , also den Friüijahrsfrösten weniger unterworfenen Lagen so häufig ist. Dal's die Astbasen ganz besonders frostempfindlich sind , erklärt sich aus dem Umstände, dafs wegen der dort ursprünglich angelegten grölseren Anzahl von Knospen mehr parenchymatische den Holzring durchquerende Markbrücken vorhanden sind. Das parenchymatische Holz ist aber weicher und stärkereicher. Diesem Umstände ist auch zuzuschreiben, dafs Borkenkäfer sich gern an Astwm'zeln ansiedeln, und dafs Waldmäuse, wie Nördlinger angibt, bei Pappelabsprüngen {Populus momJ'ifera) häufig nur die Basis der Seitenzweige befressen. Der Frost, auch der Frühjahrsfrost, tötet also am leichtesten die Zweigbasen, Bei alten, schwachwüchsigen Stämmen vermindert sich die Üppig- keit des Überwallungsrandes bedeutend , und sie kann in der Weise herabsinken, dafs wir überhaupt nur schmalringige, langsam unter die tote Rinde sich hinschiebende Überwallungsränder des Brandes erhalten, mit dem der Astwurzelschaden als offener Krebs darin übereinstimmt, dafs die erste Anlage kein Spalt, sondern eine einsinkende, auftrocknende, tote Rindenfläche ist. Daher der bei manchen Praktikern geläufige Ausdruck „Z w i e s e 1 b r a n d " . c) Der Kirschenkrebs. An Süfskirschen zeigen sich meist halbseitig tonnenförmige Auf- treibungen der Zweige oder älteren Äste. Die Rückseite der oft mehr als faustdicken Anschwellungen erscheint nicht selten brandig ein- gesunken, wobei die tote Rinde von dem geschwärzten Holzkörper ab- geplatzt und teilweise abgeblättert ist, teils aber auch in gröfseren Platten mit aufwärts gerollten Rändern noch festsitzt (s. Fig. 139). Die tonnenförmige Zweiggeschwulst stellt sich als eine abnorme Ausbildung von Überwallungsrändern {ii und u) einer sich nicht gänzlich schliefsenden Wunde {sj)) dar, wie dies bei dem „geschlossenen Apfelkrebs" ebenfalls gefunden wird. Bei diesem ist aber das Über- wallungsgewebe eine plötzliche , in ungemeiner Üppigkeit auftretende Erweiterung des Jahresringes, während bei der Kirsche die Anschwellung der normalen Zweigseite zum wuchernden Überwallungsrande einen allmählichen Übergang erkennen läfst. Daher stellt sich der geschlossene Apfelkrebs als Knoten, der vollkommen ausgebildete Kirschenkrebs als sanft ansteigende tonnenförmige Verdickung dar. Neben dieser typischen Form findet man die verschiedenen Übergänge einerseits bis zum geschlossenen Krebsknoten, andererseits bis zu den Flachwunden, welche als Brand von uns bezeichnet werden. Bei älteren Zweigen krebskranker Bäume erkennt man bisweilen an ihrer Basis kegelförmige Anschwellungen, die alle Übergangsformen bis zur typischen Krebsgeschwulst bieten können. Die Anfangsstadien zeigen sich an einer Zweigseite in Form einer kleinen Frostwunde am ersten Jahresringe. Was hier besonders hervorgehoben zu werden verdient, ist, dafs man das enorme Überwallungsgewebe oft von einer Markbrücke aus sich entwickeln sieht. Dies weist also auf eine direkte Beschädigung einer Knospe hin. Die Ausbildung der Über- wallungsränder setzt sich in den nächsten Jahren fort, wobei stets nur Parenchymholz angelegt wird , in welchem sich schnell und reichlich Stärke ablagert. Wenn die Ki-ebso-eschwulst einen sröfseren Umfang Wärmemangel. m erreicht hat, stirbt in der Regel oberhalb derselben der Ast ab, wobei stromabildende Pilze (meist aus der Familie der Valseen), die in Form kleiner AVärzchen hervortreten, reichlich mitwirken. AVenn man jugendliche (ein- und zweijährige) Zweige krebskranker Bäume durchmustert , findet man brandartige , oft mehrere Centimeter lange Stellen, an denen statt der einzelnen Augen lippige Überwallungen sich zeigen, während au den darüber und darunter befindlichen Zweig- teilen die Augen sich zu kurzen Trieben entwickelt haben. Daraus geht hervor, dals die Beschädigung des Zweiges vor dem Austreiben der Augen erfolgt sein mufs. Da man aber in dem Jahre, in welchem der Zweig gebildet wird, keinerlei Beschädigung wahrnehmen kann, solche jedoch im nächsten Früh- jahr gefunden wird, so mufs sie im AVinter oder Frühjahrsanfang entstanden sein. Es ist also das Nächstliegende, zu vermuten, dafs das sich zum Aus- treiben öffnende Auge vom Froste ge- tötet wnd und nun das gehäufte plastische Material zur Bildung wuchernder Wund- ränder Verwendung findet. Da das Ge- webe dieser Überwallungsränder par- enchymatisch weich bleibt und fast stets vollgepfropft mit Stärke gefunden wird , so ist es erklärlich , dafs es im folgenden Winter der Frostbeschädigung an seinen Rändern sehr leicht erliegt und aus den gesund bleibenden tiefer liegenden Zonen neue Wucherungen produziert. Der ganze A'organg wird bei Be- trachtung der Querschnittfläche von Fig. 139 deutlich. Man bemerkt hier, dai's die Zerklüftung der Achse in kurzer Entfernung vom Markkörper ()ii), und zwar im zweiten Jahresringe begonnen hat. Der dritte Jahresring hat schon üppige Überwallungsränder (f) geliefert, die im folgenden Jahre wiederum zer- klüftet sind (sp). Diese sekundären Spalten veranlassen sekundäre Über- wallungen (f). Die tonnenförmige Krebs - anschwellung aber wird hauptsächlich durch die wuchernden Wund- ränder des Hauptspaltes geliefert, die in fächerförmiger Zonung (k) auftreten. Es teilt sich somit ein Jahresring innerhalb der Krebs- geschwulst in melu-ere, wie bei dem geschlossenen Apfolkrebs. Dem- entsprechend wuchert auch der Rindenkörper {r) und bildet stellenweise dicke Borkenschuppen aus. AVie bei allen Krebserkrankungen, findet man auch bei dem Kirschen- krebs mitten in grofsen Pflanzungen nur einzelne Individuen erkrankt. Bei diesen krebssüchtigen Exemplaren fand ich in gesunden Trieben viel- fach abnorm verbreiterte Markstrahlen, eine Erscheinung, die auch bei Sor au er, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 38 Fig. .139. Kirscheukrebs. Frostspalt mitÜberwallungsrändern in Läiigs- ansicht und Querschnitt. (Orig.) 594 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. anderen Baumarten zu beobachten ist. Icli habe daher die Vermutung, dals die Anlage zur Krebssüchtigkeit in der individuellen Neigung zu Markstrahlerweiterungen zu suchen ist. d) Der Krebs (Grind) des Weins 10 ckes. An älterem Rebholze sieht man in der Nähe des Erdbodens, ungefähr 10 bis 50 cm von der Bodenebene entfernt, ein- zelne kleine, kugelige oder grofse, tonnen- förmige Holzauftreibungen von perlartig unregelmäfsiger Oberfläche aus der der Länge nach faserig zerschlitzenden Rinde hervortreten. Fig. 140 zeigt zwischen den weifs gezeichneten Rindenstreifen die perlartigen Krebsgeschwülste. Bei kleinen, isolierten Wucherungen erkennt man deutlich, nach Göthe's Unter- suchungen ^), ihre Entstehung als Über- wallungsgewebe von längsverlaufenden Holzspalten. Es erscheinen die Spalten an der Grenze eines Jahresringes , so dafs daraus geschlossen werden mufs, sie seien zur Zeit der beginnenden Bildung des neuen Jahresringes durch stellenweises Abtöten der Cambiumzone im Frühjahr entstanden. Betreffs der Entstehung der AVucherungen habe ich einige abweichende eigene Beobachtungen bei der folgenden E^rankheit, dem Spirae- enkrebs, niedergelegt. Die Beschädigung, welche das Cam- bium getötet, hat auch den alten Holz- körper in einem g r ö f s e r en Kreis- ausschnitt tief gebräunt. Die von den gesunden Stellen her eingeleitete Überwallung, welche die Spalten manch- mal schnell schliefst, zeichnet sich dm-ch wuchernde Üppigkeit des Holz- und Rindenkörpers aus. Die sich gegen- einander vorwölbenden Holzränder be- stehen aus weichem, gefäfslosem Par- enchymholz ohne eigentliche prosenchy- matische Elemente , zeigen also den charakteristischen Bau des wuchernden Wundholzes. Wenn die Überwallungs- ränder sich zu einem zusammenhängenden Jahresringe wieder vereinigt haben, wächst derselbe in der Weise weiter, dafs er sich auch wieder durch Markstrahlen fächert, und zwar bilden diese Markstrahlen in ihrer Richtung die Fortsetzung derjenigen des Kic'bswucherungen an der Weinrebe. ^) Mitteilungen über den schwarzen Brenner und den Grind der Reben. Berlin und Leipzig, H. Voigt, 1878, S. 28 ff. Wärmemangel. 595 vorjährigen Holzes ; dasselbe hat also durch das braune , getötete Gewebe nui- eine vorübergehende Unterbrechung erlitten. Nie zeigen sich die beschriebenen Störungen und Gewebe- wucherungen am diesjährigen Holze. Das perlartige Hervortreten der Gewebebuckel, welche durch ihre grolse radiale Ausdehnung die alte Rinde sprengen , erklärt sich nach GöTHE durch ein vollständiges „übereinander Hineinwachsen" der Über- wallungswülste , die am üppigsten an denjenigen Rebstellen sich vor- finden, ^^'elche etwa 30 cm von der Bodenoberfläche entfernt liegen. Von da ab sieht man in der Regel sowohl nach oben als nach der Erde zu die Geschwülste an Zahl und Ausdehnung abnehmen, und ganz dicht am Boden sowie etwa bei 1 m Entfernung von demselben sind sie nur noch selten zu finden. Bei geringer Entwicklung der Krankheitserscheinung vegetieren die befallenen Schenkel noch mehrere Jahre und können auch noch Tragholz produzieren. Bei stärkerer Ent- wicklung der Krebsgeschwülste stirbt das Holz oberhalb derselben ab. Wie schnell die Krebsgeschwulst entsteht, zeigt der Umstand, dafs man einmal am 8. August Stöcke gefunden hat, bei denen das Ver- edlungsband ^U cm tief in der Gewebewucherung eingebettet lag. Es kann also die ganze, 2,5 cm Höhe besitzende Krebsgeschwulst erst nach der Veredlungszeit (im Mai) entstanden sein , da man nicht annehmen kann, dai's man ein Edelreis auf eine schon erkrankte Rebe gebracht haben wird. Dafs die Beschädigungen des Cambiumringes im Frühjahr statt- finden, hat Göthp: durch folgenden Versuch bewiesen. Im April, bei Gelegenheit des Rebschnittes wurden 12 kräftige Tragreben je zwischen zwei Knoten mit einem stumpfen Eisen derartig geklopft, dafs eine Verletzung der Cambiumschicht angenommen werden konnte. Sodann wurden Glasröhren über die beschädigten Stellen geschoben und die Oftnungen verstopft. Schon am 8. Juni konnten die ersten Spiu^en der Anschwellungen konstatiert werden, während an den spezifisch grindkranken Reben die Gewebewucherungen erst am 20. Juni er- schienen. Bis zum Herbst hin fanden sich in den Glasröhren voll- kommen normale Grinderscheinungen ein, die auch denselben ana- tomischen Bau wie die natürlich gebildeten Wucherränder zeigten. Als Ursache dieser Wucherungen im Freien ist der Frost im Frühjahr anzusehen. Es sprechen dafür die meisten Literaturangaben, welche ein Auftreten des Weinkrebses nach Frühjahrsfrösten konstatieren. GüTHE citiert: v. Babo, Weinbau, S. 305; Dornfeld, Weinbauschule, S. 129; Köhler, Der Weinstock und der Wein, S. 205: du Breuil, Les Vignobles. Ferner spricht für diese Annahme die Erfahrung, dafs der Weinkrebs nur in den sogenannten Frostlagen auftritt. Göthe führt in dieser Beziehung ein Beispiel von einer Weinpflanzung an, die an einem kleinen Abhänge begann , sich durch eine Mulde hinzog und an einem gegenüberliegenden Abhänge sich wieder emporhob. An beiden Abhängen standen die Reben gesund, wälu-end sie in der Mulde vom Krebs befallen erschienen. Bei einer weiteren Prüfung sah der Beobachter auch noch an 20 anderen Rebstöcken, die in Boden- tiefen standen, dafs Erkrankung aufgetreten war. Die Tatsache , dafs der Weinkrebs in bestimmter Höhe an der Rebe erscheint, erklärt sich durch die verschieden greisen Differenzen zwischen Wärmemaximum und -minimum . denen die Rebe in ihren verschiedenen Höhen zur Zeit der Frühjahrsfröste vielfach ausgesetzt ist. 596 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Bodenentwässerung dürfte sich als das wirksamste Mittel erweisen. Günstige Resultate davon meldet bereits Köhler in seinem vor- erwähnten Werke. Daneben wird man vorzugsweise auf die An- pflanzung härterer Sorten Bedacht zu nehmen haben und namentlich richtige Weinlagen (mäfsig feuchte , lockere und warme Bodenlagen) zur Anpflanzung auswählen müssen. Dafs der Grind auch ohne Frostwirkung, lediglich durch Stauung des plastischen Materials entstehen kann, wie Blankenhorn und Mühl- häuser infolge eines zu kurzen Schnittes beobachtet haben wollen (s. Würzburger Weinbaukongrels) ist nicht unglaublich. Sicher ist, dafs die in Form von Markstrahlwucherungen sich zeigenden Anfänge der Geschwülste an Reben auftreten können, bei denen im Frühjaln- eine stellenweise Abhebung der Rinde vom vorjährigen Holz stattgefunden hat. Solche krebsartigen AVucherungen mögen, wie gesagt, ohne Frost- beschädigmig sich ausbilden können , ebenso wie man bei üppigen Kernobstsorten krebsartig wuchernde Überwallungsränder findet ; allein . es fehlt in diesen Fällen die tiefgehende Bräunung des Holzkörpers. c) Krebs an Spiraea. Eine von anderer Seite noch nicht beschriebene , mit dem Wein- krebs gTofse Verwandtschaft zeigende Krankheitserscheinung existiert an den Stengelbasen von Spiraea opulifolia. Die Krankheit scheint nur in Gegenden mit sehr kalten Wintern häufiger vorzukommen-, mein Beobachtungsmaterial stammte aus Ostpreufsen. Älteres , mindestens zweijähriges Holz mit starken Jahresringen zeigt an der Basis aufserordentlich zahlreiche , isolierte oder perlartig aneinandergereihte oder auch gehäufte , weiche , halbkugelige Holz- anschwellungen (Fig. 141 y4, A', Till), deren Gröfse von wenigen Millimetern bis zu 1,5 und 2 cm Diurchmesser schwankt. Die Anschwellungen sind gebräunt, dunkler als die von ihnen durchbrochenen, flatternd sich ab- lösenden, äufseren Rindenlagen, manchmal zerklüftet oder in der Mitte trichterförmig vertieft und mit grob chagrinierter , rissiger Oberfläche versehen. Eine Rindenlage ist nicht abhebbar, da die Substanz der Geschwulst bröckelig ist und in Stücken leicht ausbricht. Bei dem Zerschneiden einer gröfseren Geschwulst oder, wie man mit aller Berechtigung sagen kann, eines Krebsknotens, sieht man, dafs Lamellen festeren Gewebes fächerartig von einer mehr oder weniger breiten Basis ausstrahlen; jedoch sind die Lamellen weder durch die ganze Breite eines Krebsknotens gehend , noch auch scharf von dem zunderartig mürben , dunkleren Grundgewebe getrennt. Dieses selbst ist als eine nach der Peripherie hin immer weicher werdende, wuchernde Fortsetzung des letzten Jahresringes anzusehen. Li Fig. 141 jB, welche den Querschnitt des Krebsknotens h von Fig. 141 A darstellt, bedeutet m den Markkörper, a den unverletzten Jahresring des ersten , h den gespaltenen des zweiten Jahres , c das zur Krebsgeschwulst h auswuchernde Holz des dritten Jahres; / sind die festeren Gewebeinseln und -streifen in der zunderartig mürben Grundsubstanz. In den bisher zur Beobachtung gelangten Fällen erwies sich der Krebsknoten seiner Hauptmasse nach als die Produktion eines einzigen Jahres, und zwar als eine einseitige Holzwucherung über einer Stelle, welche schon im vorhergehenden Jahre eine keilförmig nach innen Fig. 141. Krebs an Spiraea. (Orig.) 598 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. zugespitzte Zone von gelockertem, parenchymatischem Holzgewebe gebildet hatte. Insofern gehören allerdings zwei Jahre zur vollkommenen Herstellung des Krebsknotens. Verfolgt man die erwähnte, keilförmige Zone des Vorjahres rückwärts, bis auf den vorhergehenden Jahresring, so sieht man, dafs sie ihren Ursprung von einer gebräunten, schmalen Stelle im ersten Frühlingsholze nimmt. Das beigegebene anatomische Bild, Fig. 141 C, wird die Darstellmig erleichtern. Die ganze Fig. C ist der radiale Ausschnitt aus dem zweiten Jahresringe eines Spiraeastengels und enthält die die eigentliche Krebsgeschwulst vorbereitende Gewebezone. Die Linie /' bis ff stellt den Streifen veränderten Gewebes dar, welcher bei seiner Weiter- entwicklung im folgenden Jahre zum vollkommenen Krebsknoten ge- worden wäre. Das Gewebe unterhalb a deutet das Herbstholz des ersten Jahresringes an. Im Holzkörper dieses ersten Jahresringes ist nie eine Störung beobachtet worden, gradeso wie bei dem Weinkrebs der erste Jahresring ebenfalls ganz normal gebaut ist. Das Holz des zweiten Jahresringes h fing zunächst auch mit normaler Entwicklung an und setzte sich in derselben Weise bis h' fort. Zu dieser Zeit kam eine Störung, welche den Spalt d erzeugte und dessen Ränder c bräunte. Die Entstehungszeit dieses Spaltes mufs die der kräftigsten Neubildung gewesen sein; denn schon wenige Zell- reihen später, bei A, sehen wir den Spalt geschlossen und den Jahres- ring unter Bildung von Gruppen normaler Prosenchymelemente p weiter wachsen. Nur eine einzige Zellreihe li bildet einen radialen Streifen aus kürzeren, weitlumigeren Holzzellen. Anstatt dafs nun mit dem Alterwerden des Jahresringes und dessen zunehmender Dicke sich der abnorme Holzstreifen verlieren sollte , nimmt derselbe an Breite zu, indem immer melir Zellen an der veränderten Bauart teil- nehmen kh. So schreitet die Störung bis zum Abschlufs des zweiten Jahresringes fort und beginnt in verstärktem Mafse in der Frühlingszone des dritten Jahresringes c — c. Schon bei Abschlufs des zweiten Jahresringes sieht man den Streifen des Krebsanfanges als schwachen Hügel über die Peripherie des übrigen Holzringes hervorragen. Im Frühjahr des dritten Jahres ist die Neubildung an dieser Stelle eine so üppige, dafs der schnell anwachsende, durch eine ebenso wuchernde Rindenpartie k l verstärkte Krebsknoten die normale Rinde r diu"chbricht (bei sp) und nun als gleichsam fremdes Gebilde weiter wächst, um nach wenigen Wochen als fertiger 1 — 2 cm hoher Krebsknoten sein Wachstum zu beschliefsen. Bei dem Weinkrebs zeigen sich ähnliche Bildungen. Nur habe ich bisher gefunden , dafs die zu Anfang des zweiten Jahres sich ein- stellende Störung , der Lücke (/ entsprechend , in einer breiteren, tangentialen Abhebung von ringförmiger Gestalt besteht. Es macht den Eindruck, als ob bei Beginn der Vegetationsperiode die Rinde vom Holzkörper auf eine gröfsere Strecke hin abgehoben worden sei. Meine vielfachen Versuche mit künstlichen Frösten zeigen, dafs dieser Vorgang tatsächlich eintreten kann und sogar bei den verschiedenen Gehölzen ziemlich häufig anzutreffen ist. Infolge dieser Abhebung ent- steht bei dem Wein meist an der Stelle , wo bei Spiraea die schmale radiale Spalte sich befindet, eine tangentiale Lücke. Die abgehobene Rinde bildet zunächst Holzparenchym , und dieser weiche Holzkörper geht ganz allmählich im Laufe des folgenden Sommers in normales Holz über. Hier sind es aber einzelne der breiten Markstrahlen über Wärmemangel. 599 der abgehoben gewesenen Stelle , welche eine bevorzugte Entwicldung zeigen und am Ende des Jahres als weiche Gewebekappen vorspringen. Bei Wein wie bei Spiraea müssen es also bei der Krebsbildung nicht notwendigerweise Überwallungsränder sein , wie dies bei dem Apfelkrebs stets der Fall ist; bei ersteren können vielmehr unverletzt erscheinende, allerdings durch eine frühere Störung ver- anlafste Gewebepolster eines parenchymatisch gewordenen Holz- körpers zu Krebsknoten sich ausbilden. Damit erklärt sich die von Blankenhokn über den Weinkrebs geäufserte Ansicht, dafs Stauung von plastischem Material (z. B. nach zu starkem Schnitt) die Krebsgeschwulst veranlassen kann. Die Bildung der Krebsgeschwulst erleidet insofern manchmal eine Modifikation, als die schon im ersten Jahre der Vorbereitung entstandenen Krebspolster durch den Frost teilweise getötet werden-, es leidet dann die zentrale , weichste Partie , die nun einen schwarzen , vertrockneten Kern darstellt. Im folgenden Frühjahr wachsen dann nur die Rand- partien nach Art der Überwallungsränder wuchernd weiter und um- kleiden einen Spalt, wie er in Fig. 141 B dargestellt ist. Es ist gesagt worden, dafs die Randpartien des angehenden Krebsknotens „nach Art" der Überwallmigsränder fortwachsen ; wirkliche Üb erwallmigsr ander mit schneckenförmig übergebogenen Rändern sind niu" selten zu finden (auch bei dem Weinki'ebs). Wie Fig. 141 i? zeigt, geht der Holzring des dritten Jahres unmerklich in die Krebsgeschwulst über. Tatsächlich ist also der Krebsknoten eine Holzbildung; aber dieses Holz ist bei der enormen Schnellig- keit der Gewebebildung ein so weiches, dem ebenfalls wuchernden und von aufsen her leicht absterbenden Rindengewebe so ähnliches Gebilde, dafs es manchmal schwer fällt, die Grenze zu finden. Dieses lockere , mir in solcher Weichheit nur noch bei dem Rosenkrebs vor- gekommene Holz bildet in der fertigen abgestorbenen Geschwulst die braune, zunderartige Grundmasse, von der anfangs die Rede war; die festeren, helleren Teile sind die an der Peripherie an Breite und Stärke zunehmenden Inseln von dickwandigen Holzzellen und Gefäfsen (Fig. 141 B, i). Bei Krebsknoten von verschiedener Stärke finden sich die GeföfsgTuppen / bald in Form keilförmiger, nach aufsen dickerwerdender Lamellen, bald (wie in Fig. 141 JB) in Form kugeliger Gruppen mit schalen- förmiger Anordnung ihrer Elemente. Die Gruppen verschmelzen nicht selten miteinander und bedingen auf diese Weise eine gröfsere Festig- keit; aber ein zusammenschliefsender Holzring ist nie beobachtet worden. Diese isolierten Prosenchym- und Gefafsgruppen sind es, welche bei dem Zerschneiden dem Messer einen so grofsen Widerstand entgegensetzen, dafs sie sich schon aus dem Verbände mit dem übrigen Gewebe lösen, ehe sie dm-chschnitten sind. Daher das leichte Zer- bröckeln des trocknen Krebsknotens. f) Der Rosenkrebs. Diu-ch die Kultur der neueren Rankrosen, die (nach ÜKEPiK-Brüssel) aus einer Kreuzung von Rosa mdica X nmltiflora hervorgegangen sind und als Polyantha-Arten bezeichnet werden, sind wir mit einer Er- scheinung bekannt geworden, welche in das Gebiet derKrebswucherungen fällt. Die beistehenden Fig. 142 A und B stellen solche Krebsgeschwülste dar, wie sie an der Basis der starken Stämme von Crimson BanihJer in 600 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Deutschland aufgefunden worden sind. Ihr Auftreten am unteren Teile dieser bekannthch auch bei uns äufserst üppig wachsenden Rosenstämme erinnert an die gleichen Vorkommnisse bei dem Weinkrebs. Wie bei allen Krebsbildungen finden wir auch hier diejenige Region der Achse bevorzug-t, an welcher Zweige {A, a) entspringen, und an diesen selbst die Basis stark verdickt oder in gekrösartigen Wucherungen auf- gebrochen (B^ikh). Zur Erklärung dieser Erscheinung darf man sich nur Fig. 142. Rosenkrebs. _(Orig.) Man erkennt terrassenförmig nach aufsen ansteigende konzentrische Überwallungsränder um eine zentrale tote Holzfläche. daran erinnern, dafs an jeder Stelle der normalen Achse , von welcher ein Zweig abgeht, der Holzring gelockert und für Störungen besonders empfindlich ist. Denn der Markkörper erweitert sich an den Zweig- ansatzstellen zu einer den Holzring quer durchsetzenden Markbrücke, die in die Seitenzweige abgeht. An jedem sich entwickelnden Aste stehen die Augen an der Basis am engsten beieinander; sie sind zwar oftmals wenig ausgebildet, weil auch die Blätter noch schuppenförmig oder doch unvollkommen sind, aber die parenchymatischen Markbrücken, welche den Holzring durchqueren, sind vorhanden. Wärmemangel. 601 Die Krebsstelle an der Hauptaclise läist im vorliegenden Falle wie bei jdem „ofthen Aptelkrebs" eine zentrale AVundfläche mit blol'sgelegtem gebräunten Holzkörper (Fig. 142 A und B, iv) erkennen, welcbe dm^ch terrassenförmig nach aufsen aufsteigende wulstige Überwallungsränder {n) umki'änzt wird. Aber diese Wundränder behalten nicht, wie bei dem Apfelkrebs, ihren gleichartigen, wallähnlichen Charakter, sondern bilden sich) zu unregelmäfsig höckerigen oder pcrlig übereinandergetürmten Fig. 14:5. Anfangsstadien des Rosenkrebses. (Orig.) Gewebemassen aus. In anderen Fällen tritt der Rosenkrebs ähnlich wie die Krebsknoten bei Spiraea in geschwürartigen, verflossenen, lang- gestreckten Wundrändern auf, welche einen vom Astablauf ausgehenden Längsspalt bekleiden. Alle Wuchergewebe sprengen schliefslich die Rinde (r) entzwei. Einen Einblick in das Zustandekommen dieser an Üppigkeit von keiner anderen Krebsgeschwulst übertroffenen Wucherungen erlangt- man durch den obenstehenden Querschnitt des Rosenstammes an einer Stelle, wo er eine kleine, isoliert hervortretende, perlartige Erhabenheit ß02 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. gebildet hat (s. Fig. 148). Wir erkennen, dals der Stamm im ersten Jalare seine normale Ausbildung erlangt hatte: um den Markkörper ist ein normaler Holzring (//) mit breiten Markstrahlen (mst) vorhanden, der später zerklüftete {v). Im zweiten Jahre, als die ersten Zellreihen (gr) des neuen Holzringes in der Ausbildung begTiffen waren, mul's sich eine Störung in Form einer Lockermig geltend gemacht haben, denn der neue Holzring [hp) hat zum grolsen Teil den Charakter des Parenchymholzes angenommen und nur stellenweis {Ji) den durch Ausbildung von Gefäisen und dick- wandigen Holzzellen gekennzeichneten normalen Holzbau beibehalten. Die Ursache dieser Lockerung ist ein Rindenrii's gewesen, dessen Spuren man in der lippenförmigen Einbuchtung am oberen Teile der Figur erkennt. Die deckenden Korkschichten (fc) der Rinde sind entzwei ge- sprengt worden, und das beiderseits hervorquellende Überwallungs- gewebe (w), das sich wiederum mit einem Korkmantel bekleidet hatte, ist zu einer geschlossenen Masse in unmittelbarer Nähe des (nicht ge- zeichneten) Risses verschmolzen. "Wenn man von der üppigsten Stelle des Wuchergewebes (tv) ausgehend dasselbe rückwärts nach der gesunden (oberen) Zweigseite hin verfolgt, sieht man, dafs es sich allmählich auskeilt und innerhalb der Rinde normalen Charakter (fg) anzunehmen beginnt. Hier ist die Lagerung der Hartbaststränge (6) noch nahezu normal, aber ihre Beschaffenheit ist stark verändert. Die Mehrzahl der Bast- zellen zeigt gelben, verquollenen Inhalt und leicht gebräunte Wandung. Dennoch aber treten sie als leuchtend helle Gruppen aus dem tiefbraun gefärbten Rindenparenchym hervor, das durch eine nachträglich ent- standene Tafelkorklage il'') von den äufseren collenchymatischen Rinden- schichten abgegrenzt ist. Die Zeichnung zeigt aber, dafs der Ring von Bastzellen (b) in dem Mafse sich weiter vom Holzzylinder entfernt, als er weiter in das Wuchergewebe eintritt; er ist also durch die Vermehrung desselben vom Holzkörper abgedrängt worden. Gleichzeitig sieht man, dafs der Bastring auch von den äufseren, collenchymatischen Schichten weiter abgerückt ist. Es mufs deshalb auch eine Zell Vermehrung in der Primärrinde eingetreten sein. Es fragt sich nun, ob das Gewebe, welches den Bastring vom Holz- körper abdrängt, ausschliefslich ein Produkt der sekundären Rinde ist, oder ob auch der Holzzylinder selbst dazu beigetragen hat. Die Ant- wort erhalten wir durch die Gewebegruppe (hp), welche Parenchym- holz darstellt. Wir finden derartige Gruppen parenchymatischen Holzes innerhalb eines weichen, dünnwandigen Gewebes bei der Heilung von Schälwunden, bei denen sich aus den jüngsten auf dem Holzkörper stehengebliebenen Splintlagen neues Gewebe bildet. Wir lernen ferner bei dem Studium der falschen Jahresringe (s. diese) und bei den Heilungs- vorgängen der inneren Frostrisse die Bildung von Parenchymholz aus der gelockerten Splintholzschicht kennen. Auch bei den Veredlungs- vorgängen, namentlich der Okulation und dem Rindenpfropfen, sehen wir Vernarbungsgewebe vom jüngsten Splintholz neu gebildet werden, wenn die eigentliche Cambiumzone verletzt worden ist. Bleibt das Cambium bei einer Verwundung erhalten, so entwickelt sich dieses im Falle einer Lockerung des Korkgürtels der Rinde durch einen Rifs zu einem zunächst parenchymatischen Gewebe, das an seiner Peripherie allmählich in den normalen Holzbau in dem Mafse übergeht, als sich der normale Rindendruck wieder herstellt (s. Wundheilung). Aber dieselben Neubildungen können auch auf der Innenseite der Wärmemangel. 603 Rinde entstehen , wenn man dieselbe vöm Holzzjdinder abhebt , ohne dal's ihre Ernährung gänzlich unterbunden wird. Ich habe die Ver- suche bei Kirschen in der Art ausgeführt, dals ich die noch glatte Rinde jugendlicher Stämme in Streifen ablöste, welche an ihrem oberen Ende mit dem unverletzt auf dem Achsenzjdinder stehengebliebenen Rindenmantel in Verbindung geblieben waren. An dieser Übergangsstelle der unverletzten Rinde in den abgehobenen Streifen sah ich auf der Innenseite desselben Callus sich bilden, der sich später in Rinden- und Holzkörper differenzierte. Es ist also experimentell festgestellt, dafs ein blofsgelegter Holzkörper neue Rinde und ein abgehobener, aber am oberen Ende auf dem Holzkörper noch fest- sitzender Rindenlappen neues Holz erzeugen kann. Dadurch wird uns der Vorgang bei dem Rosenkrebs verständlich. Im ersten Frühjahr entstand ein Rindenrifs, der bis auf das bereits in einzelnen Zellreihen angelegte Frühjahrsholz des neuen Jahresringes reichte und auch seitliche Abhebungen der Rinde vom Splinte zur Folge hatte, wie die Lücken (/) erkennen lassen. Durch diesen radialen Spalt war der schnürende Einilufs , den der Korkgürtel (/.) auf Rinde und Jungholz auszuüben pflegt, zunächst gänzlich aufgehoben, und die Folge war nun die luxuriierende Ver- mehrung des Jungholzes (auf der unteren Seite der Figur), dort wo die cambiale Zone nicht gestört worden war, und andererseits die üppige Vermehrung des Paronchyms der Innenrinde dort, wo dieselbe vom Jungholz abgehoben worden war (bei l auf der oberen Seite der Figur). Die Neubildungen sind, gleichviel ob vom abgehobenen Rinden- lappen oder vom Jungholz ausgehend , gleichmäfsig callusartig und verschmelzen unmerklich miteinander. Sie sind es , welche den ehe- mals zusammenhängenden Bastring (h, h') entzwei gesprengt, den stärkst- beschädigten Teil desselben {h') nach aufsen gedrängt und nach seiner Abklüftung von der Aufsenrinde zum Absterben gebracht haben. Die Hauptfrage ist, auf welche Weise die erste radiale Zerklüftung zustande gekommen sein mag ? Und darauf kann die Antwort nur lauten : durch den Frost. Denn wir finden jene Bräunung der Markkrone, jene Zerrungen und Erweiterungen der Markstrahlen, jene Abhebungs- erscheinungen und Gewebezerklüftungen hier wieder, die ich experi- mentell durch Einwirkurg künstlicher Fröste habe erzeugen können. Nur die Folgeerscheinungen, nämlich die luxuriierende Gewebevermehrung habe ich künstlich bisher noch nicht hervorzurufen vermocht. Es liegt dies wahrscheinlich darin begründet, dafs ich noch nicht den richtigen jugendlichen Entwicklungszustand bei der Einwirkung der künstlichen Fröste getroffen habe. Es mufs dies die Zeit sein, in welcher die cambiale Tätigkeit eben begimit, wie man aus den wenigen Zelllagen ersieht, die der neue Jahresring erst gebildet hat. Treten die Störungen später ein, so ist die Reaktionsfähigkeit der Gewebe geringer, und die wuchernde Zell Vermehrung unterbleibt. "Wie sehr der Zeitpunkt der Verletzung ausschlaggebend ist , lieweisen die Versuche von Göthe , welcher , wie, bereits erwähnt . durch fortgesetztes Klopfen an einer Weinrebe im ersten Frühjahr Wucherungen erzeugt hat, die dem Weinkrebs glichen ; der Weinkrebs ist in seiner Entwicklung dem Rosenkrebs nahestehend. g) Der Brombeerkrebs. Es ist eine bemerkenswerte Erscheinung, dafs mit Ausnahme des Weinkrebses alle ü b r i s e n K r e b s w u c h e r u n 2; e n in d e r F a m i 1 i e 604 II. Schädliche atmosphärische Einflüs der Rosaceen gefunden werden. Bei dem Brombeerkrebs entstehen am älteren Holze blumenkohlartig gehäufte, harte, weifslich schimmernde Gewebemassen mit perlartiger warziger Oberfläche (s, Fig. 144 /c), die bald einzelne Kugeln , bald, ■wie bei Spiraea, wallartig ge- häufte, langgestreckte Polster bilden. Die Augengegend ist der bevorzugte Entstehungs- ort. Die Rinde wird gesprengt und teilweise flügelartig zu- rückgeschlagen. Bei reichlichem Vorhanden- sein der Krebsgeschwülste ver- gilbt zunächst das Laub; dann beginnt langsam der Stengel von den gebräunten Augen- stellen aus abzusterben. Bis Juli sind in der Regel die er- krankten Zweige, die an dem- selben Stocke neben freudig grünenden vorkommen, gänz- lich abgestorben. Wenn man an den ge- sunden Trieben solcher kreb- sig erkrankten Stöcke nach- sucht, findet man entweder kleine, rötliche oder braune Längsschwielen oder auch bis 1 cm lange , klaffende Rifs- stellen. Dieselbe Erscheinung bemerkte ich auch an manchen Blattstielen. Die Böschungen derartiger Rifswunden sind mit Kork bekleidet. An diesen Böschungen treten stellenweis kleine , perlige Wucherungen hervor, die aus Parenchym bestehen und dicht an der Aufsenseite der Hartbast- stränge von der Primärrinde gebildet werden. Diese GeM^eberegion er- weist sich bei den Rosaceen als eine sehr leicht erregbare. Nach den verschiedenartigsten Rindenbeschädigungen , die nicht bis an den Hartbast reich- ten, sah ich kräftige Zweige durch Parenchymvermehrung dicht aufserhalb der Hartbaststränge auf den Wundreiz antworten. Auch bei dem Brombeerkrebs bemerkt man eine Vor anläge für die Krebsbildung-, denn an den Stellen, wo eine warzenartige Wucherung hervorgetreten war, erwies sich schon bei der jugendlichen Zweiganlage der aus Hartbaststrängen und deren Pig. 144. Krebs bei der wilden Brombeere. (Orig.) Wärinemangel. 605 derbwandigen Verbindungselementen gebildete mechanische Ring un- verdickt, indem zartwandiges Parenchym an Stelle der prosenchyma- tischen und sclerenchymatischsn Gewebe getreten war. Das parenchymati.sclie Wuchergewebe in der Primärrinde vermehrt sich äul'serst schnell und durchbricht die deckenden normalen Kinden- lagen. Im Innern der Krebswarze bildet sich ein lockerer gefäfsreicher Holzkörper; die Bildung von Holzelementen wiederholt sich in den peripherischen Parenchymlagen des erstentstandenen Wucherkegels, indem Meristemherde entstehen, aus denen tracheale Holzolomente in schalenförmiger oder muschelartiger Anordnung hervorgehen. Bei dem Brombeerkrebs ist also der Anfang eine Parenchym- wucherung im primären Rindenkörper, die in blumenkohlartiger Ver- zweigung nach aulsen wächst. Erst später greift die Neigung zur Hypertrophie rückwärts in die Innenrinde hinein und erfaist schliel's- lich auch den Holzring, der anfangs von normaler Ausbildung erscheint. Sobald die Geschwülste älter werden und der Holzkörper sich an deren Bildung beteiligt, verstärkt sich dieser um das Drei- bis Vierfache seiner normalen Ausdehnung. Wir haben ähnliche Vorgänge bei der Wasser- sucht, bei der Knollenmaserbildung usw. Der Krebs bei Rubus ist selten ; ich habe ihn bisher nur in vier Fällen kennen gelernt und zwar stets in engbegrenzten Lokalitäten. Die übereinstimmenden Momente bei den Krebsgeschwülsten. Bei einem Überblick über das gesamte Beobachtungsmaterial betreffs der geschlossenen Krebse (der „otitene Krebs" bildet eine Übergangs- form zum Brande und scheidet hier ausj findet man übereinstimmende Züge. Überall bildet die Entstehung einer kleinen Rii's wunde den Anfang ; überall läfst sich erkennen , dafs die Verwundung im zeitigen Frühjahr stattgefunden haben mufs, und dafs das reichlich mobihsierte Material die Umgebung der Wunde zu äufserst schnell zustandekommen- den , enormen AVucherungen befähigt. Durch den parenchymatischen Charakter der Neubildungen wird eine grofse Empfindlichkeit gegen schädliche Witterungseinflüsse und namentlich dem Frost gegenüber bedingt. Geringe Frostgrade sind daher imstande, das KJrebsgewebe in der nächsten Wachstumsperiode zu verletzen. Der verletzte Gewebe- komplex kann darum wiederum mit Wuchergewebe antworten, weil er bei seiner parenchymatischen Natur in der vorangegangenen Vegetations- periode reichlichst Reservestoffe in Form von Stärke gespeichert hat. Die Krebsformen bei den einzelnen Gattungen der Rosaceen unter- scheiden sich nur durch die Art der Reaktion auf den Wundreiz, stimmen aber darin wieder überein, dafs sie das Auge und dessen nächste Umgebung als Entstehungsort bevorzugen. Der Grund dafür ist in der Lockerung des Achsenkörpers an der Ansatzstelle einer Knospe zu suchen. Hier ist stets der Holzring schmaler und wird schliel'slich von der parenchymatischen Markbrücke quer durchsetzt. Die bisher beobachteten Anfangsstadien der Krebsknoten, nämlich die kleinen, meist in der Nähe der Augen entstehenden Rifswunden, haben sich durch künstliche Fröste erzeugen lassen; die üppigen Über- wallungserscheinungen aber noch nicht. Dieser Umstand dürfte darauf zurückzuführen sein, dafs ein zu später Zeitpunkt im Frühjahr für die Einwii'kung der künstlichen Fröste gewählt worden ist. Bei krebsigen Bäumen ist in den gesunden Zweigen mehrfach 606 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. eine abnorm gesteigerte Ausbildung der Markstrahlen beobachtet worden, und dies dürfte ein Fingerzeig sein, um die Neigung gewisser Kultur- sorten oder einzelner Individuen an bestimmten Standorten zu Krebs- wucherungen zu erklären, indem derartige Exemplare, deren Mark- strahlen bzw. ßindenstrahlen schon im gesmiden Zustande luxuriieren, am leichtesten durch Hypertrophie auf einen AVundreiz antworten werden. Der Brand (Sphaeelus). Im Gegensatz zur Bezeichnung „Krebs", welche in den Kreisen der Praktiker für die heterogensten Erscheinungen einer allmählich sich ausbreitenden Erkrankung Verwendung findet, versteht man imter „Brand" ziemlich allgemein das Auftreten toter, schwärzlich verfärbter , dem Holzkörper aufgetrockneter Rindenstellen von gröl'serer Ausdehnung. Bei glattrindigen Stämmen bemerkt man auch an Stelle grölserer zusammenliängender Brand- flächen oft einseitig am Baum erscheinende kleine, zahlreiche, eingesunkene, einem Finger- eindruck ähnliche Rindenllecke , die man als „F r o s t p 1 a 1 1 e n" zu bezeichnen pflegt. Diese Beschädigungen sind je nach der Frost- empfindlichkeit der Baumarten und den Standortsverhältnissen bald häufig, bald spär- lich. Branderscheinungen dürften vom Stein- obst am häufigsten bei Kirschen und Pflaumen zu finden sein; bei den empfindlicheren Pfir- sichen und Aprikosen pflegt meist der Achsen- körper in seiner Gesamtheit zu leiden. Bei dem Kernobst sind unzweifelhaft die Birnen zu Brandbeschädigungen am leichtesten geneigt. Von den Waldbäumen gelten als besonders empfindlich Buche und Eiche, an feuchten Standorten auch Esche und Akazie. Edelkastanie erhält sich überhaupt im mitt- leren Deutschland nur an einzelnen Lokalitäten. Unter den Nadelhölzern erscheint die Tanne frostempfindlicher als die Fichte. Lärche leidet, sobald sie nicht genügend Licht und Luftzirkulation hat. Selten beschädigt zeigen sich Linde und Ahorn. Am wenigsten findet man Brandstellen bei Erle, Birke, Ulme, "Weide, Pappel, Hainbuche und namentlich Kiefer. Das Absterben der Rinde ist als direkte Frostwirkung anzusehen, welche bis zu verschiedener Tiefe eindringt und demgemäfs ein ver- schiedenartiges Aussehen der Brandwunden hervorrufen kann. So er- greift z. B. häufig d-er Frost nur die jüngsten Rinden- und Splint- .schichten einschliefslich des eigentlichen Cambiums ; die älteren, äufseren Rindenlagen sterben dann nur aus Mangel an Ernährung ab. Da die vom Frost getötete Rinde sich kiu^ze Zeit nach dem Auftauen dunkel Fig. 145. Frostplatten Birnenrinde. (Orig.) Wärmemangel. 607 verfärbt, so sehen wir im Frühjahr (besonders oft bei Birnen) zunächst an einzahlen Baumseiten oder Zweigen eingesunkene, scharf umgrenzte, oft nur sehr geringe Ausdehnung besitzende Stellen, die bald trocken werden und dem Holzkörper fest anhaften (Fig. 145, p). Es sind dies die oben erwähnten „Frostplatten" mancher Obstbaumzüchter. Im Laufe des Sommers entsteht an der Grenze zwischen dem aufgetrockneten und dem gesunden, durch das Dickenwachstum des Stammes sich hebenden Teil der Rinde eine Rifs- stelle, durch welche der abgestorbene Teil nun von der Umgebung isoliert wird und seinen hemmenden Einflufs verliert (Fig. 145, r). Die Hemmung, welche eine solche tote Rinden- stelle ausübt, liegt in der Druckerhöhung des übrigen Rindenmantels , so lange derselbe mit dem toten, trockenen, dehnungsunfähigen Grewebe noch ver- bunden ist. In der Nähe der toten Stelle wird der Rindendruck am gröfsten, die Zahl der neugebildeten Elemente am geringsten sein. Dies sehen wir bei Beginn der He ilungs Vorgänge. Der Baum sucht die tote Stelle durch Bildung von Überwallungsrändern von den gesunden Rinden- teilen aus zu docken. Dies kann nun je nach der Art des Brandschadens in zwei Formen geschehen. Wenn nämlich der Zweig zur Zeit des Frosteintritts schon älteres Holz besitzt, das auf der Brandseito wolil gebräunt , aber nicht gespalten wird , dann schieben sich oftmals die Überwallungsränder all- mählich zwischen die tote Rinde und den Holz- körper und heben langsam die schorfartig- trockene, braune Rindenmasse ab. Mit jedem folgenden Jahre rücken die Überwallungsränder von den Seiten her aufeinander mehr und mehr zu. bis sie sich endlich vereinigen, die geschwärzte Holzstelle decken und dabei die ehemals auf- gelagerte Rinde nach aufson drängen und abstofsen. In Fig. 140, die einen brandigen, jungen Birnen- stamm darstellt, sehen wir oben den alten, ge- schwärzten, blofsgeleg-ten Holzkörper, welcher ursprünglich von der hier hellgezeichneten Rinde im frischen Zustande bedeckt war. Die Rinde ist an der ganzen Baumseite vom Froste getötet, auf- getrocknet und durch die nach dem Frost hervor- gekommenen Überwallungsränder von den gesunden Baumteilen abgeplatzt worden. Die buckeiförmige Erhöhung an der Basis der Zeichnung zeigt die bei Brandstellen häufige Verbreiterung des ab- geflachten Stannnes durch vermehrte Holzbildung der unbeschädigten Umgebung. An dünnen Zweigen besitzen die Frostplatten manchmal eine nur geringe Ausdehnung; dafür aber zeigt sich der Holzkörper unter der auftrocknenden Rinde radial gespalten. Der beim Nachlassen des Frostes sich schlieisende Spalt wü'd nun schnell überwallt, die getötete Rinde Fig. 14fi. J Uli -er Birnenstamm mit ver- schiedenartigen Brand- stellen. 608 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse, ^/^*• alsbald abgehoben, und die Überwallimgsränder verschmelzen mit- einander. Hierbei erfolgt nun die Vereinigung nach Art der Frostleisten^ d. h. die Ränder springen leistenartig über die normale Jahresringebene hervor, während sie bei den breiteren, nur langsam sich schliel'senden Wunden den Achsenzylinder an der erfrorenen Stelle abgeflacht er- scheinen lassen' In beiden Fällen aber zeichnen sich die Überwallungsränder da- durch aus, dafs sie unter dem hohen Druck der toten Rinde entstehen, daher an ihren äuisersten Enden am schmälsten sind , sich also keilförmig zuspitzen. Diese keilförmige Verjüngung der sich über die ..tote Fläche ausbreitenden Über- wallungsränder ist das charakteristische Merkmal des Brandes im Gegensatz zum Krebse, dessen Über- wal 1 u n g s r ä n d e r nach der Wundstelle hin an Dicke zunehmen und sich wulst- artig in den offenen Spalt, der den Krebs anfang bil- det, hin einsenken. Dafs die Gewebe der Über- wallungsränder je nach den Druckverhältnissen, unter denen sie entstehen, verschieden sind, ist leicht zu ermessen und ist bei dem Krebs ausführlicher be- sprochen worden. In der Fig. 147 entspricht die dunkle Stelle B einer Frostplatte p in Fig. 145; t ist ein Rest der toten Rinde , deren gesunder Teil Ii, durch die weifsglänzen- den Hartbastbündel lih kenntlich, von dem toten Gewebe durch eine schräg verlaufende, sich an die normale Korkbekleidung K bei B anlegende Korkzone ge- trennt ist. Der nach dem Frost entstandene Jahresring ist mit J bezeichnet. Wenn man denselben nach der Wundstelle hin verfolgt, sieht man, wie er sich spitz aus- keilt und unter der aufgetrockneten , toten Rindenstelle t' t noch ganz fehlt. Erst der nächstjährige Ring würde sich daz wischenschieben. Der Bau dieses zugespitzten Überwallungsrandes ähnelt durch das nur sehr gering ausgebildete Parenchymholz und die bald auftretenden, dickwandigen Holzzellen nebst Gefäfsen viel mehr dem normalen Holze als die lippenförmig sich aufwulstenden , holzparenchymatischen Über- wallungsränder des Krebses (s. „offenen Krebs"). Wir sehen in beistehender Fig. 147 über der Markbrücke (;w) die Fig. 147. Querschnitt durch einen Birnenstamm an einer durch Frost erzeugten Brandstelle. (Orig.) Wärmemangel. (j()() normalen Jalu-esringe durch minder helle , hier grau erscheinende, sichelförmige Zonen p^ , die fein keilförmig nach den Seiten hin aus- strahlen, unterbrochen. Diese Zonen bestehen aus dünnwandigerem, bisweilen gefäfslosem, verkürztem Prosenchym, bisweilen sogar der Hauptsache nach aus stärkereichem Holzparenchym. Die hier geraden Radien der Markstrahlen erscheinen bei üppig wachsenden Sorten geknickt und die longitudinal gestreckten Holzzellen und Gefäfse diagonal bis horizontal verschoben. Es ist vorhin gesagt worden, dafs die Frostplatten als engbegrenzte, in allen Richtungen relativ geringe Ausdehnung zeigende Brandschäden anzusehen sind . die bis zu groisen , ganze Baumseiten umfassenden Brandflächen alle Übergänge aufweisen. Aul'ser bei Bii'ne lassen sich auch bei Rotbuche leicht solche Frostplatten auffinden. An reichlich mit derartigen Platten besetzten Zweigen einer Buche liefs sich als die in das gesunde Gewebe am weitesten hineingehende, letzte Aus- strahlung der Frostwirkung die Bräun mig des Inhalts einzelner, durch das Mark zerstreuter Zellen nachweisen; diese Zellen haben un- zweifelhaft einen anderen Inhalt als die übrigen , farblos gebliebenen Markzellen und nähern sich betreffs des ZeUinhalts waln-scheinlich denen der Markkrone, die ebenfalls leicht gebräunt wird. Die Bräunung teilt sich nicht, wie bei der Wundfäule, der Umgebung mit; denn die schon vorhandenen sowohl als die sich später noch bildenden Zellen in der nächsten Nähe der frost- gebräunten Gewebe bleiben hellwandig und gesund. Die gebräunten Markzellen enthalten ebensogut Stärke wie die nicht angegriffenen , so dafs die braune Färbung nicht von veränderter Stärke, sondern von einem anderen Stoffe herrühren mufs. Nicht in allen FäUen leidet das Mark. Manchmal ist bei zwei- bis dreijährigen Zweigen der Holzkörper in der Weise gebräunt, dafs die gelbe, gummiartig aussehende Ausfüllung der Gefäfse bis zui' Markkrone hin stattgefunden hat und auch die Markstrahlen bis nahe zmn Zentrum gebräunt erscheinen, der Mark- körper selbst aber ohne jede krankhafte Verfärbung ist. Solche Diffe- renzen finden in demselben Zweige an verschiedenen Internodien statt. Indes bleibt als Regel, dafs die ersten Anfänge der Brämiung sich durchschnittlich an einzelnen Zellen des Markes, namentlich auch der Markkrone zeigen , dafs zunächst nur der Inhalt und später erst die Wandung sich verfärbt, und dafs diese Inhaltsfärbung auf einer Bräunung und Erstarrung der Zellflüssigkeit zu beruhen scheint. Die gummiartig festgewordene Masse kann beim Schneiden scharfkantig brechen. Ebenso glaube .ich. die Ausfüllung der Gefäfse zum Teil auf das Erstarren des flüssigen bereits vorhandenen Inhalts zurückfülu-en zu müssen und dadurch mit Leichtigkeit die oft t r o p f e n a r t i g e Formierung der A u s f ü 1 1 u n g s m a s s e erklären zu können. Der Bräunmig im Markkörper folgt bei zunehmender Kältewirkung in der Regel die Verfärbung einzelner Markstrahlen und einzelner Bast- parenchymgi^uppen in der Rinde. An den Rotbuchenzweigen lief's sich auch eine auf einzelne Gefäfsbündel besclu'änkte Frostwirkung manch- mal erkennen: die Verfärbung hält sich dann innerhalb zweier Haupt- markstrahlen, ergreift zmiächst den Markkronenteil des Bündels und schliefst oft plötzlich mit einer Jahresringgrenze ab. Man sieht bisweilen eine Gefäfswand noch gar nicht oder einseitig gebräunt, wenn der Inhalt schon gänzlich verfärbt erscheint. Es wurde erwähnt, dafs an der Ausfüllung der Gefäfse und HolzzeUen sich auch die Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 39 ßlQ II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. sekundäre Membran beteiligen kann : diese quillt zunächst auf*, und zwar zuweilen bis zur Ausfüllung des Lumens einer Holzzelle oder eines engen Gefälses, welche dann noch farblos und gleiclmiäisig lichtbrechend erscheinen. Daneben findet man Zellen und Gefäfse in tiefer Bräunung; ihre auskleidende Masse liegt oft tropfenförmig der Wand an oder ist ringartig und scharf von der Membran abgegrenzt. In anderen Fällen ist zwischen der Auskleidungsmasse und der Zellhaut keine Grenze und hierbei die Beteiligung der Membran zweifellos. Es kommt auch vor, dafs nur eine innere Lage der Zellmembran sich bräunt und quillt und schliefslich erstarrt. Diese gequollene Lage hat dann am Innenumfange der Zelle oder des Gefälses nicht mehr Platz und faltet sich nach innen, so dafs ein farbloser Hohlraum zwischen der nach innen ausgestülpten , braunen Membranlamelle und dem äufseren , un- verändert gebliebenen Teile der Wandung sich zeigt. Bei der meist einseitig vorhandenen Bräunung des Cambiums ist in geringeren Stadien auch nur der Inhalt gebräunt und erst nach- träglich verfärbt sich die Wandung. Das direkt an das Herbstholz angrenzende Frühlingsholz scheint am empfindlichsten zu sein. Im Rindenkörper erkennt man, dafs die bogenförmig von Rindenstrahl zu Rindenstrahl sich spannenden, in der Streckung voraneilenden Parenchymzellen weniger leiden als das von ihnen begrenzte klein- zellige Innengewebe. Die hier erwähnten Beobachtungen repräsentieren häufige Einzelfälle, aber nicht durchgängig anzutreffende Erscheinungen. Erwähnt sei schliefslich ein Fall bei Süfskirsche als besonders bemerkensw^ert. Der Markkörper des einjährigen Zweiges erschien an einer Seite bis über die Mitte hinaus zerklüftet, und in die entstandene Lücke wucherten fadenartig, wie bei den Wollstreifen des Apfelkernhauses , die Zellen der Markperipherie. Gummosis war nicht vorhanden. Der Fall wurde bei den sogenannten „Frostrunzeln'' beobachtet: er ist deshalb interessant, weil er die nachträglich im Mark wieder erwachte Wachstumstätigkeit zeigt, was im allgemeinen nur bei weichen Hölzern ( Tüia) vorkommt. Auch bei den obenerwähnten Branderscheinungen findet sich als Regel , gerade so wie bei Krebs , mit der Zunahme der Parenchym- massen (Fig. 147, jjz) zwischen den normalen Teilen des Jahresringes auch eine Zunahme der Gummiherde bei den Amygdalaceen und der Harzherde bei den Coniferen. Bei dem Krebs kann man aufserdem wahrnehmen , dafs der Lockerung des Holzkörpers durch Parenchym- holz eine Lockerung des Rindenkörpers in demselben Radius durch Schwächung des mechanischen Ringes entspricht; es fehlen nämlich die Hartbastbündel in der Rinde der Überwallungsränder so weit, als im Holzkörper der letzteren die eigentlichen dickwandigen Holzzellen fehlen. Parenchymholznester. Bei den Krebswucherungen haben wir gesehen, welche Weichheit und Hinfälligkeit der Holzring erlangt, sobald er zur Bildung des Überwallungsrandes einer engen Spaltwunde zurzeit der gröfsten Zu- wachstätigkeit im Frühjahr plötzlich übergeht. Bei der Schnelligkeit der Entstehung derartig grofser Gewebemassen hat der Holzring nicht Zeit, prosenchymatische Elemente auszubilden, sondern baut sich an- fangs aus parenchymatischen , dünnwandigen Elementen auf, die als "Wärmemangel. (311 Speicherungsgewebe für Reservestoffe zwar Vorteile bieten , aber den Parasiten und AVitterungyeinflüssen gegenüber sein.- geringe Widerstands- kraft zeigen. Es ist daher leicht verständlich, dai's auch bei gesunden Bäumen das Auftreten parenchymatischen Holzes an Stelle des pros- enchymatischen vom pathologischen Standpunkt aus eine besondere Auf- merksamkeit verdient. Derartige Fälle sind überall zu finden. Die Herde von Parenchj^mholz können in Form eingestreuter Nester oder in ringförmigen Binden von verschiedener Länge und Breite im Stammkörper auftreten. Sie sind mannigfach benannt worden. Eine Aufzählung derartiger Fälle finden wir bei De Barv ^j, der in ihnen eine Hypertrophie der Markstrahlen sieht. Rossmässler nennt sie ,, M a r k w i e cl e r li o 1 u n g e n " , Nördling er bezeichnet sie als „ M a i' k - flecke", und Th. Hartig^) spricht von „Zellgängen". Die aus- gebildetste Form finden wir bei den sog. „Mondringen". Es sind dies braune oder weifse, meist ringförmig um einen Teil oder auch um den ganzen Stammumfang herumreichende Binden von Parenchymholz, das bisweilen schon zunderartig zermürbt erscheint. Diese mürben Gewebemassen zeigen nicht selten bereits die Celliüosereaktion. Viel- fach findet man dieses Gewebe von Mycel durchzogen. Th. Hartig beschrieb die Pilze als Nyctomycrs candidus und utüis. Rob. Hartig zog das bei Eichen beobachtete Mj^-el zu Stcrenni /lirsutiim Willd.^). Bei anderen Baumgattungen finden sich andere holzzerstörende Pilze, die im zweiten Bande S. 885 fi". eingehender behandelt werden. Die als „Markfiecke" bezeichneten Bildungen erscheinen im Quer- schnitte des Holzkörpers als isolierte, zerstreut auftretende, scharf be- grenzte, etwa halbmondförmige, gebräunte, mürbe Stellen, welche sich gangartig auf verschiedene Länge hin stammabwärts verfolgen lassen. Eine eingehende Studie darüber verdanken wir Kienitz-Gerloff *) , der als Entstehungsursache bei Weiden, Ebereschen und Birken den Frafs einer Insektenlarve beobachtete. Nach einem Referat von Karsch^) soll es sich um Ttpula mspectn Rtzb. handeln. Diese Larve nährt sich „von den Zellen des Cambiums und des Jungzuwachses zur Zeit der Jahrringbildung". Die Frafsgänge werden in folgender Weise ge- schlossen: „Die den Wundrand dm^chbrechenden Zellen wachsen schnell und teilen sich weiter durch zarte Querwände; gleichzeitig findet eine vollständige Schliefsung des cambialen Ringes statt, und von nun ab wird wieder normales Holz und normale Rinde über der Wundfläche gebildet, während ganz unabhängig von dem neuen Cambium der Hohl- raum durch die Zellenwucherungen geschlossen wird." (Bot. Jahresber. 1883. Bd. I, S. 182.) Diese Beschädigungen durch fadenförmige Dipteren- larven, welche in der Cambiumzone, namentlich an Stammbasis und Wurzelhals, bisweilen auch an höheren Schaftteilen und Wasserreisern im Mai und Juni ihre Gänge graben, werden zunächst nur für die ge- nannten Baumarten als Erzeuger von Markflecken oder „Braun ketten" anzusehen sein. Kienitz selbst bemerkt, dafs ähnliche Bildungen bei anderen Bäumen, namentlich bei Nadelhölzern, nicht von den erwähnten Dipterenlarven hemihren. ^) Dk Bauy, Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane. 1877, S. 567. 2) Th. H.vktio, Vollständige Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen. 1852, S. 211. ^) Ron. H.uiTKi. Zersetzungserscheinungen des Holzes. S. 129. *) M. Kienitz, Die Entstehung der Markflecke. Bot. Centralbl. 1888, Bd. XIV, S. 21 ff. Hier auch die ältere Literatur. '') Bot. Jahresbericht. Jahrg. XI, Teil 2, S. 518. 39* (512 II- 'Schädliche atmosphärische Einflüsse. Betreffs der Markflecke der Birke bestätigt v.^ Tubkuf ^) die Unter- suchungen von KiKNiTZ und erwähnt dabei, dais G. Kraus diese Zellnester sogar für normale Bildungen erklärt. De Bary spricht, wie erwähnt, von Hypertrophien der Markstrahlen, und bei dem ersten ÜberbKck gewimit man auch den Eindruck, dals die Markflecke durch eine Er- weiterung der Markstrahlen hervorgebracht werden. Man sieht wirklich letztere, bevor sie in die Parenchymholznester eintreten, allmählich breiter werden und ihre Zellen das polyedrische, d erb wandige , stark getüpfelte Aussehen der mit Stärke und braunem Gerbstoff bisweilen erfüllten Zellen der IMarkflecke annehmen. Ja, man sieht sogar manch- mal, dafs die Markstrahlen bei dem Eintritt in den Markfleck sich er- weitern und seitlich zusammenflieisen ; aber ich halte trotzdem, gestützt auf meine „Schäl versuche", das neugobildete Füllgewebe für ein Produkt einer Zellvermehrung , an der nicht nur die Markstrahlen, sondern sämtliche den Jahresring aufbauenden Gewebeformen sich beteiligen können. Die Mark- bezw. Rindenstrahlen eilen nur bei allen Wun dheilungs Vorgängen dem übrigen Gewebe im Wachs- tum voraus und erlangen dadurch einen überwiegenden Einflufs. Auch wenn man bei den oben erwähnten „Mondringen" die Grenzen zwischen dem bereits zerstörten Parenchymholz der ring- förmigen Binden und dem gesund gebliebenen Gewebe untersucht, findet man nicht selten eine hervorragende Erweiterung der Mark- strahlen,- namentlich bei Eichen. Bei Nadelhölzern und besonders bei Kiefern begegnet man einer noch extremeren Form von Zerstörmig, der sog. Ringschäle. Bei dem Spalten der Stämme löst sich nämlich bisweilen ein Vollzylinder, aus dem gesunden, zentralen Stammteil bestehend, von einem ebenfalls gesund erscheinenden peripherischen Holzmantel, wie aus einer Hülse, von selbst heraus. Die Lösung erfolgt dadurch, dafs in einem Jahres- ringe, und zwar nur in diesem einzigen, das Gewebe zerstört, muJmig und myceldurchzogen ist. Diese Form der Ringschäle unterscheidet sich durch ihren festen, gesunden Kern von der durch Robert Hartig ^) bei der Kiefer studierten, bei welcher ein Wundparasit, Trmnetcs Pmi (Brot.) Fr. die Zerstörung des ganzen Kernes veranlafst, aber nicht in das gesunde Splint- holz übergeht. Hartig beschreibt das schnelle Fortschreiten des Mycels in den Markstrahlen und sagt, nachdem er die durch das Mycel ver- ursachte Holzzerstörmig, das Auilösen der inkrustierenden Substanzen und Zurückbleiben der Cellulose in den Holzfasern dargelegt hat: „Infolge der Zusammenziehung des Holzkörpers , welche mit der Fäulnis und dem Wasserverlust desselben verbunden ist, bilden sich nicht allein radial verlaufende Spalten, sondern es lösen sich sehr oft die äufseren Jahresschichten als Mantel von einem dickeren oder schwächeren Kerne. Es entstehen so Ringspalten, die wohl den Namen der Ringschäle ver- anlafst haben mögen." Wir haben es also hier mit einer Form der sehr verbreiteten Rotfäule oder Kern faule zu tun. Der Pilz tritt nach V. TuBEUF auch an Fichten auf und ist aufserdem an Lärchen und Weifstannen und in Amerika an Douglastannen beobachtet worden. Hervorzuheben ist der Umstand, dafs sein Mycel sich „besonders leicht ^) V. TuBEi'F, Die Zellgänge der Birke und anderer Laubhölzer. Forstl. natur- wiss. Zeitschr. 1897, S. 314. 2) R. Hautig, Wichtige Krankheiten der Waldbäume. Berlin 1874, S. 55. ^Väl•memangel. 613 in einer bestimmten Jahresringzone ^)" verbreitet, und die kranken, nur noch ans CeUnlose bestehenden, weiisen Gewebeherde gerade im Früh- jahrsholz reichlich zu finden sind-). Dies scheint mir anzudeuten, dals der Pilz in den benachbarten Jahresringen zunächst grölseren Wider- stand findet, also der befallene Jahresring von vornherein lockerer gebaut gewesen ist. Demnach dürften Parenchymholzbinden nicht nur der Einwanderung von Trametcs und anderen ITolzzerstörern an Ast- wunden, sondern auch deren Ausbreitung im Stamm besonders förder- lich sein. Falsche Jahresringe, Doppelringe. Dals die Gröfse und Beschaffenheit eines jeden Jahresringes bei den Holzpflanzen von der Menge und Art der Blattarbeit abhängig, ist genügend bekannt^) und namentlich in der forstlichen Literatur eingehend behandelt. Jede längere Unterbrechung der Arbeit des Laub- apparates macht sich im Holzkörper geltend und kann zum Aussetzen der Holzbildung an einer Baumseite oder an der Stammbasis und dem Wurzelkörper führen. Wenn das im Frühjahr tätig gewesene Cambium nach einer Periode der Untätigkeit zu neuer Vermehrung in demselben Jahre angeregt wird, beginnt es mit der Bildung eines neuen Frülilings- holzes, das bald langsamer, bald schneller in das Horbstholz übergeht, und es entsteht auf diese Weise das Bild eines neuen normalen Jahres- ringes. In solchen Fällen zeigen sich halbseitige oder den ganzen Stammumfang umfassende Doppelringe. Genaue Studien darüber verdanken wir Kny*), der besonders klar bei Tilia parvifolia feststellen konnte , dafs nach dem Austreiben der Knospen an Trieben, die durch Raupenfrals völlig entlaubt worden waren , ein zweiter Holzring sich bildete. Die Grenze zwischen dem neugebildeten Frühlingsholz und dem vor der Entblätterung entstandenen Holzringe war scharf. Mehrfache Beispiele über die Abhängigkeit der Jahresringbildung von der Zeit der Entblätterung finden wir bei Ratzk- BURO'^). Da verschiedene Insekten zu verschiedenen Zeiten im Jahre Kahlfrals verursachen, sieht man bald in demselben Jahre, bald aber auch erst im folgenden (bei mangelhafter Ablagerung der Reservestofte) die Schwächung im Holzzuwachs. Zu den' Ursachen , welche die Bildung falscher Jahresringe ver- anlassen können, konnte ich im Jahre 188() die Frostwirkungen hinzu- fügen. Im Jalu-e 1895 veröffentlichte R. Hahtig«) eine Abhandlung, iii weicher er Frostringe bei Kiefer und Fichte beschrieb. Er gedenkt dabei auch einer anderen mechanischen Wirkung, nämlich einer durch Turgor- verlust hervorgerufenen Erschlaffung der Triebe, wodurch eine Krümmung verursacht wird. Diese Krümmung der Zweige bleibt be- stehen, so dafs man sie im folgenden Jalire wiederfindet. Die Er- schlaffung kann auch infolge der Zerstörung des Markparenchyms ein- ') V. TiBEiK, Pflanzenkrankheiten ilurch krvptogame Parasiten verursacht. Berlin 1895, S. 471. 2) R. Haimk;, Lehrbuch der Pflanzenkrankheiteu. Berlin 1900, S. 172. ") Kv STKK, E., Pathologische Pflauzenanatomie. Jena 1908, S. 25 und an anderen Orten. Hier auch die betreffende Literatur. *\ L. Knv, Über die Verdoppelung des .Jahresringes. Sep. Verhandl. d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg 1879. Hier auch Besprechung der früheren Ansichten. ^) Ratzki.i K.:, Waldverderbnis I, S. 160, 234, II, S. 154, 190. 6) Hautk;, R., Doppelringe als Folge von Spätfrost. Forstl. naturw. Zeitschrift 189Ö, S. 1-«. ^14 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. treten. In der letzten Auflage seines Lehrbuches ^) wird von ihm ein Frostring aus dem Holze einer Kiefer und einer Fichte abgebildet und dazu bemerkt: „An älteren Stammteilen der Kiefern zeigte sich, dai's in jedem Spätfrostjahre ein sogen. D o p p e 1 r i n g entstanden war. Ich habe später auch an Fichten und anderen Nadelhölzern dieselbe Tatsache konstatiert, dafs ein Spätfrost nicht die jüngsten Triebe allein schädigt, sondern oft noch in den zehnjährigen Stammteilen ,Doppelringbiidung' her- vorruft." Eine gleiche Störung im Bau des Jahresringes beschreibt und zeichnet 0. G. Petersen'^) von Buchen, die am 17. '18. Mai 1901 in Mittel- Seeland stark vom Frost gelitten hatten. Schon früher hatte NöKDLiNGER^) eine ringförmige Unterbrechung in der normalen Holz- bildung a]s eine rötliche (iewebelinie beobachtet. Auch anderweitig finden sich entsprechende Mitteilungen und Beobachtungen, die neue Gesichtspunkte aber nicht enthalten. Eine Erweiterung unserer Kennt- nis der Störungen in der Jahresringbildung brachten die Studien über die Krebserscheinungen. Bei dem Apfelkrebs habe ich nachgewiesen, dafs ein Jahresring, der auf der gesunden Zweigseite einfach und normal ist, auf der krebsigen sich fächerförmig in mehrere Ringzonen spaltet. Wie solche Lockerungen zustande kommen , beweisen meine neueren Studien bei Eichen. Experimentelle Erzeugung von Parenchymholz durch Prostw^irkung. Die in den vorhergegangenen Kapiteln als „Markflecke" , „Par- enchymholzbinden", „Ringschäle" usw. beschriebenen Fälle einer Bildung von parenchymatischem Holzgewebe an Stelle normalen Prosenchyms beruhen auf mannigfachen Ursachen , die aber sämtlich darin überein- stimmen, dafs das Cambium an einzelnen Teilen oder am gesamten Umfang eines Jahresringes vom Druck des darüber gespannten Rinden- gürtels mehr oder weniger befreit wird. Dafs der Frost und namentlich der Frühjahrsfrost eine der wesentlichsten und häufigsten Ursachen solcher Lockerungen des Rindengürtels abgibt, dürfte aus nachstehenden Beobachtungen hervorgehen. Im Jahre 1904 hatte ein Maifrost die jungen Eichentriebe am Rande einzelner Waldkomplexe — , dort wo dieselben an Wiesen grenzten — derartig stark beschädigt, dafs eine Anzahl Zweigspitzen gänzlich er- froren war, während andere nur geschwärzte, vertrocknende Blätter aufwiesen , aber an den Spitzen später weiterwuchsen. Nachdem der- artige Triebe innerhalb einiger Wochen wieder neue Blätter gebildet hatten, wurden sie zur Untersuchung abgeschnitten. Sie lieferten in verschiedenen Höhen sehr verschiedenartige Bilder und unter diesen auch das in Fig. 148 dargestellte. Wir erkennen einen unregelmäfsig fünfseitigen Markkörper (ni), um- geben von einem schmalen, einseitig stärker ausgebildeten Holzringe (h). Dieser Holzring schliefst aber nach aufsen hin nicht mit einer regel- mäfsigen Cambiumzone ab, wie dies im normalen Zweige der Fall ist, sondern geht plötzlich in ein lockeres, weitzelliges Parenchjmiholz (pli) ^) Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten. Berlin, Springer 1900, S. 220, 221. -) Petersen, O. G., Natterfrostens virkning paa Bögens ved. — Sep. Det forst- lige Forsögsvaesen, I, 1904. ') NoKDi.iNGEii, Die fetten und die mageren Jahre der Bäume. Kritische Blätter f. Forst- und Jagdwissenschaft 1865, Bd. 47, H. 2. "VVärmemaiigel. 615 über, das nach der Rinde zu derbwandiger wird und nur selten eine cambiale Grenzzone zwischen sich und der Rinde erkennen läfst. Dals dieser aus Lockerungsgewebe gebildete Gürtel (2)]i) wirklich zum Holzring noch gehört und von demselben ausgegangen ist, beweisen die in der Fig. 148. Ausheiking einer inneren Frostwunde am jungen Eichenzweige nach Maifrostbeschädigung. (Orig.) " Cambiumzone, z Zickzacklinie mit gequollenen Wandungen, y Gefäfse im normalen Holz. Erklärung der übrigen Buchstaben befindet sich im Text. Q\Q II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Lockerungszone zerstreuten kurzzelligen Gefälselemente (g)^ die im Bau ihrer Verdickungsschichten denen der Gefäfse im normalen, erst- gebildeten Holzringe ähnlich sehen oder gleichen. Dieses Vorhanden- sein kurzer Gefäfse oder Gefäfszellen und die Verdichtung der ganzen Lockerungszone an ihrer Peripherie durch Auftreten von derbwandigen, den echten Holzzellen ähnlichen Elementen zeigen somit, dafs dieser frostbeschädigte Zweig kurze Zeit nach Aufhören der Frostwirkung imd Bildung des Parenchjanholzes sich angeschickt hat, zur normalen Holz- ringbildung zm'ückzukehren. Wir würden, wenn dieser Zweig Gelegenheit gehabt hätte, bis zum Herbst fortzuwachsen, dann einen zweiten (falschen) Jahresring erhalten haben, wie er von früheren Forschern bereits beobachtet und im vor- hergehenden Kapitel besprochen worden ist. Der Bastring {b) ist wenig inntiert worden; nur der Inhalt der jungen Bastzellen erweist sich meistens gebräunt, entsprechend der Ausfüllung- einzelner Gefäfse des Holzringes mit rotgelber, gummiähnlicher Substanz, Das Rindenparenchym besitzt einzelne gebräunte Gruppen, Die coll- enchymatische Aufsenschicht der Rinde {d) zeigt keine besonderen Verfärbungserscheinungen , wohl aber ist dies bei der Markkrone der Fall, welche gänzlich gebräunt erscheint. Diese Bräunung läfst in dem Mafse nach, als die Schnitte nach der gesünderen Zweigbasis hin entnommen werden; dort finden sich nur noch einzelne Zellen mit gelbem, verquollenem Inhalt, Bei den reichlich vorhandenen Zerklüftungen macht sich ein Unter- schied in der Richtung der entstandenen Lücken bemerkbar. Inner- halb der Markscheibe ist die gröfste Ausdehnung der Lücken in der Richtung des Radius zu finden, und wir sehen, dafs dies mit der eigen- artigen strahligen Ausbildung des Markkörpers zusammenhängt. Der- selbe zeigt sich fünfeckig ausgebuchtet, und die Ausbuchtungen kommen dadurch zustande , dafs die den Holzring zusammensetzenden Gefäfs- bündel sich teilweise anschicken, aus dem Ringe herauszutreten. Wie vorher angedeutet, liegt der Grund für dieses Ausweichen einzelner Bündel darin, dafs an jeder der fünf Ecken der Markscheibe die fürdie fünf nächsthöheren Blätter bestimmten Leitungssysteme im Begriff sind, nach aufsen ihren Weg durch die Rinde zu den Blättern anzutreten. Für das der hier abgebildeten Zweigstelle nächstliegende Blatt ist der Markkörper natürlich schon am weitesten ausgebuchtet und schickt sich an, als Markbrücke (mh) in die nächste Knospe überzugehen. Die beiden höheren Blätter, die nur ein und zwei Internodien von unserem Querschnitt entfernt stehen, haben ihre Bündel noch innerhalb des ge- schlossenen Holzringes; aber dieselben bilden bereits merkliche Aus- buchtungen des festen Achsenzylinders (rechte Seite der Figur), Für das der Blattstellungsspirale folgende vierte und fünfte höherstehende Blatt liegen die Bündel noch ganz innerhalb des Holzringes und deuten ihren späteren Austritt nur durch schwache Vorwölbung nach aufsen an (linke Seite der Figur), Zwischen ihnen ist der Marldvörper nur in Form eines verbreiterten Markstrahls fortgesetzt und noch nicht zu einer wirklichen Markbrücke erweitert. Die durch Zerreifsung des Gewebes entstandenen Lücken (1) ent- sprechen nun in ihrer Gröfse der Mächtigkeit der Markauslnichtungen : je breiter dieselben sind, je näher sie also schon den ihnen zugehörigen Knospen stehen, desto stärker erweist sich die radiale Zerklüftung, Im Gegensatz zum Markkörper sehen wir die Lücken (/') in der Rinde sich AVärmemangel. {jl, tangential hinziehen. Sie entstehen teils durch Abhelfen der peripherischen collenchymatischen Schichten von dem chlorophyDreichen Parench\'m, teils aber auch durch Zerreifsen einzelner Parenchymzellen. Bemerkens- wert ist. dal's sowohl die Lückenbildung in der Rinde als auch die Aus- bildung des Lockerungsgewebes {pli und Ig) auf derjenigen Zweigseite, welche die weitest herausgetretenen Bündel aufweist, viel mächtiger sind als auf der Gegenseite. Nunmehr erklärt sich auch der Umstand, dafs man bei der Untersuchung frostbeschädigt^er Zweige in der Regel eine Seite stärker angegriffen findet als die anderen. Der nächstliegende Schluis , dafs der Frost einseitig stärker gewesen, ist meist irrtümlich. Denn wenn man in Serienschnitten eine Anzahl über- einanderstehender Internodien untersucht, wird man sich überzeugen, dafs bald die eine , bald die andere Seite desselben Zweiges stärkere Frostbeschädigung aufweist, je nach der Stellung des Auges, in dessen Nähe der Schnitt ausgeführt worden ist. Je näher einem Auge, desto stärker die Frostwirlamg in der Achse. Die im Vorstehenden geschilderten Gewebestörungen und Heilungs- vorgänge konnten nach mehrfach vergeblichen Versuchen endlich im Frühjahr UM).') auch künstlich dadurch hervorgerufen werden, dafs Topf- exemplare von 4 — 5 jährigen Eichen in einem Glashause schon im April zum Austreiben gebracht wurden und diese weichen Triebe im Mai in einem Gefrierzylinder während einer Nacht einer Kälte bis — 4** C ausgesetzt blieben. Die Töpfe wurden darauf im Freien be- lassen und Mitte Juni untersucht. Gerade so wie bei den im Vorjahre gemachten Beobachtungen an natürlich erfrorenen Eichen zeigten auch hier die frostverletzten Zweige die verschiedenartigsten Störungsformen und darunter auch solche , welche typisch den oben geschilderten natürlichen Beschädigungen glichen. Nur waren die Heilungsvorgänge, die hier deutlich von den Markstrahlen aus ihren Anfang nahmen, von viel geringerer Mächtigkeit, was wohl darauf zurückzuführen ist, dafs Topfexemplare sich stets schwächlicher und langsamer entwickeln als im freien Grunde wachsende "Waldbäume. Auch wurde die Beobachtung gemacht, dafs die Gewebezerklüftungen um so geringer erschienen , je älter und stärker der Zweig bereits zur Zeit der Frostwirkung war. Ich schliefse daraus, dafs nur dann die Frostbeschädigungen zur Parenchymholzbildung innerhalb eines Jahresringes führen , wenn sie ganz .jugendliche , weiche Zweige zur Zeit des ki'äftigsten Längen- wachstums treffen : aufserdem mufs nach der Frostnacht günstige warme AVitterung vorhanden sein, so dafs die Zellvermehrung in der früheren Litensität vor sich gehen kann. Das Baumaterial in Form der mobili- sierten Reservestoffe ist im frostbeschädigten Zweig in derselben Menge wie vor der Frostwirkung vorhanden : aber die neu entstehenden Zell- elemente erlangen dadurch eine andere Ausbildung, dafs durch die Lockerungserscheinungen infolge der Frostnacht die Spannungsverhält- nisse in der Achse und damit der Druck auf das Cambium andere geworden sind. Die Theorie der mechanischen Frostwirkung. Die bei den bisher geschilderten natürlichen und künstlichen Frost- beschädigimgen junger Zweige zutage getretenen Erscheinungen lassen , so wechselvoll sie sind , sich auf einfache , mechanische Vor- gänge zurückführen. AVir halten uns dabei an die vorige Abbildung (318 II- Schädliche atmosphärisclie Einflüsse. des Eiclienzweiges , an der wir «ehen, dal« der füiifseitige Holzring, der die Markscheibe umkränzt , plötzlich in eine helle Zone weichen Gewebes (lg) übergeht, und dieses nach der Peripherie hin allmählich wieder derbere Elemente bildet, die den Charakter des normalen Holzes {/i) besitzen. Zur Orientierung über den Ursprung des Lockerungsgewebes dienen die Abbildungen 2 — 0 in Fig. 149, w^elche vergröfserte, Zelle für Zelle gezeichnete Partien von der rechten Seite der vorigen Figur (148) aus der zwischen lg und b gelegenen Region des Schnittes darstellen. Bei allen Bildern ist die obere Kante die markwärts gerichtete, die untere ist die nach der Rinde hin gewendete und teilweise sogar (Fig. 149, Abb. 2, 4, 6) schon Rindenelemente selbst aufweisende. Die obersten, teilweise mit h bezeichneten Zellgruppen bilden die Grenze des vor der Frostwirkung vorhanden gewesenen Holzringes , und diese gehen un- vermittelt in das dünnwandige Gewebe {lg) des Lockerungsstreifens über (Fig. 149, ^, 5). Dabei werden die im normalen Holz nur 1 -- 2 Zellen breiten Markstrahlen (Fig. 149, 5 ms) ausgeweitet und unregelmäfsig vielzellig und ziehen sich erst wieder zu ihrer früheren Breite zusammen, wenn das lockere Gewebe in das sekundäre Holz (Abb. 2, 3, 1i) mit regulären Gefäfsen g übergeht. Dann bildet sich auch wieder eine normale Cambiumzone (Fig. 149, 2 c) aus, welche in der Zeit, in der die Markstrahlen wuchernd sich verbreiterten , unkenntlich geworden war, da die Zellteilungen gänzlich unregelmäfsig in verschiedenen Regionen des Lockerungsringes stattfanden. Sobald wieder eine reguläre Cambium- zone sich einzurichten beginnt, differenziert sich auch das gelockerte Rindengewebe derart, clafs nun jugendliche Bastgrupjien (Fig. 149, 4 h^ und 6 />, h') wieder erkennbar werden. Durch den Umstand , dais zwischen dem vor der Frostwirkung ausgebildeten Holze {li) und dem Lockerungsgewebe (lg) keinerlei tote Gewebestellen sich vorfinden, wird bewiesen, dais das jugendliche Holz, der Splintring, direkt in das Parenchymholz des Lockerungs- ringes übergegangen ist. Dieses Parenchym hat also immerhin seine Zugehörigkeit zum Holzkörper bewahrt, und daher ist es nicht er- stamdich, dafs nach dem Aufliören der Ursachen, welche diese par- enchymatische Holzbildung veranlafst hatten , das Gewebe allmählich wieder den normalen Holzcharakter annimmt und sich zur Bildung eines sekundären Holzringes (Abb. 2 und H li) anschickt. Ja, einzelne Elemente des Splintes, die zurzeit der beginnenden Parenchymholzbildung schon in ihrer Verdickung etwas weiter vorgeschritten waren, haben ihre Wandverdickung weiter fortgesetzt, und daher finden wir einzelne tracheale Elemente (Fig. 149, 4 tr) mitten in dem Parenchymholze. Die Lockerungszone (lg) im Querschnitt des Eichenzweiges (Fig. 148) ist also nur ein modifizierter Holz ring, der in übermäfsig reichliche Neubildung von Zellen übergegangen ist. Da eine solche Zellvermehrung lediglich von Elementen ausgehen kann, die noch ihre cambiale Natur besitzen, mufs notwendig geschlossen werden, dafs die allerjüngsten cambialen Holzelemente, also der Splint, das Parenchym- holz hervorgebracht haben. Selbstverständlich haben das eigentliche anatomische Cambium nebst der Jungrinde an dieser Z eil Vermehrung teilgenommen, und auf diese "Weise ist ein so profuses Gewebe ent- standen, bei welchem man nicht zu unterscheiden vermag, wo der Übergang vom Holz zur Rinde sich befindet. Wir fragen nun, was die Veranlassung zur Bildung dieser profusen Fig. 149. Zellgi-uppen aus der Übergangsregion des normalen Holzringes in den durch Frost hervorgerufenen Lockerungsstreifen aus Parenchvmholz. Entnommen aus der Zone Ifi—h von Fig. 148. z in Abb. 2 und 5 zeigt d'ie Zickzacklinien mit ihren verquollenen Zellwandungen. fOrig.) Q20 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. Gewebezone gewesen sein mag? Die Antwort kann nur lauten, dals der schnürende , pressende Einfluis . den der Rindengüi'tel in seiner Gesamtheit auf die jüngsten Gewebe, also die cambiale Region normaler- weise ausüben muls , durch irgendeine Ursache aufgehoben oder doch äufserst geschwächt worden ist. Auf diese Ursache werden wir durch die Lücken im Rindengewebe (Fig. 148 l', rechts) hingewiesen. Solche tangentiale Lücken im gesunden Gewebe kommen dadurch zustande, dafs das oberhalb der Lücke liegende Gewebe sich von dem unteren abgehoben hat. Es kann sich aber nur abheben, wenn es auf diesem darunter befindlichen Parenchym nicht mehr Platz hat, also tangential eine gröfsere Ausdehnung wie früher erlangt hat. Mithin hat in diesen äuiseren Gewebelagen ein stärkerer tangentialer Zug stattgefunden, als in den nächst inneren Rindenschichten. Nun erinneie man sich an die ÜASPARY'schen Messungen beim Ge- frieren. Es ziehen sich die peripherischen Schichten früher und stärker zusammen als die zentralen. Dieses Zusammenziehen bei der Kälte ist in der Richtung der Tangente stärker als in der des Radius und in dem weichen Parenchym stärker als im prosenchjTnatischen Holz- körper. Mithin mufs bei der Frostwirkung überall innerhalb einer holzigen Achse ein Überwiegen des tangentialen Zuges über das radiale Zusammenziehen stattfinden und unter Umständen sich bis zm' radialen Zerklüftung des Gewebes steigern. Wenn der Holzring zunächst isoliei-t gedacht wird, so mufs dieses überwiegend tangentiale Zusammenziehen notwendig an den Stellen des geringsten Widerstandes zu solchen Zerklüftungen führen, die den klaftenden Frostspalten an alten Stämmen entsprechen. Es müssen also aus rein mechanischen Gründen innere radiale Zerklüftungen zu- stande kommen, und zwar in den Markstrahlen mid Markbrücken. Solche zeigt tatsächlich die Abbildung des durch natürlichen Frost beschädigten Eichenzweiges (Fig. 148). Betrachten wir jetzt den primären Holzring in seinem Verhältnis zu dem ihm anliegenden Rindengürtel, so haben wir auf die Tatsache zurückzuweisen, dafs der Rindengürtel, dessen peripherische Zellen schon an sich in der tangentialen Richtung gröfser sind als |^in der radialen, sich nun tangential auch stärker zusammenzieht, also in dieser Richtung während der Frostwirkung stark ge zerrt wird. Läfst der Frost nach, hört zwar diese Zerrung auf, aber ihre Folgen bleiben. Denn das Gewebe ist zwar dehnbar, aber nicht absolut elastisch, und geht daher nicht vollkommen auf sein früheres Volumen zurück. Da- durch hinterläfst j ede Frostwirkung eine Überverlängerung der peripherischen Gewebelagen gegenüber den benachbarten mehr nach innen liegenden Schichten. Der Rindenkörper in seiner Gesamtheit ist also länger geworden und hat entweder auf dem Holz- zylinder nicht mehr Platz und hebt sich stellenweise von demselben ab, oder aber er wölbt sich wenigstens mehr nach aufsen vor, cl. h. vermindert seinen schnürenden Einflufs auf die cambialen Elemente des Holz Zylinders. Darauf antwortet die cambiale Zone durch Parenchymholzbildung, wie wir bei jeder Wunde sehen, bei der die Rinde gelüftet wird. Schliefst sich der Rindengürtel wieder zu einer zusammenhängenden Schicht, hat auch der Cambiumzylinder des Zweiges bei seinem Dicken- wachstum den schnürenden Einfluis der Rinde wieder zu überwinden und bildet daher wiederum normale Holzelemente. AVämiemangel. (521 So fällt also die Bildung parenchymatisclier Holzbinden innerhalb der jugendlichen Achse unter dasselbe Gesetz der ungleichen Zusammen- ziehung, das hei alten Stämmen zur Entstehimg der klaffenden Frost- spalten führt. Die Cuticularsprengungen. Bei den im vorigen Absclniitt erwähnten Versuchen mit Topf- exemplaren von früh angetriebenen Eichen wurde die bisher unbekannte Tatsache festgestellt, dafs an oberflächlich leicht gebräunten oder auch noch grünen , also sicherlich noch wenig irritierten Blättern unterseits eine vielfach unterbrochene , schwarze , äufserst zarte Saumlinie sich einstellt , die den Eindruck macht , als ob stellenweise feinste Rufs- teilchen sich angesetzt hätten. Bei stärkerer Vergi^öfserung erkennt man nmi, dafs diese Saumlinie aus kleinen Abschülferungen der äufsersten Cuticulardecke besteht, w^elche durch ihren körnigen Zerfall die Luft festhält und dadurch schwarz erscheint. Wurde das Blatt durch Schwefelsäure zerstört, wobei es wurmförmig sich krümmte und die Epidermis der Oberseite sich stellenweise blasig abhob, dann blieben die körnigen Häufchen zurück. Es stimmt dieser Befund mit den Wahrnehmungen überein, die wir bei der Buche früher nach natürlichen Spätfrösten beobachtet hatten und auch bei Eichen im Freien nachweisen konnten. Zum Zustandekommen derartiger kaum merkbarer Cuticularsprengungen müssen übrigens noch besondere Umstände mitwirken, die hier im Versuch zufällig vorhanden gewesen, aber bei anderen Versuchen und in der freien Natur nicht immer wirksam zu sein scheinen. Denn in manchen Lokalitäten konnte man bald nach Spätfrösten solche ver- letzte Eichenblätter linden, in anderen aber nicht. Wahrscheinlich gehört ein bestimmter Turgescenzzustand des Blattes dazu, und dieser wird wieder von der jedesmaligen Beschaffenheit des Zellinhaltes ab- hängig sein. Einen Begi'iff von den feinen Unterschieden , welche bei Frost- beschädigimgen ausschlaggebend sind , erhält man schon durch die Beobachtung , dafs mitten in dem sonst wenig oder nicht erkennbar beschädigten Mesophyll eines Blattes sich frostverletzte . absterbende Gewebeinseln bisweilen vorfinden. Dafs im Versuch nur auf der Unterseite der Blätter diese Cuticularbrüche aufgetreten, ist vielleicht auf eine abweichende Beschaffenheit gegenüber der oberseitigen Cuticulardecke zurückzuführen: denn man sah bei Einwirkung von Schwefelsäure die obere Decke sich leuchtend zitronengelb färben, wälu-end dieser Farben- ton bei der unterseitigen Cuticula kaum wahrnehmbar war. Ich möchte der Entdeckung, dafs durch leichten Frost unter Um- ständen Sprengungen der Cuticularglasur entstehen können, einen be- sonderen Wert zuweisen. Bei anderweitigen Brüchen der Cuticula (an Kernobstfrüchten) sah ich in der Bruchfurche Pilzsporen liegen, und es dürfte daher selu' nahe liegen, anzunehmen, dafs solche Pilz- sporen in dieser geschützten Lage am besten Gelegenheit haben, zu keimen und ilire Keimschläuche in das Organ einzusenken. Auf diese Weise würde sich also erklären, weswegen gänzlich gesund aussehende Blätter und Früchte nach leichten Frühjahrsfrösten später einer Pilzinfektion anheim- (322 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. fallen. Hierher zu ziehen wären Mitteiluno-en von Voglino M , der 1903 nach Aprilfrösten gerade an den frostbeschädigten Pflanzen die pilzlichen Parasiten in besonders starker Ausdehnung auftreten sah. Es erklärt sich nun auch die Erscheinung der sogenannten Rost- zeicluiungen in zusammenhängenden Ringen und unregelmäfsigen Flächen auf unserem Obste. Es sind Korkbildungen, welche infolge der Heilungsvorgänge bei Cuticularbrüchen sich eingestellt haben, während die normalen Korkzeichnungen der Früchte von den Spalt- öfthungen bzw. Lenticellen auszugehen pflegen. Prcstschutzmittel. a) Die Schneedecke. Das allgemein angewendete Verfahren , Pflanzen gegen Frost zu schützen , besteht darin , dafs man dieselben mit möglichst schlechten Wärmeleitern umgibt. Man bedeckt die "Weinstöcke , Rosen usw. mit Erde oder Laub oder bindet die Stämme in Moos , Stroh u, dgi. ein. Alle diese Mittel sind gut. Man versäume aber nicht, in kalten Wintern mit mäfsigem Schneefall auch den Schnee aus den Wegen auf die eingebundenen Pflanzen zu werfen. Es ist allseitig bekannt, dafs ein- gebundene Stämme, z. B. von Rosen, oft erfrieren, und dieser Umstand wird erklärlich, wenn man mit einem Thermometer die Temperatur unter dem Deckmaterial untersucht; diese ist nur wenig von der äufseren Lufttemperatur abweichend. Untersucht man dagegen den Boden unter einer vielleicht nur 15 cm hohen Schneedecke, so findet man denselben ganz bedeutend wärmer. Göppert's Untersuchungen^) geben auch über diesen Gegenstand die schönsten Belege. Im Februar 1870 war die Temperatur sehr niedrig; das Thermometer sank am 4. auf durchschnittlich — 12,6", und dabei war die Temperatur unter einer 10 cm hohen Schneedecke — 3 ^\ Der Lufttemperatur von — 14,7^* am 5.12. entsprach eine Temperatur unter dem Schnee von — 4,6'^ '""" ' ■" , « ., „ „ „ „ -50 V » ,, r n „ —6,5" „ -6« „ —5« „ — '^^ Der Boden selbst war unter der Schneedecke 36 cm tief gefroren, aber die Temperatur desselben selbst an dem kalten 5. Februar in 5 cm Tiefe nur — 1 •'. Sprechendere Beweise für den Nutzen der Schneedecke dürften kaum zu finden sein. Es erklärt sich daraus die Möglichkeit der Polar- vegetation. Die höchsten bis jetzt beobachteten Kältegrade der Polar- zone ( — 40 bis 47 ^) wirken nur auf die über den Schnee hervorragenden Stämme der Bäume, nicht auf die Wurzeln dieser Stämme und ebenso- wenig auf die perennierenden, krautartigen Gewächse. Diese befinden sich im Boden in einer nur einige Grade unter 0" betragenden Temperatur der Schneedecke , welche zwar nicht das Gefrieren , wohl aber den ') Vofii.iNo, P., L'azione del freddo sulle plante coltivate, specialmente in rela- zione col parassitismo dei funghi. Atti Accad. dl Torino XLVI. 2) Bot. Zeit. 1S71, Nr. 4, S. rA. — 17,6° 6./2. - 16,70 ^ 7./2. — 16,70 ,, 8./2. — 15,40 ,, 9./2. — 14,90 „ 10./2. - 15,80 )) 11. /2. - 5,70 13./2. — 2,80 „ 16. '2. "Wärmeiuangel. ()23 Wärmeverlust durcli Strahlung, das Eindringen hoher Kältegrade und eine schnelle Abwechslung der Temperatur verhindert. Aber auch bei uns ist öfter, als wir denken, die Existenz mancher Kulturen an die Schneedecke gebunden. Das Erfrieren der Saaten würde viel häufiger eintreten, sobald ein langer, feuchter und warmer Herbst die Pflanzen- entwicklung begünstigt, wenn nicht die Schneedecke sich auflegte, welche die Strahlung und die in unseren Breiten so häufigen starken Temperaturschwankungen abhält. Wir sehen oft genug, wie leicht die ungenügend geschützten oder blofsliegenden Pflanzenteile dadurch er- frieren, dai's plötzlich auftretender starker Sonnenschein sie triÜ't. Der in der Kältestarre befindliche, von der Wandung zurückgezogene, wasser- ärmere Zellinhalt gewinnt nicht Zeit, sich durch Wasseraufnahme wieder auszudehnen, in normale Wechselwirkung mit der Zellwand und dadurch mit der Umgebung zu treten, und damit ist die Desorganisation der Zelle eingeleitet. Das sind die Vorgänge, die namentlich bei Frühjahrs- frösten eintreten und die Kulturen der Gärtner besonders benachteiligen. h ) D i c V e r \\- e n d u n g des Wassers. Namentlich bei krautartigen Gewächsen , die plötzlich vom Frost überrascht werden . hilft man sich durch Begielsen der hartgefrorenen Pflanzenteile mit recht kaltem Wasser und Einrichtung einer Beschattung. Das Wasser auf den Pflanzen gefriert dann zu einer Eiskruste ; hier- durch wird die Temperatur der Pflanze selbst langsam auf 0^ erhöht und kann nun von dieser Temperatur an nach dem Auftauen der Kruste sich allmählich weiter erwärmen. Auf demselben Prinzip der allmählichen Erwärmung beruht das Einschütten angefrorener Kartoffeln und Rüben in Bottiche mit kaltem Wasser und das Zusammenwerfen gefrorener Kohlköpfe in Haufen, die mit Strohmatten bedeckt werden. Gegen die Nachtfröste im Frühling und Herbst, wo es vorkommen kann, dafs die Lufttemperatur gar nicht bis auf 0" sinkt, die Pflanzen aber durcli Ausstrahlung gegen den heiteren Himmel unter 0" erkalten, sich mit Reif bedecken und erfrieren, schützt man dieselben durch Mittel, welche die Strahlung hemmen. Man spannt Decken und Matten über die Pflanzen-, auch sehr dünne Tücher sind hier schon von Wirkung, und bei Mangel an Deckmaterial ist das dünne Belegen mit Reisig hier ganz am Platze. Auch senkrechte Wände erweisen sich häufig als vortreffliches Frostschutzmittel; sie wirken einerseits dadurch, dafs sie die Winde abhalten und andrerseits dadurch, dafs sie die Aus- strahlung der Pflanzen vermindern. Bei Spalierbäumen an Mauern oder Holzwänden kommt aus der ganz bedeutend verminderten Aus- strahlung des Baumes auf der der Wand anliegenden Seite auch noch hinzu, dais die Wand selbst ihre gespeicherte Wärme allmählich abgil)t. Weniger wirksam, jedoch nicht ganz zu verwerfen, ist ein von alten Schriftstellern empfohlenes, bei Gartenkultm*en anwendbares Frost- schutzmittel im Frühjahr. Der Stamm von Bäumen wird mit einem Strohseil umwickelt, dessen eines Ende in Wasser taucht. Über Beete blüliender Frühjahrsblumen werden kreuz und quer in einiger Ent- fernung von der Bodenoberfläche Stroh- und Wergseile gezogen, deren Enden in emem Gefäfs mit Wasser durch einen Stein festgehalten werden. Zur Erklärung einer günstigen Wirkung dieses Verfahrens wird (324 ^^- Schädliche atmosphärische Einflüsse. man an die groi'se latente "Wärme des Wassers denken müssen. Wenn das Wasser in den vollgesogenen Strohseilen gefriert, wird Wärme frei , die den darunter liegenden Pflanzenteilen insofern zum Vorteil gereicht, als dadurch das Vordringen der Kälte zu den Pflanzen verzögert wird. So gefrieren auch die Pflanzen in der Nähe gröfserer Wasserflächen weniger leicht. Ein Mittel, welches Gärtner mit Erfolg bei Topfkulturen zur Zeit, wo Nachtfröste zu befürchten sind, anwenden, besteht in der Verminderung des Giefsens , damit das Gewebe der Pflanze weniger wasserreich dem Frost entgegentritt. Eine reichhchere Verdunstiuig entzieht der Pflanze mehr Wärme , und somit werden stark begossene Pflanzen sich mehr abkühlen als weniger turgescente. e) Die Wind Wirkungen. Auch Winde können günstig wirken, insofern als ein Sturm bei warmer Witterung beginnt, somit die Verdunstung sehr stark beschleunigt und das Gewebe wasserärmer macht. Umgekehrt werden windarme Regenperioden die Gefahr des Erfrierens steigern. Experimentelle Beweise liefern die von Aderhold ^) ausgeführten Versuche mit künst- licher Beregnung. Von je sechs Exemplaren von Birnen, die mehrere Monate im Sommer in einer Regenzelle aufgestellt waren, erwiesen sich nach einem Winterfrost fünf Exemplare völlig und eines teilweise erfroren, während bei den Vergleichstöpfen, die in einer Trockenzelle gestanden hatten, nur zwei erfroren und vier unbeschädigt waren. Lides lassen sich betreÖs der Windwirkung keine allgemeinen Regeln aufstellen. Jede Lokalität hat ihre besonderen Ansprüche. Wenn beispielsweise gesagt worden ist, dafs Winde günstig wirken, so bezieht sich dies nur auf solche Fälle, wo es sich nicht um dauernde Wind- wirkung handelt, wie sie an sandigen Küsten auftritt. Dort wird das Veriialten der Wurzeln ausschlaggebend , die , selbst wenn sie nicht erfrieren, doch kein Wasser mehr aufnehmen, wenn die oberirdischen Teile noch stark verdunsten. Es können dann Gehölze geradezu ver- trocknen. In dieser Beziehung sind die Erfahrungen von HöFKER-Dort- mund ^) sehr beachtenswert. Derselbe schützt weniger die oberirdischen Teile, aber bedeckt den im Herbst um seine Gehölze gelockerten Boden mit Dünger oder feuchtem Torfmull und begiefst sogar die immergrünen Sträucher an sonnigen Frosttagen. Durch die Deckschicht tritt der Frost nicht tief ein, und die Wurzeln können den oberirdischen Teilen stets Wasser zuführen. In Schmuckanlagen , wo man reichlich die feineren Coniferen verwendet, scheint es in stark windigen Lagen vor- teilhafter zu sein, die blaugrünen Formen zu verwenden anstatt der reingrünen Stammarten. Es wird nämlich behauptet, dafs erstere wider- standsfähiger sind. Ferner wende man seine Aufmerksamkeit dem Umstände zu, dafs die Basis der Gehölze , die vielleicht durch Moosvegetation , Laub- anhäufung, Waldstreu und dergl. das ganze Jahr über geschützt ge- wesen ist, nicht im Herbst durch Säuberungsarbeiten und dergl. frei- gelegt wird. Man hat nämlich gefunden , dafs Pflanzenteile , welche ^) Aderhoi-d, R., Versuche über den Einfkifs häufigen Regens auf die Neigung zur Erkrankung von Kulturpflanzen. Arb. aus der Kais. Biol. Anst. f. Land- u. Forstwirtschaft. Bd. V, Heft 6 (19U7) 2) HüKKEu, Windschutz und Winterschutz. Prakt. Ratgeber i. Obst- u. Garten- bau 1907, S. 61. Wärmemaiige]. (325 geschützt (durch Boden oder Laubwerk) erwachsen smd, Säfte besitzen, die leichter erfrieren als die von dauernd in der Luft befindlichen Teilen. Für Sellerie, Möhre, das Herz der Kohlköpfe hat dies Sutherst ^) nach- gewiesen. Aufserdem wird, selbst wenn die Beschaffenheit des Zell- saftes nicht mitspricht , mindestens der "Wassertransport in den ihrer schützenden Umgebung beraubten und daher schneller sich abkühlenden Wurzel- und Stammkörpern vermindert und die Gefahr des Vertrocloiens erhöht ^). Das Belassen toter Pllanzenreste (Laub, Grasbüschel, vorjährige Blütenstiele und dergl.) auf Saatbeeten und Stauden bis zum späten Frühjahr hin ist eine Mafsregel, deren Wichtigkeit nicht genügend gewürdigt wird. Es handelt sich nämlich dabei nicht nur um deren Einflufs als Frostschutzmittel, sondern auch als Schutz gegen das Ver- trocknen durch F r ü h j a h r s w i n d e . Wir können fast allj ährlich die Erfahrung machen , dafs Pflanzen gut durch schwere Winter ge- kommen sind und wintergrüne Gewächse ihr Laub behalten haben. Wenn aber wenige Tage nach der Entfernung des Schnees windiges, helles Wetter eintritt, vertrocknen die bis dahin noch saftig gewesenen Blätter. Möglicherweise tritt bei dieser schnellen Austrocknung der Gewebe eine ähnliche Veränderung der Eiweifsstofife im Protoplasma ein, wie sie neuerdings Gorke^) als Frostwirkung nachgewiesen hat. Die Folge ist bei manchen Gewächsen eine vollständige Schütte- krankheit, die dort unterbleibt, wo durch vorjährige Vegetationsreste ein Schutz geboten wird. Unsere gewöhnlichsten überwinternden Blütenstauden, Getreidesaaten, Gehölzsaaten usw. gehen manchmal erst im Frühjahr durch Vertrocknen zugrunde. d) Die Schmauchfeuer. Alle diese Vorbeugungsmethoden lassen sich in der Landwirtschaft im grofsen nicht anwenden, wohl aber dürfte das Mittel noch mehr Beachtung des Landwirts verdienen, welches Mayer "*) aus der Vergessenheit her- vorgezogen hat, nachdem es früher von Göppeht^) und Meten**) schon wiederholt anempfohlen und durch Beispiele gestützt worden war. Man zündet nämlich mehrere Feuer , die recht viel Rauch entwickeln, auf den Grundstücken, bei denen man Frostbeschädigungen fürchtet. ') SrrnKKST, W. F., Der Gefrierpunkt von Pflanzensäften. Biedermanns Centralbl. 1902, S. 401. 2) KosAHoKi-, P., Einflufs verschiedener äufserer Faktoren auf die Wasser- aufnahme der Pflanzen; cit. Just's Jahresbericht 1897, I, S. 75. ^) GoRKE, H. , Über chemische Vorgänge beim Erfrieren der Pflanzen. Land- wirtschaftliche Versuchsstationen LXV, 1906, S 149; cit. Bot. Centralbl. 1907, Bd. 104, S. 358. — Der Verfasser sieht die Ursache des Kältetodes darin, dafs durch die Eisausscheidungen der Zelle der Saft eine so konzentrierte Salzlösung allmählich darstellt, dafs eine Aussalzung der löslichen Eiweifskörper erfolgt. Er stützt seine Ansiclit auf Versuche mit Pref.ssäften aus gesunden und erfrorenen Pflanzenteilen. Frischer Pflanzensaft enthielt wesentlich mehr filtrierbare Eiweifsstoffe als gefroren fewesener. Der Kältegrad, bei dem im Prefssaft eine Eiweifsfällung eintritt, ist ei den einzelnen Pflanzenarten ungemein ver.schieden ; bei Sommergerste und -roggen schwankt er zwischen — 7 bis — 9", bei Wintergerste und -roggen zwischen — 10 bis — 15^, bei Nadeln von Fitea exceha beträgt er — 40". Auch Eeaktions- änderungen können beim Erfrieren mitwirken. Die Pho.sphorsäure beispielsweise ist als Säure schwächer bei höherer Temperatur, stärker bei Abkühlung. *) Lehrbuch der Agrikulturchemie 1871, I, S. 382. ^) Wärmeentwicklung 1830, S. 230. 6) Pflanzenpathologie 1841. S. 323. Sorau er, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 40 (326 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. an. Das Verfahren, das nach Boussingault in Oberperu von den ahen Inka's eifrig ausgeübt worden sein und bei den ahen Völkern mehrfach ausgedehntere Anwendung gefunden haben soll, wird jetzt auch wieder mein- zum Schutz der Weinpflanzungen benutzt. Nach Göppert bestrebten sich Olivier de Serres im Jahre 1(339 und später Peter Hog.str(>m im Jahre 1757 die Wirksamkeit des Verfalu'ens durch Versuche festzustellen. Li AVürttemberg existieren Verordnungen bereits vom Jaln-e 179(5 und im Würzburgischen von 1803, nach welchen im Herbst bei eintretender Frostgefahr für die Weinberge Rauclifeuer angezündet werden müssen. In Schlesien wurde längere Zeit hindurch in Grünberg von diesem Mittel Gebrauch gemacht; es wurde aber, trotzdem es 20 Jahre hin- durch von einem Besitzer mit Erfolg angewendet worden , aus Mangel an allgemeiner Beteiligung wieder aufgegeben. Die allgemeine Be- teiligung einer Gegend ist aber nötig, da sonst häufig ein einzelner dem Nachbar, auf dessen Felder der Wind den Rauch hintreibt, einen Dienst erweist, ohne Gegendienste zu erhalten. Besondere Vorschriften für diese Schmauchfeuer sind nicht nötig. In klaren Nächten, nament- lich gegen Morgen vor Sonnenaufgang, werden die Feuer angezündet und durch feuchte Abfälle, Moos, Stroh usw. genährt, wobei man eben Sorge trägt, dafs möglichst dichter Rauch über die Felder hinziehe. Natürlich wirkt hier nicht die durch das Feuer erzeugte Wärme, welche schon in geringer Entfernung vom Herde der Flamme nicht nachweisbar sein wird, wolil aber wirkt der Rauch, wie bei dem Gärtner die über die Pflanzen gebreitete Bastmatte, oder wie eine Wolkendecke, indem er die zu grofse Abkühlung durch Strahlung verhmdert. Durch Tyndäl's Entdeckungen wissen wir, dafs eine Anzahl Stoffe, wie Kohlen- oxydgas, Kohlensäure, Sumpfgas, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und ätherische Öle in äui'serst feiner Verteilung in der Luft die Fähigkeit derselben, Wärmestrahlen durchzulassen, auf ein oft sehr geringes Mais reduzieren. Dieselbe Fähigkeit besitzt nun auch der Wasserdampf ^), von dem Tyndal feststellte, dafs er eine 15 mal gröfsere Wärmemenge auffing als von der ganzen (unreinen) Luft, in der er verteilt war, auf- gehalten wurde. Der Vorgang ist also folgender: Am Tage sendet uns die Sonne ihre Wärme in leuchtenden und dunklen Wärmestrahlen, die der Boden teilweise reflektiert, gröfsenteils aber absorbiert und so lange hält, bis die Luft kälter wird wie er selbst. Tritt dieser Zustand ein, sucht sich das Gleichgewicht der Wärme dadurch herzustellen, dafs die Erde nmi ihre Wärme in der Form dunkler Wärmestrahlen an den kalten Luftraum abgibt. Sind nun aber die unteren Luftschichten mit einem der obenerwähnten Gase oder mit Wasserdampf stark be- laden, so nimmt der Wasserdampf die vom Boden ausstrahlende Wärme in sich auf, anstatt sie durch sich hindurch in die oberen Regionen der Luft zu leiten. Wie grofs diese Wärmemenge ist, die von den unteren Luftschichten aufgefangen wird, zeigt Tyndal : „Betrachten wir die Erde als eine Wärmequelle, so werden zum wenigsten 10 "/o ihrer Wärme innerhalb zehn Fufs von der Oberfläche aufgefangen," Durch diese Absorption der dunklen Wärmestrahlen bilden die unteren, wasser- reichen Luftschichten einen schützenden Mantel um die Erde, die in- folgedessen nicht so tief erkaltet. Der durch das Feuer erzeugte Rauch ist somit ein künstlicher Mantel voll Wasserdampf, der in Verbindung ') Tyndai,, Die Wärme betrachtet als eine Art der Bewegung. Deutsche Aus- gabe von Helmholtz und Wiedemann 1867. Wärmemangel. 627 mit zum Teil noch mibekannten Destillationsprodukten die Diu'clilässig- keit der Atmosphäre für die von der Ackerfläche ausgestrahlte dunkle Wärme vermindert. Eine spezielle Aufzählung der in neuerer Zeit zum Zwecke der Raucherzeugung bei Frostgefahr zusammengesetzten käuflichen Räucher- kerzen und -ziegel übergehen wir, da mit der fortschreitenden Technik immer neue Kombinationen aultreten werden. Es genügt der Hinweis auf die Existenz derartiger Artikel. Erwähnt werden mag nm^, dafs neuerdings bei den Räucherungen der Weinberge man zur Vermeidung des Fortziehens der Rauchschlangen bei plötzlich umschlagendem Winde das Räuchermaterial auf Karren packt ^). Am ausgebreitesten soll die Anwendung der Räucherkarren in der Stadt Colmar sein, die einen seit 1884 wohl organisierten Räucherdienst ausgebildet hat. Colmar liegt in einer Ebene , und in Ebenen ist die Frostgefahi- gröfser als in den höheren Lagen, wie sich beispielsweise 1908 bei den Frühjahrs- frösten in Florenz gezeigf; hat, wo Passerini ^) in 40 m Meereshöhe Obstbäume und Spargel stark beschädigt, aber 100 m höher ganz gesund fand. In Colmar werden eiserne Karren mit etwa 16 Liter flüssigem Teer beschickt und der Karren nach Anzünden des Teers auf den Feldwegen bis zum nächsten Posten (etwa 150 m Entfernung) hin und her gefahren. Bei + 1 " wird die Räuchermannschaft alarmiert und bei 0 " mittels Flintenschusses das Signal zum Anzünden gegeben. In der Regel wird nachts zwischen 2 und 8 Ulir begonnen. Die allerdings hohen Kosten, welche der Stadtverwaltung durch den Räucherdienst erwachsen, werden durch eine Abgabe von den geernteten Trauben gedeckt. Wir haben diesen speziellen FaU angeführt, weil wir glauben, dafs nur eine derartige Organisation durchgreifenden Erfolg haben kann. Die Voraussage der Fröste. Bei der Kostspieligkeit der Erzeugung von Schmauch feuern zum Schutze der durch Spätfröste bedrohten Pflanzungen ist es natürlich von gTöfster Wichtigkeit, annähernd vorher beurteilen zu können, ob Nachtfrost eintreten wird. Es empfiehlt sich daher die Benutzung der von Lang (München) konstruierten Nachtfrostkurve, die auf Psychrometerbeobachtung berulit (s. Fig. 150). Wenn in den Nachmittagsstunden im Frühjahr die Temperatur sinkt und bei Windstille der Himmel klar wird, steigert sich die Wahrscheinlichkeit eines Nachtfrostes. Zur Benutzung beistehender Figiu' smd zwei empfindliche, genau übereinstimmende Thermometer not- wendig. Die Quecksilberkugel des einen wird derart mit Gaze umwickelt, dafs das untere Ende der Umhüllung in Wasser taucht, also die Kugel stets eine nasse Decke hat. Dieses Thermometer wird infolge der ständigen Wasserverdunstung tiefer stehen als das daneben befindliche Instrument, welches die gewöhnliche Lufttemperatur anzeigt. Aus der Dilferenz dieser Temperaturen kann man die relative Feuchtigkeit und die La,ge des Taupunktes berechnen, d. h. derjenigen Temperatur, bei deren Ein- tritt der in der Luft zurzeit enthaltene Wasserdampf als Tau, Nebel 1) BiufiER, Räuclierkarren. Prakt. Ratg. im Obst- u. Gartenbau 1906, S. 128. 2) Passerixi, N., Sui danni prodotti alle plante dal gbiacciato dei giorni 19/20- aprile 1903. Bull. soc. botan. ital. 1903, S. 30«. 40* 628 II. Schädliche atmosphärische Einflüsse. oder Regen ausgescliieden wird. Damit aber diese Wasserdampf- niederscliläge als ein schützender Mantel gegen die durcli Ausstrahlung erzeugte Frostgefahr wirksam werden, mufs die Tau- und Nebelbildung bei Temperatiu-en über Null erfolgen, also der Taupunkt über Null liegen. Ist dies nicht der Fall und die Luft trocken, so ist Nachtfrost zu erwarten. Die mechanische Handhabung würde also folgende sein. Man lese zunächst den Stand des trockenen Thermometers ab und berechne den Unterschied desselben von dem mit der nassen Kugel. Der Stand des trockenen Thermometers wird auf der wagerechten Linie und die gefundene Differenzzahl auf der senkrechten Skala aufgesucht. Schneiden i FrostTidcJvte. L . i__ 1 1 -\-- / O J Z 3 ^ 5 6 7 8 9 70 fl 1Z J5 Ji J5 StoTul des trockiieii Tliermonifteps A Fig. 150. Nachtfrostkurve nach Dr. Lang, München. sich nun die beiden von den betreffenden Skalenpunkten ausgehenden Linien rechts von dem gebogenen Strich, welcher die Nachtfrostkurve darstellt, also noch innerhalb des Gitterwerks der Skalenlinien, so ist, kein Nachtfrost zu befürchten. Wenn aber der Schnittpunkt erst links, von der Hypotenuse des Dreiecks, also aufserhalb des Gitterwerkes auftreten würde, ist mit Bestimmtheit Nachtfrost zu erwarten, falls, nicht plötzlich die Witterung umspringt mid warme Luftströmungen, Nebel- _ oder Wolkenbildung veranlassen. Finden wir beispielsweise nachmittags am trockenen Instrument 8" C und am feuchten Thermo- meter 4" C, so ergibt sich eine Differenz von 4". Der Schnittpunkt der senkrechten Temperaturlinie (8) mit der wagrechten Linie der Differenz von 4 würde aufserhalb des Gitterwerkes, nämlich links von der Nachtfrostlinie liegen, also wäre Nachtfrost wahrscheinlich. Wärmemangel. (529 Prosthärtere Obstsorten. Je melir wir erkennen, wie mannigfach die oft äufserlich unbemerk- baren und erst in ihren Nachwirkungen zur Geltung gelangenden Frost- störungen sind, desto grölseren Wert erlangt die Frage nach frost- widerstandsfähigen Obstsorten. Wemi wir aber die Erfahrungen der Obstzüchter miteinander vergleichen, stellt sich die Tatsache heraus, dafs die klimatischen Verhältnisse der einzelnen Gegendon den Charakter der Sorte derart zu modifizieren imstande sind, dafs eine hier als frost- hart empfohlene Sorte dort durch frühere Entwicklung oder geringeres Ausreifen der Zweige frostempfindlich wird. Deshalb ziehen wir vor, die als frosthart empfohlenen Sorten für einzelne Gegenden zu nennen, wobei wir die Gegenden derart auswählen, dafs sie teils unter kon- tinentalem Klima stehen, teils vom Meere beeinflufst werden. Ausschlag- gebend ist für diese Aufzählung die Blütenbeschädigung durch die Maifröste, weniger das Verhalten des Holzes, weil letztere Be- schädigungen meist nur bei den selteneren strengen Winterfrösten in Betracht kommen, während die Blüten alljährlich der Gefahr des Er- frierens ausgesetzt sind. Für- die deutschen Kulturen beachtenswert ist der Unterschied zwischen Nordost- und Nordwestdeutschland. Im Osten macht sich der Einflufs von Rufsland durch die hereinbrechenden Spätfrostperioden ganz besonders in der Provinz Posen und in Oberschlesien geltend. Demioch haben wir Erfahrungen zu registrieren, welche dartun, dafs selbst die empfindlicheren Birnen in gewissen Sorten noch in Posen gutes Tafelobst liefern. Radowski \) nennt von Winterbirnen , die sich selbst in ungünstigen Jahren noch bewährt haben: Josephine von Mecheln, Rihas Kernlose, Madame Verte, Winter Nelis, Neue Fulvie, Winter William und Dechantsbirne von Alencon. In Oberschlesien haben sich bewährt^): Amanlis Butterbirne, Williams Christbirne, Gute Louise v. A\Tanches, Rote Bergamotte, Englische Sommerbutterbirne, KöstUche v. Charneu, Esperine, Napoleons Butterbirne, Neue Poiteau, Pastorenbirne und Diels Butterbirne. Von Apfelsorten, die im Kreise Rybnik gut gediehen sind, werden hervorgehoben: Roter Astrachan, Charlamowsky , Kaiser Alexander, Weifser Klar-Apfel, Danziger Kantapfel , Hawthornden, Winter-Gold- parmäne, Landsberger Reinette, Baumanns Reinette, London Pepping und Grofse Kasseler Reinette. Ganz besonders warm empfohlen werden aus der Umgegend von Kosel die englischen Züchtungen: Lord Derby, The Queen, Lord Grovonor, Lane's Prince Albert, sowie Cellini, Hawthornden und Bismarck-Apfel. Geeignet für rauhe Lagen und Sandboden sind der Braunsehweiger Milchapfel, Rote Astrachan und Charlamowski. Für die klimatischen Verhältnisse Mitteldeutschlands gut geeignet sind nach Mathieu: Weifser Astrachan, Charlamowski, Roter Eiserapfel, Kaiser Alexander, Roter Kardinal und in zweiter Linie: Roter Astrachan, Prinzen- apfel, Baumanns Reinette und Boikenapfel. Bewährt haben sich von Birnen: Winter-Apothekerbirne, Barons B., Punktierter Sommerdom, Grüne Magdalene, Kleine lange Sommermuskateller, Römische Schmalz- ') RADowsKi-Schrimm, Winterbirnen für den Osten Deutschlands. Prakt. Ratg. i. Obst- u. Gartenb. 17. Dez. 1905. 2) Langer, G. A., Die Bedeutung der Obstsortenwahl für die örtlichen und klimatischen Verhältnisse. Deutsche Gärtnerz. 1905, Nr. 38. (530 ^^' Schädliche atmosphärische Einflüsse. birne, Sparbirne, Gute Graue und Erzlierzogsbirne ^). Obgleich bei Birnen die Gefahr der Frostbeschädigung besonders grois ist, so darf man nicht nach einem Maifrost, der in die Blüte fällt, sofort verzagen. Die Erfahrung lehrt, dafs noch gute Ernten trotzdem manchmal erzielt worden sind, weil nur die offenen Blumen zu leiden pflegen und dann die später sich entwickehiden um so schönere Früchte bringen. Bei der Obstblüte ist aufser dem Frost ein anhaltender Regen besonders zu fürchten. Im deutschen Klima durchschnittlich am besten sich bewährende Pflaumensorten sind: Königin Viktoria, Gelbe Mirabelle (von Metz), Doppelte Mirabelle von Nancy, unsere gewöhnliche Zwetsche und die Grüne Reineclaude. Von Kirschen kommen trotz der frühen Blüte gut durch die Frost- tage des Frühjahrs : Unsere gewöhnliche Sauerkirsche , Ostheimer "Weichsel, Doppelte Glaskirsche, Grofse lange Lothkirsche und die Rote Mafskirsche, Für das feuchtere Klima dürften in erster Linie solche Sorten in Betracht kommen, die in Schleswig-Holstein sich bewähren. Als solche werden genannt : der pfirsichrote Sommerapfel, Degener Apfel, Schöner V. Bath, Roter Juniapfel, Sommer- Gewürzapfel, Weifser Sommerkalvill, "Williams Liebling, der aus den Ostseeprovinzen Rufslands stammende Weiise Klar-Apfel und die englischen Züchtungen Mr. Gladstone und Irish Peach (Sommer-Pfirsichapfel) ^). Die Mehrzahl der genannten Sorten gehören zu den Frühäpfeln, und wir glauben, dafs wir für die norddeutschen Verhältnisse besonders die Kultur der frühen Sorten empfehlen müssen. Sie stellen zwar meist nicht erstklassiges Obst dar, aber sie haben bei ihrer kürzeren Vegetationsdauer den Vorteil, ihr Zweigwachstum schneller abzuschliefsen und mit reiferem, also frosthärterem Holze in den Winter zu gehen. Bei der Neuanlange von Obstpflanzungen berücksichtige man vor allen Dingen diejenigen Sorten, die im verwandten Klima und ähnlichen Bodenverhältnissen sich bereits bewährt haben. Man vergesse z. B. nicht, dafs die für trocknes Klima passenden Sorten sich in solchen Gegenden schlecht zu entwickeln pflegen , welche unter dem Einflufs der See stehen, und umgekehrt. Betreffs der Bodenverhältnisse ist darauf hinzuweisen, dafs solche Sorten, die sowohl auf leichten als auf schweren Böden gedeihen, doch am vorteilhaftesten aus Baumschulen bezogen werden, welche dieselbe physikalische Bodenbeschaffenheit haben wie die Örtlichkeit, auf welche die Bäume dauernd zu stehen kommen. Eine grofse Differenz zwischen dem Anzuchtsorte und der definitiven Auspflanzungslokalität bedingt leicht einen Stillstand im Wachstum, bis das Exemplar sich an die neuen Bodenverhältnisse gewöhnt hat. Am schwierigsten liegen die Verhältnisse für Moorböden, selbst wenn dieselben bereits durch Kalkung und Zufuhr von Asche oder Kainit und Thomasmehl ver- bessert worden sind. Stoll^) empfiehlt von Steinobst unsere ge- wöhnliche Sauerkirsche und (bei guter Kalkung) die Hauszwetsche. Von Äpfeln gedeihen : Schöner von Boskoop, Gelber Edelapfel, Doppel- *) Jahresbericht d. Sonderausschusses für Pflanzenschutz 1900. Arb. d. D. Landw. Ges , Heft 60, S. 247. 2) SoKAUER, Schutz der Obstbäume gegen Krankheiten. Stuttgart, Eugen Ulmer, 1900. ^) Stull, Obstbau auf Moorboden. Proskauer Obstbauzeitung 1906, S. 182. "Wärmemangel. • 631 pigeon, Weil'ser Wintertaubenapfel, Boikenapfel, Orleans Reinette, Graue holländische Reinette, Parkers Pepping und PurpuiToter Cousinot.- Gravensteiner , Prinzenapfel und Goldparmäne gedeilien wohl, aber neigen sehr zum Krebs. Von Birnensorten wären nur zu nennen : die Gute Graue, Köstliche von Charneu und Groi'ser Katzenkopf. Von Beorenobst findet man Anpflanzungen von Stachel- und Johannisbeeren auf Moorboden. Sehneedruck und Eisanhang. Wie es bei dem Hagel gewisse Gegenden gibt, die besonders häufig heimgesucht werden, so existieren auch, wenngleich aus anderen Ur- sachen, namentlich in Gebirgen, bestimmte Gürtel, in denen Verletzungen durch Schneedruck fast alljährlich sich einstellen. Aui'serdem werden einzelne Lokalitäten in allen Gegenden mit reiclilichem Schneefall als besonders gefährdet betrachtet werden müssen; es sind dies die Boden- senkmigen, in welche der Schnee von oben oder den Seiten hmein- geweht werden kann. Die gleichen Schneemassen wirken aber auch verschieden, je nach der Witterung, bei welcher sie fallen, Ist es sehr kalt und windig, dann sammelt sich selten so viel Scluiee in dem Ge- zweige , dafs er Schaden bringen könnte •, die Kristalle sind zu fein und kalt, um sich aneinander zu kitten. Wenn dagegen bei weichem, windstillem Wetter der Schnee in grofsen Flocken fällt und leicht zusammenballt , dann haftet er in grofsen Massen in den Baumkronen und biegt oder bricht die Äste. Wenn die Bäiune auf Abhängen stehen, bemerkt man zahlreichere Schäden auf den der Windseite entgegengesetzten Abhängen, in denen dann ganze Streifen von Bäumen geworfen werden können. Dies zeigt sich als einfache Folge des Schneedruckes, namentlich bei mildem Winter- wetter und noch weichem, offenem Boden, während bei stärkerer Kälte der spröde Stamm eher gebrochen wird (Schneebruch). Verpflanzte Bäume mit flacher Wurzelkrone werden leichter als gut durch Pfahl- wurzeln verankerte Exemplare geworfen. Vorzugsweise der Gefahr des Brechens ausgesetzt sind die wintergrünen Bäume, und unter diesen, wie es schemt, die Kiefer ganz besonders; die zäheren Holzarten, wie Tannen und Fichten, biegen sich mehr unter der Last und richten sich später wieder auf. Günstiger stehen die Laubhölzer dann da, wenn der Schnee zu einer Zeit massenhaft eintritt, in der sie ihr Laub verloren haben; Eiche und Buche, welche oft das Laub den ganzen AVinter über halten, sind gefährdeter wie die anderen Hölzer, vorausgesetzt, dafs letztere nicht durch einen vorhergegangenen nassen und külilen Sommer verhindert worden sind , in die Ruheperiode einzutreten und das Laub zu werfen. Auch hier wird die Sprödigkeit des Holzes für die Art der Beschädigung mafsgebend. Bei der Akazie sieht man an älteren Bäumen fast immer Ast- oder Stammbruch; auch Birke und Erle dürften öfter Bruch als Niederdrücken zeigen. Bernhahdt*) macht auch darauf aufmerksam, dafs sich die Widerstandsfähigkeit der Baum- arten ändert, je nachdem sie einen ihren Ansprächen angemessenen Standort haben. Für unsere Obstbäume kommt auch die Kronen- bildung sehr in Betracht: namentlich bei Äpfeln mit ihren flachen, ausgebreiteten Ästen findet man ein förmliches Auseinanderspalten der ') Waldbeschädigungen durch Wind-, Schnee-, Eis- und Duftbruch. Centralbl. f. d. gesamte Forstwesen 1878, S. 29. 532 •'■-'■• Schädliche atmosphärische Einflüsse. Kronen. Da, wo der natürliclie Habitus des Baumes eine pyramidale Kronenbildung nicht zeigt, wird es sich empfehlen, durch künstliche Einwirkung die Entwicklung eines starken Mittelastes anzubahnen. Bei dem in Hochgebirgen häufigen Lawinensturz ändert sich das Bild nach Baumart und Alter der Stämme. Dort, wo nur altes Holz steht, wird dasselbe in verschiedener Höhe gebrochen und wild und regellos durcheinander geworfen. In Waldungen mit Stämmen verschiedenen Alters werden die jungen Bäume teilweise nur nieder- gedrückt und eine Zeitlang im Schnee vergraben. Nach der Schnee- schmelze richten sich derartige Bäume wieder etwas in die Höhe, bleiben aber in talabwärts geneigter Stellung und wachsen langsam weiter; sie haben meist nur noch auf der nach dem Tale hin gerichteten Seite fortwachsendes Gezweig, da die der rollenden Schneemasse entgegen- stehenden Äste abgebrochen werden. In Laubwäldern entwickeln sich dmxh Wurzel- oder Stockausschlag krüppelige Büsche, welche das Aussehen haben, als ob sie durch Wildverbils entstanden wären. Des Einflusses der Schneedecke und des dieselbe begleitenden Frostes auf die Saaten ist in den früheren Kapiteln bereits Erwähnung geschehen; bezüglich der Temperaturänderungen des Bodens ist auf die Arbeiten von Wild und von Wollny ^) zu verweisen. Das bei der Schneeschmelze entstehende Eiswasser wird, sobald es bereits ergrünte Wiesen und Saaten trifft, nicht ohne Einflufs bleiben können; denn Küster^) hat beispielsweise nachgewiesen, dais bei Blättern von Funaria infolge Abkühlung dm'ch Eiswasser eine Vakuolisation in den Chlorophyll- körnern eintritt, wobei die grüne Pigmentsubstanz in mondsichelartiger Form an die Peripherie der Vakuole zu liegen kommt. Eisanhang. Die Schädigungen durch Eis, das sich an den Bäumen ansetzt, sind seltener. Eine schnell vorübergehende Inkrustierimg durch Glatteis wird meist für ungefährlich gehalten; indes sind in der Praxis manche Stimmen laut geworden, welche der Auflagerung von Eis auf glattrindigen Zweigen und Stämmen die Entstehung von Brandflecken zuschreiben. Wenn man sich mit Nouel die Entstehung des Glatteises in der Weise vorstellt , dafs Regen , dessen Tropfen bereits unter 0 ^ abgekühlt waren , bei dem Auffallen auf die Bäume diu-ch die Er- schütterung erstarren, so wird man nicht annehmen können, dafs die Kältewirkung des Eises störend wirkt. Nach den bei künstlichen Frost- versuchen gesammelten Erfahrungen bin ich der Meinung, dafs der Glatteisüberzug durch Spannungsänderungen im beeisten Gewebe .schädlich wirken kann. Bei ganz leichten Frühjahrsfrösten läfst sich konstatieren, dafs bei den krautartigen Trieben im Rindengewebe Spalten ■entstehen , ohne dafs tiefgehende Bräunung der Zellen stattgefunden hätte, also ohne dafs die chemische Wirkung des Frostes zur Geltung gekommen wäre. Solche Gewebeverletzungen sind auch bei Glatteis möglich, wenn dasselbe längere Zeit am Pflanzenteil fest haften bleibt und namentlich die bei Eintritt von Glatteis häufigen Temperatur- schwankungen überdauert. Von den gewöhnlichen Glatteisbildungen dürften zu unterscheiden sein , weil auf verschiedenen Bildungsprozessen beruhend , der E i s - und Duftanhang, der mit dem Schneedruck zu vergleichen ist. Zur ') Bot. Jahresber. 1898, I, S. 584 u. 585. 2) Küster, E., Beiträge zur Physiologie u. Pathologie der Pflanzenzelle. Z. f. allgem. Physiologie 1904, Bd. 4. Wärmemaagel. (333 Charakteristik der Erscheinung lialten wir uns an eine DarsteUung von Breitenlohner ^ ) , der eingehendere Beobachtungen gemacht hat. Am 27. Januar 1879 stellte sich im Wiener Walde bei völliger Windstille und nebligem Wetter zur Mittagszeit unter zunehmendem Luftdruck und negativer Temperatur bei Wien ein Niederschlag ein , der die Mitte zwischen Sprühregen und Nebekeif hielt und der bald zu Glatteis erstarrte. An den Bäumen, deren Temperatur in allen Teilen unter Null lag, entstand ein einseitiger Eisbelag von 3 — 5 mm Dicke. Die Periode des stillen Frostes wälu-te im Wiener Walde 5 — (i Tage; der Eisanhang blieb 9 Tage und vermehrte sich derart, dai's die dünnsten Zweige zur Dicke eines SchiÖstaues heranwuchsen und die Buchen- stämme brachen, während die Stangenhölzer zu Boden gebogen waren. Da der Boden nur oberflächlich gefroren war, wurden auch Bäume ge- worfen. Bei Koniferen war die Benadelung der Eisablagerung besonders günstig , und Tannen bildeten Eisp^a'amiden , indem die oft 20 cm Länge messenden Anhänge der oberen Äste an die unteren angefroren waren. In den Tieflagen war der Besatz wirkliches, transparentes Glatteis ; auf den Höhen dagegen bestand die Hauptmasse mehr aus einem Ge- menge von Eis und Duft. Ebenso nahm die Eispartie vom Waldrande nach dem Lmern hin allmählich ab, wo der Beschlag weder Eis noch Duft war mid ein festes , strahliges Gefüge besafs , imi endlich noch tiefer im Walde als typischer Duftanhang aufzutreten, der innnor kürzer wurde , je tiefer man in den Wald hineinging. Um sich einen Begriff von der so entstandenen Eisbildung zu machen, welche gleichzeitig auch in Deutschland und Franki-eich auftrat, bestimmte man das Gewicht des Eises, das an einzelnen Zweigen hing, und es ergab sich dabei, dafs auf einen Gewichtsteil eines blattlosen Zweiges an Eis bei Kirsche 36,7, bei Zerreiche 44,1, bei Rotbuche 85,3, bei der Tanne 31,1, bei Fichte 51,3, bei Kiefer sogar 99,0 Gewichtsteile kamen. Breitenlohner macht betreffs Erklärung der Erscheinung darauf aufmerksam , dafs die Beobachtungen der meteorologischen Stationen zur Zeit des Eisanhanges die Wirksamkeit _ eines Föhnwindes kon- statierten: es lief also ein feuchtwarmer Äquatorialstrom über einen kalten, die Täler ausfüllenden Polarstrom. Dieser Kontakt der äquato- rialen mit den polaren Luftwellen führte zu der auffallenden Niederschlags- form , die nur darum flüssig blieb , weil der untere , kalte Luftstrom eine sehr geringe vertikale Ausdelmung besafs , so dafs der aus dem warmen Strome kommende Niederschlag nur einen kurzen Weg durch die kalte Luft zu machen brauchte. Da, wo die kalte Luftschicht eine gröfsere vertikale Erhobung zeigte , nahm auch der Niederschlag bereits eine feste Form an und setzte sich als Rauhreif (Haar fr o st) fest. Der Nebel, der nach Berührung zweier nach Temperatur und Feuchtigkeit verschiedener Luftscliichten sich bildet, kann auch unter 0** seine Konstitution als tropfbar flüssiges Wasser beibehalten, da feuchte Winde ausgezeichnete Caloriferen sind und im Wasserdunste eine Menge Wärme latent mit sich führen, welche bei der fortwährenden Kondensation entbunden wird. Erst wenn das erkältende Agens ein gewisses Mais übersteigt, verwandelt sich der Nebel in Frostdampf, ») Breitexi.ohner, Der Eis- und Duftanhang im Wiener Walde. Torscli. auf d. Gebiete d. AgrikulturphN^sik 1879, S. 497. 634 II' Schädliche atmosphärische Einflüsse. indem die Dunstaussclieidung nun aus Eisnadeln besteht. Die dem freien Luftzuge ausgesetzten Randbäume wirken als Dunstfang, während im Innern der Schläge die stockende Lult blofs den typischen Dunst- anliang sich ausbilden läfst. Dies wäre also eine Analogie mit dem bei Spät- oder Frühfrost auftretenden Reife, der also nicht als gefrorener Tau aufzufassen ist. Tau ist das kondensierte Wassergas, das sich an den unter dem Tau- punkt der Luft durch Strahlung abgekühlten Pflanzenteilen in zusammen- fliefsenden Tröpfchen niederschlägt. Das "Wassergas ist meist schon reichlich in der Luft vorhanden ; es kann zum Teil, wie Stockbridge ^) nachweist, während der Sommermonate aus dem in der Nacht wärmer als die Luft sich zeigenden Erdboden ausdampfen. Ist einmal ein starker Tauüberzug vorhanden , so kann derselbe eher als ein Schutz- mittel gegen das Erfrieren der Pflanzenteile angesehen werden. Gefriert dieser Tau, so entsteht eine kristallinische Rinde, die identisch mit dem Eisanhange ist. Der Reif dagegen entsteht, wenn der Taupunkt der Luft bereits unter 0*^ liegt und dieser Temperaturgrad durch Strahlung und Verdunstung der Pflanzenteile erreicht wird. Es fügen sich also die Dunstmoleküle schon in fester, kristallinischer Form aneinander (Boden- oder Sommer reif). Der Duftanhang oder Winterreif entsteht durch Einströmen des Äquatorialstromes in den langsam weichenden Polarstrom, und dieser Kampf ist darum so gefährlich, weil bei langer Dauer so viel Duftanhang erzeugt werden kann, dafs unter seiner Last die stärksten Bäume brechen. Li den Baumgärten wird rechtzeitiges und vorsichtiges Anschlagen mit Stangen an die Aste einer solchen schädlichen Anhäufung des Duftes vorbeugen; im Walde ist dieser Schutz natürlich nicht durchzuführen. Betreffs des Sommerreifes werden häufig die Kulturverhältnisse von ausschlaggebender Bedeutung, Bei bestelltem Boden ist zu be- rücksichtigen , dafs die Abkühlung des Pflanzenkörpers schneller vor sich geht als die des Bodens, der während der Nacht als ausgleichende Wärmequelle dient und mehr oder weniger die Reif bildung verhindert. Diese Wirksamkeit wird um so gröfser sein, je gröfser der die Ab- kühlung verlangsamende Wassergehalt des Bodens ist. Auf feuchten Feldern bildet sich auch der die Abkühlung der Blätter mäfsigende Tau früher und reichlicher als auf trockenen Böden. Alle Kultur- mafsregeln, welche das Aufsteigen der Wärme aus den tieferen Boden- schichten vermindern , wie Bodenlockerung oder strohiger Dünger, werden dagegen reif begünstigend wirken ^j. Zwölftes Kapitel. Wärmeüberscliufs. Der Hitzted. Gestützt auf zahlreiche physiologische Arbeiten^) kommen wir zu der Anschauung, dafs bei der Beurteilung der durch Wärmeüberschufs hervorgerufenen Beschädigungen dieselben Gesichtspunkte wie bei ^) Journal of science vol. 1, p. 471; cit. Naturforscher 1879, Nr. 32. 2) Pe-ht, M., Einflufs einiger Kulturverfahren auf die Bildung von Eeif. Annal. agron, 1902 Nr. 7; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1908, S. 577. ^) Pfeffek, W., Pflanzeuphysiologie, 2. Aufl., Bd. II. Leipzig 1904. Wärmeüberschufs. J • ß35 "Wärmemangel gelten. Wir stehen bei unseren Kulturpflanzen fort- dauernd wechselnden Organisationen gegenüber. Nicht nur jede Spezies hat ihre besonderen Ansprüche betrelis der ihr zuträglichen Wärme- menge , sondern auch innerhalb der weiten Wärmoskala der Spezies verhalten sich die einzelnen Individuen , ja selbst die einzelnen Entwicklungsstadien ganz verschieden. Die individuelle Empfindlich- keit gegen eine das Optimalmais übersteigende Wärme schwankt je nach dem Standort, der Wasser- und NährstofFzufuhr und der Ein- wirkung der übrigen Vegetationsfaktoren, so dafs bestimmte Zahlen- angaben über zulässige Temperaturwerte immer nur bedingte Gültigkeit haben können. Wu' ersehen dies daraus , dafs bei unseren Kulturen sich die Pflanzen bis zu einem gewissen Grade an höhere Wärmesummen ge- wöhnen können; ihr Aufbau wird ein anderer, ihre Entwicklung eine beschleunigtere , aber ihre gesamten Lebensprozesse vollziehen sich noch innerhalb der Breite der Gesundheit. Betreös der verschiedenen EmpfindHclikeit der einzelnen Organe je nach ihrem augenblicklichen Entwicklungsstadium vertreten wir die Anschauung, dafs der Pflanzen- teil um so widerstandsfähiger gegen Wärmeüberschufs ist, je plasma- reicher und relativ wasserärmer noch die Gewebe sind. Der Hitztod kommt ebenso wie der Frosttod dadurch zustande, dafs die Molekular- struktur des Plasmaleibes irreparabel zertrümmert wird. In welcher Weise dies stattfindet und wie weit dabei ein Gerinnen gewisser Eiwoifs- körper mitspricht, wissen wir nicht. Je lockerer der Plasmalcib inner- halb seiner sj)ezifischen Zusammensetzung gebaut ist dadurch, dafs schon reichlich Wasser eingelagert ist, desto leichter wü'd eine solche Zertrümmerung vor sich gehen. Darum sehen wir, dafs wasserreichere Organe schneller an Hitztod zugrunde gehen. Vielfach geht dem Hitztod eine „Hitzestarre" voran, aus der die Pflanzen bei Nach- lassen der supramaximalen Temperatur heraustreten und ihr Wachstum wieder beginnen können. Je länger die Pflanze im Starrezustand ver- blieben ist, desto langsamer erlangt sie ihre Tätigkeit wieder^). Weitere Momente über die verschiedene Empfindlichkeit werden wir bei den folgenden praktischen Vorkommnissen kennen lernen. Mangelhafte Ausbildung unserer Gemüse in den Tropen. Bei Übertragung der Kulturpflanzen aus der gemäfsigten Zone in die Tropengegenden machen sich bisweilen sehr unliebsame Störungen im Entwicklungsgange der Pflanzen bemerkbar, die den Kulturzweck arg schädigen. Es liegt dies in der unerwünschten Abkürzung der einzelnen Vegetationsphasen, namentlich in der Verkürzung der Periode der Blattentwicklung und der Produktion der Reservestoöe, welche zu früh zur Ausbildung-des Reproduktionsapparates verwendet werden. Es leiden darunter namentlich diejenigen Gewächse , bei denen wir durch fortgesetzte Kultur in nährstofl'reichem , namentlich stickstoffreichem Boden die vegetative Periode verlängert und den Blattapparat zur üppigen Entfaltung gebracht haben (Kohlarten, Salate usw.). FäUe dieser Art finden wir bereits in älteren Arbeiten. So führt beispiels- M HiT.KRKi, H., Über den Einflufs supramaximaler Temperatur auf das Wachs- tum der Pflanzen. Inauguraldissertation. Leipzig 1900. Cit. Jusr, Bot. Jahresber. 1901, II, S. 203. (336 !!• Schädliche atmosphärische Emflüsse. weise solche Duthie aus Saharanpur ' ) an, dessen Anbauversuohe [in Indien mit wenigen Ausnahmen eine zu schnelle Samenreife europäischer Gewächse ergaben. "Während die Runkelrübe z. B. in England zum Durchlaufen ihrer Entwicklungsstadien 18 Monate nötig hat, braucht sie in Indien nur 8 Monate. Bei den Kulturformen der deutschen Astern äufsert sich der Klimawechsel darin, dafs kein Same reift. Brachycome und Petunia verändern ihre Blumen und erhalten dieselben in weifser Farbe. Der Vorgang scheint mir den Gegensatz zu dem Prozefs der Rötung der Pflanzenteile im Frühjahr bei Wärmemangel darzustellen. Über ähnliche Erscheinungen wird aus dem tropischen Amerika berichtet: Lehmann^) fand im westlichen Kolumbien, dafs Kohl, Salate, Zwiebeln, Mohrrüben sich in einer dem Kulturzweck nicht genügenden Weise ausbilden. Während die aus Europa bezogenen Samen im ersten Jahre in entsprechenden Örtlichkeiten ausgezeichnete, zarte Gemüse in gewünschter Ausbildung liefern , bringen die nun von diesen Individuen geernteten Samen Pflanzen hervor, die bei Kohl und Salat nur noch Spuren von Kopfbildung zeigen und bei Zwiebeln zu fingerstarken Strünken ohne Zartheit und Schmackhaftigkeit sich ausbilden. Die Pflanzen kommen hier in keine Ruheperiode. In den flachen Äquatorialgegenden tritt diese Erscheinung schneller und stärker auf als in den höheren Bergregionen und bei 10 — 15 ^ Breite. Die Verschiebung der gebräuchlichen Saatzeiten in unseren Breiten. Hierher zu rechnen sind die bei uns nicht selten zu beobachtenden Erscheinungen, dafs Gemüsepflanzen, welche zu spät im Jaln-e aus- gesäet werden, mit der Entwicklung ihrer vegetativen Organe zu schnell in die heifse, trockne Jahreszeit kommen. Der Laubkörper wird hart, und die rübenartigen Anschwellungen werden schnell holzig. Annuelle Samenträger (Getreide, Sommerblumen) werden notreif. Erbsen werden bei zu später Aussaat sehr leicht vom Rost (Uromyces) über- wältigt. Dafs die Turgescenz der Gewebe bei zu hoher Temperatur abnimmt, hat bereits Kraus ^) ausgesprochen. Für den Einflufs der Trockenheit auf den Befall der Pflanzen durch Pilze hat Haberlandt bei seinen Versuchskultiu'en ein schönes Beispiel beigebracht. Von drei mit Weizen besäeten, während der ganzen Vegetationszeit dicht beieinander stehenden Töpfen war der- jenige, dessen Pflanzen nur gerade so viel Wasser empfingen, um sich am Leben zu erhalten, vom Meltau {Erysiphe qraminis) derart heim- gesucht, dafs dem Pilz jedenfalls ein grofser Teil der Schuld für die gänzliche Mifsernte zugeschrieben werden mufste. Der danebenstehende, reichlich bewässerte Toj)f war fast gänzlich von dem Schmarotzer ver- schont*). Noch schlagender ist ein von mir beobachteter Fall mit Podosphaera leucotrkha Salm. Von einer Anzahl junger Apfelbäume in Töpfen stand die Hälfte in einem Glashause, die andere hinter demselben im Freien. Alle Exemplare hatten über Winter ihre Oidienform vom Vor- jahre behalten. Die im Glashaus der Sommerhitze ungeschützt aus- 1) Gardener's . Chronicle 1881, I, S. 627. '-') Lkhmann, über eine physiologische Erscheinung bei der Gemüsekultur im tropischen Amerika. Deutsche Gärtnerzeitung 1883, S. '260. ^) Molekularkonstitution des Protoplasmas. Flora 1877, S. 534. ') Biedermann's Centralbl. 1875, II, S. 40'2. Wärmeüberschufs. • (337 gesetzten Pflanzen verkümmerten durfti die Überhandnähme des Mel- taues, der sich bis zur Kapsell'rucht entwickelte. Die hinter dem Glashause im Halbschatten und in bewegter Luft stehenden Apfelbäume verloren den Meltau. Wie sein* auch ohne Mitwirkung parasitischer Feinde die Produktion der Pflanzen bei falscher Aussaatzeit leidet, beweisen die HfiLLRiKGEL'schen Experimente \). Gerste in den Monaten April, Mai, Juni, August und September in Töpfe mit gleicher Nährstoftmischung und Bodenfeuchtigkeit unter sonst ganz gleichen Verhältnissen ausgesäet , verhielt sich vollkommen verschieden. Die Aussaat im April brachte sehr gleichmäl'sig ausgebildete, vorzügliche, reife Samen tragende Pflanzen nach 88 Tagen. Die zu Ende Mai vollzogene Aussaat zeigte Pflanzen, die anfangs auch sehr kräftig sich entwickelten. Als aber gegen Mitte Juli , zur Zeit des Hervortreibens der Ähren aus den obersten Blattscheiden, eine dauernde Hitzeperiode eintrat, blieben die Halme im Längenwachstum zurück. Die Körner er- reichten bis zu dem verfrähten Absterben der Pflanzen (nach 77 Tagen) nur eine unvollkommene Ausbildung und blieben flach, waren also notreif geworden. Die späteren Aussaaten zeigten eine steigende Ver- längerung der Vegetationsperiode (die Septemberaussaat brauchte z. B. 240 Tage) und ergaben sämtlich unvollständig ausgereifte Körner. Betreffs der forstlichen Kulturen liegen auch Erfahrungen vor, dafs die Verluste beim Verpflanzen der jungen Waldbäume je nach der Zeit der Ausführung schwanken. Die Versuche in Mariabrmm-) zeigten den geringsten Ausfall bei der Frühjahrsverpflanzung. Bei der Fichte steigerte sich die Zahl der absterbenden Exemplare von der April- bis zur Junipflanzung, um dann bei der Herbstpflanzung (September, Oktober) wieder wesentlich zurückzugehen. Dasselbe Verhalten zeigte sich bei der Kiefer, die noch bedeutendere Verlustprozente aufwies. Bei den Laubhölzern wii'd bekanntlich die Herbstpflanzung mit Vorliebe angewendet. Das Verbrennen der Blätter im Freien. Man bezeichnet damit den Tod der Gewebe infolge der Einwirkung der Sonne. Dabei wirken aber Licht und Wärme zusammen. Wieviel bei den Todeserscheinungen einem jeden Faktor zugeschrieben werden mufs. wissen wii' nicht. Die Meinung bedeutender Forscher, dafs das gesamte Licht in der Pflanzenzelle in die Kraftform der Wärme über- gehe und in dieser Form wirksam sei, ist nicht wahrscheinlich ; vielmehr deuten meine Verdunstungsversuche bei Lichtverminderung unter gleich- zeitiger Temperaturerhöhung an, dafs das Licht als solches mindestens zu einem Teile wirksam sein und den Assimilationsprozefs beeinflussen wird: ein Teil wird zweifelsohne auch in Wärme umgewandelt und derart verwendet werden. Unter dieser Voraussetzung ist es auch wahi-scheinlich . dafs eine Pflanze sich gegen dieselbe Wärmemenge verschieden verhalten wird , je nachdem sie dieselbe im dunkeln oder im erleuchteten Räume empfängt. Im allgemeinen sind Temperaturen zwischen 40 mid 50 " C tödlich; doch ist bei Fettpflanzen von Askenast^) beobachtet worden. ') Grundlagen des Ackerbaues ly88, S. ^^ö'2. ') Deutsche Forstzeitung 1892 vom 13. November. ^) AsKKNAsv, Über die Temperatur, welche Pflanzen im Sonnenlichte annehmen. Bot. Zeit. 1875, S. 441. 638 II» Schädliche atmosphärische Einflüsse. dafs dieselben solche Wärmemengen schadlos ertragen. AskenäSY über- zeugte sich im Hochsommer, dafs Semjiervkmm bei einer Lufttemperatur von 31 '^ C im Schatten eine Erwärmung im Innern bis 48 und 51 " C erlitten hatte. Die Wärme im Lmern der Pflanzen war bei einigen Arten etwas höher, bei anderen etwas niedriger als an ihrer Oberfläche. Die Temperatur an der Oberfläche des Blattes stand in keinem direkten Verhältnis zur Lufttemperatur an verschiedenen Tagen. Es zeigte z. B. Sempervivum arenariuni bei 31,0« C am 15. Juli um 3 Ulu^ nachmittags 48,7« C, „ 28,2« C „ 16. „ „ 3 „ „ 46,0« C, „ 28,1« C „ 18. „ „ 12,30 Uhr mittags 49,0« 0. Dicht danebenstehende, dünnblättrige Pflanzen besafsen eine viel niedrigere Temperatur. Am häufigsten zeigen sich die Erscheinungen des Verbrennens bei Glashauspflanzen, die im Frühjahr ins freie Land gebracht werden. Nicht immer wird das Blatt getötet, sondern manchmal nur gerötet oder gebräunt. Bei gewölbten Blättern ist oft nur die Wölbung an der Oberseite verfärbt, und anstatt grün ist sie kupferig gerötet (Rosen). Ln Laufe einiger Wochen kann sich eine solche Pflanze selbst unter Verbleiben an ihrem Standort wieder ausheilen. Exjoerimentell prüfte ich einen derartigen Fall bei Topfexemplaren von Canna indica, von denen die gröfste Anzahl bei trübem Wetter aus dem Glashause , in welchem sie bis zur Entfaltung der ersten Blumen angetrieben worden war, ins Freie gebracht wurde. Einige Töpfe blieben zwei Tage länger im Glashause und wurden dann in der Mittagsstunde neben die früher freigestellten Exemplare eingesenkt. Die oberen Blätter erschienen nun schon am Nachmittag weifsstreifig, indem die von den wasserleitenden Nerven am weitesten entfernten Partien eines jeden Intercostalfeldes abgestorbenes Gewebe zeigten. Am breitesten waren die weifsen Streifen am Blattrande und keilten sich nach der Mittelrippe hin alimählich aus, so dafs man deutlich wahrnehmen konnte , wie das Verbrennen des Blattes in denjenigen Regionen am frühesten und stärksten auftrat, die von dem Wasserleitungs- system der starken Gefäfsbündel am weitesten entfernt lagen. An den weifsen Stellen erschien die Epidermis nicht wesentlich alteriert, wohl aber das Palisadenparenchym, das keine Chloroplasten mehr besafs, während eine Übergangszone nach dem mit grofsen wand- ständigen Chlorophyllkörpern versehenen gesunden Gewebe hin zwar noch grüngefärbten, aber wolkigen Lihalt zeigte. Li dem weifsgewordenen Gewebe, dessen Zellwandungen hell verblieben waren, zog Glyzerin nur noch geringe Inhaltsmassen zusammen, so dafs man schliefsen mulste , dafs ein grofser Teil derselben in der kurzen Zeit veratmet war. An den stärkst beschädigten Stellen war die Epidermis vom Blattfleisch hier und da blasenartig abgehoben (Brandblasen), und die Zerstörung des Chlorophyllkörpers war bis zur Blattunterseite vor- gedrungen. Nach einigen Wochen konnte man bei den verbrannten Blättern in den oben erwähnten Übergangszonen übrigens eine Re- generation der Chloroplasten beobachten. Es hatte also gerade so wie nach schwächeren Frostbeschädigungen ein Ausheilungsprozefs statt- gefimden. Unterhalb der Brandblasen, bei denen die EpidermiszeUen teilweise zusammengesunken erschienen, war nunmehr Pilzmycel nach- zuweisen. Wärmeüberschufs. 639 Ein Kollabieren der Epiclermiszellen beobachtete Rowlee ^) auch. nach achtstündiger Einwirkung von elektrischem Bogenlicht, das in einem Meter Entfernung auf Blätter von Heliotrop wirkte. Andere Pflanzen (z. B. Ficus elastica) blieben unter gleichen Umständen un- verändert. Bei fleischigen, langlebigen Blättern grenzt sich das gesunde Ge- webe von dem verbrannten durch eine Korkzone ab , wie die bei- stehende Abbildung eines im August durch Sonnenbrand beschädigten Cliviablattes zeigt. Man konnte beobachten, wie die Lage des Blattes den Ausschlag für den Ort der Entstehung der Brandflecke gab, indem nur die senkrecht zur Wärmequelle orientierten Stellen sich gelbgrau verfärbten und zusammensanken. Am folgenden Tage war der Brand- fleck vollständig braun und brüchig. Die jüngsten Blätter hatten nicht gelitten. Die Grenze zwischen totem und lebendem Gewebe ist, sobald der Brandfleck durch die ganze Blattdicke hindurchgeht, scharf; wenn aber nur die Blattoberseite beschädigt ist, zeigt sich eine verwaschene Übergangszone. In derselben bemerkt man, dafs die Chloroplasten Fig. 151. Durch Sonnenbrand abgetötete Stelle eines Blattes von Clivia nohilis. (Orig.) spangrün werden , während -der übrige Zellinhalt gelbgrün erscheint ; es dürfte hier zunächst also ein Austritt des Xanthophylls erfolgen, während das Cyanophyll an den Chloroplasten gebunden bleibt. Sodann wird die anfangs gleichmäfsig stark lichtbrechende Masse des Chlorophyll- korns in ihren Konturen weniger scharf, und eine grofse Menge feinster Körnchen geben demselben eine sandige Beschaffenheit. Schliefslich bilden die Chloroplasten schmutzig-teegrüne bis schwarzgrüne Gruppen, die dadurch eine strangartige Gestalt annehmen, dafs die Zelle zu- sammensinkt. Diese Inhaltsmassen , welche einer Wand anliegen, bleichen ungemein schnell durch die Sonne aus und veranlassen nun- meln' die gelbgraue Färbung der Brandflecke. Die Zellwandungen verlieren nicht ihren Cellulosecharakter , wie die Prüfung mit Chlor- zinkjod zeigt. Das gesunde Gewebe beginnt alsbald, sich durch eine Korkzone (/.-) von dem beschädigten abzuschliefsen, wobei auch die inhaltsreich ver- bleibenden Zellen der Übergangszone (br), die sich zunächst noch 1) Rowlee, W., Effect of electric light upon tbe tissues of leaves. Just's bot. Jaliresber. 1900, II, S. 287. 040 IT* Schädliche atmosphärische Einflüsse. etwas unter 'Wellung ihrer Membranen vergröisern {h, 2) und grölsere Intercellularrämne aufweisen, allmälilicli sterben. AVenn der Brandfleck etwas älter wird, verfärbt er sich tiefer braun , wobei auch die nicht zusammensinkenden Epidermiszellen (e) bis an das gesunde Gewebe heran beteiligt sind. Die Korkzone (k) entsteht durch Fächerung der an der Grenze des Brandfleckes lebendig bleibenden, sich streckenden Mesophyllzellen, deren rückwärts an- stofsende normale Zellen (^9) etwas ärmer an Chlorophyll zu bleiben pflegen. Bemerkenswert ist das schwielige Hervortreten der Rand- zone (w) des normalen Blatteiis an der Grenze der Brandstelle ; dieses Verhalten erklärt sich durch die Streckung der die Korkzone liefernden Zellen mid des davorliegenden , beschädigten, aber nicht sofort ge- töteten {h) Mesophylls. Die Brennflecke in den Gewächshäusern. Namentlich im Frühjahr [^häufen sich die Klagen über die Ent- stehung von Brandflecken auf den Blättern zarter Pflanzen in den Glashäusern. Über die Entstehung derselben gingen die Meinungen auseinander. Teils machte man die Blasen im Glase der Gewächshaus- scheiben dafür verantwortlich, teils glaubte man, dafs die Wasser- tropfen , die beim Spritzen der Pflanzen an der Blattoberseite haften bleiben, als Brennlinsen wirken oder sich durch Insolation so stark er- wärmen, dafs sie dadurch das Gewebe schädigen. Durch die Experi- m.ente von Jönsson \) ist nachgewiesen worden , dafs tatsächlich die Blasen im Glase die Ursache sind. Er beobachtete das durch solche Blasen auf dem Blatte hervorgebrachte Lichtbild der Sonnenstrahlen und das Fortschreiten desselben infolge der veränderten Sonnenstellung, Daraus erklärt sich auch die nicht selten wahrnehmbare Erscheinimg, dafs solche Brennflecke in reihenförmiger Anordnung auftreten. Dafs das Spritzen aber auch gefährlich wirken kann, geht aus einem Versuch hervor, bei welchem ein Wassertropfen an der Unter- seite eines in einiger Entfernung von der Blattfläche aufgekitteten Deckglases hing. Hierbei liefsen sich auch Spuren von Brennflecken erzeugen, während dü'ekt aufliegende Wassertropfen keine Beschädigung hervorbrachten. Zur Vermeidung derartiger Unzuträgiichkeiten wird man im prak- tischen Betriebe wenigstens in denjenigen Gewächshäusern, welche wertvolle Blattpflanzen bergen , zur Bedachung bessere Glassorten wählen müssen. Entlaubung. Hier handelt es sich nicht um Verbrennungserscheinungen, sondern um überstürztes Ausleben der Gewebe. Bei den in der freien Natur zu beobachtenden Fällen pflegt sich der dii'ekten Sonnenwü-kung eine gTofse Bodentrockenheit zuzugesellen : bei speziellen Versuchen mit Brennlinsen aber erkennt man, dafs auch in feuchtem Boden die stärker durch Brandflecke beschädigten Blätter abgeworfen werden. Wiesner -) fand, dafs bei dem „Hitzelaubf all" von den Baumkronen weniger die peripherischen Blätter als vielmehr die im Innern der Krone be- findlichen abzufallen pflegen und meint, dafs die ersteren infolge der ') Jöxssox, Bexgt, Om Brännfläkar pa växtblad. Botaniska Xotiser 1891. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1892, S. 358. -) WiESNEK,Jri.., Über den Hitzelaubfall. Ber. d.D. Bot. Ges. 1904, Bd. XXII, S.501 Wärmeüberschufs. (j41 gröfseren Wärme an sstrahkmg sich i^clit so sehr erhitzen wie die in geschlossener Lage befindlichen Blätter. Wir möchten den Grund in der verschiedenen Kräftigkeit der Organe suchen. Die der gröi'sten Lichtzufuhr ausgesetzten Organe produzieren mehr Substanz, mid ihre Zellen sind reicher an plastischem Material ; sie haben daher bei abnorm gesteigerter Verdunstungs- und Atmungstätigkeit mehr Reservestolfe und sind daher langlebiger gegenüber den im Lmern einer Baumkrone befindlichen gleichalterigen Blättern. Die jungen Organe sind au und füi' sich widerstandsfähiger. Bei den im Freien vorkommenden Fällen spricht der Standort mit seiner Wasserzufuhr ausschlaggebend mit. Man sieht dies bei Wald- bäumen am besten an Eichen und Lärchen in Schonungen, wo zwischen grünen unbeschädigten oder doch wenig alterierten Bilanzen stets ein- zelne Exemplare zu finden sind , die bereits völlig vertrocknete Laub- gruppen aufweisen. In einer Lärchenschonung sah ich die stärkst geschädigten Exemplare im oberen Teil fast völlig entnadelt; nur die ganz jungen Triebe, deren Spitzen gekrümmt und fuchsrot erschienen, trugen noch Nadeln, die wie rote gefärbte Quasten abwärts hingen. Die allerjüngsten Nadeln erschienen fahl und papierartig flach zusammengetrocknet; ihr äufserst spärlicher Zellinhalt bildete einen farblosen, mit Jod sich gelb färbenden Ballen frei im Zellinnern. In den älteren Nadeln, deren Zellwandungen gänzlich farblos geblieben waren, erschien der reichliche Zellinhalt in Form blafs graurötlicher oder gelbbrauner , gleichartiger Massen , den Wandungen anliegend. Die Bilder ähnelten den bei Einflufs saurer Gase entstehenden. Auch bei Fichten sind die durch intensive Sommer- dürre sich einstellenden Nadelverfärbungen den durch schweflige Säure erzeugten ungemein ähnlich. Ahnliche Hitze- und Troakenschütten dürften auch, namentlich nach plötzlicher Freistellung, bei anderen Nadelhölzern nicht selten sein. Betreffs des Entnadelungsvorganges zeigten mir Versuche bei Fichten , dafs die an ihrer Basis durch den Strahlenkegel einer Linse getroffenen Nadeln sich bei geringem Druck sofort ablösten, auch wenn sie keine Verfärbung wahrnehmen liefsen. Bei Beschädigungen an höheren Stellen der Nadeln blieben dieselben sitzen. In den Brand- flecken hatte sich der Zellinhalt zu einer bandartigen grünen bis braungriinen Masse in der Mitte zusammengezogen , wobei man mehr- fach noch die Körnerstruktur walu-nehmen konnte. Die zusammen- gezogenen Inhaltsmassen lagen in den einzelnen Zellen meist gleich- sinnig, nämlich in der Richtung des grofsen Querdurchmessers der Nadel. Verhältnismäfsig selten sind K n o s p e n b e s c h ä d i g u n g e n dm'ch Sonnenbrand. Es wird dies teils auf den Schutz der vielfach dm'ch Haarfilz, Gummi, Harz, Korklagen oder dgl. besonders zweckmäfsig sich erweisenden Knospendecken, teils auf den plasmareichen, also schwerer zu alterierenden Inhalt der jugendlichen Gewebe zurückzuführen sein. In den Tropen sind noch besondere Schirm Vorrichtungen manchmal wahrzunehmen. Nach Potter') werden z. B. bei Artocarjms, Hepta- pleurum, Canarlum ceijlanicum u. a. die Nebenblätter der älteren Blatt- ') Potter, M. C. , Observations on the Protection of Buds in the Tropics. •Journ. Linn. Soc XXVIII, 1891, S. 348. Soraxier, Handbuch. 3. Aull. Erster Band. 41 642 -'■I- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Organe als Schutz der jugendliclien Blätter bis zu deren Erstarkung verwendet, oder das ganze ältere Blatt bildet zunächst ein Schutzdach für das jüngere (Uvaria purpurea, Gossyphini, usw.). In England ist ein Abwerfen der P f i r s i c h k n o s p e n bei d er Treiberei beobachtet worden. Dort, wo ein genäistes Tuch gegen die Sonnenwirkung über die Stöcke gespannt worden war, wurde kein Knospenabwurf wahrgenommen M. Sonnenbrand an Blüten und Früchten. Zu Beschädigungen an Blumen bedarf es häufig gar nicht absolut hoher Wärmegrade , sondern es können bei ungünstigem Standort die gewöhnlichen Temi^eraturen schon schattenliebenden Pflanzen schädlich werden. Die bekanntesten Beispiele bilden die Knollenbegonien, deren Blüten leicht braune Saumlinien bekommen, wenn die Pflanzen nicht die Verdunstung des feuchten Erdbodens genielsen können. Bei den Früchten macht sich ungewöhnlicher Wärmeüberschufs in zwei Richtungen geltend. Einerseits erzeugt er Notreife, d. h. das Eintreten der Reife Vorgänge zu einer Zeit, in welcher die Frucht eigentlich noch Reservestoffe speichern sollte. Die Folge ist die, dafs die nur ungenügend mit Reservematerial ausgestatteten Zellen des Fruchtfleisches sich vorzeitig ausleben, was Stippfleckigkeit und vor- schnelle Lager faule zur Folge hat. Bei Getreide bewirkt ein vorzeitiges Abreifen der Halme eine empfindliche Schädigung des Kornes durch ungenügende Stärkebildung ^). Die andere Beschädigungsform besteht in einem direkten Abtöten der Gewebe durch Sonnenbrand an den exponiertesten Stellen saftiger Früchte. Solche Brandflecke ähneln häufig den Hagelschlagstellen, weil das abgetötete Gewebe während des Schwellungsvorganges der Frucht sich nicht entsprechend dehnen kann und entzweh-eifst. Bei der zunehmenden Tomatenkultur finden wir jetzt reichlich Beispiele, die nur dadurch verdeckt werden, dafs sich an den Brandstellen der Früchte Mycelpilze anzusiedeln pflegen. Die Fälle werden dann als parasitäre Erkrankungen beschrieben. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist die Beschädigung der Trauben durch Sonnenbrand. Eine Beschädigung der Trauben wird nach den Beobachtungen von Müller-Thukgau^) dann wahrgenommen, wenn nach längerer, feucht- kalter Witterung plötzlich lieifse, klare Sonnentage eintreten; es zeigt sich dann an freihängenden Trauben fast regelmäfsig, dafs die den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzten Beeren ihre grüne Farbe verlieren, bleich werden, dann sich bräunen und schliefslich zu schrumpfen be- ginnen. Auch der Traubenstiel kann an solchen Stellen, an denen er direkt von der Sonne getroffen wird, leiden, und es schrumpfen dann die dazu gehörigen Beeren ebenfalls ein , verlieren jedoch in diesem Falle nicht ihre grüne Farbe. Bei blauen Sorten werden die von der Sonne getroflenen , noch gxünen Beeren dunkler als die der weilsen Sorten und nehmen eine fast schwarze Färbung an. In einzelnen Jahren 1) Gardener's Chroiiicle lsii;{, XIII, S. 09:3. -) Dkhkkain et DuroNT, Über den Ui'sprung der Stärke des Weizenkonis. Cit. Biedermann's Centralbl. 1902, S. 324. 3) Der AVeinbau 1883, Nr. 35. Wärmeüberscliufs. 643 findet man ganze Trauben wie Rosinen verschrumpft, und dadurch wird stellenweis bedeutender Schaden hervorgebracht ^). Dafs wirklich hier es Wärmeüberschufs ist, der die Beeren tötet, geht daraus hervor, dai's Trauben, die in einem Blechkasten auf 50 " C erwärmt wurden, genau dasselbe Aussehen annahmen wie die vom Sonnenbrände im Freien betroffenen Exemplare. Auf das Verbrennen übt der Reifezustand so- wie überhaupt der Wassergehalt der Organe und auch der Feuchtigkeits- gehalt der umgebenden Luft einen mafsgebenden Einflufs aus. Um'eife Beeren von Riesling und Sylvaner wurden durch eine zwei Stunden währende Erwärmung auf 42" C nicht beschädigt, wohl aber bei 44 " C nach gieiehlanger Einwirkung. Dafs die besonnten Beeren wärmer sind als die umgebende Luft, zeigten direkte Messungen. Wälu-end ein Luftthermometer im Schatten 24" C, ein anderes in der Sonne 36" C zeigte, stieg in der besonnten Weinbeere die Temperatur auf 40" C. Es zeigte sich ferner, dafs Rieslingsbeeren aus guter, warmer Lage, welche nachgewiesenermafsen an Wasser ärmer waren als solche aus geringen Weinbergen , weniger vom Sonnenbrande litten als letztere. Neben dem geringen Wassergehalt ist die fortgeschrittene Reife der Beere ein Umstand, der schützend gegen den Sonnenbrand wirkt. Der frühe Malinger und Frühburgunder, welche Mitte August schon reif sind , zeigten beispielsweise durch die heii'se Augustsonne keinerlei Beschädigung, während über 50 verschiedene, dicht danebenstehende Rebsorten, die später reiften, also im August noch hart und grün waren, mehr oder weniger gelitten hatten. Eine Temperaturmessung in grünen, unreifen, harten Beeren von Riesling, Sylvaner, Elbling und Spätburgunder ergab schon eine Schädigung bei 43 " C , während die ziemlich reifen Beeren von frühem Malinger und Frühburgunder längere Zeit ohne Schaden auf 55 " C erwärmt werden konnten und das Fruchtfleisch der Malinger Trauben erst bei etwas über 02" C getötet wurde. Die Erfahrung der Praktiker, dafs Sonnenbrand am meisten dann sich zeigt, wenn nafskalte Witterung den heifsen Tagen vorhergeht, erklärt sich einerseits dm^ch den gröfseren Wassergehalt der Beeren lind andererseits durch die geringere Verdunstung und demgemäfs auch geringere Abkülilung in feuchter Luft. Betreffs des Einflusses der Trockenheit wurde ein Versuch von Müller mit zwei Rieslingstrauben angestellt, von denen die eine in einem mit feuchtem Fliefspapier aus- tapezierten Glase , die andere in einem mit Chlorkalcium versehenen Glase in den heizbaren Blechkasten gebracht wurde; bei 41,5" C war die in feuchter Luft beflndliche Traube vollständig getötet , während die in der mit Chlorkalcium getrockneten Luft befindliche Traube kaum beschädigt war. Zwei Thermometer, von denen der eine frei hing, der andere mit seiner Kugel in eine Weinbeere gesteckt worden war, kamen in einen heizbaren Blechkasten , der auf 40 " C erwärmt wurde. Der mit der Beere umkleidete Thermometer stand sowohl bei dem lang- samen Steigen der Temperatur als auch bei dem Sinken derselben stets etwa 4" tiefer als der andere, was wohl nur dmxh die Verdunstung ■der Beere bedingt sein komite. Als Folge von Sonnenbrand können auch die Erscheinungen des „Samenbruches'' sich einstellen. Da aber für diesen Vorgang ver- ') .Jahresber. d. Sonderaussch. f. Pflanzenschutz 1892. Arb. d. D. Landw. G. 41* ^44 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. schiedene Ursachen existieren , so ist es besser , ihn später gesondert zu betrachten. Bisweilen findet man sog. „rostige Beeren", d.h. solche, deren Haut feine Korklamellen gebildet hat. Man hat darin ein Schutzmittel gegen Sonnenbrand^) erblickt. Das beste Vorbeugungsmittel wird der Schutz der Trauben durch Blätter sein, und es ist irrig, zu glauben, man nütze den Trauben, wenn man die Blätter vor denselben entfernt. Sonnenrisse. Bei "Wald- und Obstbäumen reifst im Frühjahr bisweilen die Rinde auf. Diese Erscheinung ist von de Jonghe als Sonnenrisse (sunstrokes) bezeichnet worden, während sie Caspary ^) als Frostwirkungen ansieht. Flächenförmiges Absterben der Rinde wird als Sonnenbrand von den einfachen Rilswunden unterschieden. Abbildungen finden wir bei R. Hartig^) und Nördlinger •*). Letzterer Autor unterscheidet auch noch einen „ W i n t e r s o n n e n b r a n d ^), bei welchem die Stammbeschädigung nur an der Basis zu finden ist und man den Reflex der Sonnenstrahlen von der Bodenoberfläche als Ursache annimmt. R. Hartig bildet das untere Stammende eines Rotbuchenstämmchens mit Sonnem-ifs ab**). Da diese Erscheinungen bisher nur im Nachwinter beobachtet worden sind und strikte experimentelle Beweise noch fehlen, so halten wir an unserer früher geäufserten Meinung fest, dafs Risse durch Spannungs- differenzen entstehen, die bei plötzlichem starkem Temperaturwechsel Zustandekommen, ohne dafs eine Erwärmung des Grewebes durch die Sonne bis zum Absterben desselben nötig wäre , wie dies bei den Sonnenbrandstellen der Fall ist. Wie sehr sich die Pflanzenteile über die Lufttemperatur erhitzen, zeigt eine Messung von Hartig '^) an einer Fichte im August. Er fand bei einer Lufttemperatur von 37 " C in der Cambialregion der Südwestseite 55*^ C, auf der Südseite nur 45*^, auf der Ostseite 39", auf der Nordseite 37** C. Die Messungen fanden nachmittags nach 4 Uhr statt. Einflufs zu hoher Bodenwärme. Schon Sachs ^) liefert reichliches Material betreffs der Bestimmung der Temperaturansprüche einzelner Pflanzen und bezüglich der Erhaltung der Keimfähigkeit von Samen, die einer hohen Temperatur in Luft oder Wasser ausgesetzt worden sind. Li letzterer Beziehung ergibt sich, dafs trockene Samen höhere Temperaturen vertragen, ohne Schaden zu nehmen, als bereits angekeimte, und dafs wahrscheinlich das Pflanzengewebe (innerhalb der für die Spezies zulässigen Grenzen) überhaupt um so widerstandsfähiger gegen Hitze ist, je geringer der Wassergehalt der Zellen sich erweist. Bestätigende Ai^beiten lieferten 1) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1902, S. 111. 2) Bot. Zeit. 1S.57, Nr. 10: „Bewirkt die Sonne Risse in Rinde und Holz der Bäume V" 3) Lehrbuch der Baumkrankheiten, I. Aufl , S. 188. '•) Lehrbuch des Forstschutzes, 1884, S. 382. ^) Baumphysiologische Bedeutung des kalten Winters 1879/80. Cit Illustrierte Gartenzeitung 1881. 6) Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten, 3. Aufl., 1900, S. 230. ■') Ibid. S. 228. ^) Experimental-Physiologie S. 64 ff. Wärmeüberschufs. (545 Haberlandt, Wiesner, Fiedler, Krasan, Just, Nobbe, Hoehnel und neuere Autoren, betreffs deren auf Pfeffer's Physiologie verwiesen werden mufs. Dals man durch Erhöhung der Temperatur ilber das für eine be- stimmte Art gegebene Optimum hinaus schon bei keimenden Samen üble Erfahrungen machen kann, zeigen beispielsweise die Versuche von Just M, aus denen sich ergab, dafs, ähnlich wie bei Samen von zu hohem Alter, auch durch zu hoho Temperatur eine Verlängerung der Keimzeit und langsamere Entwicklung der Keimlinge hervorgerufen wird. Betrefts der anatomischen Veränderungen ist eine ältere Studie von Prillieux^) von Bedeutung. Bei Samen von Bohnen und Kürbissen, die in Töpfe gesäet wurden, welche durch erhitzte Drähte eine hohe Bodenwärme erhielten, ergab sich folgendes Resultat. Die jungen Keimpflanzen verlängerten sich nur wenig und schwer, erhielten aber ein geschwollenes Ansehen. Dort, wo die Schwellung des Stengelchens am intensivsten war, zeigten sich klaÖende, bis auf das Mark gehende, meist horizontale Risse. Gegenüber den gieichalterigen , normalen Pflanzen waren die des überheizten Bodens nur halb so lang, aber von nahezu drei- bis vierfachem Dickendurchmesser an der Stelle der stärksten Schwellung. Dort waren auch die Epidermiszellen zwei- bis dreimal breiter als bei den normalen Pflanzen ; die Spaltöffnungen zeigten den- selben Unterschied, nur in geringerem Mafse. Die Haare waren nicht verschieden. Das Rindenparenchym war zwar viermal dicker; eine Ver- mehrung der Zellen hatte aber nicht stattgefunden. Noch gröfsere, radiale Ausweitung zeigten die Zellen des Markparenchyms ; nur im Bastparenchjmi liefs sich wirkliche Zellvermehrung nachweisen. Prillieux führt ferner an, dals die Zellkerne sich dabei ähnlich den Zellen selbst verhalten; sie hy^jcrtrophieren und vermehren sich derart, dafs oft drei bis vier in einer einzigen Zelle zu finden sind. Die Kernteilung erfolgt durch Fragmentation. Man nimmt eine solche Zellvermehrung auch in den kurzen , gebogenen und verki'ümmten , aber nicht geschwollenen "Wurzeln der alterierten Pflanzen wahr. Die grofsen, deformierten Zell- kerne zeigen meist auch ganz unregelmäfsige und zu mehreren auftretende Nucleolen, welche durch Schwarzfärbung mit Osmiumsäure nicht selten Vakuolen erkennen lassen. Bei der Fragmentierung der Kerne erscheint meist einseitig vorher eine Falte, welche den Kern einzuschnüren sucht-, später bildet sich eine Plasmawand zwischen zwei Nucleolen; die beiden entstandenen Hälften blähen sich auf und suchen sich zu separieren, welche Trennung sich aber nicht immer wirklich vollzieht. Übrigens scheint es, dafs die Kernzerklüftung innerhalb einer dem ursprünglichen Kern angehörenden, schon vorhandenen Plasmahülle stattfindet, die erst später zerreifst. In dieser Vermehrung der Zellkerne und der Weichbastelemente kann man wohl eine Andeutung sehen , in welcher Weise eine dem Optimum näherstehende Erhöhung der Bodenwärme begünstigend wirkt. Es dürfte die Zellvermehrung und die Zuleitung des plastischen Materials beschleunigt werden. Den wohltätigen Einflufs erhöhter Bodenwärme nutzt die Gärtnerei bekanntlich in hohem Mafse durch die Mistbeetkästen aus. Aber gerade dort läfst sich auch die Be- obachtung machen , dai's manchen Pflanzen kühlerer Klimate eine zu ') CoHx's Beiträge zur Biologie der Pflanzen. Bd. II, S. 311. 2) Prillifax, Alterations produites dans les plantes par la culture daus un sei surchauffe. Ann. sc. nat. ser. VI Botanique t. X, p. Ml. ß4G II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. hohe Bodenwärme nicht zusagt; sie wachsen nicht schneller, sondern faulen leicht. Die Assimilationsenergie lälst nach, und der geschwächte Organismus wird jetzt von Spalt- und Mycelpilzen besiegt. "Wie sehr die Assimilation sinkt, wenn die Bodentemperatur zu hoch wird, zeigen die HELLRiEGEL'schen Versuche^). Vergleichende Kulturen in ausgeglühtem Quarzsande ergaben als Ernteresultat bei Roggen: bei 8« Itjo 15" 20^ 250 30« 40" C konst. Bodentemp. Frischgewicht 191,5 176,:? 259,4 456,6 376,0 408,0 240,1 Trockensubstanz 23,9 22,8 32,4 49,5 42,4 47,0 31,2 Weizen: Frischgewicht 98,6 130,8 241,0 260,5 342,0 402,2 296,0 Trockensubstanz 15,8 20,8 29,5 30,8 43,9 40,9 40,3 Gerste: Frischgewicht 151,9 156,0 383,4 408,5 435,2 365,0 230,5 Trockensubstanz 17,1 18,0 34,4 36,7 42,0 35,0 26,3 Die Resultate beziehen sich auf jugendliche Pflanzen und zeigen deutlich , wie von einer Optimaltemperatur fiir die Wurzeln aus nach einer oberen und unteren Grenze hin die Produktion abnimmt. Gleich- zeitig geben die Zahlen aber auch einen Aufschlufs über die Ver- schiedenartigkeit des Wärmebedürfnisses der verschiedenen Getreicle- arten. Die höchste Bodentemperatur (wenigstens in der Jugend) be- ansprucht sonach der Weizen. Die energischste Assimilationstätigkeit entwickelte der Weizen bei 30 ° C Bodenwärme, während Roggen sich bei 20 •'i Gerste bei 25 " C am besten entwickelten. Auch in diesem jugendlichen, der Akkomodation zugänglichsten Lebensalter zeigten die Pflanzen deutlich den störenden Einflufs zu hoher Bodenwärme. Abgesehen von einer Verzögerung der Keimung zeigte sich im Habitus der Pflänzchen ein wesentlicher Unterschied darin, dafs dieselben bei hohen Temperaturen in Stengeln und Blättern dünn und schmächtig wurden, während bei niederer Bodenwärme die Exemplare kurz, dick und fleischiger erschienen. Die Versuche von v. Bialoblocki ^) ergaben dieselben Resultate und zeigten auch namhafte Unterschiede in der Ausbildung des Wurzel- apparates. Die Gerstenpflanzen, welche konstant bei 10° C Boden- wärme wachsen mufsten, hatten ihre Wurzeln aus wenigen grofsen, auffallend starken, schön weifsen Ästen erster und zweiter Ordnung- gebildet, von denen die letzteren ungewöhnlich kurz und mit kleinen, warzenförmigen Erhöhungen (Zweiganlagen dritter Ordnung) bedeckt waren. Die in einem Boden von 30 ° konstanter Temperatur stehenden Individuen hatten fadendünne, aufserordentlich reichlich verzweigte und zu einem dichten Nest verfilzte, braune Wurzelfasern getrieben. Bei 40" C war der Charakter des Wurzelballens derselbe, aber die Aus- dehnung desselben überhaupt ungemein gering; es war ein kleiner Filz in den oberen Bodenlagen gebildet worden. Auch ToLSKY^) fand bei Hafer die Entwicklung der einzelnen Wurzeln *) Beitr. zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Ackerbaues. Braun- schweig 1883. Vieweg & Sohn. 2) Landwirtschaftliche Versuchsstationen 1871, Bd. XIII, S. 424. 3) .Journ. f. experim. Landwirtschaft 1901, S. 730. Wärineüberschufs. (347 bei niederer Temperatur stärker, und neuerdings bestätigt Kossowitsch ^) diese Resultate. Die Schnelligkeit des Eindringens der Haferwurzeln in den Boden wird dabei verlangsamt. Eine Bodenschicht von ungefähr oO cm wurde bei erhöhter Temperatur 14 Tage nach der Aussaat, bei niedrigen Wärmegraden erst nach 8'» Tagen durchdrungen. Auch bei anderen Versuchspflanzen (Senf, Lein) war das Gewicht der lufttrockenen Wurzeln bei niedriger Bodentemperatur am höchsten. Die Verdunstungsgrölse der in derartigen Verhältnissen erzogenen Pflanzen war geringer als bei den Exemplaren von gleicher Entwicklung, die bei normaler oder erhöhter Temperatur erwachsen waren. Fehlschlagen der Ananas. Der Umstand, dals die in Europa in Glashäusern kultivierten Ananas durch das gröfsere Aroma die importierten Früchte übertreffen, erhält die Kultur in vornehmen Privatgärtnereien in einzelnen Gegenden (z. B. Schlesien) noch in namhafter Ausdehnung. Die gröfste Gefahi' bei dieser Kultur liegt in dem ., Durchtreiben", d. h. dem fortgesetzten Blattwachstum zu einer Zeit, in der die Pflanze in eine Ruheperiode treten muls, um einen Fruchtstand anzulegen. Die Ursache liegt in der unzeitigen Wärme- und Wasserzufuhr während der Ruheperiode der Pflanze , die drei Jahre zu ihrer Entwicklung braucht. Nachdem die Pflanzen aus den Sprossen (Kindel) früherer Fruchtpflanzen auf Warmbeeten zwei Jahre hindurch herangezogen worden sind, werden sie im Herbst des dritten Jahres in eigens für die Ananastreiberei er- baute flache Glashäuser dicht unter der Glasfläche in Beete gepflanzt, die durch Kanalheizung eine hohe Bodentomperatur erhalten. Wenn die Pflanzen bei einer Temperatur, die etwa 25—27" C betragen soll, gut angewurzelt sind, mufs nunmehr die Wärme um mindestens 10 bis 12*^ C ermäfsigt werden und eine starke Trockenperiode eintreten. Erst wenn die Pflanzen dadurch zu vollständiger Ruhe gezwungen worden sind, darf im Februar das Antreiben beginnen, indem man so- fort die früheren Wärmegrade im Boden wieder einwirken läfst und bald darauf die Erde stark mit warmem Wasser begiefst. Wenn nach vier bis sechs Wochen die Blätter der Pflanzen sich auszubreiten be- ginnen und im Herzen sich färben, darf man schliefsen, dafs der Frucht- stand durchbricht. Aus Besorgnis, dafs die Temporaturerniedrigung der Ananas schaden könne , werden vielfach Feuchtigkeit und Wärme nicht genügend herabgedrückt, und die Folge ist ein Fortwachsen der Pflanzen unter ausschliefslicher Blattproduktion. Nach den Mitteilungen von Coüsixs-) zeigen sich bei der Kultur der Ananas in den Tropen dieselben Erscheinungen. Das Glasigwerden von Orchideen. Kurz erwähnt mögen hier zwei Fälle Averden, in denen Pflanzen von Oncidium fast nur junge Triebe von glasig-durchscheinender Be- schafl'enheit entwickelten. Wenige Tage nach Erscheinen der glasigen Stellen an der Basis der Bulben fielen die Triebe um und verjauchten. Da Parasiten in den Anfangsstadien der Erkrankung nicht gefunden ^) Kossowitsch, P., Die Entwickelung der Wurzeln in Abhängigkeit von der Bodentemperatur in der ersten Wachstumsperiode der Pflanzen. .Journ. f. experim. Landw. 1903: cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1904, S. 451. -) Revue cult. colon. 1902, No. 92. 648 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. werden konnten und die Schlankheit der älteren Triebe auf grofse Wärme und Feuchtigkeit hindeutete, so wurden die Pflanzen ohne jegliche weitere Behandlung in ein kühleres , helleres Gewächshaus gebracht. Nach einigen Wochen war die Erscheinung verschwunden. Fehlschlage bei der Blumenzwiebeltreiberei. Nach sehr heifsen Sommern klagen in manchen Jahren die Gärtner, dafs , entgegen allen Erwartungen , die Blumenzwiebeln sich schlecht treiben lassen, dafs bei Anwendung der üblichen Wärmegrade die Blumen sich niu' ungenügend aus der Zwiebel hervorschieben und letztere zu faulen beginnt. Dieselben Zwiebeln später als gewöhnlich zur Treiberei aufgesetzt und bei geringerer Wärme kultiviert, geben aber vollkommene Blumen. Aus den mir bekannt gewordenen Einzelfällen habe ich folgende Anschauung gewonnen. Wenn eine heifse Witterungsperiode bereits im Frühsommer eintritt, wo die Blumenzwiebelfelder mitten in der kräftigsten Entwicklung sich befinden , wh'd das Laub durch die Hitze vorzeitig abgetötet und die Zwiebel notreif. Unter diesen Umständen scheint das Material, das später bei der Treiberei die stärkelösenden Enzyme liefern soll, in ungenügender Menge gebildet zu werden. Wenn nun bei der Treiberei der Zwiebeln im Winter die übliche hohe Temperatur zur üblichen Zeit zur Anwendung gebracht wird, so ist bei diesen not- reifen Zwiebeln der Wärmereiz zu grofs , da sie diesmal langsameres, allmählicheres Antreiben bei geringeren Wärmegraden verlangen. Wird diese Forderung nicht berücksichtigt, so findet das Reservematerial nicht die normale Verwendung zur Ernährung des Blütenschaftes, und die Zwiebeln faulen. Ein anderer Fall, bei welchem ebenfalls die gewohnte Treibmethode dadiu'ch versagt, dafs die sonst üblichen und bewährt befundenen Temperaturen sich als zu hoch erweisen, besteht in dem „Umfallen der Tulpen". Bei bestimmten frühen Sorten (rosablühenden) wurde beobachtet, dafs die Blütenschäfte vor der Entfaltung der Blume um- knickten. Unterhalb des Knotens, aus dem bei diesen Sorten (mehrere Zentimeter über dem Zwiebelhalse) die Blätter entspringen, zeigte sich eine glasige, 1 — 2 cm lange Stelle, die durch ihr allmähliches Ein- schrumpfen das Umknicken veranlafste. Die Untersuchung ergab reichliche Stärkefüllung des gesamten Zwiebelkörpers bei ungewöhnlicher Menge von Peroxydasen. Bei der Treiberei erwies sich aber, dafs bei der hohen Wärmesteigerung die Stärke nur ungenügend gelöst, also zu wenig Baumaterial den auf- geschossenen oberirdischen Teilen zugeführt wurde. Das inhaltsarme Markgewebe des Schaftes war bei der schnellen Streckung an den glasigen Stellen zerrissen, und somit hatte der Schaft seine Steifung verloren. — Zwiebeln derselben Sendung, welche einige Wochen später, also der natürlichen Entwicklungszeit näher, unter denselben Wärme- graden zum Treiben aufgestellt wurden, entfalteten sich normal. Man sieht also, wie je nach der Witterung des Vorjahres und der Beschaffen- heit der Zwiebeln dieselbe Treibhaustemperatiu^ einmal günstig, ein anderes Mal ungünstig wirken kann, und es empfiehlt sich, zu Anfang der Treibperiode zunächst kleinere Proben warm zu stellen. Bei Maiblumen äufsert sich derselbe Zustand ungewöhnlich reicher Stärkeschoppung bei unzulänglichem Vorrat an stärkelösenden Enzymen in mangelhafter Entfaltung der Blütentrauben. Es entwickeln sich zu- Lichtmangel. (349 nächst mir einzelne der untersten Blumen der Blütentraube, und erst wenn diese verblülit sind, entfalten sich die oberen Glocken. Dadurch werden die getriebenen Maiblumen als Marktpilanzen unverkäuflich. Für derartige Fälle empfiehlt sich das von dem Garteninspektor Webek')- Spindlersfeld angewendete Verfahren, die Maiblumenkeime vor dem Einpflanzen mit Wasser von 35" R zu begiefsen. Jedenfalls wird da- durch die Lösung der Reservestoffe beschleunigt. Man ersieht aus diesen Beispielen, dals zum Gelingen der Treiberei der ruhende Pflanzenteil einen bestimmten Reifezustand erreicht haben mufs, der durch einen him^eichenden Vorrat von stärkelösenden Enzymen sich kennzeichnet. Saatgut, das durch Selbsterhitzung gelitten hat. Ohne auf die Streitfrage einzugehen, ob die Selbsterhitzung von unreif oder feucht auf Lager gebrachten Samen durch Oxydasewirkung oder durch Miki^oorganismen . wie bei dem Heu^), oder dm^ch beide Vorgänge zugleich erfolgt, betrachten wir hier imr den Gebrauchswert des erhitzten Saatgutes. "Wir erwähnen als Beispiel eine Beobachtung von BoLLEY^), der sowohl bei dem im Schober (stach burned) als auch im Samenhaufen (bin burned) überhitzten Weizen fand, dals der Embryo gebräunt oder gänzlich abgestorben war. Entwickeln sich die Körner überhaupt, so pflegen die Blattspitzen abzusterben und die Wurzeln ohne Haarbekleidung zu sein. l)ie geschädigten Körner haben ihre helle Farbe verloren und erscheinen bleich oder schon gebräunt. Die Samenschale ist blafs und runzelig. Der Geschmack der Körner ist in der Regel süfslich : die Keimkraft , selbst bei den gut aussehenden, geschwächt. Die Schädigung der Keimki-aft findet um so schneller statt, je weniger ausgereift die Samen eingebracht werden , oder je weniger Luftzug an den Aufbewahrungsorten herrscht, der den Wasserdampf entfernen könnte. Nach den Versuchen von Jodin-*) erweist sich die Anwendung eines austrocknenden Mttels (gebrannter Kalk) als vorteilhaft. Dreizehntes Kapitel. Lichtmangel. Das Verspillern. Die Krankheit, welche durch mangelhafte Beleuchtung oder gänzliches Fehlen des Lichtes hervorgerufen whd, heifst das Verspillern (etiole- ment). Die einzelnen Stengelglieder der Mehrzahl der grünen Pflanzen werden ungemein lang und schwach. Die Blätter werden je nach der Pflanzenart, der sie angehören, entweder ebenso wie die Stengelinter- nodien sehr lang, schmal und schlaff (Mehrzahl der Monocotyledonen), ') „Gartenflora-;., Berlin liiüT, Heft 2, S. ^C. 2) MiEHK, H., Über die Selbsterhitzung des Heues. Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. Heft 111, 19U5, S. 76. ») Boi.i.Ev, H. L., Conditions affecting the value of wheat for seed. Agnc. Exp. stat. North Dakota; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1«94, S._22. ^ •♦) Jüdin, V., Sur la resistance des graines aux temperatures elevees. Compt. rend. 1899 cit. Bot. Jahresber. 19U0, II, S. 420. (J50 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. oder aber bilden sich überhaupt imr sehr wenig aus und bleiben ihr ganzes Leben hindurch in einem ähnlichen Zustande , wie sie in der Knospe gewesen (die meisten Dicotyledonen). Mit der Gestaltsänderung ist eine Verbleichung der gTünen Pflanzen- teile, also verhinderte Ausbildung oder Zerfall vorhandener Chloroplasten verbunden. Ausnahmen finden wir nur bei den Gymnospermen, von denen die Mehrzahl auiserordentlich wenig empfindlich gegen Lichtentziehung ist. Allerdings erfolgt nach Buri-iekstkin ^ ) die Absorption des Endosperms langsamer, die epinastische Ausbreitung der Cotylen träger und unvoll- kommener als im Lichte, aber — mit Ausnahme von Gingko biloba und Ephcdra — ergrünen die Keimlinge doch. Cycas und Zamm dagegen können auch bei günstiger Temperatur kein Chlorophyll in völliger Dunkelheit bilden. Unter den Coniferen sind die Larixarten die licht- bedürftigsten, da sie nur schwach bei Lichtabschlufs ergrünen, während dies vollständig bei den Cupressineen eintritt. Die verschiedenartige Ausbildung der Blätter von verspillerten Pflanzen wird erklärt durch den Umstand , dafs das Blatt sich selbst gTolsenteils ernähren mufs und dafs das Cellulosematerial, welches es zur Neubildung und Ausbildung der Blattzellen braucht, sich nur durch die Einwirkung des Lichtes an Ort und Stelle bilden kann. "Wenn die Ernährung unterbleibt, so werden sich die in der Knospe angelegten Blattzellen durch Wasseraufnahme strecken und das Blatt wird sich dadurch etwas vergröfsern können; aber jedes weitere Wachstum, das auf Zell Vermehrung beruht, wird unmöglich sein. Je mehr ein Blatt bei seiner späteren Vergröfserung am Licht auf die Zellvermehrung angewiesen ist, um so kleiner wird es bei Lichtabschlufs bleiben. Es wird sich ferner um so weniger entwickeln, je weniger Zellen ursprünglich als Blattanlage an der Stengelspitze sich bilden; ein stengelumfassendes Blatt wird sich darum mehr entwickeln können als ein quirlständiges, weil bei der Anlage des ersteren der ganze Stengelumfang tätig ist, bei Anlage des zweiten sich die Zellen in gleicher Stammhöhe auf so viel Blätter verteilen müssen, als der Quirl solche zählt. Ein weiterer Punkt, der auf die Ausbildung des Blattes auch im Finstern von Einflufs sein mufs, ist die Entfernung der Blattanlage von der Reservestofifquelle. Die erst entstehenden, einem Reservestoftbehälter zunächst liegenden schöpfen reichlicher aus dem Vorrat, werden daher gröfser als die später am verspillerten Stengel höher hinauf entstehenden Blätter. Es wird somit die Entwicklung des verspillerten Blattes von der indivi- duellen Anlage und von dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Nähr- material abhängig sein. Die Anlage der Monocotyledonenblätter erfolgt in der Mehrzahl der Fälle als stengelumfassender Wulst unter dem Vegetationskegel und zwar dort, wo Reservestoffbehälter vorhanden sind , in unmittel- barer Nähe dieser Behälter, aus denen das gelöste Baumaterial nur kurze Wege durch die verkürzte Achse zu machen hat (Gräser). Nach den Erörterungen über die Verspillerungserscheinungen des Blattes bleibt die ungewöhnliche Streckung der etiolierten Stengelgiieder zu erklären. Wir folgen hierin den Angaben von Kraus ^). In der Regel sind die verspillerten Stengel dünner als normale, was von einer ') BuRGERSTEix, A., Ühei* das Verhalten der Gymnospermen-Keimlinge im Lichte imd im Dunkeln. .Tnst's bot. Jahresb. 1900, II, S. 2.50. ^j Kraus, C, Über die Ursachen d. Form verändervm gen etiolierender Pflanzen. Pringsheim's Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. VII, Heft 1 u. 2, S. 209 ff . Lichtmangel. (551 geringeren Anzahl von Zellen herrührt, mid dicvse mangelnde Tätigkeit im Cambium des Stengels wird ihre Erklärung in der Annahme finden, dal's die vom Blatt erarbeiteten Nahrungsstotfe, die dnrch den Blatt- stiel in den Stengel eintreten, in radialer Richtung zunächst teilweis weiterwandern und das Cambium des Stengelinternodiums ernähren helfen. Fehlt diese Nahrungsquelle, d. h. ist das im Finsteru schuppen- förmig bleibende Blatt nicht im stände, Material für die Zollvermehrung zu schaffen, so bleibt das Stengelglied ohne wesentlich neue Zeli- bildung. Aber auch die Verdickung der Zellwandungen wird unter- bleiben. Im normalen Stengel verdicken sich die Parenchymzellen der Rinde und die Prosenchymzellen des Holzes während ihrer Längs- streckung. Die Markzellen fangen aber erst an, sich zu verdicken, wenn ihre Streckung nahezu beendet ist, also am spätesten, da sie von dem aus dem Blatt in radialer Richtung nach dem Stamminnern wandernden Cellulosemicell erst dann erreicht werden, wenn dasselbe nicht mehr zur Verdickung der Holz- und Rindenzellen verbraucht wird. Im verspillerten Stengel ist aus Nahrungsmangel die Verdickung der Zellen nur angedeutet, so dafs sie oft bei Zellen, welche zwischen den einzelnen Gefäfsbündeln liegen und sich im normalen Zustande zu Holzzellen ausbilden, fast fehlt: daher findet man ni etiolierten Pflanzen häufig nicht einmal einen geschlossenen Holzring. Was solchen Zellen an Verdickung abgeht, ersetzen sie durch grüfsere Länge, welche die der normalen Zelle um das Zwei- bis V^ielfache übersteigt. Diese Überverlängening findet ihre Erklärung in den modifizierten Spannungs- vorhältnissen der Stengelglieder. AVcnn man von einem noch fortwachsenden Stengelgliedo den Rinden körper ablöst, verkürzt sich derselbe ; der isolierte Markkörper dagegen verlängert sich bedeutend. Man sieht daraus , dafs im Stengel das Mark eigentlich der streckende Faktor ist, während das übrige Gewebe den zvu'ückhaltenden Faktor darstellt. Nur wenn der Stengel noch ganz jung ist, kann das Mark sein Ausdehnungsstreben befriedigen, weil die umgebenden Gewebe noch dünnwandig und sehr leicht dehnbar sind, also der Zugkraft, welche das Mark ausübt, leichter passiv folgen können. Allmählich aber erlischt die Dehnbarkeit der äufseren Gewebe gänz- lich, und das längere Mark wird jetzt durch die nunmehr, dickwandigen Rinden- und Holzelemcnte zurückgehalten. Im letzteren Entwicklungs- stadium, kurz bevor das Stengelglied zu wachsen aufhört, gleicht sich der Unterschied in den Geweben wieder aus; denn nun wachsen die Markzellen mehr in die Breite als in die Länge infolge des zurückziehenden Ein- llusses der Rindenschichten, und in dieser Form werden die Markzellen stabil, da nun ihre Wandung die porösen Vcrdickungsschichten erhält. Je länger also die Rindenelemente dehnbar bleiben, um so länger kann das Mark seinem Streben nach Verlängerung folgen und die übrigen Gewebe mit sich in die Höhe ziehen. Die verspillernden Pflanzen haben vielfach Älmlichkeit mit jugend- lichen Organen, und man kann den Zustand des Verspillems bis zu einem gewissen Grade als permanente Kindheitsform bezeichnen. Nach der Besprechung der gestaltlichen Veränderungen haben wir noch einiger stofflicher Vorgänge zu gedenken. Wir erwähnen zunächst die Untersuchungen von E. Schulze und N. Castoro ^) bei Liipinus albus. ') E. ScHULZK u. N. Castoho, Beiträge zur Kenntnis der Zusammensetzung und des Stoffwechsels der Keimpflanzen. Zeitschr. f. phys. Chemie Bd. XXXVIII; cit Botan. Centralbl. 1904, Nr. 47. S. 540. (352 !!• Schädliche atmosphärische Einflüsse. In verspillerten Keimlingen nimmt der Gehalt an Proteinstoflen be- ständig ab, der Gehalt an Asparagin zu; Tyrosin und Leucin nehmen ab. Allerdings bewahren auch die am Licht erwachsenen Keimpflanzen lange einen hohen Asparagingehalt, enthalten aber sehr wenig Amino- säuren. • Die Versuche von Palladin \) lassen erkennen, dafs der verminderte Transpirationsstrom bei etiolierten Pflanzen eine zu geringe Aufnahme von Mineralbestandteilen, namentlich Kalk, veranlalst. Der Mangel an Kalksalzen läfst aber selbst bei eiweiisreichen Blättern keine weitere Entwicklung zu. Dafs im Dunkeln erwachsene Pflanzen weniger widerstandsfähig gegen atmosphärische Einflüsse sind, hat Wiesner ^) durch mehrfache Versuche gezeigt. Er fand beispielsweise , dafs im Lichte erzogene Keimlinge der Einwirkung des Regens und überhaupt des Wassers gegen- über viel resistenter sind als die im Dunkeln entwickelten Keimlinge. Wie diese stofl'lichen Verschiedenheiten zum Ausdruck beim Wachs- tum kommen , zeigen die Beobachtungen von Maige ^ ) an ÄmpeJopsis und GJecJionia. Diffuses Licht befördert die Bildung der Laubtriebe und kann sogar die Umbildung einer Infloreszenzknospe in einen kletternden Zweig veranlassen. Direktes Sonnenlicht bewirkt das Gegenteil. Besonders wichtig für die Pathologie und namentlich den von uns vertretenen Standpunkt, dafs eine ganze Reihe von Ki'ankheiten durch Verschiebung der enzymatischen Funktionen zustande kommt, sind die Untersuchungen von Green*). Derselbe bestätigt die Beobachtungen von Brown und Morris, dafs nach einer Periode heller Beleuchtung der Vorrat an Diastase in den Laubblättern vermindert wird. Besonders sind es die ultravioletten und anstofsenden sichtbaren Strahlen, die eine solche Enzymverminderung hervorrufen. Eine solche Enzym- zerstörung durch das Licht ist mit der bekannten Bakterienabtötung durch Licht zu vergleichen. Die Beschattung. Im wirtschaftlichen Leben sind die Schäden , die durch direktes Verspillern hervorgerufen werden, viel seltener und daher bedeutungs- loser als die minder hochgradigen Vorkommnisse, die durch ungenügende Lichtzufuhr, also zu starke Beschattung entstehen und in einer Verminderung der Produktion an nutzbarer Substanz sich geltend machen. Über den Lichtentzug , den verschiedene Bäume ausüben, haben Stebler und Volkart ^) Messungen vorgenommen. Sie fanden bei bedecktem Himmel eine Lichtverminderung bei der Kiefer um 50 %, bei der Birke 50, bei der Kirsche 78, bei Eiche, Birne und Apfel 82, bei der Buche sogar um 95 "/o. M Pai.i.aüin, W., Eiweifsgehalt der grünen und etiolierten Blätter. Ber. d Deutsch. Bot. Ges. Bd. IX, S. 194. — Ergrünen und Wachstum der etiolierten Blätter. Ibid. S. 2?9. 2) Wiesner, J., Der Lichtgenufs der Pflanzen. Leipzig 1907, W. Engelmann. S. 260. ^) Maige, Influence de la lumiere etc. Compt. rend. 1898, p. 420; cit. Bot. Jahresber. 1898, I, S. 587. *) GuEEN, J. Reynolds, On the action of light on diastase. Phil. Trans, of the R. Sog. of London. Ser. B., vol. 188; cit. Bot. Jahresber. 1897, I, S. 89. °) SrEHi.EK, F. G., u. VoT.KAHT, A., Der Einflufs der Beschattung auf den Rasen. Landwirtsch. .lahrbücher d. Schweiz. Bern 1904; cit. Bot. Centralbl. 1906, Bd. 101, S. 60. Lichtmangel. (553 Da jede Pflanze ilir bestimmtes Lichtbedürfnis hat, so kommen auch Fälle vor, bei denen die Kultur Lichtüberschuls bietet, während der natürliche Standort nur gedämpftes Licht den Pflanzen zuteil werden läfst. Dieser Fall zeigt sich bei vielen unserer Hopfenfelder und bei manchen unserer Erdbeerkulturen ^j. In solchen Fällen bewirkt der Schatten eine Produktionssteigerung, aber in der Mehrzahl der Fälle drückt er die Menge der Trockensubstanz herab und schwächt die Färbung von Blatt und Blütenorganen. Für unsere Kolonialkulturen dürfte die Beschattungsfrage eine besondere Wichtigkeit erlangen. Auf Java sowohl wie in unseren ostafrikanischen Kolonien leiden nämlicli häufig die Kafleekulturen, und Zimmermann 2) schiebt dies auf einen Mangel an Schattenbäumen, welche verhindern, dafs die Kaffeebäume sich übertragen, was z. B. in Usambara schon grol'sen Schaden angerichtet hat. Es ist wahrscheinlich, dafs aufser Windschutz und Herabminderung der Temperatur namentlich eine geringere Lichtstärke dem Gedeihen des Kaftees förderlich ist. Die verminderte Ernte bei unseren lichtbedürftigen Kulturen unter dem Einflufs des Baumschattens beruht nicht nur auf der be- schränkten Lichtzufuhr, sondern auch auf geringerer Bodenerwärmung. Wie grofs die Unterschiede sein können, zeigen Versuche von E. v. Oven*"), der innerhalb von 10 Augusttagen morgens \) Uhr im freibesonnten Boden im Durchschnitt -f 22,2(5" C, daneben unter einem Kirschbaume + 19,06" beobachtete. Bereits 1884 hatte Wollny-*) den Einflufs der Boden- beschattung durch die Unkräuter bei einem Kartoflelfelde gemessen und in einer Bodentiefe von 10 cm die Temperatur durchschnittlich um 2,(3 C geringer auf dem verunkrauteten Acker gefunden. Nächst der Temperatur spricht der Wassergehalt des Bodens mit. Wie sehr die Bodenfeuchtigkeit die Blattgröfse beeinfluist , zeigen die Messungen von GaiX'^), der. die Länge der Organe auf trockenem Stand- ort = 100 gesetzt, die Dimensionen auf feuchtem Boden bei Gerste = 240, bei Mohn = 550, bei Kartoffeln = 150 berechnete. AVenn die Pflanzen dauernd zu wenig Wasser haben, wird ihr Aus- leben verzögert und natürlich auch ihre Produktion wesentlich herab- gedrückt. Li dieser Beziehung sind die Versuche von Bimek") zu er- wähnen, der bei Kartofleln in einem Boden mit 40 bis 80 "0 der Wasser- kapazität die Reife der Stauden um 8 Tage, bei 80 bis lo^/o um 18 Tage sich verspäten sah gegenüber den Stauden mit reichlicher Boden- feuchtigkeit (80 "/o der AVasserkapazität). Bei demselben hohen Feuchtigkeitsgehalt des Bodens erntete Wollny bei Topfkulturen 80 g an Knollen, wähi^end er bei dem halben AVassergehalt der Erde nur 39 g und bei 20"o der Wasserkapazität nur 19,5 g an Knollengewicht erhielt. Bei der Kultur krautartiger Pflanzen mit flach streichenden Wurzeln wird der Ertrag durch die tiefer liegenden Baum würz ein merklich 1) Taylok, O. M., u. Ci.AUK, V. A., An experiment in shading strawberries. New York Agric. Exp. stat. Geneva Bull. 246, 1904. ^) ZiMMKHMANx, A. , Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze von Fr. Wuiiltmanx usw. Berichte über Land- u. Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. Bd. L Heft 5, 1903. ^) V. OvK.N, Über den Einflufs des Baumschattens auf den Ertrag der Kartoffel- pflanze. Naturw. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtschaft 19o4, S. 469. *) WoLi.Nv, Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphvsik Bd. VII, S. 349. ß) Bot. Centralbl, Beihefte, Bd. IV, S. 418. «) BiMER in Biedermann's Centralbl. 1881, S. 154. (554 ^^- '*?chüdliche atmosphärische Einflüsse. gesclimälert. Bei den v. OvEN'selien Versuchen betrug der Wasser- gehalt unter einem Kirschbaum 20,24" u, in der unbeschatteten Nachbar- schaft aber 21,78 "/o. Durch das Unkraut wurde einem KartoÖ'elfelde (nach WoLLNY) 2,80 "/o Wasser mehr entzogen als durch die Kartoffeln allein. Den Einfluls des Schattens auf die Pflanze selbst schildert a. Oven nach eignen und anderen Beobachtungen, Die Stengelglieder werden länger, die Blätter schmäler, das Ausreifen wird verlangsamt. Epi- dermis , Gefäfsbündelscheide, die Wandungen der Ringgefäi'se und des Markparenchyms sind weniger verdickt und die Verholzung geringer. Die Ursache der verlängerten Vegetationszeit der Schattenpflanzen mufs in der geringeren Intensität des Stoffwechsels gesucht werden, die sich durch die schwächere Atmung kund gibt. Da unseren Versuchen nach, unter sonst gleichen Verhältnissen die Gröfse der Assimilations- tätigkeit die Höhe der Transjjü^ation bestimmt, so erklärt sich auch die wesentlich geringere Verdunstung und daher ein höherer Wasser- gehalt der Schattenpflanzen. Von den zahlreichen Untersuchungen, welche eine Depression der Ernte durch die Beschattung feststellen, und die v. Oven aufser seinen eigenen anführt , interessiert die von Weiske an einem Weizenfelde. Die Pflanzen, die einen grofsen Teil des Tages durch Obstbäume be- schattet waren, zeigten einen um 30 "/o verminderten Körnerertrag und eine um 32 "/o geringere Strohmenge gegenüber den unbeschatteten Pflanzen desselben Feldes, Besonders bemerkenswert sind die Ergebnisse, die Pagnoul^) er- zielte. Er fand bei Versuchen mit Zuckerrüben einen starken Rück- gang des Zuckergehaltes unter Anwachsen der Blattmenge pro Gramm Rübenkörper und bei Kartoffeln einen geringeren Knollenertrag mit be- deutendem Rückgang an Trockensubstanz. Aufserdem aber wies er nach , dafs der Nitratgehalt in den unter geschwärztem Glase kulti- vierten Rüben und Kartoffeln in Blättern und Wurzeln mehr wie zehn- mal so grofs als bei den in freier Besonnung erwachsenen Pflanzen war. Die phj^siologische Arbeit wurde also im Schatten geändert , in- dem die Salpeter sauren Salze nicht genügend verarbeitet w u r den. Einige der v, OvEK'schen Versuche beschäftigten sich auch mit der Messung der Lichtstärke, die nach Durchgang der Sonnenstrahlen unter einer Baumkrone noch vorhanden war. Es stellte sich nach der Bunsen- RoscOE'schen Methode heraus , dafs das Verhältnis des vollen Tages- lichtes zur Lichtmenge unter den Obstbäumen etwa wie 1 : 0,3 sich er- wies. Der Schatten der Apfelbäume setzte die Lichtintensität durch- schnittlich von 1 auf 0,234. der Schatten der Birnbäume von 1 auf 0,233, derjenige der Kirschbäume von 1 auf 0,345 herab. Für den praktischen Betrieb dürfte aus den vorliegenden Beob- achtungen sich die Lehre ziehen lassen, dafs der so vielseitig emp- fohlene gemischte Anbau von Obstbäumen zwischen Feldkulturen für die nördlichen Gegenden unrentabel ist. Für südliche Länder, bei denen ein Licht- und Wärmeüberschufs zeitweise die Kulturen schädigt, wird die Methode vorteilhaft sein. Bestätigt sehen wir diese Ansicht dadurch , dafs Italien seine Felder mit Streifen von Maulbeer- und ') Annales agrouoniiques Bd. VII, 1S91 (cit. v. Ovk.n). Lichtm;uii;-el. 055 Ölbäumen sowie mit Weinstocken durchzieht. Nach Lixsbaueh^) beruht die Kultur des Weinstocks in Italien (Pergolaform) und in den öster- reichischen Ländern (niedrige Pfahltbrm) auf der Anpassung an die Lichtverhältnisse. In den südlichen Gegenden gestattet die längere Öonnenscheindauer die schattige Kulturmethode in Lauben , während die nördlicheren Länder bei kürzerer Zeit des Sonnenscheins denselben mehr ausnutzen müssen. Über die Struktur der Schattenblätter liegen die bekannten Studien von Stahl vor, von denen wir nach FfL\NK-ScHWAHZ Abbildungen von Buchenblättern wiedergeben. Li Fig. 152 sehen wir ein in der Sonnen- beleuchttmg gewachsenes, in Fig. 153 ein im Halbschatten, in Fig. 154 ein in sehr starkem Schatten erwachsenes Buchenblatt. Wir erkennen da- raus, wie das Blatt an Masse mit der mangelnden Beleuchtung abnimmt. Fig. 152. Querschnitt durch ein in der Sonne erwachsenes Buchenblatt. (Nach SlAHI..) Fig. 153. Querschnitt durch ein Buchenblatt aus halbschattiger Lage. (Nach Staui..) Fig. 154. Querschnitt durch ein Buchenblatt von sehr schattigem Staudort. (Nach SiAiii..) //// Palisadenijarencliyni, seh Schwaiiiinparencliyni. Die Palisadenzellen (y;j>) werden in weniger charakteristischer Weise ausgebildet, das Schwammparenchym (seh})) wird wesentlich reduziert und die Gefäfsbündelstränge werden schwächer. Der geringeren Blatt- entwicklung entspriclit eine schwächlichere Knospe. Die Ausbildung des Gewebes , namentlich die Differenzierung in den parenchymatischen Gewebeformen-), hängt von der Belichtungs- intensität im Frühjalu- ab. Hesselmann^) fand, dafs Pflanzen, die ihre Entwicklung bei einem stets herabgesetzten, jedoch nicht besonders ') WiEsxKK, Lichtgenufs der Pflanzen. 1907. -) Mac Dor(;At., D. F., The influence of Light and Darkness etc.; cit. Bot. Centralbl. 1903, Bd. XCII, S. 29(5. 3) Hessei.manx, H.. Zur Kenntnis des Pflanzenlebens .schwedischer Laubwiesen. Beih. Bot. Centralbl. Bd. 17, 19u4, S. 311. (556 II' 'Schädliche atmosphärische Einflüsse. niedrigen Lichtgenufs vollziehen, eine weit geringere Ausbildung des Assimilationsgewebes aufweisen , als solche Exemplare , welche im Frühling viel Licht genieisen, im Sommer aber stark beschattet sind. Bei gleicher Gröfse der Blattfläche transpirieren die Sonnenpilanzen mit ihrem ausgebildeten Palisadenparenchym bedeutend stärker als die Schattenpflanzen ^). Nach Ricöme^) sollen die Palisadenzellen höher, aber enger, die Gefälsbündel in den Blattstielen zahlreicher sein. Der- selbe Unterschied besteht zwischen Exemplaren im Freien und in Gewächshäusern ^j. Betreffs der Arbeitsleistung von Licht- und Schattenblättern ge- währen uns die Untersuchungen von Graf zu Leiningen'*) einen ge- nügenden Einblick. Er fand bei Buche auf dieselbe Blattfläche be- rechnet den Gehalt an Reinasche (mit Ausnahme der Kieselsäure) bei den Sonnenblättern bedeutend geringer als bei den Schattenblättern; ebenso verhielt sich der StickstoÖgehalt. Wir erklären uns den Sach- verhalt folgendermafsen. Der Wurzelapparat versorgt die Blattanlagen mit gleichen Mengen von Mineralstoffen. Es kommt nun darauf an, wie dieselben ausgenutzt werden. Je kräftiger eine Pflanze vegetiert, desto mehr organische Substanz produziert sie pro Gramm A s c h e n b e s t a n d t e i 1 e. Es wird also jedesmal auf eine geringere Assimilationstätigkeit geschlossen werden müssen, wenn die Analj^se einen in Beziehung zur Trockensubstanz hohen Aschen- gehalt nachweist. Im vorliegenden Falle ist die geringe Lichtmenge der die Produktion herabdrückende Faktor. Die Schattenempfindlichkeit ist für jede Pflanzenart allerdings auch an bestimmte Grenzwerte gebunden , aber diese Werte sind , wie bei allen Wachstumsfaktoren individuell bis zu einem gewissen Grade ver- schiebbar, so dafs es innerhalb derselben Spezies schattenempfindlichere Rassen gibt, bei denen, wie Nordhausen-'') meint, gewisse Reduktions- erscheinungen erblich werden. Jedes Blatt an einer Pflanze hat seine besondere Schattenempfindlich- keit je nach den Belichtmigsverhältnissen, unter denen es entstanden ist, und je nach seiner Stellung an der Achse. Am meisten spricht dabei die Beschattung mit, welche darüberstehende Blätter ausüben. Assimilations- und Atmungsgröfse sowie die Transpirationsgröfse werden dadurch bestimmt. Bei den Versuchen von Griffon'*) beispielsweise zeigte sich, dafs ein so dickes Blatt wie das von Prunus Lauroccrasus noch nicht imstande war, bei direktem Sonnenlichte die Kohlensäure- zersetzung eines Blattes von Lignstrwn ovalifolium gänzlich zu ver- hindern. Hinter zwei solchen Blättern dagegen fand nur noch Ent- ') Bkrgen, J., Transpiration of sun leaves and shade leaves of Olea europaea and other Orval-leaves everereens. Bot. Gaz. Bd. 38, 1904, S. 285. '■^) Rkömk, R., Action de la lumiere sur des p^antes etiolees. ßev. gen. de Bot. 1902, t. XIV, p. 26. ^) Kvsier's Referat über „Bedei.ian, Influence de la culture en serre etc." in Hollrung's Jahresber. über Leistungen auf d. Geb. der Pflanzenkrankh. Bd. VII, 1905, S. 7. (Weitere Notizen über Sonnen- und Schattenblätter s. Küster, E., Pathologische Pflanzenanatomie 1903, S. 24 usw.) ■*) Wilhelm Graf zu Leiningen, Licht- und Schattenblätter der Buche. Naturw. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtsch. 1905, III. Jahrg., Heft 5. ^) Nordhausen, M. , Über Sonnen- und Schattenblätter. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XXI, 1908, S. 80. ^) Griffun, Ed., L'assimilation chlorophyllienne dans la lumiere solaire, qui a traverse des feuilles. Compt. rend. CXXIX, Paris 1899, S. 1276. Lichtmangel. (357 Wicklung von Kohlensäure statt. Unter solchen Verhältnissen war also der Assimilationsprozels bereits derart herabgedrückt, dafs der Atraungs- prozel's ihn übertraf. Es kommt natürlich auch darauf an, wie die beschattenden Pflanzen- teile gefärbt sind, also welche Lichtfarben noch hindurchgehen können. Nach Teodoresco^) entwickeln sich die Blattgewebe am schlechtesten im grünen Licht ; im roten Licht zeigen sie bessere , im blauen aber die beste Ausbildung, also gröfste Streckung. Auch die Chlorophyll- kömer sind im grünen Licht kleiner, weniger zahlreich und nicht so regelmäfsig verteilt als im roten und blauen Licht. Entsprechend der Ausbildung der Chloroplasten erweist sich auch das Ai'beitsprodukt derselben bei den stärkst brechbaren Strahlen be- sonders günstig. Palladin^) setzte etiolierte Cotyledonen von Vicia auf Zuckerlösungen dem weifsen und farbigen Lichte aus und fand, dafs sowohl dia Assimilation des Zuckers als auch die Bildung aktiver Proteide durch die stärker brechbaren Lichtstrahlen am wirksamsten vor sich ging ; auch die Atmung war intensiver. Wenn das Blatt durch mangelhaften Lichtgenufs nicht mehr arbeiten kann, fällt es ab, wie bei Einwirkung aller anderen Faktoren, die seine Assimilationstätigkeit autheben ^). Daraus erklärt sich der regelmäfsige „ S o m m e r 1 a u b f a 1 1 " , der vom „ Hitzelaubfall" natürlich verschieden ist. WiESNEH*) erklärt den Sommerlaublall damit, „dafs das dem Sommer- beginn folgende Sinken der täglichen Lichtstärke ein Sinken des (ab- soluten) Lichtgenusses der betreftenden Pflanze unter das Minimum herbeiführt, wodurch alsbald ein Loslösen der Blätter herbeigeführt wird". Es ist selbstverständlich, dafs bei jeder Pflanze von der Ausgiebig- keit der Kolilenstoffassimilation die Menge der Blüten abhängig ist, also beschattete Exemplare weniger blühen. Ausschliefslich diffuses Licht verzögert die Blütezeit und kann die völlige Reife der Früchte verhindern, so dafs die Samen gänzlich atrophieren können-''). Es kommen nun auch Fälle vor. wo Pflanzen mit bisheriger reich- licher Assimilation vor iln:er Blütenbildung verdunkelt werden. Im Dunklen erscheinen die Blüten in der Regel später, ihre Farbe wird blasser, bisweilen weifs, ihre Gröfse und Substanzmenge geringer, die Blütenstiele nicht selten länger''). Wenn aber die Blätter im Licht vorweilen und nur die Blütenknospen tragenden Äste verdunkelt werden, dann entwickeln sich nach Kraus'') mit wenigen Ausnahmen die Blumen vollkommen. Wir haben bereits im vorhergehenden Abschnitt der Dünnwandig- keit der Zellelemente bei etiolierten Pflanzen gedacht. ') Ti;ui)()i!Ksiu, E., Influence des difl'erentes radiations etc.; cit. Bot. Jahresber. 27. Jahrg., 1901, Tl. II, S. i:i?.. -) P.\.Li.Ai)iN, W., Influence de la lumiere etc.; cit. Bot. Jahresber. Jahrg. 189'J, II, S. 184. ^) ViiCH rix«, H., Über die Abhängigkeit des Laubfalls von seiner Assimilations- tätigkeit. Bot. Zeit. 1891, Nr. 8 u. 9. ••) WiKsxKu, Jii.. , über Laubfall infolge Sinkens des absoluten Lichtgenusses (Sommerlaubfall). Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Jahrg. XXII, Heft I, 1904, S. 64. ^) P.\s.sKKi.\i, N., Sopra la vegetazione di alcune plante alla luce solare diretta e diffusa. S. Just's Jahresber. 1902, II, S. 62s. 6) Beul.vvguk, Einflufs der Dunkelheit [auf die Entwicklung der Blüten. Bieder- manns Centralbl. 1902, S. 102. ') Kr.vis, Über die Ursachen der Formveränderungen etiolierender Pflanzen. Pringsheim's Jahrb. f. Aviss. Bot, Bd. VII, S, 209. Sorauer, Handbuch. H. Aufl. Erster Band, 42 g58 II- Schädliche atmosi)härische Einflüsse. Das Lagern des Getreides. Halmsenkungen von längerer Dauer bewirken einen Rückgang in Quantität und Qualität der Ernte. Sie sind um so gefährlicher, je mein- die Biegung des Halmes in eine wirkliche Knickung übergeht. Man war früher geneigt, eine einzige Ursache des Lagenis anzunehmen, bis die späteren Beobachtungen feststellten, dafs sehr verschiedenartige Faktoren dabei zur Wirksamkeit kommen können , und je nach diesen Ursachen das Umlegen der Halme bald an der Basis im Erdboden oder dicht über demselben oder in einer höheren Halmregion erfolgt. So wissen wir jetzt, dafs vielfach Frostschäden Schwächungen des Halmes herbeiführen, die ohne oder (meistens) unter späterer Mitwirkung von Pilzen ein Umknicken einleiten. Ferner sind Insektenfrafs, Wind- bruch, Hagelschlag, lang andauernder Regen nicht selten Veranlassung zu einem direkten Umknicken der Halme. Während aber die Mehrzahl der genannten Faktoren ein gruppen- artiges Umlegen des Getreides veranlafst, so dafs dazwischen aufrecht- stehende Halme verbleiben, ist das eigentliche, vom Landwirt am meisten gefürchtete Lagern ein in zusammenhängenden Flächen auftretendes Umknicken infolge zu schwacher Ausbildung der Halmbasis. Dafs dasselbe durch Lichtmangel hervorgerufen wird, hat L. Koch ^) experimentell genau nachgewiesen, indem er künstlich die Erscheinungen des Lagerns dadurch zustande gebracht hat, dafs er die Halme be- schattete. Es werden dadurch die bereits früher von Gkonemeyer'^) ge- machten Angaben bestätigt. Die Schwäche des Halmes, die das Knicken bei dem Lagern bedingt, zeigt sich wesentlich in den unteren Stengel- gliedern, und besonders ist es das zweite Internodium (von der Halm- basis aus gerechnet), welches dem Einknicken am meisten unter- worfen ist. Das erste, unterste Stengelglied ist zwar ebenfalls schwach, aber in der Regel zu kurz : dagegen ist das zweite am meisten gestreckt und am wenigsten verdickt. Die Zellen dieses Internodiums zeigen beim Lagergetreide im Verhältnis zu den entsprechenden des normalen Stengels eine bedeutende Überverlängerung und mangelhafte Ver- dickung. Letztere ist besonders bei denjenigen Zellen in die Augen springend, welche am Halm den Raum zwischen Oberhaut und Gefäfs- bündelscheide einnehmen und im wesentlichen durch ihre Verdickung die Festigkeit des Halmes bedingen. Das Lagergetreide entsteht also, wenn bei dichtem Stand der Saaten eine genügende Beleuchtung der unteren Internodien unterbleibt. Die zu starke Beschattung wirkt auch in ganz frühen Entwicklungsstadien der PHanze schon nachteilig durch Überverlängerung der Zellen und geringe Verdickung der Wandungen, was, wie gesagt, vorzugsweise im zweiten Internodium von unten stattfindet. Diese Übelstände werden an derjenigen Stelle des Internodiums um so stärker auftreten, wo die Blattscheide den Halm am dichtesten umschliefst; dies findet in der Nähe der Basis des Stengelgliedes statt, und hier zeigen sich denn auch die Verspillerungserscheinungen am klarsten und intensivsten. Früher wurde als Grund für das Lagern des Getreides Mangel an Kieselsäure angenommen; dies ist jetzt als irrig zu erklären, da sich bei *) Ludwk; Koch, Abnorme Änderungen wachsender Pflanzenorgane durch Beschattung. -) Güo.NKMKVKit in Agronom. Zeit. 1867, Nr. 34. Lichtmauü-el. ()5!> den Wasserkulturen der Getreideptlanzen herausstellte, dals die Kiesel- säure in minimalen Mengen genügt, eine normale Pflanze zu erzeugen, und da die Analysen von gelagertem Getreide gegenüber einem nicht gelagerten wenig Unterschied im Kieselsäiu-egehalt gezeigt haben. Auch in den normalen Pflanzen sind, wie Pierke am Weizen, Arendt an der Haferpflanze nachgewiesen haben, die untersten Internodien des Halmes am ärmsten an Kieselsäure, von welcher überhaupt das gröiste Quantum in den Blättern sich vorfindet. Dieselben können 7 — 18 mal reicher an Kieselsäure sein wie die unteren Stengelgiieder. In Verbindung mit dem Lichtmangel steht der zweite als Grund des Lagerns angegebene Punkt, dals die Krankheit auf zu reiche Stickstofizufuhr im Boden zurückzuführen sei. Allerdings kann diese eine Veranlassung abgeben, insofern dadurch eine zu üppige Entwicklung des Blattapparates hervorgerufen und die Beschattung wesentlich ver mehrt wird: eine ebensolche Veranlassung wird aber überhaupt jeder Umstand geben, der zu dichten Stand der Saaten bedingt, also z. B. zu starke Aussaat, reiche Wasserzufuhr usw. AVie sehr die Ausbiklung der Frucht sich durch verschiedene Stick- stofldüngung ändern und die Pflanze zum Lagern geneigt gemacht werden kann, erfahren wir aus den Untersuchungen von RrrTHAUSE>{. und PoTT^). Während die Körner des Sommerweizens bei reicher Stick - stoflzufuhr zwar gut ausgebildet , aber klein , hart und glasig wie das Saatgut sich zeigten, erwiesen sich die Samen der nicht mit Stickstott' gedüngten Parzellen gröfser, halbmehlig und hellfarbig. Die Pflanzen der Stickstoftparzellen lagerten nach wenigen starken Regengüssen. Krehsler und Kern bestätigen die obigen Angaben^). In der reinen Phosphorsäuredüngung dürften wir ein Mittel haben, die Gefahren einer zu hohen Stickstoflzufuhr zu mildern. Wenigstens ergaben die bei Weizen und Gerste von vorgenannten Autoren erhaltenen Resultate, dals eine Düngung mit Phosphorsäure allein (Bakerg-uano mit 18,97 ^'/o löslicher P2O5) eine Depression des Stickstofl'gehalts der Körner zur Folge hatte. Aber abgesehen von der Zusammensetzung der Körner, die durch erhöhte Stickstoflzufuhr geändert wird, mufs doch auch die Gesamt- menge der Ernte in Betracht gezogen werden, welche bei zu üppigem und dadurch zu dichtem und dunklem Stande der Pflanzen nicht wenig leidet. Versuche , welche sich an die im praktischen Betriebe vor- kommenden Verhältnisse am meisten anlehnen, indem sie den Einflufs seitlicher Beschattung dartun. sind von Fittbooen^) ausgeführt worden. Derselbe beschattete Gerstenpflanzen unter sonst vollkommen gleichen Ernährungsverhältnissen durch einen um dieselben angebrachten Zylinder von nebeneinander befestigten Roggenhalmen, der in dem Mafse in die Höhe geschoben wurde , als die an der Spitze immer beleuchtete Ver- suchsptlanze selbst sich verlängerte. Die Pflanzen hatten also Licht zur Produktion, aber doch nicht genügend : sie brachten daher nur etwa 2/3 von der Trockensubstanzmenge der allseitig beleuchteten Pflanzen hervor, trotz ilu-es 4 — G Wochen längeren Wachstums , das sie bis zur völligen Reife brauchten. Die Trockensubstanz war aber auch noch viel ungünstiger auf die einzelnen Eniteprodukte verteilt. Während ^) Landwirtscli. Versucb.sstationeu 1878, S. o84. 2) Centralbl. f. Agrikulturchemie 1876, I, S. 401. ^) Vortrag aus dem Klul) der Landwü'te am 14. Dez. 1875. 42* ^(30 JI Schädliche atmosphärische Einflüsse. nämlicli unter normaler Beleuclitung bei der kleinen Gerste von der Gesamttrockensubstanz 47 "/o auf die Körner nnd 53 "/o auf Stroh und Spreu kamen, wurden bei den beschatteten Pflanzen auf 61 Gewichts- teile Stroh und Spreu nur 39 "/o Körner geerntet, die auch qualitativ ge- ringer waren. Betreffs des Wasserverbrauchs ergab sich, dafs die seit- lich beschatteten Pflanzen trotz ihrer mindestens (3 Wochen längeren Vegetationszeit innerhalb der heifsesten Monate Juli und August doch nur etwa Vjo mehr Wasser verbraucht hatten; in derselben Zeiteinheit also verdunsteten sie absolut bedeutend weniger als die normal beleuchteten Exemplare, entsprechend der geringeren Produktion an Trockensubstanz. Relativ dagegen ward die Pflanze viel Wasser ver- dunstet haben-, so sehen wir denn bei den beschatteten Pflanzen über 500 g Wasser pro Gramm Trockensubstanz verbraucht, während die normal beleuchteten Exemplare nur etwas über 300 g auf _ dieselbe Trockensubstanzmenge ausgehaucht haben. Also auch bei diesem Vegetationsfaktor sehen wir denselben Einflufs auf die Transpiration wie bei den anderen (Bodenlösung, Kohlensäuregehalt der Luft usw.). Eine unterhalb des Optimums beharrende Zufuhr eines Vegetationsfaktors erhöht den relativen Wasserverbrauch pro Gramm produzierter Trockensubstanz. Der durch Lager hervorgerufene Schaden wird in vielen Fällen bei Getreide dadurch vermindert, dafs dasselbe die Fähigkeit besitzt, sich wieder aufzurichten. Der Vorgang des Aufrichtens beruht in der Fähigkeit der Halmknoten, noch zu einer Zeit Wachstumserscheinungen zu zeigen, in der die Zwischenglieder bereits verholzt sind. Nach der Erklärung von de Vries M erfolgt dadurch, dafs der Halm mit seinen Knoten nun zur Horizontalen geneigt ist, auf der der Erde zugewendeten Hälfte des die Biegung ausführenden Knotens durch den Einflufs der Schwer- kraft eine Neubildung von osmotisch wirksamen Stoffen in den Parenchym-^ Zellen, Diese ziehen Wasser an, dehnen sich mehr aus und heben auf diese Weise das über dem Knoten sitzende Halmglied. Wir möchten aber auf Grund der Forschungen von G. Kraus ^) annehmen, dafs nicht eine gröfsere Neubildung von osmotisch wirk- samen Stoffen (Säuren), sondern ein längeres Verbleiben derselben auf der konvexen Seite infolge verminderter Verbrennung der organischen Säm-en zu Kohlensäure erfolgt. Wenigstens konstatiert Krals bei Ein- tritt geotropischer und heliotropischer Krümmungen auf der konvexen Seite ebensoviel Säure wie auf der konkaven. Das einzige, wirklich erfolgreiche Vorbeugungsmittel liegt in dünnerer Saat, deren Quantum nach der Bodenbeschaflenheit aber modifiziert werden mufs. Auf sandigem Boden ward dichter gesät werden müssen als auf lehmigem, und bei magerer Düngung dichter als bei reichlicher Stickstoffzufuhr. Vor allem nützlich w4rd sich das Drillen erweisen, weil dadurch ein möglichst lockerer Stand der Pflanzen erzielt wird. Wenn aber die Aussaat bereits geschehen ist und ein dichter Pflanzenbestand, üppige Entwicklung und feuchte Witterung ein späteres Lagern befürchten lassen , dann mufs man , durch scharfes Eggen, Walzen oder vorsichtiges Abweiden und Schröpfen einen Teil des 1) DE Vries, Über die Aufrichtung des gelagerten Getreides. Landwirtschaftl. Jahrbücher von Thiel, IX, 1880, Heft 3. 2j Sitzungsber. d. naturf. Ges. zu Halle 1880; cit. Bot. Centralbl. 1882, I, S. 107. Lichtmaugel. 661 Blattapparates zu entfernen suchen, um dem Lichte möglichst genügenden Zutritt zu verschaflen. Betrefis der Kulturmaisnahmen müssen wii- auf die soeben er- schienene , höchst eingehende , auf experimentelle Studien gestützte Arbeit von C. Kraus M verweisen, weil nach den hier erwähnten ver- schiedenen Ursachen des Lagerns auch die Verhütungsmafsregeln mannigfaltig sein müssen. Im Prinzip handelt es sich nicht allein darum, kräftige, gegen Gleichgewichtsstörungen möglichst widerstandsfähige Pflanzen zu züchten, sondern auch dafür Sorge zu tragen, dai's die ober- und unterirdisch mechanisch gut ausgebildeten Pflanzen inner- halb der Erde durch einen zweckmäisig entwickelten Wm'zelapparat ihre unentbehrliche Stützung finden. Nach diesen beiden Richtungen hin wii'd jetzt auch die Zucht auslese betrieben. Selbst das Wetter bei der Saatzeit wirkt schon bestimmend für die Lage des die Ver- ankerung der Pflanze im Boden vorzugsweise regelnden Bestockiuigs- knotens mit. Nach Schellenbekg^) liegen die Bestockuiigsknoten höher, wenn die Saat bei trübem Wetter sich entwickelt ; es ist daher vorteil- hafter (auch für die Überwinterung), wenn die Saat bei hellem Wetter aufgeht. Bei an und für sich zum Lagern geneigten , schwachstengeligen Pflanzen tritt bisweilen neben dem Lagern ein Faulen der dem Licht gänzlich entzogenen Partien auf, was besonders verlustbringend bei dem Lagern der Futterwicken ist. Als Vorbeugungsmittel wird angeraten, etwas Pferdezahnmais mit auszusäen, an dessen Stengeln sich die Wicken hinaufwinden können und dessen Blätter ein gutes Futter darbieten. Gegen das Lagern der Erbsen, Wicken u. dergl. wird auch emp- fohlen, Leindotter {Camdina satkui) etwa 0 1 pro Hektar zwischen- zusäen. Diese ganz frostharte Pflanze wird ungefähr gleichzeitig mit den Erbsen reif, und die Körner lassen sich leicht dm'ch Siebe von den Erbsen trennen, während das in der Regel dazwischen gebaute Getreide (Sommerroggen, Hafer) viel schwieriger auszuscheiden ist und den Boden für die folgende Winterfrucht mehr aussaugt. Auch hier, wie bei dem Getreide, richtet die Züchtung jetzt ihr Augeimierk auf die Lagerfestigkeit. Sehr vorteilhaft erweisen sich nach dieser Richtung die von der Deutschen Landwirtschafts- Gesellschaft herausgegebenen Flugblätter^), welche die neusten Ergebnisse von Anbauversuchen mit den einzelnen Sorten unserer Kulturpflanzen ent- halten. Lichtmangel als Krankheitsdisposition. Wenn es sich um die Einwanderung von Parasiten handelt, so wird der mechanische Widerstand der Membran bei den verspillerten Pflanzen ein geringer sein. Es werden aber auch alle atmosphärischen Einflüsse leichter und deren Schwankungen unmittelbarer zum plasma- tischen Zellleibe gelangen und dessen Funktionen stören können, selbst wenn eine verspillerte Pflanze ganz in derselben Weise und mit der- selben Energie wie eine genügend beleuchtete arbeiten würde. Letzteres ist nun aber keineswegs der Fall. ') Kraus, C, Die Lagerung der Getreide. Stuttgart 1908, Eugen Ulmer. 2) ScHELi.EXBEuo, H. C, I^ntersuchimgeu über die Lage des Bestockungsknotens beim Getreide. Forsch, auf d Gebiete d. Landwirtsch. Frauenfeld 1902. ») Mitteil, der Saatzuchtstelle über wichtige Sortenversuche 1905—1907 u.sw (3(32 J^J- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Die erste Andeutung für eine Veränderung der Funktionen finden wir schon in einer AVanderung der Chlorophyllkörper an die Seiten- wände bei Verdunklung. Gleichzeitig leitet sich auch eine andere be- deutungsvolle Änderung, nämlich das Schliei'sen der Spalt- öffnungen, ein. Diese schon früher bei vollkommener Dunkelheit beobachtete Erscheinung stellt sich aber nach Schwendener ^ ) auch schon bei plötzlicher Abnahme der Beleuchtungsintensität ein. Und das ist nicht etwa eine Folge der mit der Lichtabnahme verbundenen Wärme- erniedrigung; denn eine Temperaturerhöhung innerhalb der gewöhnlichen Schwankungen bewirkt kein Offnen dieser Apparate. Dafs eine längere Unterdrückung oder doch Herabminderung des Gasaustausches Ver- änderungen des Zellinhaltes durch Sauerstoffmangel, also z. B. Neigung zur Alkoholbildung, herbeiführen kann, ist naheliegend. Diese Störungen werden um so leichter eintreten, je intensiver die Wachstumsfähigkeit und je gröfser das Durchlüftungsbedürfnis ist. Also gerade junge Organe werden dies empfinden, während alte, mehrjährige Blätter mit ihrem geringeren Lichtbedarf länger eine Beschränkung im Gasaustausch er- tragen. Dies deutet die Natur auch schon durch die mit zunehmendem Alter gesteigerte Wandverdickung der Schliefszellen an , welche nach Schwendener bisweilen so stark ist. dafs ein Öfihen der Spaltöffnungen überhaupt nicht mehr möglich ist. Betreffs der geringeren Transpiration fand ich bei jungen, auf ihre Cotyledonen angewiesenen Keimpflanzen von Phascohis den Unterschied zwischen etiolierten und normalen Pflanzen derart, dafs erstere pro Quadratzentimeter Blattfläche 0,21 g, letztere 0,29 g im Diu-chschnitt in derselben Zeiteinheit verdimsteten^). Parallel mit der Verdunstung geht unter sonst gleichen Verhältnissen die Produktion von Trocken- substanz einer Pflanze. Die Untersuchung ergab, dafs nicht ntu' die absolute Produktion der jungen Pflanzen eine wesentlich energischere am Lichte war, sondern dafs auch der Quadratzentimeter Blattfläche substanz- reicher sich aufbaute. Ähnlich Avie Lichtentziehung durch Verdunklung, wirkt auch Lichtschwächung durch Anwendung von gefärbten Medien, welche die Lichtstrahlen passieren müssen. Ln gelben Lichte sind Assimilation und Transpiration energischer als im blauen Lichte : wenigstens spricht die Mehrzahl der Versuche dafür ^). Die Produktionsenergie und auch der Produktionsmodus der Pflanzen ändern sich mit der Lichtabnahme, und diese Veränderung äufsert sich nicht blofs in der gestaltlichen, sondern auch in der stoff- lichen Zusammensetzung. Der bekamite Versuch, beleuchtete Blätter durch eine Schablone zu bedecken, die irgendeine etwas grofsflächige Figur zeigt, diese Blätter nach einigen Tagen durch Alkohol zu entgrünen und dann mit Jodlösung zu begiefsen, ist das einfachste Beispiel für die Veranschau- lichung der Lichtarbeit. Man sieht dann die beleuchtet gebliebenen Blattstellen blau durch die gefärbte Stärke, die im Lichte gebildet worden ist. Dieser Versuch ist auch insofern von Literesse, als er zeigt, wie örtlich beschränkt zunächst die Beleuchtung wirkt. Nur der ') ScHWENDKNKu, Über Bau und Mechanik der Spaltöffnungen. Monatsber. d. Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin, Juli 1881 : cit. Bot. Zeit. 1882, S. 2M. ■'') SoRAiEii, Studien über Verdunstung. Aus Wollny's „Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphy.sik". Bd. I, Heft 4/5, S. 116. ^) Vergl. Hei.i.riegei,^ Beiträge S. 878. — Nobbe, Versuchsstationen XXVI, S. 354. — Fi.AHAn.T, Bot. Centralbl. 1880, S. 932. — Deheraix, Bot. Zeit. 1873, 8. 494. Lichtmangel. 6(53 belenclitet gewesene Teil hat Stärke gebildet, und auf die verdunkelte Umgebung ist keine Stärke übergegangen. Man sieht daraus, dais g-rüne Pflanzenteile sich ihr Baumaterial der Hauptsache nach selbst erarbeiten müssen, wenn sie dauernd bestehen sollen. Dafs aus Knollen und Samen die mobilisierten Reservestotie bis auf eine gewisse Länge in die jungen , gänzlich verdunkelten Triebe wandern , ist früher bereits erwähnt worden. Bei zu langem Wege gehen schliefslich aber doch die Triebe zugrunde, weil sie verhungern-, sie veratmen mehr, als sie Atmungsmaterial in Form von Zucker und dergl. zugeführt erhalten. Dais die Stärke bei ihrer Auflösung in Zucker übergeht und dieser teils zum Aufbau , teils zur Unterhaltung der Atmung Verwendung findet, lehren beispielsweise einige Versuche von Müller-Thurgau ^). Weinblätter, welche 2"/o Zucker und ebensoviel Stärke enthielten, wurden abgeschnitten und mit dem Stiel in Wasser gesetzt ; das Gefäfs kam in einen Raum von 0 ". Nach 9 Tagen war die Stärke bis auf Spuren verschwunden. Da die Atmung des Wein- stocks jedoch bei 0" eine sehr geringe ist, so konnte der durch Lösmig der Stärke in der Dunkelheit entstandene Zucker nicht veratmet werden und mufste sich demgemäfs im Blatte anhäufen. Tatsächlich stellte die Untersuchung nun 4 "^ o Zucker in den Blättern fest. Somit wird die Verdunklung die Zuckerbildung in den Organen gegenüber der Stärkebildung in den Vordergrund treten lassen. Wenn, wie dies bei dem Wachstum der Pflanzen im Freien häufig der Fall ist, mit der Lichtabnahme gleichzeitig eine wesentliche Temperatur- abnahme stattfindet, so bedeutet dies eine Stauung von Zucker in den assimilierenden Geweben. Jeder, der sich mit Kultur von Pilzen in Nährlösungen beschäftigt hat, weifs aber auch, wie günstig gerade eine Zuckerzufuhr auf die Ent- wicklimg mancher pai'asitischer Pilze wirkt. Trübe, kühle Tage werden also nicht nur die Assimilations- arbeit der grünen Pflanzenteile schwächen, sondern gleichzeitig durch Herabdrücken des Atmungsprozesses eine Zuckeranhäu- fung in den Blattzellen herbeiführen und somit die Her- stellung eines günstigeren Mutterbodens für Parasiten ermöglichen. Auch der Säuregehalt der Pflanzenteile ist bei Verdunklung ein wesentlich anderer als bei zusagender Beleuchtung des Organs. Die Beobachtimg ist schon alt, dafs manche Pflanzen (Crassulaceen) in der Nacht sauer schmecken^), während dies am Tage nicht bemerk- bar ist^). Bei verspillerten Pflanzen konnte Wiesner erkennen, dafs die Blätter vieler monocotyler Oewächse äufserst reich an organi- schen Säuren seien ^), und später machte de Vries die Beobachtung'^), dafs auch die Stengel etiolierter Dicotvlen stark sauer sind Bei Be- ') Müi.i.KR-TiuiuiAr, über den Einfluf.s der Belaubung auf das Reifen der Trauben. Weinbaukongrefs zu Dürkheim a. d. H. 1882. 2) Hf.vm; und Link in Jahrbuch der Gewächskunde von Sprengel, Schrader und Link, 1819, S. 70 u. 7:1 •') Ad. Maykk, Über Sauerstoff au.sscheidung usw. Verhandl. d. Heidelberger naturf. Gesellsch. 4. '8. 1875. — Landwirtsch. Versuchsstat. 1875, Bd XVIII, S. 410, Bd. XXI, S. 277. ■») WiESNKR, Sitzungsber. d. K. K. Akad. d. Wissensch. I, April ls74, Bd. 09; cit. Bot. Zeit. 1874, S. 116 ^) DE Vries, Über die Bedeutung der Pflanzensäuren für den Turgor der Zellen. Bot. Zeit. 1879, S. 852. — Über die periodische Säurebildung der Fettpflanzen. Bot. Zeit. 1884, Nr. 22 u. 28. ßß4 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. leuchtung verschwindet der reiche Säuregehalt, was wenigstens speziell für die Crassnlaceen nachgewiesen worden, bei denen in der Nacht von DE Vries nur dann eine reiche Säurebildung konstatiert werden konnte, wenn am Tage reichliche Beleuchtung der Pflanzen stattgefunden hatte. "War die Lichtzufuhr am Tage nur auf einige Stunden beschränkt, so war auch der Säuregehalt in der Nacht entsprechend niedriger. Steigerung der Wärme steigert auch die Säurezersetzung im Dunkeln. Kühlere Nächte führen zur Säurespeicherung. Direkt nachgewiesen wird dies durch die Versuche von de Yries ^). Es geht aus dem mit jedem folgenden Tage der Verdunklung sich steigernden Geringerwerden des Säureverlustes aber auch hervor, dafs das Verschwinden der Säure an den Von'at des im Lichte erarbeitet gewesenen Materials zur Säurebildung gebunden ist. Die Pflanzen produzieren also fortwährend Säuren und zwar um so energischer, je wachstumskräftiger ihre Organe sich erweisen. Bei Beleuchtung werden die Säuren in dem Mafse, wie sie entstehen, ver- brannt ; im Finstern speichern sich die Säuren, und verspillerte Pflanzen sind darum relativ säurereich. Die Unterdrückung der Inflorescenzen vermehrt den Gehalt an flüchtigen Säuren in den Blättern. Auch der Säuregehalt in den Wurzeln ist grofsen Schwankungen unterworfen und soll nach Charabot-) bei Pflanzen, die im Schatten kultiviert werden, sogar gröfser als in den Blättern sein. Im allgemeinen ist er in etiolierten Pflanzen gröfser. Diese Anhäufung von Säure kann an und für sich schon solchen Pilzen, die Säuren zersetzen, die Möglichkeit der Ansiedlung und üppigen Entwicklung bieten; es kann aber auch noch eine übermäfsige Turgescenz- steigerung des Gewebes hinzukommen, da nach de Vries die Pflanzen- säuren es vorzugsv/eise sind, welche die Turgorki'aft der Zelle bedingen. Wie sehr der Säuregehalt manchmal mafsgebend sein kann, be- weisen die Untersuchmigen von Viala und Pacottet^) über den JBJacl- Hot (Guignardia l^idwelUi). Die Impfversuche ergaben nur Erfolg bei jungen Beeren, solange der Säuregehalt den Zuckergehalt überwiegt. Nicht blofs der Gehalt an organischen Säuren steigert sich, sondern auch das indifferente Aschenmaterial wird durch veränderte Nährstoff- aufnahme ein anderes. Dies geht aus den Versuchen von Andre ^) hervor, der etiolierte Pflanzen durch erhöhte Temperatur (30 '^) zu be- sonderer Tätigkeit anregen wollte. Er fand aber nur eine aufserordent- liche Steigerung der Kieselsäureaufnahme unter Ausschlufs anderer Mineralbestandteile. Im engsten Zusammenhange mit den geschilderten Vorgängen der Bildung und Verbrennung der Kohlenhydrate steht auch die E i w e i f s - Zersetzung und -rückbildung in der Pflanzenzelle ^). Bei der Keimung und bei dem Austreiben der Knospen an Zweigen, Wurzeln und Knollen sehen wir die Produkte des Eiweifszerfalles. 1) Bot. Zeit. 1884, S. 340. ^) Charahot, E., et Hkukht, A., Recherches sur l'acidite vegetale. Compt. rend. 1904, CXXXVTII, p. 1714. ^) ViAi,A, P., et Pacottkt, f., Sur le developpement du Black Rot. Compt. rend. 1904, CXXXIX, p. 152. *) AxDRK, G., Wirkung der Temperatur auf die Absorption der Mineralstoffe bei etiolierten Pflanzen. Compt. rend. 1902; cit. Biedermann's Centralbl. f. Agri- kulturchemie 1908, Heft. 2. 5) Pfeffkh in Jahrb. f. wissensch. Bot. 1872, Bd. 8, S. £48. — Tagebl. d. Naturf - Vers. z. "Wiesbaden. Lichtmangel. (3(35 welche denen der künstlichen Eiweifszersetzung gleich sind, also Asjjaragm, Glutamin, Lencin, Tyrosin in gi'ölster Menge auftreten. Nach Bohodjn's Untersuchungen ^) treten diese Amidoverbindungen nun um so reich- licher auf, je weniger stickstofffreie Bestandteile ( namentlich wohl Trauben- zucker) vorhanden, welche zur Rückbildung von Eiweifs verwendet werden können. Da nun bei verspillerten ebenso wie bei beleuchteten, aber in kolilen- säurefreier Luft erzogenen Pflanzen die Neuproduktion von Kohlen- hydraten unterbleibt und dieselben durch Veratmung von Tag zu Tag mehr verbraucht werden, so wird nun eine Anhäufung des Asparagins stattfinden. Von neueren Beobachtern erwähnen wir Zaleski (s. folg. S.), der bei Keimlingspflanzen von AUium Cepa Vermehrung des Asparagins wahrnahm. Namentlich aber ist die schon erwähnte Arbeit von Schulze und Castoko-) zu beachten, aus der hervorgeht, dafs z. B. bei etiolierten Keimpflanzen von Lupinus cdhus der Gehalt an Proteinstoffen ab-, der Asparagingehalt aber beständig zunimmt. Tyrosin und Leucin nehmen ab. Tatsächlich fand E. Schulze mehr als die Hälfte des Gesamt- stickstoffs bei zwanzigtägigen, verspillerten Lupinenkeimlmgen in der Form von Asparagin wieder^). Wenn nun fortdauernd der N- freie Teil des Eiweifsmoleküls veratmet wird und keine neuen N- losen Bestandteile vorhanden sind , um normales Eiweiis im Protoplasma- körper aufzubauen, so wird der Zellenleib die tiefgehendsten Störungen erfahren: es ist wahrscheinlich, dafs ein weiterer Zerfall mm Fäidnis- erscheinungen einleitet, welche den üppigsten Nährboden für Parasiten und Saprophyten herstellen. Das Asparagin wird von Pilzen bei Gegen- wart von Zucker sehr- gut verarbeitet. Bei Keimimg von angefeuchtetem Kressesamen sah Vogkl*) im Dunkeln Schwefelwasserstoff' entstehen, während in den Parallelversuchen mit beleuchteten Flaschen das Blei- papier nahezu keine Veränderung zeigte. Bei den Blättern kann im Blattparenclnun ein anderer Vorgang herrschen als in den Blattnerven. Bei jungen Dahliapflanzen wies BüRODLv'^) in den Blattnerven und im Blattstiel Salpeter nach, in dem Blattparenchym aber groi'se Mengen von Tyrosin und keinen Salpeter. Es mag hier das Tyrosin kein Spaltungsprodukt, sondern ein synthetisches Produkt sein: denn wenn die jungen Triebe der Dahlia etiolieren, bildet sich kein Tyrosin, sondern Asparagin, das bei Wachstum unter Beleuchtung nicht zum Vorschein kommt. Bisweilen findet man allerdings noch eine Zunahme an Eiweifs- stoffen im Dunkeln, aber dann liegt die Ur.sache darin, dafs sehr reich- lich Kohlenhydrate in Reservestoft'behältern zunächst noch zur Ver- fügung stehen, wie z.B. hei AUium Ccpa von Iwanoff '^) angegeben wird. Sind Kohlenhydrate vorhanden, so können selbst Blätter im Dunkeln ') Bot. Zeit. 1878, S. 802 ff. -j StHii.zK, E., und C.AsroKi», N., Beiträge zur Kenntnis der Zusammensetzung u. des Stoffwechsels..der Keimpflanzen; cit. Bot. Centralbl. 1904, Bd. XCVI S. 540. ') Stiui.zK, E., Über den Eiweifsumsatz im Pflanzenorganismus. Landwirtsch. Jahrbücher 1880, S. 1- (50. *) VoGEi,, Ein auffälliger Unterschied zwischen Keimen am Tageslicht und im Dunkeln; cit. Bot. Jahresber. 1877. S. H75. 5) Sitzungsber. d Bot. Sekt Petersburg. Naturf. Ges. 1881: cit. Botan. Zeit. 1882, S. 589. •*) IwAxuFF, M., Versuche über die Frage, ob in den Pflanzen bei Lichtabschlufs Eiweifsstoffe sich bilden. Landw. Versuchsstationen 1901, S. 78. (3(3(3 II- Schädliche atmosphärische Einflüsse. den Nitratstickstoff in Eiweiisstiekstoff' umwandeln , wie Zaleski ^) bei Helianthusblättern fand, die in eine Nährlösung mit Nitraten und Zucker eingesetzt worden waren. Wir liaben hier einfach eine Summe von Tatsachen vorgeführt, welche die stofflichen Änderungen im Pflanzenleibe bei Lichtmangel dartun. Diese erklären zur Genüge die geringere AViderstandskraft der verdunkelten Pflanzenteile gegenüber atmosphärischen Einflüssen als auch parasitären Angriffen. Vierzelintes Kapitel. Licht übersch 11 fs. Nach den Erfahrimgen, die über den Einflui's der Wärme auf die einzelnen Vegetationsvorgänge in grofser Anzahl bereits vorliegen, ist von vornherein zu vermuten, dai's auch für die Lichtwirkung nicht nur eine Minimalgrenze vorhanden ist, sondern dafs auch ein bei jeder Pflanze für jeden Vorgang und für jede Kombination der Vegetationsfaktoren besonderer Beleuchtungsgrad existiert , der als der optimale bezeichnet werden kann und dessen Überschreitung einen Produktionsrückgang einleitet. Li der Tat ist bereits bei einer Anzahl von Pflanzen die Beobachtung gemacht worden, dafs, wenn das Licht über ein gewisses Mals hinaus gesteigert wird , die Assimilation, kenntlich diu-ch die Sauerstoffausscheidung, nicht mehr fortschreitet, sondern stehen bleibt^) oder sogar zurückgeht^). Vor- ausgesetzt ist dabei ein normaler Kohlensäuregehalt der Luft ; denn auch bei einem zu hohen Gehalt der Luft an diesem Bestandteil geht die Sauerstoffausscheidung zurück, wie schon Boussingault und nach ihm Pfeffer-*) dargetan haben. Ein optimaler Beleuchtungszustand macht sich im Aussehen der Pflanze kenntlich, indem dieselbe eine tiefgrüne Färbung erhält, welche sie bei gröfserer Steigerung der Lichtintensität über das Optimum hinaus verliert und dafür einen gelben Farbenton annimmt. Bekannt ist die Erscheinung, dafs die (kmkelgrünen Blätter der Kamelien nach dem Transport aus dem Glashause ins Freie an sonnigen Stellen Gelblaubigkeit zeigen. [Die Kamelie ist eine japanische Unterholzpflanze , die mit geringeren Lichtquantitäten schon zufrieden ist und bei den grellen Strahlen unserer Sommersonne mehr Chloro- phyll durch Oxydation verliert, als durch den Reduktionsprozefs ge- bildet wird. Die Zersetzung des Chlorophylls durch Sauerstoffaufnahme (die übrigens auch bei Gegenwart von Körpern , die leicht Sauerstoff aus der Luft aufnehmen und ozonisieren [Terpentinöl] im Dunkeln statt- findet) ist bekanntlich an bestimmte Strahlengattungen gebunden. Nach Wiesner zeigen die gelben und die beiderseits benachbarten grünen und orangen Strahlen die gröfste Energie in der Zerstörung des Chloro- phylls am Lichte. ') Zaleski, W, Die Bedingungen der Eiweifsbilduug in den Pflanzen. Charkow 1900 (russisch); cit. Bot. Centralbl. 1901, Bd. 87, S. 277. ") Rkixke, L. , Untersuchungen über die Einwirkungen des Lichtes auf die Sauerstoffausscheidung der Pflanzen. Bot. Zeit. 1888, Nr. 4'2ff. ") Famintzin, Effet de l'intensite de la lumiere etc. ; cit. Bot. Centralbl. 1880, S. 1460. *} Pfkffkr, Arbeiten d. Bot. Instituts zu Würzburg, herausgeg. v. Sachs. Heft I. Lichtüberschufs. (j(j7 Ein anderes Beispiel von Gelblaubigkeit bei hoher Liehtintensität bieten einzehie (j-elbbunte Coleus Varietäten , welche sich anfano-s grün entfaltende Blätter produzieren, die erst beim Älterwerden leuchtend gelbe Stellen annehmen. Ebenso werden manche gelbbunte Garten- varietäten von Gehölzen erst bei starker Belichtung leuchtend gelb: im Schatten bleiben sie grüner. Bei Tropenpflanzen beobachtete Ew.\ht') ein völliges Bleichen des Chlorophyllkorns infolge von Lichtüberschufs. Wenn der Liclit- reiz über das spezifische Optimum sich steigert, hält zunächst noch die optimale und maximale Gasentwicklung kurze Zeit an; aber dann tritt ein Ermüdungszustand ein ^). Dauert diese TTberreizung nicht zu lange, kann die Pflanze wieder iln^e normale Tätigkeit zurückerhalten. Die Überreizung kann auch schon bei unsern gewönlichen Lichtverhältnissen eintreten, wenn eine Pflanze ihrer Natur nach zu den Schatten- pflanzen gehört. Ein hübsches Beispiel dafür bringt Weiss ^) bei Pohj- podiion vulgare, einer ausgesprochenen Schattenpflanze gegenüber Oeno- tlicra hicmiis , die eine ausgeprägte Sonnenpflanze ist. Letztere jDro- duzierte bei günstiger Temperatur im direkten Sonnenlicht ungefähr dreimal so viel Kohlensäure als im diffusen Licht, während erstere im diffusen Licht energischer assimilierte. Für die Wurzeln, die an Dunkel- keit gewöhnt sind . wird dilfuses Tageslicht schon wachstumshemmend wirken können, wie dies Kny bei Lupinen, Saubohnen und Brunnen- kresse fand^). Dabei beobachtete er an Lupinen gewöhnlich eine Ver- minderung dos Dickenwachstums und eine Verzögerung in der Aus- bildung des Zentralzylinders, wenn das Längenwachstum sich steigerte. Eine sehr ausgesprochene Wachstumshemmung bei Anwendung von Röntgen- und Radiumstrahlen geht aus den Arbeiten von DixoN, DixoN and Wigham, Joseph und Prowazek. Max Koeknicke und von Hans Molisch hervor-^). Bei Erbsenwurzeln wurde eine abnorme Verdickung und eine runz- liclie Oberfläche beobachtet, die augenscheinlich auf innere Spannungs- diflerenzen zuritckzuführen sind. Es kommen Kontraktionen dadurch zustande, dafs die Zellen des inneren Rindenparenchyms ihren radialen Durchmesser vergröfsern, während sie in longitudinaler Richtung kürzer werden. Bei anderen Versuchen mit Wicken und Saubohnen sah man die Wurzeln sich braun färben und auch im Wachstum still stehen. Aber nach 8 — 10 Tagen wuchsen sie weiter, nachdem sie die äufserste Spitze in Form einer brainien Kappe abgestofsen und unmittelbar da- hinter eine neue Wurzelspitze gebildet hatten. Darauf entstanden nor- male Seitenwurzeln. An den chlorophyllführenden Organen sind die Wachstumshemmungen geringer •, es ist bei Keimpflanzen ein Stillstand in der Verlängerung, aber kein Absterben beobachtet worden; die Blätter wurden etwas kleiner als bei normalen Exemplaren. Heliotropische ^) EwART, A. J., The effects of tropical Insolation ; cit. Jusfs Jahresber. 1899, 1, S. 87. ^) Paxtaxki.i.i , Enhro, Abhänjj;igkeit der Sauerstoffausscheidung belichteter Pflanzen von äufseren Faktoren. Jahrb. f. wiss. Bot. 1903, Bd. XXXIV, S. 167. ^) Wki.ss, Fit., Sur le rapport entre rintensite lumlncuse et l'energie as.simi- latrice chez les plantes appartenant ä des types biologiques differentff. Compt. rend. Paris CXXXVIl... 1903, p. ^01. *) Kxv, L.. Über den Einflufs des Lichtes auf das Wachstum der Bodenwurzeln. Jahrb. f. wiss. Bot. 1902, Bd. 38, S. 421. ^) Skckt, Hans, Die Wirkung der Röntgen- und Radiumstrahlen auf die Pflanze. Sammelreferat. Xaturwiss. Wochenschrift 1906, Xr. 24. 668 ^I- Schädliche atmosphärische Einflüsse. Krümmungen konnte DixON ') bei jungen Kressenkeimlingen in 1 cm Entfernung von einer Glasröhre mit 5 g Radiumbromid nicht wahr- nehmen. Bei greller Sonnenbeleuchtung sehen wir die Pflanzenteile manch- mal nicht blofs vergilben, sondern auch sich bräunen und absterben^). Dafs dieses Absterben eine spezifische Lichtwirkung und nicht eine Folge zu grolser Temperaturerhöhung ist, geht daraus hervor, dafs Chloro- phyll unverändert^) bei Temperaturen von — 30 bis +100" bleibt und andrerseits, dafs die Zerstörung stattfindet bei Strahlen kürzerer Wellen- länge, welche auch auf die Wachstumsvorgänge und Protoplasma- bewegungen am meisten influieren. Die durch Kupferoxydammoniak gegangenen Strahlen eines kon- zentrierten Sonnenbildes töten manchmal schon nach wenigen Minuten, während dasselbe Lichtquantum nach dem Durchgange durch eine (nur das äufserste Rot durchlassende) Lösung von Jod in Schwefelkohlen- stoff kaum oder erst sehr spät eine Störung hervorbringt^). In diesem roten Lichte aber tritt gerade eine intensive Erwärmung hervor, in dem blauen nicht. Zu den auf Lichtüberschufs beruhenden Erscheinungen gehört auch die Entstehung der Schattenbilder, d. h. von intensiv grünen Zeichnungen beschattender Organe auf einer grell beleuchteten Blatt- fläclie. Es braucht hierbei keine Zerstörung des Chlorophyllapparates stattzufinden, sondern es vollzieht sich nur eine Veränderung der Lage der Chloroplasten. Die Beobachtungen von Böhm, Famintzin, Borodin, Stahl und Frank beweisen, dafs bei einer für das spezielle Bedürfnis einer Pflanze zu hohen Sonnenbeleuchtung eine Wanderung der Chlorophyllkörner von der der Oberfläche des Blattes parallelen Zellwand nach den recht- winklig dazu stehenden Wänden sich einstellt. Die Chloroplasten gehen von der Epistrophe in die Apostrophe über und bewirken da- durch die lichtere Färbung des zu stark besonnten Teiles. Eine weitere , leicht zu machende Beobachtung ist das Auftreten einer Rotfärbung bei zu starker Belichtung, wenn man grüne Blätter von Pflanzen mit roter Herbstfärbung, z. B, Süfskirschen mit der Unter- seite nach oben kehrt. Ebenso sieht man bei vielen Pflanzen, nament- lich solchen mit fleischigen Blättern, eine ausgeprägte Braunrotfärbung auftreten, wenn sie im Frühjahr aus den beschatteten Glashäusern an einen freien, sonnigen Standort gebracht werden. Molisch^) hat solche Fälle untersucht. Bei Aloe und Sdagindkt wies er nach, dafs nicht etwa Anthocyan in den Zellen ausgebildet wird, sondern dafs die Chloro- plasten selbst sich rot färben und bei Verdunkelung wieder grün werden. Bei Selaginellaarten wurden ebenfalls durch Carotin gefärbte , rote oder rotbraune Chromoplasten beobachtet, namentlich oberhalb einer Knickstelle. Der wirtschaftlich wichtigste, für die Hvgiene bedeutsamste Vor- ') DixuN, Hknhv, Eadiiiin and plants. Nature, London LXIX: cit. Jusfs Bot. Jahresber. 1908, II, S. 567. ■*) Böhm, Versuchsstationen 1877, S. 468. ') WiEsxKR, Die natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylls. Festschrift; cit. Bot. Jahresber. 1876, S. 728. *) PiuNGSHKiM, Jahrb. f. wiss Bot. 1879, Bd. 12, S. 336, ^) Moi.i.scn, H. , Über vorübergehende Eotfärbung der Chlorophyllkörner in Laubblättern. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1902, Bd. XX, S. 442. III. Enzymatische Krankheiten. (3(39 gang aber besteht in der zerstörenden Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Pilze und namentlich auf Bakterien. Pfeffer*) sagt: „es scheint, dais sämtliche pathogenen Bakterien durch eine genügende Insolation getötet werden." Dafs ähnlich dem Sonnenlichte auch das künstliche Licht wirkt, zeigen beispielsweise die Versuche von DixoN und Wigham^) mit Radiumstrahlen. Die mit BacüJus pyocyaneus, B. iijphosus^ B. prodigiosiis, und B. anthraa's angestellten Kulturen liefsen erkennen, dafs die /V- Strahlen des Radiumbromides eine deutliche AVachstumshemmung hervorriefen. Nachdem 5 mg Radiumbromid 4 Tage hindurch in der Entfernung von 4V2 mm auf die Bakterien eingewirkt hatten, war ihr Wachstum auf- gehoben, wenn sie auch noch nicht getötet waren. Dritter Abschnitt. Enzymatische Krankheiten. Füiifzelnites Kapitel. Verscliiebuugeii der eiizyiihi tischen Funktionen. Allgemeines. Die jetzigen Forschungen drängen zu der Anschauung, in der Mehrzahl der Stoffwechselvorgänge Enz3anwirkungen zu erblicken. Diese Enzyme möchten wir ihrer Tätigkeit nach in zwei Gruppen gliedern, die sich als aufbauende und abViauende bezeichnen lassen. Im Werdegang des pflanzlichen Organismus bemerken wir bei der Keimung, also bei der Vorbereitung zur vegetativen Entfaltung, das Vorherrschen der abbauenden Tätigkeit, indem die Reservestoffe gelöst und in meist labile, wanderungsfähige Stoffginippen übergeführt werden. Die Tätig- keit des vegetativen Apparates führt allmählich zum Niederschlage von Reservestoffen, und diese Tätigkeit sprechen wir als aufbauende an; diese läfst ihren Endpunkt in der Ausbildung des Samens erkennen. Daraus ergibt sich ein Antagonismus im Auftreten der haupt- sächlichsten Stoff'gi'uppen, der sich in der Weise präzisieren läfst, dafs bei reichem Stärkeniederschlag der Zuckergehalt sowie die Menge des Gerbstoffes und der organischen Säuren zurückgehen. Sind dagegen Zucker, Gerbstoffe und Säuren sehr reichlich vorhanden, bleibt der Stärkeniederschlag gering. Wenn der Stärkereichtum ein hoher ist, wird auch die Bildung der Eiweifsstoffe in der Zelle aus Asparagin oder anderen Stickstotfverbindungen eine reichliche sein. Bei dem Vorherrschen von Zucker und Säuren bleiben auch die Stickstoff- verbindungen in labiler Form , und ich möchte diesen Zustand eines Pflanzenteils als „Unreife" dem durch Reichtum an Reservematerial ausgezeichneten ..Reifezustand'" gegenüberstellen. Die einzelnen AVachstumsfaktoren beeinflussen nun beständig den Pflanzenleib und lassen bald diese, bald jene Gruppe von Enzymen ') Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., II. Teil, S. 319. -) Dixox, Hknuy, H., and WIgham, J., Action of Eadiuni on Bacteria. Natura, London LXIX: cit Jusfs Jahresber. 1903, II, S. 567. (370 m« Enzymatische Krankheiten. zur Vorherrschaft kommen. Es ist dabei nicht nötig , dal's Enzyme zerstört werden: sie können auch in ihrer AVirkung nur vorübergehend gehemmt werden. Ein Beispiel Hefert PüZZi-EscOT ^) bei Gelegenheit der Besprechung des Philothion. „Reduktasen", meint er, die bei den Pflanzen mit Lorvv's Katalase identisch, sind ebenso wie die Oxydasen überall verbreitet und wirken antagonistisch. De Rey-Pailhaüe hat gezeigt, dais Reduktasen schnell durch eine Oxydase bei Gegenwart von freiem Sauerstotf zerstört werden, und umgekelu-t weist nun Pozzi- EscOT nach, dafs unter bestimmten Umständen bei grolsem Überschul's an Reduktase eine Oxydase in ihrer Wirkung ,,paralisiert" ^yerden kann. So kann in vorübergehenden Schwankungen des Zellinhalts eine Reduktase die Oxydase augenbUcklich unwirksam machen und umgekehrt. Die wichtigste Rolle der Reduktasen erblickt Pozzi-EscoT in ihrer Wü^ksamkeit auf Hg Oo sowohl in den Prozessen der Respiration als auch bei der Photosynthese. In anderen Fällen treten Antifermente auf, wie beispielsweise Czapek ^) gefunden hat. Er sah eine Hemmung in der Weiteroxydation der aus dem Tyrosin stammenden Homogentisinsäure in geotropisch oder heliotropisch gereizten Organen durch Auftreten eines Anti- fermentes. Im allgemeinen erkennen wir aus den Ergebnissen der Kultur und einzelnen experimentellen Forschungen, dafs Licht und Wärme die aufbauende Tätigkeit, also den Niederschlag fester Reservestoffgruppen begünstigen, während Dunkelheit und Kälte die kolloidalen Zustände im Zellenleibe erhalten oder vermehren. Bei normalem Witterungsverlauf liegen tatsächlich die Perioden des vorherrschend kolloidalen Zustandes des Zellinhalts , der die ab- bauende Tätigkeit charakterisiert, in der kälteren Jahreszeit ; wir finden die Keimungsvorgänge namentlich im Herbst und Frühjahr, dagegen die aufbauende Wirksamkeit, also den Niederschlag der Reservestoöe, im Sommer. Die notwendige, regelmäfsige Folge dieser Perioden hängt aber nicht nur von der Witterung ab, sondern auch von allen Ernährungsfaktoren, wie z. B. der Wasserzufuhr, der Menge und Beschaftenheit des Nährstoff- materials und aufserdem von den verschiedenartigen Kultureingriffen, wie z. B. dem künstlichen Beschneiden. Betreffs des letzteren Punktes bietet eine Anzahl von Krankheiten uns Beispiele, wie durch die plötzliche Entfernung einer gröfseren Menge von Gliedern des Pflanzen- leibes (Äste und Blätter) der Organismus zu einer Zeit, in der die Periode der Stoffspeicherung bereits vorherrschend ist, nunmehr ge- zwungen wird, das gespeicherte Material wieder zu mobilisieren und durch Bildung von Ersatztrieben in die vegetative Periode zurück- zutreten. Bezüglich der Nährstoffzufuhr sehen wir beispielsweise, dafs übermäfsige Stickstoffgaben die Periode der Reservestoffspeicherung hinausschieben , indem die Neubildung vegetativer Organe über die normale Zeit hinaus fortgesetzt wird. Dadurch wü'd die enzymatische Arbeitsleistmig verschoben; es herrschen nun die mobilisierenden Enzyme vor . und die Pflanze tritt ') Pozzi-EscoT, E., The Keducing Euzymes. American. Chem. Journ. Vol. XXIX, 1903, p. 517,- cit. Bot. Centralbl. Iii04, Nr. 49. 2) Czapek, F., Antifermente im Pflanzenorganismus. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1903, Bd. XXI, S. 229. Verschiebungen der enzymatLschen Funktionen. (371 mit jugendlichen Organen in eine Witterungsperiode, die im normalen Verlauf ausgewachsene , reservestoflfreiche Teile erfordert. Sie wird dadurch für parasitäre und nichtparasitäre Angritfe empfänglich. Es ist aber nicht nur die augenblickliche Verschiebung der enzymatischen Funktionen, die nachteilig auf den Organismus wirken kann, sondern es müssen sich notwendigerweise daran auch eine Reihe von Folgeerscheinungen knüiofen, die in der nächsten (leneration sich erst zeigen werden. Wenn wir beispielsweise die Verlängerung der vegetativen Periode im Auge behalten, wie sie durch Stickstoliulierschuls erfahrungsgemäl's eingeleitet wird, so ist die unmittelbare Folge die, dafs die Samenproduktion , die normal in die Periode der höchsten Wärme- und Lichtzufuhr fallen sollte , in eine kühlere , lichtärmere Zeit hinausgerückt wird. Das entstehende Samenkorn hat also nicht mehr die genügende Zeit und entsprechende Witterung, um alle Pro- zesse des Aufbaues der Reservestoffe zu dm^-hlaufen. Das Samenkorn wird in einem Zustande geerntet , in welchem die mobilisierenden Enzyme noch in gröfserer Tätigkeit sind , und es wird dadurch für Parasiten angritisfähig , die ein vollkommen reifes Korn nicht anzu- greifen vermögen. Es ist experimentell erwiesen, dafs unreifes Saatgut schneller durch Schimmelpilze zugrunde geht. Aber selbst wenn das weniger ausgereifte Saatgut nicht zugrunde geht, sondern in der nächsten Vegetationsperiode sich entwickelt, wird die entstehende Pflanze durch den gröfseren Wassergehalt und die geringere Menge von Reservestotfen des Samens zunächst in der Jugend beeinilufst werden müssen , und in dieser Beziehung ist die nächste Generation das Produkt der vorhergehenden und wird somit Schwäche- zustände durch Erblichkeit fortpflanzen. Was von den Samen gilt, mufs auch für alle anderen ausdauernden Organe seine Gültigkeit haben : die Knosjjc und die Ausbildung des Zweiges sind ebensogut das Produkt der vorhergegangenen Vegetations- periode, und die Art ihrer Weiterentwicklung hängt zunächst von dem Reifezustande ab, den sie im Vorjahre erlangt haben. Verschiebungen in den enzymatischen Funktionen setzen sich also von einer Vegetationsperiode auf die andere fort, und die nachfolgend beschriebenen Krankheiten sind Beispiele für die Erblichkeit physio- logischer Störungen. Die Albicatio (Panachierung). Die von den Gärtnern gesuchte und durch Veredelung fortpflanz- bare (teilweise sogar auf die Unterlage übertragbare) Erscheinung zeigt sich darin . dafs einzelne Stellen , die bald kreisförmig im Diachjan, bald als keilf()rmige Streifen zwischen den Rippen, bald als zusammen- hängende Zone längs des Blattrandes auftreten, weifsgefärbt erscheinen. Der Grad der weifsen Farbe ist verschieden. Vom reinsten Weifs bis zum Quittengelb zeigen sich die mannigfachsten Übergänge, welche bei manchen Pflanzen noch weitere Farbennüancen durch Auftreten roter Farbentöne liefern: dadurch wird dann die eigentliche ßunt- blätterigkeit (coloratio. Chromatismus ) erzeugt. Ein sehr bekanntes Beispiel füi- die Weifsfleckigkeit ist das Band- gras unserer Gärten (Phahiris arundinacea L.. Ph. picta L.). bei dem die weifsen Partien abwechselnd als Streifen zwischen den Rippen auf- treten. Noch auffallender ist eine Spielart des eschenblätterigen Ahorns {Acer Negundo L.). welche bisweilen eine ganz weil'se Belaubung 572 III- Enzymatische Krankheiten. zeigt. Als Beispiel für das Auftreten der Buiitfärbiing sowie der Weifsfärbung sei die Familie der Aroideen genannt ; unter diesen zeigt der häufig im Zimmer kultivierte Aronskelcli {Zantedeschia [Calla] aethiopica) Blätter, die oft so blendend weifs sind wie die dütenförmige Blütonsclieide ; an die Zantedeschia schliefsen sich die bunten Caladien, die Lieblinge unserer Warmhäuser an , von denen einige nur weifs- geileckt, andere weifs und rot und endlich manche nur rotgeileckt sind. Schwerlich zu trennen ist davon die Weifsfleckigkeit der Blüten und die seltenere Panachierung der Früchte, von denen Dufour') interessante Fälle bei Weintrauben bescln-eibt. Es herrschen teilweise noch namentlich in praktischen Kreisen ernste Bedenken gegen die Anschauung, in den weifsbunten Blättern Krankheitserscheinungen anzusprechen; indes glauben wir doch, diese Meinung verteidigen zu müssen. Wenn wir eine gröfsere Anzahl von buntblätterigen Pflanzen untersuchen, so finden wir in den Zellen alle Abstufungen vom normalen Chlorophyllkorn bis zum gänzlichen Ver- schwinden der geballten Träger des Chlorophyllfarbstoffes. Die gelb- erscheinenden Pflanzenteile zeigen häufig noch die Chlorophyllkörper als gelbe, schwammig aussehende Ballen oder Scheiben in den Zellen; je reiner weifs die Pflanzenteile erscheinen, desto weniger ist selbst von ungefärbten Chiorophyllkörnern noch zu entdecken und desto mehr nimmt das Plasma die Beschafienheit einer weichen , gleichmäfsigen Wandauskleidung an. Die IntercellulaiTäume sind luftreicher und bis- weilen gröfser. Mit dem Schwinden des Chlorophyllkörpers hört auch die Kohlen- säurezersetzung des Blattes auf. Cloez") und später auch Engelmann ^) fanden, dafs die Blätter nur im Verhältnis ihres Chlorophyllgehaltes Kohlensäure zersetzen. Die verschiedenen Abstufungen der gelben Panachierung beruhen auf geringeren Quantitäten derselben Chloro- phylline und Xanthophylle , wie sie im normalen grünen Blatte vor- kommen*), und dementsprechend wird auch ihre assimilatorische Tätigkeit sein. Bei den reinweifsen Blättern kommt es vor, dafs der Zellinhalt überhaupt nicht bis zur Bildung des Chlorophylls gekommen ist, sondern dafs das Material des Chlorophyllkorns im jugendlichen Entwicklungsstadium stehen geblieben ist. Bei den gelben Formen findet man Chloroplasten zwar mindestens noch in der Knospe , viel- fach auch später , aber in dem Mafse , wie sie der reinweifsen Zone sich nähern, schwinden die geformten Inhaltskörper der Zelle, Die von Church '^) ausgeführten Analysen können als eine gute Bestätigung dienen. Zur Verwendung kamen weiisfleckige Varietäten von Maple (Acer Negundo), Ivy (Hedera Helix) und HoJhj (Hex aqni^olium)-^ sie Acer Hex Hedera weifsbl. grünblätterig- weifsbl. grünbl. weifsbl. grünbl. besafsen an Wasser. 82,83 »/o 7-2,70 "/o 74,14 «/o 6-2,83 «/o 78,88 «/o 66,13 «/o organische Substanz 15,15 „ 24.22 ., -23,66 „ 35,41 „ 18,74 „ 31,63 ,, Asche ...... 2,02 ., 3,08 „ 2,20 „ 2,47 ,. 2,38 „ 2,24 „ ') DuFouu, J., Panachierte Trauben. Extr. Chronique agric. du canton de Vaud; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1904, S. 286. '') Compt. rend. LVII, p. 834. 3) Engelmanx, Farbe und Assimilation, Bot. Zeit. 1883, Nr. 1 u. 2. *) Kränzi.in, G., Anatomische und farbstoffanalytische Untersuchungen an panachierten Pflanzen. Inaug.-Diss. Berlin 1908. ^) Church, Variegated leaves. Gardeners Chronicle 1877, II, S. 586. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (373 Die grünen Blätter zeigen also, gegenüber den weiisfleckigen, be- trächtlich gröfsere Trockensubstanzmengen, und die Aschenbestandteile bilden bei letzteren (wie überall wo Ernährungsstörungen sich geltend machen), einen gröfseren Prozentsatz der Trockensubstanz. Der Stick- stoffgehalt bei Efeu und Stechpalme war bei den weilsen Blättern reicher im Verhältnis zur Trockensubstanz, Auch dieses Resultat ist erklärlich; denn wenn der Chlorophyllapparat, dessen Notwendigkeit zur Erzeugung des Stärkekorns und anderer Kohlenhydrate auiser Zweifel ist, nur spärlich vorhanden ist, so wird die Trockensubstanz- menge herabgedrückt und die absolut geringere Menge stickstoffhaltiger Substanz relativ erhöht _ erscheinen. Dafs die in Alkohol und Äther löslichen Substanzen bei den weifsen Blättern von Efeu und Stech- palme nur ungefähr die Hälfte der Menge betrugen, als bei den grünen Blättern, darf ebenfalls nicht wundernehmen. Sehr wichtig ist die prozentische Zusammensetzung der Asche; es fand sich bei Ac !er Ih 'X Hedera weifs grün weifs grün weifs grün an Kali .... 45,05 0/0 12,61 00 35,30 o/o 16,22 "Vo 47,20 0/0 17,91 0/0 Kalk . . . . 10,89 „ 39,93 „ 21,50 „ 34,43 „ 12,92 „ 48,55 „ Magnesia. . . 3,95 „ 4,75 ., 3,23 „ 2,43 „ 1,11 „ 1,04 „ Phosphorsäure 14,57 „ 8,80 ;, 9,51 „ 7,29 „ 10,68 „ 3,87 „ Eisenoxyd . . ■> y 3,11 „ •^.11 » 2,62 „ 2,31 „ Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, dafs die rein albikaten Organe sich dem Jugendzustand der grünen Blätter nähern, also gleichsam auf jugendlichem Entwicklungsstadium stehen geblieben sind. Gkiffon ^) kommt zu dem Schlüsse, dafs panachierte Pflanzen sich im allgemeinen wie etiolierte verhalten, die wir auch mit dem permanenten Jugend- zustande verglichen haben. In den gelben Übergangsstadien ist der Befund sehr verschiedenartig. Bei Ahutilon Thonq^soni fand ich in manchen Bättem den Zellinhalt noch derartig gruppiert wie im rein grünen Teile, d. h. mit Chloroplasten versehen, die in ihren Umi'issen rimdlich - eckig , in ihrer Lagerung normal wandständig sich erwiesen, aber blafsgelb oder farblos waren und stark gekörnelten Inhalt führten. In anderen Zellen war die Substanz der Chloroplasten zu unregel- mäfsigen, körnigen Ballen vereinigt, die mit Jodglycerin und teilweise auch mit Schwefelsäure sich blau färbten und als Carotin anzusprechen sein dürften. Auch Kohl ■■*) gibt bei der Untersuchung goldgelber Blätter neben /i?-Xanthophyll und Phyllofuscin das Carotin (Etiolin) an. Der Unterschied im Dickendurchmesser des Blattes, d. h. die auf- fällig geringere Dicke der reinweifsen Teile gegenüber den reingTÜnen Blattstellen, nimmt um so mehr ab, je mein- sich der Farbenton vom reinen Weifs entfernt, die Blattstellen also gelber werden. Diesen Umstand hebt auch Timpe^) hervor und betont, dafs bei Pflanzen mit Schleimzellen (Uhnus, Crataer/us) die albikaten Teile ärmer an solchen Zellen sind. Dagegen erwies sich der Gerbstoffgehalt in den weifsen Teilen meist gröfser. Stärke ist selten, soll aber nach Timpp: auf Zucker- lösung von den albikaten Stellen oftmals reichlicher als von den grünen 1) Griffox, Ed., L'assimilation chlorophyllienne et la coloration des plantes. Annal. sc. nat. VIII, 1899: cit. Bot. Jahresber. 1899, I, S. 151. 2) Kohl, F. G. , Untersuchungen über das Carotin und seine physiologische Bedeutung in der Pflanze. Leipzig, Bornträger, 19U2, IX. 3) TiMi'K, H., Beiträge zur Kenntnis der Panachierung. Dissertat., Göttingen 1900. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Üanfl. 43 (i74 III. Enzymatische Ivranklieiten. gebildet werden. Monocotyledonen speicliern auf Znckerlösung keine Stärke. Von anderen Autoren wird angegeben, dals die reinweii'sen Stellen keine Stärke führen, da sie niclit assimilieren. Die Widersprüclie er- klären sicli durch die Übergangsstufen zur goldgelben Färbung, welche zwar kein Chlorophyll , wohl aber ein Xanthophyll und Carotin ent- halten und im Lichte (wie etiolierte Blätter) Sauerstoff ausscheiden (Kohl, 1. c). Interessant ist die Tatsache, dafs bei manchen Pflanzen die reine Albicatio durch Veredelung aul die Unterlage überzugehen vermag. Versuche dieser Art mit positivem Erfolge meldet bereits Meyen ^) aus dem Jahre 1700 bzw. 1710 von JasmmuDt ojßcmale. „Wenn ein Zweig des Jasmins mit gesprenkelten Blättern auf ein gesundes Stämmchen desselben Jasmins gepfropft wird, so bekommen auch die übrigen, oberhalb und unterhalb des Pfropfreises sitzenden Zweige gleichfalls gesprenkelte Blätter." Später haben besonders Lindemuth ^') und neuer- dings auch Baur^) sich mit der Frage beschäftigt. Letzterer hat die Theorie aufgestellt, dafs die gelb bunten Formen als Spielarten oder Mutationen, die zum Teil samenbeständig sind, zu betrachten wären, die reinweifsen aber als durch Lifektion erkrankte Exemplare davon abzutrennen seien. Allerdings sei der Lifektionskörper kein Lebe- wesen, sondern ein unbekanntes stoffliches Etwas, ein Virus, das innerhalb der kranken Pflanze an Menge zunehmen kann. Dieses Virus kann ein Stoffwechselprodukt der kranken Pflanze sein, das imstande ist, die jungen Chlorophyllkörner so zu affizieren, dafs sie sich nicht zu normalen Organen entwickeln, sondern zu Mifsbildungen, in denen dann dasselbe Virus immer neu gebildet wird. Oder aber es kann ein Stoffwechselprodukt der kranken Pflanze sein, das in gewissem Sinne die Fähigkeit des Wachsens hat, d. h. Stoffe, die mit ihm identisch sind, aus anderen Verbindungen abspalten oder Stoffe dieser Art synthetisch neu aufbauen kann*). Dieser Gedankengang ist bereits früher von PANTANELLr^) in präziserer Form zum Ausdruck gebracht und später ergänzt worden. Genannter Autor sagf): „Der Albinismus ist keine Lifektionskrankheit , sondern eine konstitutionelle Kjrankheit, deren erste Zeichen als abnorme An- häufung von abbauenden, vor allem von oxydierenden Enzymen auf- treten." „Durch die Leptombündel verbreiten sich die zerstörung- bringenden Stofie, sei es durch energetische Beeinflussung benachbarter und kommunizierender Protoplasten, sei es durch materiellen Transport durch Siebröhren und analoge Elemente über den ganzen Körper und gelangen in die sich streckenden Blattstiele , dann in die Hauptrippen 1) Meyks, f. J. f., Pflanzenpathologie. Berlin 1841, S. 288. 2) LixDEMUTH, Vegetative Bastarderzeugung durch Impfung. Landwirtschaft!. Jahrbücher 1878, Heft 6. — Gartenflora 19Ul, 1902, 1904. ") Bäur, Ekwix, Zur Ätiologie der infektiösen Panachierung. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1904, Bd. XXII, S. 453. — Weitere Mitteilungen tlber die infektiöse Chlorose der Malvaceen und über einige analoge Erscheinungen bei Lkjustnnn und LahiiDunn. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1906, Heft S, S. 416. ^) Bafu, E., Über die infektiöse Chlorose der Malvaceen. Sitzungsber. d. Kgl. Preufs. Akad. d. Wiss. U. Januar 1906. ^) PvNTANELLi, E. , Studü SU Talblnismo nel regno vegetale. Malpighia. Bd. XV— XIX (1902—05),. ^) P.VNTANELi.i , E-, Über Albinismus im Pflanzenreich. Zeitschr. f. Pflanzen- krankheiten 1905, S, 1. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (375 der Blätter, Hier beeinflussen sie alle Parenchymzellen , womit sie in Verbindung treten, offenbar mehr energetisch oder durch schlechte Nahrungs Versorgung und -ableitung." Die Übertragung der Er- scheinungen von dem Edelreis auf die Unterlage kommt also dann zu- stande , wenn bei der Veredelung die Leptomverbindung zwischen beiden Componenten sich hergestellt hat. Diese Anschauung beruht auf experimentellen Studien, Es ist durch die chemische Untersuchung nachgewiesen, dafs das „Protoplasma und seine Piastiden durch abnorme Bildung von starken abbauenden Enzymen allmählich angegriffen und verdaut werden". In den inten- siveren Fällen von Albinismus ist überhaupt keine Anhäufung von mineralischen oder organischen Salzen oder Zuckerarten nachzuweisen. Über das Verhalten der Stickstoffverbindungen gibt eine Bestimmung von Pantanelli bei Ulmusblättern Aufschluls. Er zerrieb grüne und panaehierte Blätter mit den nötigen Vorsichtsmalsregeln und liei's den Brei in einem Kolben acht Tage stehen. Der ursprüngliche AVasser- gehalt bei den grünen Blättern betrug durchschnittlich (30,(37 "/o , bei den panachierten Blättern desselben Baumes zu derselben Zeit 73,8 "/o. Grüne Blätter enthielten (in Prozenten des Trockengewichtes): beim Ansetzen nach acht Tagen Gesamtstickstoff' . . . 8,355 »/o 3,3250 "/o Proteinstickstoff . . . 3,324 ., 0,9212 „ Xichteiweiisstickstoff . 0,031 „ 2,4050 „ Panaehierte Blätter enthielten (in Prozenten des Trockengewichtes) : beini Ansetzen nach acht Tagen Gesamtstickstoff. . . 2,681 »/o 2,576% Proteinstickstoff" . . . 2,274 „ 0,604 „ Nichteiweifsstickstoff' . 0,407 „ 1,972 „ Die Autolj'se im Saft von panachierten Blättern ist also verhältnis- mäfsig tiefergehend als in grünen. Der Stickstoffgehalt ist in albikaten Organen bedeutend geringer, aber der prozentische Gehalt an nicht- eiweifsartigen StickstoffVerbindungen gröl'ser. Dabei kann die reichlich vorhandene Phosphorsäure doch in einer Form gebunden sein, dafs sich Lecithin nicht bilden und der Chloroplast sich nicht aufbauen kann. Auch ein stärkespaltendes Enzym scheint nach Pantanelli's Untersuchungen in den panachierten Blättern reichlicher als in den giiinen vorhanden zu sein, wenigstens in der Jugend. Ich habe bereits in der zweiten Auflage dieses Handbuches (S. 195) auf die Stoffarmut der albikaten Teile hingewiesen und folgende Ansicht ausgesprochen: Bei der normal ernährten Blattzelle ist soviel Plasma vorhanden, dafs nicht nur das Material zum Ausbau der Zellwand ge- liefert werden kann, sondern auch noch reichlich die Chlorophyllkörner erzeugt werden können. Wird die Zufuhr zur jungen Zelle zu früh abgeschnitten , indem das das Protoplasma vermehrende Material zu spärlich zutiiefst und die Zellwand zu früh alt wird , so hat die Zelle nur den ersten Teil ihrer Arbeit, die Ausbildung der Wand, tun können, imd sie hat nichts erübrigt, um die Apparate für den Reduktionsprozefs und die Vermehrung der Trockensubstanz herzustellen oder zu erhalten. Derselbe Mangelzustand mufs bei der normal ausgebildeten Zelle ein- treten, wenn sie in Wachstumsverhältnisse gerät, die eine Anhäufung 4:'. * (376 III- Euzymatische Krankheiten. abbauender, namentlich amylolytischer Enzyme bedingen, wodurcli sie den Jugendstadien wieder näher gerückt wird. Bringt man die Pflanzen in Verhältnisse , welche die normale vegetative Tätigkeit begünstigen (Schatten, Feuchtigkeit und "Wärme), so werden die albikaten Achsen- teile geneigt, grüne Blätter zu produzieren. Diese Beobachtung wird durch eine Erfaluaing von Lindemuth gestützt , der eine w^esentliche Begünstigung der Weifsfleckigkeit durch intensive Lichtwirkung kon- statierte. Ernst ^) in Caracas erwähnt, dais das in dortiger Gegend gewöhnliche Solanmu aligerum Schlecht, sich nicht selten buntblätterig findet. Diese Erscheinung tritt jedoch nur auf magerem Boden auf. Stark buntblätterige Exemplare in besseren Boden ver- pflanzt, wurden grün. Bei Urtica dioka konnte Beijekinck-) schon in einem Jahre aus der bunten Form wieder die grüne durch Steck- linge zurückerlangen. Die Gewebe aber mit geringer konzentriertem Zellsaft sind weniger widerstandsfähig. Tatsächlich sind die weifsblätterigen Pflanzenteile empfindlicher gegen Hitze, Frost und Trockenheit und sterben früher ab. Die häufigsten Beispiele finden wir bei dem weifsblätterigen Acer Negmido , bei dem auch die Rinde der Zweige albikat wird. Sonnen- brand im Sommer und Winterfrost töten fast alljährlich die exponiertesten Zweige. Auch bei Koniferen kommen derartige Fälle vor^). Ebenso gehen Sämlinge mit weii'sen Cotyledonen und Plumularblättern sehr leicht zugrunde ; ich habe bei gröfseren Aussaaten von Obstsorten ver- schiedener Art nicht selten rein weifse oder weifse mit rötlichem An- fluge versehene Sämlinge gefunden; dieselben wurden stets mit be- sonderer Aufmerksamkeit behandelt , gingen aber nach einiger Zeit zugrunde, falls sie nicht anfingen, grüne Blattteile zu produzieren. Dergleichen Beobachtungen liegen auch von anderer Seite vor, wie z. B. bei Fliormium tenax (de Smet), Passiflora qu aar angularis, sowie bei Dahlia variahihs , Dianthus Caryophyllus und Liliaceen (Lindemuth). Bei dem Mangel an Reservestoffen in den albikaten Zweigen ist auch die weitere Beobachtung erldärlich, dafs deren Stecklinge schwerer wachsen als die von den grünen Teilen desselben Lidividuums; man denke beispielsweise an Hortensien mit reinw^eiisen Blättern, an Pelargonien aus der Gruppe der „Mifs Pollack". Lindemuth beobachtete auch bei Ahtäilon, dafs albikate Blätter meist kleiner und von kürzerer Lebensdauer sind. Wir erinnern in dieser Beziehung an die auch bei unseren wilden Pflanzen nicht selten vor- kommende Erscheinung, dafs da, wo die eine Blatthälfte weifs, die andere grün ist, die erstere kürzer bleibt und die letztere deshalb in gröfserem Bogen um die weifse Hälfte sichelförmig sich herumkrümmt ( Cichonum, Beta). Bei marmorierten Blättern erscheinen die weifsen Felder eines Blattes oft gespannt, die grünen runzelig bis blasig; auch die Achsen zeigen bisweilen im albikaten Teile eine Verkürzung, wie die bunte Kerria japonica beweist, deren grüne Triebe desselben Stockes und Alters bisweilen um einen Meter höher sind als die weifsbunten ; ebenso verhalten sich Samlmcus^ Weigelia u. a. Die Albicatio ist meiner Auffassung nach eine Hemmungsbildung,. ') Botanische Miscellaneen. Bot. Zeit. 1876, S. 87. 2) Beijerinck, M. W., Chlorella variegator, ein bunter Mikrobe; cit. Bot.. Centralbl. G. Fischer, 1907, S. 333. 3) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1896, S. 361. Verschiebungen der enzj-matischen Funktionen. (177 die bei wilden Pflanzen seltener, bei der Kultur in zunehmender Menge auftritt und sich darin äuisert, dais einzelne Gewebepartien schlechter ernährt werden. Diese geringere Ernährung hat zur Folge, dafs ent- weder der Chlorophyllapparat gar nicht zur Ausbildung kommt oder bald den abbauenden Enzymen zum Opfer fällt. Damit ist der Mangel oder höchst spärliche Niederschlag von Reservestotien verbunden und die grölsere Hinfälligkeit der Gewebe erklärt. Von den Ursachen, welche die x4Llbicatio hervorrufen, kämen zunächst Druckverhältnisse in der Knospe in Betracht, welche die Ausbildung des leitenden Strangsystems hemmen und damit die genügende Füllung der Zellen mit plastischem Material bereits in der Anlage verhindern. Dies würde die Erscheinung erklären, dafs plötzlich aus einer Knospe der bisher grünen Pflanze ein albikater Zweig gebildet wird. Betrefls der Kultureinflüsse lehi't die Erfahrung, dafs relativer Lichtüberschufs un- bedingt begünstigend wirkt. Denn wir sehen, dals vielfach die reine "Weifsblätterigkeit bei direkter starker Beleuchtung am intensivsten auftritt und am längsten sich erhält, dagegen aber zurückgeht, wenn Schatten und genügende Wasser- und Stickstofl'zufuhr dem Blatte Zeit zu langsamerer Entwicldung und längerer Betätigung seiner vegetativen Funktionen belassen, also das vorschnelle Ausleben verhindern. Eine experimentell wiederholt geprüfte Erscheinung führt Timpe * ) in seiner neuesten Arbeit an. Er hat die von Molisch ^) zuerst be- schriebenen Versuche mit der weifsgrün panachierten Varietät von Bras!^ica oJcrncca acephala wieder aufgenommen und dasselbe Resultat gefunden, nämlich dafs die leuchtend weifse Färbung der Blattflächen, die im Winter im Kalthause bis Februar ilu-e höchste Ausbildung erhält, alsbald naclüäfst und schliefslich verschwindet , wenn die Pflanzen in ein Warmhaus gebracht werden. Molisch schaffte weifsbunte. Pflanzen aus einem Kalthause mit -f 4 — 7 *^ C in ein Warmhaus von -j- 12 — 15*' C. Dort ergrünten die schon vorhandenen Blätter nach 8 — 14 Tagen; die neu gebildeten erschienen sogleich grün. Abermals ins Kalthaus gebracht, bildeten die Exemplare wieder weifsbunte Blätter. Hierher gehört auch die Mitteilung von Weidlich^), dafs SelaginrUa Waisoniana nur bei + 10" C kultiviert werden darf, wenn sie weifse Spitzen bilden soll. In diesen Fällen ist also die den Verlust der Albicatio hervorrufende Steigerung der vegetativen Funktionen durch die Erhöhung der Wärme bedingt, während die albikaten Blätter je nach der Natur der Pflanzen und ihrem lokalen Ernälu'ungszustande in anderen Fällen diu-ch Licht- und Wärmeabnahme, durch die die Vegetationszeit ver- längernde Steigerung der Stickstoff- oder Kalizufulu* wieder auf das Optimum ihrer Funktionen und zur normalen Chlorophyllbildung ziu-ück- geführt werden können. Mangelhafte Stoflzufulu', häufig zum Ausdruck kommend durch Steigermig von Gerbstoffen und Abwesenheit von Stärke, Kleinwerden der Zellen und VergTölserung der Intercellularen , betont auch Timpe bei seinen sorgfältig ausgeführten Versuchen. Eine Erscheinung, die ihm selbst befremdlich vorkommt . aber gerade der beste Beweis für unsere Anschauung ist, beschreibt er bei Uhiivs, bei der sich der üppige ') Timpe, Heinrich, Panachierung und Transplantation. Jahrbuch d. Hamburg, wiss. Anstalten XXIV, 1906, Beiheft 3. -) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. XIX, 1, S. :W. 3) Gartenflora 1904, S. 585. (378 m- Enzymatisclie Krankheiten. Frühjahrstrieb weifsbunter Reiser nach dem Auspflanzen des Baumes völlig grünblätterig entwickelte , der Hoclisommertrieb mit seinem Wassermangel und Licht- und "Wärmeüberschuis aber wieder die richtige Panachierung zeigte (1. c. S. 6S). Wenn nun die Albicatio in einem vorschnellen Ausleben , also in einer Unterdrückung oder Hemmung der Arbeit des Chlorophyllapparates besteht, dann werden die abbauenden Enzyme, selbst wenn sie in ihrer absoluten Menge gar nicht gesteigert sind, doch ein Übergewicht in der Zelle erlangen , weil die die Reservestoffe niederschlagenden aus Mangel an Chlorophylltätigkeit zu wenig entwickelt werden. Das sonst übliche in der chlorophyllführenden Zelle sich einstellende Gleich- gewicht ist gestört. Wir brauchen also gar nicht die Annahme eines „Virus", einer giftig wirkenden Stoffgruppe , die sich in der Pflanze erzeugen und vermehren mufs , um die Albicatio und die mit ihr verwandten Krankheitserscheinungen (Mosaikla-ankheit, Schrumpfkranklieit usw.) zu erklären. Es ist einfach eine Abwegigkeit der Funktionen , also eine andere Richtung in der molekularen Bewegung, auf welche wir doch alle Stoffwechselvorgänge zurückführen müssen. Wenn die abwegige Stoffbildung eme Bewegung ist, so wird sie sich so lange fort- pflanzen , bis eine andere molekulare Bewegungsform ihr Stillstand gebietet. Der albikate Pflanzenteil ist also der Träger einer abnormen Stoö'bewegung, und daher ist es nicht auffällig, wenn diese Bewegung sich fortpflanzt, sobald die Wege, also die Gefäfsbündel (nach Pantanelli die Leptomteile) zweier getrennter Individuen sich vereinigen, wie es bei der Veredelung der Fall ist. Betrachten wir die Albicatio nicht als eine aus dem Rahmen der übrigen Erscheinungen der Buntblätterigkeit heraustretende, sondern nur als den extremsten Fall eines die Verminderung der Chlorophyll- menge repräsentierenden Vorgangs , so kann es auch nicht mehr auf- fällig erscheinen, dafs die gelbbunten, also minder irritierten Pflanzen es noch zur Produktion von Samen bringen , in denen dieselbe Bewegungsrichtung des Stoffwechsels fortdauert, d. h., dafs die Samen wiederum gelbbunte Pflanzen liefern können. Die Mosaikkrankheit des Tabaks. Die neueren Autoren, welche über die Albicatio geschrieben haben, erwähnen bereits die Verwandtschaft dieser Erscheinung mit der Mosaik- ki^ankheit des Tabaks. Dieser Name stammt von Adolf Mayer, der im Juli 1879, zu welcher Zeit die Krankheit in Holland bereits in besorgniserregender Weise aufgetreten war, kranke Pflanzen vom Verein für Landwirtschaft (Abteilung Wijk bij Duurstede) zur Untersuchung zugeschickt bekam und 1885 seine Untersuchungsergebnisse in einem holländischen Journal, im folgenden Jahre in den „Landwirtschaftlichen Versuchsstationen" M veröffentlichte. Nach F. W. T. Hunger^) hat van Swieten im Jahre 1857 die Aufmerksamkeit auf die mosaikartige Bmitblättrigkeit des Tabaks in den holländischen Kulturen zuerst gelenkt, erwähnt aber bei seinen späteren Studien der Tabakkultur in Cuba die Krankheit, die damals ') Mayek, Adolf, Die Mosaikkrankheit des Tabaks. Landw. Versuchsstat. 1886, Bd. XXXII, S. 450, Taf. III. -) H'xcjivi;, F. W., Untersuchen sren nnd Betrachtungen über die Mosaikkrankheit der Tabiikspilanzon. Zeitschr. f. Pflnnzenkrankh. 19U0, S. 2-57. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (379 „Rost'" genannt wurde, noch nicht. Jetzt dürfte die Erscheinung in allen tabakbauenden Ländern vorhanden sein und hat demgemäi's eine Menge Namen erhalten. So erwähnt Hunger , dal's sie in Holland nicht nur als „Rost", sondern stellenweis als „Bunt" oder „Fäule" be- zeichnet wird. In Deutschland gilt der Name „Mosaikkrankheit"; stellenweis geht sie als „Manche" ; in Frankreich heilst sie „La Mosa- ique" oder „Nielle" oder „Rouille blanche"; in Ungarn be- zeichnet man sie „Mozaikbetegsege" und die Tataren in Südruisland nennen sie „Bosuch". Li Italien wird sie beschrieben unter den Namen „Mal de Mosaico" oder „Mal della bolla". In Amerika heilst sie in den nördlichen Staaten „Calico" oder „Frenching disease", in den Südstaaten dagegen „Brindle" oder „Mongrel disease". Schwer leiden auch die Kulturen in Java, Borneo und Sumatra. Die Javaner nennen die Krankheit „Poetih", während sie in Deli unter dem chinesischen Namen „Peh-sem" bekannt ist*). Man darf die Mosailvkrankheit als die zurzeit gefährlichste Er- krankung der Tabakpfianze bezeichnen, und daraus erklärt sich, dafs sie in neuerer Zeit von mehreren Seiten eingehend studiert worden ist. Aber die Ergebnisse sind einander vielfach widersprechend. Während einzelne Forscher, mit groi'ser Zähigkeit der alten Theorie folgend, durchaus Mikroben finden wollen und gefunden zu haben glauben, ver- teidigen andre die Ansicht, dafs hier eine ansteckende Krankheit vor- liegt, deren Ursache in unzweckmäfsiger enzymatischer Tätigkeit ge- sucht werden mufs. Diese Verschiedenartigkeit der Anschauungen erldärt sich teilweise daraus , dafs man als Mosaikkrankheit verschiedene Erscheinungen zusammengefafst hat, die nicht zusammengehören, andererseits kann aber die Krankheit auch tatsächlich unter wechselnden Formen auftreten. Betreffs der Schilderung der Krankheitssymptome folgen wir Delacroix^), der zwei Stadien unterscheidet: 1. Verfärbungen, 2. Gestalt- änderungen der erki^ankten Blätter. Bei dem ersten Symptomenkomplex zeigt der Blattrand scharf abgegTenzte verschiedenfarbige Flecke von einem fahlen Grün, das ins Weifsliche spielt, aber nicht in das Gelb- grüne wie bei der Chlorose. Die blafsgrünen Regionen sind vermischt mit Flecken von dunkelgrüner Farbe, und dieses Grün ist dunkler als das des normalen Blattes. Bei durchfallendem Lichte werden die Farbenunterschiede noch deutlicher mid bei dem Befühlen des Blattes bemerkt man, dafs die dunkelgrünen Stellen etwas dicker als die bleichen sind. Vor Delackoix hatte schon Iwanowski"^) hervorgehoben, dafs die Seitentriebe , die sich aus den Achseln erkrankter Blätter entwickeln, wiederum mosailvkrank werden. Dieser Umstand ist sehr wichtig und bezeichnend für die Krankheit, bei der stets die Verfärbungen im Jugend- zustando der Blätter entstehen. Ausgewachsene Blätter erkranken in der Regel nicht mehr. Manchmal werden die dunkelgrünen Stellen etwas vorgewölbt, so dais das Blatt eine krause Oberfläche annimmt, in anderen seltneren Fällen tritt Reduktion der Blattfläche ein, die sich derart steigern kann, dafs an der ganzen Pflanze statt mancher Blätter ') HuNGKu a. a. 0. -) Dki.acroix, Geokgks, Recherches sur quelques maladies du Tabac en France. Paris 1906, p. 18. Extrait des Annales de Tlnstitut national agronomique. 2 ser. tome V. ^) IwA.NdwsKi, D., Über die Mosaikkrankheit der Tabakspflanze. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1908, S. 1 ff. (iSO III. Ku/Aiuatis.l.r Krat.khoü.Mi. nur IU;iltiuilh^lri|>[i(Mi \ orliaiulcMi sind. Li>t/.tiM-(>s Mt>i'kiu;il ist \ oi\ IIkim'/.ki. ') lunl IwANOWSKi orwälmt wimiUmi, alu>r es ist luu'h IIinci:!; (}i. Ji. O. S. 'JT-H nirhl lypisi-h t'ür d'\o KrnuUluMt, soiuKm'u \on ilmi aiuli in holi boi ^osuiuKmi Pilan/.on auf iVoiiMu l'\^K^^ hiHUnu'litiM \vi>r(li>n. Wir sohon also 1)>m Aov MosaikUfankhoit^ iliosivlboj» iMorknialiv wjo lH>i Aov Albifatio: srliaiio (Jron/.on (Um- KUn-kt^. orCil'stvro hicki^ dov ,ürüiuMi SIoIUmi, mul ImswimIimi luMluktion »Km- Blatt th'ii-hon, dii^ im UiiiiltMi 'PoiU^ kltMiior Moihou. Aiuh A\o künstlirlu^ lUu>rtraol>arkoit ist voi'- hautUMi inul o(>lit walirscluMuliih tliosolbon Woüi> . nänilirh mittols dor l,optou>l>iimlol. Nur insi>lorn ist c\\\ l'ntorsi'hicMl. als hd dor IMosaik- ki'aukluMt iMUi» lUH'li lunliMUtMul l(>irhiort' ritiM-traubarkoit \nrliauiltM\ ist. .lodi^ kloinstt^ Sal'tuuMiiio, A\o \o\\ imium- ktaukiMi rtlau/.t> aul tlii> Wuiulo oiutM- «iosundou ovlanj^t , ,üouüi2;t uiitiM- l hustäihUMi /.tu- Austi^kuu^. Wir ii-obou als Jiois[Mtd ilit» .Hosrlu-iMbuiiii.' t-iuos hupl\ imsiu1u>s , iKmi KoNiNti -) ausootVilirt lu\t, iuiloui or in oiut> NiWlktuinuon ütvsundo l'thin/.(> an» ■>. Juli oinou Kins^hnitt in don Stouü-ol bis an die (u^al'sbündid inaihto luul in don Kiusohnitt oin kloinos Stüi-k tios goÜinkton JMattos oinor kraukon Pllau/.i> brarhtt\ An» '20. Juli bo^ann sirli am Ivando oiiios junii-on Blattos zwisrluMi ilon solnvarhon Nim-vou oin linnkKvs FKn-kiduM» y.u /.iMii'on. hu N'orlaut" dor t'olü-fudou Taii'o orsi-liioniMi an don andot-on juuooii Hlättorn obtMd'alls h"'UH'kohon , währond das Blatt solbst diu-oh •A or.üi'^'li^iH-unii- dos Balisadouiiowobos oin unobouos , uuro^ohuälsioos Auv^si>lu^u bokani. " Ho-; l^lalliauJ orsohion stollonwois oiuoosoluu"irt odor tMUoobuohtot. Spätor nun vortrookuotiui dit^so KKn'ko. naolulom sio oiuo rotbrauno Färbuuo; ano;ononiu\on hatton. Boi diui or(Usoron Floi'kou nahm KoMNii oiut» kou/ontrisoho Zonuno' wahr, \ on ilor dio äulsorston ZoiuMi a\u duukolston warou. Xioht solton sah or oan/o Blattstüoko horaustallon. Lotztoro Morkuialo wordon von andoron Boobaohtoru uioht orwähut. was unsoro Ausii-ht stützt, dals dio Kraukhoit au vorsohiodouon Ch-ton und boi vorsohiodouon Tabaksortou abwoiohoudo liihlor liotoni kaim. IUhh- dio auatoiuisiho BosohatVowhoit dor krankou Blättor ^iht Koning nur spärlioho NotiztMU hu allorjüuüstou Zustande dor Flooko, wo oiuo nitVoroi»zioruuii- von Baiisadon- und 8ohwanunparouoh\u\ uooh nioht oiuii-otroton ist, ztuoon sioh dunklo Stroitou zwisolion don Zollou. dio aut^alliü; orot'so lut\ort"üllto Intoroolluhvrrämno darstollou: diosolbou or- haltou sioli auoh boi tortsohroitondor Gowoboansbilduno'. Au dor Epi- doruiis ist zunäohst koino X'orändoruuii- zu boobaohton: spätor sohrumpft sio. wird braun und vortrooknoi, wonn das C^hloropliyll in doni dnruntor- lio^ondon (lowobo dosoroanisiort wird und dio Zollon zusannnon- trookuou. hu orotsiM» Botriobo ortoliii dio Anstookunü dor Ptlanzon moist duroh dio Arboitor. dio boi doni Ansooizon dor Ptianzon und anderen A'orriohtuniiou Wnndstolleu orzenüon. Oio Borührnno- solohor Stelle mit Findern, an denen der Satt kranker Pllanzon haltet . iionniit . um dio Mehrzahl der o-t^snnden Ptlanzon zn intizioren. Der Voro-anii- ist oxperimoutell moluiaoh jiopnift worden; Ihm einem speziell zu diesem Zwooke im jiroison anoestollton Versnoho in Holland konnte KoxiNu 80*Vi» -blrkrrtjukunii'on t'ost stellen. '^ IIkisväki.. KvKi, Kontrtü'iöso Pfh\n/.onkrrt«kheiton ohuo Mikrobon mit bo- soiuloivr Hortlcksdohtiiruusj der Alv>saikkraukhcit der Tabaksblätter. Inauac.-Dissert. •) Koxwt;, C .1.. Die Flecken- oder Mosaikkrankheit des hoUiindisohoii Tabaks. Zeitsohr. f. l^huuenknuikh, ISiU), S. Oö. Ver.schiebung'en der onzymatischen Funktionen. (j81 Die Kianklicit ist übrigens iiiclil auf den Tabak b(3schräiikt, donii AV(j(JiJS *) teilt schon mit, dal's er durch das Abschneiden von Tomaten ähnliche Erscheinnn^-en habe hervorrufen können. Dal« bei derselben PHanzcnspezies die einzelnen Varietäten je nach ihrer Herkunft sich verschied(!n verhaltijn, zeigte beispielsweise IIdngkr^), Er hat l)ei direkten Versucluni mit dem Köpfen d(ir Pflanzen in Buitenzorj^ von 50 Exemplaren aus amerikanischen Samen sämtliche Geiz(; (Nc-lx-ntriebej mosaikkrank gefunden. Von den gleichzeitig angebauten 25 Pflanzen aus dcuts(;hem Samen waren 0 erkrankt; dagegen zeigten die 25 Exemplare aus indischem Samen keine Veränderungen an den Geizen. Was nun die Ursache dieser Krankheit anbetrifft, so haben wir Ijereits erwähnt, dafs ein Teil der Beobachter Mikroorganismen annimmt, ohne sie gesehen zu haben. IWANOWSKi beschreibt allerdings eine spe- zifiscjie Bakterie, aber bei der Nachuntersuchung fand Hunger, dafs der vermeintliche Organismus mit Phonolchlorathydrat aus den Zellen verschwand. Wir können also sagen, dal's ein parasitärer Organismus bei der typisclien Mosaikkrankheit noch nicht bekannt ist: vielmehr drängt die Meln'zahl der exakten Beobachtungen zu der Ansicht, dafs es sich um eine physiologische Erkrankung handele, bei welcher die Über- tragung durch eine abwegige Stoft'gruppe erfolgt, die im geimpften Organismus fortschreitend in den vorhandenen normalen Stotfgruppen nun dieselben krankheitserzeugenden Umlagerungon hervorruft und auf diese Weise die Ausbreitung der Krankheit veranlafst. Dafs eine P r ä d i s p o s i t i o n vorhanden sein mufs , beweist der verschiedene Grad der Empfänglichkeit der einzelnen Sorten, von denen die mit fetten Blättern viel widerstandsfähiger als die mit dünnen Blättern sind. Die geschätztesten Delitabake (die mit den zartesten Blättern) leiden am meisten. Der Einflufs der Kultur zeigt sich in dem Umstände, dafs jungfräuliche Böden entschieden geringere Prozente an kranken Pflanzen liefern als solche, die schon oftmals zur Tabakkultur benutzt worden sind (s. Anbauversuche von Hungkk^). Von den Forschern, welche Mikroben als Ursache der Mosaik- krankheit nicht anerkennen, werden nun zwei Meinungen vertreten. Die eine Richtung- glaubt, dafs die Pflanze ein Gift, ein Virus, produ- ziere , das die Fähigkeit hat , in dem vorhandenen Zellinhalt einer ge- impften Pflanze denselben Giftstoff' zu erzeugen und damit die Krank- heit hervorzurufen. Mit dieser Anschauung trat Beuekinck *) zuerst hervor, (Uiv 189H ein „Contagiurn vivum flu i dum" als Ursache ansprach. Ferner sagt Hunger (a. a. 0. S. 290) „Das Virus der Mosaik- krankheit betrachte ich als ein Toxin, welches in der Tabakpflanze stets beim Stoffwechsel in den Zellen ausgeschieden wird, aber in normalen Fällen keine Wirkung ausübt, während es sich bei zu stark gesteigertem Stoffwechsel anhäuft und dann Störungen verursacht, wie bei der mosaikartigen Buntblättrigkeit." „Ich nehme an, dafs das Toxin der Mosaikkrankheit, welches primär durch äufsere Reize produziert ') WuooH, A. F., Ob.servations on the Mosaik disease of Tobacco. U. S. Dept. of Agriculture. Bull. No. 18, May 1902. -) a. a. O. S. 287. =>) Zeitschr. f. Pflan/x-nlu-ankh. 1905, S. 289. ^) Bkukiunck, M. W. , Over een contaf^ium vivum fluidum als oorzaak van de Vlekziekte der tabaksbladen. Koninkl. Akad. van WetenHchappen te Amsterdam. Nov. 1898. — Über ein Contagium vivum fluidum aLs Urtsaclie der Fleckenkrankheit der Tabakblätter. Centralbl. f. Bakteriologie 1899, Abt. II, Nr. 2, S. 27. (382 III- Enzymatische Krankheiten. wird, fällig ist, beim Eindringen in normale Zellen eine p%siologisclie Kontaktwirkmig auszuüben mit dem Erfolg, dafs sich dort sekundär dasselbe Toxin bildet, mit andern Worten, das Mosaikkran k heits- toxin besitzt die Eigenscliaft, physiologisch- autokata- lytisch zu wirken." Auf diese Weise kann das Virus selbständig einen Weg durch die Tabakpflanze machen und auf die Bahnen ge- langen, die nach den Meristemen führen, um dort seinen Einflufs auf die jungen Bildungen auszuüben. Und zugleich erklärt sich daraus die Vermehrungsfähigkeit des Krankheitsstofles , „welche nicht auf aktiver Reproduktivität des Virus selbst beruht, sondern blofs aus der jjassiven reproduktiven Kraft der belebten Zellensubstanz hervorgeht." Gegenüber der Gifttheorie vertreten wir eine zweite Richtung, in- dem wir an die Untersuchungen von Pantanelli u. a. erinnern, die eine Verschiebung in den Enzymmengeji und -Wirkungen nachgewiesen haben. Heintzel \) sagt (1899 S. 45) „das Enzym, welches die Mosaik- krankheit verursacht, ist demnach als eine Oxydase anzusprechen.'' Dem- gemäfs wäre also die Ursache der Mosaikkrankheit in der gesunden Pflanze vorhanden, und käme nur durch besondere Umstände zu ab- normer Wirkung. Genau dieselbe Ansicht spricht Woods ^) aus, indem er meint, es handle sich nur um gewisse Bedingungen, unter denen die oxydierenden Enzyme wirksam werden: „either become more active or eise are produced in abnormally large quantities." Genauer auf die Verhältnisse einzugehen, verbietet die augenblicklich noch ungeklärte Sachlage; für die von uns vertretene, im ersten Abschnitt dieses Kapitels ausgesprochene Ansicht kommt es weniger in Betracht, ob eine Ver- mehrung der Oxydasen tatsächlich stattfindet, oder eine Verminderung der die Oxydasen stets begleitenden reduzierenden Stoffe (u. a. Gerb- stoft) vorhanden ist, wodurch die gleiche Menge Oxydase eine erhöhte Wirksamkeit erlangt. Tatsächlich hat Hunger nachgewiesen, dafs das mosaikkranke Blatt weniger reduzierende Stofte, auch Gerbstoff, enthält als gesunde Tabakblätter^). Entsprechend dem Chlorophyllmangel ist auch geringerer Zuckergehalt im kranken Blatte nachgewiesen worden; aufserdem finden sich weniger freie organische Säuren'^). Es fehlt dem- gemäfs dem mosaikkranken Teile an der Möglichkeit, genügend Reserve- stoffe zu bilden, und damit gliedert sich die Mosaikkrankheit, die nach Hunger •^) auch ohne Verwundung, allein schon durch die Berührung mit der Hand übertragbar ist, und durch Veredlung sich auch auf die Unterlage fortpflanzt, der Albicatio an. Während wir bei letztgenannter Erscheinung noch keinen Grund zur Einschränkung derselben haben, weil die weifsbunten Gehölze trotz ihrer gröfseren Empfindlichkeit gesuchte Artikel für unsere Gärten bilden , so ist bei der Mosaikkrankheit die Notwendigkeit ernster Be- kämpfungsmafsnahmen unbedingt geboten und sind diese auch vielfach ') Heixtzki. , KntT, I^ontagiöse Pflanzenkraukheiten oline Mikroben, mit be- sonderer Berücksichtigung der Mosaikkrankheit der Tabaksblätter. Inaug.-Dissert. Erlangen 1900; cit. v. Hungei! a. a. 0. S. 269. ^) WiJODS, A. F., The destruction of Chlorophyll by oxidizing Enzymes. Centralbl. f. Bakt. 1899, Abt. II, Bd. V, Nr. "22 S. 745." ^) HiTNUER, F. W. T., Bemerkungen zur Wood'schen Theorie über die Mosaik- krankheit des Tabaks. Bull, de ITnst. Bot. de Buitenzorg 1908 No. XVII. ") Hunger, De Mozaik-Ziekte bij Deli-Tabak. Deel I. Mededeelingenuit S'Lands Plantentuin LXIII, Batavia 1902. ^} HuNGEu, On the spreading^ of the Mosaik-disease (Calico) on a tobaccofield. Extr. Bull, de Tlnstitut Bot. de Buitenzorg 190:3, Nr. XVII. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (583 versucht worden. Als das beste Mittel hat sich nach Koning die Kalk- znfnhr zum Boden erwiesen. Hunger konstatierte auch einen guten Erfolo- bei der Dünguno- mit Knochenmehl und warnt vor allen Dingen vor übertriebener chemischer Düngung. Nach meiner Anschaumig ist die Krankheit ein Ergebnis der Hochzucht, der durch Verminderung der Stickstoh'zufuhr und Erhöhung des Kaikens erlblgreich entgegen- gearbeitet werden kann. Woods sagt (Observations on the Mosaic disease of Tobacco, Washington 1902. S. 24): „Overfeeding with nitrogen favors the de- velopment of the disease , and there is some evidence that excess of nitrates in the cells may cause the excessive development of the fer- ments causing the disease." Besondere Berücksichtigung verdient auch die Auswahl des Samens, wie aus den Angaben von Bouygekes undPEKREAU^) hervorgeht. Diese Forscher entnahiüen von einzelnen Pflanzen , die mitten in einem ver- seuchten Felde bis zur Ernte von der Mosaikkrankheit frei blieben, das Saatgut und erhielten 98 "/o gesunde Pflanzen ; dieselben waren allerdings wieder ansteckbar von Wunden aus, die mit mosaikkranken Teilen in Verbindung gebracht wurden. Vor allem ist auf den Boden besondere Rücksicht zu nehmen. In Erde, die schon längere Zeit Tabak getragen hat, erkrankt gesunde Saat sehr leicht^). Die Pockenkrankheit des Tabaks. Wir erwähnten bereits bei der Mosaikkrankheit , dafs andere Ver- färbungserscheinungen vielfach zu Verwechslungen Veranlassung ge- geben haben. Ein Beispiel für letzteren Fall bietet die Pockenkrank- heit, auf deren Verschiedenartigkeit von der Mosaikkrankheit Iwanowski und PoLOFTZOFF^) aufmerksam machen, die im Auftrage des russischen Ackerbauministeriums die Krankheit drei Jahre hindurch in Bessarabien studiert hatten. Die Ki'ankheit äulsert sich nach Hunger*) im Auftreten zahlreicher, kleiner, weifser Fleckchen zu Zeiten grofser Trockenheit, während in Deli die Mosaikkrankheit gerade nach Eintritt scharfer Regengüsse zu beobachten ist. Die Ursache wird in ähnlichen Um- ständen wie bei der Mosaikkrankheit gesucht. Weisser Rost des Tabaks. Ferner ist mit der Mosaikkrankheit eine Erscheinung verwechselt worden, die als Weifser Rost bezeichnet wird. Delacroix-^j hat darauf aufmerksam gemacht, dafs hierbei nicht die jungen, sondern die aus- gewachsenen Blätter zuerst erkranken , die Flecke auch zahlreicher, aber kleiner sind und sich scharf abheben ; schliefslich werden dieselben durch eine Korkschicht abgegrenzt. Die Veranlassung soll ein INIikro- organismus, Bacillus maculicola, sein. 'j BuuYGEREs et PKuiiKAr, Contributions ä l'etude de la nielle des feuilles du tabac. Compt. rend. 1904, CXXXIX, p. :-509. -) Bkhhes.s, J., Weitere Beiträge zur Kenntnis der Tabakpflanze. Landwirtsch. Versuchsstat. 1899, S. 214 ff. u. 482 ff. ■) IwAN(>w8Ki und Poi.dFiZdFK, Die Pockenkrankheit der Tabakspflanzen. Mem. de l'Acad. Imp. de St. Petersbourg 1890, ser. VII, t XXXVII. *) Hlixgkr, Zeitschr. f. Pilanzenkrankh. 1905, S. 297. Hier auch die betreffende Literatur. ^) Dei.acroix, G., La rouille blanche du tabac et la nielle etc. Compt. rend. 1905, CXL, p. 675. (334 Il-f« Enz\'niatische Krankheiten. Erkrankung der Erdnüsse in Deutsch-Ostafrika, Nacla Karosek^) ist Arachis hypogaca, eine der wichtigsten Kultur- pflanzen der Kolonie, im allgemeinen nur wenig von Krankheiten heim- gesucht. Um Tanga und Lindi ist nun im gröfseren Maisstabe eine Erscheinung aufgetreten, die an die Mosaikkrankheit erinnert. Blätter, Blüten und Früchte bleiben klein, der Fruchtansatz gering. An den Blättern zeigen sich weifsliche , unregelmäisige Flecke , wodurch das Blatt etwas verlmippelt. Die Blätter werden schliefslich braun und sterben ab. Pilze sind nicht gefunden worden. Nährstofifmangel ist ausgeschlossen. Die Sehrumpfkrankheit des Maulbeerbaumes. Die durch ganz Japan jetzt verbreitete Kranklieit, welche in Europa sicherlich auch zu finden sein wird, ist erst seit vielleicht 20 bis 30 Jahren genauerer Beobachtung gewürdigt und erst im letzten Jahrzehnt ernstem Studium unterzogen worden. Nach Suzuki ^), dem wir in der Darstellung folgen, heifst die Krankheit in Japan Jshikubyo oder Shikuyobyo. Gerade so wie die Mosaikkrankheit tritt auch die Schrumpfkrankheit am intensivsten bei den zartblättrigen und schnell- wüchsigen Sorten auf. Innerhalb derselben Kulturvarietät leiden die Individuen am stärksten, welche zu viel flüssigen Dünger erhalten, während die in magerem Boden oder in Berggegenden angepflanzten Bäume beinahe frei von der Krankheit sind. Von besonderer "Wichtigkeit ist, dafs die Krankheit ungefälir gleich- zeitig mit der allgemeinen Einführung der sogenannten Schnitt- Methode in Japan sich bemerkbar machte. Diese besteht darin, dafs die Stämme oder Zweige zur Zeit der üppigsten Blattentwicklung (Mai- Juni) kurz über dem Boden abgeschnitten werden, wenn die Pflanze drei Jahre alt ist. Darauf produziert der Stock sofort wieder neue üppige Triebe, die bis September noch fünf bis sechs Fufs hoch werden. Diese Zweige werden im folgenden Sommer wieder geschnitten und zwar entweder kurz über dem Boden oder mehrere Fufs über der Bodenoberfläche. Die lang geschnittenen Exemplare leiden weniger von der Krankheit, und in denjenigen Gegenden, in welchen die Pflanzen nach der alten Kulturmethode gar nicht geschnitten werden, ist die Krankheit überhaupt unbekannt, so dafs man mit Sicherheit behaupten darf, dafs es sich auch hier wiederum um eine Folgeerscheinung _ der Hochkultur handelt. Für die Ansicht, dafs namentlich dieses Schneiden während der Triebzeit die Ursache der Schrumpf kr ankheit ist, spricht auch der Umstand, dafs die im Herbst oder ersten Frühjahr vor dem Laubausbruch geschnittenen Pflanzen gesund bleiben. Kranke Pflanzen kömien geheilt werden, wenn sie einige Jahre vom Schnitt verschont bleiben. Das erste Zeichen der Krankheit erscheint gewöhnlich an jungen, aus dem Stammstumpfe hervorbrechenden Zweigen , wenn dieselben etwa einen Fufs Höhe erreicht haben. Zunächst schrumpfen die obersten Blätter oder zeigen andere Schwächeerscheinungen, und diese Ver- ^) Karosek , A. , Eine neue Krankheit der Erdnüsse in Deutsch - Ostafrika. Gartenflora 1904, S. 611. ") Suzuki, U., Chemische und physiologische Studien über die Schrumi)f- kranklieit des Maulbeerbaumes, eine in Japan sehr weit verbreitete Krankheit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1902, S. 2m. Verschiebungen der enzymatischen FunktioneD. 085 ändermig schreitet allmählich abwärts fort, wobei die Blätter sich gelb- lich oder schmutzig-grün färben oder aber auch ihre normale Färbung behalten können. Meist finden sich diese Veränderungen langsam ein, indem im ersten Jahre nur die oberen Blätter einzelner Triebe er- kranken und der Zustand sich im Laufe der Jahre derart ausbreitet, dals der Baum abstirbt. Es gibt aber auch akute Fälle, in denen alle Blätter gleichzeitig in einem Jahre schrumpfen. Die Aste der erkrankten Pflanzen sind gewöhnlich sehr dünn und entwickeln selir zahlreiche Seitenzweige und Blätter; die Zweige erschlaffen bisweilen und verlieren ihre Festigkeit; die Wurzeln beginnen zu faulen. Man hat natürlich vielfach Parasiten für die Erkrankmig verant- wortlich gemacht und namentlich die Erscheinung als Folge einer parasitären Wurzelfäule hingestellt; aber nachweislich sind die Wurzeln in den ersten Stadien der Erkrankung der oberirdischen Teile noch gesund; aufserdem erscheint es von vornherein sehr bemerkenswert, dals ein Parasit immer nui* die nach der Schnitt- Methode, behandelten Bäume aufsucht. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Tatsachen wird man zu dem Schlufs gedrängt, dafs hier eine fortgesetzte Störung des Gleich- gewichts in den Ernährungs Vorgängen die Ursache sein mufs. Dies wird durch die zahlreichen Analysen Süzuki's bestätigt. Er fand z.B. im Durchschnitt von zehn Untersuchungen bei den Blättern der schrumpf- kranken Pflanzen, wenn der Gehalt der gesunden Blätter ^ 1(J<) ge- setzt wird : Wassergehalt 94,7*^0, Trockensubstanz 116 "/o. Li hundert Teilen der Trockensubstanz sind enthalten (normal mit 100 in Ansatz gebracht): Protem , , . . . 81,8 "/o Fett 86,0 „ Rohfaser 81,4 „ Stickstofffreie Extraktivstoffe 120 „ Reinasche 91 „ Gesamtstickstoff 81,8 „ Eiweifsstickstotf' 86,8 „ Nichteiweifsstickstoff ^i'o,^^ „ In 100 Teilen Asche sind enthalten (normal mit 100 in Ansatz gebracht): Si02 . . . 113,1 o/o K'O . . . 92,3 o/o S03 . . . 97,2 „ CaO . . . 105,5 „ P^O-5 ... 101,6 „ MgO . . . 120,6 „ Also : grofser Aschereichtum im Verhältnis zur produzierten organi- schen Substanz, wie wir dies als typisch für alle Mangelpflanzen be- reits betont haben. Was nun die Schrumpfkrankheit der Maulbeerbäume charakterisiert, ist eine Anschoppung von Stärke in den kranken Blättern und eine sehr mangelhafte Ausbildung des Holzkörpers , namentlich der stoff- leitenden Bahnen, des Siebröhrenkörpers. Durch die geringe Zalil und Lumenbreite dieser Elemente kann nur eine laiigsame Wegführung der Assimilate (hier speziell des Zuckers) stattfinden ; infolgedessen ()g(3 in. Enz^'matische Krankheiten. wird die weitere Lösung der Assimilatioiisstärke gehindert M. Neben diesen anatomischen Verhältnissen weist nun die Chemie eine abnorm grolse Quantität von Oxydasen und Peroxydasen nach. Nach "Woods ist es sehi' wahrscheinlich, dals die Oxydasen nicht nur Chlorophyll zerstören, sondern auch die diastatische und proteolytische Wirkung verhindern, und deshalb würden sie die Ursache der Verzögerung in der AVanderung der Stärke und der StickstofFverbindungen sein können. Allerdings be- hauptet Shibata^j auf Grund seiner Studien, dais die Diastasewirkung nicht durch die Oxydase verhindert wird und dais die Mehrproduktion der Enzyme durch die gesamte Entleerung der Assimilate hervorgerufen würde. "Welche von diesen Ansichten die richtige ist, müssen spätere Untersuchungen klarstellen. Uns genügt hier die Tatsache , clafs die Gesamtmenge der Reservestoffe bei den kranken Pflanzen erschöpft wird (Suzuki a. a. 0. S. 277). Dies kommt auch in der mangelhaften Füllung der Zweig- und "Wurzelrinde und der ruhenden Knospen mit Stärke zum Ausdruck und äufsert sich aufserdem im Nachlassen des "Wurzeldruckes und der Transpirationsintensität (Miyoshi). Es ist nun erklärlich, dais, wenn eine Pflanze durch Fortnahme ihres Laubkörpers fortgesetzt gezwungen wird , ihr Eeservematerial zu ver- brauchen, sie nicht Zeit hat genügend die Ersatzorgane auszureifen, cl. h. hinreichend Stärke , Eiweifs und Cellulose in ihnen niederzu- schlagen. Die Heilung der Krankheit wird in der Rückkehr zum normalen Herbstschnitt bestehen. Sobald man Äste erkrankter Pflanzen durch Absenken zu selbständiger Bewurzelung bringt, entwickeln sich die- selben normal, wie Suzuki experimentell gezeigt hat. Übrigens kommen ganz ähnliche Krankheitserscheinungen auch bei dem Teestrauch vor, sobald das Abpflücken der Blätter unrationell betrieben wird. Die Serehkrankheit des Zuckerrohres. Die auf Java zuerst in den achtziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts aufgetretene und von "Westen nach Osten fortsckreitende Sereh ist zur Zeit wohl die gefürchtetste Krankheit des Zuckerrohres ; sie ist jetzt auch auf Reunion, Sumatra, Borneo, Malakka, den maskarenischen Inseln und in Australien beobachtet worden^). Der Name stammt nach Krüger*), dem wir hier zunächst folgen, von der javanischen Bezeichnung des auf Java häufig in Gärten angebauten Andro- pogon Schocnanthui) (jav. Sereh). welches Gras aufserordentlich reich verzweigte Büsche bildet. In ihrer ausgebildetsten Form tritt nun die Krankheit des Zuckerrohrs auch in einer übermäfsigen Bildung- kurzer Seitentriebe, welche die Pflanze buschig machen, auf. Der "Wurzelkörper zeigt geringe Ausdehnung, weil nur wenig schlanke Äste sich im Boden ausbreiten; die Mehrzahl der "Wurzeln bleibt kurz und buschig, da ihre Spitzen absterben und die Neubildungen ') Mivusni, M., Untersuchungen über die Schrumpf krankheit (,Jshikubyo") des Maulbeerbaumes. II. Journ. Coli. Sc. Tokio 1901, vol. XV. ^) Shibata, K., Die Enzymbildung in schrumpfkranken Maulbeerbäumen. The Botanical Magazine XVII, 1903. 3) Cit. Zeitschr. J. Pflanzenkrankh. 1901 S. 297. *) Krüger, W., Über Krankheiten ii. Feinde des Zuckerrohrs. Ber. d. Versuchs- station f. Zuckerrohr in West- Java, Kagok-Tegal. Dresden, Schönfeld's Verlag, 1890, S. 126. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. 687 demselben Schicksal verfallen. In dem abgestorbenen Gewebe finden sicli reichlich Parasiten, unter denen auf Java Tißenchus sacchari Soltw. am meisten vorhanden ist. Die Internodien der Stengel bleiben kurz, die Augen in den Blattachseln schwellen halbkugelig an, während sie (mit Ausnahme einzelner Sorten) bei dem normalen Rohr flach muschelförmig in kleinen Vertiefungen des Stengels liegen. Das Wachs- tum des Haupttriebes bleibt zurück und dafür entwickeln sich schnell die unteren, namentlich die in der Erde befindlichen Augen. Bei diesen neuen Trieben aber wiederholt sich alsbald derselbe Vorgang des Zurückbleibens des Spitzenwachstums und Hervorbrechens sekundärer Achsen, wodurch der ganze Stock eine abnorme Buschbildung erhält. Das javanische Material, das ich zur Untersuchung zugeschickt be- kommen habe, zeigte an oberen, hochgelegenen Punkten des Stengels bisweilen eine derartige Verästelung der Seitenachsen, dafs sich hexen' besenartige Nester bildeten. Zwischen dieser büschelartigen Ver- zwergung und dem schlanken normalen Zustande finden sich in den verschiedenen Ivrankheitsstadien alle möglichen Übergänge. Infolge der starken Verkürzung der Internodien stehen die Blätter fächerartig beieinander; die Blattscheiden sind wie ineinander ge- schachtelt. Ihr Absterben erfolgt in vielen Fällen nicht, wie normal, vom Rande aus nach dem ]\Iittelnerv hin fortschreitend, sondern um- gekehrt , und die Folge ist , dafs sie lange am Stengel sitzen bleiben und Niststätten für Mikroorganismen bilden. Ihre Farbe ist meist dunkler als die der normal abgestorbenen Blätter, und während diese zähe sind, zeigen sich jene spröder und unterliegen leicht dem Zerfall. In dem Querschnitt dui'ch einen Knoten des kranken Rohres fallen sofort die intensiv rotgefärbten Gefäfsbündel auf, deren Farbstoff mit Alkohol ausziehbar ist. Die Zellmembranen sind häufig verquollen und teilweis zerstört. Diese Rotfärbung der Bündel tritt schon in Stecklingen und bei älteren Pflanzen in den ersten Ki'ankheitsstadien auf, so dafs man glaubte , sie als ein besonders beachtenswertes Merkmal hervorheben zu müssen. AVir haben die Rotfärbung der Zellmembranen bei vielen nicht parasitären Erkrankungen a'ou Monocotylen beobachtet, und Busse ^) hat dieselbe bei der Sorghunt-Hirse in Deutsch-Ostafrika künstlich dadurch hervorrufen können , dafs er die Blattspreiten mit Vaselin oder Paraffinöl bestrich. Die Färbung leitete sich in den Stereombelägen der Gefäfsbündel weiter fort und wird von Busse auf eine Störung des Atmungsprozesses zm-ückgeführt. AVir halten die Rotfärbung für eine Oxj^dationserscheinung, die bei den verschiedensten Ursachen, namentlich aber bei AVurzel- erkraukungen eine Funktionsstörung im Leitungssystem anzeigt. Sehr deutlich tritt sie auch bei der Ananaskrankheit, einer parasitären, durch Thiclnvioims rt/iaccficus erzeugten Krankheit des Zuckerrohrs auf, die durch Stecklinge fortpflanzbar ist. Je gröfser der Zuckerreichtum des Stengels — er nimmt von der Basis bis ungefähr zm' Mitte hin ständig zu — desto leichter erkranken die Stecklmge dm'ch den Pilz 2). Die Rotfärbung erscheint bei der Serehkranklieit bisweilen ganz isoliert in einzelnen ') BrssK, Waltek, Untersuchungen über die Krankheiten der Sorghum-Hirse. Arb. d. Biol. Abt. f. Land- u. Forstw. am Kaiserl. Gesundheitsamte 1904, Bd. IV, Heft 4, S. 819. 2) CoiiB, N. A., Fungus Maladies of the Sugar Cane. Rep. Exp. Stat. of the Hawaijan Sugar Planters" Association. Bull. 5, Honolulu 1906, PL 1, p. 218. (jgg III. Enzymatische Krankheiten. Knoten, während das darunterliegende Internodium noch unverfärbte Fibrovasalstränge besitzt. Dies lälst darauf schhelsen, dals die Krank- heit ein Allgemeinleiden, eine Konstitutionski^ankheit darstellt, die ihre ersten sichtbaren Symptome bald hier bald dort an besonders geschwächten Stellen in die Erscheinung treten läfst. Man hat die Ursache der Kranklieit in den verschiedenartigsten Einflüssen gesucht : Bodenerschöpfung, Degeneration durch fortgesetzte ungeschlechtliche Vermehrung, abnorme Witterungsverhältnisse, un- passende Düngung, namentlich mit Erdnufskuchen (Bungkil), zu tiefes Pflanzen bezw. zu hohes Anerden , zu frühe oder zu späte Pflanzung und endlich Parasiten. Von letzteren kommen Nematoden, Fadenpilze und Bakterien in Betracht. Nun widersprechen die Untersuchungen des einen Forschers den- jenigen eines anderen. So gibt beispielsweise Krüger an, dafs er als steten Begleiter der Krankheit Bakterien in den Gefäfsen gefunden habe, während Tschirch ^) die Bakterien als Kraifliheitsursache für aus- geschlossen hält und die ersten Anfänge in einer Wurzelverletzung erblickt. Benecke-) steht auf der Seite von Krüger; Möbius^) wendet sich gegen die Behauptung einer vorliegenden Degeneration und sucht die Ursache auch in parasitären Organismen. 0hl ^) sieht die Ursache der Serehkrankheit undderBlattfallkrankheit des Kafteebaumes in Java in der Entwaldung derBerge und der daraus hervorgehenden Trockenheit. Eben- falls auf Wassermangel führt Janse ^) die Krankheit zurück, insofern als er glaubt, dals die gummiartige Verstopfung der Gefäfse die Leitung be- hindert. Die Bildung der gummiartigen Substanz bringt er mit Bakterien in Verbindung {BaciJhis Sacchari). Went^) betrachtet die Sereh direkt als eine Gummöse, die durch das Zusammenwirken einer parasitären Wurzel- und Blattscheidenerkrankung zustande kommt und sich durch Stecklinge fortpflanzt. Als nicht parasitäre Gummöse fafst Wakker^) die Krankheit auf, die damit zusammenhängt, dafs die während des trocknen Monsuns entwickelten Stecldinge in der folgenden Regenzeit Wasserüberschufs bekommen. So wogt der Kampf der Meinungen bis in die neuste Zeit fort^), ohne dafs er zu positiver Einigung geführt hätte. Der Grund ist wahr- scheinlich darin zu suchen, dafs die bei der Serehkrankheit angegebenen Merkmale auch bei anderen Krankheitserscheinungen vorkommen, wie beispielsweise der folgende Abschnitt zeigen wird, und dafs daher ver- ^) Tschirch, A., Über Sereh, die wichtigste aller Krankheiten des Zvickerrohres in Java. Schweiz. Wochenschrift f. Pharmazie 1891. 2) Benecke, Franz, Proefnemingen ter Bestrijding der „Sereh". Samarang 1890. Weitere Abhandlungen desselben Autors s. Zeitschr. f. Pflanzenkr. 1891, S. 854, 861. ^) MüRius, M. , Over de gevolgen van voortdurende vermenigvuldiging der Phanerogamen längs geslachteloosen weg. Mededeelingen van het Proefstation „Midden Java'' te Samarang. 1890. *) 0hl, A. E., Eene Waterstndie. Batavia 1891 ; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. Bd. I, S. 365. 5) Cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1898, S. 238. 6) Went, f. A., Die Serehkrankheit; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1894, S. 285 und 1901. S. 297. ■') Wakker, J. H., De Sereh-Ziekte S. A. Archief voor de Java-Suikerindustrie. 1897; Afl. 8. ^) Hein, A. S. A., Hypothesen en Ervaring omtrent de Sereh ziekte. De Indische Mercuur. Amsterdam 1905; cit. Jahresber. f Pflanzenkrankh. v. Hollrung, Bd. VIII, 1906, S. 245. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (ig*-) schiedene Untersucher auch verschiedene Krankheitsformen unter den Händen gehabt haben dürften. Von den positiven Ergebnissen heben wir einige Tatsachen heraus, nämhch, dafs gesundes Rohr mitten in serehkranken Pflanzungen sich gesund erhalten kann, und dafs zweitens krankes Rohr in gesunden Feldern krank bleibt. Es kommt ferner hinzu, dafs manchmal tiefe Feldränder zuerst oder allein erkrankt sich zeigen, mid dafs das stark zur Erkrankung neigende Cheribon-Rohr im Gebirge angeplianzt, ge- sunde Stecklinge ergeben hat. Bekannt ist aufserdem, dafs einzelne Varietäten nahezu immun, andere sehr hinfallig sind. Ja, Stecklinge derselben V^arietät aus serehfreien Örtlichkeiten halten sich auch in infizierten Gegenden zunächst gesund. Daraus geht hervor, dafs die Krankheit schwerlich parasitär ist, sondern in die Gruppe der Gum- mösen fällt. Es wird dabei gar nicht bestritten , dafs auch bakteriöse Giunmosezustände bei der Sereh existieren, ähnlich wie bei der Schwanz- faule unserer Zuckerrüben, aber auch diese Formen hängen von gewissen Schwächezuständen des Pflanzenleibes ab , die wir als Verschiebungen der enzymatischen Funktionen bezeichnen. Wir erblicken in der rücksichtslosen Kultur des Zuckerrohrs bei gesteigerter Düngei*- und Wasserzufuhr auf schwerem Boden in ge- schlossenen Lagen usw. die Ursache , dafs das Rohr nicht genügend ausreifen, d. h. Reservestofte, also hier Rohi'zucker ablagern kami. Tat- sächlich ist der Rückgang im Zuckergehalt bei der Sereh ungemein grofs. Wh- sind nicht in der Lage, den Vorgang zu präzisieren , der den Mangel an Reservestoffen veranlafst. Es ist aber für die Beurteilung der Krankheit gleichgültig, ob dabei ein Überschufs abbauender oder eine Lähmung aufbauender Enzyme vorhanden ist. Die Stoftwechsel- vorgänge , welche zu diesem Rohrzuckermangel führen, sind natürlich in der ganzen Pflanze vorhanden, gleichviel wo sie sich symptomatisch geltend machen. Also jeder kleinste Teil des kranken Rohres , auch wenn er keine Symptome von Sereh erkennen läfst, ist tatsächlich prädisponiert und enthält eben die abwegigen Stoffwechselvorgänge. Mithin ist jeder Bibit (Steckling) einer serehkranken Pflanze ein Todes- kandidat, sobald er in Verhältnisse kommt, welche der Krankheit günstig sind; er heilt sich aber aus und kommt zu normaler Enzym- tätigkeit zurück auf Ländereien, wo Sereh nicht zum Ausbruch kommt. Daraus ergibt sich als bestes Mittel die Auswahl serehfester Sorten oder wenigstens die Anzucht von Bibits in freien Gebirgslagen und sonstigen Ortlichkeiten, welche die Krankheit nicht aufkommen lassen. Wahrscheinlich wird eine Kulturänderung in der Richtung, dafs nur schwache Düngungen und lockerer Boden sowie freie Lagen zur Rohr- kultur zur Verwendung kommen, auch in ausgesprochenen Krankheits- herden die Sereh zum Stillstand kommen lassen, AVir gla iiben , dafs auch d ie als Rotze des Zuckerrohrs be- schriebenen Krankheiten hierher gehören. Desgleichen ziehen wir hier- her die von Si'Egazzim ^) beschriebene Pulverkrankheit, die auch mit roten Flecken und Gummiausscheidung auftritt, aber sich durch unangenehmen Geruch bemerkbar macht. Es leidet namentlich die Stengelbasis. Aus dem Gummischleim liefs sich ein Bazillus isolieren {BaciJJus Sacchnri), der einen sauren Nährboden braucht und eine ') Spkgazzixi, La gangrena huniida o polvillo de la canna do zurchero. Rivista azucarera 1895. Sorauer, Handbuch. 3. AuH. Krster P.and. 44 (-^90 ^^^- Enzymatische Krankheiten. Eiweil'sfäulnis liervorriift , welche die Veranlassung zu dem ekelhaften Geruch des kranken Rohres gibt. Dieselbe Krankheit kommt auch bei Andropoi/on nutans vor. Betreffs des Zustandekommens der Rotfärbung der Gefäfsbündel und des Gummis beim Zuckerrohr durch Mikro- organismen ist eine Arbeit von Gkeig Smith ') von besonderer Wichtig- keit. Er fand rote Gefäfsbündel sowohl an sonst gesundem Rohr als auch an den von Bacilhis rasrularum Cobb gummös gewordenen Stengeln. Die rote Färbung war dm^ch die Ausfüllung der grofsen Gefäfse durch ein rotes Gummi entstanden, wie bei der Sereh und anderen Zuckerrohrkrankheiten. Er fand ferner einen Fadenpilz, der auf Nährmedien mit Dextrose eine glänzende, hoch scharlachrote Färbung, aber kein Gummi erzeugte und in den erkrankten Gefäfsen Gummi- bakterien, nämlich Bar/lh^s psmdarahinus n. sp., Bact. Sacchari („diese Art bewohnt normalerweise das Zuckerrohr") und aufserdem Bact. vascidarum. Auf Platten von Nähragar mit Laevulose pro- duzierte der Pilz keinen Farbstoff, aber in Kombination mit Bact. pseudarabimis wurde ein leuchtend scharlachroter, mit Bact. Sacchari ein rostbrauner erzeugt. Aus diesen Beispielen ersieht man, wie die Beschaffenheit des Mutterbodens die parasitäre Tätigkeit zu modifizieren imstande ist, und auf welche Weise daher wechselnde Krankheitsbilder entstehen. Vor- bedingung für das Zustandekommen der Krankheit ist aber eine Abwegigkeit der normalen Stoffwechselvorgänge im bisher gesunden Rohre, welche die Vermehrung von (wahrscheinlich stets vorhandenen) Bakterien begünstigt und die bei den verschieden empfänglichen Rohr- sorten bald früher, bald später eintritt, bei den immunen Sorten aber unterbleibt. Die Cobb'sehe Zuckerrohrkrankheit. Nach Ekwin Smith ^) hat die Serehkrankheit viel Ähnlichkeit mit der von ihm bescln-iebenen Cobb 'sehen Krankheit des Zuckerrohres in Australien (und wahrscheinlich auch auf Mauritius, Java und Brasilien). Die letztere charakterisiert sich auch durch Zwerghaftigkeit des Wuchses, Verkürzung der Internodien , Albicatio , vorzeitiges Aussprossen der Knospen und Fortpflanzung durch infizierte Stecklinge. Sie unterscheidet sich aber wesentlich dadurch, dafs das Herz des Rohrstengels rotzig wird und dafs beständig in den (blutroten) Bündeln des Stammes massen- haft ein gelber Schleim (gum) auftritt. Durch sorgfältige Impfversuche ist nachgewiesen, dafs die Ursache der Erlo-ankung Pseudomonas {Ba- cillus Cobb) vascidarum ist. Die Rotfärbung der Bündel (entsprechend der Braunfärbung bei anderen bakteriösen Gummösen) hält S. für eine Reaktion der Pflanze. Nach Prinsen Geeklings existiert in der Cellulose des normalen Zucker- rohres ein neutraler, schwer löslicher ungefärbter Stoff, welcher bei Einwirkung von Alkali ins Gelbe übergeht (wie Gerbstoffe, Ref.), aber bei Durchlüftung rot und später braun wird. Das interessante Resultat ist der Nachweis , dafs bestimmte Rohr- varietäten (Common Green Cane) bei Impfversuchen eme aufser- ordentlich grofse Empfänglichkeit zeigten , während andere Varietäten ^) R. Greig Smith, Sidnev. Bakteriolog. Laboratorium der Linnean Soc. of New South Wales. Centralbf; f. Bakt. usw. 1906, Bd. XV, Nr. 25, S. 783. -) Smith, Ekwin, Ursache der Cobb'schen Krankheit des Zuckerrohres. Central- blatt f. Bakteriologie usw. 1904, Bd. XIII, Heft 22/28. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (391 (z. B. Common Purple Cane) nm- ganz leicht erki-ankten. Letztere zeigten nahezu den doppelten Säuregehalt des Saftes, und Smith vermutet , dais die hohe Empfänglichkeit für den Parasiten „nur auf der schwachen Acidität oder dem minimalen Auftreten einer spezifisch hindernden Säure" beruht. CoßB berichtet, dafs dort, wo solche wider- standsfähigen Sorten angebaut wurden, die Krankheit verschwunden sei. Zu derselben Krankheitsgruppe gehört die von mir als „bakteriöse G u m m o s i s " zuerst beschriebene , später als „ R ü b e n s c h w a n z - faule" bekannt gewordene Krankheit der Zuckerrüben (s. IL Teil des Handbuches S. 42). Soweit Versuche erkennen lassen, gelangen die Bakterien nur dann zur epidemischen Ausbreitung, wenn bei reicher Stickstoti'düngung anhaltende Hitze und Trockenheit die Vegetation der Rüben schwächen. Tritt bei derselben Überdüngung feuchtes "VVetter ein, geht zwar der Zuckerertrag bedeutend zurück, aber bakteriöse Gummosis bleibt aus '). Peach Yellow. Seit 1887 ist eine Krankheit der Pfirsichen in den Ver. Staaten von Nordamerika dem ernsteren Studium unterzogen worden, welche den ausgedehnten Kulturen ungemein grofsen Schaden zufügt. Es handelt sich um eine durch Veredlung übertragbare Gelbsucht^). Dadurch unterscheidet sich diese Gelblaubigkeit von den ähnlichen, durch Nähr- stoffmangel, Frost usw. veranlafsten Erscheinungen. Bei der Krankheit, die seit zwanzig Jahren in steter Zunahme begriffen ist und in manchen Landschaften (Delaware und Chesapeake Region) den Pfirsichbau un- lohnend gemacht hat, gilt als charakteristisch zunächst eine eigenartige Rotiieckigkeit und vorzeitige Reife der Früchte. Hierzu kommt die vorzeitige Entwicklung der Winterknospen und reichliche Proventiv- und Adventivaugenausbildmig. Also krankhafte Verzweigung wie bei der Sereh. Während die bisweilen auch im Fleisch rotstreitigen Früchte im ersten Jahre noch normale Gröfse haben , verkleinern sie sich in den folgenden Er kr ankmigs jähren und werden geschmacklos oder gar bitter. Die Erscheinung ist zunächst auf einige Aste beschränkt, breitet sich aber allmählich über den ganzen Baum aus. Dabei fängt das Laub an stellenweis gelbgrün zu werden, und schwächliche, bleiche Sprosse brechen aus der Rinde hervor. Die nächste Frühjahrsbelaubung tritt dann schon gelb oder rötlichgrün heraus; die neuen Triebe voi'butten und ihre Blätter rollen und verkrümmen sich. Bisweilen zeigen alle gesunden schlanken Triebe plötzlich an ihrer Spitze eine sich fortwährend wiederholende Bildung von immer schwächlicher werdenden Seitenachsen , und es entstehen (meist im Herbst) ganze Sprofsnoster. Früher oder später tritt der Tod ein. Bei Okulation von gesunden Augen erkrankter Bäume zeigte sich ein grofser Prozentsatz der Okulanten erkrankt, und zwar nicht blofs der aus dem Auge sich entwickelnde Trieb, sondern auch die Unterlage, ähnlich der Pana- chierung in der Albicatio. Zunächst als eine Varietät der geschilderten Krankheit galt die Peachrosette, die auch an Pflaumen auftritt und nunmehr von Smith ') s. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1892, S. 280, 1896, S. 296 und 1897, S. 66. — Blätter f. Zuckerrübenbau 1894, S. 1. '-') Smith, E. F., in Report of the chief of the Section of Vegetable Pathology. Washington 189U. — Smuh, Ekwix F., Additional evidence on the communicabihty of peach yellows and peach rosette. Washington 1891, Bull. 1. 44* 592 ^^^- Enzymatische Krankheiten. als besondere Krankheit angesprochen wird. Ilir Verlauf ist ungemein schnell, so dais schon in demselben oder spätestens im folgenden Jahre- der Tod eintritt. Auch hier entstehen Blattrosetten durch auffällig reichliche Entwicklung schlafender Augen und Aussprossung normaler Seitentriebe, die aber kaum ein Sechstel der Länge gesunder Triebe erreichen und sofort wieder Seitensprosse entwickeln, die wiederum sich verzweigen. Solche Zweignester enthalten manchmal 200 bis 400 kleine Blättchen und mifsgestaltete Nebenblätter. An der Basis der Triebe sind die Blätter gröfser und besser ausgebildet, aber eigentümlich an den Rändern eingerollt und durch eine gewisse Starrheit der Mittel- rippe auffällig steif. Diese Blätter werden schon im Frühsommer gelb und fallen ab; im Laufe des Sommers trocknen die ganzen Rosetten ein. Die Blumen an den erkrankten Trieben entwickeln sich hier aber nicht früher, sondern eher etwas später als bei den gesunden; da- gegen fallen die gummös werdenden Früchte ab, wenn sie noch grün sind und zeigen niemals die roten Flecke, wie bei der Peach Yellow- Krankheit. Li beiden Krankheiten erweisen sich die feinen Seiten- wurzeln geschrumpft und abgestorben, und die Rosettenkrankheit ist vielfach mit reichlichen Gummiherden vergesellschaftet gefunden worden. Auch die Rosettenkrankheit ist durch Okulation auf die Unterlage über- tragbar. Nur entwickeln sich in der Regel viel mehr normale Seiten- augen an einem Zweige zu Rosetten, und dadurch wird die Büschel- bildung eine dichtere als bei der Peach Yellow. Betreffs der Ursache sind die Meinungen geteilt; doch kommt hier die Bakterientheorie weniger zum Ausdruck, nachdem anerkannt worden ist, dafs Mycel und Bakterien in vielen Fällen nicht zu finden gewesen sind. Man kommt also hier viel allgemeiner zu der Anschauung^ dafs es sich um eine Konstitutionskrankheit handelt, bei der die abwegigen Stoffgruppen, wie bei der Albicatio und der Mosaikla^ankheit sich durch Veredlung übertragen lassen ; hier ist sogar die Übertragung durch den Pollen wahrscheinlich, da Morse ^) beobachtet hat, dafs von drei Pfirsich- sorten zwei erkrankten, eine dritte aber. White Magdalene, gesund blieb. Diese liefs sich mit anderen nicht lo-euzen. Von den aufs erordentlich zahlreichen praktischen Versuchen, die namentlich Smith ^) angestellt hat, kann als Resultat nur gemeldet werden, dafs dadurch kein Hinweis auf die Ursache erlangt worden ist. Nährstoffmangel und -überschufs können in gewöhnlichen Jakren nicht als Grund einer Erkrankung angesehen werden; doch läfst sich beob- achten, dafs regenreiche und kühle Sommer eine Abnahme, grofse Trocken- perioden eine Zunahme der Erkrankungen zeigen. Bei der Rosetten- krankheit wurde durch Veredlung auf Mariannenpflaume anscheinend ein Schutzmittel gefunden, da die vom kranken Pfirsich stammenden Augen sich zu gesunden Trieben entwickelten. Infektionsversuche mit etwa 20 verschiedenen Bakterien- und Hefearten aus dem Gewebe kranker Pfirsiche zeigten keinen anderen Erfolg, als dafs in einigen Fällen an der Impfstelle Anschwellungen oder Gummiflufs entstanden^). ') MonsE, E. W., On tlie power of some peach trees to resist the disease called „yellows". Bull. Bussey Institution, Cambridge 1901; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkr. 1902, S. 58. 2) Smith, E. F., Experiments with fertilizers etc.; cit. Zeitsclir. f. Pflanzenkr. 1894, S. 177. 2) Smith, E. F., Additional notes on peach rosette. The Journal of Mvcology. Vol. VII. Nr. 8, 1893. YerschiebuDgen der enzymatischen Funktionen. 093 Mandelbäume leiden von beiden Krankheiten . von der Gelbsuclit auch die Aprikosen und die japanische Pflaume M. Unserer Anschauung nach handelt es sich hier auch um Schäden, die durch intensive Kultur und Nichtberücksichtigung der Bodenansprüche des Pfirsichbaumes hervorgebracht werden. Alle schweren und sehr dungreichen Böden sind der Pfirsich für die Dauer gefahrlich. Anbau aut lockeren Bodenarten und freier Standort dürften bei der Bekämpf ang- in erster Linie zu berücksichtigen sein. Der Gummifiuss der Kirschen. Der Gummiflufs ist als eine weitverbreitete Erscheinung, namentlich in der Familie der Steinobstgehölze bekannt, die durch sehr verschieden- artige Ursachen hervorgerufen werden kann. Hauptsächlich sind es bei uns die Kirschen und Pfirsiche, welche am häufigsten an Gummiflufs leiden. Wir sehen bald hellgelbe, durchsichtige, bald braune, trübe, feste Massen über einen Teil der Rinde eines Zweiges, oder Stammes ergossen. Diese Massen sind in kochendem AVasser löslich, in Weingeist unlöslich, unkristallisierbar, geben mit verdünnter Schwefelsäure gekocht einen gärungsfähigen Zucker und liefern, mit Salpetersäure behandelt, Schleimsäure, sind also ein Glied jener Gruppe, welche die organische Chemie mit Gummi bezeichnet. Je nach ihrer Quellbarkeit im Wasser hat man verschiedene Arten von Gummi unter- schieden; das in kaltem Wasser vollständig lösliche Gummi hat man als Ar ab in eingeführt, das die Eigenschaften einer Säure hat-); das in Wasser zu einer klebenden Gallerte aufquellende Tragantgummi ist ein Repräsentant der Bassoringruppe, und als Cerasin wurde die Modifikation des Bassorin angesprochen, die in kochendem Wasser löslich ist. Das Gummi der Kirschen und Pflaumen ist ein Gemisch von Arabin und Cerasin. AVir düi'fen annehmen, dafs das bei der Gummöse gebildete Gummi je nach der Zeit seiner Entstehung und je nach Charakter der Gewebe, aus denen es entsteht, in seiner Zusammen- setzung wechselt. Es dürfte Verwandtschaft mit den Pektinsubstanzen besitzen. Das arabische Gummi trägt den Charakter eines organischen Kalksalzes. Den besten Einblick in das Wesen der Krankheit erlangen wir bei Betrachtung eines jungen, stark gummösen Kirschenzweiges, wie er in Eig. 155 1 u. 2 dargestellt wird. Hier zeigen sich zunächst mitten im normalen Holzkörper einzelne Gefafse, welche gänzlich mit Gummi an- gefüllt sind (Eig. 155 2a), und zwar hat sich dasselbe zum Teil schon aus der sekundären Gefälsmembran gebildet. Durch Behandlung mit Salzsäure, welche die Holzzellen- und Gcfäfswandungen , sowie die eigentlichen Bastzellen leuchtend karminrot färbt, erkennt man den Übergang der noch roten Gefäfswand in das gelbe , hier tropfenförmig aufsitzende Gummi sehr leicht. Diese Erscheinung ist häufig nur Vor- läufer oder Begleiter einer viel tiefer eingreifenden Gummibildung, wodurch grofse Gummidi^usen im Holz und in der Rinde entstehen. Schon an einjährigen Zweigen gelingt es , die ersten Spuren des Gummiflusses zu entdecken. Bei Durchmusterung von Querschnitten jugendlicher Zweige, an denen sich die Gummosis nur durch Auftreten eines äufserst kleinen, schwarzen Punktes dem blofsen Auge kenntlich 1) Cit. Zeitschr. f. Pflauzenkrankli. 1896, S. 156. 2j Cz.u-EK, Fr., Biochemie d. Pflanzen. Leipzig 1905. Bd. I, S. 554. ß94 m- Enzymatische Krankheiten. maclit , zeigen sich bisweilen hellere Stellen im Holzkörper , die bei genanerer Untersuchung aus parenchymatischen anstatt aus pros- enchymatischen Zellen zusammengesetzt sind. Dieses abnorme Holz- parenchym (Fig. 155 2 p) ist meist von dem normalen Holzkörper eingeschlossen, der es auch vom Cambium (2c) abgrenzt. In der Regel sind diese helleren Stellen , welche parallel der Peripherie und meist getrennt durch dünne , radiale Streifen normalen Holzes neben- einander gelagert sind, in verschiedenen Entwicklungsstadien. Einige sind vollständig unversehrt, andere zeigen bereits die Zellen in der Mitte zu Gummi umgewandelt; in einzelnen Fällen ist schon das ganze abnorme Parenchym und ebenso das feste , normale Holz in vollständigem Übergange zu Gummi (Fig. 155 2d). Es wird dabei die Intercellularsubstanz zuerst aufgelöst •, dann folgt die primäre und endlich die sekundäre Membran der Gefäfse und Holzzellen. In solchen gröfseren Gummilücken tritt ein eigentümlicher Vorgang von Wachstum einzelner Zellelemente neben der gleichzeitigen Auflösung der übrigen ein. Während nämlich die Holzzellen und Gefäfse der Gummifizierung unter- liegen, wachsen zunächst einzelne Markstrahlzellen etwas in die Länge; die Stärke, welche sie enthalten, wird aufgelöst; in einigen bemerkt man hier und da zwei neue Zellen , die sich in divergierenden Richtungen verlängern. Die mehr nach innen liegenden, vom Gummi- herde etwas entfernteren Markstrahlzellen runden sich ab und verlängern sich ebenfalls, und so entstehen zahlreiche Fäden, welche Ähnlichkeit mit manchen Algen {Trcntepohha) haben (Fig. 155 m) und welche frei in die Gummimasse hineinwachsen. Allmählich verfallen auch diese Fäden der Gummosis ; auch sie werden von aufsen nach innen aufgelöst, was jedoch nicht in bestimmter Reihenfolge stattfindet. Manchmal sieht man die Zellen an der Spitze des Fadens bis auf einen dünnen Über- rest der Wandung verflüssigt; in anderen Fällen sind Zellen an der Basis aufgelöst, und es liegt dann das freigewordene Fadenstück iso- liert in der Gummimasse. Ganz ähnliche Vorgänge zeigen sich in der Rinde, deren dick- wandige Bastzellen (Fig. 155 h) sehr leicht der Gummosis unterliegen. Die Gummiherde sind in der Rinde häufiger anzutreffen als im Holze; in seltenen Fällen habe ich die ersten Anfänge nur im Cambium selbst gefunden, und zwar bei Pfirsich mehr als bei Kirsche. Wo aber auch immer die ersten Anfänge sich zeigen mögen, stet* ist das Übel bei weiterem Umsichgreifen gefährlich. Im Holz entstandene Gummifizierung teilt sich bald dem Cambium und der Rinde mit; bei gröfserer Ausdehnung in der Rinde, die wohl den gröfsten Teil des nach aufsen tretenden Gummis liefern mag, bleibt für die Folge auch das Cambium nicht unversehrt. Die Behauptung, dafs die Gummöse stets im Cambium beginne, ist nur dann richtig, wenn damit die Anlage unvollkommen ausgebildeter Zellen, die später der Schmelzung verfallen , gemeint ist. Der Verflüssigungsprozefs selbst kann an jeder Stelle der Achse und viel später beginnen, als die An- lage dieser Gewebe stattgefimden hat. Daher sehen wir Gummilücken mitten im Holzkörper. Das Endresultat ist im wesentlichen dasselbe. An einer Stelle des Stammumfanges ist schliefslich das Cambium vernichtet und der schon gebildete Holzkörper mehr oder minder krank. Eine sich weiter ausbreitende Wunde ist vorhanden; dieselbe ist aber äufserlich nicht immer kenntlich ; denn nicht immer wird eine kranke Stelle durch nach ^m U "~^~^r^Ä Fig. 155. Einjähriger Zweig einer Süfskirsche mit ausgebildeter Gummidruse und parenchymatischen Gewebegruppen im gesunden Holzkörper. (Orig.) (596 III- Enzymatische Kraukheiten, aufsen getretenes Gummi bezeichnet. Selten oder doch erst sehr spät tritt Gummi nach aufsen, wenn das Cambium zuerst von der Gummosis ergriffen ist. Es stirbt dann das feste, vorher gebildete Holz nur lang- sam ab, und zwar allmählich mehr nach der Tiefe des Stammes, nach dem Markkörper (Fig. 155 2h) hin, als in der Richtung des Stamm- umfange s . was von den gleichzeitig mit der Krankheit auftretenden Überwallungsbestrebungen herkommt. Ein Fall, der in der Zeichnung (Fig. 155 lg) dargestellt worden ist und nicht selten vorkommt, besteht darin, dafs der Rindenkörper mit Ausnahme einiger Bastbündel über dem gummösen Holze nicht aufgelöst wird, sondern zusammentrocknet. Dort ist der in der Fig. 155 X^ mit IF markierte Raum durch die Rinden- elemente (Fig. 2r) überspannt. Die Gummibildung ist dann keine sehr reiche; aber um so reicher tritt das Streben des Baumes hervor, die Wunde zu heilen , was am einjährigen Zweige schon deutlich wahr- nehmbar wird. Fig. 155 i, die einen älteren gummösen Stammteil dar- stellt, zeigt in u die mehrjährigen Überwallungsversuche des Baumes-, n ist ein abgehender Zweig. Reichlichere Holz- und Rindenbildung an den der Wunde zunächst liegenden gesunden Stammteilen (Fig. 155 2h) machen den Stamm an der AVundseite dicker als an der gesunden Seite /' inid ober- und unterhalb der Wunde. Wenn die Rinde über der Wunde erhalten bleibt, heben die Überwallungsränder (Fig. 155 u) die troclaie Rinde von dem kranken Holzkörper ab, und es iDildet sich auf diese Weise eine Höhle, deren hintere Wand von dem der Gummöse teilweise an- heimfallenden Holz- und Markkörper, deren vordere Wand von der vertrockneten (in unserer Figur nicht gezeichneten) Rinde und deren Seiten von den frischen Überwallungsrändern u u gebildet werden. Die dadurch entstehende Höhle ist ein Aufenthalt von Lisekten und Pilzen. Aber auch die neugebildeten Überwallungsränder bleiben selten intakt. In den meisten Fällen sieht man in dem üppig entwickelten, neuen Gewebe kleine Gummiherde (Fig. 155 2d'). Zwar sucht die lebendige Rinde die kranke Stelle durch Schichten von Lederkork ein- zuschliefsen : allein eine Heilung habe ich nicht bemerken können. Durch dieses Auftreten neuer (jrummiherde im Überwallungsgewebe erklärt sich das schwere Schliefsen der Wunde. Aus der Betrachtung des abgebildeten gummösen Kirschenzweiges haben wir folgende Punkte hervorzuheben: 1. die Entstehung parench}^- matischer Gewebegruppen zwischen den Prosenchymelementen des Holz- körpers ; 2. die Lage dieser Gruppen zwischen zwei Markstrahlen, welche um diese Parenchymnester herumbiegen können und (seltener) sich auch an deren Bildung zu beteiligen vermögen ; 8. die Entstehung dieser Gruppen unabhängig von Wunden; 4. die Schmelzmig dieser Gewebe- nester zu Gummilücken, in welche die resistenten Markstrahlzellen faden- artig hineinwachsen. Letzterer Umstand erklärt sich dadurch, dafs in derselben cambialen Ringzone eines Zweiges oder Stammes die Markstrah] Zellen dem zwischen ihnen liegenden Gewebe in der Ent- wicklung vorauseilen, also radial schon weiter in den Rindenkörper hinein verlängert sind und als Schwellgewebe funktionieren. Zur Zeit des Anfangs des Schmelzungsprozesses sind somit die Markstrahlzellen derber und widerstandsfähiger, und dadurch entstehen bei der nicht durch Wunden veranlafsten Gummosis die ersten Gummiherde als Lücken zwischen zwei Markstrahlen. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. (397 Die neueren Erklärimgsversuche über das Zustandekommen des Gmnmiflusses — über die älteren Anschauungen vergieiclie man die zweite Auflage dieses Handbuchs — gehen von den Erscheinungen der Verwundung aus. In einer sehr ausführlichen Arbeit behaupten Beuerinck und RantM, dafs der Gummitlufs „auf einer durch Wundreiz ver- ursachten abnormen Entwicklung des embryonalen Holzgewebes" beruhe. Beijekinck stellt sich die Sache so vor: Die normale Pflanze bildet cytolytische Substanzen, welche sich an der Grefäfs- und Tracheiden- bildung beteiligen. Das dabei erzeugte physiologische Gununi wird zwar gewöhnlich gänzlich resorbiert, bleibt jedoch unter Umständen als solches selbst in der Höhlung der erwachsenen Gefäl'se nachweis- bar. Der „Gummiflufs beruht nun auf abnormaler Steigerung der Wirkung jener cytolytischen Substanzen unter dem Einflufs absterbender Zellen, vielleicht dadurch, dafs bei der Nekrobiose eine besonders grofse Menge davon erzeugt wird. Unter Nekrobiose ist die Zelltätigkeit zu verstehen, nach Tötung des Protoplasma, aber bei dem Aktivbleiben der enzj'martigen Körper". Gegen diese Anschaumig wendet sich Ruhland 2), der zunächst dar- auf aufmerksam macht, dafs Gummifikation in Samen, Früchten^), Blättern und, worauf er besonders Gewicht legt, auch im Phellogen stattfinden kann. Er fand im jüngsten Phellogen bei Prunus Cernstis bedeutende Gummimassen und glaubt, dafs es sich „bei der gummösen Auflösung um eine allgemeine Eigenschaft embryonaler Zellen handelt, die aber im normalen Leben nicht zur Auslösung kommt, sondern erst auf einen weiteren Anstofs hin". Ruhland untersuchte die abnormen Gewebe- gruppen, welche bei Entstehung des Gummikanals zu beobachten sind, und fand blasenartig vergröfserte Zellen mit zwei ausgebildeten Kernen, ohne dafs zwischen ihnen eine Zellwand gebildet worden wäre. Der Vorgang wird durch die umstehende Fig. 150 erläutert. Also die Zellfäden , welche in eine Gummidrusc hineinragen, kommen dadurch zustande, dafs „eine nicht kranke, an der Basis des Fadens liegende Zelle sich wiederholt teilt, die entstehenden Tochter- zellen aber nur noch sich vergTöfsern , ohne sich zu teilen." Es wird der normale "Wandbildungsvorgang in den embryonalen Zellen gehemmt und die zur Querwandbildmig bestimmten Kolilenhydrate in Gummi- substanzen übergeführt. Die Ursache dieser Änderung sei darin zu suchen, dafs durch eine Verwundung die embryonalen Gewebe dem Sauerstoff der Luft zugänglich gemacht werden ; die eigentlich zur Quer- wandbildung bestimmten Kohlenhydrate (also Pektine) werden dann in das sauerstoffreichere Gummi übergehen. Grüss*) erklärt sich die ') Beijekinck, M. W., und Rant, A. , Wundreiz, Parasitismus und Gummiflufs bei den Amygdalaceen. Centralbl. f. Bakteriol. usw. 190."), XV, Nr. 12. — Rani, A., Die Gummosis der Amygdalaceen. Dissertation, Amsterdam 190ü. -j Rnii.A.vn, W., Zur Physiologie der Gummibildung bei den Amygdalaceen. Ber. d Deutsch. Bot. Ges. 19u7, Bd. XXV, S. :i02. ^) Besonders häufig kommt in na.sscn Jahren der Gummiflufs bei den Früchten der Pflaumen zum Vorschein. In der Regel sind es wasserklare Gummitröpfchen, die an dem Fruclitflei.sch aus Wunden, die von Insekten herrühren, hervortreten. Manchmal kann man keine Insektenyerletzung erkennen; es sind dann härter ge- bliebene, meist etwas abgeflachte Stellen, welche ein Gummitröpfchen tragen. Im Innern der Frucht erkennt man unter der Abflachung einen gröfseren Gummiherd. Bei Pflaumen sah ich auch Gummifikation des Steines an der Xalitfläche auftreten, so dafs bei geringem Druck die Hälften ausoinanderfielen. ■•) Grvss, Über Lösung u. Bildung d. aus Hemicellulose bestehenden Zellwände und ihre Beziehung zur Gummosis. Bibl. bot. Heft 39, Stuttgart 1896. Erwin Naegele. 698 III. Enzvmatische Krankheiten. Oxydation durch 0 -Üb erträger, welche sich bei dem Austreiben im Gewebe bilden. Schon früher nahm Wiesner ^) ein Ferment an , das, gleich der Diastase, die Guajakemulsion bläut und durch Kochen zer- stört wird. Bei der Behandlung mit Orcin und Salzsäure tritt nach kurzem Kochen eine rote oder violette Färbung auf, und es scheidet sich ein blauer Niederschlag aus. Im Anfangsstadium der Gummöse sieht man nur die Inhalte der Parenchj^mzellen sich derart färben, woraus zu schliefsen ist, dafs das Ferment im Protoplasma seinen Sitz hat. Das Ferment ist im Gummi der Stein- und Kernobstbäume, in arabischen und anderen Gummiarten nachgewiesen worden. Dafs die Sauerstoffzufuhr ein unbedingtes Erfordernis zu sein scheint, zeigen RuHLANü's Versuche mit Sauerstoffabschlufs, wobei die Entstehung von Gummiherden unterblieb. Nach unserer Anschauung ist die BEUEKiNCK-RANTsche Theorie von der Nekrobiose unhaltbar, da Gummosis ohne vorheriges Vorhandensein toter Zellen in ganz jungen Zweigen und einjährigen Sämlingspflanzen an solchen Stellen zu finden ist, die, wie bei Fig. 155 2 p, noch intakte Fig. 156. Schnitte durch das gummibildende Gewebe (fixiert mit Chromessigsäure, gefärbt mit Safranin-Gentianaviolett-Orange-G.). (Nach Ruhland.) .1 ein konfervenai-tiger ZelUaden, B eine junge Gummilücke; bei « und h je eine zweikei-nige Zelle. Zellennester darstellen. Also der Wundreiz kommt hier gar nicht ins Spiel. Wir glauben vielmehr, dafs alle embryonalen und ausgewachsenen Zellen zur Gummibildung befähigt sind, sobald gewisse Vorgänge der Zellwand- bildung oder -ausbildung unterbleiben. Diese Verhinderung der nor- malen Zellwandausbildung kann sehr gut durch erhöhte Sauerstoffzufuhr veranlafst werden. Dieser Sauerstoff wird aber nur bei Verwundungen der atmosphärische Sauerstoff direkt sein können, aber wahrscheinlich nur selten tatsächlich sein , sondern durch sauerstofifübertragende Sub- stanzen geliefert werden, wie Grüss erklärt. Derartige Substanzen sind bei dem normalen Austreiben der Bäume vorhanden. Es handelt sich bei dem Gummiflufs nur um eine abnorme Steigerung in der Menge oder der Wirkungsdauer derselben^). Diese Steigerung ') Wiesner, Über ein Ferment, welches in der Pflanze die Umwandlung der Cellulose in Gummi und Schleim bewirkt. Bot. Zeit. 1885, Nr. 37. ^) Diese Substanzen sind in wechselnder Menge je nach Individuum, Standort, Jahreszeit usw. im Baume zu finden: daher erklärt sich der verschiedenartige Erfolg bei der Hervorrufung des Gummiflusses durch Verwundung. So sind bei- Verschiebungen der enzj-matischen Funktionen. 699 kann durch den AVundreiz stattfinden, sie kann auch durch verschiedene Parasiten hervorgerufen und endhch durch anorganische Gifte erzeugt werden. In letzterer Beziehung erwähne ich meine Versuche über Eintülu-ung einer schwachen Oxalsänrelösung unter die Rinde ganz ge- sunder Kirschbäume. Es entstanden profuse Gummiergüsse im Laufe des Sommers , welche allmählich durch das Erlöschen der Oxalsäure- wirkung aufhörten und sich z. B. nicht auf Wunden fortsetzten, die statt der Oxalsäure nur destilliertes Wasser zugeführt erhalten hatten. Betretfs der Art und Weise, in welcher Gummillufs sich entwickeln kann, legen wir die Anschauungen von Grüss (1. c.) zugrunde. Dieser Forscher kommt bei seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dai's die Hemiceilulosen Mannan, Galactan und Araban direkt oder indirekt als Reservestotfe angelegt werden. Direkt geschieht dies in Form von verdickten Zellwänden im Endosperm der Samen {Fhoenix, Fhytch'jihas) oder in Form von sekundären Verdickungsschichten in Libriform- oder Holzparenchymzellen (Astrayidus- , Prunus-, Acacia - Krien u. a.). Als indirekte Reservestotfe können sie gelten, wenn sie, wie im Endosperm der Gramineen, die Zellwände der stärkeführenden Zellen zusammen- setzen. Die Hemiceilulosen Galactan und Araban werden durch Enzyme in die Gummiarten Gala et in und Ar ab in übergefülu-t und können, noch bevor sie in die Zuckerarten Galaktose und Arabinose umgewandelt sind, im Gewebe wandern. Nim sind die gummibildenden Sauerstoftüberträger in der Form von Enzymen, die bei dem Austreiben der Knospen entstehen, tat- sächlich nachgewiesen, und zwar sind dieselben noch vor der Diastase \orhanden. Die letztere wird dann die Hemiceilulosen oder deren Gummis lösen, wie dies Gküss bei dem Tragant nachgewiesen hat. Werden derartige Enzj'me im Übermafs erzeugt oder ihre Anti- körper in zu geringem Mal'se entwickelt, dann verhindern sie bei den embryonalen Zellen die normale Ausbildung der Zellwand oder beginnen bei den fertigen Zellen des ausgewachsenen Holzes den Schmelzungs- prozefs, so clal's pathologische Gummiherde zustande kommen. Es ist gar nicht unwahrscheinlich, dafs Oxalsäureüberschufs ähnlich der hydrolisierenden Schwefelsäure und anderen Mineralsäuren so wirkt, wie clie natürlich gebildeten Fermente und dadurch Gummiflufs ein- leitet. Eine solche Steigerung der Oxalsäurewirkung kann entweder dadurch zustande kommen, dafs sie reichlicher gebildet oder spärlicher durch Kalk gebunden wird. So macht beispielsweise Mikosch ^) dar- auf aufmerksam, dafs sich in den der Umbildung anheimfallenden Gewel)en fast gar keine Kalkoxalatkristalle vorfinden. Dafs der Gehalt an diesen Kristallen mit der Ernährung zusammenhängt, geht aus den Arbeiten von Bknecke^) hervor, der bei seinen Kulturen fand, dafs Zufuhr von Nitraten die Kalkoxalatbildung befördert, Ernährung mit Amnion dieselbe verringert. spielsweise nicht die jüngsten Zweigspitzen die gefährdetsten, sondern die Eegion. in der das Gewebe sich am meisten streckt, also die unterhalb der Gipfelregion. Betreffs des Einflusses der Baumseiten und Jahreszeiten fand ich durch allmonatlich ausgeführte Einschnitte, dafs die Zeit des späten Frühjahrs und die südlichen bis westlichen Baumseiten am förderlichsten für die Ausbildung der Gummöse sind. ') Mikosch, K. , Untersuchungen über die Entstehung des Kirschgummi. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien; cit. Bot. Centralbl. 1907, XXVIII, Nr. 27. -) Beneckk, W. , Über Oxalsäurebildung in grünen Pflanzen. Bot. Zeit. 190-!, Bd. LXI; cit. Bot. Centralbl. (Lotsy) 1903, Nr. 27, S. KJ. 7U0 III. Enzymatische Ki-ankheiten. Von den Parasiten, welche Gummiflnfs erzeugen, ist in erster Linie das Clasterosporium carpophiluin (Lev.) Aderli. {Corijneum Beijerinclm Oud.) zu nennen. Indes gehört selbst hier eine bestimmte Disposition des Organs dazu, wenn der Pilz wirksam sein soll ; denn Aderhold i) fand bei seinen Impfversuchen an Blättern, dafs Pilzflecke ohne Gummibildung auftraten, wie auch umgekehrt Wunden mit reichlicher Gummibildung in der Mittel- rippe des Blattes und im Cambium der Zweige zu finden waren, bei denen der Pilz fehlte. So verhalten sich auch die übrigen Parasiten: Cytospora leucostonia; Monilia frudnjena und cinerea, Botrytis cinerea und mancherlei Bakterienarten ^). Bei einigen der genannten Parasiten ist es sehr wohl möglich, dafs Oxalsäure das von ihnen produzierte Gift ist, welches die Gummöse veranlafst. Bevor wir die Frage nach der Heilung des Gummiflusses berühren, ist es nötig, die Aufmerksamkeit auf die Bedingungen zu richten, unter denen die Krankheit auftritt. Am häufigsten findet man in der pomo- logischen Literatur die Ansicht Duhamel's bestätigt, dafs Kirschbäume, welche in eine zu kräftige Erde gepflanzt sind, am meisten der Krankheit unterworfen scheinen. Beweise finden wir namentlich bei Pfirsich und Kirsche, wenn man unter einer zu kräftigen Erde eine tonige verstehen will ; auf lockerem , warmem Boden , der sehr reich sein kami , findet .sich Gummiflufs seltener. Reichlich begegnen wir ferner der Gummi- bildung bei gröfseren, ungeschlossenen Astwunden, Ebenso sehen wir dieselbe namentlich bei jungen Pfirsichzweigen auftreten, deren Rinde durch Quetschung oder Reibung stärker verletzt worden ist. Bei meinen Versuchen, bei denen von einer gröfseren Anzahl von Kirschbäumen im Frühjahr die sämtlichen Augen entfernt worden waren, trat mit sehr wenigen Ausnahmen Gummiflufs ein. Bei anderen Versuchen, bei welchen die Stämme auf eine gröfsere Länge geschält worden waren, erschien an denjenigen oberen _ Ringelschnittstellen, an denen sich keine Neubildungen in Form von Überwallungsrändern ge- bildet hatten, die Gummosis in der Rinde. Bekannt ist endlich, dafs starke Wurzel- oder Kronenbeschädigung bei dem Verpflanzen sowie auch schlechte Veredlung Veranlassung zur Gummibildung geben. Alle diese A^er^vundungen wirken unserer Ansicht nach nicht durch Nela^obiose , sondern durch einfachen Wundreiz, der ein übermäfsiges Zuströmen von Baumaterial veranlafst, welches nicht normale Verwendung finden kann. Es stellt sich gleichsam eine Überstürzung in der Neubildung von Zellen ein, die sich in der Anlage parenchymatischer Elemente an Stelle prosenchymatischer Zellen kundgibt, wie bei allen sonstigen Wundheilungsvorgängen. Es wird also die Tätigkeit der Zellneubildung übermäfsig gefördert zu einer Zeit, in welcher bereits die aufbauenden Enzyme vorherrschen und die Wandverdickungen sowie das Ablagern vonReservestoffen übernehmen sollten. Dieses Vorherrschen der Enzyme des Jugendzustandes führt zur Verflüssigung der abwegig gebildeten Gewebegruppen. Eine solche Verschiebung der Enzymtätigkeit ist in ihrer Wirkung wie eine Welle aufzufassen, die sich im Baume so lange fortpflanzt, bis ihr durch eine andere Bildungsrichtung Halt geboten ') Aderuold, R., über Clasterosporium carpopldhnn (Lev.) Aderh. vmd die Be- ziehungen desselben zum Gummiflufs des Steinobstes. Aib. d. Biol. Abt. d. Kais. Gesundheitsamtes 1902,..Bd. II, Heft V. -) ßuHLAND, W., Über Arabinbildung durch Bakterien und deren Beziehung zum Gummi der Amvgdalaceen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1906, Heft 7. Verschiebungen der enzyniatischen Funktionen. 7Ul wird. Nach den Erfahrungen der Praxis wird ihr ein solches Halt ge- boten durch alle diejenigen Faktoren, welche normale Holzreife und rechtzeitige Niederschlagung reicher ReservestoH'mengen bedingen: lockerer Boden, sonniger freier Standort und Kalkzufuhr, Vermeidung überreicher Stickstoti'düngung. Zur Behandlung der gummiflüssigen Wunden wird von mehreren Seiten die Anwendung von AVeinessig warm empfohlen: mir fehlen darüber persönliche Erfahrungen. Der Gummifiuss bei anderen Gewächsen. (t u ni m i f 1 u f s d er Akazien, Dafs die Bildung des Akaziengummis auf ähiüichen Metamorphosen wie die des Kirschgummis beruht, bestätigt Möller ' ), der ganz allgemein ausspricht, dafs das Gummi der Akazien immer durch Umwandlung der Zellmembran, von aufsen nach innen fortschreitend, entsteht. Zunächst sind es die Membranen des Parenchyms und der Siebröhren, welche der Autlösung verfallen. (Die zusammengesunkenen Siebröhren bilden WiGANu's Ho rnprosenchym). Möller beobachtete das Gummi stets als ßindenprodukt und fand, dafs dasselbe je nach der Zone, in welcher es entsteht, verschieden ist. Durch die Lösung der Innenrinde ent- steht Arabisches Gummi, während eine dem Kirschgummi ähnliche, weniger lösliche Form in der Mittelrinde auftritt, was wohl von dem Alterszustande der metamorphosierten Gewebe abhängen möchte '-). Als eine der Ursachen, welche den Ausfluis von Senegalgummi aus Acacia Verek veranlassen, erwähnt Martins^) die Einwirkung trockener Wüstenwinde, welche im Herbst und Winter wehen und die durch die August- und Septemberregen gelockerte Rinde der Akazie zum Auf- reifsen bringen. Andere Wundstellen, welche die Ergiefsung von Gummi zur Folge haben . werden durch einen Schmarotzer , den Martins als Loranthus senegolensis bezeichnet, veranlafst. Auch kryptogame Parasiten werden imstande sein, ein ständiges Offenhalten von Wunden zu ver- anlassen und damit einen Reiz zur Gummibildung auszuüben. Wie das Coryncin)! Bcijerinchü bei den Amygdalaceen ^\'irkt Conjnenm (jiimmi- parum Oud., das Oudemans als Knospenform von Flcosjwra guDiniipara Oud. betrachtet. Gummiflufs der Pomeranzen-^). Die italienischen Kulturen von Pomeranzen- ( Citrusvidgaris). Zitronen- (C. Limonum) und Apfelsinenbäumen (0. Auravtimn) leiden seit vielen Jahren an einer immer mehr an Ausdehnung gewinnenden Krankheit, ') Möi.i.KK, Über die J^ntstehung des Acacien-Gummi. Sitzungsber. d. Akud. d. Wissenschaften. Wien 1875, Juniheft. -j Über das verschiedene Verhältnis von Cellulose und Gummi zueinander bei verschiedenen Schleimen vgl Tui.t.exs und Kikchxkk, Untersuchungen über den Pflanzenschleim: cit. Biedermann's Centralbl. 1875, II, S. '28. — Betreffs der Bildung der als Galaktose bekannten Zuckerart, aus allen in Wasser löslichen Schleimen bei Behandlung mit verdünnter Säure s. Gihkaii), tude comparatiye des gommes et des mucilages. Compt. rend. LXXX, S. 477. — Petkü Ci.aksskn, Über Arabinose; cit. Jahresber. f. Agrikulturchemie 18«1, S. «8. •*) ^I.uui.Ns, Sur un mode particulier d'excretion de la gomme arabique produite par l'Acacia A'erek du Senegal. Compt. rend. 187-5, I, p. (i07. — Kiliam, Über arabisches Gummi. Berl. ehem. Ges.; cit. Jahresber. f. Agrikulturchemie 1882, S. 88. *) Savasianu, L., Note di patologia arborea. Napoli 1907. Die Arbeit enthält verschiedene Beiträge zur Gummöse, die wir leider nicht mehr benutzen und nur bei der letzten Korrektur noch erwähnen können. Y()2 III- Enzymatische Kranklieiten. dem ..nxil (Mla (jonirniv der Italiener, welcher derartige Beschädigungen verursacht, dafs nach Noyelus^) das italienische Ministerium für Acker- bau und Handel vor Jahren eine Prämie von 25 000 Lire für ein be- währtes Heilmittel ausgesetzt hatte. Die Krankheit beginnt mit dem Auftreten schwarzer, schnell sich vergröfsernder Rindentieckchen am Stamme und an den Ästen, nament- lich an den Gabelenden. Nach einiger Zeit platzt die geschwärzte Rindenstelle, und aus der Wundfläche ergiefst sich eine gelbHchweifse Flüssigkeit, die allmählich konsistenter und klebriger wird und schhefs- lich zu gelben Perlen oder einem giasurartigen Überzüge erstarrt. Das Holz unter der Rindenöflhung ist braun und im Zustande gummöser Auflösung. Wenn das Gummi auf andere Regionen des Baumes durch den Regen geschwemmt wird, soll es neue Krankheitsherde erzeugen. Ähnliche Behauptungen finden wir auch betreffs des Akaziengummis, und es ist gar nicht unmöglich, dafs solche Fälle vorkommen. Sic würden sich , wie bei der Mosaikkrankheit des Tabaks , in der Weise erklären lassen, dafs die abwegige Enzymkombination, die in der Gummi- bildung ihren Ausdruck findet, den Anstofs zu ähnlicher Umlagerung in disponierten gesunden Exemplaren gibt und sich wie eine AVellen- bewegTing weiter fortpflanzt. Die Gummöse wird für den Baum tödlich, wenn die Gummiherdc einen gröfseren Teil des Stammumfanges einnehmen. Nach Flühler-) leiden die Zitronen am meisten, die Pomeranzeti am wenigsten. Steck- linge scheinen die Krankheits anläge beizubehalten und ebenso veredelte Exemplare einen gröfseren Prozentsatz an Kranken zu geben als un- veredelt gebliebene Sämlinge. Reichliche Düngung, starke Bewässerung, toniger Boden vermehren das Übel , das auch zunehmen soll , wenn Zwischenfrüchte, wie Kürbis, Bohne, Liebesapfel, Tabak u. dergi., welche starke Düngung verlangen, gebaut werden. Nach dem mir bisher zugänglich gewesenen Material halte ich die Krankheit der Agrumen für genau dieselbe Erscheinung wie den Gummi- flufs bei den Amygdalaceen. Als eine der augenblicklich häufigsten Ursachen, welche auch in Deutschland bei den Steinobstfrüchten in den Baumschulen eine grofse Rolle spielt, sehe ich die übermäfsige Zufuhr stickstoifreichen Düngers an. Von den italienischen Autoren teilt namentlich Peglidn'^) die hier geäufserte Ansicht. Er macht darauf aufmerksam, dafs der Unterbau von Pflanzen, die eine reiche Düngung bedürfen, schädlich sei. Stall- dünger ist wenig geeignet für die Agrumen-, die Früchte werden zwar grofs, aber bleiben dickschalig und sauer. Die Dintenkrankheit der echten Kastanie. Nach GiBELLi'^) zeichnet sich die Krankheit durch das Auftreten welker, gelber Blätter und kleiner, zuckerärmerer Früchte aus. An jungen Bäumen vertrocknet die Stammbasis unter Braunfärbung der ') NuvEi.Lis, EiTOKE DK, II male della gomma degli agrumi; cit. Bot. Central- blatt 1880, S. 469. 2) Flühi>er, Die Krankheit der Agrumen ni Sicilien. Biedermann's Centralbl. 1874, S. 368. ^) Peglion, V., La concimazione e le malattie nella coltura degli agrumi. Boll. di Entomol. agrar. etc. 1901 in Bot. Jahresber. 1901, I, S. 479. ■*) GiBEi.Li, La Malattia del Castagno; cit. Bot. Jahresber. 1879, II, S. 875. — GiBELLi ed G. Antonielli, Sopra una nuova malattia dei Castagni, ibid. — Cugini, Sopra una malattia che devasta i castagneti italiani, ibid. Verschiebungen der enzA^matischen Funktionen. 703 Rinde, deren Gewebe bis stecknadelkopfgrol'se Tanninkonkretionen auf- weist. Die Anah'sen zeigen das Charakteristikum sclilecht wachsender Pflanzen, nämlich grol'sen Aschengehah im Verliältnis zur Trocken- substanz; in der Asche erkennt man Mangel an Kali und Phosphor- säure und bedeutende Zunahme an Eisenoxyd. Betreffs der kugeligen Abscheidungen, welche Tanninreaktion zeigen, scheint mir die Krankheit verwandt mit einer Form des Mal ncro beim Weinstock (s. S. 219j. Diese Form wird von Comes V) direkt als Gum- mosis angesprochen. Nach Cugini ^j zeigt sich die Krankheit, durch welche im Frühjahr die Entwicklung der Knospen ganz verhindert oder doch gestört wird, durch das Erscheinen schwarzer Streifen und Flecke an Zweigen, Blattstielen und Rippen, Ranken und Traubenstielen an. Die Flecke erstrecken sich auf das Innere der Organe , und zwar im Stamme sogar bis auf das Kernholz. Aufserdem charakterisiert sich die Krankheit durch das in den parenchymatischen Elementen des Achsenkörpers erfolgende Auftreten gelbbrauner Granulationen, die oft das ganze Zelllumen ausfüllen und weder aus eiweifshaltiger Substanz noch aus Cellulose bestehen. CüGiNi, der übrigens die Erscheinung doch für -parasitär hält, konstatierte auch das Auftreten von Vergrünungen der Blüten und bringt diese Erscheinungen mit der Krankheit in Zusammenhang. Unter den Pathologen, welche Parasiten gefunden haben, herrscht aber wiederum Meinungsverschiedenheit. Pkillieux^) hält lioesJcria Jnjpoffaca für die Ursache, während Hartig^) diesen Pilz als Begleiterscheinung nnd einen anderen, Deniatojiliora necatrix, für den eigentlichen Parasiten erklärt. Spätere Untersuchungen, namentlich von Pikotta "' ) ausgeführt, tun dar, dafs die angegebenen Körnchen in den Zellen die Gcrbstotfreaktion zeigen und direkt aus den Stärkekörnern hervorgehen. Er fand sehr häufig, aber doch nicht immer, Rhizomorphen an den kranken Wm-zeln ; dennoch glaubt er diese Tatsache nicht zwingend genug, um die Krank- heit als Pilzerkrankung ansprechen zu müssen. Comes zeigte, dafs die fraglichen Körner keine Gerbstoffanhäufungen darstellen, sondern ans einer anderen Grundsubstanz (Gummi) bestehen, die nur mit Tannin getränkt ist. Die Gummöse der Feigenbäume. Die schon seit den Zeiten des Theophrast bekannte Krankheit des Feigenba-ames (,. Marciume del Fico " der Italiener) hat durch Sava- stäno") eine eingehende Bearbeitung erfahren und ist von diesem Be- obachter als eine Gummosis erkannt worden. ') C.MKs, II Mal nero della vite. Portici 1882. — Primi ri.sultati degli esperi- menti fatti per la cura della Gomtnosi o Mal nero della vite. Portici 1882. — Sul preteso tannino scoperto nelle viti affette da Mal nero. Bot. Jahresber. 1882. ^) Crci.si, Ricerche sul Mal nero della Vite. Bot. Centralbl. 1881, Bd. VIII, S. 147. — Nuovo indagini sul Mal nero della Vite. Bologna 1882. — II Mal nero della Vite. Firenze 1888. ^) Pi!ii.Ln;ux, La pourridie des vignes de la Haute -Marne, produit par le Roesleria hj-pogaea. Paris 18S2. ■•) Hak 1 IG, K. , Rhizomorpha (Dematophora) necatrix. Der Wurzelpilz des Weinstocks. Untersuchungen aus dem forstbotanischen Institute zu München. 1883, III, S. 95; cit. Bot. Centralbl. 1883, Nr. AV, (Bd. XVI), S. 2U8. ^) PntoTTA, Primi studii sul Mal nero o Mal dello Spaceo nelle viti 18S2; cit. Bot. Jahresber. 1882. *^) Sävastaxo, L., II Marciume del Fico. Annuario della E. Scuola Sup. d'Agricult. Portici, Vol. III, fasc. V, 1884 con 4. tav. cromot. (nach brieflicher Mitteilung). 704 III- EnzA'matische Krankheiten. Am deutlichsten zeigt sich die Krankheit, der die alten Pflanzen mehr als die jungen ausgesetzt sind, in den Monaten Juli bis September, wo die Blätter gelb werden und abfallen, ebenso wie die Früchte. Obgleich man auf den welken und toten Blättern zahlreiche Pilze und auch Insekten findet (Fumago salicina TuL, Uredo Ficns Gast., Phyllostkta sycophüa Thüm., Sporodesmimn, Coccus caricae Fab.), so sind diese Parasiten doch nicht als die Ursache der Krankheit anzusehen. An den Stämmen und Asten findet man meist keine Veränderung, wohl aber an der Wurzel, in welcher der Hauptsitz der Krankheit zu suchen ist. Im hochgradigen Stadium erscheinen die Wurzeläste bis an den Wurzelhals schwärzlich, teilweise aufgespalten oder schon geradezu verfault. An den durch Sprossen erzogenen jungen Pflanzen bemerkt man, dafs der Sitz der Krankheit in den Wurzelzweigen der Mutterpflanzen zu finden ist, von wo aus die weitere Verbreitung allseitig, besonders, aber in aufsteigender Richtung, stattfindet. Die meist erkrankte Schicht ist die äufserste; nur zuweilen ist das Innere hochgradiger zerstört. Hat die Zersetzung den Wurzelhals erreicht, geht die Pfianze unbedingt dem Tode entgegen. Bei dem ersten Erscheinen der Krankheit findet man Zellen und Gefäfse mit einer Substanz erfüllt, welche anfangs zitronengelb und später dunkelbernsteingelb erscheint. Zuerst sind die Zellwände damit tapeziert und später das ganze Lumen ausgefüllt; mit der Zunahme dieser Füllmasse verschwindet die Stärke. Schon bei Sämlingen be- obachtete Savastano die Entstehung von Gummiherden an der Über- gangsstelle der jungen Würzelchen in die oberirdischen Achsen. Alm- liches sah ich bei Süfskirschen , welche äufserlich keine Spur von Er- Ivrankung auffinden liefsen. Auch an Stamm und Zweigen sah Savastano die Gummosis auf- treten ; in deren Gummi fand er eine Substanz, die ähnlich dem bei der Gummöse des Ölbaumes auftretenden Olivile zu sein scheint. Die Gummöse der oberirdischen Achse wird von den schon bei Sämlingen in den Wurzeln sich vorfindenden Gummidrusen abgeleitet. Erst nach- dem die Pflanzen gummikrank geworden, liefs sich die Rhizomorpha,. die von anderen Forschern für die Ursache der Erkrankung angesprochen wird, nachweisen. Unter Rotfärbung der Wandungen gehen die Paren- chymzellen der Wurzeln einen Humifikationsprozefs ein, bei dem durch Verschwinden der organischen Substanz das spezifische Gewicht des Gewebes immer geringer wird. Eine spätere Arbeit von Savastano ^) gibt die Resultate vergleichender Untersuchungen gummöser Exemplare von Amygdalus Persica und coni- nnmis, Prunus Cerasus, donicstica, insititm, Mahaleh und Armeniaca, sowie von Citrus Auranthmi, Limonum^ vulgaris und nohilis und auch von Oha europaea. Die Ergebnisse zeigen , dafs die Gummöse der genannten Pflanzen mit der von Ficus Carica viel Gemeinschaftliches hat. Bei allen eri'olgt die Bildung der Gummiherde entweder infolge von Ver- wundungen oder ohne jede äufsere Veranlassung, Wenn die Wunde schnell und vollkommen überwallt wird, trocknet in der Regel das ge- bildete Gummi zu spröden Massen zusammen und bleibt für die Um- gebung schadlos. Tritt dagegen Feuchtigkeit an die Wundstellen, dann wird das Gummi weich erhalten, leicht in die Umgebung der Wund - fläche gebracht und auch diese der Gummöse unterworfen. ') Gommose caulinaire daus les Aurantiacees, Amj^gdalees, le Figuier, TOlivier et noircissement dvi Noyer. Compt. rend. I, Decembre 1884. Separatabzug. Verschiebungen der enzj'matischen Funktionen. 705 Der MannafluBS. An Stelle des Gimuni treten bei manchen Pflanzen zuckerhaltige, erhärtende , helle Massen aus der Rinde junger Ötänime imd Zweige, die als ,, Manna" im Handel vorkommen. Das austretende Verflüssi- gungsprodukt enthält Mannit, der durch Ausziehen mit Weingeist in feinen, schwach sül'sschmeckenden, weilsen, seideglänzenden Kristallen erhalten werden kami und auch künstlich sich aus einzelnen Zucker- arten darstellen läl'st. Untersuchmigen über Mannaliul's rühren bereits von Meyen M her. Nach diesem Forscher werden die groisen Mengen Manna, welche aus Italien kommen, künsthch einer Eschenart, der Manna-Esche entlockt, indem man gegen Ende Juli Einschnitte in die Rinde macht. Aus diesen Einschnitten fliel'st allmählich das Manna als dicker, süfser, an der Luft erhärtender Saft aus. Der Harzfluss. Das, was der Gummiflufs bei Amygdalaceen und der Mannaflufs bei Oleaceen, ist der Harzilufs (Resinosis) bei den Koniferen. Derselbe tritt bald im Holzkörper auf, bald ergreift er Parenchym und Bastzellen der Rinde. Die ersten Zustände der Krankheit zeigen sich im Kien ig - werden des Holzes: der ausgebildete Zustand besteht in Bildung grofser Mengen gleichmäisiger Harzmassen in verschieden groisen Hohlrämnen der Achse , die gewöhnlich Harzbeulen genaimt werden. Bekannt ist, dafs Harz normalerweise als Zellinhalt in Tropfenform oder, wie bei den Leimzotten mancher Gehölzknospen, in Gestalt von Zwischen- lamellen der Zellwand oder endlich, wie bei unsern Kiefern und Fichten, in bestimmt verteilten, eigentümlichen Harzgängen vorkommt. In der Umgegend des Harzganges zeigt der Inhalt vieler ParenchjTHzellen Harztropfen und Stärkekömer , von denen nicht selten einzelne mit Harzüberzug versehen sind. Das Material zur Füllung der grofsen Harzbehälter mufs notwendig zunächst die Umgebung liefern. Ob dieses Material in Form von Harz wandert, wie N. J. C. Müller -) annimmt, oder in FoiTH einer anderen Verbindmig und sich dort erst zu Harz um- bildet, wo es als solches aufgefunden wird, wie Hanstein ^) anzunehmen geneigt ist, das fällt für unsere Betrachtung wenig ins Gewicht, da wir festzuhalten haben, dafs die Bildung gröfserer Harz- und Gununi- massen nur möglich ist durch Umwandlung zuströmender, plastischer Nahrung zu den Orten , wo die Verflüssigung stattfindet, also positiver Säfteverlust ist. Dazu kommt für die Resinose wie bei der Gummöse, dafs auch die geformte Pflanzensubstanz in Gestalt von Holz- und Rinden- gewebe und von Stärkekömern der Verflüssigung verfällt, und dafs auf ') Pflanzenpathologie S. 22s. 2) Mii.LEH (Über die Verteilung der Harze usw. in Pring|^eim"s Jahrb. f. wiss. Bot. 1866— (37, S. o87ff.) sagt, die grofsen Massen Harz in den Harzgängen können nicht anders hineingelangen als durch Wanderung durch viele Zellmembranen. MCllkk findet die Zellmembranen permeabel für die Harze. Längeres Liegen von dünnen Kienholzquerschnitten in Wasser macht, dafs alles Harz in der Zellwand durch Wasser ersetzt wird. ') Haxstkix (Über die Organe der Harz- und Schleimabsonderung in den Laub- knospen. Bot. Zeit. 186s;. Nr. 4M ff.) spricht über das Auftreten von Harz zuerst in den Fugen von Sekretionszellen als schmales Band zwischen Cuticula und Cellulosehaut. Dies sind unzweifelhaft gewichtige Gründe für die Annahme, „dafs auch das Harz, welches zuerst in Gestalt von Zwischenwandschichten auftritt, seine eigentliche Xatur erst annimmt, nachdem es noch in anderer Gestalt die Zellwana durchsetzt hat und als Zwischenschicht abgelagert ist". Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 45 607 III. Enzymatische Krankheiten. diese "Weise bedeutendes Material verloren geht. Nach den Unter snclmngen von Karsten^) und Wigand-) erscheint das Holz zunächst kienig, d. h. mit Harz und Balsam durchtränkt. Innerhalb der meisten Zellen dieses harzgetränkten Gewebes zeigt sich das Harz als Wandbekleidung oder in Tropfen zusammengeflossen, wäln'end andere Zellen schon vollständig mit dieser Masse angefüllt sind. In dem Mafse , als der Harzreichtum im Innern der Zelle zunimmt, werden die ursprünglich dicken Wandungen der Zelle immer dünner, bis schliel'slich nur noch eine feine Umgrenzung übrig bleibt, die sich in die Harzmasse allmählich verliert. Wie bei dem Gummiflufs erscheinen auch hier die Markstrahlen länger widerstandsfähig, da man dieselben noch deutlich in die gleich- artige, sie umgebende Harzmasse der aufgelösten Holzzellen hinein- ragen sieht ; es fehlt zur vollkommenen Analogie beider Vorgänge nur der Nachweis, dafs bei dem Harzfluis auch ein abnormes Holzparen- chym gebildet werde, das unbeding-t der Verharzung verfällt. Dafs, geradeso wie bei der Gununosis, die Stärkekörner bei der Resinosis der Verflüssigung erliegen, ist mehrfach beobachtet worden. Stärke liefert sicherlich einen grofsen Teil des Harzes bei dem Harzfluis. Wiesnek (Sitzungs- bericht d. Akad. d, Wissensch. zu Wien, Bd. 51) gibt z. B. an, dafs im Innern der Markstrahlzellen der Laubbäume sich Harzkörper vorfinden, die den Bau des Stärke- mehlkornes besitzen. Dieselben werden selten durch Jod allein blau, öfter durch Jod und Schwefelsäure, Mit Cuoxam zeigen sie die Zellstofifreaktion ; gegen Eisenchlorid reagieren sie wie Gerbstoff, Daher schliefst Wiesner aus seinen Untersuchungen, dals eine grofse Menge des in der Natur vorkommenden Harzes aus Stärkekörnern oder aus in Gerbmehl sich umwandelnden Stärkekörnern besteht. Er hält den Gerbstoff für das Zwischenglied zwischen Cellulose und Harz. Den Beweis, dafs auch bei dem Harzfluis ein abnormes Parenchym- holz gebildet wird, das der Verharzung und Schmelzung verfällt, finden wir in einer sehr eingehenden Studie von Nottberg ^) über die Harzgallen, NoTTBERG weist nun nach, dafs infolge irgendeiner Verwundung, die bis auf das Cambium geht, dieses mit der Produktion eines „Tracheidal- parenchyms" antwortet, das allmählich zu den normalen Trache'iden wieder übergeht. Die infolge der Verwundung mit der Aufsenwelt in Berührung kommenden Tracheiden des Splintes verstopfen ihre Lumina Fig. 157. Zellen des Tracheidalparenchyms von Finus Strohus mit der resinogenen Schicht rsg; ht Harztröpfchen. (Nach NoTTBERU.) 1) Kaksten, H. , über die Entstehung des Harzes, Wachses, Gummi und Schleims durch die assimilierende Tätigkeit der Zellmembranen. Bot. Z. 1857, S. 316. '-') WiüANu, Über die Desorganisation der Pflanzenzelle. Pringsheim's Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. III, S. 165. 3) Nottberg, P., Experimental-Untersuchungen über die Entstehung von Harz- gallen und verwandter Gebilde bei unseren Abietineen. Zeitschr. f. Pflanzenkr. 1897, S. 131 ff. Hier auch weitere Literatur. Verschiebungen der enzvmatischen Funktionen. '07 mit einer wundo-iimmiähnlichen Masse, welclie in Weingeist unlöslich ist, aber nach der Behandlung mit dem Schultzeschen Gemisch sich löst. Gleichzeitig tritt im Holzkörper meist Verkienung ein. Die ein- zelnen Zellen des ijathologischen Parenchyms beginnen umnittelbar nach ihrer Entstehung im Innern Harz zu bilden (Harzzellen). Die Membranen der Zellen des TracheidalparenchjTiis verholzen sehr früh- Fig. 158. Verkienungsi^rozefs , beginnend mit der Bildung eines lysigenen Harz- ganges im Holz. 205 : 1. (Nach Conwextz.) Fig. 159. Horizontalschliff. Im feommerholz eines Jahresringes liegt eine Gruppe von abnormem Holzparenchym (P). 56 : 1. Die Lücken im Gewebe sind durch Herausfallen einzelner Teile beim Schleifen entstanden. (Nach Coxwemz.) zeitig; die unverdickten Elemente dagegen zeigen, solange sie erhalten bleiben, stets nm- die Cellulosoreaktion. Li den Harzzellen erkennt man eine bestimmte Schicht, in welcher sich das Harz l)ildet (rosinogene Schicht) (Fig. 157). Nottbekg, dem wir die genannte Figur entnehmen, läfst es unbestimmt, ob diese resinogene Schicht ein ..Bildungsprodukt der Membran oder des Plasmas ist". 45* 708 III. Enzj^matische Krankheiten. Die 23athologisclie Harzbildung darf als der von jeher verbreitetste Verflüssigmigs Vorgang bezeichnet werden , den wir im Pflanzenreiche kennen, und der in der Tertiärzeit ebenso vorhanden war wie jetzt. Denn Conwentz gibt in seiner durch vortreffliche Abbildungen aus- gezeichneten Monographie der baltischen Bernsteinbäume {Pinus succini- fera Conw.) an: „Es gab kaum einen gesunden Baum im ganzen Bemsteinwald — das Pathologische war die Regel, das Normale die Ausnahme." ^) Wir können die Vorgänge der Resinose gar nicht besser zur Darstellung bringen als durch die Kopien von Bernsteinschliffen, die Conwentz abgebildet hat (Fig. 158—161). Wie in der Jetztzeit sehen wir den Verkienungsprozefs in der Weise beginnen, dafs Verharzung und Schmelzung der Membranen und schliefslich der ganzen Zelle samt Inhalt an einzelnen Gruppen zwischen zwei Markstrahlen sich einstellt (Fig. 158). Hier braucht noch kein anatomisch abweichendes Gewebe zu bestehen; aber in der Mehrzahl der Fälle ist solches vorhanden, und zwar in Form von \"u. Fig. 160. Horizontalscliliff mit abnormem Parench3aiiholz P, das in Succinose be- griffen ist. Das abnorme Gewebe liegt im Sommerholz. J ist die Grenze des Jahresringes. 210:1. (Nach Conwentz.) Parenchymholz , das in tangentialen Binden angelegt wird. Conwentz beschreibt diese Binden (Fig. 159) im Sommerholz. Ich habe sie bei unseren Hölzern bisher vorherrschend im Frühjahrsholz gefunden , so dafs der neue Jahresring sofort oder nach wenigen Zellreihen mit dem abnormen Holz begann. Die Entstehung dieser Binden führe ich auf vorübergehende Lockerung in der Rindenspannung zurück (s. Frost- erscheinungen). Dieses abnorme parenchymatische Holz zeigt sich in vollständigster Verharzung in Fig. 160. Die entstandenen Harz- bzw. Bernsteinmassen können die Rinde gänzlich vom ältesten Holzzylinder abdrängen. Solche Rindenelemente fand Conwentz noch so gut erhalten, dafs er die Zellkerne nachweisen konnte (Fig. 161). Bei der Verflüssigung des festen Tracheidalparenchyms sah Nottberg die tertiäre Membran am längsten erhalten, wie dies bei der Ausbreitung der Gummiherde der Kirsche ebenfalls zu beobachten ist. Je nachdem eine Wunde alsbald ausheilt oder ständig weiter um sich greift, unterscheidet Nottberg gutartige und bösartige Wunden. Bemerkenswert ist noch, dafs auch die Bäume, welche normalerweise ^) Conwentz, Monographie der baltischen Bernsteinbäume. Danzig 1890, S. 145. Verschiebungen der enzymatischen Funktionen. 709 gar keine Sekretbehälter im Holze führen (Edeltanne) nach Verwundungen reich an Harzgängen , namentlich in den Überwallnngsrändern , sich erweisen. Diese Untersuchungen werden von v. Faber') bestätigt, der noch hervorhebt, dafs die pathologischen Harzkanäle schizogen gebildet werden; sie anastomosieren in der Tangentialebene, bilden ein zusammen- hängendes Netz und ragen mit ihren otienen Enden in die Wunde hinein. Oberhalb derselben sind die Harzkanäle zahlreicher und länger als unterhalb derselben. Gegenüber den Angaben, dafs die Veranlassung zur Resinosis stets in Wunden zu suchen sei, mufs ich, wie bei der Gummosis, behaupten, dafs der Verflüssigungsprozefs auch autochthon, ohne Wundreiz entstehen kann. Ich beobachtete dies bei Sämlingspflanzen von Kiefern aus starkgedüngten Baumschulen ; ebenso fand ich derartige Vorkommnisse bei älteren Pflanzen von Fsendotsnga Douglasie Ahies Fraseri und Abies concolor , welche Rindenauftrei- bungen zeigten, die sich als eine lysigene Erweiterung schizogener Harzgänge erwiesen. Die Bämue standen auf feuchtem, moorigem Boden, der in Intervallen von 2 bis 3 Jahren kräftig gedüngt wurde. Neuerdings habe ich die Resinose als Konstitutionskrank- heit, also als Äufsermig einer im gesamten Pflanzenkörper sich verbreitenden Neigung zur über- mäfsigen Harzbildung auch an alten Bäumen zu beobachten Gelegenheit gehabt. Diese All- gemeinerkrankung habe ich als „chronische Resinose" von der örtlich infolge von Wundreiz entstehenden und lokalisiert blei- benden, mit Austritt profuser Harzmassen verbundenen „aku- ten Resinose" unterschieden^). Dementsprechend würde man in Zukunft auch eine chronische und akute Gummöse auseinanderzuhalten haben, und bei letzterer könnte die empfohlene Wundbehandlung mit Essig auch Erfolg haben. o o'^®^^ Fig. 161. Gruppe von Parenchymzellen der Aufsenrinde, welche durch Verharzung einer ringförmigen abnormen Holzparenchym- zone vom zentralen Holzzylinder voll- ständig getrennt worden ist. In den Rinden- zellen erkennt man noch die Zellkerne. (Nach CoNWK.MZ.) Harztildung bei dicotylen Gewächsen. Parallel mit den im vorigen Abschnitt geschilderten Vorgängen zeigt sich auch die Entstehung von Harzen und Gummiharzen bei den dikotylen Gewächsen. Svendsen ^) fand, dafs die Gummiharze bei Styrax, Liquidamhar , Tolw'fera u. a. pathologische Produkte sind , die infolge ') V. Fabkk, E.. Experimentaluntersuchungen über die Entstehung d. Harzflusses bei Abietineen. Dissertation. Bern 1901. -) Landwirtschaftliche .Jahrbücher 1908. 3) SvEXüSEx, Carl Johax, Über den Harzflufs bei den Dicotylen, speziell bei Styrax, Cnnarium, Shorea, Toluifern und Liqxiidambar. Archif fo'r Mathematik og Naturvidenskab. Kristiania 190"), Bd. XXVI, Xr. 13. 72Q III. Enzymatische Krankheiten. von Verwundungen entstehen. Nach jeder bis an das Cambimn gehenden Verletzung bildet sich ein Wundholz, das sich durch seinen tracheidal- l^arenchymartigen Charakter auszeichnet und allmählich wieder in normales Holz übergeht. Die Vorgänge sind überall also dieselben, wie wir sie bei den Frostwunden besclurieben und abgebildet haben. Der Wundreiz macht sich im Altholz durch Verstopfung der Gefäise mit Thyllen oder Bassorinverschluls geltend. Das um die Wunde sich bildende zunächst parenchymatische Neuholz weist schizogen ent- stehende, lysigen sich erweiternde Harzkanäle auf; die Verharzung ergreift dami das Parenchymholz mit Ausnahme gröfserer Teile der Markstrahlen und setzt sich später auf die Rinde fort, wo sie, was hervorzuheben ist, innerhalb der Rindenstrahlen bemerkt wird. Wie bei den Nadelhölzern ist auch bei den Dikotylen die pathologische Harzbildung von der Anwesenheit normaler Harzkanäle vollständig un- abhängig. Bei dem Peru- und Tolubalsam scheinen die Verhältnisse komplizierter zu sein. Also, soweit wir die pathologische Harzbildung überschauen können, entspricht sie vollkommen der Gummöse, und somit gelten für die Resi- nose dieselben Gesichtspunkte, die wir früher ausgesprochen: nicht der Wundreiz an sich ist das zur Verflüssigung der festen Gewebe anregende Prinzip, sondern enzymatische Wirkungen, die wir vorläufig nicht prä- zisieren können, die aber im Erfolg sich darin äufsern, dafs einzelne Ge- webegTuppen im jugendlichen Zustande verharren und durch Oxydation schmelzen. Diese Vorgänge können diu-ch Wmiden eingeleitet werden, aber auch selbständig durch abwegige Ernährung entstehen. Sie sind abhängig von einer gewissen Entwicklungsphase , namentlich der Zeit des Austreibens der Gehölze. Vorhandene Schmelzungsherde vermögen durch Übertragung ihrer Enzyme auf normales Dauergewebe sich zu vergröfsern. Anhangsweise ziehen wir noch eine Anzahl von Erscheinungen hierher, die teils direkt zu gummösen Entartungen gehören, teils darum sich hier anschliefsen , weil wir sie als Folgen enzymatischer Gleich- gewichtsstörungen auffassen. Dem Gummiflufs analog ist das namentlich an Wundstellen ein- tretende Ausfliefsen durchsichtiger, gummöser Massen bei Elaeagnus canadensis , das Frank genauer beschrieben hat. Ich sah Gummibildung bei Palmen, Gurken, Kakteen, Hyazinthenzwiebeln ^). Enzymatische Abwegigkeit nehme ich anbei der Kernfäule und Schwarzringigkeit des Meerrettichs (s. Zeitschr. f. Pflkr. 1899, S. 132), dem G^lasigwerden der Kakteen, Orchideen, Nelken usw. Es werden dadurch Schwächezustände geschaffen, welche die Pflanzen für parasitäre Angriffe empfänglich machen. Auf diesen Punkt hat Woods mit besonderer Schärfe hingewiesen : „ J called special attention to the fact, that plants rieh in oxiclizing enzyms were more sensitive to un- favorable conditions of temperatiu-e, moisture, and especially to insect enemies than plants poor in these enzyms" (1. c. S. 22). ^) Nach CoMES ist die „Brusca der Oliven" eine ausgesprochene Clummosis. IV. Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. 711 Vierter Abschnitt. Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Sechzehntes Kapitel. Die R a u c li g* a s e. Schweflige Säure. Bei der beständig zunehmenden Ausbreitung gewerblicher Betriebe sind die Beschädigungen der Vegetation diu'ch Rauchgase so zahlreich und vielseitig geworden, dais das Studium derselben einen eignen Zweig der Pathologie zu bilden beginnt, an welchem Chemie und Botanik in gleicher Weise beteiligt sind. Es ist daher erklärlich, dais dieser Wissenszweig Spezialwerke erfordert. Die umfassendste Be- arbeitung hat der Gegenstand in einem Buche von Haselhoff und Lindau ^j und später von Wielek^) gefunden-, wir müssen bei der Fülle des Materials bezüglich der Rauchschäden auf diese Werke verweisen und können nur solche Punkte eingehender hier noch behandeln, welche in den genannten Werken nur geringere BerücksichtigTing finden konnten. Lange Zeit ist man im Unklaren gewesen, welcher der schädliche Bestandteil des Rauches sei, bis durch die Untersuchungen von Murren^), Stöckhardt^) und namentlich von v. Schröder^) der Feind in der Schwef- ligen Säure erkannt worden ist. Die metallischen Gifte, wie Arsen, Zink und Blei, die man früher vorzugsweise bei der Beschädigung durch den Rauch der Hüttenwerke im Auge gehabt hat, sind experimentell als minder schädlich für unsere Kulturpflanzen nachgewiesen worden, während die Schweflige Säure schon in sehr geringer Beimengung zur Luft den Tod der Versuchspflanzen herbeizuführen imstande ist. Wie gering eine solche Beimischung zur Luft zu sein braucht, geht aus den Beobachtungen von Murren") hervor, der die charakteristischen Spuren der Zerstörung an den Blättern schon wahrnehmen konnte, wenn die Luft nur Vsoooo ihres Volumens an Schwefliger Säure enthielt. Schröder') gibt an, dais schon ein Millionstel sich schädlich erweist, sobald eine längere Einwirkung stattfindet. Und so geringe Bei mengungen enthält sicherlich mancher Rauch, der durch die Ver brennung schwefelhaltiger Steinkohle gebildet wird. Da aber Schwefe ') HA.sKuioFf , E. , und Linhau, 6., Die Beschädigvmg der Vegetation durch Rauch. Berlin 190:^, Gebr. Bornträger. 412 S. mit 27 Textabb. ^) WiEi.EH, A. , Untersuchungen über die Einwirkung schwefliger Säure auf die Pflanzen Berlin UiUö, Gebr. Bornträger. ') Recherches experimentales pour determiner l'influence de certains gaz industriels, specialement du gaz acide sulfureux, sur la Vegetation. Extracted from the Report of the International Horticultural Exhibition etc. London 18. *) Untersuchungen über die schädliche Einwirkung des Hütten- u. Steinkohlen- rauches auf das Wach.stum der Pflanzen. Tharandter forstl. Jahrb. Bd. 21, Heft 3. ") Die Einwirkung der schwefligen Säure auf die Pflanzen , in Landw. Ver- suchsstationen 1872. 6) a. a. 0. S. 224. ') ScHRöPEK, J. V., und Reiss, C. , Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch usw. Berlin 18S3, P. Parey. n-in IV. Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. in der Form von Scliwefeleisen ein häufiger Bestandteil der Steinkohle ist, so ist anzunehmen, dafs wir, wie Möhren sagt, mit jedem Schorn- stein die Anlage zu einem Vergiftungsherd der Pflanzen errichten. Nun darf man allerdings auch nicht zu weit in den Befürchtungen gehen. Die Experimente, welche zum Nachweis der Schädlichkeit so geringer Gasmengen angestellt worden sind , bestanden in der meist mehrstündigen Einwirkung des Gases in einem durch eine Glasglocke abgeschlossenen Räume. Diesem Zustande entspricht im gewöhnlichen Leben nur etwa die Luftbeschaffenlieit in unmittelbarer Nähe eines industriellen Etablisse- ments, wie einer Hütte, eines Koksofens u. clgi. in geschlossenen Tälern, in denen der Rauch in grofsen Massen Tag und Nacht sich über die Vegetation lagert. In der Mehrzahl der Fälle dienen die Luftbewegung, namentlich der Wind und die Eigentümlichkeit der Schwefligen Säure, in Berührung mit Wasser zu Schwefelsäure zu oxydieren, als Schutz- mittel gegen die extremsten Wirkungen des Giftes , gegen das baldige Absterben. Jedenfalls aber wird man guttun, in denjenigen Gegenden, wo mit Steinkohlen oder Torf ^) gefeuert wird, bei der Anlage von viel Rauch produzierenden Etablissements solche Orte zu wählen, die mög- lichst entfernt von grofsen Kulturen, namentlich von Baumanlagen, sind. Die gasförmigen Produkte, welche bei der Verbrennung einer Schwefel fr e i e n Steinkohle erzeugt werden, sind für die Vegetation unschädlich^). Enthält dagegen die Kohle einen Teil Schwefel und entweicht die Schweflige Säure in die Luft, so wird dieses Gas von den Blattorganen der Nadel- und Laubhölzer aufgenommen; dabei wird es (nach v. Schröder) in diesen Organen gröfstenteils fest- gehalten und nur zu einem geringen Teile in den Holzkörper_ der Pflanze geleitet. Auch die von Freitag^) in dieser Beziehung direkt angestellten Versuche deuten darauf hin , dafs wir die Blätter als die Hauptorgane zur Aufnahme des Giftes anzusehen haben. Nicht alle Blätter aber nehmen gleichviel von dem gebotenen Gifte auf, und in dieser Beziehung unterscheiden sich die Nadelhölzer merklich von den Laubhölzern. Erstere nehmen unter sonst gleichen äufseren Verhält- nissen mit der gleichgrofsen Blattfläche weniger Schweflige Säure auf als letztere-, jedoch ist mit dem Nachweis einer gröfseren Menge auf- genommenen Gases noch nicht gesagt, dafs dadurch auch eine Pflanze mehr leidet. Die Widerstandsfähigkeit hängt vielmehr von der speziellen Organisation der Pflanze ab. Li dieser Beziehung lag die Vermutung nahe, dafs der anatomische Bau, namentlich die Zahl der Spaltötihungen, für die Empfänglichkeit einer Pflanze mafsgebend sein möchte-, diese Vermutung, welche von Murren wiederholt ausgesprochen worden, hat sich aber als irrig erwiesen, da Schröder gefunden hat, dafs die Schweflige Säure nicht nur durch die Spaltöffnungen , sondern gleich- mäfsig von der ganzen Oberfläche des Blattes aufgenommen wird. Er sah von der spaltöffnungslosen Oberseite eines Blattes ebensoviel Gas ^) Nach Stockhaudt ist auch Braunkohlen- und Torfrauch schädlich, wenn dieses Feuerungsmaterial Schwefelkies enthält. Der Rauch der Kalköfen zeigt sich am mindesten nachteilig, weil der Kalk die gebildete Schweflige Säure zurück- hält, ebenso wie bei Ziegelöfen der häutig vorhandene Magnesiagehalt des Tones durch Zurückhalten der Schwefligen Säure günstig wirkt. Chemischer Ackers- mann 1872, Heft II, S. 111 u. f. ^) Nachgewiesen an Pflaumen- und Birnbäumen. 3) Mitteilung der landwirtsch. Akad. Poppeisdorf. Bd. II, 1869, S. 84: cit. bei Schröder a. a. 0., S. 821. Die Rauchgase. 7]^3 aufnehmen als von der an Atmnngsorganen reichen Unterseite; nur war die Wirkung des von letzterer Seite eingedrungenen Gases viel schneller und energischer. Diese Erscheinung hndet ihre Erklärung in dem Umstände, dafs die Schweflige Säure begierig vom Wasser ab- sorbiert wird und sich in Berührung mit demselben leicht oxydiert; da nun durch die locker gebaute, an Spaltöffnungen reichere Unterseite die Wasserabgabe des Blattes an die Luft vorzugsweise erfolgt, so macht sich hier die Einwirkung des Giftes um so mehr geltend. Wird das Wasser in den Micellarinterstitien der Zellwände von der Säure in gröfserem Mai'se gebunden, als ein Zuströmen erfolgen kann, dann werden die Zellwände wasserarm, werden endlich austrocknen und somit ihre Fähigkeit für die Wasserleitung verlieren. Es werden dann nur noch diejenigen Zellpartien, welche direkt an dem sclmellleitenden Gewebe der Gefäfsbündel liegen, stark wasser- haltig bleiben und ihre normale Färbung behalten, während der trockene Teil zwischen den Gefäfsbündeln (den Blattnerven) eine fahle, bräunliche Färbung annimmt. Diese Erscheinung einer hellgrünen Nervatur in der fahlen Blattmasse ist als ein Merkmal für die Er- kennung einer Vergiftung des Blattes durch Schweflige Säm^e be- zeichnet worden. Später ist von Hartig ^) behauptet worden, dafs die ßotfärbung der Schliefszellen der Spaltöffnungen bei Nadelhölzern ein sicheres Merkmal für Säurebeschädigung sei. Diese Angabe aber hat alsbald seitens anderer Beobachter ihre Widerlegung gefunden. WiELER^j und SORAUER^) haben nachgewiesen, dafs ein langsames Ab- sterben unter dem Einflufs des Lichtes bei Einwirkung sehr ver- schiedener Faktoren die Rotfärbung veranlafst. Unmittelbar im Zu- sammenhang mit diesem für das Auge erkennbaren Merkmal steht die durch Wägung von v. Schröder gefundene Tatsache einer verminderten "Wasserverdunstung der vergifteten Blätter. Die Transpirationsgi^öfse läfst sich aber als Ausdruck der Produktion gebrauchen, und somit läfst sich schliefsen, dafs das Blatt weniger assimiliert. Die allgemeine Wirkung der Vergiftung auf den Pflanzenkörper wird also ähnHch der einer frühzeitigen Entlaubung sein, und zwar wird die Wirkung um so schneller eintreten, je gröfsere Mengen von Schwefliger Säure vor- handen sind, je trockner die Luft ist, je höher die Temperatur und je stärker die Beleuchtung ist, durch welche Faktoren das Blatt zu intensiverer Tätigkeit angeregt wird. Durch diese experimentell fest- gestellte Tatsache wird die Vermutung nahe gelegt, dafs der Hütten- und Steinkohlenrauch in der Nacht weniger schädlich als am Tage wirkt, und wir werden diese Vermutung später bestätigt finden. Betreffs des Merkmals der grünbleibenden Nervatur bei vertrock- nenden Mittelfeldern eines Blattes ist aber Vorsicht bei der Beurteilung- geboten. Fast alle schädlichen Einflüsse des Luftmeeres äufsem sich in der Weise , dafs die von den wasserleitenden Nerven am weitesten entfernt liegenden Partien eines Blattes, also die Zwischenrippenfelder (Litercostalfelder) , am ersten und stärksten leiden (Frost, Sonnen- brand usw.). Bei Einwirkung von Säuren im Rauch sind aber die ') Hartk;, Rok. , Über die Einwirkung des Hütten- und Steinkohlenrauches auf die Gesundheit der Nadelholzbäume. München ls9(), Rieger'sche Buclihandl. -) WiKi.EK, Über unsichtbare Rauchschäden bei Nadelbäumen. Zeitschrift fi5r Forst- u. .Jagdwesen 1897, Sept. ^) SouAVEu, P. , Über die Rotfärbung von Spaltöffnungen bei Picea. Notizbl. d. Bot. Gart. Berlin 1898, Nr. 16. 714 IV. Einflufs scliädliclier Gase und Flüssigkeiten. Grenzen zwischen totem und gesundem Gewebe meist scharf, bei Ein- flufs der Witterungsfaktoren dagegen mehr verwaschen durch allmähliche Übergangsstadien. Auch sind in ausgesprochenen Rauchbezirken die Schädigungsbilder verschieden, weil neben der Schwefligen Säure auch andere Säuren, wie Schwefelsäure, Salzsäure, Fluorwasserstoffsäure usw., zur Wirksam- keit gelangen können. Diese stark wasserlöslichen ( hygrophilen) Säuren beschränken sich aber in ihrer Wirkung auf die nähere Umgebung der Erzeugungsherde , wo sie allerdings auch viel intensiver und auf das Gewebe schnell abtötend wirken, während die Schweflige Säure, die in gasförmiger Gestalt sich über weite Gebiete ausbreitet, langsam aber permanent von der Pflanze eingeatmet zu werden pflegt. Erstere, schnell und ätzend auftretende Wirkungen unterscheidet man als „akute" von den langsam vergiftend sich geltend machenden Erscheinungen, die als „chronische Rauchschäden" bezeichnet werden. Selbstverständlich müssen letztere sich schon im Innern einer Pflanze geltend machen, wenn äufsere Merkmale noch nicht vorliegen. Der Chlorophjdlapparat wird schon alteriert (was spektroskopisch von Wislicenus ^) , mikroskopisch von SoRAUER nachgewiesen wurde), wenn auch die Pflanzen noch ganz normal aussehen, und man spricht dann von „unsichtbaren Rauch- schäden". Natürlich sind derartige Störungen auch am leichtesten zu beseitigen, und die Pflanze ist nachgewiesenermafsen in der Lage, nach Fortfall schwächerer Raucheinwirkungen sich selbst auszuheilen ^). Solche Fälle werden auch im natürlichen Forstbetriebe vorkommen, wenn Situationsänderungen eintreten, welche eine Rauchschlange ab- lenken oder bis zur Unschädlichkeitsgrenze verdünnen. Wislicenus^), dem wir besonders eingehende, gewissenhafte Untersuchungen neuer- dings verdanken, gibt die Unschädlichkeitsgrenze auf 0,0005 Volumprozente an. Dieser Autor hebt auch hervor, dafs, abgesehen von der äufserst verschiedenen individuellen Empfindlichkeit,'! das Entwicklungsstadium der Pflanze von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die Zeit der Ent- faltung der neuen Blätter und Nadeln ist die gefährlichste ; hier leiden die Pflanzen am meisten, weil die Cuticulardecke der Epidermis noch nicht genügend ausgebildet ist. Der schon oben erwähnte, von V. Schröder und Hartig beobachtete schädlichkeitsfördernde Einflufs des Lichtes ist experimentell von Wislicenus^) geprüft worden. Er fand, dafs sichtbare Beschädigungen bei jungen Fichten im Dunkeln und im Winter nicht auftraten, obgleich eine Steigerung des Schwefel- gehaltes nachweisbar war. Ramann und Sorauer haben ebenfalls be- obachtet (s. a. a. 0.), dafs die Menge des nachweisbaren Schwefels in einem Organ nicht ausschlaggebend für den Grad der Schädigung ist, und Graf zu Leiningen •^) macht aiif einen Faktor aufmerksam, der bei ') WisLicF.Nus, Resistenz der Fichte gegen saure Rauchgase bei ruhender und tätiger Assimilation. Tharandter Forstl. Jahrbücher 1898, Sept. 2) SoKÄUER, P. , u. Ramann, E., Sogenannte unsichtbare Rauchbeschädigungen. Bot. Centralbl. 1899, Bd. LXXX. — s. auch Bkizi in Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1904, S. 160. ^) Wislicenus, H., Mafsnahmen gegen die Ausbreitung von Hüttenrauchschäden im Walde. Referat 5 der Sektion VIII d. Internat, landw. Kongresses in Wien 1907. *) Tharandter Forstl. Jahrbücher 1898, S. 152. ^) Graf zu Leixingen, W. , Licht- und Schattenblätter der Buche. Naturwiss. Z. f. Land- u. Forstw. IIL Jahre;., Heft 5. Die Rauchgase. 715 der Probeentnahme behufs Begutachtung von Säureschäden von aus- schlaggebender Wichtigkeit ist, nämlich auf den ganz verschiedenen Gehalt an Schwefel und Chlor bei Schattenblättern gegenüber den Sonnenblättern. Bei Buche fand er auf je 1 qm Blattsubstanz bei Lichtblättern bei Schattenblättern an S03 . . . . 0,2730 g 0,3004 g Cl 0,0190 g 0,0347 g Also je ungenügender die Produktion an organischer Substanz, desto höher wird relativ der Gehalt an Schwefelsäure und Chlor. Gleichsinnig verhalten sich die Angaben von Wislicenus. „Geringe Bodenbonitäten, d. h. physikalisch und chemisch minderwertige Boden- beschafienheit , für die Pflanzengattung spezifisch ungeeigneter Boden, vor allem aber ungenügender, übermäfsiger oder abnorm wechselnder Wassergehalt des Bodens, schaffen eine Prädisposition für Rauch erkrankung, darunter am meisten der Wassermangel." Dafs der Habitus des Waldes durch Entnadelung und Absterben der Zweige ein anderer wird , ja dafs auch in Laubwäldern sich das Aus- sehen dadmxh ändert, dafs die Stämme fast gänzlich frei von Flechten werden [Lindau*)] und bei den Buchen die Stammrinde einen eigen- artigen grauen Farbenton annimmt, sei nur nebenbei erwähnt. Direkt auf die Änderung der Bodenbeschaffenheit weisen die Angaben von V. SCHKÖDER und Reuss hin, dafs eine Anhäufung unzersetzter Nadeln unter den clu'onisch beschädigten Fichten stattfindet und, soweit die Traufe des Baumes geht, auch eine gänzliche Entblöisung von jeder lebenden Vegetation bemerkbar ist. Dieser Umstand deutet auf .,B o den Vergiftung". Bewiesen wird dies durch das REUSS'sche Experiment, bei welchem Boden aus einer Rauchgegend in eine rauch- freie Zone übergeführt und bestellt worden war. Nach drei Jahren betrug der Verlust an ein- und zweijährigen Sämlingen von Esche 100 ^Vo, Ahorn 92 »/o. Buche 72 '^/o, Fichte und Kiefer 8"/ü, Eiche 0"/o. Wieler^) hat nun speziell die Frage der Bodenvergiftung in die Hand genommen und nachgewiesen, dafs sich in Rauchgegenden mit anhaltender Rauchüberfutung unter Umständen noch Schweflige Säure in 30 cm Tiefe nachweisen liefs. diese also noch nicht in Schwefelsäure übergegangen war. Letztere wird auch nur so lange unschädlich sein, als sie an Basen gebunden werden kann. Wenn aber diese Basen zur Neutralisation verbraucht sind und durch Regen ausgewaschen werden, findet die vorhandene Humus säure kein Bindemittel mehr. Tatsächlich zeigten alle von Wieler untersuchten Bodenproben aus Rauchschaden- gebieten grofse Mengen von Humussäure. Es fehlte diesen Böden also an Kalk, um die entstehende Humussäure zu binden. Es mufsten aber auch die anderen Basen, mit denen die Humussäure lösliche Ver- bindungen eingeht (Magnesium und Eisen), aus dem Boden verschwunden sein. Damit verschlechtert sich naturgemäfs das Absorptionsvermögen des Bodens für andere mineralische Nährstofite; dies bezieht sich auch auf die mit Humussäure lösliche Verbindungen eingehenden Alkalien, welche gleichfalls in den Untergrund wandern. Der Kalkmangel er- schwert die Zersetzung der HumusstofFe, und der in ihnen eingeschlossene 1) a. a. 0. S. 120. *) Wieler, Xeuere Untersuchungen usw. S. 314. 716 ^^ • Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Stickstoff bleibt dem Pflanzenbestande unzugänglich, zumal die Bakterien- flora in dem sauren Boden gering ist. Die freie Schweflige Säure und die Schwefelsäure werden auch auf tierische Organismen, wie z. B. die Regenwürmer, schädlich emwirken können. Durch alle diese Faktoren wird der Rauchboden ausgemagert bzw. vergiftet werden. Der geringeren Wasserkapazität des durch Schwefelsäure (oder auch dmxh Salzsäure) vergifteten und ausgemagerten Bodens schreibt nun WiELER das Absterben der Bestände und überhaupt die chronischen Beschädigungen zu. Er geht sicherlich darin viel zu weit; denn alle Versuche lehren, dafs der direkte RauchangTiff die Hauptursache des Absterbens der oberirdischen Organe bildet-, auch ergeben die vergleichenden chemischen Analysen von Laub und dem dasselbe produzierenden Boden durchaus nicht immer eine Verarmung an Basen, sondern bisweilen sogar ein starkes Anwachsen von Kalk und Magnesia^). Aber immerhin bleibt diese Seite der Wirkung der sauren Rauchgase höchst beachtenswert, und die Aufmerksamkeit der praktischen Kreise ist auf eine periodisch sich wiederholende Kalkdüngung zu lenken. Betreffs des Einflusses der Luftströmungen und ihrer Beschaffenheit, namentlich ihres Wassergehaltes , sowie betreffs des Nachweises der Säuren in der Luft und der Maisnahmen zur Abschwächung der Rauch- schäden müssen wir auf die Spezialwerke verweisen. Erwähnen möchten wir nur, dafs OsT^) eine einfache Methode zur Bestimmung des Gehaltes der Luft an Schwefelsäure eingefülu't hat. Es werden nämlich kleine Zeuglappen mit Ätzbaryt getränkfc und getrocknet; sodann werden sie an den Untersuchungsorten in exponierter Lage aufgehäng-t und nach einer bestimmten Zeit auf ihren Schwefelsäuregehalt untersucht. Auch die reine Gebirgslüft zeigte bei dieser Methode als normale Beimengung noch einen gewissen Gehalt an Schwefelsäure , der in der Nähe von Dörfern sofort bedeutend anstieg. Eine Zusammenstellung der Forde- rungen des Forstmannes zum Schutze des Waldes gegen Rauch- beschädigungen finden wir neuerdings in einem Vortrage des Ober- forstrats Reuss^). Derselbe weist darauf hin, dafs es notwendig sei, da, wo viele Fabriken beisammen liegen, Schadenersatzgenossenschaften zu errichten. Nicht aui'ser acht zu lassen ist, dais bei den Schadenersatzforderungen nicht selten der Einwand seitens der schädigenden Hütten und Fabriken gemacht wird, dafs Insektenfrafs die Hauptursache abgäbe. In dieser Beziehung macht Gerlach*) darauf aufmerksam, dafs die rauchkranken Fichtenbestände von den Harzrüsselkäfern bevorzugt werden. Nicht nur Pissodes Herciniae und scahricoUis , sondern auch andere Insekten, wie Grapholitlia pactolana und Chermes zeigen in rauchbeschädigten Forsten ein verheerendes Anwachsen. ^) Die landwirtschaftliche Versuchsstation in Münster i. "W. Denkschrift von J. König. Münster 1896, S. 191 ff. ^) Ost, H., Die Verbreitung der Schwefelsäure in der Atmosphäre. Die ehem. Industrie 1900; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1901, S. 248. ^) Recss. Kaüi-, Mafsnahmen gegen die Ausbreitung von Hüttenrauchschäden im Walde. Internat. Landw. Kongrefs zu Wien 1907, Sektion 8, Ref. 5. ■•) Gerlach, Beobachtungen und Erfahrungen über charakteristische Beweis- mittel bzw. Merkmale von Rauchschäden. Österr. Forst- u. Jagdzeitung; cit. Bot. Centralbl. 1907, Nr. 40, S. 360. Die Rauchgase. 717 Salzsäure, Chlor. Die Steinkolilen enthalten neben dem Schwefel auch Chlor in Form von Chlornatrium ^); der Chlorgehalt schwankt zwischen 0,1 bis 2,0 "/o. Leadbettek fand in der Steinkohle 0,0(j9 bis 0,028 "^ o an Chlor 2) ; dasselbe war aber in der Asche nicht mehr nachweisbar, muiste also mit den flüchtigen Substanzen ausgetrieben worden sein; Meinecke hat nun auch in den Hochofengasen das Chlor direkt nachgewiesen^), und Smith ^ ) macht auf den Chlorgehalt von Regenwasser in Gegenden auf- merksam, wo Steinkohle in IMenge gebrannt wird. Nach diesen Angaben müssen wü^ also nicht einen einzigen schädlichen Faktor im Steinkohlen- rauche, sondern mehrere in verschiedener Kombination amiehmen. Die Yerschiedenartigkeit wird auf der Zusammensetzung der Steinkohle einerseits und auf ihrer Verwendung im technischen Betriebe anderer- seits beruhen. Bei dem schnellen Übergange von Chlor in Salzsäure in Gegenwart von Feuchtigkeit und Licht müssen beide Faktoren gemeinsam ab- gehandelt werden. Über die durch fortgesetzte Einwirkung von Salz- säure im Boden möglicherweise entstehende Verarmung ist bereits bei der Schwefhgen Säure gesprochen worden. Von der Wü^kung direkter Lösungen von Chloralkahen wird bei Gelegenheit von Kochsalz noch die Rede sem. Das Verhalten der Pflanzen ist je nach Spezies, Jahres- zeit, Standort und individueller Entwicklung verschieden. Im allgemeinen erfolgt Ausbleichen und Vertrocknen der Blaitränder oder auch der Intercostalfelder , wobei Chlordämpfe schneller wirken als salzsaure Gase. Gegenüber der Schwefligen Säm-e herrschen aber hier die trocknen Blattränder (Saumlinien) vor. Bei den von Ramann imd SoRAUEK (s. Schweflige Säure) ausgefühi'ten Versuchen wurde beobachtet, dafs die mit Wasser besprengten Fichten dm'chschnittHch weniger Chlor absorbierten als die nicht benetzten Pflanzen, Die bisherigen Arbeiten über die anatomischen Verändermigen haben zu widersprechenden Resultaten geführt. So beobachtete Lindau (a. a. 0. S. 244) bei Abies bei den Spaltöffnungen und deren Nachbarschaft nm- eine Alteration, wähi-end Kindermann ^) die Untersuchungen von Leitgeb und von Molisch bestätigt, dafs gerade die Schliefszellen die gTöfste Widerstandskraft gegen alle schädlichen Einflüsse (darunter auch Salzsäure) besitzen, was wahrscheinlich auf einer besonderen Konstitution des Plasmas beruhe. Bei der Unsicherheit der bisherigen Resultate gebe ich hier kurz die Ergebnisse eigner Studien*^) am Getreide und bei der Fichte wieder. Zunächst wurde der grofse allgemeine Produktionsrückgang, welchen die Pflanzen diu-ch die Salzsäuredämpfe erleiden und der sich in den Gröfsenverhältnissen und der Kornausbildung kennzeichnet, in Bestätig-img der Untersuchungen von Wieler und Hartleb'') sehr aus- ^) Hasknxi.ever, über die Beschädiguno; der Vegetation durch saure Gase. 1879 S. 9. Berlin, Springer. -) Chemical Xews 1860, No. 4G ^) Dingler's Journal 1875, S. 217. *) Bericht über die Entwicklung der ehem. Industrie von A. AV. Hufmanx, 187o. ^) KiNDERMANx, V., Über die auffallende Widerstandskraft der Schliefszellen gegen schädliche Einflüsse; cit. Jrsr, Bot. Jahresber. 1902, II, S. 653. ß) SoKAUER, P., Beitrag zur anatomischen Analyse rauchbeschädigter Pflanzen. Landwirtsch. Jahrbücher 1904, S. 587. "^ -,. . • ^) WiELER. A., und Hakti.er, R., Über Einwirkung der Salzsäure auf die Assi- milation der Pflanzen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1900, S. 348. 718 1^1 Einflufs schädliclier Gase und Flüssigkeiten. geprägt gefunden. Eine solche Wirkung kann eintreten, ohne dafs auttallige äuisere Merkmale die Wachstumsstörung anzeigen. In der Regel aber ist dieselbe von einer Entfärbung mit nachfolgender Ballung der Chloroplasten begleitet. Es folgt dann eine Zusammen- ziehung des Primordialschlauches und Schrumpfung der Chlorophyll- körner. Je nach Stärke und Dauer der Salzsäuregaswirkung hat das so geschädigte Blatt bisweilen noch die Möglichkeit eines normalen Auslebens ; meist aber stirbt es teilweise oder gänzlich vorzeitig ab. Im letzteren Falle umfafst das Absterben vorzugsweise diejenigen Blatt- teile, die vermöge ihrer Lage und iln^er geringeren Mesophyll- und Gefäisbündelentwicklung eine schwierigere und geringere Wasserzufuhr haben, und dies sind die Spitzen und Ränder der Blätter. Daher die trocknen, verfärbten Blattspitzen beim Getreide und die schmalen trocknen Saumlinien zu beiden Seiten des noch grün verbleibenden unteren Teiles der Blattfläche. Als Folge des schnellen Todes zeigt sich dann in diesen abgestorbenen Teilen ein verhältnismäfsig bedeutender Bestand an Zellinhalt. Das Zusammentrocknen unter Festhaltung der Luft im Gewebe erfolgt unter Schrumpfung der Zellen, jedoch so, dafs die Wände einer jeden Zelle einander nicht berühren. Der natürliche Vertrocknungsprozefs dagegen, der erst nach voll- ständig er Verarmung des Zellinhaltes eintritt, charakterisiert sich durch ein gänzliches Zusammenfallen der Mesophyllzellen, wobei die Oberwand auf die Unterwand sinkt und das ganze ehemals grüne Blattfleisch einen matt - strohgelben , dichten Gewebestreifen aus wellig verbogenen, schichtenweise aufeinanderliegenden Wandungen darstellt. Das Zusammensinken der Zellen erstreckt sich bei den Getreidearten mit Ausnahme der Gerste während des natürlichen Vertrocknungs- prozesses fast nm- auf das Mesophyll, während die Epidermiszellen nahezu in ihrer natürlichen Höhe verbleiben. Bei der — schon von den Praktikern als „weich" bezeichneten — Gerste sinken allerdings auch die Epidermiszellen bei dem natürlichen Tode zusammen, wobei aber einzelne der weitesten Oberhautzellen nach aufsen hin eine Falte bilden. Dieselbe erscheint bei einem Querschnitt durch das tote Blatt als kegelförmige Erhebung, die einem Haar gleicht und dem ganzen Querschnitt das Aussehen eines dünnen, knotigen und stacheligen Stranges verleiht. Bei der Wichtigkeit der Unterscheidung eines Blattes, das natür- lichen Todes gestorben, von einem durch saure Gase vorzeitig zugrunde gegangenen Organe geben wir nebenstehend die Abbildung eines säure- beschädigten und eines normal gestorbenen Blattes. Fig. 162, 1 ist der Querschnitt durch eine unter dem Einflufs von Salzsäure bzw. Chlor- dämpfen abtrocknende Randpartie eines Haferblattes. Man sieht, das Gewebe schrumpft namentlich in der Zwischenrippenregion (Intercostal- felcler) scharf zusammen, ohne dafs das Mesophyll Zeit gehabt hätte, sich zu entleeren. Der Zellinhalt erscheint schmutziggrün bis braungrün und mannigfach geballt. Die Membranen der Bastbeläge an der Blattkante {B) und unterhalb der Gefälsbündel (h) sind, wie die der Epidermis, rotgelb bis braungelb gefärbt, und die Epidermis- zellen stellenweise (.5) derart zusammengetrocknet, dafs die Oberwand die Unterwand berührt. Fig. 1(32 , 2 ist eine vergTöfserte noch den reichlichen Zellinhalt zeigende Zellgruppe aus Fig. 102, 1. Fig. 162, 3 stellt den Querschnitt clurch ein normal vertrocknetes Haferblatt aus rauchfreier Gegend dar. Das Blatt erscheint im Quer- Fig. 162. Unterschied zwischen einem durch Salzsäure- bzw. Chlordämpfe ab- trocknenden und einem natürlichen Todes gestorbenen Haferblatte. (Orig.) 720 VI. Einflufs schädliclier Gase und Flüssigkeiten. schnitt strangartig dünn, weil das Mesophyll (F) nahezu ganz entleert ist lind die Zellwände aufeinander gesunken sind. Nur um die stärkeren Gefäfsbündel herum vermag das Blatt nicht derartig zu schrumpfen, weil die starken Bastbeläge als Steifen dienen und als Knoten in der Strangform stehen bleiben. Trotz der scharfen Vertrocknung des Blattes bleibt die Epidermis in ihrer natürlichen Höhe und wird höchstens Fig. 163. Dvu-ch Schweflige Säure angegriffene Blätter einer Rotbuche. (Nach Schröder vmd Reuss.) matt quittengelb gefärbt, wie die Baststränge, wodurch sie sich von der säurebeschädigten ebenfalls unterscheidet. Fig. 162, 4 ist eine ver- gröfserte ZellgruiDpe aus Fig. 162, 3. E bezeichnet die Epidermis, darunter die zusammengefallenen Mesophyllzellen, bei denen durch Einlegen des Schnittes in Wasser die spärlichen plasmatischen Inhaltsreste kenntlich gemacht worden sind. Auch von einem bei dauernd nassem Wetter langsam ausreifenden Haferblatt unterscheidet sich das säurebeschädigte Die Eauchgase. 721 in der Farbe , da ersteres in den AVandungen seiner Bastbeläge und Epidermiszellen eine citr onengelbe Farbe annimmt. Die Intensität der Verfärbung liängt mit dem Reichtum an Gerbstoffen zusammen. Bei der Beobachtung der Farbenunterschiede muis man schnell vorgehen, da der Farbstoff in Wasser löslich ist. Was hier vom Getreide beschrieben worden ist, läist sich nicht ohne weiteres auf andere Pflanzen übertragen. Nur das ist als all- Fig. 164. Birkenblätter durdi Schweflige Säure beschädigt. (Nach v. Schu.Iuek u. Reuss.) M Fig. 165. Eosenblatt und Fig. 166. Buchenblätter durch Salzsäure- bzw. Chlordämpfe beschädigt. (Nach v. Schrodeb und E KITS..) gemeines Vorkommnis zu betrachten, dafs bei allen plötzlichen Todesarten reichlich Inhalt in den Zellen erhalten bleibt, während derselbe bei dem natürlichen Ausleben des Blattes grölstenteils ver- atmet wird. Um die habituellen Unterschiede in der Angriffsweise von Dämpfen der Schwefligen und der Salzsäure hervorzuheben, geben wir hier die Kopien beschädigter Blätter aus dem mehrfach citierten Werke von V. Schröder und Reuss. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 46 722 IV. Einflufs schädlicher Gase und riüssigkeiten. In Fig. 163 sehen wir das clurcli SO^ angegrifFene Blatt einer Rot- buche aus der Nähe einer Silberhütte. Fig. 104 ist ein von SO^ ge- schädigtes Birkenblatt aus der Nähe einer Kupferhammerhütte. Das gemeinsame Merkmal besteht in mein- oder weniger scharf umschriebenen gebräunten Flecken in den Intercostalfeldern. Die Flecke sind meist mit einem Rande umgeben, der bald dunkler, bald heller braun sein kann. Bei manchen Gehölzen (z. B. der Rotbuche) findet man auch noch häufig um die Randzone einen durchscheinenden gelblich-grünen Saum von erkranktem aber noch nicht abgestorbenem Gewebe. Fig. 1(35, IGG und 1G7 sind Blätter einer Rose, einer Buche und einer Birke, die künstlich durch Salzsäure beschädigt worden sind ; sie zeigen die dürren Saumlinien, die man meist nach Einwirkung reiner Salzsäm^edämpfe beobachten kann. Indessen ist zu betonen, dafs man bei der Rauchexpertise aus solchenHabitusbildernkeine sicheren Schlüsse ziehen darf, weil einerseits je nach dem individuellen Standort und Entwicklung des Baumes die Beschädigungs- formen wechseln und weil andererseits auch andere Faktoren ähnliche Beschä- digungen hervorzubringen vermögen. Plufssäure (Fluorwasserstoff- säure). Viel mehr als man früher vermutet, hat sich die durch den Betrieb von Super- phosphat-, Glas- und chemi- schen Fabriken erzeugte Flufssäure als Feind der Vegetation entpuppt. Durch sie ist der anfangs rätselhafte Befund geklärt worden, dafs Rauch aus Ziegeleien und Tonwarenfabriken manchmal hochgradig schädlich, in anderen FäUen unschädlich sich erweist. Dies hängt, eben von dem Vorhandensein und der Menge der Fhiorverbindungen ab, welche in den Tonen und Roh- phosphaten vorhanden sind. Nach Ost äufserte sich die Wirkung in dem Auftreten kleiner, brauner Ätzflecke, welche bei manchen Pflanzen mit einer gelblichen Zone umgeben waren. Von anderen Forschern aus- geführte Räucherungen liefsen bei der Eiche schmale, gelbbraune, scharf abgegrenzte Randverfärbungen erkennen ; ähnliche Randzeichnung zeigte em Spitzahorn, dessen Blattfläche später aber ebenfalls sich bräunte. Lindau ^) beschreibt den anatomischen Befund bei der Eiche. Er fand die beiden Epidermisschichten intakt und den Inhalt der MesojDhyll- zellen leicht gebräunt; die einzelnen Chloroplasten sind noch erkennbar, „aber der übrige Inhalt hat ein öliges Aussehen erhalten". Fig. 167. Durch Salzsäure bzw. Chlordämpfe be schädigte Birkenblätter. (Nach v. Schröder u. Rkuss. 1) a. a. 0. S. 250. Die Rauchgase. 723 Über den am meisten in Betraclit kommenden Waldbaum, die Fichte, finden wir die Notiz, dals dieselbe bereits einen Tag nach der künstlichen Räncherung einzelne Triebe mit weii'slich-grauer Verfärbung zeigte , die sogar welkten. Nach einer zweiten Räucherung wurden die Bäumchen ins Freie gestellt, und nun ging der anfangs weifsliche, gelblich-graue Farbenton dm^ch alle Abstufungen von Gelb und Gelb- rot in „das charakteristische Rot der Säurebeschädigung über". So wie die Fichten sah man in der Nähe einer Phosphoritfabrik, die durch Aufschliefsen des Fluorcalcium enthaltenden Phosphorites mit Schwefelsäure Flufssäuredämpfe entwickelte, auch Kiefern, Lärchen und Akazien sich verfärben ^ ). Mayrhofer ^) konnte einen auffallend hohen Fluorgehalt der Nadeln und Blätter noch auf 50<> — 000 m Entfernung von der Fabrik nachweisen. Auf das Getreide kann die Wirkung einer solchen Exhalation geradezu A'ernichtend sein. So beobachtete Rhode ^), dafs Roggen auf einzelnen Parzellen gar keine oder nur verkümmerte Körner entwickelt hatte. Meine eigenen Untersuchungen erstrecken sich nur auf Spiritus- material von abgestorbenen Fichtennadeln, das ich von Herrn Professor Ramann erhalten hatte, und bestätigen der Hauptsache nach die Über- einstimmung des Befundes mit den bei Schwefliger Säure erhaltenen Bildern. Nur fand ich bei den FluorwasserstofFnadeln noch eme Gewebefaltung, die auf einem Schrumpfen der Zellmembranen beruhte. Man mufs daraus schliefsen, dafs das bei Schwefliger Säure so schnell eintretende Austrocknen der Nadeln hier erst erfolgt, nachdem die direkte Säurewirkung bereits eine Gestaltveränderung der Gewebe hervorgerufen hat. Auch war der Inhalt den Wandungen nicht fest angetrocknet, wie bei Wü'kung der Schwefligen Säure und konnte deshalb nicht zm' Steifung der Wandungen beitragen. StickstoflFsäuren. Über den Einflufs von Salpetersäure (bzw. Untersalpeter säure) haben wir nur eine Notiz von König*) gefunden. Er sah bei 5 g Stickstofifsäuren (auf Untersalpetersäure berechnet) auf 100000 1 Luft oder 0,05 g üntersalpetersäure in 1 cbm Luft bei Bäumen Merkmale auftreten, die denen glichen, welche bei Schwefliger Säure und Salz- säure sich einstellen. Die gewöhnliche Luft enthält nur 0,00003 g Salpetersäure im Kubikmeter. Ammoniak. Weit über den gewöhnlichen Gehalt der Luft hinausgehend, der höchstens zu 0,050 mg pro Kubikmeter anzunehmen ist, erweist sich das Ammoniak und kohlensaure Ammoniak als wachstumstördernd. Nm- bei Fabrikbetrieben (Ammoniak-Soda-Verfahren u. dgl.) kommen so gTolse Mengen ins Freie, dafs Schäden entstehen, obgleich die Pflanzen sich im allgemeinen sehr widerstandsfähio- erweisen. Die ') Allgem. Forst- u,^ Jagdzeitimg 1891, S. 220. -) Mavkiiofeu, J. , über Pflanzenbeschädigung, veranlafst durch den Betrieb einer Superphosphatfabrik. Freie Vereinigung d. Ba^T. Vertreter für angewandte Chemie. Bd. X, S. 127. 3) Rhode, A., Schädigung von Roggenfeldern durch die einer Superphosphat- fabrik entströmenden Gase. Zeitschr. t. Pflanzenkrankh. 1895, S. 135. *) König, Denkschrift 1896, S. 202. 46* 724 ^^^- Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Empfindliclikeit der einzelnen Arten scliwankt ungemein, aber die Art der Beschädigimg zeigt grofse Übereinstimmung, nämlich vorzugsweise eine fleckenartig oder flächenförmig auftretende Schwarzfärbung. Die Versuche von Börner, Haselhoff und König \) ergaben bei der Eiche das Auftreten dunkler Flecke oder vollständige Schwarzfärbung der Blätter. Bei der Kirsche ist anfangs Braunfärbung und später Schwärzung beobachtet worden. Die Gerste zeigte nach kurzer Zeit der Einwirkung an der der Sonne zugewendeten Seite Blätter und Halme weifs gefärbt, Roggen und Weizen bekamen rostfarbige Flecke und Ränder. Zu den in der Literatur bereits bekannten Fällen füge ich hier einige eigne Beobachtungen. Bei Gerste sah ich die Blattspitzen weifs werden. Bei jungen Kastanienblättern wurden zuerst die Intercostal- felder dunkel , am nächsten Tage schwarz und später dün-. Ahnlich verhielten sich die Laubblätter von Äsalea indica bei einzelnen rot- blühenden Sorten, während eine danebenstehende weifsblühende Varietät nur Bräunung der Blattspitzen und -ränder erkennen liei's. Die Blume der roten Varietät zeigte auf dem Saume der äufseren Zipfel weifse, nahezu kreisrunde oder keilförmige, eine natürliche Panachierung nach- ahmende Flecke, während die weifse Varietät innerhalb derselben Zeit die Blumenkrone mit Ausnahme vereinzelter kiemer brauner Tupfen unverändert liefs. Eine Nachwirkung nach Entfernung der Pflanzen aus der Ammoniakatmosphäre wurde nicht wahrgenommen, wohl aber eine Gegenreaktion bei dem Blütenkörbchen einer Cinerarie; die roten, durch das Ammoniak blau gewordenen Randblumen erschienen einige Zeit nach Verlassen der Ammoniakatmosphäre wieder rot gefärbt. Über den Einflufs des Entwicklungszustandes auf die Stärke der Beschädigung liefert die Fichte ein Beispiel, deren alte Nadeln eine pechschwarze Färbung annahmen und dauernd behielten, während bei den jungen, weichen Nadeln der anfangs schmutziggrüne Farbenton später in ein fahles Rotgelb überging. Aufserst scharf kam bei einem Versuche die individuelle Widerstandslo-aft der einzelnen Nadeln zur Geltung, da man an allen Zweigen zwischen den pechbraunen Nadeln auch solche beobachten konnte, die keine Verfärbung oder höchstens ein dunkleres Grün zeigten. Die schwarze Färbung rührte hauptsächlich von dem pechbraunen Farbenton her, den das Protoplasma der Epidermis- und Mesophyllzellen angenommen hatte. Die Membranen waren nur leicht gebräunt. In den intensivst geschädigten Zellen war der Lihalt eine zusammenhängende, körnig- teigige Masse geworden, die sich bisweilen von der Wandung zurückgezogen hatte. Der Inhalt der Schliefszellen der Spaltöffnungen war ebenfalls pechbraun, niemals rot, wie bei Säurebeschädigungen. An den Übergangsstellen zwischen gesund ge- bliebenem und geschwärztem Gewebe bemerkte man, dais die proto- plasmatische Einbettungsmasse für die Chloroplasten sich bereits schwärzte, während diese selbst in Gestalt und Lagerung noch un- verändert erschienen. Erst später fand man den grünen Farbstoff in das Plasma übergetreten und sclunutzig braungrün geworden. Dann J) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 100. — Lindau (a. a. 0. S. 286) beschreibt die Wirkung des Amnioniakgases bei starker Konzentration auf die Pflanzenzelle : Im Innern des Blattes zeigen die Zellen meist sehr starke Plasmol3'se ; die Inhalts- stoffe werden undeutlich, und bisweilen werden Öltropfen ausgeschieden. Dabei wird ein brauner bis schwarzer Farbstoff abgesondert, der den ganzen kontrahierten Inhalt gleichmäfsig tingiert. Derselbe erweist sich später als Gerbstoff. Die Rauchgase. 725 verschmolz aueli die Grundsubstanz der Chloroplasten mit dem übrigen Zellinlialt anscheinend unter Zurücklassung körniger Reste. Das Ammoniak dürfte eine spezifische Giftwirkung auf den Zell- inhalt ausüben mid nicht nur die Säure binden , wie anderweitig an- genommen worden ist. Kny \) hat schon darauf aufmerksam gemacht, dafs nach den in der Literatur vorliegenden Angaben das Protoplasma in den verschiedensten Pflanzenteilen alkalische Reaktion besitzt, ohne dafs die Chloroplasten beeinflufst werden. Derselbe Autor zeigte auch, dafs sehr verdünnte Ammoniaklösung eine Schädigung der Assimilations- tätigkeit hervorruft. Auf welche AVeise manchmal Ammoniakvergiftung zustande kommt, zeigte mii' ein Fall, wo die Mauer eines Pferdestalles als Rückwand für ein Gewächshaus benutzt worden war. Als im Herbst das Heizen begann, entwickelte sich aus dem Mauerwerk kohlensaures Ammoniak, das binnen kurzer Zeit die Blätter von Auruha, Vihurnum Tmus, Prunus Laurocrrasus, von Dracaenen und anderen Pflanzen schwärzte-, nur die nächste Umgebung der Nervatur der Blätter blieb noch grün. Teer- und Asphaltdämpfe. Die Erfahrungen über die Schädlichkeit von Teer- und Asphalt - dämpfen haben sich erst in neuerer Zeit geklärt, seitdem das Boobachtungs- material reichlicher geworden ist. Abgesehen von den Einwirkungen, die das Asphaltieren der Strafsen bisweilen an empfindlichen Pflanzen hervorrufen kann, sind die Fabriken, welche Kohlenstifte für die elektrische Beleuchtung anfertigen , als wesentliche Ursache von Er- lo-ankungen zu betrachten. Als Leitpflanzen für Beschädiginigen durch Asphaltdämpfe 2) sind die gerbsäurereichen Rosen, Erdbeerblätter, wilder Wein und Kastanien zu bezeichnen. Bei den Rosen leiden die einzelnen Arten in sehr ver- schiedenem Grade, indem beispielsweise Tee- und Bengah'osen weniger, Remontantrosen und deren Hybriden aber meistenteils selu' stark an- gegriffen werden. Die Oberhaut wird stellenweise oder über die ganze Blattfläche stumpf schwarz. "Wenn nicht die ganze Oberfläche verfärbt ist (Fig. 1(38, In), pflegen die geschwärzten Stellen als unter- brochene oder zusammenhängende Bänder zwischen den stärkeren Seitennorven , also in den Litercostalfeldern, aufzutreten. Wenn die Kelchblätter von den Dämpfen getroffen worden sind, kommen die Blütenlviiospen nur zu mangelhafter Entfaltung. Bald nach Eintritt der Schwärzung findet man den Lihalt der oberseitigen Epidermiszellen tief gebräunt, köniig-klumpig und meist einer Horizontalwand angelagert. Die Cuticula ist nicht gebräunt und anscheinend unverändert. Bei stärkerer Erkrankung ist die Epidermis der Unterseite in gleicher AVeise ergTiffen und sinkt später zusammen: dagegen wird das Mesophyll nur wenig irritiert. Die Dämpfe ätzen nur an den Organen die exponierte Fläche, alle gedeckten Teile (Fig. 168, Ih) bleiben unverfarbt. Wird die Mittel- partie eines Blattes beschädigt, heben sich die Ränder kahnförmig nach oben. Beiläufig ist darauf aufmerksam zu machen, dafs manche Rosen (z.B. Bosa turhinata) im Spätherbst eine ähnliche Verfärbung annehmen. Bei ') Bot. Centralbl. 1898, Bd. LXXIII, S. 480. 2) SoKÄUER, P., Die Beschädigungen der Vegetation durch Asphaltdämpfe. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1897, S. 10. Fig. 168. Wilder Wein, Erdbeere und Rose durch Teerdämpfe beschädigt. (Orig.) Die Rauchgase. 727 der genannten Rose beispielsweise fand ich, dal's die noch festsitzenden älteren Blätter ohne vorhergehende Rotfarbung stumpf schwarzfleckig wurden, was auf einer Ballung und Bräunung des Inhalts der Epidermis- zellen beruhte. Letztere aber blieben dabei in iln-er natürlichen Turgescenz und Höhe, während sie nach der "Wirkung von Asphalt- dämpfen zusammenzusinken beginnen. Hier hält sich auch der Inhalt des Mesophylls lange Zeit in normaler Beschaffenheit und Lagerung, während er bei der Herbstfärbung alsbald sich ballt und zu gleich- artigen, anfangs grünen, später sich bräunenden Massen umgewandelt wird. Parasitäre Schwarzfärbungen {Asteroma radiosuni usw.) wird das Mikroskop leicht von Asphaltätzungen unterscheiden können. Vor Beginn meiner Untersuchungen hatten bereits Alten und Jännicke \) die Schwarzfärbung von Rosen und Erdbeeren infolge der Einwirkung von Asphaltdämpfen beschrieben. Sie betrachten das in diesen Dämpfen nachgewiesene Eisen als eigentlichen SchädigTingsfaktor, indem dasselbe sich mit der Gerbsäure der Zellen verbindet, und stützen diese Ansicht dm-ch Versuche, bei welchen sie durch Bespritzen der Blätter mit Eisenchlorür und Eisensulphat schwarze Flecke , die mit den Asphaltbeschädig-ungen übereinstimmten, erhalten haben. Eisen- chlorid ergab diese Wh'kmig nicht. Ich habe diesen Erfolg nicht erzielen kömien, und auch diejenigen Beobachter, welche als Mittel gegen Chlorose und Icterus das Bespritzen mit Eisenlösungen angewandt haben, berichten nichts von einer Schwärzung. Bei dem in Fig. 168, J2 abgebildeten Blatte der Erdbeere (Kulturform von FragarUi chilensis) zeigt sich bei g eine nm^ teilweise Schwärzmig der Oberseite, weil nui' dieser Teil des Blattes freigelegen hat. Sonst waren die Erscheinmigen wie bei den Rosen : Hebung der Blattränder, teilweises Dürrwerden der Blattzähne usw. In Fig. 1()8, 3 sehen wir ein Blatt von Ämpelopsis (ßdnquefolia einige Wochen nach der Wirkung von Teerdämpfen, welche einer Fabrik von Kolilenstiften für elektrische Lampen entströmt waren. Die minder erkrankten Blätter erwiesen sich noch grün, aber nicht mehr flach aus- gebreitet, sondern an den Rändern muldenförmig in die Höhe gezogen und innerhalb der Spreite runzelig durch Hervortreten einzelner Gewebepartien zwischen den feineren Nervenverzweigungen. Bisweilen fanden sich in der Nähe der Mittelrippe kleine Stellen mit korkfarbiger Oberfläche. Bei intensiverer Beschädigung sind derartige Stellen stets vorhanden und gehen teilweise in dürrwerdende, miteinander verfliefsende Brandflecke über. Schliefslich kann jedes Blatt ganz regelmäfsige Zeichnungen durch das Dürrwerden der Interco st alfelder erhalten (Fig. 108, ,-; s). Durch die gegenseitige Reibung der Blätter bröckeln die düi-ren Stellen vielfach heraus, so dafs eine gitterartige Durchbrechung zustande kommt (Fig. 108, .5 ?). Junge Zweige werden an der Angxitfsseite korkig und feinrissig. Etwaige LuftwT^irzeln schrumpfen. Wenn die Wirkung der Asphaltdämpfe aufhört, zeigen sich die Heilungsbestrebungen des Blattes. Falls das Palisadenparenchym nicht oder nur wenig angegTiflfen worden ist, streckt es sich etwas imd wölbt die bis zur Unkenntlichkeit zusammengesunkene Epidermis ') Alten. H., und Janmcke, "\V., Eine Schädigung von Rosenblättern durch Asphaltdämpfe. Ref. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. Ib91, S. lötj, und 1892, S. 83. 728 ^^ • Einflufs schädlicher Gase iind Flüssigkeiten. ein wenig vor. Wenn aber die Palisadenscliiclit mit abgestorben ist, entwickelt das darunter liegende gesunde Mesophyll eine ganz reguläre Tafelkorklage. An den Stengeln ist derselbe Vorgang zu bemerken: die gebräunten, abgestorbenen, abgesprengten äuiseren Korklagen und Rindenparenchymscliicliten samt den bisweilen in die Nela'ose ein- bezogenen Hartbastbündeln werden durch ein breites , in extremen Fällen bis an das Cambium reichendes Korkband vom gesunden Ge- webe abgetrennt. Bei Viti's vimfera, der schneller und stärker wie Ampelopsii^ leidet, so dais die Blätter bisweilen gänzlich verkräuselt und durchlöchert werden können, wurde beobachtet, dais an den leicht angegriifenen Stellen die Schliefszellen der Spaltötihungen zuerst gelitten hatten. Andere Pflanzen zeigten ein anderes Verhalten, betreffs dessen auf meine Originalarbeit verwiesen werden mufs. Als allgemeines Merkmal aber darf die Corrosion der Epidermiszellen bezeichnet werden. "Wie bei allen Beschädigungen durch gasförmige Körper wirkt aus- schlaggebend der Umstand , ob chronische oder akute Beschädigung eintritt. Im ersteren Falle , bei langsamer Einwirkung , kann das an- gegriffene Organ durch Gegenreaktion sich lange am Leben erhalten und langsam ausleben. Dann sind die Merkmale andere als bei dem Einflufs hochkonzentrierter Gaswellen, die ein schnelles Absterben zur Folge haben. So wurde beispielsweise bei langsamem Absterben der Fichtennadeln in dem noch grünen Teile eine starke Rotfärbung des plasmatischen Inhalts der Schliefszellen und später sogar der Wandungen derselben wahrgenommen, bei akuter Beschädigung aber nicht. Im ersteren Falle verfärben sich auch die Wände der Gefäfsbündelelemente, wie überhaupt durch Asphaltdämpfe die Zellwände besonders schnell leiden. Man sieht dies namentlich schön an den metallisch glänzend werdenden älteren Tannennadeln. Brom. Bei dem gewöhnlichen gewerblichen Betriebe, in welchem Brom entwickelt wird, kann man schwerlich von reinen Bromschäden sprechen, weil in der Regel die Schweflige Säure beteiligt ist. In gröfserer Ent- fernung der Fabriken kann man wohl das Brom noch durch den Geruch wahrnehmen, aber man findet dann überhaupt keine ausgeprägten Säure- schäden mehr. Es mag deshalb hier von der Beschi'eibung natürlicher Vorkommnisse in der Nähe von Bromfabriken abgesehen und das Ver- halten der Pflanzen nach künstlicher Einwirkung intensiver Bromdämpfe geschildert werden. Die Versuche wurden in der Weise von mir aus- geführt, dafs kleine, gutdurchwurzelte Topf bäumchen der Fichte vier Tage hindurch täglich mehrere Stunden dem verdampfenden Brom ausgesetzt wurden und in der Zwischenzeit im Freien verblieben. Die der Brom- quelle zunächst befindlichen Zweige litten natürlich am meisten und waren vollkommen braunnadelig. Bei den weniger geschädigten Zweigen fanden sich viele Nadeln von der Spitze herab teilweise gebräunt, und an den der Bromquelle fernst stehenden Zweigen sah man nur einzelne Nadeln mitten zwischen gesunden braun werden. Das anfangs lebhafte Rotbraun ging alsbald in Graubraun über. In diesem Farbenton er- hielten sich die Nadeln bis zum Abfallen, das ungefähr nach zwei Wochen begann, aber nur die starkbeschädigten Zweige umfafste. An den verfärbten Stellen schwach beschädigter, am Zweige verbleibender Nadeln erkannte man, dafs die Wandungen einzelner Gruppen von Feste Auswurfstoffe der Schornsteine und mitgefülirte Destillate. 729 Mesophyllzellen in der Nähe der Epidermis fahlgelb bis rotgelb ge- worden waren, während der Inhalt sich entfärbt hatte und unter gänz- licher Desorganisation schliefslich der Wandung aufgetrocknet war. Dabei durchlief er nicht selten ein Stadium schaumiger Beschaflenlieit. Schliefszellen der SpaltöflPnmigen erschienen längere Zeit nach der Einwirkung des Gases nur an den Übergangszonen in das gesunde Gewebe gerötet, wobei ihre Wandungen braungelb sich verfärbt hatten. Epidermis dort leicht gebräunt; subepidermale Prosenchymfasern er- wiesen sich farblos. Das Mesophyll in cler Nachbarschaft der gebräunten Stellen bheb gTÜn und hatte entweder flockigen, grünen Inhalt oder klumpig vereinigte Chloroplasten. Daran stiefs alsbald gesundes Gewebe. An stärker geschädigten Stellen war auch das Gefäfsbündel an- gegriffen und in derselben Weise verfärbt wie bei der Schwefligen Säm-e. Aber der Farbenton der geschädigten Nadeln war nur selten ein Rotbraun; meist erschienen dieselben gelbbraun und weniger hart, was sie von den S Og-Nadeln unterscheidet. Die Geringfügigkeit der Unterschiede fällt hier weniger ins Gewicht , weil , wie gesagt , im praktischen Betriebe Brombeschädigung in der Regel mit der durch Schweflige Säure angerichteten gemeinsam auftritt. Siebzehntes Kapitel. Feste Auswurfstoffe der Schornsteine und mitgefülirte Destillate. Den besten Überblick über das Material, welches durch die Rauch- schlangen auf die Vegetation zur Einwirkung gelangt, gewährt uns eine Tabelle von Wislicenus ^), die wir wegen iln^er grofsen Übersichtlichkeit hier iß. 780/31) unverändert wiedergeben. Über die in der beistehenden Tabelle aufgeführten Stoffe läfst sich ein allgemeines Urteil nicht fällen; sie können unter Umständen schädlich , sogar äufserst schädlich wirken , aber in anderen Fällen zu. nennenswerten Ernteverlusten keine Veranlassung geben. Es hängt dies nicht nm' von der gröfseren oder geringeren Exposition der Pflanzenteile ab , sondern von lokal verschiedenen Nebenumständen. Abgesehen von der individuellen Empfindlichkeit der einzelnen Pflanzen- arten kommen hier, namentlich bei Flugasche, die Bodenboschaffenheit und Witterung, bisweilen ausschlaggebend, hinzu. Betreffs der Schädlichkeit der Teernebel ist zu erwähnen, dafs dieselben bei Kalköfen in Betracht kommen. Wenn bei dem Brennen des Kalksteins das Calcinieren , also die Abspaltung der Kohlensäure, begiimt, beladet sich der Rauch mit grofsen Mengen der in der Tabelle angeführten Destillate, welche je nach der Eigenart der Pflanze ähn- liche Ätzwirkungen hervorbringen, wie sie bei den Asphaltdämpfen geschildert worden sind. Die Schädlichkeit des Rufses ist früher durchgängig überschätzt worden und wird es jetzt noch teilweise. Die neueren Untersuchungen von ScHMiTZ-DuMONT Und AViSLiCENUS ^) bestätigen die alten Stöckhardt'- 1) Wisi.icKNr.s, H., Zur Beurteilung und Abwehr von Rauchschäden. Vortrag in Dresden am :^1. Mai 1901. Zeitschr. f. angewandte Chemie 1901, Heft 28, Taf. \. 730 IV. Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Chemische Beschaffenheit Die Zahlen bedeuten Mitgeführte Destillate und Feststoffe Treten typisch auf bei Hauch gase: Bestandteile Gewühnlicher Steinkohlen- feuer ungs- rauch (doppelte chemische Luft- Dampf- kessel- feue- rung Haus- feue- rung Teernebel (nachteilig) aromat. Kohlenwasser- stoffe Phenole („Kreosot") Anilin Pyridin P'vrrol gewöhnl. Kalk- öfen und Ziegelei- en, aus- nahms- weise bei Meilern Riifs (wesentlich unschäd- lich C mit imbibierten Stoffen: teerige, NH3 Kali, Natron, Kalk Schwefelsäure Chlor ßhodan usw. Flugasche (bedingt schädlich) Oxyde . versch. Basen Cai-bonate I als unlösliche Phosphate f unschädliche Silicate ' Stoffe As., O3 als schwerlösl. Stoff Sulfate WonFe, , ^j^ ChloridejZn, Cu I iösI. Alkali und Am-(schädl monsalze ' ^^''^'^ Sonstige spezifische Fest- stoffe Zn und ZnO Ca Co, Ca(0H)2, CaCOg ( Jemen tstaub u n s a c h ■ gemäls bedienter gewöhn- licher Stein- kohlen- feuerung, Hochöfen der Roheisen- werke, Schmelz- öfen der Gufsstahl- werke (reduzieren- de Feuer) Metallhütten- werken Zinkhütten Carbidwerken Portlandzement- werken M Ol ü O ® 02 Ö ^ ö C02 (CO) H2O SO2 mit (SO3 und) H2SO4 HCl Cl HF SiF, H,SiF« Stickstoff- H2S (CS2) NH3 (Aminbasen. Amnioiisalze) Cyanide Rhodanide Äther-, Benzin- dämpfe usw, 77,41 10,13 8,73 (-) 4,7 ^0,063 0,005 79,5 8,0 12,5 (-) ? 0,04 (Fabrikation von (Fabrikation von (Fabrikation pho- schen Erfahrungen, dafs Rufs meist unschädlich wirkt. Zartere Pflanzen können durch die mitgeführten Phenole usw. Ätzerscheinungen auf- weisen. Die Theorie von der Verstopfung der Spaltöffnungen mufs fallen gelassen werden. Nach meinen Untersuchungen berufster Pflanzen sind Fälle, bei denen Rufsteilchen in den Vorhof einer Spaltöffnung Feste Auswurfstoffe der Schornsteine und mitgeführte Destillate. 731 der R a n c h a r t e n. Volumprozente. 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 :0 'S" 1^ 51. 1 ö 0)^ iß S2 u CS a o o Ö ^5 11 SS 31 'S'«'" «^ c3 > O '^1 fe ö K^g. ©-0 «w d -^ C8 1 II ndGQ 2 ^ es" o;±3 so ^Sgl? icS:o «5 o O 1« Q^ Kochsalz im Boden, um denselben infolge Verdichtung unfruchtbar zu machen. In der Nähe von Salzwerken sah Sanna ^) ein Überwiegen von Feinerde gegenüber den groben Bestandteilen und macht darauf aufmerksam, dai's durch die verminderte Luftzufuhr die Arbeit der Bodenbakterien aufgehalten wird. Solche Böden müssen unbedingt vor Winter in rauhe Fm'che gelegt werden, damit sie durch den Frost wieder eine Auflockerung erfahren. Endlich aber ist noch ein Punkt, auf den Peglion_^) aufmerksam macht, zu verzeichnen. Er studierte die eigenartige Älu^enverkümmerung, die mit „Garbin" bezeichnet und der Wirkung der Seewinde zugeschrieben wird. Nach dem genannten Beobachter trägt aber die physiologische Trockenheit die Schuld daran. Der Salzboden hält das Wasser so fest, dafs die Wurzeln dasselbe nicht in genügender Menge aufzunehmen vermögen. Bezüglich der direkten Wirkung ist zu berücksichtigen, dafs sich die Pflanze je nach ihrer Eigenart dem kochsalzhaltigen Wasser teilweise anpassen kann und demgemäfs ihren Habitus ändert. Bei Wiesengräsern hat HöSTERMANN ^) nachgewiesen, dafs dieselben Xerophytenstruktur an- nehmen; sie werden kleiner, gedrmigener, die Internodien kürzer und die Blätter kleiner; die Bestockung ist gering und der Wurzelkörper schwach entwickelt. Die Transpiration geht ziu-ück und die Assimi- lationsenergie wird schon bei 0,05 ^/o gehemmt. Betreffs der Keim- kraft der Samen wurde beobachtet, dafs schwache Konzentrationen (0,5 — 0,75 °/o) förderlich wirken, dafs aber darüber hinaus eine Schädigung eintritt. Andere Anpassungserscheinungen erwähnt Areschoug^), indem er als Schutz gegen die Anhäufung von Chloriden das Festhalten von Wasser in Geweben (Speichertracheiden , Schleimzellen) ansieht, die direkt nicht mit der Assimilation zusammenhängen. Auch scheinen die Hydathoden chlornatriumhaltiges Wasser auszuscheiden. Die Struktur- eim-ichtungen zur Hemmung der Transpiration sah Diels ^) sich steigern, je salzreicher der Standort der Pflanzen sich erwies. Daraus wäre zu schliefsen, dafs die Strandvegetation an Wasserbecken von verschiedenem Salzgehalt auch abweichend sich verhalten wird. Auf diesen Punkt macht Rostrlt'^) auch tatsächlich aufmerksam. Die Kiefer leidet am meisten, die Birke am wenigsten. Aus den von der ökonomischen Gesellschaft des Amtes Maribo nach den Überschwemmungen in den Jahren 1858, 1863 und 1865 gemachten Aufzeichnungen geht hervor, dafs die Wirkung des Salzwassers um so schwerer war, je lehm- haltiger der Boden sich erwies. Von den überschwemmten Winter- 1) Sanna, A. , Einflufs des Seesalzes auf die Pflanzen. Staz. sperim. XXXVII; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1904, S. 826. -) Peglion, V., Der Salzgehalt des Bodens und seine Wirkung auf die Vegetation des Getreides. Staz. speriment. agrar. ital. 1903; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1904, S. 507. — RicoME, Influence du chlorure de Sodium etc.; cit. Zeitschrift für Pflanzenkrankh. 1904, S. 222. ^) HöSTERMANN, Eiiiflufs des Kochsalzes auf die Vegetation von Wiesengräsern. Landwirtsch. Jahrb. Suppl. 1901; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1903, S. 211. *) AREscHtiuG, F. W., Untersuchungen über den Blattbau der Mangrovepflanzen. Bibl. bot. 1902; cit. Bot. Jahresber. 1902, II. S. 295. ^) Diels, L., Stoffwechsel und Struktur der Halophyten; cit. Bot. Jahresber. 1898, I, S. 606. 8 RosTRip, Plantepatologi S. 74, 75. Abwässer. y^]^ Saaten litt der Roggen mein' wie der Weizen. Bei den Frülijahr.ssaaten auf' dem dm-clisalzenen Boden wm"den Gerste und Erbsen am meisten gescliädigt. Runkelrüben, KartoÖeln, Weiisklee und Raygras schienen nicht sehr unter der Einwirkung des Salzbodens zu leiden, dagegen war Rotklee sehr empfindlich. Bei den mit künstlicher Kochsalzdlmgung von WoHLTMANN ^) ausgetulnten Versuchen zeigten von Sommerhalmfrüchten Gerste und Weizen grol'se Empfindlichkeit, während Winterweizen noch bei sehr starken Gaben von Kochsalz leidlich gedieh. Erbsen versagten bei starker Düngung gänzlich. Hafer war widerstandsfähiger. Am wenigsten empfindlich erwies sich Winterroggen. Bei den Kartolieln war der Stärkegehalt sehr herabgegangen, der Proteingehalt nicht be- einflufst, die Aschenmenge gestiegen. Bei Zucker- und Futterrüben wurde das Erntequantum erhöht, ohne dafs der Zuckergehalt zurück- ging. Man merkt hier die Abstammung von der Strandpflanze. Bei Bäumen macht sich die Wirkung des Salzbodens erst geltend, nachdem sie längere Zeit das Salz gespeichert haben. So fand Weber ^), der übrigens die Ansicht vertritt, dafs in manchen Fällen nicht der Salzüberschuis , sondern die Versumpfung die Ursache des Absterbens sei, bei vergilbenden Zweigen von Sah'x viminalis im Lahntale bei Bersen- brück, wo die Grubenwässer von Eversburg einfliefsen, dafs die Blätter einen Chlorgehalt von 1,309 •'/o, die der gesunden Pflanzen nm- 0,877 "o besalsen. Betreffs des Verhaltens von Zierpflanzen finden wir reich- liche Angaben in einer Arbeit von Otto^), der als allgemeines Merk- mal ein Rotspitzigwerden der Pflanzen vor dem Absterben angibt. Abgesehen von den Grubenwässern macht sich der hohe Kochsalz - gehalt besonders auf den Rieselfeldern geltend. Namentlich im Sommer wird die Konzentration der Spüljauche relativ grofs, und man sieht viele Gewächse „verbrennen", wie der Rieselwirt sagt. Sehr empfindlich hat sich der Tabak erwiesen, so dafs man mit der Tabalvkultur bisher völlige Mifserfolge gehabt hat, wie Ehrenbekg^) hervorhebt, der die ge- samten Schädigungen durch Spüljauche sehr eingehend behandelt. Neben dem Chlornatrium kommt auch vielfach der Chlormagne- siumgehalt in Betracht. Die auswaschende Wirkung ändert sich in ihren Resultaten , wie die Untersuchungen von Fricke , Haselhoff und König-'*) ergeben haben. Während die Rieselung mit kochsalzhaltigem Wasser eine erhöhte Ausfulir von Kalk, Magnesia und Kali zur Folge hat, treten bei chlormagnesiumhaltigem Wasser Kalk, Kali und Natron aus, und Magnesia wird festgehalten. Bei chlorcalciumhaltiger Beriese- lung wird der Kalk von Boden und Pflanzen zurückgehalten, und es treten gröfsere Mengen von Magnesia. Kali und Natron aus. In den grofsen Städten kommt aber die Kochsalzfrage noch nach anderer Richtung hin in Betracht, nämlich bei dem Auftauen der Strafsen- bahnen. Aufserdem wird von vielen Hausbesitzern auch Viehsalz auf die Bürgersteige gestreut. In Berlin ist dies zwar verboten, aber man ') "WoHLTMANx, F., Die "Wirkung der Kochsalzdüngung auf unsere Feldfrüchte. Landw. Zeit. f. d Rheinprovinz 1904, S. 46. '-') Wkber, C, Kritiscne Bemerkungen usw.: cit. Bot. Jahresber. 1898, II, S. 301. ^) Ono, E., Über durch kochsalzhaltiges Wasser verursachte Pflanzen- schädigungen. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1904, S. 186. ■*) EnRENBERG, Paul, Einige Beobachtungen über Pflanzenschädigungen durch Spüljauchenberieselung. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1906, S. 198. '") FitiLKE, Haski.hukk, E., u. K'knu;, J., über die Veränderungen und Wirkungen des Rieselwassers. Landwirtsch. Jahrbücher 1898, S. 801. 742 I^- Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. täuscht die Polizei dadurch, dafs das Salz mit Sand vermischt wird ^). Das zur Beseitigung des Schnees verwendete Salz schmilzt und dringt dort in den Boden, wo die Stralse nicht asphaltiert ist. Im Frühjahr treiben die Bäume zwar aus, aber im Laufe des Sommers gehen sie zugrunde. Auch hier verhalten sich die einzelnen Baumarten in ver- schiedenem Grade widerstandsfähig 2). Übrigens ist die Wirkung einer Kochsalzlösung verschieden, je nachdem sie ständig die Wurzeln bespült oder der Boden zeitweise austrocknet; letzterer Fall ist der gefährlichere. Beschädigungen im Groisen hat man auch in der Umgebung von Vulkanen durch den Einflufs der ausbrechenden Dämpfe wahrgenommen. Die in dem Dampfgemisch in wechselnden Mengen vorkommende Schweflige Säure, sowie Salzsäure und Schwefelwasserstoff mögen wohl die Hauptursachen der Vergiftung sein. Sie dürften auch vorzugsweise die zerstörenden Wirkungen des Aschenregens veranlassen; doch werden diese ihrerseits von einzelnen Beobachtern auch dem reichlich gefallenen Kochsalz zugeschrieben. Nach den Mitteilungen von Pasquale^) gehen die roten und violetten Blütenfarben teils in Blau über (Papaver , Rosa , Gladiolus) , teils bleiben sie unverändert (Viola tricolor, Convolvulus, Digitalis). Bei dem zurzeit des Austreibens der Bäume eingetretenen Aschenregen wurden die grünen Pflanzenteile braun, wie nach Verbrennung oder Vertrocknung, aber nicht nach Ver- blühen. Sukkulente und lederartige Blätter hatten nicht gelitten. Mechanische Einwirkungen des Aschenregens, wie etwa Verstopfung der Spaltöffnungen, liefsen sich anfangs nicht konstatieren ; nach einigen Tagen schienen sie sich aber geltend zu machen. Dieselbe Ansicht wie Pasquale vertritt neuerdings auch Sprenger*), der die Folgen des Vesuvausbruches im April 1906 beschreibt. Chlorcalcium- und chlormagnesiumhaltige Abwässer sind reichlich in den Steinkohlen- Grubenwässern, in den abfliefsenden Mutterlaugen von Salinen und Bädern , in den Fabriken für Bereitung von Chlorkalium und Kalisalzen, in den Abwässern der Ammoniaksoda- fabriken usw. enthalten. Welche Mengen dabei in Betracht kommen, zeigt beispielsweise die Analyse von einer neutralen Flüssigkeit, welche aus den Kesseln abfliefst, in denen das bei der Ammoniaksodafabrikation erhaltene Chlorammonium zersetzt wird. König '^) fand im Liter 80,UG g Chlornatrium, 56,00 g Chlorcalcium, 1,02 Magnesiumsulfat. In anderen Proben, die stark alkalisch waren, fand sich von den genannten Stoffen weniger, aber dafür Natriumsulfat und 3 — 5 g freier Kalk. Der Um- setzungen im Boden ist bereits im vorigen Abschnitt gedacht; aber es soll hier noch hervorgehoben werden, dafs bei vorübergehenden schwachen Gaben (bis 2,0 g pro 1) günstige Wirkungen beobachtet worden sind. Das Keimen von Samen wurde befördert. Himbeeren und Erdbeeren sah man auf einem mit Chlorcalcium durchtränkten Boden sehr grofs und hellfarbig werden; jedoch schmeckten die Früchte nach Chlorcalcium und hielten sich nicht lange ^). 1) Weiss, A., Zeitschr. f. Gartenbav; und Gartenkunst 1894, Nr. Sl. -) RiTZEMA Bos, Schädlichkeit des Auftauens der Trambahnlinien mit Salzwasser für äie in der Nähe stehenden Bäume. Tijdschrift over Plantenziekten 1898, S 1. ") Pasquale, Di alcuni efietti della caduta di cenere etc. Bot. Zeit. 1872, S. 729. ^j Sprenger, C, Vegetation und vulkanische Asche. Österreich. Gartenzeitung 1906, Heft VII. ^) Denkschrift S. 161. Abwässer. 743 Chlorbarium ist ein verhältnismäfsig minder wichtiger Bestandteil, der nur zuweilen in den Abwässern von Öteinkolilengruben gefunden wird. Seine Giftig- keit ist durch Wasserkulturen von Mais und Pferdebohnen seitens Haselhoff ^ ) erwiesen worden. Die Pflanzen wui-den im Höhenwachs- tum gehemmt; die Blätter welkten und fielen ab. In der Natur wird aber eine direkte Schädlichkeit wohl nur selten auftreten, weil die über- all im Boden und in fliefsenden Gewässern enthaltenen schwefelsauren Salze schnell eine Umsetzung zu unlöslichem und unschädlichem Barium- sulfat bewirken werden. Zinksulfathaltige Abwässer. Mit der Untersuchung solcher Gewässer aus Zinkblende- gruben hat sich König eingehender beschäftigt^). Es zeigte sich, dals die Bäche, welche das Abflufswasser aufnahmen, schwefelsaures Zink- oxyd in Lösung enthielten. Auf den bewässerten Wiesen bemerkte man einen deutlichen Rückgang des Ertrages und stellenweise eine nur noch kümmerliche Vegetation. Die auf derartigen Fehlstellen ge- wachsenen Gräser, sowie die verkümmerten Sträucher von Bache und Ahorn enthielten bis 2,78 "/o ihrer Asche an Zink, während die Asche gesunder Wiesenpflanzen dieses Metall nicht besafs. Da, wo Zinkerze zufällig verschüttet wurden, erlosch die Vegetation ; nur eine spezifische Zinkpflanze (die .,weifse Erzblume") erschien noch. Die erwähnte „Erz- blume" hatte nicht weniger als 11 bis Ib^'o Zinkox\'d in ihrer Asche. Man sieht, wie verschieden wiederum sich die einzehien Pflanzen ver- halten, und welche hohen Konzentrationen manchmal vertragen werden. Die Beschädigungen erscheinen erst nach einer längeren Reihe von Jahren, nachdem sich das im Bachwaser in absolut geringen Mengen vorhandene Zinkoxyd zu gröfseren Massen angehäuft hat. Aus diesem Umstände folgert Könk; mit Recht, dafs die den Gruben bei der Konzessionserteilung auferlegte Verpflichtung, nur klares Wasser ab- fliefsen zu lassen, nicht ausreichend zum Schutze der AViesenbesitzer sei. Eine Erweitenmg der erwähnten Erfahrungen liefern zwei Arbeiten,, von denen die eine von A. Bai mann '^j ausschlieislich den Einflufs von Zinksalzen auf Pflanzen und Boden behandelt, während die zweite von NoBBE, Bassler und Will*) neben dem Zink sich auch mit den durch Arsen und Blei hervorgerufenen Schädigungen beschäftigt. Aus den Resultaten der BAiMANN'schen Versuche ist hervorzuheben, dafs das schwefelsam'e Zink in gelöster Form für die Pflanzen sich viel schädlicher erweist, als man bisher annahm-, kleine Mengen (etwa 1 ^/oo Zink, also 4,4 mg Zinkvitriol im Liter) haben sich bei allen Ver- suchspflanzen (13 Spezies aus 7 Familien) mit Ausnahme des Rettichs als vollkommen unschädlich erwiesen. Die Koniferen sind sehr wider- standsfähig; sie vertrugen noch eine Lösung von 1 " o Zinkgehalt, während ') Landwirtsch Jahrbücher ls95, S 962. -) K'p.NKi, Untersuchungen über Beschädigungen von Boden u. Pflanzen durch industrielle Abflufswasser und Gase: cit in Biedermannes Centralbl. 1S79, S. 564. ^) B.iUMAN.N, A., Das Verhalten von Zinksalzen gegen Pflanzen und im Boden. Preisschrift 1884. Landwirtsch. Versuchsstat. Bd. XXXI, Heft I, 18^4, S. 1. *) NoHBE, BXssLEu und Wii.i., Untersuchungen über die Giftwirkung des Arsen, Blei und Zink im pflanzlichen Organismus. Landwirtsch. Versuchsstat. Bd. XXX, Hift 5 u. 6 744 ^^ • Einflufs schädliclier Gase vmd Flüssigkeiten. die Angiospermen sclion bei 5 mg Zink pro Liter zugrmide gingen, und zwar starben ältere Pflanzen im allgemeinen schneller ab als jüngere. Kenntlich macht sich die Giftwirknng durch eine auffallende Farben- änderung der la-anken Pflanzen. Auf den Blättern erscheinen einzelne kleine Flecke von metallglänzender oder rostgelber Farbe, die schliefs- lich sich über die ganze Blattfläche ausbreiten. Dafs das Zink ganz speziell den Chlorophyllapparat angreift und damit die Assimilations- arbeit behindert, wird durch die Beobachtung nahe gelegt, dals Keim- linge mit noch nicht ausgebildeten Chlorophyllkörnern sowie Dunkel- pflanzen und Pilze sich gegen relativ hochkonzentrierte Zinklösungen indifferent verhalten. Auch in den Boden gebracht üben Zinkkarbonat und Zinksulphid eine schädliche Wirkung aus. An sich selbst schaden sie zwar nicht, obgleich sie in kohlensäurehaltigem Wasser in ziemlich beträchtlichen Mengen löslich sind, wobei das Zinksulphid sich zuerst in Zinkkarbonat umwandelt. Aber ihre verhängnisvolle Wirkung liegt in der Umsetzung, die das Zink in der Form von Vitriol mit den Kali-, Kalk- und Mag- nesiumsalzen eingeht, wodurch diese Nährstoffe löslich und auswasch- bar werden. Auf armen Sandböden kann recht wohl dadurch Unfrucht- barkeit erzeugi: werden, und in dieser Entführung von Näln-stoffen liegt besonders die Schädlichkeit der Berieselung mit Abwässern aus Zink- hütten. Die schädigende Löslichkeit des Zinks im Boden hängt wesentlich von dem Gehalt desselben an kohlensaurem Kalk ab. Bei Anwesenheit dieses Minerals in etwa vierfacher Menge des Schwefelzinks wird über- haupt kein Zink mehr in Lösung gebracht. Ein durch Zinksulfat verdorbener Boden wird durch Zufuln: solcher Stoffe, welche die lös- lichen Zinksalze unlöslich machen, zu verbessern sein. Li dieser Hin- sicht hat sich Humus ausgezeichnet erwiesen, und man wird deshalb eine Düngung mit Moorerde empfehlen kömien. Bei Mangel derselben wird reichlich Stalldünger, Ton oder Mergel zu verwenden sein. Mergel oder Kalk wü-d unter allen Umständen gegeben werden müssen. Betreffs der Beschädigungen durch Bleisalze erwähnt Tschirch, dafs eine eigenartige Verzwergung zustande kommt. Die Pflanzen, welche 1 kg Mennige auf 2 qm Bodenfläche erhalten hatten, blieben klein und schmächtig und kamen nicht zur Blüte [Blei-Nanismus \)]. Devaux^) fand, dafs Bleilösungen in Viooooooo Verdünnung schon ver- giftend wirken. Das Metall wird durch Membran und Zellinhalt fixiert. Zur Reinigung von zinksulfathaltigen Abwässern wird sich die Einrichtung von Filtrierschichten von Kalksteingrus und Moorerde empfehlen; es bildet sich in diesen dann unlösliches kohlensaures und humussaures Zinkoxj^d. Eisensulfathaltiges Wasser. Die Abwässer von Schwefelkiesgruben, Schwefelkieswäschereien und Steinkohlengruben, das Sickerwasser aus Steinkohlenschutthalden, die Abwässer von Drahtziehereien enthalten meist Eisensulfat. Nächst- ') Tschirch, A., Das Kupfer vom Standpunkt der gerichtlichen Chemie usw. Stuttgart 1893, F. Enke. '') Devaux, De l'absorption des poisons metalliques tres dilues par les cellules vegetaux. Compt rend. 1901; cit. Jusfs Jahresber. 1902, TT, S. Höo. Abwässer. 745 dem ist der Gebrancli des Eisenvitriols als Desinfektionsmittel in Senk- gruben zu Ijerücksichtigen , wobei grolse Mengen von Schwefeleiseu entstellen, die durcli Oxydation an der Luft in Eisenvitriol und schwefel- saures Eisenoxyd sicli umsetzen. Ähnlich wie das Zink bei dem Zinksulfat wird das Eisenoxydul vom Boden festgehalten und zu Oxyd verwandelt, während eine entsprechende Menge anderer Basen, wie Kalk, Magnesia und Kali, an die Schwefel- säure herantritt und leicht ausgewaschen wird. Aufser diesem Ver- armungsprozesse des Bodens läuft dessen Am^eichermig mit Eisen- oxydoxydul nebenher, die Versauerung und Verschlammung einleitet. Sobald keine Basen mehr zur Umsetzung des Eisensulfats vorhanden sind, bleibt Eisenvitriol unzersetzt, oder es tritt auch freie Schwefel- säure auf. So nützlich kleine Mengen [bis 150 kg pro Hektar nach König ^] auf reichem Boden sein werden, indem die freiwerdende Schwefelsäure auf- schlieisend wirken mul's, so schädlich wird die fortgesetzte Zufuhr von Eisensulfat bei ständiger Berieselung von Wiesen sich gestalten. Die Versuche zeigen, dai's, wemi den Nutzpflanzen anstelle der ihnen allein zusagenden basischen Salze saure Verbindungen — Eisensulfat ist stark sauer — geboten werden, eine Verschlechterung des Heues und Ver- ringerung des Milchertrages die Folge ist. Von solchen Wiesen ver- schwinden allmählich die Kleearten und süfsen Gräser (vielleicht mit Ausnahme von Ghjceria fhiitcms), und saure Gräser, Schachtelhalme und Mooso nehmen vom Boden Besitz. Zufuhr von Kalkmilch bringt das Ferrohydroxyd unter Gipsbildung zur Abscheidung, und man wird durch Verwendung von Kalk die eisen- sulfathaltigen Abwässer reinigen können. Kupfersulfat- und kupfernitrathaltige Abwässer. Es wird sich hier um Abwässer aus Silbertahriken und Messing- giefsereien handeln. Einen Einblick in die Zusammensetzung derartiger Abflüsse gibt eine Analyse von Abfalllauge einer Messinggiefserei, die Haselhoff -j veröffentlicht hat. Pro Liter fanden sich: Kupfersulfat 51, ö 19g, Kupfernitrat 5,298 g\ Zinksulfat 14,0-15 g, Ferrosulfat 2,422 g, Calcium- sulfat 1,943 g, Magnesium sulfat 0,459g, freie Schwefelsäure (SO3) 30,376g. Dies ist allerdings ein ganz exorbitanter Fall, der für einzelne Bestandteile hundertmal gi'ölser ist als der Gehalt der Wässer, die aus Kupferwerken und Silberfabriken abflieisen. Für das Wesen der Schädigung ist aber die Menge der Bestandteile gleichgültig, da geringe Mengen durch an- dauernde Berieselung denselben Effekt hervorrufen. Die Art, wie Sulfat nnd Nitrat der Kupfersalze auf den Boden wirken, ist dieselbe wie bei den Zink- und Eisensalzen. Kupferoxyd wird im Boden festgehalten und bleibt hauptsächlich im Obergrund der AViesen; die freiwerdende Schwefelsäm-e tritt an Kalk, Magnesia und Kali heran, und diese Salze gehen beim Berieseln in den Untergi'und. Abgesehen von der Verarmung an basischen Nährstoffen wirkt das Kupfersulfat — Pflanzen, wie z. B. Gräser, nehmen ziemlich bedeutende Mengen von Kupfer- und Zink- salzen auf — schlief slich auch als direktes Gift, soweit die Kulturversuche in Nährstoff'lösungen gezeigt haben ^). 1) Denkschrift S. nö. 2) Hasei.hoff, Laiidwirtsch. Jahrb. 1892, S. 268 u. 1893, S. 848. Denkschr. S. 176. ") Ono, R., Untersuchungen über das Verhalten der Pflanzenwurzeln gegen Kupfersalzlösungen. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 322. 746 I^ • Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. Masayasu Kanda ^) fand , dals bei Wasserkiüturen von Erbsen sich schon bei 0,000 000 249 "^o Kupfersulfat Schädigungen zeigten, dagegen in millionenfacher Verstärkung dem Boden zugeführt als Reizmittel wirkten. Bei Kulturen im natürlich gewachsenen Boden liegen eben die Verhältnisse günstiger. Nach Tschirch ^) besitzen fast alle Pflanzen etwas Kupfer, da wohl alle Ackerböden Spuren davon enthalten dürften. Selbst aus reichlich gekupferten Böden nehmen die Gewächse meist aber nur wenig auf, so dafs die Gefahr einer Vergiftung keine drohende ist. Diese Anschauung findet auch in dem Umstände iln^e Bestätigung, dafs bei dem überaus häufigen Gebrauch des Kupfervitriols als Spritzmittel gegen parasitäre Krankheiten eine starke Anreicherung des Bodens fortwährend stattfindet, ohne dafs Schäden mit Sicherheit bis jetzt nach- gewiesen worden sind. Wir persönlich glauben allerdings, dafs eine Zeit kommen wird, in der sich eine stete Kupferzufulir lähmend auf den Pflanzenwuchs geltend machen wird. Ahnlich wie die bisher genannten wirken die nickel- und kobalt- haltigen Abwässer, die in der Nähe von Nickelwalzwerken ge- funden werden. Anhangsweise ..mag hier erwähnt werden, dafs schon 1819 JoHN^) in seinem Buche „Über die Ernährung der Pflanzen" sich mit Sand- und Wasserkultm"en beschäftigt hat, denen verschiedene Metallsalzlösungen zugesetzt worden waren. Er konstatierte dabei, dafs Sonnenblumen Kupfer, welches ihnen in der Form von unlöslichem Kupferkarbonat geboten wurde, nicht aufnahmen, dagegen Erbsen und Gerste grofse Mengen aus einem Boden speicherten, der tropfenweise salpetersaure Kupferlösung zugeführt bekommen hatte. Auf die einzelnen Fabrikbetriebe näher einzugehen verbietet der Umstand, dafs lokale Verhältnisse bald nützliche Verwendung der Ab- wässer zulassen, bald schädigende Faktoren sich geltend machen. Hier spricht in erster Linie die entgiftende Eigenschaft der Erde durch ihre Absorptionskraft mit, worauf betreffs der Kupfersalze speziell Hattori •*) aufmerksam macht. Die Schäden der städtischen Spüljaucheberieselung sind bereits in dem Abschnitt „Rieselfelder" S. 304 erwähnt worden. Neunzehntes Kapitel. Schädliche Wirkungen von Kulturhilfsmitteln. a. Anstreiehmittel. 1. Teer. In Glashäusern der Gärtner findet sich vielfach das Gebälk auch im Innern mit Teer angestrichen, um die Widerstands- fähigkeit gegen den Einflufs der starken Feuchtigkeit zu erhöhen. Wir begegnen nun einer ganzen Reihe von Klagen, dafs nach dem Ein- räumen der Pflanzen in die geteerten Glashäuser Schwärzung und Ab- fallen der Blätter sich einstellt. Ich bemerkte dieselben Erscheinungen in der Nähe frisch geteerter Zäune. Der Befund stimmt im wesentlichen ^) Masayasu Kanda, Journ. College of Science. Tokyo, Vol. XIX, art. 18 2) Tschirch, A., Das Kupfer voni Standpunkt der gerichtlichen Chemie, Toxi- kologie und Hygiene. Stuttgart 1898, Fr. Enke. 8«. 188 S. 3) MCli.eh, Cari,, Zur Geschichte der Physiologie und der Kupferfrage. Zeit- schrift für Pflanzenkrankh. 1894, S. 142. *) Just's bot. Jahresber. 1902, Absch. Krankh. Ref. 277. Schädliche Wirkungen von Kulturhilfsmitteln. 747 mit dem schon bei den Asphaltdämpfen geschilderten überein und er- klärt sich aus den Exhalationen des frischen Teeranstrichs. Die schädlichen Folgen kommen nicht zum Vorschein, wenn man das Teeren einige Monate vor dem Einräumen der Pflanzen in die Glashäuser vor- nimmt. Ein Verfahren, das sich sehr gut bewährt hat, sah ich in der Umgebung von Berlin. Die Bretter und Balken wurden mit Steinkohlen- teer behandelt und nach dem Trocknen des Teers mit Zementmasse überstrichen. Neuerdings hat man mehrfach versucht, die "Wege in Gärten und öffentlichen Schmuckanlagen durch eine dünne Schicht von Teer staub- frei zu erhalten. Das Verfahren wird sehr empfohlen M, und die in Frankreich und Italien ausgefüln-ten Versuche haben ergeben, dals man auch fertig gepflasterte Strafsen vorteilhaft in dieser Weise behandeln kann. Dieses Verfahren macht aber notwendig, dafs an den Kanten der "Wege eine Einfassung, etwa ein 8 — 10 cm hohes Band von ver- zinktem Eisenblech, eingelassen wh'd, da die schädlichen Bestandteile des Teers sonst die Vegetation angreifen. Das Verfahren, das sich trotz seiner jährlich notwendigen Erneuerung doch billiger als das Asphaltieren und weniger lästig als das Ölen bzw. Behandeln der Strafsen mit "Westrumit stellen soll, wird doch noch durch weitere Ver- suche zu prüfen sein. 2. Nach Mitteilung von Herrn Kutzing hat man in Ludwigslust auf Sandboden zur "Wegefestigung Abfall aus Gasanstalten auf- gefahren. Derselbe veranlafste ein Eingehen von Alleebäumen. 3. Als Anstrich für Glashäuser wurde in einem mir bekannt ge- wordenen Falle Blei weif s benutzt, und, da kurze Zeit nach dem Anstreichen die Häuser mit Topfgewächsen bestellt werden mufsten, hat man die unangenehme Erfahrung gemacht, dafs die Pflanzen die Blätter abwarfen. 4. Bleioxyd verwandte Korff -) als Zusatz zu kochendem Leinöl, um experimentell den E i n f 1 u f s von Ö 1 d ä m p f e n zu prüfen. Ver- anlafst wurde er zu den Versuchen durch Schädigungen, welche in der Umgebung einer Leinöl- und F i r n i s s i e d e r e i aufgetreten waren. "Wie bei der Zersetzung der Fette durch Alkali ein Gemisch von fett- sauren Alkalien, die Seife, entsteht, so bildet sich bei der Zersetzung von Fett mit Bleioxyd ein Gemisch entsprechender Bleisalze, das Blei- pflaster. In beiden Fällen tritt als Nebenprodukt Glj^zerin auf; bei starkem Erhitzen von Glyzerin oder von Fetten bildet sich der scharfe Dampf des Akroleins, der nach angebranntem Fett riecht und durch Oxydation schnell in die durch stechenden Geruch sich bemerkbar machende Akrylsäure übergeht. Je nach der Natur der Pflanze entstanden bald in den Intercostalfeldern, bald an den Randpartien der Blätter gelbe, rote oder braune Flecke , die sich bei längerer Einwirkung vergröfserten und auch wohl zusammenflössen. Die Zellen des Blattmesophylls, namentlich des Schwammparenchyms waren durch Turgorverlust grölsten- teils zusammengesunken ; der Zellinhalt war von der "Wandung zurück- getreten, und die Chloroplasten bildeten gi'imlichgelbe bis bräunliche Massen. Schliefslich wurden der strukturlose Zellinhalt und die "Wan- ^) Das Teeren von Fufs- und Fahrwegen in Gärten und Parks. Der Handels- gärtner, herausgeg. von Thalacker, Leipzig-Gohlis 1906. Nr. 50. *) KoKFF, G., Über Einwirkung von Öldämpfen auf die Pflanzen. Prakt. Bl. f. Pflanzenbau u. Pflanzenschutz 1906, Heft 6. 748 ^^ • Einflufs schädlicher Gase und Flüssigkeiten. düngen braun. Besonders autYällig war die Absclieidung von Gerbstoff in den Ei^idermiszellen , deren Zellinlialt mit Eisenclilorid eine blau- schwarze Färbung annahm. Das Fruchtfleisch von Äpfeln und Birnen, die vier Stunden lang den (Jldämpfen ausgesetzt gewesen waren, zeigte einen ölig ranzigen Geschmack. Da durch Kochen von Glyzerin erhaltenes Akrolein dieselben Erscheinungen hervorrief, so dürfte die Schädlichkeit der Oldämpfe im wesentlichen diesem Stoffe zuzuschreiben sein. 5. Über den Einfluis von Ter pe ntin dämpfen hat MoLZ ^) Untersuchungen angestellt, da ihm ein Fall zur Begutachtung vorlag, in welchem Rebenblätter durch den frischen Ölanstrich eines Trauben- hauses geschädigt sein sollten. Die Wirkung der Terpentindämpfe machte sich bei "Weinblättern bereits nach einer halben Stunde durch schwache Randverfärbung und zunehmende Verkräuselung bemerkbar ; Apfelblätter zeigten nach einer Stunde eine schwache rötliche Bräunung, nach drei Stunden eine tief dunkelrotbraune Verfärbung der Oberseite; Rebenblätter wurden olivenbraun. Bisweilen fanden sich einzelne grüne Inseln innerhalb der gebräunten Fläche , so dafs die Blätter gänzlich scheckig aussahen. Rosenblätter färbten sich olivengrün-braun, Birnen- blätter glänzend schwarzgrau. Molz vermutet als Ursache einen Oxy- dations Vorgang, hervorgerufen „durch das Vorhandensein von Terpentin- ozon und dessen Wirkung auf bradoxydable Stoffe der Zelle". G. K arbolineum dient einerseits (ähnlich wie Teer) als Anstreich- mittel für das Gebälk in Glashäusern, Mistbeetkästen, für Pfähle u. dergl., um die Widerstandskraft des Holzes gegen Nässe zu erhöhen, anderer- seits als Heilmittel bei Baumwunden und Vertilgungsmittel gegen schäd- liche Insekten. Die Urteile über die Wirksamkeit sind aufserordentlich geteilt, und dies kommt einerseits von einer unzweclvmäisigen Hand- habung, andererseits davon, dais „Karbolineum" ein Sammelbegriff ist; die einzelnen Sorten sind je nach der Fabrik, welche das Produkt liefert, von verschiedener Zusammensetzung und Wirksamkeit. Im allgemeinen gilt für die Benutzung des Karbolineums als An- streichmittel dasselbe, was bei dem Teer gesagt worden ist. Wenn man Pflanzen in Räume mit nicht genügend ausgetrocknetem Karbolineum- anstrich bringt, leiden dieselben, und zwar bisweilen unter Symptomen, die den durch Asphaltdämpfe hervorgerufenen gleichen. So berichtet beispielsweise Zorn^) in Hofheim (Taunus), dafs bei ihm pikierte Erdbeer- pflanzen in den Mistbeeten, die nur äufserlich mit Karbolineum ge- strichen worden waren, eigenartig braune, stark glänzende, verkümmernde Blätter erhalten hatten. Bezüglich des Bestreichens der Spitzen von Weinpfählen macht die „Chronique agricole'" ^) darauf aufmerksam, dafs selbst, wenn solche Pfähle im Winter gestrichen werden und die jungen Triebe des Weinstocks im Frühjahr bereits über die gestrichene Zone hinausgewachsen sind, doch immerhin noch unliebsame Erscheinungen auftreten können. Es Avurden an den Trauben, welche dicht dem ge- tränkten Pfahle anlagen, einige Beeren mit schwarzbraunen Flecken gefunden, und diese Beeren zeigten einen leichten Teergeschmack. Auch erwiesen sich die getränkten Stellen des Pfahles weniger wider- ^ Bericht der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisen- heim a. Eh. 1905. ^) Praktischer Ratgeber im Obst- und Gartenbau 1905, Nr. 51. ^) Chronique agricole du cauton de Yaud 1892, Nr. lU. Schädliche Wirkungen von Kulturhilfsmitteln. 749 standsfähig- gegen Pilzmycel als die mit Kupfervitriol behandelten. Bei einem im Herbst gestrichenen und den ganzen Winter über der Witterung- frei ausgesetzt gewesenen Pfirsichspalier bemerkte man trotzdem im Frühjahr, dafs nach jedem Regen die jüngsten Triebspitzen wie ver- brannt aussahen. Derartige Vorkommnisse sind keineswegs selten. Es sind die verdampfenden Phenole und ähnlichen Körper, welche den Schaden anrichten. Seit dem Jahre 1890 ist das Karbolineum als Heilmittel in direkter Anwendung auf den Obstbaum zu verbreiteter Anwendung gelangt. Über die Erfolge lesen wir teils aufserordentlich lobende *), teils völhg absprechende Urteile. Der Grund liegt einerseits in der verschieden- artigen Ausführung der Versuche, andererseits in der wechselnden Zu- sammensetzung des Mittels , das ein aus den Produkten der Stein- und Holzkohlenteerverarbeitung hervorgehendes Gemisch ist. Wemi der Teer , der bei der Gasbereitung neben Leuchtgas , Koks und Ammoniakwasser aus der Steinkohle entsteht, noch einmal in Gasöfen erhitzt wird, so erhält man bis zu einer Temperatm- von 150*' C sog. Leichtöl, zwischen 150 bis 210" Mittclöl, zwischen 210 und 270 '^ Schwer- öl und zwischen 270 und 450 '^ Anthracenöl ^). Im Ofen bleibt das Pech zurück. Ganz ähnlich verhält sich der Holzteer. Bei der Karbolineumbereitung kommen nun die genannten Öle zur Verwendung, indem sie in bestimmten Prozentsätzen gemischt und mit Kolophonium, Asphalt, Leinölfirnis usw. versetzt werden. Aderhold gibt an, dafs zurzeit etwa 80 Karbolineumfabriken gegen 200 bis ."iOO Sorten in den Handel bringen. Die in der Biologischen i\.nstalt für Land- und Forstwirtschaft von Scherpe ausgeführten Destillations- versuche von 25 Sorten ergaben, dafs manchmal die (besonders schäd- lichen) Leicht- und Mittelöle fehlten und die Schweröle und Anthracenöle allein vorhanden waren, während bei anderen Sorten der umgekehrte Fall sich zeigte. Dementsprechend war auch der Erfolg bei der Be- handlung der Wunden ein ganz verschiedener: während bei einigen normale Übenvallung eintrat, zeigte sich bei anderen eine wesentliche Vergröfserung durch Absterben der Wundränder. Aber abgesehen davon wird das Karbolineum als Wundverschlufs- mittel selbst in den zähflüssigen, pech- und asphaltreichon Sorten den Vergleich mit dem einfachen Steinkohlenteer nicht aushalten, da Aderhold beobachtet hat, dafs wenige Wochen nach dem Bestreichen sich auf der Karbolineumfläche bereits wieder Pilzräschen angesiedelt hatten. Da nun die bestrichene Fläche auch unter dem Einflufs der Atmosphärilien platzt, so haben derartige Pilze eine gute Gelegenheit, einzuwandern. Bezüglich der leichtflüssigen, also an Leicht- und Mittelölen reichen Karbolineumsorten, die zum Bestreichen der von Blut- und Schildläusen heimgesuchten Bäume warm empfohlen werden^), ist nicht zu verkennen, dafs ihre insektentötende Wirkung eine prompte, aber keine nachhaltig schützende ist. Neubesiedlung der bestrichenen Wunden durch Blut- läuse ist mehrfach festgestellt worden. Hier kommt aber noch die vielfach beobachtete BeschädigTing der Knospen, die bei dem Bestreichen oder Bespritzen der Bäume nicht zu vermeiden ist, hinzu, und dio be- 1) :Meniik, O., Zur Obstbaumpflege. Gartenflora 1906, Xr. 1. -) AnF.nHur.D, E., Karbolineum als Baumschutzmittel. Deutsche Obstbauzeitung (Ulmer- Stuttgart) lüOn, Heft 22. 3) R. B.uMAxx, Geisenheim. Prakt. Eatgeber 1905, S. 459. 750 I^"- Einfluls schädlicher G-ase viiid Flüssigkeiten. sonders den Ausdünstungen und direkten Einwirkungen der Leichtöle zuzuschreiben ist. Es wird also bei dieser Art der Verwendung eine Verdünnung des Mittels eintreten müssen. Empfohlen wird, sich der bereits im Handel befindlichen, in Wasser löslichen Karbolineumsorten zu bedienen und sie der Kalkmilch zu etwa 20 ", o zuzusetzen ^) ; günstig wirkt auch schon ein Zusatz von 10 "o^). Man will auch eine direkt wachstumsfördernde Wirkung bei be- strichenen Stämmen beobachtet haben ^) und hat eine Zunahme des Chlorophyllgehaltes der bestrichenen Rinde bei Anwendung einer be- stimmten Sorte aus Braunschweig mikroskopisch festgestellt*). Wir glauben, dafs der Erfolg darin liegt, dafs bei dem Bestreichen glatt- rindiger Stämme häufig Risse in der Rinde entstehen, die nachher überwallt werden müssen. An den Überwallungsrändern ist eine ge- steigerte Rindentätigkeit auch bei gewöhnlichen Schröpfwiniden erwiesen. Die Verwendung des Mittels als Anstrich für Bäume wird nur während der Ruhezeit derselben zulässig sein, und zwar mit einer erprobten Sorte, als welche „Schacht's Obstbaumkarbolineum" (20 bis 30*^,0 ig) wiederholt genannt worden ist^). Eine Sommerspritzung würden wir niemals anraten. Als Wundschlufsmittel werden wir den Stein- kohlenteer vorziehen, weil nicht nur die AüERHOLD'schen Erfalu-ungen, sondern auch die in Hohenheim von Schweinbez^) ausgeführten und unsere eigenen Versuche keinen Vorteil des Karbolineums gezeigt haben. Die Empfehlungen als Heilmittel gegen cln-onischen Gummiflufs beruhen mindestens auf Selbsttäuschung, wemi nicht auf Reklamebedürfnis. Dasselbe Urteil fällt Schweinbez über die verwandten Mittel „Tuv", „Dendrin", „Baumschutz", „Neptun". 7. Lysol. Ähnlich wie jetzt das Karbolineum hat früher das Lysol seine begeisterten Anhänger und Zweifler gehabt. Das Lysolum purum von Schülke & Mayr in Hamburg, das ungefähr zu Ende der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in den Handel kam, ist eine durchsichtige , braune , sirupartige Flüssigkeit , die vollständig klar in reinem Wasser löslich bleibt und als Desinfektionsmittel die weit- gehendste Verwendung gefunden hat. Bei der Ankündigung wurde gesagt, dafs nach Versuchen schon eine Menge von 3 g Lysol auf einen Liter Flüssigkeit hinreicht, „um in Zeit von 15 — 20 Minuten Spaltpilze in allen Entwicklungsformen, wenn sie in Flüssigkeiten suspendiert sind, zu vernichten". Wir haben es hier mit einer Lösung von Teerölen in neutraler Seife zu tun, und zwar mit den leichten Teerölen (Kresolen) ; denn sie gehen fast vollständig zwischen 187 und 200" über ^). Gegen- über den anderen Handelsprodukten, wie Creolin, Kresolin, Littles Soluble Phenyle, welche als Lösungen von Harz- oder Fettseifen in Teerölen mit Wasser nur Emulsionen bilden und beim Verdünnen das Kohlenwasserstofföl gTofsenteils wieder abscheiden, hat das Lysol allerdings den Vorteil der vollkommenen Wasserlöslichkeit, ^) Praktischer Ratgeber im Obst- und Gartenbau 1906, Nr. 49. 2) Praktische Blätter für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, herausg. v. Hiltner. 1906, November. =*) Gartenflora 1906, Nr. 3. ^) Graef, Über Karbolineumversuche im Jahre 1906. Prakt. Blätter f. Pflanzen- bau und Pflanzenschutz 1907, Heft 3. "•} SiEFFEN in Prakt. Eatgeber 1906, Nr. 23. ^) Vom Karbolineum. Gartenflora 1906, S. 22. '') Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1891, S. 185. Scliädliche Wirkungen von KulturhilfsmittelH. 751 teilt aber mit den vorgenannten Präparaten seinen schädlichen Einfliils auf das Gewebe der Pflanzen. Es kam im Gartenbau am meisten als Spritzmittel gegen Blattläuse, Thrips, schwarze Fliege und dgl. tierische Schädlinge zur Verwendung. Schon die bald nach der Einführung des Mittels von Otto ' ) ausgeführten Kulturversuche ergaben, dai's die fünf- prozentige Lysollösung, die gewöhnlich zur Desinfektion benutzt wird, im Boden sich als schweres Gift für die Pflanzen erweist, auch wenn es nicht direkt mit den Samen oder Keimpflanzen in Berührung kommt. Bei direkter Einwirkung auch in viel verdünnterer Form grift' es die Wurzeln der Wasserkulturen ungemein scharf an. Als Schutzmittel gegen Blattläuse kam es in 0,25 und U,5"/oiger Lösung zur Verwendung. Dabei tötete es aber nm- einzelne Blattläuse, und erst bei 2 "/o iger Lösung erschien die Mehrzahl der Tiere getötet ; aber auch die Pflanzen waren derart geschwärzt und beschädigt , dais sie als nicht mehr lebensfähig angesehen werden konnten. 8. Karbolsäure, Amylokarbol und Sapokarbol. Das Amylokarbol ist eine Mischung von Schmierseife, Fuselöl und reiner Karbolsäure; das Sapokarbol ist verseifte Karbolsäm-e. Alle Karbolsäure enthaltenden Mittel sind gefährlich und meistens die Pflanzenteile direkt tötend. In Fleischek's^) Versuchen war von den vorstehenden Präparaten das Sapokarbol in 1 ^/o iger Lösung gegen Blattläuse wirksam, ohne dais die Blätter, mit wenigen Ausnahmen, durch das Bespritzen geschädigt wurden. In Verdünnungen, welche vollständig die Blattläuse töten, wirken auch P i n o s o 1 und C r e o 1 i n , da beide in Wasser nur emulsiert werden , schädlich. Das A n t i - nonnin, das Kaliumsalz des Orthodinitrokresols , ist nach Fkänk's Versuchen^) den Pflanzen mehr schädlich als den Blattläusen und anderen tierischen Schmarotzern. 9. An diese Beschädigimgen schliefsen wir einen Fall , den wir der Mitteilung von Herrn KLITZING-Ludwigslust verdanken. Er bemerkte, dafs die Rückstände aus einer Fabrik, welche Milchsäure zur Be- handlung des Leders aus Mais und Kartoff'eln herstellt, ein Eingehen der Pflanzen verursachten. 10. Die Arsenikbrühen, die als Insektenbekämpfungsmittel immer mehr in Aufnahme kommen, werden in der Begel in Form von Schweinfurter Grün oder Kalkarsenik gegeben. Sowohl bei den Lösungen in Wasser als auch in Kalkwasser oder Bordeauxmischung oder Soda-Arsenik-Kalkbrühe sind Schädigungen der Blätter beobachtet worden. Im übrigen verweisen wir auf die Spezialwerke *). 11. Blausäure. Als modernes, namentlich in Amerika ausgebildetes Bekämpfungsverfahren gegen tierische Schmarotzer an den Pflanzen ist neuerdings die Räucherung mit Blausäure in Aufnahme gekommen. Gegenüber vereinzelten Klagen über Beschädigungen der Pflanzen läfst sich im allgemeinen sagen, dais diese von dem Gebrauch des Mittels ') Otto, R., Über den schädlichen Einflufs von wässerigen, im Boden befind- lichen Lysollösungen usw. Vorl. Mitt. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1892, S. 70 ff. 2) Fleischer, E., Die Wasch- und Spritzmittel zur Bekämpfung der Blattläuse, Blutläuse u. ähnlicher Schädlinge usw. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1891, S. 325. 3) Krankheiten der Pflanzen 1895, Bd. I, S. 329. *) HoLi.iuxG, M., Jahresbericht auf dem Gebiete der Pflanzenkrankh. Berlin, Paul Parey. Erscheint seit 1898. — Hoi.LRiN(i, M., Handbuch der chemischen Mittel gegen Pflanzenkrankheiten. Berlin 1898. Paul Parey. 752 ^^* Einfiuls schädlicher Gase und Flüssigkeiten. nicht ablialten sollten. Für trockene Samen stellte Townsend ^) fest, clai's die Keimfälligkeit nicht leidet, wenn die Einwirkung der gas- förmigen Blausäure nicht länger dauert als zur Abtötung des Tierlebens nötig ist; längere Behandlung schädigt allerdings beträchtlich. Feuchte Samen leiden schneller und verlieren ihre Keimkraft. 12. Die Kupfer brühen. Dieselben kommen hier nur soweit in Betracht, als es sich um ihre Schädlichkeit handelt. Ihre Nützlichkeit als Fungicid, die im zweiten Teile dieses Werkes gewürdigt wird, beruht unserer Anschauung nach hauptsächlich darauf, dals die Pilze Fermente ausscheiden, welche das auf den Pilanzenteilen angetrocknete Kupfersalz lösen und sich dadurch selbst vergiften. In erster Linie steht die Bordeauxmischung, die als Pilzbekämpfungsmittel un- zweifelhaft grofse Bedeutung hat , als wachstumsfördernd , wie ihre begeisterten Verehrer nachweisen wollen, aber nicht anerkannt werden kann. ]Man ist sich noch nicht einig, ob das Kupfer durch eine normale Cuticula bei allen Pflanzen hindurchdringen kann. Nach Bouygues^) soll dies nicht der Fall sein. Rumm^) konnte auch kein Kupfer in den Geweben bespritzter Blätter nachweisen und glaubt, eine günstige AVirkung nur auf einen chemotaktischen Reiz zurückführen zu müssen. Die infolgedessen auftretenden elektrischen Ströme sollen dann im Blattgewebe die günstigen Wirkungen veranlassen. Die Frage, ob und wie das Kupfer in das Innere eines Pflanzenteils gelangt, läfst sich nicht allgemein entscheiden, sondern mufs von Fall zu Fall in Betracht gezogen werden. Eine alte, mit starker Wachsgiasur versehene Cuticula wird vielleicht nicht angegriffen werden, während das junge Blatt leiden kann. Aber auch bei älteren Blättern können in einem Falle Beschädigungen auftreten, in einem anderen Falle nicht, weil manchmal durch Witterungseinflüsse (SjDätfrost) die Cuticulardecke Risse bekommt, in denen sich Kupferlösung lange Zeit halten kann. Endlich kommt die spezifische Empfindlichkeit der Pflanzenart ausschlaggebend hinzu, wie wir an späteren Beispielen zeigen werden. Die ersten Zweifel an der wachstumsfördernden Eigenschaft der Kupfermischungen hatten wir auf Grund von im Jahre 1891 ausgeführten BesjDritzungs versuchen zu erkennen gegeben'^). Wir konnten eine Hemmung in der Entwicklung der Kartoffelpflanze gegenüber gesund- bleibenden unbespritzten Pflanzen nachweisen. Der als Wachstums- förderung gedeutete gröfsere Gehalt gekupferter Blätter an Stärke und Chlorophyll wurde von Schänder auf die Schattenwirkung des Kupfer- kalküberzuges zurückgeführt^). Ewert bestätigt den Einfluis der Be- schattung, aber macht darauf aufmerksam, dafs dies nicht der einzige hemmende Faktor sei*^). Es kommen durch den Einfluis der Kupfer- ') TowNSExu, W. O., über die Wirkung gasförmiger Blausäure usw. Bot. Gaz. XXXI; cit Bot. Jahresber. 1902, I, S. 354. ^) BouYGUES, H., La cuticule et las sels de cuivre I: cit. Centralbl. f. Bakt. usw. 1905, Nr. 24. ^J RuMM, C, Zur Frage nach der Wirkung der Kupferkalksalze usw. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1893, S. 445. *) SoKAUEK, F., Einige Beobachtungen bei der Anwendung von Kupfermitteln gegen die Kartoffelkrankheit Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 32. ^) Schänder, E , Über die physiologische Wirkung der Kupfervitriolkalkbrühe. Inaug.-Diss. Berlin 1904 und La'ndwirtsch. Jahrbücher 1904, Heft 4/5. **) EwEiiT, Der wechselseitige Einflufs des Lichtes und der Kupferkalkbrühen auf den Stoffwechsel der Pflanze. Landwirtsch. Jahrbücher 1905, S. 233. Schädliche AVirkuiigen von Kulturhilfsmitteln. 753 mittel, speziell der Bordeauxmiscliimg , Stauungen in der Ab- führung der Assimilate zustande; die beobachteten gröfseren Stärke- und Eiweiismengen sind nicht Folgen einer gesteigerten Assimilation, die nachgewiesenermal'sen nebst der Transpiration und Atmung herabgedrückt wird, sondern die Wirkung stockender Ableitung. Diese Anschauung, der wir beitreten, setzt allerdings voraus, dals Kupfer tatsächlich in die Pflanze eintritt, und diese Ansicht findet darin ihre Bestätigung, dais auch Forscher, welche ein Eindringen des Kupfers nicht annehmen, doch bei einer Anzahl ihrer Versuche die Kupferreaktion fanden (Frank und Krüger). Aufserdem hat Ewert in bordelaisierten Pflanzen auch Kupfer nachgewiesen. Über den Vorgang der Aufnahme bringen wü' später noch Notizen aus der Arbeit von Schänder. Meiner Auffassung nach wird bei den gekupferten Pflanzen das durch Wunden oder durch die Epidermis eintretende Kupfer sofort von den Eiweifsstoffen des Proto- plasmas gebunden und drückt da- mit das Zellenleben herab. Da die Bespritzimgen keine vollstän- digen Benetzungen der ganzen Blattfläche darstellen, so bleiben zwischen den geschädigten Blatt- partien stets gesunde stehen, und diese müssen nun eine gesteigerte Wachstumstätigkeit zeigen. Die- selbe äufsert sich bei reichlicher Zufuhr von Licht und Feuchtig- keit bisweilen in der Ausbildmig von I n t u m e s c e n z e n. Der erste derartige Fall wurde von mir bei Kartofleln beschrieben^). Später hat V. ScHRENK^) an Kohlpflanzen Intumescenzen infolge ihi'er Be- handlung mit Kupferammonium- karbonat, Kupferchlorid , -acetat, -nitrat und -sulfat beobachtet. In neuester Zeit hat Muth^) sehr starke Intumescenzbildung bei Weinblättern nach Kupferung gefunden. Derartige Wirkungen können Zustandekommen, wenn sich das Gewebe partiell vergiftet, ohne direkt zu sterben ; sie treten aber auch ein, wenn eine Abtötung wnklich stattfindet, wobei die abgestorbenen Gewebestellen bei manchen Pflanzen aus dem Blatte herausfallen, so dafs eine Durchlöcherung sich geltend macht. Solche Fälle sind neuerdings von Schänder (1. c.) beschrieben worden. Es wird dabei erwähnt, dafs Fuclma und Oenothera Säure ausscheiden, welche geringe Mengen von Kupferhydroxj^d löst. Es können aber auch alkalische Ausscheidungen sich zeigen (Pliaseohis multifloncs) , oder das Kupfer wird nicht durch Ausscheidungen des Blattes , sondern einfach durch die Atmosphärilien, namentlich bei anhaltend feuchtem Wetter, gelöst. ') Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1893, S. 122. -) ScHREXK, H. V., Intumescences formed as a result of chemical Stimulation. Sixteenth ann. report.Missouri Bot. Gard. May 1905. Sonderabdruck. ^) Mlth, Franz, Über d. Beschädigung d. Rebenblätter durch Kupferspritzmittel. ATitteil. d. Deutsch. "Weinbauvereins L Jahrg. Nr. 1, S. 9. Sorauer, Han;o Stickstoff, 19 «/o Kohlenstoff, 6"/o gebundenes Chlor und 45*^/0 Calcium enthält. Die Vegetations- versuche von Böttcher ^) haben ergeben , dafs hierbei aber dieselben Vorsichtsmafsregeln geboten sind wie bei dem Stickstoffkalk. Er darf auch nicht kurz vor der Aussaat und nicht als Kopfdüngung gegeben werden, weil er dann schädigt*); Betrefls des Ammoniakstickstoffs möchten wir nicht vergessen, darauf aufmerksam zu machen, dafs auch dieser unter Verhältnissen, in denen die nitrifizierenden Bakterien nicht genügend arbeiten, schäd- lich werden kann. Für schwere Böden, die mehr Wasser halten, also das Ammoniak reichlicher in Lösung bringen, liegt keine Gefahr vor, aber bei Sandböden kann die behinderte Löslichkeit zu direkten Ätz- erscheinungen führen ^). ') Perotti, R., Über die Verwendung des Calciumcvanamids zur Düngung. Staz. sper. agrar. Ital. 1904, Bd. XXXVII; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1905, 2) Blätter f. Zuckerrübenbau, 31. Mai 1906. ") Deutsche landw. Presse 1906, Nr. 34. *) Blätter f. Zuckerrübenbau 1906, Nr. 10. ^) Mazk, Untersuchungen über die Einwirkungen des Salpeterstickstoffs und des Ammoniakstickstoffs auf die Entwicklung des Mais. Annal. agron. t. 26; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1901, S. 588. 762 V. Wunden. Fünfter Abschnitt. Wunden. Zwanzigstes Kapitel. Wunden des Aclisenorganes. Allgemeines. So verschiedenartig die zufällig oder absiclitlich dem Baumstamm zugefügten Verwundungen aucli sind, so übereinstimmend im wesent- lichen ist bei allen der Heilungsprozefs. Wir sehen, dafs in allen Fällen, in denen die Verwundung der Achse so weit geht, dafs der Holzkörper an der Bildung der Wundiiäche beteiligt ist, das zwischen Holz und Rinde liegende Cambium, welches bei ungestörter Entwicklung das Dickenwachstum des Stammes ver- mittelt, sowie die aus dem Cambium unmittelbar hervorgegangenen, jungen Gewebeelemente ( — die wir im folgenden mit in die Be- zeichnung „Cambium" hineinziehen — ) es sind, welche die Heilung der "Wundiiäche des ausgewachsenen Stammteils allein übernehmen. Bei krautartigen Stämmen oder noch krautartigen Entwicklungszuständen holziger Achsen können auch andere Gewebeformen sich an der Wund- heilung beteiligen, wie bei Besprechung der einzelnen diesbezüglichen Fälle später gezeigt werden wird. Die Bildungen aber, welche aus dem Cambium bei der Wund- heilung hervorgehen, weichen in ihrem Bau wesentlich von dem des normalen Holzringes ab. Die Ursache dieses abweichenden Baues des Wundholzes ist darin zu suchen, dafs die Druckverhältnisse, unter denen das zur Wundheilung dienende Gewebe entsteht, gänzlich andere als bei der Bildung des normalen Holzkörpers sind. Anlehnend an die Untersuchungen von G. Kraus mag zunächst daran erinnert werden, dafs jeder Stamm und Zweig durch das ver- schiedene Wachstum seiner einzelnen, mit einander verbundenen Ge- webeformen bedeutende Spannungen in seinem Innern besitzt. Die von Hofmeister ^) begonnenen, von Sachs ^) erweiterten und von Kraus ^) besonders umfassend durchgeführten Experimente über die Gewebe - Spannung haben bewiesen, dafs das Längenwachstum jedes Achsen- giiedes (Internodium) unserer Bäume von zwei Faktoren geregelt wird. Das zentrale Gewebe des Sprosses, speziell das Mark, ist der streckende Faktor*), das in die Höhe treibende Gewebe des Sprosses; ') Hofmeister, Über die Beugung saftreicher Pflanzenteile durch Erschütterung. Ber. d. Kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. 1859, S. 194. ') Sachs, Experimentalphysiologie, S. 465 — 514. ^) Gregor Kraus, Die Gewebespannung des Stammes und ihre Folgen. Botan. Zeit. 1867, Nr. Uff. •*) Schon Hales adoptiert nach Kraus (a. a. 0. S. 141) die von Borelli in seinem Buche „de motu animalium" geäusserte Ansicht, „dafs der junge Sprofs wächst und sich streckt durch Ausdehnung der Feuchtigkeit in dem schwammigen Mark." Wunden des Achsenorganes. 763 es wird in seinem ganz bedeutenden, bei der Trennung von dem übrigen Gewebe recht deutlich hervortretenden Streben, sich zu verlängern und das mngebende Gewebe mit in die Höhe zu ziehen, gemäfsigt und zurückgehalten durch den Zug, den die sehr elastisch gewordenen, peripherischen Gewebepartien des Rindenkörpers ausüben. Diese ver- kürzen sich, wenn man sie isoliert-, sie verkürzen sich auch in ihrer natürlichen Lage am Baume regelmäl'sig des Nachts durch radiale Schwellung infolge einer Aufnahme von Wasser *). So lange der Sprofs also wächst, entwickelt sich eine bedeutende L ängs Spannung durch den Kampf der streckenden Gewalt des Markes mit dem Bestreben der Umgebung, zumal des Rindenkörpers, sich und das umliegende Gewebe zusammenzuziehen. Der Erfolg des Kampfes dokumentiert sich auch in der Länge der Markzellen innerhalb eines Internodiums. Die Zellmessungen haben gezeigt, dafs die Mark- zellen anfangs länger sind, als später und dafs mit ihrer späteren Ver- kürzung eine sehr starke Verbreiterung verbunden ist. Diese Ver- breiterung ist die Folge des endlichen Überwiegens des peripherischen Zuges. Mit der Vollendung des Längenwachstums des Internodiums tritt die Quer Spannung in den Vordergrund. Es ist leicht verständlich, dafs nach Beendigung des Längenwachs- tums eines Pflanzenteils andere Spannungen eintreten müssen, wenn man bedenkt, dafs der fertig gestreckte Stammteil sich jetzt dauernd verdickt und dafs diese Verdickung von der Umwandlung der zwischen Rinde und Holz liegenden Cambiumzellen zu neuen Holz- und Rinden- elementen herrührt. Wenn im folgenden Jahre der einjährige Sprofs neue Holzlagen auf die vorjährigen schichtet, müssen diese neuen Holzlagen sich Platz unter dem Gürtel, den die Rinde und deren äufsere Korkschichten bilden, zu verschaffen suchen. Platz ist aber nur zu gewinnen durch Auseinanderpressung des Rindenmantels, der jedoch nicht widerstandslos nachgibt. Dieser Widerstand macht sich geltend als Druck, und so finden wir während des Dickenwachstums eines Sprosses das zarte Gewebe des Cambiums geprefst auf der einen Seite durch das Aus- dehnungsbestreben des fertigen und jungen Holzkörpers, gedrückt auf der Aufsenseite durch den schnürenden Einflufs des nur sehr starken Kräften nachgebenden Rindemnantels. Unter diesem zweifachen Drucke bilden sich aus dem Cambium die Elemente des Holzkörpers, nämlich die langgestreckten, dickwandigen, inhaltsarmen oder schliefslich inhaltslosen Holzzellen sowie die Gefäfse und gefäfsähnlichen Zellen. Diu'ch die Untersuchungen von de Vkies^) ist nun experimentell festgestellt worden, dafs das Holz um so engzelliger (und gefäfsärmer) wird, je gröfser der Rindendruck ist. De Vries erhöhte durch Umlegung eines festen Bandes den schnürenden Einflufs des Rindenmantels und lockerte bei anderen Exemplaren künstlich den Druck der Rinde durch Längseinschnitte in dieselbe. Dadurch gelang es ihm, wie schon Sachs ^) ') G. Krais, Über die Verteilung und Bedeutung des "Wassers bei Wachstums- und Spannungsvorgängen in der Pflanze. Bot. Zeit. 1877, S. 595. -) Hlüu DK VuiEs, Über den Einflufs des Eindendruckes auf den anatomischen Bau des Holzes. Flora 1875, Nr. 7. — Saxio, Bot. Zeit. 1863, S. 393. ') Sachs, Lehrb. d. Bot., I. Aufl. 1868, S. 409. 764 ^^' Wunden. vermutete, die Entstellung der Jahresringe durch den im Laufe des Jahres regelmälsig wechsehiden Rindendruck zu erklären M. Der Rindendruck ist im Frühjahr zur Zeit, wo das Holz durch "Wasseraufnahme am stärksten gequollen ist, sehr grofs, wie durch die um diese Zeit stattfindende Entstehung neuer Rindenrisse und die Er- weiterung der schon vorhandenen bemerkbar wird. "Während der Blattentfaltung verliert das Holz einen grofsen Teil seines "Wassers durch Verdunstung; es zieht sich mehr zusammen mid der Druck der nun einmal schon erweiterten Rinde wird geringer, mithin die zu dieser Zeit kenntliche Bildung weiterer Holzzellen erldärbar. Je mehr sich aber nun im Laufe des Sommers neues Holz unter der Rinde bildet, desto gröfser wird dessen Lmendruck auf dieselbe : gleichzeitig verlieren die Rindenschichten durch Trockenheit einen Teil ihrer Dehnbarkeit, und ihr "Widerstand gegen den Innendruck des Holzes wird um so gröfser. Unter solchen erhöhten Druckverhältnissen sehen wir das eng- und breitzellige, dickwandige Herbstholz entstehen. Ein anderer Punkt, den ich bei künstlichen Schnürstellen zu be- obachten Gelegenheit hatte, ist die durch Vermehrung d e s R i n d e n - druckes bedingte Steigerung der spiraligen Drehung der Holzelemente, welche bei endlich überwallten Drahteinschnürungen sich derart gesteigert erwies, dafs in einer gewissen Zone des Über- wallungswulstes die sonst längsverlaufenden Holzzellen fast horizontal lagen. Ein Radialschnitt zeigte unmittelbar über dem überwallten Draht- ringe eine Zone von Holzzellen quer durchschnitten statt längsver- laufend. Diese horizontal gelagerten Fasern nahmen allmählich wieder ihren vertikalen, normalen Verlauf da an, wo die Geschwulst sich ab- schwächt und in den normalen Stamm überging. Die vermehrte Drehung der Holzelemente durch erhöhten Rinden- druck erklärt jetzt auch die bekannte Erscheinung der nicht parasitären Drehwüchsigkeit, die besonders in trocknen, armen Bodenlagen (namentlich bei Syringa und Crataegus) auftritt und bei sehr verschie- denen Baumarten beobachtet worden ist. Die Ursachen der Erhöhung des Rindendruckes werden in den einzelnen Fällen verschieden sein. Die so bedingte , regelmäfsige Schichtung des Holzkörpers aus weitem F r ü h j a h r s h o 1 z und engem H e r b s t h o 1 z ist nur ein spezieller Fall des durch de Vkies bewiesenen Gesetzes, dafs Erhöhung des Rindendruckes engzelliges, Lockerung der Rinde dagegen weitzelliges Holz erzeugt. "Wie man sich aber durch Zählung der Zellen nach künstlicher Lockerung leicht überzeugen kann, wirkt diese Lockerung nicht nur auf die Ausbildung, sondern auch auf die Vermehrung der Cambium- zellen. Je geringer der Rind endruck ist, desto gröfser ist die Zahl der Zellteilungen in der Richtung des Stamm- radius, desto gröfser ist auch die Streckung der ein- zelnen Zellen und Gefäfse in radialer und tangentialer, desto geringer aber in longitud inaler Richtung. Diese Ver- *) Die später veröffentlichten Untersuchun2;en von Kiiaisbe CSitzungsbericht d. Akad. d. AVissensch. z. Berhn, 14. Dez. 18«2; cit Bot. Zeit 1883, S. 899), Über die Beziehungen der Rindenspannung zur Bildung der Jahre.sringe und zur Ablenkung der Markstrahlen, kommen zu dem Resultate, dafs dem radialen Riudendrucke wegen seiner Geringfügigkeit kein Einflufs auf die .Jahresringbildung zuzuschreiben sei. Mir scheint indes die gehandhabte Methode nicht vorwui-fsfrei, so dafs ein Zweifel in die Richtigkeit der Resultate wohl berechtigt ist. Wunden des Achsenorganes. 765 änclernng in den Dimensionen steigert sich in dem Malse, dafs wir endlich an solchen Stellen, an denen der Rindendruck fast ganz auf- gehoben ist, die dickwandigen, langgestreckten Holzzellen in kurze, parenchymatische Zellen übergehen sehen. Dabei fällt die Ditierenzierung des Gewebes in Zellen und Gefäfse fort; es bildet sich nur noch ein g 1 e i c h m ä i's i g e s P a r e n c h y m h o 1 z. Eine Arbeit von Gehmacher ^) beschäftigt sich mit dem Einflufs des Rindendruckes auf den Bau der Rinde selbst. Seine Untersuchungen fiihron zu dem Schlüsse, dafs, je gröfser der Dnick, desto weniger Korkzellen gebildet werden und umgekehrt : ebenso wechselt der radiale Durchmesser der einzelnen Zellen. Die Zellen des primären Rinden- parenchyms erscheinen nicht nur radial, sondern auch seitlich zusammen- gedrückt, also eckiger, während die unter geringem Druck entstandenen kugeliger sind und bedeutend gTöfsere Intercellularräume (die bei starkem Druck ganz verschwinden können) zwischen sich haben. Die Bastfasern sollen bei Druckverminderung an Zahl bedeutend zunehmen (was ich nicht beobachtet habe) und bei Erhöhung des Rindendruckes bis zum Verschwinden abnehmen. Als eine Folge des Rindendruckes sieht Nökdlinger^) auch die Entstehung der wellenförmigen statt der regelmäfsig kreisrunden Peripherie des Holzkörpers an. Da, wo der Holzkörper eingebuchtet ist, erscheint die Rinde häufig dicker. Vorzugsweise sollen es die stark entwickelten Steinzellgruppen sein, welche von der Rinde auf das Cambium geprefst werden und die ihnen gegenüberliegende Stelle des Holzkörpers im Wachstum hemmen. Wenn wir jetzt dem Umstände, auf den Kraus ^) aufmerksam macht, Rechnung tragen, dafs aus dem unter grofsem Rindendruck stehenden Zellgewebe ein Teil des Zellinhalts schneller hinausgeprefst werden dürfte nach jenen Regionen, in denen der Rindendruck geringer ist, dann darf es uns nicht Wunder nehmen, wenn in dem lockeren Paren- chymholz, das infolge des aufigehobenen Rindendruckes sich aus dem Cambium gebildet hat, eine grofse Menge Reservestoffe sich a u f g e s p e i c h e r t findet. Auch für das neu zuströmende Baumaterial ist die weitlumige, dünnwandige Parenchymholzzelle der am leichtesten erreichbare Ablagenmgsherd, Darum sehen wir dort, wo der Holz- cylinder statt der prosenchymatischen Elemente parenchymatisches Gewebe bildet, meist (mit Ausnahme der jungen Calluswülste) dasselbe eine grofse Zeit des Jahres hindurch reich mit Reservestoffen, und zwar bei unseren Bäumen mit Stärke erfüllt. Die sämtlichen Wunden des Baumstammes schliefsen eine Rinden- lockerung ein ; mithin mufs das Holz, das bei der Heilung der Wunde gebildet wird, in seinem Baue um so mehr von dem normalen Holze abweichen und um so mehr den Charakter des Parenchymholzes an- nehmen und behalten, je geringer bei der Verwundung der Druck des Rindengürtels auf das Cambium gemacht wird und je länger diese Lockerung erhalten bleibt. Wir haben bei den Krebs wunden gesehen, wie dieser lockere Bau des Wundrandes immer wieder Ursache zu neuer Lockerung der ') Aus Sitzungsber. d. Wiener Akad. d. Wissensch., Bd, LXXXVIII, Abteil. I ; cit. in Botan. Centralbl. 1S83, Xr. 47, S. 228. 2) NoRDi.ixGER, Wirkung des Rindendrucke.s. Centralbl. f. d. gesamte Forst- wesen. Wien, Oktoberheft 1880, S. 407. 3) a. a. 0. S. 138. 766 ^'' Wunden. Rinde, zu neuer, wuchernder Produktion lockeren Gewebes und zur endlichen ErschöiDfung des Astes durch diese Produktion wird. Jeglicher Überwallungsrand, der sich bei einer offenen Wunde des Stammes bildet, beginnt also mit der Bildung kurzzelliger, weitlumiger (mit weitem Innenraum versehener) Holzelemente , die sich , scharf abgegrenzt, auf das normale, bloisgelegte Holz lagern. In dem Maise, als clie Überwallungsränder sich vergröfsern, der Rindendruck somit stärker wird, gehen auch clie Holzelemente allmählich in den normalen Bau über, und wenn endlich die Überwallungsränder mit einander ver- schmelzen und die Rinde wieder zu einem gieichmäfsig zusammen- hängenden Gürtel am Stamme oder Zweige wird, stellt sich auch die normale Höhe des Rindendruckes wieder ein und damit die normale Richtung der Holzzellen und Gefäfse : Es lagert sich nun wieder all- jährlich normales Holz über die geschlossene Wunde. Die Sehröpfwunde. Das nächstliegende Beispiel für die Gewebeänderungen bei dem Wundheilungsprozesse finden wir in der Vernarbung der Schröpfwunde. Man versteht unter „Schröpfen" bekanntlich das Einschneiden in die Rinde in der Längsrichtung des Stammes bis auf den Holzkörper, ohne dafs Substanz entfernt wird. Wird ein Baum in dieser Weise geschlitzt, so weichen die Wundränder auseinander (Fig. 173). Natürlich ist am Ende des Schnittes (Fig. 173, a) die Entfernung der beiden Wundränder am geringsten; der Heilungsprozefs vollzieht sich dort am schnellsten. Fig. 174 stellt den Querschnitt durch eine geheilte Schröpfstelle eines Süfskirschbaumes am Ende der Schlitzwunde, also aus der Gegend von a dar. Wir sehen in h das alte Holz, das bei w von dem Messer getroffen worden und durch die Einwirkung der Luft einen Teil seiner Gefäfse und Holzzellen abgestorben zeigt. Die Cambiumzone c, die zur Zeit der Ausführung des Schnittes auf h auflag, hat bei dem Heilungsprozefs neue Rinde nr und neues Holz nh gebildet. Die neu gebildete Holzzone ist aber weder in ihrer Lagerung noch in ihrem Bau dem normalen, unter der unverletzt gebliebenen Rinde entstandenen Holze gleich; sie bildet eine nach aufsen dreieckig vorspringende Partie, deren höchster Punkt am meisten der durch den ehemaligen Schnitt gebildeten Rinne (s) genähert ist. Bedingt wird diese dreieckige Vorwölbung durch die dem weiter seit- wärts gelegenen Gewebe voraneilende Entwicklung von Parenchymholz lip. Diese Holzproduktion war die erste Tätigkeit der beiden durch den Schnitt .s geteilten Cambiumränder. Hier war der Rindendruck am schwächsten, die Zellvermehrung die reichste, die Zellenlängsstreckung clie geringste. Erst nachdem die aus der jungen Innenrinde und der Cambiumzone hervorgegangene Neurinde in s eine gröfsere Mächtigkeit und durch die neu entstandene Korkschicht derselben (/.;') gröfsere Widerstandsfähigkeit erlangt hat, ist der Rindendruck allmählich mächtiger, sein Einflufs auf die Holz produzierende Cambiumzone energischer und die Gestalt der Holzelemente allmählich der normalen ähnlicher geworden. Die Partie hj) geht allmählich in das viel deut- licher durch Markstrahlen (ni) gefächerte , regelmäfsige Holz über. Über die der Änderung der Holzelemente parallel gehende Umformung der Rindenelemente wird bei dem Ringelwulst ausführlicher gesprochen werden. Wunden des Achsenoi-o-anes. 767 Bei weiterem "Waclistum des Stammes lao-ert die Cambiiimzone c immer neues, normales Holz und neue Rinde mit Hartbast lih über die Wundfläche, und wenn endlich die durch den ehemaligen Schnitt getrennten, alten Rindenpartien ar mit ihrer Korkzone /,• und ihren abgestorbenen und durch eine Korkzone vom lebenden Gewebe ge- trennten Wundrändern (/) der Borkenbildung verfallen und abblättern, ist äufserlich die Wundstelle ausgeglichen. Wenn wir etwas ausführlicher auf die Anfänge des Vernarbungs- prozesses eingehen wollen, haben wir Fig. 175 zu betrachten. Dieselbe stellt den Querschnitt durch einen einzigen Wundrand einer Schröpf- stelle (Fig. 173, h) bei einer Süfskirsche dar zu einer Zeit, in welcher dieser Rand sich mit dem gegenüberliegenden, von der anderen Wund- seite kommenden, noch nicht vereinigt hat, die Wundfläche selbst (Fig. 175, k) also noch nicht gedeckt ist. Es bedeutet li auch hier u. •'?%... c m -nfv Fig. 17:5. Schröpfwunde. (Orig.) Fig. 174. Verheilte Schröpfwunde. (Orig.) das alte Holz, dafs bei iv durch den Schröpfschnitt blofsgelegt worden ist. Der Zug des Messers zur Zeit der Ausführung des Schröpfens ging von s nach w. Von dieser Ebene des Schnittes hat sich die alte Rinde {ar) seitwärts zurückgezogen-, es entspricht dieser Teil dem gleichbezeichneten in Fig. 174. Der obere Teil dieser alten Rinden- partie, sowie der infolge des Schnittes abgetrocknete Rand (Fig. 174, t) sind in Fig. 175 durch die mit t bezeichneten Konturen angedeutet und nur ein Hartbastbündel lih ist in das Rindeni^arenchym ar eingezeichnet worden. Zur Zeit der Ausführung des Schnittes lagen die Cambium- zonen c und die junge Innenrinde ?> dicht am alten Holze h\ die Zellen, welche an die Schnittebene s bis u- gTenzten, reagierten nun ver- schieden auf den- Wundreiz : das Parenchym der alten Rinde trocknete auf eine kurze Strecke rückwärts zusammen und bildete den braunen, trocknen Wundrand, der, dem blofsen Auge kenntlich, jede Schlitz- wunde einsäiimt (Fig. 173, c). Das noch vermehrungsfähige, in seinem Wachstum noch nicht abgeschlossene Parenchvni der inneren Rinde ir 768 Y. Wunden. folgte am Wundrande sofort der Gelegenheit, sich nach derjenigen Seite auszudehnen, an der der Druck weggefallen war, d. h. über die Ebene s bis ic hinaus. Diese Zellen wölbten sich also vor-, die aus der Cambiumzone folgenden schoben die ersten Rindenzellen weiter hinaus und bildeten sich in der später nachwachsenden Zone selbst zu Chlorophyll führenden Rindenzellen r' aus, und auf diese Weise entstand zuerst der weiche, parenchymatische Wundrand r ir. Die Randzellen r des vorgewölbten AVundrandes bräunen sich später und trocknen zusammen: in den unmittelbar darunterliegenden Zellen ent- steht Kork k und diese, den ganzen Wundwall einliüllende Korkzone k ■a X »t, Fig. 175. Entstehender Übervvallungsrand bei einer Schröpfwunde. (Orig.) bis h legt sich an die äufsere Korkbekleidung der alten Rinde an, so clafs die ganze Neubildung von einem schwer dehnbaren und daher auf das darunterliegende, schwellende Gewebe drückenden Korkgürtel umgeben ist. Dadurch ist auch der Rinclendruck interimistisch hergestellt. Der Einflufs dieses Rindendruckes auf die nächsten Produkte der vorn schneckenförmig gekrümmten, aber nicht bis auf das alte Holz h reichenden Cambiumzone c macht sich durch die Bildung dickwandigerer Elemente geltend ; es entsteht Neuholz nJi^ welches nach der Wundseite zu parenchymatisch kurz, weitlumig (x) und von vereinzelten, kurzen, weiten Gefäfsen (cj) durchsetzt ist. Je weiter das Neuholz vom Wund- rande entfernt ist, desto regelmäfsiger, eng- und langzelliger wird es, Wunden des Achsenorganes. 7(39 desto schärfer treten die Markstralilen ui und deren Fortsetzung m in der Rinde hervor. Je mehr sich allmählich Nenholz bildet, desto straffer wird die äulsere Korkzone h bis l- des Überwallungsrandes gespannt. Häufig reifst sie stellenweis infolge des Innendruckes, so dafs das Rindenparenchym blofsliegt und sich in die Riisstello liinein- wölbt. In diesen sich vorwölbenden Zellen bilden sich aber in kürzester Zeit neue Korkzellen, die sich an die umgebenden anlegen und auf diese Weise den Korkgürtel wieder schliefsen. Falls nun ein Schröpfschnitt so breit ist, dafs der Überwallungs- rand des ersten Jahres ihn nicht decken kann, wird das Neuholz des folgenden Jahres sich lippig über die Wundfläche lagern. In dieser lippenförmigen Vorwölbung, die durch den Verlauf der deckenden neuen Fie. 176. Querschnitt durch einen hohlgewordenen Kiefernstamm, beijdem die menrjälirigen Überwallungsränder allein noch die Ernährung des Stammes über- nehmen. (Orig.) Korkzone h bis /«• Fig. 175 am besten gekennzeichnet wird, nimmt die Cambiumzone c eine um so stärkere schneckenförmige Krümmung an, je tiefer die Wundfläche liegt. Wenn nun der Fall eintritt, dafs bei alten Stämmen an Stelle des Schröpfsehnittes eine breite Längs- wunde sich einstellt und durch Witterungseinflüsse unter parasitärer Mitwirkung der ITolzkörper zerstört, der Stamm also hohl wird, dann können schliefslich nur noch die Überwallungsränder übrig bleiben. Einen solchen Fall stellt Fig. 17(5 dar. Dieselbe ist der Querschnitt von einem hohlgewordenen Kiefernstamm ^). Durch das langsame Aus- faulen der jüngeren Holzringe haben die Überwalluugsränder eine selten schöne schneckenförmige Gestalt angenommen, und auf dem verhältnismäfsig schmalen Holzstreifen der letzten Jahre beruht nun ') Das Original befindet sich im Botanischen Museum zu Berlin. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 49 770 V. Wunden die Ernährung des Stammes. In minder ausoeprägter Form zeigt sich der Vorgang bei allen liohlgewordenen Bäumen, namentlich oft bei Weiden und Pappeln. Bei den Nadelhölzern ist das Ausfaulen des Stammes infolge von Längswunden der seltenere Fall, weil sich die Wundfläche mit Harz zu tiekleiden pflegt oder wenigstens die blofs- liegenden Holzelemente kienig werden. Dieser Selbstschutz nach Längswunden kommt am deutlichsten bei der Harznutzung der Bäume zum Ausdruck, wie Fig. 177 zeigt. Fig. 177. Stammscheibe von Picea riiJgarii^ mit Überwallungen von Harznutzungs- lacnen. Das Gesamtalter des Baumes beträgt 70 Jahre. Die erste Nutzung (a) fand statt im Alter von 50 Jahren, die zweite (b) von 51, die dritte (c) von 62, die vierte {'". Bei einigen derselben glaube ich eine ähnliche Siebporenzeichnung erkannt zu haben , wie sie in der tangentialen Wandung normaler Rindensiebzellen sz gefunden wird, so dai's man schlielsen kann, dals die erste Ditferenzierung des Cahusgewebes , welche fast gleichzeitig mit der Bildung der neuen Cambiumzone auftritt, innerhalb der Rinde in der Ausbildung von Siebzellen besteht. Das aus der Cambiumzone hervorgehende Gewebe erscheint in der Fig. 183 der Länge nach gefächert durch die in ihrer radialen Streckung bevorzugten, in ihrem Inhalt helleren Markstrahlzellen di, welche, wie das übrige Gewebe , an der Peripherie des Überwalhmgsrandes klein- zelliger sind , innerhalb des Überwallungsrandes eine der Senkrechten genäherte Richtung haben und erst allmählich in dem Malse zur normalen horizontalen Lagerung übergehen , als sie in das normale Gewebe des unverletzten Rebenstückes eintreten. Das zwischen den helleren Markstrahlen liegende Holz ist in der Jugend des Überwallungsrandes, wo also erst das dem Korkrande zu- nächst liegende Gewebe entstanden war, kurz, sehr dünnwandig, par- enchymatisch. Es erscheint, je weiter man es nach dem normalen Gewebe hin untersucht, desto länger und derbwandiger und geht aus seiner radialen Streckung immer mehr in die longitudinale der normalen Holzelemento über. Je früher im Jahre die Ringolung vorgenommen worden ist, je länger also die neugebildete Cambiumzone des Über- wallungsrandes sekundäres Wundholz produziert, um so mehr nähern sich die später gebildeten Elemente schon in ihrer Länge und Gestalt dem normalen Holze. In diesem zartwandigen parenchymatisehen Holze treten als erste dickwandige Elemente kurze, treppenartig poröse Gefäfszellen gz auf: dieselben haben anfangs die Gröfse und Lagerung der Holzparenchym- zellen ihrer Umgebung und nehmen, je mehr sie sich dem unverletzten Holzteile nähern, immer mehr die Gestalt und Lagerung normaler Gefäfse an. Im Gegensatz zu dp: Vkies mufs ich behaupten, dafs die kurzen Gefäfszellen nicht immer die ersten dickwandigen Elemente sind. Bei sehr schwach entwickelten unteren Ringelwülsten geht manchmal das Parenchymholz direkt in normal gelagerte , schwach verdickte Holzelemente über, ohne dafs kurze Gefäiszellen vorher auftreten. Bei dem oberen Überwallungsrand einer Ringelblöfse, deren Callus in derselben Zeit meist schon mehr als doppelt so stark sich entwickelt, sind die Cambiumzone breiter, die sämtlichen Elemente zahlreicher und der Anfang der Gefäfsbündel im Callus immer mit Gefäfszellen be- ginnend. Die Ausbildung der Gefäfszellen erfolgt um so früher, also um so näher dem alten Holzkörper, ihre Gestalt, Gröfse, Verdickung und Lagerung wird um so normaler, je weiter von der Schnittfläche aus rückwärts das Gewebe liegt, dessen Gefäfsstrang f/2, sich un- merklich an das vor der Ringelung gebildete normale Holz anlegt und dessen weitere Verdickiuig ausmacht. Wir können nach dem in Fig. 183 dargestellten anatomischen Be- funde uns also bildlich in der Weise ausdrücken, dafs der Ringelschnitt in dem die Wunde begrenzenden berindet gebliebenen Teile der Rebe 784 V. Wunden. eine ungemeine Lockerung des Holz- körpers hervorgebracht hat. Dadurch sind die Gefäisbündel , welche aus dickwandigen Holzzellen und Gefäl's- röhren einerseits und aus dick- wandigen Hartbastzellen und Sieb- zellen jenseits des Cambiums be- stehen, und welche im normalen Holzkörper in konzentrischen Kreisen dicht aneinander gelagert sind, aus- einandergerückt und in einzelne durch Parenchymmassen getrennte Stränge aufgelöst. Diese Stränge gz (Gefäl's- strang) und h' (Baststrang) setzen sich , an Elementen immer ärmer werdend und immer mehr sich ver- ändernd, in den als Calluswulst ur- sprünglich über die Schnittfläche her- vorbrechenden Überwallungsrand fort. Dafs der Gefäfsbündelkörper, welcher in den unverletzt gebliebenen Teilen der Rebe den nur durch wenig- zellige Markstrahlen gefächerten Holz- körper und Bastring bildet, gleichsam durch das infolge der Ringelung ent- standene parenchymatische Gewebe in einzelne, immer dünner werdende, wellig in radialer und tangentialer Richtung verlaufende, untereinander anfangs noch durch Anastomosen netzartig verbundene , endlich aber isoliert und in fächerartig auseinander- gehende Stränge zerfasext wird, sehen wir am besten an Querschnitten, die in verschiedenen Höhen durch den Ringelwulst geführt werden. Wegen der gröfseren Deutlichkeit sind die Querschnitte Fig. 184 und Fig. 185 aus dem oberen, analog gebauten aber stärker entwickelten Überwallungs- rande derselben "Weinrebe entnommen worden, die den Längsschnitt Fig. 183 geliefert hat. Fig. 184 zeigt den Ringelwulst querdurchschnitten in der Höhe, wo derselbe aus der altenRinde heraustritt, also ungefähr bei S bis 8' in Fig. 183; Fig. 18'» ist ein Querschnitt durch die Mitte des herausgetretenen Teiles des Überwallungsrandes, also etwa in der Ebene /,; bis ivli bei Fig. 183. Fig. 184, II stellt ein Stück des alten vor der Ringelung gebildeten Holzes dar; g bezeichnet die weiten, leiterförmigen oder spaltenförmig-porösen Gefäfse, von denen diejenigen, Fig. 184. Querschnitt durch den Ringel- wulst dicht an seiner Austrittsstelle in der Ebene S bis i'i. (Orig.) Wunden des Achsenoraranes. 78^ ß -m B^Km Fig. 185. Querschnitt durch den Kingelwulst in gröfserer Entfernung von der Austrittsstelle, also in üppigerer Entwicklung, wie er in Fig. 183 etwa in der Ebene k — ich zu finden wäre. (Orig.) welche der Schnittfläche S bis S' am nächsten liegen, infolge der Verwundung sich mit Thyllen t angefüllt haben mid infolgedessen für die Durchlüftung unwegsam geworden sind ; h zeigt die querdurchschnittenen Holzzellen. Sorauer, Handbuch. .3. Aufl. Erster Band. 50 786 ^'- Wviuden. Shis C (bei Fig. 185 (7 bis C) ist die infolge des Riiigelsclinittes entstandene Neuholzbildimg des Überwallungsrandes. In diesen Überwallungsrand hinein , der aus dem Callus hervorgegangen ist , seilen wir aus dem normalen Gewebe H die Markstrahlen m mit kurzer Unterbrecliung sich fortsetzen. Die Markstrahlen werden immer breiter, die Gefäfs- bündel, deren Holzkörper im normalen Holze dicht aneinander gelagert sind , werden nun durch die stets breiter werdenden Markstrahlpartien immer weiter auseinandergerückt ; die Bündel werden dabei ärmer an Elementen, und normale Holzzellen sind nicht mehr vorhanden. Der Strang d' besteht nur noch aus kürzeren, weiten, runden und engeren mehr abgeplatteten Gefäfsen , nebst weiten , meist schon stumpf auf- einandersitzenden w^eniger dickwandigen Holzzellen. Der eme Strang Fig. 184, st im normalen Holze hat sich im Ge- webe des Ringelwulstes bereits in zwei Stränge st' gespalten und diese haben sich in der noch weiter von der Schnittebene entfernten Region (Fig. 185, st') wieder in je vier Stränge gefächert. Dabei sind dm"ch die Bildung neuer Markstrahlen (Fig. 185, m) die neuen Bündel aus ihrer bisherigen Anordnung herausgedrängt worden; sie rücken jetzt in einzelnen Gruppen weiter nach der Peripherie des immer dicker werdenden Ringelwulstes. Indem auch die tertiären Markstrahlen immer breiter werden, erscheinen nun auch diese dünnen, sich im Längsverlauf verästelnden Stränge von Gefäfsen (Fig. 185, st') immer weiter aus- einander gerückt, bis sie endlich in der Nähe des Aufsenrandes des Ringelwulstes ganz verschwinden. Die letzten Ausläufer dieser Elemente sind kurze, weite, poröse Zellen von Parenchj^mholz. Es ist bekannt, dafs zu jedem Gefäfsstrange des Holzkörpers ein Baststrang gehört. Das Holz ist mit der Rinde Geschwisterkind ^). In Fig. 184, h sehen wir das Hartbastbündel, welches zu dem Holz- strange st gehört; h' und hh' stellen die in ihren Zellen analog den Holzelementen weiter gewordenen Bastkörper dar, welche zu st' gehören ; die radiale Verdickung der "Weichbastzellen ist in der Zeichnung nicht gut wiedergegeben. Im Herbst, wenn die Weinrebe ihre primäre Rinde durch eine Korkzone abgrenzt, hat die wellig verlaufende Korkschicht h hier im Ringelwulst die Bastbündel in zwei Teile (Fig. 184, h' und hh') zer- schnitten; c' c' bedeutet bei Fig. 184 und 185 die Cambiumzone, Fig. 185, o ist eine Schlauchzelle mit oxalsaurem Kalk in Raphidenform ; bei einigen Schlauchzellen lassen sich scharf zackenartige, sehr kleine Vorsprünge auf der Innenseite der Membran wahrnehmen. Die erste Differenzierung im Calluswulst läfst sich auch nach Über- gang desselben in den fertigen Überwallungsrand oder Ringelwulst noch erkennen , wenn man , von der äufsersten Korklage beginnend , Quer- schnitte durch das Wulstgewebe macht, wenn man also bei Fig. 183 von der am meisten nach unten vorgewölbten Partie beginnt und nach oben hin fortschreitet. Bezeichnen wir den dem alten Holze anliegenden Teil (Fig. 188, z bis S) als dessen Innenseite im Gegensatz zu der kugelig gewölbten Aufsenseite; es zeigt sich nach den ersten Quer- schnitten bereits das unmittelbar unter der Korkzone liegende par- enchymatische Gewebe des Innenrandes durch Jod dunkler gefärbt als die entsprechende Partie der gegenüberliegenden Aufsenseite. Ebenso erkennt man bei Anwendung von Jod auch eine radiale Fächerung des ') Eatzehfrc;, Waldverderbnis I, 70. "Wunden des Achsenorganes. 787 Gewebes, indem Streifen von anfangs nur 1 — 3 Zellen Mächtigkeit durch Jod dunkler gefärbt werden als die breiteren zwischen ihnen liegenden Partien. Auch in der Gestalt der Zellen läfst sich schon in den ersten Querschnitten ein Unterschied finden, indem die dem Aulsen- rande näher liegenden Zellen rundlicher als die dichteren, dem Innen- rande genäherten Zellen erscheinen ; auch sind die sämtlichen , direkt unter der verkorkten Aufsenschicht liegenden Zellen kleiner als die im Zentrum liegenden. Die helleren Streifen enthalten Zellen von gröfserer radialer Streckung: die erste Andeutung der Markstrahlen. Die Zone der erneuten Zellteilungen zum Zwecke der Anlage des späteren Cambiumringes liegt zunächst dicht an der Innenseite des Calluswulstes, sich an die Region von Zellen anschlieisend . welche zur Verstärkung der peripherischen Korkzone zuletzt in Teilung getreten ist; von da aus rückt sie in den folgenden Querschnitten immer weiter von dem alten Holzkörper fort (vgl. den bogigen Verlauf im Längsschnitt Fig. 183, c bis c), eiTeicht noch aufserhalb der Ebene, in welcher der E,in gelschnitt ausgeführt worden ist, ihre gröfste Entfernung vom alten Holzkörper und nähert sich innerhalb der alten Rinde wieder dem normalen Holze , bis sie als normales Cambium auch wieder ihre ge- wöhnliche Lage einnimmt. Was hier speziell vom Weinstock gezeigt worden ist, findet im Prinzip bei allen Ringelungen statt-, der spezielle Aufbau ist natürlich je nach der Pflanzenart verschieden. Betreffs der anatomischen Elemente, welche die Stolfleitung über- nehmen, hat CzvPEK^) gezeigt, dafs für sämtliche Assimilate nur die Siebröhren und Cambiformzellen in Betracht kommen können, und zwar sind die stofi'leitenden Bahnen im Leptom selbst geradlinig. Das Leptomparenchym dient ähnlich den Markstrahlen als Speicherungs- ^ewebe. Die Reservestotfe werden in ihrer Ablagerung insofern be- einflufst, als im Frühjahr, zur Zeit des Austreibens, nach Leclekc du Sarlon-) bei den in der Nähe des Wurzelhalses geringelten Bäumen die Wurzeln reicher, die Stämme ärmer an Reservest offen sind als bei ■den nicht geringelten Bäumen. Die Blätter der ersteren sind zwar weniger grün, aber enthalten viel mehr Reservestofie, als die der un- _geringelten Exemplare , und gehen nach meinen Beobachtungen viel früher in die Herbstfärbung über. Die Schälwunde. a. Geschichtliches. Die Vorgänge der Wundheilung bei einer den Stamm umfassenden, oft meterlaugen llolzblöfse, die durch Entfernung der gesamten Rinden- elemente entstanden ist, sind schon seit mehr denn hundert Jahren Gegenstand der Beobachtung einzelner Forscher gewesen. So zitiert TheviraNUS^) , dafs L. Fhisch bei einem Gutsbesitzer in der Mark mehrere Apfel- und Birnbäume sah, denen man die ganze Rinde vom Ansätze der untersten Zweige bis zur Wurzel im ganzen ') CzArEK, Fu., Über die Leitungswege der organischen Baustoffe im Pflanzen- körper. Bot. Centralbl. 1897, Bd. (i9, S. 818. '•') Lkci.kkc DI- Sai{i.l>x, Recherches physiologiques sur les matieres de reserves des arbres. Revue generale de Bot. t. XVlII: cit. Bot. Centralbl. v. Lotsy, 1906, Nr. 4?.. S. 447. 3) TitEviRA.NTs, Phvsiologle der Gewächse Bd. II. Abt. I, 1838, S. 222. 50* ygg V. Wunden. Umfange des Stammes so genommen hatte , dals überall das weifse Holz zu sehen war. Die Bäume waren wieder mit neuer Rinde be- kleidet. Frisch versichert, dafs dieses Experiment immer gelinge, wenn man nur die Zeit der Somienwende dazu benutze und die entblöfste Oberfläche , auf welcher man den Saft mit einer Feder gieichmäfsig ausbreiten soll, diu-ch Leinwand oder Rohrdecken gegen Sonne und Wind schütze (Miscell. Berolin. Contin, II [1727J 20). Der berühmte Experimentator Duhamel M nahm in der Saftzeit von mehreren jungen Stämmen von Ulmen, Pflamnen usw. einen etwa 7 — 10 cm breiten Ring bis aufs Holz weg und umgab die Wunde mit einem Glaszylinder, der oben und unten am unverletzten Stammteil mit Kitt und Blase verschlossen wurde. Er sah auf der Holziiäche zarte, gallertartige Wärzchen sich bilden, welche zwischen den Holz- fasern des Splintes hervorbrachen (des mamelons gelatineux qui sortaient d'entre les fibres longitudinales de Taubier); diese Wärzchen, welche der Mehrzahl nach unter äulserst zarten, wahrscheinlich stehengebliebenen Bastlamellen sich emporhoben, waren erst weifs und halb durchscheinend, später grau und nach K) Tagen (am 18. April) grün. Diese Neubildungen breiteten sich im Laufe des Sommers aus und erzeugten durch Vereinigung, eine narbige Rinde, unter welcher zarte Holzlamellen erkennbar waren. „Ainsi il est bien prouve que le bois jjeut produire de Tecorce et que cette.ecorce est des lors en etat de produire des feuillets ligneux ..." Ähnliche Versuche machte Knight und erhielt ähnliche Erfolge. Einmal beobachtete er^) an ülmus montana eine Rejjroduktion der Rinde, ohne dafs die Wunde bedeckt war; der Baum hatte einen schattigen Standort. An alten gekappten Eichen mit unvollkommen eintretender Neuberindung fand Knight, dafs die gallertartigen Wärzchen aus dem parenchymatischen Zellgewebe hervorquellen, und „in vielen Fällen wurde nm* auf deren Oberfläche eine neue Rinde in kleinen und getrennten Portionen erzeugt". Meyen^) zitiert die Beobachtungen von Werneck, nach welchen die Wiedererzeugung der Rinde nur dann gelingen soll, wenn das Ab- schälen um Johanni geschieht, wenn die Stämme noch jung sind und die verwundete Stelle „sehr sorgfältig durch einen hohl und dicht an- liegenden Verband gegen Austrocknung geschützt wird." Meyen's'^) eigene Ansicht finden wir bei Wiedergabe seiner Versuche in seiner Phytopathologie. Er schälte am 30. April 1839 während eines warmen Sonnenscheins Stämmchen und grofse Äste von Haselnufs, Schneeball, Syringa und Weide, umschlofs die Schälstellen nach Art der DuHAMEL'schen Experimente mit verkitteten Glasröhren, die noch mit Papier umwickelt wurden, obgleich er die Versuche an stark be- buschten Stellen ausführte. Auch hier wurden gallertartige Tröpfchen ausgeschwitzt, „welche stets an denjenigen Stellen hervortraten, wo die Markstrahlen auf der Oberfläche des Holzes zum Vorschein kommen".. Die mikroskopische Untersuchung dieser Ausschwätzungen ergab ihre Zusammensetzung aus zartem Zellgewebe, „welches sich durch den neuen, gummihaltigen Saft immer mehr und mehr vergröfserte , der durch die Markstrahlzellen ausgeschieden wurde". 1) DriiAMEL, Physique des arbres 1758, II, S. 42, t. VII ff. 63 und a. a. 0. S. 44, t. VIII ff. 66, 67. 2) TiiKviKANis a. a. O. S. 223 (Beytr. 223). ") Meykn, Neues S3'stem d. Pflanzenphys. 1837, S. 394. *) Meyen, Pflanzenpathologie, herausgeg. v. Nees v. Esenbeck. Berlin 1841, S. 14. Wunden des Achsenorganes. 789 Die grimliehe Färbung, welche diese Neubildungen annehmen, rührt von Chlorophyllkörnern her. Diese Neubildungen erhielten im Laufe des Versuch sjahres eine Stärke bis zu 11 mm, schrumpften aber bei dem Vertrocknen stark ein. Meyen kann diesen neuen Produktionen . die übrigens auch im Freien an schattigen Orten entstehen ^J, nicht die Bedeutung der Rinde zusprechen: denn man sieht „keine Sonderung der verschiedenen Schichten, aus welchen die normale E-inde desselben Baumes besteht, und es findet sich in derselben auch keine Spur von Baströhren, welche offenbar besonders wichtig sind . . . ." Der seinerzeit ausgezeichnete Physiologe, der nach der MiKBEL'schen Anschaumig das Cambium für einen strukturlosen Saft anspricht, der solche Zellbildungen hervorbringt wie die, aus denen er herausgetreten, hat zwar das Verdienst, das Mikroskop bei Untersuchung der neuen, bei Heilung der Schälwunde auftretenden Produktionen angewendet zu haben, allein es ist ihm nicht geglückt, die Holzproduktion unter den Neubildungen zu beobachten und die Analogie dieser Bildungen mit der normalen Rinde nachzuweisen. Wahrscheinlich waren die feuchte Luft und starke Beschattung seiner Zylinder schuld, da diese Faktoren, wie wir sehen werden, den Charakter der Neubildung wesentlich beeinflussen. Früher als Meyen experimentierte Dalbket^), indem er am 21. Juni eine Esche und einen Nufsbaum schälte , die Schälstellen in Zylinder einschlofs und dieselben Resultate wie Duhamel erhielt. Th. Haktig •^) schälte im Frühjahr 1852, als die Entwicklung der neuen Jaluresringe bereits begonnen hatte, 80 — 40 ältere Eichen auf G— 8 m Länge vom Boden aus und fand im August die meisten der geschälten Bäume ebenso dicht belaubt als die danebenstehenden, nicht entrindeten Stämme. An 5 — 6 jungen Stämmen hatte sich, „merkwürdigerweise" fast nur auf der Sonnenseite, ein aus den Markstrahlen des Holzes hervorgedrungener grindiger Ausschlag gebildet. Die anatomischen Untersuchungen zeigten , dafs der Ausschlag , ganz unabhängig vom Baste und Cambium, allein aus dem Holze hervorgegangen und ein Produkt der Markstrahlen sei. Die Neubildung beginnt mit dem Auftreten einer Korkzellenlage an der Peripherie des gesunden Markstrahlgewebes, durch welche eine äufsere, abgestorbene Partie abgegrenzt wird. Der lebendige Teil des IMarkstrahls entwickelt nun in seinem Umfange mehrere Lagen par- enchymatischer Zellen, die sich wie das vorhandene Markstrahlgewebe gTÜn färben. Durch die Vermehrung des parenchymatischen Gewebes um den Markstrahl herima entsteht ein schnell stärker werdender Callus- wulst, der die mit Lenticellenbildung beginnende Korkschicht immer weiter nach aufsen drängt. „Das neue Zellgewebe entwickelt sich nicht etwa an einem Orte , vom lebendigen Markstrahl aus , sondern wie überall, bilden sich neue Zellen an allen Orten im Innern der vor- gebildeten Zellen, diese resorbieren die Mutterzellen, erwachsen zur Gröfse derselben und erweitern die Masse in allen ihren Teilen. Trotz 1) Pflanzenphysiologie Bd. I, S. 890. -) Journal de la societe d'agronomie pratique 1830; cit. von TitKcrr, in „Accvoissement des vegt-taux dicotvledones ligneux". Annales des sciences natur. III. Serie, t XIX, Paris 1853. 3) T„ Haimk;, Vollst. Xaturgesch. d. forstl. Kulturpfl. Deutschlands. Berlin 1852. Pigurenerklärung Tafel 70, Fig. 1 — 3. 790 ^'- Wunden. der Erweiterung des Callus durcli das lieranwachsende Zellgewebe behält daher der lebendige Teil des Markstrahls stets denselben Um- fang, dieselbe Gröfse, Zahl, Form und Stellung des ihn konstituierenden. Zellgewebes." „Hat der Callus eine gewisse Ausdehnung erreicht, so werden, einzelne Partien ungemein dickwandig, wie dies auch im normalen. Verlauf des Rindenlebens der Fall ist (Steinzellennester). Weiterhin entwickelt sich an jeder Seite des lebenden Markstrahls , unfern der Spitze desselben, im Zellgewebe zwischen ihm und der Korkschicht ein Faserbündel, bestehend aus getüpfelten Holzfasern und Holzröhren." Durch Verschmelzung der einzelnen gleichnamigen Gewebezonen der bisher völlig isoliert gewesenen , warzenartig hervortretenden Neu- bildungen entsteht eine zusammenhängende , mit Korklage versehene Rindenschicht, welche nur durch die radiale Anordnung ihrer Zell- elemente im Querschnitt von dem Bau der normalen Rinde abweicht. „An den Seiten der Markstrahlspitze schreitet die Entwicklung des- Holzkörpers bis zur Bildung einer zusammenhängenden, vom Zell- gewebe des alten wie von neu gebildeten, kleineren Markstrahlen durch- setzten Holzschicht vor. Die einzelnen Holzbündel bestehen aus Holz- fasern und Holzröhren. Eigentliche Spiralfasern fehlen. Mit vor- schreitender Entwicklung des Holzkörpers bildet sich auch eine Trennungslinie zwischen ihm und dem Rindenkörper (Meristemzone Ref.) immer schärfer aus , obgleich weder von Bastfasern noch von Saftröhren eine Spur zu entdecken ist." Die einen bedeutenden Fortschritt darstellenden Beobachtungen, von Th. Hartig ergeben also , dafs die Entwicklung der neuen Rind© auf einer Schälwunde auf Kosten der im Holzkörper vorhandenen Nahrungsstoffe geschieht und mit der Bildung eines Callusgewebes um die Markstrahlspitzen beginnt. "Welche Zellen den Anfang der Callusbildung hervorrufen, geht weder aus der Beschreibung noch aus den Zeichnungen hervor. Diese Lücke füllt Trecul^) mit seinen eingehenden anatomischen Untersuchungen aus, die gleichzeitig die Beteiligung des gesamten,, auf dem geschälten Holz stamm verbliebenen jungen Ge- webes und nicht nur der Markstrahlen an der CalluslDildung nach- weisen. Allerdings können unter besonderen Verhältnissen die Mark- strahlzellen die Callusbildung allein veranlassen ; jedoch tritt ebensogut auch der Fall auf, dafs von den jungen Holzzellen allein die Callus- bildung eingeleitet wird. An der Callusbildung beteiligen sich die jungen Holzzellen, Mark- strahlzellen und die engen Gefäfse durch Umwandlung in Parenchym- zellen, die sich nun weiter vermehren^). Die jüngsten auf dem Holzzylinder stehengebliebenen Zellen weiten sich aus •, sie verlängern sich, und in ihrem Innern bilden sich Scheide- wände; die Endzelle der jungen Calluszellreihen wird am gröfsten und weitesten, oft kugelrund, dann keulenförmig gestreckt, und in diesem Zustande entsteht gewöhnlich eine neue Querwand. Die jetzt durch ') Tkecui. , Accroissement des vegetaux dicot^'ledones ligneux. Annales des scienc. nat. XIX, S. 165. -) „Les fibres ligneuses, les rayons medullaires et les vaisseaux d'un petit diametre eux-memes sont metamorphoses en tissu cellulaire proprement dit; car il y a une metamorphose reelle de ces organes elementaires en tissu utriculaire ordi- naire, et ensuite multiplication de ces utricules nouvelles. Wunden des Achsenorganes. 791 die Querwand hergestellte neue Endzelle wiederholt diesen Prozels. Die darunterliegenden älteren Zellen strecken sich auch in die Länge und teilen sich, Aufser dieser Art von Callusbildung beobachtete Trecul noch einen anderen Fall. Während bisher die äul'sersten der stehengebliebenen Zellen sich durch Ausweitung und Abschnürung zum Callusgewebe entwickelten, kommt es auch vor, dai's die äulsersten Zellen nur eine geringe Entwicklung zeigen, und dal's die unter denselben liegenden innersten jugendlichen Holzzellen die Rolle der eigentlichen Callus- bildner übernehmen. TßECUL bildet (pl. 7, Fig. 11) einen Längsschnitt von Uhnns ab , dessen Callus am Rande aus kurzen , isodiametrischen Zellen besteht. Diese allmählich vertrocknende Schicht ist vom Holz- körper in die Höhe geschoben worden durch eine dicke Calluslage, deren ältere Zellen jetzt dem Holze anliegen, deren jüngste Zellen am weitesten vom alten Holze entfernt, unmittelbar unter der empor- gehobenen, absterbenden Schicht liegen, sich lang radial gestreckt haben und bereits radial parallele Reihen bilden. Beide Fälle der Callusbildung können gleichzeitig an demselben Exemplare vorkommen. Wahrscheinlich durch Vertrocknung der äufseren Schichten des blolsgelegten Cambialkörpers werden die innersten zur Vermehrung angeregt. Wie sich aus meinen eigenen Versuchen ergibt, können die sämt- lichen Zellen der cambialen Region, nicht allein die jungen Holzzellen, wie DE Vkies meint, sondern auch die jungen Rindenzellen an der Callusbildung teilnehmen. Es kommt lediglich darauf an, welche Zell- schichten bei dem Abschälen der Rinde stehen bleiben. Löst sich die Rinde derart , dai's nur einige diesjährige Splintzellen , die noch ver- mehi'ungsfähig sind, an dem alten Holzkörper verbleiben, dann muls von ihnen die Callusbildung ausgehen; wenn dagegen die allerjüngsten, cambialen Rindenzellen noch stehen bleiben, so übernehmen diese die Callusbildung, wälu-end der darunterliegende jugendliche Splint sich seiner Anlage gemäfs zu difierenziertem Holz mit Gefäfsen ausbildet und nur darin sich verändert, dai's alle Elemente kürzer, radial weiter und dünnwandiger werden. Das treö'lichste Beispiel für diesen Fall gibt Trecul^) in seiner Fig. 5, pl, 3 von einer Linde, Wir verwenden diese (s, Fig. 18H) zur Bestätigung unserer Ansicht, B bedeutet das junge, schon vor der Entrindung gebildete diesjährige Holz mit den Gefäfsen v. A und Ä ist nach Trecul das alte Holz des vorigen Jahres ^), Der Rifs, der die Rinde abhob, ist über dem höchststehenden Gefäfse v horizontal bis zu der mit x bezeichneten Stelle verlaufen, hat sich von dort rechts ab- wärts gesenkt bis nahezu auf die dünnwandigen, letztgebildeten Zellen des Vorjahres, so dafs die ganze Gruppe (j als Neubildung zu betrachten ist. Bei ,/■ hat die gelöste Rinde nur die äufsersten Schichten des jüngsten Holzes weggenommen oder vielleicht gar nur die zentrale Cambialzone gefalst, so dafs der sämtliche Splint stehen geblieben ist. Nun verlängern sich die äufsersten Zellen schlauchförmig (|) und teilen 1) Teecui. a. a. 0. S 167. ^) Es könnte auffallend erscheinen, dafs der Jahresring bei A' mit ganz dünn- wandigem Frühlingsholze abschliefst. Es kommen aber in der Tat solche Fälle vor. Ich erhielt aus der Eifel krebskranke Lärchen im Januar, deren Jahresring nach dem Herbstholze noch sechs Zellen starke Lagen von dünnwandigem Frühjahrs- holz gebildet hatte. 792 V. Wunden. sich, fortwachsend (D, durch eine Scheidewand, worauf die abgeschnürte obere Zelle r jeder Reihe den Verlängerungsprozefs wiederholt. Das junge Holz (Splint) hat sich durch die Yer\^Tindung. also durch die Aufhebung des Rindendruckes, radial gestreckt, ist kurzzelliger und weitlumig geworden, ist dünnwandig verblieben, und die bereits an- gelegten Gefäi'se haben sich ausgebildet. Nach x hin ist mit der abgelösten Rinde auch der junge Splint fortgenommen worden, und auf dem Holze des vorigen Jahres sind nur wenige, junge Holzzellen dieses Jahres stehen geblieben; diese haben nun die Callusbildung übernommen und natürlich gefäfslosen Callus gebildet, der weitzelliger geworden und schneller ein gröfseres Volumen Fig. 186. Callusbildung aus jungen ßindenzellen bei einem geschälten Stamme. (Nacli TuKGi-t.). angenommen hat als die anliegende Partie, deren Dickenausdehnung er auf diese Weise erreicht hat ^). Betreffs der Lebensdauer geschälter Stämme gehen die Meinungen weit auseinander. ') Wir geben zur Charakterisierung der TiiKcn.'schen Auffassung dessen Figurenerklärung 1. c. p. 191: A, A' bois de l'annee precedente V vaisseaux de ce bois: jR ra_yons medullaires — B jeune bois forme au printemps avant la decorti- cation. Tous les elements de ce jeune bois, et la partie la plus externe A' de celui de Tannee precedente, ont subi un amincissement dans leur membrane. Les cellules externes des rayons medullaires B ont donne Heu ä une multiplication utriculaire, quelquefois abondante, en r. La multiplication commence aussi en /, /' dans les elements du tissu ligneux. En r/, cette multiplication s'etend ä toute la couche de Tannee et meme aux fibres ligneuses les plus externes A' de l'annee precedente. Les vaisseaux qui existaient primitivement dans la couche de cette annee, comme en B, V, sont disparu en {/. "Wunden des Achsenorganes. 793 Das hervoiTageiidste Beispiel ungewölmlicli langer Lebensdauer von Bäumen, die ihren Rindenkörper auf grolse Strecken liin verloren und nicht ersetzt hatten, und deren blolsliegender Holzkörper infolge- dessen alljährlich immer tiefer der Zerstörmig anheimfiel, liefert Trecul durch die Beschi'eibung der Linde von Fontainebleau ^). Doch haben wir auch noch viel frühere Beobachtungen. So teilte Parent im Jahre 1701) der Akademie folgende Beobachtung mit: Eine Rüster in den Tuileries , welche bei Beginn des Frühjahrs 1708 in ihrer ganzen Höhe der Rinde beraubt wurde, entwickelte trotz- dem ihre Blätter, wenn auch etwas weniger kräftig, und behielt sie den ganzen Sommer über. Duhamel^) spricht sich in dieser Beziehung dahin aus, dal's der Baum mit unbedeckt bleibender Schälwunde allmählich (zuweilen erst nach vier Jahren) zugrunde gehe. Einen ähnlichen Fall wie Pakent erzählt Richakd in der Sitzung der Akademie vom 11. Mai 1852 als etwas ganz Aufserge wohnliches, da in der gröfsten Zahl der Fälle die Bäume nach solchen Beschädigungen alsbald sterben. Diesen letzteren Ausspruch bestreitet Gaudichaud (Compt. rend. vom 31. Mai 1852), indem er auf Bäume in St. Cloud, im Luxembourg und in Fontainebleau hinweist, welche nach solchen Verletzungen noch eine grofse Anzahl von Jahren gelebt haben, obgleich die Oberfläche des entblöfsten Stammes schon teilweise zerstört war. Derselbe Botaniker kommt in der Sitzung der Akademie vom 7. März 1853 auf diesen Punkt zurück und führt nun die Linde von Fontainebleau an. Nach Tkkcül ist dieser Baum gegen das Jalu- 1780 gepflanzt und 1810 sehr unregelmäfsig durch Erdkarren entrindet worden. Die entrindete Stelle war auf der Nordseite 32 cm lang und begann 57 cm oberhalb des Bodens; dagegen mafs sie auf der Südssite 4,05 m und begann gleich an der Boclenoberfläche. Die Entrindung war am ganzen Stammumfang eingetreten , und trotz dessen hatte der Baum noch 44 Jahre gelebt (er ist im Jahre 1 854 gestorben) ; der Durch- messer oberhalb der Wundstelle betrug 20 cm, unterhalb derselben 18 cm. Die Oberfläche des entrindeten Holzkörpers, der in der Mitte der "Wundstelle am meisten Substanz durch die Erdkarren verloren hatte und dort nur einen gröi'seren Durchmesser von 10 cm und einen kleineren von 5^/2 cm besafs, war gänzlich wurmstichig und vertrocknet. Nach Entfernung des toten Holzmantels ergab sich die lebendig ge- bliebene zentrale Partie nur noch von 2V2 cm Dicke; sie war sehr saftreich mid machte den Eindruck jungen Holzes. Durch diesen schmalen Zylinder mufste fast die ganze Wurzelnahrung für den Gipfel des alten Baumes aufwärts wandern, und doch entwickelte sich derselbe im Jahre der Beobachtung, also am 211. März 1853, ganz ebenso früh, war ebenso reich mit Blättern und Blüten versehen wie die anderen Linden. Nur entlaubte sich der Baum, der übrigens an seiner Basis eine Anzahl 5 — 0 cm dicker, reich verzweigter und belaubter Schossen getrieben hatte, schon im August. Diesen Schossen schreibt Tkpxul die Erhaltung des unterhalb der Entrindung belegenen basalen Stammteiles zu: sie bereiten ihm das ') M. A. TuKcri., L'iufluence des cortications annulaires sur la Vegetation des arbres dicotyledones. Annales d. scienc. nat., IV. Serie, t. ITI, Botauique 1805, S. 341. 2) Physique des arbres II, p. 4ö. 794 ^ • Wunden. plastische Material, das ein normaler Stamm durch den Rindenkörper aus der Baumkrone empfängt. Einen analogen Vorgang bei einem Birnenaste , der nahe seiner Ursprungsstelle vollständig der Rinde und des Splintes beraubt worden war und dennoch mehrere Jahre fortgelebt hat , beschreibt Lindley ^). Th. Hartig sah eine ringförmig geschälte Linde auch noch 9 Jahre nach der Operation leben und in ihrer Fruchtbarkeit sogar vermehrt ^). Hofgärtner Reinkgken in Greiz berichtet über einen 10 cm starken Ulmenpfröpfling, der mit seiner Unterlage seit G Jahren nicht durch die Rinde , sondern nur durch das Holz in Verbindung geblieben war. Garteninspektor Roth in Muskau sah ferner eine ^U m starke Rotbuche von 25 Fufs Höhe, welche während ihrer 45jährigen Lebenszeit mit dem Mutterstamm niemals durch die Rinde (wie Göppekt angibt), sondern nur durch die Holzlagen in Verbindimg gewesen ist und dennoch kräftig wuchs; sie wurde schliefslich durch den Wind abgebrochen. Im botanischen Garten zu Breslau blühte alljährlich eine 14 m hohe und ^/a m dicke Linde, die in einer Länge von ^/s m gänzlich und sorgfältig im Jahre 1870 entrindet worden und oberhalb der Schälstelle nur in den ersten zwei Jahren eine Überwallungsschicht von kaum 2 cm Länge getrieben hatte ^). Die Folgen des Schälens lassen sich im voraus nicht bestimmen. Die Lebensdauer der geschälten Stämme hängt wesentlich von der Baum- art ab. Am leichtesten vertragen schnellwüchsige Laubhölzer derartige tiefgehende Verwundungen, Über das Verhalten der Nadelhölzer liegen genügende Erfahrungen noch nicht vor. Hartig'*) fand keine Neubildung von Rinde an der Schälstelle und sah das Aststück unterhalb der Schälstelle bis zum nächstunteren Aste in schönen „Speckkiehn" ver- wandelt; ebensowenig konnte Stoll^) diesen Heilungsprozefs wahr- nehmen; er gibt jedoch an, dafs Nörülinger eine Neubildung beobachtet, aber dalDci die Meinung geäuisert habe , dafs die neugebildete Rinde nicht imstande sei, den absteigenden Saftstrom zu leiten. Von Monocotyledonen gibt Stoll an, dafs er bei Dracaenen, die er im Gewächshause ihrer Rinde beraubt hatte, eine Vernarbung der Wund- iläche gefunden habe. Aufser von der Pflanzenspezies hängen die Folgeerscheinmigen noch von der Zeit der Ausführung der Manipulation und der Leichtigkeit des Lidividuums ab, sich Hilfsorgane in Form von Adventivknospen und -wurzeln zu schaffen. Bei der Obstkultur kommt das Verfahren nur als extremstes Hilfsmittel zur Erzielung von Fruchtansatz bei Bäumen zur Anwendung, die sich in zu üppiger Holzbildung erschöpfen. Eigene Beobachtungen. Zur Nachprüfung der von den früheren Beobachtern geschilderten Vorgänge wurde eine gröisere Anzahl kräftiger, etwa fünfjähriger Süfs- kirschstämme im Juli geschält. Der obere und untere Teil der Schäl- stelle wurde auf eine Länge von 2-4 cm mit dem Messer zur Ver- ^) Gardenefs Chronicle vom 13. Nov. 1852, S. 726. '^) Th. Haktk;, Folgen der Ringelung an einer Linde. Bot. Zeit. 1863, S. 286. ^) Gopi'EUT, Über das Saftsteigen in unseren Bäumen. 57. Jahresber. d. Schles. Ges. f. vaterl. Kultur 1880, S. 293. *) Folgen der Ringelung an Nadelholzästen. Bot. Zeit. 1863, S. 282. ^) Über Ringelung. Wiener Obst- und Gartenzeitung 1876, S. 167. "Wunden des Achsenorganes. 795 iiiclitmig des Splintes abgekratzt, der übrige Teil der Schälblöi'se aber unberührt gelassen (s. Fig. 187). Ein Teil der im freien Lande er- wachsenen Versuchsbäumchen wurde aus seiner natürlichen vertikalen Stellung durch Bänder in eine zur Erdoberfläche geneigte Lage herab- gezogen. Die Neuberindung erfolgte nicht bei allen Exemplaren, bei einigen aber in vorzüglichem Mafse. Unter letzteren zeigten sich Stämmchen, die allseitig- neue Rinde gebildet hatten mit Aus- nahme der gänzlich abgetrockneten, abgekratzten Stellen in der Nähe des oberen und unteren Schnittrandes. Die neue Rinde stand also aufser jeglichem Zusammenhange mit der alten. Die Anfänge hatten sich allseitig zu gleicher Zeit gezeigt. Die Dicke der Neubildung war aber in dem unteren Teil der ^B^BHIK!^^'' - «^ Schälblöfse mehr als doppelt so grofs ^HWHHKKgaTI " " ^ wie am oberen Teil, ja, am unteren a-.- ^■■M^^«^^^ - ^ Rande war die neue Rinde stellenweise in kurzen, tropfenartig sich verdickenden Streifen auf die abgela-atzte untere Isolierstelle gesunken. Bei einem ge- ^ neigten Stämmchen hatte sich der Rindenfortsatz von der abgekratzten , ^^^^^ Stelle abgewendet und nach der Erde ^H^H «/ hin zu wachsen versucht, wie Fig. 187, c zeigt. In Fig. 187 ist u der untere, «' der obere Überwallungsrand der Schälblöfse. ^.. ÄL-^St^Bk §L / Dieser Überwallungsrand , der im Bau dem Ringelwulst der Weinrebe gleicht, ist hier nicht am ganzen Umfange ausgebildet worden , da ein Teil der Rinde in Lappen 1 und T stehen gelassen worden ist. Auf diesen Lappen hat sich stellenweise auf kurze Entfernung von der Ansatzstelle her Neuholz mit Rinde (nJi) gebildet. Die eigentliche Schäl- blöfse des Stammes ist dadurch von jeder Verbindung mit den Überwallungs- rändern u H abgeschnitten worden, dafs bei i und /' das junge Holz, wie bereits Fig. 187. Geschälter Stamm einer erwähnt, rings am Stammumfange ab- Sülskirsche, dessen Schälstelle am gekratzt und auf diese Weise ein Isolier- «^.^^^^ ,;\"^ unteren Teile alles * .p 1 .11. 1 ■ i. A r I jugendlicnen Gewebes beraubt streiten hergestellt worden ist. Aui der ^ worden ist. (Orig.) von jeder Verbindung mit den Rinden- und Splintschichten abgeschnittenen Schälblöfse haben sich Neubildungen von Rindenelementen mit Ilolzanfängen eingestellt, welche keinen zusammenhängenden Mantel bilden, sondern aus einzelnen, inselartigen Gruppen bestehen. Bei anderen , vorsichtiger geschälten Stämmen ist die neue Rinde vollkommen gleichmäfsig über die Schälblöfse aus- 796 ^- Wunden. gebreitet. In der Mitte der Scliälblöise ist hier eine wellige Zone des blol'sgelegte]! Holzkörpers ohne jede Neubildung geblieben. Die neue Produktion h hängt also mit der oberen a gar nicht zusammen; die obere a ist bedeutend dicker. Beiden gemeinsam und bei allen ähn- lichen Neubildungen auf anderen Stämmen ebenso deutlich erkennbar ist die von oben nach unten zunehmende Dicke bei jedem einz;elnen Gewebestreifen, der in seinem Ansehen durchaus die Erscheinung nachahmt, welche die herabrinnenden Massen einer schlecht brennenden Kerze darstellen. In der Tat ergiefst sich das untere, im Bau dem Ringelwulst gleichende Ende der Neubildung troj^fenförmig über die nackt gebliebenen Stellen des Holzkörpers ec-, ja, an den absichtlich pA.. Fig. 188. Querschnitt durch eine neu entstandene Gewebeschwiele auf dem blol's- gelegten Holzkörper eines geschälten Sül'skirschenstammes. (Orig.) schräg gehaltenen Stämmen löst sich die Neubildung, wie bei einer schräg gehaltenen, brennenden Kerze das Paraffin, von der Achse los und wächst, der Schwerkraft folgend, als isolierter Zopf senkrecht abwärts (e). Um nun zu zeigen , dafs die einzelnen kleinen Inseln , wie solche von Meyen, Th. H.xktig u. a. beobachtet worden sind, nicht etwa allein Markstrahlproduktionen sind , ist eine solche inselartige Neubildung in Fig. 188 im Querschnitt, in Fig. 189 im Längsschnitt dargestellt worden. Fig. 188, ü zeigt das alte Holz, dessen Schälfläche t — t zum Teil ab- gestorben ist : nur der mittlere Teil hat sich zu einer neuen Produktion A' — N angeschickt. Die Produktion begann unter Abhebung der äufsersten Zellenlage durch die schnell entstehenden Teiljorodukte der nächstinneren Splint- "Wunden des Achseuorganes. 797 Schicht, und zwar sowohl der jungen Holzzellen samt den Gefälsen als auch der Markstrahlz eilen. Nach baldiger Umgrenzung der verhältnismäisig spärlichen Neu- bildung aus parenchymatischem Gewebe {r bis ^j) durch die dicker werdende Korkzone l- erscheint sehr früh, und zwar erst strangweise, dann zusammenhängend eine innere Meristemzone, das neue Cambium {c bis c), das nun das sekundäre Wachstum des neuen Rindenkörpers übernimmt. Dadurch unterscheiden sich auch sehr wesentlich die beiden Wachstumsvorgänge, die bei der Neuberindung von Schälstellen ein- treten können. Wenn, wie dies bei umsclilossenen , feucht gehaltenen Fig. 189. Längsschnitt durch die Basalpartie von Fig. 188, etwa in der von g bis 2> befindlichen Zone. (Orig.) Wunden der Fall ist, die neue Rinde mit mächtiger Callusproduktion unter lange anhaltender Teilung der peripherischen Zellen beginnt, wie sie Fig. 180 zeigt, tritt die Bildung der äufseren Korkzone und namentlich die Entstehung der inneren Meristemzone sehr spät ein. Im Gegenteil hiervon zeigen , wie im vorliegenden Falle , die der heitsen Sommer- sonne schutzlos ausgesetzten Wund stellen den zweiten Vor- gang, indem die äulsersten der stehengebliebenen Zellen ilu-e Aulsen- membranen schnell verdicken, wobei sie zusammensinken und auf diese Weise den nächstinneren Schichten den nötigen Schutz vor Aus- trocknung gewähren: hier findet nur geringe Parenchymbildung und sehr baldiges Auftreten der Cambiumzone statt. Es scheint somit, dafs 798 ^'- Wunden. die innere M e r i .s t e m z o n e sich in einem C a 1 1 n s um so s c li n e 1 1 e r ausbildet, je schneller sich durch V e r k o r k u n g ein genügender R i n d e n d r u c k herstellt. Die nächste Produktion der neuen Cambiumherde Fig. 188. c — c besteht in der Anlage isolierter, neuer Gefäfsbündelstränge , die, mit •einzelnen kurzen Gefäiszellen (g) beginnend, mit zunehmendem Alter die Zahl und Gröfse ihrer Elemente schnell vermehren und so eine keilförmige Gestalt erlangen, welche die anfänglich ungemein breiten Markstrahl- regionen {m) immer mehr verengen , bis Bau und Lagerung der Ele- mente das normale Stadium des ungeschälten Stammes erreicht haben. Zu jedem Xylemteil gehört ein Phloemteil (j;/^), in dessen Nähe zahl- reiche Zellen mit oxalsaurem Kalk (o) erscheinen. Wir sehen, dals das Auftreten der Gefafsbündel in dem par- ■enchymatischen Grundgewebe dasselbe wie in dem Ringel wul st ist. So ist es überall , wo eine parenchj-matische Grundmasse von gröfserer Ausdehnung gebildet wird. Durch Querfächerung einer Anzahl zunächst in der Form von der Grundmasse nicht verschiedener oder wenig radial und longitudinal gestreckter Zellen bilden sich Meristem- lierde, von denen aus die Anlage dickwandiger Gewebeelemente erfolgt. Bei von Anfang an sehr üppiger, callöser Zellvermehrung können im Innern der älter werdenden Gewebemassen gleichzeitig zwei parallele Zonen von Meristemsträngen entstehen, die zwei isoliert fort wachsende Holzkörper erzeugen, welche erst bei gröfserer Dicke miteinander ver- schmelzen. Die Bildung isolierter Gefafsbündel in der Rinde unserer Bäume ist keine aufserord entliche Seltenheit, wie bei den Knollen- masern gezeigt werden soll. Die ersten Vorgänge im Splint des geschälten Kirschbaumes er- kennen wir in Fig. 189, die einen Längsschnitt aus der Basis der Randpartie von Fig. 188 darstellt. Ji ist das alte, durch den Schnitt nicht mehr alterierte Holz mit längsmaschigen Netzgefäisen (//). In der nach aufsen folgenden Splintschicht hat der Schnitt schon derartig auf das in der Ausbildung weit vorgeschrittene Gefäfs g' gewirkt, dais der Innenraum desselben sich mit Thyllen füllte und diese zu neuer Z e 1 1 b i 1 d u n g verwendet und zu parenchymatischem Holze um- gewandelt wurden. Die neue Lage von Parenchymholz besteht nur aus wenigen Zellen und zeigt alsbald die ersten Anfänge dickwandigerer Elemente in Gestalt kurzer, poröser Gefäfszellen gz als erste Produktion der neu gebildeten Cambiumschicht c — c. Jede folgende spätere, aus dem Cambium hervorgegangene Gewebeschicht zeigt schon längere Gefälse; bei h finden wir bereits dünnwandige, zwar noch verkürzte, aber den normalen Holzzellen unverkennbar ähnliche Elemente , denen ent- sprechend bei s die Weichbastelemente in der Rinde r auftreten; .r ist Xylemstrahl, 2>/< Phloemstrahl. Während im ersten Frühjahr, in welchem sich die Rinde leicht löst, in der Regel am ganzen Stammumfange durch das Abschälen die gleichnamigen Zellen zemssen werden und somit eine etwaige Wieder- berindung, von gleichartigen Elementen ausgehend, auch gleichartig wird, sehen wir zur Zeit der Blattentwicklung bis zum Juni hinein die Schälwunden immer unregelmäfsiger werden. Es bleiben aH einer Stelle des Holzzylinders mehr Zellgiaippen stehen, wie auf einer andereii^ und demgemäis sind die Neubildungen verschieden. Es kommt danirKstpr, dals gefälsführende Stücke des diesjährigen Splintes durch ein dar untrer- entstandenes, callöses Gewebe in die Höhe getrieben werden. Wunden des Achsenorganes. 709 Wenn man die Schälwunden ganz unbedeckt lätst, wird der Eintritt einer Neuberindung in manchen Fällen zweifelhafter: sie gelingt nach meinen Erfahrungen besser im Juli und. bei manchen Bäumen, im August wie im April, Mai und Juni. Ahorn und Erle müssen früher geschält werden; zahlreiche Versuche mit diesen Bäumen im August waren sämtlich ohne Erfolg. Untersucht man eine Schälwunde , welche in der heiisen Mittag- stunde bei intensiver Sonnenbeleuchtung gemacht und ohne jeden Schutz gelassen worden ist, nach einigen Stunden (zum Versuche wurden Sülskirschen benutzt) , so findet man zunächst die Farbe des ui'sprüglich weiisen Holzzylinders in Gelb übergegangen. Diese Färbung verdankt die Wundlläche vorzugsweise den Markstrahlzellen, deren Wandung sich gebräunt hat. Die Bräunung ist auf der Südwestseite intensiver als an der Nordostseite. Die Jttarkstrahlen kemizeichnen sich leicht dadurch, dafs sie sofort nach Entfernung der Rinde über die Schälfläche etwas hervorgewölbt erscheinen. Dieser Umstand deutet darauf hin , dafs die Markstrahlzellen in derselben radialen Entfernung von der Mittellinie des Stammes schon fester in ihren Wandungen geworden als die jungen Holzzellen, also in der Entwicklung fortgeschrittener als die gleichalterigen Zellen des Gefäfsbündels sind. Ein solches Vorauseilen der Markstrahlen wird sie zum Schwellgewebe stempeln, welches d em neu entstehenden Holzgewebe in der Richtung des Stammradius Raum s 0 h a f f t. Zum Teil kommt dieses Hervortreten der Markstrahlgruppen auch durch das in der Regel nach der Schälmanipulation erfolgende schnellere Hervorwölben ihrer äufseren Wandung zustande , die (schutzlos) sich sehr schnell verdickt und bräunt. In den Markstrahl- und jugendlichen Holzzellen , die unmittelbar unter der Wundfläche liegen, vermehrt sich der Zellinhalt; es treten Plasmamassen und später Stärke auf; erstere ballen sich bei Glyzerin- zusatz zu einzelnen, gelben Kugeln. Unter der äufsersten Zellschicht, welche alsbald zusammensinkt und nun einen schützenden Mantel für das darunterliegende junge Gewebe darstellt, beginnt die Neubildung von Zellen durch Auftreten von Querwandungen. In den Markstrahl- zellen , welche auch hierbei in der Regel vorauseilen , wird durch die Neubildung häufig der Markstrahl verbreitert, indem seine seitlichen Zellen sich fächerartig über die angrenzenden Holzzellen auszubreiten suchen. Es ist bereits gesagt worden, dafs aber manchmal auch die Mark- strahlzellen ganz oder teilweise in der Entwicklung zurückbleiben können; dann legen sich die parenchymatischen, hier nie rundlichen, sondern stets polygonalen Calluszellen, welche aus den jugendlichen Holzfasern hervor- gegangen sind, über die Markstrahlgruppen hinüber. In der Regel aber beteiligt sich das gesamte Gewebe gleichmäfsig an der Bildung einer schmalen Calluslage, welche die äufsersten vertrocknenden und dadurch eine Schutzschicht darstellenden Zellen vom alten Holze abhebt. Während bei den in feuchter Luft unter schützendem Verschlufs gehaltenen Schälstellen die Callusbildung durch wucherndes Spitzen- wachstum der einzelnen Zellreihen eine sehr bedeutende ist, erreicht 800 ^- Wunden. sie hier bei den ungeschützten Schälstellen nnr geringe Dimensionen. Unter der vertrockneten äuiseren Zellschicht tritt alsbald Korkbildung auf, welche nun einen schnürenden, fest schützenden Gürtel für das darunterliegende junge ergrünende Gewebe darstellt. Bei der Neubermdung einer Schälstelle kommt auch noch ein dritter Fall vor. Wenn nämlich die Schälwunde in der Weise hergestellt worden ist, dafs junge Rindenzellen die äuisersten Lagen des blofs- gelegten Holzkörpers darstellen, dann leiten diese zunächst die Callus- bildung ein, und die eigentliche Cambiumschicht er leidet nur geringe Störungen. Der Übergang des Callus in das normale Gewebes findet im all- gemeinen in der AVeise statt, dal's nach Beginn der Korkzellenbildung am Umfange des Callus zunächst tiefer im Innern desselben vereinzelte, kurzzellige Gefäfsstränge auftreten. Etwa in derselben radialen Richtung, aber mehr in der Nähe der Randzone, findet man um diese Zeit kurze, dickwandige, schwach poröse, unregelmäfsig gestaltete oder auch polj^- gonale Zellen, welche die ersten Spuren einer Bastbildung andeuten. Bei manchen Bäumen finden sich vereinzelt oder bald zu Gruppen ver- einigt die ersten Bastelemente in Form von Steinzellennestern. In einer Zone zwischen den Bast- und den Gefälselementen findet man Zellen mit trüberem, dichterem Inhalt. Tn diesen treten eine Menge parallelwandiger, in der Richtung der Längsachse des Stammes etwas gestreckter Zellen auf, welche die erste Anlage des neu sich bildenden C am bin ms sein dürften. Von diesem Cambium aus entstehen allmählich die langgestreckten Elemente, die sich endlich zu normalen Holz- und Hartbastzellen ausbilden. Nur lange, enge Spiral- gefälse scheinen nicht mehr angelegt zu werden. Mit der Ausbildung dieser spätest erscheinenden normalen Hart- bastzellen dürfte sich die neue Rinde auch in ihrer Funktion der un- versehrt gebliebenen angeschlossen haben. Eas Biegen der Zweige. Als ein spezielles Hilfsmittel der Obstkultur kommt das Biegen der Zweige vielfach zur Anwendung. Die Erfalu-ung zeigt nämlich, dafs Triebe , welche senkrecht in die Höhe wachsen , am schnellsten und kräftigsten sich entwickeln und dal's ihr Längenwachstum um so mehr verlangsamt wird, je mehr der Zweig von der Vertikalen nach der Horizontalen hin geneigt wird. Dieselbe Verlangsamung des Spitzenwachstums zeigt sich aber auch , wenn Zweige aus natürlich gegebener Horizontallage mehr zur Senkrechten hin künstlich gebogen werden, woraus zu erkennen ist, dafs die Biegung an sich den hemmenden Einfiufs ausübt. Eine äufserlich wahrnehmbare Wunde entsteht bei vorsichtiger Aus- führung der Manipulation nicht; man gewahrt nur an der Oberseite eine etwas gröfsere Straffheit, an der Unterseite eine Faltung der Rinde. Durch das Biegen wird die Ausbildung der Augen beeinflufst, in- dem die unterhalb der Biegungsstelle stehenden Knospen stärker an- schwellen und nicht selten vorzeitig austreiben. Der Erfolg hängt davon ab , wann und in welcher Höhe ein Zweig gebogen wird. Je näher sich die Biegungsstelle der Zweigspitze befindet, desto geringer die innere Verwundung, desto geringer aber auch der gewünschte Erfolg. Es werden sich dann die unterhalb der Biegung befindlichen AVunden des Achsenorganes. 801 Augen zu schlanken Laubtrieben entfalten, während bei einer Krümmung des Zweiges an seiner Basis die zur Streckung angeregten Augen nur Triebe von geringer Länge entwickeln werden; letztere aber zeigen dann Neigung, sich zu Fruchtholz umzuwandeln. mst Fig. 190 11. 191. Künstlich gebogener Apfelzweig im Längs- und Querschnitt. ffOrig.) Wir sprachen oben von einer inneren Verletzung der Achse auch bei sorgfältiger Biegung. Diese lernen wir am besten an einem be- stimmten Beispiel kennen, wie es in den Fig. 190 — 194 von einem Apfelzweige vorgeführt wird. Fig. 192. Rindenfalte von der Unterseite der Biegungsstelle. (Orig.) Die Faltung der Rinde ist auf Fig. 190. rf und Fig. 191, yf angedeutet. Man findet zunächst schon bei der Betrachtung mit blolsem Auge im Längsschnitt (Fig. 190, h) imd im Querschnitt (Fig. 191, u) eine Holz- anschwellung auf der Unterseite unterhalb einer mattbräunhchen , an der Biegungsstelle verbreiterten Zone (Fig. 190 und 191, hp). Der Rinden- Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 51 802 V. Wunden. körper zeigt aufser der Faltung keine so wahrnehmbare, gieichmäl'sig zunehmende Verdickung. Das Dickenverhältnis der Unterseite zur Oberseite der Rinde ist bei dem hier gezeichneten Apfelzweige wie 50 : 42, während die Unter- seite des Holzkörpors sich zur Oberseite verhält wie 2:1. Der Mark- körper (w) erscheint im Längsschnitt, besonders in der unteren Hälfte, ünononh Fig;. 193. Längsschnitt dni-ch den Holzkörper innerhalb der Biegung. (Orig.) schwach bräunlich gestreift. Unter dem Mikroskop erweisen sich viele der oft in wellige Reihen geordneten Zellen dos Markes und der Mark- krone mit bräunlichem Inhalte und gebräunten "Wandungen, welche bei einzelnen Zellen , die der Markunterseite angehören , hier und da ein- geknickt sind und an diesen Knickstellen durch neu entstandene Inter- cellularräume voneinander getrennt sind (Fig. 194). Dieselbe Lockerung zeigen diese Zellen auch im Querschnitt. Wunden des Achsenorganes. 803 Die Störungen der Rinde lassen sich am leichtesten in den vor- springenden Falten der Unterseite (Fig. 100 und 191, rf) erkennen. In solchen, durch das Biegen vom Holzkörper abgeplatzten Falten zeigen die Bastbündcl (Fig. 192, hb) in der Regel eine starke Krümmung nach auisen , entsprechend den peripherischen , durch das Quetschen der EpidermiszoUen in bedeutender Dicke entstandenen Korklagen (/•) samt dem Rinden])arencliym (r), das dm^cli zahlreiche Lücken (I) in unregel- mälsige Partien auseinander gerückt ist. In diesen Lücken finden sich einige Zeit nach der Biegung einzelne Brücken radial gestreckter Zellreihen, die durch Verlängerung der noch streckungstahigen Zellen der jungen Innenrinde entstanden sind. Die Biegung ist am vorliegenden Apfelzweige zu Anfang des Sommers, wie dies in der Praxis geschieht, ausgeführt worden. Die Rinde hat sich an den oben beschriebenen Falten in der Cambial- region vom Holzkörper abgehoben. Die Befreiung des Holzkörpers an diesen Stellen vom Rindendruck hat die Bildung eines reichlichen, stärkeerfüllten Parenchymholzes zur Folge gehabt, wie der Längs- schnitt durch den Holzkörper (Fig. 193, hp) zeigt. Nach Ausfüllung der Lücke und Herstellung des Rindendruckes ist das Parenchymholz allmählich wieder in normales Holz (Fig. 19;3, ////') übergegangen. Die Ausfülhuig der Lücke er- folgte hier nach Verschmelzung der beiden aufeinander zu wachsenden Parenchympartien, die sich in der Mittelzone (^') vereinigt haben. Diese gelb gefärbte Zone löst sich bei starker Vergröfserung in einem Streifen stark zusammengeprefster Zellen auf. In anderen Fällen ent- steht die Ausfüllung der Lücke auch durch parenchymatische Neu- bildungen sowohl von der abgeho- benen Rindenzone als auch — wie bei Schälwunden — von dem stehengebliebenen jungen Splintgewebe aus. In allen Fällen beginnen nach der Ausfüllung zunächst Gefäfse im Parenchymholz aufzutreten, die allmählich ihre normale Länge und AusbiUiung erhalten, von anfangs kürzeren, dünnwandigeren, später normal langen und dickwandigeren Holzzellen begleitet werden und so die normale Holzbildung einleiten. Nach der Schliefsung dieser Biegungswunden ist der Einflufs der Biegung aber immer noch weiter durch eine auf der Unterseite stärker als auf der Oberseite stattfindende Holzproduktion bemerkbar. Das neugobildete Holz (Fig. 193, h) folgt auf der Unterseite in seiner Lagerung der Wellenform, welche durch den Parenchymholzkegel Jq) bedingt wird. Gregenüber den sparsameren, gleichzeitig entstandenen Elementen der Oberseite der Biegungsstelle sind anfangs die Prosenchym- zellen auf der Unterseite kürzer und stumpf mit breiten Wandungen aufeinander stehend. Ferner finden sich auf der Unterseite zunächst reichlicher gefächerte, mit Stärke erfüllte Holzzellen und Parenchym- holzreilien (hj)') zwischen den derb wandigen , prosenchymatischen Elementen. In der Zeichnung sind des beschränkten Raumes wegen gröfsere Gewebepartien weggelassen worden: es fehlt ein Teil des vor der Biegung 51 * Fig. 194. a Markzellen, welche durch die Biegung gelockert, b solche, die un- versehrt geblieben sind. (Orig.) 804 V. Wunden. gebildeten, normalen Holzkörpers sowie ein Teil des nach der Bildung des Parencliymliolzes entstandenen, die Biegung ausgleichenden Über- gangsgewebes. In Fig. 193 bedeutet fh das diesjährige Frühlingsholz, fl die den Markkörper mJc begrenzenden Spiralgefälse. Fig. 194 sind a die Markzellen, die durch die Biegung gelockert, h solche, die unversehrt geblieben sind und aus der oberen Hälfte des Markkörpers stammen. Wenn man den gekrümmten Zweig von der Biegungsstelle aus aufwärts und abwärts untersucht, so findet man, dafs im vorliegenden Falle der Einflufs der Krümmung sich durchschnittlich auf etwa 6 bis 8 cm Länge erstreckt. Die Messungen des zm' Zeichnung gewählten Zweiges ergaben folgendes : Die Dicke des Zweiges betrug 4,65 mm unterhalb der Biegungs- stelle, 5,50 mm innerhalb und 5,06 mm oberhalb der Biegungsstelle. Die Rinde zeigte nach der Spitze hin eine bedeutende Dickenzunahme. Die Dicke des Holzkörpers vor der Manipulation betrug unterhalb der Biegungsstelle innerhalb „ oberhalb „ Der Zuwachs suchung betrug oberseits 62,0 % unterseits 61,9 ^lo oberseits 50,6 *^/o unterseits 35,2 ^/o oberseits 67,4 °/o unterseits 51,4 ^/o des zur Zeit der Mes- sung vorgefundenen, durch Nachwuchs ver- stärkten Holzzvlinders. von der Zeit der Biegung bis zm' Zeit der Unter- unterhalb der Biegungsstelle innerhalb „ „ oberhalb „ „ an Herbstliolz oberseits 31,0 «/^ unterseits 31,9% oberseits 39,0 ^lo unterseits 51,8 *^/o oberseits 28,1 ^io unterseits 27,2 <*/o an Frühlingsholz 8.0 «/o 6.1 o/o 10,40/0 ] 3,4 0/0 5,9 0/0 21,90/0 Also der Holzzuwachs ist trotz der grofsen Spannung, die durch das Biegen des Zweiges an der konvexen Seite innerhalb der Biegungs- stelle herrschen dürfte ^), doch auch an der Oberseite verhältnismäfsig höher als ober- und unterhalb der gebogenen Stelle. Die Gewebe- lockerung, welche sich an der Biegungsstelle geltend macht, ist auf der Oberseite nicht mehr weit hinauf kenntlich; dagegen läl st sich die- selbe auf der Unterseite noch bis auf 6 cm nach der Spitze hin verfolgen. Die Holzzellen sind innerhalb der Biegungsstelle am weitesten; oberhalb derselben sind sie noch weiter als unterhalb. Auf der Zweig- unterseite erschienen sie hier weiter als auf der Zweigoberseite. Je nach der Gröfse des Bogens, den der Zweig bei der Krümmung beschreibt, sowie je nach der Zeit der Ausführung der Biegung und nach der Spezies, ja selbst je nach der Individualität des Zweiges sind die anatomischen Veränderungen quantitativ wechselnd. ^) Über das Zustandekommen der Druckspannung vgl. Ursprung, H., Beitrag zur Erklärung des exzentrischen Dickenwachstums an Krautpflanzen. Ber. d .Deutsch; Bot. Ges. 1906, Heft 9, S. 499. Ferner: Bücher, H. , Anatomische Veränderungen bei gewaltsamer Krümmung und geotropischer Induktion. Jahrb. f. wiss. Bot, 1906^ Bd. 43, S. 271. Wunden des Achsen organes. 805 d d Man hat also in dem Bieo-en der Zweige ein einfaches Mittel, den Längs trieb zu mäfsigen und die Wasser- zufuhr auf Augen zu lenken, welche ihrer Lage und An- lage nach wenig zur Weiterentwicklung befähigt sind. Weit energischer und nachhaltiger als das Biegen wirkt in der- selben Richtung das Drehen der Zweige. Ein weiteres Kulturhilfsmittel der Obstzüchter behufs Änderung des Wachstums der Zweige stellt das Drehen derselben dar. Während der Yegetationszeit wird nämlich ein zu üppig wachsender Zweig in einer schon verholzten, kurzen Region zuerst durch halbseitiges Drehen der Gewebe um ihre Längsachse in diesen Partien gelockert, meist dabei auch schon gequetscht und der Länge nach gespalten und dann an dieser gelockerten Stelle mit seiner Spitze schleifenartig nach unten gebogen, so dafs die Spitze des Zweiges in einer nach der Basis gerichteten Lage verbleibt. An der Drehungsstelle gelangt da- durch die Unterseite des Zwei- ges nach oben, die frühere Oberseite bildet die Innenseite der scharfen Biegung, in wel- cher der Holzkörper bis zum Mark einbricht. Ein möglichst übersicht- liches Bild der durch die Drehung entstandenen Verän- derungen liefert der Längs- schnitt durch die knotige, verwachsene, ein Jahr alte Drehungsstelle Fig. 195. Darin ist m der Markkörper, der durch den beim Drehen er- folgten Bruch des Holzes mit gestört worden ist. h ist das Holz der jetzigen Oberseite, an dem bei a ein Auge sitzt. Durch die Umdrehung der Unterseite zur jetzigen Oberseite ist der Holzkörper vielfach längsspaltig geworden, und die durch die Risse entstandenen Lamellen sind in spiralige Drehung gekommen , was durch dd angedeutet werden soll. Die Risse werden zunächst durch Paronchym ausgefüllt, und die allmählich sich wieder schliefsende Cambiumzone lagert wellige Neuholzschichten (w) über die Wunden unterhalb der aufserordentlich gespannten, nicht selten durch spiralige Längsrisse hier und da geklüfteten Rinde (r). Die nach der Drehung zur Unterseite gewordene organische Ober- seite zeigt noch gröfsere Störungen. Der in u- zerbrochene, vom Mark teilweis abgespaltene Holzkörper (/?/) hat sich durch selu- unregelmäfsig bogig gelagerte Partien von Parenchymholz zu einem groisen Knoten u geschlossen, der bei fortgesetztem Wachstum durch die Neuholz- bildungen (w') stetig an Umfang zunimmt. Dafs durch eine derartige Gewebeverletzung die Spitzenernährung des Zweiges gestört werden mufs. und dafs das als Stärke sichtbare Reservematerial in den parenchymatischen Überwallungspartien der Fig. 195. Ein mit seiner Spitze abwärts ge- bogener und an der Biegungsstelle um seme Längsachse gedrehter Zweignacb Verwachsung der inneren Verwundungen. (Orig.) 806 V. Wunden. Wundränder den nächstliegenden Augen zum Vorteil gereichen mufs, ist leicht einzusehen. Dal's neben dieser stärkeren Ernährung auch die unmittelbar unter der Drehungsstelle befindlichen Augen von dem ver- mehrten Wasserdrucke profitieren werden , geht aus dem früher Ge- sagten ebenfalls zur Genüge hervor. Die Manipulation des Drehens ist, wie bemerkt, ein energischeres Mittel zur Lähmung des Spitzenwachstums eines Zweiges zu gunsten der Stärkung basaler Augen , ohne aber dabei das unter der Ver- wundung liegende , höchste Seitenauge zum sofortigen starken Aus- treiben zu veranlassen. Nur wenn durch die Drehung die Verletzung der Gewebe so stark ausgefallen ist, dai's die Triebspitze auch das not- wendigste , durch Verdunstung entweichende Wasser nicht mehr er- halten kann und schnell vertrocknet, namentlich wenn die Manipulation zu früh im Jahre ausgefüln^t wird , wächst das zunächst unter der Drehungsstelle befindliche Seitenauge zu einem neuen, kräftigen Laub- triebe aus. Dieser Erfolg wird natürlich vom Obstzüchter nicht be- absichtigt. Eine zu spät im Jahre ausgeführte Drehung würde zwar nicht melir die genügende Wirkung hervorbringen, basale Augen zu Fruchtaugen vorzubereiten, aber doch das Längenwachstum des Zweiges hemmen und das Holz mehr zur Reife bringen, so dafs es dem Winter besser widersteht. Bei der Senker Vermehrung der Quitten dreht man auch gern einmal den abzusenkenden Zweig um seine Längsachse an der Stelle , an welcher er in der Erde Wurzeln bilden soll. Die Art der Störung ist ähnlich wie bei dem vorerwähnten Falle-, der Erfolg in- sofern ein anderer, als das gehemmte, absteigende, plastische Material vorzugsweise zur Bildung von Adventivwurzeln verwendet wird. Die deutschen Weinbauer in der Umgegend von Tiflis sollen die Stiele der reifen Weintrauben drehen und dadm^ch einen besseren Wein erzielen. Die durch diese Manipulation eingeleiteten Vorgänge werden folgend ermalsen ineinander greifen. Durch das Drehen des Stiels wird die Wasserzufuhr aus der Rebe in die Traube gemäfsigt; infolgedessen erlangt die Verdunstung ein gröfseres Übergewicht über die Zufuhr, und der Saft der Beeren wird concentrierter. Was an Stärke etwa noch in den Stielen ist, wird als Zucker nach den Beeren geschickt. Dieselben veratmen dabei auch einen Teil der organischen Säuren. Dieselben Prozesse finden bei dem Nachreifen der ab- geschnittenen Trauben statt. Wirkung des Einschnürens der Achse. Das „Einschnüren" besteht in dem dichten Umlegen eines nicht nachlassenden Bandes (aus Bindfaden, Draht u. dgl.) um einen Stamm oder Zweig. Die Folgen dieser Manipulation ergeben sich aus der einfachen Betrachtung, dafs dieses Einschnüren einer Achse nichts anderes ist, als eine lokale, künstliche Vermehrung des Rinden- druckes. Nur findet hier alsbald der extremste Fall von Rindendruck statt, indem die Neubildungen unter der geschnürten Stelle allmählich bis auf ein Minimum reduziert werden und endlich gänzlich aufhören. Die Holzelemente in der Nähe des schnürenden Bandes kommen dabei aus ihrem senkrechten Verlaufe und nehmen eine schiefe, ja selbst bis zur horizontalen sich steigernde Lagerung an, so dafs ich glaube, dafs auch im normalen Baume die mehr oder weniger spiralige Wunden des Achseuorganes. 807 Drehung der Holzfasern bei den verschiedenen Bäumen mit dem grölseren oder geringeren Druck zusanimenhäng-t, den die Rinde ausübt. Endlich wird die Verdickung des Baumes oberhalb der geschnürten Stelle so grois, dals die Rinde oberhalb und später auch unterhalb des Bandes reifst, also nun der Rindendruck fast gänzlich aufgehoben wird. Die Folge davon ist eine üppige Bildung von Parenchymholz, das mit dem Älterwerden des Pflanzenteils in den späteren Jahreslagen all- mählich in normales Holz übergeht und das Band , bzw. den Draht gänzlich überwallt. Eine solche überwallte Schnürstelle hat dann äufserlich grolse Älmlichkeit mit einer Veredlungsstelle , im inneren Bau natürlich nicht. In der umstehenden Fig. 19(3 sind zwei verschiedene Stadien des Einschnürens dargestellt. Fig. 196, 1 ist ein einjähriger x4hornzweig, der eine Schnürstelle von wenigen Monaten besitzt. Fig. 196, 2 zeigt ein älteres Aststück, das eine mehrjährige Überwallung eines Drahtringes aufzuweisen hat. Fig. 196, S ist der Längsschnitt von Fig. 196, 2, und im ersteren ist d und d' der Durchschnitt des Drahtringes, u der Über- wallungsrand, welcher an der einen Seite [li) durch die erhöhte Nährstotf- zufuhr seitens des überstehenden Zweiges z stärker entwickelt ist und den Draht früher überwallt hat als an der Gegenseite. Die anatomische Untersuchung des in Fig. 196 , 1 dargestellten Stadiums ergab , clafs das Schnüren anfangs nicht sehr durchgreifende Veränderungen hervorzurufen vermag. Den wesentlichsten Nachteil hat die Rinde erlitten, und zwar sind es vorzugsweise die in der primären Rinde nach aulsen hin zwischen den Hartbastzellen, respektive den Steinzellnestern und der Epidermis liegenden Zellschichten, welche zusammengedrückt worden sind. Am stärksten zusammengeprefst er- scheinen die dem Hartbast am nächsten liegenden Zelllagen; weniger scharf ist der Einflufs auf die nach aufsen folgenden, oft schon collenchymatisch verdickten Lagen •, ihre Zellen werden auf die Hälfte bis auf ein Viertel ihres normalen Querdurchmessers zusammengedrückt, und es scheint, als würden sie dabei auch etwas verlängert gegenüber den entsprechenden, an einer ungeschnürten Stelle liegenden Zellen. Die subepidermalen, fast quadratischen Zellen werden auf etwa die Hälfte ihres Quer- durchmessers zusammengeprefst \ am wenigsten leidet die Epidermis. Wenn, wie hier in Fig. 196, 1 das schnürende Band mehrmals um den Zweig geschlungen ist, dann machen sich zwischen je zwei Um- schlingungen scheinbar weit vortretende Wülste bemerkbar. In diesen ist die erwähnte Rindenpartie in der entgegengesetzten Weise wie an der Schnürstelle ausgebildet. Die im normalen Zweige in der Längs- richtung gestreckten, dem Hartbast angrenzenden Zellen sind radial bedeutend erweitert, ja kommen selbst lang cylindrisch in einer senkrecht auf die Hartbastzellen verlaufenden Richtung vor; dadurch wird das über ihnen liegende Rindengewebe , das weniger an der radialen Erweiterung teilnimmt, in die Hohe gehoben. Übrigens sind die zwischen zwei Schnürstellen liegenden Aufwnlstungen gar nicht absolut grofs; sie erscheinen nur im Gegensatz zu den Vertiefungen besonders auffallend. Den Ausbuchtungen und Pressungen der primären Rinde folgen, wenn auch mit weit geringeren Schwankungen, die sekundäre Rinde und der Holzkörper. Der Druck, welcher sich auf die Gewebe geltend macht, wirkt nicht nur so weit, als gerade das Band auf der Rinde aufliegt, sondern auch noch etwas ober- und unter- halb der eigentlichen Schnürstelle: man merkt dies an dem Quer- 8Qg V. Wunden. durchmesser der Zellen. Diese zeig-ten iin Mittel aus zehn Messungen ein gegenseitiges Verhältnis normale Fig. 196, 1 n 11,2 in der Rinde Wulst Fig. 196, 1 IV 11,8 geschnürt Fig. 196, 1 g 9,4 7,3 im Holz 6,9 4,6 Nach diesen Mittelzahlen, deren Glieder übrigens bedeutende Schwan- kungen darstellen, gibt sich also nur in den rundlich und weiter er- scheinenden Rindenzellen eine Vergröiserung kund ; die Holzzellen da- gegen erscheinen etwas enger als im normalen Holze, wobei jedoch zu betonen, dais dieselben gröfsten Breitendurchmesser der Holzzellen im "Wulst wie in dem normalen von der Schnürstelle entfernten Zweig- teile angetrolFen werden und nur die Häufigkeit des Vorkommens den Ausschlag gibt. AVenn die Schnürstelle jedoch älter wird, ohne dais das Band ge- lockert oder gelöst werden kann, wie dies bei der in Fig. 196, 2 und 3 dargestellten Drahtumschlingung der Fall ist. dann nimmt endlich durch das Dickenwachstum des Holzkörpers des Stämmchens der Druck des Drahtes auf die Rmdenschichten derartig zu, dais dieselben getötet und in eine braune, krümelnde Masse verwandelt werden. Schliefslich reifst die gesunde Rinde ober- und unterhalb des Drahtes ein, und nun beginnt der Einschlufs des Drahtes durch Überwallung. Dadurch, dafs die überwallenden Schichten des Jahresringes in Holz und Rinde bedeutend dicker als an den vom Draht entfernten Stellen sind, tritt die ehemalige Schnürstelle als bedeutender Wulst hervor. Fig. 196, 4 zeigt den in Fig. 196, 3 bei a angedeuteten Ausschnitt wesentlich vergröfsert. Wir sehen hier im Längsschnitt einen kleinen Teil des alten Holzes des Zweiges H vor der Anlegung des Drahtes d und gewahren die Neubildungen des Überwallungsrandes zunächst in_ der engsten Umgebung V des Drahtes und darauf eine Fortsetzung dieses Gewebes aus einer älteren Jahreslage U'. Die Übergänge sind aus Mangel an Raum fortgelassen worden ; ebenso fehlt die Darstellung der über ü' hinausgehenden Verschmelzung dieses ganzen oberen Über- wallungsrandes mit dem unteren und die Darstellung des Überganges von den wirr verlaufenden Holzelementen des Überwallungsrandes zu dem normalen Holzbau, wie derselbe in den späteren Jahreslagen über der Drahtstelle wieder allmählich zustande kommt. Wäre das Holz ohne die Behinderung durch den Draht normal weiter gewachsen, dann hätte der Bau derselbe bleiben müssen, wie er in H vor der Schnürung sich darstellt ; es wären in regelmäfsiger Auf- einanderfolge Holzzellen h mit Gefäfsröhren g gebildet worden, und dieses weite Holz wäre durch radial verlaufende Markstrahlen m regel- mäfsig gefächert worden. Statt dessen sehen wir nun durch den Einflufs des Drahtes ein Holz an der Schnürstelle und oberhalb derselben, h'h'\ entstehen, das fast nur aus Holzzellen ohne Gefäfse zusammengesetzt ist. Diese Holzfasern lagern sich auch nur noch im Anfang bei h' genau in der Längsrichtung des Zweiges; je mehr sie sich in der Richtung von }i' und Ji" befinden, um so schräger verlaufen sie, um so gedrehter erscheinen sie. Das nach dem Umlegen des Drahtes gebildete Holz ist Fig. 190. 1 ist ein einjähriger geschnürter, A? ein mehrjähriger Zweig mit über- walltem Drahtring. .;>' Längsschnitt durch Fig. 2, 4 anatomisches Bild eines Längs- schnittes aus der Fig. .:;, a stammenden Zone. (Orig.) gjQ V. Wunden. also dichter, g e f ä i's ä r m e r und gedrehter geworden. Die Mark- strahlen, welche sonst als grade radiale Bänder vom Marke nach der Rinde hin verlaufen, machen dieselbe Drehung und das Ausweichen nach oben mit, wie die Holzzellen, so dafs ein genau in der Richtung des Stammradius geführter Schnitt verschiedene der gebogen ver- laufenden Strahlen nt" anschneidet. Den Unterschied zwischen Holzzellen und Markstrahlzellen bemerkt man aber erst in einiger Entfernung von dem Drahte. In dessen un- mittelbarster Nähe finflen wir ein fast gieichmäfsiges parenchymatisches Holz hp, dessen Randpartie abgestorben und schwarz ist und den dunklen Strich darstellt, den wir in Fig. 196, 3 vom Draht d' aus eine kleine Strecke aufwärts verlaufen sehen. Die schwarze Furche geht nicht mehr ganz nach aufsen, da die späteren Jahreslagen (Fig. 190, 3u) schon miteinander verschmolzen sind. Diese zu einer gemeinsamen, zusammenhängenden Holzlage miteinander verbundenen Überwallungs- ränder sind in Fig. 196, 4 durch das Gewebe H' angedeutet. Hier finden wir die Gefäfse g' und die Holzzellen nh\ wie im normalen Holze (nur kürzer) gebildet; aber ihr Verlauf ist in der Ebene, welche in gleicher Höhe mit dem Draht liegt, horizontal statt vertikal. Erst wenn man sich etwas von der eigentlichen Schnürstelle nach oben oder unten entfernt, fangen diese Elemente an, allmählich in den senkrechten, normalen Verlauf überzugehen, Fig. 196, 4 g'h'. Die gebräunte respektive geschwärzte Zone hj) setzt sich nicht mehr bis U' fort. Nicht ohne Grund ist die Bezeichnung „gebräunt beziehungsweise geschwärzt" gewählt worden; denn die Färbung ist von t bis t' voll- kommen tintenschwarz, von da aus nach t" braunschwarz. In der Tat ist es auch Tinte , welche den geronnenen Zellinhalt in der Nähe des Drahtes färbt. Die Gerbsäure des Gewebes hat sich mit dem Eisen des Drahtes verbunden und damit den Zellinhalt der nächsten Um- gebung getötet. Diese Verbindung ist nun auf weitere Strecken diffundiert, und zwar in dem Markstrahlgewebe weiter in das alte Holz hinein als quer durch die Holzzellen hindurch. Dafs der Draht direkt am alten Holze liegt und eine Zone desselben schon getötet hat, darf nicht in Erstaunen setzen, wenn man bedenkt, dafs der immer stärker werdende Druck des sich ausdehnenden Stammes auf den nicht nach- gebenden Draht dazu führt, die weiche Rinde und das Cambium zu- sammenzudrücken und zu töten. Das tote Gewebe ist nm^ noch in schwachen Resten am Draht erkennbar. Wie diese verschiedenen Gewebeformen zustande kommen, haben wir bereits oben durch den erst bis auf das Äufserste gesteigerten und dann durch das Platzen der Rinde um den Draht herum nahezu voll- kommen ausgelösten Rindendruck erklären können. Die fast vollständige Lockerung der geplatzten Rinde läfst aus der Cambiumzone zunächst Parenchymholz hervorgehen; später, wenn durch Verschmelzen der Wundränder über dem dadurch eingeschlossenen Drahte sich_ der Rindendruck einstellt, treten auch echte Holzzellen und Gefäfse wieder auf; aber die Lagerung dieser Elemente ist noch lange Zeit hindurch die horizontale oder spiralige, schief aufsteigende, die sich durch den starken Druck des Drahtes zu der Zeit eingeleitet hat, als die Cambium- zone des Stammes noch hinter dem Drahte lag. Physiologisch interessant bleibt die extreme Drehung der Holz- fasern, die in geringerem Mafse bei sehr vielen Bäumen normalerweise Wunden des Achsenorganes. 811 ZU konstatieren ist und bei Individuen derselben Art in verschiedenem Grade zum Ausdruck kommt. Auf trockenem Standort ist der Dreh- wuchs augenfälliger. Wahrscheinlich ist die minder lange dehnbar bleibende, weniger leicht zerklüftende und darum höheren Druck aus- übende Rinde solcher Exemplare auf trocknem Standort die Ursache der stärkeren Drehung der Holzfasern. Der praktische Zweck des Schnürens ist derselbe wie der des Ringeins , aber ohne die Gefahr , welche eine gänzliche Fortnahme gröfserer Rindenpartien mit sich bringt. Zweigstecklinge. Als Steckling bezeichnet man jedes von der Mutterpflanze ab- gelöste Glied , das vermöge seiner Reservenahrung einzelne , vorzugs- weise in der Nähe der Schnittfläche gelegene Zellgruppen zu neuer vegetativer Vermehrung anregt, so dafs sich meist Vernarbungsgewebe einstellt- das abgelöste Glied entwickelt sich durch Bildung neuer Wurzeln schliefslich zur selbständigen Pflanze. Über die anatomischen Verhältnisse und die Abhängigkeit der Gewebediflerenzierung von äufseren Faktoren gibt eine Arbeit von Simon • ) Aufschlufs , die während des Druckes erschien und nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Man darf behaupten, dafs eine derartige ungeschlechtliche Ver- mehrung bei allen Klassen des Pflanzenreiches zu finden ist und von den verschiedensten Organen ausgehen kann. "Wir erinnern an das Fortwachsen abgerissener Mycelfäden , zerschnittener Sclerotien , ab- getrennter Fruchtstiele von Laubmoosen. vonBlatt- und Blütenteilen bei Phanerogamen. Aufser den reichlich vorkommenden Wurzelstecklingen sind selbst Fälle von Wurzelbildungen aus Früchten bekannt geworden. Uns beschäftigen hier vorläufig nur die Zweigstecklinge , deren Schnittfläche auf den Wundreiz zunächst durch Callusbildung reagiert. Im Anschlufs daran erörtern wir dann die Vermehrung durch Wurzel- stecklinge, deren Vernarbung ebenfalls mit Callusbildung beginnt. Die Umwandlung des Callus zum eigentlichen Überwallungsrande durch Bildmig einer peripherischen Korkzone hat sehr viel Ähnlichkeit mit der Bildung der Überwallungsränder an geringelten oder quer ab- geschnittenen holzigen Zweigen. Nur macht sich bei den Stecklingen der Einflufs des feuchten Mediums , in welchem die Schnittfläche sich befindet, modifizierend bemerkbar. Auch ist ein Unterschied fest- zustellen, je nachdem der den Steckling liefernde Zweig sich bereits im verholzten Zustande befindet oder noch krautartig ist. An Stelle weitläufiger Auseinandersetzungen geben wir hier die Abbildungen eines noch krautartigen Fuchsienstecklings und eines bereits verholzten Rosen- stecklings. Die Basalpartie eines Fuchsienstecklings (Fig. 197) ist der Länge nach durchschnitten. .>? bis s bedeutet die ursprüngliche Schnittfläche; die unterhalb vortretenden Elemente sind nach dem Abschneiden gebildet, oberhalb .s bis .s liegen die ursprünglichen Gewebe des Stecklings, dessen eine Hälfte nur gezeichnet worden ist. ni ist der Markkörper, h der Holzkörper, r die Rinde, in welcher die Hartbastzellen h verlaufen; diese sowie ein Teil der Holzzellen // sind an der Schnittfläche gebräunt und abgestorben ; auch die äufsere Rinde r' ist in der Gegend der Schnitt- ') Simon, S., Experimentelle Untersuchungen über die Differenzierungsvorgänge im Callusgewebe von Holzgewächsen. Leipzig 1908, Gebr. Bomträger. 812 T. Wunde fläche zusammengetrocknet. Die jüngeren, inneren Rindenschicliten dagegen und namentlich der Markkörper haben durch reichliche Zell- vermehrmig ihre Wundfläche vernarbt. Der äuisere Teil dieses Ver- narbungsgewebes ist verkorkt , und diese Korkschicht Je hat eine be- deutende Ausdehnung durch die Tätigkeit des Korkcambiums k e erlangt, welche nun für das zartere, innere Rindengewebe den Abschlufs bildet. In der CaUusrinde sehen wir die quergestreckten Schlauchzellen o mit oxalsam-em Kalk in Raphiden; in der Nähe derselben einzelne Zell- gruppen mit dickeren Wandungen &', welche den Bastkörper der Gefäisbündel darstellen, die bereits im Callus sich gebildet haben und deren Holzkörper durch Stränge kurzer, netzartig verdickter Gefäis- zellen g" angedeutet ist. Diese legen sich an die Gefäise im Holz- r /, iJHlk Mm •' Fig. 197. Fuchsiensteckling. (Orig.) körper des Stecklings an, dessen dünnwandige, stärkereiche, an den Markkörper grenzenden Holzzellen an der Callusbildung teilgenommen haben. Der alte Holzkörpef des Stecklings ist bei dem Schneiden ein- gerissen. Die Rifsstelle d ist ausgefüllt mit Callus , und bis in diese Rifsstelle hinein läfst sich die Cambiumzone c bis c verfolgen, die in einem zusammenhängenden Bogen sich durch den Callus hinzieht. Das normale Cambium des Stecklings lag auf der Aufsenseite des Holz- körpers h. Hier ist durch das Abschneiden des Zweiges zum Steckling genau dieselbe Veränderung wie bei dem geringelten Zweige ein- getreten. Aus dem Cambium hat sich zunächst gleichmäfsiges , par- enchymatisches Gewebe p gebildet, in welchem allmählich kurze, netz- förmig verdickte Gefafselemente q auftreten. Nach der Schnittfläche Wunden des Achsenorganes 813 hin haben sich diese Gewebepartien durch eine starke Korkschicht Je' abgegrenzt. Aber auch in der äiiiseren Rmde hat eine Zellvermehrung und in dem neuen Gewebe eine Bildung von kurzen Gefäfszellen g stattgefunden, auf deren Aufsenseite eine Meristemschicht c' erkennbar ist. In dem vorliegenden Beispiele hat neben dem Cambium der Mark- körper den Hauptbildungsherd für den Callus dargestellt. Ganz untätig dagegen bleibt das Mark in dem folgenden Falle, bei einem Rosenstecklinge, Fig. 198. Auch hier bedeutet s bis s die Schnittlinie ; alles unterhalb dieser Schnittlinie Liegende ist Callusbildung, die in dicken Wülsten aus dem Fig. 198. Rosensteckling. (Orig.) ursprünglichem Cambium hervorgebrochen ist und sich vom Rande her über die Sclmittfläche ausbreitet. Wir unterscheiden in dem durch die Figur dargestellten Längsschnitt einen radial geschnittenen Wulst ca' und einen von der Hinterseite her sich vorwölbenden und daher quer- geschnittenen Calluswulst ca~ , dessen Rinde bereits mit dem seitlich sich herumwölbenden ca' verschmolzen ist. So wird bei diesem älteren Rosenstecklinge allerdings auch der Markkörper gedeckt; allein dies geschieht hier dmxh Verschmelzung der vom Rande nach der Mitte hin sich vorwölbenden Ränder, während bei dem abgebildeten Fuchsien- stecklinge die Hauptcallusmasse vom Marke selbst gebildet wird. Die Bezeiclmung der einzelnen Elemente stimmt im allgemeinen mit der der vorigen Zeichnung, in Markkörper, der hier durch den g]^4 ^ • Wunden. Schnitt eingerissen ist. Der Ril's u ist ausgefüllt durch den vom Hinterrande her sich vorwölbenden Callus; li ist das alte, vor dem Ab- schneiden des Zweiges zum Steckling gebildete Holz; w/i das während der Stecklingsperiode gebildete Neuholz, das in seinem Charakter genau dem Neuholz des Ringelwulstes bei dem "Weinstock entspricht; es beginnt mit kurzen, weiten, porösen, dickwandigen, stärkereichen Zell- massen, in denen ebenso kurze, netzförmige Gefäfse auftreten. Diese Elemente werden nach aufsen hin immer enger und gestreckter, dem normalen Holze immer ähnlicher, je später nach dem Schnitt sie an- gelegt werden, je näher sie also der Cambiumzone c, c liegen. Diese Cambiumzone geht im weiten Bogen um die Schnittfläche des alten Holzkörpers herum und ist auf ihrer Aufsenseite von der neugebildeten Rinde nr bekleidet, die in der Zeichnung nicht vollständig wieder- gegeben ist. Am äufsersten Rande der Rinde bemerken wir noch die jetzt verkorkten und bereits im Absterben begriffenen, zuerst über die Schnittfläche hervorgetretenen weiten, reihenweis geordneten, an den Endgliedern aus abgerundeten , kugeligen bis birnenförmigen Zellen gebildeten Callusanfänge a. Diese Zellreihen vermehrten sich zuerst an der Spitze, indem ihre äufsersten Zellen sich vergröfserten, durch eine Querwand sich teilten und die dadurch verkleinerte Endzelle den Prozefs im Heranwachsen wiederholte. In dem von hinten hervorkommenden, quergeschnittenen Callus- wulst ca^ bedeutet g die kurzen, netzigen Gefäfse, welche die Anfänge des neuen Holzkörpers sind; um dieselben zieht sich die Cambium- zone c. h ist der alte, vor dem Abschneiden des Zweiges zum Steckling gebildete Baststrang; er ist an der Schnittfläche durch die wuchernde Neuholzbildung weit von dem alten Holze abgedrängt worden und an seinem freien Ende abgestorben. Die zu beiden Seiten dem Hartbast anliegenden Zellen dagegen haben sich, vom Rindendruck durch den Schnitt befreit, quergestreckt r\ während sie im normalen Zustande längsgestreckt sind. Der übrige äufsere Teil der alten Rinde r hat sich nicht verändert und seinen "Wundrand durch Kork abgeschlossen. o rhombische Einzelkristalle und sternförmige Drusen von oxalsaurem Kalk. Je nach der Pflanzenspezies treten bald aus dem Callus selbst, bald aus der oberhalb desselben belegenen basalen Region des Zweiges die neuen Wurzeln hervor. Verwendung verschiedener Achsenorgane zu Stecklingen. Die Callusbildung selbst, sehen wir, ist also der einfache Ver- narbungsprozefs einer Querwunde. Die Ausbildung des Vernarbungs- gewebes an der Basis des Stecklings wird von besonders günstigen Umständen begleitet. Die Reservestofife im Steckling finden aufser in der Verkeilung des oberen Wundrandes augenblicklich keine andere Verwendung als bei der Vernarbung der unteren Wundfläche, da der meist schattige Standort des Stecklings einem Erwecken der Knospen nicht günstig ist. Wo durch Unkenntnis die dem Steckling gebotenen Vegetationsbedingungen eine schnelle Entwicklung der Augen ver- anlassen, bleiben die Callus- und Wurzelbildung zurück oder schlagen ganz fehl. Zweitens wh^ken der feuchte Standort und die in der Regel erhöhte Bodentemperatur dahin, dafs die Zellvermehrung an der unteren Schnittfläche begünstigt wird, das Vernarbungsgewebe also einen sehr üppigen Charakter annimmt. Unbedingt nötig ist für den Steckling Wunden des Achsenorganes. 815 die Callusbildung nicht. Pflanzen, welche .sehr leicht Adventivknospen entwickeln, reduzieren ihr Callusgewebe auf ganz geringe Mengen; sie grenzen ihre Schnittfläche durch Korkbildung ab und verwenden ilu'e Reservestofi:e sofort zur Bildung mid Weiterentwicklung neuer Wurzel- anlagen. Dabei tritt eine reiche Zellvermehrung häuflg nur in der der Schnittfläche zunächst liegenden Cambiumzone ein, woduixh die Basis des Stecklings bedeutend anschwillt (Begonia). Die Callusbildung kann bei den schwer Adventivwurzeln treibenden Gehölzen sehr schädlich werden, indem sie durch ihre besonders reiche Ausbildung das Material für die Bildung neuer Wurzeln in Beschlag nimmt. Wir sehen dann bisweilen enorme, knorpelige Calluswülste, ohne dai's der Steckling Wurzeln macht (Coniferen). Von der Art und dem Alterszustande des Stecklings und den ge- botenen Vegetationsbedingungen hängt es ab, welche Gewebe an der Callusbildung teilnehmen. Stets ist das Cambium dabei beteiligt. Da, wo es nicht ausschliefslich den Vernarbungsprozefs übernimmt, wird es von dem Parenchym der Innenrinde oder aufserdem von einem Teil oder sämtlichem Parenchym des Markkörpers unterstützt; ferner können selbst das Parenchjmi des Holzkörpers und das der älteren Rinde sich beteiligen. Bei krautartigen, schnell wachsenden Pflanzen tritt sogar in dickwandigen Elementen eine Zellvermehrung in der Nähe der Schnittfläche ein durch Thyllenbildung in Gefäfsen und durch Neu- bildung von Querwänden im Collenchym der älteren Rinde, wobei beobachtet worden ist^), dafs die verdickten Wandungen der Collenchym- zellen und der Gefäfse in der unmittelbaren Nähe der Thjdlen sich aufquellend lockern und teilweis resorbiert werden. Je mehr lebenskräftiges Parenchym vorhanden, desto schneller und reichlicher ist die Callusbildung. Man schneidet die Stecklinge gern am Knoten, unmittelbar unter einem Auge. Man kann bei einem Querschnitt durch ein Augenkissen sehen, dafs hier die Parenchym- masse am meisten entwickelt ist durch Abgang der Markbrücke in die Knospe. Am Knoten ist auch häufig das gesamte Markparenchym noch lebendig und teilungsfähig, während es im übrigen Teile des Zweig- gliedes schon abgestorben und teilweis zerrissen ist. Zu bemerken ist aber, dafs sich keine stets gültigen Regeln über die Art der Callusbildung geben lassen. Manchmal machen (namentlich bei krautartigen Pflanzen) die Stecklinge nur sehr geringen oder keinen Callus an der konvex sich vorwölbenden, durch Kork abgeschlossenen Wundfläche, und in einem anderen Falle liefern die Pflanzen be- deutende Callusmassen. Die ganz krautartigen Sommerstecklinge von Vitis, namentlich den amerikanischen Arten, liefern meist geringen Callus, manchmal aber gi'ofse Massen davon. Ebenso ist es bei Rosen- stecklingen, wemi dieselben in krautartig weichem Zustande von ab- getriebenen Stöcken im ersten Frühjahr entnommen und in warme Sandbeete gesteckt werden. Grofser Nährstoffvorrat und langsame Verwendung desselben erwecken die Neigung zur Calluswucherung. Die mit eingehenden Literaturnachweisen versehene Arbeit von J. Hanstein 2) beschäftigt sich mit geringelten Stecklingen. Er sah. 1) H. CkCgku auf Trinidad: Westindische Fragmente, XII. Einiges über die Gewebsveränderungen bei der Fortpflanzung durch Stecklinge bei FortuJaca oleracea. Bot. Zeit. 1860, S. 871. ■-') .JuiiAXNE.s Hansieix, Über die Leitung des Saftes durch die Rinde. Prings- heim's Jahrbücher für wissensch. Botanik Bd. II, 1860, S. 392—467. §1(3 V. Wiiiuieii. dal's solche Stecklinge mit gesondertem Holz- nnd Rindenkörper, welche in der Nähe ihrer Basis o-oringelt wurden, über tler Rinoelblöise Wurzeln entwickelten mid nicht an der unteren Schnittfläche. Wurden Steck- lino-e, welche schon Wurzeln gebildet hatten, oenng-elt , so hörte die Weiterentwicklung dieser Wurzeln auf, und es erfolgte Neubildung direkt über der Ringelblöfse. Eine Ausnahme erleidet diese Regel bei allen denjenigen Pflanzen, welche entwickelte Gefäfsbündel oder wenigstens ein entwickeltes Siebröhrensystem auch im Markkörper be- sitzen. Bei ihnen zeigen sich Wurzeln, trotz der Ringehmg, an der miteren Schnitttläche "des Stecklings. Unter Bestätigung dieser Er- gebnisse ist nm- hinzuzufügen, dafs man mit reifen oder nahezu aus- gereiften Achsen operieren mufs, um diese Resultate zu erlangen. Wenn man ganz junge, krautartige Spitzen holziger Pflanzen verwendet, bei denen übrigens das Ringeln sehr schlecht sich sauber ausführen läist, so entsteht aus der Schnittfläche oder in unmittelbarer Nähe der- selben der neue Wurzelapparat, wobei alle Gewebe, mit Ausnahme der alten Prosenchymelemento, sich an der Callusbildung beteiligen. Der Teil über der' Ringelblöfse verti'ocknet dann häufig. Dieselbe Er- scheinung läist sich beobachten, wenn man Stecklinge verkehrt in die Erde steckt. Niu- selten wachsen solche Stecklinge an und weiter fort ; meist sterben sie, nachdem sie an dem in der Erde befindlichen, organisch oberen Ende Callus und wohl auch AVurzehi gebildet, von oben her bis auf eine kleine Basalpartie ab und entwickeln dann aus dieser neue Triebe. Die Resultate sind insofern praktisch wichtig, als sie die Wanderimg des plastischen Materials , das zu allen Neubildungen notwendig ist, deutlich illustrieren. Wir sehen, dafs die Hauptwege für die bildungs- fähige Substanz in dem der Rinde eingefügten Siebröhrensystem zu suchen sind. Sind solche Wege auch im Markkörper vorhanden, dann findet in demselben ebenfalls eine Wanderung der plastischen Substanz statt. Neben diesen Hauptwegen gibt es noch für den Fall der Not bedeutungsvoll werdende Nebenwege. Es werden auch die Parenchjan- zellen der Rinde und des Markes plastische Materialien auf und abwärts leiten und ebenso , wie wir bei der Neuberindung von Schälwunden walu-nehmen, die Markstrahlzellen in der Achse gelöstes Reservematerial radial transportieren können: allein die Menge, die durch diese Wege wandern kann, ist nur gering und daher unzureichend für nennens- werte Neitbildungen. Organisch aufwärts, also nach der Spitze hin, wandern die plastischen "Stofle viel schlechter als organisch abwärts. Wie wir aus den verkehrt gepflanzten Stecklingen sehen und auch bei absichtlich verkehrt aufgesetzten Veredlungen wahrnehmen können, ist unter günstigen Verhältnissen eine Wanderung des gesamten flüssigen Materials" in der Pflanze, sowohl der rohen Bodenlösung als auch der plastischen, organisierten Baustofie nach allen Richtungen hin möglich. Die leichtest passierbaren Wege werden natürlich zuerst benutzt: bei dort eintretenden Hindernissen erlangen die Nebenwege eine erhöhte Bedeutung. Bei Stecklingen kann sich an jeder Wundstelle Callus bilden, und dieser Callus kann chlorophyllführende Achsen imd Wurzeln erzeugen. Ob tatsächlich ein solcher Fall eintritt, das hängt von den äufseren Verhältnissen und dem jeder Pflanze innewohnenden, typischen, nur schwer irritierbaren Entwicldungsgesetz ab. Viele Pflanzen machen so schnell Adventivwiu-zeln aus dem Internodium, dafs die Callus- bildung an der Schnittfläche gar nicht Zeit und Material genug erhält, um zu namhafter Entwicklmig zu gelangen. Wunden des Achsenorganes. 817 Aus der Verschiedenartigkeit der äulsoren Einflüsse erklären sich auch die Widersprüche in den Resultaten der einzelnen Beobachter. So gibt Stoll V) an, dai's bei Pogostemon Faichoidi ein Callus nicht sichtbar geworden, während Hansen 2) solchen beobachtete; auch sah ersterer aus dem Callusgewebe keine neuen Vegetationspunkte ent- stehen, während letzterer dergleichen konstatieren konnte usw. Praktisch empfehlenswert ist für die Vermehrung von Sträuchern, die Stecklinge nicht aus ausgereiftem, altem Holze zu machen, sondern aus krautartigen Trieben, die womöglich von Pflanzen entnommen werden, welche im Winter in den Glashäusern angetrieben worden sind. Auch bei Pflanzen, welche in der Regel durch Samen gezogen werden , empfiehlt es sich unter Umständen , Stecklinge zu machen. Bei Gurken und Melonen ist es bekannt, dal's die Pflanzen aus vorjährigem Samen sehr üppige Laubtriebe machen, aber weniger gern reichlichen Fruchtansatz zeigen. Alte Samen mit wasserärmerem Inhalt verhalten sich dagegen, ähnlich den angewelkten Saatkartofleln und dergleichen, günstiger, indem die vegetative Tätigkeit der Pflanze gemäfsigt erscheint. Stecklinge aus den Spitzen kräftiger Zweige von Pflanzen, die im Mistbeet getrieben werden und etwa im Mai schon flie ersten Früchte liefern, geben bei Gurken und Melonen um diese Zeit binnen wenigen Tagen Vjewurzelte Pflanzen von gröi'serer Fruchtbar- keit als die Samenpflanzen. Es bleibt am Schlüsse des Kapitels noch übrig, darauf aufmerksam zu machen, dafs die Stecklingsvermehrung zur Bildung neuer Varietäten vielfach Verwendung findet. Viele teratologische und pathologische Zustände , die an einzelnen Teilen einer Pflanze vorübergehend auftreten, werden durch Stecklinge fixiert. Eine Monge buntblättriger Pflanzen, Varietäten mit gefüllten Blumen u. dgl., welche ursprünglich an einzelnen Zweigen einer Pflanze sich gezeigt, sind dauernd durch Stecklinge der Kultur erhalten geblieben. Vorüber- gehende , im Habitus abweichende .Jugendzustände bei Koniferen sind durch Stecklinge weiter vermehrt und als neue Formen oder Arten dem Handel übergeben worden. Einige auffallende Beispiele dieser Art bilden beachtenswerte Winke für weitere Versuche auf diesem Wege. Nach Beissner^) mul's man, um Chamaecyparis squarrosa aus Stecklingen von Biota oricntnlifi zu erlangen, nur die kleinen Zweig- achsen mit kreuzständigen Blättern, welche sich dicht über den Cotyledonen befinden, benützen. Die Mehrzahl dieser Zweigchen gibt stets Biota nieldensis, bei deutlichem, schuppenförmigem Stande der Blätter B/ota orientulis. Ebenso geben Stecklinge aus Erstlingstrieben von Callitris qiiaclrivalvis eine neue Form. Der fixierte jugendliche Zustand von Cupressus sempervirens dürfte in C. Bregeoni zu finden sein ; aus C. Lawsoni geben die Erstlingstriebe eine Form mit abstehenden Blättern. Bctinofipwra eric ouhs Zncc. wurde von Clunnaectfparis fipliaeroidea rar. Andalyansis gewonnen. Bekannt ist die Verschiedenartigkeit der Pflanzen, die man bei Efeu erhält, je nachdem die Stecklinge von einem blütenlosen oder blütentragenden Zweige entnommen werden. Abgesehen von der oft '_) Über die Bildung des Callus bei Stecklingen. Bot. Zeit. 1874, Nr. 46 u. 47. -) An. Ha.nskx, Über Adventivbildungen. Sitzungsber. d. phys.-med. Sozietät zu Erlangen vom.. 14. Juni 1880. ^) Beissnkr, Über Formveränderung von Koniferensämlingen. Regel's Garten- flora 1879, S. 172; cit. Bot. Jahresber. 1879, II, S. 2. Sorauer, Handbuch. 3. Aull. Erster Band. 52 g|g V. Wunden. einiaclieren Blattform der letzteren, die sich auf Stecklingspfianzen gern überträgt, sehen wir auch den Habitus bei diesen zwergartiger und buschiger. Eingehend ist das Thema über die Erhaltung von Jugend- formen neuerdings von Diels^) behandelt worden. Noch wenig ausgenützt, obgleich bei vielen Gehölzen sehr vorteil- haft, ist die Vermehrung durch Wurzelst ec klinge. _ Pauloivnia, Aüanthns, Syrinya, Aredia, Mespilufi , Bosa, Malus lassen sich dadurch vermehren, dafs man vor dem ersten Triebe im Frühling oder vor dem zweiten Triebe im Juli stärkere "Wurzeläste ablöst, in etwa 5 cm lange Stücke schneidet und reihenweis in den Boden flach hmlegt. Durch x4dventivknospenbildung entstehen an verschiedenen Stellen des Wurzelstückes neue, sich durch eigne Wurzelbildung bald selbständig machende Pflanzen. Von Koniferen werden Araucaria, Podocarpus und Gingko als durch Wurzelstecklinge vorteilhaft vermehrbar angefüln-t, nanientlich wenn sie in ein warmes Beet gesteckt werden. Stärkere Wurzelstöcke vertragen es auch, wenn sie der Länge nach gespalten werden; jede Hälfte entwickelt dann Adventivknospen. Einzelne Gehölze lassen sich auch durch Auslegen von Augen ver- mehren {V/tis, Paeonia arhorea). Die Augen werden im Frühjahr aus dem alten Holze derart ausgeschnitten, als ob man lange Okulationsaugen mit Holz schneiden wollte, und diese Augen Stecklinge werden flach auf die Erdoberfläche in Töpfen niedergelegt. Es ist aber erforderlich, dafs ein schnelles Wachstum durch Bodenwärme angeregt werde. Man kann ferner auch von Knollenstecklingen sprechen, da ein Verfahren existiert, die Pflanzen dadurch zu vermehren, dafs man aus fleischigen Knollen die Augen mit einer Partie reservestofllialtigen Knollengewebes ausbohrt (Kartoffeln, Caladien). Meist bildet das aus- geschnittene Knollenstück an seiner freien Wur.dfläche auf Kosten der Stärke Kork und behält die übrigen Reservestoffe für die erste Er- nährung der Augen, welche durch Entwicklung von Adventivwurzeln sich bald selbständig zu machen suchen. Im Anschlufs hieran ist das Zerschneiden der S a a t k a r t o f f e 1 n zu besprechen. Die Praxis beobachtet in der Regel die Vorsicht, die Stücke der Knollen nicht gleich nach dem Zerschneiden der Erde zu übergeben. Diese Vorsicht ist ganz gerechtfertigt , da bei dem Legen der frischen Stücke_ ein Faulen derselben leicht eintritt, sobald auf schwerem Boden nur einiger- mafsen viel Feuchtigkeit vorhanden ist. Beläist man die zerschnittenen Stücke dagegen einige Tage in der Luft, so bilden sich unterhalb der Schnittflächen Korklagen aus, welche das Knollenstück schützen. Wemi man die Knollen zu früh vor dem Austreiben schneidet, kommt bei einzelnen Sorten der Fall vor, dafs die Stücke lange Zeit in der Erde scheinbar unverändert bleiben, ohne dafs die Augen aber austreiben. Bei zarten Sorten empfiehlt es sich daher, die Knollen vor der Saat an einem hellen, warmen Orte auszubreiten, bis die Augen sich zu strecken beginnen, und dann erst das Zerschneiden vorzunehmen. Die Wichtigkeit der Korkbildung an der Schnittfläche zeigen die Versuche von Appkl ^), welche die Ergebnisse der Studien von Kny ^) und ') DiELS, L., Jugendfonnen und Blütenreife im Pflanzenreich. Berlin 1906, Gebr. Bornträger. ■-') Ai'i'Ei., Ottu, Zur Kenntnis des Wundverschlusses bei den Kartoffeln. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1906, S. 118. 3) KxY, L., Über die Bildung des Wundperiderms an Knollen in ihrer Ab- hängigkeit von äufseren Einflüssen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1899, S. 154. Wunden -des Achsenorganes. 810 Olufsen^) ergänzen. Während die letztoenannten beiden Forscher in dem nach km^zer Zeit unterhalb der Schnittfläche sicli bildenden Wund- peridorm das Ilauptschutzmittel der Knolle gegen die Einwanderung von Parasiten erblicken, weist ArPKL nach, dals sich die Kartoffel schon zu schützen imstande ist, ehe der Wundkork entsteht. Er findet, dais im günstigsten Falle die Peridermbildung erst am dritten Tage nach der Verwundung sich einstellt und dann nach zwei weiteren Tagen be- endet ist. Für die nachweislich äui'sorst schnell eindringenden Fäulnis- bakterien läge also die Wun istolle so lange schutzlos da, wenn nicht alsbald die Membranen der direkt unter der Wundfläche liegenden unversehrten Zellen an der von der Wundfläche abgewandten Seite verkorkten. Sogar für Bdcillus phyfopJithoru^ erwies sich diese nach 12 Stunden bereits vollendete Korkeinlagerung in einem Teil der Zell- wand der ersten und zweiten Zelllage unter der Wundfläche als voll- ständig ausreichend, um die Infektion zu verhindern. Weniger gut kommt der Verkorkungsprozefs zur Ausbildung, wenn die Knollenstücke sofort trocken und warm (z. B. im Zimmer) auf- bewahrt werden. Die äuisersten Zelllagen der Schnittfläche trocknen dann so schnell zusammen, dals die beiden zur Verkorkung nötigen Faktoren, nämlich Sauerstoff und Feuchtigkeit, nur ungenügend zu den in Betracht kommenden CTeweboschichten Zutritt haben. In gleicher oder ähnlicher Weise vollzieht sich der Wundschlufs bei allen fleischigen Pflanzenteilen-). Die Veredlung, Die Veredlung besteht in der künstlichen Ablösung einer oder mehrerer Knospen und deren Einfügung in einen lebenden Pflanzenteil behufs weiterer Ernährung und Ausbildung. Die ineinander gefügten Teile werden meist durch ein Band festgehalten und durch Baumwachs vor den störenden EingTift'en der Atmosphärilien geschützt. Der übertragene Teil kann im allgemeinen als „Edelreis" bezeicluiet werden, während der ernährende Stamm als „Unterlage" angesprochen wird. Das neu entstehende, teils von der Unterlage, teils vom Edelreis gelieferte Gewebe, welches die Verkittung der beiden künstlich ver- bundenen Glieder bewirkt, wird „Kitts chi cht" oder, nach Göppekt, „intermediäres Gewebe" genannt. Das Edelreis ist entweder ein einziges, mit einem Teil der umgebenden Rinde abgelöstes Auge oder ein Zweigteil mit mehreren Augen. Je nach dem Kulturzweck kann das Edelreis an die Stolle seiner Ablösung oder an eine andere Stelle desselben Individuums oder (was am häufigsten) auf ein anderes Individumn gebracht werden. Im ersteren Falle wird nur die Wirkung der Verwundung allein in Betracht kommen, im letzteren Falle wird auch der Einflufs der im Charakter verschiedenen Unterlage auf das Edelreis zu berücksichtigen sein. Das Veredeln wird zunächst als Wundheilungsprozefs zu betrachten sein; in zweiter Linie wird der befördernde oder hemmende Einflufs ins Auge gefafst werden müssen, der aus einer gegenseitigen Ein- ') Oi.UFSEx, Untersuchungen über Wundperidermbildung an Kartoffelknollen. Bot. Centralbl. Beihefte. Bd. XV (1908) S. 269. -) KCsTKH, EuNST, Pathologische Pflanzenanatoniie. Jena 1903, G. Fischer, S. 185 ff. 52* 320 ^ • Wunden, Wirkung der beiden künstlich aneinander gefügten Ptlanzenteile etwa entspringen könnte. Unter den diese Punkte eingehend behandelnden Autoren ist zu- nächst GöPPERT^) zu nennen, der durch anatomische Studien der Frage näher getreten ist. Eine sich an diese mit Abbildungen versehene Arbeit anknüpfende zum Teil bestätigende, zum Teil berichtigende Notiz hat Verfasser ein Jahr nach Erscheinen der GöPPERi'schen Arbeit ver- öffentlicht ^j. Von den früheren Physiologen sind die Angaben von Hanstein ■■^), von de Candolle*) und von Tkevikanus^) besonders beachtens- wert. Eine systematische Bearbeitung aller nur möglichen Variationen des Veredlungsverfahrens Heferte Thouin*'), der sich auf Duhamel^), La QuiNTiNYE^), Rozier''), Cabanis^") und die älteren Gartenschriftsteller stützt und durch reiche Literaturangaben das Studium der Geschichte der Veredlungskunst ungemein erleichtert. Von den 120 verschiedenen Veredlungsformen, die Thoüin in seinem Buche beschreibt, mit besonderen Namen belegt und meistens auch abbildet, haben sich nur einige wenige einer allgemeinen Verbreitung zu erfreuen. Alle die jetzt üblichen Arten der Veredlung werden vom pathologischen Standpunkte aus am besten in ihrer Wertigkeit nach dem Grade der Verwundung abgeschätzt werden, den die Unterlage erleidet und nach der gröfseren oder geringeren Leichtigkeit, mit welcher die Wunden geheilt werden komion. Unter sonst gleichen Umständen wird der Erfolg der Manipulation um so sicherer sein, je schneller das Gewebe des Edelreises mit dem der Unterlage in feste Verbindung tritt, und da diese Verbindung durch das neu entstehende Vernarbungs- gewebe der Wunde hervorgebracht wird, so wird die Schnelligkeit des Wund Schlusses den Mafsstab für die Verwertbarkeit der Veredlungsart hauptsächlich, wenn auch nicht ausschliefslich, abgeben können. Die bei den Veredlungen überhaupt möglichen Verwachsungs- erscheinungen lassen sich auf die Heilungsvorgänge von drei Wmid- klassen zurückführen, die ich Schälwunden, Flach wunden und S p a 1 1 w II n d e n genannt habe. Als Schälwunden sind (wie aus den früheren Kapiteln ersichtlich) diejenigen Verletzungen bezeichnet worden, welche in einem voll- ständigen Entfernen des Rindenkörpers bestehen , so dafs der Holz- körper blolsgelegt wird, ohne dafs derselbe aber einen Substanzverlust erleidet. Die Veredlungsarten, bei welchen der Schälprozefs den hauptsächlichsten Teil der Verwundung bildet, gehören zu dem Typus der Okulation. Hier wird zur Zeit gröf'ster, cambialer Tätigkeit die Rinde auf eine gewisse Strecke von dem Holzkörper der Unterlage ab- gehoben, und auf die entblöfste Holzstelle das Edelreis eingeschoben. Letzteres besteht entweder aus einem einfachen Auge mit einem Rinden- 1) G<)i'incRT, über innere Vorgänge bei dem Veredeln der Bäume und Sträucher. Kassel 1874. 2) SoRÄUKK, Vorläufige Notiz über Veredlung. Bot. Zeit. 1875, S. 201. 3) Hanstein, Dr. J., Das Rej'roduktionsvermögen der Pflanzen in Bezug auf ihre Vermehrung und Veredlung. Wiegandt's Volks- und Gartenkalender 1865, S. 190. ■•) De Candulle, Physiologie vegetale II. ^) Tkevikaxus, Ph^^siologie der Gewächse 1838, II, S. 647. ß) Tiioi IN, Monographie des Pfropfens, übers, von Berg 1824. ') DüiiAMKi,, Physique des arbres 1758, II, S. 75. ^) De LA QiiiNTiNYE, Le parfait jardinier. Paris 1695. ^) ßoziER, Cours complet d'Agriculture, t. V, S. 346. '<*) Oauanis, Principes de la Greffe, p. 105. Wunden des Achsenorganes. 821 schildchen (Okulieren mit Rinde), oder aus einem Auge, das mit etwas Holz aus dem Mutterzweige herausgeschnitten war (Okulieren mit Holz), oder aus einem vollständigen Zweigstücke, das in ver- schiedener "Weise zugeschnitten werden kann und unter die Rinde des Wildlings mit der Schnittfläche auf den Holzcylinder geschoben wird (R i n d e n p f r o p f e n). Unter der Bezeichnung „Flachwunde" sind alle diejenigen Ver- letzungen zusammengefal'st , bei welchen neben gänzlicher Entfernung eines Teiles der Rinde auch vom Holzkörper ein Stück weggenommen wird. Je nachdem die Wundfläche durch einen Längs- oder Quer- schnitt entstanden, präsentiert sich und verhält sich die Flachwunde verschieden. Wenn ein Span der Länge nach von der Achse ab- geschnitten worden ist, liegen die Elemente des Rinden- und Holz- körpers in ihrer Längen aus dehnung frei zutage. Es läuft das Regen- wasser von dieser Längsflach wunde mit Leichtigkeit ab , wogegen es auf einem Stammquerschnitt in kleinen Mulden meist sich ansammelt und viel leichter die Fäulnis des Holzkörpers einleiten kann. Die horizontale Flachwunde ist immer viel gefährlicher für die Achse als die vertikal verlaufende. An Stelle der Horizontalwunden werden daher im praktischen Betriebe meist Diagonalverwundungen ausgeführt. Die Veredlungsarten, bei denen die Flachwunden hauptsächlich oder ausschliefslich ins Spiel kommen, gehören zum Typus der „Ko- pulation". Die einfachste Form derselben besteht in dem Aufsetzen eines Edelzweiges von derselben Dicke wie die Unterlage auf deren diagonale , durch das schräge Abschneiden des Gipfels entstandene Schnittfläche. Am nächsten verwandt damit ist das einfache und doppelte Sattelschäften. Man kann auch Edelreis und Wildling durch wirldich longitudinale Flachwunden miteinander verbinden, indem der Wildling nur an einer Stelle seitlich angeschnitten wird, ohne seinen Gipfel zu verlieren. Das Edelreis bleibt entweder an seiner Mutterpflanze und wird ebenfalls nm' seitlich angeschnitten ( A b 1 a k t i e r e n), oder es wird in Form eines abgeschnittenen Zweigstücke^, wie bei den anderen Ver- edlungsarten , durch seitliches Anschneiden passend zum Anlegen an den Wildling gemacht. Damit das Edelreis in seiner seitlichen Lage fester sitze , wird es am unteren Ende kurz keilförmig zugespitzt und mit diesem Ende in eine Spalte am Grunde der Flachwunde des Wild- lings eingezwängt. Bei manchen Pflanzen (Kamelien) schneidet man nicht selten das Edelreis überhaupt nur kurz keilförmig und zwängt den Keil in eine seitliche dm^cli einen kurzen, schräg abwärts in das Holz geführten Schnitt entstandene Spalte der Unterlage (Einspitzen). Bei dem Mifslingen der Veredlung ist die Unterlage dann am meisten geschont und kann in kurzer Zeit zu neuer Veredlung benutzt werden. Diejenige Verletzung, bei welcher der Stamm am meisten leidet, ist die Spaltwunde. Die Veredlungsart mit solchen Wundon ist das Spaltpfropfen, das in Deutschland wohl zuerst ausgeübt worden ist , jetzt aber nur noch für einzelne, spezielle Fälle der Verjüngung älterer Stämme in Anwendung gebracht wird. Das Spaltpfropfen besteht in einem Einschieben eines von zwei Seiten keilförmig zugeschnittenen Edelreises in den entweder durch Klüftung oder durch Ausschneiden emes Holzkeiles entstandenen Spalt des quer abgeschnittenen Wildlings. Bei Betrachtung der Heilungsvorgänge, also des Verwachsungs- prozesses bei den verschiedenen Veredlungsarten ist zunächst zu unter- scheiden, ob eine Veredlung durch krautartige oder mit ausgereiftem, 822 V. Wunden. Wunden des Achsenorganes. 823 fertigem starkem Holzkörper versehene Zweige ausgeführt wird. Im ersteren Falle nehmen häufig an der Bildung der „Kittschicht" mehr Gewebe teil als im letzteren Falle, bei welchem es sich vorzugsweise um eine von der Cambiumzone (bisweilen auch noch von der Mark- krone) ausgehende Gewebemasse handelt, welche sich in den Zwischen- raum zwischen Edelreis und Wildling hineinzwängen oder, bildlich genommen, die Fugen zwischen den beiden aneinanderliegenden Teilen ausgiefsen muis. Die Okulation, Die interessantesten Verwachsungsvorgänge kommen bei den Okula- tionen vor. Auf der beigegebenen Tafel ist ein Rosenokulant dar- gestellt, dessen eine Hälfte (von 1 bis 2) die Wundheilungsvorgänge nach sechs Tagen und die andere Hälfte (von 2 bis 3) die Gewebe- bildungen nach ungefähr vier Wochen zeigt. Der vorliegende Quer- schnitt durch die Veredlungsstelle läfst mit Leichtigkeit bei iv den Wildling, bei E das Edelauge erkennen. Am Wildling ist li h das alte Holz des Vorjahres, sh das diesjährige, bis zur Okulationszeit gebildete Holz. BL sind die durch den T-Schnitt abgehobenen Rindonlappen, in denen h die Hartbastzellen, t das abgestorbene Gewebe des Schnitt- randes bedeuten soll. Zur Zeit als die Rindenlappen durch das Einschieben des Auges E auseinandergespreizt wurden , war die Pflanze in grofser cambialer Tätigkeit; die Abhebung der Rinde erfolgte hier im Splinte derart, dafs schon die jüngsten Gefäfsanlagen g und die davor liegenden Cambiumschichten c auf dem Rindenlappen verblieben. Vielfach hebt sich nur der Rindenkörper ab, ja, unter Umständen bleibt stückweis die ganze cambiale Region mit den jüngsten Rinden- zellen auf dem Holzkörper haften. Eine Gesetzmäfsigkeit ist nicht erkannt worden. Es scheint, dafs stets die augenblicklich zarteste Partie bei dem Abheben der Rinde reifst, und dafs die gleich- namigen Gewebe zu derselben Zeit bei denselben Varietäten sich individuell verschieden verhalten, ja, dafs selbst die einzelnen Stamm- seiten eine verschiedene Lösbarkeit der Rinde besitzen. Es sind daher die Heilungsvorgänge bei dersellien Spezies und Varietät, ja selbst an derselben Veredlung in verschiedenen Höhen ungleich. Schon nach zwölf Stunden läfst sich an den Wundrän rlern sowohl der Rinde als des Holzkörpers eine Veränderung der peripherischen Zellschichten deutlich erkennen ; die Membranen dieser Zellen haben sich entweder nur an der freiliegenden Aufsenseite oder am ganzen Zeilumfange verdickt und gellilicli gefärbt: der Zellinhalt ist voluminöser geworden. Ob dies nur durch Quellung, wie bei der Membran, geschehen oder ob bereits eine Zuwanderung von Material aus dem Innern des Holzkörpers nach der Peripherie hin stattgefunden , läfst sich nicht entscheiden. Die nächsten Entwicklungsstadien differieren jetzt schon je nach der Lebenskräftigkeit der blofsgelegten Zellen. In der Regel sind nicht alle Stellen am entblöfsten Holzkörper mit vermehrungs- fähigem Splinte bedeckt. Tritt nun das Splintgewebe nicht in Ver- mehrung, dann quellen und bräunen sich die Zellmembranen des AVundrandes samt dem Inhalt immer mehr, sinken auch etwas zusammen und bilden einen unregelmäfsigen , dicken, gelben Streifen. Die- jenigen Zellgruppen, welche sich zur Vermehrung anschicken, bräunen ihre Membranen meist nur sehr schwach und fangen häufig nach sehr 824 V. Wunden. kurzer Zeit an, Wundcallus zu bilden. Das zartwandige, allmählich in parallelen Reihen fortwachsende Gewebe ok ist das bei den Schäl- wunden in seinen Wachstumsverhältnissen besprochene Wundgewebe, das beispielsweise bei Fraximis nach zwei Tagen einmal in einer Mächtigkeit von 16 Zellen Höhe bereits beobachtet werden konnte. Verhältnismälsig selten ist die Lagerung des Schälcallus so regelmäfsig, wie in der Zeichnung. Dadurch, dafs einzelne Stellen des Holzkörpers nicht Wundcallus bilden, legen sich die benachbarten Zellreihen fächerartig auseinander und überdecken die untätig bleibenden Stellen. Bei der Schnelligkeit diesel- Callusbildung ist ein Decken der Fehlstellen und inniges Verkitten der von verschiedenen Seiten kommenden Elemente sehr natürlich. Die Rindenlappen gehen durchschnittlich mit der Bildung von Wundcallus weniger schnell vor; auch sind die Produkte der Neu- bildung verschieden. Zwar wölben sich die plasmareicheren, peripheri- schen Zellen auch bald nach der Operation etwas hervor [k) , aber treten nicht immer in Zellvermehrung oder, falls sich eine solche ein- stellt, ist das Produkt derselben nur Kork, welcher die Wundfläche schützen kann. Meist erst weiter nach dem inneren Winkel zu, an welchem der Rindenlappen auf dem Holzkörper festsitzt, sind die Neu- bildungen energischer und bis zu reichlichem Wundcallusgewebe ge- steigert {oJc). Die schnell gebildeten Wundcallusmassen von Rinde und Holz sowie eventuell auch noch vom Edelreise vereinigen sich und bilden in kürzester Zeit einen vorläufigen Schlufs der Veredlungswunde. Wir sagen „einen vorläufigen Schlufs"; denn tatsächlich bleibt das bisher neu entstandene Gewebe meist nur kurze Zeit. Sobald nämlich das Callusgewebe eine gröfsere Ausdehnung erlangt und einem sich steigernden Drucke aus- gesetzt erscheint, bildet sich in ihm in einer gewissen Entfernung von der bisweilen durch Korkzellen gefestigt^en Peripherie eine Meristemzone, deren Ausbildung von der Weite zwischen Wildling und Edelauge ab- hängig ist. Bei sehr geringer Entfernung sind bisweilen nur wenige seitliche, isoHerte Herde kenntlich, bei grofsen Zwischenräumen und üppiger Ausbildung des Wundcallus kann man dagegen kontinuierliche Zonen entdecken, die manchmal nach schleifenartigem Verlauf eine Verbindung mit der mittlerweile scharf hevortretenden Cambiumzone des älter gewordenen Überwallungsgewebes des Rindenlappens cc, cc finden. In dem jungen Wundcallus ist die Meristemzone nicht gezeichnet, weil sie erst später auftritt. Dieses Callusmeristem liefert in Gemeinschaft mit der Cambium- zone des Rindenlappens cc nun zunächst das eigentliche Kittgewebe, bestehend aus Parenchjanholz in Form derbwandiger, isodiametrischer oder etwas radial gestreckter, unregelmäfsig viereckiger, nicht selten mit etwas verbogenen Wandungen auftretender Zellen {kg). Diese stellen die Anfänge eines unter geringem Druck sich bildenden Holzkörpers dar; sie pressen bei ihrer Vermehrung allmählich alles zartwandige, erstgebildete, den Charakter von Rindenparenchym bewahrende Ge- webe (ok), das den ersten Wundschlufs darstellt, zusammen. Bei schleifenartiger Anlage der Meristemzone entstehen kreisförmige Figuren von Parenchymholz, welche noch braune, tote Zellnester des ursprüng- lichen Gewebes eingeschlossen haben. Allmählich ist zwischen 1 und 3 das ganze Gewebe ok durch Stärke speichernde Zellen vom Charakter kg verdrängt. Wunden des Ä.chsenorganes. 825 Das Edelreis nimmt im günstigen Falle ebentalls am Wundsclilnls teil. In der vorliegenden Zeichnung stellt es ein Auge mit Rinden- schild, also ohne Holzkörper dar. Der Schnitt E ist der Querschnitt nur durch das Rindenschildchen ; die dazu gehörige Knospe , welche in der Richtung von o gedacht werden mul's, liegt oberhalb der Schnitt- ebene, in welcher nur das zum Auge führende, zentrale, groise Gefäis- bündel (jh und ein seitliches, kleineres gezeichnet sind. Das in jedem unverletzten Augenkissen vorhandene, die Zweigachse ebenfalls schräg durchsetzende, dritte, kleinere Bündel auf der anderen Seite des Zentral- bündels ist bei dem Abheben des Rindenschildchens hier abgeschnitten worden, was für das Anwachsen des Auges unwesentlich ist. Dagegen ist das Fehlen des zentralen Gefäfs bündeis, gleich- bedeutend mit dem Fehlschlagen der Veredlung. Das Rindenschildchen mit der schnell vertrocknenden Knospenhülse ohne Gefäfskörper kann anwachsen; es ist mir aber nicht vorgekommen, dafs etwa ein übermäfsig üppiges Überwallungsgewebe von Seite des Edel- auges Adventivknospen gebildet und auf diese Weise Ersatz für das getötete Auge geschafft hätte. Es findet zwar Adventivknospenbildung bei manchen Veredlungen statt, wie die umstehende Fig. 200 einer krautartig ausgeführten Rindenpfropfung von Aesculus riihicunda auf Aesc. Hrpj)Ocastanmti zeigt; aber diese Knospenbildung habe ich bisher niu' auf üppigen Überwallungsrändern von Wildlingen gesehen. Die Rindenlappen nl haben eine derartig starke Neubildung erzeugt, dafs sie dadurch flügelartig vom Edelreise abgedrängt worden sind. Auf dem Rande stehen mehrfach Adventivknospen (a). Bei dem Rosenokulanten Fig. 109 hat bereits die ganze Innenfläche des Rindenschildchens E neues Wundgewebe produziert, und zwar je nach dem Alter der Mutterzellen bald mehr, bald weniger. Die unter- halb des Hartbaststranges h liegende Cambiumzone des Bündels hat am reichlichsten neue Zellen gebildet, wie der vorspringende Zipfel z zeigt. Die Neubildung auf der Innenseite des Schildchens trägt den Charakter des Rindengewebes und ist bereits durch reichliche Kristalle von oxalsaurem Kalk ausgezeichnet, während die Cambiumzone c, welche neue Holzelemente zu bilden beginnt, in späteren Stadien der Verwachsung in Verbindung mit der Cambiumzone cc des Rinden- lappens tritt. Sobald diese Vereinigung stattgefunden , ist am ganzen vStammumfange wieder ein zusammenhängender Cambiumring gebildet, von welchem die Cambiumzone des Edelauges einen integrierenden Bestandteil darstellt. Die Zone cc zeigt sich, wenn man sie rückwärts verfolgt, als die umnittelbare Verlängerung des cambialen Ringes bei dem unverletzten Achsenteile. Wenn der Wundschlufs durch Verschmelzung der verschiedenen Wundgewebe und durch Vereinigung von deren Cambiumzonen statt- gefunden, ist das dünnwandige Gewebe des Wundcallus ol- fast ver- schwunden und durch das eigentliche Kittgewebe, in welchem sich oft Gruppen poröser Zellen von weniger porösen unterscheiden lassen, ersetzt, wie oben bereits gesagt worden. Wie der Rindenzipfel 3—3 zeigt, entsteht das Parenchymholz , das die dauernde Verkittung übernimmt, auch direkt, und zwar in den Winkeln, in welchen Rindenlappen und Holzkörper wieder zusammenstofsen, also da, wo der Zeigerstrich von J^g endet. Wenn man nun sieht, dafs der Rindenlappen 8 HL derart durch das Okuliermesser abgehoben worden, dafs nicht nur die ganze Cambiumzone, sondern auch noch ganz junge, aber in ihrem Charakter 826 ^"- Wunden. schon bestimmte Splintelemente auf demselben sitzen geblieben sind, so erkennt man daraus, dais dieses Kittgewebe ein Produkt von schon etwas älteren (nicht mehr den jüngstgebildeten) Splintzellen ist. Es geht nicht aus Wundcallus hervor (der sich in den inneren Winkeln nie bildet), sondern aus Teilung der schon zu Holzzellen und Getafsen veranlagt gewesenen Zellen. Wir haben also drei verschiedene Faktoren, welche ein gleiches Produkt, nämlich das als Kittgewebe angesprochene Parenchymliolz, liefern, das die Verbindung von Edelreis und Wildling übernimmt. Der erste Faktor ist der Rindenlappen des Wildlings, der zweite der Schäl- callus des entblöfsten Holzkörpers, der dritte ist das Edelreis. Welcher von diesen drei Faktoren bei einer anwachsenden Ver- edlung die Verkittung tatsächlich übernimmt, hängt von der augenblick- lichen Kräftigkeit der einzelnen Faktoren ab. Die zu beobachtenden Variationen sind aui'serordentlich grofs. Wesentlich für das Gelingen der Veredlung ist die möglichst schnelle Bildung von Wundcallus, der den vorläufigen Wundschlufs übernimmt. Dauernden Halt gewinnt die Veredlung aber erst dann, wenn die Cambiumzone cc der Neuholz bildenden Rindenlappen i?i, die ich gelegentlich „den beweglichen Wund walk" genannt, mit der Cambiumzone c des Edelreises in dauernde Verbindung tritt und in zusammenhängender Schicht ver- bleibende Holzelemente bildet. Der bewegliche Wundwall, der durch seine schneckenförmig an der freien Seite eingebogene Cambiumzone schon den Charakter des gewöhnlichen Überwallungsrandes zeigt, unter- scheidet sich von diesem, dem „stehenden Wund walle", durch die grofse, zwischengeschobene Zone von Parenchymholz {l^g), welche dem stehenden Wundwalle abgeht. Die Verschmelzungsstelle der Cambiumzonen von Wildling und Edelreis macht sich nicht nur im Verwachsungsjahre , sondern noch viele Jahre später immer kenntlich durch den Verlauf der Holzelemente. In der Verbindungslinie, welche sich also zwischen c und cc herstellt, sind die Elemente mehr oder weniger stark tangential gestreckt , während sie im Innern des Wund- walles bereits normale vertikale Lagerung angenommen haben, also durch den Querschnitt auch tatsächlich quer durchschnitten erscheinen Qih') und so dem normalen Holze hh gleichen. Wenn durch Her- stellung dieses Verbindungsstückes die Cambiumzone c des Edel- reises mit der des Wildlings cc zu einem zusammenhängenden Ringe verbunden ist, sieht man, dafs dieser Ring nicht wie am unveredelten Stamme vom Zentrum überall annähernd gleich weit entfernt ist, sondern dafs er bei z und cc eine tiefe Einsenkung, eine S-förmige Biegung zeigt. Schon das blofse Auge erkennt diese gebogene Verbindungslinie , die Demarkationslinie Göppert's , welche auch in der Rindenbekleidung auffällt ^). ^) Das Abweichende der vorliegenden Untersucliungen von den bisherigen Arbeiten liegt in dem Nachweis des verschiedenartigen Ursprunges des Kittgewebes oder (nach Göppert) „intermediären Zellgewebes". Dieser Forscher glaubt die Entstehvmg des Gewebes, das in Gemeinschaft mit dem Cambium die Verwachsung übernimmt, aus den Markstrahlen ableiten zu müssen, während Hassieix das ge- samte Kittgewebe für Produktionen des Cambiums allein hält. Tatsächlich können alle noch zu Neubildungen fähigen Elemente an der Bildung des Wundcallus und Kittgewebes sich beteiligen. Bei manchen Bäumen erhält man beispielsweise aus- fezeichnete Bilder von Wundcallus, der auch aus dem Markkörper, namentlich er Markkrone, hervorgeht (Tilia). Wunden des Achsenorganes. 827 Die Heilungsvorgänge hei der zweiten üblichen Art der Okulation, bei welcher das Edelauge mit einem Stückchen daran- haftenden Holzes von dem Zweige abgeschnitten und in den Wildling eingeschoben wird, sind von den iDeschriebenen etwas ab- weichend. Der Nachteil bei dieser Veredlungsmethode mit Holz- schildchen ist eine Verlangsamung der Verwachsung; der Vorteil besteht aber in einer gröfseren Sicherheit der Erhaltung des Edelauges. Bei dem Abplatzen des Rindenschildchens vom Holzkörper zwecks Okulation mit Rinde wird nicht selten bei zu starker Verholzung des für das Auge bestimmten Gefäfs- bündelzylinders der eigentliche Puiospenkegel auf dem Zweige belassen. Das Auge auf dem Rindenschildchen hat dann auf der Lmenseite eine Grube und treibt nicht mehr aus. Ungeübte übersehen dieses Grübchen und okulieren somit nutzlos. Derselbe Heilmigsprozels, der bei dem Okulieren mit Holz ein- tritt, findet bei dem Pfropfen in die Rinde statt. Nur wird hierbei der Wildling mehr be- schädigt, indem er zunächst quer abgesclinitten werden mufs : dann wird die Rinde an einer Seite aufgespalten und zur Aufnahme des Edelreises wie bei der Oku- lation etwas abgehoben. An Stelle des einzelnen Auges tritt hier ein mehrknospiger, schräg zugeschnit- tener Zweig. Die schräg abwärts gehende Schnittfläche desselben bildet einfache Überwallungsrän- der, also stehende Wundwälle, die mit den beweglichen Wund wällen der Rindenlappen des Wildlings und dem Kittgewebe aus der blofs- gelegten Holzfiäche desselben ver- schmelzen. Bei dem Rinden- pfropfen („Pelzen") hat der Wildling aber mehr Arbeit und weniger vorrätiges, plastisches Material, da auch der vom Edelreise''nicht gedeckte Teil des Querschnittes an der Endfläche des AVildlings über- wallt werden mufs. Welche Üppigkeit der Verwachsungs Vorgang bei dem Rinden- pfropfen auf kräftige Wildlinge erlangen kann, mag beistehende, nach der Natur aufgenommene Zeichnung (Fig. 200) einer Veredlung von Aesciilnfi riihicimda auf A. Hippocastanum dartun. Die Neubildungen auf der Lmenseite der Rindenlappen nl des Wildlings waren wenige Wochen nach der Veredlung so stark, dafs sie flügoiartig vom Edelreis abstanden und an der Schnittfläche Adventivknospen (a) hervorbrachten. nl- Fig. 200. ßindenpfi-öpfling von Aesculus mit Adventivknospen. (Orig.) 828 V. Wunden. Koj)nlieren und Pfropfen. Bei der Kopulation werden das Edelreis am unteren Ende, die womöglich ebenso starke Unterlage am oberen Ende schief abgeschnitten. Die beiden Schnittflächen werden derart aufeinander gepafst, dafs die gleichnamigen Gewebepartien einander decken. Hier haben wir also einfach zwei Flachwunden; dieselben werden an ihrem Umfange Überwallungsränder bilden, die sich zwischen Edelreis und Wildling hineinschieben. Der Verschlufs ist bei gut ausgeführter Manipulation und sehr geringem Zwischenraum zwischen den Wundilächen ein so dichter, dafs selbst das Mikroskop keine Lücke zwischen dem alten Holze der Schnittflächen und dem eingeprefsten Kittgewebe erkennen kann. Göppert findet, dafs gerade bei der Kopulation dieses Kittgewebe schon im jugendlichen Zustande bald abstirbt, ohne zu verschwinden, während es nach Okulieren und Pfropfen bei vollständigem Schlüsse lange in organischer Tätigkeit verbleibt. Mir ist eine solche, vom Vei^edlungs- modus abhängige Differenz in der Lebensdauer des Kittgewebes nicht aufgefallen. Wohl bemerkt man bei älteren Veredlungen Lücken oder braune, mürbe Massen abgestorbenen Gewebes; es schien mir aber, als ob dasselbe bei allen Veredlungsarten ohne Unterschied dann aufträte, wenn der Wundschlufs bei sehr dichtem Aufeinanderpassen von Edelreis und Wildling nur durch den erst entstehenden Wundcallus stattgefunden hat, ohne dafs sich nachträglich in der Fuge das holzparenchymatische Kittgewebe gebildet hätte. Die Kopulation darf daher wohl den Wert und die allgemeine Verwendbarkeit behalten, welche sie bisher gefunden. Die einfachste Form halte ich aber füi* die beste ; das sogenannte englische Pfropfen, sowie die von Thouin angeführten Methoden (Miller, Küffner, Ferrari usw.) halte ich für unvorteilhafte oder gar schädliche Spielereien. Als die gefährlichste Operation ist das Spaltpfropfen zu er- klären. Im gebräuchlichsten Falle wird der Wildling quer abgeschnitten und ein- oder mehrfach bis tief in das Holz hinein gespalten. Das Edelreis wird von zwei Seiten keilförmig zugeschnitten und derart in den Spalt eingeklemmt, dafs die Cambiumzone desselben das Verbindungs- glied zwischen den beiden durch den Spalt getrennten Teilen des Cambiumringes des Wildlings ausmacht. Das keilförmig zugespitzte Edelreis wird, falls es nicht krautartig ist, aus dem stehengebliebenen Teile seines Cambiums allein Wundwälle beiderseits hervortreiben ; dasselbe geschieht an den beiden Spalträndern des Wildlings. Die verschmolzenen Kittmassen werden versuchen, den Spaltraum im alten Holze auszufüllen. Durchschnittlich gelingt dies selten vollkommen; von der Querschnittfläche des Wildlings dringt trotz des Baumkittes Feuchtigkeit in die Spaltwunde und veranlafst leicht Wund- oder Pilz- fäulnis. Der Veredlungsprozefs ist natürlich nicht an die Existenz einer bestimmten Cambiumzone gebunden, sondern wh'd auch bei Monocotyl- edonen möglich sein. Beispiele dafür liefert Daniel M, der bei Vanille und bei Philo den dron Pfropf versuche mit Erfolg ausführte. Es ist am Schlufs dieser Betrachtung der W\indheilungsvorgänge noch einmal zu betonen, dafs das Urteil über die Wertigkeit der Ver- edlungsarten sich hier nur auf mindestens ein Jahr alte, mit ausgebildetem Holzkörper versehene Achsen bezieht. Bei Veredlungen krautartiger ') Danikl, L., Greffe de quelques Monocotvledones sur elles-memes. Compt. rend. 1899, II, p. 654. Wunden des Actisenorganes. 829 Triebe von Holzpflanzen oder krautiger Pflanzen überhaupt kann die AVahl der Veredlungsmethode nach rein praktischen Gesichtspunkten stattfinden. Es nehmen bei der Verwachsung meist so viel Elemente der Schnittflächen (ältere Rinden- und Holzelemente , Markkörper) an der Bildung von Wundcallus teil, dais eine innige Verbindung unter allen dem Pflanzenkörper überhaupt zuträglichen Umständen stattfindet, vorausgesetzt, dais eine genügende Verwandtschaft zwischen Edelreis und Unterlage existiert. Die Lebensdauer veredelter Individuen. Ein Einflui's des Veredlungsvorganges auf die Entwicklung des Lidividuums wird, ganz abgesehen von etwaigen Einwirkungen einzelner Eigenschaften der beiden veredelten Teile aufeinander, nicht abzuleugnen sein. Jedenfalls werden, wie Duhamel bereits hervorhebt, die Gewebe- veränderungen an der Veredlungsstelle eine Verändermig in der Leitungs- fähigkeit veranlassen. Die Kittschicht wird sowohl in der Partie, in welcher sie aus stärkereichem Parenchjanholz besteht, als auch später, wo sie aus gewundenen Prosenchymelementen gebildet ist, eine Ver- langsamung der AVasserleitung und eine leichtere Speicherung des ab- wärts wandernden, plastischen Materials hervorrufen. Die Folgen dieser Veränderungen sind früher bereits besprochen worden. Die bis jetzt wenig bekannte Grenze, bis zu welcher verschiedene Individuen miteinander zu einem dauernd normal funktionierenden Organismus verbunden werden können, läfs sich ungefähr dahin prä- zisieren, dafs im allgemeinen nui' Pflanzen derselben natüi^lichen Familie mit Aussicht auf Erfolg aufeinander veredelt werden können. Dies würde nach den bisherigen Erfalirungen aber auch die äufserste Grenze darstellen. Es liegen Beispiele in genügender Menge dafür vor, dafs Geschlechter derselben Familie sich nicht dauernd vereinigen lassen, ja Arten desselben Geschlechtes können für einige Jahre verbunden bleiben und lösen sich schliefslich doch aus dem Verbände , wobei in der Regel der Tod des einen Teiles eintritt. Es ist wahrscheinlich, dafs aulser der stofflichen Verwandtschaft namentlich eine gleichartige, biologische Entwicklung der zu vereinigenden Individuen notwendig ist. So glaube ich, dafs der verschiedene Eintritt und Abschlufs der Vegetationsphasen (Blattbildung, Fruchtansatz usw.) und der verschieden- artige Wasserbedarf der Individuen sehr mafsgebend für die Dauer selbst solcher Veredlungen sind, die anfangs gut miteinander verwachsen. Manchmal halten sich Veredlungen viele Monate hindurch frisch, ohne dafs sie miteinander überhaupt fest verwachsen. Bei krautartigen Ver- edlungen heterogener Arten oder derartiger Organe sieht man , dafs manchmal das Edelreis weiter treibt und sich kümmerlich bis zur Blüten- bildung entwickelt, schliefslich aber abstirbt. Soweit ich Einblick erlangte, war überhaupt keine Verwachsung eingetreten. Beide Teile können dabei ihr Bestes getan haben: ilu-e sämthchen fortbildmigsfähigen Ge- webe können Neubildungen produziert, ja stellenweise namhaften "Wund- callus hervorgebracht haben, aber es zieht sich zwischen diesen Gewebe- massen der beiden Teile ein brauner Streifen hindurch, der sofort er- kennen läfst , zu welchem Individuum das fragliche Gewebe gehört. Der braune Streifen ist entweder niu- durch die gequollene Wandung der äufsersten Zeilen gebildet oder auch durch Zusammenfallen ganzer Zellen der Wundränder verbreitert. Meist hat sich an der Grenze eine 830 ^"- Wunden. Korkschiolit durch Verkorknng der Membran der periplierischen Par- enchymzellen oder aulserdem nocli durch Erscheinen wirklicher Kork- zellen eingefunden. Auch bei Gattungen, welche schlieislich tatsächlich miteinander verwachsen, wie z. B. Iresine auf Alternanthera, findet man an ganzen Strecken der Veredlungsflächen ein Nebeneinanderwachsen der Kitt- gewebe, von denen jedes durch eine Korkschicht abgeschlossen ist. Ähnliche Fälle liefsen sich bei Wurzel Veredlungen (Bignonia) nachweisen, und bei Spaltpfröpflingen von Paeonia arhorea auf fleischigen Wurzeln der Paeonia officinalis liefs sich beobachten, dais die Wurzel- unterlage nur als Aufbewahrungsort für das Edelreis gedient hatte. Letzteres hatte Wurzeln gemacht, ohne irgendwo mit der Unterlage verwachsen zu sein. Die Wurzel Veredlung ist im allgemeinen eine sehr gute Methode. Auch bei unsern Obstbäumen ist sie schon von Sickler zu Ende des vorvorigen Jahrhunderts geübt worden, und später hat namentlich Seigerschmidt in Mako sich sehr empfehlend darüber geäufsert \). Wurzel- stücke von der Dicke eines Federkiels bis zu der eines Daumens erweisen sich, wenn sie mit feinen Wurzeln versehen sind, geeignet; sie werden in 8 — 12 cm lange Stücke geschnitten, durch Kopulation oder mit Geifsfufs veredelt, und die Veredlungsstelle wird mit Erde bedeckt, so dafs 2 — 3 Augen über der Erde bleiben. Alte Kern- und Steinobststämme, welche entfernt werden müssen, geben ein reichliches Material zu Unterlagen. Selbstverständlich müssen die Wurzeln sehr gesund sein. Noch mehr in Aufnahme ist bereits das Verfahren, die Rosen auf Wurzelstücke im Januar oder Februar zu veredeln; auch bei CJematis und manchen andern Holzpflanzen bürgert sich diese Veredlungsweise immer mehr ein. Dafs unter Umständen, die eine mangelhafte Verwachsung bedingen, die Lebensdauer einer Veredlung eine geringe sein wird, ist von vorn- herein zu vermuten. Ob aber der Veredlungsprozefs an sich die Lebens- dauer einschränkt, wie Thouin und Göppert aussprechen, bleibt dahin- gestellt. Dafs veredelte Obstbäume durchschnittlich kurzlebiger sind als wurzelecht weiter wachsende Sämlinge, ist nicht zu leugnen. Man kann auch zugeben, dafs ein Absterben der Bäume, wie Göppert be- obachtet hat, in der Demarkationslinie durch allmähliche Verrottung der Verbindungsstellen sich einleitet; aber es ist nicht zu glauben, dafs dieser Verrottungsprozefs eine reguläre Todes- oder auch nur Krankheits- ursache der veredelten Bäume sei. Man sieht im Gegenteil, dafs selbst schlecht verwachsene, ja anfangs blofs einseitig zusammengeklebte Kopulanten ganz gesunde dauerhafte Stämme geben können. Die alten Veredlungsstellen haben das festeste Holz ; der Sturm dreht die Bäume an jeder andern Stelle wohl leichter ab als gerade an der Veredlungs- stelle. Nur bei alten Stänrmen, die später umgepfropft werden, mögen die Beobachtungen Göppert's vielleicht als Regel gelten. Den durch- schnittlich früheren Tod der veredelten Stämme erkläre ich mir dadurch, dafs man eben nur bessere, aber auch gleichzeitig weichere Kultursorten veredelt, die, abgesehen von den Störungen, welche sie durch den Kulturschnitt erleiden, an und für sich empfänglicher gegen Wachstums - Störungen und atmosphärische Unbilden sind, wie die aus Samen erzogenen, fast immer mehr oder weniger der härteren Wildlingsnatm- sich nähernden Exemplare. 1) Wiener Obst- und Gartenzeitung 1876, S. 587. Wunden des Achsenorganes. 831 Gegenseitiger Einflui's von Edelreis und Unterlage. Betreffs der Einwirkung des Mutterstammes auf das Edelreis liegen seit langer Zeit Erfahrungen der Praktiker vor, dafs Äpfel, auf Johannisliolz (Paradiesapfel) gesetzt, sehr niedrig bleiben und bisweilen schon in dem auf die Veredlung folgenden Jahre fruktifizieren. Auf dem 8plittapfel werden die Formen schon gröfser; die Fruchtbarkeit tritt nach wenigen Jahren ein, während das Edelreis auf einer Unterlage von F/'ni!^ JlLdus die richtige Baumform erreicht, aber erst nach einer längeren Reihe von Jahren die Fruchtbarkeit erlangt ; bei Bhnen bilden die Quitte und der feuchten Boden liebende Weifsdorn die Zwergunterlage. Für rauhe und trockne Lagen ist von mehreren Seiten Pirus Malus pnmifolia major neben P. M. haccata cerasifornm , dem Kirschapfel als Unterlage für Apfel empfohlen worden ^). P. M. prunifolia, der aus Sibirien stammt, ist hart und auch als Strafsenbaum zu verwenden-, er imterscheidet sich durch seinen, in die Augen fallenden, stehenbleibenden Kelch von der Art P. M. haccata, zu welcher cerasiformis gehört, die den Kelch zur Reifezeit abwirft. Über die Lebensdauer der Stämme äufsert sich Lindemüth, dafs die auf Johannisapfel gepfropften Sorten ihr Leben selten über 15 — 2() Jahre bringen, während die auf Sämlingen edler, baumartiger Sorten von Malus veredelten Exemplare 150 — 2U0 Jahre alt werden können. Von sonstigen Literaturnotizen erwähnen wir noch folgende : Sauerkirschen auf Süfskirschen gedeihen weniger gut als diese auf jenen ^). Oberdieck sah Süfskirschen auf Sauerkirschen sehr fruchtbar tragen. Treyiranus^) zitiert: Nufsbäume und Kastanienbäume von den spät- ausschlagenden Varietäten sollen auf frühtreibenden niemals geraten (nach Cabanis, Tratte de la grrffe)\ dagegen soll bei Kernobst diese Methode der Veredlung später Sorten auf frühe von gutem Erfolge begleitet sein und eine frühere Reife der Früchte bedingen'*). Bei Pfirsichen schemt die Veredlung an sich, also sowohl von frühen auf späte Sorten und umgekehrt, von günstigem Erfolge zu sein. Gauthiek teilte der Pariser Societe cent. d'Horticulture ^) mit, dafs er Pfirsich im August oder September auf Zapfen (coursonncs) wie auf die Verlängerungs- triebe pfropfe mid zwar späte Sorten auf frühe und umgekehrt. Die Früchte sollen dadurch gTöfser werden, dais bei einem Baume, der mit spät reifender Sorte veredelt, die Früchte der Unterlage zuerst geerntet werden können, und dafs dann der Baum seine übrige Kraft auf die Ausbildung der Früchte an den Ästen der aufgesetzten , späten Sorte verwenden kann. Im umgekehrten Falle einer Veredlung auf späte Sorten werden die ganzen Bäume ki'äftiger, da späte Varietäten im allgemeinen einen üppigeren Wuchs haben. Ein älteres Beispiel von Duhamel*^) ist in dieser Beziehung er- wähnenswert. Mandel auf Pflaumen und umgekehrt wachsen zuerst ') Lieh, P^ttus Malus prunifolia major. Pomolog. Monatshefte 1879, S. 130. 2) LixDEMiTH, Vegetative Bastarderzeugung durch Impfung. Landwirtsch. Jahrbücher 1878, Heft 6. 3) TiiF.viRAsus, Physiologie der Gewächse II, 1838, S. 648 ff. ■•) V. Ehresfei.s. über die Krankheiten und Verletzungen der Frucht- und Gartenbäume. Breslau 1795, S. 108. ^) OuitiiEs, Vorteilhaftes Pfropfen von Pfirsichbäumen. Pomolog. Monatshefte V. Lucas 1879, S. 61. ®) DiHAMEL DU MoxcEAL", La phvsique des arbres 1758, II, S. 89. 832 V. Wunden. sehr gut an, aber gehen meist nach einem oder einigen Jahren zurück. Die Mandel hat ein viel üppigeres Wachstum, treibt früher im Jahre aus und bildet als Edelreis einen starken Wulst an der Veredlungsstelle. Es ist daher wahrscheinlich, dai's ein solches, früher und dauernd mehr Wasser beanspruchendes Edelreis so lange auf einer minder üppigen Unterlage gedeihen wird, als diese im Stande ist, aus ihrem gespeicherten Vorrat im Stamm dem jungen Reise zu genügen. Wird der Edelzweig mehrjährig, werden seine Bedürfnisse gröfser und kann er sich nicht, was häufig (Zwergstämme von Kernobst) der Unterlage akkomodieren, so geht er aus Nahrungsmangel allmählich zugrunde. Boden, Bewässerung, Sorte variieren die Erfolge sehr wesentlich. Umgekehrt wird eine zu frühe und üppige Unterlage einem mit weniger Ansprüchen auftretenden Edelreise mehr zuführen, als dieses aufnehmen kann. Das überschüssige Material der Unterlage ergeht sich nun in schnellen Neubildungen. Sind viele Knospenherde da, dann macht sich der Überschufs in der Produktion langgliederiger Schossen Luft. Wenn aber, wie bei den Veredlungen , die meisten Seitenzwoige und Augen unterdrückt sind, dann bleibt das Material dem Verdickungsringe des Stammes zur Ver- fügung. Es bilden sich statt der Prosenchymelemente Nester aus Parenchymholz, w^elche bei den Amygdalaceen leicht zu Gummiherden werden, wie ich beobachten konnte. Von älteren Beobachtern berichtet Duhamel , dai's die mit Pflaumenreisern besetzten Mandelunterlagen an den Veredlungsstollen durch Gummosis zugrunde gingen. Auch bei den ganz allgemein durchgeführten Veredlungen der Birnen auf Quitte und der Äpfel auf Paradiesapfel hat die Erfahrung gelehrt, dafs der Tod für schnellwüchsige Edelreiser um so schneller eintritt, je trockner der Boden und je weniger Wurzeln die Unterlage darin entwickelt. Die Edelreiser verschmachten leichter. Duhamel zitiert auch Fälle, dafs bei solchen Mifsverhältnissen zwischen Edelreis und Wildling betreffs der Wasseransprüche schon das einfache Ver- pflanzen den Tod durch Verschmachtung zur Folge hatte (Mandel auf Pflaumen), während die in der Schule stehen gebliebenen Stämmchen derselben Serie gesund blieben. Das Abschneiden der Wurzeln bei dem Verpflanzen hatte die augenblickliche Fähigkeit der Wasserzufuhr bei der Unterlage zu sehr vermindert. Auch Pfirsich auf Zwotschen sollen keine besonders haltbaren Verbindungen liefern (Pomolog. Monatshefte 1879, S. 370); das Edelreis soll rotgefärbtes Holz erhalten und bald zurückgehen. Ich schliefse hieran einen Ver- such mit Veredelung von Himbeeren auf Rom canina ^). Von den durch Kopulation aufgesetzten Rubusreisern sah ich auf einem Exemplar zwei Zweige sich entwickeln , von denen der eine vier normale Himbeeren trug. Im Herbst aber starb das Edelreis ab, und bei der Untersuchung fand ich, dafs die Verwachsung eine sehr mangelhafte gewesen war. Am oberen Teile des Kopulationsschnittes hatte nur der Wildling Ver- narbungsgewebe geliefert; dagegen war am untern Teile sowohl von Fiosa als auch von liuhus reichlich Wundcallus gebildet worden, der die normalen Verwachsungsvorgänge zeigte. Die immergrüne Belaubung scheint kein Hindernis für das An- wachsen auf laubabwerfenden Unterlagen zu sein. Reiser von Prunus Laurocerasus auf Pr. Padus , von Quercus Hex und Suhcr auf Q. sessüi- flora^ von Cedrus Lihani auf Larix europaea sollen gedeihen, während ') SoRAUKit, P., Rubus auf Ilosa. Zeitschr. f. Pflanzenkrankli. 1898, S. 227. Wunden des Achsenorganes. ^33 über ein Gedeihen laubabwerfender Greliölze auf immergrünen nocii nichts berichtet wird. Thouin^) widerspricht ersterer Behauptung. Von den bemerkenswerten Ergebnissen der DuHAMELschen Versuche sei hier erwähnt, dafs z. B. die Frucht der Wintercliristbirue auf Quitte ein zarteres, saftreicheres Fleisch und eine feinere, intensiver getärbte Schale erhielt gegenüber den aut Wildling veredelten Reisern. LiKCLEKC DU ÖABLüN-) beobachtete, dafs Birnen auf Birnen gepfropft weniger Resorvestoft'e in den oberirdischen Teilen speichern als auf Quitten- untcrlage , deren Wurzeln aber ärmer an Roservematerial würden. Letzterer Umstand könnte die gröfsere Fruchtbarkeit bei Veredlung auf Quitte erklären. Es ist merkwürdig, dafs bei einer so innigen Verbindung, die Birne und Apfel mit entfernter stehenden Unterlagen eingehen , sie gegenseitig nicht oder doch selten zu dauernder Vereinigung unter- einander zu bringen sind. Es liegen in dieser Beziehung schon ziemlich zahlreiche Versuche vor. So berichtet Knight^) von einem Apfel auf Birne, der ein Jahr lang eine reiche Ernte brachte, aber im Winter darauf einging. Die Früchte sollen auch ein schwarzes Kerngehäuse olme einen einzigen Samen besessen haben. Von den späteren Be- obachtern wird die Tatsache im allgemeinen bestätigt, aber hervor- gehoben, dafs günstige Ausnahmefälle vorkommen. So berichtet Direktor Stoll *) , dafs Apfelreiser auf Birnbäumen ganz gut angehen , auch sehr bald tragen, aber kleine Früchte bringen und meist im vierten .Fahre absterben. Obergärtner Seifert in Segeberg (Holstein) beschreibt eine fünfjälu-ige Apfelveredlung auf Birne als Unterlage , welche im vierten Jahre sechs gut ausgebildete Äpfel getragen hat {liihston- Pejiping). Die Früchte waren von gutem Geschmack, aber die Krone sehr schwachwüchsig. Von Birnenveredlungen auf Äpfeln sind mir mehrere günstige Resultate bekannt geworden. In Czerwentzitz bei Ratibor fanden sich viele Exemplare von Birnen , welche auf Äpfeln veredelt waren. Das Verfahren war seit zehn Jahren in Anwendung. Bei dem ersten Versuche (Geifshirtenbirne auf Apfel) zeigte sich, dafs die Früchte vom zweiten Jahre der Veredlung an auf der Apfel- unterlage um vierzehn Tage früher reiften als auf dem eignen Muttor- stamm. Das Edelreis hielt sich acht Jahre. Schwächere Unterlagen lieferten kein gutes Resultat; die meisten Sorten gingen zwar an, wuchsen aber nicht von der Stelle. Bei Wiederholung derselben Veredlung in mittlere Kli'onenäste gingen eine Anzahl Exemplare nach zwei bis drei Jahren ein. Die übrigen lebten noch einige Zeit künnnerlich weiter, ohne Früchte zu bringen. Aus derselben Zeit stammt eine Notiz ^) von GiLLEMOT , der selbst zweijährige Birnenveredlungen auf Apfelunterlage besafs. Ferner wurden bei ihm Kirschenreiser (Kgl. Amarelle) auf eine Pflaume (Prunus insititia) in die Rinde gepfropft. Die Reiser entwickelten sehr lange Triebe und im zweiten Jahre auch verhältnismäfsig viele und schöne Früchte, starben aber nach dem Fruchttragen sämtlich ab. ') Tjioinx, Monographie des Pfropfens. Deutsch von Berg 1824, S. 114. '^) Leci.khc KIT Sahi.ij.v, .Sur Tinfluence du sujet sur le ö-reffon. Conipt. rend. 1908, CXXXV, p. Ö23. 8) Hort. Transact. II, p. 201. *) Sroi.i., Das Veredeln von Birnen auf Äpfeln. Wiener Obst- und Gartenzeit. 1876, b. 10. ^) GiLLEMOT, Beitrag zur Veredlung verschiedenartiger Gewächse aufeinander. Wiener Obst- u. Gartenzeit. 1876, S. 121. Sorauer, Handbuch. 3. AuH. Erster Band. 5.j 334 ^- Wunden. Bis in die neueste Zeit hinein sind derartige Versuche von ver- schiedenen Seiten wiederholt worden; es haben sich jedoch bis jetzt keine weiteren empfehlenswerten Resultate ergeben als die, welche seit langer Zeit betreffs der Verwendung der Zwergunterlagen bekannt sind. In einigen Fällen hat sich herausgestellt, dals die Art der Ver- edlung ausschlaggebend für das Gelingen derselben ist. So berichtet beispielsweise Carrieke^), dafs die Birnenvarietäten Bon chretien Bans, Boycnne de Juillet, Beurre Gi/farä, Beurre Box nicht wachsen oder nach Produktion schwächlicher Triebe bald zugrunde gehen, wenn sie auf Quitte okuliert würden ((freffe en ecusson) ; dagegen ist der Erfolg ein ganz wesentlich günstiger, wenn man in den Spalt pfropft und namentlich als Edelreis eine Zweigspitze benützt. Die Fruchtbarkeit i:^t ungemein grofs. So soll auch Ligustrmn ovcdifolimn als Unterlage für die einzelnen Arten des Flieders sich verschieden verhalten. Nur Syringa Josilcea soll als Okulant (greife en ecusson) fortkommen , während S. Bniodi, persica u. a. nur durch Pfropfen in den Spalt (greife cn fente) sich gut entwickeln. Die Neuzeit hat dieser Frage eine besondere Aufmerksamkeit bei der Wein Veredlung im Kampfe gegen die Reblaus zugewendet. Die Zahl der darüber erschienenen Arbeiten ist ungemein grofs, so dafs wir nur auf einige hervorragende aufmerksam machen können. Zunächst stellte CouDERC^) durch eine Umfrage bei etwa 450 französischen Wein- bauern fest, dafs durch das Pfropfen selbst die Resistenzfähigkeit einer amerikanischen Unterlage gegenüber den Reblausangriffen gewöhnlich etwas herabgedrückt werde; aber auch die verschiedenen als Edelreis gebrauchten Sorten üben einen verschieden starken Einflufs aus. Doch kommen auch Fälle vor, in denen ein sehr zusagendes Edel- reis die Resistenzfähigkeit erhöhen kann. Dafs die Unterlage das Wachstum des Edelreises und namentlich auch seine Fruchtbarkeit beeinflufst, hebt u. a. Rayaz^) besonders hervor Präzise Zahlen über die Änderung der Trauben durch den Einflufs der Unterlage verdanken wir HoTTEK *). Derselbe untersuchte verschiedene Traubensorten, welche sowohl von den auf Biiparia veredelten als auch von wurzelechten Rebstöcken derselben Sorte stammten. Von neun Traubensorten waren 77 *^/o der Moste bei den veredelten Stöcken säurereicher als die der unveredelten Stöcke, von denen 65 ^lo mehr Zucker als die auf Amerikaner- unterlage besafsen. Diese Angaben stehen allerdings in Widerspruch mit denen von Gürtel ■'^), der die Früchte der gepfropften Reben gröfser, iln-e Schale dünner und die Samen weniger zahlreich, aber dicker fand. Der Saft war reicher an Zucker wie an Säure, ärmer an Aschenbestand- teilen, besonders Phosphaten, reicher an stickstoffhaltigen Bestandteilen, ärmer an Grerbstoff. Wir haben absichtlich beide Beobachtungen an- geführt, um zu zeigen, wie verschiedenartig die Unterlage wirken kann. Weitere Erfahrungen finden wir in den Denkschriften des Kaiserlichen Gesundheitsamtes zu Berlin. So bestätigt beispielsweise die fünfund- ') Carrikre, Quelqvies observations ä propos de la greffe. Revue hört. 1876, II, p. 208. ^) Aus dem Weinbau -Kongrefs vom 16. bis 19. August 1894 in Lyon; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895, S. 118. 3) Ravaz, L , Choix des porte-greffes. Revue de viticulture 1895, Nr. 100, 105, 106. •*) HuTTER, E., Der Einfluls der amerikanischen Unterlagsreben auf die Qualität des Weines; cit. Centralbl. f. Agrikulturchemie 1905, S. 625. ^) Gürtel, Gr., De l'influence de la greffe sur la composition dvi raisin. Compt. rend. 1904, t. CXXXIX, p. 491. Wunden des Achsenorganes. 835 zwanzigste Denkschrift die bereits erwähnte Beobachtung, dafs die amerikanische Rebe an Widerstandskraft gegen die Reblaus , Gelb- sucht u. a. verliert, wenn sie gepfropft wird '). Betreffs des technischen Verfahrens , das bei der Weinveredlung zur Anwendung gelangt, folgen wir den Angaben von Schmitthenner '''), der hervorhebt, dafs zurzeit der sogenannte Englische Zungen- schnitt fast allgemeine Anwendung findet. Es ist dies eine Form der Kopulation , bei der der Diagonalschnitt nur geringe Länge hat, dafür aber die Schnittflächen von Edelreis und Wildling noch einen axilen Einschnitt erhalten. Nun schiebt man das Reis mit einem Spalt- teil in den Spalt der Unterlage, so dafs Reis und Unterlage mit Gegen- zungen ineinander greifen. Der anatomische Befund zeigt, dafs bei der Robenveredlung mehr als bei jeder andern die Tätigkeit des Cambiums herabgedrückt wird; der nach der Veredlung entstehende Jahresring ist viel schwächer als der normale. Der Einflufs der Wunde ist viel bedeutsamer als bei der Veredlung anderer Gehölze und erstreckt sich bis zum nächsten Knoten, indem sämtliche Gefäfse mit verkorkten Thyllen ausgefüllt sind, welche Wundgummi enthalten. Schon früher hatte Tompa^) über das Veredeln der Reben im krautartigen Zustg,nde eingehende anatomische Daten geliefert. Übrigens wird die Weinveredlung erst dann zur vollen praktischen Wirksamkeit gelangen, wenn man als Unterlagen nicht die amerikanischen Arten, sondern deren Hybriden benutzt, die den einzelnen Örtlichkeiten an- gepafst sind"*). Seit dem vorigen Jahrhundert ist man der Bastardbildung durch Veredlung näher getreten. Das bekannteste Beispiel ist Cytisus Aclmni, der aus einer Veredlung von Cytisus iwrpureus auf LaJmrnum vulgare hervorgegangen sein soll und zeitweise nun seit 1826 in einzelnen Zweigen bald die Blüten der einen oder anderen Stammarfc produziert. Nach A. Braun ^) soll sich der Rückschlag zuerst 1(3 Jahre nach der Veredlung gezeigt haben. Laubekt*^) fand, dafs diese Rück- schlagsbildung als eine Knospenvariation anzusprechen sei, bei der die den Cyt/sus pwjmmts repräsentierende Zweigform auch in anatomischer Hinsicht ganz der echten Spezies gleicht. Beuerin'CK ^) findet, dafs diese Knospenvariation sich häufig durch Wundreiz wecken läfst. Ein anderes Beispiel wurde 1875 veröffentlicht^). In einem Wein- hause in England wurde ein Stock, der mit Black Alicante bereits ver- edelt worden, nach längerer Zeit noch einmal mit drei Sorten auf den Bloch Alicante veredelt. Eine dieser drei Sorten wurde später samt M Fünfundzwanzigste Denkschrift betreffend die Bekämpfung der Reblaus- krankheit. Bearbeitet im Kaiserl. Gesundheitsamte bis 1. Oktober 1903 2) ScHMUTHENNKK. F., Verwachsungscrscheinungen an Ampelopsis- und Vitis- Veredlungen. Internat, phytopath. Dienst 1908, Nr. I. ^) ToMPA, A. , Soudure de la greffe herbacee de la vigne. Annal. Instit. ampelologique hongrois. 1900, t. 1, Nr. 1. *) Tki.eki, AxDnn, Die Rekopstruktion der Weingärten usw. II. Aufl., Wien und Leipzig, Hartlebens Verlag, 1907. ^) Bot. Jahresber. 1878, S. 537. ^) Lauukim-, R., Anatomische und morphologische Studien am Bastard Lalmrnum Aäami Poir. Bot. Centralbl. Beihefte Bd. X, Heft 3. ■') Beueulnck, M. W., Beobachtungen über die Entstehung von Cytisus pioyiireus aus Cytif^us Adavü. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1908, Heft 2, S. 137. **) Grieve, CiTLFOKD, Buiiv S 1. EuMi xDs , Siugular Sport of a Grape Vine. Gard. Chron. 187-5, I, S. 21. 53* 836 V. Wunden. einem kleinen Stücke der Unterlage fortgeschnitten. Darauf zeigte ein mitten in dem Aste der zweiten autgesetzten Sorte {Trehhiano) stehender Sprofs einen Sporn mit Trauben, welche gänzlich der fortgeschnittenen Sorte {Golden Champion) glichen. Unterhalb und oberhalb des abnormen Spornes trug die Trebbianorebe wieder ihre charakteristischen Früchte. Es bleibt somit keine andere Annahme übrig, als dafs die weg- geschnittene Championsorte nach rückwärts hin einen Einüufs auf die Unterlage {Black Alicanie) und durch diese auf die seitlich veredelte Trebbianosorte ausgeübt hat. Ein anderer, sonderbarer, älterer Fall ist durch Lackner ^) bekannt ge- worden. Im Garten Palavicini bei Genua sah Lackner unter dem Namen Maravilla di Spana eine Orange {Bigaradia hizorro Riss.), die auf der Oberfläche zum Teil wulstige Streifen zeigte und auch dem- entsprechend im Lmern teils einer Citrone, teils einer Apfelsine und Cedrate glich. Diese Form ist nachweislich um 1(340 entstanden, wo ein Gärtner in Florenz einen Wildling veredelte, ohne dafs das Edelreis anwuchs. Unmittelbar unter der Veredlungsstelle entstand aber ein Zweig, welcher diese höchst merkwürdigen Früchte brachte. Die Blumen sind ebenfalls verschieden; einige erscheinen weifs, andere rot. Ln Jahre 1873 veröffentlichte die Revue horticole einen Fall, in welchem ein Herr Zen durch Veredlung neue Rosenvarietäten gezüchtet habe. Die Varietäten blieben konstant. Focke -) erwähnt eine weifse Moosrose, die auf eine rote Centifolie gepfropft worden war. Ein solcher Stock entwickelte aus der Basis Triebe, die teils weifse Moosrosen, teils Centifolien und auch Moosrosen mit zum Teil rotgefärbten Fetalen trugen. Aufser bei den hier besprochenen Rosen werden noch Pirns, Begoiiia, Oxyria und Äbies als Genera genannt, bei denen Pfropfmischlinge vorgekommen sind. Eine Rückwirkung des Edelreises auf die Unterlage sieht Daniel in einem Falle, in welchem alte, auf Quitte veredelte Birnen 2 m über dem Erdboden abgesägt worden waren. Aus den gänzlich entasteten Stumpfen entwickelten sich teils Zweige mit normalen Quittenblättern, teils solche mit Mischformen zwischen Quitte und Birne ^j. Derselbe Autor beschreibt in Gemeinschaft mit Jurie ähnliche Beispiele an ge- pfropften Reben, von denen Ravaz*) aber nachweist, dafs derartige Variationen auch an nicht gepfropften Reben auftreten. Solche Fälle von Verwechslung kommen mehrfach vor: man ist sehr leicht geneigt, Formenunterschiede auf den speziellen Einflufs der Veredlung zurück- zuführen, die in der Tat nur Variationen an üppigen Zweigen sind, wie solche nach starkem Zurückschneiden älterer Achsen sich geltend machen. Wir erinnern nur an die mannigfachen Blattformen des Stock- ausschlags bei Monis ^ Popuh(s u. a. nach dem Absägen der Stämme. Die meisten Irrtümer kommen bei den Pfropfversuchen mit kraut- artigen Pflanzen vor. Auch hier haben wir Versuche von Daniel ^), der Kohlrüben auf AUiaria und diese auf Grünkohl pfropfte und bei den 1) Lackner, Einflufs des Edelreises auf die Unterlage bei Orangen. Monats- schrift d. Ver. z. Bef. des Gartenbaues v. Wittmack 1878, S 54. -) Focke, Die Pflanzen-Mischlinge. Ein Beitrag zur Biologie der Gewächse. Bot. Centralbl. 1880, S. 1428. 3) Daniel, L., Un nouvel hybride de la greffe. Compt. rend. 1903, t. XXXVII. *) Eavaz, L., Sur les variations de la vigne greffee; reponse ä M. L. Daniel. Montpellier 1904. ^) Daniel, L., Creation des Varietes nouvelles au moven de la greffe. Compt. rend. 1894, I, p. 99? Wunden des Achsenorganes. 837 aus den Samen der gepfropften Exemplare entstandenen Pflanzen morphologische und anatomische Unterschiede gefunden hat. Hierher gehören auch die Kartotfelpfropfversuche und die Veredlungeii von Solanum Lycopersicmn auf Kartoffeln. Es liegen gerade betreti's der Ver- edlung verschiedener Solaneen aufeinander äufserst zahlreiche Ver- suche vor, die wir bereits in der zweiten Auflage dieses Handbuchs ausführlicher besprochen haben (S. 092 ff.) . Die eingeliendsten, bis auf die neueste Zeit fortgeführten Versuche verdanken wir Lindemuth, dessen Untersuchungen wir bereits in dem Abschnitt über Alhicatio (S. 071 ö'.) gedacht haben. Molisch \) hat frühere Versuche nachgeprüft und kommt in Übereinstimmung mit Strasbukgkk und Vöchting zu dem Resultat, dafs eine Entstehung von Pfropf hybriden zwar theoretisch wohl erklärlich wäre, aber tatsächlich nicht genügend nachgewiesen sei, da er und die genannten Beobachter gefunden hätten, dafs Reis und Unterlage stets ihre Natur in morphologischer Hinsicht beibehielten. Wir vermögen diesen Standpunkt nicht zu teilen, da namentlich die neuen LiNDEMUTHschen Versuche^) sowie die von E. Baur eine Beeinflussung der Unterlage durch das Edelreis genügend feststellen. Allerdings laufen in vielen Fällen Knospenvariationen nebenher, die mit dem stofflichen Einflufs des Edelreises auf die Unterlage nichts zu tun haben, sondern wahrscheinlich auf den Wundreiz zurückzuführen sind. Hemmungserscheinungen der verschiedensten Art, wie z. B. Drucksteigerung in der Knospenlage , können schon eine andere Ent- wicklung einer jungen Achse einleiten. Der Einflufs der Unterlage auf das Edelreis ist bei der Obstzucht eine bekannte Tatsache. AVir erinnern nur an die verschiedene Wirksam- keit der Unterlage auf ein und dieselbe Apfelsorte. Auf Doncin zeigt sich starker Holztrieb und spätere Fruchtbarkeit, auf Paradiesstamm geringer Holzwuchs und früher Fruchtansatz. Allgemeine Regeln lassen sich nicht aufstellen. Der Erfolg hängt nicht nur von der Pflanzen- spezies, sondern auch von den Nebenumständen (Alter, Standort, Er- nährungsform usw.) ab. Die natürlichen Verwachsungsprozesse. Am häufigsten treten uns in Hecken die Verschmelzungen zweier Äste entgegen, die von den verschiedensten Richtungen her aufeinander zu gewachsen sein können. Dasselbe läfst sich in dichten Baumbeständen an Wurzeln beobachten. Die Wurzelverwachsungen können in jugendlichem Alter der Organe stattfinden , in welchem die Epidermis noch teilungsfähig ist. Nach Franke'^) zeigt sich dieser Vorgang bei dem Efeu { Heder a Hei ix) und der Wachsblume (Hoija carnosa), bei denen die Epidermiszellen zweier benachbarter Wurzeln papillenartig aufeinander zu wachsen und ver- schmelzen, sodann sich teilen und dadurch ein wenigschichtiges Binde- gewebe darstellen, das allerdings nicht die Festigkeit besitzt wie das aus der Cambiumzone hervorgehende Kittgewebe bei zwei mit Borke versehenen Wurzeln älterer Holzpflanzen. Hier stellt sich derselbe >) MonscH, H., Über Pfropfungen. Lotos 1896 ; cit. Bot. Jahresber. 1897, 1, S. 155. 2) Lindemuth, H., Kitaibelia \'itifolia Willd. mit goldgelb marmorierten Blättern. Gartenflora 1899. S. 4:^1. — Über Veredlungsversuche mit Malvaceen. Ibid. 1901, Nr. 1 ^) Franke, Beiträge z. Kenntnis der Wurzelverwachsuniien. Beiträge z. Biologie der Pflanzen von F. Cohn, Bd. III, Heft 3: cit. Bot. Centralbl. 1882, Bd. X, Nr. 11, S. 401. 838 V. Wunden. Vorgang wie bei der Versclimelzmig oberirdischer Organe ein. Die Rinde an den Berührungsstellen wird teils nach aufsen gedrängt, teils inselartig eingeschlossen; das Cambium produziert dort nicht mehr, wo der Druck an der Berührungsstelle sich geltend macht, und ver- schmilzt zu einer gemeinsamen , beide Wurzeln umfassenden Schicht, die alljährlich bei genügender Ernährung neue Holzlagen über die Verwachsungsstelle legt. Bezüglich der anatomi- schen Verhältnisse bei der Verwachsung von Stämmen verweisen wir auf die Ar- beiten von Küster^) und er- wähnen hier nur noch einen von uns selbst beobachteten seltenen Fall. Derselbe fand sich im Ellguther Forste bei Proskau an einer Kiefer, an deren kräftigem Stamm ein zweiter, dünnerer Stamm an mehreren Punkten durch natürliche Abiaktion festge- wachsen ist. Die Basis des schwächeren Baumes ist vor vielen Jahren abgehauen worden , so dals derselbe seine Nahrung aus- schliefslich von der älteren Kiefer beziehen mufs. Beide Stämme waren zur Zeit der Beobachtung vollkommen ge- sund und bilden eine gemein- same Krone; nur wollte mir scheinen, als ob der ablak- tierte, wurzellose Stamm et- was kürzere Nadeln besessen hätte. Von einer anderen Kiefer besitze ich ein Stammstück, bei welchem die Spitze eines etwa 5 cm dicken Astes in die Hauptachse hinein sich gebohrt hat und in derselben gänzlich verschwunden ist. Es ist dies ein Beispiel für die sogenannten „gehenkel- ten Stämme". Sämtliche Vorgänge dieser Art beruhen auf der Fähigkeit des cambialen Gewebes, Verkittungsschichten zwischen verschiedenen Achsen zu bilden. Die Prozesse unterscheiden sich von den Ver- mmmm Fig. 201. Kiefer aus ilrin KUi^nither l^orste,_ bei der ein Stamm einen zweiten durch natürliche Abiaktion verbundenen , wurzellosen Stamm dauernd mit ernährt. (Orig.) ') KOsTKR, E., Über Stammverwachsungen. Jahrb. f. wäss. Bot. Bd. XXXIII, Heft 3. — Pathologische Pflanzenanatomie. Jena 1903, Gustav Fischer, S. 178 ff., Abschnitt Wundholz. Wunden des Achsen organes. 839 edlimgen niu" dadurch , dals die später miteinander verwachsenden Cambialschichten zunächst durch die Rinde der Pflanzenteile von- einander geschieden sind. Diese mufs erst durch allmähliche Reibung entfernt werden. Ist die Verschmelzung der Achsen vor sich gegangen, dann lagert sich alljährlich ein zusammenhängender Holzmantcl über die Verwachsungsstelle. Manchmal liegen gröi'sere, braune Partien ab- gestorbener Rinde mitten in der Verwachsungsfläche, was sich durch die unebene Beschalfenheit der miteinander in Berührung tretenden Achsen erklären läi'st. Wenn zwei mit Borkenschuppen bekleidete Stämme einander berühren, so reiben sich zunächst die hervorragendsten Stellen gegenseitig ab und verwachsen miteinander zuerst , während tieferliegendo Furchen gar nicht an der Verwachsung teilnehmen, sondern von dem neuen Gewebe eingeschlossen werden. In Wäldern, namentlich Fichten- und Kiefernwaldungen, begegnet man häufig Zwillingsstämmen, welche auf verschieden lange Strecken von der Basis aus miteinander verwachsen sind. Seltener sind die Fälle, in denen Stämme isolierten Ursprungs in den höheren Regionen ihrer Hauptachse miteinander verwachsen. Manchmal zeigt der Querschnitt der Basis eines Zwillingsstammes drei Centren. Bei Koniferen ist der mittelste , dritte Stamm in der Regel verkiehnt. Hier ist jedentalls in der Jugend der Gripfel der Haupt- achse abgebrochen worden, und zwei Seitenaugen haben das Wachstum übernommen. Anstatt wagrechte Äste zu bilden, haben sich diese zu zwei Gipfeltrieben entwickelt, welche nach einer längeren Reihe von Jahren die absterbende Hauptachse gedrückt und endlich umwallt haben. Ihre gegenseitigen Umwallungsränder haben sich allmählich miteinander vereinigt, und schliel'slich ist ein einziger, zusammen- gedrückter Cylinder aus den drei Achsen geworden. Dafs die Verwachsung auch zwischen Teilen von Individuen ver- schiedener Arten vor sich gehen kann, ist nach den bei dem Ver- edlungsprozesse erwähnten Versuchen als feststehende Tatsache an- zunehmen. Fichten und Tannen, Apfel und Birnen und diese mit Quitte, Mandel mit Pflaume u. dgl. dürfen als bekannte Beispiele gelten. Es ist jedoch auch hier sicherlich eine Grenze in der Ver- wandtschaft der Pflanzen vorhanden, über welche hinaus eine wirk- liche Verwachsung trotz innigster Berührung und starker Reibung nicht statthaben wird. Es finden sich zwar in der Ijiteratur eine ganze Anzahl Mitteilungen über Verwachsungen sehr heterogener Pflanzen, indes beruht gewifs ein Teil dieser Angaben auf irrtümlicher Beobachtung M, indem man Verwachsungen annahm , wo nur Um w a c h s u n g e n stattfanden. Nach den bisher so ausführlich dargestellten Vorgängen der Wund- heilung dürfen wir hier wohl, ohne mifsverstanden zu werden, aus- sprechen , dals sich der scheinbar so starre Holzkörper eines Baumes in alle möglichen Formen bringen läfst, wenn das aus dem Carabium- ringe hervorgehende Gewebe in bestimmter Weise eingeengt wird. Man kann auch bildlich recht gut sagen, dafs sich der Holzstamm um alle, seinem Dickenwachstum dauernd im Wege stehenden Körper herumgiefst, dieselben überwölbt und gänzlich einzuschliefsen imstande ist. Beispiele von sog. eingewachsenen Steinen, Fichten- zapfen, ja selbst Tiermumien sind mehrfach beobachtet worden. ^) MoQUiN Taxdon, Pflanzen-Teratologie , deutsch von Schauer 1842' S. 274. Masters, Vegetable Teratology 1869, S. 55. 840 V. Wunden. Wir können um so mehr die Aufzählung von einzehien BeisjDielen unterlassen, als wir jetzt eine ganze Anzahl äufserst anregend ge- schriebener Bücher über merkwürdige Bäume und andere botanische Naturdenkmäler aller ^Art [besitzen. " Das lehrreichste dürfte zurzeit das Werk von Ludwig Klein ^ ) sein , das durch mehr als 200 nach photographischen Naturaufnahmen angefertigte Abbildungen besonders berufen erscheint, die Liebe für die ßaumwelt zu wecken und zu fördern. Wundschutz. Vom natürlichen Wundschutz haben wir teilweise schon gesprochen, insofern er durch Korkbildung hervorgerufen wird. Bei dem Holzkörper der Bäume aber findet sich keine die Wundfläche sclmell deckende Kork- lage, sondern es füllen sich die Gefäfse an allen den Stellen mit Thyllen oder einer gummiartigen, in kochender Salpetersäure meist leicht (bei den Correen schwer) löslichen Substanz (Wundgummi), wo gesundes an abgestorbenes Holz grenzt. Die Thyllen sind in der Regel von etwas Gummi begleitet. Beide Ausfüllungsarten machen das Holz der Aststumpfe für Wasser und Luft völlig undurchdringbar und bilden innerhalb der Vegetationszeit einen schnellen Verschlufs. Aus dieser Beobachtung ergibt sich, dafs wir gut tun, im Winter kurz vor Beginn der cambialen Tätigkeit die Bäume auszuschneiden^). Bei einer gröfseren Anzahl von Holzgewächsen füllen sich die Ge- fäfse und häufig auch einzelne der anderen Holzelemente mit kohlen- saurem Kalk^). Derselbe zeigt sich in der Regel im Kernholz und denjenigen Gewebepartien, deren Zellen dem Kernholz ähnliche chemische und physikalische Beschafienheit haben wie das vom Kernholz um- schlossene Mark und das tote, verfärbte Holz in den Astknoten und an Wundstellen. Diese Ausfüllung ist eine meist so vollständige , dafs man nach dem Verbrennen solcher Holzteilchen solide Kalkabgüsse der Zellen sieht, welche den Kalk enthalten haben. Der Vorgang läfst sich so erklären, dafs überall da, wo sich für das die Holzzellen und Ge- fäfse durcheilende Bodenwasser, das den Kalk als doppelt kohlensauren enthält, Gelegenheit findet, Kohlensäure abzugeben, sich der nun nicht mehr- gelöst bleibende Kalk als Niederschlag auf der Lmenseite der Gefäfse absetzt. Lii lebendigen Kernholze, das nicht wie der Splint noch das Kalksalz schnell verarbeitet, wird eine jede Temperaturerhöhung ein Entweichen von Kohlensäure veranlassen und einen Niederschlag von Kalk einleiten. Bei den Wunden wird durch das Freilegen des Ge- webes ebenfalls die Kohlensäure verschwinden. Während nun der Splint, der keinen Kalk ablagert, durch die Thyllen- resp. Gummi- bildung (wahrscheinlich infolge des Eintritts von Luft in vorher saft- führende Gefäfse) sich vor dem Eintritt der Atmosphäre schützt, sehen wir bei Kernholz die Kalkablagerung als Schutzmittel auftreten. Im normalen Stamm tritt die Kernholz bildung erst in fort- geschrittenen Altersstadien auf-, nach Verwundungen aber leitet sie sich ^) Klein, Ludwiu, Bemerkenswerte Bäume im Grofsherzogtum Baden. Heidel- berg 1908, Winter's Üniversitätsbuchhandlung. ■••') BdHM, Über die Funktion der vegetabilischen Gefäfse. Bot Zeit. 1879, S. 229. — Die äufserst reiche Literatur über Thylleubildung findet sich bei E. Küster, Pathologische Pflauzenanatomie, 1903, S. 98 ff. ^) Moi.iscH, Über die Ablagerung von kohlensaurem Kalk im Stamme dicotyler Holzgewächse. Sitzungsber. d. mathemat.-naturwissenschaftl. Klasse d. k. Akad. d. Wissensch. zu Wien, Bd. LXXXIII, Nr. IM (1S81). Wunden des Achsenorganes. 841 sofort ein und gibt Veranlassung zur falschen K e r n b i 1 d u n g M , die durch die Mitwirkung von Pilzen und Bakterien zum Faulkern^) sich umgestalten kann. Dieses Eingreifen von Mikroorganismen hat zur Aufstellung einer Reihe parasitärer Krankheiten geführt, die aber im wesentlichen auf Störungen im Wundheilungsprozefs beruhen. Wir nennen in erster Linie den Wundgummi, Diese Krankheit ist von Prillieux als ,,Goniniof!c hacilJairc" be- schrieben und von Viala als „Roncct" angesprochen worden. Die Blätter bleiben zwar grün, aber sind unregelmäfsig tief eingeschnitten und verunstaltet. Das Holz zeigt im Querschnitt schwarze Punkte mid Flecke , die sich vergröfsern und seine Konsistenz lockern. Später lösen sich die Bastlagen vom Holze, An den Schnittflächen, von denen die Krankheit ausgeht, entstehen Risse, die von Saprophj^ten besiedelt werden, und nach 3 — 5 Jahren sah Prillieux den Tod des Stockes eintreten. Die schwarzen Punkte im Holze rühren von einer gummösen Ver- änderung her, indem die Gefäfse und die Zellen des Holzparenchyms mit braunem Gummi, das von Bakterien (bewegliche Stäbchen) wimmelt, erfüllt sind. Die im Mai im Laboratorium vorgenommene Impfung liefs Prillieux die charakteristischen Merkmale der Krankheit wieder erkennen, welche mit denen des „Malnero" von Baccarini grofse Älmlich- keit haben. Viala und Fokx sowie Mangin sprachen sich im Gegensatz zu Prillieux dahin aus , dafs die geschilderten Krankheitserscheinungen durch die verschiedensten Ursachen veranlafst werden können und auch an gesunden Stöcken nicht fehlen. Die MeinungsdiÖerenz wurde durch die Arbeit von Rathav*^) ent- schieden, der zunächst nachwies, dafs Gummi in ganz gesunden Reben vorkommt. Bei gesunden einjährigen Triel^en von Vith riparin sah Rathav aus den Gefäfsen gallertartige Fäden hervortreten, die aus Gummi bestanden. Die mit Gummi angetüllten Röhren („Gummi- gefäise") sind in Fig. 2U2, 1 zu sehen. Dasselbe gab die Farben- reaktionen der Pentosen, Bei Vitis vinifera, Labru>ica, Solonis, arizonica u. a, konnte die Reaktion erst im zwei- und mehrjährigen Holze auf- gefunden werden. Wo dieser Vorgang schon in jungen Reben auftrat, konnte er nicht vor Juli beobachtet werden. Das Gummi wird durch Druck hervorgeprefst. In den Wm-zeln ist der Vorgang spärlicher. An zwanzigjährigen Stöcken erkennt man, wie Rathay berichtet, dals auch beim Wein ehie normale Kernholzbildimg sich endlich einstellt; nur erfolgt dieselbe unregelmäfsig, indem einzelne Stellen des inneren Splintholzes in die Veränderung eintreten und dadurch die braunen Flecke erzeugen, die Prillieux als Zeichen der Gominosc baciUaire beschrieben M Tuzsox, J. , Anatomische und mvkologisclie Untersuchungen über die Zer- setzung und Konservierung des Eotbucltienholzes. Berlin 1905; cit. Centralbl. für Bakt, 1905, II, Bd,. XV, S. 482. ■-') Herkmaxx, über die Kernbildung bei der Buche. Xaturf. Ges. Danzig; cit. Bot. Centralbl 1905, Bd. XCIX. ») Rathay, E., Über das Auftreten von Gummi in der Rebe und über die „Gommose bacillaire". — Kuemi.a, H. , Über Verschiedenheiten im Aschen-, Kalk- und Magnesiagehalt von Splint-, "Wund- und Wundkernholz der Rebe. _ Jahresber. d. k. k. önolog. u. pomolog. Lehranstalt in Klosterneuburg. Wien 1896. 842 V. Wunden. hat. Prüft man nämlich eine solche fadenartig im Splintholz abwärts sich ziehende braune Stelle (Fig. 202, .5), so sieht man die weiten Gefäfse erfüllt mit einer braunen Gummimasse und in derselben kristallinische Niederschläge von kohlensaurem Kalk (Ä') ; die Inhalte der um das Gefäis gelagerten Holzparenchym- und Markstrahlzellen sind tief braun, und die benachbarten engeren Gefäfse (t) sind mit Thyllen ausgefüllt. Stärke war nur im Splint ; an deren Stelle waren im Kernholz braune Körner, welche mit Eisenchlorid blauschwarz wurden. Gefäfsverstopfüngen fanden sich nicht im Splint, sondern nur im Kernholz : sie wurden ver- ursacht zunächst durch Thyllen , die im inneren Kernholz sogar aus- schlielslich auftraten, während in dem äufseren Kernholzringe die Ver- stopfung durch Gummi und Kalk vorherrschte. Manchmal erwiesen sich ganze Reihen von Gefälsen des Herbstholzes mit (meistens kohlen- saurem, bisweilen oxalsaurem) Kalk erfüllt (Fig. 202, 4). Der in den jüngsten Teilen des Kernholzes abgelagerte kohlensaure Kalk wird später wieder aufgelöst. Ebenso verschwindet der grofse Gummireichtum des Splintes bei dessen Übergang zu Kernholz. An einer Querwunde stirbt das der Wundiläche anstofsencle Ge- webe mehr oder w^eniger tief ab. In dem darauffolgenden lebendigen Gewebe erfolgt zunächst die Gefäfsverstopfung durch Gummi, weiter abwärts durch Thyllenbilclung. Dafs es die Holzparenchymzellen sind, welche das Gummi ausscheiden, geht daraus hervor, dafs die Gefäfse nur an den an diese Zellen anstofsenden Teilen Gummitröpfchen und Gummibeläge haben, während dort, wo sie an Nachbargefäfse anstofsen, das Gummi fehlt. An den Wunclflächen beginnen die Veränderungen, welche das Kernholz charakterisieren, viel früher als im normalen un- verletzten Stamme, gehen aber nur so weit abwärts, als eben der Wundreiz wirksam war, und ist deshalb als „Wundkernholz" , das von anderen Beobachtern als „Falscher Kern" angesprochen wird, vom eigentlichen Kernholz zu unterscheiden. An den von der V\^undfläche ausgehenden Einzelherden der Kernholzbildung, die als braune Gewebe- streifen sich im Splint abwärts ziehen , findet man in der Nähe der Schnittfläche viele Bakterien, aber n i c h t i n den t i e f e r e n R e g i o n e n. Das Krankheitsbild stimmt also mit der Gommose hacülaire, und diese ist deshalb nur als eine unmittelbare Folge der Verwundung älterer Stammteile aufzufassen. Dieser Wundreiz dürfte vorzugsweise auf das Protoplasma der die Gefäfse umgebenden Holzparenchymzellen wirken, sich wegen der Continuität des Protoplasmas benachbarter Zellen mithin fortpflanzen und die Holzparenchymzellen zu einer verfrühten Thyllen- bildung anregen ; diese Zellen altern und sterben deshalb vorzeitig ab. Mit der Thyllenbildung hört die antangiich sehr reichliche normale Gummisekretion auf. Der besclmebene Vorgang wird bei Vergleichung der beistehenden Figuren übersichtlicher. In Fig. 202, 2 (Alkoholpräparat aus einem zehnjährigen Aste von Vitis riparia) zeigt j die Grenze zweier Jahresringe-, ni, m Markstrahlen, g Gummigefäfse , g ein ebensolches mit stark kontrahiertem Gummi- inhalt. Rechts (Fig. 1) sind zwei Gummigefäfse aus einem einjährigen Triebe von Vitis vinifcra (blauer Trollinger) dargestellt; sie zeigen in der Mitte den kontrahierten Gummiinhalt. Von den Gefäfswandungen ist nur der innere Kontur gezeichnet. Fig. 3 ist der Querschnitt eines braunen Holzfadens aus dem Splinte eines sehr alten Rebstammes. J,j,j,j Grenzen der Jahresringe , /*; ein radialfaseriges , kristallinisches Aggregat von kohlensaurem Kalk, eingebettet in der braunen Gummimasse eines weiten "Wunden des Achsenorganes. 843 ^^?ßSPSP^ Fig. 202. Gefäfsverstopfnngen bei einem an Wundfäule leidenden Weinstock. (Xach RATHAr.) 844 V. Wunden. Gefäfses ; der Inhalt des angrenzenden Holzparenchyms, der Libriform- fasern und Markstrahlzellen ist tief gebräunt, und die nächst gelegenen Gefäfse ü sind mit Thyllen erfüllt. Fig. 202, i ist ein Gefäfs mit zugehörigen Holzparenchymzellen aus dem unter der Entgipflungswunde eines einjährigen Triebes befindlichen abgestorbenen Holzteil im Querschnitt. Es enthält neben farblosem. Gummi radialstengelige Aggregate von oxalsaurem Kalk. Die untere Figur ist ein Gefäfs mit umgebendem Holzparenchym aus dem Kernholz eines sehr alten Rebstammes. Das Gefäfs ist mit Thyllen angefüllt und enthält in diesen kristallinische Aggregate von kohlensaurem Kalk (nach Rathay), Wir haben diesen Fall hier vorgeführt, weil er als Typus für viele andere Fälle die Gummibildung als Folge des Wundreizes ver- anschaulicht und gleichzeitig zeigt, wie leicht Krankheiten als absolut parasitär hingestellt werden, bei denen es sich nur um die nachträgliche Ansiedlung von Wmidbewohnern handelt. Dies bezieht sich ganz besonders auf krautartige , fleischige und saftige Organe, und in dieser Beziehung ist eine Arbeit von Spiecker- MANN ^ ) hervorzuheben, der besonders darauf hinweist, wie bakterienfest eine verkorkte Membran ist , wie notwendig ein bestimmter hoher Feuchtigkeitsgehalt der umgebenden Luft und auch der Wassergehalt des Gewebes selbst, abgesehen von dessen spezifischer Empfänglichkeit, sich erweist, damit selbst von einer Wundfläche aus eine bakterielle Zersetzung sich einleiten kann. Die Schleimflüsse der Bäume. Im Anschlufs an das bei der „Gommose bacillaire" erwähnte Ver- hältnis der parasitären Besiedlung- von Wundflächen erwähnen wir die Erscheinung, dafs sehr häufig bei einzelnen Exemplaren der ver- schiedensten Bäume eine auch im Sommer oft feucht bleibende ab- weichend gefärbte, meist schleimig bis gallertartig, bisweilen lehmartig aussehende Rinne bemerkbar ist. Unserer Auffassung nach handelt es sich um ein abnormes Bluten der Stämme aus Wunden, die sich nicht schliefsen können. Molisch ^) hat nachgewiesen, dafs bei jeder Wunde, die zu überwallen beginnt, sich ein lokaler Blutungsdruck geltend macht. Infolge der Ver- wundung werden das Cambium sowie die parenchymatischen Elemente des Holzes und der Rinde zu erhöhter Tätigkeit und Zellteilmig an- geregt. Damit verbunden ist eine solche Turgorsteigerung , dafs aus der Wunde oft unter ganz enormem Druck (bisweilen bis zu 9 Atmo- sphären) Wasser ausgeprefst wird. Wenn man die Analysen des Saftes, der bei dem Tränen des Wein- stocks ausfliefst '^j , zugrunde legt, so darf man in den Biutungssäften ') Spieckkkmanx, A., Beitrag zur bakteriellen Wundfäulnis der Kulturpflanzen. Landwirtsch. Jahrbücher 1902, S. 155. '-) Moi.iscH, H., Über lokalen Blutungsdruck und seine Ursachen. Bot. Zeit. LX; cit. Just's Jahresber.. 1902, II, S. 618. ■^) Ravizza, f.. Über das Thränen der Weinrebe usw. Staz. sperimentali 1888; cit. Biedermann's Centralbl. f. Agrik. 1888_, S. 541. Nach den Untersuchungen von Neuisauki! und v. Caxsiein (Annalen der önologie, Bd. IV, 1874, Heft 4, S. 499ff.) enthielt der im frischen Zustande wasserhelle, neutrale, aber leicht durch Bakterien- vegetation sich trübende und dann alkalisch reagierende Rebensaft (gesammelt im" trocknen Jahre 1874) pro Liter 2,1204 g fester Substanz; davon waren 0,7408 g Wunden des Achsenorganes. 845 aufser geringen Mengen organischer Substanz auch Stickstolf, Phosphor- säure und Kali als vorhanden ansehen, also eine Nährlösung voraus- setzen, die zur Ansiedlung und Vermehrung von Mikroorganismen sehr gut geeignet ist. Diesen hat nun Ludwig ^) ein eingehendes Studium gewidmet. In einer Reihe von Veröffentlichungen beschreibt er einen "Weil'sen Schleimflul's bei Eichen, Birken, Salicineen u. a. durch Leuconostoc Lagerlieini i I hndw., dem sich verschiedene Alkohol erzeugende Pilze hinzugesellen {Saccharomyces Ludivkjü Hans. usw.). Ein bei Äpfeln, Birken, Pappeln, Rofskastanien und andern Obst- und Chausseebäumen auftretender „Brauner Schleimflufs" zeigt Micrococcn^ (hndroporthos Ludw. , dem sich Torida mondioides Cord, zugesellt. Einen „Roten Schleim" fand Ludwig im Spätsommer auf den Stümpfen alter, gesmider Buchen und beobachtete dabei eine fädige Bakterie (Leptothrix?) und Fusarium moschatum. Demselben Fadenpilz begegnete er in einem gelblich- w^eifsen Blutungssaft von gallertartig knorpeliger Konsistenz bei der Linde und vereinzelt bei der Birke. An frischen Astwunden von Hainbuchen fand Ludwig gegen Mitte April einen wie Milch aussehenden Schleim, der Endomyces veriudis Ludw. neben Alkohol erzeugender Hefe enthielt. Von tierischen Begleitern derartiger Ansiedlungen , von Bakterien und Pilzen finden wir in einer späteren Arbeit Ludwig's -j Milben (Hericia) und Älchen (liliahditis) erw^ähnt. Eine Liste sämtlicher Bew^ohner der Schleimflüsse, die nicht nur bei uns, sondern auch in den Tropen nach- gewiesen worden sind, finden wir in der Zeitschrift für Pflanzenki'ank- heiten 1899, S. 13. Es ist selbstverständlich, dafs diese Liste immer w'ieder ergänzt werden wird, je nachdem die einzelnen Lokalitäten spezifisch angehörenden Miki^oorganismen Gelegenheit erhalten, an Blutungsw'unden der Bäume sich anzusiedeln. Die genannten Organismen dürften nur insofern für die Bäume als Schädiger anzusprechen sein, als sie durch ihre Ansiedlung den Wund- schlufs verzögern oder verhindern. Die erste Veranlassung der Schleim- iiüsse sind eben Wunden, die durch Frost, Blitzschlag, Tiere usw. ver- anlafst worden sind und periodische Blutungen einleiten. Sollte es w^irtschaftlich notwendig sich erweisen, diese Schwächungsursachcn zu heben, so könnte nur ein sorgfältiges Ausschneiden der kranken Stellen und Verschlufs der frischen Wundränder dm-ch Anstrich mit Stein- kohlenteer zu empfehlen sein. "Wurzel Verletzungen. Nachdem wir eingehend die Überwallungsvorgänge der oberirdischen Achse nach den verschiedensten Verletzungen besprochen haben, können Mineralbestandteile und 1,3796 g organische Substanz. Eine Aschenanalvse ergab an Kali 10,494» o, Schwefelsäure l,437"'o, Ei^enoxyd 0. 188*^0, Phosphorsäure 2,82'2''/o, Kalk 41,293" 0, Magnesia 5,534 O'o, Kohlensäure 34,79 TVo, Chlor 2,^57 »/o, Kieselsäure 0,810 'Vo der Rohasche. Aufserdem fanden sich ein organisches Maguesiasalz, Gummi, Zucker, weinsteinsaurer Kalk, Inosit, Bernsteinsäure, Oxalsäure und un- bekannte Extraktivstoffe vor. Eotondi und Giuzzoni (Biederinann's Centralbl. 1879, S. 527) geben neben Stärke auch Zucker au, den die Nkiuai Kn'schen Untersuchungen im frischen Saft nicht aufgefunden haben. Erst der eingedunstete Saft, welcner unter Abgabe von Kohlensäure und Ausscheidung von phosphorsaurem Kalk unter Gelbfärbung eine schwachsaure lleaktion annahm, zeigte alle Zuckerreaktionen. 1) LiTi.wrt;, F., Der Milch- und Rotflufs der Bäume und ihre Urheber. — Über das Vorkommen des Moschuspilzes im Saftf lufs der Bäume ; cit. Zeitschr. f. Pflanzen- krankheiten 1892, S. 159, 160. ') Ludwig, F., Über die Milben der Baumflüsse und das Vorkommen des Hericia Bobini Canestrini in Deutschland. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1906, S. 137. 846 V. Wunden. wir uns betreffs der Heilung von Wurzelwunden kurz fassen. Sie ent- sprechen denen der oberirdischen Achse und erleiden nur insofern Modifikationen , als das umgebende Medium oft störend in den Über- wallungsvorgang eingreift. Bei grofser Bodenfeuchtigkeit beispielsweise ist das Stadium der Callusbildung ausgedehnter, die Umbildung des Callusgewebes zum festeren Überwallungsrand eine langsamere und die Möglichkeit einer Infektion durch holzzerstörende Pilze eine gröl'sere. Diese Faktoren verlieren aber an Bedeutung, wenn die Wundfläche offen zutage tritt. Der Einflufs von Licht, Wärme und Trockenheit erleichtert dann den Wundschlufs und läfst selbst grofse Wundflächen ohne weitgreifenden Einflufs auf den Gesundheitszustand der ganzen Wurzel. Den besten Beweis liefern die vom Publi- kum stark besuchten Wälder in der Um- gebung grofser Städte , wo die flacli- streichenden starken Wurzeläste durch den Fufstritt der Besucher oberseits be- ständig abgeschliffen werden und trotzdem Gelegenheit finden, die Wundflächen immer noch durch Überwallungsränder zu um- grenzen. Beistehende Figur zeigt eine derartig abgetretene Wurzel, bei der nur noch die erstgebildeten Jahresringe ober- seits intakt sich erweisen. Im Querschnitt ist angedeutet, dafs von der verletzten Stelle aus eine parasitäre Wundfäule nicht eingetreten ist ; der untere Teil der Wurzel zeigt gesundes Holz. Am meisten Beachtung verdienen die Wunden, die bei dem Verpflanzen der Bäume entstehen. Das Verpflanzen ist eine notwendige , nicht zu umgehende Arbeit bei jedem Baumschulbetriebe; denn derselbe läuft darauf hinaus, dem Käufer Bäume zu liefern, die nach dem Transport an ihren definitiven Standort eine mög- lichst grofse Fähigkeit zeigen, bald wieder anzuwachsen und sich kräftig weiter zu entwickeln. ■El- OAQ -n^i 1 ^ i 1 T? 1 Bei dem Verpflanzen älterer Bäume Tiff. 203. Flaciistreicliciide Erlen- •, i i . • i n^ t- i Wurzel, durch Fufstritte abge- ^^^ ^109^1 entwickelten Kronen und weit- schliffen. (Orig.) verzweigtem Wurzelwerk ist das Abhacken stärkerer Wurzeläste nicht zu umgehen, daher die Gefahr des Eintritts einer parasitären Wurzelfäule , die allmählich in den Stamm hinein sich fortsetzt, eine sehr naheliegende. Aber selbst wenn dieser Gefahr dadurch vorgebeugt wird, dafs die Hieb- oder Sägewunden sofort mit Teer bestrichen werden , bleibt das Verpflanzen alter Bäume immer eine gefälirliche Operation, weil der Wurzelapparat bis zur Bildung neuer Wurzelfasern aufser Tätigkeit gesetzt wird und die Krone während dieser Zeit von dem im Holzkörper gespeicherten Wasservorrat zehren mufs. Bei der gegen- seitigen Abhängigkeit der unter- und oberirdischen Achsen von- Wunden des Achsenorgaues. 847 einander 1) ist es notwendig, dafs die Krone des verpflanzten Baumes entsprechend der Veränderung des Wurzelapparates auch zurück- geschnitten wh'd. Dies ist um so mein- erforderlich, je weiter der Baum schon in seiner Laubentwicklung fortgeschritten ist. Im prak- tischen Betriebe kommen dann noch andere , die Verdunstung der oberirdischen Teile möglichst beschränkende Hilfsmittel hinzu, wie z. B. das Einbinden der Stämme , das häufige Bespritzen der Kronen, künstliche Beschattung usw. Bei dem Baumsclmlbetriebe werden die Bäume meist im laublosen Zustande verkauft; aber auch hier beansprucht der bald sich ent- wickehide Laubapparat eine genügende Wasserzufuhr Dieselbe kann aber der Hauptsache nach nur durch neu sich bildende Wurzeln er- möglicht werden -, deshalb ist es von der gröfsten Wichtigkeit , die Bäume so zu liefern, dafs sie schnell und reichlich neue Wurzeln bilden. Dies hängt aber von der bisherigen Erziehungsweise des Baumes und der Art des Wurzelschnittes ab. Je älter ein Wurzelast ist, desto spärlicher ist die Entwicldung neuer Faserwurzeln an der Schnittfläche, desto gröfser ist diese selbst, desto langsamer ilu-e Überwallung, und desto näher liegt die Gefahr des Eintritts einer Wurzelfäule , die R. Hartig-) für Nadel- und Laubhölzer eingehend schildert. Daher gilt als erste Regel, die Stämme so zu erziehen, dafs lange sich weit hinziehende stärkere Wurzeläste , wie sie die Bäume bei un- gestörter Entwicklung auf derselben Stelle zu bilden pflegen, möglichst vermieden werden und das Wurzelsystem in Form eines Nestes dicht beieinanderstehender, kurzer, aber reichverzweigter Äste herangezogen wii'd. Dies geschieht durch wiederholten AVurzelschnitt in den ersten Jahren der Entwicklung. Man hat mehrfach die Methode empfohlen, die jungen Baumschul- bäume an ihrem langen Pfahl wurzelkörper zur Vermeidung der Wund- fäule beim Verpflanzen nicht zu schneiden, sondern schneckenförmig einzurollen, und auch der erfahrene Göppeht^) steht auf dieser Seite. Tatsäclilich entwickeln gekrümmte Wurzeln an ihrer Konvexseite schnell Nebenw^^rzeln *). Bei den von mir in Proskau ausgeführten Wasser- kulturen der Obstbäume erlitten einzelne Sämlinge von Apfel, Birne, Kiefer, Ahorn u. a. Krümmungen der Pfahlwurzel dadm^ch, dafs diese den Boden der kleinen Gefäfse erreichte und einige Zeit in dieser Lage verblieb; andere Pflanzen waren bei dem Ausheben aus dem Sande an ihrer Wurzelspitze verletzt worden. Beide Arten von Sämlingen entwickelten in der Mehrzahl der Fälle viel früher Seitenwurzeln als die unverletzten, frülizeitig in gröfsere Gefäfse versetzten Versuchs- pflanzen. Dieser Umstand scheint allerdings als Bestätigung für die- jenigen verwendbar, welche empfehlen, auch ohne Verletzung lediglich durch Krümmung der Pfahlwurzel bei dem Verpflanzen eine frülizeitige Wurzelverästelung zu erstreben. Wir können dieser Methode jedoch nicht das Wort reden; in schwerem Boden namentlich, wo wir ver- M Knv, L., On correlation in the growth of roots and shoots. (Second paper.) Annais of Botany, vol. XV, No. 60, Dez. 19ul. ^) Häutig, R., Die Zersetzungserscheiuuugen des Holzes der Xadelbäume und der Eiche. Berlin 1878. — Lehrbuch d. Pflanzenkrankh. III. Auflage, Berlin 1900. Springer, S. 263. ^) GcirPKUT, Innere Zustände d. Bäume nach äufseren Verletzungen. Breslau 1873. "*) Ndi.i. , Fk. , Über den bestimmenden Einflufs von Wurzelkrümmungen auf Entstehung und Anordnung der Seitenwurzeln. Laudwirtsch. Jahrbücher 1900; cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1902, S. 5.5. 848 V. Wunden. suchsweise Apfelsämlinge mit gestutzten und mit unverletzten , aber spiralig eingerollten Wiu-zeln pflanzten , war das Herausnehmen zur zweiten Herbstverpflanzung bei den gerollten Exemplaren ungleich gefährlicher. Es wurde an den Pflanzen zur Erleichterung des Heraus- nehmens etwas gezogen , und hierbei zeigte sich , dais die gerollten Exemplare an der ersten Krümmungsstelle der Wm'zel sehr leicht abrissen. Es empfiehlt sich daher, die Sämlinge gleich bei dem ersten Ver- pflanzen zu schneiden, so dais sich am Wiu'zelhalse mehrere "Wurzeläste bilden, die in der Nähe der Schnittfläche im zweiten Jahre neue Seiten- achsen entwickeln. Es wird dadurch nicht nur eine Vermehrung der Aufnahme organe erlangt, sondern auch die Herstellung eines die Erde zwischen seinen zahlreichen Ästen gut haltenden Wurzelballens erzielt. Die anatomischen Veränderungen, welche bei der Verletzung jüngerer Wurzeln, namentlich aber bei Keimwurzeln, eintreten, sind zunächst von Prantl M eingehend studiert worden. Er zeigte an Gemüsepflanzen (Erbsen, Pferdebohnen u. a.), dais der Verlust der zarten Wurzelspitze durch Neubildung derselben unter Beteiligung aller Gewebesysteme vollkommen ersetzt wm'de , sobald die Verletzung dicht an der Spitze der Wurzel stattfand. Schnitt er eine Keimwurzel etwas weiter hinter dem Scheitel ab , dann trat auch eine Regeneration ein ; aber es be- teiligten sich nicht mehr alle Gewebe, sondern nur die jugendlichen Gefäl'sbündelstränge. Der Schnitt endlich, der fast ausschliefslich in der Praxis angewendet wird, nämlich der das fertig ausgebildete Gewebe verletzende, bringt keine Regeneration der Wurzelspitze mehr zuwege, sondern es tritt Callusbildung von dem Rindenkörper her ein, wodurch die Schnittfläche überdeckt wird. Noch umfassender und vielseitiger ist die Arbeit von Nemec ^). Gegenüber der Annahme , dais echte Regenerationen , bei welchen ein vom Individuum abgetrennter Teil direkt in seiner ursprünglichen Form und mit seinen ursprünglichen physiologischen Eigenschaften neugebildet wird, im Pflanzenreiche selten wären, zeigen die Versuche zunächst für die Wurzeln das Gegenteil. Es handelt sich nur darum, dais die Verletzung an möglichst jungen Organen stattfindet. Bei den Wurzeln bleibt die Restitution eigentlich auf die Zonen beschränkt, wo an der ganzen Wundfläche (vielleicht mit Ausnahme der Epidermis und der äufsersten Rindenschichten) die Zellen noch meristematisch sind. Sobald sich die Zellen der äufsersten Rindenschichten samt den zentralen Skleromreihen dem Dauerzustand nähern, beteiligen sich an der Regeneration nur noch die meriste- matischen, dem Pericambium anliegenden Zellschichten. Es zeigt sich ferner, dafs der Vegetationspunkt einer Wurzel, dessen meristematische Zellen äufserlich recht gleichartig erscheinen, doch bereits eine gewisse Spezialisierung besitzt. Die Zellen sind nicht äquipotentiell und können nicht unter willkürlich veränderten Bedingungen auch veränderte Gewebe erzeugen. Solche ganz spezifischen Differenzierungen liegen in den „Statocyten" vor. Die Beweglichkeit der Stärkekörner bei denselben setzt ganz spezifische Eigenschaften des Protoplasmas voraus ; ') Prantl, Untersuchungen über die Regeneration des Vegetationspunktes an angiospermen Wurzeln. Würzburg 1873. 2) Nemec, B. , Studien über die Regeneration. Berlin 1905, Gebr. Bornträger. Wunden des Achseuorganes. 849 denn in verschiedenen callusartig liypertropbierten Zellen werden eben- falls Stärkekörner gebildet , welche zuweilen noch gröl'ser sein können als die der Statocyten und doch unter dem Einflui's der Schwerkraft nicht leicht beweglich sind. Dafs sie dennoch spezifisch schwerer sind als das Plasma, beweist der Umstand, dafs sie unter Einwirkung einer genügend starken Zentrifugalkraft sich zentrifugal bewegen. Es mufs somit das Plasma der Statocyten ein geringes spezifisches Gewicht haben und sehr dünnflüssig sein , also sehr wenig Bestandteile von gröfsorer Konsistenz enthalten. Auch entdeckte Nemkc eigenartige Plasma- ansammlungen in den Statocyten der Wurzelhauben, die sicherlich eine besondere Reaktion vorstellen. Wenn eine junge Wurzel nicht mehr innerhalb, sondern oberhalb ihrer Wachstumszone abgeschnitten wird , tritt keine Regeneration, sondern Substitution ein, indem neue Neben wurzeln entstehen, von denen die der Wundfläche nächststellenden dmxh ihre geotropische Sensibilität veranlafst werden, mehr senkrecht abwärts zu wachsen, als sie bei unverletzter Hauptwurzel gewachsen wären. Es ist dadurch die Möglichkeit gegeben, dafs diejenigen Bodenschichten zur Ernährung ausgenutzt werden, welche die senkrecht absteigende Hauptwurzel hätte durchqueren müssen ^). Bisweilen tritt nach Verletzung oder Entfernung der Hauptwurzel eine Verbänderung der Nebenwurzeln ein: Lophiork') vermochte diese Verbänderung künstlich hervorzurufen. Maserige Überwallungsränder. Es ist eine weitverbreitete Erscheinung bei der Überwallung von Wunden, dafs die Holzfasern innerhalb der Neubildung nicht überall parallel miteinander verlaufen, sondern mannigfach sich verbiegen und bisweilen schleifenartig sich krümmen. Diese Abweichungen im Faser- verlauf bezeichnet man als „maseriges Holz". Den besten Ein- blick gestattet die umstehende Figur der ihrer Rinde beraubten Über- wallungskappe eines Eichenastes. Die Eiche bietet besonders günstige Beispiele eines vollständigen Abschlusses gröfserer Wundflächen durch Überwallung, und die Üppigkeit der sich vereinigenden Wundränder bedingt dabei nicht selten, dafs z. B. bei abgesägten stärkeren Ästen das neugebildote Gewebe nicht eine ebene, sondern eine mehr oder weniger stark halbkugelig bis kugelartig vorgewölbte Fläche bildet. Bei derartigen Überwallungskappen finden sich vielfach kleine Zentren, die sogenannten Maseraugen (Fig. 203 a), um welche sich dann in ver- schiedener Windung die Holzfasern (p) gelagert zeigen. Unter der Bezeichnung „Maseraugen'" sind aber nicht wirkliche Knospen zu ver- stehen, sondern nur vertiefte Gewebezentren, um welche sich schalen- förmig und später geschlängelt die Holzfaser herumlagert und auf diese Weise „wimmeriges Holz" darstellt. Während da, wo wnkliche Augen entstehen, eine spiefsige, holzige Erhebung vorhanden, ist bei den Maseraugen eine aus parenchymatischem Gewebe gebildete, manch- mal durch Abrunden und Auseinanderfallen der Zellen verstärkte Ver- tiefung zu sehen, um welche herum sich Holz von normaler Zusammen- 1) Brick, AV. f., Untersuchungen über den Einflufs von Aufsenbedingungen auf die Orientierung von Seiten wurzeln. Zeitschr. f. allgem. Physiologie Bd. III, 1904, Heft 4. -) LonuuuE, G., I caratteri anatomici delle radici nastriformi. Roma 1902. — Note suUa biologia dei processi di rigenerazione delle cormofite etc. Atti Acad. Gioenia. Catania 1906, vol. XXI. Sorauer, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band. 54 850 V. Wunden. Setzung aus Holzzellen, Markstrahlzellen und Gefäfsen lagert. Abnorm nur ist die schalenförmige, an die Knollenmaser erinnernde Lagerung und das häufige Auftreten von sehr stark erweiterten, den Markflecken ähnlichen Markstrahlgebilden, welche bisweilen zu einem zweiten Zentrum sich ausbilden können. Wir betrachten das wimmerige oder maserige Holz nur als einen extremen Fall ganz normaler Vorgänge des Ausweichens der Holzfaser, wenn sie bei ihrem Bestreben, sich in der Längsrichtung des Pflanzen- teils zu lagern, auf Hindernisse stöfst. Derartige Hindernisse können in der verschiedensten Form auftreten. Jede normale Zweiganlage bildet die Ursache einer Ablenkung des Holzfaserverlaufes in der Um- gebung derselben. Die bei den Rindenknollen besprochene Neubildung 7' Fig. 204. Maseriger Holzbau der Überwallungskappe eines Aststumpfes der Eiche. (Orig.) von Holzkörpern innerhalb der Rinde stellen eine weitere Ursache dar. Endlich aber finden wir die mannigfachsten Hemmungs er scheinungen in der Ausbildung eines Jahresringes, hervorgerufen durch Spannungs- differenzen in der fortwachsenden Achse. Und solche Spannungs- differenzen sind fortwährend vorhanden und werden vielfach durch äufsere Einflüsse verstärkt. Von hervorragender Bedeutung sind z. B. die Frostwirkungen, welche die Anlage von Parenchymholzbinden be- dingen. Eine andere äufsere Ursache ist die Berührung einer Achse mit einer anderen. Aufser dem mechanischen Drucke sprechen die Lichtverhältnisse mit, welche Abweichungen in der Ernährung der ver- schiedenen Seiten des Cambiumringes bedingen. Es kommen innere Wachstumsvorgänge hinzu, wie z. B. das Vorauseilen von plötzlich Wunden des Achseuorgaiie.s. 851 sich verbreiternden Markstrahlen , welche die Rinde höckerartig auf- treiben können und dabei die benachbarten Holzlagen im Wachstum zurückbleiben lassen und dgl. Alle derartigen Störungen müssen Änderungen in den Druckverhältnissen ausüben, die der Rindengürtel in. seiner Gesamtheit auf das Cambium ausübt und die Ausbildung des aus ihm hervorgehenden Holzringes beeinflussen. "Wie sekr der Ver- lauf der Holzfaser schon im normalen Stamm durch die Druckverhält- nisse beeinflufst wird, sehen wir an der spiraligen Drehung des Holz- körpers eines jeden Stammes ; wie die Holzfaser aus dem longitudinalen Verlauf in eine nahezu horizontale Lagerung durch Druck gebracht werden kann, beweisen unsere Schnürungs versuche durch Umlegen eines Drahtringes um die wachsende Achse. Es ist also der verschiedenartige Druck, den der Rindengüi'tel fortwährend erfährt und ausübt, welcher die Entwicklung und den Verlauf der Holzfaser bedingt. Wir brauchen daher zur Erklärung des maserigen Wundholzes nicht die Theorie von der Polarität der Zellen und dem Abstofsen der gleichnamigen Pole zu Hilfe zu nehmen, wie sie VoECHTiNG und Mäule ^) vertreten. Rindenknollen. Am Schlufs des Kapitels über die Wundhoilungs Vorgänge haben -wir noch der Entstehung kugeliger, verholzter Anschwellungen oder knollenförmiger Auswüchse der Rinde an Bäumen und (seltener) kraut - artigen Gewächsen zu gedenken. Man pflegt diese Gebilde als „Holz- k n o 1 1 e n " oder „ K n o 1 1 e n m a s e r " zu bezeichnen. Ihr Bau und ihre Entstehung sind verschieden und bedingen eine spätere Trennung in einzelne Gruppen. Das Gemeinsame ist ihr Charakter als korrelative Hyperplasien. Sie sind als Gegenreaktion des Organismus auf vorher- gegangene Hemmungserscheinungen aufzufassen. Die Hemmung kann in einem Stillstande in der Fortentwicklung einer Knospenanlage be- stehen oder, unabhängig von jeder Knospe, durch Absterben einzelner Gewebegruppen innerhalb der Rinde hervorgerufen werden. Der Tod einzelner Zellgruppen im Rindenkörper holziger Achsen ist eine weit- verbreitete Erscheinung. Frost und Hitze, lokale Drucksteigerung u. dgl. vermögen Zellpartien zum Absterben zu bringen, ohne dafs der Gesamt- organismus leidet, und derselbe antwortet dann nicht selten durch ver- stärkte Neubildungen in der Nähe der Hemmungsherde. Je nach Zeit und Art der Störung und der Kräftigkeit der Nalirungszufuhr in der Umgebung werden die abgestorbenen Gewebegruppen bald nur von Korklagen eingekapselt, bald von Zelllagen begleitet, die längere Zeit oder dauernd in Vermehi-ung bleiben und nun entweder nur parenchy- matische Auftreibungen hervorrufen oder die Bildung neuer Holzkörper von kugeliger Anordnung und maserigem Faserverlauf einleiten. Letzterer Vorgang steigert sich zur Entstehung selbständiger knolliger Holzkörper innerhalb der Rinde. Über die erste Gruppe von Rindenknollen, deren Entstehung auf in ihrer Fortentwicklung gehemmte Knospenanlagen zurückgeführt wird, fehlen mir eigne Studien : infolgedessen gebe ich die Darstellung früherer 1) Mäi-le, C, Der Faserverlauf im Wundholz. Bibliotheca botanica Heft 33. Erwin Naegele. Stuttgart 1896. 54* g52 ^- Wunden, Alltoren. Von diesen wäre zunächst TrhculM zu nennen. Derselbe beschreibt einzehie Fälle (Eiche, Hainbuche) der Knollenbildung ein- gehend und kommt zu dem Schlüsse, dal's die Knollen immer ihre Entstehung einer Knospe verdanken, die zunächst in direkter Gefäfs- verbindung mit dem Holzkörper des Astes oder Stammes steht. Eine solche Knospe kann mehrere Jahre vegetieren, ohne mehr als 2 mm (wenigstens bei der Hainbuche) über die Oberfläche der Rinde hervor- zutreten. Nach einigen Jahren dieses Zustandes von Lethargie kann sich der Fibrovasalkörper neu beleben, sich zu einer kugeligen oder ovalen oder selbst quergestreckten Holzknolle ausbilden. Das Absterben der ruhenden Knospen erfolgt, wenn äufsere Ursachen nicht beitragen, nach einer gröiseren Anzahl von Jahren von selbst, indem der Zusammenhang des in der Rinde befindlichen Knospen- teils von dem im Holzkörper befindlichen dadurch aufgehoben wird, dafs sich der Holzmantel des die Knospe tragenden Zweiges zwischen beide Teile schiebt. Der mit Schuppen versehene, der Rinde auf- sitzende äufsere Teil der Knospe bleibt noch lange an seiner Stelle ; er vertrocknet sehr allmählich und wird endlich abgestofsen. Diese ursprünglich an dem Holzkörper befestigt gewesene Knospe kann sich also loslösen durch Abreifsen ihres Fibrovasalkörpers vom Holzkörper des Stammes. In der Regel stirbt darauf die Knospe in ihrem äufseren , über die Rindenoberfläche hervorragenden Teile ; dagegen fährt der in der Rinde jetzt isoliert liegende Knospenfibrovasalkörper fort, neue Holzlagen und eigene Rindenlagen zu bilden, ohne die Mit- wirkung von Blättern; er mufs also sein plastisches Material aus der umgebenden grünen Stammrinde beziehen. Dieses Wachstum kann viele Jahre hindurch andauern; die Aufsenseite der Holzknollen kann der Zerstörung durch die äufseren Agentien anheimfallen und trotz- dessen können diese noch auf der Innenseite fortfahren, neues Holz zu bilden. Diese Knollen entstehen bei der Rotbuche sowie bei der Hainbuche aus Adventivknospen. Die Entstehung der Knollen bei der Rotbuche aus Proventivknospen beschreibt Th. Haktig ^). Die schwachen Basalknospen (Kleinknospen) sterben bei der Rotbuche etwa nach 20 Jahren insofern ab, als der in der Rinde befindliche Knospenstamm von dem im Holzkörper befind- lichen Teile durch Zwischenlagerung einer vollkommen gleichmäfsig zusammenhängenden Holzschicht des die Knospe tragenden Zweiges getrennt wird. Der in der Rinde liegende Teil der Proventivknospe kann sich aber noch lange Zeit lebendig erhalten und , gleichsam ein parasitisches Leben führend, durch fortdauernde konzentrische Holz- bildung zu jenen erbsen- bis haselnufsgrofsen, über die Rinde hervor- tretenden Holzknollen heranwachsen, die üppig gewachsenen Buchen- stämmen im mittleren Alter so eigentümlich sind. DuTROCHF,T^) beschreibt in seiner der damals herrschenden Knospen- wurzeltheorie verwandten Anschauungsweise die knolligen Auswüchse als Knospenembryonen (mirithalles)^ die sich nicht, wie dies bei Her- 1) Trkcul, Memoire sur le developement des loupes et des broussins, envisages au point de vue de l'accroissement en diametre des arbres dicotyledones. Annales des scienc. nat. 3. serie. Botanique t. XX, 1853, S. 65. -) Hartig, Th., Vollständige Naturgeschichte der forstlichen Kulturpflanzen Deutschlands, S. 176. Berlin 1852. ^) Observations sur la forme primitive des embryons gemmaires des arbres dicotyledones, 1837. (Nouv. Mem. du Mus. d'Hist. nat. IV.) "Wunden des Achsenorganes. 853 Stellung der Achse normalerweise der Fall sein sollte . auf einander und zwischen einander einpfropfen, sondern die ohne Verbindung mit den übrigen Knospenembryonen und deren Gefäfssträngen bleiben, also nicht dem Achsenzylinder sich einverleiben. So lange ein solcher Embryo, eine Adventivknospenanlage, isoliert in dem anderen Gewebe verbleibt, entwickelt er kein Blatt und keine Knospe; er behält seine kugelige Form und wächst, indem er immer neue konzentrische, mit eigener Rinde versehene Holzschichten entwickelt, weiter. Legt aber dieser isolierte Holzkörper solcher Adventivknospenanlage sich endlich an den Achsenkörper an, verschwindet seine eigene Rinde durch Druck, und nun bildet der Holzknoten eine wirkliche Knospe, die Blätter ent- wickelt. Jetzt stellt er eine Knolleiimaser dar (loupc) ; eine Vereinigung mehrerer derartiger Knollen bildet eine Kropfmaser (hrousmi). Diese Anschauung weicht insofern von den früher entwickelten Ansichten ab, als hier die Knospe das Endprodukt der Knollenbildung, dort der Ausgangspunkt derselben ist. Lindlky \), der die von Diithochet erwähnten Knollen bei Buchen, Zedern und Pappeln bespricht und bei einer Pappel-) auch Zweige aus ihnen hervorbrechen sah, betrachtet sie als aus Adventivknospen entstanden und zählt einen weiteren, von Manktti erwähnten Fall bei alten Ölbäumen hierher. Bei diesen sollen die Knollen (Gnaurs) mit einem Stück Rinde ausgeschnitten und ge- pflanzt werden; diese von Manetti als üoroU bezeiclmeten Knollen sollen dann junge Pflanzen geben. Treviranus, dem Knollen einer Zeder von Morren zugesendet worden, bestätigt im allgemeinen den Bau der von Du trochet beschriebenen Knollen : er zieht in dieselbe Kategorie die Erscheinungen der isolierten Gefäfsbündel (Blattspur- stränge) bei kletternden Sapindaceen, Cahjcanthus floruhs und yraecox, einigen Bignoniaceen u. a. Schacht^) erklärt die Knollen in der Rinde der Pappel, Linde, Buche usw. für verkümmerte Zweige, die nicht in die Länge, wohl aber im Umfang gewachsen sind. Während Hartig die erste Anlage der Knollen in ruhenden Knospen nachweist, betont Ratzeburg ^) als Entstehungsherd derselben Buchenknollen bestimmt die Rinde und sagt ausdrücklich, dafs sie nicht bis auf den Holzkörper reichen. Ebenso erklärt Rossmässlek^) bei den von ihm untersuchten Knollen der Eber- esche {Sorhns aucuparia)^ dafs diese nur in der Rinde sitzen und nicht mit dem Holzkörper zusammenhängen: dagegen beschreibt Kotschy*') wiederum 10—15 cm grofse Rindenknollen an den alten Stämmen der Libanonzeder als knorrige, fest in der Rinde sitzende Holzauswüchse, welche mit dem ^Mutterstamm durch wenige Gefäfsbündel verbunden sind. Auch Masters") vermutet, dafs ein Teil der Knollen ((pvmrs or hurrs) bei Ulmen usw. sowie bei manchen Apfelvarietäten Haufen von Adventivknospen sind. ') LixDi.Kv, Theor}' of Horticulture 19s. Übersetzung von Treviranus l^öu, S. 37. 2) a. a. 0. S. 224. ^) Schacht, Der Baum, 1853, S. 134. *) Ratzkhiug , Die Standortsgewächse und Unkräuter Deutschlands und der Schweiz. Berlin 1859, S. 243, Anmerk. I. ■'') Ros.sMAssi.Ku. Versuch einer anatomischen Charakteristik des Holzkörpers der deutschen Waldbäume. Tharandt. Jahrb. 1847, Bd. IV. S. 2U8. '^) KoTficuv, Reise in den cilicischen Taurus. Gotha ls.")8. S. 267. ') Masikiss. Vegetable Teratology 1869, S. 347. g54 V. Wunden. Die Lösung der Widersprüche bringt eine Arbeit von Krick^), welcher feststellt, dal's die Rindenknollen (Sphaeroplasten) der Rot- buche sich sowohl im Anschluis an Präventivknospen (Proventiv- knospen) entwickeln, die sich von der Holzachse des Stammes trennen oder sich selbständig in der Rinde entwickeln. Im letzteren Falle be- sitzen die Knollen im Zentrum emen Holz-, Kork- oder Bastkern, aber niemals echtes Mark. Die letztere Art der Knollenbiklung, die aul'serhalb der primären Hartbastl^ündel im Rindenparenchym stattfindet, führt uns hinüber zu der zweiten Gruppe der Rindenknollen, bei der bestimmt keine Knospen- anlage beteiligt ist. Hier haben wir zunächst die Untersuchungen von Gernet ^) über die Knollenbildung bei Sorhiis auciqmr/'a zu erwähnen. Dieser Autor fand die toten Knollen so locker in der Rinde sitzend, dais man sie leicht mit den Fingernägeln herausheben konnte : hingegen safsen die lebenskräftigsten anscheinend fest im Splint. Dennoch er- wiesen sie sich als „von diesem vollständig getrennte und schon durch das äufserlich rötliche, mit dem Bastteil übereinstimmende Kolorit ihres glatten unteren Endes als möglicherweise jenem angehörige Körper". Die meisten durchschnittenen Knollen zeigten mehrere Mittelpunkte, um die sich vollständige, mit Gefäfsen und Markstrahlen versehene, in ihrer Zellenstruktur mit dem Stammholz übereinstimmende Holzlagen in 13 — 15 Jahresschichten angesetzt hatten. Der Verlauf der Holzlagen war maserig. Fast immer waren die Jahresringe in der dem Stamm zugewandten unteren Hälfte der Knollen breiter als in der oberen, aus dem Stamme hervorstehenden. Ein Zusammenhang mit einer Knospe liefs sich nicht nachweisen; selbst da, wo eine Knolle dicht neben einer Kropfmaser safs, liefs sich kein Zusammenhang mit einem der zahlreichen Knospenkegel der letzteren erkennen. Leider hatte Gernet noch keine Gelegenheit, die ersten Anfänge der Knollenentwicklung zu studieren; die jüngsten Stadien seines Materials waren Knöllchen von 0,5 mm, die noch vollkommen in der Rinde eingesenkt waren, ohne äufserlich irgendeine Auftreibung ver- anlafst zu haben. Sie lagen aufserhalb der Hartbastzone, waren kugelig oder ellijDsoidisch und zeigten ebenfalls bereits mehrere Kerne, um die sich der Holzkörper gelagert hatte ; derselbe bestand aus parenchymatisch gestalteten Zellen, in denen auf dem Längsschnitt eine Differenzierung von Markstrahlzellen kenntlich wurde. Einige mit gröfserem Lumen versehene, aber noch mit fast horizontalen, undurchbrochenen Wänden aufeinander sitzende, stärkeärmere oder auch stärkelose Zellen dürften die ersten Andeutungen von Gefäfsen darstellen. Je weiter vom Zen- trum die sämtlichen Zellen entfernt waren, desto deutlicher wurde eine Verringerung ihrer radialen und eine Vermehrung ihrer tangentialen Ausdehnung bemerkbar; ihr Querschnitt näherte sich also dem des Herbstholzes. Bei älteren Knöllchen fanden sich zuerst einzelne ge- tüpfelte Gefäfse und ein deutlich kenntlicher, zentraler, parenchyma- tischer, stärkereicher Kern scharf unterschieden. Der Holzkörper war rings umgeben von einer Cambiumzone und einer eigenen Rinde. In der oberen Hälfte der Knollen stellte sich bisweilen in der Innenrinde Korkbildung ein. Diese neu entstehende Korkzone vereinigt sich nicht ') KmcK, Fr., Über die Rindenknollen der Rotbuche. Bibliotheca botanica 1891, Heft 25; cit. Bot, Zeit. 1892, S. 401. ^) Gerxet. C. V., über die Rindenknollen von Sorhiifi oHCupnvin. Moskau 1860. Wunden des Achsenorganes. 355 selten auf der Aufsenseite mit der Korkzone des Stammes. Die von solcher Korkzone (Korkdamm Gehnet's) abgeschnittene Rindenpartie verliert ihr Stärkemehl, wird lufthaltig und stirbt allmählich ab, so dals der Knollenkörper an seiner Aufsenseite totes Gewebe erhält. Das Auftreten dieser Korklagen leitet auch in der Regel den nach einigen Jahren erfolgenden Tod der Knolle ein. Die untere Hälfte derartig erkrankter sowie die der vollkommen gesundbleibendon Knollen behalten ihi- lebensfähiges Rindengewebe, in welchem die Ausbildung des Bast- körpers mit der des Holzkörpers fortsclu'eitet. Daraus ist zu schliefsen, dafs die Knolle nach miten fortwächst, wodm^ch ihr oberer Teil allmählich über die Oberfläche der Stammrinde hervorkommt, indem er dieselbe durchbricht. Nach diesem Befunde kommt Gernet zu der Ansicht, dafs, wenn ihm auch die Anfangsstadien der Knollen unbekannt geblieben, er doch bestimmt einen Zusammenhang derselben mit dem Holzkörper des Stammes in Abrede stellen mufs und die Entstehung der Knollen weder von Proventiv- noch Adventivknospen herleiten kann. Diesen Ausspruch nun kann ich nach meinen Untersuchungen an Knollen der Apfelbäume vollkommen bestätigen. Zur Untersuchung lagen mir Knollen von der Gröfse eines Hirsekorns bis zu der einer Erbse vor; dieselben stammten von der Stammbasis eines jungen, etwa 8jährigen Apfelbaumes. Die Knollen safsen in der Aufsenrinde und brachen leicht aus derselben heraus ; sie waren oberseits entweder voll- kommen glatt (Fig. 205, la) berindet oder zeigten eine bräunliche, trockene, etwas vertiefte, rindenlose Gipfelpartie {1 A), die von einem grünen, kreisförmigen Rindenwalle umgeben war. Den zentralen Querschnitt einer Knolle letzterer Art stellt Fig. 2U5, 2 dar. Li demselben gewahren wir einen mittelständigen, aus zwei, durch wenig ParenchjTn getrennten Hartbastbündeln bestehenden Kern (3h) -^ andere Knollen haben imr ein Bastbündel im Kern oder zwei bis drei entferntere Kerne. Um das Bündel herum lagern sich Zellen parenchy- matischer Gestalt mit schwach verholzten Wandungen und strahliger Lagerung: man sieht, dafs sie unzweifelhaft nach Art der Korkzellen entstanden sind. Bisweilen findet man in der Mitte der Knollen nm' eine Gruppe dickwandigen, stärkereichen oder auch stärkelosen, braunen Parenchj'ms ohne Hartbastzellen ; doch ist dies der seltenere Fall. Endlich sieht man auch dann und wann Knollen mit einer zentralen, kleinen Höhlung, die mit braunen Zellresten angefüllt ist. Die strahlig gelagerte, ringförmige Zone parenchymatischer, ver- holzter Zellen geht allmählich über in enge, derb wandigere , bereits etwas länger gestreckte, horizontal oder schräg verlaufende Holz- parenchj^mzellen, zwischen denen kurze, weite, einfach getüpfelte Ge- fafszellen eingestreut liegen (Fig. 205, 2g'). Diese Gruppen sind bereits durch annähernd kubische, in ein bis drei Reihen gelagerte Markstrahl- zellen in zahkeiche Bündelkreise geteilt. Hier schon beginnt die Er- scheinung, welche sich in abwechselnden Zonen bis an die Peripherie des Holzkörpers hin fortsetzt, nämlich dafs die eine zwischen zwei Mark- stralüen vorhandene Bündelpartie einen anderen Verlauf ihrer Elemente zeigt als die dicht danebenliegende. Wäln'end die Zellen und Gefafse des einen Bündels fast ganz quer durchschnitten erscheinen (2 h"), zeigt die danebenliegende Partie die Fasern in ihrer Längsrichtung. Diese Erscheinung, welche auch bei stark eingeschnürton und ihr Band über- 856 V. Wunden. wachsenden Stämmen sich zeigt, läl'st sich nur dadurch erklären, dafs die einzelnen Cambiumpartien des um den Kern sich schalig lierum- wölbenden Holzkörpers gleichzeitig verschiedenem Drucke resp. Zuge ausgesetzt sind. Da der junge Knollenkörper keine genaue Kugel- r^' ,m^M>. j 5. Fig. iiÜ") KindenkiioUen lus einem Apfelstamm. (Orig.) gestalt besitzt, sondern nur annähernd kugelig ist, so strecken sich die Partien, welche die vorhandenen Kanten zu überwölben haben, in der- selben Zeit stärker. Je weiter man in dem Knollenkörper nach aufsen geht, um so enger und gestreckter und um so derbwandiger werden die Elemente, AVunden des Achsenorganes. g57 bis sie die Länge und Gestalt und teilweis auch die Lagerung des normalen Holzkörpers annehmen. So wie bei diesem erkennt man auch innerhalb der Knolle eine Differenzierung der Jahresringe in Frühlingsholz und Herbstholz, so daß man sieht : Die Knolle ist ein mit charakteristischen Eigenschaften der Spezies versehener, in der Rinde isolierter Holzkörper, dessen Ele- mente sich um einen oder mehrere gestreckte oder kurze Kernpartien nach allen Richtungen herumwölben. Die rings um den Holzkörper sich hinziehende Cambiumzone {2 c) produziert alljährlich auch eine neue Rinde (2rs) und leitet bei Ver- letzungen dieselbe Wundheilung wie an einem normalen Stammkörper ein. Eine solche Verletzung ist auch bei Fig. 204, 2 eingetreten, in- dem durch irgendeine äui'sere Einwirkung Rinde und Splint der Gipfel- partie der Knolle entfernt worden sind; infolgedessen hat sich ein normaler, vollkommen berindeter Überwallungsrand {2u) gebildet, der den äufserlich kenntlichen Ring-wall um den Gipfel bildet (Fig. 204, Ik). Der zuerst auffallende Umstand, dais im Zentrum eines Holzkörpers sich Hartbastelementc vorfinden, führt zu dem Schlüsse, dafs die Um- gebung der Hartbastbündel die Stätte ist , von der die Bildung des Holzkörpers begonnen hat. Noch mehr bestärkt wird dieser Schlufs durch die Erscheinungen in der Umgebung der Knollen. Dort finden sich sehr häufig jüngere, ja bisweilen jüngste, unlängst aus der Cambium- zone herausgetretene Bastbündel, mit eigentümlichen, strahlig angeord- neten Zellen umgeben (Fig. 204, 5). In einzelnen Fällen färben sich diese tafelförmigen Zellen der „Bastumwallung" durch Jod und Schwefelsäure blau, in den meisten Fällen gelb. Man sieht daraus, dafs in der Tat die Umgebung der Hartbastbündel leicht geneigt zu einer Zellvermehrung ist. Die Bastumwallungen aus Korkgewebe sind aber keineswegs auf die Umgebung der Maserknollen beschränkt ; sie finden sich überall bei allen bisher von mir untersuchten Bäumen an einzelnen Stellen nach manchen Verletzungen. Hierbei haben aber die Zellen in der Tat stets den Charakter der Korkzellen und dienen vorzugsweise dazu, ein er- kranktes Bastbündel von dem gesunden Gewebe abzugrenzen. Wer viel mit kranken Hölzern gearbeitet hat , weifs , wie empfindlich die scheinbar so resistent gebauten Bastzellen sind. An ihnen läfst sich durch die braune Färbung und das deutlicrhere Hervortreten ihrer Schichtung häufig die Erkrankung tiefer in das gesunde Gewebe hinein verfolgen als an dem Rindenparenchym der Umgebung. Die Bastumwallung beginnt in der Regel in den Zellen der Bast- scheide, bleibt bisweilen halbseitig oder ist wenigstens an der Aufsen- seite stärker entwickelt. Ahnliche Erscheinungen, wie die Umwallung der Bastbündel finden sich auch bei einzelnen Parenchympartien, welche ohne einen bisher erkannten Grmid den Kern für eine ringförmig um dieselbe sich bildende Meristemzone in der Rinde abgeben und damit ebenfalls die Entstehung der Rindenknollen einleiten. Derartige Knollen sind meist etwas regelmäfsiger gebaut, indem der Verlauf der Gewebe- elemente für mehi^ere Jahresringe dieselbe Richtung beibehält. Man findet dann im zentralen Längsschnitt, der sich durch das Verbleiben der Markstrahlen in annähernd derselben Ebene kenntlich macht, die ring- förmig gebogenen Gefäfsröhren iln-er ganzen Länge nach vom Schnitt getrolfen, so dafs diese als helle konzentrische Ringpartien die dunklen, parallellaufenden Holzzellzonen unterbrechen. 858 ^- Wunden. Einen interessanten Beitrag und Schlüssel ziu' Knollenbildung liefern die Zeichnungen (Fig. 20(5) aus der Rinde eines gesunden, einjährigen Birnenzweiges. "Wir sehen in Fig. 2(Hj, 1 den Basalteil eines sehr ki'äftigen, einjährigen Birnentriebes, dessen Knospen a nicht in der normalen Zweifünttelstellung angelegt sind; h ist die mitten im Inter- nodium befindliche einseitige Anschwellung, die in Fig. 2(J0, 5 an der tiefsten , der Zweigbasis zugewandten Stelle , in Fig. 2(J6, 5 in der mittleren Region und in Fig. 20(3, 4 in der höchsten Zone quer durch- schnitten dargestellt ist. In den Fig. 20(), 5, 4, 5 bedeuten dieselben Buchstaben auch dieselben Teile; r Rinde des Zweiges, g^, g^ usw. sind die Rindengefälsbündel in den verschiedenen Entwicklungs- stadien ; es zeigt sich , dafs diejenigen , welche zuerst angelegt sind, auch zuerst nach ihrem Eintritt in die Achse kleiner werden, m der Markkörper, m h die Markbrücke eines zentralen Blattspurstranges, dessen Begleitsbündel sich ungieichmäfsig entwickelt haben, mst Markstrahlen, hh Hartbastbündel, welche den zentralen Kern der in der Rinde ge- bildeten Holzstränge ausmachen. Fig. 200, 4 rt ist die durch Druck getötete Rinde, welche durch die in die Achse des Zweiges eintreten- den Holzstränge in den Stamm hineingeprefst worden ist. Fig. 206, 5 g^ zeigt einen Holzstrang mit den ersten Anfängen der Umwallung; man sieht dieselbe auf der Aufsenseite bereits stärker entwickelt. Fig. 20(j, 3g' ist ein Holzstrang, welcher noch nicht völlig zum Holzcy linder ge- schlossen ist; seine Bildung erfolgte in der Weise, dafs auf der Aufsen- seite des Hartbastbündels in der Bastscheide die Zellvermehrung, be- gann, welche die Ausbildung von Gefäfselementen und Holzzellen zur Folge hatte. Dieser einseitig entstandene Holzkörper schliefst sich diu-ch allmähliche Verschmelzung der beiden gegeneinander wachsenden, nach innen gewendeten Ränder. Fig. 200, üc die Cambiumzone eines bereits auf der Innenseite geschlossenen, an der Verschmelzungsstelle aber noch nierenförmig eingedrückten Holzstranges. Fig. 200, 2 stellt einen Teil von Fig. 200, 3 g^ vergröfsert dar. Man erkennt in Fig. 206, 2 eine vollkommene Übereinstimmung mit dem Zentrum der Knollenmaser vom Apfel, hh Hartbastkörper, p Holzparenchym, g Gefäfszellen, x kurze, quergeschnittene, x in der Horizontalrichtung verlaufende Holzzellen der nach innen gewendeten Wölbmig des Holzstranges an der Stelle, wo die beiden Ränder sich vereinigt haben, m die wie Fangarme verlaufenden Markstrahlreihen, c die rings den Strang umgebende Cambiumzone, r jüngstes Rinden- parenchym der speziellen Strangrinde. Die Holzstränge (Fig. 206, ö) entstanden also an der Basis der Anschwellung diurch aufsergewöhnlich reiche Ernährung der Bast- scheiden ; ihr Anfang liegt in ungleicher Höhe. Bei ihrer Vergröfserung pressen sie zunächst (Fig. 200, 3) das sie voneinander trennende Ge- webe der Rinde zusammen und endlich auch das vor ihnen liegende, sie bisher vom Achsencylinder trennende Gewebe , das als braune Masse im Innern des Holzkörpers (Fig. 206, 4 rt) wiedergefunden wird. Bei dem Eintritt in den Achsencylinder ändert sich die Form der Rindenliolzstränge ; ihr Kern ist exzentrisch geworden und endlich an die Spitze des keilförmigen Stranges gerückt, wie Fig. 206 4^', .9^ und (7^ zeigen. Es ist also genau die umgekehrte Formveränderung von derjenigen, welche ein normales, aus dem Achsencylinder in die Rinde tretendes Gefäfsbündel erleidet. Fig. 206. Entstehung isolierter Holzkörper in der Rinde eines einjährigen Birnenzweiges. (Orig.) gßQ T. Wunden. "Weiter aufwärts war der Zweig normal ^). Das Vorkommen rindenbürtiger Holzstränge legt somit die Ent- wicklung der Knollenmaser in folgender Weise klar. Die fertige Maser ist eine im Rindenkörper isolierte Holzkugel, deren Oberfläclie von einem Cambium- und Rindenmantel gebildet ist, welcher seine Nahrung aus dem umgebenden Rindengewebe empfängt. Nach den noch zu wiederholenden Untersuchungen der oben genannten Forscher können diese Maserknollen oder Knollenmasern aus einer ruhenden Knospe sich entwickeln und daher ursprünglich im Zusammenhange mit dem Holz- körper des Zweiges stehen. In vielen Fällen entstehen sie aber auch als schalenförmige Holzumlagerungen um ein Hartbastbündel oder eine andere Rindengewebegruppe ohne Zusammenhang mit dem Holzzylinder oder einer Knospenanlage. Die Knolle wird allmählich durch Hinaus- rücken in die äufseren, der Borkenbildung verfallenden Rindenregionen abgestofsen ; die der Knollenbildung verwandten, aber longitudinal ge- streckten Holzstränge der Rinde können in den Achsenkörper hinein- rücken und zum Bestandteil des normalen Holzcylinders eines Zweiges werden. Äufsere Wunden an dem Knollenkörper heilen durch uber- wallung wie bei dem normalen Zweige, und es liegt kein Grund vor, zu bezweifeln, dafs aus dem Überwallungsrande sowie aus der nonnalen Knollenrinde sich Adventivaugen entwickeln können, wie dies bei den Ölbäumen angegeben wird. Zu erwähnen ist noch, dafs die grofsen, kugeligen Anschwellungen, welche bei Überwallung der Ansatzstellen von LorantJms curopaeus auf Eichenästen entstehen, auch als Maserknollen oder -köpfe angesprochen werden. Es sind nach unserer Einteilung keine eigentlichen „Masern", sondern maserige Überwallungsränder. Als abnorme Überwallungen beschreibt Tine Tammes^) eigenartige zapfenförmige, meist einseitig sich lappenartig ausbreitende Fortsätze an Fagus silvatica. Die Untersuchung ergab, dafs es sich um Zweig- stumpfe handelt, die mit maserigen, hypertrophierten Wundrändern geschlossen waren. Die Hypertrophie war dadurch veranlafst worden, dafs die Bäume sehr stark beschnitten worden waren, und deshalb Über- schufs an plastischem Material an den übriggebliebenen Wachstums- herden sich eingestellt hatte. Ein Beispiel von Rindenknollen an krautartigen Pflanzen liefert Peters durch seine Beobachtungen an Hdianthus annuus und Polygonum cuspidatuni^). Die in der Mittelrinde entstehenden Knollen sind als Reaktion der Pflanzen auf Wundreiz anzusehen. Es starben einzelne Zellgruppen in der Rinde ab und vertrockneten. Der dadurch ent- stehende Hohlraum umkleidet sich mit einer cambialen Zone, die nach innen Holz, nach aufsen Rindengewebe bildet. Beispiele für die Knollenbildung an Wurzeln erwähnt bereits Th. Hartig *), bei Besprechung des Umstandes, dais junge Zitterpappeln in grofser Menge an abgetriebenen Beständen auftreten, wo seit langer Zeit keine samentragenden Bäume gestanden haben. Diese kleinen ^) Über die Ähnlichkeit dieser Bildung sekundärer Holzkörper mit der bei den Sapindaceen. Vefgl. Sokaiier, Die Knollenmaser der Kernobstbäume. Landwirtsch. Versuchsstationen 1878. 2) Tine Tammes, Über eigentümlich gebildete Maserbildungen an Zweigen von Fagus silvatica L. Recueil des travaux bot. Neerl. No. 1. Groningen 1904. ^) Cit. Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1905. S. 26. *) a. a. Ö. S. 429. Wuudeii des Achsen organes. g(52 Pflänzchen verdanken, wie Th. Hartig erklärt, ihr Dasein der fort- dauernden Vegetation der Wiu-zeln längst abgestorbener und oberirdisch verschwundener Aspen-Mutterbäume. Die Basis der AVurzelbrut ist in diesen Fällen stets eine knollen- förmige holzige Verdickung eines schwachen Wurzelstranges. Die Knollen selbst sind etwas Ähnliches wie die Knollen am maserigen Fufse alter Eichen oder Linden und wie die Knollen an der Rinde der Rotbuche ; sie sind der holzige Stamm eines schlafenden Auges, der, vollständig individualisiert, ein parasitisches Leben auf der Wurzel der Mutter- pflanze lebt „gleich dem schlafenden Auge an den amerikanischen Pinus- Arten." Durch diese Knollen werden die Aspenwm'zeln am Leben erhalten, ohne dafs das ernährende Wurzelstück selbst fort- wüchse. In der Regel zeigt sich das knollentragende Wurzelaststück schon wenige Zentimeter von der Ansatzstelle der Knolle abgestorben und in Fäulnis begrifien. Maserknollen an Wurzeln von Ä/Ianthus glandulosa beschreibt Andreae *) ; sie entstehen aus Wurzel- und Sprofs- anlagen. Im Anschlufs hieran mag einer Erscheimmg Erwähnung geschehen, die als Wurzel kröpf der Rüben 2) vielfach beschrieben aber noch nicht genügend aufgeklärt ist. Es zeigt sich, meist in trockenen Böden, in der Nähe des Rübenkopfes oder etwas weiter abwärts eine kugelige , mit borkiger Oberfläche versehene Geschwulst , die im Bau dem Rübenkörper ähnlich, ihrer Zusammensetzung nach aber durch gröfseren Wasser-, Asche- und Proteingehalt von ihm abweicht. Der Gefäfsbünd elkörper beweist, dafs die Geschwulst als die Ausbuchtung eines Gefäfsringes der Mutterrübe , also als eine Sprossung desselben anzusehen ist, die bei Stickstofl'überschufs walu-scheinlich durch eine Verwundung^) eingeleitet wird. Die Geschwulst ist nicht parasitär, wird aber wegen ilires lockeren Rindenbaues und des Gehalts an Invert- zucker leicht von tierischen und pflanzlichen Feinden heimgesucht. Blattverletzungen. In Rücksicht darauf, dafs gerade bei Blättern und andern fleischigen Pflanzenteilen die Folgen der Ver\\nindungen deutlicher hervortreten, wollen wir einleitend auf die Zustände aufmerksam machen, die wir als Wundreiz bezeichnen. Die erste Folge des Reizes, den jede Wunde auf den Organismus ausüben wird, dürfte in einer traumatropen ümlagerung des Protoplasmas in dem der Wundfläche zunächst liegenden Gewebe bestehen. Nach den Untersuchungen von NEh>TLEW*) sannnelt sich in den unverletzten Zellen das Protoplasma an der AVuudseite an, und etwas später wandert auch der Zellkern dahin. Diese Reiz- wirkung schreitet nach rückwärts einige Zellreihen in das gesunde Gewebe hinein fort und erreicht ungefähr nach 48 Stunden Ww Maximum, worauf allmählich wieder die Rückkehr in die normale Lage mehr oder M Andueak, über abnorme Wurzelanschwellungen bei Äildutlius glaiuliU8) finden sich Beobachtungen über die B 1 a 1 1 d ü r r e bei C o n i f e r e n und andern immergrünen Gehölzen als Folge von Winter- und Frühjahrs- frösten. Die Bäume zeigen den Brand meist nur auf einer Seite, die mit der vorherrschenden Windrichtung übereinstimmt. Wenn zu einer Zeit, in welcher der Boden noch gefroren ist, trockne Winde bei hoher Temperatur wehen, kann die gesteigerte Transph'ation der Pflanzen in dem gefrorenen Boden keinen genügenden Ersatz finden, und die Blätter vertrocknen. Es ist dies dieselbe Anschauung, welche zur Erklärung der Kiefernschütte schon früher zum Ausdruck gelangte. Die ein- heimischen Coniferen litten weniger, falls sie nicht etwa auf unzu- sagendem Boden standen, gegenüber den eingeführten Arten von Picea, Äbies, Juniperus, Taxus, Buxus usw. Zu Seite 609. Nach den Untersuchungen von Stoklasa (Über die glykolytischen Enzyme im Pflanzenorganismus [Z. f. physiol. Chemie, Bd. 5ü und 51, 1907]) ist die anaerobe Atmung eine alkoholische Gärung, bei der sich neben Alkohol und Kohlendioxj^d auch eine gewisse Menge Milchsäure bildet. Dies gilt auch für erfrorene Organe (Rüben, Kar- toffeln usw.). Zymase und Lactacidase werden also durch das Erfrieren nicht zerstört. Auch in der lobenden Pflanzen- und TiorzcUo werden Milchsäure, Alkohol, Kohlendioxyd , Essig- und Ameisensäure durch Enzyme gebildet. Die Zersetzung der Hexosen durch glykolytische Enzyme vollzieht sich normal ohne die Mitwirkung von Bakterien. In den aus reinen Pflanzensäften durch absoluten Alkohol und Äther ge- wonnenen Niederschlägen fand Verfasser gärungs erregende EnzjTne, welche in der Glykoselösung eine Milchsäure- und alkoholische Gärung hervorriefen, bei welchem Prozefs unter vollem Sauerstoflzutritt sich immer gewisse Mengen von Essig- und Ameisensäure bildeten. Zu Seite 671. Die Untersuchungen von Fallada (Osterr.-Ungar. Zeitschr. f. Zuckerindustrie u. Landw., Heft V, 19i)7) über die Woifs- blättorigkeit der Rüben sprechen für die Anschaumig, dafs die weifsen Blatteile auf einem jüngeren Entwicklungsstadium stehen bleiben und bei mangelhafterem Zellinhalt den Einfluls von Licht und Wärme mehr empfinden als die grünen Organe. Die albikaten Blätter besafsen einen gröiseren Wassergehalt: die geringere Menge organischer Substanz zeigte eine relative Vermehrung des Eiweifses , namentlich aber der nicht eiweifsartigen StickstoflVerbindungen. Der Kali- und Phosphor- säuregehalt war gröfser. der Kalk- und Kieselsäuregehalt geringer. Zu Seite 710. Bei den Erki-ankungen des Meerrettichs haben wir auf unsere ausführliche Arbeit in der Zeitsclu-. f. Pflanzenkr., 1899, S. 192, hingewiesen. Es ist dort gesagt worden : „Mir erscheinen daher die genannten Krankheitsfonnen nur als hochgi'adige Steigerungen einer verbreiteten Neigung zu gummöser Degeneration weil bei 374 Nachträge. der Entstehmig der Füllmassen der Gefäise auch die Schmelzung der sekundären Membranen in gewissen Fällen mitwirkt." Diese Anschauung wird neuerdings von A. Schleyer (Der Anbau des Meerrettichs usw., cit. Biedermanns Zentralbl. f. Agrik. , Heft 8, 1908) geteilt. Er sagt: „Das Schwarzwerden aber wird nach meiner Ansicht dadurch bedingt, dafs die Pentosane und der Zucker im Meerrettich gummiartig' degene- rieren." Auch die Ansicht, dafs Kalk als Heilmittel (da oft im Boden Humussäure vorhanden) anzuwenden sei, wurde dm^ch den Versuch bestätigt. Wurden Pflanzen in Nährlösungen kultiviert, die, einmal mit Kalk, das andere Mal ohne diesen angesetzt waren, so liefs sich an der kalklosen Pflanze sehr bald die gummiartige Degeneration „des Zuckers" nachweisen. Zu Seite 711. Das Gebiet der Beschädigungen durch Rauch- gase und andere industrielle Auswurfstoffe beginnt jetzt als gesonderter Wissenszweig sich von der allgemeinen Pathologie abzuzweigen und wird durch ein gesondertes Publikationsorgan vertreten. Seit 1908 existiert eine „Sammlung von Abhandlungen über Abgase und Rauch- schäden", herausgegeben von Prof. Dr. Wislicenus , der im ersten Heft eine zusammenfassende Darstellung „Über die Grundlagen technischer und gesetzlicher Mafsnahmen gegen Rauchschäden" bereits geliefert hat. Über die Einwirkung der Schwefligen Säure auf den Boden liegen von Haselhoff neuere Untersuchungen vor (Z. f. Pflanzenkrankh., 1908). Die Versuche zeigen, dafs die Vegetation nicht geschädigt wird, wenn der Boden solche Mengen zersetzungsfähiger Basen (namentlich Kalk) enthält, dafs die aus der zugeführten Schwefligen Säure gebildete Schwefelsäure gebunden wird. Der von Wieler geschilderte Fall der Bodenverarmung bei Vorhandensein freier Säure im Boden dürfte höchst selten (vielleicht in Waldböden) anzutreffen sein. Wenn dagegen während des Wachstums der Pflanzen Schwefelige Säure _ in den Boden geleitet wurde, so dafs derselbe eine saure Beschaffenheit zeigte, waren Wachstumsstörungen deutlich bemerkbar. Bei kupferhaltigen Böden wird durch die Schweflige Säure das Kupfer in leicht lösliche Verbindungen übergeführt, und dieses gelöste Kupfer kann dann für die Vegetation schädlich werden. Aber auch hier wird kohlensaurer Kalk helfen, indem er die lösende Einwirkung der Säure aufhebt. Zu Seite 752. Die von uns zuerst beobachtete Erscheinimg einer nachteiligen Wirkung der Bordeauxmischung auf den Ernteertrag wird durch neuere Versuche von v. Kirchner (Z. f. Pflkrankh., Heft H, 1908) bestätigt. Der Autor berücksichtigt auch die ältere Literatur. Wahr- scheinlich ist die Schattenwirkung der Brühe für die Erntedepression verantwortlich zu machen; dieselbe würde auch das freudigere Ergrünen der Blätter bei starker Sonnenbestrahlung erklären. Der gröfsere Stärkereichtum ist nicht erhöhter Assimilation, sondern verringerter Abfuhr der Assimilate zuzuschreiben. Zu Seite 756. Über einige Gesichtspunkte bei der Herstellung der B o r d e a u X b r ü h e berichtet Kelhofer ( Internat, phytopath. Dienst, 1908, Heft 3). Die Wirksamkeit der Brühe ist nicht nur abhängig von der Qualität der verwandten Materialien, sondern auch von den Mengen- verhältnissen der beiden Bestandteile und von der Zubereitungsweise. Was zunächst die Mengenverhältnisse anbetrifft, so ist zu betonen, dafs der Kupferniederschlag seine voluminöse Beschaffenheit um so Nachträge. 375 sclmeller verliert und die Gefahr des Abwaschens durch Regen um so gröiser ist , je mehr Kalk zur Herstellung der Brühe verwendet wird. Nach Kelhofers Versuchen ist es ferner erforderlich, dafs die Kupfer- vitriollösung und die Kalkmilch in der Kälte , und zwar in möglichst verdünntem Zustande gemischt werden, mid dabei mufs die Kupfer- lösung langsam zur Kalkmilch gegossen w.erdon. Andernfalls nimmt der Niederschlag eine pulverige Form an, die schnell zusammensintert. Obgleich der Zuckerzusatz im Prinzip zu empfehlen ist, mufs man sich doch davor hüten, zu grofse Mengen zu nehmen, da die Abwaschbar- keit der Kupferlösung dadurch gefördert wird. Allerdings ist die zur Haltbarmachung der Mischung nötige Zuckermenge vom Kalkgehalt abhängig, insofern die mit viel Kalk bereiteten Brühen auch mehr Zucker bedürfen. So haben sich beispielsweise bei Verwendung von 1, 2 und 3 kg Kalk auf 2 kg Vitriol pro lUO 1 Wasser 20 bzw. 30 bzw. 40 gr Zucker als notwendig erwiesen, um den Kupferniederschlag dauernd , d. h. über ein Jahr vor Zersetzung zu schützen. In der Praxis , wo in der Regel reichlich Kalk zur Verwendung kommt , ist anzuraten, durchschnittlich 50 gr Zucker pro Hektoliter zu nehmen. Bei diesem Zusatz kann der ganze Bedarf an Bordeauxbrühe gleich bei Beginn der Saison im Frühjahr angefertigt werden; die Mischung hält sich dann den ganzen Sommer über. Zu Seite 7(52. Die Untersuchungen von Rudolf Fkiedrich (Über die Stoffwechselvorgänge infolge der Verletzung von Pflanzen. Centralbl. f. Bakteriologie etc., II Bd. XXI, S. 330) liaben eine Bestätigung der von Zaleski und Hettlingek gemachten Beobachtung ergeben , dafs an der "Wund stelle eine Eiweifszunahme stattfindet. Aufserdem aber fand Friedkich, dafs sowohl bei unterirdischen Speicherorganen als auch bei Früchten und Blättern als gemeinsame Folgeerscheinungen der Ver- letzungen eine Abnahme der Kohlehydrate und eine Zunahme der Acidität (mit Ausnahme der Zwiebel) sich einstellen. Betrachtet man mit Ad. Mayer die Säuren als Verbrennungsprodukte der Zuckerarten, so erklärt sich die gesteigerte Acidität durch das lebhaftere Atmungs- bedürfnis des verletzten Organs. Die Abnahme der Kohlehj^drate wird sich zum Teil in der Weise deuten lassen, dafs dieselben zur Eiweifs- synthese verbraucht werden. Als fernere Reaktionen auf den traumati- schen Reiz dürfte auch eine entsprechende Abnahme der Amide bzw. der Amidosäuren anzusehen sein, die zum Aufbau des Eiweifsmoleküls Verwendung finden würden. Bei der Kartoffel wurden die kleinsten Stärkekörner verbraucht und Zuckerbildung eingeleitet. Zu Seite 777. Hedrick, Taylor und Wellington stellten Ringelungs- vers u che bei Tomaten und Chrysanthemen an. (Arb. der landwirtsch. Versuchsstation zu Geneva [Bull. Nr. 288]). Ein günstiger Einflufs konnte nicht festgestellt werden: es zeigten im Gegenteil die Pflanzen sich offenbar geschädigt. An den Achsen bildeten sich höckerige Auf- treibungen, die Blätter kränkelten, und der Wurzelapparat war weniger entwickelt. Eine Bestätigung miserer eignen Studien über die Vorgänge bei der Ringelung finden wir bei Kiuym (Beiträge zur Kalhis- und Vi^undholz- Bildung geringelter Zweige und deren histologische Veränderungen. Würzburg 1908, Nubers Verl.). Neu sind die Beobachtungen bei Vitis, wo infolge des Ringeins Neubildungen im Markkörper nachgewiesen wurden, ohne dals das ^lark überhaupt verletzt worden wäre. Dieser 376 Nachträge. Umstand ist dadnrcli wichtig, weil er zeigt, dals der Wniidreiz oaer die bei jeder Verwundung sich einstellenden Änderungen in der Gewebe- spannung sich in Regionen geltend machen , die von der Wundfläche weit entfernt und durch feste Holzzonen von derselben getrennt sind. Man versteht nunmehr auch besser die Veränderungen im Markkörper bei solchen Frostbeschädigungen , bei denen der Holzring keinerlei Störungen erkennen läfst. Die von Krieg beobachtete Wundholzbildung im Mark von F?Y?s, die der Verfasser der Einwirkung von Zersetzungsprodukten des bei der Ringelung abgestorbenen Holzteils zuschreibt, bestand aus mark- fleckenähnlichen, parenchymatischen Nestern. Diese waren von einem ringförmigen Cambium umschlossen. Der innerhalb der Markscheibe liegende Ring entwickelte nach innen Holz mit zahlreichen Grefäfsen, nach aufsen den Siebteil. Der andere , der Markkrone benachbarte Markfleck bildete aus seinem Cambiumringe nach innen den Siebteil und nach aufsen Holz, Die entsprechenden Gewebe der beiden Neu- bildungen vereinigten sich später mit den gleichnamigen Partien des Überwallmigsrandes. Die Pflanze hatte mithin den beim Ringeln ab- gestorbenen Holzkörper durch Anlage neuen Holz- und Siebgewebes im Mark ersetzt. Zu Seite 814. Vielseitige und sorgfältige Versuche verdanken wir Elsie Kupfer (Studies in plant regeneration. Dissert. d. Columbia Universität New York, 1907). Wir heben daraus zunächst die Versuche mit Wurzelstecklingen von Roripa Ärmoracia hervor. In den Boden eingelegte Wurzelstücke bildeten neue Triebe aus dem Cambium der oberen und unteren Schnittfläche. Wurden Rinde und Cambium fortgeschnitten, so entwickelten sich nach vorangegangener Callusbildung Sprosse an verschiedenen Stellen in der Nähe der Gefäfsbündel, und zwar häufiger am oberen wie am unteren Ende. Die Fähigkeit zur Sprofsbildmig, die sonst dem Cambium eigen ist, geht also in diesem Falle auf das, als Reaktion auf den Wundreiz neu entstandene Callus- gewebe über. — Längsschnitte von Wurzeln der Pastinaca sativa, die horizontal in Sand eingelegt wurden, entwickelten an beiden Schnitt- flächen nahe dem Cambium neue Sprosse. Bei isolierten Rinden- stückchen entstanden an der Innenseite Sprosse, an der Aufsenseite neue Wurzeln. Der isolierte Zentralzylinder bildete nur Wurzeln. Sehr instruktiv sind die Versuche mit Kartoffeln. Wenn von ober- irdischen Trieben eine beliebige Knospe unverletzt gelassen wurde, entwickelte sich diese zu einer oberirdischen Knolle ; wurden alle Knospen entfernt, fand nur Wurzelbildung statt, Stückchen von Kartotfelknollen, an denen die Augen nebst dem anstofsenden Knollen- parenchym herausgeschnitten waren, bildeten an diesen Schnittflächen neue Augen. Bei Kartoflelblättern zeigte sich am unteren Ende des Blattstiels entweder einfache Wurzelbildung oder eine knollige, stärke- haltige Anschwellung oder beides vereint oder sogar eine regelrechte kleine Knolle mit Augen. Als Gesamtresultat der zahlreichen Versuche, zu denen auch Blüten- und Fruchtstiele mit Erfolg herangezogen wurden, kann man erkennen, dafs für die Regeneration zunächst das Vorhandensein reichen Reserve- materials notwendig ist. Rein weifse Sprosse verschiedener Pflanzen bildeten keine Wurzeln. Verdunkelung oder Entzug der Kohlensäure verhinderten die Regeneration. Da gewisse Pflanzenteile nicht fähig sind, ein oder das andere Organ zu regenerieren, auch wenn alle Nachträge. 377 Bedingungen günstig sind, wird man zu der Ansicht geführt, dal's bestimmte Substanzen vorhanden sein müssen, welche "die Bilduno- eines bestimmten Organs bedingen. Solche Substanzen sind in der Gestalt von Enzymen zu denken, die nicht in allen Zellen vorhanden, sondern an bestimmten Stellen des Pflanzenleibes lokalisiert sind. Zu Seite 823. Betreffs der Callusbildung, die sich zwischen Rindenschildchen und Unterlage befindet, äul'sert sich Ohmann in einer ausführlichen Arbeit (Über die Art und das Zustandekommen der Verwachsung zweier P f r o p f s y m b i o n t o n. Centralbl. f. Bakteriol. usw., n. Bd., XXI, 1908): „Es scheint also, dafs die Callusbildung nur vom Rindenschildchen aus erfolgen darf. Soraueh gibt über diese Frage an, eine Gesetzmäfsigkeit im Abreifsen der Rinde lasse sich nicht fest- stellen. Nach ScHMiTTHENNEK zerreifst der Stamm im jüngsten Splint. Ich habe nun eine grofse Anzahl von Pflanzen aus den verschiedensten Familien auf diese Frage hin untersucht. Es ergab sich, dal's das Cambium vollständig auf der Rinde verbleibt. In ganz vereinzelten Fällen bemerkte ich , dal's wenige Cambiumzellen am jüngsten Holz- körper hängen geblieben waren. Jedoch habe ich dies so selten beobachtet, dafs ich diesem Befunde keine Bedeutung beilege." Hierzu wäre zu bemerken, dafs der Verf. zu einer Zeit okuliert hat „wo die Cambiumtätigkeit in vollem Gange ist''. Für diesen Fall hat der Autor Recht; wird aber zu einer späteren Zeit okuliert, dann mehren sich die von Sokauer beobachteten Fälle. Zu Seite 844. Blankinship beschreibt (Zeitschr. f. Pflanzonkh., Heft I, 1908) eine in Montana (N. A.) häufig an Populus anfjiistifoUa, halsamifcra., cleltoides u. a. auftretende Blutungskrankheit. Die Bäume zeigen ein übermäfsiges Bluten aus Wunden, begleitet von einem Ver- bleichen bzw. Vergilben des Laubes. Zuweilen bilden sich die Wunden an einzehien Ästen zu Höhlungen ans , die mit einer ginnmösen, halb- flüssigen Masse ausgefüllt sind. Der ausfliefsende , mit Bakterien be- ladene Saft hat einen sül'slichen Geschmack und wird häufig von grofsen braunen Ameisen aufgesucht. In Verbindung mit dieser Blutungskrankheit steht eine „Gelbsucht" der Pappeln, bei der Bluten eintreten kann, aber auch häufiger aus- bleibt. Das Laub des ganzen Baumes w^rd hierbei gebleicht und trocknet in den Intercostalfeldem aus-, nach 3 — 5 Jahren erfolgt der Tod. Die erki^ankenden Bäume stehen gewöhnlich an tiefen Stellen, und der Autor ist der Ansicht, dafs die Steigerung des Alkaligehaltes im Grimdwasser die Schuld trage. Man findet das Üljel in Montana nicht blofs an Pappeln, sondern auch an andern Bäumen dort, wo Berieselung angewendet wird. Dränage ist zu empfehlen. Zu Seite 845. Über eine Förderung der Blütenentwicklung durch Entfernung eines Teils der Wurzeln berichtet Minora Shkja (On the effect of a partial removal of roots and leaves upon the development of flowers. Joiu'n. College of Science, Tokyo, 1907, vol. XXIH art. 4). Von den verschiedenen Versuchspflanzen reagierten die einzelnen Arten verschieden auf die gleichen Eingrifle. Bei F/tarhitis, Fismn arvense und Vicia Faha veranlafste die Wegnahme der Hauptwurzel und einiger Nebenwurzeln eine ungewöhnlich frühe und üppige Entwicklung der Blüten, bei Farfoptirmn war dies nicht der Fall. Absclmeiden aller Seitenwm-zeln beföi'derte bei Vicia Faha und Fimm sativum var. arvense die Blüten bildung, bei Fisum arvense aber nicht. Register ^). Abbau der Kartoffeln 208. Abbinden des Bodens 405. Abgliederung, Fruchtspieße ooS. Abies 103. Ablaktieren 821. Ablösung der Blüten 353. Abraumsalze 401. Abröhren der "Weinblüten 354. Absterben der Erlen 150. — der Knospen 852. Abstecken der Triebe 132. Abwässer 739. — chlorcalcium- und chlor- magnesiumhaltige 742. — eisensulfatbaltige 744. — kupferhaltige 745. — nickel- und kobalthaltige 746. — zinksulfathaltige 743. Abwaschen d. Blumentöpfe 206. Abwerfen der Früchte 295. — ' der Zweige 358. Acacia longifolia, Intumescenz 437. — microbotrya, Intumescenz 437. — pendula, Intumescenz 442. Acer 93. — campestre, Kropfmaser 378. — obtusatum 158. — italum 158. — Negundo, Verfärbung 280. — palmatum, Nanismus 141. — platanoides 152. — Pseudoplatanusvar.Schwed- leri, Verfärbung 280. — Hitzelaubfall 411. Acetylen 736. 760. Acetylen Vergiftung 738. Achse, Einschnüren 806. — Zerklüftung 579. Achselversprossung 374. Acremonium 204. — Kahlährigkeit 543. Acrocylindrium 204. Acrospermum 51. Aesculus 152. — macrostachya 103. Aethertreiberei 756. Aetiologie 4. Agaricus 50. Agaricus campestris 97. Agathosma 132. Ageratum 144. Agropyrum repens 87. Agrostemma Githago 71. Ahnenplasma 28. Ailauthus 100. Akazien, Gummifluß 701. Akklimatisation 37. Akkumulation 35. Akrolein 747. Akute Rauchschäden 714. — Resinose 709. Albicatio 33. 308. 671. 691. 837. Alinit 270. Alkaliboden 194. 267. Alkaligras 195. Alkalität des Bodens 367. AUantospora radicicola 228. Allgemeinerkrankung d. Pflan- zen 6. Allium Cepa 27. Alnus glutinosa 93. , fasciatio 333. — incana 8. Altersschwäche 31. Amanita muscaria 287. Ammoniak 723. — Bindung des 272. Ammoniaksalze, Kopfdüngung 268. — Wiesen 363. Ampelopsis hederacea, Emer- genzen 440. Amygdalus, Nanismus 141. Amylokarbol 751. Anabaena 7. Anaesthetica 756. Ananas, Fehlschlagen 647. Anastatica hierochuntica 175. Andropogon nutans, Rotz 690. — Schoenanthus, Sereh 686. — Sorghum, Mafuta-Krankheit 414. Anpassung der Wurzel 75. Anstreichmittel 746. Antibiose 7. Antifermente 670, Antinonnin 751. Apera spica venti 7. Apfel, Fliegenflecke 169. — für trockene Böden 174. i Apfel, Glasigwerden 286. I Apfel-Kernhaus , Wollstreifen 324 Apfel-Krebs 584. — Kropfmaser 872. — Lohkrankheit 210. — Stippflecke 166. Aphelandra, Intumescenz 448. Apogamie 342. Apokrensäure 241. Apostasis der Blüten 373. Apostrophe 668. Aprikosenkrankheit, Mom- bacher 478. Arabin 699 Arabinose 166. Arachis hypogaea 684. Araucaria 91. Arrabbiaticcio 202. Arsen 733. 743. 751. Arundo arenaria 87. 147. — baltica 147. Aschenregen 742. i Ascophora 51. Ascospora Beijerinckii 555. I Aspergillus 9. 50. — niger 14. 97. 273. I Huugerzustand 288. ! Asphaltdämpfe 725. ' Asphaltieren der Straßen- i dämme 103. i Aster alpinus 81. Asteroma radiosum 727. Astwurzelkrebs bei Obst- und I Waldbäumen 591. I Atmung , intramolekulare 97. 313. Atomaria linearis 221. I Aufbewahren der Winteräpfel i 323. Aufeggen der Wiesen 237. — der Wintersaaten 237. Aufreißen der Gurken 461. — von Pflanzenteilen 321. — der Tonböden 188. Auftauen 505. — schnelles 108. 510. Augenstecklinge, Vitis, Paeonia 818. Aurigo 434. 460. Ausbrennen, Rasen 185. 285. — Saaten 185. ') Von den zahlreichen Pflanzennamen sind nur diejenigen in das Register aufgenommen worden, denen eingehende Mitteilungen beigegeben worden sind. Alle gelegentlich als Beispiele für gewisse Erkrankungsfälle angeführten Pflanzen hätten das Register nutzlos beschwert. Register. Aussauern der Saaten 201. Ausscheidungen des Wurzel- körpers 136. Auswachsen des Getreides 320. Auswaschung des Bodens 146. 243. Auswüchse der Wurzeln 191. Auswurfstoffe,Schornsteine729. Azaleen, Blattfall 352. Azolla caroliniana 7. Azotobacter 272. — chroococcum 269. Azurin 756. — Siegwart 756. Bacilhis albuniinis 272. — anthracis 669. — Berestnewi 14. — Bctae 25. — hutyricus 272. — coli 272. — coli communis 25. — fluorescens liquet'aciens 223. — foetidus 272. — liquefaciens 223. 272. — liquidus 272. — maculicola 683. — megaterium 272. — mesentericus vulgatus 223. 272. — mycoides 223. 272. — nnbilis 272. — phytophthorus 819. — prodigiosus 272. 669. — Proteus vulgaris 272. — pseudoarabinus 690. — pyocyaneus 669. — radicicola 272. — ruber balticus 14. — Sacchari 688. 689. — subtilis 10. 223. 272. — typhosus 669. — ureae 272. — vascularum 690. — vulgaris 272. — vulgatus 10. Bacteriorrhiza 7. 224. 271. Bacterium coprophilum 272. — fuscum 272. — Hartlebi 271. — nitrobacter 272. — psoudarabiiius 690. — Sacchari 690. — vascularum 690. Bakterienflora des Bodens 257. 269. Bakterien-Eingkrankheit, Kar- toffel 398. Bakteriöse Gummosis der Zuckerrüben 691. Ballentrocknis der Ericaceen 180. Bambus, Xanismus 141. Bassorin 693. Bastardbildung d. Veredhing 835. Bastumwalhmg 857. Batate, Boden 233. Bäume, Anschwellung 460. — Grindstellen 461. — Kropfmaser 378. — Krüppel formen 474. — Reinigen 295. — Schatten, Ernteverminde- rung 653. — Schutz 750. — tiefes Pflanzen 95. Baumwolip, Nebel 458. — Stongclbräune 229. — tuigünstiger Boden 229. — WelkkranUheit 229. B;iunivvurzeln, Einfluß 654. Bedecken der Krume 236. — der Samen 107. Becrenobst, Wassersucht 335. Becrenstiele, Korkwarzen 432. Begießen, unvor^chliges 206. Begonia fuchsioides, Blattfall 353. Behacken des Bodens 183. Beharrungsvermögen der Pflan- zen 36. Behäufeln 235. Bcllis perennis 124. Berberis 103. Berieselung 181. 195. Besanduns desMoorbodens 257. Beschattung 411, 652. Beschränkter Bodenraum 135. Beta 47. — Aufreißen 322. Betauungsfäbigkeit des Sand- bodens 146. Betula pubescens 250. Bewaldung 86. ßewegiingserscheinungen durch Frost 546. Biegen der Zweige 800. Biogen 29. Biologische Rassen 126. Biota 141. — Orientalis 103. 817. — meldensis 817. Birnen, Lithiasis 169. — Steinigwerden 169. — für trockene Böden 174. Black Rot 664. Blast 44. Blastomania 377. Blatt, aurigo 434. — Dürre bei Coniferen 873. — Durchlöcherung 426. 430. — Eraergenzen 433. — Knospen auf 378. — Korkwucherungen 426. — Verbrennen der 637. — Welken 365. — Windbeschädigung 476. — Zerschlitzung durch Frost 533. Blattfall ;346. 351. — der Azaleen 352. BlattfivU der Begonia fuchsio- ides 353. — bei Libonia floribunda 353. — bei Zimmerpflanzen 352. j Blattfleckenkrankheit des Zuckerrohrs ■_'"J9. Blattrüllkraiiklu'it d. Kartotleln 872. Blattstecklinge 378. 864. Blattverletzungen 861. Blausäure 751. ! Blei 732. 743. j Blei-Naiiismus 744. Bleisand 243. 244. Bleiwi'iß 747. lUindbein dos Hopfens 343. Blitz, Kartotfel, Riiben 495. Blitzschläge, 479. — innere 486. Blitzsparen 487. Blitzwuiiden, Nadelhölzer 489. lUurokziekte, Katfee 231. Bluten, Ablösung der 353. — apostasis 373. — Vertrocknen 296. Blütenbildung der Hunger- zubtändf 289. — mangelhafte 416. Blütenveränderung durch Frost 517. Blumen. Füllung 375. Blumentöpfe, Abwaschen d. 206. Blumenzwiebeltreiberei , Fehl- schläge 297. 648. Blutlaus 392. Blutungskrankheit bei Pappeln 877. Boden, Abbinden 405. — Absorption 264. — Alkaliiät 367. — Ausmergeln 238. 266. — Auswaschung 243. — Bakterieiiriora 269. — Bearbeitung 182. 227. 235. — Bedeckung 182. — Behacken des 183. — Berieselung 181. — Beschafl"enheit. chemische 264. ungünstige 1.35. — Beschattung durch Un- kräuter 653. — Dichtschlämmen 740. — Durchlüftung 242. — Eggen 183. — Erweichen des 190. — Farbe 86. — Flockung 192. — für Obstsorten 173. 174. — Gare des 194. — Gerüst, Nährstoffe 264. — kleine Töpfe 138. — Klima des 270. — Krankheiten durch 69. — Knistenbililung 108. — Lage des 69. 86. 95. Eegister. Boden, leichter 145. — Lockeruni^ 182. — Lösung, hochkonzentrierte 387. — Mastkulturen 138. — mechanische Widerstände 138. — Mosaikkrankheit 681. — Müdigkeit 270. — Naehrutschen 88. — • Oberfläche, Neigung der 83. — Organismen, Arbeit der 268. — Raum, beschränkter 135. — Säuren im 241. — Schälen des 183. — schwerer, Kachteile 233. — Struktur, unpassende 145. — ungarer 272 — ungünstiger, Tabak 230. Baumwolle 229. Kaifee, Kakao, Tee 231. Tropenkulturen 228.232. Zuckerrohr 228. — Verarmung 265. — Vergiftung 266. durch Rauch 715. durch Schwefelmetalle 250. — Verhagern des 150. — Verkrustung des 132. — Vermagerung 89. — Verschlammen des 190. — Volumen 186. 138. — Wärme 70. hohe 644. — Wassermangel im 181. — zehrender 238. Bohne, Intumescens 446. Boletus 50. Bordeauxmischung 752. 874. — nachteilige Wirkung 874. Borosma 132. Borronia 132. Botanischer Jahresbericht 57. Botrytis 10. 24. 50. — cinerea 20. 394. 433. 700. ßoullie Celeste 756. Brache 187. 273. Brand 38. 606. — Disposition 49. — schwarzer, Rotbuche 557. Brandblasen 638. Branderde 244. Braun ketten 611. Brausche Hopfen 344. 465. Breite des Lebens 5. — der Gesundheit 5. Bremia Lactucae 21. Brennflecke 640. Brenzcatechin 503. Brizopyrum 195. Brom 728. Brombeerkrebs 603. Bromus moUis 143. — Nanismus 141. Broussin 853. Brusone-Krankheit des Reises 31.5. Buckclschorf der Rüben 367. Buntblätterigkeit 671. Buntwerden, Kartoffel 391. Caeoma 56. — cerealium 56. Calcipenuria 304. Calciumkarbid 760. Calda fredda 202. Callitiis quadrivalvis 817. Calluna 254. — vulgaris 144. 243. Callus 779. Calycanthus 103. Cambiumbräunung, Fiost 610. Canipanula 144. Cancer 50. Cannabis 145. Caragana 103. Carcinoma 584. Carex 254. — arenaria 147. Caries 46. 53. Carotin 282. Cassaven, Boden 233. Cassia tomentosa, Intumescenz. 435. Castanea 7. Cattleya, Fleckigwerden 262. Celosia cristata 30. , fasciatio 334. Centaurea Cyanus 71. Cephalosporium 241. Cerasin 693. Ceratopteris thalictroides 288. Cereus flugellifoimis, Kork- suclit 427. — nycticalus 454. Chagrinieren d. Rosenstämme 434. Chamaecypaiis Lawsoniana 157. — sphaeroidea var. Andalyen- sis 817. — squarrosa 817. Chemische Bodenbeschaffen- heit 264. Chemotropismus 9. Chermes 716. Chilisalpeter 224. 311. 757. — Kopfdüngung 390. — Holzgewächse 390. Chlor 717. Chloranthie 342. Chloibarium 743. chlorcalcium- und chlormag- nesiumhaltige Abwässer 742. Chlormagnesium 741. Chlormangel 306. Chlorophyllan 501. Chlorosis 308. 871. Chlorosis, Tabak 679. — Weinstock 402. Chorise 376. Chorizema 132. chronische Rauchschädeu 714. — Resinose 709. Cladosporium 10. 438. 543. — javanicum 228. — penicillioides 204. Clasterospoi ium carpophilum 700. Clavus 47. Clivianobilis, Sonnenbrand 639. Clostridium gelatinosum 271. 272. — Pasteurianum 269. 272. Coccus caricae 704, Coffea arabica 231. — liberica 231. Colletotrichum 262. Coniferen, Harzfluß 705. — Frostbeschädigung 873. Contagium vivum fluidum 681 Convallaria majalis 133. ^. , Cornus alba 103. — mascula 103. — sanguinea 103. — sibirica 103. Correa 132. Corylus 7. 103. Coryneum Beijerinckii 555. 700. — gummiparum 701. Crataegus 105. 125. Creolin 750. Cupressus 141. — Bregeoni 817. — Lawsoni 817. — sempervirens 817. Cuticularsprengung d.Frost 62 1 . Cyathus 51. Cycadeae 7. Cydonia vulgaris, Maser 885. Cymbidium Lowi 444. Cytisus 103. Cytospora leucostoma 700. — rubescens 554. 557. Dasyscypha Willkommii 80. Dedoublement 376. Degeneration 31. Dematophora necatrix 703. Dendrin 750. Dendrobium, Fleckigwerdcn 262. Denitrifikation 269. Diaphysis 374. Die- back der Orangen 392. Dichtsaat 144. Dichtschlämmen d. Bodens 740. Dicotylen, Harzbildung 709. Didymosphaeria popuUna 558. Didymosporium salicinum 558. Digitellus 50. Dintenkrankheit, Kastanie 702. Diöcie b. Kryptogamen 288. Dioscorea 233. Diospyros, Nanismus 141. Eegister. 881 Disposition 24. 59. 125. s. Piä- disposition. — für Brand 49. — erbliche 80. — d. NährstoffmanKel 302. Djamoer oopas, Kaftee 231. Dongkellanziekte, Zuckerrohr 228. Doppelfrüchte 376. Doppelringe, Frost 613. . Dornenbildung 297. Dothiora sphaeroides 558. Dracaena, Gelbsprenkelung435. Drainage 197. 233. 267. Drainzöpfe 319. Drehung der Crataegus 176. — der Stämme 176. — der Syringa 176. — der Zweige 805. Drehwuchs 764. 811. Dünen 147. Düngemittel, Schädigungen 757. Dünger, Vertorfung d. 271. Düngesalz 192. Düngung, Eisenvitriol 403. — erschöpfende Wirkung 266. — d. Moorbodens 257. 258. Dürre bei Feldfrüchten 153. — Kalidüngung 154. — Notreife 154. Duftanhang 632. Durchfallen d. Weinblüten 354. Durchfrieren 235. Durchlöcherung, Blätter 449. Durchlüftung des Bodens 243. Durchwachsend. Kartoffeln 161. Durchwachsung 374. — Ähren 465. Ecblastesis 374. Echte Kastanie, Dintenkrank- Eggen 183. jheit 702. Einfluß V. Stickstoffüberschuß 387. — des Waldes 132. Einquellen des Saatgutes 154. Einschnüren der Achse 806. Einspitzen 821. Eisanhang 631. , Eisbildung, günstiger Einfluß 509. p]isenfleckigkeit b. Kartoffel 39 1 . 872. Eisenmangel 308. Eisenschüssiger Sand 252. ' Eisensulfat 871. : Eisensulfathaltiges Wasser 744. | Eisenvitriol, Düngung 403. Eiweißzersetzung, Lichtmangel 664. 1 Elektrische Entladungen 479. Elektrizität 488. 872. , — städtische Baumpflanzung i 493. I Elektrokultur, Nachteile 490. Elektrolyte 192. I Elmsfeuer 488. Elymus arenarius 67. 147. Embryonales Plasma 28. Emergenzen 433. — Ampelopsis hederacea 440. Endemie 15. Endomyces verualis 845. Englischer Zungenschnitt 835. p]ntlaubung durch Wärnieüber- schuß 640. Entwässerung des Moorbodens 257. Entwicklungsmechanik 61. 63. Enzymatische Krankheiten 669. Enzyme 877. — glycolytische 873. Epidemie 15. Epilobium hirsutum , Anpas- sungsfähigkeit 323. FIpistrophe 668. Erbliche Disposition 28. 80. Erblichkeit der Krankheit 28. Erbse, Intumescenz 446. Erdnüsse, Erkrankung 684. Erfrieren 504. Ergrünungsmangel, Frost 525. Erhöhung der Nährstoffkon- zentration 360. Ericaceen, Ballentrocknis 180. Erineum 178. Eriophorum 254. Erkältung 512. p]rlen. Absterben 150. Erlenbruch, Wasser 251. Ernteverminderung d. Baum- schatten 653. Ersticken durch Sauerstoff- mangel 313. Erysiphe 50. — Fabricii 46. — graminis 636. Etiolement 308, 649. Etiolierte Pflanze 423. Eucalyptus , Intumescenz 444. Evonymus, Nanismus 141. Exoascus 143. Fadenbildung d. Kartoffeln 159. Fäkalstoffe 392. Fäulnis 195. 205. Fagus 7. — silvatica, Verförbung 280. Falsche Jahresringe, Frost 613. — Kernbildung 841. Fames 50. Familiola 50. Fangpflanzenbau 736. Farben, rote 124. — wärmende 124. Färbung, herbstliche 124. Farne, Apogamie 342. — Diöcie 288. — lebendig gebärende 342. Fasciatio 30. 332. 333. Faulkern 841. Felder, Streublitze 495. S Ol- au er, Handbuch. 3. Aufl. Erster Band Feldfrüchte, Dürre 153. — Überdüngung 392. Fegewunden 772. Feigenbäume, Ciummose 703. Fettbäume 483. Feuchtigkeitsgehalt der Luft 72. 120. 425. — — übermäßiger 422. - Wechsel des 273. Fichte, Gipfeldürre 89. — Nutzen der 254. — Senkerbildung 254. — Zopftrocknis '89. Fieber der Pflanzen 862. Filositas 159. Filzkrankhoit 178. Flachwundcn 820. Flechten an Stämmen 331. Fleckennekrose 733. 372. Fleckigwerden der Orchideen 262. Fliegenflecke, Äpfel 169. Flockung 192. Flottlehm 190. Flugasche , Zusammensetzung 730. 733. Flugsand 147. Fluorwasserstoffsäure 722. Flußsäure 722. Föhnwind 633. Formae speciales 12. Freie Schwefelsäure 250. Freistellung der Waldbäume 328. Frost, Achsenzerklüftung 579. — Aufziehen der Saaten 535. — Augenkissen 577. — Barfrost 536. beulen 568. 571. — Bewegungserscheinungen 546. blasen 523, 531. — Blütenveränderung 517. — Cambiumbräunung 610. — Cuticularsprengungen 621, — Doppelringe 613. emptindlichkeit 196. 252. — Ergrünungsmangel 525. — Ersatzknospen 560. — falsche Jahresringe 613. — Frühjahrstritbe 558. — -gefahr bei Sandboden 146. geschmack , Weinbeeren 517. — Getreide 536. 538. — Halmknicken 541. harte Varietäten 499. 629. — Kahlährigkeit 541. — Iv'ohl 530. — -krebs 582. — Lähmungserscheinungen 507. — -läppen 574. — -laubfall 347. 526. leisten 566. — -linie 577. 56 882 Eegister. Frostlöcher 197. — Lockerung der Membranen 579. — Markflecke 611. — Markstrahlzerrung 570. — Mondringe 611. — Parenchymholzerzeugung 614. platten 606. — Reif 634. — Ringschäle 612. — -risse, innere 568. offene 581. — Rostringe 522. — Rüben 530. — -runzeln 573. — schnelles Auftauen 108. — Schoßrüben 515. — -Schutzmittel 622. 623. 624. 625. spalten 564. — Spannungsdifferenzen 513. — Überkältung 507. — unreife Triebe 553. — Unterkühlung 507. — Verbänderung 558. — Verfärbungen derAchse 575. — Vergilben 553. — Voraussage 627. — -welke 548. Wirkung, mechanische 617. Theorie 507. — -wunden, Nadelhölzer 489. — Wurzeln 561. — Zellgänge 611. — zerschlitzte Blätter 533. — Zweigsterben 152. — an Zweigspitzen 552. Früchte, Abwerfen 295. — kernlose 292. — Korkbildung 432. — Sprossung 375. — Wässerigkeit 323, Fruchtkuchen 838. Fruchtspieße, Abgliederung 338. Frühjahrsfröste 873. Frühjahrsholz 764. Frühjahrstriebe, Abfrieren 558. Friihjahrswinde, rauhe 478. Fuchs des Hopfens 282. Fuchsige Pflaumen 164. Füllung der Blumen, Kompo- siten 375. Fuligo vagans 52. Fumago salicina 704. Fungus marinus 50. — panis similis 50. Fusarium 204. — moschatum 845. Fusicladium 170. Fusisporium candidum 557. Futterrüben, Herz- u. Trocken- fäule 414. — Wurzel brand 221. Futterwicken, Lagern 661. Gabelwuchs der Reben 345. Gabler, Reben 345. Galactin 699. Galaktose 166. Gallimaceus 50. Gare des Ackers 194. Gasanstalten, Abfall 747. Gasaustausch 313. Gasphosphat 759. Gefäßbuckel 569. Gefrieren 504. Gehenkelte Stämme 838. Gehölze,Verfärbungen 279. 280. Gehölzsamen, Behandlung 156. Geilstellen der Wiesen 364. Geü.laubigkeit 191. 196. — Kamelien 661. — Lichtüberschuß 666. Gelbsprenkelung 434. — Dracaena 435. — Pandanus javanicus 434. Gelbsucht 38. 308. — durch Kallvüberschuß 310. — (le jaune) des Lein 283. — bei Pappeln 877. — durch Stickstoffhunger 310. — durch Trockenheit 311. — übertragbar 691. — Weinstock 402. Gelivüre des Weinstockes 494. Gelte des Hopfens 343. Gemmulae 28. Gemüse, Tropenklima 635. — Überdüngung 392. Genista 147. Geoponika 40. Gerbstoffe 149. Geschichte der Pflanzen 37. Geschlossener Krebs 585. Geschwülste am Johannisbrot- baum 339. Gesundheit, Breite 5. Getreide, Auswachsen 320. — Fleckennekrose 372. — Frostverletzung 536. 538. — Hagel 462. — Lagerung 365, 658. — Reifeverzögerung 365. — Röte des 281. — Strohwüchsigkeit 365. — Trockenflecke 282. — Vorscheinen 158. 282. Getreidekörner, glasige 126. — Wurzeln aus Spitze 113. Gewohnheit der Pflanzen 36. Gingko biloba, Zylindermaser 386. Gipfeldürre 89. 150. — der Nadelhölzer 486. — aus Wassermangel 189. Gips 195.. 251. 402. Gipsen 238, Gladiolen, Erkrankung 316. Glasige Getreidekörner 126. Glasigwerden der Äpfel 286. — der Kakteen 454. 710. Glasigwerden d. Orchideen 647. — Zierpflanzen 710. Gloeosporium 262. 264. — nervisequum 304. Gnaphalium Leontopodinm 81. Gommose bacillaire 841. Grapholitha pactolana 716. Gras, Stickstoffüberschuß 365. — Rotfärbung 282. — Verschwinden 362. Grausand 243. Grind an Weinstock 594. Grindstellen an Bäumen 461. Grünblütigkeit 342. Gründüngung 235. 267. 271. Grundwasser, Moorboden 2.58. Grundwasserspiegel 148. — Senkung 103. Guignardia Bidwellii 23. 664. Gummü)aum, Knötchenkrank- heit 450. Gummifluß der Akazien 701. — der Feigenbäume 703. — der Kirschen 693. — Ölbaum 704. — der Pomeranzen 701. Gummigefäße 841. Gunnera 7. Gürtelschorf der Rüben 368. Gurken, Aufreißen der 461. Gymnosporangium 50. — Sabinae 59. Blaarfrost 633. Hacken 235. Hagel 462. — durchwachsene Ähren 465. — Getreide 462. — Hopfen 465. — Kartoffeln 466. — Raps 466. — Rindenwunden 467. — Tomate 466. Hagelgeschmack bei Wein 469. Hagelschießen 469. Halmknicken durch Frost 541. — durch Hagel 541. Harfenbäume 91. Hartschaligkeit d. Samen 113. 420. Harzbildung b. Dicotyleu 709. Hai'zbeulen 705. Harzfluß der Coniferen 705. Harznutzung, Wunden durch 770. Hautkrankheit der Hyazinthen 451. Ileideböden, Nachteile 241. Heideerdekulturen 260. Heilmittellehre 4. Helianthus annuus, Verlaubung 341. Helichrysum 132. Helotium 51. Hemisaprophyten 8. Hemiparasiten 8. Register. 883 IIerl)sttail)iing 124. .5(J0. Ilerlistholz 764. HerbstlaiibfiUl 62(3. Herbstpflanzung 564. Hericia 845. Herzfäule d. Futterrüben 414. Merz- u. Trockenfiiule clurcb Scheideschlamni 194. Ilexenbesen 148. .576. liibiscus vitifolius, Intumescenz 449. Ilieracium al])iiuim 81. Ilippeabtrum 125. Hippopbae rhainnoides 87. 147. Hitzelaublall 347. 411. 640. Hitzestarre 685. Hitztod 684. Holoparasiten 8. Holosaprophyteii 8. Holz, maseriges 849. — wimuieriges 849. Holzgewächse,Chilisaipeter891. Holzknollen 849. Ilolzkörper, Anschwollen d. 460. Holzpflanzen, Achse der 73. — Anpassungen 75. Homogamie 293. Honigtau 412. Hopfen, Blindsein 843. — brausche 844. 465. — Erhitzen 844. — Fuchs 282. — Gelte des 843. — Hagel 465. — Kupferbrand 282. — Lupelbildung 848. — Narrenkopfbildung 848. — Röte 282. — Rote Lohe 282. — Schattenanlagen 288. — Sommerbrand 282. — Stangenrot 288. Hormodendron-Krankhcit 784. Hornprosenchym 691. Hornspäne 898. 895. Hülsenfrüchte, Vorscheinen 15S. Hülsenwuchs 90. j Hüttenrauch 78.2. l Hüttenwerke, Kaucherzeugung ' 730. Humea 182. Humin 241. Huminsäure 242. Humussäure 241, 715. Humussandstein 244. Humussubstanzen 149. Hyazinthen , Abstoßen der Blüten 356. — Hautkrankheit 451. — Ringelkrankhoit 826. 458. Hypochlorin 501. Hypocrea rufa 14. — Sacchari 228. Hypoplasie 176. Hypoxylon 50. Hysterium 51. Icterus 808. — Weinstock 810. 402. Idioplasma 28. Igniarius 50. Immunisierung, künstliche 20. Immunität 28. 125. Inschriften, Wunden durch 771. Intramolekulare Atmung 97. 813. lutumescenz 481. 435. — Acacia longifolia, micro- botrya 437. - Acacia pendula 448. --- Aphelandra 448. — Bohne 446. — Cassia tomentosa 435. - Cymbidium Lowi 444. — Erbse 446. — Eucalyptus 444. — Hibiscus vitifolius 44!*. — innere 445. — Kakteen 430. 454. — Myrmecodia echinata 437. — Pelargonium zonale 488. — Ruellia 448. — durch Verwundung 441. — Weinstock 488. Intumescenzen nach Kupfcr- brüho 758. Ishikubyo 684. Isopyrum biternatum S. .Jadoo-fibre 268. Jahresringe, Entstehung 764. Jahresringfächerung 586. Johannisbrotbaum, Geschwülste 839. Jugendformen, Rückgang auf die 877. Juglans 105. Juniperus, Bewurzelung 254. — communis 108. — phoenicea 474. — Sabina 103. Kälte, Icterus durch 8(i!>. Kaftee, Blorokziekte 281. — Djamoer oepas 281. - Krebs 281. — schwarzer Rost 231. — ungünstiger Boden 231. — Wurzelfäule 281. Kaffeekulturen, Schattenbäume 653. Kahlährigkeit durch Frost 541. Kainit 404, Kakao, rhytophthorafäule 461. — ungünstiger Boden 231. — Windbruch 471. Kakteen, Glasigwerden 454. — innere Intumescenz 480. 454. — Korksucht 427. Kalidüngung 127. 154. j Kalimangel 297. ' Kalimangel bei Sterigmato- cystis nigra 3U0. Kaliülterschuß 408. 405. Kaliumperchlorat 757. Kalk, oxalsaurer 782. Kalk-Chloroso 871. Kalkdüngung, bei Rauchver- giftung 716. Kalken 194. 288. Kalkmangel 302. 808. 804. — Kulturversuche 803. i Kalkmangel, Milchglanz 2s6. — Phaseolus 304. I — Platanus 804. : — Vergiftung durch 804. — Zuckerrohr 8U4. Kalköfen, Teernebel 72i). Kalküberschuß 8!t9. ^ Gelbsucht durch 810. — Weinstock 402. Kalkung, periodische 268. Kalkstickstoff 760. Kalte, nasse Witterung 18. Kamelien, Gelblaubigkeit 666. Kandieren, Saatgut 227. 388. Karbnlineum 748. Karbolsäure 226. 751. Kartoffel, Aufreißen 322. — Durchlöcherung der Blätter 430. KartoftelknoUen , oberirdische 163. Kartoffeln, Abbau 208. — Bakterien -Ringkrankheit 398. — Buntwerden 391, — Durchwachsen 161. — Eisenfleckigkeit 391. — Fadonbildung 1.59. — Hagel 4(J6. — Kindelbildung 161. — Knollenbildung ohne Laub 168. — Kräuselkrankheit 895. — Kulturrassen 209. — Lenticellen 369. — Notreife 159. — Prolepsis 162. — schwarze Trockenfäule 891. -- Stippflecke 397. — Süßwerden 518. — Tiefschorf 4:50. — überdüngte 890. — Vergröllcrung der Mutter- knolle 898. — Wasserenden 161. Kastanie echte, Wurzelerkran- kung 219. Katalase 670. Keimkraft 105. 128. Kcimplasma 2S. Keimproben 201. Keimung, Kohlensäure 107, — Trockenheit 154. Kernfäule 612, Kernlose Früchte 292, 56* 884 Eegister. Kernlose Weinbeeren 355. Kernobst, Wassersucht 388. Kiefernschütte 349. Kienigwerden 705. Kirschbaumsterben 152. 553. Kirschen, Empfindlichkeit 209. — Frostbeulen 571. — für trockene Böden 174. — Gummifluß 693. — Krebs 592. — Lohkraukheit 210. — Trockenheit 281. Klee, Pleophyllie 376. Klima, Kontinental- 128. — See- 128. Klimatische Sippen 131. Knick 192. Knollenbegonien, Blütenabwurf 417. Knollenmaser 851. — Anfänge 216. Knollenstecklinge , Kartoffeln, Caladien 818. Knötchenkrankheit, Gummi- baum 450. Knospen, Absterben 852. — auf Blättern 378. — Beschädigung durch Son- nenbrand 641. durch trockene Luft 408. Knospendrang 377. Knospensucht 144. Knospenvariation 143. 144. Kochsalz 266. Kochsalzdüngung 192. Kochsalzhaltige Abwässer 739. Kochsalzgehalt der Riesel- felder 741. Körner(Getreide-), Schwarz- werden der 69. Kohl, Frost 530. Kohlehydrate, Lösung 782. Kohlensäure 732. 738. — Keimung 107. — Mangel 316. — Überschuß 107. 406. Kommensalismus 7. Kompositen, Füllung der Blu- men 375. Konstitutionskrankheiten der Pflanzen 6, Kontinentalklima 128. Kopfdüngung, Ammoniaksalze 268. — Chilisalpeter 390. Kopulation 821. 828. Korkbildung an Früchten 432. Korklocken 574. Korksucht d. Kakteen 427. 428. Korkwarzen an Beerenstielen 432. Korkwucherungen 425. Krados 39. Krähen, Rieselfelder 364. Kräuselkrankheit, Kartoffeln 394. 872. Krankheiten, absolute 3. — durch Boden 69. — Entstehung 4. — Erblichkeit 28. — Erreger 24. — Konstitutions- 6. — parasitäre 10. — relative 3. — spezielle 78. — Umgrenzung 1. — Wesen 1. Krautartige Kropfmaser 378. Krautern, Reben 346. Krebs, 584. — Apfel 584. — Brombeere 603. — durch Frost 582. — geschlossener 585. — Kaffee 231. — Kirsche 592. — offener 585. — Rosen 599. — Spiraea 596. — Weinstock 594. 598. Krebswunden 765. Kresolin 750. Kristall- Azurin 756. Kropfmaser 853. — an Apfel 872. — Acer campestre 378. — der Bäume 378. — krautartige 378. — Prunus Padus 385. Krüppelformen der Bäume 474. Krume, Bedecken 236. Krustenbildung des Bodens 108. Kryptogamen, Diöcie 288. — Hungerzustände 287. — Sexualorgane 288. Kuhbüsche 144. Kultur der Lärche 78. — des Moorbodens 257. Kulturhilfsmittel , schädliche Wirkung 746. Kulturstand der Pflanzen 52. Kulturversuche, Kalkmangel 303. Kulturzweck des Organismus 2. Künstliche Beschattung 411. Kupfer 732. Kupferbrand bei Hopfen 282. Kupferbrühen 752 ; s. Bordeaux- brühe. Kupferhaltige Abwässer 745. Kupferung, Weinstock 440. liaelia, Fleckigwerden 262. Lärche, Rückgang 78. Lage, horizontale 118. — steile 86. — südliche 85. Lagern 129. — des Geitreides 365. 658. — der Futterwicken, 661. Laub, Vertrocknen 284. Laubfall, Hitze 640. Laubfall, Sommer- 657. — Treib- 347. 412, Laubrausch der Reben 283. Laurus 131. Lawinensturz 632. Leben, Breite des 5. Lebensbäume, chinesische 139. — japanische 139. Leguminosen, Boden 232. Leguminosensamen, Lichtlinien 420. — Hartschaligkeit 420. Lehmboden 188. — Erweichen 190. — Zergehen 190. Leichte Böden 145. Lein, Gelbsucht (le jaune) 283. — Röte des (le rouge) 283. Leistenzellen 329. Lenticellen, Kartoffel 369. Lepidium sativum 71. lieptosphaeria , Halmknicken 541. — herpotrichoides 134. Leptothyrium pomi 169. Leuchtgas 736. Leuconostoc Lagerheimii 845. Libertella faginea 557. Libonia floribunda, Blattfall 353. Lichenismus 7. Lichtmangel 649. — Eiweißzersetzung bei 664. — Krankheitsdisposition 661. — Säuregehalt bei 663. — Zuckerstauung 663. Lichtüberschuß 666. — Gelblaubigkeit 666. — Rotfärbung 668. — Schattenbilder 668. Ligustrum 103. Liliaceen, mangelhafte Blüten- bildung 417. Lingua 50. Linum usitatissimum 105. Lithiasis 169. Littles Soluble Phenyle 750. Lohkrankheit, Apfel 210. — Kirsche 210. Lokalerkrankungen der Pflan- zen 6. Loranthus 52. — senegalensis 701. Lopas 39. Lösung von Kohlehydraten 782. Loupe 853. Loxas 39. Luftfeuchtigkeit 72. 120. 422. 425. Luft, trockene 408. Luftverdünnung, Einfluß 314. Lupelbildung des Hopfens 343. Lutidin 459. Lychnis diurna 145. — vespertina 145. Lycium barbarum 147. Register. 885 Lycogala 50. Lycopiis europaeus, Anpassung 323. Lysol 750. Lythrum 323. Mafutakrankheit des Sorghum 414. Magnesiamangel 305. Magnesiaüberschuß 399. Magnesium Verbindungen 361. Magnolia hypoleuca 157. Maiblumen, Versagen 395. Mais, Boden 232. Mal della gonnna 702. Mal nero 219. 703. Malope, Stengelschwielen 443. Malus sinensis, Maserbildung 380. Maminia fimbriata 5.5S. Mannafluß 705. Marciume del Fico 703. Markasit 250. Markflecke, Frost 611. Markstrahl, Zerrung 570. Markstrahlwucherungen 3>0. Markwiederholungen 611. Marktpflanzen 135. Maser, Cydonia vulgaris 385. — Malus sinensis 380. — schwarzeJohannisI»eere382. Maserige Überwallungsränder 849. Maseriges Holz 849. Mastkulturen 139. Maulbeerbaum , Schrumpf- krankheit 684. Maximum 5. Meerrettich, Kernfäule 710. 873. — Schwarzringigkeit 710. Meeresspiegel, Erhebung über 69. Mehl, Backfähigkeit 321. Mehligwerden der Früchte 165. Mel aeris 412. Melligo 412. Membranlockerung d. Frost 579. Mercurialis annua 145. Mergeln 194. 238. — Schorikrankheit bei 370. Metamorphose, vorschreitende 372. Micrococcus dendroportus 845. Milchglanz der Blätter 285. — Kalkmangel 286. Milchreife 295. Milchsäure 751. Mimosa pudica, Trockenstarre 281. Mimulus Tilingii 73. Minismus 298. Mißbildungen 3. Mißerfolge bei Tropenkulturen 81. Mobilisierung der Reserve- stoffe 104. Mombacher Aprikosenkrank- heit 478. Mondringe, PVost 611. Monilia cinerea 700. — fructigena 700. Monstra 54. Moorboden, Bakterienflora 257. — Besandung 257. — Chlorkalium 258. ~ Düngung 257. 258. — Kntwässerung 257. — Grundwasser 258. — - Kultur 257. Moorbodenvegetation , Frost- empfindlichkeit 252. Moosige Wiesen 364. Morphästhesie 136. Mosaikkrankheit , Contagium vivum fluidum 681. — Prädisposition 681. — Tabak 230. 671. — virus 681. xMucor 50. 757. — albus 50. — racemosus 98. — spinosus 97. — stolonifer 9. 98. 273. Mycoplasma 31. 61. Mycorhiza 7. Myrmecodia echinata 437. Myrtus 131. Machtfrostkurve 627. Nachteile des Sandbodens 145. Nadelhölzer, Blitzwunden 4h9. — Frostwunden 489. — üipfeldürre 486. — Zapfensucht 372. Nährboden, Parasit 14. Nährstofl'e , Konzentrations- erhöhung der 360. — Verhalten der 274. — Verhalten zum Boden- gerüst 264. Nährstoflniangel 174. 275. 302. Nährstoffüberschuß 319. Nässe 319. — stagnierende 197. Nagewunden 772. Nahrungsmangel, Verdunstung 318. Nanismus 139. Narrenkopf bei Hopfen 343. Naßfäule 19. Nasse, kalte Witterung is. Natrondämpfe 735. Nebel 458. — Baumwolle 458. — Schutzwirkung 510. Necrosis 53. Nectria ditissima 4:'. 135. 587. 590. Neigung der Bodenoberfläche 83. Nekrobiose 697. Neptun 750. Nickel- und kobalthaltige Ab- wässer 746. Nicotin 459. Nidularia 50. Nitragin 270. Notreife 165. — der Blumenzwiebeln 648. — Dürre 154. — der Kartoffeln l.">9. — des Obstes 163. — durchWärmeüberschuß 63(i. 642. Nyctomyces 53. — candidus 611. — utilis 611. Oberflächenschorf der Hüben 367. Obst, frosthi-rtes 629. — Mehligwerden 165. — Notreife des 163. — rostige Schale 169. — Selbststerilität 291. Obstsorten für trockene Böden 173. Obstbäume, Astwurzelkrebs 391. j — ^^'urzelveredlung 830. Oedema 335. Ökologische Varietäten 70. Ölbaum, Gummöse 704. Oldämpfe, Einfluß 747. Offener Krebs 585. Okulation 820. 821. 823. Ophiobolus 134. — Halmknicken 541. Optimum 5. Opuntia, Korksucht 428. Orangen, Dic-back 392. Orchideen, Fleckigwerden der 1 262. I — Glasigwerden 647. j — Lauberde 263. I Organismus, Entwicklungs- I mechanik 63. — Kulturzweck 2. j — Selbsterhaltungstrieb 2. ' — Selbstzweck 2. Orobus vernus 72. Orterde 244. Ortstein 192. 244. Osmunda regalis 288. Oxaiis crenata 107. Oxalsäure 223. 449. — Rüben 223. Oxalsaurer Kalk 782. Oxyphensäure 503. Panachierung 671. Panachure 308. Pandanus javanicus, Gelb- sprenkelung 434. Pangene 28. Papaver somniferum, Pistillodie 372. Parasitäre Krankheiten 10. 886 Register. Parasiten, absolute 11. — fakultative 11. — Nährboden 14. — obligate 12. — Schwäcbe 11. — Wachstumsenergie 12. — Wund- 11. Parasitismus 8. Parenchymatosis 1. 338. Parenchymholz durch Frost ' 614. Paienchymholznester 610. Partbenogenesis 177. 342. Pathogenie 4. Patbographie 3. Peacb-Rosette 691. Peach rot 754. Peach Yellow 691. Pektine 165. Pektinkrankbeit (maladie pecti- que der Reben) 284. Pektin vergärer 271. Pelargonium 144. — zonale, Intumescenz 438. ■ Pelzen 827. \ Penicillium 10. 327. 757. i — glaucum 9. 204. 451. Pennisetum spicatum , Boden \ 232. ! Periodizität, korrigierende 35. ! Perlzellen 4. Peronospora Viciae 445. Petalodie 372. Peziza 49. — Willkommii 80. Pfirsicbknospen, Abwerfen 642. Pfirsich, Peach Yellow 691. ' Pflanzen, Allgemeinerkrankung 6. — Aufreißen der .321. — Beharrungsvermögen der 36. — Beziehung zur Umgebung 6. — etiolierte 423. — Geschichte der 37. — Gewohnheit der 36. — Konstitutionskrankheit 6. — Kulturstand 52. — Lokalerkrankung 6. — Schutzvorrichtungen 15. — Siechtum 5. — Starre 5. j — Statistik derKrankbeiten 68. — Widerstandsfähigkeit 14. — Winterruhe der 122. Pflanzen, zu flaches 103. — zu tiefes 95. 10.3. Pflanzenhygiene 68. Pflanzenschutz 56. Pflaumen, fuchsige 164. { — für trockene, leichte Böden 1 174. j Pflügen, Bodengare 273. Pfropfen 828. i Pfropfsymbionten 877. j Phalaenopsis amabilis, Heckig- werden 262. Phaseolus 27. 123. Phenol 459. Phillyrea 474. Pbilodendron , Pfropfversucbe 628. Phleum pratense 123. Phoma 8. 262. — Betae 223. Pbosphorsäure,Mangel 300.312. — Überschuß 405. Phragmidium 56. Phyllachora pomigena 169. Phyllerium 178. Pbyllocactus, Korksucht 428. Phyllodie 342. Phyllomorphie 342. Phyllosticta 262. Phyllosticta sycopbila 704 Physiologische Trocknis 246. 740. Phytopathologie 3. Phytophthora 59. — infestans 18. Pbytophthorafäiile der Kakao- Irüchte 461. Pbytoptus 144. Picea 103. — excelsa, fasciatio 332. Picolin 459. Pilobolus 51. Pilosis 177. Pimelea 132. Pinosol 751. Pinus 103. — Nanismus 141. — montana 248. 474. — silvestris 91. 105. f. turfosa 250. Piricularia Oryzae 315. Pirus communis 280. Pissodes Herciniae 716. — scabricoUis 716. Pisum 7. — sativum 105. Pistillodie 372. — Papaver somniferum 372. Plantago alpina 81. — maritima 81. Plasma, embryonales 28. Plasmodiophora Brassicae 364. Plasmopara viticola 280. Piastidentheorie 59. Plastidulen 2s. Plectridien,Pektinvergärer272. Pleophyllie 376. Pleospora gunimipara 701. Poa alpina 73. Pockenkrankheit d. Tabaks 683. Podocarpus, Nanismus 141. Podosphaera leucotricha 636. Polycladie 144. Polygonum amphibium 175. — viviparum 73. Polyporus sulfureus 566. Polysarchia 50. Pomeranzen, Gummifluß 701. Pomologiscber Zauberring 779. Prädisposition 22. 48; s. Dis- position. — abnorme 23. — Erblichkeit der 28. — durch Lichtmangel 661. — Mosaikkrankheit 681. — normale 23. — für Rauch erkrankung 715. — bei Rüben 223. 225. Prateolus 50. Prolepsis, Kartoifeln 162. Proliferatio 373. Prophylaxis 4. Protandrie 293. Protballien, ameristisch 288. Protogynie 293. Proventivknospen 775. Prunulus 50. Prunus 105. — avium (Verfärbung) 280. — Cerasus (Verfärbung) 280. — domestica (Verfärbung) 280. — Nanismus 141. — Padus, Kropfmaser 385. — persica (Verfärbung) 280. Pseudomonas campestris 223. — vascuhirum 690. Pseudopeziza ti'acheiphila 283. Psycbroklinie 547. Puccinia 50. 134. — dispersa 126. — glumarum 126. — graminis 61. 126. Pultenaea 132. Pyramidenpappeln , Absterben '657. Pyridin 459. Pyrus Cydonia 48. Pytbium de Baryanum 223. — an Zuckerrohr 228. Qualität des Samens 109. Quaternaria Persoonii 557. Quellung der Saat 104. Quellsäure 241. Quellsatzsäure 241. Quercus pedunculata 77. 95. (Quitten, Senkervermehrung806. liadiumstrablen , Hemmung 667. Raps, Hagel 466. Rasen, Ausbrennen 185. 285. Raseneisenstein 245. Rasennarbe, Einfluß 276. Rassen, biologische 12. 126. Ratten, Rieselfelder 364. Räuber 331. Räude der Rüben 367. Rauch 46. 459. — Bestandteile 730. — Bodenvergiftung 715. — chemiscbeBeschaftenbeit731. Raucherkraukung, Prädisposi- tion 715. Register. 887 Kaucherzeugung, Hüttenwerke 730. Kaucbgase 711. 874. Rauchkomniissionen, staatliche 736. Rauchschäden, akute, chro- nische 714. — unsichtbare 714. — Kalkdüngung 716. Rauhe Furche 236. 510. Rauhreif 633. Reben, Gabelwuchs 345. — Krautern 346. — Laubrausch 283. — Pektinkrankheit 284. — Rinden Warzen 871. — Ringeln 354. 875. — rote Brenner 283. — Seng 283. Reduktase 670. Üeeren der Trauben 778. liegen 460. Regeneration 871. Reif 634. Reife, späte, des Getreides 365. Reifeverzögerung , Stickstoff- Überschuß 394. Reinigen der Bäume 295. Iv'ois. Brusone-Krankheit 315. Reproduktion, Schwächung 144. Reseda odorata 123. Reservestoffe, Mobilisierung 104. ^ Resinose 705. — akute, chronische 709. Retinospora ericoides 817. Rhabarber, Überdüngung 392. Rhabditis S45. ühamnus 103. — Frangula 93. — pumila 73. Rhizobium Beijerinckii 270. — leguminosaruni 8. — radicicola 270. Rhodanammonium 759. Ribes 103. — aureum , Wassersucht 335. Ricinus 98. 230. — communis 123. Rieselfelder 364. — Kochsalzgehalt 741. — Krähen, Ratten 364. — Verschlickung 366. Rigolen 235. Rinde, Abwurf 259. 328. — Sonnenbrand 644. Rindenknollen 851. Rindenmulm 259. Rindenpropfen 821. 827. Rindenschorf 372. Rindensprünge 328. lündenwarzen 871. Ringelkrankheit d. Hyazinthen 326. 453. Ringelkraukheit der Rotbuche 219. Ringeln 777. 875. — der Reben 354. Ringelwulst 777. 798. Ringschäle, Frost 612. Robinia 152. — Pseud-Acacia 105. Roesleria hypogaea 703. Rollhumus 146. 190. 242. 271. Roncet 841. Röntgenstrahlen , Hemmung durch 667. iloratio 40. Itos mellis 412. Rosa chinensis, Grünblütigkeit 342. Rosa 105. — gallica 103. Rosenkönigin 373. Rosenkrebs 599. Rosenstämme,Chagriiiieren434. Rosettentriebe 144. 377. Rostige Schale, Obst 169. Rostringe durch Frost 522. Rostzeichnungen 432. Röte des Getreides 281. — des Hopfens 282. — (le rougc) des Lein 283. Rotbuche, Ringelkrankheit 219. — schwarzer Brand 557. Rote Brenner der Reben 283. Rote Lohe des Hopfens 282. Roter Farbstoff 124. d. Lichtüberschuß 668. Rotfäule 612. Rotholz 5.50. Rotz. Andropogon nutans 690. Rubigo 43. 46. 50. Rüben, Bakteriorhiza 224. — Bodenbearbeitung 227. — Buckelschorf 367. — Chilisalpeterdüngung 224. — Frost 530. — Gürtelschorf 368. — Oberflächenschorf 367. — Oxalsäure 223. — Prädisposition 223. 225. — Räude 367. — Samenbeize "226. — Schorfkrankheiten 367. — schwarze Beine, Zwirn 221. — Tiefschorf 367. — überdüngte 389. — unreife 390. — Weißblättrigkeit 873. — Wurzelkropf 861. Rückschreitende Metamor phose 340. Ruellia, Intumescenz 448. Rume.x acetosella 145. Kalkmangel 238. Ruß 729. — Zusammensetzung 730. Saat, Aufziehen durch Frost 535. — Ausbrennen 185. — Aussau eru 201. — Bedeckung 107. — mechanische Behandlung 104. ^ — Quellung 104. — Selbsterhitzung 649. — tiefe Lage 104. — überjähriges Liegen 105. — verspätete, 200. Saatgut, Einquellen 154. — Kandieren 227. I — überdüngtes 387. Saatkartoffeln , Zerschneiden 818. Saattiefe 108. — Selbstregulierung 111. Saatzeit, Verschiebung 636. Saccharogenesis diabetica 52. Saccharomyces 98. — Ludwigii 845. Säbelwuchs 472. Säuren im Boden 241, Säure, Wurzeln 402. Säuregehalt bei Lichtmangel 663. Säurerückgang, Stickstoffüber- schuß 39.'.. Salix arenaria 147. — cinerea 95. — herbacea 81. — reticulata 81. — serpyllifolia 73. Salpeterdüngung 192. Salpetersäuie 723. Salvinia natans 7. Salzsäure 717. Sambucus 103. Samen, Alter 106. — Bedeckung 107. — in Eis 498. — Erweckung lOfi. — Hartschaligkeit 113. — kandierte 388. — keimend in Frucht .■521. — Keimkraft 123. — (Qualität 109. — schwächliche 295. — Vorquellen 109. 295. Samenbeize bei Rüben 226. Samenbruch durch Sonnen- brand 643. Samenwechsel 36. Sand, eisenschüssiger 2.J2. — in Gärtnerei 262. — Überdüngung 395. Sandboden, Auswaschen 1 16. — Betauungsfähigkeit 146. — Frostgefahr 147 — Nachteile der -böden 145. Sapokarbol 751. Saprophytismus 8. Sattelschäften 821. Eogister. Satureja hortensis 71. Sauerstoff 106. Sauerstoffmangel 312. Sauerstoff"starre 312. Sauerstoffüberschuß 815. Saumlinien durch Salzsäure 717. Saxifraga cernua 78. Schädliche Gase und Flüssig- keiten 711. Schälen d. Bodens 188. — durch Wild 771. Schälwunde 787. 820. Schattenanlagen f. Hopfen 288. Schattenbäiime, Kaffeekulturen 653. Schattenbilder bei Lichtüber- schuß 668. Scheideschlamm 415. — Herz- und Trockenfäule 194. Schizomycetes 59. Schlamm 191. 198. Schleimfluß der Bäume 844. Schleimkork 279. Schmauchfeuer als Frostschutz- mittel 625. Schneebruch 631. Schneedecke 73, 622. Schneedruck 631. Schorfkrankheiten 867. — Mergeln 370. Schornstein, Auswurfstoffe 729. Schoßrüben durch Frost 515. Schröpfwunde 766. Schrumpfkrankheit des Maul- beerbaumes 684. — Tee 686. Schüttekrankheiten 349. Schutzvorrichtungen der Pflanze 15. Schutzwald 147. Schwächliche Samen 295. Schwächeparasiten 11. Schwanzfäule der Rüben 691. Schwarze Johannisbeeren, Ma- serbildung 380. Schwarzer Rost des Kaffees 281. Schwarze Trockenfäule , Kar- toffel 391. Schwarzwerden der Getreide- körner 69. Schwefelcalcium 788. Schwefeleisen 192. 250. Schwefelkies 250. Schwefelkohlenstoff 268. Schwefel metalle, Bodenvergif- tung 250. Schwefelmangel 312. Schwefelnatrium 788. Schwefelsäure, freie 250. 871. — als (^»uellungsmittel 421. Schwefelsaures Ammoniak 759. Schwefelwasserstoff 198. 738. 734. Schweflige Säure 711. 874. ' Schwerer Boden, Nachteile 233. Sciadopytis, Nanismus 141. Sclerotinia Libertiana 25. Scoroglia 50. Secca molla 202. Sedum acre 72. — album 72. — hexangulare 72. Seeklima 128. Seewasser, Überschwemmung durch 191. Selbsterhaltungstrieb des Or- ganismus 2. Selbstzweck des Organismus 2. Sellerie, Überdüngung 892. Seng der Reben 288. Senkervermehrung bei Quitten 806. Senkung des Grundwasser- spiegels 108. 148. I Sepedonium chrysospermnm 204. Sereh, Andropogon 686. Serehkrankheit 82. — des Zuckerrohres 686. Serumtherapie 20. ' Seuchen, Topographie 20. Sexualorgane , Kryptogamen 288. Shikuyobyo 684. Siechtum der Pflanze 5. Silpha atrata 364. Sippen, klimatische 131. Sodastaub 785. Solidago Virga aurea 81. Sommerbrand des Hopfens 282. Sommerlaubfall 847. 411. 657. Sommerreif 684. Sommertrockenheit 500. Sonnenbrand, an Blüten und Blättern 642. — Clivia nobilis 639. — Knospenbeschädigung 641. — Rindenbeschädigung 644. — Samenbruch 643. — Risse 644. Sorghum, Boden 282. — Mafuta-Krankheit 414. Späte Saat, Parasiten 200. Spätfrost 184. 432. Spaltpfropfen 821. 828. Spaltwunden 820. Spannungsdifferenzen durch Frost 518. Spezielle Erkrankungen 78. Sphacelus 606. Sphaerocarpus 50. Sphagnum 186. 250. 257. Sphagnumtorf, Gärtnerei 261. Sphakelismos 89. Spilocaea pomi 166. Spinacia oleracea 145. Spiraea 103. — Krebs 59(;. Spiraldrehung der Stämme 807. Spiralismus 335. Spitzenbrand 558. Spitzendürre 299. Sporodesmium 704. Sprossung der Früchte 875, Spüljaucbe 366. Stärkebäume 488. Stärkebildung 299. Stallmist, frischer 269. Staminodie 342. Stangenrot bei Hopfen 288. Starre der Pflanze 5. Statistik der Pflanzenkrank- heiten 68. Statocyten 848. Stauchlinge 174. Stecklinge, von verschiedenen Organen 814. — neue Varietäten durch 817. Steine 237. Steinigwerden der Birnen 169. Stelzenkiefer 92. Stelzenwuchs 89. Stereum hirsutum 611. Sterigmatocystis nigra 300. Sticktoft'hunger 270. — Gelbsucht durch 810. Stickstoffkalk 761. Stickstoffmangel 287. 300. Stickstoffsammlung , Boden- bakterien 269. Stickstoffsäure 723. Stickstoffüberschuß 865. 387. 894. — Säurerückgang 398. — Zierpflanzen 898. Stilbum 51. Stippflecke, Äpfel 166. — Kartoffeln 897. Stockausschlag 876. 377, 774. Straßendämme , Asphaltieren 103. Straßenpflanzungen 151. Stratifizieren 105. 157. Streptothrix-Arten, Humus- vergärer 272. Streublitze 486. — auf Feldern und Wiesen 495. — Weinstock 498. Streuentnahme 146. Streunutzung, übermäßige 194. Streurechen 189. Streuschicht 242. Strohdüngung 269. Stroh wüchsigkeit des Ge- treides 365. Strophomanie 885. Suillus 50. Sulfarin 371. Superphosphat 759. Symbiose, antagonistische 7. — mutualistische 7. Symphoria 108. Symptomatik 8. ßegistc 889 Tabak , Bodenversclilamnuinff ] 198. — Bosuch ()79. — Brindle 679. — Bunt 679. — Calico 679. -- Chlorose 679. — Fäule 679. — Frenching disease 679. -- Kali 40Ö. — Kopfbunt 230. — La Mosaique 679. — Mal de Mosaico 679. — Mal della boUa 679. — Mauche 679. — Mongrel disease 679. — Mosaikbetegsege 679. — Mosaikkrankbeit 230. 67s. — Nielle 679. — Peh-sen 679. — Pockeokrankheit 683. — Poetih 679. — Rost 679. — Rouille blanche 679. — Überwachsen 230. — ungünstiger Boden 230. — weißer Rost 683. Tagetes 144. Tamarix gallica 474. Taphrina 143. 178. Taro, Boden 233. Taubildung 130. Taubblütigkeit 289. Taxus baccata 254. Tecoma radicans, fasciatio 334. Tee, Schrumpf krankheit 686. — ungünstiger Boden 231. Teeranstrich 746. Teerdämpfe 725. Teernebel 729. Temperaturschwankungen K5. 505. Teratologie 3. ferpentindämpfe 748. Tetranychus telarius 412. Therapie 4. — innere 20. Thielaviopsis ethaceticus 687. Thiophen 459. Thuja 141. — obtusa, Zwergwuchs 139. — occidentalis 103. — Orientalis 103. — plicata 103. — Warreana 103. Thujopsis 141. Tiefpflügen 235. Tiefschorf der Kartoftelu 430. — der Rüben 367. Tilia 93. — parvifolia 613. Tipula suspecta 611. Tomate, Hagel 466. Tonböden, Aufreißen 188. Topfgewächse, Gebrauch 208. Topfgewächse, Versauern 2()3. Topographie der Seuchen 2o. Torferde 184. Torfstreu 265. Torula monilioides 845. Tradescantia 25. — virginica 312. Trametes Pini 612. Trauben, Reeren und Ver- rießen 778. Traubenbeschädifrung durch Sonnenbrand 642. Traumatischer Reiz 875. Treiblaubfall 347. 412. Trichia 50. Triebe, Abstocken der 132. Trifolium pratense 105. Triticum 123. i Trockenfäule der Rüben 414. ! Trockenheit 129. — Gelbsucht durch 311. — Kirsche 281. — physiologische 246. 740. — unterbrochene Keimung 154. Trockenflecke bei Getreide 282. Trockenrisse 568. Trockenstarre, Mimosa pudica 281. Trockene Luft 408. j Trockene Witterung 19. Tropenklima, Gemüse 635. Tropenkulturen 189. — Mißerfolge 81. — ungünstiger Boden 227. 232. Tuber 49. Tubercularia 51. Tulipa 107. Tulpen, Umfallen 648. Turgenia latifolia 71. Turgor, Blattfall 351. Tuv 750. Tylenchus devastatrix 758. — hyacinthi 328. — sacchari 687. tjberdüngung , Feldgewächse 392. — Gemüse 392. — Kartoffeln 390. i — Rhabarber 392. ! — Kuben 389. ] - Saatgut 387. 1 — Sand 395. 1 — Sellerie 392. Überflutungen 195. Übersprossung 373. Überwallung von Wunden 773. 775. Überwallungsränder, maserige 849. ülex europaeus 147. Ulmin 242. Ulmus, Rindenabwurf 259. Unfruchtbarkeit 289. | — Erblichkeit 291. i Ungarer Boden 272. Ungünstige Bodenbeschaffeu- heit 135. Umfallen der Tulpen 648. Unkräuter, Bodenbeschattung 653. Unsichtbare Kauchschäden 714. Uredo 43. — Ficus 704. Urzeugung 51. Ustilago 46. — Avcnae 50. — Ilordei 50. Vaccinium 243. Valeriana Phu 72. Valsa leucostoma 152. 5.54. — oxystoma 150. 558. — prunastri 557. Vanda coerulea, Fleckenkrank- heit 263. Vanille, Pfropfversuche 828. Varietäten, ökologische 70. Vegi'tationsdecken, Einfluß 275. Vegetationsruhe 35:?. Velthcimia glauca, Vertrocknen der Blüten 297. Verbänderung 332; s. fasciatio. — bei Erle 334. — Frost 558. — Picea excelsa 333. Verbrennen der Blätter 637. — nasser Boden 198. Verdoppelung 376. Verdunstung bei Nahrungs- mangel 318. Veredlung «19. Bastardbildung 835. - Einfluß 831. Wein 834. — Wunden 820. Veredlungsunterlage, Vergilben 284. Verfärbung von Gehölzen 279. Vergiftung durch Kalkmangel 304. Vergilben durch Frost 553. — durch Veredlung 284. Vergrünung 341. Verhaarung 177. Verholzen der Wurzeln 179. Verhungern der Blüten 297. Verkrustung des Bodens 132. Verlauitung 340. ^'(■nllicula^ia 51. Verriel?en der Trauben 778. Versagen der Maiblumen 395. Versandung 479. Versauern d. Topfgewäclise 203. Virscheinen, Hülsenfrüchte 158. — (ietreide 15^. Verschlammen des Bodens 190. Verschlickung, Rieselfelder 366. Verspätete Saat 200. Verspillem 649. 50 ** 890 Eegister. Versumpfung 195. — Frostempfindlichkeit durch 196. — Wurzelfäule durch 196. V^erticillium ruberrimum 204. — Sacchari 228. Vertorfung des Düngers 271. Vertrocknen der Blüten 296. — Veltheimia glauca 297. — des Laubes 284. Verwachsung, natürliche 837. Verwesung 195. 205. Verwundung, Intumescenz d. 441. . Verzwergung aus Wassermaugel 142. Viburnum Opulus 103. Vicia Faba 77. 98. Viola arvensis 71. — cucullata 72. — tricolor 73. Virescentia 342. Virulenztheorie 10. Virus 678; s. Enzyme. — Mosaikkrankheit 681. Vitis vinifera, Verfärbung 280. Viviparität 378. Volutella 51. Vorbeugungsverfahren 4. 20. Vorfrucht 275. Vorquellen der Samen 295. Vorschreitende Metamorphose 372, Vulkane 742. Wärmemangel 497. Wärmeüberschuß 634, s. Son- nenbrand. — Entlaubung 640. — Notreife 636. Wald, Einfluß des 132. 187. Waldbäume , Astwurzelkrebs 591. — Freistellung 328. Waldstreu 186. 270. Walzen 183. Warmhauspflanzen , Welken 276. Wasser, Frostschutzmittel 623. — stagnierendes 198. Wasserkalk 399. Wasserloden 331. Wassermangel 275. — im Boden 181. — Gipfeldürre 189. — Produktionsänderung 277. — Verzwergung aus 142. Wasserreiser 331. 473. Wassersucht 335. — Beerenobst 335. — Eibes aureum 335. — bei Kernobst 338. — bei Reben 871. Wasserüberschuß 319. Wechsler, Reben 346. Weinbeeren, Frostgeschmack 517. — Hagelgeschmack 469. — kernlose 355. Weinblüten, Abröhren '-'bi. — Durchfallen 354. Weinessig gegen Gumniifluß 701. Weinstock, Chlorose 402. — Gelbsucht 402. — Gelivüre 494. — Grind 594. 598. — Icterus 310. 402. — Intumescenz 438. — Kalküberschuß 402. — Krebs 594. 598. — Kupferung 440. — Streublitze 493. — Veredlung 834. Weißblätterigkeit 308. — der Rüben 873. Weißer Rost, Tabak 683. Welken 276. — der Blätter bei Wurzel- gewächsen 365. — durch Frost 547. — durch Gießen 207. Welkkrankheit der Baumwolle 229. Widerstandsfähigkeit der Pflanzen 14. Wiesen, Ammonsalze 363. — Aufeggen 237. — Geilstellen 364. — KaHüberschuß 405. — moosige 364. — Streublitze 495. — Veränderungen der 362. Wiesenmoor, Gärtnerei 260. Wildschaden 771. Wllt disease 229. Wimmeriges Holz 849. Wind 19. 462. 470. — Blattbeschädigung 476. — als Frostschutzmittel 625. — scherende Wirkung 472. Windbruch 470. 471. Windschutz 134. Windwurf 470. Winteräpfel, Aufbewahren 323. Winterfeuchtigkeit 189. Wintergewitter 486. Winterreif 634. Winterruhe der Pflanzen 122. Wintersaaten, Aufeggen 237. Wintersonnenbrand 644. Witterung, kalte, nasse 18. — trockne 19. Wollstreifen , Apfelkeruhaus 324. Wunden des Achsenorganes 762. — durch Hagel 467. — durch Harznutzung 770. — durch Inschriften 771. W^mden durch Veredlung 820. — Überwallung 773. 775. Wundgummi 840. Wuiidholz 762. 782. Wundkernholz 842. Wundparasiteu 11. Wundreiz 861. 875. 876. Wundrinde 782. Wundschutz 840. Wundwall 826. Wurzel, Anpassung 75. — Ausscheidungen 136. 148. 270. — Auswüchse 191. — Brand, Rüben 221. — Brut 861. — Erfrieren 561. — Fäule, Kaff'ee 231. des Zuckerrohres 228. — Fäulnis 196. — Gewächse, Welken der Blätter 365. — KnöUchen 8. — Krankheit, echte Kastanie 219. durch Versumpfung 196. — Kropf der Rüben 861. — Krümmungen 135. — Säure, 402. — Stecklinge 818. 876. — Veredlung 830. bei Obstbäumen 831. — Verholzen der 179. — Verletzungen 845. — — Förderung der Blüten- entwicklung 877. Xanthium 175. Xanthoria parietina 330. Yamswurzel, Boden 233. Zapfensucht der Nadelhölzer 372. Zellgänge, Frost 611. Zeolithe 265. Zerklüftung d. Polyporus sul- fureus 566. Zierpflanzen , Stickstoffüber- schuß 393. Zimmerkulturen 419. Zimmerpflanzen, Blattfall 352. Zink 732. Zinkblende 743. Zinkoxyd 743. Zinksalze 743. Zinksulfath altige Abwässer 743. Zinnia 144. Zopftrocknis 89. Zuchtauslese 661. Zuckerrohr, Blattfleckenkrank- heit 229. Register. 891 Zuckerrohr, Coppsche Krank- heit des 690. — Dongkellanziekte 228. — Kalkmangel 304. — Krankheiten 228. — Pulverkrankheit 689. — Rotz 689. — Serehkrankheit 686. — ungünstiger Boden 229. — Wurzelfäulo 228. Zuckerrüben, bakteriöse Gum- mosis 691. Zuckerrüben, Herz- u. Trocken- fäule 414. — Schwanzfäule 691. — Wurzelbrand 221. Zuckerstauung durch Licht- mangel 663. Zugholz 550. Zwangsdrehung 176. 335. Zweigabbisse 358. Zweigabsprünge 357. Zweigbrand a.Waldbäumen 557. Zweige, Biegen 800. Zweige, Drehen 805. Zweigstecklinge 811. Zweigspitzen, Abfrieren 552. Zweigsterben durch Frost 152. Zweigsucht 376. Zwergunterlage 103. Zwergwuchs 73. 139. Zwieselbrand 592. Zwiewipfler Reben 345. Zwiewuchs 153. Zylindermaser an Gingko biloba 386. li C Statt College 'Z7i/< MK<> v•5i•^^^5??'?^:'^. ' '■\^'$.}y.