Ca W •* V f/ ">«>,- w> ^■•' '». f ^ ^\ ' *^2^J iC •»•< m "W^^ N Ai rf r<»i 9/ -"im !»£..:•*, -«•• DEPARTiMENT OF ^icultoral Experiment Station. ' § % UNIVERSITY OF ILLINOIS. ' | I Books are not to be taken from the Library Boom. | V Y Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from University of Illinois Urbana-Cinampaign http://www.archive.org/details/handbuchderpflan01nees -^n y» « # m- Ml. m m Pflanzen-Pathologie. Lehre von dem kranken Leben nnd Bilden der Pflanzen von F. •¥. F. Meyeii, Doctor der Pliilosopliie , der Medizin vuid Chimrgre, aufserordent- liclieni Professor an der Königl. Friedrich- W^illiclms Universität zu Berlin etc. Nach dem Tode des Verfassers zum Druck besorgt i von Dr. Chr. Gottfr. Nees v. EvSenbeck. Professor zu Breslau , Präsident der \rademic der Naturforscher, etc. etc. Berlin 1841. H a u d e II II d S p e n e r s c h e I» u c h h n n d I u n ^ ^ (vS. J. Joseephy.) ^. Handbuch der Pflanzen-Pathologie und i-^ ■**> Pflanzen -Teratologie. Herausgegeben von Dr. Chr. Goltfr. Necs v. Esenbeck. Professor zu Breslau, Präsident der Academlc der Naturforscher, etc. etc. Erster Band. (Pflanzen - Patliolo^ie.) Berlin 1841. Hände und S p e n e r s ch e B u c h h a n d 1 u n j^ (S. J. Joseephy.) m ^1^ Vorerinnerung. Mein der Wissenschaft zu früh entrissener Freund Meyen hatte den Plan, seinem „Neuen System der Pflanzen-Physiologie" ein Werk über die Krank- heiten der Gewächse folgen zu lassen und damit den Kreis seiner Forschungen und Studien auf dem Gebiete der Pflanzenanatomie und Physiologie abzuschliefsen. Er hatte die erste Abtheilung die- ses Werks im Manuscript zum Drucke vorbereitet, als ihn der Tod überraschte. Obwohl ich nun mit manchen eignen Arbeiten beschäftigt bin und mich zu eifrigster Vollendung derselben angetrieben fühle, so würde ich doch die Pflicht der Freundschaft zu verläugnen geglaubt haben, wenn ich nicht der Aufforderung des wür- digen Verlegers, ihm bei der Herausgabe dieses seinem Verlage hinterlassenen Manuscripts behülf- lich zu sein,bereitwinig und gern hätte folgen wollen. Mein Verfahren war mir bei dieser Arbeit theils durch die schuldige Pietät gegen einen Verstorbe- nen, theils und hauptsächlich durch den schriftstel- lerischen Charakter des Verewigten vorgezeichnet. Die Freunde der frühem Werke Meyens konnten " sein letztes Werk nur so zu erhalten wünschen, ^vie sie ihn aus seinen früheren Arbeiten kannten, <».I.1C4-«? YI >vii* t^ie seine Sdirifteii für sich nützlich und be- IcJjrend i-efundcn liatfen. Meyen lie])te iiiclit, nach nuilisanier Disposition zu arbeiten. Ixascl), wie er war, scharfen und sichern Blicks, mehr zum subtilsten Untersclieiden geneigt als aufFeststellung allgemeiner Ansichten und streng abgewogener Theorien bedacht, daher im Beobach- ten und Darstellen populär, wie aus dem Leben heraus über Gesehenes und Gelesenes leicht und frei berichtend, historisch und kritisch dabei, gleich- sam in einem Athem, — so hat Meyen dm'ch seine Schriften der Wissenschaft gedient und sich ein nicht kleines Publicum gewonnen. So mufste auch sein kleiner schriftstellerischer Nachlafs bleiben. Für den Herausgeber blieb also w enig zu thun. Ohne Voraussendung eines allgemeinen Theils, der den Begriff der Pflanzenkrankheit bestimmt und aus demselben das System der Pathologie, Nosologie und Therapie der Pflanzen mit seinen Nebenzwei- j^en abgeleitet hätte, enthält das Werk des Verfas- sers eine Reihe pathologischer Zustände des Ge- wächsreichs, gut geschildert, mit prognostischen und therapeutischen Angaben durchwebt, ohne dafs man das Princip, welches die Anordnung leitete, anders als in den beiden Hauptabtheilungen nach den (äufser- lichen oder innern) Ursachen der Krankheit, ge- nau erfassen köiinte. Es war also auch nicht möglich, auf eine Ver- vollständigung der Lehre von den krankhalten Zu- ständen der Pflanzen im Geiste des Verfassers hin- zuarbeiten und sich Rechenschaft zu geben von m VII dem, was er etwa möchte überselieii haben, oder was er mit Vorbedaclit aiisschlofs. Ich zog daher vor, den Umfang des Werks so zu lassen, wie er sich in dem Manuscripte ergab. Hie und da bot sich eine Betrachtung oder eine literarische Nachweisung dar, welche ich, wo es der Mühe zu lohnen schien, zu einer Note benutzte und dem Texte anhing. Wo das Manuscript den Mangel der letzten Hand des Verfassers verrieth, habe ich behutsam nachgeholfen. So ist freilich mein Verdienst bei dieser Arbeit nur gering, und der Lohn, den ich dadurch empfange, dafs ich die letzte Frucht der literarischen Thätig- keit eines mir so werthen Mannes dem Publicum überreichen darf, ist, verglichen mit jenem, als uner- mefslich grofs zu betrachten. Vielleicht könnte man erwarten, dafs ich diese Veranlassung benutzen würde, um eine Biographie des Verfassers, oder doch eine Würdigung seiner Leistungen auf dem Gebiete der Naturkunde zu liefern. Dazu würde ich mich auch wirklich durch den Beruf des Herausgebers aufgefordert geglaubt haben, wenn nicht in diesem Augenblicke eine ausführliche Biographie Meyens durch einen Freund und Studiengenossen des Verewigten, Herrn Professor Ratzeburg, für den zweiten Band der natur- historischen Entdeckungen zu Meyens Reise, wel- cher die botanischen Sammlungen beschreibt und als Su])plement zum 19. Bande der Nova Acta Aca- demiae Naturae Curiosorum erscheinen soll, bear- beitet würde. t VIII Noch fehlt aber ein wesentlicher Theil der pa- thologischen Metamorphosen des Gewächsreichs, nämlich die Lehre von den Monstrositäten. Meyen wollte diesen Theil, als die andere Hälfte seiner Pflanzenpathologie, ausarbeiten, hat aber nichts Schriftliches darüber hinterlassen. Ich würde, nicht ohne Interesse an dem viel- seitig belehrenden Gegenstande, diesem Mangel des Werks durch eine eigne Bearbeitung abzuhelfen versuchen, wäre nicht eben jetzt eine Darstellung der krankhaften Metamorphose der Pflanzenform in französischer Sprache erschienen, welche in keiner Hinsicht etwas zu wünschen übrig läfst, ich meine die „Elements de teratologie vegetale par A. Moquin-Tandon. Paris, 1841," Dieses schätzbare Werk wird demnach in einer üebersetzung von Herrn Dr. C. Schauer als zwei- ter Theil der Pathologie erscheinen, und wo es etwa nöthig wäre, von dem Uebersetzer mit Zu- sätzen u. s. w. versehen werden. Breslau, den 15. Juni 1841, Nees V. Esenbeck. % Inhalt. Seite Aeufserc Krankheiten 1 I. Verwundung, W^unde 4 II. Verwundungen durch Säugethiere 25 III. Das Laubstreifen 2S^ IV. Verletzungen und Ver-vsmndungen durcli Insekten 32 I. Von einigen der wichtigsten Blattfresser 34 II. Von einigen der schädlichsten Insekten, welche die Stämme und Aeste der Bäume zerstören 42 Der grofse Kiefernborkenkäfer, Bostrichus stenographus Duftschm. (B. Pinastri Bechst.) 46 Die Blattläuse, Aphis-Arten , 48 Die Schildläuse, Coccus-Arten ».54 Die Acariden 55 Von den Verletzungen der Pflanzen, welche die Insecten Behufs der Fortpflanzung ausführen 58 1. Verkrüppelungen (Peromata) , 61 2. Anschwellungen (Oedemata) 63 3. Blasenförmige Auftreibungen (Eraplij|^S|a) 65 4. Fleischgew^ächsc (Sarcomata) 66 5. Gallen oder Galläpfel (Gallae) 68 V. Aussatz, Baurakrätze, Bauraraude. Lebbra im Italienischen nach Re. Cryptogaraische Schmarotzer-Gewächse 71 VI. Phanerogamische Schmarotzer-Gewächse und deren Wir- kung auf ihre Mutterpflanze 78 Maserbildung, Maser, Maserholz, Flader, Tuber lignosum 86 Ueberwallung 94 Wasserreiser, Wasserloden, Sommerloden, Räuber, VVasser- schosse, Wasserästc, Nebenschosse u, s. w 97 VII. Der Brand, Ustllago 98 1. Der Flugbrand, Slaubbrand, Rufsbrand, Bufs u. s. •w. Uredo segctum Pers. Uredo Carbo DeC. etc 100 X Seite 2. Der Slciiibrand, Scluiiicrbrand, Faulbrand, Kornbrand, Kornfaule, FauKveizen, geschlossener Brand, Ustilago silophila Diltm. Cacoma silopliiluni Link, Uredo Caries DeC 105 3. Der Stengelbrand im Roggen 119 4 Dei- Stengel-Staubbrand einiger grofscr Grasarten. Usti- lago bypodytrs Fr. Caeoma bypodytes Schlecbtend. 121 VlIJ. (Durch einen Druckfehler XI.) Der Rost (Rublgo der altern Autoren) 12ä 1. Uredo Pcrs 125 2. Uroniyces Link 136 3. Pucciiiia Pers. und Link .13S 4. Phragraidium Link 140 IX. (XII.) Der Spelzenrost, Weizenrost, Kappenrost, Rubigo gluraarum (Kappenbrand und Balgbrand unrichtig be- ' , nannt) r. 140 X. Aecidium Pers > 141 XL (XIV.) Die Protomycesbildung 150 XII. (XV.) Die schimraelartigen Entophyten •.... 154 Die Botrytis-Schimmel (Botrytis Mich.) 155 Cylindrospora Grev 160 Der -weifse Rotz 164 Der sclnvarzc Rotz, eine Sklerotienbildung • 168 Der Mehlthau, Albigo Ehrh 173 Der "Wurzeltödter 182 Der Rufsthau, Cladosporium Fumago Link, Torula Fn- mago Chev. . 184 XIII. (XVI.) Der Rindenausschlag der Birnbäume 189 XIV. (XVn.) Das Mutterkorn, Clavus 191 XV. (XVIII.) Die Schwindpockenkrankheit 204 Innere Krankheiten 2l3 I. Saftausflufs und Thränen der Baume 215 II. Der Honigthau, Melligo, Mel aeris, Ros mellis 217 III. Manna-FIufs 226 IV. Gummi-Flufs 229 V. Kienholz, Kienkrankheit und Harzflufs 236 VI. Filzkrankheit der Blätter, Erineum Pers 241 VII. Die safranfarbige Filzkrankheit -. 249 Vill. Kraussuchl der Blätter 250 IX. Die Unfruchtbarkeit, Sterilitas 254 X. BläUerfall oder das krankhafte Abfallen der Blätter 271 XL Brandllcckcu auf den Blättern der Pliauzcu 272 XI Seile XH. Steinkraiifehelt der Birnen. Slelnigwerden der Birnen, der Mispeln, der Quitten. Holzartige Concretionen in den Früchten, Fitollli del fruto nach Re 274 XIII. Verholzen des Fleisches der Wurzeln, Fitoliti di Ra- dice nach Re 280 XIV. Fleckenkrankheit, Sprenkelkrankheit. Panachures. Gelb- sucht, Icterus und Bleichsucht, Chlorosis 282 I. Weifsgcfleckte Pflanzen 282 1. Welfsgesprenkeltc, 2. 'welfsgebändcrte Pflanzen 283 II. Gelbgefleckte Pflanzen 284 1. Gelbgesprcnkelte Pflanzen 284 2. Gelbgebänderte Pflanzen 285 3. Gelbsüchtige Pflanzen. Gelbsucht. Icterus -....♦ 285 4. Bleichsucht, Chlorosis ^ 290 III. Buntgefleckte Pflanzen 290 XV. Die Ringelkrankheit, die Ringsucht, Ringelsucht, das Feuer, Hyacinthen-Pest 295 XVI. Der Brand, Mortificatio. Sphacelus und Necrosis 300 1. Der feuchte Brand, Sphacelus humidus, Putrificatio ma- ligna 301 2« Der trockne Brand, Sphacelus siccus, seu Mumificallo et Necrosis 301 I. Der trockne Brand des Holzkörpers, Necrosis ....... 304 II. Der sch^va^ze trockne Brand, Muraificatio 313 XVII. Von der VN^irkung der Kälte oder niedrer V^'^ärme- grade auf die Pflanzen und den daraus hervorgehenden Krankheiten derselben 313 Wassersucht, Hydrops 323 Druckfehler. S. 71. Z. 4. V. o. steht unciformis statt nuciformis. 67. - 12. V. o. steht Thapus statt Thapsus. - 125. - 1. setze statt XI. Vlll. - 140. - 10. V. u. setze statt XII. IX. - 141. - 20. setze vor Aeeidium X. - 150. - 3. V. u. setze statt XIV. XI. - 154. - 5. V. u. - - XV. XII. - 189. - 5. V. u. - - XVI. XIII. - 191. - 12. V, u. - - XVII. XIV. - 204. - 14. V. u. - - XVllI. XV. %. Mey e n's Pflanz eil -Pathologie. Verlag der Haude und Spenersclien Buchhandlung in Berlin. -^- Aeufsere Krankheiten. *? Meyen. Pathologie, , * ■;■''« * ♦ # v^«. * JJie V'erletziingeii der Pflanzen, begleitet nnit Trennung ihres Gefiiges, sind oftenbar die liaiifigsten Krankheiten der- selben, die aber durch die Natur der einwirkenden Ge- walt, und durcli die Art ihrer Einwirkung sehr verschie- denartig auftreten. Die Ansichten über die Individualität der Pflanzen und die Organisation derselben, welche uns die Physiologie gelelirt hat, machen es erklärlich, dafs die Verletzungen sein- grofsartig sein müssen, wenn sie der Pflanze unmittelbar den Tod verursachen sollen. Bei den meisten Pflanzen können Zweige, Aeste, ja der ganze Stamm kann gewaltsam von seiner Wurzel getrennt werden und es erfolgt nicht nur nicht der Tod, sondern die ge- trennten Theile können unter gewissen V^erhältnissen wei- ter fortwachsen. Sehr häufig aber entwickeln sich in Folge der Verletzungen anderweitige krankhafte Zustände, welche allmählich den Tod der Pflanze herbeiführen oder Desorga- nisationen der mannigfachsten Art verursachen. Diese secundären krankhaften Zustände stehen aber bei den Pflan- zen wie bei den Thieren in dem genauesten Zusammen- hange mit der Natur der Verletzung und dieses möchte denn der wichtigste Grund sein, wefshalb wir die Ver- letzungen bei den Pflanzen nach den veranlassenden Ur- sachen ganz speziell aufi"ühren und die Folgen derselben erörtern müssen. Die Verletzungen des Gefüges der Pflanzen können sich darstellen, als Quetschung, als Verwundung und als Bruch; die wichtigste dieser Krankheiten ist die Verwun- dung, mit deren Betrachtung wir beginnen. ..*•: Verwundung, Wunde, Vulneratio, Vulnus. Unter Wunden verstellt man die i)lötzliclie Trennung des Gefiiges einer Pflanze, welche durch mechanisch ein- dringende Gewalt verursacht wird. Da die Körper, welche diese mechanisch eindringende Gewalt ausübteji, sowohl ihrer Natur, als ihrer Form nach überaus verschieden sind, so sind es auch die Verwundungen und deren Folgen. Die Verwundungen, welche bei den Pflanzen vorkom- men, werden gewöhnlich nur durch folgende Ursachen bewirkt : 1) durch schneidende Werkzeuge. Diese Verletzungen, wel- che sich als Hieb- oder Schnittwunden darstellen, wer- den von dem Menschen entweder absichtlich zu irgend einem Zwecke ausgeführt, oder aus blofsem Muthwillen. 2) durch Säugethiere, welche theils die Rinde der jun- gen Stämme annagen, theils noch grössere Wunden den Bäumen verursachen und 3) durch Stich und Bifs von Insekten. Wir werden jetzt die Verwundungen nach ihren ursäch- lichen Momenten der Reihe nach näher kennen lernen. I. Verwundungen durch schneidende Werkzeuge. Die Verwundungen der Gewächse durch schneidende Werkzeuge können natürlich sehr verschieden sein, beson- ders diejenigen, welche aus blofsem IMuthwillen ausgeführt werden, diese können daher auch nicht speciell aufgeführt werden, sondern wir beschränken uns hierin nur auf die- jenigen Verwundungen, welche in unseren Gärten und Wäl- dern ganz gewöhnlich vorkommen und gröfstentheils ab- sichtlich zur Erreichung irgend eines besondern Zweckes' ausgeführt werden; als solche führen wir folgende auf: 1) Das Anhauen der Bäume. Diese Verwundung geschieht an den Bäumen unserer Wälder gar nicht selten absichtlich, indem man dadurch irgend eine Bezeichnung zu einem besondern Zwecke verursacht; da diese Wunden aber nicht sehr grofs ausgeführt werden, und auch ^ie Erhaltung dieser Waldbäimio von keinem so hohen Wcrthe ist, so kommen sie wohl niemals /aiv Behandlung behufs der Heilung. Sind dergleichen Stämme sehr dick, so scha- det die Verwundung dem Wachsthum derselben fast gar nicht und nur nach Verlauf von vielen Jahren kann die- selbe dem Baume nachtheilig werden. 2) Das Anhauen der Bäume bei de m M ä h c n des Grases. Diese Verwundung ist von höherer Wich- tigkeit, indem dadurch in den Gärten die Obstbäume be- schädigt werden, deren Erhaltung den Besitzern oft von dem höchsten Werthe ist. So gering diese Verletzungen auch meistentheils sind, so werden sie denn doch den Bäu- men mitunter durch die Lokalität sehr schädlich. Ist der Boden sehr feucht, so zieht sich die Feuchtigkeit in die Wunde hinein und giebt Veranlassung zur Verderbnifs des Holzkörpers. 3) Das Abhauen der Baumwurzeln, welche in W äldern und an Wegen nicht selten auf die Oberfläche des Bodens kommen. Diese Verletzun- gen werden zuweilen absichtlich ausgeführt, und meistens sind sie auch ganz ohne allen Nachtheil für das Leben des Baumes, sie können aber Veranlassung zur Verderbnifs der Wurzeln geben, indem dieselben theils vertrocknen, theils verfaulen, Jenachdem der Boden feucht oder trocken ist. 4) Verwundungen des Stammes durch den Gebrauch der Steigeisen. In verschiedenen Gegen-, den gebraucht man das grüne Laub einiger Bäume zur Fütterung des Viehs, und um dasselbe abzupflücken be- nutzt man bei hohen Bäumen besondere Fufseisen, um auf dieselben mit Leichtigkeit hinaufzusteigen. Diese Eisen sind spitz zulaufend und dringen bei ihrem Aufsetzen nicht nur in die Rinde, sondern theilweisc auch in die äufser- . sten Holzschichtcn. Obgleich diese Verletzungen ohne allen nachtheiligen Einflufs auf die Gesundheit des Baumes sind, so geben sie docli Veranlassung zu einem abnormen Ge- füge des Holzkörpers, und selbst auch die regelmäfsige Form des Stammes wird dadurch zuletzt sehr verunstaltet, 6 was wir bald nachher, wenn von der Heilung der Wunden die Rede sein wird, näher erörtern werden. 5) Verwundungen durch das Ringeln der Bäume. In der Physiologie der Pflanzen ist sehr häufig von derjenigen Operation die Rede, welche die Gärtner unter dem Namen des Ringeins ausführen, durch welche man das Herabsteigen des Bildungssaftes in der innern Schicht der Rinde theils zu erschweren und theils ganz zu verhindern beabsichtigt. Das Ringeln wird auf zwei- fache Weise ausgeführt und hiernach sind auch die näch- sten Folgen dieser Operation verschieden; entweder wird bei dem Ringeln die Rinde eines Astes oder auch des gan- zen Stammes (wenn derselbe noch jung ist) durch einen einfachen Schnitt verwundet, welcher rund herum läuft und alle, selbst die innersten Theile der Rinde bis auf den Holzkörper durchschneidet, oder man macht zwei solche Schnitte in geringer Entfernung und parallel unter einan- der, und trennt hierauf das ringförmige Rindenstück, wel- ches durch die beiden Ringelsclniitte begrenzt wurde, von dem Holzkörper ab. Zu manchen Zeiten hat man diese Operation sehr häufig an den Obstbäumen ausgeführt, um die Fruchtbarkeit derselben zu vergröfsern, und die Güte der Früchte zu verbessern. Die nächste Folge des Ringeins ist eine Stauchung des herabsteigenden Bildungssaftes oberhalb des Schnittes und es bildet sich an dem obern Wundrandc der Rinde eine wulstige Verdickung, welche theils aus einer Verdik- kung des neuen Holzringes, theils aus dem übermäfsig wuchernden innern Zellengewebe der Rinde bestellt. War das Ringeln ohne Substanzverlust der Rinde ausgeführt, bestand es also in dem blofsen Durchschneiden der Rinde, so bildet sich zwar jene Wulst an der Sclmittlinie, aber es wird die Bildung der neuen Holz- und Rindenschich- ten unterhalb der Wunde nicht verhindert, wenngleich diese in dem ersten Jahre auch nur sehr schwach auftre- ten; in den folgenden Jahren gleicht sich wieder Alles aus, wenn die Wulst an dem oberen Wundrande nicht zu bedeutend war, und defshalb kann man diese Operation meistens ohne allen Naclitlieil an den Obstbäumen aus- führen. War aber der Ringelschnitt mit Entrindung begleitet, so dafs der Holzkörper ganz blofsgelegt wurde, und alle Communication zwischen Rinde oberhalb und unterhalb der geringelten Stelle aufgehoben war, so wird die Wulst an dem obern Wundrande sehr bedeutend und die neue llolzschicht bildet sich, von den Zweigen undAesten aus- gehend, nur bis zu diesem obern Wundrande, während unterhalb der entrindeten Stelle keine Spur von neuer Ilolzlage zum Vorschein kommt. Da sich dieses nun auch im nächsten und in allen darauf folgenden Jahren wieder- holt, so lange als der Baum noch lebt, so wird der Stamm stets oberhalb der geringelten Stelle dicker und unterhalb derselben behält er das frühere Volumen. Die tödtlichen Folgen eines solchen Ringelschnittes mit Entrindung zeigen sich nun bei verschiedenen Stäm- men und Aesten verschieden schnell, und dieses richtet sich einmal nach der Dicke des geringelten Stengels und nach den obwaltenden äufseren Verhältnissen ; nämlich nach dem Feuchtigkeitszustande der umgebenden Luft und dem Zutritte der Sonne. Sind nämlich die Stengel, welche durch das Ringeln entrindet sind, sehr dünn, und ist die entrindete Stelle dem Sonnenscheine ausgesetzt, so stirbt der Stengel in Folge der zu starken Verdunstung des frei- gelegten Holzkörpers schon in den ersten Monaten an Vertrocknung, und nimmt man die Entrindung zu der Zeit vor, wenn der Saft steigt, so kommt es in diesen Fällen nur sehr selten noch zur neuen Holzbildung. Ist jedoch der entrindete Stengel dicker, ist er mehrjährig und geschützt g^i^^ii die austrocknende Wirkung der Son- nenstrahlen, so wird sich derselbe mehrere Jahre, oft 6, 7 und 8 Jahre lang und darüber erhalten können, aber endlich dennoch absterben. Die Ursache des endlichen Absterbens des Stengels m Folge der Ringelung mit Entrindung, liegt aber nicht 8 nur in dem Absterben des entblöfsten Holzes in Folge der zu starken Verdunstung, denn man könnte diese Verdun- stung aufzuheben suchen, und der Tod der Pflanze würde dennoch erfolgen. Die Physiologie lehrt nämlich und be- weist es auch, dafs jener herabsteigende Saft in der innern Rindenscliicht nicht nur die Substanz zur Bildung der neuen Holzschicht darbietet, sondern dafs sich aus dem- selben auch die Wurzeln zu erzeugen scheinen, und dem- nach wird also die Bildung der neuen Wurzelzasern u. s. w. ebenfidls verhindert, wenn man das Herabsteigen jenes Saftes durch die ringförmige Entrindung aufliebt. Wenn man dergleiclien geringelte Stellen eines Baumes gegen Verdunstung schützt und sie, was sich am besten dazu eignet, mit Glasröhren überzieht und diese hermetiscli an- schliefst, so wird man fast jedesmal sehen können, dafs %. sich, innerhalb der Röhre und oberhalb der entrindeten Stelle die Adventivwurzeln entwickeln und in die Tiefe der Röhre hinabsteigen, woselbst sie wegen der darin ent- haltenen Feuchtigkeit sehr wohl vegetiren; oft ist die Menge dieser Wurzeln sehr grofs und meistens sind dieselben röthlich gefärbt. Aus der Rinde unterhalb der entrindeten Stelle, konnuen keine Wurzeln zum Vorschein, dagegen treten hier um so häufiger accessorische Knosjien auf, luid wenn diese sich entwickeln, so wird die Bildung der neuen Holzlage auch unterhalb der geringelten Stelle ausgeführt inid der Baum lebt unbeschadet weiter fort. Wir wissen noch nicht genau, wie es sich mit der Bildung der Wur- zelzasern und der Wurzelhärchen und deren Reproduction in Bezug auf das Wachsthum der Bäume in verschiedenen Jahreszeiten verhält, ob sich nämlich die Wiu-zelliärclien vielleicht regelmäfsig alljährlich erneuern, und ob niciit vielleicht auch alljährlich die Bildung neuer Wurzelzasern nöthig ist, denn neue Wurzelliaiire können nur aus neuen W'urzelzasern oder aus der erneuerten Oberfläche der- selben hervorgehen; wenn nun aber die Bildung jener neuen Wurzelzasern durch aufgehobenes Herabsteigen des Bildungssaftes in Folge der Ringeluug unterbleibt, .so 9 werden sich ancli die Wurzelhcaare iiiclit bilden können, welche aber gerade diejenigen Organe der Pflanze sind, die fast einzig und allein die Aufnahme des rohen Nah- rungssaftes bewirken und so wird es denn erklärlich, dafs die Bäume in Folge solcher starken und vollständigen Entrindung endlich absterben. Die Heilung der Verletzungen richtet sich nach sehr verschiedenen Nebenumständen ; vor Allem ist die Natur des Gewächses zu berücksichtigen, denn z. B. bei zarten krautartigen Gewächsen sind meistens schon die kleinsten Verletzungen des Stengels hinreichend, um den Tod der- selben durch Vertrocknung herbeizufiihren, während an den Stänunen der dikotyledonischen Bäume ganz aufser- ordentliche umfangreiche Wunden des Holzkörpers ohne allen Nachtheil ertragen werden. Üeberhaupt sind nur die Verletzungen der Achse der Pflanzen, also des Stengels und der AYurzel besonders zu beachten, denn die Ver- letzungen der appendikulären Theile, als der Blätter u. s. w. führen gewöhnlich nur das Absterben des verletzten Or- ganes herbei; ist aber die Anzahl dieser verletzten Theile zu grofs, ja sind 'sie sämmtlich zerstört, wie z. B. die Blätter durch starken Raupenfrafs, so ist dieses für die Pflanze oft recht sehr nachtheilig, und krautartige Gewächse sterben hiernach sehr häufig vollständig ab, doch wie in allen Fällen von Verletzungen, wird der Feuchtigkeits- zustand der Atmosphäre auf die nächsten Folgen vom gröfston Einflüsse sein. Die meisten Verletzungen der Gewächse heilen ent- weder ganz von selbst, ohne irgend eine künstliche Nach- hülfe, oder sie bleiben in ihrem Zustande, entweder gar keinen oder doch nur sehr geringen Einflufs auf die Ge- sundheit der Pflanze ausübend. In den meisten Fällen hält man es auch nicht einmal der IMühe werth, die verletzten Pflanzen durch besondere Behandlung zu heilen, und ein Baum mufs schon sehr edeF oder sehr nützlich sein, wenn man bei zufällig entstandenen Verletzungen etwas zu sei- ner Heilung vornimjnt; daher sieht man denn auch in 10 unsern Gärten gar nicht selten, ganz besonders bei Obst- bäumen, die schrecklichsten Entstellungen der Stämme, als grofse Auswüchse, breite Spalten, tiefe Löcher, welche zu- weilen den gröfsten Theil des Holzkörpers eines Stammes einnehmen u. s. w. , und es wäre ein Leichtes gewesen den gröfsten Theil dieser Verletzungen in der Art wenig- stens zu heilen, dafs die Form des Stammes nicht ent- stellt, die Dauer desselben noch weit länger erhalten wor- den wäre. Bei der Heilung der Wunden der Pflanzen, können wir, ganz ebenso wie bei denen der Thiere, nichts weiter thun, als die bildende Thätigkeit in dem verletzten Organe nach gewissen Richtungen hinleiten, und vor Allem die äufsern Verhältnisse dem Reproductions-Prozesse unschäd- lich machen. An den Wunden der Stämme dikotyledoner Pflanzen kann die Heilung in doppelter Weise stattfinden, und die Vorgänge dabei sollen hier der Gegenstand aus- fiihrlicherer Darstellung sein. Weder der Holzkörper noch die Rinde reproduciren sich; von dem Holzkörper ist dieses auch allgemein be- kannt, dagegen ist man sehr allgemein geneigt zu der An- nahme , dafs sich die Rinde reproducire , doch was hievon zu halten ist, werde ich später auseinandersetzen. Da sich das Holz nicht wiedererzeugt, so können die Wunden des Holzkörpers, welche mit Substanzverlust begleitet sind, nur in der Art geheilt werden, dafs man die Bildung der neuen Holzschicliten unmittelbar über die Wunde in den älteren Holzschichten zu treten veranlafst. Ist die Wunde von geringem Umfange und nicht tief, so wird sie ge- wöhnlich von der jungen Holzmasse des darauf folgen- den Jidu'ringes ausgefüllt und es bleiben nur geringe Nar- ben, denn die Rinde schliefst sich ebenfidls allmählich, in- dem sie sich an den obern und den seitlichen Rändern der Wunde mit der Bildung des neuen Holzringes nach und nach vergröfsert. Ist aber die Wunde in dem Holzkörper sehr grofs und tief, so kann ehie Schliefsung derselben durch Ausfüllun;^ nicht stattfinden. Die übelsten dieser 11 tiefen Wunden sind die sogenannten Frostspalten, >velche im Winter bei Jiolier Kälte entstehen und zuweilen so ^veit auseinanderklaffen, dafs die Schliefsung derselben oluie künstliche Hülfe nicht stattfinden kann; ebenso Verletzun- gen, welche durcli das Einschlagen des Blitzes entstanden sind Ueberläfst man solche Verletzungen ohne alle Nacli- hülfe, so werden sie oft dem Baume sehr schädlich, indem sich das Wasser in denselben ansammeln und zur tödten- den Fäulnifs Veranlassung geben kann. Geschieht dieses aber nicht, oder wenigstens nicht so bald, so werden die obcrn so wie die seitlichen Ränder dieser Verletzungen mit einer mehr oder weniger dicken Wulst umschlossen. Ist die Verletzung schmal, so kann sie durch diese dicken Wundränder sehr bald geschlossen werden und es bleibt dann nur eine Narbe zurück, welclie den früheren Ver- lauf der Verletzung anzeigt und zwar so lange , als der Stannn am Leben bleibt. Man sieht solche Narben sehr häufig an den Bäumen, besonders in Folge von Frost- spalten u. s. w. Sind aber die Wunden zu breit, so dafs die Wulst an den Rändern der Rinde in den nächsten 2 oder 3 Jahren zur Schliefsung derselben nicht hinreichend ist, so mufs man gleich im ersten Jahre und zwar noch vor der Bildung des ersten neuen Holzringes künstliche Hülfe anwenden, und diese besteht darin, dafs man die Holde der Wunde durch ein passend geschnittenes Stück trockenes Holz schliefst, dessen Oberfläche ganz genau in der Fläche der Ränder des verwundeten Holzkörpers liegt. Sobald die Bildung der neuen Holzkge begümt, wird jene eingelegte Holzplatte fest umschlossen, indem sich die neue Holzschicht mehr oder weniger bedeutend über die obern und seitlichen Ränder der Wunde ergiefst und sich auf diese Weise alljährlich innner mehr und mehr über die Fläche des eingelegten Holzes ausbreitet, bis sich endlich die Ränder der sich schliefsenden Wunde berüh- ren und sich mit Hinterlassung einer Narbe vereinigen. Diese Narbe wird stets um so bedeutender sein, je mehr Zeit die Wunde zu ihrer Schliefsung bedurfte, aber aucli 12 hier kann die Kunst viel tluin, wenn sie, noch kurz vor- her, ehe sich die seitlichen Wülste berühren, die Rinde derselben an den Seitenflächen abtrennt und durch Ein- lage schmaler Ilolzstückchen so weit in die Höhe hebt, dafs dadurcli die Wunde glciclimäfsig geschlossen wird. Die Operation ist im Frühlinge, gerade wenn sich die Rinde vom Holze gelöst hat, vorzunehmen. Die eingelegten frem- den Holzstücke sind dem Baume durcliaus unschädlich; sie werden von den neuen Holzlagen umschlossen und selbst wenn sie auch allmählich in dieser Lage vermodern, darin, so lange der Baum lebt, zurückbehalten. Auf diese Weise können also Wunden und Verletzungen des Holz- körpers anderer Art so weit geheilt werden, dafs sie äufserlich mit Rinde bedeckt und gegen eindringende Feuch- tigkeit geschützt werden, doch der Substanzverlnst des Holzes kann nur in sehr geringer iMenge wiederersetzt werden und zwar nur durch sich darüber ergiefsende neue Holzlagen. Die Wunden der Rinde sind leichter zu heilen, und man kann sie gewöhnlich ganz der Natur überlassen. Sind sie jedoch von gröfserem Umfange und mit starker Ent- blöfsung des Holzkörpers begleitet, so verlangen sie eben- falls zu ihrer Heilung künstliche Nachhülfe, weil sonst der Baum durch Vertrocknung des Holzkörpers sehr leicht leiden kann. Schon du Hamel*) suchte gründlicli zu erforschen, auf welche W'eise die Heilung der Rindenwunden vor sich gehe, und wie es sich überhaupt mit der Repro- duction der Rinde verhalte, durch welche die Heilung der Wunden erfolgt. Um die Art der Heilung eini^icher Rindenwunden näher zu beobachten, machte du Hamel an verschiedenen Bäumen dergleichen Wunden von verschiedener Form, von ver- schiedener Gröfse und verschiedener Riclitung und es ist auch sehr leiclit dergleichen Versuche nachzumachen , be- sonders da sie dem Baume, an welchem die Versuche *) Naturgeschichte der Bäume. II. pag. 31. etc. 13 geschehen ganz unschädlich sind. Diese Wunden heilen immer nur durch die Wülste, welche sich an den Rändern derselben zeigen und, wie es die Physiologie schon lange gelehrt hat, so bilden sich diese Wülste nur an den obern und an den seitliclien Rändern der Rindenwunde; beson- ders sind es die letztern, durch welche die Verheilung der Rinden>vunden zu geschehen pflegt. Aus diesem Grunde sind denn auch die Längswunden leichter zu heilen als die Querwunden. Sind dergleichen Rindenwunden zufällig entstanden und beabsichtigt man eine schnelle und mehr narbenlose Heilung derselben, so mufs man die Wunde in der Art nach Oben erweitern, dals dieselbe spitz zuläuft und dadurch mehr eine Längswunde entsteht. Es ist kaum noch nöthig hinzuzufügen, dafs mit der Bildung der Wulst an dem \A'undrande zugleich die Bildung der neuen Holz- schicht unmittelbar darunter stattfindet, doch ragt die Rin- denwulst stets mehr oder weniger weit über den Rand des Holzringes hinaus. Die du Hamerschen Versuche und Beobachtungen über die Reproduction der Rinde am entblöfsten Splinte sind in dieser Hinsicht ebenfalls sehr interessant und im Som- mer 1839 von mir wiederholt \vorden. Es ist bekannt, sagt du Hamel, dafs bei Abnahme der Rinde eines Baumes das entblöfste Holz vertrocknet, und sich nicht erzeugt, wobei sich die Wunde der Rinde von den Rändern aus allmählich schliefst; er sah aber auch zugleich sehr wohl ein, dafs nur das Vertrocknen der äufsern Holzlagen daran Schuld habe, was er denn bei seinen Versuchen zu ver- hindern suchte. Zu diesem Zwecke wurden an jungen Stämmchen von Ulmen, Pflaumen u. s. w., 3 bis 4 Zoll breite Ringe von der Rinde abgelöst; die Stämmchen Avur- den in weite Glasröhren gesteckt, so dafs die entrindete Stelle umschlossen wurde und, nachdem die Enden der Glasröhren mit gewöhnlichem Fensterkitte luftdicht ver- schlossen waren, dadurch die Ausdünstung des entrindeten Holzes aufgehoben oder vielmehr gegen die atmosphärische Luft abgeschlossen. Nach einigen Tagen bildeten sich im 14 Innern dieser Glasröhren kleine Nebel, diese conden- sirten sich zu Tröpfchen, und endlich erschien an dem obern Rande der Wunde und gerade zwischen Holz und Rinde eine granulöse Masse, ja auch gallertartige Wärzchen kamen zwischen den, der Länge nach laufenden Fasern des Splintes zum Vorschein und hingen mit jener Wulst am obern Rande der Wunde nicht zusammen. Diese dem Anscheine nach sulzige Substanz wurde graulich und nahm gegen Ende des Monats eine grünliche Farbe an. Im Verlaufe des Sommers nahmen alle diese Auswüchse au Gröfse zu, nur die Wulst am untern Wundrande nicht. Sie verbreiteten sich von Oben nach Unten immer meiu* und mehr und überzogen endlich die ganze Wunde. Diese neue Substanz, welche du Hamel für die reproducirte Rinde hielt, war sehr höckerig und an einigen Stellen des Holzes hatte sie sich sogar gereiht erzeugt. W^ährend dieses Vorganges schienen die Bäume meistens etwas zu schmach- ten, später aber trieben sie sehr gut. Was du Hamel bei diesen kleinern Rindenwunden beobachtete, das sah er spä- ter auch an grofsen Kirschbäumen, welche er im Frühjahre, als sie in vollem Safte waren, in der ganzen Länge ilu-es Stammes entrindete ; die entblöfste Holzfläche dieser Stänune wurde mit Stroh umwickelt, um die zu starke Verdun- stung zu verhindern, ja überhaupt gegen die Einwirkung der Sonne zu schützen, und bei diesen Vorsichtsmafsregelu überzog sich der entblöfste Holzkörper mit jener neuen Rinde, wobei sich die Bäumchen nach Verlauf von drei Jahren erholten, du Hamel ging ferner noch auf die Unter- suchung jener sulzigen Substanz ein, welche sich auf der entblöfsten Fläche des Holzkörpers erzeugt und die Sub- stanz zur Rinde darbietet; er wandte hiebei das Mikro- skop nicht an und gelangte auch nur zu dem Resultate, dafs jene Substanz nicht etwa ein blofser Schleim sein könne. Diese interessanten Versuche du Hamel's habe ich kürz- lich vielfach wiederholt und bin dabei zu einigen auffal- lenden Resultaten gelaust, welche ich hier specieller mit- 15 theilen miifs. Auch ich iiiaclite die Versuche um die Zeit, wenn die Rinde mit Leichtigkeit vom Holzkörper abzu- ziehen war; icl» nalim zu den Versuchen die Stämmchen oder einzelne grofse Aeste von Haselnufs (Corylus Avel- lana), Sclmeeball (Vibiirnum Opulus), Spaniscliem Flieder (Syringa vulgaris) und von Salix pentandra. Die entrin- deten Stellen, meistens 6, auch bis 12 Zoll lang, wurden mit dicken Glasröhren überzogen, welche ich auf der ge- sunden Rinde mit Fensterkitt verschlofs und dann sorg- fältig theils mit nasser Blase, theils mit Kautschuck-Lappen verband, so dafs dieser Verband fast in allen Fällen ganz luftdicht war. Als ich diese Versuche während eines war- men Sonnenscheins am 30. April 1839 machte, wurden die Glasröhren, gleich nach ihrer Befestigung auf der innern Fläche mit einem Nebel bedeckt, welcher sich später zu Wasser condensirte, so dafs schon 2 Tage darauf einige dieser Röhren mehr oder weniger stark mit Wasser gefüllt waren, und zu meinem Erstaunen waren zwei dieser Glas- röhren, deren Wände über 2^ Linien dick waren, nicht nur zersprungen, sondern in sehr viele kleine Stücke zer- schmettert; zwei andere Röhren zersprangen erst nach Verlauf von einigen Wochen, aber alle in der Art, dafs man sich überzeugen konnte, dafs nicht etwa eine Aus- dehnung des Stengels die Ursache davon war, denn mei- stens wurde die Mitte der Röhre ganz zerschmettert, wäh- rend, die Enden unverletzt auf dem Stengel befestigt blie- ben. Zur Vorsicht waren die Glasröhren äufserlich noch mit Papier bewickelt, um die Einwirkung der Sonnenstrah- len abzuhalten , obgleich die Versuche an stark bebusch- ten Stellen gemacht wurden. Bei einigen Stengeln zeigte sich auf dem entrindeten Holzkörper, schon einige Tage nach der Entrindung, ein Ausschwitzen einzelner gallertartiger Tröpfchen, welche stets an denjenigen Stellen hervortraten, wo die Mark- strahlen auf der Oberfläche des Holzes zum Vorscliein kommen. In zwei Fällen hatte ich den entrindeten llolz- körper, ehe er mit der Glasröhre verschlossen wurde, ganz 16 trocken abgewischt, so ilafs aucli nicht eine Spur des so- genannten Cambiunrs daran sitzen blieb; .die Folge davon war, dafs der Ilolzkörper in diesem Falle fast ganz glatt blieb, nnd nur an einigen sehr kleinen Stellen ganz geringe Quantitäten jener gallertartigen Tröpfchen ausschwitzte. Ich luitersuchte diese Ausschwitzungen bald nach ihrem ersten Auftreten und es zeigte sich, dafs sie aus einem sehr zartwandigen Zellengewebe bestanden, dessen Zellen nur mit einem gummiartigen Schleime gefüllt waren, worin sich mitunter sehr kleine Moleküle befanden. Nach mehr- maliger Beobachtung des Zellengewebes dieser neuen sul- zigen Bildungen auf der Oberfläche des entrindeten Holz- körpers, zeigte es sich als ein zartwandiges und ziemlich lockeres Parenchym, welches sich durch den neuen gummi- haltigen Saft immer mehr und mehr vergröfserte, der durch die Markstrahlen-Zellen ausgeschieden wnirde. Wenn man unter Cambium nichts weiter als denjenigen Saft versteht, aus welchem sich umittelbar Zellen bilden, so war diese Aussonderung ein solches Cambium, und da es nicht als gebildete Zellen ausgesondert wird, sondern zuerst als ein noch strukturloser Schleim, so mögen wir hieraus noch- mals den Beweis nehmen, dafs organische Flüssigkeiten den Grund oder die Kraft zur Bildung ihrer fernem Or- ganisation enthalten müssen; auf einem andern Wege kön- nen wir uns wenigstens die sulzigen Zellenbildungen auf dem entrindeten Holzkörper nicht erklären. Allmählich ver- gröfsert sich die Masse dieses Zellengew^ebes, indem aus der hinzuströmenden Saftmasse immer neue Zellen aus dem Innern herausgebildet werden und der Oberfläche ein ganz unebenes krauses Ansehen geben. Die Masse verbreitete sich zuweilen über Flächen von einem Quadratzoll Umfong, safs aber immer nur an dem einzelnen Punkte fest, wo sich der Saft aus den Markstrahlen-Zellen ergossen hatte. (1) Im Anfange erschien dieses sulzige Zellengewebe opalisi- rend, dann wurde es trüber und nicht selten nahm es eine grünliche Farbe an, welche durch die grüngefärbten Kü- gelchen entstand , die sich in vielen der Zellen gebildet 17 hatten. Unter einigen Glasröliren, welche besomlers gut gegen den Einflufs des Sonnenlichts inid gegen das Ein- dringen der umgebenden Luft gescliiitzt waren, erliielt sich die niilcliweifse und später etwas grünliclie Färbung den ganzen Sommer hindurcli, bei andern dagegen ward dieses Zellengewebe auf der Oberfläche bräunlich und zeigte sich dadurch dem Rindengewebe äluilicher. Liefs man die Bildung in jenem Verschlufs den ganzen Sommer hindurch, so erhielt sie im frischen Zustande mitunter die Dicke von 4^ Linien, schrumpfte aber bei dem Trockenwerden sehr stark ein und bildete jenes rindenartige Gewebe, welches du Hamel und viele andere Botaniker für die reproducirte Rinde angesehen haben, was es aber nicht ist. In gröfserer Älenge erzeugte sich diese Scheinrinde dicht an dem obern Wundrande der Rinde, und bildete sich dann von Oben nach Unten immer >veiter fort« Nach diesen Mittheilungen kommen wir zur Betrach- tung der Bedeutung dieses neuen Gebildes, welches sich unter gewissen Bedingungen auf der Oberfläche des ent- rindeten Holzes zeigt. Es kommt nicht nur in luftdicht abgesperrten Räumen zum Vorschein, sondern auch in freier Luft, wenn man die Entrindung nur an solchen Aesten oder Stämmchen vornimmt, welche dem direkten Sonnen- lichte nicht ausgesetzt sind. Ich habe schon an einem an- dern Orte *) dergleichen Beobachtungen näher beschrieben und es ist bekannt, dafs sich die falsche Rinde gerade an Elsen sehr häufig zeigt, ofi'enbar weil diese Bäume in dich- ten Büschen und an sehr feuchten Orten wachsen. Die Physiologie lehrt, dafs die innere Rindensehicht den neuen Holzring bildet; es wäre defshalb schon höchst aufi"allend, wenn der Holzkörper wiederum im Stande wäre, die Rinde zu reproduciren. Man unter- suche aber jene neue Bildung, welche man für die reproducirte Rinde erklärt hat, in anatomischer Hin- sicht, und man wird sogleich finden, dafs sie von der *) S. Pflanzen-Physiologie Bd. 1. p. 390 u. s. w- Meycii. Pathologie. 2 18 wahren Rinde gänzlicli versclnedon ist. In jener reprodu- cirten Rinde, welche sicli ans dem anstretenden Safte der Markstrahlen bildet, sieht jnan keine Sonderung «1er ver- schiedenen Schichten, ans welchen die normale Rinde eben desselben Baumes besteht, und es findet sich in derselben auch keine Spur von Baströhren, welche offenbar beson- ders wichtig sind; daher können wir diese Bildung von parenchymatischem Zellengewebe auch noch nicht fiir Rinde erklären. Es ist bekannt, dafs sich einige Botaniker die Ansicht gebildet haben, als würden die Baströhren der Rinde durcli den von Oben herabsteigenden Bildungssaft in den innern Schichten der Rinde gebildet und dafs dagegen die Mark- strahlen aus dem Safte hervorgingen, welcher von den Markstrahlen der altern Holzschicht ausgesondert würde; indessen ich habe gezeigt,*) dafs auch die Markstrahlen in den neuern Holzschichten stets von der Rinde aus ge- bildet werden und demnach eigentlich mit Unrecht Mark- strahlen genannt ^verden. In einem der Versuche, welche ich früher, pag. 13 beschrieben habe, nahm ich eine Glas- röhre von 2 Fufs Länge; die entrindete Stelle war über einen Fufs lang, doch hatte ich mehrere Rindenlappen an dem obern Wundrande sitzen lassen, so dafs sie frei in die Höhle der Glasröhre hineinragten. Ich beabsichtigte bei diesem Versuche die Erzeugung der neuen Holzschicht auf der innern Fläche der freihängenden Rindenlappen und er gelang auch ganz vollkommen ; aber es zeigte sich hier- bei noch eine andere interessante Erscheinung: Die neue Holzschicht war auf der innern Fläche der herabhängen- den Rindenlappen entstanden, zugleich hatte sich auf dem entrindeten Holzkörper jene Scheinrinde gebildet, und da die Rindenlappen wegen der umschliefsenden Glasröhre niclit weit abstehend waren, so hatte jene Rindensubstanz den ganzen Raum zwischen der Oberfläche des entrinde- ten Holzes und der innern Fläche der neuen Holzschicht *) S. Pflanzen-Physiologie T. pag. 39r 19 misgefüllt, welche sich auf dem Rindenlappon erzengt Imtte. Die neue Holzsehicht war aber, wie ich es auch sclion früher in solchen Fällen beobachtet habe, ganz vollkom- men mit den sogenannten Markstrahlen versehen. Es ist überhaupt die Frage aufzustellen, ob jene Ausschwitzung aus den Enden der Markstrahlen, welche sich an entriu- deten Holzkörpern so häufig zeigen, ob diese denn auch wohl im normalen Zustande stattfinden, wenn die Rinde nicht entfernt ist, und ob es überliaupt w^ahrscheinlich, dafs ein solcher aus den Markstrahlen kommender Saft zur Bil- dung der neuen Rinde u. s. w. mit thätig ist. Ich glaube diese Frage mit nein beantworten zu müssen, denn wir sehen, dafs die neuen Holz- und Rindenbildungen auch daiui ganz normal vor sich gehen, wenn dieser vermeinte Zuflufs des IMarkstrahlensaftes vollkommen abgeschnitten ist; ja die Rinde und die neue Holzschicht würde sich doch höchst wahrscheinlich auch unterhalb der ringförmigen Entrindung bilden können, w^enn der Märkstrahlensaft da- zu gebraucht würde, und dennoch zeigt sich dieses nie- mals, was wohl am meisten dafiir sprechen möchte, dafs im normalen Zustande die Bildung jenes rindenartigen Zel- lengewebes aus dem Safte der Markstrahlen wohl nicht statt- findet. Bei allen vorhin aufgeführten Versuchen, welche ich unter Glasröhren anstellte, zeigte es sieh wieder über- aus schön, dafs die Wurzelzasern aus dem herabsteigen- den Bildungssafte hervorgehen; es bildeten sich nämlich in allen Fällen oberhalb der entrindeten Stelle, aber noch innerhalb der Glasröhre, mehr oder weniger viele Wurzel- zasern, welche dann in die Höhle der Glasröhre hinab- stiegen und sich daselbst durch die angehäufte Feuciitig- keit sehr wohl erhielten. Dagegen zeigte sieh nicht selten unterhalb jener Entrindung, aber ebenfalls noch inneriialb der Glasröhre, die Entwicklung einer Knospe und, was recht auffallend und bemerk enswerth ist, sowohl derglei- chen Knospen, als auch die vorhin erwähnten Wurzel- zasern zeigten unter diesen V^erhältnissen stets eine röth- liche Färbung, welche durch den rothgefärbten Zellensaft 2* 20 veranlafst ^v^l^(le. Das Hervortreten der Knospen unter- halb der geringelten Stelle giebt uns ziigleicli einen Beweis für die Nützlichkeit des Beschneidens der Aeste bei Bäu- men und Sträuchern, denn dadurcli wird das Ilervortrei- ben der Knospen befördert, wie es ja auch fast jedem Gärtner bekannt ist. Aus den Resultaten der so eben mitgetheilten Versuche erhalten wir die Anweisung zur Heilung solcher vorkom- menden Entrindungen von gröfserem Umfange ; es ist keine wirkliche Reproduction der Rinde zu erwarten, sondern nur die Bildung jener Scheinrinde, welche aber durch Abhaltung des Vertrocknens des entblöfsten Holzkörpers befördert wird. Kommen demnach dergleichen Unglücks- fälle an Bäumen vor, welche ihrer Blumen und Früchte wegen von hohem Werthe, oder ims überhaupt sehr lieb sind, so sorge man für einen solchen Verband des ent- rindeten Holzkörpers, dafs die Verdunstung desselben ab- gehalten wird. Der Verband darf aber nicht unmittelbar auf der Fläche des Holzkörpers liegen, sondern mufs >venigstens 4 — 6 Linien weit von diesem abstehen. Schon du Hamel fand, dafs das blofse Umbinden mit Stroh ganz hinreichend w^ar, um die Bildung der Scheinrinde an entrindeten Kir- schen- und Pflaumenstämmchen zu bewirken; die Stroh- lage mufs aber dick und fest sein und aufserdem noch eine Strohwand gegen die Einwirkung der Sonne aufge- führt werden. Alle die viel gerühmten Verbände mit beson- dern Substanzen, welche man auf den Holzkörper legte und dadurch dessen Verheilung zu bewirken glaubte, sind nicht nur gar nicht nützlich, sondern im Gegentheile sogar schädlich. Das Baumwachs, mit welchem man ge- wöhnlich die Rindenwunden verkittet, ist durch seinen Terpenthin-Gehalt gerade schädlicli, wenn es den entrin- deten Holzkörper berührt; der Terpenthin bewirkt das Absterben der obern Holzlagen, welche von demsel- ben berührt werden, und so sieht man denn auch ganz gewöhnlich, dafs das Holz unter solchen mit Baumwachs verkitteten Stellen eine schwärzliche Färbung angenonmien 21 hat. Noch allgemeiner im Gebrauche ist es, dafs man den entrindeten Holzkörper, besonders wenn die Entrindung von sehr grofsem Umfange ist, mit einer 3Iischung von Lehm und Kidunist umlegt und diese Substanz mit Lein- wand u. s. w. gegen das Abfallen befestigt. Auch diese Verbandsmittel sind den Bäumen sehr schädlich, denn siß bewirken nicht selten gleich im Anfange ein Absterben der äufsersten Holzlage durch Fäulnifs, und entziehen später, wenn die dazu angewendeten Substanzen vertrocknen, dem Holze beständig die Feuchtigkeit, so dafs auch da- durch dessen äufserste Schichten absterben. Wenn nun aber auch die Heilung des entrindeten Holz- körpers auf dem rationellsten AVege betrieben wird und die Bildung der Scheinrinde auf dem gröfsten Theile des Holz- körpers erfolgt, so ist die Heilung des Uebels dennoch immer nur palliativ, denn durch die sich bildende Scheinrinde wird nur die Verdunstung der obern Holzlagen verhindert und somit das Absterben des Holzkörpers in Folge von Vertrock- nungauf mehr oder weniger lange Zeit aufgeschoben; denn die Scheinrinde erzeugt keine neue Holzschicht und keine neue Rinde und in derselben steigt der Bildungssaft nicht bis in die Tiefe hinab, um neue Wurzelfasern und Wur- zelhärchen zu bilden, ohne welche endlich der Baum ab- stirbt. Es war schon du Hamel'n bekannt, dafs sich das Ab- sterben des geringelten Stammes ganz nach der Dicke des- selben richtet, >veil der Holzkörper um so langsamer ver- trocknen mufs, um so dicker er ist; wenn sich nun aber noch eine Scheinrinde auf dem Holzkörper gebildet hat, so wird das Absterben desselben durch Vertrocknung gänzlich verhindert und der Baum kann sich noch eine Reihe von Jahren erhalten, du Hamel*) erzählt, er habe ungefähr an hundert Bäumen, um deren Holz fester zu machen, um die Zeit, wenn der Saft am stärksten ging, die ganze Rinde, von den Aesten bis auf die Wurzeln abgeschält und dabei die Beobachtung gemacht, dafs sich nur oben, wo *) Naturgeschichte der Bäume II. |>ag, 43. 22 die Rinde abgeschnitten worden war, bisweilen 1^ Fuls lang, neue Rinde ansetzte, dagegen unten am Boden sich von jener Rinde gar nichts zeigte; diese Rinde war aber ebenfalls nichts werter als das blofse rindenartige Gewebe, von weldiem wir im Voriiergehenden ausführlicher gespro- chen haben. AVir besitzen auch eine Reihe von Versuchen über die Zweckmäfsigkeit verschiedener Substanzen als Ver- bandmittel der Rinden^vunden , welche ebenfalls du Ila- niel anstellte. *) Er nahm theils einfache Substanzen, als Wachs, Terpenthin, Kalk, Salmiak, Pech u. s^ w. theils verschiedene Salben und Pflaster, welche unmittel- bar nach geschehener Verletzung aufgelegt wurden, und beobachtete dann nach einiger Zeit, wie die Heilung unter den verschiedenen genannten Substanzen erfolgt war. Diese Versuche waren besonders in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, als man sehr viel von besonderen Baumkit- ten hielt, und diese sogar mit grofsen Summen bezahlte, **) *) Dessen Naturgescliichte der Bäame elc. II. pag. 44. *') Das Eeccpt zum Torsythschen Kitt hat der König von Eng- land mit 15000 Thalern bezahlt; dieser Kitt besteht aus 16 Thcilen" Kuhmist, 8 Thellen trocknem Kalke von einem alten Gebäude, eben so viel Hvird nachlassen, die Säfte können nicht gehörig verdunstet werden und so werden Auswiiclise veranlagst; selbst Platzen der Früchte kann eintreten und in Folge von Saftfülle selbst der Untergang des Baumes herbei- geführt werden. IV. Verletzungen und Verwundungen durch Insekten. Es liegt ganz aufser dem Plane dieser Schrift, eine Naturgeschichte der den Pflanzen schädlichen Insekten zu geben, sondern ich beabsichtige nur, solche Insekten an- zuführen, durch deren Zerstörungen dem Garten- und Forst -Bau, so wie den Oekonomen oftmals unermefsli- cher Schaden zugefügt wird, und zwar geschieht dieses immer nur, in sofern sie den Pflanzen einen kränkelnden Zustand und selbst den Tod veranlassen. Da hier oftmals die Pflanzen nur durch Vertilgung ihrer schädlichen Insek- ten zu erhalten oder zu heilen sind, so müssen zur Er- reichung dieser Absicht die Lebensweisen derselben bekannt sein, und defshalb w^erden wir auch dergleichen Mitthei- lungen in diesem Buche nöthig haben. (2) Die Insekten w^erden den Pflanzen meistentheils da- durch schädlich, dafs sie entweder im Larven- oder im ausgebildeten Zustande einzelne der wichtigsten Theile der Pflanzen zu ihrer Nahrung völlig zerstören , d. h. aufi'ressen, oder indem sie behufs ilirer Fortpflanzung ein- zelne Theile der Pflanzen verletzen und in die verletzte Stelle ihre Eier hineinlegen. In dem ersten Falle, wo die Pflanzen von den Insekten zu ihrer Ernährung ver- letzt werden, entsteht die Krankhcitder Pflanze nur 33 in Folge des Mangels dieses oder jenes wichtigen Theiles, durch welchen dann die nöthigsten Ernährungs- oder Bil- dungs-Prozesse nicht ausgeführt w erden können, daher der Baum oder die Pflanze überhaupt in ihrem Wachsthum zu- rückbleibt. Wenn man hier gegen die entfernte Ursache der Krankheit einschreiten will, so ist es durchaus nöthig, dafs man die Naturgeschichte derjenigen Insekten kennt, welche die Kranklieit veranlafst haben. Dieses ist aber nicht immer so leicht, und wir kennen gerade ganz über- aus wichtige Fälle, wo man lange Zeit hindurch sehr ver- schiedener Ansicht darüber war, ob die Krankheit durch Insekten -Zerstörungen herbeigefülu-t worden sei, oder ob die Krankheit der Pflanze die Insekten herbeigelockt habe. Es ist über die den Pflanzen schädlichen Insekten schon überaus viel geschrieben worden und meistens über diejenigen, welclie zuweilen, wenn sie in zu grofser IMenge erscheinen, den Forsten ganz unberechenbaren Schaden zufügen können, und neuerlichst ist Herr Ratzeburg, Pro- fessor der Naturw^issenschaften an der Könid. Preufsischen höhern Forst-Lehranstalt zu Neustadt-Ebers^valde, von Sei- ten der hohen Regierung beauftragt worden, ein Werk über die Forst-Insekten herauszugeben, welches dem gegenwär- tigen Stande der Naturwissenschaften entsprechend, den Forst-Beamtfiu Belehrung geben soll, um zum Schutze der Forsten den schädlichen Insekten in bester Art begegnen zu können. Dieses Werk enthält zwar nur die Be- schreibung der Lebensweise der schädlichen Forst-Insekten, aber der gröfste Theil dieser findet sich auch in unsern Gärten, so dafs Jedermann mit Hülfe dieses W^erkes und mit Herrn Bouche's Naturgeschichte der s c h ä d 1 i c h e n und -nützlichen Garteninsekten (Berlin 1833. 8.) hinreichende Büttel in Händen haben w ird, um den schäd- lichen Garten-Insekten u. s. w\ begegnen zu können. Man hat die schädlichen Insekten eingetheilt in: Sehr schädliche, in Merklich schädliche und in Uu^ in c y c n. Pathologie. 3 34 merklich schädliche; hier kann nur von den ausge- zeichnetsten der beiden ersten Abtheilungen die Rede sein, und diese theilt man wiederum in mehrere Abtheilungen, je nachdem sie diesen oder jenen Pflanzentheil zu ihrer Nahrung wählen. So hat man Blattfresser (Phyllophagen), Rindenfresser (Dermatophagen), Holzfresser (Xylopliagen), Saamenfresser (Spermatophagen), Blumenfresser (Antho- phagen) u. s. w. I. Von einigen der wichtigsten Blattfressei*.. An die Entlaubung der Gewächse durch Abstreifen der Blätter, welche im Vorhergehenden betrachtet wurde, schliefst sich die Betrachtung der Entlaubung durch Rau- penfrafs unmittelbar an, welclie mitunter in ihren Folgen noch viel gefährlicher ist. Verschiedene Raupen- und Kä- ferarten treten bei uns zuweilen in so grofser Anzahl auf und zeigen eine solche Gefräfsigkeit, dafs sie, wie es all- gemein bekannt ist, oft in der kürzesten Zeit die unglaub- lichsten Verheerungen anrichten und gar häufig ist es ganz unmöglich diesen Einhalt zu thun; in tropischen Gegenden aber, welche von Heuschrecken geplagt v, erden, geht der Schaden, welchen diese Thiere oft in Zeit von einigen Stunden anrichten, fast in das Unglaubliche. Grofse Heu- schrecken - Schwärme sind von solcher Ausdehnung, dafs sie die Sonne verdunkeln und selbst in Meilen weiter Ent- fernung als grofse dunkle Wolken erscheinen; überall wo sich diese ganz überaus gefräfsigen Thiere niederlassen, ist in einigen Stunden alles Laub von den Bäumen abgefressen; die Schafte der Pflanzen in den Zuckerplan- tagen bleiben fast ganz kahl zurück und von grünenden Reifsfeldern verscliwiiidet mitunter jede Spur. Ja selbst solche Gegenden, über welche die Heuschrecken fortziehen, werden durch die unendliche Zaiil von lierabfallenden und von ermüdeten Nachzüglern so furchtbar zerstört, wie es bei uns wohl nur selten durch Maikäfer gescliieht, und den- noch ist der Pflanzer, bei dem unendliclien Reichthume der Natur in jenen Gegenden sclion sehr zufrieden, wenn er « 35 nur das Niederlassen der Heuschrecken - Schwärme von seineu Feldern verhindern kann, was denn auch wirklich durch Schiefsen, durch Pulver-Explosionen, durch Geschrei u. s. w. mehr oder weniger gut gelingt. In unsern Gegenden sind so furchtbare Zerstörungen des Laubes durch Insektenfrafs gar sehr selten, obgleich sie im geringern Grade allerdings auch bei uns nicht sel- ten vorkommen, so dafs dadurch die Früchte gänzlich ver- nichtet werden. In noch geringerem Grade kommt dieser Fall häufiger vor, ohne weiter grofsen sichtbaren Nachtheil für die Bäume und Sträucher herbeizuführen. Zu den schäd- lichsten Insekten unserer Gegenden, welche Entlaubung der Bäume und Kräuter durch Auffressen der Blätter her- beifüliren, gehören einige Gattungen der Käfer, als Melo- lontha, Chrysomela, Cantharis, Haltica, Curculio u. s. w., die meisten Schmetterlinge und viele Hymenopteren. Der Maikäfer (Melolontha vulgaris Fabr.) ist i^nter unsern Käfern der gefürchtetste Blattfresser, der in Laub- wäldern und besonders in unsern Obstgärten furchtbare Zerstörungen anrichten kann; wenn der IMaikäfer in gro- fser Menge erscheint, so frifst er unsere Obstbäume oft- mals ganz kahl ab, so dafs weder Blätter bleiben noch Bliitlien und Früchte, und aufser dem Schaden, der durch den Verlust der ganzen Ernte entsteht, sind die Bäume solcher Gärten für den ganzen Sommer hindurch entstellt. Weit gröfser ist indefs der Schaden, den die Maikäfer in ihrem Zustande als IMade anrichten, in welchem sie den Namen der Engerlinge führen; in diesem Zustande leben sie eine Reihe von Jahren und ernähren sich nur von der Rinde der Baumwurzeln und einigen andern Pflanzen, selbst der Getreide-Pflanzen. Wenn die Engerlinge in sehr grofser Menge auftreten, sind sie im Stande junge Pflan- zungen ganz und gar zu zerstören, indem sie die .Wurzeln derselben abnagen ; ja selbst Plantagen von 10 bis 20 Jahre alten Obstbäumen hat man in Zeit von einem Jahre durch die Zerstörungen der Engerlinge eingehen sehen können. Selbst 3* 36 Getreidefelder und andere Feldfrüchte haben durch die gefräfsigen Engerlinge vollständigen Mifswachs gezeigt. Jedem Gärtner wird es öfters vorgekommen sein, dafs einzelne Bäume seines Gartens mitten im Sommer, und reich mit Früchten bedeckt, plötzlich die jungen Zweige hängen lassen, selbst am Weinstocke habe ich es mehrmals gesehen. Man vermuthet gewöhnlich zuerst, dafs zu wenig Feuchtigkeit die Ursache des Welkens sei; zeigen sich aber die zunächst stehenden Bäume frisch, so kann man mit ziemlicher Sicherheit die Gegenwart einer grofsen An- zahl von Engerlingen vorhersagen. Wir könnten eine Menge von speciellen Fällen an- zeigen, wo die Zerstörungen durch Engerlinge zu den gröfs- ten Besorgnissen Anlafs gaben, wenn es nicht zu allge- mein bekannt wäre. Man hat daher sehr ernstlich auf die Verminderung und Vertilgung der Maikäfer gedacht, und wenngleich es ganz unmöglich ist, ihren Zerstörungen Ein- halt zu thun, wenn sie als Käfer in zu grofser Menge auf- treten, so hat man denn doch die Mittel in Händen, ihrer ferneren Vermehrung nachdrücklich entgegenzuwirken. Der Maulwurf ist dem Maikäfer der gröfste Feind, denn sowohl die Eier, als die Larven und die Käfer dienen zu seiner feinsten Speise, daher wenigstens in Obstgärten den Maul- würfen nicht zu stark nachgestellt werden sollte. Um die Verminderung der Maikäfer zu bewirken, ist es nöthig, die Naturgeschichte desselben zu kennen, wor- über denn auch in der letzteren Zeit unendlich viel ge- schrieben ist. Der Maikäfer lebt vorzüglich gern auf Eichen, Rofskastanien, Ahorn, Ulmen und Buchen, er geht indessen au eil auf die andern Bäume ohne Unterschied, wenn die genannten nicht vorhanden sind; das Erscheijien der IMai- käfer richtet sich nach der Witterung, bei uns im nörd- lichen Deutschland zeigt er sich von der Mitte Mai's bis zum Anfange des Juni und er lebt dann 14 bis 20 Tage. Nach der Begattung, welche gegen 12 Stunden dauert, stirbt das Männchen und das Weibchen geht in die Erde hinein, 3, 4 bis 5 Zoll tief, und legt daselbst an verschie- I 37 dene Stellen 10, 20 bis 30 Eier, deren es 60 — 80 im Ganzen entliält, worauf es auch sehr bald stirbt, mitunter aber noch einige Tage hindurch frifst. Die Entwicklung der Eier zu Larven geschieht schon nach 4 — 6 Wochen und schon im Herbste erreichen diese eine Länge von 8 bis 9 Linien ; schon in diesem Zustande thun sie den Wurzeln der Gräser und anderer zarten Gewächse vielen Schaden, so dafs man schon im folgenden Jalu*e eine Verminderung des Graswuchses bemerkt haben will. Zum Winter gehen die Larven jedesmal mehrere Fufs tiefer in den Boden und halten hier den Winterschlaf; mit angehendem Friihlinge kehren sie aber wieder in die obern Erdschichten zurück und leben von den Wurzeln der Pflanzen ; doch je gröfser sie werden (sie führen dann den Namen der Engerlinge, Glime oder der Kappenstöfser) um so nachtheiliger wer- den sie den Bäumen und Sträuchern und überhaupt allen Gewächsen, unter welchen sie vorkommen. Im Sommer des vierten Jahres gehen sie bis auf 6 Fufs tief in die Erde und hier geht die Verpuppung in einer regelmäfsig geformten ovalen Höhle vor sich, was meistens in der Mitte des August's und noch im September stattfindet, in man- chen Fällen jedoch auch noch früher und ebenso auch noch viel später. Schon nach 4 — 8 W^ochen entwickelt sich der Käfer aus der Puppe, bleibt jedoch meistens bis zum Frühlinge in seinem tiefen Aufenthalte. Vom Februar an, sagt Herr Ratzeburg*) in seiner schönen Arbeit über den INIaikäfer, arbeiten sie sich immer höher, wozu sie besonders die frostfreien Tage benutzen, so dafs man sie im März schon meist unter der Oberfläche findet. Einzelne mögen wohl überhaupt nicht so tief gehen und diese sind es dann, welche, wenn sie sich bei aufi'allend gelindem Winterwetter herauszuarbeiten anfangen, uuverhofi't und gar niclit selten im Winter über der Erde erscheinen. Wenn die ausgebildeten Maikäfer über die Erde kommen, so erheben sie sich bald darauf und fliegen auf die Kro- '') Die Forst-Insekten u. s. "Wt I. Berlin 1837. pag, 66, 38 - neu der Baume, deren nur wenige von ihnen verschont werden, als Linden, Faulbaum, Kiefern. Bei Tage sitzen sie meistens still, doch mit eintretender Dämmerung schwir- ren sie umher und gegen Morgen sitzen sie ganz still, wie es scheint, erstarrt vom Tliau. Die IVIaikäfer fliegen nicht weit, daher auch ihre Verbreitung aus einer Gegend in die andere ganz unbedeutend ist, was denn auch die Vertilgung und Verminderung dieser Thiere sehr erleichtert. Wir haben zwar schon oben bemerkt, dafs der Maul- wurf die IMaikäfer in allen ihren Entwicklungs - Zuständen stark verfolgt, besonders die Engerlinge, welche auch auf aufgebrochenen Aeckern vielfach von Krähen, Lerchen und Staaren vertilgt werden, ja die fliegenden Käfer werden in noch weit gröfserer Anzahl durch Vögel, Amphibien und Säugethiere gefressen, aber alle diese Feinde sind nicht im Stande, der Vermehrung dieser Käfer merklich in den Weg zu treten. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Käfer zu sammeln und zu tödten, und dieses Mittel ist denn auch zu allen Zeiten als das allein wirksame an- empfohlen worden. Die beste Zeit zum Einsammeln der Käfer sind die frühen Morgenstunden, in welchen man die Bäume nur wenig zu schütteln hat, um das Abfallen der Käfer zu bewirken; an alten und sehr grofsen Bäumen müssen die Aeste geschüttelt werden, und es ist natürlich, dafs auch bei dem Allen nicht alle Käfer von den hohen Bäumen herabzubekommen sind. Die Tödtung der einge- sammelten Käfer geschieht am sichersten durch kochendes Wasser oder durch Verbrennen, und zum Einsammeln selbst werden sich, selbst bei kleinen Preisen, schon Hände genug finden. Es ist auff'allend, dafs sich schon so man- che Praktiker gegen das Einsammeln der Maikäfer, wie so mancher anderer schädlichen Insekten, als gegen unausführ- bare Maafsregel, ausgesprochen haben, während in solchen Gegenden, wo das Einsammeln stattgefunden hat, der Er- folg ganz aufi'allend gut ist. Aus den obigen Mittheilun- gen über die Oekonomie des Maikäfers geht hexTor , dafs • ■t' 39 man schon vorauswissen kann, in welchem Jahre starke Maikäfer-Flüge und wann die Zerstörungen durch Enger- linge zu erwarten sind. Herrschte in irgend einer Gegend starker 3Iaikäferfrafs und ward gegen denselben nicht durch frühzeitiges Zerstören der Käfer eingeschritten, so ist über 4 Jalu-e ein noch stärkerer Flug zu erwarten. In tropischen Gegenden scheuet man weder Mühe noch Kosten, um durch Einsammeln und Vernichtung der Insekten selbst den furcht- baren Zerstörungen der Heuschrecken entgegen zu wirken, denn wenn diese Tliiere nicht durch heftige Stürme in das Meer getrieben oder überhaupt getödtet werden, so wür- den sie sich so ungeheuer vermehren, dafs sie zuletzt Alles auffräfsen. Wenn demnach die Natur selbst diese schreck- liche Landplage nicht vernichtet, so müssen die Menschen Hand anlegen. Zur Zeit meiner Anwesenheit auf der In- sel Lu^on herrschte daselbst Heuschreckenfrafs , so dafs man schon an etwa eintretende Hungersnoth dachte. Die Regierung setzte Preise auf die Vertilgung der Heuschrek- ken aus; sie bezahlte die Arroba (33 j Pf.) mit ~ Piaster (8f Sgr.) und hatte schon 50,000 Piaster (75,000 Thlr. Preufs.) für Heuschrecken bezahlt, obgleich Dire Vermin- derung nicht besonders zu merken war.*) Bei dem grofsen Maikäferfrafse in der Gegend von Quedlinburg bildete sich ein Verein von Gärtnern und Oekonomen zur Vertilgung der Maikäfer; es wurden durch Kinder und andere Arbeiter 93 Wispel und 4 Scheflfel Käfer gesammelt, w^ofür 267 Tldr. 11 Sgr. verausgabt wurde. Der Scheffel wurde mit 4 und aucli mit 5 Sgr. bezahlt und er enthielt ungefähr 15000 Stück, so dafs im Ganzen 33,540000 Käfer mit ihrer unendlichen Brut auf diese Weise zerstört worden sind. **) Es giebt noch mehrere Arten der Gattung Melolon- tha (Laubkäfer), die dem Maikäfer mehr oder weniger * ) S. Meyens Reise um die Erde II. pag. 197. g zu Ratzeburg' **) S. Erster Nachtrag zu Ratzeburg's Forst-^Insekten. Berlin 1839. 4to. pag. ^2. 40 ^«, in Form und Gefräfsigkeit ähnlich sind, von welchen ich hier noch einige anführe : Der Rofskastanien-Maikäfer (Melolontha Hippocastani Fabr.); er ist nur etwas kleiner und brauner als der ge- meine Maikäfer, und kommt mit diesem überall zusammen vor, mitunter sogar noch häufiger als dieser. Der grofse JuHuskäfer (Melolontha FuUo Linn.), auch Walker, Müllerkäfer, marmorirter Maikäfer u. s. w. ge- nannt. Er scheint nach Herrn Ratzeburgs Beobachtungen an den Kiefern am Liebsten zu fressen, indessen kommt er auch auf vielen Laubhölzern vor. Der Sommerwende-Laubkäfer (Melolontha solstitia- lis L.) Juniuskäfer, Johanniskäfer, kleiner Maikäfer u. s. w. kommt auf Weiden, Buchen, Pappeln u. s. w. vor, auch auf Kiefern, und zeigt sich zuweilen ebenfalls in sehr grofser Anzahl. Endlich führe ich noch den Garten- Laubkäfer (Melolontha horticola L.) auf, der mitunter auf Rosen und Obstbäumen ebenfalls grofse Zerstörungen anrichtet. Unter den Käfern, die in unsern Gegenden gar häufig grofse Verwüstungen in dem Laube der Bäume anrichten, führe ich noch die Spanische Fliege (Lytta vesicatoria Fabr.) auf, welche über ganz Europa verbreitet zu sein scheint. Dieser abscheulich riechende Käfer erscheint gar häufig in der Mitte des Juni in grofser Menge und schadet in unsern Gärten nicht nur dadurch, dafs er zuweilen sehr beliebte Bäume ihres Blätterschmucks in sehr kurzer Zeit beraubt, sondern auch einen so unangenehmen Geruch verbreitet, dafs man oftmals solche Gegenden des Gartens, wo sie sich niedergelassen haben, vermeiden und ihnen den Platz überlassen mufs. Icli habe in mehreren Gärten gesehen, dafs die Spanischen Fliegen das Laub der Esclien allen andern Gewächsen vorzogen, und auf diesen Bäumen auch alle Jahre wiederkehrten, obgleich sie alJjährlich in unglaublicher Anzahl getödtet wurden. Auch auf Flieder (Syringa vulgaris) kamen sie in eben denselben Gärten 41 häufig vor, aber sehr selten nur auf andern Bäumen und Sträucheru. Die Lebensweise dieser gefräfsigen Thiere ist noch immer nicht vollständig bekannt; Herr Ratzeburg, der die- selbe in seinem Werke über die Forst - Insekten (a. a. O. pag. 90.) sehr umständlich mittheilt, vermuthet, dafs ihre Generation einjährig sei, weil sie alljährlich, wenn auch niclit immer gleich häufig vorkommen, und aus dem plötz- liclien Erscheinen derselben in grofsen IMassen schliefst er auf ein gleichzeitiges Ausschlüpfen an einer Stelle. So- bald sie auf den Bäumen erschienen sind, widmen sie sich mit grofser Lebhaftigkeit dem Fressen und der Begattung. Das befruchtete Weibchen begiebt sich von dem Baume herab und gräbt sich in die Erde, etwa 1 Zoll tief, wo es 40 — 50 Eier hineinlegt, die es hierauf ganz mit Erde be- deckt, und dann wieder zu fressen beginnt, lebt aber nur nocli wenige Tage. Nach 3 bis 4 Wochen kommen die jungen Larven aus der Erde hervor und - zerstreuen sich, docli ihre Verpuppung kennt man noch nicht. Die Vertilgung der Spanischen Fliegen kann auch nur durch Einsammeln und Tödtung ausgeführt werden, doch mufs dieses gleich bei ihrem Erscheinen geschehen; auch hier sind die Morgenstunden dazu am geeignetsten, und da diese Insekten einigen Werth in den Apotheken haben, so wird sich die Mühe für das Einsammeln dadurch beloh- nen lassen. Zuweilen verschwinden sie plötzlich, ohne dafs man den Grund einsieht. Von den Käfern führe ich noch die Gattung: Blatt- käfer, Chrysomela auf, welche auf Bäumen, Kräutern und Sträuchern vorkommen und nur von dem Parencliym der Blätter leben. Die Larven dieser Käfer sind raupenartig und eben so gefräfsig als die Käfer ; sie zerstören die Blät- ter von der Mitte aus und verstehen dieselben endlich vollständig zu skelettiren. Die Larven leben in grofsen Gesellschaften und sind dadurch leicht zu vernichten ; Ab- suchen der Larven wie der Käfer ist das einzige radikale ölittel gegen diese Thiere. Sie überwintern im abgefalle- 4'i neu Laube u. s. w. Unter den Bäumen sind es besonders die Pappeln, Birken, Weiden, Kirschen und Traubenkir- schen, welche von diesen Käfern befallen werden. Auch Bespritzen der davon befallenen Pflanzen mit einer Ab- kochung von Tabak hat man mit Erfolg empfohlen. II. Von einigen der schädlichsten Insekten, welche die Stämme und Aeste der Bäume zerstören. Die hieher gehörigen Insekten sind meistens nur Kä- fer und gehören den Gattungen: Bostrichus Fabr. Bor- kenkäfer, Hylesinus Fabr. Bastkäfer, Eccoptogaster Hb. Splintkäfer und Piatypus Hb. Kernholzkäfer; sie haben ihre deutschen Namen erhalten, jenachdem die dazu gehö- rigen Arten diesen oder jenen Theil des Stammes zum hauptsächlichsten Sitze ihrer Zerstörungen machen. Der berühmteste von allen diesen Käfern, der die Aufmerksam- keit der Forstleute schon sehr vielfach in Anspruch ge- nommen hat, ist der Achtjährige Fichten-Borkenkäfer (Bostrichus typographus Linn., B. octodentatus Gyllenh.). Dieser kleine aber sehr schädliche Käfer kommt bei uns an Fichten, nie- mals an Kiefern vor und ist wohl durch ganz Europa, wie im Norden von Asien verbreitet, überall soweit Fich- ten-Holzungen vorkommen. Sein Vorkommen auf andern Bäumen scheint nur zufällig zu sein, und nur wenn er in zu grofser Menge in einer bestimmten Gegend vor- kommt; seine Vermehrung ist wahrliaft unglaublich und hat schon die furchtbarsten Zerstörungen in den For- sten veranlafst. Man hielt diese, durch den Borkenkäfer zerstörten Bäume für krank, und nannte . die Krankheit, welche der Borkenkäfer gleichsam herbeilockte: Trock- nifs, Baumtrocknifs, Wurmtrocknifs, Darre, Dürr- werden, Wurmfrafs, Fichtenkrebs u. s. w., doch wenngleich auch heutigen Tages noch in manchen Schrif- ten von dieser angeblichen Krankheit die Rede ist, so kann bei gründlichen Forstleuten, welche sich nur einige reelle Kenntnisse aus der Pflanzen -Physiologie erworben 43 haben, gar kein Zweifel übrig bleiben, dafs der krän- kelnde Zustand und selbst das Absterben jener Bäume nur durch den Borkenkäfer herbeigeführt wird, wie ich dieses später noch umständlich auseinander setzen werde. Die Lebensweise dieses merkwürdigen Insektes ist folgende : In unsern Gegenden tritt die Brut in der ersten Hälfte des Mai's auf und diese braucht 10, 12 — 13 Wo- chen bis zum Ausfluge; gewöhnlich scheint bei uns nur i\ Generation im Verlaufe des Sommers stattzufinden, bei sehr günstiger Witterung aber auch wohl 2, und dann findet die zweite Flugpart im August und Septem- ber statt. In den warmen und sonnigen Frühlings - Tagen kom- men die Käfer aus ihren bisherigen Wohnungen im Innern der Rinde hervor und schwärmen in sehr grofser Anzahl noch in der Luft, um die künftigen Brutplätze zu suchen, auf welche sie dann plötzlich herabfallen. Sie wählen lieber frisch gefällte Hölzer als stehende und noch lebende hiezu, auch die umgerodeten Stummel ziehen sie besonders ' an, ja nach guten Erfahrungen verlassen sie auch die ein- zeln von ihnen bewohnten lebenden Stämme, sobald man ihnen gefälltes grünes Holz hinwirft. Doch ist es sch>ver, sagt Herr Ratzeburg, die Zeit zu bestimmen, in welcher abgestorbenes Holz von dem Borkenkäfer nicht mehr an- gegangen wird. Unter den stehenden Bäumen wählen die Borkenkäfer lieber kranke als gesunde; ja bei beschränk- ter Verbreitung des Insekts kann man immer an den von ihnen befallenen Bäumen eine Krankheit nacluveisen. Ist kein gefälltes und auch kein krankes Holz mehr da, so wählt der Borkenkäfer auch das gesunde Holz, doch das frischgefällte zieht er allen übrigen Sorten vor, was sich vielleicht am besten durch die Zersetzung der Säfte der gefällten oder überhaupt auch der kränkeln- den Bäume erklären liefse, indem das Holz durch diese Zersetzung einen Geruch erhält, welcher von den Inse- kten aus der Ferne erkannt wird. Die vom Borkenkäfer stark befallnen Bäume sterben gewöhnlich noch in dem- 44 selben Jahre ab ; in alten 90 — 100jährigen Stämmen können sich jedoch dergleichen Käfer, wenn sie nicht in zu gro- fser Anzahl vorkommen, noch mehrere Jahre erhalten, ohne dafs die Bäume absterben. Sobald die Stämme befallen sind, bohren sich die Käfer in die Borke, was mitunter in' einer halben Stunde ausgeführt werden soll , und hier unter der Rinde wird die Sammelkammer angelegt und die Begattung vollzogen. Hierauf graben sich die Weib- chen sogenannte Muttergänge (welche parallel zwischen den Bastbiindeln verlaufen) und legen an den Seiten 20, 60, 70 und selbst bis 130 Eier, welche mit Wurm- mehl verklebt werden. Die Larven machen zierlich ge- schlängelte, auch im Splinte mehr oder weniger bemerk- bare immer breiter werdende Gänge und verpuppen sich am Ende derselben im Baste oder in der Rinde. Da das Eierle- gen längere Zeit dauert, selbst bis an 6 Wochen, so findet man in einem von den Insekten befallenen Stamme die verschiedenen Form-Stufen derselben. Nach Verlauf von 2 — 3 Wochen geht die Verpuppung der Larve vor sich, in welchem Zustande sie 21 Tage liegt und dann als Kä- fer erscheint. Die altern Käfer fressen sich nach der Begattung und dem Eierlegen wieder heraus und sterben alsdann. Der nachtheilige Einflufs, den die Borkenkäfer auf das Leben der von ihnen befallenen Fichten ausübt, ist wohl leicht zu erklären, wenn man erfährt, in welcher unglaublichen Menge sie in der Rinde der Stämme vor- kommen; Herr v. Berg hat an einem Rindenstreifen von 12 Zoll Länge und 12 Zoll Breite 1220 Stück völlig ent- wickelter Larven und Puppen beobachtet. Man hat durch Zählung und Schätzung gefunden, dafs einzelne Bäume an 23000 Paare der Borkenkäfer bergen konnten, welche durch die Vermehrung in einem Jahre eine ganz unglaub- liche Summe herbeiführen können, so dafs es erklärlich wird, wie selbst mehrere Millionen Stämme in einer ein- zelnen Gegend wie im Harze im Jahre 1783 durcli den Borkenkäfer trocken geworden sind. 45 Man hat sich zwar überzeugt, dafs auch gesunde Fich- tenstämme von dem Borkenkäfer angegriflfen und mehr oder weniger schnell getödtet werden, es ist mir aber nicht bekannt, dafs man das Absterben des Baumes mit allen den begleitenden Erscheinungen gehörig verfolgt hat und daher sind wir über die Art des Todes und hauptsächlich über die nächste Ursache noch ganz im Ungewissen. Die Herren Hartig *) nehmen das Vorhandensein einer eigen- thümlichen Käfersäure an, welche, wenn sie in zu grofser Älenge abgesondert ^vird, auf die gesunden Pflanzensäfte wie ein Gift einwirken und diese zersetzen müsse. Bei Bostrichus lineatus müsse diese Säure ungemein concen- trirt sein, denn die nächste Umgebung des Ganges und dieser selbst sei wie durch Schwefelsäure verbrannt. Die Heilung der vom Borkenkäfer befallenen Bäume gelingt nur dann, wenn die Zahl der Insekten nicht zu grofs war und dieselben entweder künstlich oder von der Natur erstickt oder überhaupt getödtet werden, was immer nur ein seltner Fall ist. Die Hauptsache ist, dafs man, sobald die Käfer irgend einen Wald befallen haben, gegen die weitere Vermehrung und Verbreitung derselben ein- schreitet, und dieses erfolgt auf verschiedenem Wege. Es wurde früher mitgetheilt, dafs der Borkenkäfer frisch ge- fällte Stämme der Fichte allen übrigen vorziehe; man hat defshalb mit sehr gutem Erfolge sogenannte Fangbäume empfohlen , welche in den von Insekten befallenen Re- vieren etwa alle 50 Schritte aufgestellt oder besser mit allen Aesten auf untergelegte Stöcke und Steine gela- gert werden. Sobald sich die Schwärme auf die Fang- bäume niedergelassen und diese in grofser Anzahl über- zogen haben, nmfs die Entrindung derselben vorgenom- men und die Borke verbrannt werden. Das beste Vor- bauungsmittel ist eine gute Bewirthschaftung des Forstes; es darf kein abgefallenes oder todtes Holz umherliegen *) Forstllclies und forslnatuiwlssenschaftliclies Conversations« Lexikon. Berlin 1834. pag. 114. 46 und bei WinJfällen und Windbrüchen mufs sofort aufge- räumt werden. Ist aber einmal der Borkenkäfer in zu grofser Anzahl vorlianden, so ist mit den vorgeschlagenen Mitteln nicht mehr auszureichen und nun mufs man haupt- sächlich aufTÖdtung der Insekten denken, wodurch deren Vermehrung und Verbreitung am besten vorgebaut wird. Das todte Holz mufs zwar fortgeräumt worden, aber haupt- sächlich müssen die noch lebenden Bäume gereinigt wer- den, welche von dem Käfer befallen sind, was durch Ent- rinden oder Abborken geschieht, worauf die Borke vor- sichtig verbraunt wird. Man darf hier keine Kosten scheuen. Der grofse Kiefernborkenkäfer. Bostrichus ste- nographus Dftschm. (B. Pinastri Bechst.) Dieser Borkenkäfer gehört ebenfalls zu denen, die sehr zu fürchten sind; er bewohnt die Kiefern, wie der vorige die Fichten, doch ist er auch sclion auf diesen beobach- tet worden. Der Kiefernborkenkäfer kommt nie in so gro- fser Menge vor als der vorige, die Vorsichts-Maafsregeln wie die Vertilgung sind für beide dieselben. Es giebt noch eine Menge anderer melir oder weniger schädlicher Borkenkäfer , welche dann und wann in so grofser Anzahl auftreten, dafs sie die allgemeine Aufmerk- samkeit auf sich ricliten. In dem sclion oft genannten Werke des Herrn Ratzeburg sind diese Käfer sämmtlich abgebildet, so wie auch Darstellungen der Formen der Gänge gegeben, welche bei jeder Art verschieden sind, so dafs man aus diesen schon den Käfer erkennen kann. Unter den Bastkäfern ist der Kiefernzweig- Bastkäfer (liylesinus piniperda Linn.) der gefähr- lichste; er überwintert dicht über der Wurzel der Kie- fernstämme, wo er sich in die Rinde einbohrt und mit dem Rüssel in die Bastschicht selbst bis zum Splinte hin- einragt. Schon im IMärz und im Anfange April's schwär- men die Käfer und befallen frische Stöcke, doch ziehen sie liegendes Holz, selbst im Winter geschlagenes, den Stehenden Stöcken bei weitem vor. Die Lebensweise 47 stimmt sehr mit derjenigen des Kiefern-Borkenkäfers iiberein, doch sind die Gänge unter der Rinde sehr charakteristisch. Die Entwicklungszeit bis zum Ausbohren wird auf 10 bis 1 1 Wochen angegeben und so tritt im Juli und im August die zweite Flugzeit ein, Sie begeben sich alsdann auf die Zweige der Bäume oder in junge Schonungen, um den Rest des Sommers in Ruhe zuzubringen. Hier richten diese Käfer grofsen Schaden an, indem sie sich bis in das Mark der jungen Triebe einbohren und dasselbe bis auf die Knospe ausfressen, w^odurch denn junge Pflanzun- gen im Wachsthume sehr zurückgehalten werden. Die Bäume, deren Gipfel durch diese Käfer beschädigt sind, er- halten ein ganz eigenthiimliches Ansehen, wie wenn sie an den Spitzen beschnitten wären, daher man den Käfer auch den Waldgärtner nennt. Die zahlreichen Arten dieser Gattung sind eben- falls ganz vortrefiflich abgebildet in Herrn Ratzeburg's Werk über die Forst- Insekten und mit Bewunderung sieht man die mannigfaltig gestalteten Gänge dieser Thierchen auf den vortrefi'lich ausgeführten Tafeln dieses Werkes. Auch von den Hymenopteren haben die Pflanzen durch gewaltsame Verletzungen viel zu leiden. So sind die Blattwespen (Hymenoptera phyllophaga) und die Holz- wespen (Hymenoptera xylophaga) im Larven- oder Raupen- Zustande ohne Ausnahme .pflanzenfressend, und leben, wie schon die Namen sagen, bald von den Blättern, bald von dem Holze der Gewächse. Unsere Laubliölzer haben ganz besonders von den Larven der Blattwespen zu lei- den, indessen ist in freier Natur der Schaden, welcher von ihnen angerichtet wird, nicht hochzuachten; dagegen haben die Nadelhölzer auch unter diesen Insekten einen sehr gefälirlichen Feind, welcher mitunter schon grofse Pflanzungen zerstört hat. Zu diesen gefürchteten gehören die Gattungen Lophyrus und Lyda, besonders die erstere, deren eine Art : Lophyrus Pini Lin., schon mehrmals grofse 48 Verheerungen angerichtet hat.*) Die Larven der Blatt- wespen sehen den Raupen der Sclunetterlinge sehr ähn- lich und werden defshalb auch Afterraupen genannt. Es gränzt an das Unglaubliche, in welchen Schaaren diese Afterraupen der Kiefern-Blattwespe beobaclitet sind ; wenn sie nicht in zu grofser Menge vorkommen, so bleiben sie auf den Bäumen sitzen, an welchen sie auskommen; sind sie dagegen in sehr grofser Zahl vorhanden, so treten sie wegen Mangel's an Nahrung ihre ^yanderungen an, auf welchen sie dann durch Raupengräben u. s. w. leicht zu vernichten sind. Auch diese Insekten sollen das krän- kelnde Holz dem gesunden vorziehen. Die Blattläuse. Aphis-Arten. Die Blattläuse bilden eine der gewöhnlichsten Plagen miserer Garten - Cultur , und Jedermann, der irgend ein Pflänzchen in seiner Stube zu cultiviren liebt, wird schon oftmals diese lästigen Gäste mit Unwillen wahrge- nommen haben. Wie es bekannt ist, treten die Blattläuse mitunter in solcher grofsen Masse auf, dafs sie uns oft selbst die liebsten Gewächse widrig macheu und wir ihnen dieselben Preis geben. Es giebt wirklicJi Fälle, sowohl im Grofsen, als im Kleinen, wo wir die Entfernung der Blattläuse von den Gewächsen selbst mit grofsen Anstren- gungen nicht mehr auszufiiliren im Stande sind; wenn man aber das Erscheinen derselben früh genug walu-nimmt, so lassen sie sich sehr leicht (wenigstens im Kleinen) vertreiben. Die Blattläuse sind uns nicht nur unangenehm, indem sie den von ihnen befallenen Pflanzen ein unangenehmes, oft ekelhaftes Ansehen geben, durch ihre Honig-Absonde- rung die Pflanzen und alle darunter liegenden Gegenstände beschmutzen und durch die Hüllen ihrer Körper, welche sie bei dem Häuten abwerfen, die Verunreinigung noch *) S. D. E. Müller, Ucber den Afterraupcufrafs in den friln- Vlschen Kleleiwaldungcn. Ascljafleiiburg 1821. 49 vergröfsern, sondern sie sind auch den Pflanzen überaus schädlich, sie veranlassen Deformitäten einzelner Theile, Krankheiten der Blätter, Blüthen u. s. w. und können so- gar den Tod der Pflanze herbeiführen. Die Blattläuse zerfallen in zwei grofse Klassen. Die eine derselben enthält solche, welche auf der Oberfläche der Pflanzen leben, wälu*end die zweite Klasse dergleichen Blattläuse umfafst, die im Innern der Blattsubstanz, und zwar in besondern balgartigen Auswüchsen vorkommen. Die Blattläuse, welche frei auf der Oberfläche der Pflan- zen vorkoimnen, besitzen fast alle auf dem Rücken des Hinterleibes zwei Saftröhren, aus welchen sie einen honig- süfsen, zuckerhaltigen Saft in Form kleiner Tröpfchen ausspritzen. An der untern Seite des Kopfes haben sie einen langen Rüssel, mit welchem sie die Säfte der Kräu- ter und überhaupt der krautartigen Theile der Gewächse aussaugen. An alten, ausgebildeten Pflanzentheilen können die Blattläuse nur geringen Schaden verursachen; sie be- suchen aber auch lieber die jungen und zarten Theile der Pflanzen und veranlassen an diesen die auffallendsten De- formitäten. Durch die Stiche, welche die Blattläuse mit ihren Sangrüsseln ausführen, werden die jungen und zar- ten Blätter in der Art gereizt, dafs sie an verschiedenen Stellen auftreiben, grofse blasige Auswüchse entwickeln oder auch sich mehr oder weniger vollkommen tütenför- mig zusammenkrümmen; die Art dieser Deformität hängt fast immer sehr bestimmt von der Art der Blattlaus ab, welche die Pflanze verletzte. Die Vermehrung der Blattläuse grenzt an das Un- glaubliche ; ich sah schon Rosenstöcke, welche vorher nur eine geringere Zahl derselben hatten, in Zeit von 6 — 7 Ta- gen über und über damit bedeckt, so dafs die Blätter des- selben verloren gingen. Ueber diese Vermehrung der Blattläuse sind schon viele Beobachtungen angestellt und Bonnet's Entdeckungen hierüber, die sich fast vollständig bestätigen, sind weltbekannt geworden. Die Blattläuse legen tlieils Eier, welche ziemlich hart sind, theils gebären M e y c n. Pathologie, 4 50 sie lebendige Junge, welche rückwärts aus dem Leibe der Mutter kommen; aus den überwinterten Eiern entwickeln sich nur Weibchen, welclie den ganzen Sommer hindurch ohne vorhergegangene Begattung lebendige Junge gebären; Bonnet sah von abgesonderten Weibclien in Zeit von 3 Monaten bis 9 Generationen hervorgelien und Herr P. Fr. Bouche *) sah bei der Rosenblattlaus , dafs eine Mutter 4 Tage lang täglich 15 bis 20 Junge gebar, die nach einem viertägigen Alter wiederum von Neuem zu gebären anfingen. Die männlichen Blattläuse erscheinen erst zu Ende des Sommers oder im Herbste; sie befruchten die Weibchen und sterben, diese aber legen ihre Eier an die Zweige der Pflanzen u. s. w. Herr Hartig jun.**) hat die sehr wahrscheinliche Beobachtung gemacht, dafs die Blattläuse auch in ungeheurer Anzahl aus der Erde kommen, was wahrscheinlich nur von gewissen Arten gel- ten wird; vorzüglich treten die Blattläuse des Nachts und in den frühsten Morgenstunden aus der Erde hervor, er sah es an einem Klumpen von Erde 6 Wochen lang. Der Gegenstand verdient die genaueste Beachtung, denn durch die Bestätigung jener Angabe würde es sich erklären lassen, dafs sich zuweilen in einer einzelnen Nacht, wie ich es ebenfalls an einem Rosenstocke im Zimmer bemerkte, die Zahl der Blattläuse unglaublich vermehrt. Die Gattung Aphis ist sehr artenreich. Die meisten bekannten Pflanzengattungen haben sogar ganz eigenthüm- liche Arten, welche dann gewöhnlich den Beinamen nach eben diesen Pflanzen erhalten, auf welchen sie hauptsächlich gern vorkommen. Die Rosen-Blattlaus (Aphis Rosae L.) ist den Blumen -Liebhaberinnen besonders bekannt; die Kolli-Blattlaus macht unsere Kolilarten oftmals fast unge- niefsbar, die Schneeball-Blattlaus entstellt die jungen Blät- ter des Schneeballs und giebt ihnen durch die schwarze Farbe ein sehr unangenehmes Ansehen. Die gekräuselten *) Natürgeschiclite tler Gartcn-Inscitten cic. 1833 pag. 43. *''^) Forstliches Conversations-Lcxlcon pag. 31. 51 Blätter des Johannisbeer- Strauches sind auf der untern Fläche melir oder weniger dick mit der Johannisbeer- Blattlaus bedeckt und auch unsere schönen Nelken werden von einer besondern Art befallen u. s. w. Erfreuliclier als diese IMittheilungen ist es den Blu- men-Liebhabern, wenn man iluien ein Radikalmittel gegen die Blattläuse angeben kann; denn nur zu häufig nehmen sie Ueberhand, ungeachtet man die gröfste Sorgfalt auf das Ablesen derselben verwendet. An kleinen Topf- und Stuben-Gewächsen ist es allerdings nicht schwer, die Blatt- läuse zu vertilgen und ihre Wiederkehr zu erschweren, an gröfsern Bäumen und Strauch ern aber, die im Freien stehen, ist es oft ganz unmöglich, wirksam dagegen einzugreifen. An kleinen Stuben- und Treibhaus - Gewächsen mufs man zur Winterzeit die Eier aufsuchen und zerstören; diese Eier sitzen gewöhnlich in den Achseln der Aeste und Zweige, an der Rinde und hinter den Knospen, in den Ritzen der Rinde u. s. w. ; sie sind schwarz, hart und glänzend und lassen sich am besten mit einem steifen Pin- sel abreiben. Haben sich die Blattläuse aber schon in grofser Anzahl über die Pflanzen verbreitet, so mufs man versuchen, dieselben durch starken Tabacksrauch zu tödten; ein einmaliges Anblasen des Tabacksrauch es, wie es bei Stuben-Gewächsen so häufig angewendet wird, pflegt nichts zu helfen, sondern man mufs die Gewächse in einen be- sondern, gut verschlossenen Raum, z. B. in einen Treib- kasten, in ein Treibhaus u. s. w. stellen und diesen Raum mit starkem Tabacksdampfe fiillen. Die Praktiker schla- gen vor, auf einen Raum von einer Kubikruthe ein und ein halbes Pfund Taback auf Kolden gestreut anzuwen- den. Man bedient sich hiezu natürlich des schlechtesten Tabacks und bläfst das Feuer mit einem Blasebalge an. Man hat auch besondere Instrumente angegeben, durch welche der Tabacksdampf in die geschlossenen Räume getrieben wird und unter diesen zeichnet- sich das paten- tirte neuere Englische, das auch in mehreren hiesigen Königl. Gärten im Gebrauche ist, sehr vortheilhaft aus; 4* 52 man kann mit diesem Instrumente den Tabacksdampf durch die kleinste Oeffnung in das Innere der Treibkasten füh- ren, wo die Tödtung der Blattläuse oft recht sehr nöthig ist. Der Tabacksdampf in verschlossenen Räumen ist noch immer als das vorzüglichste Mittel gegen die Blattläuse anzusehen. Man hat den Taback noch in anderer Form gegen dieselben angewendet, aber es ist nicht so leicht den Thieren beizukommen, da sie meistens auf der untern Fläche der Blätter sitzen. Man empfiehlt nämlich die Pflan- zen des Morgens nach gefallenem Thau mit pulverisirtem Taback zu bestreuen oder auch dieselben mit einer Ab- kochung von Taback zu waschen oder zu bespritzen. Sind die Topfgewächse klein, so kann man sie in eine solche Abkochung des Tabacks eintauchen und erreicht alsdann sicherlich ebenfalls seinen Zweck. Alle die Pflanzen, bei denen der Taback gegen die Blattläuse angewendet wurde, nehmen den Tabacksgeruch an, der erst nach mehrmaligem Bespritzen mit Wasser verschwindet; aus diesem Grunde ist das Räuchern mit Taback ganz besonders bei solchen Pflanzen, deren Früclite bald zur Reife kommen, nicht sehr zu empfehlen. Als ein anderes, ziemlich wirksames Mittel gegen die Blattläuse ist das Bestreuen der Gewächse mit pulverisir- tem, ätzendem Kalke anzuempfehlen; es mufs indessen mehrmals wiederholt und der Kalkstaub mufs dabei so viel wie möglich gegen die untere Fläche der Blätter gewor- fen werden. I\Ian hüte sich, die, leider schon so häufig anempfoh- lenen. Räucherungen der Pflanzen in verschlossenen Räu- men mit Schwefel vorzunehmen, deini wird diese Opera- tion zweckmäfsig ausgeführt, so werden die ganzen Pflan- zen, oder wenigstens diejenigen Theile derselben, welche schwefelichte Säure einzuatlmien erhielten, sicherlich in ganz kurzer Zeit getödtet. Die Blattläuse haben aber auch unter den Insekten eine Menge von Feinden. Als die eifrigsten Blattlaus- Feinde sind unstreitig die Larven der CoccineJlen oder 53 Soniienkäfer anzusehen; Herr Bouche empfiehlt dieselben sogar als ein unfehlbares 3Iittel. Setzt man sie auf die von Blattläusen befallenen Pflanzen, so räumen sie alsbald auf. Herr Hartig hat in seinem forstlichen Conversations- Lexicon noch viele andere Feinde der Blattläuse aufge- führt und hierüber eigne und sehr schöne Beobachtungen angestellt. Schliefslich habe ich noch mit einigen Worten der sogenannten Läusesucht (Phthiriasis) zu gedenken, unter welchem Namen man eine Krankheit versteht, in der die ganze Pflanze mit kleinen Insekten bedeckt ist, welche die Säfte aussaugen, die Transspiration unterdrücken und die Entwicklung der Theile verhindern. Verschiedene Autoren, welche über Pflanzen -Krankheiten geschrieben haben, sind wirklich der Meinung, dafs ein besonderer Krankheits-Zustaud der Pflanzen das Auftreten der Blatt- läuse und andrer kleiner Insekten herbeiführt, dafs über- haupt nur kränkliche Pflanzen von Blattläusen befallen werden, und ausgezeichnete praktische Gärtner haben als ein vorzügliches Mittel gegen die Blattläuse anempfohlen, dafs man die Pflanzen in kräftigem Wachsthume erhalten solle. Es scheint mir indessen nach Allem, was ich in dieser Hinsicht in freier Natur wie in den Gewächshäusern gesehen habe, dafs eine solche besondere Krankheit, durch welche die Blattläuse herbeigeführt werden, wohl nicht vorhanden ist, sondern dafs die Blattläuse gesunde und kranke Pflanzen befallen, aber immer nur solche, welche ein zarteres Laub haben. Es ist aber, wenn man beson- ders darauf achtet, gar nicht schwer zu erkennen, dafs Pflanzen mit zarten Blättern, wie z. B. die Rosen, wenn sie stark mit Blattläusen bedeckt sind, sehr bald ein kran- kes Ansehen annehmen ; die Blätter werden gelblich, schlaff und fallen sogar ganz ab; hier waren aber die Blattläuse nicht etwa durcli diese Krankheit herbeigeführt, son- dern der kränkelnde Zustand der Pflanze ward durch die Blattläuse herbeigeführt, indem sie durch ihren 54 Honigsaft die Transspiratioii der Blätter u. s. w. unter- drückten. Die Scliildläiise. Coccus-Arten. Die Scliildläuse gehören ebenfalls zu den grofsen Plagen der Gärtner. Sie sitzen meistentheils auf der Rinde der Aeste an Bäumen und Sträucliern, so wie auf festen lederartigen Blättern und sind ganz besonders einheimisch auf^ unsern Treibhaus-Pflanzen , welchen sie oft ein wahr- haft ekelhaftes Ansehen geben. Alle diese muschel- oder schildförmigen Thierchen, welche mit ihrer flachen Seite den Pflanzentheilen anhaften, sind Weibchen, die mit einem langen und äufserst feinen Rüssel aus dem Innern der Pflanzensubstanz ihre Nahrung ziehen und denselben mei- stens gar nicht wieder herausziehen. Man sollte oft kaum glauben, dafs diese schildförmigen Hügel auf den Pflanzen wirkliche, lebende Thiere seien, indem sie ganz unbeweg- lich sind; doch sitzen sie auch noch lange nach ihrem Tode an den Pflanzen fest. Die Männchen sind klein und geflügelt und saugen nur im Larvenzustande. Die Eier werden von den Weibchen unter sich gelegt oder sie bleiben innerhalb des Bauchs und der Brust; erst mit dem Tode der Mutter kommen die Jungen zum Vorschein, sitzen aber noch unter dem alten abgestorbenen Schilde derselben bis die Larven auskriechen. Auch von dieser Gattung giebt es eine grofse Menge von Arten, die stets sehr bestimmt immer nur gewissen Arten von Pflanzen angehören, und nach diesen benannt werden. Die gewöhnlichsten in unsern Treibhäu:sern sind: Die Orangen-Schildlaus (Coccus hesperidum L.), die grofse Pfirsich-Schildlaus (Coccus Persicae Sehr.) und die Wein- Schildlaus (Coccus Vitis Sehr.). Auch an alten Stämmen der Rosen kommt eine eigene Art von Schildläusen vor und der Oleander pflegt im Winter in den Gewächshäusern gar häufig von einer andern Art besucht zu sein. Die Vertreibung der Schildläuse ist viel schwieriger als die der gewöhnlichen Blattläuse, indem sie weder durch 55 Taback'sdampf, iiocli durch Bespritzen mit einem Tabacks- Decoct getödtet werden ; es bleibt zur radikalen Vertreibung der Schildläuse kein anderes Mittel übrig, als das Abbür- sten derselben vermittelst einer Bürste oder eines Pinsels. Die abgebürsteten Schildläuse müssen sorgfältig getödtet werden, indem die Jungen umherkriechen und auf andere Gewächse gehen. Der Nachtheil, den die Schildläuse den Gewächsen verursachen, ist gewifs nicht so grofs, als derjenige der Blattläuse, obgleich es ausgezeichnete praktische Gärtner giebt, welche glauben, dafs die Schildläuse im Stande seien durch Aussaugen der Säfte die Pflanzen zu tödten. Ein kränkelndes Ansehen erhalten allerdings dergleichen Bäume und Sträucher, welche sehr stark mit Schildläusen bedeckt sind. Wie bekannt gehört das Cochenille - Insekt und viele andere, welche eine carmoisin- oder scharlach- rothe Farbe liefern, ebenfalls zu den Schildläusen. Die echte Cochenille kommt von Coccus Cacti, welche in Mexico auf verschiedenen Opuntien lebt und gegen- wärtig sogar in verschiedenen Ländern auf diesen Pflan- zen künstlich gezogen wird. Die Weibchen dieser Thiere sijid mit einem dicken, weifsen Staube bedeckt und kom- men oft in so grofser Menge vor, dafs ganze Zweige da- mit dicht bekleidet sind, aber man sieht es wenigstens der Pflanze nicht sehr an, dafs sie dadurch kränklich oder gar getödtet werden könnte. Die Acariden. Die Acariden sind kleine, spinnenartige Thierchen, von denen viele auf lebenden Pflanzen vorkommen und diesen oftmals grofsen Nachtheil zufügen. Sie sitzen ge- wöhnlich auf Pflanzen mit zartem, weichem Laube und nehmen auf denselben vorzüglich die untere Fläche der Blätter ein, welche allmählich mit einem feinen Gespinnste bezogen wird. Aber nicht nur auf den Blättern kommen diese so schwer zu vertreibenden Thierchen vor, sondern auch auf andern Organen und nicht selten werden Blüthen 56 und weiche, reife Früchte, wie z. B. Erdbeeren u. s. w. von ihnen befallen. Es giebt zwar viele Arten dieser Fa- milie, von denen viele nur besondern Pflanzen anzugehören scheinen, aber die meisten sind in den Gärten unter dem gemeinschaftlichen Namen der rothen Spinne (Acarus telarius L. Tetranychus telarius Dmg.) bekannt. Diese kleinen und häfslichen Thiere, welche mit den Käse-Mil- ben u. s. w. in eine und dieselbe Gruppe von Thieren gehören, können sehr grofsen Schaden veranlassen und sind ungemein schwer zu vertilgen wo sie sich einmal eingenistet haben. Die Thiere leben meistens nur auf der untern Fläche der Blätter und nisten daselbst unter einem sehr feinen Gespinnste ; sie haben Saugrüssel, mit welchen sie die zarten Flächen der Blätter anstechen, dieselben aussaugen und sie so allmählich zum Absterben bringen. Man kann es den Blättern gewöhnlich schon auf der obern Fläche ansehen, wenn auf der untern die rothe Spinne sitzt; waren die Blätter noch sehr jung, als die Spinne auf denselben erschien, so pflegen sie an denjenigen Stel- len, welche davon befallen sind, sich zu kräuseln und mifsfarbig zu werden; aber auch die altern Blätter wer- den sehr bald ihr schönes Grün verlieren, wenn sie von den Spinnen befallen werden. Die meisten solcher Blät- ter werden auf der Oberfläche gelb und zwar fängt die Entfärbung mehrentheils von der Mitte aus an und zieht sich nach dem Umfange hin ; manche Blätter werden gelb- lichröthlich und viele auch bräunlich entfärbt und mehr oder weniger ganz trocken. Es ist ganz augenscheinlich, dafs solche Blätter nicht mehr ihren Functionen vorstehen können, dafs sowohl die Respiration als die Transspiration derselben mehr oder weniger gänzlich unterdrückt ist, dafs demnach die Pflanzen dadurch sehr leiden und die Blätter selbst endlich abfallen. In freier Natur leiden die Gewächse nur selten durch diese Milben, iu den Gärten aber und auch in den Stuben sind sie oftmals unüberwindlich. Ganz besonders häufig werden solche Pflanzen von diesen. Thieren befallen, welche 57 an Spalieren, an Mauren und an Stangen gezogen werden, wo es den Pflanzen oft an gehörigem Luftzug, an Zutritt der Sonne und des Regens von versclüedenen Seiten her fehlt. Dieses ist denn auch bei den Blumen, die in unsern Stuben gezogen werden, gewöhnlich der Fall und daher werden diese denn auch nicht selten Yon jenen lästigen Thieren besucht. Die Vertilgung der rothen Spinne ist sehr schwer auszuführen. Hat sie grofse Pflanzen ergriffen und sich weit über dieselben ausgedehnt, so ist es ganz unmöglich gegen dieselbe radikal einzuschreiten, bei kleineren Ge- wächsen dagegen, besonders bei solchen, die einzeln stehen, kann man dieselbe versuchen und es gelingt um so besser, je früher man es anfängt. Anwendung von Ta- backsdampf. Bestreichen oder Abwaschen mit Tabacks- Decoct und Bestreuen mit pulverisirtem Taback, was sich Alles gegen die Blattläuse so vorzüglich wirksam zeigt, hilft durchaus gar nichts gegen die rothe Spinne. Es bleibt nichts übrig, als die Pflanzen vollkommen zu rei- nigen, die Stengel und jedes einzelne Blatt genau abzu- bürsten, stark zu begiefsen oder häufig bewegen zu lassen, uiid dann dieselben recht luftig zu halten. Auch zeigt sich als ein ziemlich empfehlungswerthes Mittel das Be- streuen der mit Milben bedeckten Blätter mit fein gepul- vertem Schwefel, dessen Geruch diese Thiere nicht zu vertragen scheinen; es ist übrigens oft sehr schwer, den Schwefel überall anzubringen und ein oberflächliches Be- streuen der Pflanze mit gepulvertem Schwefel hilft oft ganz und gar nichts. Auch verschiedene Räucherungen hat man zur Vertreibung der rothen Spinne anempfohlen und vor allem die Räucherung mit Schwefelblumen und Federn, mit Lorbeerblättern u. s. w. Die Räucherungen mit Schwefel sind aber gänzlich zu verwerfen, denn die schweflichte Säure, welche sich hiebei entwickelt, ist den Pflanzen-Organen, welche der Respiration vorstehen, durch- aus tödtlich und sicherlich sind auch schon manche Blumen- Cultivateurs durch die Anempfehlung des Schwefels gegen 58 die Spinne verleitet worden und haben sich dadurch diese oder jene Pflanze getödtet. Ich selbst habe Versuche an verschiedenen Pflanzen unter Glasglocken angestellt, unter welchen kurz vorher eine kleine Menge von Schwefel ver- brannt war, und da sah ich denn auch zu meiner Bestür- zung, dafs die Pflanzen dadurch in Zeit von 3 Minuten getödtet wurden, so dafs sie sogleich eine gelbliche Farbe annahmen und die Blätter hängen liefsen, worauf später, wenn die Pflanzen (nämlich krautartige!) auch sogleich wieder hervorgenommen waren, auch die Stengel umfielen. Hierauf nahm ich andere, ausgewachsene Pflanzen mit zar- ten Blättern, als einige Exemplare der Vicebohnen und Balsaminen, stellte dieselben für die Dauer einer einzigen Minute unter eben dieselbe Glasglocke, aber auch in dieser kurzen Zeit wurden sie von der schweflichten Säure getödtet, doch fielen die Stengel erst am folgenden Tage ein. Von den Verletzungen der Pflanzen, welche die Insekten behufs der Fortpflanzung aus- führen. Wir haben im vorhergehenden Abschnitte die Ver- letzungen der Pflanzen erwogen, welche die Insekten be- liufs ihrer Ernährung veranlassen und wir haben dabei kennen gelernt, dafs diese Verwundungen den Gewächsen nur alsdann schädlich sind, wenn sie in zu grofser Anzalil auftreten und dadurch den Pflanzen die wichtigsten Theile zerstören, die zu ihrem ferneren Wachsthum unumgäng- lich nötliig sind. Diejenigen Verletzungen aber, welche die Insekten behufs ihrer Fortpflanzung ausführen, sind von ganz eigenthümlicher Art; es sind wahre äulsere Krank- heiten, welche in Folge dieser Verletzungen entstehen und sie stellen sich dar, als blofse Verkrüppelungen, als An- schwellungen oder als fleischige Auswüchse von mannig- faltiger Form. Die ausgezeichnetsten Folgekrankheiten sol- cher Verletzungen durch Insekten sind die Fleischgewächse oder sogenannten Gallen. Hier wird es besonders deutlich, 59 dafs durch die Verletzung oder durcli den Stich, welclien das Insekt verursacht, in dem verwundeten Organe ein Reiz veranlafst wird, in dessen Folge die ßildungsthätig- keit eine abnorme Richtung anöimmt; es entstehen An- schwellungen durch Wucherung des Zellengewebes an der verletzten Stelle und, was dabei das auffallendste ist, diese Wucherungen nehmen eigenthümliche, mehr oder weniger regelmäfsige und auffallende Gestalten an, welche sich ganz nach der Art des Insektes richten, durch welches dieselben veranlafst werden, d. h. jedes Insekt veranlafst derglei- chen Anschwellungen und Ver kriippelungen von eigenthümlicher Form. Diese letzte Erscheinung ver- dient unsere höchste Aufmerksamkeit, und man hat auch schon verschiedene Vermuthungen ausgesprochen, um das höchst Auffallende derselben zu erklären. Mir scheint es aber,N dafs uns hier alle Erklärungen verlassen, und dafs Bewunderung anstatt der Erklärung eintreten mufs. Die Insekten, welche die Pflanzen behufs ihrer Fortpflanzung verletzen und dadurch Auswüchse veranlassen, führen die- ses mit einem besondern Stachel aus und legen hierauf ihre Eier in die Verletzung hinein. Sogleich erfolgt eine Anschwellung an dieser verletzten Stelle; es wuchert das parenchymatische Zellengewebe, es treten Auftreibungen hinzu und das verletzte Organ nimmt, je nach der Art des Insekts, die mannigfaltigsten Deformitäten an. Das Ei, welches in die verletzte Stelle hineingelegt ist, mufs einen anhaltenden Reiz auf die nächste Umgebung ausüben; durch diesen geschieht ein stärkerer Saftandrang und da- durch zugleich vermehrte örtliche Bildung, welche sich in Wucherung des parenchymatischen Zellengewebes zeigt. Vielleicht wird auch mit dem Stiche, welchen das Insekt veranlafst, ein eigner Saft in die Wunde ergossen und dieser Saft wirkt dann vielleicht reizend auf das zunächst liegende Zellengewebe, wodurch Andrang des Saftes und Wucherung des Zelleugewebes entsteht. Wenn auf diese Weise auch die Ursache der Wucherung und der dadurch hervorgehenden Deformitäten erklärt wird, so wissen wir 60 doch keine Gründe fiir die specifische Form anzugeben, welche die Deformitäten, je nach der Art des sie veran- lassenden Insektes annehmen, und hierüber müssen wir uns also ähnliche Vorstellungen machen, wie diejenigen, durch welche wir uns die Entstehung der Vaccine in Folge der Einimpfung u. s. w. u. s. w. zu erklären suchen. (3) Die Insekten, welche die Deformitäten und Auswüchse der Pflanzen verursachen, gehören den verschiedensten Gattungen an und nur von wenigen ist bisher ihre ganze Lebensweise bekannt; es wäre aber höchst interessant, wenn wir auch über diesen Gegenstand unsre Kenntnisse reichlich vermehrten. Mit besondrer Vorliebe sind in den letztern Jahren die Pflanzenauswüchse, welclie durch In- sekten-Verletzungen veranlafst werden, von Herrn Dr. Ham- merschmidt*) bearbeitet, und die Lebensweise von vielen Insekten, welche diese oder jene Auswüchse oder Defor- mitäten veranlassen, genau beobachtet und beschrieben. Diese Arbeit des Herrn Hammerschmidt ist so ausgezeich- net, dafs sich schwerlich wesentliche Veränderungen oder Verbesserungen an derselben machen liefsen und daher mir, obgleich ich selbst ebenfalls eine grofse Anzahl von solchen Afterbildungen der Gewächse beobachtet habe, nichts weiter übrig bleibt, als die Darstellung dieses Ge- genstandes fast ganz nach der angeführten vortrefi'lichen Arbeit zu geben, wobei ich nur noch den Wunsch aus- drücken mufs, dafs Herr Hammerschmidt der Wissenschaft recht bald die speciellere Beschreibung der grofsen Menge der von ihm beobachteten Pflanzenauswüchse u. s. w. über- geben möge. Sehr richtig sagt Herr Hammerschmidt (a. a. O. p. 34) dafs die Ausbildung der Pflanzenauswüchse (Excrescentiae) um so vollkommner wird, als sich der abnorme Bildungs- trieb Verstärkt, und die Vervollkomumiuig dieser After- organisationen stehe mit der Erhöliung des abnormen Bil- *) S. die Allgemeine Oeslcrrelchischc Zeitschrift für den Land- "wirtli, Forstmann und Gärtner. X. Jahrgang 1838. p. 35 etc. 6t dungstriebs in geradem aber mit der Erhöhung des nor- malen Bildungstriebes in umgekehrtem Verhältnisse. Nach den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche die Formen dieser Auswüchse aufzuweisen haben, theilt Herr Hammer- schmidt dieselben ein in: Verkriippelungen (Peromata), in Anschwellungen (Oedemata), Auftreibungen (Emphymata), Fleischgewächse (Sarcomata) und in Gallen (Gallae), wel- che wieder nach den verschiedenen Graden ihrer Ausbil- dung in mehrere Unterabtheilungen zerfallen, die wir hier specieller aufführen: 1) Verkrüppelungen (Peroraala). Zu den Verkrüppelungen gehören die verschieden- artigsten Gebilde, welche durch den Stich verschiedener Insekten, meistens von Blattläusen, verursacht w^erden, aber noch ohne bestimmte, sich stets gleichbleibende Form sind. Die verschiedenen Formen, unter welchen sich die Verkrüppelungen darstellen, sind: 1) Aushöhlungen, Excavationes. 2) Umbeugungen, Inflexiones. 3) Zusanmienziehungen, Constrictioues. 4) Zusammenrollungen, Convolutiones und endlich 5) Umdrehungen, Contorsiones. Die 4 erstem Formen treten fast nur an den Blättern, die letztere an dem Stengel oder an den Blattstielen der verschiedenen Pflanzen auf. Die Aushöhlungen der Blät- ter entstehen entweder dadurch, dafs die Insekten die Eier in das Diachym der Blätter hineinlegen, und dafs die da-, selbst auskommenden Larven das umgebende Parenchym zwischen der Epidermis der obern und der untern Blatt- fläche ausfressen und eine Auftreibung der zurückbleiben- den Oberhaut veranlassen, oder es werden auch die Eier der Insekten nur an die Oberfläche der Blätter gelegt und die jungen Larven fressen sich alsdann in das Diachym derselben hinein. Die Umbeugungen, Zusammenziehungen und Zusam- menrollungen der Blätter, Blattstiele und Stengel, welche 62 hier als besondere Formen von Verkriippelungen auf- geführt sind, liefsen sich wohl von einer und derselben Ursache ableiten und zu einer einzelnen Gruppe von De- formitäten zusammenstellen, welche sich eigentlich nur nach dem Grade der Deformität unterscheiden. Diese Ver- krüppelungen kommen sehr häufig vor und die Umbiegun- gen an den Blättern erfolgen wohl fast immer in der Art, dafs die obere Blattfläche die äufsere, die untere dagegen die innere der Krümmung bildet. Die Ursache hievon liegt darin, dafs die Insekten, welche diese Deformitäten veranlassen, auf der untern Fläche der Blätter sich auf- halten, hier das zartere Zellengewebe verletzen, wodurch dieses in dem Wachsthume stehen bleibt, oder wohl gar verkümmert, während das Zellengewebe der obern Blatt- fläche in Folge des durch die Verletzung verursachten Reizes zu wuchern anfängt und dadurch nothwendig Krüm- mungen der Blätter nach der untern Fläche entstehen müssen. Besonders aufi'allend sind die Contorsionen an jungen Stengeln und besonders an Blattstielen. Sie nehmen zu- weilen eine sehr regelmäfsige Spiralform an und zeigen mitunter über 2 und selbst bis 3 vollständige Windungen. Macht man diese zusammengewundenen Blattstiele ausein- ander, so findet man die Blattläuse eingeschlossen, welche diese Zusammenziehungen veranlafst haben. Schon am Schlüsse des letzten Abschnittes handelte ich von den nachtheiligen Einflüssen, welche das Vorkom- men der Blattläuse auf den Blättern der Pflanzen verur- sacht, und dort haben wir auch kennen gelernt, dafs fast alle jungen Blätter, wenn sie stark mit Blattläusen befallen werden, entweder in ihrer Entwicklung ganz zurückblei- ben oder wenigstens die verschiedenartigsten Deformitäten erleiden. Solche krause , mit starken Auftreibungen und Bullositäten versehene Blätter sind etwas sehr gewöhn- liches und diese Deformitäten grenzen unmittelbar an die Umbeugungen, Zusammenziehungen und Zusammenrollun- gen, von welchen hier bei den verschiedenen Formen der Verkrüppelungen die Rede ist. 63 2) Anschwellungen. Oedemata. Die Anschwellungen zeichnen sich von den blofsen Verkriippelungen durch einen stärkern eignen Bildungstrieb aus, obgleich auch sie noch in keiner beständigen oder überhaupt auch nur bestimmbaren Form auftreten; die normalen Bildungen haben noch immer die Oberhand, aber die Grade, in welchen dieselben durch das Auftreten der Afterorganisation gestört werden, geben die Charaktere zur Aufstellung der verschiedenen Stufen von Anschwel- lungen. Als solche bezeichnet Herr Hammerschmidt fol- gende : 1) Anschwellungen ohne wesentlichen Einflufs auf den Bildungstrieb und ohne alle bestimmte Form; hiezu wer- den gerechnet: a. die Warzen, Verrucae, welche an den Früchten der Birnen, Aepfel, Pflaumen und an den Blättern des Weinstocks, des Pflaumenbaums u. s. w. vorkommen. b. die^Muttermäler, Naevi, welche an den Früchten des gewöhnlichen Kern- und Steinobstes sitzen. 2) Anschwellungen mit theilweisem Einflüsse auf den Pflanzenbildungstrieb, aber ebenfalls noch ohne bestimmte Form. Hiezu werden die Verknöterungen , Tubera, ge- braclit, welche sich am Stamme, am Stengel, am Fruchtknoten und selbst an den Saamen zeigen. Die Knoten am Stamme und Stengel sind gewöhnlich mit sehr regelmäfsiger Blatt- bildung begleitet, wenn dieselbe allerdings auch nicht so üppig auftritt wie im normalen Zustande; diese Knoten- bildungen sind aber nicht mit der Maserbildung zu ver- wechseln, sondern entstehen meistens dadurch, dafs die In- sekten ihre Eier unter die Epidermis des Stengels legen. 3) Anschwellungen mit theilweisem Einflufse auf den Pflanzenbildungstrieb, wobei letzterer gestört erscheint, daher die Afterorganisation selbst sich schon iup einer be- stimmten Form darstellt. Hiezu werden zwei sehr bekannte Mifsbildungen ge- zählt, nämlich: 64 1) die Zapfenrosen, Squamationes und 2) der Pflanzenzopf, Plica. Hier ist der normale Bildungstrieb meistens schon so stark gestört, dafs die Blatt- und Blütlienbildung entweder sehr zurückbleibt oder doch eine ganz fremdartige Form darstellt; die Blätter bleiben klein und reihen sich rosen- oder zopfartig um die Anschwellung der verletzten Sten- gel. Die Zapfenrosen, wie auch der Wirrzopf, sind be- kanntlich bei den Weiden-Arten gar nicht selten ; sie kom- men in manchen Jahren sehr häufig vor und einzelne Bäume werden dadurch mitunter recht sehr entstellt, wie ich es im auffallendsten Grade an einer Trauerweide beobachtet habe. Der Wirrzopf befällt die Blattknospen wie die gan- zen Blüthenknospen, und die dadurch hervorgehenden De- formitäten nehmen höchst eigenthümliche, sich aber immer wiederholende Formen an; ebenso verhält es sich mit den Zapfenrosen, welche nur die Blattknospen umgestal- ten. Die Entstehung dieser oftmals sehr auffallenden De- formität ist folgende: das Insekt (Cynips strobili, die^ Wei- denrosenfliege) sticht mit dem Legestachel in die Knospe, und diese bleibt dadurch zurück; der Stengel, der sonst daraus hervorgegangen wäre, kommt nun wenig oder gar nicht zur Entwicklung, während sich die Blätter ausbilden und dadurch rosenartig zusammengehäuft erscheinen. Die Zapfenrosen, welche so häufig an unsern Rosen- sträuchern entstehen, werden durch die Rosengallenfliege (Cynips Rosae) veranlafst, welche ihre Eier in grofser Menge in die zarten Blüthenknospen hineinlegen, wodurch der ganze Trieb zu einer dicken, selbst faustgrofsen, flei- schigen Masse anschwillt, welche auf ihrer Oberfläche mit zottigen Haar-ähnlichen Läppchen bekleidet ist, die an- fangs eine grüne, später eine gelblich grüne, ja selbst eine röthliche Farbe annehmen. Diese Zapfenrosen der Rosensträucher nennt man Rosen schwamm, Schlaf- apfel und gewöhnlich Bedeguar. Mitunter giebt es Fälle, wo dergleiclien Zapfenro- sen sich unmittelbar an wahre zusanmien gesetzte Gallen 65 "" anreihen, über welche erst später die Rede sein wird, und dahin ist denn eigentlich auch schon der Rosenschwamm zu rechnen. 3) Blascnförmigc Auftreibungen. Emphymata. Die blasenfönnigen Auftreibungen gehören schon zu den auffallenden Afterorganisationen, bei welchen in dem verletzten Pflanzentheile die normale Bildung gänzlich unterdrückt ist; sie treten auf, wie es der Name sagt, in Form von blasenartigen Auftreibungen, die im Innern hohl sind und die junge Brut der Insekten enthalten. Sie sind das Produkt höchst eigenthiimlicher Wucherungen der verletzten Pflanzentheile, indem sich in jeder derarti- gen Bildung ein eigner specifisch determinirter Bildungs- trieb darthut. Herr Hannnersclimidt theilt die Auftreibungen ein in: I. Blasenförmige Auftreibungen, Emphymata bullaria, auch Pemphyga oder Blasengeschwiilste genannt, welche wieder, ilirer Gröfse nach in Bläschen, Papulae und in Blasen, Bullae zerfallen. IL Sackförmige Auftreibungen, Emphymata bursaria^ auch Balggeschwülste genannt, welche sich von ersteren nur durch dickere Wände unterscheiden, und diese zerfallen wieder in längliche, oder zugespitzte Balggeschwülste, so- genannte Fleischzapfen, und in sackförmige Balggeschwülste, Bursae, Sackge- schwülste genannt, die sich besonders durch ihre Gröfse und durch die Festigkeit und Dicke der Wände der Folliculi unterscheiden. Diese blasenfönnigen Auswüchse kommen alle meisten- theils auf den Blättern und zwar auf der obern Fläche derselben vor, doch sind sie auch auf den Stengeln zu finden; sie kommen so häufig vor, dafs wir nicht nöthig haben dergleichen näher aufzuführen; sie werden meistens von Blattläusen veranlafst, von welchen viele, wie wir es schon früher pag. 49 anführten, im Innern der Pflanzensubstanz Meyen, P.ilhologic. 5 • 66 leben und sich fortpflanzen. Sind blofs die Blätter mit solchen blasenförmigen Aiiftreibungen bedeckt, so kann man weiter keinen nachtheiligen Einflufs wahrnehmen, wel- chen diese Bildungen etwa auf den Gesundheits-Zustand der damit behafteten Pflanzen ausüben; man kann gar häufig sehen, wie die Blätter unserer Ulmen, der Haselnufs- Sträucher u. s. w. über und über mit Fleischzapfen oder mit Sackgeschwülsten bedeckt sind, welche mitunter eine bedeutende Gröfse annehmen und meistens auf der Ober- fläche schön roth gefärbt werden, aber dessen ungeachtet stehen diese Bäume und Sträucher eben so üppig als ganz gesunde. 4) Fleiscligewä clise. Sarcomata. Zu dieser Art von Auswüchsen rechnet Herr Ham- merschmidt diejenigen Gebilde, welche sich durch fleischige Anschwellungen verschiedener Pflanzentheile characterisiren, die aber in viel regelmäfsigeren und bestimmteren Formen auftreten, als die Anschwellungen oder Oedemata. Während dort eine blofse unregelmäfsige Verknöterung stattfindet, bleibt die Form, in welcher diese Fleischgewächse erschei- nen, selbstständig, wiederholt sich auf denselben Pflan- zentheilen gleichförmig und bildet durch die Gröfse und Form ihrer Aftergebilde den nächsten Uebergang zu den Gallen, von welchen sie sich übrigens wieder durch ihre fast fleischige Substanz und durch den Umstand unter- scheidet, dafs bei den Gallen das Zellengewebe um die von den inwohnenden Insekten gebildeten Höhlen sich stärker contrahirt, dichter wird und einen Kern bildet, was bei den Fleischgewächsen nicht der Fall ist. Die Sarcomata bestehen aus einem dichten und mei- stens strafften Zellengewebe, wobei sie oft eine bedeutende Härte annehmen; sie werden mitunter sehr grofs und wir- ken höchst störend auf die ganze Entwicklung derjenigen Theile, welche damit versehen sind. Die Sarcomata werden wiederum eingetheilt in: I. sackartige Fleischgewächse, Sarcomata 67 ^ biirsaria, welche am Fruchtknoten oder Blüthenkelche auf- treten und den nächsten Uebergang von den wahren Sack- geschwülsten darstellen. Die Fleischgeschwulst ergreift zunächst die von dem Insekt verwundete Stelle des Fruchtknotens oder des Kel- ches, doch sehr bald werden auch die zunächst liegenden Theile mit in diese Deformität hineingezogen und es ent- steht endlich eine balgartige oder sackförmige Geschwulst, welche sich durch dicke, feste und fleischige Wände aus- zeichnet. Herr Hammerschmidt sah diese Fleischgewächse an den Fruchtknoten von Echium vulgare, Ononis ar- vensis, Verbascum Thapus, Lotus corniculatus, Antirrhinum Linaria und Veronica Beccabunga. U. Knotige Fleischgewächse, Sarcomata tuber- culata. Sie zeichnen sich von den vorigen durch gröfsere Harte und regelmäfsigere Form aus; sie treten auf am Frucht- knoten und Kelche, wie bei Trifolium (Melilotus), Scro- phularia nodosa, Teucrium montanum, T. Chamaedrys und Galium verum, ferner an der Frucht selbst, wozu die Frucht von Prunus domestica als Beispiel angeführt wird, welches aber nicht recht zu passen scheint. Die beglei- tende Abbildung zeigt jene bekannte schotenförmige Ver- längerung der Pflaume, welche sich vielleicht besser an einen andern Ort stellen liefse. Auch an den Stengeln sind diese knotigen Fleischgewächse beobachtet, z. B. bei Betula alba und endlich auch an den Blättern einiger Pflan- zen, als der Achillea millefolium und Cornus sanguinea. HL Abgerundete Fleischgewächse, Sarco- mata subrotunda. Diese Auswüchse reihen sich unmittelbar an die Gal- len und unterscheiden sich von diesen nur durch den feh- lenden Nucleus; sie kommen vor am Fruchtknoten, am Stengel, an der Wurzel und an den Blättern, sind bei einer grofsen Menge von Pflanzen beobachtet und auch häufig in ihrem Vorkommen. Herr Hammerschmidt (a. a. O. Tab. HL) hat dergleichen Fleischgewächse von verschiedenen 5* <* 68 Pflanzen abgebildet, als von Sisymbrium Loeselii (am Frucht- knoten sitzend) (Fig. 19), von Serratula arvensis, wo diese abgerundete Fleischgeschwulst am Stengel iiaftet, (Fig. 20). Ferner dergleichen Fleischgeschwiilste, welche an der Wur- zel von Sinapis arvensis sitzen (Fig. 21) und endlich solche, welche auf den Blättern von Salix vitellina vor- kommen (Fig. 22). Diese Fleischgewächse an Serratula arvensis werden nach Herrn Hammerschmidt's Beobachtun- gen durch Trypeta flexuosa veranlafst; die Eier werden in die Endtriebe gelegt und es entstehen Auswüchse, wel- che oft '2 Zoll lang und 1 Zoll dick, und an beiden Enden zugespitzt sind; im Innern sitzen 8 — 10 Larven in beson- dern Zellen, welche sich zu Puppen umwandeln. Diese Auswüchse sind bei Wien sehr häufig, kommen aber auch bei Berlin nicht selten vor. Die Auswüchse an den Wurzeln werden durch Cleopus- Larven verursacht; Cleopus affinis auf den Wurzeln der Sinapis arvensis, und Cleopus Linariae auf der Leinkraut- W^urzel u. s. w. Hieher gehört dann auch die auffallende Anschwellung, welche mitunter die W^urzeln unsrer gemei- nen Weifskohl -Pflanzen befällt und gleichfalls durch den Stich eines Insektes veranlafst wird, dessen Larven sich in grofser Zahl in jeder solcher angeschwollenen Wurzel zeigen. Diese Verletzungen sind den Kohlpflanzen tödt- lich, denn es schwillt die ganze Wurzel zu einer eiförmi- gen, mit mehr oder weniger grofsen Warzen und Aus- wüchsen versehenen Knolle an ; es entwickeln sich aber keine Wurzel-Zasern und die Folge davon ist der Tod der Pflanze in Folge von Nahrungsmangel. 5) Die Gallen oder Galläpfel. Gallac. Die Gallen sind die vollkommensten Auswüchse, wel- che durch Insekten hervorgerufen werden. Sie haben meistens eine runde, oft höchst regelmäfsige Form, sind von einer eigenthümlichen, festen, im Alter oft sehr har- ten Substanz und die innere Fläche der Wohnung des In- sektes ist mit einer eigenthümlichen festern Hülle aus- 69 gekleidet, welche durch ein dichteres Auftreten des Zelleii- gewebes veranlafst wird. Die Gallen kommen an den Blättern, Stielen, Blü- then, Früchten, Knospen und am jungen Holze vor. Sie werden durch den Stich der Gallwespen verursacht, wel- che eine eigne, genau zu trennende Abtheilung der Ader- flügler bilden, und sich durch die Art ihrer Fortpflanzung, welche im Innern von verschiedenen Pflanzentheilen oder den darauf entstehenden Gallen geschieht, von den Schlupf- wespen unterschieden. Dergleichen Auswüchse, welche wir hier unter Gallen verstehen, sind bekanntlich sehr häufig. Sie kommen auf den verschiedensten Pflanzen vor und zeigen die mannig- fachsten Formen, nach welchen sie wieder in Unterabthei- lungen gebracht werden können. Es ist aufi'allend, dafs einer unserer gewöhnlichen Waldbäume, nämlich die Eiche, ungemein reich an den verschiedenartigsten Gallen ist und da wir sehr bestimmt wissen, dafs jedes Insekt der Art zur Ausbildung seiner Brut eine ganz eigenthümliche Art von Gallauswüchsen erzeugt oder hervorruft, so sehen wir hieraus, dafs die Eichen eine sehr grofse IMenge von schädlichen Insekten aufzuweisen haben. Herr Hammer- schmidt giebt an, dafs er an den Eichen mehr als 50 Gat- tungen der verschiedensten Auswüchse beobachtet habe und in dem vortrefi'lichen Buche über die Krankheiten der Wald- und Gartenbäume, welches wir schon oft citirt haben, hat Anonymus eine ganze Reihe von solchen Gal- len, welche auf den Eichen vorkommen, näher beschrieben, die ich hier in aller Kürze aufi'ühre. 1) Die Eichenbeere; es sind kleine, durchsichtige Galläpfel auf der untern Seite der Eichenblätter, welche die Gröfse der Erbsen und das Ansehen einer Beere haben. Das Insekt, welches diese Galle verursacht, heifst Cynips queren s baccarum. 2) Die grofse gemeine Gallnufs, welche eben- falls auf der untern Seite der Blätter unsrer gewöhnlichen 70 Eichen entstellt und durch Cynips foliorum quercus verur- sacht wird. 3) Die Rothnufs; kleine braune Galläpfel, häufig einzeln, paarweise oder auch zu dreien auf der untern Fläche aller Blätter der Gallenzwergeiche vorkommend und durch Cynips quercus inferus hervorgerufen. 4) Die Stielnufs; sie sitzt hauptsächlich an den Stielen der Blätter, aber auch an den Blättern und den jungen Trieben selbst; sie bildet hohle, ungleich aufge- triebene Mifsgewächse , hat nicht immer einerlei Gestalt, kommt in manchen Jahren an der 2 — 3jährigen Saat sehr häufig vor und wird durch Cynips petioli quercus verursacht. 5) Das Blüthennüfschen; es kommt an den Stie- len der männlichen Bliithenzäpfchen vor, an welchen mehrere als kleine erbsenförmige Gewächse einzeln oder in dicht neben einander stehenden Trauben hängen und durch Cy- nips pedunculi quercus verursacht werden. 6) Das Rindenbecherchen; es wird durch Cynips quercus corticis hervorgerufen und an der Eichenrinde in Gestalt der Becherschwämme gefunden. 7) Die Gallnufs; ein weifser, wolliger Gallapfel, der an den Aesten der Eiche vorkommt und durch Cynips ramuli quercus verursacht wird. 8) Der Schuppenapfel; er wird an den Endknos- pen der Eichen in Gestalt kleiner Artischocken angetroifen und durch Cynips quercus gemmae verursacht; nahe ver- wandt hiemit ist 9) Die Apfelgalle, welche an den Enden der Zweige junger Eichen entsteht und durch Cynips quercus termi- nalis verursacht wird. 10) Die Knoppern; sie sitzen an den Fruchtkel- chen und werden durch die Knopperfliege, Cynips calycis quercus verursacht u. s. w. u. s. w. Herr Hammerschmidt (a. a. O. pag. 86) theilt die Gal- len ein in: I. Schildgallen, Gallae disciformes. Sie kommen an d^n Stengeln, den Blattrippeu und 71 an den Blättern vor, und es werden als solche genannt: Galla scapluformis quercus, G. pilosa quercus Cerris, G. pilosa quercus roboris, G. umbilicata quercus, G. sericea, G, unciformis, G. Ulini campestris und G. nummismalis quercus. II. Bedeguare, Gallae bedeguariae. Diese grofseu, auf der Oberfläche mit Zotten und Haaren dicht befilzten Auswüchse, sind entweder einfach oder zusammengesetzt; vom ersteren Falle giebt die Eiche, vom zweiten der Rosenstrauch ein Beispiel. III. Knorrengallen, Gallae tuberculatae. Sie sind theils einfach, tlieils zusammengesetzt; im erstem Falle ist immer nur eine Larve in jedem Auswüchse, im zweiten dagegen besteht der Auswuchs aus mehreren Zellen und in jeder einzelnen Zelle kommt ein Insekt zur Ausbildung. Hieher gehören die verschiedenen Arten von Galläpfeln, welche aus verschiedenen Ländern zu uns in den Han- del kommen. IV. Spitzgallen, Gallae conoideae. Sie haben eiue konische oder an beiden Enden zu- gespitzte Form und kommen am Stengel wie an den Blättern vor. V. Kugelgallen, Gallae subglobosae. Auch diese sind einfach oder zusammengesetzt, sie erlangen zuweilen eiue sehr bedeutende Gröfse. Diese Kugel- oder Apfelgalleu kommen häufig auf den Eichen, aber auch auf unsern wilden Rosen, auf Glechoma hede- racea u. s. w. vor. V. Aussatz, Baumkrätze, Baumraude, Lebbra im Italienischen nach Re. Cryptogamische Schma- rotzer-Gewächse. Unter diesen so vielsagenden Namen haben die Schrift- steller gewisse Zustände der Bäume bezeichnet, welche ganz und gar nicht zu den Kranklieiten der Pflanzen ge- hören; man versteht darunter das Vorkommen von Moosen, 72 Flechten, Pilzen und verschiedenen Gewächsen auf der Rinde des Stammes der Bäume (Lebbra mucosa, L. lichenosa, L. fungosa und L. mista nach Re). Allerdings herrschen schon seit langer Zeit zwei verschiedene Ansichten über das Vorkommen der genannten Cryptogamen auf der Rinde der Bäume ; nach der einen ist das Vorkommen derselben die Folge eines krankhaften Zustandes der Bäume und nach der andern w^ird der kränkelnde Zustand der Bäume gerade durch das Vorkommen der Moose, Flechten u. s. w. veranlafst. Heutigen Tages dürfen wir indefs keiner von diesen beiden Ansichten die vollständige Zustimmung geben, denn wür werden alsbald sehen, dafs es sich hiemit oft- mals noch ganz anders verhält. üafs die Moose und die Flechten aus Saamen her- vorgehen und auf keine Weise als Producte eines krank- haften Zustandes der Bäume zu betrachten sind, ist heu- tigen Tages eine ausgemachte Thatsache. Die Saamen der Moose, wie die der Flechten, sind ganz ungemein fein, werden von dem leisesten Winde umhergetragen, und entwickeln sich fast unter allen äufsern Verliältnissen, wenn nur ein gehöriger Grad von Feuchtigkeit dabei vor- handen ist. Ganz besonders gilt dieses von den Flech- ten, welche sich auf der rauhesten, wie auf der ebensten Oberfläciie der weichen wie der harten Körper entwickeln, doch pflegt es um so länger zu dauern, je härter und glätter die Oberfläche d^r Körper ist. Das Vorkommen der Flechten auf Felsen, selbst auf Basalten und auf po- lirten Marmorblöcken u. s. w. ist allgemein bekannt, und man hat sie sogar auf den Fensterscheiben alter Kirchen beobachtet; sie vegetiren auf den Rinden lebender Bäume, wie auf der Rinde abgestorbener; sie wachsen eben so wohl auf dem alten trocknen Holze der Zäune u. s. w., als auf dem faulenden Holze im Innern feuchter W^älder, und ihre Wiirzelchen sind so ungemein klein und zart, dafs ich dieselben gröfstentheils nur als Haftwurzeln be- trachten, aber unmöglich glauben kann, dafs sie allein es sind, durch welche diese Pflanzen ernährt werden; und 73 so müfste man schon aus diesem Grunde den Gedanken gänzlich aufgeben, als lebten diese cryptogamischen Ge- wächse von dem Nahrungssafte der Bäume, auf deren Rinde sie vorkommen. Ueberall auf der Oberfläche har- ter Körper, wo sich die Saamen der Flechten und der Moose anheften und zur Entwicklung gelangen, hatte auch schon vorher der Wind eine Menge von Staub angewor- fen, in welchem die feinen Wiirzelchen dieser Pflanzen haften und auch, so lange diese Substanz feucht ist, eine Masse von Nahrung ausziehen. Wer das Wachsen der Flechten in freier Natur oftmals beobachtet hat, der wird die Hygroskop icität derselben kennen; zwar scheint es, als wenn dieselben nur bei sehr feuchtem und regnigem Wetter wüchsen, aber selbst im heifsesten Sommer sind die Nächte selten so warm, dafs sich nicht etwas Thau bil- det, durch welchen diese Pflanzen erfrischt werden. Auf ilirer Oberfläche selbst bildet sich endlich eine Niederlage von allerhand Staub, dessen lösliche Substanzen mit der Feuchtigkeit des nächsten Regens durch die Oberfläche eingesaugt und zur Ernährung der Flechten benutzt wer- den. In dieser Weise erkläre ich mir die Ernährung der Flechten und bemerke nur noch, dafs der Antheil, wel- chen die atmosphärische Luft bei ihrer Ernährung hat, noch gänzlich unbekannt, aber wohl ebenfalls nicht zu bezweifeln sein möchte; daher ist es unglaublich, dafs das Vorkommen der Flechten und Moose die Säfte der Bäume ausziehe und auf diese Weise den Pflanzen, worauf sie sitzen , schädlich werde. Für diese Ansicht liaben frei- lich die Schriftsteller und eine Menge von Praktikern an- gegeben, dafs dergleichen Bäume, die stark mit Moos über- zogen sind, auch ein schlechtes W^achsthum zeigen, krän- keln und vor der Zeit altern,*) indessen, obgleich dieses besonders bei alten Garten-Bäumen, wirklich zusammen- trifft, so darf man diese Erscheinungen doch nicht von *) S, Zur Kenntnlfs der Krankheiten der Wald- und Garten- bäume u. 5. w. Leipzig 1795. pag. 329, 74 1 t einander ableiten; ich verweise defshalb auf die freie Na- tur. Man gelie hin in die feuchten Wälder unserer deut- schen Gebirgsgegenden, es ist nicht nöthig, dafs ich defs- halb auf die tropischen Wälder verweise, wo oftmals ein einzelner Baum so unendlich viel Flechten, Moose, Le- bermoose, Farrn und phanerogame Pflanzen mit den pracht- vollsten Blüthen beherbergt, dafs man damit schon ein niedliches Gärtchen bekleiden könnte. Man wird unmög- lich die prachtvollen Buchen und Eichen unserer Laub- wälder für kränkelnd erklären können, obgleich sie mit- unter, besonders in feuchteren Gegenden, über und über mit Flechten, Moosen und flechtenartigen Pilzen bedeckt sind. Mit welcher Ueppigkeit wachsen unsere Tannen in der Nähe der kleinen Wasserfälle des Riesengebirges und des Harzes, und wie sind sie mit Flechten und mit Moosen bedeckt! darf man hier von einem kränkelnden Zustande der Bäume sprechen? Es ist aber allerdings der Fall, dafs kränkelnde Bäume sich im Allgemeinen mit einer gröfsern Anzahl von Flech- ten und Moosen bedecken als ganz gesunde, die unter ähnlichen Verhältnissen stehen; dann aber ist es mit den Bäumen schon so weit gekommen, dafs einzelne Theile desselben schon abgestorben sind oder sich im Absterben befinden. An solchen Bäumen, besonders wenn ihre Rinde in normalem Zustande glatt ist, bemerkt man ein Zer- reifsen und Verderben der äufsern Rindenschichten, wo- durch dem Staube, den Saamen und der Feuchtigkeit be- sonders günstige Anhaltspunkte gegeben sind, und daher denn auch hier die Entwicklung der Flecliten und der Moose um so mehr begünstigt wird. Das beste Zeichen, diesen tiefen Krankheits-Zustand des Baumes zu erkennen, ist das Erscheinen der Pilze in grofser Anzahl, und be- sonders sind es einige, welche stets das Absterben der Bäume, oder wenigstens einzelner Theile desselben, wor- auf sie vorkommen, bezeichnen, als z. B. die Gattung Stilbospora, Tubcrcularia, einige Arten von Telephoren, Sphaerien u. s. w. Das Vorkommen einzelner grofser 75 Hutpilze auf der Rinde der Baume beweist keineswegs einen krankhaften Zustand derselben, denn ihre Saamen sind daselbst eben so zufällig herbeigekommen, als die der Moose und der Flechten; oftmals sieht man aber, dafs an einem gewissen Baume und an bestimmten Stellen immer wieder von Neuem gewisse Pilze hervorbrechen, wenn sie auch noch so oft abgebrochen und zerstört werden; die- ses pflegt dann daraufhinzuweisen, dafs jener Baum wenig- stens an der Stelle, wo die Pilze hervorkommen, sehr krank oder, wie gewöhnlich, wohl schon faul, d. h. abge- storben ist; hier hat sich in dem abgestorbenen Theile das Mycelium jener Pilze verbreitet, und von diesem aus gehen immer wieder von Neuem die Früchte hervor. Am schön- sten ist dieses an solchen alten Bäumen zu sehen, die grofse Astlöcher zeigen, in deren Tiefe bekanntlich das Holz des Baumes immer mehr und mehr abstirbt; aus sol- chen Löchern entwickelt sich nicht selten der grofse Po- h^orus squamosus, und wenn der Hut abgebrochen wird, so zeigen sich in dem nächsten Jahre sicherlich ein oder ~ mehrere neue. An gesunden Bäumen wird dagegen das Vorkommen der Flechten und der Moose durcli die äufsern Verhält- nisse bedingt. Sie kommen auf Bäumen um so seltener vor, je glatter und je trockener die Rinde derselben ist, denn Feuchtigkeit des Bodens ist eine Hauptbedingung für das Fortkommen jener niedern Pflanzen. So zeigen Bäume, welche ihre Stämme unmittelbar der Einwirkung des Son- nenlichts aussetzen müssen, nur sehr wenig Moose und Flechten, um so mehr dagegen solche, welche im Schat- ten stehen; ja selbst die Mitternachts - Seite der Stämme unserer Wälder ist fast immer stärker bemoost, als die andre Seite, w^eil sie stets länger feucht ist als diese, wo die Wärme der Sonne die Nässe sehr bald vertreibt. Selbst innerhalb der Tropen kann man, besonders an ein- zeln stehenden Bäumen, oftmals sehr auff'allend wahrneh- men, dafs gerade diejenigen Seiten, welche dem nafskalten Winde ausgesetzt sind, um vieles mehr mit Flechten, Moosen 76 und Lebermoosen bekleidet sind; in der südlichen He- misphäre ist dieses die südliche und die südwestliche Seite. Auf der Insel St. Helena sah ich in dieser Hinsicht ein sehr auffallendes Beispiel; die Insel liegt im Bereiche des Süd-Ost-Passat's und durch die kältere Luft auf den Höhen der Insel wird die Feuchtigkeit des Passat's niedergeschla- gen, so dafs es auf dem Plateau der Insel, wo das be- rühmte Long-Wood, der ehemalige Wohnsitz Napoleon's steht, allerdings sehr feucht ist. Hier nach Long-Wood führt eine Allee von Gummi-Bäumen (Conyza gummifera Roxb.) und die Stämme derselben waren auf der südlichen und südöstlichen Seite so stark mit lang herabhängenden und röthlich gefärbten Usneen*) bedeckt, dafs sie von Weitem ganz gelbröthlich gefärbt erschienen. Wir kommen also zu dem Schlüsse, dafs das häufige Vorkommen der Cryptogamen auf der Rinde der Bäume entweder einen kranken Zustand derselben andeutet, oder eine Folge der äufsern Verhältnisse ist; in dem erstem Falle wird die Entfernung derselben wenig oder gar nichts helfen, und in dem andern ist es gröfstentheils sehr gleich- gültig, ob man die IMoose, Flechten u. s. w. ruhig auf der Rinde wachsen läfst, oder ob man sie entfernt. Nur in solchen Fällen, wenn die Anhäufung der Moose sehr grofs wird, kann das Vorkommen derselben auf den Stannn des Baumes scliädlich zurückwirken, und zwar besonders bei solchen Bäumen, welche keine dicke Rinde besitzen, wie es gerade bei unsern Obstbäiunen der Fall ist. Bäume dagegen, die starke Borken entwickeln, wie z. B. die Bir- ken, Eichen, Fichten u. s. w., haben selbst durch die stärksten Anhäufungen von IMoosen wohl sicherlicli nur selten etwas zu fürchten. Die Ansicht, dafs die Moose und Flechten dadurch den Bäumen schädlich werden, dafs sie denselben die Nalu'ungssäfte entziehen, ist gänz- lich zu beseitigen, und der Scliaden, den sie veranlas- *) Usnc.i barbat.i var. rubiginca M. et F, in Nov. Act. Acad. Kai. Cur. XIX. Suppl. I. p. 210. 77 sen, wird riiir dadurch herbeigeführt, dafs sie das Regen- wasser und überhaupt die FeucJitigkeit an sich halten, wodurch endlich eine Faulnifs der Rinde entsteht, beson- ders in den Ritzen dicker Borken-Massen. Endlich geben sie auch einer Menge von Insekten und Würmern den passenden Boden zu ihrer Fortpflanzung u. s. w. Wird man aber wohl, wie ein tüchtiger Praktiker mit Recht sagt, defshalb den Bäumen die Blätter nehmen, weil sie einer noch weit gröfseren Menge von Insekten Nahrung und Aufenthalt gewähren? Bei dem Allen ziehen die meisten Praktiker gegen die Moose und Flechten auf den Rinden der Bäume zu Felde und zwar nicht nur in Obstgärten, sondern selbst auf freier Landstrafse. Man sieht, wie die Stämme der Chaussee- Bäume, selbst die gewöhnlichen alten Pappeln, mit der gröfsten Sorgfalt abgekratzt werden und dadurch ein so höchst unnatürliches Ansehen bekonnnen. Man wird mir erwidern , dafs dieses Geschmackssache sei ; aber ich bin der Meinung, dafs man seinen Geschmack durch das Studium der Natur bilden müsse; auch kann es wohl nur wenigem Zweifel unterworfen sein, ob ein mit den ver- schiedensten Flechten und einigen Moosen überzogener Baumstamm nicht einen schönern Anblick gewährt, als ein solcher abgeglätteter; und aufserdem scheint es mir, dafs die äufsern Rindenschicliten an solchen abgeglätteten Baumstämmen viel früher absterben, als wenn sie nicht abgekratzt worden sind. Aber nichts sieht widerlicher aus, als wenn man in Obstgärten die Stämme mit Kalk inid andern Substanzen weifs angestrichen bemerkt; man hat dieses Mittel gegen die -Flechten und Moose wohl schon lange angewendet, und dieser und jener Praktiker kommt darauf immer wieder von Neuem zurück. Am gebräuchlichsten sind Mischungen von Kalkwasser und Kuh- mist, Kalkwasser und grüner Seife, oder auch wohl Kalk und Theer, womit die Stämme und alle | dickeren Aeste der Obstbäume bestrichen werden ; doch wenn man genauer nacli dem Erfolge dieser Behandlung fragt, so findet man 78 ^ . dieselbe von sehr guter Wirkung gegen die schädlichen Insekten, die sich wegen der Schärfe der angewandten Mittel weder in die Rinde einfressen, noch in der Erde an der Basis des Baumes einen Aufenthaltsort für ihre Brut wählen können, denn das Regenwasser spült jene scharfen Substanzen allmählich herab und dadurch wird dann die Erde in der Nähe des Stammes gereinigt. Auch gegen das Ueberwandern der Raupen, besonders der Wick- ler, ist ein solcher Anstrich der Stämme sehr empfehlens- w^erth; aber alle diese Zwecke kann man auch wohl auf anderem W^ege erlangen, ohne das natürliche Ansehen der Bäume so furchtbar zu entstellen. Man erreicht sicher- lich seinen Zweck, wenn man die Flechten und Moose einmal im Jahre abreiben läfst, und hiezu ist eine recht nasse Jahreszeit, als z. B. bei'm Anfange des Frühlings, am geeignetsten; nach anhaltendem Regen sitzen sie so lose auf den Bäumen, dafs sie vermittelst harter Bürsten abgerieben werden können. Werden im Herbste, sagt Herr J. Fintelmann *) , vor der Reinigung die Bäume mit Kalkwasser (welchem man , um die weifse Farbe zu ver- mindern, etwas Kienrufs beimengen kann) bespritzt, so lösen sich die Flechten nicht allein leichter ab, sondern man zerstört dabei auch zugleich einen Theil der Insek- ten-Eier. An diese Beobachtungen über das Vorkommen der Cryptogamen auf der Rinde der Bäume schliefsen sich unmittelbar die über die sogenannten Schmarotzer- Ge- wächse, welclie wir im Folgenden auseinandersetzen wollen. VI. Phanerogame Schmarotzer-Gewächse und deren Wirkung auf ihre Mutterpflanzen. Nach einem alten Spracligebrauclie werden alle die- jenigen Pflanzen, welche auf andern Gewächsen vorkom- men, mit dem Namen der Schmarotzer - Gewächse belegt, ^) Die ObstbaumziicKt. I. Berlin 1839 pag. 483. 79 indessen man hat sclion längst erkannt, dafs diese soge- nannten Schmarotzer- Gewächse in den verschiedensten Verhältnissen zu ihrem Mutterboden stehen. Man unter- sclieidet zuerst wahre und falsche Parasiten ; die Letztern sind solche Gewächse, welclie zwar auf der Oberfläche anderer Pflanzen vorkommen, aber mit diesen in keiner organischen Verbindung stehen; die Unterlage oder der Mutterboden ist diesen Parasiten ziemlich gleichgültig, es ka^nn diese oder jene Pflanze sein, ja auch auf todten Pflanzen und selbst auf unorganischen Körpern können sie vegetiren, wenn sie auf diesen Letztern eben dieselben Stoffe finden, aus welchen sie auch in den andern Fällen ihre Nahrungsflüssigkeit ziehen. So sitzt der Epheu mit seinen Haftwurzeln auf der Rinde der Bäume und auf der Oberfläche alten Gemäuers, wo in den Vertiefungen Feuch- tigkeit, Staub und verschiedene verwitterte Stoffe ange- häuft sind, aus welchen die Haftwurzeln einige Nahrung ziehen können; sie saugen aber keineswegs den Nahrungs- saft aus dem Stamme der Mutterpflanze, auf welchem sie festsitzen. Und ganz ebenso verliält es sich mit den schmarotzenden Orchideen, Cacteen, den Tillandsien, Bro- melien u. s. w. und ganz ebenso mit den cryptogamisclien Schmarotzern, von welchen im Vorhergehenden die Rede war. Ja in den feucliten Wäldern der Tropen sind jene Orchideen fast immer wieder mit kleinen sclimarotzenden Cryptogamen, besonders mit zarten und äufserst niedlichen Formen der Jun2:ermannien bedeckt: aber alle diese Ge- wachse können auch auf faulen oder abgestorbenen Baum- stämmen vegetiren und selbst auf unorganischen Körpern, wenn sie in den Ritzen und Vertiefungen derselben die nöthige Nahrungsflüssigkeit finden. Daher können denn auch diese falschen Schmarotzergewächse, selbst wenn es sehr grofse Pflanzen sind, nur dann den Mutterpflanzen schädlich werden, wenn sie in zu grofser Menge den Stamm und die Aeste derselben umschliefsen , indem hiedurch einmal eine zu grofse Menge von Feuchtigkeit den Stamm beständig umgiebt, so dafs er endlich zu stocken beginnt. # 80 und indem zweitens hinter diesen parasitischen Pflanzen der Wohnsitz von vielen schädlichen Insekten und ähn- lichen Tliieren aufgeschlagen wird. In den Wäldern und Gärten unserer nordischen Ge- genden haben wir zwar mehrere Schlingpflanzen, welche auf die Bäume hinaufsteigen und mitunter selbst die Kro- nen derselben belästigen, doch diese alle bringen keine Gefahr, ja sie gehören auch nichl einmal zur Ivlasse der falschen parasitischen Gewächse. In unsern Gegenden gehört eigentlich nur der Epheu zu dieser Klasse von Pflanzen, und auch diesen haben wir gewöhnlich nicht zu fürchten; die Stämme müssen schon ganz ungeheuer grofs und alt werden, bis sie den Baum erdrücken, auf dem sie befestigt sind. Auch der Epheu, mag er noch so grofs sein, tödtet seine Mutterpflanze nicht durch Aussaugung des Nahrungssaftes, sondern (was überhaupt selten vorkommt) durch wirkliches Erdrücken oder Erwürgen. (4) Eine andere Gruppe von Schmarotz er- Gewächsen steht gleichsam in der Mitte zwischen den wahren und den fal- schen Parasiten; es gehören dazu solche, die in der Erde keimen, deren Stengel aber auf andere Pflanzen hinauf- steigt, sich daselbst durch eigenthümliche warzenförmige Haftwürzelchen anheftet und nun durch diese seine Nah- rung aus der Mutterpflanze zieht, nachdem schon seine eignen Wurzeln und die Basis des Stengels vertrocknet sind. In unsern Gegenden ist die Gattung Cuscuta, die bekannte Flachsseide, als eine solche Pflanze zu nennen, und innerhalb der Tropen giebt es ähnliche Gewächse, wie die Cassythen. Aber auch unter den grofsen Schling- pflanzen, welche in den tropischen Wäldern die Kronen der höchsten Bäume mit ungelieurer Last beladen, selbst unter diesen giebt es wohl viele, die zuerst in der Erde keimten und ihre Nahrung durch die Wurzeln aufnehmen ; später aber, wenn sie in den Kronen ihre Blüthen und Früchte entwickeln und dort von einem Baum zum andern hinüberziehen, dann sind die Wurzeln vertrocknet und die Pflanzen müssen also ihre Nahrungssäfte von den Bäumen 81 erhalten, auf welchen sie haften. Wahrscheinlich entwik- keln auch diese Schlingpflanzen einzelne Sangwärzchen welclie, wie bei Cuscuta, durch die Rinde hindurch bis auf den Holzkörper eindringen; selbst bei unserni Convolvu- lus arvensis hat Herr Palm die Entwicklung einzelner Saugwärzchen beobachtet. Unsere Flachsseide kommt zwar sowohl auf Sträuchern, als auf krautartigen Pflanzen vor, ist aber nur den letztern schädlich, indem sie ihnen wirk- lich die Nahrungssäfte aussaugt und ihren Wachsthum sehr vermindert; in den Flaclisfeldern kann die Flachs- seide die furchtbarsten Zerstörungen anrichten. Trifi"t der emporwachsende Stengel der Flachsseide irgend eine be- lebte Stütze, so windet er sich um dieselbe und rankt weiter hinauf; doch an derjenigen Fläche des Stengels, mit welcher die Flachsseide die Mutterpflanze beridu-t, entstehen eine Menge von einzelnen, oft auch von meh- reren in gerader Reihe neben einanderstehenden, kleinen Warzen, deren Oberfläche ganz denselben Bau zeigt, welchen die Wurzelspitzen der Pflanzen gewöhnlich be- sitzen. Es sind nämlich die einzelnen Zellen der Ober- fläche der Spitze dieser Warzen papillenartig ausgedehnt und mit diesen dringt die Wurzel der Flachsseide iimner tiefer in die Oberfläche der fremden Pflanze ein; zuletzt gleicht das Wärzchen einem kleinen Würzelchen, in wel- chem sogar ein Ilolzbündel auftritt, mit welchem das Wärz- chen bisweilen durch die Rinde hindurch und bis auf den Holzkörper der Mutterpflanze eindringt, wälu-end sieh das umgebende Zellengewebe ganz genau mit dem Zellengewebe der Rinde der Pflanze vereinigt, und so sind die W^ege eröfi"- net, durch welche die Nahrungsflüssigkeiten aus der IMut- terpflanze in den Parasiten übergehen. Sehr häufig, ja wohl sogar gewöhnlich, ist die Verbindung der Flachs- seide mit der Mutterpflanze, worauf sie wächst, nicht so innig; übrigens ist die Struktur der Flachsseide so zart, dafs diese Pflanze, wie ich glaube, einen grofsen Theil ihrer Nahrung aus der Feuchtigkeit zieht, welche die Mutterpflanze aushaucht. M e y e n. Pathologie. ß 82 Die wahren Scimiarotzer- Gewächse stehen zn ihren Mutterpflanzen in einem viel innigem Verhältnisse ; fast alle sterben mehr oder wejiiger schnell ab, wenn sie von ihren Mutterpflanzen entfernt werden, und dieses, so wie das Studium der Verbindung, welche zwisclien der Mut- terpflanze und den Parasiten stattfindet, beweist sehr be- stimmt, dafs sie gröfstentheils , ja viele derselben sogar einzig und allein von dem Nalu'ungssafte der Mutterpflanze ernährt werden, und dadurch wird es denn schon leicht' begreiflich , dafs solche Gewächse den Bäumen wie den krautartigen Pflanzen sehr schädlic' werden, wenn sie im Verhältnisse zu der i\lutl;erpflaiize eine bedeutende Gröfse erreichen. Diese w^ahren Schmarotzer -Gewächse kann man zu unserem Zwecke sehr wohl in Stengel- und in Wurzel- Parasiten eintheilen, je nachdem sie auf dem Stamme oder den Aesten der Nährpflanze vorkommen, oder auf der Wurzel derselben ihren Ursprung nehmen. Zu den Stengel- Parasiten unserer Gegenden gehört der weifse Mistel (Vis- cum album L.), und im südlichem Europa die europäische Riemenblume (Lorantlius europaeus) ; die letztere Gattinig ist ganz ungemein reich an Arten und in Südamerika wie in Indien giebt es viele derselben, welche durch die Pracht und Gröfse ihrer scharlachrothen Blumen zu den ausge- zeichnetsten Zierpflanzen geliören könnten. In unsern nordischen Gegenden wird die Mistel-Pflanze im Allge- meinen doch nur selten gefährlich, aber in einigen süd- lichem Ländern, wie z.B. in Ungarn, gehört sie aller- dings schon zu den höchst lästigen Gewächsen. Der weifse IMistel pflanzt sich in der Natur nur durch Saamen fort und dieses geschieht ungemein leicht, weil die Früchte, die bekannten weifsen Beeren , von manchen Vögeln besonders gern gefressen werden, worauf aber die Embryonen mit dem grünen und ziemlich harten Eiweifs- körper umgeben, ganz unverletzt abgehen und alsdann, wie man glaubt, noch leichter keimen, als wenn sie nicht durch den Magen der Vögel gegangen wären; ja es herrscht 83 wohl sogar der Glaube, dafs die Mistel-Pflanze nur durch solche Saanien vermehrt wird, welche von den Vögeln gefressen sind, was aber sicherlich nicht richtig ist, denn mir glückten alle Keimungs-Versuche, welche ich mit rei- fen Mistel-Saamen anstellte, ja sie können Wochen lang durch und durch gefroren sein und keimen dennoch, wenn man ihnen nur den gehörigen Grad von Feuchtig- keit gibt. Die Mistel-Pflanzen können Nvohl auf allen bei uns vorkommenden Bäumen und Sträuchern wachsen, und wenn auch in dieser oder in jener Gegend die Pflanze auf gewissen Bäumen nicht gefunden wird, so findet man sie doch in andern Gegenden auf denselben, oder man kann sie künstlich darauf fortpflanzen. Herr Roeper*) sclieint dieses noch in einiger Hinsicht zu bezweifeln, denn er hat ein Verzeiclmifs aller der Pflanzen mitgetheilt, worauf die Mistel-Pflanze beobachtet worden ist; es werden 58 der- selben aufgeführt, die zu 19 Familien geliören. Schon hieraus scheint hervorzugehen, dafs es der Mistel-Pflanze sehr gleichgültig sei, aus welchem Baume sie den rohen Nahrungssaft erhält. Ja es ist auch, wie ein sehr erfahr- ner Praktiker sagt, so viel gewifs, dafs die Misteln nicht blos von den Säften des Baumes , auf dem sie sitzen, leben, sondern einen beträchtlichen Theil ihrer Nalu'ung auch durch die Blätter ans der Luft einsaugen müssen, denn man weifs, dafs sie noch immer einige Zeit fort- leben, wenn auch die Zweige und Stämme, worauf sie sich befinden, nach und nach eintrocknen, ja dafs sie selbst im todten Holze auskeimen.**) Am häufigsten kommt bei uns der Mistel auf Aepfel- und Birnbäumen vor, deren Aeste damit zuweilen ganz überzogen werden; selten findet sich derselbe auf Nufsbäumen, doch hat man ihn auch auf der europäischen Riemenblume (Loranthus europ.) beobach- *) S. jdessen Uebersetzung der Pflanzen-Physiologie vonDe Can- dolle II. pag. 510. **) S. den Anonymus zur Kenntnifs der Krankheiten der W^ald- «nd Gartenbäuroe elc. Leipzig 4795. p. 317. 1 6* 84 tet, und junge Mistel - Pflanzen auf den dicken Stämmen alter Mistel-Pflanzen sind gar nicht so selten; aucli hier dringt das Wiirzelchen durch die Rinde bis auf den Holz- Ivörper. Der europäische Loranthus scheint ganz ähnlich in der Rinde anderer Bäume und Sträuchcr zu wurzeln wie die Mistel-Pflanze, aber es giebt tropische Loranthen, welche noch aufserdem eine Menge von Wurzeln aus- schicken, die aufserhalb der Rinde verlaufen und später den Ast der Mutterpflanze wie mit einer Röhre um- schliefsen. Man kann auch die Mistel-Pflanze durch Schnittlinge vermehren und zwar indem man dieselben auf das junge Holz andrer Bäume oder Sträucher aufpfropft; man hat schon viel von diesem Pfropfen der Mistel-Pflanze gespro- chen, es ist aber nichts weiter, als ein Erziehen aus Steck- lingen, denn eine Vereinigung des PfrojDfreises mit dem Sub- jekt durch die neuen Holzschichten findet hier niemals statt. Der Nachtheil, den das Vorkommen der Mistel-Pflanze veranlafst, ist leicht zu erkennen; sind die Zweige, auf welchen der Schmarotzer wächst, nicJit grofs, so wird die- ser in wenigen Jahren dem Zweige die Nahrung so stark aussaugen, dafs er fast verhungert und dafs es zur Bil- dung junger Triebe wenig oder gar nicht kommt, bis der Zweig endlich ganz vertrocknet , wenn der Schmarotzer nicht friili genug entfernt wurde. Es ist nicht selten, dafs die Wurzeln der Mistel-Pflanze den Zweig des Subjekts so fest umschliefsen, dafs der herabsteigende Saft bei der Bildung der neuen Jahresringe aufgehalten ^vird und kno- tige Auswüchse veranlafst. Das beste Mittel gegen die schädliche Wirkung der Mistel-Pflanze ist das zeitige Ausbrechen derselben, doch mufs dieses vorsichtig geschehen, weil man dabei sehr leicht die Aeste der Mutter-Pflanze mit abbricht. Von minderer Schädlichkeit scheinen mir die wahren Wurzel-Parasiten zu sein , eieren wir in unsern Gegenden gleichfalls einige besitzen, wie z. B. die Lathraea Squama- ria, die Orobanchen und die Monotropa hypopythis ; in den 85 tropischen Gegenden ist die Anzahl der wahren Wurzel- tParasiten sehr viel gröfser, und selbst die berühmte Rie- senblume, deren Perianthium mehrere Fufs im Durch- messer besitzt, gehört hiezu. Aber auch unter diesen wah- ren Wurzel - Parasiten ist die Art der Verbindung zwi- schen dem Parasiten und seiner Mutter -Pflanze sehr ver- schieden, denn einige, wie die Rafflesia, Brugmansia, die Balanophoren u. s. w. ziehen ihre Nahrung einzig und allein aus der IMutterpflanze , in deren Holzkörper sie gleichsam wurzeln ; andere dagegen, wie z. B. unsere Oro- banchen, ziehen sicherlich nur den kleinsten Theil ihres Nahrungssaftes aus der Mutterpflanze, denn sie besitzen oftmals eine grofse Menge von feinen Wurzeln, mit wel- chen sie die rohen Nahrungssäfte unmittelbar aus der Erde aufsaugen können. Die ersteren Parasiten sind ganz ab- hängio^ (5) von ihren Mutterpflanzen und müssen mit die- sen durchaus absterben, ja es scheint, dafs sie sogar nur auf gewissen Arten, oder wenigstens doch nur auf Arten einer gewissen Gattung vorkommen können. Bei den an- dern Parasiten dagegen, wie z. B. bei der Lathraea Squa- maria und den Orobanchen, ist es heutigen Tages ganz bestimmt erkannt, dafs sie auf den Wurzeln verschiedener Gewäclise vorkommen; ja es glückt sogar zuweilen die- selben zu versetzen; also wachsen diese Pflanzen so- gar noch weiter fort, nachdem sie von der IMutter-Pflanze getrennt sind, wovon ich mich gegenwärtig selbst über- zeugt habe. Freilich mifsglücken viele Versuche. Es giebt auch verschiedene Pilze, welche auf den Wurzeln der Pflanzen vorkommen, darunter sind sogar einige, welche die Pflanzen sehr häufig tödten, ja ganze Pflanzungen zu zerstöreji im Stande sind; diese Gewächse sind jedoch nicht mit den Sclimarotzer-Gewächsen zusam- menzustellen, sondern mit den Entophyten; von welchen an einem andern Orte die Rede ist. 86 Mascrbilvorden ist, an welchen die Transspiration zwar ebenfalls vor sich geht, die trans- spirirte Masse aber nur in geringem Grade fortgefidut werden kann, wie z. B. auf der Oberfläclie der Halme, Avelche nocli ganz fest von den genau anliegenden Blatt- scheiden umschlossen werden und ebenso auf der inneru Fläche der Lufthöhlen und Lücken. 125 XI. Der Rost. Rubigo der altern Autoren. 1) Uivedo Pers. Der Rost ist zwar eine, viel liäufiger vorkommende Kranklieit der Pflanzen als der Brand, aber sie ist unsern Cultur- Pflanzen niemals so schädlich als dieser, daher denn auch viel weniger über deu Rost als über den Brand geschrieben worden ist. Mit dem Namen: Rost, Ru- bigo, bezeichnete man im Allgemeinen die gelbbraunen, rostfarbenen Flecke, welche auf verscliiedenen Theilen einer grofsen iMenge von Pflanzen auftreten und durch kleine, staubartige Körper dargestellt werden, die man für para- sitische Gewächse aus der grofsen Familie der Pilze er- kannte. IMit dem Ende des vergangenen Jahrhunderts begann man dergleichen Bildungen mit gröfserer Aufmerk- samkeit zu studiren und fand, dafs sie aus sehr ver- schiedenartig gestalteten Gewächsen bestellen, die sich wie- der in eine Reihe von Gattungen und Arten trennen lassen. Diejenigen Bildungen der Art, zu welchen der Rost im Getreide gehört, von dem noch am Meisten die Rede ist, wurden von Persoon*) unter der Gattung Uredo vereinigt, die sich durch einfache Bläschen charakterisirt, welche unter der Epidermis der Gewächse entstehen und nach dem Zerreifsen derselben als ein feines Pulver hervortreten. Wenngleich die spätem Untersuchungen und besonders die Beobachtungen der neusten Zeit sehr wohl zeigten, dafs unter der Gattung Uredo wahrscheinlich noch sehr verschiedenartige Sachen vereinigt sind, so ist dennoch die Persoonsche Gattung als eine selu' gute anzusehen und durchaus beizubehalten, ganz besonders noch defshalb, weil dieser Name so sehr allgemein angenommen ist. Neuerlichst hat jedoch Herr Wallroth **) die Gattung Ery- sibe nach Theophrast aufgestellt und dahin die Uredines nach Persoon wie auch die Ustilago-Arten, welche wir im Vorhergehenden als so gänzlich verschiedene Bildungen *) Syn. meth. fungorum. Göit. 1801. pag. 225. **) Flora cryptog. Gcrroani'ac II. p. l93. 1833. 126 nachgewiesen Jiabcn, gestellt; wir können hierin Herrn Wallroth nicht folgen, denn einmal sind die neuen Namen fiir di^se ßihlungen schon eingebürgert, zweitens hat Theo- phrast mit dem Namen Erysibc keine bestimmte Gattung benannt, w^ozn ihm die Mittel noch ganz fehlten, und end- lich ist Erysibe schon wiederum längst für den bekannten Mehlthau vergeben, eine Gattung, welche diesen Namen ebenfalls behalten mufs. Die Zahl der Synonyme für die parasitischen Bildungen, welche den Brand und Rost dar- stellen, ist schon so unendlich grofs, dafs wir alle neuern Namenveränderungen hierüber zurückweisen müssen. Mit Herrn Wallroth hat Herr Unger*) in seinem Werke über die Pflanzen-Exantheme diese Rost-Bildungen gleichzeitig bearbeitet, und die Uredines nach Persoon zeigten ihm 4 allgemeine Bildungsepochen, welche ich hier aufführen mufs, wenngleich, wie ich später zeigen werde, meine Beobachtungen hiemit nicht übereinstimmen. Die erste Epoche der Uredo-Bildung charakterisirt sich (nach Hrn. U.) dadurch, dafs die Matrix der Exanthem-Bildung nicht zur productiven Schicht wird, sondern sich in Sporidien auf- löst oder in diese zerfällt. In der zweiten Epoche wird die Matrix zur productiven Schicht und es treten die ersten Rudimente eines Trägers der sporenartigen Bläs- chen auf. In der dritten Epoche erscheinen die Bläschen förmlich gestielt, doch trennen sie sich von diesen. In der vierten Epoche löst sich die Matrix im Träger voll- kommen auf, der sich verzweigt und verwebt und die rei- fen Sporidien gleichfalls abwirft. Herr Unger hat viele schöne Beobachtungen über die Uredines bekannt gemacht, aber wie unendlich viel noch immer über den Bau und die Entstehung dieser Gebilde und der sie begleitenden Erscheinungen zu beobachten sei, davon möchte eine der gemeinsten Bildungen der Art, nändich die Uredo Candida Pers. (U. cruciferarum DC.) den besten Beweis geben. ') Die Exantheme otc. 1833 pag. 262.. 128 Die Uredo Candida Pers. zeigt sich auf verschiedenen Cruciferen, aber am gewöhnlichsten an unserer gemeinen Hirtentasche, der Capsella Bursa pastoris. Sie zeigt sich in Form kleiner und gröfserer weifser Pusteln, welche sich mitunter immer mehr und mehr ausbreiten und so- wohl auf dem Stengel als auf den Blättern, und selbst auf den verschiedenen Theilen der Blüthen und der Frucht auftreten, und zuweilen den gröfsten Theil der Oberfläche der Pflanze einnehmen, ein Zustand, der alsdann immer noch mit Deformitäten begleitet ist, die durch anderweitige Pilzbildungen hervorgerufen werden. Haben diese weifsen Pusteln auf der Hirtentasche eine bedeutende Ausbreitung und Convexität erlangt, so pflegt die Epidermis, welche die glänzende Hülle der Pustel bildete, aufzureifsen und dann treten die Sporen einzeln, d. h. nicht zusammen- hängend hervor; auf den Blättern findet dieses seltener statt, ganz gewöhnlich aber auf dem Stengel, der dann vorher mehr oder weniger stark angeschwollen ist. Der Inhalt der Pustel besteht aus einer grofsen Menge kleiner, gleich grofser und ungefärbter Bläschen, welche in grofser Menge zusammenliegend und von der ungefärbten Epider- mis bekleidet, jenen Pusteln die w^eifsglänzende Farbe geben. Man ist nicht abgeneigt, diese kleinen Bläschen als Pilze oder als die Sporen eines Pilzes zu beträrchten, welcher die Pustel auf der Pflanze bildet, und man braclite sie defshalb zu der, sehr verschiedene Dinge umfassen- den Gattung Uredo Pers. Es hat bis jetzt noch niemand gesehen, dafs diese Uredo-Bläschen keimen und sich fort- pflanzen, auch glaube ich nicht, dafs sie es wirklich thuu, denn wenigstens die Uredo-Bläschen der Hirtentasche gehen, wie ich es bestimmt gesehen habe, aus Defor- mitäten der Zellen unter der Epidermis hervor. Ich habe diese Uredo-Bildung bei der Capsella Bursa pas- toris sehr häufig verfolgt und es war einer der ersten Gegenstände, über welchen ich durch die Benutzung eines kleinen Plöss'Ischen Mikroskpos schon im Jalire 1835 in's Klare kam. In den folgenden Jahren verfolgte ich den 128 Gegenstand mit dem vortreflflichen grofsen Instrumente von Plössl und ich wage es jetzt mit Herrn llnger*) als ganz bestimmt auszusprechen, dafs diese Uredo- Bildung durch eine abnorme Bildung und Um- wandlung der Zellen hervorgeht, welche dicht unter der Epidermis jener Pflanze liegen. Ich weifs sehr wolil von welcher Bedeutung dieser Ausspruch ist, aber ich habe diesen Gegenstand auch vielfach genau untersucht. Hier bei der Capsella ist zu keiner Zeit irgend eine Ab- lagerung zwischen den Zellen zu sehen, aus welcher, wie es Herr Unger für dergleichen Bildungen allgemein gesehen zu haben glaubt, die Bläschen-Bildung hervor- gehen könnte, sondern man sieht auf gut gefiihrten Ver- tikalschnitten sehr wohl, dafs die oberste grün gefärbte Zel- lenschicht, welche auf den erkrankten Theilen der Pflanze unmittelbar dicht unter der Epidermis liegt, die JMatrix bildet, aus welcher sich die Bläschen der Pusteln hervor- bilden und dieses geschieht auf folgende Weise: Die Zellen, welche im normalen Zustande mehr eiför- mig sind, mit ihrer breiten Fläche der Epidermis anliegen und wie gewöhnlich grüngefärbte Zellensaft - Kügelchen enthalten, dehnen sich, sobald sie von der Krankheit ergriffen werden, in der Richtung nach der Epidermis hin, mehr eiförmig-cylindrisch aus, und stehen dann, mit ihrem Längendurchmesser vertikal gerichtet, auf den darunter liegenden noch normalen und mehr eiförmigen Zellen. Bald darauf entwickeln diese in ihrer Form veränderten Zellen an denjenigen Enden, mit welchen sie dicht unter der Epidermis liegen, mehr oder weniger hervorragende Wärz- chen, welche sich allmählich vergröfsern, zu Blasen an- schwellen und sich von der Spitze der Zelle abschnüren *) Das Dasein der Entophytcn beruht auf einem Krankheitspro- zesse, der weniger als solcher, als vielmehr als Krankheitsorganismus in die Erscheinung tritt, wie in der vegetativen Welt überhaupt der Lebensprozefs oder das thätige Prinzip von der Form oder Keim seienden Pole beherrscht wird u. s. w. Unger, die Exantheme der Pflanzen, S. 179. 129 aber an derselben mit einem ganz kleinen, cylindrischen Stielchen sitzen bleiben. Gleich darauf geht die Spitze der Zelle die Bildung einer neuen Blase von eben der- selben Gröfse, wie die erstere, ein, welche sich gleichfalls mit einem Stielchen von der Basis abschnürt; so erfolgt nun die Bildmig der 3, 4, 5, 6, und wohl auch der 7ten Blase auf ganz gleiche Weise, nämlich durch ein Verlän- gern, Auswachsen und Abschnüren der Spitze der er- krankten Zellen und lange Zeit hindurch , selbst oft noch nach dem Aufreifsen der Epidermis, kann man, bei behut- sam gefiihrten Schnitten, die ganzen Reihen der durch kleine Stielchen zusammenhängenden und gleich grofsen, perlschnurförmig aneinandergereihten Uredo-Bläschen sehen, welche als ihr Endglied noch immer jene, ursprünglich dicht unter der Epidermis gelagerte Zelle zeigen. Bei der Formveränderung dieser Zellen kann man auch sehr wohl die Veränderung des Inhaltes derselben verfolgen; die grünen Kügelchen sind sehr oft noch in der untern Hälfte einer solchen Zelle, die schon Bläschen gebildet hat, ganz normal, während sie höher hinauf schon gröfstentheils aufgelöst, entfärbt und in der Spitze dieser Zellen ganz verschwunden sind. Auch sieht man sehr häufig, dafs die Zellen der zunächst darunter liegenden Schicht eben- falls krankhaft afficirt sind, was sich hier wenigstens durch einen rothgefärbten Zellensaft darstellt. Die Erhebung der Epidermis, wodurch die sogenannte Pustel entsteht, wird also hier durch die kleinen Bläschen veranlafst, welche aus den Enden der, der Epidermis zunächst gelegenen Zellen durch Abschnürung hervorgebildet und immer wei- ter emporgeschoben werden. Die wahren Uredines sind von gelbrother Farbe und haben eine ganz andere Entstehung; sie brechen unter der Epidermis hervor, sind aus bedeutend gröfsern Bläschen gebildet, welche alle gestielt auftreten, sich aber bei der vollkommenen Reife von den Stielen trennen, die dann zurückbleiben. Man sieht hieraus, dafs diese wahren, rost- farbenen Uredines mit jenen der sogenannten dritten Ent- Meyen. Pathologie. 9 130 n ickliings-Epoclie des Herrn Ungcr zusaninienfallcn. Diese Urediiies treten auf selir vielen Pflanzen auf, meistens auf den Blättern, und zwar auf derjenigen Seite derselben, welche mit Spaltöffnungen versehen ist; sie kommen aber auch auf solchen Pflanzentiieilen vor, welche keine Spalt- öffnungen besitzen, als auf dem Rücken der Blattnerven u. s. w. Am Stengel, an den Kelchen, selbst an verschie- denen Blüthentheilen und auch an den Früchten treten diese Rostbildungen auf und man hat sie, je nachdem sie " auf verschiedenen Pflanzen vorkommen, als besondere Arten beschrieben, die meistens den Namen der Pflanze als Beinamen erhielten, auf welchen sie beobachtet wm-den. Einige Botaniker haben geglaubt, dafs die systematische Bestinmnnig solcher einfachen Bildungen unnötlng sei und andere glaubten wieder, dafs sich diese Gewächse gar nicht weiter in Species unterscheiden liefsen. Gewifs mit Unrecht haben einige ausgezeichnete Systematiker die specielle Be- schreibung der Uredines unterlassen, denn viele derselben sind gar sehr auffallend characterisirt, ^vorauf man aber bis jetzt noch wenig geachtet hat, weil dergleichen Unter- suchungen fast nur auf sehr gut geführten Querschnitten zu verfolgen sind, deren Anfertigung aber für sehr starke Vergröfserung leider sehr schwer ist. Gewöhnlich sind die Uredines fiir gewisse Gattungen und mitunter auch für ganze Familien in ihrer Form vollkonuuen übereinstim- mend, daher denn auch die Zahl der, noch künftig zu be- schreibenden und abzubildenden wirklichen Arten wohl nicht so sehr grofs werden möchte. Ueber die Bildung dieser Uredines liefs sich im All- gemeinen Folgendes beobachten : Die Uredines treten eben- so, wie die meisten übrigen Blattpilze, meistens ohne be- sondere Anschwellung der Pflanzentheile auf, doch kom- men hier, wie auch bei den andern Blattpilzen, dergleichen Fälle gar nicht selten vor, wo diejenige Stelle der Pflan- zentheile, welche von der Urcdo -Bildung ergriffen ist, mehr oder weniger stark anschwillt, und dieses ist ganz besonders an den Blattstielen , an den Nerven der 131 Blätter u. s. w. der Fall, selten jedoch nur auf dem Dia- chym der Blätter. Die Uredines treten im Allgemeinen nicht so früh im Sonnner auf, als die Aecidien, von wel- chen später die Rede sein wird, ja sehr oft erscheinen sie bei gewissen Pflanzen erst sehr spät, treten dann auf den altern Blättern zuerst auf und gehen von diesen allmählich zu den Jüngern in ihrer Verbreitung über. Auf Querschnitten kann man walirnehmen, dafs die der Epi- dermis zunächst liegende grüngefarbte Zellenschicht den Sitz der kleinen Pilze bildet. Diese Zellen sind mehr oder weniger vollständig entfärbt; statt des grüngefärbten In- haltes zeigen sie eine röthliche, feinkörnige Masse, welche auch noch mehr oder weniger tief die zunächst liegenden Zellenschichten erfüllt, und hie und da finden sich in ein- zelnen Zellen kleine orangerothe Tröpfchen eines, wie es scheint, fetten Oeles. Zugleich findet man, dafs eine sol- che orangerothe, feinkörnige und schleimige Masse, wie sie in den erkrankten Zellen enthalten ist, zugleich die Intercellulargänge derjenigen Zellenmasse erfüllt, welche den Sitz der kleinen Schmarotzer darstellt und besonders ist es die Oberfläche derjenigen Zellen, die zunächst der Epidermis liegen, welche mit jener Substanz bekleidet ist. Aus dieser Masse e-ehen unmittelbar die einfachen Schläuche hervor, welche an ihren Enden keulenför- mig anschwellen und sich durch Abschnürung dieser Anschwellujig in den Träger und das darauf sitzende Bläschen umwandeln. Hier bei den wahren Uredo-Arten kann man ganz bestimmt beobachten, dafs diese parasiti- schen Gewächse nicht durch eine abnorme Bildung und Umwandlung der Zellen hervorgehen, sondern dafs sie aus jener scideimigen, orangerothen Substanz entstehen, welche auf der äulsern Oberfläche der erkrankten Zellen abgesondert wird. Ueberall, wo diese Uredo -Bildungen auf solchen Pflanzentheilon auftreten , die mit Spaltöfi'nun- gen versehen sind, erfüllt diese krankhafte Absonderung der schon erkrankten' Zellen die zunächst liegen- den Intercellulargänge, doch finden diese Absonderungen 9* 132 auch in solclien Fällen statt, wo gar keine Intcrcollular- gänge vorhanden sind, und da werden dnrch dieselben die frülier innig mit einander verbundenen Zellen getrennt, . die äufsere Zellenschicht wird ganz abgelöst und nach der Ausbildung der Uredo-Bläschen auch zersprengt. Dem- nach kann man keineswegs die Behauptung aufstellen, dafs die Uredo-Bildungen als Krankheiten der gestörten Respi- ration anzusehen seien und in den Respirations-Organen ihren Sitz hätten. Die orangerothe Farbe erhalten die Uredo-Bläschen von ihrem Inhalte, der sich ganz ähnlich jener, in und um die erkrankten Parenchym- Zellen erzeugten orange- rothen Substanz verhält, aber häufig in Form kleiner und mehr bestimmter Körnchen auftritt, welche dann die be- kannte Molekular -Bewegung zeigen, was aber durchaus nicht immer stattfindet. Bei den Dikotyledonen treten die Uredo- Bildungen mehr in Form kleiner runder Häufchen auf und diese sind mitunter von einem Kranze kleiner, nach Aufsen geboge- ner, ebenfalls keulenförmig gestalteter Härchen umgeben, welche dem Ganzen ein sehr niedliches Ansehen geben, wenn man es mit gehöriger Vergröfserung betrachtet. Am schönsten und regelmäfsigsten zeigte sich mir diese Bil- dung an der Uredo auf den Blättern der Rosen; dieser Kranz von Härchen bedeckt bei den Rosen die zunächst- liegenden Ränder der zerrissenen Epidermis so vollkom- men, dafs man kaum glauben sollte, dafs die Uredo-Pustel durch die Epidermis hindurchgebrochen sei. Mitunter sind diese Härchen im Umkreise der Uredo-Pustel recht lang, mit dicker Keule und schmalem Stiele versehen und unter- scheiden sich von denjenigen jungen Härchen, welche in der Mitte der Pustel stehen, nur durch Gröfse und durch ihre Krümmung; sie bleiben aber auch für ihre ganze Le- bensdauer in diesem Zustande, während die Härchen in der Mitte der Pustel sehr bald Veränderungen eingehen. Es schnürt sich nämlich das keulenförmig angeschwollene Ende eines jeden Härchens zu einem mehr oder weniger 133 kugelförmigen oder ellipsoitlisclien Bläschen ab und dieses trennt sich nach vollendeter Reife von seinem Stielchen, welches sitzen bleibt und keine neuen Bläschen erzeugt. Diese Üredo-Bläschen nennt man zwar bei der systemati- schen Beschreibung: Sporen oder Sporidien, indessen so- wolil die Beobaclitungen meiner Vorgänger, als auch die raeinigen, gar häufig wiederholten, haben niemals ein Kei- men oder weiteres Wachsthum derselben dargethan und somit glauben wir mit Bestimmtheit sagen zu können, dafs sich eben so wenig die Rostbläschen wie die Brandbläs- chen durch Sporen unmittelbar vermehren, daher denn auch eine Uebertragung dieser Pilzbildungen von einer Pflanze zur andern durch die Bläschen derselben nicht anzunehmen ist, wenn auch so liäufig hievon im grofsen Publiko die Rede ist. Eine sehr beliebte Ansicht über die Fortpflanzung der Rostarten war diejenige, welche von Banks aufgestellt wurde. Nach ihm glaubte man, dafs die Rostbläschen im Zustande der Reife aufplatzen, was ich aber nicht bestätigen kann, luid dafs der feine Inhalt derselben durch die Spaltöfi'nun- gen in die Pflanzen hineintrete und dann überall auf dem Boden der Höhlungen keime; ja man ging so weit, dafs man ainiahm, der Rost im Getreide entstehe durch den schönen Blattpilz, der auf dem Sauerdorn (Berberis vul- garis) so häufig vorkommt. IMan hatte nändich in England gesehen, dafs manche Gegenden, in welchen viel Sauerdorn vorkonniit, vom Rost im Getreide stark zu leiden haben und schlofs daraus, dafs der Sauerdorn daran Schuld sei. Diese Meinung ist ungemein häufig von den Land- wirthen ausgesprochen, aber es ist, wenn man die Gründe dafür näher untersucht, keine Spur von Wahrscheinlichkeit dafür aufzufinden. Der Blattpilz auf dem Sauerdorn ist ein Aecidium, gehört gar nicht zu den Rostbildungen, und dafs ein Aecidium-Bläschen eine Uredo-Bildung hervor- rufen könne, wäre noch eine Hypothese mehr. Uebri- gens gibt es auch viele Gegenden in Deutschland, wo man den Sauerdorn in grofser Menge neben den Getreid<3- 134 FeMerii stehen und in ihm keinen so gefährlichen Nach- barn kennen gelernt liat. Gewöhnlich tritt die Uredo- oder Rost-Bildung in so geringer Ausdehnung und in so später Zeit auf den Blät- tern der Pflanzen auf, dafs diesen dadurch wenig oder gar kein merkbarer Schaden erwächst; man Jiat aber mit- unter, und besonders an unsern Cultur-Pflanzen, den Rost in so grofser Menge beobachtet, dafs dadurch den Pflan- zungen sehr grofser Nachtheil zugefügt wurde. In einem tiefgelegenen Garten sah ich mehrere Jahre hinter einander Hunderte von Rosenstöcken so stark mit Rost befallen, dafs auch fast kein einziges Blatt davon verschont blieb; die Folge davon war, dafs die Pflanzen recht sehr litten und die Rosen von Jahr zu Jahr schlechter wurden. Unsere Cerealien sind es gerade, welche sehr häufig in grofser Ausdehnung von dem Roste befallen werden und dabei auch mehr oder weniger stark leiden, wefshalb denn auch der Rost im Getreide schon häufig die Aufmerksam- keit der Oekonomen und Naturforscher auf sich gezogen hat, was man bei dem Roste auf andern Pflanzen gerade nicht für nöthig hielt. In manchen Jahren ist der Rost im Getreide (Uredo Rubigo-vera Dec. und Uredo linearis Pers.) ungemein häufig und ganze Länder werden davon heimgesucht, so dafs man das Auftreten desselben als eine wahre Epiphytozie bezeichnen kann, nämlich als eine Pflan- zenkrankheit, die sich, nach Art der Epidemieen in der Krankheitswelt der Menschen , über ganze Länder und ganze Gegenden erstreckt. Ziemlich allgemein hat man erkannt, dafs das Auftreten des Rostes eine Kranklieit ist, welche mit den meteorologischen Verhältnissen im iiniigen Zusammenhange steht und gegen solclie Krankheiten ist denn auch ganz und gar nichts zu thun. Das Jahr 1804 zeichnete sich, ganz besonders in England, durch starkes Auftreten des Rostes im Getreide und im Klee aus, wo- bei aber auch viele Gegenden des Continents zu gleicher Zeit sehr stark an dieser Krankheit litten ; in England fiel die Erndte ganz ungemein sclilecht aus uiul dieser Umstand 135 veraiilafste daselbst das Erscheinen mehrerer Schriften über jene so gefiilirliche Krankheit unserer Cerealien. Die berühmte Schrift von Banks :*) Ueber die Ursacljen der Krankheit des Kornes, vveJclie von den Landvvirthen Brand, auch Alehlthau und Rost genannt ^vird , ward im Magazin aller neuen Erfindungen**) in der deutsclien Uebersetzung wiedergegeben und ist in manchen andern praktischen Schriften zu finden, und die schöne Abhandlung: Ueber den Rost im Getreide im Jahre 1804 aus Art. Young's Annalen ward in der landwirthscliaftlichen Zeitung von 1816, Nr. 12. mitgetheilt. Man erkannte sehr bald, dafs die Ursache des häufigen Erscheinens des Rost's in den meteorologischen Verhältnissen des Jahres 1804 zu suchen sei. Es fiel viel Regen, und häufig wechselten während der Blüthezeit warme Tage mit kalten Nächten , und die- ses sind die entfernten Ursachen, welche zu allen Zeiten und in allen Ländern die Entstehung des Rost's herbei- führen können; Getreide Felder, welche in der Nähe kal- ter Gründe angelegt sind, werden sicherlich immer viel häufiger mit Rost befallen sein, als andere, ganz trocken gelegene, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil in solchen Localitäten der Wechsel der Wärme des Tages und der Kälte des Nachts viel bedeutender ist. Es scheijit mir übrigens, dafs dergleichen Angaben, dafs die Blattpilze nie so häufig vorgekommen seien, als in den trockenen Jahren von 1808 und 1811 nicht ganz richtig sind; es ist nur zu gewifs, dafs der Rost bei feuclitem Wetter erscheint, besonders wenn dasselbe mit Kälte begleitet ist, und wenn man genauer darauf achtet, so wird man alljährlich beobach- ten können, wie die Rost-Arten während anhaltend trock- ncr Zeit in ihrem Auftreten zurückbleiben, aber sich sehr bald zeigen, wenn das fewchte und kalte Wetter wieder eintritt. *) A sliort Account of ihe cause of the discasc in Corn, callcd the Blight, the Mildew and the Rost. London 1805. 8. **) Lolpzlg 1806 p.26i 136 Der Rost befällt alle unsere Getreide-Arten und konnnt ebensowolil auf den wildwachsenden Gramineen und Cy- peraceen vor; von den cultivirten Gräsern befällt er je- doch am häufigsten den Weizen, die Gerste und den Ha- fer, der Roggen leidet indessen nur selten und im Allge- meinen kann man sagen, dafs die Winter-Getreide jiäufiger vom Roste heimgesucht werden, als die Sommer-Getreide- Arten. Die Krankheit ist um so schlimmer in Bezug auf den Ertrag der Pflanzen, je früher sie eintritt und je grö- fser die Menge derselben ist, welche sich auf den Blättern, den Halmen und selbst auf den Spelzen zeigt. Tritt die Kranklieit schon vor derBlüthe ein, so zeigt sie sich sehr bemerkbar in dem verminderten Ertrage; die Körner wer- den zwar reif, aber sie bleiben leicht, denn es feldt ilinen an Stärkemehl, und bei jenen grofsen Mifserndten im Jahre 1804 ist dieses in England oftmals so stark gewesen, dafs man bei dem Mahlen des Getreides fast nur Kleie erhal- ten hat. Dagegen waren die Körner von solchen, mit Rost befallenen Pflanzen zur Aussaat ganz tauglich und gaben im folgenden Jahre ganz vollkommen gesunde Pflanzen. Von einer Heilung der vom Roste befallenen Pflan- zen kann nur dann die Rede sein, wenn diese Pflanzen mehrjährig sind; bei den Getreiden aber, welche vom Roste befallen suid, ist niclits mehr zu machen und auch mit den Vorbauungsmitteln gegen den Rost steht es sehr schlecht, da die entfernten Ursachen dieser Krankheit in den meteorologischen Verhältnissen begründet sind, gegen welche nicht anzukämpfen ist. Von den übrigen Cultur-Pflanzen sind es hauptsäch-- lieh die Erbsen und grofsen Bohnen, welche gar häufig so stark vom Roste befallen werden, dafs ihr Ertrag an Früch- ten darunter gar sehr leidet. 2. Uroniyccs Link. Eine zweite Gattung, welche? die Rostkrankheit der Pflanzen darstellen hilft, ist üromvces nach Herrn Link. Sie characterisirt sich von der vorhergehenden Gattung 137 Uredo durch gestielte Bläschen, indem die Stiele auch bei voilkoniiiiener Reife an den Bläschen sitzen bleiben, was bei Uredo nicht der Fall ist. Die feinen Stiele an den Bläschen von Uromyces sind übrigens von denselben nicht durch wirkliche Abschnürung getrennt, sondern es sind blofse Fortsätze derselben. Die Bildung der Uroiiiyccs- Arten geschieht übrigens ganz ebenso wie die der Gattung Uredo, und die Uromyces-Blaschen nnterscheiden sich von diesen noch durch eine dunklere Orangefarbe, welche dem blofsen Auge mitunter ganz dunkelbraun erscheint. Die Gattung Uromyces ist sehr nahe mit Uredo ver- wandt, indem es Uromyces-Arten giebt (und wahrschein- lich findet es sich bei allen Arten dieser Gattung) wo man in einer und derselben Pustel wahre Uredo-Bläschen, näm- lich ungestielte, und dicht daneben lauter gestielte Bläs- chen findet. Besonders häufig sind die Uredo-Bläschen bei dem Aufbruche der Pustel, während später lauter wahre Uromyces-Blaschen zur Ausbildung kommen. Durch die- sen Umstand ist denn auch die Bestimmung mancher die- ser Rost-Arten, ob sie zu Uredo, oder ob sie zu Uromy- ces gehören, recht sehr schwierig und daher denn auch die vielen Synonyme, welche alle diese Bildungen mit sich fiihren. Auffallend ist mir immer das Erscheinen von Uromyces Euphorbiae Cyparissiae (Uredo scutellata Pers.)* Er findet sich bei uns in der Mark gar häufig und zwar stets an solchen mifsgestalteten Pflanzen, welche gewöhn- lich dasAecidium Euphorbiae tragen; er bedeckt gewöhn- lich die ganze untere Fläche der obersten jungen Blätter, kommt aber auch mit einzelnen Häufchen auf der obern Fläche dieser Blätter vor, ja ich habe mehrmals gefunden, dafs die Blätter der Euphorbia schon mehrere Pusteln der männlichen Aecidien-Bildung zeigten, worüber später die Rede sein wird, als plötzlich statt der weiblichen Aecidien-Pusteln die dunkel orangenbraun gefärbten Uro- myces-Pusteln hervortraten. So sah auch Herr Unger,*) *) Uebcr den Einilufs des Bodens etc. p.216. 138 dafs eine Uromyces-Art mit dem Aecidium Liliacearum am Schafte und an den Blättern von Lilium bulbiferum auftrat. Besonders häufig kommt Uromyces auf den Legumi- nosen vor und Herr Unger führt diese Art als Uromyces appendiculata auf, wozu Uredo appendiculata Pcrsoon und Caeoma appendiculosum Lk. gerechnet werden, doch wird auch hier dieses Schmarotzer-Gewächs wohl nur sehr selten in solcher grofsen Menge auftreten, dafs es den Pflanzen dadurch tödtlich wird. Mit besonderer Aufmerk- samkeit hat übrigens Herr Unger*) die Bildung der Uro- myces-Arten verfolgt und wir verweisen auf diese Arbei- ten, weil dieser Gegenstand an diesem Orte nicht weiter ausgeführt werden kann. 3. Puccinia Pers. und Link. Häufiger und artenreicher als Uromyces ist die Gat- tung Puccinia. Sie zeigt gestielte Sporangien (wenn man sie so nennen darf), die in der Mitte der Quere nach ein- geschnürt sind und im Linern 2 zusammenhängende, mit einer gefärbten und grumösen Masse gefüllte Bläsclien enthalten. Die Entstehung derselben ist ganz wie die der Uredo-Bläschen , aber bei der weitern Ausbildung schnürt sich das blasenförmig angeschwollene Ende des einfacrhen Schlauches durch eine Querwand in zwei besondere Hälf- ten ab und hierauf erfolgt die Bildung einer eigenen fei- nen Haut im Innern einer jeden dieser Abtheilungen. Dieses ist das Wesentliche in der Bildung der Puccinien; bei den verschiedenen Arten dieser Gattung wird man jedoch bald diese, bald jene kleine Abweichung von die- sen Angaben auffinden können. Man nannte die äufsere Haut dieser Puccinien-Bläsclien Sporangium, und die bei- den, im Innern befindlichen, mit der grumösen Masse ge- füllten Bläschen erklärte man für Sporidien, **) andere *) Die Exantheme clt. p. 278 und über den Einflufs des Bo- dens elc. p. 216. *♦) i>. Eyscnhardl'ä vortreffliche Arbrll über rlir Gattung Phrag- 139 nennen die äufsere gestielte IliuMe das Sporidiuni und die beiden innern Bläschen die Sporidiola. In wie weit diese Benennungen passend sind, wird man beurtlieilen können, wenn man erfährt, dafs von einer Fortpflanzung dieser Bildungen noch nichts beobachtet worden ist, ja dafs man weder das Hervortreten der beiden innern Bläschen aus dem sogenannten Sporangium, noch das der grumösen Masse aus dem Innern der Bläschen beobachtet hat. Die Puccinien treten ebenso wie die Uredines in run- den oder in linienförmigen Häufchen auf; sie sind ge- wöhnlich von einer dunklern orangegelben, bis ziemlich tief braunen Farbe und verhalten sich in ihrer ganzen Eut- wicklungsweise wie die Uredines. Die Gattung Puceinia ist sehr reich an Arten; uns interessirt an diesem Orte jedoch nur die Puceinia grami- nis , welche ebenfalls sehr häufig den Rost im Getreide bildet, ja bei dem grofsen Mifswuchse im Jahre 1804 scheint der Getreide -Rost hauptsächlich aus Puceinia graminis bestanden zu haben. IMan kann jedoch diese beiden Ar- ten von Rost, nämlich Uredo Rubigo, wovon pag. 34 die Rede war und Puceinia graminis schon mit blofsem Auge unterscheiden ; die erstere Art ist von heller orangerother Farbe, während die andere dunkel orange ja "bft fast dun- kelbraun gefärbt ist, auch bilden die Puccinien viel höher hervorstehende Häufchen als die Uredines. Schon Fon- tana wufste es, dafs der Rost im Getreide von zwei ver- schiedenen parasitischen Gewächsen gebildet wird. Die Puccinien-Bläschen sind wiederum auf verschie- denen Pflanzen-Gattungen und Familien sehr verschieden geformt und es lassen sich oftmals die Arten dieser Gat- tung sehr scharf bestimmen. Im Allgemeinen zeigen sie zwei Hauptformen: die eine ist eirund und zeigt genau in der Mitte die Querwand, die andere ist dagegen mehr in die Länge gezogen, mit bedeutendem Stiele versehen und ni'idiuin wnd Puceinia Potcnlillac in Bezug auf Bildungsgcselze er- läutert. Linnaea 1828 p. 8i. 140 oft auch auf dem oberu Ende zugespitzt. Im Innern der einzelnen .sporenartigen Zellen sind nicht selten die Zel- lenkerne zu sehen und in andern Fällen zeigt sich auch hier an dem gruniösen Inhalte die Molekular-Bevvegung. 4. P Ii r a g m i d i u m Link. Herr Link trennte noch die kleine Gattung Phragmi- diuiu von -Puccinia, welche sich durch lange, mehr cy- lindrische Sporangien auszeichnet, die im obern Ende noch ein in mehrere Fächer, 5, 6 bis 7 getheiltes Spo- ridium enthalten. Sowohl durch die, schon vorher ange- fidirte Arbeit von Eysenhardt, besonders aber in Herrn Unger's Werke über die Blattpilze, besitzen wir ausge- zeicluiet schöne Beobachtungen über die Bildung dieser, hoch entwickelten Schmarotzer, auf welche ich verweisen zu können glaube, indem es uns hier zu weit abführen würde, wollte ich specieller in die Bildungsgeschichte die- ser Gewächse eingehen, welche zwar ebenfalls Produkte einer innern Krankheit der Pflanzen sind, indessen nie- mals in solcher Bedeutung auftreten, dafs dadurch das Gee. Sie stehen sonst in keiner weitern Verbindung mit der Pflanzensubstanz und haben keine Spur von jenem flockigen Pilzgewebe, welches, gleichsam das Mycelium dar- stellend, mit den wahren Aecidien-Pusteln in Verbindung steht und sich durch das Intercellular- System der Blatt- substanz durchzieht. Um die Zeit, wenn diese männlichen Aecidien-Pusteln in vollkommener Ausbildung stehen, d. h. wenn sie aus der Oberfläche der Blätter u. s. w. hervor- brechen, bemerkt man in der Tiefe der Blattsubstanz (niemals so oberflächlich und dicht unter der Epidermis wie bei jenen) die Entstehung der weiblichen Aecidien- Pusteln und diese zeigen sich zuerst als kleine, ungefärbte, weiche und kugelförmige Körper, welche aus einem zar- ten und kleinmaschigen Zellengewebe bestehen. Die Sub- stanz dieses jungen Parasiten ist stets sehr bestimmt von dem umgebenden Zellengewebe zu unterscheiden, welches mit dem Parasiten sehr dicht verbunden ist und bei wei- terer Ausbildung desselben etwas zusammengedrückt und dadurch hie und da zerstört ward. Je gröfser der Parasit wird, um so mehr zeigt sich eine schleimige, feingekörnte Substanz , welche den Umfang des Parasiten und die zu- nächst liegenden Zellen umhüllt, und das flockige, aus zar- ten gegliederten und vielfach verästelten Fäden bestehende Gewebe , welches wohl das Mycelium des jungen Parasi- ten ist , breitet sich immer mehr und mehr durch die In- tercellular-Gänge der Blattsubstanz aus. Die Entwicklung und Ausbreitung dieses Mycelium's richtet sich ganz und 10* 148 gar nach der Gröfse der liitercelltilar-Gänge; ist die Blatt- substanz locker und mit grofsen und weiten Intercellular- Gängen und Höhlen versehen, so wird auch das Mycelium stark ausgebreitet, im Gegentheile aber beschränkt sich die- ses oft nur auf einige wenige und kurz verästelte Fäden. Wie die Zellenbildung bei der Entwicklung des jun- gen Parasiten erfolgt, ist noch nicht beobachtet; es schien mir aber, dafs auch hier ein Bilden ,von 4 und 4 Zel- len im Innern einer jeden einzelnen vor sich gehe. Hat der junge Parasit eine gewisse Gröfse erreicht, so fängt er an, sich gelbröthlich zu färben und die Zellen der äufser- sten Schicht nehmen eine besondere Festigkeit und ein getüpfeltes Ansehen an, wodurch die äufserste Zellenschicht des Parasiten zu einer festen, mehr pergamentartigen Hülle umgewandelt wird, welche das Peridium darstellt. Mit dieser Entwicklung rückt der Parasit aus der Tiefe der Blattsubstanz an die Oberfläche des Blattes oder desjeni- gen Theiles, in welchem er vorkommt; er durchbricht hier- auf die Epidermis und öffnet sich nun an freier Luft durch Zerreifsen der hervorgetretenen Spitze des Peridium's. Bei den verschiedenen Arten dieser Aecidien wächst das Pe- ridium nach dem Hervorbrechen noch mehr oder weniger weit über die Oberfläche hinaus, ja der ganze Parasit nimmt eine Cylinderform an und nun zerreifst die frei liegende Spitze des Peridium's. Auch dieses Zerreifsen des Peridium's ist bei verschiedenen Arten sehr ver- schieden; gewöhnlich geschieht es strahlenförmig nach den verschiedenen Richtungen hin, und dann klappen die einzelnen, dadurch entstandenen Lappen des Peridium's zurück und umkränzen den Rand des Bechers, welchen jetzt die geöffnete Aecidien-Pustel darstellt. Bei einigen Arten gehen die Zerschlitzungen des Peridium's sehr tief und dann sind die Lappen sehr fein und haarförmig, wo- durch die Pusteln ein rauhes Ansehen erhalten u. s. w. Durch alle diese Verschiedenheiten in der Form der Pu- steln und in der Form des aufgeplatzten Peridium's wer- den die verschiedenen Arten dieser grofsen Gattung von 149 parasitischen Pflanzen bestimmt, ja man hat sogar eine besondere Gattung liierauf gegründet, nämlich die Gattung Roestelia, welche jedoch ihr Begründer, Herr Link, wie- der aufgegeben hat. Die Roestelia cancellata des Herrn Link ist die bekannte grofse Aecidien -Bildung auf den Blättern unserer Birnbäume ; die einzelnen Pusteln werden sehr grofs, ragen cylindrisch 1^ — 2 Linien hoch über die Blattfläche hinaus und sind an ihrem freistehenden Gipfel sehr tief geschlitzt. Auch hier, bei der Roestelia, ist schon lange, oft 6 — 7 Wochen vorher, an der erkrankten Stelle des Blattes das Auftreten jener, von mir als männlich bezeichneten Aecidien -Pusteln zu sehen; diese Gebilde treten in grofser Menge zusammengehäuft auf und bilden orangerothe, etwas erhabene Flecke; später pflegt auch an diesen Stellen die Substanz des Blattes etwas anzu- schwellen und dann bilden sich, meistens auf der entgegen- gesetzten Seite des Blattes, diese wahren Aecidien-Pusteln aus. Gar sehr häufig bleibt es jedoch auf den Blättern des Birnbaums bei der blofsen Entwicklung der männ- lichen Pusteln und es kommt nicht weiter zur Ausbildung der wahren weiblichen Pusteln. Sobald sich das Peridium der weiblichen Aecidien- Pustel geöfi"net hat, zeigen sich die orangerothen sporen- artigen Bläschen in Form eines feinen Staubes, der an der Oberfläche der Pustel verfliegt; genauere Untersuchung zeigt, dafs diese sporenartigen Bläschen in Reihen auf- einandergestellt sind und diese Reihen genau neben ein- ander liegen. Die Entwicklung der sporenartigen Bläschen geschieht von Oben nach Unten; ja die obersten Bläschen sind oft schon lange verstäubt, während die Basis dieser Zellenreihen noch nicht einmal gelbroth gefärbt ist, und auf dem Grunde des Peridium's auch noch keine regel- inäfsige Trennung der künftigen sporenartigen Zellen zu sehen ist, Herr Corda*) hat nändich eine Darstel- lung einer Pustel von Aecidium Tussilaginis nach einem *) S. Icones fungoium lll. 1839 Tab. III. Fig. 3. 150 Querschnitte geijeben, welclie jedoch wohl in den wesent- lichen Punkten, nämlich an dem Grunde der Pustel, und ebenso iiiHinsiclit der Verbindung des Peridiuni's mit den angrenzenden Zellen, unrichtig- ist, so wie wir auch die Darstellung des flockigen Mycelium's niclit der Natur getreu linden können. Aus dieser Darstellung des Baues und der Ent- wicklung der Aecidien ist leicht einzusehen, dafs die Aecidien nicht zu den Uredo- und Ustilago-Bildungen zu stellen sind, sondern dafs sie mehr zu den wahren Gaste- romyceten oder den Balg-Pilzen gehören. Auch die Aeci- dien sind w^alire Entophyten, wie dieses aus der Beobach- tung über das erste Auftreten derselben hervorgeht und an eine Entstehung derselben durch Fortpflanzung der sporenartigen Bläschen derselben darf nicht gedacht w^er- den. (6) Selbst das Keimen der sporenartigen Bläschen habe ich und viele andere Beobachter niemals wahrnehmen kön- nen, und ich habe diese Bläschen von verschiedenen Aeci- dien-Arten sein- häufig ausgesäet; es mufs also, wenn sie wirklich keimen, eine sehr seltene Erscheinung sein. Herr Corda (a. a. O. p. 16) gibt an, dafs ihm eine solche Aus- saat von Aecidium Tussilaginis auf feuchten Blättern von Tussilago gelungen sei; die Bläschen entwickelten durch Dehnung ihrer Haut ein Wärzchen, welches zu einem Zell- faden ward, der nach allen Polen Faserzellen ausschickte. Ja Herr Corda gibt an, dafs er sogar gesellen habe, wie die Keimfäden dieser Aecidien-Bläsclien durch die Spalt- öff'nungen der Oberhaut in das Parenchym des Blattes eindrangen und sich daselbst zu verzweigen anfingen. Dieses ist wahrlich eine feine Beobachtung, es ist aber leider nicht möglich, eine solche zu wiederholen! XIV. Die Protomyces -Bildung. Herr ünger*) entdeckte eine sehr interessante Ento- phyten-Bildung, welche er mit dem Gattungs-Namen Pro- *) Die Exaulltetuc clc. p. 341. 151 tomyces bezeichnete und sie als ein Verbindungsglied zwischen die Brand -Bildung und die wahren Blattpilze hinstellte. Bei dem wahren Steinbrande und dem Flug- brande haben wir die Entstehung dieser Entophyten im Innern der Zellen klar nachgewiesen und bei der Beschrei- bung des Auftretens der Botrytis parasitica P. auf unserm Taschen-Pfeffer wird man finden, dafs auch dieser Pilz durch krankhafte, abnorme Ablagerungen im Innern der aufgetriebenen Zellen entsteht, aus diesen hervorbricht und dann zwischen den Zellen weiter fortwächst; hierbei der Protomyces-Bildung ist dagegen deutlich zu sehen, dafs diese Entophyten durch krankhafte Absonderungen aufser- halb der Zellen entstehen, und zwar auf folgende Weise. Im ausgebildeten Zustande zeigt sich der Protomyces in Form von einzelnen, ganz für sich bestehenden, kugel- förmigen oder ellipsoidischen Bläschen, welche zerstreut zwischen den Zellen des von der Krankheit ergriffenen Gewebes vorkommen. Bei Aegopodium Podagraria hatte ich Gelegenheit diese Bildung vielfach zu beobachten; sie ist von Herrn Unger als Protomyces macrosporus bezeich- net, verhält sich aber in verschiedener Hinsicht anders, als von ihm angegeben ist. Der Protomyces macrosporus zeigt sich auf verschie- denen Theilen der Blätter; am gewöhnlichsten bildet er callöse Wülste, welche auf der Oberfläche des gemeinschaft- lichen Blattstieles wie an den einzelnen Stielchen hervortreten, im Anfange sehr blafsgriin, später aber auf der Oberfläche etwas gelbbräunlich gefärbt sind; auch auf den Blättern selbst erscheint dieser Pilz und ist stets mit knorpelartig harten und bullösen Auftreibungen der Blattsubstanz begleitet. Bald treten diese harten, hellgelblich gefärbten Blasen nach der untern Fläche der Blätter, bald nach der obern her- vor und auch in Hinsicht ihrer Anzahl auf einem und dem- selben Blatte zeigen sie die gröfste Verschiedenheit. Gar häufig sind die hervorragenden Rippen und Adern der Blätter mit den wulstartigen Auftreibungen, welche eben- falls diesen Pilz enthalten, bekleidet. 152 Am deutlichsten tritt obige Protoinyces-liikluiig- auf zart gefiilu'ten Querschnitten hervor. Man sieht dann eine grofse Menge von runden und sehr dickwandigen Blasen, welche scheinbar ganz unregelmäfsig im Zellgewebe des aufgetriebenen Organes verbreitet sind: dies normale Zellengewebe ist gewöhnlich zartwandig, dicht und fast gar keine Intercellulargänge zeigend. Bald sind die Pro- tomyces-Bläschen gröfser bald kleiner,- als die angrenzen- den Zellen, und oft scheint es, als wenn die einzelnen Protomyces-Zellen mitten in den andern parenchymatischen Zellen gelagert seien, was sicli aber, bei einer genaueren Untersuchung, als unrichtig erweist. Im ausgebildeten Zu- stande besteht eine solche, durch Protomyces-Bildung veran- lafste Auftreibung an den Blättern von Aegopodium aus einer Menge von grofsen Blasen, die im Innern mit einem fein- körnigen Pulver gefüllt sind und drei sehr weit auseinander stehende Umgränzungs-Linien zeigen, welche auf zwei sehr dicke Häute deuten. Sowohl die äufsere als die innere Membran dieser Blasen ist wasserhell und gallertartig, aber ziemlich fest. Einzelne Blasen (diese sind aber sehr sel- ten) enthalten statt der feinkörnigen Substanz eine grofs- körnige Masse, die Amylum-Kiigelchen ähnlich erscheint. Sehr viele der einzelnen Protomyces- Bläschen haben aber ihren Inhalt entleert oder derselbe ist in ilinen nicht zur y\usbildung gekommen, imd diese Blasen zeigen sehr auffallende Eigenthümlichkeiten. Die äufsere, dicke, glas- artige Haut ist an ihnen wie gewöhnlich; das Innere der- selben ist aber mit einer wasserhellen, gallertartigen dicken Membran bekleidet, welche sich unter vielfach verschie- denen Formen zusammenfaltet und in der noch zurück- bleibenden Höhle eine geringe IMenge einer feingekörnten Substanz enthält. Wenn man die einzelnen, so ausgezeichnet gestalteten Bläschen dieses Protomvces näher betrachtet, so wird man hie und da den Verlauf der zarten Zellenwände erken- nen, welche den zunächstliegenden Zellen angehören und man wird sie!» allmählich überzeneren können, dafs die 153 Protoniyces-Blaschen auch hier zvvisclieii den Wänden an- stofsender Zellen und nicht im Innern derselben entstehen; ändert man den Fociis des ^likroskops, so wird man gewöhnlich sehen können, dafs drei, mit ihren Kanten zusammenstofsende Zellen gerade über dem Scheitel jedes einzelnen Protomyces-Bläschens fortlaufen. Ich habe die Anschwellungen der Blattstiele und der Blattsubstanz von Aegopodium Padagraria öfters untersucht, aber niemals in dem angeschwollenen, mit dem Protomyces macrosporus befallenen Theile grofse Intercellulargänge gefunden, wel- che ganz mit einer schleimig gekörnten Substanz gefüllt sein sollen, wie es Herr Unger^) abgebildet hat. Ich sah keine Spur von erweiterten Intercellulargängen an diesen krankliaft aufgetriebenen Stellen, sondern die Protomyces- Bläschen waren überall auf das Innigste mit den glatten Wänden der angränzenden Zellen unmittelbar verwachsen. Das erste Auftreten dieser, so höchst eigenthümlichen Entophyten glaube ich hier in folgender Art wahrgenom- men zu haben. Ich sah, dafs an verschiedenen Stellen zwischen den beiden Zellenwänden angrenzender und unmittelbar vereinigter Zellen Ablagerungen einer schlei- migen und feingekörnten Masse auftraten: diese Massen nahmen an Umfang zu, rundeten sich immer mehr und- mehr, überzogen sich mit der gallertartigen Membran und stellten so die jungen Protomyces-Bläschen dar. Die callösen Auftreibungen und Anschwellungen der von der Protomyces -Bildung befallenen Theile brechen niemals auf, wenngleich sie auch im Alter ihre Oberfläche stark entfärben, gelbbraun und selbst dunkelbraun ^verden, es treten also auch die Protomvces-Bläschen, die sich im Innern jener Anschwellungen befinden, niemals hervor; sie sind fast immer von der Epidermis oder der äufsersten Zellenschicht eingeschlossen und nur ein einziges Mal habe ich beobachtet, dafs eine der Zellen der äufsersten Zellenschicht ganz und gar Form und Inhalt u. s. w. 0 a. a. O. Taf. Vf. Fig. 28. 154 eines Protomyces-Blaschen's angenommen hatte. Wie die- ses Bläschen entstanden war, konnte natürlich niclit beob- achtet werden. Die Protomyces-Bläsclien, wie die Ustilago- oder Brand- Bläschen, gehören demnach zu den einfachsten Entophy- ten, ja die Protomyces-Bläschen stehen noch tiefer als die Ustilago-Bildungen, obgleich in beiden Fällen an eine Fort- pflanzung der sporenartigen Körper nicht zu denken ist. Diese Bildungen aber, welche als Produkt einer Krank- heit auftreten, sich der Form nach regelmäfsig individua- / lisiren, sich aber fortzupflanzen nicht im Stande sind, möchten uns einen Fingerzeig zu den Vorstellungen ge- ben, welche wir uns über die Erzeugung niederer Orga- nismen, durch Generatio originaria zu machen haben. In Tyrol fand Herr Unger das Galium MoUugo nicht selten von einer Protomyces- Bildung befallen, welche er mit Protomyces endogenus bezeichnet. Die sporenartigen Blasen dieser Gew^ächse sind klein, oval, blafs, später bräunlich und endlich schwarzbraun mit etwas w^arziger Oberfläche: sie erfüllen in Masse die sehr erweiterten In- tercellulargänge, welclie noch aufserdem eine zahllose, äufserst lebhaft herumschwimmende Menge von Molekülen enthalten. Das Galium aber, welches von dieser Krank- heit ergriffen ist, zeigt sich immer sehr verkrüppelt; es hat einen zwergartigen Stengel mit stark verkürzten Glie- dern; die Knoten sind angeschwollen und ebenso wie die Blattnerven bläulich-schwarz von Farbe. Auch die Blät- ter bleiben kürzer, werden dicker und die ganze Pflanze scheint unfruchtbar zu bleiben. XV. Die schimmelartigen Entophyten. Die Zahl der schimmelartigen Ge^vächse, welche im Innern höherer Pflanzen entstehen, liier oder da auf der Oberfläche derselben hervorbrechen und mehr oder weniger grofse Zerstörungen veranlassen, ist ebenfalls ungemein grof«;. Wir werden finden, dafs die vielfach 155 gefärbten, brandartigeii Flecke, welche auf den Blät- tern und auf andern Theilen der Pflanzen so häutig vor- konmien,- ebenfalls fast immer kleinen Pilzen ihren Ur- sprung verdanken; es sind aber verhältnifsmäfsig nur noch sehr wenige genauer untersucht. Die merkwürdigsten die- ser parasitischen Bildungen sind: Die B o try tis-Schimm el. Botrytis Mich. Dieser Schimmel besteht aus röhrenförmigen geglie- derten und verästelten Fäden, von denen die sporentra- genden sich erlieben, aufrecht stehen, und sich nach der Spitze ' hin mehr oder weniger stark verästeln. An den Enden der kleinsten Aestchen sitzen dann die ziemlich grofsen, runden oder elliptischen Sporen in grofser Menge zusammengehäuft. Durch die Herren Link, Persoon, Nees V. Eseubeck, Fries u. s. w. sind schon viele dieser Botrytis- Scliimmel beobachtet und beschrieben; man will die mei- sten auf trocknen oder auf faulenden Pflanzentheilen be- obachtet haben, doch ein genaueres Nachsuchen zeigt, dafs sehr viele derselben auf ganz frisclien Pflanzen ent- stehen und zwar als Produkt eines krankhaften Zustandes derselben hervorgehen. Auf unserer Hirtentasche, der Capsella Bursa pastoris kommt die Botrytis parasitica Pers. (B. ramulosa Link und B. nivea Mart. flor. Erl.) vor, welche stets mit mehr oder weniger starken Auftreibungen der Pflanze begleitet ist und an welcher sich Mehreres sehr deittlich beobach- ten läfst, was bei andern Arten dieser Gattung nicht der Fall ist. IMan hat bisher sowohl die Botrytis parasitica, als auch die Anschwellungen verschiedener Theile der Cap- sella beobachtet, doch dafs beide von einander abhängig sind, hat man noch nicht beschrieben. Herr Unger*) spricht sehr ausfiihrlich von solchen angeschwollenen und verkrüppelten Individuen der gemeinen Hirtentasche, wel- che er bei Wien und in Tyrol sah, und ähnliche Mifsbil- *) Die Exanlhemc etc. p. 253. 156 düngen hat man an Hesperis tristis und an Hesperis ma- tronalis wahrgenommen. Herr ünger sah die weitverbrei- teten Pusteln der Uredo Candida auf jenen verkrüppelten Capsella Individuen, doch fand er keinen besondern Blatt- pilz, welcher denselben veranlafst haben könnte. Diese Verkrüppelungen der Capsella sind indessen in unsern Gegenden sehr häufig und wenn die Witterung danach ist, im Frühjahr, im Sommer und im Herbste zu finden; bald sind blofs einzelne Theile des Stengels, bald sind Blätter, Blüthen, Früchte und zuweilen ist die ganze Pflanze von diesem krankhaften Zustande ergrififen, welcher sich in partiellen oder in allgemeinen Anschwellungen oder Auf- treibungen des parenchymatischen Zellengewebes zeigt. Es ist sehr gewöhnlich, dafs sich auf der Oberfläche die- ser angeschwollenen Stengel^^ Früchte u. s. w. die weifsen Uredo-Pusteln zeigen, und zwar in so grofser Anzahl, dafs sie in einander zusammenfliefsen ; häufiger ist es indessen, dafs gerade solche, schon mit den Uredo-Pusteln bedeckten Stellen der Pflanze mehr, oder weniger stark anschwellen und dann später die Botrytis-Bildung zeigen. Haben end- lich jene Anschwellungen eine gewisse Gröfse erreicht lind ist die Epidermis auf den Uredo-Pusteln überall auf- gerissen, so tritt der Botrytis -Schimmel in mehr oder weniger grofser Anzahl von Stämmchen aus dem Innern des grünen Parenchyms hervor, bricht durch die Bläschen- masse der Uredo-Pusteln, verästelt sich oberhalb der- selben und bildet kleine Rasen, welche der Oberfläche der Anschwellung ein weifses, rauhes, aber wie bepuder- tes Ansehen geben. Bei oberflächlicher Untersuchung scheint die Botrytis auf den Uredo-Bläschen zu sitzen und defs- halb erhielt sie den Beinamen Botrytis parasitica; wenn man aber diese Anschwellungen genauer untersucht, so findet man, dafs sich eine gröfsere Menge von Zellen dar- in gebildet hat, dafs diese Zellen und ihre Intercellular- gänge grofser erscheinen als im normalen Zustande und dafs sich das Hypostroma der Botrytis zuerst im Innern dieser Zellen entwickelt, aus diesen hervorbricht, sich in den 157 Intercellulargängen nacli allen Richtungen hin umherzieht und endlich durch die Masse der locker auf einander lie- genden Uredo-Bläschen hindurchbricht. An der Darstellung jener Anschwellungen des Stengels nimmt sowohl das Par- enchym, welches aufserhalb des Holzringes liegt und also die Rinde bildet, als auch das Parenchym des Marks Antheil ; und es bildet sich, sowohl in den Zellen des Mar- kes, wie in denjenigen der Rinde, hie und da das Mycelium jenes Schimmels; aber aus den Zellen des Markes kommt er wohl niemals zum Herausbrechen. Im Innern dieser Parenchym-Zellen zeigen sich die ersten Bildungen der Botrytis als kleine, wasserhelle, schleimige Ablagerungen, welche bei aller ihrer Formverschiedenheit dennoch be- stimmte Gestalten annehmen; sie zeigen sich zuerst als runde oder ellipsoidische plattgedrückte Schleimmassen, welche noch mehr oder weniger der innern Fläche der Zellenmembran anliegen, dann verlängern sie sich, krümmen sich je nach der Form der Zelleii, verästeln und vergrö- fsern sich so bedeutend, dafs oft die Zellen fast ganz da- mit gefüllt sind. In diesem Zustande brechen diese, in eine Pilzform übergegangenen krankhaften Ablagerungen aus dem Innern der Zellen der Rinde hervor und laufen eine Strecke weit als winzige, sich noch immer sehr unregelmäfsig ge- staltende und unregelmäfsig verästelnde Fäden, welche in gröfsern Intercellulargängen sogleich einen bedeutenderen Umfang annehmen, umher, bis sie in die äufsern und lock- ren Zellenschichten der Rinde gelangen und von hieraus als Stämmchen, die später Früchte entwickeln, durch die Uredo-Masse hindurchbrechen. Dieser kranke Zustand der Capsella entwickelt sich, begleitet von der Uredo-Bildung, bei feuchtem Wetter und tritt unter diesen Umständen im Frühjahr, wie im Som- mer und besonders am Ende des Sommers ein; ist das Frühjahr sehr trocken, so ist es gewifs eine grofse Sel- tenheit, auch nur ein Exemplar der Art zu finden. Eine andere Schimmelbildung der Art ist die Botry- tis epiphylla Pers. (Botrytis farinosa Fr.), welche auf 158 der untern Fläche der Blätter vonAtriplex- und Clienopo- dium-Arten vorkommt. Sie ist von einer mehr grauen, schmutzigen B^arbe und bedeckt mehr oder weniger grofse Flächen der Blätter genannter Pflanzen. Im jungen Zu- stande, wenn diese Schimmel aus den Oeflfnungen der Epi- dermis hervorbrechen und noch nicht viel verästelt sind, haben sie einige Aehnlichkeit mit Erineum-Bildungen, und man hat sie denn auch als solche häufig aufgeführt und ein Fragezeichen dazugesetzt. Eine stärkere Vergröfse- rung zeigt jedoch, dafs diese Schimmel nichts mit der Eri- neum-Bildung gemein haben. Die Botrytis epiphylla ist ofiFenbar gleichfalls das Produkt einer Krankheit derjenigen Pflanzen, welche damit bezogen werden und ihr Auftreten ist ebenfalls mit einer Veränderung der Substanz des Blattes verbunden; doch kommen hier niemals solche grofse Ent- artungen und Anschwellungen vor, wie bei der vorher- gehenden Art. Das Blatt, oder die Stelle des Blattes, welche von der Botrytis bezogen wird, zeigt sich etwas aufgetrie- ben, bildet mitunter selbst Bullositäten und zeigt schon eine Entfärbung, wenn kaum die erste Spur des Schim- mels auf die Oberfläche der untern Seite des Blattes kommt, und später pflegt die vom Schimmel ergriffene Seite mehr oder weniger hellgelb gefärbt zu erscheinen, sich mitunter zu krümmen und auch wohl noch weitere Defor- mitäten einzugehen, was jedoch nur selten der Fall ist. Ich habe an diesen Blättern, ihrer Zartheit wegen, nicht das erste Auftreten des Schimmels wahrnelunen kön- nen, wohl aber kann man sehen, wie sich die gegliederten Fäden des Hypostrom's durch die Intercellular-Gänge des Blattes hindurchziehen und wie endlich die sporentragenden Aeste zu den Spaltöfi'nungen der untern Blattfläche hervor- treten, sich hier verästeln und Sporen entwickeln. Die Sporen werden im reifen Zustande grau-bläulicli gefärbt und theilen diese Farbe auch den erkrankten Flächen der Chenopodium-Blätter mit. Im vergangenen Jahre (1840) war die Botrytis epi- phylla in unsern Gegenden ganz ungemein häufig und zwar auf den Blättern von Chenopodium albuni. Die Witterung war im Anfänge dieses Jaln-es sehr trocken, aber dennoch zeigte sich der Schimmel schon im Früh- jahr und zwar sowold auf reinem Sandboden, als auf gutge- diingter schwarzer Gartenerde. Eine andere Art von Botrytis, nämlich Botrytis nivea Mart., kommt sehr häufig auf der untern Fläche der Blätter von Aegopodium Podagraria vor und ist schon von Herrn Langer*) beschrieben und abgebildet. Herr Unger sah diese Schimmelbildung in Tyrol und in andern Pro- vinzen Oestreich's imd ich fand sie in der Gegend um Berlin und besonders im Oder-Thale sehr häufig; es giebt feuchte Jahre, in welchen man an jedem schattigen und feuchten Orte, wo das Aegopodium vorkommt, auch die Schimmelbildung auf den Blättern desselben findet. Gar häufig findet sich auf solchen erkrankten Blättern zugleich die Puccinia Aegopodii Pcrs. ; doch fand ich bald die eine dieser Bildungen, bald die andere vorausgehend. An den Blättern des Aegopodium's ist besonders leicht zu sehen, dafs eine Erkrankung ihrer Substanz der Bildung des Scliimmels vorangeht; man findet die Blätter gefleckt und diese Flecken zeigen auf der obern Blattfläche eine gelbliche Färbung; mitunter findet auch einige Auf- treibung der Substanz des Blattes statt. Besonders häufig zeigt sich diese Krankheit an den Blättern solcher Pflan- zen, welche im tiefen Schatten und dicht an Gräben und Quellen mit fliefsendem Wasser stehen; diese pflegen geil aufzuschiefsen und eine gelblichgrüne Färbung zu zeigen, welche auf den gestörten Respirations-Prozefs dieser Pflan- zen hindeutet, und diese Individuen sind es gerade, welche am meisten von dieser Schimmelbildung, wie von den Blatt- pilzen, befallen werden. Der Botrytis-Schimmel auf den Blättern von Aegopo- dium Podagraria unterscheidet sich schon bei dem ersten Anblicke von Botrytis parasitica, welche auf der Capsella ') Die Exantheme etc. p. 170. Tab. II. Fig. 14 ♦ ^ 160 vorkommt; die Blätter von Aegopodium sind mit einem sehr lockern und flockigen Wesen bezogen, welches nmn, mit blofsem Auge betrachtet, mehr für das Gewebe irgend eines Insektes zu lialten geneigt sein möchte. Herr Unger giebt an, eben diese Schimmelbildung auch auf Chenopo- dium bonus Henricus, an Geranium sylvaticum, Euphrasia officinalis, Senecio vulgaris, Chrysosplenium alternifolium, Isopyrum thalictroides und an Ranunculus repens gefun- den zu haben. Herr Unger hat bei seinem vieljährigen Aufenthalte in Tyrol die schönste Gelegenheit gehabt, die Botrytis-Bil- dungen auf einer grofsen Menge von Pflanzen zu beobacli- ten; er fand*) die Botrytis conferta (Botrytis ramosissima, ramis divaricatis, ramulis approximatis, sporidiis ovalibus minoribus) auf lebenden Blättern von Phyteuma betonicae- folium, Cardamine hirsuta und Sisymbrium impatiens, wo sie die ganze Unterseite mit einer feinen Wolle überzieht und auch nicht selten in Gesellschaft eines Blattpilzes er- scheint. Auf Veronica Beccabunga kommt eine andere Art vor, welche sich durch ihre graue Farbe, wie durch die Bullosität auszeichnet, die sie an den grünen Blättern der Pflanzen veranlafst. Eine andere Botrytis mit verhält- nifsmäfsig dicken und kurzen Stämmchen, mit kurzen und einfachen Aesten und fast runden Sporen fand Herr Unger auf Anemone ranunculoides , nemorosa und Hepatica, an erstem Pflanzen aber immer nur in Verbindung mit Aeci- dium punctatum, wodurch die Blätter zugleich sehr verun- staltet werden; diese neue Art wird Botrytis pygmaea genannt. Eine andere Botrytis, mit sehr grofsen, birnför- migen Sporen und schöner, weifser Farbe fand sich auf Pimpi- nella Saxifraga und ward Botrytis macrospora genannt. Cylindrospora Grov. Eine andere den Blättern der lebenden Pflanzen ein- wohnende Schimmel-Art zieht noch mehr die Aufmerksam- *) S. dessen Exantheme etc, p. 172. 161 keit der Gärtner auf sich, indem sie oft gar häufig vor- kommt und die Blätter der davon befallenen Pflanzen mehr oder weniger stark befleckt. Herr Greville bildete aus die- sem Schimmel, den er auf den Blättern der Brassica ole- racea beobachtete, die Gattung C y 1 i n d r o s p o r a , und Herr Unger*) fand dergleichen Bildungen auf vielen Pflanzen und beschrieb sechs verschiedene Arten derselben, zugleich führt er**) diese Pflanzen unter der Aufschrift Cyanosis vegetabilium auf. Es ist in der That aufi'allend, dafs diese so niedlichen Schimmel-Bildungen nicht schon früher die Aufmerksam- keit der Pilzkenner angeregt haben, da ihr Auftreten stets von mehr oder weniger ausgezeichnet gefärbten Flecken begleitet ist. Die Farbe dieser Flecke ist gewöhnlich mehr oder weniger tief violett und dieses ist wohl die Ursache, dafs Herr Unger die Krankheit, deren Produkt diese Schim- melbildung sein möchte, die Cyanosis der Pflanzen ge- nannt hat. Die zur Gattung Cylindrospora gehörigen Gebilde haben einen zarten, flockigen Thallus, der aus gegliederten und verästelten Fäden besteht und sich in den Intercellu- largängen der erkrankten Blätter verbreitet; durch die Spaltöff'nungen treten, von dem Thallus ausgehend, kleine Büschel, oft nur aus 3 — 4, oft aber aus einer weit grö- fsern Zahl von kleinen Fäden bestehend, welche in mehr oder weniger cylindrisch geformte Sporen zerfallen. Ein jeder dieser, aus den Spaltöfi'nungen hervorragenden Fäden besteht aus 3 — 4 solchen länglichen Sporen. Mit dem Erscheinen dieses Pilzes ist aber zugleich eine eigenthüm- liche Entfärbung der davon ergrifi'enen Blattsubstanz ver- bunden ; zuweilen ist die, dem Vorkommen des Pilzes ent- gegengesetzte Stelle des Blattes mehr entfärbt, zuweilen ist aber gerade diejenige Fläche aufl'allender gefärbt, auf welcher die kleinen Schimmel aus den Spaltöfi'nungen her- *) Die Exanllieme etc. p. 166. **) S. Unger über dea Einflufs des Bodens etc. p. 222. Meyen. Pathologie, J^j^ 162 vortreten. Gewifs werden viele Flecke, welche auf den Blättern verscliiedener Pflanzen vorkommen und so häufig mit dem Namen der Brandflecke belegt werden, durch das Vorkommen dieser kleinen Schimmel veranlafst, wozu be- sonders der Umstand Veranlassung gibt, dafs das Zellen- gewebe nach der Ausbildung des Schimmels abstirbt und zuweilen sogar an diesen, von dem Schimmel ergrifi'en ge- wesenen Stellen Durchlöclierungen der Blätter entstehen, wie dieses an Glechoma beobachtet wurde. Gewöhnlich kommt es nur bis zum Absterben und Vertrocknen des Parenchym's der erkrankten Stelle des Blattes, wie ich es selbst an sehr vielen Pflanzen gesehen habe. Einen nachtheiligen Einflufs auf das Wachsthum der Pflanzen kann man dieser Entophyten-Bildung gerade nicht zuschreiben, selbst nicht einmal an den Erdbeer-Pflanzen ist dieser wahrzunehmen, an welchen diese Krankheit seit den letzten 3 — 4 Jahren hier in der Umgegend von Berlin in solchem Grade herrscht, dafs mitunter der 5te bis 4te Theil der Fläche der Blätter mit diesen Flecken bedeckt ist. Es tre- ten übrigens bei keiner andern Pflanze, auf welcher ich diese Krankkeit sah, die Flecke so genau begrenzt und so dunkel- violett gefärbt auf, als gerade auf den Blättern der Erd- beeren, welche durch diese Flecke sogar ein sehr nied- liches Anseilen erhalten, was in den spätem Vegetations- Perioden noch um so schöner wird, indem das Zellen- gewebe in der Mitte eines jeden dieser violetten Flecke abstirbt und als ein weifsgelblicher Feck zurückbleibt. Auf der untern Fläche der Erdbeer-Blätter ist die Fär- bung dieser Flecke viel geringer und besonders schmal ist der violett gefärbte Ring, dagegen breiter der entfärbte Fleck in der iMitte dieses Ringes. Auch die Blätter von Leontodon Taraxacum und die von Cichorium Intybus sind mitunter auf einem grofsen Theile ilu'er Oberfläche mit gro- fsen und schön violettroth gefärbten Flecken bedeckt, die oft sämmtlich zusammenstofsen. Besonderer Erwähnung geschieht hier nocli der Cy- lindrospora nivea, welche Herr Unger zuerst beschrie- 163 ben hat. Dieser Schimmel kommt auf den Blättern der Veronica Beccabiinga vor und bildet kleine, schneeweifse Sporen-Häufchen, die mit heller gefärbten oder etwas mifs- farbigen Flecken begleitet sind. liier, wie in manchen an- dern Fällen, ist die Menge der hervortretenden Sporen- Fäden so grofs, dafs die Epidermis dadurch zerrissen wird. Eine Bestimmung der Arten kann uns hier nicht wei- ter interessiren ; es ist aber wirklich nicht schwer die auf- fallenden Verschiedenheiten hervorzuheben, welche diese Pilzbildungen auf verschiedenen Pflanzen-Familien sowohl in Hinsicht ihrer Form, als durch die Färbung der Flecke, welche die davon ergrifi"enen Stellen der Blätter annehmen, darbieten. Da bisher diese Schimmel-Bildung noch nie in so grofser Menge unsere Cultur-Pflanzen befallen hat, dafs diese darunter Schaden litten, so hat man auch an eine Vertreibung dieser Krankheit noch nicht gedacht. Die meisten Pflanzen, deren Blätter ich mit Flecken von Cy- lindrospora-Arten bedeckt fand, wuclisen in feuchten und wenig sonnigen Orten ; besonders waren es Pflanzen, wel- che im Schatten anderer Gewächse standen, so dafs ich glauben möchte, dafs die Ursachen dieser Krankheit mit jener des Mehlthaues oder der Erysibe-Bildung ziemlich übereinkommen. Es giebt übrigens sicherlich noch manche andere schimmelartige Entophyten, welche dergleichen Flecke auf den Blättern verschiedener Pflanzen hervorrufen und deren nähere Beobachtung den kommenden Zeiten vor- behalten ist. So fand ich auf den Blättern verschie- dener Hieracien, welche in ilirer ganzen Fläche eine röthliche Färbung angenommen hatten, mehr oder weniger grofse und runde schwarze Flecke, die mit einem gelben Rande eingefafst waren. Alle die erweiterten Intercellu- largänge dieser Blätter waren von einem flockigen zarten Mycelium durchzogen, der sich besonders schön in jüngeren Blättern zeigte , und die Atliemliöhlen derjenigen Stellen, welche gefleckt waren, entliielten eine Menge kleiner und ziemlich runder, ungefärbter und durclisichtiger Bläschen. 11* 164 Bei genauerer Untersuclmiig zeigten sich auch verschiedene Zellen im Diachym dieser Blätter, welche einzelne Bläs- chen der Art enthielten, wie jene in den Athemhöhlen diclit unter der Epidermis , und manche dieser Bläschen im In- nern der Zellen hatten nach verschiedenen Richtungen hin feine, einfache und auch verästelte Fädchen ausgetrieben, oder, was noch wahrscheinlicher schien, die Fädchen waren an einzelnen Stellen zu jenen Bläsclien angeschwol- len. Von Auftreibungen waren diese Entophyten nicht begleitet. Noch eine andere Gattung dergleichen Schimmelbil- dungen fand ich auf den Blättern von Ranunculus scele- ratus; die Blätter zeigten auf der obern Fläche grofse, weifsgelblich gefärbte Flecke luid waren mit grofsen Bü- scheln der sehr eigenthümlich gestalteten Schimmelbildung bedeckt. Der weifse Rotz. Der weifse Rotz ist eine Krankheit der Hyacinthen- Zwiebeln , welche durch eine eigenthümliche Schimmelart verursacht wird, die an ausgenommenen Zwiebeln entsteht, und ihre Verheerungen vom Zwiebelhalse aus beginnt, von wo aus sie sich in die Tiefe der Zwiebeln hineinverbreitet. Zwiebeln, die vom weifsen Rotze befallen sind, enthalten einen sehr klebrigen Schleim in grofser Menge, doch sind die Zellen der Schuppen, selbst wenn sich der Schimmel schon gebildet hat, noch immer mit vollständigen Amylum- Kiigelchen gefüllt, wodurch sich, nebst dem Umstände, dafs diese Krankheit von Aufsen und Oben nach Innen und Unten in die Zwiebel eindringt, der weifse Rotz sehr auf- fallend von der Ringelkrankheit der Hyacinthen-Zwiebeln unterscheidet, von welcher später die Rede sein wird. Der Schimmel, welcher dem weifsen Rotze zum Grunde liegt, besteht in langen und ziemlich derben, gegliederten Fäden mit gedrängt stehenden Aesten, deren Endglieder mehr oder weniger unregelmäfsig anschwellen und seitlich noch kleinere Aestchen zeigen. Das Mikroskop zeigt, dafs 165 oftmals lange Fäden dieses Schimmels in den Intercellular- gängen der Zwiebelscliiippen verlaufen und überall starke Verästelungen zeigen, wo sich die Intercellulargänge er- weitern. Endlich wuchert dieser Schimmel auch auf den Oberflächen der Zwiebelschuppen und man findet dann an solchen erkrankten Zwiebeln einen weifslichgrauen flocki- gen Pilz, wenn man die Schuppen von einander nimmt. Einige Zeit nach dem Bestehen dieses Schimmels beginnt die Zerstörung der Zellenmembran, welche sich in eine schleimige Masse umwandelt, es erfolgt zugleich die Um- wandlung der Stärke-Körner in Schleim und nun beginnt die Wucherung des Schimmels überhand zu nehmen, wo- mit zugleich eine vollständige Zerstörung der Substanz der Zwiebel im Innern begleitet ist und worauf die Zwie- beln zusammenschrumpfen, schwarz werden und sich öfters in eine faule, schleimige Masse auflösen. Herr Blumist Schneevoogt zuHarlem*) hat bisher in einer Abhandlung: lieber den weifsen Rotz und die Ringeikrankh eit der Hyacinthen, die umständlichste Beschreibung der Erscheinungen gegeben, unter welchen sich der weifse Rotz an den ausgenommenen Zwiebeln kenntlich macht, welche ich hier der Hauptsache nach fast wörtlich wiedergebe. Den gröfsten Schaden, sagt Herr Schneevoogt, richtet der weifse Rotz bei den Hyacinthen an, während die Zwiebeln nach dem Ausnehmen eingeschla- gen liegen. Trifi't es sich, dafs es während dieser Zeit stark regnet und dafs dabei die Erde warm ist, so erkran- ken die Zwiebeln und werden wie gekocht, wodurch sehr viele verloren gehen. Solche Zwiebeln lassen sich dann ohne IMiihe zwischen den Fingern zerdrücken. Der zähe Schleim, der den Hyacinthen so besonders eigen ist, hat sich alsdann ganz verändert und ist zu einem kleisterarti- gen, übelriechenden Brei geworden, der alle Zähigkeit des gesunden Schleimes verloren hat. Solche Zwiebeln *) S. Verhandlungen des K, Preuls. Gaitenbau-Vereins. Bd. X. p. 252. Berlin 1834. 166 werden dann nicht weiter visitirt (wie man die Operation bezeichnet, welche die Holländischen Blumisten mit den Zwiebeln vor ihrem Versenden vornehmen) sondern weg- geworfen. So genan nun aucli die Zwiebeln bei dem Aus- nehmen nachgesehen und durch Bescluieiden der Spitzen des Zwiebellialses untersucht worden sind, so findet man dennocli unter den aufbewahrten Zwiebeln von Zeit zu Zeit einzelne kranke, was sich dadurch zu erkennen gibt, dafs sich an der Zwiebelspitze, wo sie abgeschnitten ist, ein gelber klebriger Schaum ansetzt. Wenn solche Zwie- beln auf den Brettern liegen, so findet man auf denselben mehr oder weniger grofse IMassen einer zähen, schmutzig- gelben, übel- (meistens widerlich siifs) riechenden Ma- terie, welche so fest am Holze klebt, dafs die Zwiebeln oft zerbrechen, wenn man sie abnehmen will. Während die Zwiebeln eingeschlagen in der Erde liegen, werden dieselben in noch weit gröfserer Anzahl von dem weifsen Rotze befallen als später, wenn sie schon auf trocknem Boden liegen; doch ist das Nichteinscldagen kein unfehl- bares Mittel gegen das Entstehen des weifsen Rotzes. Ob beide dieser Uebel eine und dieselbe Krankheit sind, und ob die letztere, die man vielleicht nicht unrecht den gel- ben Rotz nennen könnte, eine Modification, oder eine spätere Periode der ersten Krankheit ist, konnte Herr Schneevoogt nicht bestimmen. Hiernach ist also der weifse Rotz eine Krankheit, welche nur die ausgenommenen Zwiebeln befällt und diese besteht, wie ich oben zeigte, in der Bildung eines Schim- mels, welclier von Aufsen eindringt und durch Feuchtigkeit in seinem weitern Wachsthum befördert wird. Erkennt man friili genug dergleichen Zwiebeln, so mufs man alles Erkrankte durch das Messer entfernen, was man am besten durch dünne Querschnitte thut, welche den Wurzelhals allmählich immer mehr und mehr abtragen ; man kann liier- in tief gehen, denn die Ersatzknospe liegt um diese Zeit so tief, dafs durch jene Schnitte kein Nachtheil zu befürch- ten ist. Die Schimmelbildung ist indessen schon immer 167 mit einer Entmischung der Säfte der Zwiebelschuppen ver- bunden daher auch das Abschneiden aller vom Schimmel befallenen Theile niclit mehr helfen will. Mit der Angabe der Ursachen, welche diese ebenfalls sehr tödtliche Krankheit herbeiführen, steht es ebenfalls sein* schlecht; es scheint aber, dafs ein sehr feuchter Bo- den, oder starker Regen während der Blüthezeit, die erste Veranlassung zu einer Stockung oder zu einer Ueberhäu- fung des Gewebes der Zwiebelschuppen mit Nahrungssäf- ten ist. Die Zwiebelschuppen, welche von der Krankheit ergriffen sind, zeigen in ihren Zellen die Stärke-Kiigelchen wie im normalen Zustande ; aufserdem aber ist der Zelleu- saft nnt einem dicken und klebrigen Schleim versehen, was im normalen Zustande eigentlich nicht der Fall ist. Aber auch diese Krankheit, ebenso wie die Ringelkrank- heit, befällt meistens nur sehr stark getriebene Zwiebeln. Herr Bayer in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Hyacinthe*) ist der Meinung, dafs ein zu starkes Düngen der Hyacinthen-Zwiebeln ein so üppiges Wachsthum verur- sache, dafs sich die Häute am Zwiebelhalse nicht mehr fest genug an einander anschliefsen , wodurch Zwischenräume entstehen, in welche die Feuchtigkeit leicht eindringen kann, und somit der Grund zu Krankheiten und zu Fäul- nis von Oben gegeben ist. Herr Bayer beschreibt aber unter dem Namen Ringsucht oder auch Zirkelsucht ganz wahrscheinlich zwei Krankheiten, nämlich den weifsen Rotz und auch Ringelkrankheit, denn das Entstehen eines bräun- lichen Ringes am Zwiebelhalse spricht ganz besonders für diejenige Krankheit, welche wir unter dem Namen der Ringelkrankheit kennen lernen werden, dagegen die Auflösung der Zwiebeln in eine klebrige, übelriechende Flüssigkeit gerade dem weifsen Rotze angehört und nicht bei der Ringelkrankheit beobachtet wird. Ich habe einige Häufchen von Zwiebeln beobachtet, *) S. Verhandlungen des Ilannövei'schen Gartenbau -Vereins. I. Hannover 1833. p. 120. 168 welclie gleich nach dem Ausnehmen mit dem wcifsen Rotze befallen waren ; sie verdarben auf die schon früher ange- gebene Weise sehr schnell, aber auf den Ueberbleibseln mehrerer Zwiebeln zeigte sich die Bildung eines Sclero- tium's, wodurch, wie es scheinen möchte, der weifse Rotz mit der folgenden Krankheit verwandt ist, welche unter dem Namen des schwarzen Rotzes beschrieben werden wird. Ich habe zwar an dem Schimmel, welcher dem wei- fsen Rotz zu Grunde liegt, keine wahren Fructifications- Organe gefunden und ihn defshalb auch noch nicht syste- matisch bestimmt, aber es schien mir nicht nachweisbar, dafs die Sclerotien-Pilze, welche ich mitunter im letzten Stadio des weifsen Rotzes auftreten sah, mit dieseni Schim- mel im Zusammenhange standen. Die Sclerotien schienen mir ein ganz eigenes Mycelium zu haben, das sich von jenem- Schimmel bedeutend unterschied. Der scliwarze Rotz, eine Sclerotien-Bildung. Der schwarze Rotz ist eine sehr gefährliche Krank- heit der Hyacinthen-Zwiebeln , welche man für neueren Ursprunges hält. Mein Vater, sagt Herr Schneevoogt zu Harlem in seinen lesenswerthen Mittheilungen über den weifsen Rotz und die Ringelkrankheit, *) erinnerte sich der Zeit noch sehr wohl, dafs man nichts von diesem Uebel vvufste, und man weifs genau, in welchen Gärten in der Nachbarschaft der Stadt man den Rotz etwa vor 60 bis 70 Jahren zuerst entdeckt hat. So viel als mir bekannt geworden, hat Herr Sauer, IJniversitätsgärtner zu Berlin, die erste Beschreibung von den Erscheinungen dieser Krankheit in Deutschland publi- cirt. **) Herr Sauer hatte seine Beobachtungen in Hol- land gemacht, woselbst die Blumisten alljährlich grofsen Schaden durch diese Krankheit erleiden; er sah die Ent- *) S. Ycrhandluiig des K, Prculs. Gartcnhau-Veicins. X, p. 262. **) S. Verhandlung des K. Preuls. Gailcnbau-Vcreins» YJ. Berlin 1830 pag. 45. 169 Stellung der Kraiiklieit im Anfange des iMai. Man erkennt sie an dem Heruntersinken der Blätter, welche sich dann bei der geringsten Berührung herausziehen lassen und einen stinkenden Geruch von sich geben. Als Herr Sauer seine Abhandlung publicirte, war diese Krankheit auch schon bei uns in Berlin durch Herrn C. Bouche beobachtet, der in einer Anmerkung zu obiger Abhandlung sehr richtig vermuthet, dafs dem schwarzen Rotze eine noch unbe- schriebene Art von Sclerotium zum Grunde liege. Der schwarze Rotz entwickelt sich am stärksten einige Wochen nach der Bliithezeit, und wenn man dann die Zwie- beln ausnimmt, so wird man meistens schon von Aufsen die Krankheit erkennen. Solche kranke Zwiebeln sind mifs- farbig, meistens mit einem schwarzlichen Ueberzuge ver- sehen, der durch abgestorbene äufsere Schuppen erzeugt wird. Am Halse sind solche Zwiebeln weich, oder die einzelnen Schuppen sind schon mehr oder weniger an ihrem Halsende vertrocknet und schwarzbraun gefärbt. Stand die Krankheit schon lange in der Entwicklungs - Periode, bevor die Zwiebeln ausgenommen wurden, so zeigt sich auf ihrer Oberfläche die Bildung von mehr oder weniger grofsen schwarzen Pilzen, welche der Gattung Sclerotium angehören. IMeistentheils findet man auf den äufsern Schup- pen der Zwiebeln noch keine Sclerotium -Bildung, aber wenn man sie in freier Luft liegen läfst, so schrumpfen die Zwiebeln auffallend schnell zusammen und erhalten, oft schon in einigen Tagen, ein ganz schwarzes Ausehen, oder sie bedecken sich auch, besonders >venn die Zwie- beln feucht liegen, mit einem flockigen Pilzgewebe, wel- ches das Myceliimi des Sclerotium's ist. Schneidet man aber diese erkrankten Zwiebeln der Länge nach durch, so findet man, je nach dem Grade des Erkranktseins der Zwiebel, eine mehr oder weniger grofse Zahl von Schuppen mit Sclerotium-Pilzen behaftet. Zuerst werden die äufsersten Schuppen von diesem Pilze ergriffen und zwar fängt die Erkrankuui? fast immer vom \Yurzelhalse an und breitet sich weiter aus. Das Sclerotium ist, wie fast alle Sclerotien, von 170 t.. tief schwarzer Farbe auf der ganzen Oberfläclie und zeigt eine feste weifse Masse auf dem Durchschnitte. Die Scle- rotien , welche dem schwarzen Rotze zu Grunde liegen, entstehen im Innern der einzelnen Zwiebelschuppen und oft findet man 10 und 20 kleinere in einer einzigen Schuppe; viele von diesen wachsen mit einander zusammen, wenn sie sich vergröfsern. Der Thallus besteht in einem stark verfilzten, flockigen Gewebe, welches die Substanz der Z\viebelschuppen durchzieht und sich auf beiden Flächen derselben ausbreitet; der Thallus nimmt aber an Masse und Ueppigkeit ab, sobald sich die schwarzen Körper bil- den, welche man als Sclerotien beschrieben hat. Also ebenso, wie bei dem weifsen Rotze, dringt hier bei dem schwarzen Rotze die verwüstende Pilzbildung von Aufsen nach Innen ein und geht immer tiefer, bis alle Schuppen, die Knospen und der Zwiebelkuchen davon be- fallen und zerstört sind. Es ist kaum glaublich, welche auflfallend schnelle Zerstörungen diese Pilzbildung unter den Hyacinthen-Zwiebeln veranlassen kann. Ich sah einen Haufen grofser und noch saftiger, aber schon erkrankter Zwiebeln in Zeit von 14 Tagen zu ganz kleinen, schwarzen und unansehnlichen Körpern zusammenschrumpfen, welche ganz trocken wurden und schon bei gelindem Drucke aus- einanderfielen. Die Gärtner glauben, dafs die Krankheit ansteckend sei, und darin haben sie auch sicherlicli Recht, denn ein solches Pilzmycelium, wie es auch dem Sclerotium vorangeht, wuchert weit und breit herum und kann überall Früchte bilden, wo es günstige Verhältnisse dazu findet. In Holland wirft man, wie Herr Sauer (a. a. O. p. 45) be- schreibt, die angesteckten Z^viebeln sogleich fort und nimmt die Erde um die übrigen, zunächststehenden Zwiebeln so weit weg, als man kann, damit keine andere Z>viebel von dieser Krankheit augesteckt werde. Ja Herr D. C. P. Bouche*) sagt in seinem Aufsatze über die Cultur der Zwiebelgewächse, dafs diese Krankheit *) Allgemeine Garlcnzcliung von 1837 p. 322. 171 fast noch gefährlicher sei, als die Ringelkrankheit. Nach seinen Beobachtungen finde sich der Pilz, welcher dem schwarzen Rotze zum Grunde liegt, zu Ende Mai's oder im Anfange des Juni in den Hyacinthen-Beeten ein. Sogleich bekommen die Blätter der erkrankten Zwiebeln gelbe Spitzen und in wenigen Tagen werden sie gänzlich gelb. Sobald sich die Krankheit durch diese Zeichen kundgiebt, nehme mau die Zwiebeln aus, und man wird bald finden, dafs der AVurzelboden in Fäulnifs übergegangen ist, welche sich auch oft schon den übrigen Zwiebeltheilen mitgetheilt hat. Zerbricht oder zerdrückt man eine solche Zwiebel, so findet man die angefaulten Stellen von einer hellgrauen Farbe mit dunkleren Punkten untermischt und das Ganze von sehr schleimiger Consistenz. Ich mache auf diese Beobaclitungen ganz besonders aufmerksam, indem sie von den meinigen, an frisch und spät ausgenommenen Zwie- beln angestellten einigermaafsen abweichen. Das gänz- liche Verfaulen einer solchen Zwiebel erfolgt in wenigen Tagen. Es scheint, als wenn sich diese Krankheit sehr verschieden unter der Erde und in freier und trockner Luft entwickele ; in ersterer verjauchen die Zwiebeln mehr, iii letzterer vermodern sie. Der schwarze Rotz ist zvar eine sehr zerstörende Krankheit, doch kann sie, wenn sie früh genug erkannt wird, an einzelnen Zwiebeln durch starkes Fortschneideu der vom Pilze befallenen Theile sicherlich beseitigt wer- den; es ist daher auch sehr anzuempfehlen, dafs jeder Besitzer von ausgenommenen Hyacinthen-Zwiebeln diese >v'öchentlich besieht, um dann früh genug dem Feinde ent- gegenwirken zu können. Sind die Zwiebeln erst stark mit Pilzen befallen und vertrocknen schon die äufseru Schuppen, dann ist auch nur geringe oder gar keine Hoff- nung zur Erhaltung derselben. In Holland soll man solche erkrankte Zwiebeln an Orte hinlegen, wo sich Schnecken aufhalten, welche den Rotz, das ist die Pilzbildung, ab- fressen; ich zweifle indessen recht sehr, ob dieses Mittel etwas helfen wird, denn an feuchten Orten, wo sich Schnecken 172 gewöhnlich aufhalten, wird die sclinelle Ausbildung des Pilzes, vvelclier die Krankheit veranlafst, gerade am besten befördert. Auch soll man die vom schwarzen Rotze be- fallenen Zwiebeln 14 Tage lang in Wasser bringen, wel- ches man mehreremale wechselt; hierauf lege man sie an eine trockne Stelle und so seien sie dann zum Herbste tauglich. Ich habe keine Ursache, die Richtigkeit dieser Angabe zu bezweifeln, denn es ist bekannt, dafs sich Scle- rotien nicht unter Wasser bilden, und so wird wahrschein- lich der ganze Pilz während der Zeit, da die Zwiebel im Wasser liegt, verfaulen. Jedenfalls kann man dieses Mittel anwenden, denn den Zwiebeln schadet es sehr wenig, wenn nur das Wasser oft erneuert wird. Die entfernten Ursachen, welche die Entstehung des schwarzen Rotzes veranlassen, möchten mit jenen im Allgemeinen zusammenfallen, welche Schimmel-Bildung und besonders die Entstehung von Sclerotien bedingen oder befördern, und diese sind Feuchtigkeit der Luft oder der Umgebung, besonders aber dumpfe, stockige Oerter. Des grofsen Schadens wegen, den der schwarze Rotz den Blumisten zufügt, hat schon im Jahre 1817 die nie- derländisch-ökonomische Gesellschaft eine Preisfrage über denselben ausgeschrieben, welche aber leider unbeantwortet geblieben ist. Zum Schlüsse dieser Mittheilungen über die Krank- lieiten der Hyacinthenzwiebeln mufs ich nocli von der Ur- sache des Juckens luid Brennens sprechen, v.'elclier durcli den Staub von kranken und vermoderten Zwiebeln veran- lafst wird, worüber Herr Schneevoogt in erwähnter Ab- handlung ebenfalls spricht. Er sagt sehr richtig, dafs man bei dem Untersuchen und Handthieren mit frisclien Hyacin- then-Zwiebeln kein Jucken der Haut des Körpers bemerkt, dafs sich aber manclie kranke Zwiebeln in einen schwar- zen, trocknen, modrigen Staub verwandeln und dieser Staub verursache ein heftiges Jucken und Brennen der Haut, besonders wenn derselbe auf den Leib konmie. Die ver- modernden Zwiebeln sind eben, wie ich oben gezeigt 173 habe, durch den weifsen, oder meistens durch den schwarzen Rotz zerstört und in dem zurückbleibenden Staube befin- det sich eine grofse Menge von feinen, nadeiförmigen Kry- stallen, vvelclie im normalen Zustande bündelweise im Innern der Zellen abgelagert sind. Die ungemein feinen, nadei- förmigen Krystalle sind es, welche mit dem Staube auf- fliegen und bei der Berührung der Haut das Jucken und Brennen veranlafsen, w^elches immer heftiger wird, jemehr man solcher Krystalle in die Haut einreibt. Die Blätter der Callen, der Agaven u. s. w. sind ebenfalls sehr reich an solchen Krystallen, und Jedermann kann sich von ihrer Wirkung überzeugen, wenn nur ein Stückchen derselben mit der frischen Schnittfläche an irgend einen zarten Theil des Körpers, z. B. an das Ohr, an die Wange u. s. w. gerie- ben wird. Es sind die Folgen rein mechanischer Reize, (7) Der Mehlthau. Alblgo Ehr. Der Mehlthau ist eine der bösartigsten Krankheiten der Pflanzen, welche Kräuter und baumartige Pflanzen befällt, aber immer nur an den krautartigen, weichen Thei- len derselben ihren Sitz hat. Sie zeigt sich hauptsäcldich durch einen epiphytischen Scliimmel, welcher in mehr oder weniger ausgebreiteten Massen die Blätter, deren Stiele und andere krautartige Theile überzieht und die Pflanzen in ihrem W'achsthum entweder sehr zurückhält oder sie ganz und gar tödtet. Dieser Schimmel ward von Linne als Mucor Erysiplie, von Persoon als Sclerotium Erysiphe beschrieben. Hedwig d. S. bildete aus diesem Schimmel die Gattung Erysiphe, welchen die meisten Autoren ange- nommen und schon eine Anzahl von besondern Arten beschrieben liaben. Wallroth bildete endlich aus Linne's Mucor Erysiphe die Gattung Alphitomorpha. Die ausführ- lichste Behandlung der Gattung Erysiphe (auch Erysibe) in systematischer Hinsicht findet man bei Fries.*) Da der Mehlthau eine sehr verheerende Kranklieit der *) Syst. mycologlc etc. Vol. III. p. 234. 1829. 174 Pflanzen ist und sicli oftmals unbegreiflich schnell ent- wickelt und ausbreitet, so hat man schon viel und oft nach der Natur und den Ursachen dieser Krankheit ge- forscht. Herrn Unger's*) Arbeit über den Mehlthau ist sehr lesenswerth, wenngleidi ich einige darin vorkommende Angaben gerade nicht bestätigen kann, aber mit Recht be- hauptet er, dafs auch hier, bei der Bildung des Schimmels, welcher den Mehlthau darstellt, eine krankhafte Thätigkeit in den ergriffenen Organen vorangeht. Meine Beobach- tungen können aber nicht darthun, dafs eine Herab- stimmung des Athmungs-Prozesses , wodurch sich die Ex- cretions-Masse nicht nur in einzelnen Theilen der jener Function vorstehenden Organe ansammelt, sondern auch mit bildsamen Stoffen überladen, einer Art Faulung unterwor- fen wird, den alleinigen Grund jener Krankheits-Erschei- nung in sich trage, wie Herr Unger lehrt. Ich kann keine Excretions-Massen sehen, womit sich die Respirationsor- gane, d. i. die Intercellulargänge u. s. w. überladen sollen, auch sieht man gar nicht selten die Entstehung der ersten Schimmelflecke des JMehlthaues gerade auf solchen Pflan- zentheilen, welche keine Spaltöffnungen haben und unter der Epidermis auch keine Intercellulargänge zeigen. Auf dem Hopfen sehen Avir das Auftreten des Mehl- tliaues (welcher auf dieser Pflanze mit dem Namen Erysi- phe macularis Fr. bezeichnet wird) am häufigsten: schwäch- liche und kräftige Pflanzen, ja oftmals die schönsten, mit den gröfsten tief grün gefärbten Blättern werden bei dem Hopfen vom Mehlthau ergriffen. Hier werden diejenigen Stellen der Blätter, welche später mit Mehlthau behaftet sind, meistens schon einige Zeit vorher entfärbt, sie er- halten eine gelbliclie Farbe und das Mikroskop zeigt, dafs diese Farbe durch ein Ausbleichen, durch ein Gelblich- werden der grüngefärbten Zellensaft -Kügelchen entsteht; es ist aber nicht immer der Fall, dafs diese gelblich ent- färbten Stellen der Blätter später mit einem Schinnnel- *) S. Die Exantheme der Pllanzcn clc. Wien 1833. p. 386. 175 Häufchen bedeckt werden. Auftreibungen der Substanz der Blätter, so wie Unebenheiten oder Bullositäten finden in diesem frühesten Zustande der Krankheit noch nicht statt, kommen aber meistentheils später, wenn die Scliim- mel-Bildung sehr ausgebreitet ist. Der Boden, auf wel- chem der Schimmel des Mehlthau's seinen Sitz hat, ist nicht bei allen Pflanzen gleich; bei den meisten ist es die Oberhaut, sowohl die der obern, als der untern Blattfläche, der Blattstiele, des Stengels, der Früchte u. s. w. und dann findet sich keine Spur des Schimmels im Innern des Parenchyms, nämlich in den Räumen der Intercellular- gänge. In diesen Fällen können wir die Erysiphe-Bildung mit Recht als eine rein epiphy tische bezeichnen, in an- dern Fällen dagegen entwickelt sich der Schimmel zuerst in den Intercellulargängen der Blattsubstanz, kommt spä- ter erst auf der Blattfläche zum Vorschein und ist also hier eine entophy tische Bildung. Dieses Letztere habe ich umständlich an den Blättern \on Acer platanoides beobachtet und verdanke die Kenntnifs desselben der freundlichen JMittheilung des Herrn G. Fintelmann, welcher diese Krankheit auf den Ahorn-Blättern schon seit mehreren Jahren auf der Königl. Pfauen-Insel bei Potsdam beobach- tet iiatte. Die erkrankten Blätter dieses Ahorns zeigen auf ihrer obern Fläclie mehr oder weniger grofse und mehr oder weniger häufig vorkommende weifsgraue Flecke, welche aber nicht auf der Epidermis, sondern gerade unter derselben ihren Ursprung nehmen, denn die mikroskopi- sche Untersuchung zeigt, dafs an diesen weifsgrau gefleck- ten Stellen die Epidermis von den darunter liegenden grü- nen Zellen getrennt und oftmals auch etwas emporgehoben ist. Die Ursache hiervon ist eine unendliche Anzahl von Schimmelfäden, welche durch die Intercellulargänge der gan- zen Blattsubstanz umherziehen und sich hier, zwischen der Epidermis und den darunter liegenden grünen Zellen in noch gröfserer Menge anhäufen; hierdurch wird die Epi- dermis emporgehoben, und da sie selbst ungefärbt ist, so erzeugt sie mit Hülfe der Luft zwischen den Schimmel fäden 176 jene weifsgrauen Flecke, von welchen wir weiter oben gesprochen liaben. Dauert die Krankheit langer, so zei- gen sich auf der untern Blattfläche die einzelnen Häufchen des Mehlthaues, indem das Mycelium des Schimmels durch die Intercellulargänge und Spaltöffnungen zum Blatte heraustritt und hier im Freien seine besondere Fruchtbil- dung eingeht. In einem andern Falle habe ich auch auf den Früchten der getriebenen Erdbeer-Pflanzen selien kön- nen, dafs der Mehlthau, welcher gerade immer die gröfs- ten und schönsten Früchte befiel, nicht nur auf der Ober- fläche, sondern auch in den Intercellulargängen seinen Sitz hatte. Gewöhnlich aber, wie ich es schon vorher bemerkt liabe, nimmt der Schimmel des Mehlthaues auf der Epi- dermis seinen Ursprung und gar nicht selten selbst auf solchen Pflanzentheilen , denen die Hautdrüsen und deren Spaltöffnungen fehlen ; nicht immer ist eine vorhergegan- gene Entfärbung solcher Theile vorhanden, welche von der Krankheit ergriffen werden. Der Schimmel zeigt sich zuerst als em sehr zartes Gewebe, dessen Fäden oft regel- mäfsig radial verlaufen, sich allmählich vielfach verästeln und verzweigen, wodurch sich die Fäden mit einander ver- filzen, und dann die weifsen Flecke erzeugen, welche man schon mit blofsemAuge sieht. Das Mikroskop zeigt ganz deutlich, dafs die Fäden dieses Schimmelbodeus auf der Ober- fläche der Epidermis verlaufen und hie und da kleine, warzen- förmige Auswüchse bilden, welche den Haftwurzeln ande- rer Pflanzen ähnlich , zur Befestigung der Fäden an der Epidermis dienen. Oft sind ganze Reihen solcher Warzen an einem und demselben Gliede dieser Scliimmelfäden zu finden. Eine weitere krankliafte Veränderung der Epider- mis-Zellen, auf welclien der Schinnnel vorkonnnt, ist nicht bemerkbar und es fragt sich nur, auf welche Weise hier der Schimmel entsteht. Wollte man annehmen, dafs die Sporen des Mehlthau- Pilzes an die Pflanzentlieile anfliegen und hier zur Ausbil- dung gelangen, so wäre die Erklärung über die Entstehung 177 des Mehlthaues sehr leicht. Diese Erklärung- ist aber ganz und gar unzulässig, indem durchaus nicht abzusehen ist, wo dann alljährlich, wenn sich der Mehlthau findet, die Sporen desselben herkommen sollen. Man wird uns doch wahr- scheinlich nicht etwa einwenden wollen, dafs diese Sporen das ganze Jahr hindurch auf der Erde gelegen oder in der Luft umhergeflogen seien, denn dergleichen zarte Substan- zen werden sicherlich nicht lange den äufsern klimatischen Verhältnissen widerstehen können; solche Erklärungen müssen heutigen Tages überhaupt ganz aus der Mode kommen, denn sie grenzen oft an das Lächerliche. Die der Schimmelbildung so häufig vorangehende Entfärbung der Blattsubstanz, die Auftreibungen der Blätter, das Vor- kommen dieser Schimmel in den Intercellulargängen der Blattsubstanz u. s. w.. Alles dieses deutet darauf hin, dafs die Schimmelbildung des Mehlthaues ein Produkt der Krank- heit ist, welche solche Pflanzen, oder deren einzelne Theile ergrifi'en hat, die später sich mit Mehlthau bedecken. Man hat schon in früheren Zeiten eine, aus den Blättern der erkrankten Pflanzen ausgetretene, stockende Feuchtigkeit als die Ursache der Entstellung des Schimmels des Mehlthaues bezeichnet, ohne dieses erwiesen zu haben; aber neuer- lichst glaubt Herr Unger*) mit Sicherheit darthun zu kön- nen, dafs das Substrat, welches der Bildung der Schimmel- Flecken unmittelbar zum Grunde liegt, in einem wässerig- schleimigen Wesen bestehe, welches sich über alle jene Theile ausbreitet, welche später vom Mehlthau befallen werden. Es sei eine übermäfsige Excretionsmasse mit organischen Stofi'en geschwängert, welche von der ganzen Epidermis des Pflanzenkörpers mittelst organischer Durch- schwitzung abgeschieden und auf der Oberfläche der er- krankten Pflanzentheile abgesetzt werde. Wenn diese An- gaben ihre Richtigkeit hätten, so wäre allerdings wenig- stens eine bildsame Substanz vorhanden, aus welcher der Schimmel hervorgehen könnte; man wird aber doch *) Die Exantheme elc. pag. 388. Meyen. Pathologie. ^ 12 178 der Wahrheit zur Ehre behaupten müssen, dafs eine solche, von den erkrankten Pflanzentheilen ausgeschiedene Sub- stanz nicht vorhanden sei, da sie sich weder dem blofsen Auge, noch dem Mikroskope zeigt. Nichts desto weniger kann ich ebenfalls nur der Ansicht sein , dafs die Schim- melbildung des Mehlthaues aus der Feuchtigkeit hervor- gehe, welche von dem erkrankten Pflanzentheile transspirirt wird. Wir wissen, in w-elcher geringen Menge in dem transspirirten Wasser organische Substanzen enthalten sind; die Masse derselben kann vielleicht gröfser sein , w^enn die Transspiration von solchen erkrankten Pflanzentheilen ausgeht, aber jedenfalls ist immer nur sehr wenig organi- sche Substanz nöthig, um eine so geringe Schimmelbildung zu veranlassen, als der Mehlthau zeigt. Auch möchten die entfernten Ursachen, welche Mehlthau-Bildung auffallend begünstigen, gleichfalls dafür sprechen, dafs die Transspi- ration bei der Entstehung dieser Krankheit eine sehr wich- tige Rolle spielt. In der weitern Ausbildung des Mehlthau -Schimmel's bemerkt man, dafs aus den daniederliegenden Flecken eine mehr oder weniger grofse Anzahl von Aestchen entspringt, welche aufrechtstehen, ziemlich von ganz gleicher Höhe und kürzer gegliedert sind, als die niederliegenden l^äden. Es dauert auch nicht lange, so schnüren diese Fäden sich an ihren Gelenken immer mehr und mehr ein, bis sich endlich die Glieder als ellipsoidische Zellen von Oben nach Unten trennen und die Sporen bilden, deren Kei- mung gar nicht schwer zu beobachten ist. Sehr häufig (und dieses findet besonders in einer feuchten Atmo- sphäre statt) bleibt der Mehlthau- Schimmel in diesem Zu- stande, färbt sich später grau und wird zuletzt auch öfters schmutzig bräunlich. Endlich bildet sich auf diesem Mehl- thau-Schimmel noch ein besonderes Fruchtbläschen, wel- ches bald rund, bald länglich ist, im Anfange ungefärbt, später meistens gelbbräunlich bis schwärzlich gefärbt. Die- ses Fruchtbläschen bildet sich zuweilen zu einem starken Balge aus und enthält entweder unmittelbar die Saamen 179 oder diese sind noch in besondern Schläuchen eingeschlos- sen und von einer Flüssigkeit umgeben. Von diesem Fruchtbläschen laufen in radialer Richtung feine Fäden, bei verschiedenen Arten von verschiedener Form, aus, welche man Stützen nennt, und die wahrscheinlich zur Ernährung des Fruchtbläschens dienen. Mitunter finden sich diese Stützen auf der ganzen Oberfläche des Frucht- bläschen's und sie werden bei der Bestimmung der Arten dieses Schimmel's besonders beachtet. Es herrscht indes- sen noch immer viel Zweifel über die Entstehung des Fruchtbläschens aus dem Flecken des Mycelium's und über den Zusammenhang jenes mit diesem. Auch ist es gar nicht so schwer, auf einzelnen Blättern, welche von dem Mehlthau-Schimmel befallen sind, solche Stellen zu finden, wo die Fruchtbläschen mit ihren Stützen ganz allein, ohne jede Spur eines Mycelium's vorkommen. Die Ursachen, welche die Bildung des Mehlthaues hervorrufen, sind theils bekannt, theils werden sie mit mehr oder weniger grofser Wahrscheinlichkeit vermuthet» Eine feuchte und kalte Luft, wie sie im Herbst zu herr- schen pflegt, so wie feuchte und niedrig gelegene Gegen- den, in der Nähe von Wiesen, Sümpfen und in dich- ten Waldungen, sind Gelegenheitsursachen, welche die Entstehung des Mehlthaues bedingen. In solchen feuch- ten und niedrigen Gegenden, wo sich die Temperatur des Nachts gar sehr verändert, wird man an gewissen Pflan- zen auch alljährlich die Bildung des Mehlthaues beobach- ten können. Auch solche Gegenden, wohin die Sonne fast gar nicht oder doch nur kurze Zeit des Tages scheint, werden häufig vom Mehlthau heimgesucht. Es sind aber besonders einige Pflanzen, wie z. B. der Hopfen, die Erb- sen u. s. w. von unsern Cultur-Pflanzen, welche von die- ser Krankheit gewifs heimgesucht werden, wenn die vor- hin angegebenen Gelegenheits -Ursachen stattfinden oder nicht entfernt werden können. Ja man hat schon Fälle erlebt, dafs ganze Erndten dieser oder jener Pflanze in manchen Jahren gänzlich durch den Mehlthau vernichtet 12* 180 worden sind; im Jahre 1790 sollen nach Bechstein*) alle Kleearten vom Mehlthau überzogen gewesen sein. In Län- dern, wo die Hopfen-Ciiltur sehr ausgebreitet ist, hat man oftmals Veranlassung, den grofseu Schaden zu betrauern, welchen der Mehlthau unter den Hopfen-Pflanzungen an- richtet, und welcher Gärtner hätte niclit die traurige Er- fahrung gemacht, dafs ihm diese oder jene krautartige Pflanze durch den Mehlthau mehr oder weniger zu Grunde gerichtet worden ist. Wie häufig wird das Stief- mütterchen (Viola tricolor L.), während es in schönster Bliithe steht, vom Mehlthau befallen und alsdann auch sehr bald vernichtet! Herr C. J. Fintelmann gab kürzlich in seinem Lehrbuche der Obstbaumzucht**) eine Beschrei- bung der Zerstörungen, welche der Mehlthau an den Pfirsichbäumen anrichtet, aus welcher man sicherlich den Schaden erkennen wird, welcher selbst an solchen Bäu- men durch jene Krankheit hervorgebracht wird. Er sah, dafs nicht nur das Laub, sondern auch die Früchte und die jungen Triebe von dem Mehlthau befallen wurden, worauf das junge Laub abfiel und der zweite Trieb fast gänzlich unterblieb, oder doch nur kümmerlich er- schien und die Früchte unvollkommen ausgebildet wurden. Herr Fintelmann glaubt, dafs der Hauptsitz dieser Krank- heit in den jungen Thauwurzeln liege, wofür jedoch keine wirklichen Beweise beigebracht werden. Auch giebt Herr Fintelmann ein Kur- Verfahren an, wodurch die Krankheit an solchen Bäumen, wenn auch nicht ganz geheilt, doch bedeutend geschwächt wurde; er nimmt nämlich im Früh- jahre zeitig genug die obere Erde im Umkreise von 2 Fufs vom Stamme bis auf die Wurzeln ab, schneidet sämmt- liche kranke Wurzeln weg und bedeckt die noch bleiben- den mit einer frischen, Lehm und Kalk enthaltenden Erde oder Mist. Aufserdem mufs der ganze Baum mit einem scharfen Seifenwasser abgewaschen und das junge Holz noch mit einer dickern Auflösung von schwarzer Seife ♦) Forstbotanik Bd. I. p. 149. *♦) Berlin 1839. p. 479. 181 bestrichen werden. Da diese Angaben auf sogenannte Erfalirung gestützt sind, und wir keine Gegen-Beobach- tungen aufzuweisen liaben, so dürfen wir der angepriese- nen Wirkung jener Kur-Methode gerade nicht unbedingt widersprechen; aus den Erörterungen über die Natur und die Gelegenlieits - Ursachen des Mehlthaues wird es uns aber klar, dafs diese Krankheit auf solche Weise nicht zu vertreiben ist, auch hat sie keineswegs ihren Sitz in den jungen Thauwurzeln. Entfernung der Gelegenheits- Ursachen, wenn dieses möglich ist, das ist die einzige Kur-Methode, welche gegen den Mehltliau in Amvendung gebraclit werden kann. Ich selbst habe diese Erysibe- oder Mehlthau-Bildung an den Pfirsich - Bäumen in grofser Ausbreitung gesehen. Der Pilz gehört zu Erysibe communis und überzieht die Rinde und die Blätter der Jüngern Triebe mit einem, oft ziemlich dicken Filze, wobei aber die Blätter zusammen- schrumpfen und abfallen, so dafs die Stengel mitunter auf weite Strecken ganz blattleer stehen. Alle Früchte, wel- che an solchen stark erkrankten Aesten vorkommen, blei- ben mitten in ihrer Ausbildung zurück; ihre Oberfläche entfärbt sich, entweder auf einzelnen beschränkten Stellen oder in gröfserem Umfange, und diese entfärbten Stellen zeigen dann eine stärker entwickelte Haarbildung, aber diese Haare wie die äufsersten Zellenschichten sind abge- storben. Zuletzt fallen diese Früchte ab. Die Zerstörun- gen, welche der Mehlthau an den jungen Pfirsich -Bäumen verursachen kann, sind in der That sehr bedeutend; alle kranken Bäume der Art waren dicht an einer weifsen Mauer gegen Süden gezogen, und keine Ursache war auf- zufinden, wodurch an diesen vortrefi'lichen Stellen jene Krankheit hätte herbeigeführt werden können. Schliefslich bleibt uns noch übrig, einiger andrer Fälle zu gedenken, welche, leider nur zu häufig, mit dem Mehl- thau verwechselt und ebenfalls mit diesem Namen belegt und als Krankheiten beschrieben worden sind. Zuerst ist der schmutzige, mehlartige Anflug aufzu- 182 führen, mit welchem einzelne Pflanzen oder einzelne Tlieile derselben bezogen werden, wenn sie stark von Blattläusen besucht worden sind. Dieser Anflug besteht aus den zu- rückgebliebenen Hüllen der Blattläuse nach der Häutung und aus einer Anzahl von abgestorbenen und getrockneten Thieren der Art; es versteht sich von selbst, dafs dieser Anflug nicht zu den Pflanzen-Krankheiten gezählt werden darf, obgleich er, in Folge des ihn begleitenden Honigsafts, mit welchem die Blattläuse jene Pflanzeutheile überzogen, allerdings meistens mit einem kränkelnden Zustande der davon befallenen Pflanzen verbunden ist. Aufserdem hört man häufig von dem Mehlthau spre- chen, mit welchem die Wurzeln mancher Pflanzen befallen sein sollen, und diese Krankheit wird häufig als eine der gefährlichsten angesehen. Ganze Beete von krautartigen Pflanzen gehen oft in einigen Tagen zu Grunde; indefs haben wir noch keine Beobaclitungen von Sachverständi- gen, dafs irgend eine Art von Mehlthau auf den Wurzeln der Pflanzen vorkomme, und wahrscheinlich gehören alle diese Fälle der folgenden Krankheit an, welche einen an- dern, eben so gefährlichen Pilz erzeugt. Der "W urzeltödter. Den krankhaften Zustand der Pflanzen, welchen wir hier bezeichnen wollen, belegen wir am Zweckmäfsig- sten mit dem Namen des Pilzes, der ein Produkt die- ser Krankheit zu sein schien. Man hat aus diesem Pilze, der nur die Wurzeln gewisser Pflanzen befällt und die furchtbarsten Verlieerungen unter ihnen anzurichten im Stande ist, die Gattung Rhizoctonia*) gebildet. Er zeigt sich als ein flockiges, oft stark verfilztes Fasergewebe, aus gegliederten und verästelten zarten Fäden zusammen- gesetzt, überzieht mehr oder weniger grofse Flächen der Wurzeln und bildet fleiscliige und unregelmäfsige sporan- gienartige Körper, worin Sporen enthalten sind. *) DeCandolle II. Ib09. Mem. du Mus. 183 Herr Fries hat bereits in seinem Systenia mycologi- cum 7 Arten von Rhizoctonien beschrieben, nämlich Rhi- zoctonia Aliii, Batatas, Crocorum, IMali, Medicaginis, Mus- corum und Orobanches diese Pilz -Gattung scheint; indefs auf sehr vielen Pflanzen vorzukommen und wir haben neuerlichst schon von mehreren anderen gehört. Ueber- haupt mufs man den Gärtner und Landmaini darauf noch besonders aufmerksam machen, dafs er in Fällen, wo diese oder jene Pflanze sclileclit steht uud keine besondere Ur- sache davon zu bemerken ist, so genau wie möglich den Zustand der Wurzeln untersuche; hiebei werden sich dann öfters Pilze und andere Krankheiten der Wurzeln ergeben, welche, den kränkelnden Zustand der Pflanze erklären. Es sind indessen die Sclerotien, welche eben- falls auf Wurzeln vorkommen, mit den Rhizoctonien nicht zu verwechseln. Am beriiclitigsten ist diejenige Art des Wurzeltödters geworden, welche die Safran - Zwiebeln befällt und Rhi- zoctonia Crocorum, Safran-Tod, Zehrkeimer u. s. w. genannt wird. Bulliard hat eine vortreffliche von Herrn Nees von Esenbeck*) wiederholte, Abbildung die- ses Pilzes gegeben, welchen der Letztere mit dem Namen Thanatophyt/^n Crocorum belegt, doch hat Rhizoctonia C'rocorum Dec. die Priorität. In unsern nordischen Gegenden scheint diese Krank- heit noch wenig bekannt zu sein, denn alle Gärtner, welche ich darnach gefragt habe, wufsten mir darüber nichts zu berichten. Der berühmte Duhamel**) hat uns über den Safran-Tod ganz vortreffliche Nachrichten mitgetheilt; er wufste schon, dafs eine kleine Trüffel die Ursache dieser Krankheit sei. Die Vermehrung dieses Pilzes geschehe durch eine grofse IMenge von Wurzeln, welche die Trüffel austreibt, die Decken der Zwiebeln durchdringt und das Fleisch aussaugt, worauf die Zwiebeln verfaulen. Die *♦ ) Das System der Pilze Tab. XIV. I8l7. ) Die Naturgeschichte der Bäume etc. B. V. Cap. I. Art. V. 184 Krankheit ist äufserst gefährlich, indem sich der Filz unge- mein sclinell vermehrt und sich nach allen Seiten hin aus- breitet, so dafs ganze Crocus -Felder davon vernichtet werden können, wenn man nicht schnell dagegen einschrei- tet, was durch Umgrabung der von der Krankheit befalle- nen Zwiebeln auszuführen ist. Im südlichen Frankreich ist die Krankheit häufig. Herr DeCandolle*) hat die Verheerungen beschrieben, welche die Rhizoctonia Medicaginis anrichtet, die die Wur- zeln des gemeinen Schneckenklee's oder der Luzerne be- fällt. Dieser Pilz ist von purpurrother oder von violetter Farbe und verursacht in kurzer Zeit das Absterben der Pflanze, während er selbst sich immer mehr und mehr nach allen Seiten hin ausbreitet und die nahestehenden Pflanzen ebenfalls befällt und tödtet. Im südlichen Frank- reich, so wie in der Gegend von Genf, in Lothringen und in andern Ländern soll dieser Pilz auf den Luzernfelderu vorkommen und daselbst grofse runde, leere Stellen ver- anlassen. Schon Duhauiel wufste, dafs der Spargel und derAt- tich von einer ähnlichen Krankheit ergriffen werden; kürz- lich hat Herr Decaisne**) eine Rhizoctonia Rubiae be- schrieben, " welche in den südlichen Departements von Frankreich mit aufserordentlicher Schnelligkeit die Wur- zeln der Färber-Röthe bezieht und sehr schädlich wirkt. Eine andere Art kommt auf den Wurzeln der Erbsen unserer nördlichen Felder vor u. s. w. Ueber die Ursachen dieser Krankheit wissen wir noch nichts zu sagen. Der Rul'sthau, C I ad osp or iu m Fumago Link, Torula Furaago Chev. etc. Mit dem Namen: Rufsthau bezeichnet man einen schwärzlichen, oft ganz tief schwarzen, rufsartigen Anflug", *) Mcm. d. Mus. d'hist. nat. Vol. II. Tab. 8. **) Rechcrches anatora. et physiol.sur laGarange. Brux. 1837. p. 55* i85 ijiit uelcliem mitunter die Blätter der Bäume, Sträuclier und zuweilen aucli der krautartigen Gewächse überzogen werden. Diese Bildung tritt auch so plötzlich ein wie der Ilonigthau, und befällt dann alle Pflanzentheile uiid alle daneben und darunter liegenden fremden Körper ohne Unterschied, dafs man dadurch Veranlassung nahm, den- selben in Bezug auf die schwarze Farbe mit dem Namen des Rufsthaues zu belegen. Der Rufsthau Mird durch kleine Pilze von dunkel- braunschwarzer Farbe gebildet. Bei ihrem ersten Auftreten zeigen sie nur einen leichten flockigen Anflug, sie ver- mehren sich aber so sehr, dafs sie später alle damit befallenen Pflanzentheile mit einer mehr oder weniger dicken schwarzen Kruste bedecken. Es sind verschiedene Pilze, welche den Rufsthau darstellen; Persoon brachte sie zur Gattung Fumago; Herr Link unterschied dagegen den einen derselben, der bei uns in Europa vielleicht am häu- figsten den Rufsthau bildet , genauer und nannte ihn Cla- dosporium Fumago. Ein anderer Pilz der Art, den ich sowohl in Europa als in Amerika gefunden habe, und der vielleicht noch dickere Krusten von Rufsthau bildet, ward mit Recht als Torula Fumago von Chev. beschrieben und sehr wahrscheinlich gibt es noch mehrere Pilze, welche zur Bildung des Rufsthaues beitragen. So viel mir bekannt geworden ist, hat Herr Unger*) die erste umständlichere Beschreibung des Rufsthaues ge- geben und zwar ist von ihm das Cladosporium Fumago Lk. beobachtet worden. Er sah den Rufsthau in den verschie- densten Gegenden Deutschlands und unter den mannig- faltigsten Verhältnissen der Lage, des Bodens und der Witterungsbeschaff'enheit, glaubt aber, dafs sich derselbe nur im Ausgange des Sommers und im Herbste und zwar nach lange anhaltendem Regen entwickele, und besonders häufig konmie derselbe in Gebirgsländern vor. Nacli Herrn Unger's Angaben gewahrt m*an zuerst eine schleimartige, ^) Die Exantheme etc. p. 397. 186 gleichförmige Masse, in welcher sich ein Gewebe von dunkelbraunen gegliederten, einfachen und verzweigten Fäden bildet, welches allmählich gröfsere Flecken darstellt und mit den sporen- und sporangienartigen Körpern den schwarzen, rufsartigen Anflug bildet. Ich selbst habe den Rufsthau nur auf Pflanzen beobach- tet, welche zugleich stark mit Blattläusen bedeckt waren, und zweimal habe ich Gelegenheit gehabt, diese Bildung umständlicher zu beobachten , wodurch ich zu folgenden Resultaten gelangte: Dem Rufsthau ging die Bildung des Honigthaues durch Blattläuse voran; er überzog, ebenso wie der Honigthau, im Allgemeinen nur die obere Fläche der Blätter und zwar der tiefer stehenden Aeste, doch alle diejenigen Blätter, welche um die Zeit dieser Bil- dung eine andere Stellung hatten, als die gewöhnliche, zeigten den Rufsthau immer auf derjenigen Seite, mit wel- cher sie nach Oben gerichtet waren. Bei einem Schnee- ball hatten die Blattläuse an den Jüngern Blättern sehr häufige Verkrüppelungen veranlafst, durch welche diese Blätter sehr unregelmäfsig gestellt waren, und alle diese waren demi auch auf denjenigen Flächen mit Rufsthau be- deckt, mit welchen sie nach Oben gerichtet waren ; es ver- hielt sich also ganz ebenso in dieser Hinsicht wie mit dem Honigthau, der von den Blattläusen verursacht wird; man konnte ganz deutlich sehen, dafs die Substanz, wel- che den, später rufsartigen Anflug verursacht hatte, von oben nach unten herabgefallen sein mufste. Es waren denn auch nicht nur die Blätter, sondern auch die Sten- gel mit Rufsthau bedeckt und alle Pflanzen, welche unter dem Schneeball standen, worunter sich besonders vielBuxbaum befand, waren ganz schwarz mit jenem Ueber- zuge versehen, der zugleich den Boden bekleidete. Eine darunter stehende Phlox hatte ebenfalls einen leichten Ueberzug von Rufsthau auf der obern Fläche ihrer Blät- ter, man sah keine Blattläuse auf derselben, aber ganz deutlicli konnte man einzelne Stellen mit krvstallisirtem Zucker erkennen, und neben diesen die abgeworfenen 187 Häutcheii der Blattläuse wahrnehmen. Die Häute waren liegengeblieben, da der Regen sie von diesen, verdeckt- steheudeu Pflanzen nicht hatte herabwaschen können. Aller- . dings gestehe ich ein, dafs ich auch an diesen Schneeball- sträuchern einige ganz hoch an den Spitzen der Aeste stehende Blätter wahrnahm, welche auf der Oberfläche Rufttiiau hatten und zu der Zeit, als ich diesen bemerkte, keine Blattläuse zeigten, ich glaube indessen annehmen zu können, dafs früher auch hier die Blattläuse waren, aber durch starke Regengüsse und vielleicht auch durch den Rufsthau vertrieben wurden. An einigen Johannisbeer- Sträuchern konnte man es ebenfalls sehr wohl erkennen, dafs die schleimig-zucker- haltige Substanz, aus welcher sich der Rufsthau entwickelte, von den darüberstehenden Blättern herabgefallen war; denn immer nur unter solchen zeigte sich der Rufsthau, welche auf der untern Fläche mit Blattläusen bedeckt waren. Aus diesem und aus einem ähnlichen Falle an einem \Yeinstocke fafste ich die Ansicht, dafs der Rufsthau nur eine Folge des durch die Blattläuse gebildeten Honigthaues sei. In diesem zuckerhaltigen Safte erzeugen sich jene braunschwarzen, schimmelartigen Pilze und diese verbreiten sich dann über alle Flächen hin, welche mit dem Honig- safte bekleidet waren. So lange die Pilzbildung noch jung war, so lange war auch der klebrige Saft des Honigthaues unter derselben wahrzunehmen, später aber, als wahr- scheinlich der Honigsaft von den Pilzen aufgezehrt wor- den, war der Rufsthau, wie gewöhnlich, eine schwarze und nicht abfärbende Masse. So kann ich denn auch den Rufsthau für keine be- sondere Krankheit der Pflanzen ansehen, und es ist auch den Gärtnern sehr bekannt, dafs derselbe weaig oder gar keinen Einflufs auf die Gesundheit derjenigen Pflanzen aus- übt, welche damit befallen werden. Befällt der Rufsthau die Früchte und kann man diese nicht früh genug durch Abwaschen reinigen, so werden dieselben wegen des schwar- zen Ueberzuges ungeniefsbar ; doch läfst sich derselbe 188 abnehmen und dann sind die Früchte geniefsbar. Alle Gärtner empfehlen gegen den Rufsthau ein starkes Spritzen mit Wasser; sehr oft ist indessen diese Bildung so aus- gebreitet und schon so fest sitzend, dafs selbst sehr starke Regengüsse erforderlich sind, um die Pflanzen vom Rufs- thau zu reinigen. Obgleich mitunter Fälle vorkommen, wo der Rufsthau eine Kruste von einer halben Linie Dicke bildet, und die ganze Fläche der Blätter und der Stengel überzieht, so verursacht derselbe den Pflanzen dennoch geringen Nachtheil, indem er meistens nur die obere Fläche der Blätter überzieht, die bei den meisten Gewächsen ohne Spaltöfiiiungen ist. Man hat die meisten Bäume unserer Wälder und Gär- ten dann und wann mit Rufsthau bekleidet beobachtet; man will ihn auf diesem oder jenem Baume häufiger ge- sehen haben, doch richtet sich dieses wohl ganz nach dem Vorkommen der Blattläuse auf denselben. Es ist mir aber auch sehr wahrscheinlich, dafs in solchen Fällen, wo der Honigthau eine wirkliche Ausscheidung eines zuckerhaltigen Saftes aus der Substanz der Blät- ter ist, auch in dem abgelagerten Safte die Bildung des Rufsthaues stattfinde. Uebrigens habe ich auch in zwei verschiedenen Fällen beobachtet, dafs zwischen dem ge- nannten Cladösporium des Rufsthaues noch ein anderer, sehr kleiner und ungefärbter Pilz in dem Honigsafte vor- handen war, welcher viele Aehnlichkeit mit den Gährungs- pilzen zeigte. Ich sah das Auftreten des Rufsthaues schon früh im Sommer. Es hatte öfters, wenn auch gerade nicht stark geregnet, und es schien mir, dafs er gerade an solchen Stellen am häufigsten erschien, welche wenig der Sonne ausgesetzt waren, wo also auch ^ der Honigthau nicht so schnell trocken werden konnte. In einem feuchten Walde, dicht am Ufer des Rio Tinguiririca in Chile sah ich einen Baum von Rhus crustica Höok., dessen Blätter auf der obern Fläche ganz dick mit Rufsthau incrustirt waren, und dieser Pilz gehörte der Torula Fumago Chev. an; die untere 189 Seite dieser Blätter war stark mit grofsen Blattläusen bedeckt. Herr Unger ist der Meinung, dafs der Rufsthau durch gestörte Athmungsfunktion der leidenden Theile hervorge- rufen werde; in Folge dieser werde die Epidermis der obern Blattfläche zur eigenartigen Socretion detemiinirt und aus diesem Secretum bilde sich der Pilz,' daher könne man den Rufsthau mit dem Mehlthau vergleichen und Herr Unger beobachtete auch beide Bildungen auf einem und demselben Organe. Ich gebe gerne zu, dafs der Rufsthau noch unter andern Verhältnissen erscheinen werde, als denen die bis jetzt von mir wahrgenommen worden sind, doch ist das Vorkommen des Rufsthaues und des Mehlthaues neben einander auch dadurch sehr leicht erklärlich, dafs sich auf Pflanzen, welche vom JMehlthau befallen sind, auch die Blattläuse sehr häufig einfinden; diese können Honigthau veranlassen und aus diesem bildet sich wieder Rufsthau. Jedenfalls stimme ich aber Herrn Unger bei, wenn er sagt, dafs der Rufsthau eine, noch keineswegs hinlänglich er- forschte Krankheit sei. Gar nicht selten erscheint der Rufsthau in unsern Gewächshäusern, und hier sind es die Pflanzen mit aus- dauernden, immergrünen Blättern, welche vorzüglich davon befallen werden: aber auch hier ist das Vorkommen der Blattläuse etwas sehr gewöhnliches. Schliefslich bemerke ich nur noch, dafs mir bei meinen anatomischen Unter- suchungen der Pflanzen gar nicht selten dergleichen Fälle vorgekommen sind, wo ich einzelne Flecken jenes Rufs- thau-Pilzes, nämlich das Cladosporium Fumago, auf der Epidermis aufsitzen fand. Xyi. Der Rinden-Ausschlag der Birnbäume. Eine eigenthümliche Krankheit der Birnbäume ist seit mehreren Jahren in dem Garten der hiesigen Gärtner-Lehr- Anstalt beobachtet; Herr D. C. P. Bouche war so gütig mich darauf aufmerksam zu machen. Man bemerkt näm- 190 lieh zur Herbstzeit, im Winter und bis zum Friihjalir, dafs sich an den Jüngern Zweigen krankhafte Bildungen zeigen; die Epidermis, wo dieselbe noch vorhanden ist, und die äufsersten glatten Zellenschichten, welche die Korkschicht der Rinde bilden, reifsen der Länge nach und hie und da auch in der Breite auf und es treten braunschwarz ge- färbte Krusten hervor, welche auf den Zellen der grünen Zellenschicht der Rinde ihren Sitz haben. Diese schwärz- liche Kruste besteht aber aus einem kleinen Pilze, und tre- ten diese in grofser Menge auf einem und demselben Aste auf, so treibt derselbe sehr schwach oder er stirbt auch ganz ab. Die Blätter dieser Bäume leiden im Sommer sehr viel an dem bekannten orangefarbenen Blattpilze der Birnbäume, dem Aecidium cancellatum Pers. aber im An- fange des Juli dieses Jahres sah ich denn auch, dafs die jungen Triebe solcher mit jenen Pilzen befallenen Zweige recht sehr erkrankten, die Blätter bekamen hie und da auf ihrer untern Fläche schwarze Flecken, oft waren diese Flecken bedeutend grofs und 5, 6 und 7 neben einander stehend. Diese Flecken breiteten sich allmählich aus, gaben der Blattfläche eine Sammetfarbe, welche immer dunkler wurde, bis endlich die Blattsubstanz, welche von diesen Flecken ergriffen war, sich etwas krümmte und endlich ganz fO^starb und zu einem schw^arzen Pulver zerfiel. An manchen Blättern entstanden hiedurch nur einzelne, runde Löcher, an andern dagegen w'ard mitunter der gröfste Theil vollständig zerstört. Die mikroskopische Untersuchung zeigte mir, dafs diese schwarzen Flecken auf den Blättern durch eben dieselben kleinen Pilze gebildet wurden, wel- che aus der innern Rindenlage der Aeste und Zweige her- vorbrechen; ja hier, auf den saftigen Blättern, kann man ihre Form-Verhältnisse noch deutlicher sehen, als auf der Rinde, und ich zweifle keinen Augenblick daran, dafs sich diese Pilze auf den Blättern durch die ausgestreueten Spo- ren des Rinden-Pilzes erzeugt haben. Der kleine Pilz, von welchem hier die Rede ist, bildet eine neue Gattung 191 oder gehört vielJeicht zu Gyninosporiiim Corda,*) indem ich vermiithe, dafs diese nicht ganz richtig charakterisirt ist. Icl) nenne diesen Pilz vorläufig Gymnosporium Pyri communis und er charakterisirt sich durch kin*ze ungeglie- derte, unregelmäfsig cylindrische, hie und da mit Wärz- chen besetzte, rasenförmig nebeneinanderstehende Zellen, welche die Träger der Sporen bilden. Die Sporen, wie die Träger, sind von bräunlicher Farbe, länglich-eiförmig und an ihrem obern Ende mit einer kleinen, warzenför- migen Hervorragung versehen. Diese Sporen treten in jedem Rasen in unendlicher Zahl auf und wachsen aus den Spitzen der Träger hervor, was ganz wie gewöhnlich ge- schieht, bis die ganze Spore abgeschnürt ist. An den Blättern kann man durch Querschnitte genau sehen, dafs diese Pilze nicht aus dem Innern der Substanz hervor- kommen, sondern auf der Cuticula der Epidermis sitzen und hieselbst durch ihr Wachsthum das vollkommene Ab- sterben der Blattsubstanz veranlassen, welche von diesen Pilzen bedeckt ist. Die Ursachen dieser Krankheit sind ebenfalls unbe- kannt, aber die Krankheit vermindert sich, wenn man die Aeste stark abstutzt. XVII. Das Mutterkorn, Lat. Clavus, Engl. Spur und Franz. Ergot. Das Mutterkorn ist eine von denjenigen Krankheiten, über welche am meisten geschrieben und beobachtet ist, und dennoch steht es mit der Kenntnifs des Wesens die- ser Krankheit noch immer sehr schlecht; die verschieden- sten und sich widersprechendsten Ansichten werden all- jährlich über die Entstehung des Mutterkorn's publicirt, so dafs Niemand weifs, woran man sich zu halten hat. Der Grund dieser aufi'allenden Unkenntnifs einer so wich- tigen und so häufig vorkommenden Krankheit liegt jedoch nur darin, dafs es so ungemein schwer hält, dieselbe in *) Sturm Flora III. 13. p. 69. 192 * ihren frühesten Perioden zu beobachten. Selbst genaue Untersuchungen des Mutterkorns in seinen spätem Zu- ständen haben Veranlassungen zu unrichtigen Ansichten über das Wesen dieser Krankheit gegeben. Vor einigen Jahren publicirte ich selbst einige Mittheilungen über das Mutterkorn, *) welchen sehr sorgsame Untersuchungen jun- ger und älterer Blutterkörner zu Grunde lagen, und erklärte das Mutterkorn für eine, durch Entwicklung von Entophyten herbeigeführte Degeneration des Saamenkorn's, wobei dieser entartete Kör- per theils in seinem Innern, theils auf seiner Oberfläche, mit zahllosen Wucherungen jener Entophyten bekleidet ist, welche die Gattung Sphacelia darstellen. Seit jener Zeit sind wiederum eine ganze Reihe von Arbeiten über das Mutterkorn er- schienen, worunter besonders die ausführliche von Herrn Phöbus**) anzuführen ist, worin das Mutterkorn fiir ein krankhaft verändertes Roggenkorn erklärt wird. Auch Herrn Phöbus war es nicht geglückt, die ersten Stadien des Auftretens des Mutterkorns kennen zu lernen und die- ses mufs ich von allen Vorgängern behaupten, welche ihre Beobachtungen über die Entstehung des Mutterkorns mit- getheilt haben. (8) Nach alljährlich angestellten Nachsuchungen ist es mir endlich geglückt das IMutterkorn wenigstens in dem Zustande aufzufinden, in welchem das Ovarium äufserlich noch ganz das Ansehen eines gesunden jungen Roggen- korns zeigt, zu welcher Zeit aber im Innern desselben schon AUes zerstört und mit einem Pilze gefüllt ist. Es wäre besonders wünschenswerth, das Auftreten der Krank- heit in einem noch weit jüngeren Stadio zu beobachten: doch nur sehr mühsame Untersuchungen von unzähligen *) S. Müllers Archiv für Anatomie, Physiologie u. s. w. Jahrg. 1838. p.357. **) Deutschlands cryptogamische Giftgewächse etc. 4lo. Berlin 1838- p. 99 - 109. 193 jungen Roggen - Saamen können dazu führen. Nach den* Beobachtungen verschiedener Botaniker wird das erste Auftreten des Mutterkorn's durch die Aussclieidung einer siifseii und klebrigen Flüssigkeit, von welcher man auf den erkrankten Aehren mehr oder weniger grofse Tröpf- chen innerlialb der Kronspelzen vorfindet, bezeichnet und man hat die verschiedensten Ansichten über den Ursprung und den Zweck dieser honigartigen Flüssigkeit aufgestellt; noch ganz kürzlich hat Herr F. Körber,*) der die wich- tige Beobachtung gemacht liat, dafs die Krankheit entsteht, wenn der Saame schon etwas weiter, als bis zur Hälfte der Ausbildung gekommen ist und schon Amylum enthält, die Ansicht ausgesprochen, dafs um diese Zeit der Saame durch die Witterung, wenn Feuchtigkeit mit Sonnenhitze wechselt, so afficirt werde, dafs das Amylum in Gummi und Zucker verändert und tropfenweise ausgeschwitzt wird. Es kann sein, dafs diese Vermuthung des Herrn Körber riclitig ist, doch stimmen damit meine, in ziemlich frühen Stadien dieser Krankheit, welche ich zu untersuchen Ge- legenheit hatte, gemachten Beobachtungen nicht überein. Bei meinen Untersuchungen zeigte sich nämlich, dafs der- gleichen schon erkrankte junge Roggenkörner, welche die Länge von 1^ bis IJ Linien erreicht hatten, noch ganz gesund aussehende Ovarien hatten und sich nur durch eine etwas gelbliche Farbe unterschieden. Diese Ovarien hatten auch noch keinen Zuckersaft ausgeschwitzt, während sich auf andern, dicht daneben stehenden Aehren schon hie und da Zuckersaft zeigte und die dazu gehörenden Ovarien auch schon aufgebrochen und zum TJieil zerstört waren. Als ich jene anscheinend ganz gesunden Ovarien öffnete, fand ich die ganze Höhle derselben vollständig ge- füllt und die weiche, gelblich weifse Masse, womit sie er- füllt war, zeigte auf ihrer ganzen Oberfläche eine Menge der niedliclisten, mehr oder weniger regelmäfsig verlaufen - *) S. Spiering, De Sccall cornulo. Diss. inaug. Bcrolini 1839. png. 21. M e y e n. Pathologie. ^3 194 den Gyren, d.h. gewundene Erhabenheiten und diesen ent- sprechende Vertiefungen, ähnlich der Oberfläche des Ge- hirns der Thiere. Auch im Innern, sowohl auf Quer- schnitten als auf Längenschnitten, zeigte sich eine ähnliche Struktur und diese ganze Substanz bestand aus lauter klei- nen und ziemlich gleichgrofsen ellipsoidischen Bläschen, welche durch eine schleimig -gallertartige Flüssigkeit zu- sammengehalten wurden und jenen Pilz bilden, welcher im ausgewachsenen Zustande, wie ich ihn gleich nachher be- schreiben w^erde, von Herrn Leveille*) mit dem Namen Sphacelia segetum belegt w^urde. Fast die ganze Höhle des Ovarium's war nur mit diesem Pilze gefüllt, von dem Embryo und den Eihüllen war nur noch eine Spur zu finden und diese bestand in einigen Zellenhäufchen, die noch nicht ganz zerstört waren und noch vollkommene Amylura-Kügelchen enthielten. Und diese Fetzen von Zel- lengew^ebe gehörten den früheren Eihüllen an und lagen nahe der Basis im Innern der Substanz des Pilzes, lieber diese Zerstörungen, welche der Pilz schon in einem so jungen Stadio seiner Entwicklung angerichtet hatte, war ich nicht wenig erstaunt, besonders aber darüber, dafs keine Spur eines Theiles des ehemaligen Eichen's oder des jungen Embryo's mehr zurückgeblieben war, aus welchem sich, wie ich früher glaubte, der dunkle, feste Körper des Mutterkorn's hätte entwickeln können. Fortgesetzte Unter- suchungen dieser jungen erkrankten Roggenkörner zeigten sehr bald die weitern Veränderungen, welche endlich das merkwürdige Gebilde hervorrufen, w^elches wir unter dem Namen des Mutterkorn's kennen. Mit der weitern Entwicklung jenes Pilzes im Innern des Ovarium's wird dieses selbst zerstört und zwar wer- den zuerst die Wände desselben an einer oder an mehre- ren Stellen durchbrochen, worauf die kleinen Pilzbläschen sogleich hervorwuchern und ein Tröpfchen eines sehr süfs *) Mem. sur l'ergot Mem. d. I. Soc. Linn. d. Paris V. (>. 365 etc. 1827. 195 schiiieckendcn, schleimigen Saftes mit sich emporfiihreii. Dieser Zuckersaft, der sich aus dem Ovario zuerst zwi- schen den Kronspelzen ergiefst und dann \veiter hervor- quillt, erscheint zwar im Anfange ziemlich gering, er ent- hält aber Hundert Tausende solcher kleinen ellipsoidischen Bläschen, woraus die ganze Masse des Pilzes besteht. Diese Flüssigkeit wird ihres Zuckergehaltes wegen von vielen Insekten, von Fliegen, Käfern u. s. w. besucht, die Insekten sind aber nicht die Veranlassung zur Entstehung der Krankheit, und wenn das Wasser jenes Saftes allmäh- lich verdunstet, so bleibt der Zucker zurück, welcher die Spalten und Schuppen der Blüthen miteinander verkettet, bis er selbst vom Regen wieder abgewaschen wird. Nach dieser Ausscheidung des Zuckersaftes geht die Entwicklung des Pilzes sehr schnell vor sich, die Zeit aber, in welcher die Zucker -Ausscheidung stattfindet, läfst sich nicht so bestimmt angeben, indem sie sich ganz nach der Blüthe- zeit des Getreides richtet; gewöhnlich findet man es aber gegen Ende Juni und im Anfange des Juli hier in der Umgegend von Berlin und etwa 14 Tage nach der Aus- scheidung des Zuckersaft's sieht man schon die grofsen, schwarzen Mutterkörner weit aus den Aehren hervorragen. Sobald der junge Pilz die Wände des Ovarium's zer- sprengt und mehr oder weniger vollständig zerstört hat, wuchert er schnell empor, schliefst alle die, noch unzer- stört zurückgebliebenen Stücke der Wände des Ovarium's ein und hebt sie mit in die Höhe; oft steckt noch die ziemlich erhaltene ganze Narbe im Innern der speckigen Substanz des Pilzes, oft ragt sie noch darüber hinaus und ist alsdann meistens mit Rostbrand befallen, oft sind so- gar die Antheren mit dem Pollen und deren Filamente von ihm mit eingeschlossen. Am leichtesten erkennt man im Innern jener Masse die einzelnen Stücke der Innern grü- nen Haut des Ovarium's (Pericarpium's), welche durch die Wucherungen des Pilzes weit über die Spitze des ehe- maligen Ovarium's emporgehoben wurden. Sobald aber der junge Pilz über die Wände des Ovarium's herausgewuchert 13* 196 ist, beginnt mitten in der untern Hälfte desselben die Bil- dung jenes festen Körpers, welcher die dunkel violette Farbe annimmt und uns im ausgebildeten Zustande als das eigentliche Mutterkorn bekannt ist. Da ich die frühe- sten Zustände des kleinen Pilzes, welcher im Anfange das Mutterkorn undiiillt, noch nicht kannte, so mufste ich glau- ben, dafs der feste Körper des Mutterkorn's, da er aus der Tiefe hervorwucherte, eine Degeneration eines Theiles des Saamenkorn's, besonders des Eiweifskörpers sei, jetzt aber habe ich mich überzeugt, dafs die Bildung desselben erst um die Zeit auftritt, wenn schon der junge Saamen mit seiner Hülle fast gänzlich zerstört ist. Es erfolgt viel- mehr die Bildung dieses festen Körpers, welchen man ge- wöhnlich ganz allein mit dem Namen des Mutterkorn's belegt hat, aus der Mitte unendlich vielfach verfilzter Schnüre jener ellipsoidischen Bläschen, welche man für die Sporen der Sphacelia segetum hält, und es herrscht in der Entstehung des festen Mutterkorn's, mitten in jenem Pilze, der Sphacelia segetum Lev. (welchen ich für das Mycelium des Mutterkorn's halten mufs), die vollständigste Analogie mit der Bildung des festen Körpers der Sclerotium- Pilze, welche ebenfalls mitten aus der Verfilzuug der Fä- den ihres Mycelium's hervorgehen. Die näheren Vorgänge, luiter welchen diese Bildung des Mutterkorn's aus der dich- ten Masse des Mycelium's entsteht, sind auch bei den sorgsamsten Beobachtungen nicht so leicht zu verfolgen, doch wissen wir schon aus einigen andern, leichter zu beobachtenden Fällen, dafs die Fasern des Mycelium's sich verfilzen, ja mit einander zusammenwachsen und dafs alsdann aus dieser Filzmasse die Haut, oder der eigentliche Fruchtträger oder Fruchtbehälter hervorgeht. Die Substanz der festen Sclerotien -Masse unterscheidet sich öfters von dem Fasergewebe des Mycelium's nur durch dichtere Aneinanderfngung und Verwachsung dickwandige- rer Fasern; und so möchte denn auch bei dem Mutter- korn die Bildung auf eine ähnliche Weise vor sich gehen, was aber wohl erst in späteren Zeiten und durch stärkere 197 Vergröfserungen wird enträtliselt werden können. Das Mutterkorn zeigt sich gleich bei dem ersten Auftreten in der Glitte des jungen Pilzes als ein fester Körper von violetter Farbe, der an Länge und Dicke sehr schnell zu- ninnnt und dadurch den kleinen-, speckigen Pilz ausein- andertreibt, welcher eine Zeit lang noch beständig wuchert und sich vergröfsert. Ehe die vollständige Ausbildung des Mutterkorn's erfolgt, ist der feste violette Körper noch rund herum mit der Sporenmasse des speckigen Pilzes (der Sphacelia nämlich) überzogen und der gröfste Theil die- ses Pilzes ist mit der herauswachsenden Spitze des Mut- terkorn's emporgehoben und bekleidet diese wie mit einem Mii.tzchen, welches je nach den äufsern Umständen bald mehr, bald weniger grofs und verschieden geformt und gefärbt, meistens schmutzig gelbweifs ist. Die violette Oberfläche des festen Mutterkorn's ist über und über mit kleinen, gegliederten und kurz verästelten Pilzfäden be- kleidet , welche aus den obersten Schichten der Zellchen desselben hervorgehen und durch Abschnürung in elli- psoidische, ziemlich länglich gezogene, sporenähnliche Kör- per zerfallen, welche mit jenen übereinstimmen, woraus der ganze junge Pilz bestand, welcher dieser ganzen Bil- dung voranging. Nähert sich diese Pilzbildung der voll- kommenen Ausbildung, so trocknet die speckartige Masse des kleinen, umhüllenden Gewebes immer mehr zusam- men und es kommt auf der ganzen Seitenfläche die violette Farbe des darunter liegenden festen Mutterkorn's zum Vorschein, welches im trocknen Zustande ganz grauschwarz wird und am obern Ende das schmutzig gelbbraune, ab- gestorbene Mützchen von dem ursprünglichen weichen Pilzgewebe trägt. Im ganz trocknen Zustande und wie das Mutterkorn in Apotheken zu finden ist, pflegt dieses Mützchen entweder ganz zu fehlen, oder es ist nur noch ein kleiner Theil davon vorhanden und auch an dem untern Ende des Mutterkorn's findet man nur selten die weiche, schwammige Spitze, mit welcher das ganze Gebilde zwi- schen den beiden Schuppen aufsitzt. Bei der vollständigen 198 Mutterkorn -Bildung haben wir mit zwei, dem Ansehen nach ganz versclüedenen Körpern zu thun. Der eine ist der feste, dunkelviolett gefärbte und der andere das zarte, weiche Pilzgewebe, welches den festen Körper bis zu sei- ner Reife ziemlich vollständig umschliefst; ich habe im Vorhergehenden die Vermuthung aufgestellt, dafs sich jener feste Körper des Mutterkorn's zu dem zarten, umhüllen- den Pilzgewebe ganz ebenso verhält, als die festen Kör- per der Sclerotien zu ihrem Mycelium oder dem flockigen Gewebe, aus dessen Mitte sie hervorgehen. Es fehlt denn auch nicht an verschiedenen Ansichten über die Natur die- ser beiden Körper, aus welchen das Mutterkorn dargestellt wird. Miinchhausen*) sprach zuerst die Meinung aus, dafs das Mutterkorn ein Pilz sei, und nannte diesen Ciavaria solida, oblonga, subulata, sulcata; Schrank**) nannte diesen Pilz Ciavaria Clavus ; DeCandoUe ***) brachte denselben zu Tode's Gattung Sclerotium und nannte ihn Sclerotium Clavus. Fries f) erkennt in dem Mutterkorn krankhafte Saamen der Gräser, beschreibt aber diese Bildung dennoch unter den Pilzen und , indem er sie zu einer neuen Gattung: Spermoedia erhebt, erhält sie den Namen Spermoedia Clavus. Herr Leveille ff) hält dage- gen das feste, violette IMutterkorn für eine krankhafte Entartung des Germen's, welches dann nach Art der Gal- len ausvvächst, und den kleinen, weichen Pilz für ein para- sitisches Gebilde, welches er unter den Pilzen als Sphace- lia segetum beschreibt. Nachdem ich im Vorhergehenden, wie ich glaube, vollständig erwiesen habe, dafs das ganze Mutterkorn ein Pilz ist, und es auch sehr wahrscheinlich gemaciit habe, dafs die beiden Bildungen des Mutterkorn's zusammengehören *) Der Hausvater etc. I. St. 2. pag. 244. **) Bayersche Flora IT. pag. 571. ***) Flore Fran^aisc Etlh. -3. V. pag. 115. f) Syst. raycol. 11. pag. 268. ff) Mem. de la Soc. Linn. de Paris V. 1827. a. a. O. 199 , und nur einen Filz darstellen, bleibt nun nichts weiter übrig, als nach der, vorhin gegebenen historischen Nach- weisung die Benennung von Herrn Fries zu entnehmen und den ganzen Pilz als Speruioedia Clavus zu bezeichnen. Sollte es aber andern Botanikern wahrscheinlicher schei- nen, dafs der kleine, weiche Pilz von dem gröfsern und harten verschieden sei, so ist für erstem die Benennung Sphacelia segetum Lev. vorhanden und fiir den harten Körper der angeführte Name von Herrn Fries. Zu der Gattung Sclerotium kann dieser letztere Pilz nicht gebracht werden, indem er sich der Struktur nach von den Scle- rotien sehr unterscheidet. Dieser feste Körper des Mut- terkorn's ähnelt etwas der Form des Roggenkorn's , ist aber stets mehrmals länger als dieses und ragt defshalb weit aus . ') Obscrv. on llie analonilcal and pliysiological naliirc of Etgol in cerlain Giasscs, — Annales ol' natur. Iiist. clc. Ib39. Maixh. p. 54. ¥¥1 201 faJtuii^ der Bliithe ein scliiiiimliges Ansehen zeige, indem unzählige kleine Fäden und winzige Körperchen dasselbe mit einem Ueberzuge vollständig umkleideten. Gegen eine solche Angabe läfst sich nichts weiter erwidern, als dafs entweder die Krankheit, welche Herr Queckett vor sich gehabt hat, eine ganz andere sei, oder dafs unsere Beobach- tungen, nach welchen (und dieses ist auch von mehreren andern Beobachtern bestätigt) , das Mutterkorn erst viel später auftritt, unvollständig sind, wofür ich selbst gerade nicht Ursache habe sie zu erklären. Durch welche Ursachen wird das Mutterkorn hervor- gerufen und wie kann man die Bildung desselben verhin- dern? Dieses sind zwei wichtige Fragen, welche schon vielfach erörtert worden sind. Man findet das Mutterkorn viel häufiger an schwächlich wachsenden Individuen, daher besonders häufig auf sterilem, sandigem Boden; häufiger am Rande solcher Felder als in der Mitte, wo die Düngung- besser ist. Man findet das Mutterkorn aber aucli sehr häufig auf frisch urbar gemachtem Boden ; es mag ein fet- ter oder ein niagerer sein, und besonders häufig bildet sich das IMutterkorn in feuchten und kalten Sommern, selbst die kräftigsten, die gesundesten Roggenhalme wer- den unter solchen äufsern Verhältnissen von diesem Pilze befallen, welcher das Mutterkorn darstellt. Der dritte und vierte Theil der Aerndte soll schon in Frankreich von Mutterkorn befallen gewesen sein. ]\Ian hat sehr häufig Verletzungen durch Insekten als die entfernte Ursache die- ser Bildung angegeben, aber da hat man sich sicherlich sehr getäuscht. Das angeschwollene Ovarium ist noch ganz gesund von Aufsen, wenn es im Innern schon vollständig mit dem kleinen Pilze gefüllt ist. IMan spricht von Stok- kungen der Säfte, von einem zu starken Saftandrange u. s. w. , welche die Entstehung des Mutterkorn's her- vorrufen sollen, indessen durch alle diese Phrasen wird die Bildung desselben nicht erklärt und wir müssen uns ganz off"en gestehen, dafs wir die Ursachen nicht kennen. Auf grofsen vortrefflich bestellten Feldern, unter Millionen 202 von Haimci), koinnit hie und da einmal eine einzelne Pflanze vor, welclie ein einzelnes Älntterkorn in ihrer Aeln-e zeigt, während fast alle iibriü^en 15liithen gesunde nnd kräftige Früchte angesetzt haben. Einige Autoren wollen Mutter- korn hervorgerufen haben, wenn sie den Roggen auf feuch- ten, lehmigen Jioden säeten und ihn stark begossen, indefs sind eben so viele ungünstig ausgefallene Resultate hier- über von andern Beobachtern mitgetheilt. Fontana hat vielleicht zuerst die Meinung ausgespro- chen, dafs sich das Mutterkorn von einer Aehre zur andern fortpflanze und diese Fortpflanzung sei durch blofse Be- rührung auszuführen ; ja die Fortpflanzung sei selbst vom Roggen auf Gerste, Weizen u. s. w. auszuführen. Auch diese Beobachtungen sind mehrfach wiederholt aber ganz erfolglos ausgefallen. HerrWiggers (a.a.O. p. 31) hat das Mutterkorn unter die Wurzeln gesunder Roggenpflanzen gelegt und diese gut befeuchtet, w^orauf sich Mutterkorn gebildet habe. Herr Queckett (a. a. O.) hat den Pilz, wel- cher die Erkrankung des Korns veranlafste und sich auch später an dem Mutterkorne zeigte, keimen gesehen, ja er will sogar das Wachsen desselben auf andern Pflanzen- theilen beobachtet haben und glaubt daher, dafs diese Fäden und Sporen nicht zu dem IMutterkoni gehören; er hält diesen Pilz noch für unbeschrieben und nennt ihn Ergotaetea abortans; er ist aber, wenn Herr Queckett nicht eine ganz andere Bildung vor sich gehabt hat, nichts anderes, als die Sphacelia segetuni Lev.. Das Wachsthum der Sporen unserer Sphacelia segetum habe ich selbst, nicht nur auf andern Theilen einer und derselben Aehre gesehen, sondern auch auf Weizen-Aehren, auf welche ich die Sporen übertrug. Man findet gar nicht selten an sol- chen Aehren, welche recht viele Mutterkörner tragen, dafs sich ein flockiges Pilzgew^ebe in weifsen, oder auch grau- lichen Häufchen, auf den Spelzen und zwischen den neben einander liegenden Blüthen entwickelt; die Untersuchung zeigt sehr bald, dafs dieses Gewebe aus den jungen oder noch keimenden Pflanzchen der Sphacelia segetum besteht, 203 indem die Sporen dieses Pilzes ganz zufällig an den Ort gekommen waren, an welcliem sie unter günstigen feuchten Verliältnissen sehr gut wuchsen. Hier zeigt sich denn aucli das iMycelium der Sphacelia sehr gut und dieses besteht in kurz gegliederten aber stark verästelten Fäden, deren Aeste oft spitz zulaufen. Die einzelnen Glieder schwellen ellipsoidisch an, trennen sich von einander und stellen jene Sporen dar, welche in so unendlicher Zahl das Miitz- cheu des Mutterkorn's bilden. Diese Beobachtungen führ- ten mich zu dem Versuche, die Sporen der Sphacelia zwi- schen die Bliithen der Weizen -Aehren zu streuen und schon nacli einigen Tagen sah ich ein zartes Pilzgewebe daraus hervorgehen. Hierauf beschränken sich jedoch wohl einzig und allein die Angaben, nach welchen eine Fortpflan- zung des Mutterkorn's durch Berührung erkrankter Aehren mit gesunden statt gefunden haben soll. Die Sphacelia- Sporen wuchern wohl, aber das feste Mutterkorn kann sich nur im Innern junger Gräser-Saamen entwickeln; dahinein kann aber das Mycelium des Mutterkorn's nicht von Aufsen gelangen. Wenn übrigens eine solche Ansteckung statt- finden würde, so würde man auch sicherlich in freier Na- tur das Vorkommen des Mutterkorn's auf dicht nebenein- anderstehenden Aelireu beobachten und zwar gerade nicht selten, was aber doch nicht der Fall ist; ja man findet sogar in einer und derselben Aehre im Allgemeinen innner nur sehr selten mehr als ein Mutterkorn. Zuwei- len sind in einzelnen Aehren fast alle Saamen zerstört und die ganze Aehre steckt voller IMutterkorn. Plenck*) handelt sehr umständlich von zwei verschie- denen Arten von Mutterkorn, nämlich von einem bösarti- gen und einem gutartigen, und Willdenow **) und Andere haben diese Angaben weiter verbreitet. Die bösartigen Kornzapfen, sagt Plenck, sind äufserlich veilchenblau und innerlich bläulichgrau. Dieser Staub hat einen ekelhaften *) Physiologie und Pathologie der Pflanzen p. 311. **) Grundiüs etc. 7te Aufl. 1831. p. 502. 204 .stinkenden Glm-ucIi nnd einen scliarfen ätzenden Gesclunack. Das Mehl ist zähe, saugt das Wasser nur langsam ein unl liat, wenn es geknetet wird, nichts Schleimiges. Das Brod davon liat eine (hnikle, veilclienhjaue Farbe. Von den gutartigen Kornzapfen lieifst es dagegen: In gewissen Jahresconstitutionen sind die Kornzapfen äufserlicli zwar veilchenblau, innerlich aber weifs, mehligt, ohne Genich nnd Geschmack. Es ist schwer zn sagen, wie Plenck zu diesen, so bestinnnt vorgetragenen Behauptungen kam; im frischen Znstande ist das Mutterkorn fast immer violett von Aufsen und im Innern bald mehr bald weniger weifs oder bläidich violett. Viellei(.-]jt bezeichnete Plenck unter bösartigen Kornzapfen den stinkenden Steinbrand, welcher freilich nur bei dem Weizen häufig vorkommt; diese Ver- muthung möchte indessen doch mehr an Wahrscheinlich- keit gewinnen, da Plenck selbst bei dem bösartigen Mut- terkorne von einem Staube von ekelhaft stinkendem Ge- rüche spricht und unter Kornbrand offenbar nur den Flug- brand, aber nicht den Steinbrand beschreibt. XVIII. Die Schwindpocken-Krankheit. Unter diesem Namen hat Herr G. H. Fintelmann*) eine Krankheit beschrieben, welche seit 4 bis 5 Jahren den Weinstock in den Gärten in der Nähe von Berlin und an einigen andern Orten mit mehr oder weniger grofser Heftigkeit ergriifen und in manchen Gegenden schon unge- heuren Schaden angerichtet hat. Die Krankheit zeigt sich nach Herrn Fintelmann's Beobachtung ursprünglich als runde oder elliptische, durch ihre Verbindung mit einander aber sehr mannigfaltig, doch stets so gestaltete trockne Wunden, dafs die äufsern Umfange rundliche Ausbuchtungen (mit spitzen \\'iiikein dazwischen) bilden. Sie sind zwar oluie alle Regel, doch meistens so vertheilt, dafs sie die Sonnenseite der Internodien eiimehmen. *) Bciliiigr zur nähern Kennlnifs rler Sch>vmdpocken-KranklieIt des Wclnstockcs. — Allgcniclnc Garlcnicilung. Berlin 1839. p. 273. 205 Höchstens könnte ihre Vertheilimg- gruppenweise genannt werden, da sie die gröfste Diclitigkeit entweder auf einem Knoten oder zwischen solchen, auf dem jnngen Holze zei- gen, von da aus immer weniger diclit stehend, gleichsam Gruppen bilden, die oft durch fast ganz freie Räume von den folgenden getrennt sind, sich aber auf diese Weise über Blattstiele und Ranken verbreiten. Die trocknen Wunden, welche sehr passend Narben genannt werden, haben einen erhöheten, angeschwollenen und dunkler ge- färbten Rand und die eingeschlossene Fläche ist vertieft und ganz abgestorben, so dafs nicht selten selbst die weifs gebleichten Baströhren freiliegen. Nach Herrn Fintelmann's Beobachtung sind die Blätter des von der Schwindpocken- Krankheit befallenen Weinstockes stets mit Flecken beklei- det, die auf der Ober- wie auf der Unterfiäche des Blattes wenig vertieft sind und zwar in Folge des Verschwindens des Parenchym's zwischen den beiden Oberhäuten. Auch diese Flecken sind stets kreisförmig und der 31ittelpunkt derselben liegt stets auf einer Vene oder einer secundären Rippe eines Blattlappens. Auf den Beeren sollen sich die Narben wie auf den Blättern verhalten und zur Unter- scheidung werden diese Flecken der Blätter: Brandflek- ken genannt; sie treten zuerst ganz klein auf, als wenn diese Stellen durch Tröpfchen heifsen Wassers verbrüht wären. Auch die Entstehung der Krankheit hat Herr Fintel- mann beobachtet. Sie zeigt sich in der ersten Hälfte des Sommers, doch auch bis in den Herbst hinein. Es bilden sich zuerst Warzen von verschiedener Gröfse, die einen dunklern trüben Inhalt zeigen, der sich ausquetschen läfst. Bei zu starker Anschwellung reifst die Epidermis und nun sterben die obern Zellenschichten ab, werden schwärzlich und lagern sich in diesem Zustande auf dem Grunde der Wunde ab. Das Wesen der Krankheit wird in einem ungesunden Zustande des Pflanzensaftes gesucht und das Auftreten der Wunden und Narben mit dem eines Exanthems, gleich den 206 Pocken, verglichen. Als Gelegcnheits- Ursache wird eine mehrjährige Dürre angegeben. Ein anderer Praktiker, Herr Nietner, *) der die erste Mittheilung über diese Krankheit publicirte, macht auf das Zusammenschrumpfen der Blätter an ihren Rändern und der Spitzen der jungen Triebe aufmerksam, sobald die Pflanze erkrankt, was allerdings oft der Fall ist, aber durchaus nicht die Regel. Auch glaubt derselbe, dafs die Krankheit nur bis zum Juli im Steigen begriffen sei, in- dessen habe ich Gelegenheit gehabt, zu sehen, dafs sich diese Krankheit in manchen Gärten erst im Anfange des August's zu entwickeln begann und in andern Gärten im September am stärksten wiithete. Ableger von er- krankten Weinstöcken wurden ebenfalls von der Krank- keit befallen und wuchsen sehr kümmerlich. Herr Nietner sucht die Gelegenheitsursache der Krankheit in einer, den Pflanzen schädlichen Luft-Constitution, namentlicli in kal- ten, trocknen Ost- und Zugwinden; doch ist auch dieses wohl nicht der Fall , denn ich fand diese Krankheit in einem Garten zu Berlin gerade in einem gegen Norden, Osten und Süden ganz eingeschlossenen und tiefliegenden Räume; gerade die Weinstöcke, welche hier am ge- schütztesten standen, litten am meisten. Auch Dürre konnte hier nicht die Veranlassung der Krankheit sein, denn jener Ort war gerade der feuchteste im ganzen Gar- ten. Auffallend sind allerdings die Erscheinungen, welche die Königl. Gärten zu Sans-Sougi bei Potsdam darbieten. Auf den Terrassen dieses herrlichen Gartens litten die Weinstöcke in den vergangenen Jahren (1838 und 39) ganz furchtbar; ganze Reihen waren mitunter dem völligen Ab- sterben nahe, während kein einziger Stock von denjenigen erkrankt war, welche daselbst unter einem Ueberbau und, so lange es nöthig ist, auch unter Glas gezogen wurden. Im Jahre 1840 erschien die Krankheit des Weinstocks *) Benicikungen über eine Krankheit am Weinstocke elc. Allgemeine Garrenzeitnng etc. Berlin 1839. p. 233. 207 abermals, aber merkwürdig genug, sie hatte mehrere von den- jenigen Gärten verlassen, welche sie zwei Jahre lang vorher so stark heimsuchte, dagegen trat sie wieder in anderen Gär- ten sehr stark auf, welche bis dahin nur sehr wenig oder gar nicht davon gelitten hatten. Ich sah die Krankheit an dem jungen Holze in den letzten Tagen des Mai ent- stehen; sie zeigten sich zuerst als mifsfarbene Flecken der grünen Rinde und fast gleichzeitig traten auf einzelnen Blättern solcher erkrankter Schöfslinge mehr oder weniger häufig Brandflecken auf; manche Blätter waren sehr stark von diesen Brandflecken ergrifi'en, so dafs sie zusammen- schrumpften, sich bräunten und ganz zerstört wurden, an andern waren nur einzelne, ziemlich vollständig runde Flecken, welche im Anfange gelblich braun, später aber tief dunkelbraun oder röthlichbraun wurden und sich durch vollständige Mumificirung der Blattsubstanz charakterisirten, daher denn auch diese Flecken auf beiden Flächen der Blätter vertieft sind; ja später, wenn die Mumificirung noch vollständiger erfolgt ist, verstäubt sich diese vertrock- nete Blattsubstanz und an der Stelle der Brandflecken blei- ben Löcher zurück. Wenn man diese Brandflecken der Blätter früh genug mit gehöriger Vergröfserung untersucht, so wird man finden, dafs sie durch einen kleinen Pilz verursacht werden, dessen Auftreten mit brandiger Zer- störung des Zellgewebes begleitet ist, und eben derselbe Pilz ist es , wie die fernere Untersuchung zeigt, welcher die brandigen Zerstörungen in der Rinde der jungen Triebe veranlafst. Gleich im frühesten Zustande, in welchem die Flecken auf dem jungen Holze sichtbar werden, findet man, dafs die krankhaft ergrifi'enen Stellen mit einer Unzahl von kleinen , wasserhellen Pilzen bedeckt sind , und dafs mit ihrem Auftreten nicht nur die Zellen der zunächst ergrifi"enen Epidermis , sondern auch der 3 bis 4 darunter liegenden Zellenschichten erkrankt sind. Die Membranen dieser Zellen bräunen sich, werden trocken und zer- fallen, und so erhält die zurückbleibende Wunde eine braune Farbe. In diesem Zustande könnte man die er- 208 krankte Stelle mit einem fressenden Geschwüre verglei- chen; die Pilzbildnng- wuchert immer weiter, da« pareii^ chymatisclie Zellengewebe der Rinde wird bis auf die Bast- biindel gänzlich zerstört und auch im Umfange ninmit das Geschwür mehr und mehr zu. Alsbald entstehen dicht daneben neue Geschwüre, die sich ebenfalls vergröfsern, mit den erstem zusammenfliefsen und auf diese Weise zuweilen den gröfsten Theil der Fläche einzelner Glieder bedecken, die dadurch schrecklich entstellt werden. Haben sich erst mehrere einzelne Flecken vereinigt und haben sie erst die Form fressender Geschwüre angenommen, so gehen die brandigen Zerstörungen noch tiefer in die Substanz der jungen Triebe hinein ; sehr bald sterben auch die von Geschwüren ergriffenen Bastbündel ab und die Mumification dringt bis in den Holzring hinein. Die Ränder dieser Geschwüre werden braunschwärzlich und etwas wulstig aufgetrieben, wahrscheinlich durch eine Reaktion des noch gesunden Zellengewebes der Rinde gegen die vom Brande ergriffenen Theile; ja diese wulstigen Auftreibungen sind zuweilen sehr grofs und wechseln auf die auffallendste Weise mit den Vertiefungen der brandigen Flecken. Er- greifen diese Brandflecken die äufsersten Spitzen junger Triebe, so werden alsbald die ganzen Spitzen mit den daran sitzenden jungen Blättern vollständig zerstört; sie werden braun, schrumpfen zusammen, werden schwarz und fallen ab. Ist aber das junge Holz an den von der Krank- lieit ergriffenen Stellen schon fester geworden, ist der Holzring schon ausgebildet, dann widersteht der Trieb zwar länger der Zerstörung, ist aber, selbst wenn nur einzelne Glieder desselben stark mit Brandflecken bedeckt sind, so sehr erkrankt , dafs er dennocli , wenn auch erst später, jedesmal abstirbt. Ich habe im October 1839 auf den Tert^assen von Sans-Sougi starke fingerdicke Stengel ge- sehen, w^eldlie so stark mit diesen fressenden Brandflecken angegriffen waren, dafs sie durch und durch nunuificirt waren und bei der geringsten Kraftanstrengung ganz und gar zerbrachen. Es gab einzelne Reben daselbst, welche 209 gänzlich durch diese Krankheit zerstört wurden und es waren nicht nur die jungen Triebe, sondern aucli die alten, welche zuletzt ganz vertrockneten, doch fand ich an meh- reren Reben, welche ausgenommen wurden, die \yurzeln im gesunden Zustande. Der kleine Pilz, welcher alle diese Zerstörungen be- gleitet und, wie es scheint, die Ursache derselben ist, hat bis jetzt die Aufmerksamkeit der Naturforscher noch nicht erregt. Er tritt auf in einer mehr oder weniger gTofsen Anzahl von einzelnen, ellipsoidischen und wasserhellen Bläschen, \velche mitunter zu 2 imd 3 perlschnurförmig aneinander gereiht sind, gröfstentheils aber einzeln zu lie- gen scheinen; mitunter sieht man aus der Oberfläche sol- cher brandigen Flecken feine, kurze Fäden hervortreten, welche sich durch Abschniirung in jene einzelnen ellipsoi- dische Sporen verwandeln. Wenn man von den brandigen Flecken der Weinblätter ganz feine Schnitte macht, welche einzelne kleine Stückchen der vertrockneten Epider.uis zur Beobaclitung geschickt machen, so sieht man eine grofse Anzahl solcher Sporen unregelmäfsig durcheinander auf der zerstörten Epidermis sitzen und in noch weit grö- fserer Anzahl findet man sie auf der Oberfläche der Brand- flecken der Stengel. Wie schon im Anfange niitgetlieilt wurde, so beobach- tete man diese Krankheit des Weinstockes erst seit den letztern 4 — 5 Jahren und in einigen der Königl. Gärten von Potsdam nahm dieselbe auf eine sehr beunruhigende W^eise alljährlich zu, so dafs man im Herbste 1839 fürch- ten mufste, es könnten durch diese Krankheit die ganzen W^ein- Pflanzungen jener Gärten zerstört werden. Zum ^öfsten Glücke hat sich diese Furcht nicht ganz bestä- tigt, denn in einigen Gärten, wo die Krankheit schon sehr stark hauste, ist sie im Sommer 1840 wieder verschwun- den und dagegen an andern Stellen von Neuem aufge- treten. Nach den obigen Mittheilungen kennen wir gegen- Meyen. Pathologie. 14 210 wältig wahrscheinlich das Wesen der Kranklieit ; wir selien als solclies den kleinen Pilz an , aber von den entfernten Ursachen, welche das Auftreten dieses Pilzes und hieinit die bezeichnete Krankheit des Weinstockes veranlassen, wissen wir noch nichts. Die Herren Nietner und Fintel- niann*) haben verschiedene Venrintliungen über die Ver- anlassung dieser Krankheit aufgestellt; diese lassen sich jedoch säninitlich durch andere Beispiele, welche ich selbst anführen kann, widerlegen. Die anhaltende Dürre, welche bei uns schon seit mehreren Jahren herrscht, möchte sicher- lich ebenfalls keine Veranlassung zu dieser Krankheit sein. Als die Krankheit im Juli 1839 im Garten Seiner Königl. Ilolieit, des Prinzen Albrecht, ausbrach, veranlafste ich Herrn Hofgärtner Hempel, mit einigen der kränksten Wein- stöcke einige Versuche zu machen. Die bezeichneten Stöcke wurden umgraben, sie wurden anhaltend sehr stark begos- sen, einige mit reinem Wasser, andere mit Jauchen, doch wir sahen hievon keinen Erfolg; eben dieselben Stöcke haben auch im folgenden Sommer sehr stark gelitten. Schon fing man an, zu vermuthen, dafs der Weinstock vielleicht in Folge seines hohen Alters von der zerstören- den Krankheit ergriflfen werden möchte, da doch bekannt- lich die meisten durch Schnittlinge vermehrt werden; diese Vermuthung ward indessen bald widerlegt, denn man beobachtete die Krankheit zuerst mit an einer Rebe, wel- che seit 10 oder 12 Jahren aus Saamen gezogen war. So sehen wir also, dafs Pflanzen von verschiedenem Alter von dieser Krankheit ergriffen werden. Wir sahen die Krank- heit unter den verschiedensten äufsern Verhältnissen ent- stehen, wir sahen sie an den kräftigsten gut gepflegten Pflanzen, welche im üppigsten Grün prangten und da- gegen auch an Weinstöcken, welchen weniger Aufmerksam- keit geschenkt wurde. Wir haben kennen gelernt, dafs die Krankheit ohne irgend bekannte äufsere Ursachen entstand und ebenso wieder verschwand, ohne dafs man einen Grnnd *) S. pag. 206 ff. 211 angeben konnte, kurz sie verhält sich in ihren ursach- lichen Momenten noch rätliselhafter als Rost und Mehl- thau, diese sind aber die Krankheiten, welchen die Schwind- pocke angereiht werden kann. Uebrigens ist die bezeichnete Krankheit keineswegs dem Weinstocke allein eigen. Herr Hofgärtner Hempel machte mich schon im Herbste 1839 darauf aufmerksam, dafs etwas Aehnliches auch an den Himbeer- Sträuchern vorkomme und im vergangenen Sommer habe ich mich überzeugen können, dafs diese Krankheit der Himbeer- sträucher vollkounnen übereinstimmend ist mit jener des Weinstockes. Es ist eben derselbe kleine Pilz, welcher auf dem Weinstocke die fressenden Brandflecken veranlafst, der auch hier auf den jungen Schöfslingen der Himbeer- sträucher ganz ähnliche Flecken erzeugt, die sich grup- penweise anhäufen, sich vergröfsern, um sich fressen und mit ihren Rändern zusammenfliefsen. Ich sah diese Krankheit niemals an den noch krautartigen Spitzen der jungen Triebe, sondern mehr auf den schon stark verholzten Gliedern derselben, deren Rinde zum gröfsten Theile dadurch zerstört wurde, ohne dafs der Trieb dadurch sehr zu lei- den schien. Die Brandflecken auf dem Stengel der Himbeer-Sträu- cher unterscheiden sich von jenen des Weinstockes da- durch, dafs sie kleiner sind, dafs sie aber in um so grö- fserer Anzahl auftreten und oft zwischen mehreren Blatt- ansätzen die ganze Hälfte der Oberfläche der Rinde zer- stören. Die Brandflecke können auch auf den Himbeer- Stengeln nicht so tief einfressen, weil der Holzring hier ganz vollkommen geschlossen und ziemlich hart ist, da- her sind die Narben dieser geschwürartigen Brandflecken auf den Himbeer-Sträuchern immer nur sehr oberflächlich, ja die kleinern und einzeln stehenden sind nur sehr wenig vertieft, daher denn auch der Rand nicht so aufi'al- lend erhaben und wulstig sein kann, wie auf dem Wein- stocke. 14* 212 Scliliefslich möchte ich noch die Bemerkung hin- zufügen, dafs obige Krankheit wahrscheinlich auch bei mehreren andern Sträuchern vorkommt, und vielleicht auch auf Kräutern, denn ich hatte wenigstens bei ver- schiedenen der Letztern hie und da auf den Blättern Brandflecken beobachtet, welchen ganz ähnliche kleine Pilze aufsafsen. Innere Krankheiten, 1. Saftaustlur.s und Tliräneii der Baume. Uas Tliräiieii der Bäume hat man häufig- als eine Krank- heit bezeichnet und es mit den Ausflüssen verschieden- artiger Säfte, vvelciie wir gleich nachher speciell erörtern werden, in Zusammenhang gestellt, doch gewils mit Un- recht, denn das Thränen gewisser Bäume ist eine ganz natürliche Erscheinung und tritt nur dann ein, wenn der- gleichen Gewächse auf irgend eine Weise an ihrem Holz- körper verletzt sind. In unsern Gegenden sind bekanntlich nur wenige Bäume, welche die Erscheinung des Thränen's zeigen; die Birke steht vor Allen obenan, dann einige Ahorn -Arten, Ulmen* Buchen und auch einige Weiden; unter den bei uns kultivirten Gewächsen ist es aber der Weinstock, welcher das Thränen am ausgezeichnetsten zeigt. Diese genannten Gewächse führen im Frühjahre, wenn die Knospen anschwellen, eine sehr grofse Menge von Nalirungsrtüssigkeiten; es sind mit diesen, um jene Zeit, selbst die Spiralröhren des Holzkörpers, ganz gefüllt, und sobald dergleichen Theile verletzt werden, welche Spiralröhren enthalten, so kommt der darin befindliche wässerige Saft zum Ausflusse, eine Erscheinung, welche bis zum Ausbruche der Blätter anhält und dann sehr schnell aufhört. Schneidet man zu dieser Zeit, wenn die Spiral- röhren mit Flüssigkeit gefüllt sind, an einem Weinstocke irgend einen Ast ab, sa fliefst das Wasser aus der Schnitt- fläclie desjenigen Theiles, der mit der Wurzel in Verbin- dung steht, und dieses Ausfliefsen des rohen Nahrungs- saftes hat man mit dem Namen des Thränen's belebt. Da 216 dieser Saft etwas Zucker enthält, bei einigen Pflanzen so- gar in solcher Menge, dafs man die Flüssigkeit zur Be- reitung von Zucker benutzt oder sie der weinigen Gäh- rung aussetzt, so glaubt man, dafs dieses Ausfliefseu eines solchen. Nahrungssaftes dem Gewächse von Nachtheil sei, und gewifs auch mit Recht, wenngleich dieser Nachtheil sehr selten unmittelbar wahrnehmbar sein möchte. Die Beobachtung hat gezeigt, dafs bei dem Auftreten des Zuk- kers in dem aufsteigenden rohen Nahrungssafte die Stärke aufgelöst wird, welche in mehr oder weniger grofser Menge in dem Holze und dem Marke der Bäume abgelagert war. Man kann sich indessen auch sehr leiclit davon überzeu- gen, dafs selbst nach vollkommen ausgebildeten Blättern und Blüthen in dem Holze solcher Bäume und Sträucher noch immer eine sehr grofse Menge von Amylum enthalten ist, und dadurch wird es erklärlich, dafs das einmalige Thränen eines Baumes nocli keinen merkbaren Nachtheil hervorbringt. Wejin dergleichen Bäume, deren Holz reich an Amylum ist, in einem guten Boden standen, so können sie später mehrere Jahre hindurch in einem schlechten stehen , indem sie alsdann noch iniiner von ihrer eignen Nahning, dem aufgespeicherten Amylum, leben. Aus die- sem Grunde bescluieidet man gegenwärtig den Weinstock im Herbste. Mitunter zeigt sich jedoch am AVeinstocke, wie an der Birke, den Ulmen u. s. w. ein solches Thrä- nen im Frühjahre, ohne dafs die Pflanze absichtlich ver- letzt ist; man sieht nur, dafs die Flüssigkeit durch die Risse und Spalten der Rinde hervorquillt und in mehr oder weniger grofsen Massen ausfliefst, weim man aber näher untersucht, so findet man in dem Holzkörper irgend eine Verletzung; entweder zeigt sich eine kleine Spalte, oder, was gewöhnliclier ist, eine kleine faule oder abge- storbene Stelle, durch welche dajui der Saft, der mit bedeutender Kraft emporsteigt, hervorquillt. Diese faulen oder abgestorbenen Stellen zeigen sich meistens da, wo früher Seitenäste safseii und abgeschnitten oder abgcbro- cheji wurden. 217 Insoweit ist das Thräiieii oder Ausfliefsen des rolien Naliningssaftes etwas ganz Natürliches und darf nicht als eine Krankheit angesehen werden, aber leider entstehen durch dieses Ausfliefsen aus solchen verdorbenen Stellen des Ilolzkörpers, wie durch die Spalten in Folge von Frost, sehr unangenehme krankhafte Zustände. 11. Der Ilonigthau. Melligo, Mel aeris, Ros mellis Unter Honigthau versteht man einen zuckerhaltigen, dickflüssigen und klebrigen Saft, welcher zuweilen im Frühjahre, häufiger jedoch bei heifsem Wetter zur Som- merzeit, die Blätter, Blüthen und jungen Triebe der Bäume, Sträucher und Kräuter überzieht. Bald überzieht er diese Theile als ein glänzender Firnifs und zwar nicht nur die obern Flächen, sondern mitunter auch die untern, bald tritt er auf in Form von gelblichen, zähen Tropfen. Man hat ungemein viel über diese sogenannte Pflan- zenkrankheit geschrieben und sich über den Ursprung jenes zuckerhaltigen Saftes gestritten, leider sind wir aber auch heutigen Tages über diesen Gegenstand noch nicht ganz im Reinen; wir werden aber finden, dafs man die ver- schiedenartigsten Sachen zusammengeworfen und unter dem gemeinschaftlichen Namen des Honigthau's beschrie- ben hat. Die älteste Ansicht, welclie man über den Ursprung des Honigthau's aufgestellt hat, ist wohl die, nach welcher derselbe wie ein wahrer Thau aus der Luft fallen und die dar- unter befindlichen Pflanzen und andern Körper bedecken soll. Plinius sagt sclion von dem Honigthau,*) dafs derselbe in den Hundstagen falle und sich dann an die Blätter der Bäume wie an die Haare der Kleider derjenigen lege, die sich gerade im Thaue auflialten. Im Jahre 1762 haben wir durch Leche**) eine Geschichte des Honigthau's erhalten. *) XI. p. 126. **) Honungs- Doggers Hlstoria. — Vetensk. Acadtra. Hancll. elc. 1762. p. 90— 104. 218 worin alle früliorcii Ansichten über diesen Gegenstand aufgeführt werden, und hiernach sieht man, dafs J. Bauhin der erste war, welcher das Herabfallen des Honigthau's aus freier Luft auf eine sehr treffende Art als ganz unwahr- scheinlich und offenbar irrig darzustellen suchte. Man hatte schon dajiials bemerkt, dafs der Ilonigtliau zuweilen nur auf eine besondere Art von Pflanzen falle u. s. w. Jene Ansicht des Plinius herrschte jedoch zu einer Zeit, als man schon wuf'^ite, dafs alle die fremdartigen Körper, welche sich in der Luft befinden, von der Erde aus ver- dunstet und in die Luft gestiegen sein müfsten. Man stellte sich daher denn auch sogleicli die Frage, von welchen Körpern aus die Materie des Honigthaues hervorgehen möge und glaubte hiezu die Blumen der Pflanzen beson- ders geeignet zu finden ; ja die Zeit , in welcher der Ho- nigthau auftrete, sei gerade diejenige, in welcher die Pflan- zen in voller Blüthe zu stehen pflegen. Eine der besten Abhandlungen, welche die Beweisführung dieser. Ansichten bezweckt, ist von einem Anonymus im 14. Bande des Ham- burger Magazin's *) enthalten; geht man jedoch genauer auf die von ihm gemachten Beobachtungen ein, so w4rd man sehr bald finden, dafs auch sie eine andere Deutung zu- lassen und dafs er ebenfalls niemals sah, wie jener Ilonig- tliau aus der Luft gefallen ist. Gleich die ersten Beobach- tungen über den Honigthau, welche daselbst sehr richtig und uniständlich beschrieben werden, sind ganz anders zu deuten. Man liatte einen honigartigen Saft auf den Roggen- Aehren in Form einzelner Tropfen gefunden und glaubte auch diesen für Honigthau halten zu müssen; die Erschei- jiung ist aber so genau beschrieben, dafs es keinem Zwei- fel unterliegt, dafs dieser Honigsaft aus den Roggen- Aehren nichts weiter war, als die Absonderung jenes Pilzes, wel- cher die Bildung des IMutterkorn's verursacht und worüber in diesem Buche in dem Artikel über das Mutterkorn aus- führlicher gehandelt worden ist. Es haben auch noch mehrere ') 1759 p. 13S-172. 219 andere Schriftsteller diesen Ilonigsaft auf den Rogi^en- Aehren unter Honigthau beschrieben; sie erkannten aber doch, dafs dieser Saft von der Aehre selbst herstamme und also nicht aus der Luft herabgefallen sei. Es fehlt aber auch nicht an Angaben, nach welchen der Honigthau in Gestalt eines feinen Staubregens, und zwar meistens Vonuittags an sehr heifsen Tagen, herab- gefallen ist;*) auch in neuern Zeiten will man so etwas gesehen haben, doch sind die Angaben einmal durch keine nandiafte Autoritäten zu unterstützen und zweitens wer- den wir sichere Thatsachen kennen lernen, nacli >velchen die Erscheinung des llouigthau's anderweitig zu erklären ist. Herr Wiegmann sen. **) erzählte noch vor einigen Jahren einen Fall, wonach man wirklich glauben sollte, dafs der Honigthau vom Himmel herabfalle; er hat näm- lich im Juni 1822 beobachtet, dafs Nachmittags ein Theil seines Gartens, von eijiem halben Morgen Gröfse, ganz mit einer klebrigen, zuckerreichen Flüssigkeit bedeckt war, und schliefst daraus, dafs diese Substanz aus der Luft gefallen sein müsse. Noch interessanter ist eine von Wieg- mann aus brieflichen Mittheilungen des verstorbenen Medi- cinalraths Ziz in Mainz mitgetheilte Beobachtung, nach welcher man im Juni 1823 Honigthau in Tröpfclien durch die von der Sonne beleuchteten Oefi"nungen zwischen den Baumästen fallen sah, und gerade nur die in jener Strecke befindlichen Blätter u. s. w. , auch einen dort liegenden Hammer, mit süfsem Thau besprengt fand. So lange übri- gens nicht von Sachverständigen, die auch sogleich mit dem Mikroskope bei der Hand sind, das Herabfallen eines zuk- kerhaltigen Saftes aus freier Luft unmittelbar beobach- tet worden ist, wird es uns erlaubt sein, eine solche Er- klärung des Honigthau's gänzlich zu bezweifeln. *) S. die ökonomischen Nachrichten der patriotischen Gesellschaft in Schlesien vom Jahre 1774. 37. St. p. **) Ueber die Krankheiten der Gewächse u. s, w. C. Sprengel's land- und forstwirthschaüliche Zeitschrift etc. I. Heft 1. p. 281—336. Braunschweig 1831. 220 Die zweite, sehr allgemein herrschende Ansicht über den Ursprung" des llonigthau's ist die, nach welcher der Honigthau von den Blattläusen abgesondert wird. Es haben nändich die meisten von denjenigen lilattlausen, welche ent- weder frei auf der Oberfläche der Blätter oder in zusammen- gerollten Blättern leben, auf dem Rücken des Hinterleibes 2 Honigröhren oder Höcker, ans welchen sie eine zuckerhal- tige Flüssigkeit entleeren, und audi der Saft, den man durch Zerdrücken der Körper der Blattläuse erhält, soll sehr zuckerhaltig sein. Da man nini gewöhnlich das Vor- kommen des Honigthau's und das der Blattläuse gleich- zeitig neben einander vorfindet, auch das Ausspritzen des Honigsaftes durcli die Honigröhren der Blattläuse wirk- lich beobachten kann, so schlofs man, was allerdings auch wohl sehr nahe lag, dafs die ganze Bildung jenes zuckerhaltigen^ Saftes, welcher die Blätter und andere Theile der Pflanzen überzieht, ganz allein von den Blattläusen hervorg-ebracht worden sei. Auch fand man allgemein, und das haben gewifs auch schon viele der geehrten Leser dieses Buches gesehen, dafs die Absonderung jenes zuckerhaltigen Saftes auf den Pflanzen um so gröfser ist, je gröfser die Zahl der Blattläuse, welche solchen Saft absondern. Wenn man einen Rosenstock im Zimmer hat, welcher stark mit Blatt- läusen bedeckt ist, so ist es leicht zu sehen, dafs auch alle Gegenstände, welche unter dem Baume befindlich sind, sehr bald mit dem zuckerhaltigen Safte bedeckt wer- den und, weini man genau darauf aditet, so geht diese Ausbreitung des süfsen Saftes weiter als der Umfang des Baumes beträgt. Ja man sieht auch, dafs mit den herab- gefallenen Blattläusen die zuckerhaltige Flüssigkeit weiter ausgebreitet wird. P»ei dem Allen hat man denn doch vei>chiedene Er- scheinungen aufgeführt, wodurch auch diese Erklärung über die Entstehung des Honigthau's in Zweifel gestellt werden kann. Man hat nändich sehr allgemein und sehr richtig beobachtet, dafs der Honigthau nicht auf der untern Fläche der Blätter, sondern gerade immer auf der ober«. 221 Fläche derselben befiiiilHch ist uinl diese wie mit einem Firnisse überzieht: die Blattläuse dagegen sitzen fast immer auf der untern Fläche der Blätter und nur sehr selten auf der Oberfläche. Diese Einwendung- ist indessen ganz unhaltbar, denn der Honigthau, welcher von den Blattläusen ausgespritzt wird und im Sonnenschein in Form eines feinen Staubregens herabfällt, mufs gerade immer auf die Oberfläche der zunächst darunter stehenden Blät- ter fallen und so wird es wohl erklärlich sein, dafs sich die Blattläuse im Allgemeinen auf der untern, der Honig- thau dagegen auf der obern Fläche der Blätter befindet. Um diese sehr einfache Erklärung, welche ich von den mir vorgekommenen Fällen vonilouigthau auf Rosenstöcken ent- nommen habe, zu verdächtigen, kann man einwenden, dafs ^liedurch nicht erklärt werde, auf welche Weise die obersten Blätter mit Honigthau bedeckt würden, über welchen keine andern weiter befindlich sind; in den zwei von mir ge- nauer beobachteten Fällen habe ich indefs sehr deutlich sehen können, dafs die untersten Blätter am stärksten, die obern weniger stark und die obersten nur sehr wenig mit Honig- thau bedeckt wurden. Der anonyme Verfasser jener lesens- werthen Abhandlung über den Honigthau im Hamburgischen Magazin*) erzählt einen Fall, wo er den Honigthau auf einem Pflaumenbaume häufiger gefunden habe, als in irgend ekiem andern Falle; die Blätter ^varen überall glänzend und klebrig, andere mit zerflossenen oder an der Spitze gesammelten Tropfen versehen. Er stieg in den Bannt hinein, und fand es in dem obersten Wipfel ebenso be- schaffen; unter andern safs daselbst ein ganz kleines, ver- welktes und zusammengeschrumpftes Blättchen, dessen Höh- lung beinahe ganz mit Honigthau gefüllt war und es ist neben und über diesem Blatte keines gewesen, w^elches irgend etwas in das kleinere hätte hineinfallen lassen können. Der Verfasser jener Abhandlung setzt indessen noch hinzu, dafs überall, wo auf den Pflaumenblättern Honigthau war, *) IV. p. 144. ^22 , eben da auch Blattläuse befiiuJlich waren, wiewohl diese ancli auf Blättern safsen, welche keinen Ilonigthan zeig- ten. Es scheint, dafs in diesem, so eben niitgetheilten F'alle das Vorkommen des Ilonigthau's auf den obersten Blättern nicht von den Blattläusen abzuleiten sei, weil diese stets auf der untern Fläche der Blätter gesessen hätten, indessen ist es kaum zu glauben, dafs, selbst wenn jene Beobachtung ganz richtig ist, die Blattläuse auch innner auf der untern Fläche der Blätter gesessen haben; man braucht nin* andere kleinere Bäumclien, die mit Blattläusen bedeckt sind, in dieser Hinsicht genau zu untersuchen und man wird stets eine Menge finden, welche auf der obern Blattfläche undierlaufen. Will man übrigens das gewöhn- liche gleichzeitige Auftreten des Honigthau's und der Blatt- läuse dadurch erklären, dafs die Blattläuse durch den Ho^ nigthau herbeigelockt werden, so mufs mann denn doch auch annehmen, dafs sie den Honigsaft fressen und sich defshalb auch auf die obere Fläche der Blätter begeben werden u. s. w. Der Anonymus im Hamburger Magazin führt aber jenen Fall mit den Pflaumenbäumen und die vielen übrigen nur auf, um zu erweisen, dafs der Honigthau nicht von den Blattläusen abgesondert, sondern aus der Luft herabgefal- len sei. Da miifste denn aber doch eine sehr grofse Menge dieses Saftes herabgekommen sein, wenn die Höhle eines gekrümmten Blattes mit demselben ganz gefüllt war, und schwerlich könnte ein solcher Honigregen übersehen wor- den sein ! Wenn sich aber Blattläuse auf einem jungen Blatte einfinden, so pflegen sie auf beiden Blattflächen vorzukonmien und auch gewöhnlicli ein Krümmen oder Verkrüppeln der Blätter zu veranlassen, und dieses mag denn auch wohl hier der Fall gewesen sein, wo sich dann eine Zeit lang die Blattläuse auf der obern Fläche des Blattes aufhielteji und hier eine grofse Menge von Honig- thau absonderten. Der berühmte Reaumür hatte die Meinung aufgestellt, dafs vahrnimmt; ja die Rinde vieler Conife- ren wird häufig absichtlich verwundet, um das Ausfliefsen des Harzes zu bewirken, wovon sogleich nachher gespro- chen werden wird. Man wird aber wohl selten eine ältere, 15 — 20jährige Kiefer, Tanne oder Fichte finden, an deren Stamme nicht hier oder dort einzelne Harzgänge verletzt wären und ihren Inhalt ausfliefsen liefsen; es sind dieses die Harzgänge, welche in den äufsern Rindenschichten liegen und bei dem allmählichen Abschelfern der Korklagen end- lich frei zu Tage kommen. Je wärmer es ist und je mehr die Sonne auf diese Stellen scheint, je mehr fliefst das Harz; doch ist ein solcher Harzflufs hier bei den Conife- ren eben so natürlich, als der Gummiflufs bei den Legu- minosen und durchaus ganz ohne Bedeutung für die Ge- sundheit des Baumes. Die Forstleute haben aber auch beobachtet,*) dafs der harzige Saft mitunter aus der Rinde der Nadelbäume, ohne vorhergegangene äufsere Verletzun- gen allenthalben ausfliefst und sich in grofsen Klumpen ansetzt; mau nennt diesen Zustand Vogelkien und es ist hiemit zugleich ein Absterben der Bäume von oben herab verbunden. Auch hier wissen wir noch nicht, ob *) S. Zur Kenntnifs der Krankheiten der Wald- und Gartenbäume. Leipzig 1795. p. 282. 238 dieses Absterben eine Folge des überaus starken Harz- flusses ist, der gleichsam den Baum gänzlich ersclH)])ft, wenn seine ganzen Bildungen hierauf gerichtet sind, oder ob, wie es sehr wahrscJieinlich ist, auch hier der llarzflufs nur das Symptom eines tiefen krankhaften Zustandes ist: eine genauere Untersuchung der Wurzeln würde hierüber Aufschlufs geben. Die Erfahrungen lehren übrigens, dafs ein starker Harzflufs, den man zur Gewinnung des Harzes künstlich einleitet und viele Jahre hindurch erhält, der Vegetation des Baumes sehr nachtheilig ist. Im Thüringer Walde, in Franken, in der Gegend von Ellwangen und an andern Orten, sagt der verstorbene Hartig,*) kann man sehen, welchen traurigen Erfolg das übermäfsige Harzen hat. Die Bäume sind unten oft halb nackt, und das Holz dieser Bäume ist auf einer Höhe von 8 — 10 Fufs oft so schlecht, dafs es kaum zu den Preisen des Stockholzes verkauft werden kann. Dagegen kann man nach den Erfahrungen eben desselben erfahrenen Forstmannes mittelwüchsige Fichten, 6 oder 10 Jahre vor dem Abtriebe, ganz ohne Nachtheil durch Harzen benutzen, wenn man nur nicht einen zu grofsen Harzflufs veranlafst. Ein oder zwei Risse von i^ bis 2 Zoll Breite und 4 bis 5 Fufs Länge, bis auf den Splint geführt, seien ganz unschädlich; das Harz läuft in diese Risse, welche Laachen genannt werden, hinein, und kann alle 2 Jahre daraus abgenommen werden. Macht man dagegen noch mehr Laachen, so sei es den Bäumen schädlich, sie würden krank, zeigten schlechten Zuwachs, schlechten Saamen und schlechtes Holz, wodurch zugleich der Borkenkäfer sehr stark vermehrt werde. Um den nachtheiligen Folgen des Harzens vorzubauen und den Gewinn des Harzes dabei dennoch nicht zu schmä- lern, beobachte man bei dem Anreifsen der Bäume fol- gende Regeln:**) Man harze nur alte Bäume, welche *) Forstliches etc. Conversations-Lcxicon. p. 364. **) Oellcls, etwas über die Harzgcschichtc oder Pcchiiutzung fich- tencr Waldungen. Eisenach 1789. 239 12, 15 — 20 Zoll imDnrchmesser haben ; Stämme von 3 Fufs im Durchmesser geben das meiste Harz und können einige z>yanzig Jahre auf Harz benutzt werden, junge Stämme da£?eo-en werden in 10 bis 12 Jahren kernroth und zuletzt am Stannnende, so weit die Laachen gehen, ganz faul. Solche Stämme, die zum Bauholze benutzt werden sol- len, dürfen gar nicht gerissen werden, sondern nur sol- che, welche zu Breim- und Kohlen-Holz bestimmt sind. Ferner reifse man einen und denselben Baum nicht alle Jalire, sondern lieber ein Jahr um das andere und thue es nur 8 bis 10 Jahre vor dem Abtriebe eines Bestandes. In tropischen AVäldern kommen mehrere Bäume vor, deren Rinden grofse Quantitäten verschiedenartiger Harze geben, welche ganz ohne alle künstliche Verletzungen ausfliefsen und man hat in den Brasilianischen Wäldern beobachtet, dafs dieses ausfliefsende Harz nicht selten sei- nen Lauf von der Rinde nach innen nimmt, allmäh- lich zwischen Holz und Rinde bis auf die Wurzeln herab- flielst und sich hier, unter der Erde, in sehr grofsen Quan- titäten anhäuft, woselbst es verhärtet und ein bernstein- artiges Ansehen erhält. Die Kienkranklieit ist dagegen von diesen verscliiede- nen Arten des Harzflusses ganz verschieden. Während bei dem Harzflusse die iibermäfsiee Harzsekretion innerhalb der Rinde auftritt, erscheint diese Harzsekretion bei der Kienkrankheit in den Zellen des Holzkörpers, die von die- sem alienirten Bildungs- Prozesse auf mehr oder weni- ger grofse Strecken ergriffen werden. Die mikrosko- pische Untersuclumg zeigt, dafs in diesem Falle nicht nur die langen porösen Holzzellen, sondern auch die Zel- len der Markstrahlen ganz mit dem flüssigen Harze gefüllt sind, ja dafs selbst die Membranen dieser Zellen durch und durch von diesem Harze durchdrungen werden und dafs sich später sogar mitunter, durch Auseinandertreten jener Zellen, Intercellulargänge bilden, welche ebenfalls mit dem flüssigen Harze gefüllt werden. Die Untersuchung lehrt also, dafs die ganze Holzmasse, welche von der 210 Krankheit ergriffen ist, durch und durch mit Harz impräg- nirt wird, und zwar an Stellen, wo im normalen Zustande durchaus gar keine Harzabsonderung stattfindet. Bald be- schränken sich dergleichen kienige Holzmassen nur auf kleine Theile eines Stammes, bald verbreitet sich diese Harzbildung auf gröfsere Strecken und nimmt mitunter fast ganze Stämme ein. In den Gipfeln alter Kiefern soll sich, wenn sie trocken werden, oft viel Kien oder harziger Saft ansammeln; man nennt sie dann Kienzöpfe.*) Diese ganze Harzbildung im Holze ist uns noch eine völlig unerklärliche Erscheinung. Wir wissen durchaus nicht, in welchem Verhältnisse dieser Sekretions -Prozefs zum Leben der Pflanze steht, denn wir sehen, dafs die Stöcke und Wurzeln von alten gefällten Kiefern, nachdem sie viele Jahre ohne weitere Zeichen von Leben in der Erde standen, gerade am meisten und am gewöhnlichsten solches Kienholz geben. Hartig**) erzählt, dafs man auf der Insel Wollin in Pommern dergleichen Stöcke aus der Erde hervorsucht, die wahrscheinlich vor einigen hundert Jahren verschüttet worden sind. Man erkennt das Vor- kommen derselben an den kleinen Erhabenheiten des Bo- dens, und findet darin die mit harzig-öligem Wesen über- füllten Wurzeln sehr starker Kiefern. Hiernach müfste man also wohl schliefsen, dafs das Auftreten des Kienhol- zes mit dem allmälüichen Absterben des Holzes der Kie- fern, Fichten u. s. w. verbunden sei. Eine Heilung der Kienkrankheit wird niemand be- zwecken wollen, da das kienige Holz weit höher im Werthe steht, als das gesunde und nichtkienige. Kienige Stämme sind bei Erd- und Wasserbauten ganz unverwüstlich, und würden auch zu leichten Landwohnungen sehr vortheilhaft sein, wenn nicht ihr Geruch sehr unangenehm wäre und dabei die Feuersgefahr noch vergröfsert würde. *¥ *) S. Harilg's forstliches Conversations-Lexlcon p. 461. ) S. dessen forstliches Conversations-Lcxicon p. 459. 241 VI. Filzkrankheit derBlätter, ErineumPersoon.*) Diesen krankhaften Zustand der Blätter, welchen ich mit dem Namen der Filz -Krankheit bezeichnen möchte, hat man früher von einem Pilze abgeleitet, ans welchem Persoon die Gattung Erineum bildete. Als man genau nach diesem Erineum suchte, fand man, dafs viele dergleichen Bildungen auf sehr vielen Pflanzen vorkom- men, doch wie es scheint fast nur auf den Blättern der Bäume und der Sträucher. Es sind besonders die Amen- taceen, auf welchen die Erineum-Bildung häufig gefunden wird. Einige Zeit hindurch gingen die Erineum-Bildungen als wirkliche Pilze in den systematischen Werken, und man benannte die Arten meistens nach den Bäumen und Sträuchern, auf welchen sie gefunden wurden, ja selbst nach dem Orte der Insertion dieser Bildung wurden fiir eine und dieselbe Pflanze sogar mehrere Species gemacht. Herr Link **) trennte von Erineum Pers. die Gattung Ru- bigo, je nach der Form der einzelnen Flockchen. Herr Fries***) bildete aus Erineum Pers. drei Gattungen: Ta_ phria, Erineum (Rubigo Lk.) und Phyllerium. Persoon f) theilt die Gattung Erineum in drei Abtheilungen: Phylle- rium, Grumaria (Rubigo Lk.) und Taphria, worin auch Herr Kunze ff) gefolgt ist. Herr Fries-j-j-f) hat dagegen seine früheren Namen Taphria Fr. Erineum Pers. und Phyllerium Fr. beibehalten und nennt die ganze Gruppe die Phylleriaceae; er ist nicht ganz im Klaren, ob die da- hin gehörigen Bildungen nicht wirklich zu den Exanthe- men der Pflanzen gehören und beschreibt sie defshalb in *) Tent. dispos. math. fung. p. 43, Phylleriaceae Fries (Syst. Myc. intr. p. LXIT. *) Berliner Magaz. der Nat. Freunde elc. 1809. p. 21 und 22. 0 Obs. myc. I. p. 217-24. •J-) Mycol. Europaea II. p. 2. ■Vt) Mycologische Hefte U. Leipzig 1823. p. 133. tfi) Syst. mycol. Vol. III. 1829. p. 520. Meyen. Pathologie. 4.6 242 einem Anhange zu jenen. Es ist in der That bemenkens- werth, njit welcher Vorliebe mehrere Botaniker diese Phyl- leriaceen behandelt haben. I\Ian sah sie als Pilze an und lieferte Monographien dieser Gruppe, worin jede Art in Hinsicht der Form ihrer Härclien mit Sorgfalt beschrieben wurde; Herr Kunze allein hat 45 Arten umständlich be- schrieben und immer von Neuem werden solche angebliche Pilze beschrieben. Die Erineen, zu welchem Namen wir wieder zurück- kehren , sind keine Pilze und auch mit den sogenannten Exanthemen der Pflanzen nicht zusammengehörig; es sind abnorme Haarbildungen derEpidermis der Blät- ter,*) wo auf mehr oder weniger grofsen Stellen die obere M^and jeder einzelnen Zelle in Form eines Härchens auswächst. Auf den Blättern verschiedener Pflanzen sind diese Härchen verschieden geformt, ja sie sind verschieden, je nachdem sie auf der Fläche des Blattes, oder auf den Nerven und in den Achseln der Nerven des Blattes auf- treten. Diese abnormen Haarbildungen zeigen sich in Form von kleinen oder mehr oder weniger ausgedehnten Rasen, die um so stärker hervortreten, je länger die einzelnen Härchen sind, aus w^elchen sie zusammengesetzt wer- den. Sie treten gröfstentheils nur auf der untern Fläche der Blätter auf, ja es gehört zu den Seltenheiten, wenn sie auf der oberen Fläche erscheinen. Mit diesem Auftre- ten der Haarwucherung ist jedoch zugleich eine geringe Anschwellung der übrigen Substanz des von der Haar- wucherung ergriffenen Blatttheiles verbunden , so dafs da- durch ein Hervortreten der Blattfläche an der von der Krankheit ergriffenen Stelle stattfindet, doch immer nur auf der, dem Rasen entgegengesetzten Seite des Blattes. Wenn sich also, wie es gewöhnlich ist, die Filzkrankheit auf der untern Blattfläche zeigt, so ist die Auftreibung des Blattes auf der obern Fläche zu finden, die sich auch *) Vgl. Coi da Ic. Fiing. IV. p. 3. I. 1. s. 7. (Erineum qutMrinum.) 243 meistens sehr bald verräth, besonders wenn die untere Fläche sehr stark davon ergriffen ist. Man hat die Be- hauptung aufgestellt, dafs die Anscliwellung der Blattsub- stanz um so stärker sei, je geringer die Haarproduktion auf der untern Fläche ist, doch kann ich dieses nicht be- stätigen. Die stärksten Bullositäten der Blätter in Folge der Filzkrankheit sah ich auf dem Wallnufsbaum , mit unter auch auf dem Weinstocke, und in beiden Fällen zei- gen sich die Härchen sehr lang und bilden dichte Rasen. Erscheint die Haarproduktion im Verlaufe der Blattnerven, wie es bei der Buche nicht sehr selten ist, so bemerkt man nur selten eine Auftreibung auf der entgegengesetzten Blattfläche. Die Auftreibung der Blattsubstanz besteht in einer geringen Vergröfserung , gleichsam in einer Turgescenz der einzelnen Zellen, wodurch die ganze ergriffene Stelle wegen Mangels an Raum emporgehoben wird. Macht man an jungen Blättern gut ausgeführte Querschnitte, so wird man sich bei hinreichender Vergröfserung hievon über- zeugen können und man wird zugleich erkennen, dafs jedes Härchen eines Rasens aus der äufsern Wand einer Epider- mis-Zelle hervorgegangen ist, dafs also jene Haarbildungen; welche man mit dem Namen der Erineen oder Phylleria- ceen belegte, durchaus keine selbstständigen Gewächse, so wenig als Parasiten sind, sondern nur in abnor- men Anschv/ellungen und Haarbildungen der Epidermis der Blätter bestehen. Viele, ja die meisten der Bäume und Sträucher unserer Waldgegenden haben in den Achseln der Blattnerven selbst im normalen Zustande mehr oder weniger grofse Schöpfe von Härchen. Im jungen Zustande ist dies bei den Blättern fast ganz allgemein, ja sogar an solchen, welche später eine feste und lederartige Struktur annehmen und im ausgebildeten Zustande einen Glanz zeigen, wobei keine Spur von Haaren vorkommt. Bei den Buchen, den Linden, den Ahorn-Arten u. s. w. sind es sehr oft gerade diese in den Achseln der Blattnerven 16* V- 244 sitzenden Härchen, von welchen die Filzkrankheit ausgeht und ganz besonders bei dem sogenannten Erineum nervale Kunze, welches auf Linden-Blättern vorkommt, und bei dem Erineum nervisequum K. auf den Buchen-Blättern. Es ist ganz richtig, dafs die einzelnen Härchen dieser genannten Erineen ganz anders gestaltet sind, als die Härchen der Rasen, welche auf dem Diachym der Blätter der genann- ten Pflanzen vorkommen; dieses ist aber auch eine sehr gewöhnliche Erscheinung bei den behaarten Blättern im normalen Zustande und man kann sich an Blättern der Buchen, auf welchen das Erineum nervisequum sehr aus- gedehnt vorkommt, wohl überzeugen, dafs die Härchen, welche auf dem Diacliym sitzen, ganz anders gestaltet sind, als diejenigen auf deü Nerven. So wie die Härchen der Pflanzen eigentlich nur selten Zellensaft-Kügelchen enthal- ten, so findet man sie auch an diesen abnormen Haarbil- dungen nur selten. Man hat diese Körner für die Sporen des Erineum-Pilzes angesehen, was nach der obigen Dar- stellung des Wesens dieser Bildungen nicht richtig sein kann, ja Herr Kunze sagt schon in seiner schönen Arbeit, obgleich er die Erineen noch als Pilze beschreibt, dafs jene Körner wohl nichts anders als Stärkemehlkörner sein mögen. Ich habe mehrere Erineen im frischen und im ganz jungen Zustande untersucht und mich überzeugt, dafs diese Kügelchen in ihrem Innern gerade nicht Stärke- Kügelchen sind, sondern sich ähnlich so vielen andern ungefärbten oder wenig gefärbten Zellensaft-Kügelchen ver- halten, indessen hat die Physiologie schon längst gelehrt, dafs solche Kügelchen zuweilen wenigstens Amylum-haltig werden. Die Haarproduktionen der Filzkrankheit zeigen sich sehr oft ausgezeichnet schön gefärbt, doch kann man über die nächste Ursache dieser Färbung nur dann mit Bestimmt- heit entscheiden, wenn man die Härchen im frischen Zu- stande zu untersuchen Gelegenheit hat, was aber immer etwas sehr Seltenes ist. Nach den von mir gemachten 245 Beobachtungen kommen diese Härchen entweder ganz ungefärbt oder gleich schön roth gefärbt zum Vorschein ; im letztern Falle ist die Färbung durch einen rothgefärb- ten Zellensaft bedingt, ganz so wie sonst im gesunden Zustande, im erstem Falle dagegen, wo die Härchen unge- färbt sind, treten die Rasen von heller, weifser Farbe auf und behalten auch dieselbe, wenn man sie in diesem jungen Zustande schnell trocknet. Die Härchen zeigen die ungefärbte IMembran und der Zellensaft ist ungefärbt und enthält mitunter einige kleine, ungefärbte Zellensaft- Kiigelchen: später jedoch, wenn diese Härchen immer grö- fser werden, und der darin enthaltene Saft vertrock- net, färbt sich die Zellenmembran gelblich und diese Färbung wird allmählich immer dunkler und dunkler, so dafs die ganzen Rasen an alten Blättern mitunter völlig dunkelbraun, ja selbst schwärzlich erscheinen. An getrock- neten Blättern wird man die Färbung der Erineum-Härchen sehr verschieden linden, je nachdem die Blätter zu ver- schiedenen Zeiten gesammelt wurden. IJas schöne Eri- neum auf den Blättern der Blutbuche hat die rothe Fär- bung der Blätter, doch kommt das Erineum auf den grü- nen Blättern der gewöhnlichen Buche mitunter ebenfalls schön roth gefärbt vor, so dafs also auch hierauf eigent- lich nur wenig Werth zu legen ist. Je nach der Form der Härchen, welche die Rasen der Erineen bilden, theilte man diese Produktionen, indem man sie gleichsam für parasitische Pilze hielt, in die ver- schiedenen, schon früher aufgeführten Gattungen, obgleich Herr Kunze*) schon sehr richtig bemerkt hat, dafs diese Formen in einander übergehen: Taphria s. Taphrina Fr. zeigt kurze, rundlich-keulenför- mige Härchen, welche Rasen von seidenartigem Glänze bilden. Grumaria Kunze (Rubigo Lk. Erineum Fr.) zeigt grö- fsere Härchen, welche keulenförmig, ja sehr oft bis zur 0 a. a. O p. i;:0 elc. 246 Form der Hntpil/e aii^eschvvolleii und mitunter höckerig und selbst ästig auftreten. PhyJlerium Fr. zeigt endlicli Rasen von langen , ge- wöhnlich gekräuselten und mit einander verfdzten Haaren. Dieses sind die Gattungen oder Unter-Abtheilungen, welche man von den Erineen aufgestellt hat. Mitunter sind sie auch schon dem Habitus nach zu erkennen ; doch wird man bei gründlicherer Untersucliung den Uebergang der einen Gruppe in die andere wahrnehmen können und end- lich, nachdem man das Wesen dieses Gebildes aufge- fafst hat, auch die Bemühungen, neue Arten aufzusuchen und nach trocknen Exemplaren umständlich zu beschrei- ben, für unnöthig halten. Die Erineum-Bildung ist eine Krankheit der Blätter , wobei die Epidermis am meisten betheiligt ist, indem sie Wucherungen zeigt, w eiche denen der thierischen Haut und der dahin gehörigen Gebilde (wie Herr Unger sagt) zu vergleichen sein möchten. Herr ünger,*) der bekanntlich die Hypothese aufgestellt hat, dafs die Exantheme der Pflanzen Athmungskrankheiten seien, hält die Erineum-Bildung gleichfalls für eine solche Athmungskrankheit, doch mit entgegengesetztem Charak- ter, obgleich er selbst sehr richtig gesehen hat, dafs der Entstehung dieser Haar-Produktionen stets eine Auflocke- rung, oder, wde ich lieber sagen möchte, eine Turgescenz der Blattsubstanz, bedingt durcli eine örtliche Säfteanhäu- fung, vorangeht. Gewöhnlich sind die Rasen -Bildungen der Erineen ziemlicli genau begrenzt; es kommen jedoch auch gar nicht selten Fälle vor, wo die Blattfläche an sehr vielen Stellen von der Filzkrankheit ergriffen ist und wo dann auch die Rasen in einander überfliefsen. Bei Buchen und bei Linden sah ich dergleichen sehr ausgebreitete Bil- dungen, und Herr Unger sah sogar, dafs eine solche Eri- neum Bildung auf vXmygdalus persica oft die ganze Blatt- fläclie einnahm. Icii wüfste überhau])t keine Gründe an- *) Die Kxantlicinc der Pllanzeu elf. p. 384. 247 zirgeben, um zu erweisen, dafs die Erineum-Bildungen als Produkte eines gestörten Athmungs-Prozesses oder über- haupt als Atlimungskrankheiten anzuseilen seien,*) und überhaupt wissen wir auch hier, wie bei den meisten übri- gen Pflanzen-Krankheiten, weder das Wesen der Krankheit noch die entfernten Ursachen anzugeben, welche die Krank- heit hervorrufen. Da die Erineum- Bildung eine abnorme Haarbildung ist, indem sich an solchen Stellen die Epidermis -Haare entwickeln, wo die Blätter im normalen Zustande keine zu haben pflegen, oder auch, indem sich die Haarbildung viel stärker zeigt, als im gew^öhnlichen Zustande, wie z. B* bei dem sogenannten Erineum nervale, so sollte man glau- ben, dafs solche Ursachen im Stande sind, die Filz- krankheit hervorzurufen, welche die Bildung der Haare zu befördern im Stande sind. Leider ist dieses aber auch wiederum ein Gegenstand, über welchen die Physiologie nicJit ganz im Reinen ist. Wir beobachten nämlich in der Natur, dafs solche Pflanzen, welche in einer sehr trocknen Luft vegetiren müssen, auch sehr häufig stark mit Haaren bekleidet sind, ja man kann sogar ganz deut- lich sehen, dafs die Bildung der Wurzelhärchen unge- mein verstärkt wird, wenn den Pflanzen nicht die hinrei- chende Menge von Feuchtigkeit gegeben wird, so dafs man also in diesen Fällen die Haarbildung ziemlich sicher als ein Mittel ansehen kann, dessen sich die Pflanzen bedie- nen, um mit vergröfserter Oberfläche die Feuchtigkeit ein- zusaugen und auf diesem Wege ebenfalls zum Zwecke zu gelangen. Es gibt aber auch eine sehr grofse Menge von Sumpf-Pflanzen, welche gewöhnlich stark behaart siiid und dennoch stehen diese Pflanzen stets sehr feucht;' fast *) Der Herr Verf. nimmt hier offenbar den Sinn Uag e r' s falsch. Unger sagt nur: die Blätter sind Athraiingsorgane; also ist eine Krank- heit des Blattes die Krankheit eines Athmungsorgan's, oder eine Ath- mungskraukhel», wie Herr M. sich ausdrückt. Der Herausgeber. 248 sollte man glauben, dafs die Haare in diesen Fällen zur V^erstärkuug- der Transspiration dienten. *) Unter eben so verschiedenen äufsern Verhältnissen treten denn auch die Erineum-Bildungen auf. Im Allgemeinen kann man sagen, dafs sie fast unter allen Zonen vorkommen, wo die Baum- und Strauch-artige Vegetation verbreitet ist, wenngleich die- selben in unsern Gegenden, wie es ganz natürlich ist, viel häufiger beobachtet worden sind. Am häufigsten zeigen sich die Erineen gegen Ende des Sommers, und fast sollte man glauben, dafs grofse Trockenheit die Bildung dersel- ben befördert, aber ich habe kürzlich die Erineum-Bildung auch an getriebenen Weinstöcken beobachtet, welche in überaus feuchter und heifser Luft gezogen wurden. Kommt übrigens das Erineum in einer gewissen Gegend an irgend einer Pflanze vor, so pflegen gewöhnlich alle Indivi- duen eben derselben Art, welche in jener Gegend sich befinden, mit eben demselben Erineum bedeckt zu sein; was allerdings darauf hindeuten möchte, dafs diese Bil- dungen durch äufsere Verhältnisse hervorgerufen werden. Für den Gesundheits-Zustand der Pflanze, welche von der Filz-Krankheit befallen ist, scheint übrigens die krank- hafte IlaarbiJdung ohne irgend bemerkbare Folgen zu sein demnach hat auch diese Krankheit keine besondere Wichtig- keit obwold sie in physiologischer Hinsicht zu den interes- santesten gehört. AYir haben uns zu überzeugen gesucht, dafs die Rasen der Erineen in einer abnonnen Haarbildung bestellen, doch dürfen wir auch nicht unterlassen, zu be- merken, dafs diese Wucherungen der Epidermis für ge- wisse Arten doch immer höchst constant auftreten, wenn- gleich zuweilen auch Uebergänge von der einen Form zu einer andern vorkommen ; sie sind aber denn doch so con- stant, dafs man Gattungen und eine sehr grofse Anzahl von Arten darauf begründete. Die Bestimmtheit der For- *) Woraus folgl» flals die .-»buoinjc Uaaibilcliing mit dem Alli- n»ungs|»iozcsse wirklich lu Verbindung stellt. Der Herausgeber. 249 üien dieser krankhaften Wucherungen ist nun aber gerade das Merkwürdigste dabei, indem sie darauf hindeutet, dafs jene krankhaften Wucherungen für bestimmte Arten und Gattungen der höhereji Pflanzen einen gewissen Grad von Selbstständigkeit erlangen, wodurch sie, wenigstens der äufsern Form nach, verschiedenen niedern Pilz-Formen ähnlich werden, defshalb aber doch immer nur krankhafte Wucherunsren bleiben. Da die Filzkrankheit keine merklichen Folgen auf den Gesundheits-Zustand der daran leidenden Pflanzen zeigt, so Avird es auch nicht nöthig sein, an eine Heilung oder Verlünderung des Auftretens dieser Krankheit zu denken, -welche auch nach Allem, was wir darüber erfahren haben, ganz und gar nicht gelingen würde. VII. Die safranfarbige Filzkrankheit. Mit dem Namen der safranfarbigen Filzkrankheit möchte ic!i diejenige eigenthümliche Erineum-Bildung bezeichnen, welche mit dem Gattungsnamen Taphrina oder TaphriaFr. belegt wurde. Diese Bildung ist bisher nur auf den Blät- tern der Pappeln gefunden worden und wurde defshalb Taphrina populina Fr. benannt. An dieser Bildung kann man noch deutlicher, als an den vorhergenaunten Fällen der Filzkrankheit, sehen, dafs es kein eigenthiimlicher Pilz ist, welcher derselben zum Grunde liegt, sondern dafs es nur eine krankhafte Entartung der Epidermis-Zellen oder mehrerer Schichten der äufsersten Zellen ist. Die safranfarbige Filzkrankheit zeigt sich gegen Jo- hannis. Ich sah sie auf den Blättern von Populus nigra und von Populus trjcmula und zwar selbst an solchen Bäumen, welche häufig die gewöhnliche Filzkrankheit aufzuweisen hatten, nämlich das sogenannte Erineum populinum. Es konuiit bald auf der obern, bald auf der untern Blattfläche vor und bringt Bullositäten des Blattes hervor, auf deren concaven Fläche die safranfarbige Wuclierung der Epider- mis ihren Sitz hat. Diese Wucherung besteht aber in kur- 250 zeii , cylindrisclien und gleich hohen Härchen, in welche die obern Wände der erkrankten Zellen der Epidermis ausgewachsen sind. Das Ausgezeichnetste hiebei ist aber, dafs diese erkrankten Zellen sannnt den daraus hervorgegan- genen Ilärclien ganz und gar mit einer safranfarbigen gru- mosen Substanz gefüllt sind. Ein Aufspringen dieser kur- zen Härchen und ein Entleeren der gefärbten IMasse findet hier nie statt, wenn die Härchen nicht mechanisch verletzt werden, daher man diesen Inhalt auch nicht für eine Spo- renmasse halten kann. Sehr häufig findet sich auf den Blattstielen solcher erkrankten Blätter von Populus nigra noch eine andere Erkrankung, welche mit der orangefarbigen Filzkrank- heit offenbar eine und dieselbe Ursache hat. Es zei- gen sich nämlich mehr oder weniger grofse Callositäten von ähnlichem safranfarbigem Gelb und die anatomische Untersuchung zeigt, dafs hier partielle Anschwellung und Vermehrung der äufsersten Zellenlagen des Blattstieles stattfindet, wobei eine ganze Menge von Zellen der 2 bis 3 äufsersten Zellenschichten, mit einer ganz ähnlichen gold- gelben oder safranfarbigen grumosen Substanz gefüllt sind, ganz ähnlich wie die hervorgewachsenen Härchen auf der Blattfläche, nur mit dem Unterschiede, dafs auf dem Blatt- stiele keine Härchen entstehen und dafs hier mehrere Zel- lenlagen auf die angegebene Weise erkrankt sind, während es auf den Blättern immer nur die Epidermis-Zellen sind. Aus dieser Darstellung wird es sich wohl hinreichend bestimmt genug ergeben, dafs dieser Zustand, der mit dem Auftreten der ehemaligen Taphrina populina begleitet ist, eine, von der gewöhnlichen Filzkrankheit bedeutend ver- schiedene Krankheit ist. Aber auch diese Krankheit ist ohne merklich schädlichen Einflufs auf das allgemeine Wachsthum des davon befallenen Baumes. Vni. Kraus sucht der Blätter. , Das Krauswerden der Blätter ist eine sehr häufig vor- kommende Erscheinung. Sie wird aber meistentlieils durch 251 Insekten und zwar durch Blattläuse veranlafst. Diese Er- scheinung- liaben wir schon oben (p. 49) , wo von den Krankheiten, welche durcli Insekten veranlafst werden, die Rede war, angeführt. Hier soll nur von dem Krauswerden der Blätter, als eigenth und icher Krankheit, die Rede sein. Sehr häufig werden die Blätter des Johannisbeer- strauches (Ribes rubrum) von einer Krankheit befallen, welche mit der Erineum-Bildung oder der Filzkrankheit verwandt ist, sich aber in ihren äufsern Erscheinungen bedeutend von dieser unterscheidet. Die Krankheit, wel- che ich hier meine, ist sehr bekannt und sehr allgemein, und mit unrecht pflegt man ihre Entstehung von Blattläu- sen abzuleiten. Die Blätter des Johannisbeer-Strauches wer- den uneben, mehr oder weniger kraus und bullös, wobei die von der Krankheit ergriflfene Stelle fast immer, und meistens auch sehr bald, eine rothe Farbe annimmt, wel- clie durch das Auftreten von rothgefärbtem Zellensafte in den Zellen der Epidermis, wie in den obern Schichten auf der obern Fläche des Blattes, hervorgerufen wird. Gröfs- tentheils sind die Bullositäten auf der obern Blattfläche convex und auf der untern concav, doch zeigt sich mit- unter auch das Gegentlieil und zwar zuweilen so stark, dafs die Blätter fast ganz und gar nach ihrer obern Fläche zu- sanmiengekriimmt sind, während sie mit der untern Fläche gleichsam eine grofse und ziemlich unebene Blase darstel- len. Bei der wahren Erineum-Bildung ist dagegen die Bul- losität immer auf der mit der Haarbildung bekleideten Blattfläche, aber die ganze Haarbildung ist dort eine an- dere. So lange die Bullositäten auf den Johannisbeer- Blättern noch jung sind, pflegt die obere Fläche der Blät- ter glatt zu sein, später aber, besonders wenn die Bullo- sitäten sehr bedeutend und tief roth gefärbt werden, ent- stehen haarförmige Auswüchse, die ebenfalls roth ge- färbt sind und an ihrer Spitze mit einem kleinen Köpfchen enden, welches ziemlich die Structur von manchen zusam- mengesetzten und gestielten Drüsen zeigt. Diese haarför- migeii Auswüchse sind nicht so einfache Härchen, wie die 252 • der Eriiieen, sondern sie zeigen auf den Querschnitten 4, 5 und selbst 6 Zellchen und nehmen auch ihren Ursprung nicht nur aus den Zellen der Epidermis, sondern die dar- luiter liegendeji Zellen nehmen ebenfalls daran Antheil, ganz so, wie es sich bei den Stielen der zusammengesetzten Drüsen zeigt. Auch stehen diese Auswüchse nicht so dicht, wie bei den Erineen, wo jede einzelne Epidermis-Zelle in ein Härchen ausgCNvachsen ist, und sie verursachen daher auf den Ribes-Blättern auch nur eine leichte Rauhigkeit. Auf der untern Blattfläche zeigen die Ribes - Blätter an den \on der Bullosität ergrifi'enen Stellen ebenfalls eine auf- fallende Rauhigkeit, welche jedoch ebenfalls von jener der Erineen-Bildung ganz verschieden ist. Die Ribes -Blätter sind im normalen Zustande auf ilirer untern Fläche mit vielen einfachen Härchen bekleidet und nur die Oberfläche der Hauptnerven zeigt aufser diesen Härchen auch noch eine Menge kleiner einfacher und gestielter Drüschen. Diese kleinen Drüschen sind äufserst selten auf der Blattfläche ZU' sehen, welche das Diachym einschliefst; in dem krank- haften Zustande jedoch, von welchem hier die Rede ist, ist die untere Blattfläche, so weit sie von demselben er- griff'en ist, mit solchen kleinen, gestielten Drüschen beklei- det, welche einen etwas klebrigen Saft absondern, durch welchen die Blattläuse herbeigelockt werden, und so ist es zu erklären, dafs diese bullösen Blätter des Johannis- beer-Strauches und mehrerer anderer Ribes-Arten so sehr häufig mit Blattläusen bedeckt sind, und zwar sitzen diese Thiere, so lange sie niclit in zu grofser Anzahl vorkom- men, fast nur auf den, mit jenen drüsentragenden Här- chen besetzten Stellen des Blattes. Diese hier beschriebene Krankheit der Bätter an den Johannisbeer- Sträuchern u. s. w. betrachte ich als eine Form, welche gerade zwisclien der eigentlichen Filzkrank- heit, die ebenfalls mit BuUositäten verbunden ist, und der Kraussucht mitten inne steht und gleichsam den Uebergang vermittelt. 253 Das Kraiiswerdeii der Blätter kommt entweder mit oder ohne Desorganisation der Substanz vor; der letztere Fall, welcher oft die niedlichsten Varietäten bildet, die selbst erblich sind, wie z. B. bei der Trauerweide mit gekräuselten Blättern, welche angeblich von Napoleon's Grabe auf St. Helena herstammen soll, was aber unrichtig ist, dieser letztere Fall ist nicht weiter als Krankheit, son- dern als eine Anomalie in der Bildung der Formen zu betrachten. Der andere Fall dagegen, die wirkliche Kraus- sucht der Blätter, wo das Krauswerden derselben mit V'eränderungen in ihrer Struktur verbunden ist, konmit eigentlich nur sehr selten -vor. Am häufigsten hat man das Kräuseln der Blätter an den Kartoffel-Pflanzen beobach- tet; die Weinrebe zeigt es auch mitunter, besonders wenn sie sehr warm und feucht getrieben wird. Herr Hofgärtner H. Sellow auf Sans-Sou^i war so gütig, mich auf diese Krankheit aufmerksam zu machen. Schon in solchen Fäl- len, wo die Filzkranklieit auf den Weinblättern vorkommt, werden die Blätter mitunter sehr kraus, indessen sind es doch meistens nur diejenigen Stellen, welche von den Bullositäten ergrifi'en sind; bei der Kraussucht aber wird fast immer das ganze Blatt in die Veränderung der Form und Struktur mit hineingezogen. Die ganze Ober- fläche dieser Blätter zeigt überall, bis zum Rande hin, Höcker und Vertiefungen, defsgleichen auch die untere Blattfläche, doch wird man sehr bald bemerken können, dafs die Höcker auf der untern Fläche der Blätter nicht immer genau den Vertiefungen der Substanz auf der obern Blattfläche entsprechen. Die mikroskopische Untersuchung der Querschnitte solcher Blätter zeigt denn auch sogleich, däfs sich die Struktur sehr w-esentlich verändert hat. Die Höcker und Anschwellungen auf der untern Blattfläche werden hier durch Vergröfserung und Verlängerung der Zellen des Diachym's der untern Blattseite veranlafst, ohne dafs die Zellen der Epidermis dabei näheren Antheil neh- men. Es sind gewöhnlich die Zellen der 2 bis 3, der Epi- 254 dermis zunächst liegenden Schichten des Diachyms, welche in die Desorganisation eingehen. Sie vergröfseru sich, die erweiterten Intercelhilargänge zwischen denselben ver- schwinden und, sich in Form prismatischer Säulen erhebend, vereinigen sie sich in mehr oder weniger grofser Anzahl, treiben die Epidermis empor und bilden mehr oder weniger grofse Höcker. Hier ist also nicht die Epidermis der hauptsächich krankhaft ergriffene Theil, wie bei der Filz- krankheit, sondern es sind die Zellenschichten, welche dicht unter der Epidermis liegen. Ich sah an einigen Weinstöcken die Blätter in grofser Anzahl von dieser Krankheit ergriffen, doch konnte man weiter keine nachtheili^en Wirkungen auf das Wachsthum des Stockes davon wahrnehmen; auch zeigt die mikro- skopische Untersuchung jene, der Form und Gröfse nach sehr veränderten Zellen des Diachym's in jeder andern Hin- sicht als vollkommen gesund. Diese eigenthümliche Desorganisation der Blätter, näm- lich die Vergröfserung und Formveränderung der Zellen des Diachyms, wodurch die Epidermis in mehr oder weni- ger grofsen und zahlreichen Höckern oder Wärzchen empor- gehoben wird, kommt mitunter auch ohne das Krauswer- den der Blätter vor, und zwar habe ich es auf der obern wie auf der untern Blattfläche der Thunbergien beobach- tet, wo auch die Blattstiele meistens davon ergriffen waren. Hier waren die Blätter glatt wie gewöhnlich, aber unzähl- bare weifsliche W'ärzchen, oft von der Höhe einer halben bis zu einer ganzen Linie, erhoben sich über die grüne Fläche derselben, ohne der Pflanze weiter ein krankhaftes Ansehen zu verursachen. IX. Die Unfruchtbarkeit. Sterilitas. Die Unfruchtbarkeit der Gewächse besteht in einer verhinderten Frucht-Bildung. Doch kann diese durch die mannigfachsten Ursachen herbeigeführt werden, welche näher aufgeführt werden müssen. 255 Wenn die BJiithen der Pflanzen, oder die jungen Friiclite derselben, bald nach ilireni Ansetzen von Insekten oder alidern Thieren zerstört oder abgefressen werden, wenn sie durch starke Stürme und lieftige Regengüsse und durcli Hagelfall abgeschlagen werden, oder wolil gar durch starke Nachtfröste erfrieren, so folgt natürlich keine Fruchtbil- dung; eine solclie Unfruchtbarkeit aber ist die Folge äufserer Verletzungen und davon soll an diesem Orte iiiclit weiter die Rede sein, indem dieser Zustand gar kein kran- ker ist, sondern erst einen krankhaften herbeifiil)ren kann. Die Unfruclitbarkeit der Gewächse hat gar häutig in der verhinderten oder initerdrückten Befruchtung iliren Grund, und diese ist wiederum eine Folge des gänzlichen Mangels der dazu nöthigen Gesclileclitsorgane derBlüthen oder äufserer störender Einwirkungen. Bei diöcischen Gewächsen kommt es gar häufig vor, dafs sie keine Früclite ansetzen, indem bald die männliche Pflanze fehlt, oder diese nicht zu gleicher Zeit mit dem Weibchen zur Ent- wicklung gelangt, ein Fall, der an ausländischen, beson- ders tropischen Pflanzen in unsern Gewächshäusern gar nicht selten vorkommt. Ebenso können die Früchte an vollkommen gefüllten Blütheu nicht zur Entwicklung gelangen, wenn sämmtliclie Geschlechtsorgane fehlgeschla- gen oder in Blumen-Blätter umgewandelt worden sind, in- dem unter solchen Fällen die Befruchtung gänzlich unter- bleiben mufs; in allen diesen Fällen ist die Unfruchtbar- keit eine ganz natürliche und normale Erscheinung. Wo aber die Geschlechtsorgane in den Blüthen der Gewächse vollständig entwickelt sind und nicht etwa durch äufsere Verletzungen entfernt oder zu ihrer Funktion untaug- lich gemacht werden, da mufs man die Unfruchtbarkeit als einen abnormen Zustand betrachten und nach den Ursachen näher forschen, welche dieselbe wohl veranlassen konnten. Es gibt Gewächse (ich rede zuerst nur von den bei uns einheimischen), welche eine Reihe von Jahren hindurch zwar blühen, aber wenig oder gar keine Früchte ansetzen. 256 Man wird dieses besonders häufig an den Obstbäumen der Gärten wahrnehmen, auf deren Früchte wir mit besonderer Aufmerksamkeit hinblicken; doch kommt es auch an allen andern Bäumen und Sträucliern vor. Die Ursache dieser Sterilität liegt gewöhnlich in dem schlecliten und nah- rungslosen Boden, wenn man dem Gewächse sonst wei- ter keine Krankheiten oder Verletzungen ansieht. Oft werden unsere Gärten in dem schlechtesten Boden ange- legt ; man gräbt zwar für jeden Baum ein Loch und füllt dieses mit guter Erde, wenn aber der Baum nach einer Reihe von Jahren so grofs geworden ist, dafs seine Wur- zelzasern über diesen Raum hinausgehen mufsten, so hört dann plötzlich seine Tragbarkeit auf, wie überhaupt seine ganze Entwicklung zurückbleibt. Wo der Raum es er- laubt, grabe man zuerst nach und überzeuge sich von dem Gesundheits - Zustande der Wurzeln, und sind diese von guter Beschaffenheit, so wird eine gute Düngung sicher- lich vom besten Erfolge sein. Mitunter ist ein sehr hohes Alter die alleinige Ursache der Unfruchtbarkeit, und hier gibt es denn auch eben so wenig Mittel um den Nach- theilen des Alters abzuhelfen, wie man gegen den normalen Gang der Natur nicht einschreiten kann. Sehr häufig glaubt man die Unfruchtbarkeit der Bäume und anderer Gewächse durch ein zu frühes Abfallen der Blüthen erklären zu können, indessen ist dieses Abfallen gerade das Zeichen, dafs die Blüthen nicht befruchtet wur- den. Bei manchen Pflanzen erkennt man schon aus der Stellung der Blüthe, ob die Befruchtung erfolgt ist oder nicht, wie z. B. bei der Kaiserkrone, wo sich die befruch- teten Blüthen sofort umdrehen und aufrecht stehen. Da die Gartenkultur, wie der ganze Ackerbau, gröfstentheils nur die Erzielung von Früchten zum Zwecke hat, so mufs es auch von grofsem Werthe sein , wenn man das Fehl- schlagen der Früchte verhindern kann, und gröfstentheils geschieht dieses gerade durch fehlgeschlagene oder gänz- lich verhinderte Befruchtung. Eine grofse Anzahl von 257 tropischen Gewächsen kommt, wie bekannt ist, in unsern Gewächshäusern alljährlich zur Blüthe, ohne dafs sie Früchte ansetzen; gar oft hilft hier die künstliche Bestäubung der Narbe, was man in neuern Zeiten sehr allgemein bei den Liliaceen, Cacteen, Orchideen u. s. w. zur Erlangung von Saamen angewendet hat; bei vielen andern Gewächsen der Art können wir jedoch in unsern Treibhäusern keinen Saamen erlangen. Die Ursache hievon suche ich in dem Lebenszustande dieser Gewächse: man hat dergleichen tro- pische Pflanzen in unsern Gewächshäusern schon oftmals, im Verhältnisse zu den in ihrem Vaterlande üppig vege- tirenden mit dem Namen der Krüppel und Invaliden belegt, und in der That mit Recht. Die meisten tropi- schen Gewächse unserer Gärten geben uns kaum eine richtige Vorstellung von der Ueppigkeit, mit welcher sie unter ihren natürlichen klimatischen Verhältnissen vegetiren. Dadurch wird es denn auch erklärlich, dafs bei solchen, durch die klimatischen Einflüsse höchst geschwächten Ge- wächsen die Befruchtung nicht von selbst ausgeführt wird, ja sehr oft gar nicht auszuführen ist. Die kräftige Ent- wicklung der Antheren, so wie die üppige des weiblichen Geschlechtsorganes , besonders die Absonderung im Stylus-Canale halte ich für besonders nöthig, um mit Sicherheit auf den Erfolg der Bestäubung rechnen zu kön- nen, was aber bei den schwächlichen Gewächsen unserer Treibhäuser gerade nicht immer zu erwarten ist. Mitunter kann auch ein zu üppiges Wachsthum der Pflanze die Ursache der Unfruchtbarkeit sein; dann aber pflegt es entweder nicht einmal zur Entwicklung der Blü- then zu kommen, oder wenn dieses geschieht, so füllen sich dieselben, wodurch dann natürlich, je nach dem Grade der Füllung, die Befruchtung und Saamenbildung unter- bleibt; oder die junge Frucht leidet durch Brand u. s. w., welcher sich in Folge von Saftstockungen entwickelt und später genauer betrachtet wird. An den Bäumen bilden sich nicht selten, aus der Basis des Stammes oder unmit- Meyen. Pathologie. ^7 * ''' , telbar ans der Wurzel junge, üppig aussehende und sehr schnell wachsende Aeste, sogenannte Wassorreiser oder Wasserloden, welche dem Baume selbst sehr nachtheilig werden, indem sie demselben durch ihr üppigeres Waehs- thum eine verhätnifsmäfsig sehr grofse Menge von Nahrung entziehen. Diese Nebenschossen müssen stets so bald als möglich entfernt oder in ihrer Entwicklung unterdrückt werden, was z. B. durch einfaches Umbiegen sehr leicht auszuführen ist; an den gepfropften Bäumen sind sie gänz- lich ohne Nutzen, können aber hier wie auch an andern Bäumen und Sträuchern die Ausbildung der Früchte durch wirkliche Entziehung der Säfte unterdrücken. Zwar wer- den in der Physiologie der Pflanzen so manche schöne Fälle aufgeführt, welche wohl beweisen, dafs durch beson- ders üppige Entwicklung dieses oder jenes Theiles einer Pflanze die danebenstehenden entweder in ihrem Wachs- thum zurückgehalten werden, oder wohl gar gänzlich unter- liegen und gleichsam verhungern. Indessen scheint es mir, dafs hier nicht blos eine Entziehung des rohen Nahrungs- saftes durch solche einzelne, üppig wachsende Aeste u. s. w. stattfindet, sondern dafs das polare Verhältnifs, w^elches sich in den Lebenserscheinungen der Pflanze so häufig deutlich macht, auch hier die Hauptrolle spielt, dafs näm- lich durch die Entwicklung eines neuen Astes an dem einen Ende des Stammes die Entwicklung der übrigen an dem entgegengesetzten Ende mehr oder weniger zu- rückgehalten wird, daher denn natürlich auch auf diesem Wege ein Fehlschlagen der Früchte herbeigeführt werden kann. An den Gewächsen, die bei uns einheimisch sind, oder wenigstens in unsern Gegenden allgemein kultivirt werden, wird die Unfruchtbarkeit gar häufig durch die Witterungs- Einflüsse bedingt, welche während der Zeit der Blüthe dieser Gewächse herrschen. Zu niedere Tem- peratur während der Zeit der Blüthe ist fast bei allen bei uns vorkommenden Gewächsen eine Ursache, durch 259 welche ein Fehlschlagen der Fruchtbildung herbeigeführt werden kann; doch eben so schädlich sind starke Regen während der Blüthezeit, ja selbst ein anhaltendes, nebeli- ges Wetter ist schon allein hinreichend, um den Be- fruchtungs - Prozefs zu stören. Die Physiologie lehrt schon, dafs zur Entwicklung der Pollenschläuche, durch welche, wenigstens bei den meisten Gewächsen, die Be- fruchtung der Eychen ausgeführt wird, nur eine sehr ge- ringe Menge einer dickflüssigen Substanz erforderlich ist und dafs durch zu viel wässerige Feuchtigkeit die Pollen- körner so schnell anschwellen, dafs die innere Haut der-' selben und ebenso auch die Pollensclüäuche bersten oder meistens gar nicht zur Ausbildung gelangen. Bei sehr feuchter und nebelhaltiger Luft wird der Niederschlag der Feuchtigkeit auf die Befruchtungsorgane, welche hier, wie auf der ganzen Pflanze, stattfindet, so bedeutend sein, dafs dadurch die Bildung der Pollenschläuche gröfstentheils nicht zur Ausführung kommt, und dieses wird bei anhal- tendem Regenwetter natürlich noch in weit gröfserem Maafse eintreten ; ja ein grolser Theil des Pollens der auf- gesprungenen Antheren wird sogar durch das Wasser ab- gewaschen werden. Die Winde und Stürme sind während der Blüthezeit nur dann zu fürchten, wenn sie so heftig wehen, dafs da- durch ein Abfallen der Blüthen bewirkt wird; z^var wer- den auch grofse Pollenmassen vom Winde fortgeweht, wie dieses z. B. von den Coniferen eine sehr bekannte Er- scheinung ist, indessen sind 'meistens schon sehr geringe Quantitäten von Pollen hinreichend, um die Befruchtung der vorhandenen Eychen zu bewirken, und so viel wird dann meistens wohl noch immer bleiben; ja die Erschüt- terung bei der Bewegung durch den Wind kann gerade für die Bestäubung der Narbe recht vortheilhaft wirken. Es herrscht der Glaube im grofsen Publikum, dafs heftige Blitze während der Blüthezeit im höchsten Grade nachtheilig für die Befruchtung seien; doch ist hier, wie 17* 260 bei ähnlichen sogenannten Erfahrungen der Art gar kein Grund vorhanden, vv odurch sich die Richtigkeit dieser An- gabe einsehen liefse. Gewöhnlich sind jedoch die Gewitter mit heftigen Regengüssen begleitet und diese möchten es dann vielleicht sein, welche die Befruchtung der Blumen nach der vorhin angegebenen Art verhindern. Bei dem Ackerbau oder der Pflanzen -Produktion im Grofsen und in freier Natur ist es selten möglich, den schädlichen äufsern Einflüssen zu begegnen, welche den Befruchtungs-Prozefs der Blüthen verhindern und ein Fehlschlagen der Früchte zur Folge haben; wir können keine Mittel gegen starke Regengüsse, gegen Hagelsclüag und feuchtkalte Witterung ergreifen und müssen hier die bösen Folgen ruhig abwarten. Hier steht uns nur eine, dem Bedürfnisse der Pflanzen angemessene gute Bearbei- tung des Bodens zu Gebote und höchstens können wir den schädlichen Zerstörungen der Insekten und anderer Thiere entgegenwirken, um der daraus hervorgehenden Unfruchtbarkeit unserer Cultur-Pflanzen vorzubauen. Es versteht sich von selbst, dafs man eine gute Saat wählt, denn, besonders bei den Getreide-Arten, ist es nur zu oft zu sehen, dafs schlechte, oder wohl gar verdorbene Saat-Körner auch eine schlechte Bestellung der Saat-Felder verursachen. Bei den Treibereien jedoch, welche meistens mit sehr grofsem Kosten -Aufwände betrieben werden, hat man noch mit so manchem Uebel zu kämpfen, welches die Un- fruchtbarkeit der getriebenen Pflanzen veranlafst und somit die Erreichung des Zweckes der ganzen Bemühung vereitelt. Es ist gewifs einleuchtend, dafs die Treibereien am besten gelingen werden, wenn man die Cultur der zu treibenden Pflanzen ganz ebenso leitet, wie sie in freier Natur sich am vortheilhaftesten zeigt. Aber so leicht dieses auch erscheint, eben so schwer ist es im ganzen Umfange aus- zuführen. Bekanntlich beschäftigen sich die Treibereien in unsern Gegenden meistens mit der Cultur solcher Ge- 261 .i^ wUdise, welche bei uns auch gewöhnlich in freier Natur zur Reife gelangen, wie z. B. mit dem Treiben der Kir- schen, Pflaumen, Erdbeeren, Weintrauben, Himbeeren, Spar- gel, Bohnen, Erbsen u. s. w. und zwar, geschieht dieses zu einer Zeit, in welcher diese Gewächse in freier Natur nicht zum Fruchttragen u. s. w. zu bringen sind; dennoch ist die Leitung des Klima's für den Erfolg dieser Treibe- reien von höchster Wichtigkeit. Gewöhnlich ist es der Fall, dafs man die Früchte früher haben will, als sie im Freien zur Reife gelangen; ja jeder Gärtner, der sich hie- mit beschäftigt, sucht seine Ehre darin, dergleichen Früchte so früh, als nur immer möglich ist, zu liefern. Zwar kann man bei hinreichenden Mitteln, selbst bei der gröfsten Kälte im Winter, eine gleichmäfsige den Gewächsen angemessene Temperatur, selbst für tropische Pflanzen, erzielen, wie die- ses unsere Ananas-Treibereien und die Cultur der tropi- schen Pflanzen in unsern Gewächshäusern der botanischen Gärten zeigt, aber dieses allein ist nicht ausreichend; die meisten Pflanzen verlangen auch Licht, und zwar Sonnen- schein, während ihrer Vegetations-Zeit, und wenngleich auch in dieser Hinsicht durch den zweckmäfsigen Bau der Treib- häuser viel geleistet werden kann, so fehlt es doch zur Herbst- und zur Winterzeit oft viele Wochen hindurch an allem Sonnenschein, und diesem Uebelstande ist leider nicht abzuhelfen. unsere gewöhnlichen Gewächse, welche zur Winter- zeit getrieben werden, verlangen indessen nicht nur hohe Wärme und Sonnenschein, sondern sie verlangen, beson- ders einige unter ihnen, auch den gehörigen Wechsel der Temperatur, Avie er in freier Natur bei Tag und bei Nacht stattfindet, und ganz vorzüglich wichtig für ihr Gedeihen ist eine gehörige Leitung des Feuchtigkeits-Zustandes der Luft, in welcher sie wachsen. Dieses Letztere ist für die zw^eck- mäfsigste Treiberei von gröfster Wichtigkeit und hierin wird nocli sehr gefehlt, obgleich es gegenwärtig durch den einfachen und sehr richtigen Feuchtigkeits-Messer, welcher 162 den Namen des Psyclironieter's führt, gar sehr leicht ist, zu jeder Zeit den Feuchtigkeits-Zustand der Luft zu kennen. Dieses Instrument dürfte in keinem Treibhause fehlen. So manche unserer Gewächse, deren Früchte man sehr früh erlan- gen will, z.B. die Erdbeeren, Himbeeren u. s,. w., können zwar recht hohe Wärmegrade ertragen ; sind aber diese hohen Wär- megrade in den Treibhäusern zugleich mit einer sehr feuch- ten Luft verbunden, so geschieht ein Fehlschlagen der Be- fruchtung sehr häufig. Besser ist es immer, diese Früchte während der Blüthezeit nicht zu warm zu halten ; später aber, nachdem sie ordentlich angesetzt haben, können sie schon ohne Nachtheil eine verhältnifsmäfsig starke Wärme vertragen. Von allen Treibereien in unsern Gegenden ist das Treiben der Kirschen am schwierigsten ; bei aller Aufmerk- samkeit, mit welcher diese Gewächse in den Königl. Gär- ten bei Potsdam behandelt werden, kommt es denn doch leider nur zu oft vor, dafs die ganz frühen Früchte, wel- che schon im Anfange des Januar blühten, auch sehr zahl- reich ansetzten und sich schnell entwickelten, früher oder später zu Hunderten trocken werden und abfal- len; oft sind es ganze Aeste, welche über und über mit Blüthen und jungen Früchten bedeckt waren, die dann später gänzlich ohne Früchte bleiben. Es ist auffallend genug, dafs man diese schlechten Früchte, gleich nachdem sie die Koppen (d. h. die Kelche) werfen, durch ihre lang- gezogene Form als solche erkennt, die sich nicht weiter, als höclistens bis zur Steinbildung entwickeln. Sie sind anfangs ganz gesund aussehend oder wohl gar von einer auffallend dunkelgrünen und glänzenden Farbe, doch mit der länglichen Form, die sie annehmen, werden sie zugleich kantig und zeigen eine oder auch mehrere hervorragende Näthe, ja mitunter werden sie gleichsam faltig und von solclien Früchten ist durchaus gar nichts zu erwarten, frü- her oder später fallen sie ab, indem sie äufserlich etwas gelb geworden und trockene Stiele zeigen. Indessen kann man schon lange vorher, ehe diese äufserlich sichtbaren 263 Zeichen eintreten, die Enttarbung und das Zusammen- schrumpfen des Eychcn's im Innern der Frucht bemerken. Es sind nändich alle diese angesetzten Früchte in Folge der wirklichen liefruchtung der Bliithen enstanden; dann aber zeigte sich eine verhältnifsmäfsig zu schnelle und zu starke Entwicklung des Fruchtknotens, mit welcher die Ausbildung des Embryo's im Innern des befruchteten Eichen's nicht gleichen Schritt hält; ja der junge Embryo bleibt in seiner Entwicklung endlich ganz zurück, was bald auf die- ser, bald auf jener Stufe der Ausbildung stattfindet. Bei den meisten dieser Früchte treten die ersten Spuren ihres Absterbens schon in der ersten Periode nach der Befruch- tung ein, gleich nachdem sich das Keimbläschen im Embryo- sacke gebildet hat, bei andern erst später, wenn die Ent- wicklung der Cotyledonen an dem bis dahin noch ganz mikroskopischen Embryo beginnt und sich der Eiweifskör- per am Embryosacke gebildet hat, bei noch andern erst dann, wenn der Embryo schon sehr weit ausgebildet ist, schon ~ des Embryosackes ausfüllt und die Substanz des Kerns zurückgedrängt hat. Man sieht dann an den jungen Saamen, dafs sich die Häute desselben gelblichbraun fär- ben, dafs die ganze Substanz etwas zusammenschrumpft und endlich bräunlich wird und zusammentrocknet, um welche Zeit die Frucht ein gelbliches Ansehen erhält und endlich abfällt. Mitunter sind solche schlechte Früchte ziemlich von normaler Gestalt, ja man sieht an ihnen weiter nichts abweichendes, als eine auffallende Anschwellung einer Nath, aber auch diese tragen früher oder später die absterbenden Saamen in sich. Um die Zeit, wenn sich die Erhärtung des Steines aus den Innern Zellenschichten des Fruchtknotens bildet, ist die Entscheidung sichtbar, dann fallen sie alle ab. Ich habe viele dieser schlechten Früchte in allen Ent- wicklungs-Zu ständen zu untersuchen Gelegenheit gehabt. Fast alle Bliithen, womit die Bäume dicht bedeckt waren, wurden befruchtet und nach genauer Erwägung des künst- 264 liehen Klimas, unter vvelehem sie cultivirt wurden, wie der vorlier niitgetheilten Angaben über die verhältnifsniäfsig stärkere Entwicklung des Fruchtknotens, kann ich nicht anders, als den Schlufs ziehen, dafs dieses Fehlschlagen der Früchte nur die Folge eines zu starken Treibens ist. Man hält die Pflanzen während der Blüthezeit und auch gleich nach erfolgter Befruchtung zu warm. Bei den Pflau- men ist es sehr bekannt, «Jafs sie stark tragen, wenn wäh- rend ihrer Blüthezeit ein mehr kühles AVetter herrscht; ja man hat schon den gröfsten Segen an den Pflaumen- Bäumen gesehen, wenn es gerade zu ihrer Blüthezeit schneete. Aber auch an den Kirschen-Bäumen, welche auf den Höhen Böhmens gezogen werden, wird man die Beobach- tung maclien können, dafs sie viel regelmäfsiger reich mit' Früchten bedeckt sind, als die Kirschen in unsern Ebenen. Das Erfrieren der Kirschen-Blüthen ist gewifs sehr selten, obgleich hiezu gerade auf den Höhen die Gelegenheit viel häufiger vorkommt als bei uns. Seit einigen Jahren hat Herr G. H. Fintelmann, Hof- gärtner auf der Königl. Pfauen-Insel bei Potsdam, an den Kirschen-Bäumen, sowohl an denen im Freien, als an denen in Treibhäusern, eine Krankheit des Pistill's beobachtet, die gleichfalls das Fehlschlagen der Früchte zur Folge hat. Die Krankheit zeigt sich als eine Fäulnifs , welche zuerst bald den obern Theil, bald den untern des Pistill's er- greift, d. h. dicht über dem eigentlichen Fruchtknoten ; sie befällt aber ohne Ausnahme immer beide Theile, während der mittlere Theil des Pistill's, wenigstens äufserlich, ge- sund erscheint. Auch hier ist die Befruchtung des Eychen's ganz gewöhnlich , doch niemals kommt es bis zur Stein- bildung der Frucht. Die Unfruclitbarkeit ist bei manchen Pflanzen die Folge einer zu starken Wurzel-Produktion,' und zeigt sich be- sonders bei solchen Gewächsen, welche sich durch Zwie- beln , durcli Knollen oder durch knollenartige Wurzel- zasern vermehren. Gemeinhin ist diese starke Wurzel- 265 Produktion sehr erwünscht und dann wird man nichts gegen die Unfruchtbarkeit unternehmen, ja man pflegt sogar die Bliitlicn vorher abzubrechen; will man aber auch bei die- sen Gewächsen reife Saamen, so suche man die zu üppige Wurzel-Produktion zu luälsigen. Viele Gewächse, beson- ders solche aus tropischen Gegenden, kommen bei uns erst dann zur Blüthe, wenn die Gefäfse, worin sie gezogen werden, mit den \Yurzeln dieser Gew^ächse so stark gefüllt sind, dafs sie darin so zu sagen keinen Platz melir haben. AVir haben schon früher angegeben, dafs der Unfrucht- barkeit in Folge eines zu magern Bodens nur durch neue Düngung abzuhelfen ist; ist sie eine Folge zu hohen Alters, so pflanze man einen neuen Baum. Die schädlichen Ein- flüsse der AYitterung auf die Fruchtbarkeit der Gewächse sind in freier Natur selten aufzuhalten ; höchstens kann man mitunter etwas gegen die Wirkung der Kälte und gegen zu grofse Trockenheit des Bodens thun. Bei den Treibe- reien ist man jedoch durch genaue Beobachtung der Natur selir bald im Stande, auch solchen schädlichen Einflüssen entgegen zu arbeiten ; w^enn aber auch dieses nicht glücken will, wie z. B. in den vorhin aufgefülu'ten Fällen der Kirschen-Treiberei, dann versuche man an den einzelnen gröfsern Aesten den Zirkelschnitt auszuführen, der in frü- hern Zeiten unter dem Namen des Zauberringes bekannt war. Diese Operation, die gar oft mit sehr gutem Erfolge von den Gärtnern ausgefiilirt w^orden ist, besteht in der Ablösung eines schmalen Rindenringes rund um den Um- fang des Stammes oder Astes, den man zu dieser Opera- tion erwählt hat. Da aber der Ringelschnitt, wie oben Seite 6 ff. aus- führlich dargethan worden, das Absterben des Astes oder Stammes zur Folge hat, so schlage ich statt des Ringelscluüttes vor, die Rinde der zu ringelnden Aeste und Zweige mit starkem Eisendrath zu umwickeln, eine Operation, die, wenn sie gut ausgeführt ist, ganz voll- kommen dem Zwecke des wirklichen Ringelschnittes ent- >*» 266 spricht und dabei nur selir wenige naclitheilige Folgen für das fernere Fortleben des Astes zeigt; ja man kann später, wenn sich nach mehreren Jahren eine sehr dicke Wulst oberhalb des Drathes gebildet hat, diese nach Ab- nahme desselben durch einige Längenschnitte, die durch die Rinde bis tief in das junge Holz geführt werden, mit demjenigen Theile des Astes wieder in Verbindung setzen, welcher früher unter dem Drathringe befindlich war. Wenn grofse Verletzungen der Rinde an den Stäm- men der Bäume während der Zeit erfolgen, dafs diese Ge- wächse in Blüthe sind oder Früchte angesetzt haben, so pflegen diese sehr frühzeitig abzufallen und es entsteht auch hiedurch Unfruchtbarkeit. Willdenow*) lehrt, dafs die Unfruchtbarkeit der Obstbäume öfters in einer Voll- saftigkeit ihren Grund habe; sie bilden beständig Zweige und treiben keine Blüthen; die äufsere Rinde, meint Will- denow, sei hier häufig zu hart und es könne sich also alljährlich nur ein dünner Jahresring ansetzen. Die Gärt- ner suchten diesem Uebel durch Einstutzen einiger Zweige, Behauen der Wurzel und Verpflanzen in magern Boden abzuhelfen, aber öfters schlage ihre Absicht fehl; das beste und leichteste Mittel sei dagegen das Aderlassen oder Schröpfen, wobei der Stamm und die Hauptzweige mit einem scharfen IMesser der Länge nach schlangenförmig nur durch die Oberhaut geritzt werden. Nach einer sol- / chen Operation könne sich der Gefäfsring (soll Jahresring heifsen) ausdehnen. Ich habe nicht die praktische Erfah- rung, um mit Bestimmtheit dafiir oder dagegen zu sprechen, dafs die Obstbäume in Folge eines zu fetten Bodens voll- saftig und dabei unfruclitbar werden ; es sclieint mir in- dessen, dafs andere Ursachen einer solchen Ujifruchtbarkeit der Obstbäume zum Grunde liegen und die Behandlung, welche Willdenow vorschlägt, nämlich das Schröpfen oder Scarificiren der Rinde, scheint aucli wohl nicht dafiir zu *) Grundiirs der Kräulerkundc. Berlin 1831. p. 50). 267 sprechen, dafs VoUsaftigkeit die Ursache jener Unfrucht- barkeit sei. Durcli ein Scarificiren der ' Rinde geschieht uändicli nicht, wie man vielleicht glaubt, eine Entleerung oder Ableitung von wichtigen Nahrungssäften, sondern nichts weiter, als eine Stockung der herabfliefsenden Bil- dungssäfte, so dafs das Scarificiren nur ähnlich dem Rin- geln wirkt. Es ist aber eine sehr leicht zu wiederholende Beobach- tung, dafs dergleichen Pflanzen, die in einem schlech- ten, sandigen Boden wachsen, nicht zur Bliithe kommen, wenn sie in einem fetten Gartenboden gezogen werden; dieses ist besonders bei den Mesembrianthemum-Arten der Fall. IMan hat auch w^ohl öfters behauptet, dafs die Un- fruchtbarkeit eine Folge von zu iibermäfsiger Fruchtbar- keit in dem vorhergegangenen Jahre sei. Hierin möchte man sich aber wohl getäuscht haben, denn man sieht an gut kultivirten Bäumen, besonders an solchen, die in Treibhäusern oder überhaupt mit gröfserer Sorgfalt behan- delt werden, dafs sie eine lange Reilie von Jahren stets auf das Unglaublichste mit Früchten bedeckt sind. Sind es Bäume, die stets im Winter getrieben werden, so tritt allerdings nach mehreren Jahren eine Unfruchtbarkeit ein; dieses ist aber die Folge einer zu grofsen Erschöpfung, denn dergleichen Bäume treiben auch noch im Sommer eine sehr grofse Menge von Knospen. Aber auch hier kann man durch eine zweckmäfsige Leitung der Düngung und durch Erholung der Bäume in freiem Boden sehr viel ausricliten. Man schlägt vor, und viele Gärtner führen es auch aus, eine Anzahl von jungen Früchten auszubrechen, wenn die Bäume damit zu sehr beladen sind, um auf diese Weise einer Unfruchtbarkeit in den nächsten Jahren vorzubeugen; indessen thut man daran Avohl unrecht, wenn nicht etwa die Masse der Früchte so grofs ist, dafs die Aeste sie nicht tragen können und selbst das Stützen nichts helfen würde, sonst aber kann man sehen, dafs die Bäume von . 268 selbst eine Menge von Früchten abwerfen, wenn sie deren zu viel haben, und auch solclie Bäume sah icli mehrere Jahre iiindurch, wenn sie jälirlich gepflegt wurden, mit gleicher Anzahl von Friicliten bedeckt. Wir haben im Vorhergehenden die verschiedenen Arten von ünfruclitbarkeit aufgeführt, ohne sie von demjenigen Zustande zu unterscheiden, welchen man mit dem Namen des Abortus oder IMifsfalFs belegt hat, indem gar häufig Fälle vorkommen, wo es zweifelhaft bleibt, ob man sie als Unfruchtbarkeit oder als Mifsfall anzusehen hat. Bei den Thieren versteht man unter Abortus eine zu frühzeitige Geburt der Jungen, wobei diese entweder nicht leben blei- ben oder sich doch in einem sehr schwächlichen Zustande befinden; wollen wir diesen Zustand auf die Pflanzen -übertragen, so können wir ihn nur in dem Fehlschlagen oder Abortiren der befruchteten Eychen wiederfinden, und dieses kommt denn auch bei den Pflanzen sehr häufig vor. So sind z. B. die Fälle von Unfruchtbarkeit bei den getrie- benen Kirschen, von welchen ich im Vorhergehenden aus- führlich gesprochen habe, durch wirklichen Abortus zu erklären; die Eihüllen werden zuerst mifsfarben, die Na- belschnur vertrocknet, der Fruchtstiel wird trocken und endlich wird die Fruchthidle, welche hier die Frucht selbst darstellt, mifsfarben, schrumpft zusammen und fällt ab. Wir haben diesen FaU von Abortus bei den Kirschen durch übereilte Treiberei in einem zu fetten Boden zu erklären gesucht; es gibt indefs noch viele andere Ursachen, wel- che wirklichen Abortus bewirken, und bald ist hiemit ein Abfallen der ganzen Frucht verbunden, bald sieiit man, dafs die Frucht um so schöner ^^ird, d. h. um so geniefs- barer für uns, wenn die Saamen in derselben nicht zur Entwicklung gelangen. Alan sieht nicht selten, dafs die Eychen in manchen Pflanzen in Folge von gegenseitigem Druck abortiren, ja man kann sagen, dafs sie sicli selber erdrücken, wenn sie in zu grofser Anzahl befruchtet sind und sich die Fruchthüllen verhältnifsmäfsig nicht stark ge- nug ausdehnen. Man sieht soh^he Fälle in unsern Gärten 269 gar nicht so selten bei den Liliaceen, als bei den Tulpen, den Lilien und Feuerlilien, und auch bei den Orchideen möchte ich das häufige Abfallen der Früchte, nachdem alle ihre Eychen befruchtet sind und sich diese oft schon weit ausgebildet haben, auf diese Weise erklären. Nicht immer hat das Fehlschlagen der Saamen ein Abfallen der Frucht zur Folge, wie wir dieses z. B. so schön an allen den Früchten sehen, welche um so wohl- schmeckender zu sein pflegen, je vollständiger die Saamen .derselben abortirt sind. Unter den bei uns kultivirten Früchten der Art ist besonders der Weinstock zu nennen; die schöne Sorte, welche unter dem Namen des Diamant bekannt ist, so wie die Corinthen-Trauben, enthalten keine Saamen, deren Anlagen indessen sehr wohl zu sehen sind. Ausgezeichnet gute Orangen dürfen ebenfalls nur sehr wenige Saamen enthalten. Bei manchen der wichtigsten Kulturpflanzen ist es sogar so weit gekommen, dafs die Früchte, welche Saamen enthalten, zu den grofsen Selten- lieiteu gehören ; das aufi'allendste Beispiel der Art bieten die Pisang-Früclite dar, welche man lange Zeit hindurch nur ohne Saamen kannte. Cook's Weltumseglung lehrte das Vorkommen von efsbaren Pisang-Früchten mit Saamen auf der Insel Java,*) Finlayson**) lehrte das Vorkommen einer wildwachsenden Musa sapientum an der Küste Hinter- Indiens, deren Früchte mit Saamen gefüllt waren, doch hatten sie nur wenig efsbares Mark. Auf der Insel Lugon sah ich eine constante Varietät des Pisangs: Platano de Pepita genannt, welche man durch Stecklinge fortpflanzt und die eine grofse Menge von Saamen in ihren sonst sehr wohlschmeckenden Früchten enthält. Die Früchte des Brodbaumes verhalten sich ziemlich ähnlich; auf vielen der Südsee -Inselgruppen sind sie nur ohne Saamen zu finden, auf andern dagegen ist das Fleisch derselben ebenfalls selir wohlschmeckend und dabei enthalten sie *) Forster de plant, csculent. pag, 31. *) Journal of ihe Voyage to Siam. London 1826. p. 86- 270 Saamen. Die Gründe solcher Verschiedenheiten möchten schwer zu erklären sein. Bei den Pflanzen nimmt man es jedocli mit dem Be- griffe des Abortiren's nicht so genau ; man bezeichnet eben so wohl damit ein blofses Vorkommen oder ein Feldschla- gen der Eychen, ohne dafs diese vorher befruchtet wor- den wären. X. Blätterfall oder das krankhafte Abfallen der Blätter. Wir haben bereits schon an einem andern Orte von dem Abfallen der Blätter, als einer der periodischen Erscheinungen des Pflanzen -Lebens gesprochen und da- bei kennen gelernt, dafs diese Erscheinung durch äufsere, klimatische Verhältnisse schneller herbeigeführt aber auch auf längere Zeit zurückgehalten werden kann. Ferner zeigen selbst diejenigen Pflanzen, w^elche ihr Laub all- jährlich abwerfen, manche auffallende Verschiedenheit unter sich, indem einige ihre Blätter im vertrockneten Zustande noch mehrere Monate und selbst ein halbes Jahr bei- behalten, andere dagegen schon bei dem ersten Froste ihre Blätter, selbst wenn dieselben noch ganz frisch und unentfärbt sind, abfallen lassen. Wenn aber das Abfallen der Blätter zu einer andern, als der fiir die Pflanze normalen Zeit stattfindet, so deutet es auf einen kranken Zustand der Pflanze. Sehen wir dieses Abfallen der Blätter an den bei uns heimischen Pflanzen in freier Natur eintreten, so pflegt gewöhnlich zu grofse Dürre des Bodens, wie der Luft, oder, was wold noch häufiger der Fall sein mag, ein zu nasser Boden die Ursache davon zu sein. Es ist auch eine sehr bekannte Erscheinung, dafs die Bäume und Sträucher in feuchten Gegenden, wenn diese noch im Sommer überschwemmt werden und lange unter Wasser stehen,- mehr oder weni- ger ilire Blätter abwerfen und ebenso geht es dem Blu- menzüchter nicht selten, wenn er diesen oder jenen Topf zu feucht iiält. Bei der Cultur der Gewächse in den 271 Treibhäusern ist leider das Abfallen der Blätter, beson- ders bei sehr lange anhaltenden Wintern, eine bekannte und unangenehme Ersclieinung, die wohl oft von der gro- fsen Trockenheit der Luft abzuleiten ist, welche sich in Gc^vächshäusern nach der altern Einrichtung durch das starke Heizen erzeugt. Unter diesen Verhältnissen näm- lich ist die Verdunstung der Feuchtigkeit durch die Blät- ter viel stärker, als die Aufnahme derselben durch die feinsten Wiirzelchen, ein Gegenstand über welchen früher pag. 261 die Rede gewesen ist. In neuern Zeiten weifs man diesem Uebelstande zu begegnen; man macht die Luft auch in den Gewächshäusern so feucht, als man es für nöthig hält, aber auch unter diesen Verhältnissen las- sen viele Pflanzen ihre Blätter fallen; die Ursache hievon suche ich in dem verminderten Lichtreize, denn es ist bekannt, wie sehr die warmen Gewächshäuser bei heftiger und anhaltender Winterkälte geschlossen werden müssen, so dafs nur wenig Licht hineinfallen kann. Besonders solche Pflanzen lassen die Blätter fallen, welche entweder stets der Sonne ausgesetzt standen, oder den Sommer hin- durch im Freien gehalten wurden; wenn diese dann plötz- lich in die Gewächsliäuser gebracht werden, wo ihnen nur sehr geringes Licht gegeben werden kann, so lassen sie alsbald die Blätter fallen. Dafs aber gerade der Licht- mangel bei Pflanzen, welche an einen stärkern Lichtreiz gewöhnt waren, die Ursache des Blattfalles ist, davon kartn man sich sehr leicht überzeugen, wenn man solche Pflanzen in einen ganz dunkeln Raum setzt; hier werden ' die Blätter jedesmal abfallen, ganz ebenso, als wenn man voll- kommen bleichsüchtige Gewächse plötzlich in helle Räume bringt, wo nicht etwa ein Vertrocknen der Blätter, son- dern ein gänzliches Abfallen derselben erfolgt. Der Man- gel gewohnter Reize, so wie die Ueberreizung durch unge- wohnte Reizmittel sind also entfernte Ursachen, welche ein krankhaftes Abfallen der Blätter veranlassen können. Die Erklärung des Blätterfalles an Pflanzen, welche in einem zu feuchten Boden vorkommen, ist uns jedoch noch 2^2 unbekannt; denn das ist keine Erklärung, wenn man sagt, dafs diese Pflanzen durch zu starken Säfte-Andrang ihre Blätter fallen lassen. Wahrscheinlicher ist es mir dagegen, dafs in solchen Fällen ein Verfaulen der zarten Haar- Wiirzelchen oder der ^yurzel- Haare und der zartesten Spitzen der Wurzel-Zasern stattfindet, und dafs mit die- sem Vorgange das Abfallen der Blätter in Verbindung steht. Der entsprechende Grad der Feuchtigkeit des Bodens wie der umgebenden Luft, und das Zulassen des nöthi- gen Lichtes sind also die Mittel, um das Abfallen der Blätter an Cultur Pflanzen zu verhindern. XL Brandflecken auf den Blättern der Pflanzen. Unter Brandflecken der Blätter verstehen wir diejenigen entfärbten Stellen, welche durch ein wirkliches Absterben und Vertrocknen des Zellengewebes, oder überhaupt der ganzen Blattsubstanz, entstehen. Solche Brandflecken kom- men übrigens sehr häufig auf den Blättern der Pflanzen vor, doch bald in geringerer bald in gröfserer Ausdehnung, so dafs dadurch die Funktion der Blätter bald mehr bald weniger aufgehoben wird; sie sind bald gelb, bald bräun- lich, sehr oft aber ganz dunkelbraun gefärbt und ent- stellen das Ansehen des Blattes und der ganzen Pflanze, deren Blätter damit befallen sind. Man hat geglaubt, die Entstehung dieser Brandflecken durch die Wirkung des heifsen Sonnenscheines gleich nach vorhergegangenem Regen erklären zu können, ja man ist so weit gegangen, dafs man glaubte, die einzelnen, auf den Blättern zurückgebliebenen Wassertropfen in Hinsicht ihrer Wirkung bei durchfallenden Sonnenstrahlen mit den Brenn- gläsern vergleichen zu können; doch alle diese Angaben sind erdichtete Hypothesen. Die Brandflecken der Blät- ter haben die verschiedensten Ursachen und daher ist aucli die Bedeutung ihres Auftretens für das Fortbestehen der Pflanze gar sehr verschieden. Oft sind die Brandflecken eine blofse Folge von Ver- letzungen der Blätter durch Insekten und zwar durch 273 Blatt- und Rüsselkäfer veranlafst; treten sie in zu grofser Anzahl auf, so vertrocknen die Blätter vollständig und die ' Folgen davon sind oftmals sehr bedeutend, was sich be- sonders nach der Zeit der Vegetation richtet, in welcher diese Verletzungen und das Absterben der Blätter erfolgt. Treten jedoch diese Brandflecken nur in geringer Anzahl auf und ist nur eine kleine Anzahl von Blättern davon befallen, so ist das Ganze von unbemerkbarem Einflüsse auf die Gesundheit der Pflanze. In andern Fällen deutet jedoch das Auftreten der Brandflecken an den Blättern auf ein inneres und meistens sehr tiefes Leiden der Pflanze, ja es sind dann diese Flecken nur als Zeichen einer innern Krankheit anzusehen, von welcher wir uns bisher noch keine Vorstellung haben machen können. Die Pflanze ist um so kränker, je jünger die Blätter davon befallen wer- den. "Zuweilen sieht man in den Gewächshäusern, dafs alle Individuen einer bestimmten Art von Pflanze derglei- chen Brandflecken an den Blättern bekommen, und zuNveilen ^'eht dieses so weit, dafs die Blätter endlich gänzlich ab- sterben. Dem Auftreten der Brandflecken geht gewöhnlich eine Veränderung der grünen Farbe der Blätter voran, sie werden heller gefärbt, nehmen eine gelbliche und zuletzt wohl eine ganz citronengelbe Farbe an, ehe das Absterben der Blattsubstanz erfolgt. In solchen Fällen ist die Pflanze recht sehr krank und wenn sie von Werth ist, so mufs schon frühzeitig auf eine Veränderung ihres Bodens und ihrer Nah- rüngssäfte Bedacht genommen werden. Ganz kürzlich hatte ich Gelegenlieit, eine solche Krankheit an allen Individuen von Ficus elastica zu sehen, welche sich in grofser Anzahl in einem sehr guten warmen Hause befanden; fast alle Blätter gingen dabei zu Grunde und die Pflanzen litten •sehr; wurden aber die kleinen Töpfe in einen Treibkasten gesetzt, so erholten sie sich wieder und die jungen Blätter bekamen keine Flecken. Man nimmt allgemein an, dafs die Blätter der Pflan- zen auch in Folge zu grofser und anhaltend ein^virken- der Hitze mit Brandflecken bedeckt werden; dieses ist Meyen. Pathologie. 18 274 allerdings wahr, aber der Praktiker wird solche Brandflek- keii sehr leicht von jenen unterscheiden können , welclie nur das Zeichen eines tiefer liegenden Leidens sind. Es sind besonders zarte, weiche und dünne Blätter, welclie durch zu grofse Hitze leiden, besonders wenn hiemit zu- gleich Mangel an gehöriger Feuchtigkeit des Bodens ver- bunden ist. Die Blätter werden alsdann in ihrer Fläche gelblich gefärbt und sterben in mehr oder weniger gro- fsen und in unregelmäfsigen Flecken gänzlich ab ; ja es kommen Fälle vor, dafs die Blätter gänzlich vertrocknen. Die vertrockneten Blätter unterscheiden sich jedoch so- wohl durch ihre Färbung als durcli ihre Consistenz gar sehr von denjenigen, welche mit Brandflecken versehen sind : die Brandflecken gingen stets aus abgestorbenen Stel- len des Blattes hervor, während bei dem Vertrocknen der Blätter dieselben vorher ganz gesund waren und sich dann auch gleiclimäfsig entfärbten. XII. St^inkrankheit der Birnen. Steinigwerden der Birnen, der Mispeln und Quitten. Holzartige Concretionen in den Früchten. Fitoliti del fruto nach Re. Eine Krankheit von eigenthümliclier Natur ergreift die Früchte der Birnen und einiger denselben verwandten Gat- tungen, als der Quitten und der Mispeln, eine Krankheit, welche im hohen Grade der Ausbildung oftmals einige ^er schönsten Sorten von Früchten fast ungeniefsbar macht. Die Krankheit zeigt sich in dem Auftreten von har- ten, mehr oder weniger grofsen, meistens isolirt vorkom- menden Massen innerhalb des saftigen Gewebes des Flei- sches der Birnen. Diese Massen, zuweilen nur die Gröfse von Sandkörnclien erreichend, mitunter aber auch von» bedeutender Gröfse, so dafs sie zusammenstofsen und als- dann zusammenhängende harte Bildungen darstellen, sind es, welche den Werth der Birnen herabstimmen und ihnen den Beinamen der steinigten ßirnen zuziehen. Diese erhärteten Massen sind zwar keine wirklichen Steine, 275 d. h. keine anorganischen Bildungen, die etwa innerlialb der Zellenmassen ausgeschieden wären, sondern sie haben, wie die Anatomie derselben zeigt, eher den Anspruch auf die Benennung von holzigen Erhärtungen des Zellengewebes; wir folgen indessen auch hier dem Sprachgebrauche und bezeichnen sie als Steine oder stein- artige Erhärtungen. Schon du Hamel*) sprach es aus, dafs man die Steine in den Birnen nicht mit den wirklichen Steinen, noch mit Nieren-, Blasen- oder Gallen-Steinen vergleichen dürfe, denn sie seien organische Bildungen, obgleich er durch- aus keine richtige Vorstellung von der Natur dieser Krank- heit hatte. Die Säfte in der Birne, sagt der berühmte Bo- taniker, sind vielleicht klebrig und tartarisch, und die Ge- fäfse, wo sie durchgehen müssen, so aufserordentlich fein und in einander laufend, dafs ein dem Tartarus oder Wein- steine gleich kommendes Salz an den Innern Wänden die- ser kleinen Gefäfse sich nach und nach ansetzet und die- selben enger macht, wodurch dann die Festigkeit der Mas- sen des Fleisches der Birne entsteht. Heutigen Tages erkennen wir mit Leichtigkeit, dafs jene erhärteten Massen in dem weichen Fleische der Win- terbirnen u. s. w. in nichts anderem bestehen, als in einer Verdickung der W^ände einzelner oder gröfserer Massen von Zellen jenes Gewebes. Es treten diese steinigen Con- cretionen fast überall in der weichen Substanz der Birnen auf, seltener indessen dicht unter der Epidermis als in der Nähe der Karpelle; in einigen Sorten von Winterbirnen, (es sind dieses gerade solche, die sich bis zum Frühjahre ganz frisch erhalten), ist die ganze Substanz von der Epideraiis bis zu den Karpellen mit solchen dickwandigen und erhärteten Zellenmassen durchdrungen und in der Nähe der Karpelle oder Saamenb ehälter treten sie in sol- cher Menge auf, dafs sie oftmals eine zusammenhängende steinartige Hülle bilden. ') Die Naturgeschichte derB^umc I. 1764 p. 233 B. III. Cap. II. 18* 276 Wenn man diese steinartigen Bildungen noch nicht kennt und sie mit schwaclien Vergröfserungen beobachtet, so erscheinen sie oftmals wie krystallinische Massen; die kleinem wie einzeln liegende Krystalle, die gröfsern gleichsam wie Drüsen. Eine genauere Untersuchung zeigt aber*) dafs jede Zelle dieser erhärteten IMassen mit einer sehr dicken Wand versehen ist und dafs diese Zellen- wände durcli Aneinanderlagerung einer Anzahl von feinern Schichten verdickt sind, wie dieses die Pflanzen-Anatomie für die Verdickung der Zellenwände u. s. w. überhaupt lehrt. Anfangs sind fast alle Zellen der fleischigen Sub- stanz der Birnen zart und dünnhäutig und in diesem Zu- stande sind sie noch mehr oder weniger stark mit Kügel- chen einer Substanz versehen, welche sich theilweise ähn- lich der Stärke, meistens aber schon wie Gunnni verhält; ja gar häufig und besonders in der Nähe der Epidermis treten diese Zellensaftkügelchen selbst grün gefärbt auf. Bei der Entwickelung des Fleisches der Birnen und be- sonders um die Zeit, wenn die Reifung derselben ein- tritt, geschieht die Umwandlung jener Zellensaftkügelchen in Schleim und Zucker; in denjenigen Zellen jedoch, w^el- che von der Krankheit ergrifi'en sind, geschieht diese nor- male Umwandlung nicht, sondern die Substanz, welche durch die Au^ösung der Zellensaftkügelchen entsteht, lagert sich auf der Innern Fläche der Zellenmembran ab und erhärtet zu einer neuen, sogenannten secundären Schicht. Auf diese Weise, indem sich die Bildung der Schichten wie- derholt, geht die Verdickung der Zellenmembran fort und sie kann so bedeutend werden, dafs die Höhle der Zellen fast ganz verschwindet. Mit dieser Verdickung der Zel- lenwände tritt zugleich die Härte derselben ein, so dafs ganz allein dadurch aus den einfachen und früher sehr zarthäutigen Zellen jene steinartigen Bildungen hervorgehen, welche so hart sind, dafs sie für den Menschen ganz unver- daulich erscheinen. *) Meyen's Pflanzen-Physiologie I. 1837. p. 25. Fig. U. Tab. 1 277 In diesen erliärteten Zellen iindet man keine Spur von festen Substanzen und selbst jede Spur von Zucker scheint in denselben zu fehlen, indem die dazu nöthige Substanz zur Bildung der secundären Membran verbraucht zu sein scheint; so ist es denn auch erklärlich, dafs der- gleichen Birnen, deren Substanz sehr reich mit jenen Ver- härtungen versehen ist und nur sehr wenig Zucker und Schleim enthalten, dagegen einen wässerigen Geschmack annehmen. Die dicken Wände dieser verhärteten Zellen, sind, ganz ebenso wie in allen übrigen ähnlichen Fällen, mit Tüpfel- oder Poren - Kanälen versehen, welche den Durchgang der Säfte von Zelle zu Zelle vermitteln; sie treten oftmals in grofser Anzahl auf und gar nicht selten auch verästelt, und sie sind es, welche du Hamel für feine und verästelte Gefäfse ansah, welche zu den steinigen Bil- dungen den Saft hinführten. Die Struktur dieser erhärteten Massen ist überhaupt ganz ähnlich derjenigen, welche wir an den harten Hüllen der Steinfrüchte aller Art wahrnehmen und hiemit ist das Auftreten der Steine in den Birnen vielleicht auch einiger- maafsen in Zusammenhang zu bringen. Bei unsern Kir- schen und Pflaumen ist das Zellengewebe der innern Schicht des Germen's, woraus sich später der Stein bildet, anfangs ebenfalls ganz zart und saftig; aber bald nach dem ersten Auftreten der Kotyledonen an dem jungen Embryo geht die Erhärtung dieses Zellengewebes durch Ablagerung von secundären Schichten in den einzelnen Zellen vor sich, nur dafs hier die Substanz noch härter wird , was endlich von dem gänzlichen Mangel der Höhlen dieser sich er- härtenden Zellen und einer unzählbaren Menge von Tüpfel- Kanälen begleitet ist. So wie hier, bei den Kirschen, den Pflaumen u. s. w. die Steinmasse unmittelbar den Saamen umhüllt, so scheint die steinige Masse bei den Birnen gleichsam als eine mittelbare Umkleidung zu dienen und mir durch besondere Kultur sind diese Bildungen zu ver- liindern. Einige Sorten von Birnen sind immer steinig, andere 278 zeigen dagegen diese Eigenschaft erst im hohen Alter und bei andern Bäumen tritt diese Krankheit ein, wenn sie in magerm und sandigem Boden wachsen. Uebrigens sind die Steine selbst in einigen Sorten von Birnen viel härter als in andern, und bei einigen bleiben sie sogar bis zur Reife der Frucht ziemlich weich. In solchen Fällen sind die Wände der Zellen weniger verdickt. Diejenigen Sorten von Winterbirnen, welche sich sehr lange frisch erhalten, selbst bis in den April und Mai, sind ungemein steinig, enthalten daher sehr wenig Saft und halten sich gerade dadurch so lange. Wenn man indessen diese Früchte ge- nauer betrachtet, so wird man finden, dafs sie meistens gar keinen Werth haben; denn selbst durch das anhal- tendste Kochen wird das erhärtete Zellengewebe nicht er- weicht, es bildet eine vollkommen unverdauliche Masse, die unverändert wieder abgeht. Und dennoch habe ich, hier in Berlin, dergleichen geschmacklose Birnen Ende März das Stück um einen halben Groschen verkaufen sehen kön- nen, in welchen etwa |- der ganzen Substanz steinig war. Es wird auffallend erscheinen, dafs dieses Steinigwer- den des Fleisches der Früchte aus der Familie derPoma- ceen nur bei den Birnen, den Quitten und den Mispeln zu beobachten ist, dafs es aber niemals bei den Aepfeln auftritt; indessen, obgleich wir die Ursache dieser Er- scheinung keinesweges genau anzugeben wissen, so läfst sich denn doch das gänzliche Fehlen der Säure in diesen genannten Früchten mit dem Auftreten der Bildung sekun- därer Zellenmembranen in Zusammenhang bringen, so wie die Verhinderung dieser Bildungen durch die Gegenwart der Säuren in den Aepfeln. Die Chemie lehrt die Um- wandlung der Stärke und ähnlicher Stoffe durch lange an- haltende Einwirkung von Pflanzensäuren in Traubenzucker u. s. w., und so ist wohl die Gegenwart der Säure die Ursaclie, dafs sich die stärkeartigen Stoffe nicht zu den sekundären Membranen der Zellen^^ände umwandeln kön- nen, sondern flüssig bleiben. Auch hat die Physiologie gelehrt, dafs diese secundären Membranen der Zellen aus 279 einer Substanz bestehen, welche der Starke sehr nahe kommt, denn schon durch Kochen derselben in Aetzkali- Lauge u. s. vv. werden sie mehr oder \veniger vollständig in Stärke oder stärkeähnliche Substanz umgewandelt, wäh- rend die ursprüngliche Zellenmembran, welche alle se- kundären Schichten umschliefst, mehr die gummiartige Natur beibehält. Herr Turpin*) hat neuerlichst eine sehr weitläufige Abhandlung über die holzigen Konkretionen in den Früch- ten der Birnen geliefert, worin er glaubt gesehen zu haben, dafs jene Steine oder erhärteten Massen aus einer sehr verschiedenen Anzahl von krystallinischen , zu mehr oder weniger regelmäfsigen Kugeln zusammengeballten, opaken oder halbdurchsichtigen Körpern bestehen, welche in der Mitte mit einem punkt- oder scheibenförmigen Nabel be- zeichnet sind, von welchem aus sich viele kleine Runzeln radial verbreiten. Diese Angabe ist indessen unrichtig. Die krystallinischen Körper sind die Zellen mit verdickten Wänden, der angebliche Nabel ist die in den Zellen zu- rückbleibende kleine Höhle, und die radial verlaufenden Runzeln sind die Tüpfelkanäle in den dicken Zellenwän- den. Nach Herrn Turpin's Ansicht entstünden diese stein- artigen Verhärtungen in dem Fleische der Birnen dadurch, dafs mehrere, noch mit Globuline gefüllte Zellen zusam- mentreten, sich verstopfen und mit einem unverdaulichen Stoffe füllen, welcher sich als Moleküle unregelmäfsig niederschlägt, wodurch dann die Zellen opak werden und ihre Härte erhalten; den Stoff aber, welcher diese Eigen- schaft besitzt, nennt Herr Turpin : „Sclerogene^', da er die Ursache ist, welche durch die Inkrustation die Verhärtung des Gewebes bewirkt. Aber aucli diese Angaben und Er- *) Mem. sur la difference qu'offrent les tissus cellulaires de la Porame et de la Poire ; sur la lorraalion des concrelions llgneuses 4e la derniere, cclle des noyaux et du bois, comparees aux concre- tions calcaires qul se trouvent sous le manteau des Arions etc. — Corapte rendu. 1838 I. pag. 711 — 737. Ausführliche Mittheilung die- ser Arbeit findet sich in Froriep's Notizen von 1838 Aug. 2S0 kläruiigeii stimiiieii nicht mit den Resultaten einer genaue- ren ßeobacJitung-, und wir haben kurz vorher kenneu ge- lernt, dafs die sekundären Schichten der Zellenvvände aus einer Substanz bestehen, welche mit der Stärke ziemlich gleiche Zusammensetzung besitzen mufs, daher diesel- ben weder aus einer unverdaulichen Substanz entstehen, noch den Namen des Sclerogene verdienen, denn hiemit bezeichnet Herr Turpin alle dem Organismus fremde Stoffe, ^veIche sich aus ihrer Lösung den innern Wänden der Elementarorgane der Gewebe anlegen, und, wie er sagt, unassimilirt sind. Herr Treviranus*) glaubt, die steinartigen Bildungen in den Birnen für drüsige Organe erklären zu können, und ihre absondernde Thätigkeit, wie ihre endliche Ver- stopfung, haben unstreitig auf das stärkere Hervortreten des Zuckers Bezug, denn man nahm sie in gröfserer Menge an solchen Birnen wahr, welche sich durch Süfsigkeit auszeichnen, und sie fehlen zunächst um das Kerngehäuse, w^o das Fleisch weniger süfs ist. Ich glaube indessen, dafs die anatomische Struktur dieser Verhärtungen des Zel- lengewebes am besten gegen die Annahme spricht, als seien es drüsige Organe, und aufserdem ist es wohl eine sehr unrichtige Wahrnehmung, dafs gerade die steinigen Birnen sehr süfs sind; ich glaube das Gegentheil bemerkt zu haben, wenn man, wie es sich von selbst versteht, nur Birnen von einer und derselben Art mit einander veroleicht. ■ o' XHI. Verholzen des Fleisches der Wurzeln, Fitoliti di radice nach Re. Das Holzigwerden der fleischigen und saftreichen Wur- zeln, wodurch dergleichen Unterfrüchte, welche so häufig als Gemüse benutzt werden, oftmals fast ganz ungeniefsbar werden, ist ein abnormer Zustand, der seinem Wesen nach mit dem Steinigwerden der Früchte ganz übereinstimmt; es ist nicht wirkliches Holz, welches sich hier bildet, sondern es ist *) Pliysiülogie vird. Indessen sind diese Flecken weiter von keiner gröfsen Bedeutung für den Gesundheits-Zustand der Pflanze; sie befallen nur die alten Blätter, welche meistens schon mehrere Jahre zählen, und bei andern Pflanzen, z. B. bei den Pandanen, werden gerade nur die äufsersten herabhängenden Enden von sehr alten Blät- tern mit ähnlidien Flecken bedeckt. Das Auftreten dieser Flecken hat in Bezug auf die Veränderung in der Orga- nisation und in dem Wechsel der bestehenden Farben die gröfste Aehnlichkeit mit dem Auftreten der herbst- lichen Färbung solcher festen, lederartigen Blätter. Bei den zarten Blättern geht die herbstliche Färbung schnell vor- über; man achtet auch nidit viel darauf, indem die Blätter ab- fallen. Bei den festen immergriinenden, welche oft vieleJahre an der Pflanze sitzen bleiben, geht diese, wenn ich so sagen darf, herbstliche Färbung langsam vor sich und die Blätter kön- nen noch lange sitzen bleiben, wenn sie auch schon gröfsten- theils für die Ausübung ihrer wahren Funktion abgestorben sind. In sofern lialte ich das Auftreten der bunten Flecken auf den festen und immergrünenden Blättern für eine naturge- mäfse Erscheinung: es ist die Färb en-Verän der ung der Blätter vor ihrem Abfallen; doch glaube ich, dafs dieses durch Leitung des Einflusses der äufsern Verhältnisse befordert und auch zum Theil auf einige Zeit zurückgehal- ten 'werden kann. Zwar haben die Blätter der Palmen auch in ihrem Vaterlande melir oder weniger bunte Flecken, doch triff't dieses immer nur die alten Blätter, und es gibt bekanntlich nur wenige Pflanzen, welche in Hinsicht des Alters ihrer Blätter die Palmen übertrefi"en. Bis jetzt behandelt man alle Palmen in unsern Gewächshäusern ziemlich nacli einem Sclinitte, während das Klima, in wel- chem sie vorkommen, gar sehr verschieden ist. Die Lata- 295 iiieu, wie überhaupt die meisten Fäclier- Palmen, verlangen aber ein sehr heifses und feuchtes Klima, und wenn man ihnen dieses nicht in dem Grade geben kann, wie es in der Natur jener Gegenden vorkommt, woselbst sie ihr Vaterland haben, so werden ihre Blätter früher entfärbt werden, wenngleich sie defshalb auch nocli nicht abfallen, indem die Vegetation in diesen künstlich gezogenen Pflan- zen überhaupt viel langsamer vor sich geht. Scldiefslich ist noch zu bemerken, dafs sich die Blät- ter immergrüneuder Pflanzen mitunter entfärben, und mei- stens mehr oder weniger ausgebreitet gelb werden, was aber zugleicli mit dem Auftreten vollkommen abgestorbe- ner Stellen begleitet ist, ein Zustand, der auf eine Krank- heit des Gewächses schliefsen läfst und mit der bunten Färbung der Blätter nicht zu verwechseln ist. Von die- sem Gegenstande haben wir schon bei Gelegenheit der Brandflecken gesprochen. XV". Die Ringelkrankheit, Ringsucht, Ringel- sucht, das Feuer, Hyacinthen-Pest. Unter diesen verschiedenen Namen begreifen wir eine sehr verheerende Krankheit der Hyacinthen-Zwiebeln, wel- che sich in rostfarbenen Flecken zeigt, die zuerst einzelne Theile der Zwiebelscheibe ergreifen und sich von hier aus über einzelne oder über mehrere Schuppen von Unten nach Oben verbreiten. Ist die Krankheit weiter vorgeschritten, so findet man den gröfsten Theil der Zwiebelscheibe da- von ergrifl'en, die Ersatzknospe zerstört und selbst grofse Parthieen der Schuppen von der Basis bis zu dem Zwie- belhalse mehr oder weniger vollständig rostfarben oder schon ganz zerstört. Die äufsern Zwiebelschuppen sind dabei von ganz gesundem Ansehen und an ausgenomme- nen trocknen Zwiebeln erkennt man diese Krankheit nur dadurch, dafs sich der ZwiebeJhals oder die Zwiebelscheibe mehr oder weniger leicht eindrücken lassen. Dieses findet aber nur alsdann statt, wenn die Krankheit schon in selir hohem Grade die Zwiebel ergriffen und im Innern grofse 296 Zer&tarnn^en veranlafst hat. In geringerem Grade möchte es schwer, ja selbst unmöglich sein, die Krankheit schon an trocknen Zwiebeln zu erkennen. Sind derg^leichen er- krankte Zwiebeln gepflanzt, welche man vorher noch nicht als solche hatte erkennen können, so zeichnen sich die Blätter derselben sehr bald von denen der danebenstehenden gesunden Zwiebeln aus und zwar, wie ein erfahrner Prak- tiker*) sagt: durch eine gelbe oder dod\ ungewöhnliche Farbe der Blätter, und durch ungleiche Höhe derselben, oder es sind auch alte Blätter kleiner als die andrer Zwie- beln von gleidier Sorte. Ist die Krankheit schon weit ausgebreitet, so erscheinen die Blätter unregelmäfsig , oft spiralig gekrümmt und der Blumenstiel fault in der Tiefe ab, indem er wie ausgedreht erscheint. Ich habe die Krankheit in mehreren Garten beobachtet und gefunden, dafs sie sich besonders stark gegen Ende der Blüthezeit entwickelte, wobei dann die Blätter vielfach unregelmäfsig gekriimmt wurden und sich oft sehr leidit von ihren Zwiebelschuppen trennen liefsen, indem die Basen der Blattstiele abgefault waren. Mitunter wurden die Blätter auch gelb, ehe sie abgefault waren, schrumpf- ten zusammen und vergingen endlich ganz; nirgend zeigte sich indessen eine Spur von einem Pilze, welcher diese Destinictionen hätte verursachen können. Nimmt man diese stark erkrankten Zwiebeln aus der Erde, so findet man die Blattstiele am Zwiebelhalse entweder sämmtlich ab- gefault oder, was gewöhnlich ist, so weich, dafs die Blätter sogleich umfallen. Schneidet man mm an die- sen kranken Zwiebeln den Wurzelhals durch horizontale Schnitte ab, so wird man eine oder mehrere Schuppen von einer gelbbraunen Farbe und einer weichen, breiigen Substanz finden, und diese ringförmigen, braunen Flecken, welche die Verderbnils der Schuppen anzeigen, haben die *) S. Bayer, die morgenländische Hyacinthc etc. In den Ver- handlungen dos Gartenbau- Vereins für Hannover. I.Heft, pag. 119. Hannover 183-3. 297 Veranlassung zu dem Namen der Ringelkrankheit gegeben. Spaltet man die Zwiebel der Länge nach, so findet man, besonders wenn die Krankheit noch in der ersten Ent- wicklung ist, nur einzelne gelbe Flecken, welche die Zwie- belscheibe ergriffen haben und sich allmählich auch auf die Schuppen verbreiten; dieser Zustand mag es wohl vor- züglich gewesen sein, welcher den Namen: das Feuer veranlafst hat, der in Holland für diese Krankheit eben- falls gebräuchlich sein soll. Mitunter zieht sich die Krank- heit (d. h. die gelben Flecken) von der Scheibe der Zwie- bel auf die Oberfläche der einzelnen Schuppen von Unten nach Oben hinaus, und dann geht sogleich das dazu ge- hörige Blatt verloren. Die braunen Flecken, welche hier als Krankheit bezeich- net sind, entstehen durch ein Absterben und eine verjau- chende Verderbnifs des Gewebes der davon ergrifi'enenTheile; es ist dieses offenbar der Ausgang der Krankheit, welche sich zuerst darstellt in einer Auflösung der Stärkekügel- chen der ergrifi"enen Zellen. Die Stärkekügelchen ver- schwinden und es treten dafür kleine, selbstbewegliche Partikelchen in unendlicher Zahl im Zellensafte einer jeden Zelle auf, wie wenn die Stärke in Gummi umgewandelt wäre, was aber wohl nicht der Fall ist, indem diese er- krankten Theile keinen so klebrigen Saft enthalten, wie es sonst der Fall zu sein pflegt. Bald darauf wird der ganze Inhalt und auch die Membran dieser Zellen gelb- bräunlich gefärbt und diese Farbe wird immer dunkler bis eine vollständige Auflösung oder Verrottung des er- krankten Gewebes erfolgt, und dieses ist es dann, was die braunen Flecken bildet, von denen vorher die Rede war. Durch das Verrotten und durch die Verjauchung des Zellengewebes entstehen Höhlen in der Zwiebelscheibe wie auch in der festen Masse der Zwiebelschuppen. Diese Höhlen werden mehr oder weniger grofs und fressen sich oft schlängelnd, aber stets sehr unregelmäfsig, bis zu den Knospen und bis zur Basis des Blüthenstieles durch. Die Zwiebelschuppen, welche dem Schafte zunächst stehen, 298 faulen auf eben dieselbe Weise, und so endet es allmäh- lich, indem von Innen heraus ein grofser Theil der Zwie- bel verjaucht. Die faule Masse ist gelbbräunlich, voller Vibrionen, Milben, und sehr oft kommen dann auch noch Maden hinzu. itfk Die Ursachen dieser Krankheit sind eben so wenig mit Bestimmtheit anzugeben, als dieses bei den meisten übrigen Krankheiten der Pflanzen der Fall >var. Die Ringelkrankheit ergreift jedoch nur sehr stark getriebene Zwiebeln; Zwie- beln deren Blätter fast so breit wie die der Tulpen waren, wurden in grofser Anzahl von dieser Krankheit befallen, und kommt die Krankheit auf einem Hyacinthen-Beete vor, so ergreift sie nicht etwa eine einzelne Zwiebel, sondern man sieht meistentheils , dafs rings herum fast alle Zwie- beln leiden. So möchte man denn >vohl veranlafst wer- den, zu glauben, dafs diese Krankheit durch zu übermäfsige und vielleiclit auch durch unzweckmäfsige Düngung her- vorgerufen werde. Man glaubt auch, dafs ungünstige Wit- terung die Krankheit veranlasse; doch sah ich sie sowohl in einem warmen und trocknen, als auch in einem feuch- ten und kalten Friihlinge erscheinen, und die Krankheit geht, wie ich glaube, fast immer von der Zwiebelscheibe oder deren nächsten Umgegend aus. Am entschiedensten zeigte sich jedoch diese Krank- heit, wie Herr D. C. P. Bouche*) beobachtet hat, erst im Oktober, und es sei daher gut, wenn man die Zwie- beln nochmals kurz vor dem Einlegen mustere. Auch hat man schon versucht, die Zwiebeln früher zu pflanzen, um der Ausbildung des Uebels zuvorzukommen; doch solche früh bepflanzte Beete enthielten im Frühjahre oftmals noch mehi^ kranke Zwiebeln. Bei der Untersuchung der trock- nen Zwiebeln durch Abschneiden des Halses mit einem scharfen Messer wird man an solchen erkrankten Zwie- beln oftmals nur einzelne bräunliche Flecken finden, wel- che aber grofser werden, wenn man tiefer kommt. ') Allgemeine Gailenzeilung von Otlo und Diouich 1837. p.322. 299 Eine zu üppige Kultur, veraulafst durch anhaltend starke Dün2:Tuig, kann jedoch eine Ueberreizung der Ge- webe veranlassen, welche dem Bildungsprozefse vorstehen, und in Folge dieser tritt daniv das Absterben ein, welches sich zuerst durch Zersetzung der Starke und dann durch völligen Tod der Säfte und des Gewebes manifestirt. Die Ringelkranklieit gehört zu den gefährlichsten und unlieilbarsten Krankheiten, denn die davon ergriffenen Tlieile können nicht mehr gerettet werden. Einige Prakti- ker schlagen das Ausschneiden des erkrankten Theiles vor, Avas jedoch schwerlich angeht, wenu die Krankheit eiueu grofsen Theil der Zwiebelscheibe zerstört hat. Die mei- sten Gärtner werfen die erkrankten Zwiebeln sogleich fort, und nur bei kostbaren und seltenen versucht man es, alles Krankhafte auszuschneiden und es gelingt dann auch zuweilen, dafs man von den eingepflanzten Zwiebel- stiicken Brutzwiebeln erhält und so wenigstens die Sorte rettet. IMan erhält jedoch, wie Herr Schneevoogt*) zu Harlem sagt, von solcher, der kranken, sterbenden Mutter künstlich abgezwungenen Brut auch nur kränkliche und schwächliche Nachkommen, er wolle daher auch Nieman- dem rathen, so etwas zu thun, wenn ihm an der Erhal- tung der Sorte nicht gar sehr viel gelegen sei. Herr Baver (a. a. O. p. 120) schlägt dagegen vor, wenn solche Zwiebeln noch hart sind, flache Kreüzschnitte über den Zwiebelboden derselben zu machen und sie auf ein beson- deres Beet, zwei Zoll tief, mit dem Halse nach Unten gerichtet, wieder einzupflanzen. Diese verkehrte Einpflan- zung gewähre den Vortheil, dafs die durch Fäulnifs ent- stehende Flüssigkeit der Mutterzwiebeln sich nach unten entfernen und daher weniger nachtheilig fiir die jungen Brutzwiebeln werden könne. Ansteckend ist die Ringelkrankheit wohl sicherlich niclit und wer seine Zwiebeln nicht zu stark treibt, *) Etwas über den -weifsen Rolz und die Rlngelkraukhclt der Hyacinthen. — Veihandhingen des K. Pieufs. Gartenbau-Vereins X. p. 260. Berlin 18-SJ. 300 wird von dieser Krankheit auch wohl wenig Schaden zu erdulden haben. An erkrankten Zwiebeln möchte über- haupt wohl wenig für ihre Heilung zu thun sein ; die Ver- hütung der Entstehung derselben wird aber wohl durch einen sehr wenig gedüngten, mehr sandigen Boden be- zweckt werden können. XVI. Der Brand, Mortificatio. Sphacelus und Necrosis. Der Brand besteht bei den Pflanzen, wie bei den Thie- ren, in einem vollkommenen Absterben der davon ergrif- fenen Pflanzentheile ; alle Aeufserungen des Lebens hören in brandig gewordenen Theilen auf und die Substanz der- selben verwest. Der Brand, von welchem hier die Rede ist, darf nicht verwechselt werden mit der Brandbildung im Getreide, welche durch eigenthümliche parasitische Gewächse dar- gestellt wird und von welcher früher unter dem Namen der Brand-Pilze die Rede war. Es ist ein Uebelstand, dafs unter einem und demselben Namen so verschieden- artige Krankheiten, wie der Brand im Getreide und der Brand durch Absterben der davon ergrifi"enen Theile, be- zeichnet werden, und es wird nicht leicht fallen, allmäh- lich diese Namen zu verändern. Die parasitischen Ge- wächse, welche wir früher unter dem Namen der Brand- Pilze kennen gelernt haben, treten mit schwarzer Farbe auf, und da ihr Erscheinen zugleich mit Zerstörung der von ihnen befallenen Theile verbunden ist, so glaubte man in dieser Krankheit den Brand am thierischen Körper, der ebenfalls mit Zerstörung und in Begleitung einer braun- schwarzen Farbe auftritt, wiedererkennen zu können; die- ser Vergleich ist indessen ganz unpassend, obgleich die Benennung: Brand für diese Krankheit sehr allgemein eingebürgert ist. Schon in früheren Werken, welche über die Krank- heiten der Pflanzen handeln, ist von Brandflecken, von feuchtem und von trocknem Brande u. s. vv. die Rede, 301 womit man verschiedenartige Zustände bezeichnete, wel- che in diesem Capitel Gegenstand der Betrachtung werden sollen. Der Brand, Mortificatio ist eigentlich keine eigenthümliche Krankheit, sondern er ist, ebenso wie bei den Thieren, nur derjenige Zustand des Ausganges der Krankheit, welcher sich durch gänzliches Absterben des erkrankten Theiles charakterisirt ; er ist leider immer der schlimmste Ausgang einer Krankheit und an eine Heilung der brandig gewordenen Substanz ist gar nicht zu denken ; wohl aber kann derselbe entfernt werden und die davon ergriffene Pflanze bleibt, mit Verlust der abgestorbenen Theile, zurück und erlangt sogar sehr oft wieder ihre voll- kommene Gesundheit. Da der Brand seinem Wesen, wie seiner Form nach bei den Pflanzen ganz in derselben Art auftritt, wie bei dem Menschen, und da alle diese Zustände des erkrankten thierischen Körpers auf das genaueste untersucht und die Begriffe hierüber streng bestimmt sind, so wird es auch unumgänglich nöthig sein, dafs wir, so viel dieses nur immer möglich ist, für die gleichartigen krankhaften Zu- stände auch gleiche Begriffe einführen. Man unterscheidet den Brand, nach dem Grade seiner Ausbildung, in Gangraena und in Sphacelus. Bei Gangraena ist noch, wenn man sich kurz ausdrücken darf, einiges Leben in dem brandiggewordenen Theile, bei Sphacelus dagegen ist ein vollständiges Absterben und Verwesen des- selben eingetreten. Der wahre Brand wird wiederum in den feuchten und in den trockenen Brand unterschieden und nach dieser Eintheilung wollen wir diese Zustände der erkrankten Pflanzen näher zu schildern suchen. 1. Der feuchte Brand, Sphacelus humidus seu Putrl ficatio raaligna. Der feuchte Brand oder die Putriflcation ergreift die saftigen und weichen Gewächse, welche reich an Säften sind. Er befällt einzelne Theile der Gewächse und ist, je nachdem diese Theile zum Bestehen der Pflanzen mehr 302 oder weniger wichtig sind, aucli mehr oder weniger tödt- Jich für dieselben. Der feuchte Brand äufsert sich in einer Verjaucliung der erkrankten Theile und ist von einem höchst unangenehmen, penetranten Gerüche begleitet, wo- bei zugleich die entstandene Jauche eine bräunliche bis braimschwarze Färbung annimmt. Des feuchten Brandes ist schon in mehreren Sclirif- ten gedacht worden und meistens bezeichnete man ihn mit Gangraena. Nach Willdenow befällt der feuchte Brand nur immer einzelne Theile und besteht in einem Feucht- und Weiclnverden einzelner Pflanzentheile, die zuletzt in eine faule Jauche übergehen. Eine nähere Beschreibung dieses Zustandes haben wir in einer Abhandlung von Jos. Decerfz*) erhalten, worin derselbe ebenfalls mit dem Na- men Gangrene bezeichnet ist, obgleich er in einer sehr vollständigen Putrification besteht und eine Heilung der putrificirten Theile nicht mehr möglich ist. Decerfz beobachtete die Putrification an Balsaminen- Pflanzen und machte sogar sehr interessante Versuche über die Uebertragung dieser Krankheit auf gesunde '"Pflanzen. Bei den Balsaminen zeigte sich die Krankheit in folgender Weise: Die Blüthen verloren ihren lebhaften Glanz, die Blätter wurden gelblich und der Stengel, welcher bis einige Tage vorher kräftig aufrecht stand, fiel vollkommen um und die Pflanze war sehr bald todt. Bei näherer Unter- suchung zeigte sich etwa vier Finger breit über dem Wur- zelhalse ein mifsfarbiger Ring von etwa zwei Centimeter Breite. Der Stengel hatte in dieser Gegend eine leichte ringförmige Anschwellung und kleine Risse, aus welchen sich eine bräunliche Feuchtigkeit ergofs, welche auch die gesunden Theile des Stengels excoriirte. Die ganze mifs- farbige Zone des Stengels ging in Putrification über und hauchte einen höchst stinkenden Geruch aus. Decerfz stellte hierauf Versuche an, ob sich diese *) Mern. sur le Gangrene dos vegetaux. — Journal de Bota- niquc, red. p. nne Soc. des Botanistcs I. pag. 212. 1808. 303 tödtliclie Krankheit durch Einimpfung der stinkenden Jau- che fortpflanzen lassen würde und diese gaben ein sehr interessantes Resultat. Decerfz tauchte einen scharf zu- gespitzten hölzernen Stab in die stinkende Jauche und verletzte damit eine andere kräftige Balsaminen-Pflanze. Schon am andern Morgen zeigte sich an der verletzten Stelle ein livider Flecken von der Breite eines Centime's; derselbe nahm rasch an Ausdehnung zu und in 4 Tagen war fast die ganze Pflanze putrificirt. Dergleichen kraut- artige Pflanzen, wie Impatiens Balsamina, die spani- sche Kresse (Tropaeolum majus), der Sallat (Lactuca sa- tica), Sonchus oleraceus und Chelidonium majus starben stets 4 — 5 Tage nach der Einimpfung der Jauche ab. An- dere Gewächse mit mehr holzigem Stengel, wie Tagetes erecta, Aster chinensis, Solidago virga-aurea und Erigeron canadense, wurden zwar ebenfalls durch Einimpfung der Jauche angesteckt, aber die Pflanzen wurden dadurch nicht ganz zerstört, sondern verloren zuweilen nur die geimpf- ten Aeste und erholten sich nach einiger Zeit wieder. Endlich geschah die Inocnlation auch noch bei Holzpflan- zen, aber gänzlich ohne Erfolge wahrscheinlich ward hier die Jauche in das Holz gebracht, wo natürlich die Krank- heit nicht erregt werden konnte. Der feuchte Brand oder die Putrification kommt an saftigen Pflanzen gar nicht so selten vor, wie dieses in grofsen Garten-Anlagen bekannt genug ist; bei fleischigen Gewächsen, wie bei Melocacten und Mammillarien, werden mitunter schöne und grofse Stöcke in w^enigen Tagen vollkommen zerstört. Bei den Cacteen tritt die Putri- fication in dem saftigen Gewebe des Stammes auf, die Pflanze bleibt zurück, nimmt ein gelbgrünes Ansehen an, zeigt auf der Oberfläche einzelne Pusteln, welche auf- brechen und die übelriechende, bräunliche Jauche enthal- ten, die schon im Innern der Pflanze einen grofsen Theil des Gewebes zerstört hat. Die Ursachen, welche diesen Brand lierbeiführen, sucht man in einem zu fetten und zu feuchten Boden, doch die 304 Natur der Krankheit, aus welcher dieser Brand hervorgeht, kennen wir noch nicht, es scheint jedocli, dafs es ein üppig vegetirender Zustand ist, in welchem sich eine Art von Wassersucht entwickelt. Befällt die Putrification nur einzelne, leicht entbehr- liche Theile, so kann die Pflanze durch frühzeitiges Abschneiden des brandigen Theiles gerettet werden, hat sich aber erst ein Theil der Jauche durch die zerstörten Spiralröhren u. s. w. weiter in der Pflanze verbreitet, so wird dieselbe, wenn es eine krautartige ist, schwerlich noch zu retten sein. % Der trockn-e Brand, Spliacclus siccus seu Muml- ficatio et Necrosis. Der trockene Brand befällt die weniger saftreichen Theile der Pflanzen und zeigt sich in einem Absterben und Vertrocknen oder Mumificiren derselben, welches mit dem Auftreten einer braunen und selbst einer schwarzen Farbe begleitet ist. Je nach der Natur der Theile, welche vom trocknen Brande ergriff'en werden, ist dieser auch sehr verschieden und kann selbst durch die verschie- denartigsten entfernten Ursachen herbeigeführt werden. Die wichtigsten Differenzen des trocknen Brandes zeigen sich in folgenden 2 Formen: I. Der trockne Bi-and des Holzkörpers. Necrosis. Mit Necrosis bezeichnet man bei den Thieren den trocknen Brand der festen Theile des Körpers, als der Knochen und Knorpel, und wenngleich der Holzkörper der Pflanzen in seinem Wesen keineswes:es mit dem Kno- chen-Gerüste der Tluere verglichen werden darf, so glaube ich dennoch, diese Benennung für den trocknen Brand dieser festen Theile der Pflanzen in Vorschlag bringen zu dürfen, da er, wie es mir scheint, noch immer der zweckmäfsigste ist und dieser Zustand des Holzkörpers schon vielfach mit den verschiedenartigsten Namen belegt wurde. 305 Der necrotische Holzkörper, d.h. der Holzkcirper, der durcli trocknen Brand abgestorben ist, zeigt sich als eine trok- kene, leichte, zerreibliche,weifse, gelbliche, bräunliche, röth- liche oder selbst braunschwärzliche Masse, die sich oftmals eine Reihe von Jahren erhält und eingeschlossen von gesunden Ilolzschichfen auftritt, oder endlich in eine bräunlichschwarze Substanz zerfällt und dann die sogenannte Holzerde liefert. Da der trockne Brand des Holzkörpers am häufigsten in den Stännnen der Bäume auftritt, so hat man diescMi Zu- stand mit dem Namen der Stammfäule, Kern faule oder Kernfäulnifs belegt; jenachdem aber die Farbe des necrotischen Holzkörpers beschaffen ist, hat man diesen Zustand mit dem Namen der Weifsfäule und der Rothfäule belegt, doch alle diese, mit so verschiedenen Namen belegten Zustände bestehen in einer Necrose des Holzkörpers. Bei den Nadelhölzern nimmt das necrotische Holz eine röthliche Farbe an; da diese Bäume den gröfsten Schatz unserer \Valdungen ausmachen, so hat man auch an ihnen die krankhaften Zustände vielfach untersucht und genau mit Namen bezeichnet. Bekommt der Holz- kÖrper in den Stämmen der Nadelhölzer, z. ß. bei unsern Fichten und Kiefern, an dieser oder jener Stelle eine rothe Farbe, so nennt man dergleichen Bäume rothseitig, gelit die Verderbnifs jedoch weiter fort, so nennt man den Zu- stand die Rothfäule und wird das röthliche Holz dabei brüchig oder bröcklich, so nennt es der Forstmann roth- b r ii c h i g. Hat der Brand nur die innersten, um das IMark her- umgelagerten Holzmassen ergriffen, so nennt man diesen Zustand die Kernfäulnifs und die davon befallenen Stämme heifseu kern faul. Unsere Baume mit weifsem Holze zeigen , wenn sie vom trocknen Brande ergriffen werden, die Weifsfäule des Holzkörpers, wie dieses z. B. bei den Weiden, den Linden u. s. w. ausgezeichnet schön zu sehen ist. Bei andern Bäumen finden sich jedoch zwischen der weifsen IW e y e n. Pathologie. 20 306 Farbe der Weifsfäule und der rothen Farbe der Rotlifäule bei den Coniferen eine Menge von Abstufungen in der Farbe des necrotiscli gewordenen Holzes und selbst in einem und demselben Baume, z. B. bei den Buchen, kann man das kernfaul gewordene Holz von gelber, brauner und selbst von braunschwärzlicher Farbe beobachten. Fast in allen Schriften findet man die Stammfäule, Kernfäule u. s. w. als besondere Krankheitsformen aufge- führt, wohin sie aber offenbar nicht mehr gehören, denn die damit bezeichneten Zustände des Holzkörpers sind nur verschiedene Formen des, durch trocknen Brand oder Nekrose abgestorbenen Holzes, und eine Heilung oder Wiederherstellung desselben in einen gesunden Zustand ist nicht mehr möglich. Ebenso unrichtig sind die Be- zeichnungen dieser Zustände durch Fäulnifs, denn der Prozefs, durch welchen das gesunde Holz in jene trockne und leicht zerreibliche Masse umgewandelt wird, ist gar sehr verschieden von einer wahren Fäulnifs. Indessen ist auch nicht zu läugnen, dafs gar häufig dergleichen kern- faules Holz durch wirkliche Verjauchung zerstört wird ; dieses ist aber rein zufällig und hängt ganz von der Feuch- tigkeit ab, welche auf irgend einem Wege zu dem nekro- tischen Holze gelangte. Als Ursachen, welche die Nekrose des Holzkörpers herbeiführen, haben wir vor Allem das hohe Alter zu be- trachten. Wir sehen, dafs die Bäume unserer Wälder nicht alle ein gleich hohes Alter erreichen; wir sehen, dafs sie nicht gleichmäfsig scluiell wachsen, sondern die einen ent- wickeln sich langsamer, die andern schneller und gewölm- lich pflegt das Alter oder die Lebensdauer der Bäume mit der Zeit, in welcher sie sich ausbilden, im geraden Verhältnisse zu stehen, d. h. die Lebensdauer der Bäume ist gewölmlich um so kürzer, je schneller sie wachsen, wie man dieses besonders bei den Weiden, den Nadel- hölzern, den Pappeln u. s.w. sehen kann; dagegen ist die Lebensdauer um so länger, je langsamer die Bäume wach- sen, wie z. B. bei den Eichen. Im Allgemeinen kann man 307 von uiisern Wal Jbäumeij , welche in dieser Hinsiclit viel- facli beobachtet sind, sagen, dafs jede Baumart ihr gewis- ses Alter erreicht, bis zu welchem sie beständig zunimmt; über dieses Alter hinaus hört das kräftige Wachsen auf, und wenn aucli ein solcher Baum noch eine Reihe von Jahren junge Zweige entwickelt und grünt, so ist doch eine Zunahme des Stammes in die Dicke kaum bemerk- bar, er bekonmit viele trockene Aeste, die Rinde fängt an stark zu reifsen, ganze Strecken derselben entfärben sich, fallen ab und das Holz im Innern des Stammes und der Aeste fängt an abzusterben. Da die innersten Holzlagen zugleicli die ältesten sind, so sterben diese zuerst ab und von ihnen aus erstreckt sich dann die Nekrose allmälilich auf die zunächst folgenden Jahresringe, so dafs sich end- lich fast der ganze Holzkörper, von dem Marke bis zur Rinde, in jene leichtzerreibliche morsche Substanz umwan- delt und dann den Tod des ganzen Baumes zur Folge hat. Hat sich die Kernfäule schon in einem bedeutenden Grade ausgebildet und kommt sie an irgend einem Theile des Stammes, was gewöhnlich am Fufse des Baumes der Fall zu sein pflegt, bis in die Nähe der Rinde, so fängt diese an aufzureifsen , bedeckt sich mit verschiedenartigen Püzbildungen, besonders mit Telephoren und Tremellen, fällt endlich ab und die nekrotisch gewordene Holzmasse tritt an die Oberfläche, wo sie dann durch die Einflüsse der Witterung sehr bald zu verrotten beginnt, sich zuletzt in die bekannte bräunliche Holzerde umwandelt und im Innern des Stammes eine Höhle zurückläfst. Wer hat nicht an alten Weidenstämmen, an Buchen und Eichen dergleichen Fälle gesehen? Die Weidenstänmie sind häufig so stark ausgehöhlt und die Fläche der Höhle ist noch so stark mit jenem abgestorbenen, sogenannten Zunderholze bekleidet, dafs man kaum begreift, wie sich dergleichen Bäume noch am Leben erhalten können. Die Beobachtung lehrt, dafs in allen solchen Fällen die äufsern Holzschich- ten, und wenn auch nur auf der einen Hälfte des Stam- mes, gesund sind und dafs durch diese die Ernährung des 20* 308 Ganzen bewirkt wird; bei den Weiden sieht man aber anch noch anfserdeni, dafs das kernfaule niorsclie Holz gar häufig mit einer grofsen Anzahl von Wurzeln dinch- zogen ist, die sich von der Basis der gesunden Aeste und zwar im Innern der Ilolzmasse entwickelt haben, und aus dem Zunderholze Nahrung ausziehen. Das kernfaule Holz ist um die Zeit, wenn sich dergleiclien Wurzeln in dem- selben verbreiten, schon sehr morsch und leiclit zu zer- reiben, daher denn auch die Wurzelspitzen mit Leiclitigkeit in dasselbe eindringen können. Das kernfaule Holz der Weiden und der Buchen ist oft in grofsen blassen zu gewinnen; das der Weiden ist von schöner, weifsgelblicher Farbe und verbreitet häufig einen angenehmen Veilchen -Geruch, das der Buchen ist mehr braun, leuchtet des Nachts und eignet sich ganz be- sonders gut zum Ziindmaterial, daher es auch wohl Bu- chen zun der genannt wird. Nach Herrn Th. Hartig^') findet man den Buchenzunder in knotigen Erhabenheiten der Rinde alter Buchenstämme, am häufigsten in abgehaue- nen oder abgebrochenen, später überwallten Aesten, und zwar als eine gelbliche oder bräunliche schwannnige Masse, welche in cylindrischen Stücken, zuweilen von mehreren Fufsen Länge und 6 — 8 Zoll Durchmesser, das Innere des Astes bis zur Splintschicht ausfüllt und sich mehr oder weniger tief in das Holz des Stammes hineinzieht. Diese Bildung des sogenannten verborgenen Schwanunes, des Astpilzes oder der Astfäule fand Herr Hartig jedoch nicht nur bei der Rothbuche, sondern auch bei Eichen, Birken, Kiefern und selbst in einigen Obstbäumen. In der vorhin genannten Schrift hat Herr Hartig, wie es schon der Titel sagt, zu zeigen gesucht, dafs sich die Zellenmasse des Coniferen-Holzes in Pilz- und Schwamm- *) Ucbcr die Ver-wandhing der polykotylcdonischen Pflanzonzelle in Pilz- und Scli-wamra-Gebilde und der daraus hervorgehenden so- genannten Fäulnifs des Holzes. Mit 2 Kupferlaftln. Berlin 1833. pag. 19. 309 m Gebilde uniwaiulcle und dafs daraus derjenige Zustand desselben hervorgelie, welcher fälscldich unter der Fäulnifs des Holzes verstanden wird. Die Beobachtunaen, von web'lien Herr Hartig ausging, sind gewifs sehr allgemein bekannt gewesen. Es findet sich nämlich in dem kernfau- len Holze der Bäume in mehr oder weniger grofsen Massen ein schimmelartiges Gewebe, welches jene morsche Holz- masse nach den verscliiedensten Richtungen hin durchzieht inid gar häufig um so ausgebildeter auftritt, je mürber und lockerer das nekrotische Holz wird. Dieses schimmelartige Gewebe hält Herr Hartig- für selbstständige Pilzformen, welche niclit mit dem Thallus der höheren Pilze zu ver- wecliseln seien und gibt ihm den Namen: Nachtfaser, Nvctomyces, der wenigstens so lange beibehalten werden solle, bis ein besserer gegeben sein würde. Diese Pilzbildung im Innern des kernfaulen Holzes, welche ich jedoch wegen des Mangels aller eigenthümlichen Sporen- Bildung und wegen der Analogie in der Struktur für keine eigenthümliche Form, sondern nur für den Thal- lus anderer, höherer Pilze halten kann, geht sicherlich nicht, wie es Herr Hartig gesehen zu haben glaubt, aus der Umwandlung der IMembranen der Holzzellen hervor, und die ganze Vorstellung, welche sich derselbe von dem Zu- sammenhange der Zellenmeuibran und dem Bau jenes Pil- zes gemacht hat, ist mangelhaft. Da man in dem trock- nen, kernfaulen Holze mancher Baume oft auf weite Strek- keu auch keine Spur eines solchen PUzes findet, so glauben (fc wir mit Bestimmtheit annehmen zu können, dafs der trok- kene Brand des Holzes weder durch jene schimmelartige Bildung hervorgerufen werde, welche oben mit Nyctomy- ces bezeichnet wurde, noch dafs diese Schimmel-Bildung mit dem Absterben des Holzkörpers in unmittelbarem Zu- sammenhange stehe, wenngleich es mitunter der Fall ist, dafs die Organisation des Holzkörpers um so mehr zer- stört wird, je vollkommner die Entwicklung jener Pilzbil- dung ist. Diese letztere Wahrnehmung kann man jedoch auch noch auf ganz anderem Wege erklären. Wer auf 310 die Entstehung des Maiierscliwammes in grofsen Tiefen geachtet hat, wer die Bildung des Thallus der höheren Hutpilze auf dem Grunde hoher Misthaufen bemerkt hat, der wird es nicht unbegreiflich finden, dafs sich auch im Innern der Baumstämme, in einem abgestorbenen aber noch feucht erhaltenen, morschen Holze ganz ähnliche Pilz- geflechte bilden können wie dort, und dafs sich diese Pilzbil- dung um so mehr ausbreiten werde, je gröfser die Räume sind, in welchen sie sich zeigt, vorausgesetzt, dafs Feuch- tigkeit und einiger lösbarer organischer Stofi" vorhanden ist. Es ist sehr wahr, was Herr Hartig bemerkt, dafs sich in trocknen- Brettern und in trocknen Balken dergleichen Pilzbildungen nicht zeigen, aber wenn sich dergleichen Holzkörper lange Zeit hindurch in sehr feuchter Luft be- finden, wenn sie anfangen, im Innern zu verrotten und sich kleine oder grofse Höhlungen in der verrotteten Masse derselben bilden, dann ist auch eine ähnliche Pilzbildung daselbst vorzufinden.*) Jenes kenifaule Holz der Buchen, welches unter dem Namen des Buchenzunders bekannt ist und von welcliem vorliin die Rede Avar, ist von Herrn Hartig zuerst mikro- skopisch untersucht. Er erkannte die schwammige Masse des- selben als eine Anhäufung der von ihm sogenannten Nacht- faser-Pilze, die in jenem Falle undurclisichtig und braun gefärbt sind. Die Fäden sind in grofser Anzahl in einan- der gefilzt und mit lleberresten der Zellenmembranen durch- *) Die scMmmelartigen Fäden, von -welchen hier die Rede ist. Luden das Mycelliira verschiedener Rhizomorphen , auch Avohl an- derer, nocl» nicht vollständig erkannter Pilzarten , welche nur im Innern der modernden Holzkörper, als Nachtfaser- Gebilde vegctiren und daher rait der verschlossenen Fäulnifs im engsten Zusammen- hange stehen. Die bekannteste dieser Formen ist die Rhizomorplia siibcorticalis Fers., unter -welchem Namen mehrere verschiedene Bil- dungen zusammcngefalst w^erden. Eine andere Species, die Rhizo- morplia subterranca, liat durch ihre P h os ph o r csz en z schon längst die Aufmerksamkeit dcy Naturforscher auf sich gezogen. Der Herausgeber. V 311 mengt, welclie iiocli überall um so deutlicher in ihrer ursprünglichen Bildung und Stellung auftreten, je unvoll- kommener die Pilzbildung und je härter und holziger das Stück ist. Sehr häufig wird der trockene Brand des Holzes durch grofse V^erletzungen der Bäume herbeigeführt. So findet man die gekappten altern Bäume fast immer kern- faul, und durch das Abkappen grofser Aeste, besonders wenn dieses niclit unter gehörigen Vorsichtsmaafsregeln statt- findet, wird das Absterben des Ilolzkörpers der Stämme sehr häufig herbeigefülirt. Ist die Krone eines alten Bau- mes gekappt, vom AVinde abgebrochen oder vom Blitze heruntergeschleudert, und ist der Holzkörper der Wund- fläche so gelegen, dafs er das auffallende Regenwasser aufninnnt, so wird der zurückgebliebene Stamm sicherlich sehr bald kernfaul, und eben dasselbe wird durch die Wun- den grofser gekappter Aeste herbeigeführt, wenn diese das auflfallende Regenwasser auffangen. Es stirbt dann zuerst der Holzkörper in dem zurückgebliebenen Aststumpfe ab und von diesem aus geht die Nekrose noch tief in den Stamm hinein; auf diese Weise entsteht dann der soge- nannte Astschwamm oder der Astzünder, von welchem vor- hin die Rede war. Ein Absterben der iunern Holzmasse durch trocknen Brand findet übrigens in allen Fällen an den Stümpfen gekappter Aeste statt, jedoch bei diesen Bäumen früher, bei jenen später, was sich meistens nach der Dicke der zurückgebliebenen Stämme richtet, so wie aucli nach der Länge des Stumpfes. Je dünner und je kürzer der Stumpf ist, desto leichter wird derselbe durch die neuen Holzlagen überwallt und wenn dann keine Feuch- tigkeit von Aufsen auf den Holzkörper eingedrungen ist, so wird sich auch derselbe noch sehr lange erhalten. Kann die Ueberwallung jedoch wegen der Dicke der Aeste, oder auch wegen der zu grofsen Länge der Stümpfe, nicht statt- finden, so wird die Hol/faule um so eher eintreten. Zu grofse Nässe des Bodens führt gleichfalls gar häufig das frühzeitige Absterben der Bäume herbei und zwar y^ 312 zeigt sicli dieses oft sclion lange vorher durch die Kern- faule. Die Erscheinungen, welche diesen krankhaften, durch zu gTofse Nässe herbeigeführten Zustand der Bäume be- gleiten, sind folgende: Trockene Gipfel, mifsfarbige oft röthliche und trockene Rinde, Auf- und Abspringen der Rinde, Schwämme, Flechten und Moose auf der Rinde des Stammes und der Aeste, geringe Triebe der untern Zweige und kleine hellgrüne Blätter. Entstehen dann Spalten am Stamme dieser Bäume, oder werden die grofsen Aeste vom Sturme abgebrochen, so findet man das weifsfaule Holz im Innern derselben und solches pflegt dann immer stark zu leuchten. *) Endlich haben wir noch die Kälte als eine der häufig- sten Ursachen aufzuführen, welche das Absterben des Holz- körpers durch trocknen Brand veranlafst, wovon im fol- genden Abschnitte ausführlicher gesprochen werden wird. Kern schäle ist als eine Modification der Kern- fäule zu betrachten. Bei der Kernschäle werden nämlich einzelne, oder auch mehrere, aufeinanderfolgende Jahrringe des Stammes der Bäume vom trockenen Brande ergriff'en, während die übrigen Jahresringe des Holzkörpers ganz gesund bleiben. Mitunter sind in einem und demselben Stanjme verschiedene, in mehr oder weniger grofsen Ent- fernungen von einander abstehende Jahresringe abgestor- ben, so dafs die gesunde Holzmasse in Form von Cylin- dern und cylindrischen Röhren von einander getrennt wer- den kaini. Als Ursache dieser auffallenden Erscheinung pflegt man anzugeben, dafs in dem Sonniier, in welchem die Jahresringe entstanden, die später nekrotisdi wurden, eine sehr schlechte, besonders anhaltend feuchtkalte Witterung herrsclite, bei welcher, wie man sich auszudrücken pflegt, eine vollständige Erhärtung der Jalipesringe nicht statt- *) Man erinnere sich liicbci an die Phosphoreszenz der iinlcr- ivdischen Rhizoniorphen. Der Herausgeber. 313 finden konnte. Wenn nach diesem schlechten Sommer, in welcliem der neue Jaliresring sehr unvollkommen ausge- bildet zuriickblieb, ein heftiger Winter folgt, so ist es höchst wahrscheinlich, dafs das junge Holz abstirbt und dann in spätem Jahren die Kernscliäle veranlafst. II. Der schwarze trockne Brand, Mumificatlo. Die Mumification besteht in einem Absterben der Pflan- zen oder einzelner Theile derselben, welches mit Ver- schrumpfen, Vertrocknen und Schwarzwerden der abster- benden Theile begleitet ist. Die Mumification befällt nur die weniger saftreichen, zur Fäulnifs nicht geeigneten Pflan- zen oder deren einzelne Theile und kann die Folge sehr verschiedener Ursachen sein. Am häufigsten verursacht die Kälte den trocknen, schwarzen Brand; sie hebt durch ihre Wirkung den Lebensprozefs iii dem ihr ausgesetzten Gewächse auf und die Folge davon ist der plötzlich ein- tretende Brand, welcher sich im höchsten Grade an allen, mehr trocknen, grünen oder gefärbten, blattartigen Orga- nen als Mumificirung darstellt, während die saftigen Ge- ^vächse, oder einzelne saftreiche Theile derselben in Folge des Stockens und Verjauchens der reichlich vorhandenen Säfte in den feuchten Brand (S. 301) übergehen. XVII. Von der Wirkung der Kälte oder niedrer Wärmegrade auf die Pflanzen und den daraus hervorgehenden Krankheiten derselben. Die Wirkungen der Kälte sind in unsern Gegenden so häufig die alleinigen Ursachen des Mifsrathens die- ses oder jenes Kulturzweiges und der Schaden, welcher mitunter durch strenge Kälte unsern Gärten und Aeckern erwächst, ist häufig nur zu unersetzlich, als dafs wir an diesem Orte nicht mit besonderer Ausführlichkeit dieses Gegenstandes gedenken sollten. In jedem Winter können wir die aufi'allende Erschei- nung wahrnehmen, dafs gewisse Pflanzen unserer Gegen- den schon bei den ersten eintretenden niedern Kältegraden 314 erfrieren und absterben, während andere von eben den- selben Kältegraden nur wenig- leiden, und andere Gewächse selbst die höchsten, bei uns vorkommenden, Kältegrade ganz oluie allen Nachtheil ertragen können. Im Allgemei- nen kann man sagen, dafs die holzigen Gewächse sich besser gegen die Einwirkung der Kälte halten, als die krautartigen, und von diesen sind es wieder die, mit einer festen und lederartigen Textur, welche am meisten Kälte ertragen können, während die saftigen Pflanzen im Allgemeinen nur sehr wenig Kälte ohne Nachtheil aushal- ten. Dergleichen niedre und trockne, lederartige Gewächse, wie die Moose und Flechten, kommen dagegen selbst in den kältesten bisher besuchten Ländern vor und vegetiren dort eben so kräftig als bei uns. Betrachten wir nun noch das Verhalten der tropischen Pflanzen, welche bei uns in Gärten und in Gewächshäusern gezogen werden, so wer- den Avir sehr bald zu der Ansicht kommen, dafs einige Pflanzen sehr leicht, andere weniger und viele sogar nur selten erfrieren und dafs sich dieses meistentheils nach dem Vaterlande richtet, in welchem diese Pflanzen vorkommen, d. h. die Pflanzen w^ärmerer Gegenden können weniger Kälte ertragen, als die der kälteren und der käl- testen Länder, und wenn die Gewächse in ihrem Vater- lande durch Kälte leiden, so hängt dieses von besondern, abweichenden Witterungs - Verhältnissen ab, von denen in der Folge die Rede sein wird. Wir sehen es nur zu oft, dafs Pflanzen, die bei uns heimisch sind und mitunter zu den ganz gewöhnlichen ge- hören, deren Kultur sehr leicht auszufiihren ist, dafs auch diese Gewächse sowohl im Frühjahre durch späte Nacht- fröste als im Herbste durch zu früh ehigetretene Fröste mehr oder weniger leiden; die Spitzen der jungen Triebe erfrieren, werden schwarz, schrumpfen zusanunen, die Blät- ter werden ebenfalls schwarz, kurz Alles vom Froste Ge- tödtete nmmificirt, und dennoch sind diese Gewächse von der Natur selbst für Gegenden bestinmit, in welchen solche l^nregelmäfsigkeitcn im Verlaufe der klimatischen Verhält- 315. iiisse stattfinden. Obgleich sich solche Pflanzen seit Jahr- tausenden in eben denselben Gegenden befinden und sich daselbst immer wieder von Neuem erzeugen, so haben sie sich denn doch an solche Abweichungen des Klima's noch nicht gewöhnen können. Schon diese wenigen und ein- fachen Beobachtungen möchten zum Beweise dienen, dafs eine völlige Akklimatisation der Gewächse, soviel auch hie- von gesprochen wird, nicht stattfindet und dafs es also ganz fruchtlose Versuche sind, wenn man Gewächse der hei- fsern Gegenden in den kältern Ländern akklimatisiren will. Nur zu häufig sprechen viele Gärtner von dem Akkli- matisiren ihrer Gewächse, während andere, welche ihr Le- ben hindurch mit der Zucht grofsartiger Orangerien u. s. w. zu thun gehabt haben, von der Annahme einer Akklimatisa- tion der Gewächse ganz und gar nichts wissen wollen, und eben so schroff stellen sich die Ansichten der Botaniker und Naturforscher über diesen Gegenstand entgegen. Viele von ihnen sind der Meinung, dafs das Akklimatisiren der Gewächse eine Erscheinung sei, welche sich ganz von selbst verstehe und weiter gar nicht mehr zu bezweifeln sei, die Andern dagegen sind der Meinung, dafs man auch nicht eine einzige Tiiatsache aufzuführen habe, wodurch die Akkli- matisation von Gewächsen wirklich erwiesen werde, sondern dafs sich Alles vielmehr auf Angaben beschränke, welche man mit Leichtigkeit beseitigen könne. Herr Link*) hat noch vor wenigen Jahren durch eine Menge von vortrefflichen Beispielen zu zeigen gesucht, wie viele solcher Pflanzen, welche man hier und da fiir akklimatisirt hält, nur ein sehr weit verbreitetes Vaterland haben und daher schon an und für sich sehr verschiedene Klimate auszuhalten im Stande sind. Akklimatisiren heifse eigentlich einen orga- nischen Körper an ein Klima gewöhnen, welches ihm an und für sich nicht zuträglich ist, und um dieses zu er- weisen, habe man wohl schwerlich irgend ein Beispiel an- *) Ueber Akkllraatlsirung der Gewächse. — Verhandlung des K. Pieufs. Gaitenbau-Veielns, '22sle Lieferung. Berlin 1835. 316 ziifiilircn. Im Gegeiitheile lassen sich eine Reihe von That- saclien aufzählen, aus vvelclien iDan die stärksten Beweise gegen die Akklimatisation der Gewächse entnehmen kann. \A'ir haben nämlich mehrere aus^värtige Pflanzen, die schon seit Jahrhunderten bei uns kidtivirt werden und dennoch unser Klima immer noch nicht ertragen; die Basilike z. B. erfriert schon früher, bevor die Temperatur der umgebenden Luft auf den Gefrierpunkt herabgesun- ken ist; man hat sie schon bei -|- 4 Grad R. absterben sehen. Unsere Bohnen, aus den wärmern Gegenden In- ilien's herstammend, und schon seit so langer Zeit in Europa in Kultur, erfrieren noch immer bei nachkommen- den Nachtfrösten, während unsere Erbsen von solchen Kältegraden nicht angegrifl'en werden. Selbst die Kartof- feln geben sehr beachtenswerthe Beispiele für unsere Mei- nung ab. Obgleich dieses Gewächs aus den grofseu Höhen der Cordilleren Siidamerika's herstammt und in Gegenden mit einem gleichmäfsigen, sogenannten Küsten-Klima selbst bei sehr niedern Wärmegraden üppig vegetirt, wie ich auf den Hochebenen von Hoch- Peru am See von Titicaca gesehen habe, so erfriert denn doch das Kraut dieser Pflan- zen ungemein leicht. Wie oft haben schon geringe Spät- fröste die gröfsten Verheerungen angerichtet und w4e be- kannt ist es, dafs mitunter die geringsten Nachtfröste, selbst schon im August, die Blätter der Kartofl^el-Pflanzen tödten. IJjid dennoch stammt diese Pflanze gar nicht einmal aus den heifseren Gegenden, und hätte sich in der langen Zeit, seit welcher sie kultivirt wird, nur an einige wenige Grade von Temperatur zu gewöhnen nöthig gehabt, was aber doch nicht geschehen ist. Wenn wir eine Menge einjähriger Gewächse der hoifsen Gegenden in unscrn nordischen für gewöhnlich knltiviren, und dieselben alljährlich gut gedeihen und reife Saamen ansetzen, so dürfen wir hieraus noch innner Jiicht den Schlufs ziehen, dafs sich diese Gewächse für unsere Gegenden akklimatisirt haben. Wir ziehen diese Gewächse vielmehr mn- innerhalb solcher Zeiten, in wel- 317 dien die Temperatur auch bei uns sehr hocli und derjeni- gen mancher tropisclien Gegenden nicht unähnlich ist, und dennoch bringen Pflanzen aus den heifsen und feucliten Aequatorial-Gegenden, welche bei uns im Freien kultivirt werden, immer nur sehr selten reife Saamen, wenn sie defs- halb nicht ganz besonders unter Schutz genommen werden. Die Pflanzen, welclie aus andern Ländern zu uns gebracht werden, lassen bei uns nicht einmal von ihren Gewohn- heiten ab, viel weniger gewöhnen sie sich an unser Klima. So macht Herr Link mit Recht auf die vielen nordameri- kanischen Sträucher und Bäume aufmerksam, welche bei uns zwar seit langer Zeit allgemein kultivirt werden, aber ganz Jbei den Eigenthiimliclikeiten bleiben, welclie sie in Hinsicht ilirer Entwicklungs-Perioden in ihrem V^aterlande zeigen. Wegen der eigeiUhiimlichen klimatischen Verhält- nisse in dem östlichen Nordamerika, wo das Frühjahr sehr spät eintritt, kommen jene Gewächse in ihrem Va- terlande auch sehr spät zur Entwicklung der Blätter und der Bliithen, dagegen behalten sie während des schönen und lange andauernden Herbstes ilir Laub um so länger und bringen häufig auch ihre Früchte erst spät zur Reife. Alle diese Eigenthümlichkeiten haben jene Nordamerikaner auch in unsern Gegenden genau beibehalten, und so lange sie auch bei uns schon kultivirt werden , sind doch noch keine Anzeichen vorhanden, dafs sich dieselben in diesen Eigenthümlichkeiten abändern und sich mehr unserm Klima gemäfs entwickeln werden. Unsere Orangen-Bäume sind Gewächse der wärmern Zone und schon oft hat man gewünscht, dafs sie sich etwas akklimatisireu möchten, damit sie im Herbste länger im Freien gehalten werden könnten und im Winter nicht so viel Holz kosten möchten. In der That müssen unsere Oran- gerien im Winter, wie im Sommer, mit weniger Wärme vorlieb nehmen, aber ihr ganzes jährliches Wachsthum ist denn auch bei uns so äufserst gering, dafs wir diese Bäume, im V^erhältnisse zu den grofsen Orangen-Bäumen der war- men Gegenden, nur als kümmerlich vegetirende Hospitaliten 318 •t betrachten müssen. In den Tropen ist noch kein Menschen- Alter nötliig, um die Orangen-Bäume zu einer Gröfse wie unsere hohen Weiden zu ziehen. Wir könnten noch so manclies Beispiel auffuhren, welches gegen die Annahme der Akklimatisation der Ge- wächse spreclien würde, doch halten wir dieses kaum mehr für nöthig und gehen gleich zur Betrachtung der Wirkun- gen über, welche der Einflufs der niedern W'ärmegrade inid der Kälte auf die Pflanzen hervorruft. Herr Göppert*) hat diesen Gegenstand in einem besondern Werke sehr umständlich behandelt, auf welches ich auch alle diejenigen geehrten Leser meines Buches verweisen mufs, welche sich noch specieller hierüber unterrichten w^ollen. Die Pflanzen gefrieren, sobald die umgebende Luft die Temperatur unter dem Gefrierpunkte anniamit, ja viele tropische Pflanzen, besonders die mit weichen und mehr saftigen Blättern, w^erden schlaff und fangen an abzuster- ben, wenn sie nur eine Zeit hindurch einer Temperatur von einem oder einigen Graden über den Gefrierpunkt ausgesetzt werden. Aber auch die tropischen Pflanzen verhalten sich in dieser Hinsicht ebenso verschieden, wie sich die, bei uns heimisclien Gewächse ebenfalls gar sehr verschieden in der Empfindlichkeit gegen die einwirkende Kälte verhalten. Der Kälte ausgesetzt, gefrieren die Ge- wächse, die Flüssigkeiten im Innern derselben erstarren zu Eis und dieses dringt bis in das Innerste der Gewächse, bis dieselben durch und durch gefroren sind. Dergleichen krautartige Gewächse, welche unsere Winterkälte ohne Nachtheil ertragen, geben hiezu die schönsten Belege; nach lange anhaltender Kälte sind diese Pflanzen so stark ge- froren, dafs sie mitunter bei Anwendung der leichtesten Gewalt wie Glas springen und dann durcli und durch die Eismasse zeigen. An Helleborus foetidus und an Braun- kolii-Pflanzen habe ich dieses mehrmals gesehen, und eben- *) Ueber die W^äirac-Enlwicklung in den Pflanzen, deren Ge- frieren und die Scluitzmittcl gegen dasselbe. Breslau 1830. 319 so fand ich im Innern einer 89jälirijjen Kiefer, welche bei ziemlich anhaltender Kälte abgesägt wurde, durch und durcli kleine Eiskrystalle. Alle diese Gewächse werden aber von der bei uns herrschenden Kälte nicht getödtet, sie thauen wieder auf, wenn die umgebende Temperatur zunimmt, und vegetiren alsdann ganz ebenso, als wenn sie nicht gefroren gewesen wären. Bei so leicht anzustellen- den Beobachtungen ist es unbegreiflich, dafs manche Bo- taniker, und selbst praktische Forstleute, die Ansicht aus- spreclien, dafs nur die vom Froste getödteten Pflanzen im Innern gefrieren. Wir haben kennen gelernt, wie schon vorhin ange- führt wurde, dafs manche Pflanzen aus tropisclien Gegen- den schon bei den niedrigsten Wärmegraden, wenn diese eine längere Zeit hindurch einwirken, absterben; wir sehen ferner, dafs viele von den Gewächsen, welche bei uns heimisch sind, durch und durch gefrieren können, ohne dadurch zu leiden. Unter diesen sind aber viele, welclie nur sehr kurze Zeit hindurch solche nachtheilige Einflüsse zu ertragen im Stande sind, wälirend bei andern selbst die anhaltendste heftige Kälte keinen Nachtheil verursaclit. Wir wissen aber nicht, worin der Grund der Erklärung dieser Erscheinungen zu suchen sein möchte. Für Pflan- zen einer und derselben Gegend geht aus Herrn Göppert's Beobachtungen hervor, dafs diejenigen mit wässrigen, so- genannten indiff'erenten Säften und zarten Blättern schnel- ler gefrieren, als Pflanzen, die eine Menge salziger und harziger Bestandtheile enthalten. Im Allgemeinen kaiui man sagen , dafs die Pflanzen um so weniger leiden, je kürzere Zeit sie der Einwirkung der Kälte ausgesetzt waren, und dieses gilt selbst von tro- pischen Gewächsen, die sich alsbald wieder erheben und kräftig fortvegetiren , wenn sie nur kurze Zeit hindurch vom Froste ergrifi'en waren. So hat man in Italien längst die Beobachtung gemacht, dafs Orangenbäume wenigstens eine Nacht hindurch ganz ohne Nachtheil eine Kälte von 7 Grad R. haben ertragen können, und ich selbst sah in der Nähe 320 von Cantoii, dafs die Pi.san2:-Pflanzon durch Nachtfröste im Monat November so stark ergriffen wurden , dafs ihre Blätter des Morgens scldaff und stark gebräunt vom Stamme herabJiingen, sicli aber zur IMittagszeit schon wieder empor- gelioben hatten, allmählich Nvieder die grüne Farbe annah- men inid weiter fortwuchsen. Die V'eränderungen, welche die Pflanzen durch die Einwirkung der Kälte erleiden, sind sehr mannichfaltig und beziehen sich bald auf die Farbe, bald auf die Struktur und bald hauptsächlich auf die chemische Beschaffenheit der Säfte ; sie sind auch sehr wesentlich verschieden an den durch Struktur- Verhältnisse verschiedenen Theilen der- selben. So werden knollige Wurzeln, saftige grüngefärbte Blätter und der Holzkörper der verschiedenen Pflanzen, wenn diese Theile auch von einem und demselben Kälte- grade getödtet worden sind, sich dennoch ganz verschie- denartig verlialten müssen. Die gewöhnlichsten Erschei- nungen, welche die Pflanzen darbieten, wenn sie erfrieren oder nur der Kälte ausgesetzt werden, sind folgende: Die Blätter und alle blattartigen Theile der Pflanzen werden schlaff; standen sie vorher, im gesunden Zustande, auf- recht, so sinken sie, vom Froste gerührt, nieder, oder sie schrumpfen zusammen, krünmien sich und fallen auch mit- unter schnell ab. Die Farbe solcher gefrornen Pflanzen verändert sich, jedoch ist diese Veränderung bei verschie- denen Pflanzen einmal sehr verschieden, wie aus den vielen über diesen Gegenstand aufgeführten Beobachtun- gen Herrn Göppert's zu ersehen ist, und zweitens rich- tet sich dieselbe sehr nach der Dauer und der Heftig- keit der Kälte, welcher die Pflanzen ausgesetzt waren. Im Allgemeinen werden die grünen und die hellgefärbten Pflanzentheile mifsfarbig, erhalten ein schnuitziges Ansehen, die Substanz derselben wird zuweilen etwas durchschei- nend und in vielen Fällen nehmen sie das Ansehen an, als wenn sie gekocht wären. Sehr zarte Blätter, hellgefärbte Blumen-Blätter u. s. w. werden sehr bald sclnnutzig gelb- bräunlich gefärbt und erhalten bei längerer Einwirkung der 321 Kälte hie und dca einzelne dunkle Flecken, oder ihre ganze Substanz wird mehr oder weniger tief braunschwarz gefärbt. So sieht man im Frühjahre nach kalten Nacht- frösten, gar nicht selten, dafs die grüngefärbten Blätter der jungen Triebe vieler unserer einheimischen und fremden Bäume und Sträucher in einer einzigen Nacht ganz schwarz gefärbt worden sind und mehr oder weniger zusammenge- schrumpft und unregelmäfsig gekräuselt erscheinen. Nach dem Aufthauen dieser gefrornen krautartigen Pflanzentheile zeigt sich sehr bald, was von ihnen durch den Frost getödtet ist und was unbeschadet sich wieder erholt und weiter fortwächst. Die erfrornen Blätter, Bliithen, Früchte u. s. w. bleiben schlaff, ihre Färbung wird immer schmutziger und in den meisten Fällen werden sie dunkelbraun und selbst ganz schwarz. Im Allgemeinen schrumpfen solche erfror- nen Pflanzentheile sehr schnell zusammen und gehen mit Zunahme der braunen und schwarzen Färbung in den- jenigen Zustand von Brand über, welchen man durch Mumi- fication sehr treffend bezeichnet. Wenn jedoch die er- frornen Pflanzentheile sehr dick und fleischig oder über- hauj^t sehr saftreich sind, so gehen sie nach dem Auf- thauen schnell in Gährung und Fäulnifs über, wie man dieses an erfrornen Kartoffeln, Aepfeln, au erfrornen Melocacten u. s. w. sehen kann. Sind die erfrornen Pflanzen nicht mumificirt, so findet man die Elementarorgane derselben ganz unverletzt und es w^ar durchaus irrig, wenn man die Wirkung der Kälte durch ein Zerreifsen der Zellen der Pflanzen erklä- ren wollte. Das Mikroskop zeigt wohl, dafs die Zel- len, Spiralröhren und Gefäfse in den erfrornen Pflanzen gaiiz unverletzt sind, aber man findet, dafs diese Elementar- Organe, welche früher innig mit einander verbunden waren, durch die Wirkung des Frostes mehr oder weniger voll- ständig von einander getrennt worden sind. Die Zellen, wenn sie frülier in ihrer Verbindung kantig waren, neh- men eine mehr abgerundete Gestalt an und die Membra- nen zeigen nach der tödtenden Wü'kung des Frostes ein nieyen. PathoIo;^ie. 21 322 sehr eigen thiimliches Verhalten; sie sind mifsfarben, sehr weich, bersten bei dem geringsten Drucke und obgleicli man mit dem Mikroskope keine Oeifnungen in denselben bemerkt, so fliefst doch beständig etwas Feuchtigkeit aus denselben aus. Dieses Letztere ist z. B. bei den gefror- nen Kartoffeln der Fall und es scheint aucli mit die Ur- sache zu sein, dafs das Vertrocknen oder die Mumi- ficirung erfrorner Pflanzentheile so ungemein rasch vor sich geht. Die Kälte tödtet also die Pflanzen, wie die Thiere, und die Wirkung derselben ist begleitet von Struktur- Ver- änderung und, sobald das Leben in den erfrornen Theilen aufgehört hat, auch von Umänderungen in der chemischen Zusammensetzung der Säfte. Ohne Wärme findet kein Leben statt, daher denn auch bei Entziehung der Wärme der Lebens-Prozefs aufgehoben wird. Der Schaden, welchen die Wirkung des Frostes her- beiführt, ist mitunter sehr grofs, und die Heilung der Frost- schäden beschränkt sich fast nur auf Vorbauungs-Mittel. Alle Kräuter und krautartigen Theile der Pflanzen, welche so stark vom Froste ergriffen sind, dafs sie nach dem Auf- thauen in Mumification oder in faulige Gährung übergehen, sind ohne Rettung verloren, und man mufs suchen, dasjenige von ihnen noch zu retten, was sich nach den Regeln der Kunst erhalten läfst. Man kann aber zur Er- haltung der Pflanzen bei plötzlich eintretender Kälte Vieles thun, und selbst Gewächse noch erhalten, welche schon ganz entfärbt sind und deren Blätter welk und schlaff herabhängen. Das beste Mittel zur Wiederherstellung solcher erfrorner Pflanzen besteht in dem Bespritzen und, wo es sich ausführen läfst, in dem vollständigen Ueber- giefsen mit Wasser. Man sehe darauf, dafs dasAufthauen solcher gcfrornen Pflanzen ganz langsam erfolge und die- ses wird auch durch das Bespritzen mit Wasser be>virkt. Bespritzt man die Gewächse bei plötzlich eintretender Kälte, wie z. B. bei frühen Nachtfrösten im Herbste, in gehöri- gem Maafse und hält man mit dieser Operation dauernd 323 an , so ist man oft im Stande, sehr empfindliche Pflanzen in ihrer vollen Bliithenpracht durch starke Nachtfröste unbeschadet durchzuführen. Sind die Massen der Pflanzen, welche man zu schützen hat, nicht gar zu grofs, so wird man durch blofses Bedecken mit Stroh, mit Matten, Decken, Säcken u. s. w., welche die Wärme-Ausstrahlung des Bodens verhindern, vollkommen ausreichen; doch im Grofsen, wo ganze Felder zu schützen sind, mufs man sich der AYir- kung des Klima's ergeben , oder man mufs so vorsichtig sein und sich solchen Nachtheilen gar nicht aussetzen. Ist aber der Wertli der Anlagen, welche durch den Frost zer- stört werden könnten, sehr grofs, wie z. B. in ^Yeinbergen, in botanischen Gärten wärmerer Länder, wo man oft die tropischen Bäume im freienBoden zieht u. s. w., so ist es denn auch erforderlich, dafs man noch gröfsere Anstrengungen zum Schutze der Pflanzungen mache. Zum Schutze gegen die anhaltende Kälte des ^yinters werden solche Gewächse mit Stroh oder anderen schlechten Wärmeleitern einge- hüllt, und sind sie niedrig, oder lassen sie sich leicht niederbiegen, mit trocknem Laube, mit Erde u. s. w. bedeckt. Gegen plötzlich eintretende Kälte des Nachts wendet man die Schmauch-Feuer an. XVllL Wassersucht, Hydrops. Auch die lange anhaltende Nässe bringt Krankheiten hervor, welche durch Ueberladung mit Flüssigkeit entstehen. Du Hamel*) beschreibt schon die Folgen, welche eine zu grofse Nässe des Bodens auf die Pflanzen verursacht, und scliildert diesen Zustand so genau, dafs wir darin sicher- lich denjenigen wiedererkennen, welcher von vielen Gärt- nern und Autoren unter dem freilich niclit sehr passenden Namen der W^ass ersucht aufgeführt wird. Die Blätter, heifst es bei du Hamel, fallen von den Bäumen, obgleich sie noch grün und dick sind; die Früchte bekommen kei- nen Wohlgeschmack, ja sie faulen noch ehe sie reif sind, ^) Die Katurgcschlchtc der Bäume etc. II, p. 266. . . 324 ■^ ^■ und die Zufalle von diesen allzugrofsen Säftemassen äufsern sich stets um so stärker, je mehr die Ausdünstung ver- mindert ist. Selbst die Triebe bleiben weich, verholzen nicht gehörig und im Winter verderben oder verfaulen sie. An sehr kräftig wachsenden, grofsblättrigeu Ulmen sah du Hamel ein schnelles Absterben und fand als Ursache derselben, dafs ein Theil der letzten Holzlagen abgestorben war und sich zwischen Rinde und Holz ein röthliches Wasser gesammelt hatte : er konnte keine andere entfernte Ursache dieser Krankheit auffinden, als zu grofse Voll- saftigkeit. I Anmerkungen des Herausgebers. (1) S*. 16. Uie Beobachtung, welche hier mit Bezug auf die Verlängerung der Markstrahlen durch das aus ihnen hervortretende Cambium vorgelegt wird, entspricht genau diesem Vorgange, wie ihn Mir bei (nouvelles notes sur le Cambium, Archives du Museum I. p. 303 fF.) im Innern der Wurzeln der Dattelpalme durch alle Stadien seiner Entwicklung verfolgt hat. Wir sehen hiebei, dafs die neue Bildung durch die frühere, aus welcher sie hervorgeht, nach ihrer Stufe wesentlich bedingt wird; denn hier, wo der Bildungsstoff aus den blofs zelligen Markstrahlen aus- tritt, bleibt auch sein Product rein zelliger Natur, statt dafs in den in der Dattelwurzel regelmäfsig entstehenden Lücken das sich in ihnen sammelnde Cambium nach der Gegend der netzförmigen Gefdfse zu in ähnliche Gefäfse und Zellen übergeht, da aber, wo einfaclies Parenchym an- steht, auch dessen Form annimmt, obwolü hier selbst diese Zellen nicht auf der ersten Stufe der Bildung stellen blei- ben, sondern durch ihre Verdichtungsschichten in poröse (mit Schichtungscanälen versehene) Zellen übergehen. Meyen's Beobachtung enthält noch beiläufig einen neuen Beweis, dafs das Cambium weder durch die Zellen, noch durch Gefäfse (Spiralröhren) zugeführt werden könne, sondern durch Intercellulargänge in Lücken austrete. Lük- ken sind nämlich nichts anderes, als in's Unbestimmte er- weiterte Intercellularräume. 326 Was übrigens unser Verf, S. 17 und 18 nach seiner Theorie fiir den einseitigen Ursprung der jüngsten Gefäfs- schichte aus der innern Riiidenschichte vorträgt, läfst sich nicht vertheidigen. (2) S. 32. Ratzeburg 's unübertreffliches Werk: Die Forstinsecten, oder Abbildung und Beschreibung der in den Wäldern Preufsens und der Naclibarstaaten als schädlich oder nützlich bekannt gewordenen Insecten u. s. w. Berlin 1837 und 1840, bis jetzt 2 Bände in 4to, hat der V^erf. zwar gekannt (vergl. S. 37) , aber nicht vollständig benutzen können. Es soll daher hier nur bemerkt wer- den, dafs, obgleich der Titel dieses nicht ausdrücklich er- klärt, die Beschädigung, welche die Forstbäume durch die beschriebenen Insecten erleiden, von Herrn Ratze- burg aufs gründlichste erörtert und physiologisch gedeutet werden. (3) S. 60. Die eigenthümlichen Formen der Aus- wüchse, welche durch die in Pflanzentheile gelegten Eier der Gallen- erzeugenden Insecten hervorgebracht werden, lassen sich durchgängig aus einer Hemmung des Längen- w^uchses mit gleichzeitig eintretender Vervielfältigung und Verkümmerung der peripherischen Organe ableiten, ohne dafs hiebei an eine Analogie mit dem miasmatischen In- fectionsprocesse zu denken wäre. Man betrachte eine Weidenrose, einen Bedeguar, und man wird leicht die nietamorphosirten und auf einer Anschwellung zusammen- gedrängten Blatt- oder (wie bei'm Bedeguar) Afterblatt- gebilde in ihren normalen Stelhnigen wieder erkennen. Wo bei einer normalen Anschwellung solcher Art die äufsern Gebilde fehlen oder unentwickelt bleiben, findet man (z. B. bei der Tuberosität am Stengel des Habichts- krauts) doch stets deren Spuren, im Innern aber eine entsprechende Auflockerung. Man würde dergleichen Gebilde nach Gefallen hervorbringen, wenn man nicht blofs eijien fremden Körper ohne weite Stichwunde an die entsprechende Stelle einbringen, sondern auch, wie dieses bei den aus den Eiern entstehenden Larven der 327 Fall ist, dessen Fortwirken unterhalten und steigern könnte. (/i) S. 80. Mirbel (Elemens de botanique I. p. 118. t. 19. f. 1 und 2) hat zwei interessante Beispiele von sol- chen Uwischlingungen und Verschniirungen der Stännne durch Schlingpflanzen mitgetlieilt. Eine solche Pflanze, wahrscheinlich zu Bauhinia gehörig, umschlang nicht nur den Stannn (einer Palme) , sondern ihre Stengel wurden auch durch das feste Anschmiegen ganz abgeplattet und verwuchsen da, wo sie sich unter einander oder mit den Aesten berührten, dergestalt, dafs sie ein unregelmälsiges Maschenwerk bildeten und im Groben das Bild eines netz- förmigen Pflanzengefäfses darstellten. In diesem Falle litt der auf solche \yeise umstrickte Stamm keinen Schaden, weil er einer Palme angehörte, die nur wenig in die Dicke wächst. Ein zweites Beispiel (a. a. O. Fig. 2) zeigt da- gegen einen jungen Eichenstannn, welcher, von einer Lo- nicera Periclymenum eng umwunden, durch die hiedurch veranlalsten \Viilste wie gedreht und durch eine tiefe und weite spiralig um ihn herujulaufende Aushölung dermafsen verschmächtigt ist, dafs er zu keiner regelmäfsigen Ent- wicklung gelangen konnte und, wenn die Windungen der Schlingpflanze mehr horizontal liefen, wahrscheinlich an diesen Stellen zum Abbrechen durch Windstöfse präde- stinirt sein würde. Wir sehen hieraus, dafs auch in Europa die Beispiele von Erwürgung durch Schlingpflanzen nicht ganz fehlen. Wer aber ein lebendiges Bild dieser Gesellung luid Häufung verschiedenartiger Schling- und Schmarotzerpflan- zen in den pflanzenreichen Theilen der Tropenwelt zu haben wünscht, der sehe die physiognomischen Tafeln zu Martins und Endlicher' s Flora Brasiliensis und deren phantasiereiche Erklärungen von Martins, besonders S. X. u. f. zu Tab. VI. In den hier geschilderten Fällen zeigt es sich, dafs die nachtheiligen Wirkungen der sich also anhäufenden Schlinggewächse weniger auf den dadurch bewirkten Verschnür ungen, als auf der Verdumpfung des 328 eingeschlossenen Baumes oder, nach Umständen, sogar auf dem Umsturz desselben durcli das Gewicht der auf ihm lastenden Massen beruhe. Wäre das Wachsthum in jenen Lagen nicht rasch und kräftig, so dafs die Kröne des Baumes mit dem Laubdaclie des Urwaldes emporsteigt, so wäre ein solclier Baum dem unvermeidlichen Untergange überlassen. Ebensohäufig würden die dünneren Stämme durch die Menge der auf ihnen lastenden und sich in unregelmäfsige Massen häufenden Schling- und Schma- rotzerpflanzen, besonders bei eintretenden Sturmwinden, niedergestürzt werden, wenn sie nicht der dichte Bestand der Waldung dagegen schützte. (5) S. 85. Ueber die parasitischen Pflanzen hat Herr Professor Unger (Beiträge zur Kenntnifs der parasitischen Pflanzen in den Annalen des Wiener Museums IL) neuer- lich wichtige anatomische Untersuchungen angestellt, wel- che, mit specieller Beziehung auf den Wurzelparasitismus der Balanophoren, durch Herrn Professor Göppert (über den Bau der Balanophoren in den Nova Acta Aca- demiae Naturae Curiosorum XV^lIl. Suppl. S. 229 fi". mit 3 Tafeln) erweitert und zum Theil berichtigt wurden. Durch den Keimact der Balanophore bildet sich auf der Wurzel der Nährpflanze (die Javanischen Arten wach- sen meist auf den Wurzeln von Thibaudien, auch wohl Meliaceen und andern baumartigen Pflanzen) ein knollig verzweigter, mit regelmäfsig im Quincunx stellenden War- zen besetzter, ziemlich ansehnlicher Auswuchs, welcher ganz aus parenchymatischen Zellen mit Zellenkernen be- steht und ein doppeltes Gefäfssystem enthält. Die untern und äufsern Gefdfse entspringen aus dem Holzkörper der Nährwurzel, welche sicli in einen unregelmäfsigen Kreis ordnen und die poröse Beschafl'enheit der Gefäfse der Mutterpflanze beibehalten; diese Gefäfsparthie verläuft bis dahin, wo sich der Wurzelknollcn öff'net, um den hervor- brechenden Stengel der Pflanze hindurch zu lassen. Mehr nach innen und etwas weiter oben entspringt das eigne Gefäfssystem der Balanophore, welches,mit blindem, unterem 329 Ende der Gefäfse schliefsend, dünnere Bündel bildet und sich aufwärts in die Schuppen des Stengels, in die Bliithen und Fructificationstheile verfolgen läfst. Die Gefäfse dieser Bündel sind netzförmig. Alle Zellen der ganzen Pflanze, vorzüglich aber die des Wurzelstocks, enthalten ein Pflan- zenwachs (Balanophorin) , welches der Nährpflanze gänz- lich fehlt. Um so merkwürdiger ist es daher, dafs sich das Gefäfssystem der Nährpflanze in diese Zellenmasse von so difi'erenter Function fortsetzt und einen integran- ten Theil derselben bildet, obwohl es sich niclit weiter, als bis zu deren Grenze erstreckt. Auf jeden Fall be- gegnen wir hier einer höchst innigen Verschmelzung zweier Organisationsgebiete und zwei in entgegengesetzter Rich- tung verlaufenden Gefäfssystemen; nämlich einem ofi"enbar aus der fremden Wurzel aufsteigenden, das sicJi in dem Mittelkörper verliert, während ein anderes, dem Parasi- ten selbst angehörendes, der Achse näher aus denj oberen Theilen desselben bis tief in den Wurzelstock hin- absteigt. (6) S. 150. So wenig es auch der Beruf des Her- ausgebers ist, den Kritiker zu machen, so darf hier doch ^' nicht unbemerkt bleiben, dafs die hier aufgestellte Theorie sich in sich selbst, und dann wieder der Schlufsbehaup- tung, dafs an eine Fortpflanzung der Aecidien durch spo- renartige Bläschen nicht zu denken sei, widerspricht. Die- ses Letztere, wie es allerdings wahrscheinlich ist, ange- nommen, sieht niemand ein, was dann von dem Unter- schiede männlicher und weiblicher Aecidien zu halten sei. (7) S. 173. An diese Stelle gehört noch, was wei- ter unten, S. 182, von dem Wurzeltödter, der Gattung ^ Rhizoctonia DeC. (Thanatophytum N. v. E.) vorgebracht wird. (8) S. 192. üeber den Ursprung des Mutterkorns von Lolium perenne habe ich im 9. Bande der Nova Acta Acad. Nat. Cur. S. 235. Taf. 5. Fig. 5. Beobachtungen mitgetheilt, welche von den übrigen darin abweichen, dafs sie eine oberflächliche pilzartige Bildung, die ich als 330 f Fusarium hoterosporum bezeichne, und ein inneres Zer- ^ fallen in sehr kleine, die Zellen des Eiweiskörpers erfül- lende, runde Bläschen ergeben, welche letztere als das | Product einer gesteigerten Amylumbildung, wobei die Amy- luuikörner selbst wieder in eine Vielheit von Bläschen • zerfallen, zu betrachten ist. ^ Gedruckt bei den Gebr. Uiigcr. ^:.v -». •• Ä ^ • r .«dl ^^ "SSKTeRSITY OF ILLINOIS-URBANA . I^.J ??lffi PATHOLOGY A^ÄSVe^OLOGY