^5^ •\ - i Y l J I .. ■i ^ -I r.t HANDBUCH der PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN für Vorlesungen. V D n D r. J o Ii a n n e s Mülle r, ordcntl. öffentl. Professor der Anatomie und Pliysiologle an der K. FiäcdricK ■Wilhelms -Universität und an der K. medicln.-cldrurg. MlUtär- Academie in Berlin, Director des K. anatom. Museums und anatom. Theaters; Ritter des Rothen Adlerprdens 4. Classe; Mitglied der K. Acaderaieen der Wissenschaften au Berlin und zu Stockholm, Corrcspondcnl der K. Academie der AMssen- schaften zu St, Petersburg, der K. Academie der Wissenschaften zu Turin, Mitglied der K. Soc. d. W^lssensch. zu Güttingen, Copenhagen und Upsala. ■t' Zweiter Band. Mit Königlich Würteraberglschcn Privilegien. C o I) 1 e n Ä, Verlag von J. Hölscher. 1840. vjf- 'AH 'KP' >1. , :. -A;,' \ ; * :i > ' f ■'. ■ ‘^; • ■ ‘i;'::.'; (■' . , V'- •/ ■'* • ' l' ■^ - v' - I ' .*i5. :■'.. .' .1 ^ - T ■ Inhalt. Der speciellen Physiologie Viertes Bucli. Von den Bewegungen, von der Stimme und Spraclie. Suite I. Ahicliuitt. VoQ den Organen, Erscheinungen und Ursa- chen der thierischen Bewegung. I. Von den verschiedenen Formen der Bewegungsorgane .... 3 II. Von der VS^imperbewegung 7 IIJ. Von der Musbelbewegnng und den v€rw.Tndten Bewegungen . . 19 IV. Von den Ursachen der thierisclieii Bewegung 46 II. Abschnitt, Von den verschiedenen Muskclbe wegungen. I. Von den unwiMkührliehen und willkührlichcii Bewegtmgen ... 63 II. Von den zusammengesetzten Bewegungen 400 III. Von der Ortsbewegung 112 III. Abschnitt. Von der Stlraine und Sprache. I. Von den allgemeinen Bedingungen der Tonerzeugung .... 133 11. Von der Stimme 179 ni. Von der Sprache 229 Der speciellen Physiologie fünftes Buch. Von den Sinnen. Vorbegriffc 1. Abschnitt. Vom G cs ic h tssin n. J, Von den physikalischen Bedingungen des Sehens 276 11. Vom Auge .als optischem W^erkzeuge 305 111. Von den W'^irkungen des Sehnerven und der Nervenhaut . , . 349 //. Abschnitt. Vom Gehörsinn. I. Von den physikalischen Bedingungen des Gehörs 393 II. Von den Formen und Eigeuschaften der Gehörweikzeuge . . . ,441 UI. Von den Wirkungen des Gehörnerven 468 III. Ahschnilt. Vom Geruchssinn. I. Von den physikalischen Bedingungen des Geruchs 483 Ih Vom Geruchsorg.Tne 485 III. Von den AVirkungcu des Geriichsncrvcn 488 IV. Abschnitt, Vom Geschmackssinn. I. Von den physikalischen Bedingungen des Geschmacks , , . . 489 II, Vom Geschm.icksorgauc 490 III. Von den VN'^ukungen der Geschmacksuervea . 491 V* Abschnitt. VomGclühlssinn . . * 494 VI ■ Der speciellen Physiologie sechstes Buch. Vom Seelenleben. 5^;^^ /. j^sclinitt. Von der Natur der Seele im Allgemeinen. I. Vom Vcrliältni.'is der Seele zur Organisation und zur Materie . 505 II, Vom Seelenleben im engem Sinuc II. Abschnitt. Von den Seelenäusserungen. I. 'Vom Vorstellen 525 II. Vom Geroüth JH. Abschnitt. Von der Wec Iiselwirkung der Seele und des Organismus. I. Von der Wcchselwirltung der Seele und des Organismus im All- gemeinen II. Phänomene der Wechselwirkung 559 III. Von den Tem,pcramentcn 57g IV. Vom Schlaf 57g Der speciellen Physiologie siebentes Buch. Von der Zeugung. /, Abschnitt. Von der gleichartigen oder ungeschlechtlichen Zeugung'. I. MuUiplication der organiscUen Wesen durch das W.icli3thun» 589i ir. Vernifilirung durch Theilung eines entwickelten Organismus. . . 598 III. Knospenbildung • . . 0()4 IV. Uieilung zwischen Knospe und Statnra . , V. Theorie, der ungesclijechllichen Fortpflanzung //. Abschnitt» Von der geschlechtlichcu Zeugung. I. Von den Geschlechtern JI. Von den Gcscblechtsorganca . , . g24 III. Vom Ei 02^ IV. Vom Samen V. Von der Pubertät, Begattung und Befruchtung 039 VI. Theorie der gesclilechtlichen Zeugung 052 Der speciellen Physiologie achtes Bach. Von der Entwickelung. /. Abschnitt. Voh der Entwickelung des Eies und der Frucht. I. Entwickelung der Fische und nackten Amphibien 002^ II. Entwickelung der Vogel und beschuppten Arnplilbleu .... 080 III, Entwickelung der Säugelbiere und des Menschen ... . . 701 IV. Entwickelungsverschicdenhelten der Eierlegenden und Iiebendig®'c- bärenden . , , . ° IL Abschnitt, Von der Entwickelung der Organe und Ge- webe des Fötus. I. Entwickelung der organischen Systeme und Organe 730 II. Entwickelung der Gewebe i-^2 HL Abschnitt,- Von der Geburt und den Entwickelungen nach der Geburt. I. Die Geburt II. Die Lebensalter Scblussberaerkungen über die E nt wi ck clu n gsv a riatio n cn der thicrischen und menschlichen. Lebensformen auf der Erde 708 Handbuch Physiologie des Menschen. Von Johannes Müller. Zweiten Bjandes erste Ahtheilung, ! < \ M 'V \ ■ . ■■ ■ , ’i « ' • A .V. i ■ . j I . • . I ■■..■ir, ,i . i 1 .®((® . <) tl 1 I' i, I / .Wuu', . t M " ■! il ■ J I 'l'i !j O ■ ll ’J . ■ speciellen Phijsio 1 ö g i e . tf .. M } > ■ -il . . ^ r Viertes B u c h. '> . f .f\ , l'l- : • - II.. ' r“‘*T — f t II , r • ■ 1 • • * • .i/ - .1 .' tVf. r1 '! >t •>« i f • • •• fl «»•* / t -iU' r>./ Von den Bewegungen, von der Sfimme und Sprache.^ ■f ' ■ ■■ .iii , Mlillcr’f Physiologie. 2r B i i '• t ‘i - ■ ! III. Von der Miisk'elbewegung und den verwandten Bewe- gungen. IV. Von den Ursachen Ider thierischen iBewegung. II. Ahschnitt. Von den verschiedenen Muskelhewe- g u n g e n. I. Von den unwillkühi’lichen und wilikührlichen Bewe- gungen. II. Von den zusammengesetzten Bewegungen. III. Von dek Ort'yj'eit'egutig. ’’ ' '• t .i» m ■ III. Ahschnitt. Von der Stimme und Sprache. I. Von den allgemeinen Bedingungen der Tonerzeugung. 11. Von der Stimme. IIT. Von der Sprache. -^,7. k-' \ I Der s p e c i e n e 11 P li V s i o 1 o g i e Vier 1. e s B u c h. Von den Uewegungen^ von der Sfimnje und Sprache. /. Abschnitt. Von den Organen, Erscheinungen und Ursachen der thierischen Bewegung. I. Capifel. Von den ver sch ied c n en Forme n d er Bewegung und Bewegungsorgane. Man kann hei den Tliiereii im Allgemeinen iweierlciArt der lebendigen Bewegung fester Thejle unterscheiden, welche durch die Natur ihrer Organe, iiirer Erscheinungen und Ursachen ganz verschieden .sind; die Bewegung durcli Zusammenzichung von Fasern, und die Bewegung von Wim|)ern mit freien Enden durch Oscillation derselben, ohne deutlich nachweisbare organische Ap- parate als die Wimpern selbst. Im ersten Falle bewegen sich an beiden Enden fixirle Fasern oder cirkelformig in sich znrücklau- fende Faserschleifen dyreh Verkürzung ihrer Fasern, und durch diese Verkürzung werden die fixirleii Theile einander genähert. Die meisten dieser Bewegungen werden dureh Muskeltasern, ei- nige wenige durch Fasern bewirkt, die sich ihrer Structur und chemischen Eigentlmmlichkeil nach von den Muskelfasern unter- scheiden. Bei" der zweiten Clas'se thicrischer Bewegungen schwin- gen mikroskopisch feine W'impern, womit die Oberflächen ge- wisser Haute besetzt sind, in bestimmter Bichtung, so dass die freien Enden dieser Wimpern Bogenabsclinitte um ihre fixirten Basen zuriicklegen. In diesem Fall ist nur das Basilarende des Bewegungsorganes flxirt. Durch die Bewegung der Fasern und namentlich durch die Muskelbew'egung werden tbeils feste Theile einander genähert, tbeils Flüssigkeiten in muskelbäutigen Röhren fortgetrieben ; durch die Wimperbewegung werden nur Flüssigkeiten und mikroskopisch feine festere Theilchen an den Wänden der Häute fortgeleitet, ohne dass die fortgeleiteten Flüssigkeiten die ganze Höhle der Schläuche, wie im ersten Fall, anfüllen, und ohne dass die Wände, worauf diese Phänomene Vorkommen, sich zu- 1 * 4 IV. Such. Von d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im Allg, sammeiizielien. Die Bewegung durcli Fasern ist viel ausgebreite- ter als die Wimperbewegung. Alle Bewegungen fester Theile zwischen der Haut und dem Knochengerüst, alle Bewegungen ganzer Scbläucbe oder ibrer Theile werden, so weit sie von Le- bensactionen und nicht durcli pbysicaliscbe Elasticitiit bewirkt werden, durch Zusammenziebungen von Faserlagen hervorgebraebt. Die W'imperbewegung ist ein in Hinsicht seiner Verbreitung viel beschränkteres Phänomen. Es. wird nicht allein nur auf der Oberfläche von Membranen beobachtet, auch nur wenige Mem- branen zeigen diese Erscheinung, wie bei den niederen Tbieren öfter die äussere scbleimalisondernde Haut, bei den höheren die Schleimhäute im Innern des Körpers; ja sie ist nicht einmal al- len Schleimhäuten gemein. Die Ausbreitung des contractilen Faser- gebildes, namentlich des Muskelgcwcbesj bildet drei Schich- ten, deren Anordnung mit der ersten Formation des Organismus zu- sammenhängt. Alle Systeme entstehen nämlich aus den Blättern der Keimhaut, die anfangs scheibenförmig den Dotier bedeckt; und indem sich das äussere und innere Blatt, oder das seröse und Schleimblall und da.s zwi.schen beiden sich bildende Gefäss- blatt der Keimbaut zu einer Höhlung wölben und der Embryo- naltheil der Keimhaut, diese Höhlung bildend, von der übrigen Keimbaut durch Einschnürung in der Gegend des spätem Nabels sich absondert, entstehet aus dem äusseren Blatte der animalische willkührlich bewegliche, aus dem inneren der organische unwill- kührlich bewegliche Theil des Körpers, aus dem Gefässblatte das Herz mit allen zum Blutgefässsystem gehörenden Theilen, welche später sieb in die Bildungen des äusseren und inneren Blattes verzweigen. Der animalische Theil des Leibes, ursprünglich aus dem äusseren Blatte der Keimhnut entwachsen, sondert sich wieder in die ver- schiedenen Formationen des animalischen Nervensystems, des Kno- cbensystems, des willkührlichen Muskelsystems und der äussern Haut. Der organische Theil des Leibes, ursprünglich aus dem Innern Blatte der Keimbaut entsprossen, sondert sich wieder in die verschiedenen Formationen, die dazu gehören, als da sind die das Gerüst bildenden fibrösen Häute (tunica fibrosa des Darm- schlauches, tunica nervea der Alten), die serösen Häute, die Schleimhäute, welche letztem die innere Grenze mit der Aussen weit communicirender Schläuche bilden, die Muskelschicht, zwischen Tunica fibrosa und der serösen Haut, und das organische Ner- vensystem. Siehe v.Baer Entwickehirigsgeschichle. Scholien. Zu diesem organischen Theil des Leibes gehören dann derTractus intestina- lis, die Harnwerkzeuge und Geschlechtstheile, an deren Schläu- chen fast durchgängig wieder eine Muskelschicbt vorkömmt. Ueberall, wo an diesen Schläuchen Bewegungen Vorkommen, ge- schieht es durch die blosse Muskelschicht des organischen Sy- stems, wovon indess die willkührlich beweglichen eigentlichen Schlundmuskeln und die Daramrnuskeln ausgeschlossen sind, welche dem animalischen Theil des Leibes angehören; auch an den Aus- führungsgängen der dem organischen System adnexen Drüsen setzt sich eine rausculöse Schicht als Fortsetzung der Muskel- sehicht jener Schläuche fort; und wenn auch wegen der Zart- 1. Verschiedene Formen der Beilegung und Bewegungsorgane. 5 heit der Theile das Muskelgewehe an diesen Gängen noch nicht so sicher wie andere Hautibrtsetzungen hat anatomisch iiachge- wlesen werden können, so ist es gleichwohl gewiss vorhanden, weil der gemeinscliaflliche Gallengang, die üreteren, die Samen- gänge theils selbststinidig, theils auf angebrachte Reize sich zn- sammenziehen , wie früher Bd. I. p. 457. bewiesen M'orden. In der That bilden sicli auch die Ausführungsgüngc und ilrre Drü- sen hei der ersten Formation aus den Wänden der Schläuche hervor, in welche sie ausmündeu, was wenigstens von, den drüsigen Apparaten des Tractus intestinalis bestimmt erwiesen ist. Siche Bd. I. p- 863. Die Muskeln des animalischen Leibes unterschei- den sich nicht allein durch ihre willkührliche Bewegung und ihre Röthe und Derbheit von den blassen und unwlllkülirlich be- weglichen Muskelschichten des organischen Leibes; auch die mi- kroskopische Structur derselben ist ganz verschieden. Wir wer- den später sehen, dass nur die Muskelhündel des animalischen Systems, unter dem Mikroskop untersucht, Querstreifen zeigen, dass die Primitivfasej'n dieser Muskeln regelmässige, dicht auf einander folgende varicöse Anschwellungen haben, während die Muskelbündel des TraCtus intestinalis, der Urinblase, des Uterus von jenen Querstreifen entblösst sind , und ihre Priraitivfasern ganz gleichförmige Fäden bilden. Am Oesophagus grenzen beiderlei Systeme dicht an einander, die Muskeln des Pharynx gehören dem animalischen Systeme, die des Oesophagus schon dem orga- nischen Svsteme an; erstere zeigen die mikroskopischen Querstrei- fen und ihre Prirnitivfasern sind varicös, letztere haben keine Qnerstreifen und ihre Fasern sind gleichlörmig; aber .das erste Viertel des eigentlichen Oesophagus ist noch bis zu einer schar- fen Grenze mit bogenförmig herab- und aufsteigenden Bündeln varicöser Fasern belegt, die Scbwasn entdeckt hat und welche, zum Appai-at der eigentlichen Schlundmuskeln gehörend, an der übrigen Speiseröhre nicht verkommen. Am After grenzt das ani- malische System der Dammmuskeln mit dem Sphincter ani an das organische System des Tractus intestinalis. Dasselbe findet an der Urinblase statt. Denn die um die pars membranacea der Harn- röhre gehenden rothen Muskelhündel enthalten nach meiner Be- obachtung Querstreifen, und ihre Primitivfasern sind varicös, die Muskelfasern der Harnröhre sind blass, ohne Qnerstreifen, und ihre Primitivfasern denen des Darmkanals gleich. Aus dem mittlern Blatte der Reimhaut bildet sich der Appa- rat des Gefässsystems mit dem Herzen aus. Diese Schicht, welche sich später in die übrigen verzweigt, ist nur an einzelnen Stellen mit coutractllen Fasern belegt, wie am Herzen, am Anfang der Hohlvene und Lungenvene (siehe Bd. I. p. 153.) und an den Lymphherzen der Amphibien (siehe Bd. I. p. 258.). Alle übrigen Theile des Gefässsystems sind ohne Muskelfasern, aber das ganze Ai’teriensystem enthält ln seiner mittlern Haut einen höchst elastischen Apparat, dessen ausserordentliche Elasticität mit der lebendigen Zusammenziehungskraft der Mu.skeln nicht ver- wechselt werden darf, da dies elastische Gewebe, wie alles übrige elastische Gewebe, selbst wenn es viele Jahre in Wein- 6 IV, Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im AUg. geist gelegen hat, seine physicalische Elastlcität nicht verlieirt. bas in dem Gefasshlatte der Keirnhaut sich entwickelnde Miiskel- gewehe gehört, obgleich es sich nur unwillkührlieh bewegt, so viel das Herz lehrt, nicht in eine Kategorie mit den iihrigen un- willkührlichen Muskeln des organisclien Leibes; es ist nicht allein roth, sondern auch ganz wie alle willkührlichen Muskeln des ani- malischen Leibes gebaut, d. h. seine Muskelhändel enthalten mi- kroskopische Querstreifen und seine Priinilivfascrn sind varicös. Die Muskelfasern sind nicht die einzigen lebendig contracti- len Fasern; es gieht noch eine ganz andere Art derselben, welche in Hinsicht ihrer mikroskopischen Form, so wie in Hin- sicht ihrer chemisclien Ziisamrncnselzung mit den Zellgewehefa- sern übereinstiramen, in chemischer Hinsicht sich aber ganz vom Muskelgewebe entfernen. Die Theile, worin diess Gewebe ver- kömmt, zeigen einen geringen und unmerklichen Grad von Con- tractilitiit, und Zuckungen, wie an den Muskeln, lassen sich an ih- nen nicht hervorrufen; auch wirkt die Electricität nicht aut diese Theile zur Zusammenziehung, dagegen die Kälte und auch me- chanische Reize die schwache Contractilitnt dieser Theile oft ziem- lich schnell anregen. .Als Beispiel kann hier vorläufig die Tu- nica dartos des Hodensackes angeführt werden; es gehören aber noch mehrere andere Theile hieher, von denen später im Ein- zelnen die Rede seyn wird. Vorläufig soll liier nur bemerkt werden, dass diese Art des coniractilen Gewehe's, welches nur eine geringe Verbreitung, nämlich theils in der Haut, thoils an den kleinsten Arterien hat, so viel die Beschaffenheit der Tunica dartos lehrt, in chemischer Hinsicht ganz mit den beim Kochen Leim gebenden Körpern, nicht aber mit eiweissartigen Körpern, zu welchen beiderlei Arten der Muskeln gehören) üherein- stimmt. Wie weit die unrnerklichc Contractilität auch anderen Geweben zukomme, liat noch nicht genügend untersucht werden können, indem die Kleinheit der durch unmerkliche Contractili- tät oder Tonus bewirkten Resultate, überall wo die Phänomene weniger deutlich sind, der Untersuchung unüberwindliche Schwie- rigkeiten setzt. Es scheint indess, dass, gleichwie die Fähigkeit, gegen arzneiliche chemische Einwirkungen ihre Cohärenz zu ver- ändern, den wenigsten zellgewebchaltigen Geweben abgesprochen wer- den kann, einige Contractilität in sehr geringem Grade auch diesen Gewehen zukomme. Während des Lebens lassen die für Flüssig- keiten durcbdringlichcn Membranen diese gleichwohl nicht durch; in Krankheiten erscheint dieser Widerstand oft aufgehoben, und nach dem Tode geschieht es immer. Unsere Begriffe von ver- mehrter Laxilät der Gewebe, von Adstringentia, setzen, insofern sie sich auf Thatsachen gründen, auch eine Variabilität des Ver- mögens voraus, dem passiven Durchdringen der Flüssigkeiten nach pliYsicalischen Gesetzen das' Gleichgewicht zu halten. Die zweite fundamentale Art thierischer Bewegung dureh freie Wimpern ist an dem animalischen und organischen Theil des Leibes auf gewissen Häuten beobachtet, und es Ist einigermaassen wahrscheinlich, dass sie wenigstens hei einigen niederen Thieren auch in der Gefässschicht, nämlich im Innern der Gefässe an 2. JVirt^terLewegwig. Geschichtliches. 7. den Wänden vorkomme. Am animalischen Thelle des Leibes kömmt sie bei vielen niederen Thieren, nUmlicli auf der ganzen Oberfläche des Körpers vor. Bei höheren Thieren hat man sie auf der Oberfläche der Haut nur im Embryonenzustande der- selben, wie bei Froschembryonen, und bei einigen auch im Lar- vCDzustande, nämlich auch bei Froschlarven beobachtet. Im or- ganischen Theile des Leibes erscheint sie an den Schleimhäuten (nicht an allen) und wird bis zum Menschen herauf leicht beob- achtet, nachdem sie bei den höheren Wirbelthieren vouPuhkinje und Valentin entdeckt worden, ln der Hegel ist diess Phänomen nur an Schleimhäuten beobachtet, auch die äussere Haut der Frosch- larven und der niedei'en Thiere gehört in diese Kategorie. Doch hat es Sharpet an den inneren Wänden der Cavität der Seesterne, welche ihre Eingeweide enthält, und zu welcher das Wasser Zu- gang hat, bei Aphrodite an der äusseren Oberfläche des Darms und seiner Blinddärmchen, und an den Wänden der lUickenzel- len, in welchen die Blinddärme liegen, beobachtet, und es könnte wohl seyn, dass alle Bewegungen von Nahrungssäften, die man bei niederen Thieren ohne Herz und ohne deutliche Zusammen- ziehung der Gefässc beobachtet bat (siehe ßd. l4 p. 154.), nur durch Winiperbewegung erfolgen , wie denn die Circularbewegung der Säfte in den Zelten mehrerer Pflanzen (Bd. 1. p. 44.) auf dieselbe Art geschehen kann. Die hieher gehörigen Erscheinungen brau- chen, da sie früher beschrieben sind, hier nicht wiederholt zu werden- es ist auch sclion dort bemerkt ivorden, dass sie zur Erhärtung der Hypothese von einer freiwilligen Bewegung der Säfte durchaus nicht benutzt werden können. Die vorzüglich- sten Schriften über die Wimperbewegung' sind; Purkinje und Valentin in Mueller’s Archiv 7.391. II. 159. Purkinje und Va- lentin de phaenomeno generali et fundamentali motus vibräloriiconti- nui in memhraiiis etc. V ratisl. 1835. 4. Sharpey in Edinb. med. .fourn. 34. und ein sjiäterer Aufsatz in Edinb. ueat phil. .fourit. 19. N. ‘Sl.Jid. 1835. Grant Edinb. new phil. Joiirn. 18‘i6. /«’.? 1832. Frohiep’s Not. 1826. N. 329. Isis 1830. Edinb. Journ. of sc. N. 13. Jid. 1827. II. Capitcl. Von der Wimperbewegung. Schon DeHeide, Leeuwenhoek, Baker, Savammerdam, Baster ha- ben bei den Mollusken das Phänomen gekannt, dessen Ursachen in viel späterer Zeit aufgeklärt worden. De Heide, Leeuwenhoek kannten schon die Strömungen an den Riemen der Muscheln, Swammerdam, Leeuwenhoek, Baster die Rotation des Embryos der Mollusken im Ei, welche von derselben Ursache herrührt. Die regelmässigen Strömungen an den Riemen der Muscheln wurden in neuerer Zeit von Ehman {Abh, d. Acad. zu Berlin. 1816- 1817.) und Sharpey a. a. O., die Rotationen des Embryos der Mollusken von Carus [Nov. Act. N. C. 16.) ausführüch beschrie- berj. Steinbuch batte die Cilien an den Armen der Federbusch- polypen und auch Meyen sie beschrieben. Gruithuisen ent- deckte sie «n den Planarien und an einer Süsswasserschnecke. 8 IV, Buch. Von d. Becoegungen. I, Abschn. Thier. Betveg, im Allg. (Sahb. med. Z. 1818. 4. 286. JVot». Act. N. C. 10.) und Graut hat sie zuerst als Ursache der Rotation der Embryonen der Mol- lusken im Ei und der Eier (wohl Embryonen) der Polypen entdccktl Unter den übrigen Wirbellosen ist die Wimperbewegung von EnREHBERG in der ganzen Gruppe der Thiere, die er Turbellarien nannte (Gordius, Neraertes, Planaria etc.), auf der Oberfläche des Körpersund auch im Darm der Räder thiere und Naiden entdeckt. Der- selbe berühmte Forscher hat die mannigfaltige Anordnung der Wimpern bei den Infusorien auf das trefflichste beschrieben. Die ersten Beobachtungen über das fragliche Phänomen an Wirbel- thieren hat Steikdtjch angestellt (siehe oben Bd. I. p. 298.); er entdeckte die Bewegung des W^assers um die Kiemen der Batra- chier, kannte aber die Ursache nicht und suchte vergebens nach Wimpern. Gruitbuisen entdeckte es am Schwänze der Frosch- larven. SHABPEt’ beschrieb dasselbe Phänomen nicht allein an den Kiemen dieser Thiere, sondern auch an der Oberfläche des Körpers; ähnliche Beobachtungen Avurden an den Riemen von IluscBKE, von Raspail und mir angestollt. Es blieb indess PuR- KiKJE und Valemtin die grösste Entdeckung Vorbehalten, dass das fragliche Phänomen nicht allein bei den Batrachiern, wie bei den Wirbellosen, von oscillirenden Wimpern herrührt, son- dern dass es auch in den Schleimhäuten der Amphibien, Vögel und Säugethiere mit gleicher Lebendigkeit und von denselben Ursachen licrruhrend vorkömmt. Diese Entdeckung erschien zu- erst in Mueller’s Archiv 1834, und die Erscheinung wurde dar- auf in dem gi'össern W^erke: de phaenonieno generali et funda- mentali eie. Vralisl. 48.35. 4. in ganzer Vollständigkeit durch fast alle Thierklassen beschrieben. Bel den Fischen konnte sie bis- her nicht gefunden werden. Sie ist aber dennoch vorhanden, wie ich finde. Die wichtigsten Thatsachen werde ich aus die- sen Schriften nun auszieheu, und mit einigen Bemerkungen be- gleiten. a. Vorkommen der W iraperbewegnng. Die Wimperbewegung ist bei verschiedenen Thieren an der äusseru Haut, im Darmkaual, Athmungssystem und Geschlechtssy- stem beobachtet. 1. Hautsfstem. Die Wimperbewegung der Haut zeigt sich bei Infusorien, Corallenthieren (Bryozoa im Gegensatz der Anthozoa Ehrenberg), Acalephcn, am Mantel der Muscheln, auf der ganzen Oberfläche der Gasteropoden, sowohl der Land- als Wasserschnek- ken, und der Turbellarien von Ehrekberg. Unter den höheren Thieren kömmt die Wimperbewegung auf der Oberfläche nur bei den Embryonen und ganz jungen Larven der Batrachier vor. Ganz zu Anfang flimmert ihre ganze Körperoberfläche, wie Shar- PEY, Purkinje und Valentin fanden , später aber zieht sich diess Phänomen auf einen immer kleinern Theil der Oberfläche zurück, so dass nur die Basis des Schwanzes, die Seilen des Kopfes flim- mern. Hach der Bildung der Extremitäten zeigt sich auf der Oberfläche ihres Körpers keine Wimperbewegung mehr. 2. Wimperhctvegung. Vorkommen derselben. f) 2 Darmkanal. Bei den Ainpliibien kömmt die Wimperbewe- aun Er- wartung, du die Wimpeihewegiing, wenn sie an der Conjunctiva oder auch nur an den Thrimenkanälchen und irn Thranensack vorkäme, leicht die Aufnahme der Thräncn in die Thriinenkn- nälchen erklären würde. Die Nasenhöhle der Fische zeigt auch die Wirnperhewegung sehr deutlich. 5. GeschlecJit st heile. Unter den Wirbelthieren kömmt die Wimperbewegung bloss an den weiblichen Ge.schlechtstheilen vor, wie PuRKiKJE und Vai.entin entdeckt haben. Sie erscheint an der innern Fläche der Eierleiter, des Uterus und der Scheide der Säugelhiere (nicht bei den jüngeren); sie fehlt selbst nicht zur Zelt der Sclnvangerschaft an dem vom Chorion freien Thci- len des Uterus. Bei den Vögeln und Amphibien Ist die Bewe- gung auch bis zum Ende der Tuben vorhanden. Ich habe das Phänomen selbst sowohl bei Säugethicren, als Vögeln und Am- phibien gesehen. Vielleicht hat die Wimperbewegung an der Abdominalmündung der Trompete Antheil an der Aufnahme des Eies in die Tuba bei den Amphibien; es ist bekanntlich bis jetzt nocli ganz räthselhaft, wie heim Fi'osch und Salamander die Eier von dem Ovarium in die viel höher gelegene Abdominal- öffnung der Tuba gelangen, welche den Eierstock bei diesen Thieren nicht umfassen kann. Es wäre iudess möglich, dass sich zu jenem Zweck auch die Schleimhaut des Eierleiters am Ahdo- minalende ansstülpte und die flimmernde Oberfläche dem Ovarium oder den in die Bauchhöhle fallenden Eiern zu- kehrte. Bei den Fischen kommt die Wirnperhewegung auch in den weiblichen Geschlechtstheilen vor; nämlich auf der innern Fläche des aus dem Eierstock ausführenden Eierleiters, wie beim Karpfen, und sehr deutlich bis zur Geschlechts- mündung. Bei den Mollusken fand Hekle die Flimmerbevvegung in den weiblichen Geschlechtstheilen deutlich, nämlich im Eierstocke der Schnecken nach Cuvier, und auf der innern Fläche der Höhlungen des Eierstocks der Muscheln. Die männlichen Geschlechtstheile flimmern bei den Wirbelthieren nicht; auch bei den Wirbellosen ist die Bewegung noch nicht mit Sicherheit in definitiv männlichen Geschlechtstheilen beob- achtet. 6. Harnwerkzevge. Bei den Wirbelthieren fehlt die FJimrner- bewegung in den Harnwerkzeugen ganz. Dagegen kommt sie, nach PuRiiiwJE und Valentin, im sogenannten Saccus calcareus der Schnecken vor, einem Organ, dessen Ausführungsgang sich neben dem After mündet, und das man wegen seines harnsauren Inhalts für die Niere dieser Thiere halten kann. Die Bewegung ist hier auch von Henle gesehen. Bei den zweischaligen Muscheln flini- 2. IVirnperbewegting. Phänomene derselben. 11 mert nach Purkikje und Valentin die innere Oberfläche des neben der Oeffnung der Eierstöcke ausmündenden BojANus'schen sackförmigen Organes, welches von Einigen mit der Niere vergli- chen wird, das aber zugleich auch als Hoden betrachtet werden könnte, so lange nicht ein anderes Organ als Hoden der Mu- scheln definitiv nachgewiesen werden kann. Man sieht aus dieser Uebersiclit, dass die Wirnperbewegung ein allgemeines Phänomen der Thierwelt ist, dass sie aber eine verscbiedene Ausbreitung in den verschiedenen Classen hat. Am seltensten ist sie über die ganze Oberfläche des Körpers verbrei- tet, wie bei den Mollusken, Turbellarien und bei dem Embryo und der ganz jungen Larve der Batrachier. Constant ist sie an den Geruchswerkzeugen bei Wasser- und Luftathmern und an den ■weiblichen Genitalien , meist an den Athem'werkzeugen ,’ mit Ausnahme der Fi.schkiemen und der inneren Riemen der Frosch- larven, selten irn Darmschlauch, wie bei den Mollusken, in der Speiseröhre und im Munde der Amphibien; sie fehlt in den Harn- werkzengen und männlichen Geschlechtstiieilen der Wirbelthiere. Reine einzige Thierclasse ist des Antheils der Wimperbewegung ganz beraubt. PiraxiNjE und Valentin glaubten es von den Fi- schen ; aber sie entbehren sie so Avenig als andere Classen ; bei den Fischen fehlt sic an den Riemen, aber sie ist sehr deutlich an der Schleimhaut der Nasenhöhle und weiblichen Gescblechts- theile. Die Wimpcrliewcgunpen sind auch die Ursache der BeAVCJ gimg der Enil)ryonen im Ei bei mehreren Thieren, ja der freien Eier (richtiger Embryonen) bei mehreren niederen Thieren; Ra- diarien und Corallenthieren. Cavolisi beobachtete die Bewegung der Eier der Gorgonien, Tilesius die der Eier der Milloporen, Grant die Bewegung der Eier der Campamdarien, Gorgonien, Ca- ryophyllicn, Spongien und Plumularien. Die aus den Capscln ent- fernten Eier bewegen sich, mit dem einen Ende voran. Rm>p fand die Cilicn ebenfalls an den Eiern der Corvnen. Gisanv hat auch die Wimpern an den Embryonen der Gasteropoden entdeckt, Avelche die Ursache ihrer Rotation im Ei sind. b. Pb änomenc dtr W imperbewegung. Die Wimperbewegung wird bei den meisten Thieren nur bei starker Vergrösserung erkannt. Von einer Schleimhaut, worin sie vorhanden ist, ])räparirt man ein ganz kleines Stück- chen ab, befeuchtet es ein wenig mit Wasser und bedeckt es mit einem kleinen Glasplättchen, wodurch das Schleimhautstück- chen ausgebreitet rvird und seinen Rand scharf erkennen lässt. Mit den Objectivlinsen 1.2.3. der SciiiEK.’schen Mikroskope erkennt man die Wirnperbewegung sogleich am Rande. Man sieht anfangs den Ausdruck einer undulirenden Bewegung und wie die kleinen Parti- kelchen, die im Wasser schweben, Schleimkügelchen, am Rande in bestimmter Richtung vorbeigetrieben werden. Bel stärkerer Vergrösserung erkennt man zuweilen die Wimpern selbst, jedoch selten sehr deutlich, -svegen der sehr schnellen Bewegung dersel- 12 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im Allg. ben. Oft ist der Effect der Bewegung zahlloser Bewegungsorgane so gross, dass man die Beobachtung beeilen muss, wenn das ganze Schleimbautstückcben nicht unter dem Sehfelde vorbeipassiren soll. Den Einfluss der Wimperbewegung auf die Forltreibung der die Wände berührenden Flüssigkeiten und kleinen Körper- chen kann man auch sehr gut an aufgestreutem feinen Pulver erkennen. An den Riemen der Salamanderlarven und Muscheln ist die Bewegung so stark, dass abgeschnittene kleine Theilchen derselben im Wasser selbst regelmässig herumge trieben werden. Durch die gleichförmige Richtung der Bewegung der Wim- pern enstehen nun an den Schleimhäuten regelmässige Strömun- gen, die an den meisten Theilen bereits durch Shabpey’s, Pubkin- je’s und Valentis’s Bemühungen bekannt sind. . Die Strömungen des Wassers, welche auf diese Art an den Riemen der Muscheln und Salamanderlarven und am Körper der jungen Froschlarven hervorgebracht werden, sind schon im ersten Bande p. 298. beschrieben worden. Die Direction der Strömung war in Pur- kibje’s und Valevtib’s Beobachtungen bei einer Henne in der Luftröhre von aussen nach innen, im Eierleiter von innen nach aussen ; dass der Samen durch die Wimperbewegung zum Ei gelange, lässt sich daher mehr vermulhen als erweisen. Shar- PEY bestimmte die Strömung auf der untern Muschel des Ka- ninchens; sie war von hinten nach vorn gegen die JVasenöffnung, in der Kieferhöhle schien die Direction der Strömung nach der Oeffnung derselben zu gehen. In der Mundhöhle der Batrachier geht die Strömung von vorn nach hinten, sowohl an der obern als untern Fläche gegen den Oesophagus. An der Gaumenseile der Nasengauincnölfnung einer Eidechse wurden die Partikelchen an der innern Seite in die Oeffnung, an der äussern Seite ans der Oeffnung geführt. Bei der Kröte bat Sharpey die Direction so abgebildel, als wenn die Strömungen sowohl an der äussern als innern Seite der Jfasengaumöffnung bloss aus der Nase in den Mund statlfinden. c. Organe der Wimp e ib ew e g un g. Was die Organe der Wimperbevvegung betrifft, so sind sie nach PuEKiNjF.’s und Valentis’s Untersuchungen feine durchsich- tige Fäden und haben eine Länge von 0,000075 — 000908 par. Zoll. Ihre Basis ist meist stärker als ihr Ende, so sah ich sie auch meist an vSchleimbäuten. An den Kiemen einer Sabella verwandten neuen Gattung der Anneliden aus der Ostsee sah ich sie mehr kolbig, Die Form der Wimpern ist überaus schwer zu bestimmen, ihr Daseyn ziemlich leicht zu sehen. Ich habe sie bei Anodonlen, an den Riemen jener Annelide, im Munde der Frösche, Eierleitcr der Kaninchen und Frösche, Fische, in der Luftröliie der Vögel und Säugetbiere sehr deutlich gesehen, und kann mir nicht erklären, warum L. Cur. Trevirabus sie nicht hat finden können. Die Oberfläche der Häute, in wel- chen Wimperbewegungen verkommen, zeigte sich nach Pürk-inje und Valebj iii aus mikroskopischen geraden parallelen Fasern zu- 2. Wimperhewegung, Organe derselben. 1.3 sammengesetzt, die durch BindestofF vereinigt waren. Doch fand sich eine solche Schiebt von Fasern auch in der nicht vihriren- den Schleimhaut des Leerdarms der Schildkröte. Verstehen wir die Verfasser recht, so sind diese Fasern auf der Ebenö der Schleimhaut senkrecht oder aufrecht stehende Cylinderchen. Der- gleichen mikroskopische Cylinderchen finden sich nach IIenle’s Beobachtung sehr häufig und fast in der Regel in der Galle des Menschen und häufig auch bei den Thieren. Sie liegen meist zu kleinen Schichten zusammen, so dass man an der einen 'Seite des Häufchens die Enden derselben in einer Ebene sieht. Diese Cylinderchen in der Galle haben nach Henle 0,017‘1 engl. Lin. Länge und 0,0031 Breite; sie sind viel grösser als die Cilien der Schleimhäute, und sollten in den vibrirenden Schleimhäuten die Wim- pern auf diesen Cylinderchen stehen, so müssten viele von einem Cylinder getragen werden. Hehle hat auch einmal dergleichen Körperchen in der Harnblase angetroIFen, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass es die Theile sind, welche Purkinje und Valentin meinen. Henle hat bei der Auster abgelöste Cilien un- tersucht, und sie so gebildet gesehen, dass auf dem Ende eines kleinen Cylinders ein oder mehrere Wimperhaare aufsassen. Ei- nigemal wurde in dem Basaltheile gegen die Stelle, wo die Wim- per damit in Verbindung stand, ein Kügelchen beobachtet. Geuit- HUiSEN hat die Wimpern der Flanarien auch im abgelösten Zu- stande beobachtet, und gesehen, dass sie, wo die Thiere zerfliessen, sich noch bewegen. Am genauesten sind die Wimpern von den Infusorien durch Ehbenbeeg’s Untersuchungen bekannt. Er sah hei den grossen Gattungen Stylonychia und Kerona die Basis je- des wirbelnden Härchens zwiebelförmig, und hat sich überzeugt, dass eine geringe schwankende Drehung der Zwiebel auf ihrem Stützpunkte grössere kreisförmige Schwingungen der Spitze der Härchen veranlasst, wodurch jedes dieser Härchen bei der Be- wegung eine conische Fläche beschreibt, deren Spitze die Zwie- bel ist. Bei den Magenihierchen sah Eheenberg die Wimpern oft über den ganzen Körper verbreitet, zuweilen fehlen sie, zu- ■yveilen ist nur der Mund damit umstellt. Wenn der ganze Kör- per behaart erscheint, fand sie Ehbekbebg sehr regelmässig ver- theilt; sie stehen nämlich in deutlichen Reihen, die gewöhnlich eine Längsriehtung, oft aber auch eine Querrichtung haben. Sol- che reihenweise Vertheilung haben auch Purkinje und Valentin einigemal beobachtet, und sie wird auch aus der von Purkinje und Valentin beohachteten wellenförmigen Bewegung der Wim- perreihen wahrscheinlich. Ebrenbebg vermuthet kleine Längen- und Quermuskeln. Die Räderorgane der Räderthicre sind nach Eh- benberg’s Beobachtungen nicht wesentlich von den Wimperorga- nen verschieden. Hydatina senta hat 17 Räderorgane im Kreise, jedes besteht aus 6 \Vimpern, die auf einem rundlichen Muskel aufsitAcn. Diese Muskeln sind von Scheiden umgeben und durch 2 Bäiiderfascikel an 2 Stellen der Körperhüllc befestigt. Ablmnd^ lungen der Academie zu Berlin, 1830. Das Räderorgan dieser Thiere zerfällt daher in mehrere von einander abgeschlossene Räderorgane, es bringt auch die Täuschung der Radbewegung 14 IV. Buch. Von d. Bewegungen, l. Abschn. Thier, _ Beweg, im Allg. nicht hervor, wie hei den Räderthieren mit zusammenhängenden Rnderorgan'en. ln der zweiten Abhandlung ,(1831) werden viele Variationen in der Bildung der Riiderorgiuie nachge wiesen. 4. Natur der Wim p erbewe gii ng. Bei der Untersuchung der Natur der Wimperhewegung kömmt zuerst ihre Dauer und ihr Zusammenhang mit den übri- gen Ijebensphänoraenen zur Sprache. Die Dauer derselben nach dem Tode ist wenigstens so lange, als die Reizbarkeit der thie- riseben Theile dauert, und oft viel länger. Bei Fröschen und Eidechsen hört sie nach Pükkinje’s und Valenthi’s Beobachtun- gen in 1 — 2 Stunden auf, bei einer geköpiten Emys europaeii dauerte sie 9 — 45 Tage nach der Entfernung des Kopfes. Es behielten zwar die Muskeln bis zum 7.ten Tage ihre Reizbarkeit (wir , haben .bei einer Flussschildkröte mehrere Tage nach derDurch- sclincidung des verlängerten Markes noch die Reflexionsbewegung, Einziehung der Extremitäten bei der Berührung^ gesehen), aber die 'Wimperbewegungen dauerten eben so lange in ganz getrenn- ten, in Wasser liegenden Theilen. Bei den. Vögeln und Säuge- thieren. dauern die Bewegungen nach Pubkinje und Valentin — 4 Stunden. Das Licht hat keinen , ,wohl aber die Wärme Einfluss auf die Wimperhewegungen ; sie dauern bei Säug ethieren und. Vögeln noch, wenn auch die Theile einen. Moment in Was- ser von 65“ R. getaucht werden, wenn länger, nicht; Die Bewe- gungen bleiben bei Säugelhieren und Vögeln hei 10“ R., hören bei 5“, auf. Der Schlag einer Leidener Flasche hebt die Bewe- gung hei Un io nicht auf, auch der Einfluss einer galvanischen Säule von 30 Plattenpaai'cn nicht, ausser an den Stellen der Application der Poldrähte, wo das Aufhöreii von der chemischen Zersetzung bewirkt wurde. Die Wimperhewegungen werden durch Blausäure, Aloe- und Belladonna- Extiact, Catechu, Mot schus, Morphium aceticurn, Opium, Salicin, Strychnin, Decoct. capsie. ann.y selbst, bei den concentrirtesten Lösungen nicht ge- stört. .Die AlcaLisalze, Erd- und Metallsalze, Alealien, Säuren stören die Bewegung bald früher, bald später, nach der Stärke der Solution; Blut unterhält die Wimperbewegung am längsten, aber Blutserum von Wirbelthieren macht die Wimperbewegung der Muscheln sogleich aufhörend und Galle zerstört die Bewegung. Am merkwürdigsten ist, dass diejenigen Stoffe, welche auf das Nervensystem wirken, wie die Narcotica, die Wimperhewegung durchaus nicht stören, wodurch diese Erscheinung sich als eine fundamentale und nicht vom Nervensystem abhängige erweist. Purkinje und Valentin haben Tauben und Kaninchen vermit- telst Blausäure und Strychnin, theils durch Einflössen in den Schlund, theils durch Application dieser Stoffe in frische Haut- wunden, getödtet. Nie zeigte sich die Flimmerbewegung im min- desten verändert Sie gebrauchten die Vorsicht, dass sie die Thiere nicht nur nicht früher öffneten, als bis keine Zuckungen an irgend einem Theile des Körpers mehr wahrgenommen wur- den, sondern bis selbst die gezerrten Glieder keine Reaction 2. JVimperbewegung. Natur derselleu. 15 durch automatische Bewegungen mehr ausübten. Ja um noch sicherer zu sein , wurde .hei den Experimenten mit den Tauben ein gleiches Thier desselben Alters durch Verblutung getödtet. Die 'Unterschiede, welche sich bei allen diesen Versuchen vor- fanden, waren nur Verschiedenheiten, welche durch die In- dividualität, das Alter und die Eigenlhümlichkeiten der Thiere bedingt wurden. Der Mangel des Erfolges . der Intoxicatiön war überall derselbe. Muelleh’s Archio, 1835. 159, Die letzteren Versuche sind olFeiibar weniger beweisend als die ersteren mit unmittelbarer Application der Gifte auf die flim- mernden Theile. Denn durch Narcotica getödtete Frösche behal- ten ihre Muskel- und Nervenreizbarkelt für örtlich applicirte Reize noch lange, dagegen , verlieren .die Nerven und Muskeln bei örtlicher Application eines iiarcotischen Giftes auf dieselben, an dieser Stelle immer bald ihre Reizbarkeit. Nur das. Herz macht davon eine Ausnahme, welches nach. Anwendung von Opiurnauf- lösung und Extractum nucls vomicae auf seine äussere lOberfläche noch lange fortschlägt, während dasselbe Gift, auf die innere Fläche des Herzens applicirt, seine Reizbarkeit sogleicli erschöpft. Wir halten die Kleinheit der Wimperorgane gegen die bedeu- tende Stärke der Primitivfasern in den Nerven für keinen Grund gegen die Abhängigkeit dieser Erscheinungen vom Nervensystem denn die Muskelfasern sind an sich schon sehr viel feiner als die Nervenfasern, wie man sie gewöhnlich ununterbrochen in den Nerven sieht, und die Vertheilnng der Nerveiiiäserii in den Muskeln ist so sparsam, die Zwischenstellen der Mu.skeln zwischen dem Bereich mehrerer Nervenfasern an mikroskopisch untersuchten Muskeln so gross, dass das Phänomen der Nervenwirkung auf die Muskeln ohne eine Actlon in Distanz nicht ilenklwf ist. Zudeib giebt es gewisse Theile. (nicht eben die Muskein)^ in welchen eine sehr viel feinere Verzweigung der Nervenfasern stattzulinden scheint, als wie die Primitivfasern der Nerven.stämme uud Aeste sind. Dr. Schwasn hat im Mesenterium der Feuerkröte von den trewöhnlichen stärkeren Nervenfasern Fäden ausgehen gesehen und mir gezeigt, welche sich überaus fein verzweigten und ln grosser Entfernung ganz kleine spindelförmige Anschwellungen zeigten (wahrscheinlich dem N, svmpathicus angehörend). Die Dauer der Flimmerbewegung nach örtlicher Application narcoti- scher Gifte beweist indess hinlänglich die Eigenthümlichkeit die- ses Phänomens, und dass es in. keiner unmittelbaren Abhängig- keit vom Nervensystem .steht. Eben so wichtig ist . ii\ dieser Hin- sicht die Existenz der Wiinperbewegung an der Oberfläche der Eier der Corallenthiere , welche ovale Körper indess wohl die belebten, aber noch unentwickelten Embryonen slnd< Gerade die Untersuchung der Extreme ist hier am interessantesten. Die Extreme bilden aber die Wimperbewegung der unentwickelten Emhryonfen der Corallen und die Wimperhewegung . an den Rä- derorgauen der Räderthiere. Erstere erfolgt an Häuten, die noch keine besondere Structur zeigen, und an sie schliesst sich die Wim- perbewegueg an den Schleimliäuten der höheren Thierc an, die von Strychnin und anderen narcotischen Giften nicht getödtet 16 IV- Buch. Von d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im AUg. wird- die Wimperbewegung an den R^derorganen hingegen er- folet durch offenbare Muskelaction und ist dem Willen unterwor- fen also iedenfalls von dem Nervensystem abhängig; sie wird auch wie Ehbekbebg bewiesen, durch Strychnin getödtet. Es entsteht nun die Frage: ist die Wimperbewegung in der ganzen Thierwelt auch durch muskelartige Zusammenziehungen eines sehr feinen contraclilen Gewebes an der Basis der pern, wie an den Räderorganen der Räderthiere bedingt? Bildet dieses contraclile Gewebe der Räderorgane, das Ehrenberg ent- deckt hat, ein eigenes System, dessen mikroskopische Structur sich bis durch die flimmernden Schleimhäute der höheren ihiere erstreckt, so dass, wenn die übrigen Gewebe der höheren Thiere eine erobere Structur besitzen, die viel feinere Gewebebildung und Anatomie der Infusorien sich gleichwohl bei den höheren Thieren wenigstens in der Structur der Wimperorgane erhalt; oder sehört nur die Bewegung der Räderorgane der Raderthier- chen 'in eine Kategorie mit den Muskelhewegungen aller höheren Thiere, und ist die Wimperhewegung der übrigen Thiere ihrem Wesen nach ganz von der Muskelbewegung verschieden? Ich kann nicht umhin, in Hinsicht des Mechanismus der Wimperbe- wegung der Räderorgane Ehrenberg’s eigene Worte hier anzu- führen. „Betrachtet man Thierchen , wenn sie die Bewegung infaiwen, so sieht man immer deutlich ein Ausstrecken und Än- ziehe^. ein wahres Greifen der gekrümmten Wimpercilien , das aber alsbald in das Wirbeln übergeht, welches eine andere Art von Bewegung ist als jenes Greifen. Das Greifen sieht man auch, wenn man die Thierchen durch Streuen von Strychnin in Wasser im Tetanus sterben lässt und die Thätigkeit der Rader- oreanc allmählig erlöscht. In diesem Falle hört vorher schon das eigentlich radmachende Wirbeln auf.“ Ehrenberg suchte sich dfe Erscheinung bisher auf folgende Weise zu erklären: „Jede einzelne Wimper wird durch den unter ihr 1‘egenden Muskel besonders bewegt, und leicht können emzeluc Muskel- Lifen an viele, vielleicht alle Wimpern derselben Reihe gleich- zeitig gehen und dieselben in eine einseitige Bewegung setzen. Wirkt ^un diesem Muskelstreifen ein anderer aut der andern Seite der verdickten Basis der Härchen auf gleiche Weise ent- oeaen sind dieselben in etwas verschiedener Hohe den Har- Sheii ängeheftet, und wirken sie abwechselnd, so wird eine nach vier Richtungen schwankende Bewegung entstehen, welche die Spitze jeder einzelnen Wimper in eine Kreisbewegung versetzt, und die ganze Spitze wird einen Regel beschreiben, dessen Spitze an deren Basis ist. Bei dieser Bewegung der einzelnen Wimpern sind sie, wenn man die Organe etwas oder ganz von der Seite betrachtet, bald dem Auge etwas näher, bald etwas ferner, und werden mithin bald etwas deutlicher, bald etwas undeutlicher an sich erkannt. Diese Abwechselung der Deutlichkeit des Wahr- nebmens der einzelnen Wimpern bei ihrer conischen Kreisbe- weaun:' erscheint mir, sagt Ehrehberg, als die Ursache des Bad- fbrmigen im Ganzen, denn jedenfalls muss dadurch eine Täu- 2. Wimperlewegung, JSatur 'derselben. 17 sdiung, eine gewisse scheinbare Lebendigkeit, in den ganzen Kreis kommen.“ Dass durch die von Ehrenbeug supponirte Thä- tigkeit der Muskeln ein kegelförmiger Raum von der Wimper umschrieben werden müsse, lässt sich sehr gut an den Augen- muskeln der höheren Thiere erläutern, wovon die geraden in der That das Auge gleichwie auf einem Stiele auf diese Art bewegen können. In der Tliat ist es bei dem willkülirlichen Einfluss der Rä- derthiere auf ihre Räderorgane, und hei dem von Ehrenberg nach- gewiesenen Muskelapparat kaum zu bezweifeln, dass diese Art von Bewegung in die Kategorie der wahren Muskelbewegungen ge- höre. Wie verhält es sich aber mit den Wimperbewegungen der Schleimhäute, die von dem Willen nicht abhängig sind und von uer narcotischen Vergiftung der Thiere nicht modificirt wer- den? Das Strychnin bringt die Räderorgane nach Ehrenberg’s Beobachtungen zur Ruhe, dasselbe hat, wie alle übrigen Narco- tica, auf die Winiperbewegungen der Schleimhäute keinen Ein- fluss. Wie soll man ferner erklären, dass die Wimperbe- wegung an den Eiern der Corallen vorkommt? Haben diese noch einen Rest von Lebensenergie von der Zeit her, wo sie dem Lebenseinflusse des Eierstocks ausgesetzt waren; und be- halten sie ihn und äussern ihn eine Zeit lang, wie die abge- schnittenen Schleimhautstückchen der höheren Thiere? Gehören ihre Lebenserscheinnngen in eine Reihe mit den Bewegungen der Eierbehälter der Cercarien , die Bojakvs und v. Baer beob- achtet haben? Siehe oben Bd. I. p. 17. Viel wahrscheinlicher sieht man diese Eier als belebte, aber noch unentwickelte Em- bryonen an. Jedenfalls, scheint es uns, ist es nöthig, die Wim- perbewegungen an den Räderorganen der Räderthiere von den Wimperbewegungen der Schleimhäute vorläufig zu trennen. Die ersteren sind willkührlich veränderlich, die letzteren dem Einflüsse des Willens, ja dem directen Einflüsse des Nervensystems entzogene Erscheinungen. Bei den Räderorganen ist die Wimper, wie es scheint, passives Bewegungsorgan, das active der musculöse Apparat. Bei den Wimperbewegungen der Schleimhäute und auch denen der Oberfliiclie des Körpers der Infusorien sind die Muskeln noch unbekannt; noch weiss man nicht, ob die W'^imper selbst sich be- wegt, krümmt, oder ob sie auch bloss als Ruder wirkt und das contractile Gewebe an ihrer Basis ist. Meyen hat die abgelösten Wim- pern derLeiicophrys sol sich noch bewegen gesehen. Auf der andern Seite giebt es wieder bei den Tliieren noch andere, wie Ruder wirkende Organe, die in ihren unwillkührlichen, unaufhörlich vvirkenden Be- .^pegimg^ eine grosse Aehnlichkeit mit Wimpern haben, und doch diir Ihre Gestalt sich davon entfernen , und deren Bewegung baiim anders, als durch contractiles Gewebe an ihrer Basis er- klär werden kann. Die Beroen sind nach Grant's Beobachtun- gen unde bis zum After mit Bändern wie von Meridianli- "I®” 1 Bänder ist mit 40 Plättchen besetzt; i Bewegung bestimmten Cilien. Die Plättchen bestehen aus parallelen Fasern, welche durch eine Haut yer unden smd'_ Ja selbst die gewiss nur durch Muskeln beweg- lichen, beständig schlagenden, grossen, mit blossen Augen sehr Miiller’s Physiologie. 2r Bd. I. 2 18 IV. Buch. Von d. Bowe.gunßen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im AUg. gut sIclitLaren Plättclien am Unterleibe der Gammarus pnlex und anderer niederen Crustaceen müssen Lieber gezogen werden, wenn die Bewegungen dieser Organe auch durch Muskeln, durch ein anderes contractiles Gewebe bewirkt werden mögen als die Wimperbewegungen der Scbleirnbäute. Bis jetzt lässt sich nur so viel aufstellen : 1. dass die Wiinperbewegung der Scbleirnbäute durch ir- gend ein noch unbekanntes contractiles Gewebe bedingt werden, welches 2. entweder in der Substanz der Wimpern oder an ihrer Basis liegt; S. welches durch seine Contractilität im Allgemeinen mit dem Muskelgewebe und anderen contractilen Geweben der Thiere übereinstimmt; 4. dessen Eigenschaften darin mit dem Muskelgewebe we- nigstens der unwillkülirlichen Muskeln des Herzens, den Muskeln der scliwingendeu Blätter der Crustaceen übereinstimmen, dass sie fast unaufbörlicb sich mit gleichem Bbytlimns wiederholen; 5. dessen Eigenschaften darin dem Muskelgewebe des Her- zens gleichen, dass sie sich auch nach der Absonderung des Theiles vom Ganzen noch lange äussern ; 6. welches sich aber vom Muskelgewebe wesentlich darin unterscheidet, dass die Bewegungen von der örtlichen Application der Narcotica nicht aufgehoben werden, 7. und dass die Wimperbewegung unter Umständen vor- könmit {an den unentwickelten Embryonen der Corallen), wo eine zusammengesetzte Organisation unwahrscheinlich ist. Darin, dass die Nerven bei dem Phänomen der Wimper- bewegung nicht unmittelbar mitwirken, gleichen diese Bewe- gungen den Osclllationcn gewisser Pflanzen , namentlich der Oscillatorien. Wie weit diese Vergleichung richtig ist, kann sich erst aus rveiteren Untersuchungen ergeben. Wie sich diess aller verhalten mag, jedenfalls giöbt es in den flim- mernden Schleimhäuten ein Agens, welches auch die Thä- tigkeit dieser’ mikroskopischen Organe beheri’scht, indem die Wimpern so häufig in Reihen wirkend beobachtet werden. Es wirkt hier eine Ki’aft, welche über die Selbstständigkeit einer einzelnen Wimper hinausgeht, xiiid wenn man auch dieses rei- henweise Wirken, diese Wellen aus der Befestigung vieler Wimpern an einem contractilen Streifen erklären könnte, so zeigt sich doch oft ein gewisses Abnehmen und Zunehmen in der Lebenskraft grosser Strecken einer wimpernden Haut, wel- ches allgemeinere Ursachen haben muss. Ich habe an den Kie- men einer neuen , Sabella verwandten Gattung von Anneliden, die ich in grosser Menge im Meerwasser von Copenhagen mitge- bracht, unter dem Mikroskope zuweilen ganz grosse Strecken der Wimpern lange Zeit ganz ruhen und bald wieder thätig wer- den gesehen. Erscheinungen, wovon Analogien in der Pflanzen- welt oft genug Vorkommen, und die xlaher nicht nothwendig von der Variabilität des Nerveneinflusses erklärt werden müssen. Die Erklärung der Strömungen, welche durch die Wimper- 3. Muskelbetvegiing. Contraci iks Pßanzengewehe. i9 Lewes^img hervorgehraclit Averden, liat auch i1ire grossen SchvFie- rigkeiten! Eine blosse ScliAvingung der Wimpern von einer Seite zur andern kann keine Ditectiou eines Fluidums boAvirken. Auch die Bewegung einer Wimper in einem kegelförmigen Raume, Avie PuRKisjE und Valentin meist die Bewegung sahen, kann bloss einen Cirkel des Fluidums um die Wimper bewirken. Damit WimperbcAvegungen eine Strömung in einer Riebtung bervoi'- bringen , ist cs nötbig, dass die Wimpern nach einer Riebtung schlagen und sich krümmen, Avie Purkinje und Valentin die Bewegung zuweilen, und AA’ie ich sie in den meisten Fallen sab. Aber auch in diesem Falle entsteht nur eine Strömung, Avenn die sich wieder aufrichtende Wimper beim Aufrichten mit kleinerer Flache auf die Flüssigkeit Avirkt, als beim Schlagen. in. Capitel. Von der Muskelbewegung und den ver- wandten Bewegungen. I. Von den contractüen Geweben, Sieht man von dem bis jetzt noch nicht Aveiter bestimmba- ren contractüen GcAvebe ab, welches die Ursache der "Wimper- bcAvegungen ist, so kann man 4 Formen des contractüen Gewe- bes unterscheiden, das contractlle Pfbinzengewebe, das leimge- bende contractile Gewebe der Tbiere, das contractlle Gewebe an den Arterien und das Muskelgewebe. a. Vom contractüen GeAvebe der Pflanzen. Die Avesentlichsten Phänomene der Pflanzenreizbarkeit sind bereits oben Bd. I. p. 40. erwähnt worden. Es handelt sich hier bloss um eine Vergleichung des contractüen GcAvebes der Pflan- zen und Thiere. Dutrocuet hat üher diess Gewebe bei den Pflanzen ln seinem Werke Recherches anaiom, et pltysio/. sw la struetwe intime des animaux et des vegetaux. Paris 1824, Aufschlüsse gegeben. Die Blätter der Mimosa sensiliva sind von einem langen Stiel getragen, an dessen Basis man einen den Stiel umgebenden länglichen Wulst bemerkt. In diesem Wulst liegt das Princip der Bewegung. Wird dieser Wulst der Länge nach ■ durchschnitten und seine Durchschnitte untersucht, so sieht man mit dem Mi- kroskope,'dass die Achse von den Röhren eingenommen ist, wel- che die Gefässcommunication des Blattes mit dem Stengel bewirken. Das Gewebe desselben besteht aus einer grossen Menge rundli- cher durchsichtiger Zellen, deren Wände mit Kügelchen bedeckt sind. Dieser Bau weicht ln einigen Punkten von dem Bau der Pflanze in den übrigen Theilen ah; das Mark der Sensitiva be- steht aus Zellen , in Avelchen einige kleine Kügelchen enthal- ten sind; im jungen Zustande der Pflanze ist in den Mark- zellen eine durchsichtige Flüssigkeit enthalten, die von kalter Salpetersäure gerinnt, während das Gerinnsel von warmer Säure vvieder aufgelöst wird. Die Markscheide besteht aus Tracheen. Die Holzschichte, welche die Markscheide bedeckt, besteht aus 2 * 20 IV. Buch, Von d, Bewegungen. I, Ahschn. Thier. Beweg, im AUg. den srewölinlichen Holzfasern. Das Corticalsystem Bestellt -ndeder aus Holzfasern. Die Blätter der Sensitiva stellen auf einem lan- gen Blattstiel, an dessen Basis der genannte Wulst liegt; ähnliche, aher kleinere Wülste hefinden sich an der Insertion der Blätt- chen an dem ohern Theile des Blattstieles. Diese Wülste sind die Ursache, dass die Blättchen sich am Blattstiel Bewegen, und dass hinwieder der Blattstiel seihst sich gegen den Stengel be- wegt. Der Wulst am Blattstiel enthält eine grosse Quantität von durchsichtigen kugeligen, von einander durch ansehnliche Zwischen- räume getrennten Zellen, deren Wände mit kleinen Kügelchen bedeckt sind. Von Salpetersäure wei'den die Zellen opak. Diese Zel- len gleichen darin den Zellen des Markes, aher sie sind rundlich und nicht wie Jene sechseckig. Sie liegen, obgleich sie sich nicht berühren , in Reihen der Länge nach. Zwischen diesen runden Zellen liegt ein viel zarteres Zellgewebe, worin vielfe dunklere kleine Körperchen. Heisse Salpetersäure löst den Inhalt der kugeligen Zellen, gleichwie den Inhalt der Zellen des Markge- wehes' des Stengels. In der Achse des Wulstes -verlaufen die Gcfässhündel, welche den Blattstiel mit dem Stengel in Verbin- dung setzen. Der Blattstiel selbst enthält äusserlich Holzfasern, sie bilden die Rinde; im Innern befindet sich articulirtes Zellge- webe mit Kügelchen und grosse Körperchen enthaltende Röhren. Im Centrum des Blattstieles liegen Tracheen. Berührt man die Sensitiva oder erschüttert sie, so legen sich die kleinen Blättchen paarweise zusammen , wodureh sie sich ihrer gemeinschaltlichen Achse, derjenigen des Blattstieles, nähern. Der gemeinschaftliche Blattstiel hingegen bewegt sich durch seinen Wulst In entgegen- gesetzter Richtung nach abwärts gegen den Stengel. In der Ruhe erheben sich beide wieder in ihre natürliche Lage. Wenn sich der Blattstiel senkt, so bildet der im Zustande der Ruhe gerade längliche Wulst um die Basis des Blattstieles eine nach unten concave, nach oben convexe Krümmung. Als Dutbochet das Cortical- oder Zellenparencbym eines Wid- stes weggenommen, ohne das centrale Gcfässhündel zu verletzen, starb das Blatt davon nicht ab; nur blieben die Blättchen dessel- ben mehrere Tage unentfaltet. Der Blattstiel hatte seine Bewe- gungskraft verloren. Die letztere hat also nicht ihren Silz in dem centralen Gcfässhündel, sondern in dem Zellenparenchym des Wulstes. Als der untere Theil eines Wulstes abgetragen wor- den, blieb der Blattstiel immer in seiner zur Erde gesenkten Lage, und wenn der untere Theil eines andern Wulstes wegge- nommen wurde, war der Blattstiel nicht mehr fähig sich zu senken. Es schien daher durch diese mit gleichem Resultate öfter wiederholten Versuche bewiesen, dass die obere Schichte des Wulstes es ist, welche den Blattstiel nach abwärts drückt, und dass die untere Lage ihn aufwärts drüekt. Diess -wurde an ab'’eschnittenen Theilen des Wulstes selbst bestätigt. Die ab- geschnittenen Schichten blieben zwar unbefeuchlet gerade, wenn sie aber in Wasser gelegt wurden, bogen sie sich jedesmal, und zwar immer so, dass die innere Seite coneav wurde. Diese Fä- higkeit hatten aucl» die seitlichen Schichten, und es war also 21 3. Muskelhewegung. Contractiles Pflanzengewehe. erwiesen, dass der ganze langlicbe Wulst um die Basis des Blatt- stiels aus Scliichten besteht, welche durch Krümmung an ihrer Innern Seite einen Druck auf den Blattstiel ühcn. Wird das Gleichgewicht dieses Druckes aufgehoben, so bewegt sich der Blattstiel und die Blättchen in der einen oder andern Richtung. Duthocuet schliesst aus seinen Versuchen p. 194., dass die Bewe- gung der Blattstiele und Blättchen von der Krümmung der Schich- ten des Wulstes, und diese wieder aus der Annäherung der von einander durch zartes Zellgewebe getrennten runden Zellen des Wulstes entstehen. Geht diese Erklärung aus seinen Ver- suchen hervor, so zeigt sich eine grosse Uebereinstimmnng in der Contractilität der Pflanzen und Thicre, mit dem Un- terschiede, dass die sich einander anziehenden Elemente bei den Thieren zusammenhängende Fäden bilden, während^ sie bei der Mimosa sensitiva zwar linear geordnet, aber von einan- der durch Interstitien getrennt sind. L. C. Tbevirahus (Zeit- schrift f. Physiol. I. 176.) und IvfoiiL (Flora, 15. Jahrgang, p, 499.) nehmen die von Dutrochet entdeckten anatomischen rhatsachen an, scheinen aber eine andere Deutung des Phänomens daraus zu folgern; beide sagen nämlich, dass Dutrochet’s Versuche be- wiesen haben, dass die vegetabilische Reizbarkeit auf Expansion des parenchymatösen Zellgewebes beruhe. Indessen geht diese Erklärung aus Dutrocuet’s Versuchen nicht direct hervor, und Dutrochet erklärt die Drscheiuung vielmehr umgekehrt diirch die Annäherung der von einander getrennten rundlichen Zellen, p. 194. Die Hauptfrage bleibt immer noch; entstellt die Sen- kung der Blattstiele durch Expansion des Wulstes an der obern Seite, wodurch der Blattstiel abwärts gedrückt wird, oder durch Krümmung des Widstes an der obern Seite nach unten, wodurch der Blattstiel auch ahw'ärts gedrückt werden muss. Da die rasche Expansion des Zellgewebes xveder erwiesen, noch auch überhaupt wahrscheinlich ist, da die Zellen nicht durch ihre Wände so schnell die zur Expansion nöthigen Flüssigkeiten an sich ziehen können, und da die abgesohnitteneu Stücke des Wulstes nach Dutrochet sich nicht expandiren, sondern Im Wasser krümmen, so ist die Erklärung von Dutrochet durch Anziehung, Zu- sammenziehung wahrscheinlicher. Wir kennen keine raschen Bewegungen durch Expansion, als die Erection, diese geschieht durch Erguss von Flüssigkeit in früher collabirte Höhlungen ; ein solcher schneller Erguss ist aber bei den geschlossenen Zellen des W^ulstes der Mimosa nicht wohl denkbar, und eine active schnelle Expansion der blossen Zelleiiwändc nach allen Richtun- gen ist auch nicht denkbar. Ich muss mich daher zur Erklä- rung von Dutrochet und zwar um so mehr hinneigen, als bei derselben die Analogie der vegetabilischen und animalischen Con- tractilllät erhalten bleibt. Zugegeben, dass die Erscheinungen durch Contraction erscheinen, so sind nun wieder zweierlei Er- klärungen möglich. Nach Dutrochet ist die Erhebung des Blattstieles die Folge der Actlon der untern Hälfte des länglichen Wulstes, die Senkung die Folge der ,\ction der obern Hälfte des Wulstes. Nach 22 IV. Buch. Von d. Bewegungen. II.Abschn. Thier. Beweg, im Aüg. dieser Ansicht ist im gewöhnlichen Zustande, so lange die Sen- sitiva nicht erschüttert w'ird, allein die untere Hälfte des Wul- stes thätig, und nur hei der Ei-schütterung äussert die obere Hälfte ihre Rci/.harkeit. Das heisst mit anderen Worten : die untere Hälfte des Wulstes, welche den Blattstiel beständig nach oben drückt, ist auf äussere Reize gar nicht aflicirbar, gar nicht reizbar, sic wirkt bloss unter dem Einlluss der allgemeinen Le- ])ensreize; gerade dann, w'enn plötzliche Reize wirken, äussert sie ihre Contractilität nicht mehr. Diese Erklärung der Facta geht aus den von Dutbocuet entdeckten Thatsachen nicht nothwendig hervor, und einige Beobachtungen scheinen ihr zu widersprechen. Die abgeschnitteneu Stücke des Wulstes contrahiren sich im Wasser, sie mögen oben oder unten oder an den Seiten des Wulstes abgeschnitten seyn; ihre Contractilität müsste daher an allen Seiten des Blattstieles gleich seyn; indessen ist doch die folgende, auf einen supponirten Antagonismus von Elasticität und Contractilität beruhende Erklä;,iing viel unwahrscheinlicher. Nimmt man an, dass der ganze längliche Wulst rund um die Basis des Blattstiels sich ohne Unterlass nach innen zusammenzieht (wie es im Wasser die abgeschniltenen Thcilc desselben thun), so wird im nicht erschüt- terten Zustande der Blattstiel gegen seine Insertion hingezogen, und er ist aufgerichtet. Jede Erschütterung soll nun, wie das Leben der ganzen Pflanze, so nändich die Contractilität des Wulstes stören; der Blattstiel wird sich daun, so lange die Fol- gen der Erschütterung dauern, nicht mehr erhoben erhalten kön- nen, er wird sich (seiner Elasticität folgend?) senken. Haben die Folgen der Erschütterung aufgehört, so wirkt die Con- tractilität ^les ganzen Wulstes wieder, und der Stiel erbebt sich in der Richtung seiner Insertion wieder. Die Bewegung der Blättchen im Momente der Erschütterung gegen einander wäre dann auch als Zustand der Ruhe der lebendigen Contracti- lität zu betrachten, wie er auch im Schlafe der Pflanze eintrltt, und die Entfaltung ausser der Zeit der Erschütterung fiele in die Zeit der Wirkung ihres W’ulstes. Man sieht, dass sich die Phä- nomene auch so erklären lassen. Die abwechselnden Bewe- gungen der Blättchen von Hedysarum gyi-ans wären kein unüber- stcigliches Hindernlss gegen diese Erklärung. Man nimmt in die- sem Fall, statt des Antagonismus zweier lebendigen Kräfte, eine rhythmisch wirkende lebendige Kraft, eine abwechselnd wirkende Contractilität an, während die Theile in den Zwischenzeiten der Elasticität allein folgen. Wäre die letztere Erklärung richtig, so würde sich die Contractilität der Pflanzen in dem Puncte we- sentlich von der der thierischen, d. h. mit Nerven begabten We- sen unterscheiden, dass stöi'ende Eingritfe sie auf einen Augen- blick aufhehen, während diese Einflüsse bei den Thieren auf die Nerven wirkend, die Wirkung der Nerven entladen und eine Verstärkutig der Contraction, eine Zuckung hervorbringen. Ich halte indess die Erklärung von Dutbocbet für wahrscheinlicher, weil nach mehreren Beobachtern der auf Erschütterung gesenkte Blattstiel der künstlichen Erhebung widersteht, die Senkung des Blattstiels sich also als activer Moment erweist. 3. Miiskelbewegvng. Leim gebendes contracliles Gewebe. 23 Nicht die unmittelbar gereizten Theile allein zeigen Contracti- lität- die Reizung pflanzt sich vielmehr auf eine noch unhekannle Art und wahrscheinlich durch Veränderung der Sattst römnng m den Gefässhündeln auf andere oder alle reizhaien Pflanze fort, so dass von dem gereizten Theile aus, selbst dann, wenn die Reizung ohne Erschütterung durch Rrennen oder Sau- ren geschah, alhniihlig die nächsten, dann die entfernten iheile der Pflanze aflicirt werden. Dutrochet hat durch Verletzung verschiedener Theile der Pflanze und Beobachtung der daraul stattlindenden Erfolge der Reizung es wahrscheinlich zu machen gesucht, dass die Eortpllanzung der Reizung nicht durch das Mark und die Holzfasern, sondern durch die .Saftgetas.sc gesclielie. Die längere Rernuhung von dem Lichteinflusse und eine niedere Temperatur machen tlie Pflanze zur Aeusserung der Conhacti i- tät auf plötzliche Reize unfähig, AVährend die i vit dem ac i a e und Wachen zusammenüdlenden Bewegungen derselben i lei o anfangs noch fortdauern. h. Von dem 1 c I m g eli en d e n con tractll en Gewebe der Tliierc. Die ersten Spuren der lebendigen Contractilifat zeigen sieh hei den Tliieren in einem den Fasern des Zellgewebes sowoli durch seine Structur als durch seine chemischen Phgenschafteu so ähnlichen Gewebe, dass man verleitet werden konnte, cs lur damit identisch zu halten, und dem Zellgewebe nicht bloss die ihm auch nach dem Tode zukonimende elaslisclie Contractllität, son- dern auch organisches Zusammenziehungs -Vermögen zuzuschrei- ben. Wir wollen es vorläufig leimgehendes contraeliles Gewebe nennen, ein Name, der seine Verschiedenheit von den aus Faser- stoff bestehenden Muskeln hinlänglich bezeichnet. Da es am mei- sten Aehnlichkeit mit dem Zellgewebe besitzt, so wollen wir zu- erst einen Blick auf dessen Structur und chemische Eigenschatteii werfen. -p i r Die Zusammensetzung des Zellgewebes ist schon oben Bd. 1. p. 410. beschrieben. Es besteht aus mannigfaltig duijhflochte- nen Fascikeln, die w'ieder aus parallelen, ganz glatten, durchsich- tigen Primitivfäsern bestehen. Diese Fasern sind sehr fein und messen nach Krause Jordan (Mueei.er s y/r- chiv 1834.) 0,0007 englische Linien im Durchmesser. Die Be- schaffenheit dieser Fasern ist so eigenthürnlich , dass sie sogleich, unter dem Mikroskop jedesmal von anderen Fasern leicht unter- schieden werden können. Ausser ihren glatten Rändern und ih- rer durchsichtigen Beschaffenheit haben sie in ihrer geschwunge- nen Lage etwas ganz Charakteristisches. ünausgespannt bilden diese Fasern keine geraden FVideti, immer liegen sie bogen- oder rvellen- förmig. Doch bleiben die Fasern eines primitiven Bündels hei den Biegungen parallel. Dless Verhalten kömmt von der grossen Elasticltät des Zellgewebes her. So oft diese Bündel gedehnt werden, jedesmal nehmen sie, sobald die Dehnun.g aut hört, die verschlungene Lage vvieder ein. ln chemischer Hinsicht gehört das Zellgewebe (von Blut und Lymphe ausgewaschen) in die Classe 24 IV. Buch. V on d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im Allg. der leimgebenden Gewebe (Zellgewebe, fibröses Gewebe, Knor- pelgewebe). Es kmm durch Kochen in Leim aufgelöst werden. Eigenschaften des Leims Bd. I. p. 128. Hiedurch \mterscheiden sich die Zellgewebefasern durchaus von den Muskelfasern, welche in die Classe der eiweissarligen Körper gehören. Das Zelleewebe bat auch mit dem fibrösen Gewebe, Knorpelgewebe und auch mit dem elastischen Gewebe (welches beim Rochen keinen Leim giebt) das Verhalten gegen das rotlie Cyanelsenkalium gemein. Seine essigsaure Auflösung Avird nämlich durch Zusatz von rotbem Cyan- eiseii 'alium nicht getrübt, während die cssigsaure Auflösung der ciweissartigen Körper, und also auch des Muskelgewebes, von ro- thcm Gpneisenkalmm getrübt wird. Das chemische Verhalten ^s Zellgewebes ist oft zur Erkenntniss des Zellgervebes von Wiclitigkeit, namentlich zur Unterscheidung des contractilen Zell- gewebes von derjenigen Classe der Muskelfasern, welche «leich- lorm.gc und nicht yaricöse Fäden bilden. Doch fehlt auch im ^letzten ^all, z. B. an den nicht varicösen Muskelfasern des Uterus, der Ins, des Darmkanals, immer die charakteristische geschwungene oder wellenförmige Lage der ZellgeAvebefasern. Die CQntractilität des dem Zellgewebe vergleichbaren Gewe- bes ist schon seit langer Zeit bekannt; aber man hat diese Er- scheinung an gemsseii Theilen oft mit der Muscularcontraction verwechselt, und da eine so geringe Veränderung des Durchmes- sers, als sie diese Art der Contraction beivirkt, leicht über- sehen werden kann und schwer zu beweisen ist, so ist diese Er- scheinung von Einigen ganz vernachlässigt oder gar geläugnet wor- den. Um diese Erscheinungen zu constatiren und zu studiren, ge t naan am zweckmässigsten von denjenigen Theilen aus, wo sie am autfallendsten sind, und wo eine genaue mikroskopische und chemische Sonderung der Gewebe möglich ist. Am auffallend- sten ist die Erscheinung^ an der Tunica dartos des Hodeiisacks, die wegen ihrer lebhaften Contractilität, die sie am häufigsten gegen Kalte aussert, den Warnen der Fleischbaut sich emvorben hat Die Structur derselben und ihre Stellung im Systeme der Gewebe ist neuerlich von Jokdan ( Müeller’s ylrchio, 1834) auUeklärt worden. Das Folgende ist ein Auszug dieser Untersuchungen. An üer 8iel e, wo an der äussern Fläche des Hodensacks oben die lauen, Ihren Anlang nehmen, verändert auch das Unterhautzell- ^'*?®hen und seine Structur; die Fcttzellen, welche lu*!- Hoch in reichlicher Menge vorhanden sind, hö- ren plötzlich auf, und statt ihrer erscheint bei kräftigen Men- schen, deren Ilodensack auch stark gerunzelt ist, ein röthliches faseriges Gewebe. Die Fasern sind dehnbar und elastisch und zu dünneren und diese zu dickeren Bündeln vereinigt, yvelclie sammtheh ihre Richtung von oben nach unten nehmen, also reebt- Avinklig gegen die Falten der äussern Haut gesteift sind, mit welcher sie so innig Zusammenhängen, dass sie nur mit grosser t werden können. Diese Bündel laufen aber nicht vollkommen parallel neben einander sondern anastoraosiren vielfach, indem von einem Bündel Pir’ 3. Muskelbewegung. Leim gehendes contractdes Gewebe. 25 tien aLeehen und sich an das benachbarte Bündel anlegen, wo- durch viele Maschen gebildet werden, die sämmthch ihren läng- sten Durchmesser von "oben nach unten haben und ein sehr dich- tes und festes netzförmiges Gewebe zusammensetzen. So wie die Falten der äussern Haut, so ist auch dieses Gewebe an der vor- dem Seite des Hodensachs am deutlichsten, an der hintern meis gar nicht wahrzunehmen ; man findet dasselbe schon bei kleinen Kindern und Neugehornen. Auch unter der äussern^ Haut des Penis zeigen sich ähnliche röthliche Fasern, die aber hier ein un- regelmässigeres und viel dünneres Gewebe bilden. Ausser den beschriebenen Fasern finden sich in diesem Gewebe noch viele lange, dünne, gelbliche, sehr elastische und wenig verzvreigte, ab- wärts laufende Cylinder. Diese sind, wie sich Jordan durch In- iectionen überzeugt hat, Arterien, an der vordem Seite des tum Aeste der A. pudenda externa, ap der hintern Sede des Scrotuin der A. scrotales posteriores. Zwischen der äussern Haut und der Tunica dartos fand Jordan kein verbindendes Zellgewebe, sondern die Faserbündel dieser hängen unmittelbar und sehr innig mit jener zusammen; die Cutis muss daher immei den Bewegungen der Innern Haut folgen. Dagegen befindet sich zwischen der Innern Fläche der Tunica dartos und den darunter liegenden Gebilden, dem Cremaster nämlich und der Tunica va- ginalis communis, ein so lockeres Zellgewebe, dass, wie Jordan aus Versuchen an Leichnamen • und lebenden Thieren gesehen hat, der Kode mit seinen Scheidenliänten durch den Cremaster in die Höhe gezogen werden kann, während der untere Theil des Hodensacks leer bleibt. Die Bündel, aus denen die Tunica dartos besteht, lassen sich in husserst feine elastische Fasern auseinander ziehen. Diese Primitivfasern erscheinen unter dem zusammengesetzten Mikro- skope als ihrer ganzen Länge nach gleich dicke, geschlängelte Cylinder , deren Durchmesser nach den von Jordan angestellten Messungen zwischen 0,0005 — 0,0009 Engl. Linien variirt, und irn Mittel 0,0007 Engl. Lin. beträgt. Ebenso fand Jordan den Durch- messer der geschlängelten Primitivfasern des Zellgewebes in an- deren Theilen =0,0005 — 0,0009, und in der Mehrzahl =0,0007 Engl. Lin. Die varicösen Muskelfasern, wie sie in den willkühr- lichen Muskeln und im Herzen verkommen , betragen nach Schwann’s genauen mit demselben Mikrometer angestellten Un- tersuchungen weniger im Durchmesser, nämlich im Mittel 0,0004 Engl. Lin. Die nicht varicösen cylindrischen Muskelfasern, wie sie im Dannkanal, Uterus des Menschen und der Thiere, und in der Iris verkommen, weichen im Durchmesser auch von den Zellgewebefasern ab. Die Primitivmuskelfasern des Dickdarms betragen nach Schwann’s Messungen 0,0007 — 0,0011 — 0,0013, sind also stärker als die Fasern des Zellgewebes und der Tunica dartos. Die Primitivfasern in der Iris des Schweins fand Schwann sehr fein, 0,0002— 0,0003 Engl. Lin,; sie sind also feiner als die Fasern des Zellgewebes und der Tunica dartos. Aber abgesehen von dem Durchmesser der Fasern gleichen die Fasern der Tu- nica. dartos durch ihr geschwungenes Ansehen und durch ihre 26 IV. Buch. Von d. Bewegungen. II. Abschn. Thier. Beweg, im Allg. Elasticität ganz den ZellgeweLefasern , und nicht den cylindri- schen Muskelfasern der vorher erwähnten Theile. Da nun aber die Faserbündel der Tunica dartos in Masse grauröthlich , die Faserbündel des Zellgewebes vielmehr grau- weisslich ausseben, und da die Bündel der Tunica dartos, ob- gleich Maschen bildend, doch durchgängig derselben Längenrich- tung folgen, während die Bündel der Zellgewebefasern in den mannigfaltigsten Richtungen sich durchkreuzen, so frägt sich, oh die mikroskopische üehereiustimrnung der Fasern der Tunica dar- tos mit den Zcllgewehefasern hinreiclit, jene Haut mit dem Zell- gewebe zu vereinigen. Die Entscheidung dieser Frage wird be- sonders durch die grosse piikroskopisclie Aehnlichkeit dör Primi- tivfasern des Selincngewehes mit den Zellgewehefasern schwierig, indem hinwieder das Sehnengewche doch durchaus durch seine Eigenschaften sich von dem Gewebe der Tunica dartos hnter- scheidet. Sie w ird auch erschwert durch die Existenz jener gan- zen Classe von Muskeln, deren Primitivfasern nicht wie gewöhn- lich varicös, sondern gleichförmig cylindrisch sind, eine Bildung, durch welche das Gewebe der Tunica dartos dem Gewebe jener Muskeln sehr nahe gestellt scheint. Hierzu kömmt, dass die Be- wegung der Tunica dartos, wenn sic gleich in der Regel auf den Reiz der Kälte geschieht, doch auch zuweilen durch "innere Zu- stände des Nervensystems bedingt wird, wie denn zuweilen der- selbe Zustand der Nerven sowohl die Anziehung eines wirklichen Muskels, des Cremasters, als auch die Faltenlegung und Kräuse- lung des Hodensacks bewirkt; Phänomene, w'elche, wie sich si- cher beweisen lässt, sich nicht von dem Cremaster zugleich ah- leiten lassen. Andererseits sehen wir indess in dcir That auch Spuren der Contractilität des w’ahren Zellgewebes in anderen Theilcn, z. B. an dem ■Unterhautzellgewebe zwischen den Platten der Vorhaut, welche sich hei reizbaren Menschen beim Baden in kaltem Wasser oft ganz enge zu festen Runzeln zusarnraenzieht. Es scheint auch das Phänomen der Gänsehaut hichcr zu gehö- ren, wobei kleine rundliche Erhebungen, wahrscheinlich die Bälge der Haut, sichtbarer werden. Diess Phänomen tritt auch ein, wenn ein kalter Luftstrom die Haut plötzlich be- rührt, oder bei Schauder bewirkenden Einwirkungen auf das Nervensystem. Jedenfalls ist etwas in der Haut Ursache der Er- hebung, was von dem Muskelgewebe verschieden ist, und es lässt sich verrnuthen, dass es das die Hautbälge umgebende Zell- gewebe ist. Emllich kann auch das Phänomen der plötzlichen Erhebung der Brustwarze hieher gerechnet werden. Denn dass diese Erscheinung in die Classe der Erscheinungen der Erection gehöre, und von vermehrtem Blutzulluss herrühre, wie man ge- wöhnlich ohne Prüfung annimmt, muss ich aus mehreren trifti- gen Gründen bezweifeln. Denn 1. fehlt in der Brustwarze das spongiöse Gewebe der Corpora cavernosa penis, jene anastomoti- schen Venen, die sich mit Blut anfüllen können, und die Arte- riae helicinae (Bd. 1. 2. Aufl. p. 2'J.4.), welche das wahre erectile Gewebe auszeichnen und in die venösen Sinus der Corpora ca- 3. Muskclhetvegung, Leim gebendes contractiles Gewebe. 27 vernosa hin-einragen. 2. tritt die Erhebung nicht bloss beim weiblichen Geschlecht unter wollüstigen Berührungen der Brust- warze ein, sondern es ist dieselbe Erscheinung an der Brust- warze des Mannes, ohne allen Zusammenhang mit dem Ge- schlechtstriehe, wahrnehmbar. 3. Beim Manne erhebt sich die Brustwarze fast augenblicklich und deutlich sichtbar, wenn man sie an sich seihst plötzlich und stark berührt, weniger wenn man sie mit kaltem Wasser berührt, mehr wenn man plötzlich in ein kal- tes Bad tritt. 4. Diese Ei'hebang ist mit keiner grösseren Völle der Brustwarze verbunden ; indem sie sich innerhalb einiger Se- cunden erhebt, wird sie vielmehr dünner und verliert in der Breite, was sie an Länge gewinnt. Alles Phänomene, welche die grösste Aehnlichkeit mit dem Sichtbarwerden der Hantfolli- keln in der Gänsehaut und mit der Zusammenziehung und Run- zelung der Vorhaut im kalten Wasser haben. Diese Erhebung der Brustwarze wird daher viel passender von einer Ziisarnmen- ziehung des Unterhautzellgewehes um die Brustwarze erklärt. Es ist merkwürdig, dass das contractile Zellgewebe gerade vor- zugsweise dort unter und in der Haut vorkömmt, wo die Haut eine dunkle Färbung hat, wie am Penis, am Hodensack, an der Brust- warze. Fügt man hierzu noch, dass sich in der ganzen Haut des Menschen unabhängig von einem Hautinuskel, ein schwäche- rer Grad von Zusammenziehungskrafl äussert, und cirwägt man, dass diese Erscheinung von eingestreuten Muskelfasern wohl nicht herrühren kann, so wird es sehr wahrscheinlich, dass alle bisher betrachteten Phänomene ihren gemeinsamen Grund in einem con- tractilen Zellgew’ebe haben, welches sich von dem gewöhnlichen Zellgewebe im Bau seiner Primitivfasern nicht unterscheidet. Die Uebereinsiimmung des contractilen Zellgewebes mit dem ge- wöhnlichen Zellgewebe, und die Entfernung von der Classe der nicht varicösen, sondern cylindrischen Muskelfasern, wird noch grösser durch die chemische Analogie zwischen dem contractilen Gewebe der Tunica dartos und dem Zellgewebe, und durch die Verschiedenheit desselben von dem Gewebe der Muskeln. JoRDAS hat gezeigt, dass die Tunica dartos schon durch drei- stündiges Rochen zum Theil in Leim umgewandelt wird, und dass ihre essigsaure Auflösung, wie die des Zellgewebes und al- ler leimgehenden Gewebe und des elastischen Gewebes von Cyan- elsenkallum nicht gefällt und nicht getrübt wird. Ueber die Contractilität der Tunica dartos hat Jordan auch Versuche angestellt. Der gewöhnliche Reiz für ihre Zusamraen- ziehung ist die Kälte; die Wärme erschlafft sie; der Galvanismus wirkt niclit auf sie, und diess ist um so interessanter, als es ein unterscheidendes Kennzeichen der Contractilität des Zellgewebes und der Muskeln ahgiebt. An dem Anziehen der Hoden gegen den Bauchring hat die Tunica dartos keinen Antheil; diess ge- schieht durch den Cremaster. Bei Thieren, deren Hodensack nicht gefaltet ist, wie beim Kaninchen, beim Hunde, fand Jor- dan auch keine Dartos, sondern gewöhnliches Zellgewebe; beim Schafbock dagegen bei einer starken, wiewohl unregelmässigen Runzelung der äusseren Haut auch eine sehr ausgebildete Dartos. 28 IV. JBuch. Von d, 'Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im AUg. Der Hodensack des Schafbocks runzelte sieb auch in Jord4n’s Versuch, ^Is er mit kaltem Wasser begossen wurde. Zugleich wurden auf denselben Reiz und eben so plötzlich, als die Ein- wirkung desselben erfolgte, die Hoden durch den Cremaster in die Höhe gezogen, während der untere Theil des langsamer sich zusammenziehenden Hodensacks leer zurückblieb. Wurde die Anwendung des kalten Wassers ausgesetzt, so entfaltete sich auch der Hodensack in der Wärme wieder; das Herabsinken der Ho- den dagegen erfolgte weit früher und eben so plötzlich, wie das Anziehen derselben. Der galvanische Reiz einer Säule von 65 Plattenpaaren zeigte auf die innere Fläche des Hodensacks keine Wirkung, dagegen der Hoden augenblicklich durch den Crema- ster erhoben wurde. c. Vom elastischen und contractilen Gewebe der Arterien. . Dass die elastisehe Faserhaut der Arterien keine Mus- cularcontractilität besitze, ist schon oben Bd. I. p. 195. theils aus galvanischen Versuchen, theils aus den wahren Eigenschaften die- ser Haut bewiesen worden. Diese gelben Fasern gehören in eine Kategorie mit allen übrigen elastischen gelben Bändern und ela- stischen gelben Faserliäuten , wie das Ligamentum nuchae der Säugethiere, die gelben Bänder der Wirbelsäule (Ligamenta in- tercruralia), die gelben Bänder des Kehlkopfes, die gelben Fasern des häutigen Theils der Luftröhre und der Bronchien, das elasti- sche Flügelhand der Vögel, die elastischen Bänder an den Kral- lengliedern der Füsse in der Katzenfamilie, das von mir ent- deckte elastisehe Band am einziehbaren und ausstülpbaren Theil des Penis des amerikanischen Strausses, das Schlosshand der Mu- scheln. Die Elasticität der mittlcrn Haut der Arterien, wodurch sie sich, nach jeder Ausdehnung durch den Blutimpuls , bis zum nächsten Herzschlage zusammenziehen kann, erhält sich jahrelang in Weingeist. Ein Stück der Aorta eines jungen Wallfisches, das ich von meinem Freunde Eschricht erhielt, ist im höchsten Grade elastisch, obgleich es jahrelang in Weingeist gelegen. Dünne Schichten davon abgesclinitten zeigen angezogen dieselbe Elasti- cität wie Gummi elaslicum. Ganz so verhält sich aber alles ela- stische Gewebe, und mit allen oben erwähnten Bändern, die in Weingeist aufbewahrt worden, habe ich Versuche gemacht. Kurz die elastische Faserhaut der Arterien ist physicalisch und nicht durch eine Lehenseigenschaft conlractil; sie zieht sich zu- sammen, wenn sie vorher ausgedehnt worden und die Ursache der Ausdehnung, wie nach einem Herzschlage, aufhört. Parry und Tiedemasn nehmen an den Arterien, ausser ihrer Elasticität, auch noch einen lebendigen Tonus an, der zwar bei dem Phäno- men der rhythmischen Bluthewegung nicht wesentlich mitwirkt, aber sich doch an blossgelegten Arterien durch eine ganz allmäh- lig cintretende Zusammenziehung äussert, und wodurch die Arte- rien' vor dem Stillstände^ aller Blutbewegung bei dem Tode etwas 3. Muskelbewegung. Contractiles Gewebe der Arterien, 2.9 en£;er werden, als sie naeli dem Tode durch ihre blosse Ela- sticitat seyn Tonnen. Man weiss längst, dass kaltes Wasser zum Stillen der Blutung aus angeschnittenen Arterien gemg- net ist; es ist Dr. Schwann gelungen, diese wichtige Er- scheinung durch ein schönes Experiment auizukuren.^ enu man nämlich kaltes Wasser auf die kleinen Arterien eines sol- chen durchsichtigen Theiles anwendet, wo die Arterien ganz un- befestigt und von dichtem Gewebe am wenigsten umgeben sind, so lässt sich die ganz langsam wirkende organische .Contractilitat gegen die Kälte sehen. Am besten eignet sich hierzu das Me- senterium der Feuerkröte, Bombinator igneus, besser als das Me- senterium des Frosches, weil dieses sich nicht so gut ans i eiten lässt. Nachdem das Mesenterium des Thieres unter dem Mikro- skope ausgehreitet war, brachte Schwann einige Tropfen Wassei von einer Temperatur einige Grade niedriger als die der Luft (im Sommer) auf dasselbe. Bald darauf begann die Verengung der kleinen Arterien, und die Gefässe verengten sich hinnen 10—1» Minuten allmählig so, dass der Durchmes_ser des Lumens einer Arterie der Feuerkröte, der anfangs 0,0724 Engl. Lin. betrog, auf 0,0276 reducirt, also um das 2 — 3fache verkleinert, das Lu- men der Arterie selbst also um das 4 — 9fache verengt wurde. Die Arterie erweiterte sich darauf wieder , und hatte nach einer halben Stunde ihre frühere Ausdehnung ziemlich wieder erlangt. Wurde nun von neuem kaltes Wasser darauf gebracht, so ver- engte sie sich wieder, und so liess sich der Versuch an dersel- ben Arterie inehreremat wiederholen. Die Venen dagegen ver- engten sich nicht. Die Beobachtung von Schwann wurde so oft wiederholt, dass an der Thatsache durchaus kein Zweifel ist. Ich selbst fand sie bei der Feuerkröte bestätigt. Da die grösse- ren Arterien zu diesem Versuche weniger geschickt sind, so ist es von Wichtigkeit, sich den Durchmesser der gemessenen Arterie zu merken. Die mit einer Messung begleitete Beobachtung betraf eine Arterie von 0,0724 Lin. Durchmesser. Die Arterien von circa Lin. Durchmesser besitzen also diesen ausserordentlichen Grad von langsam wirkender Contractilitat gegen Kälte. Dass die über die Contractililät der kleinen Arterien mit chemisch wirksamen Flüssigkeiten und mit dem Galvanismus (der das Ei- weiss des Bluts gerinnen macht) angestellten Versuche keine Be- weiskraft haben , ist schon oben Bd. I. p. 195. auseinandergesetzt worden. Schwann hat einen geringen Grad von Contractilitat gegen Kälte auch an etivas stärkern Arterien beobachtet. An den allerkleinsten Arterien lassen sich am Mesenterium des Fro- sches hei sehr starker Vergrösserung noch zarte undeutliche Querfasern sehen, und Dr. Schwann hat dergleichen Fasern selbst an den Capillargefässen im Mesenterium des Frosches bei s^r starker Vergrösserung (Objectiv 4. 5. 6. der SciuEK.’schen Mi- kroskope) entdeckt, wodurch nun entschieden bewiesen ist, dass die Caiiillargefässe Wände haben. Da diese Querfasern an den kleinsten Arterien dieselbe Anlage haben, als die elastischen Quer- fasern aller Arterien , so ist es zweifelhaft, ob diese Querfasern es sind, welche die Contraction der kleinen Arterien von kaltem 30 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Uder. Beweg, ün Allg. Wasser liervorbringen, ob das elastische Gewebe der Arterien, das seine Elasticität Jahre lang nach dem Tode in Weingeist er- hält, während des Lehens auch noch die mit dem Tode verloren gehende Eigenschaft des Tonus besitzt, oder ob die unmerkliche Zusammenziehung der kleinen Arterien auf Anwendung der Kälte von noch unbekannten Elementen in ihrer Structur herrührt. Den Tonus der Arterien von ihrer Zellgewebesclieide ahzulei- ten, nehmen wir deswegen Ansland, weit die kleinen Venen jene Contractilität nicht zeigen. Von der Muscularcontractilität unterscheidet sich der Tonus der Arterien, dass er nicht allein keine plötzlichen Contractionen bewirkt, sondern auch von der Electricität nicht deutlich, vorzüglich aber wie die Zusammenzie- hung des Lehn gebenden contractilen Gewebes von Kälte ange- regt wird. d. Vom Muskelgewebe. 1 . Chemisches Verhalten. ln chemischer Hinsicht gehören die Muskeln zur Classe der- jenigen thierischen Theile, welche beim Kochen keinen Leim gehen (ausser dem die Muskelbündel verbindenden Zellgewebe), und deren essigsaure Auflösung von rothem Cyanelsenkalium ge- fällt wird. So verhalten sich alle eiweissartigen Körper, als da sind das Eiweiss, der Käsestoff, der Faserstoff, das faserige Ge- webe der Corpora cavernosa des Pferdes, und das faserstoffhal- tige Gewebe der Muskeln. Dieser Classe der eiweissartigen Kör- per ist die zweite Classe der Stoffe und Gewebe entgegengesetzt, welche sich im thierischen Körper weniger durch Lebenseigen- sebaften, als vielmehr durch ihre physicalischen Eigenschaften der Cohärenz, Undehnbarkeit oder Dehnbarkeit und Elasticität auszeichnen. Letztere verhalten sich chemisch wieder auf glei- che Art. Ihre essigsaure Auflösung wird von rothem Cyaneisen- kalium nicht gehillt, und hieher gehören: das Zellgewebe, das .Sehnengewebe, das elastische Gewebe und der Knorpel, wovon das Zellgewebe, Sehnengewehe, Knorpelgewebe beim Kochen Leim geben, während das elastische Gewebe hiebei sich nicht in Leim auflöst. Durch dieses chemische Verhalten beider Classen der thierischen Stoffe lässt sich die elastische Arterienfaser leicht von der Muskelfaser unterscheiden, Avelchc erstere sich chemisch ganz so wie alles elastische Gewebe, nämlich wie das elastische Gewebe des Ligamentum hyothyreoideum und cricothyreoidenm medium, die elastischen Fasern der hintern Haut der Luftröhre, die Ligamenta flava der Wirbelsäule, das Band der Flughaut der Vögel, das Ligamentum nuchae der Säugethiere verhält. Dagegen ist es schwer und oft unmöglich, von einem Körper, der nach seinem chemischen Verhalten zur Classe der eiweissar- tigen Körper gehört, chemisch auszumitteln , oh er Muskelsuh- stanz oder Eiweiss u. s. w. ist. Das ungeronnene Eiweiss lässt sich zwar durch seine Löslichkeit in kaltem und lauem Wasser und durch seine Gerinnbarkeit bei 70 — .75" Cent., durch Alcohol, Mineralsäuren, Metallsalze, der ungeronnene Faserstoff durch 3. Muskelbeö Lin., die feinsten beim Papagaj 0,00020 P. Z. B,. Wagner land sie hei allen Wirbelthieren und Insecten, und beim Flusskrebs, so- wie an der Herzkammer von Helix pomatia sehr gleicliraäss^ig gross, nämlich Lin. breit; Krause mass sie zu bis toVo-Lin. Die Blutkörperchen des Kaninchens sind o — Ornat grösser als die Primitivfasern seiner Muskeln. . . i Dr. SeuwANN hat sich anhaltend mit der mikroskopischen Untersuchung der Muskeln wahrend eines Winters heschäftigt, er hat die Resultate seiner Untersuchung hier Breite der Muskelbiindel erster Ordnung betragt 0,021O“ 0jU2a Engl. Lin. Um die Primitivfasern der Muskeln isolirt darzustel- len, muss man die Muskeln bei einer geringen remperatur von 1 §0 g — 21 Tage lang macciiren. Bei einer höhern iem- peraUir verwandelt sich alles in einen Brei, au dem sich nichts mehr erkennen lässt; aber auch hei der angegebenen Tempera- tur verhalten sich die Muskeln verschiedener Thicre heim Ma- ceriren nicht gleich. Bald verschwinden die Querstreifen , ehe die Primitivfasern sich isoliren, bald trennt sich ein Muskel eher der Länge nach als in seine ]?rimilivfasern , obgleich die Quer- streifen deutlich hleihen. Am bestell eigneten sich die Muskeln des Kaninchens zur Untersuchung. Die Primitivlasern der Mus- keln sind perlschniirartige Fäden. Es erscheinen nämlich an diesen Fäden unter dem Mikroskope regelmässig auf einander folgende dunkle Piinctc von 0,0006— 0,0008 Engl. Lin. Breite, die durch helle und etwas dünnere Stückchen unter einander verbunden sind. Die Entfernung der einzelnen Puncte ist nicht überall dieselbe. Sie lässt sich sehr genau messen, indem man die Länge eines Stückes misst, worin eine bestimmte Anzahl der- selben vorhanden ist. So betrug die Entternung von 5 dunkeln Puncten au einer Stelle von Schlunde des Menschen 0,0060 ; ein einzelner dunkler Punct mit dem dazu gehörigen hellen Stückchen mass also 0,0012"'. Davon kommen auf den hellen Theil ungefähr 0,0008"', auf den dunkeln 0,0004'". Dass die Querstreifen der Muskclhüiulel durch das Anciiuinderlegen der dunkeln Punde der Primitivfasern entstehen, wird durch folgende Beobachtungen erwiesen. 4. Ihre Entfernung stimmt vollkom- men mit einander überein. Beim Kaninchen fand Schwank die Entfernung von 5 Querstreifen eines Muskclhütidels 0,0045. An einer Primitiv faser, die aus demselben Bündel hervorstand, be- trug die Entfernung von 5 dunkeln Punkten 0,0046. Zuweilen M ul ler’s Physiologie. 2r JJil. J, 3 34 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im Aüg. trennen sicTi am Ende eines macerirten Muskelhündels die Pri- mitivfasern in der Breite von einander, ohne sich in der Lange zu verrücken. Man sieht dann an diesen ausgehreiteten Stücken noch Querstreifen, welclie eben so weit von einander entfernt sind, wie die Querslreifen des übrigen Bündels, aber von dun- keln Puncten gebildet werden, die sich einzeln deutlich unter- scheiden lassen und nicht mehr Zusammenhängen. 3. Endlich beobachtet man auch zuweilen eine Verrückung der Primitivfa- sern der Dinge nach ; der Muskel erscheint dann heim ersten Anblick nicht ((iiergestreift, sondern punctirt. Bei genauerer Betrachtung sieht man aber, dass die dunkeln Puncte, wenn man sie in der Bichtung der Fasern v'erfolgt, regelmässig auf einan- der folgen. In der queren Richtung aber ist die Reihe unregel- mässig unterbrochen. Da also die Querstreifen der Muskeln durch die dunkeln Puncte der Primitivfasern hervorgebracht werden, so braucht man bloss die Entfernung der Querstreifen des Muskels zu messen, um die Entfernung der dunkeln Puncte der Primitivfasern kennen zu lernen. An einem Muskelbündel erster Ordnung sind die Querstreifen immer parallel, also die dunkeln Puncte der Primitivfasern gleich weit von einander ent- fernt. Dagegen können die Querstreifen bei zwei dicht neben ein- ander hegenden IVluskelbündeln erster Ordnung, bei dem einen nahe zusammen, bei dem andern weit von einander entfernt lie- gen. Am auffallendsten ist diess beim Schlunde des Menschen der Fall. Die Entfernung von 5 Querstreifen betrug bei demselben an einer Stelle 0,0065 — 0,0068, an einer andern 0,0053 — 0,0056'”, an einer dritten lagen sie noch dichter zusammen, so dass man sie nicht zählen konnte. Bei einer andern Leiche fand Schwann am Schlunde die Entfernung von 5 Querstreifen in einem Bündel 0,0034, an einem andern, dicht daran liegenden 0,0080"'. Beim Kaninchen ist die gewöhnliche Entfernung in den willkührlichen Muskeln 0,0043 — 0,0046'''. " Die Verbreitung der varicösen Muskelfasern, deren Bündel Querstreifen haben, ist beim Menschen sehr bestimmt, und nir- gends giebt es Uebergänge. Sie finden sich in allen vom Cerebro- spinalsystem abhängigen Muskeln, und von den unwillkührlichen bloss am klerzcn, wo Jedoch die Querstreifen sehr undeutlich sind. Am ganzen Darmkanale, am Uterus und an der Urinblase zeigen sich diese Muskelfasern nicht. Die Schlundmuskeln ge- hören der ersten Classe an. Ihre Bündel haben deutliche Querstreifen, und ihre Primitivfasern deutliche Varicositäten. Die Muskelfasern der Speiseröhre dagegen sind nicht varicös und zei- gen keine Querslreifen. Die Grenze ist ganz scharf, aber nicht wie man glauben könnte, am Anfänge der Speiseröhre, sondern in der Gegend des Endes des ersten Viertels, wie Schwann entdeckt hat. Der oberste Theil der Speiseröhre ist noch mit einer Schicht von Muskelfasern der ersten Classe belegt, mit deutlichen Quer- streifen und Varicositäten. Diese sind als Fortsetzung der ei"ent- lichen Schlundmuskeln, die denselben Bau haben zu betrachten Die varicösen Muskelfasern am obersten Theile der Speiseröhre bilden an der hintern Seite bogenförmige zarte Bändel, die an 3. Muskelhea>egung. Muskelgewebe. Bau der Muskeln. 35 der einen Seite herabsteigen und Ijogenförmig zur andern Seite wieder heraufsteigen. So grenzt auch am Mastdarra das System der ersten Classe in dem Sphincter ani, dicht an das System der zweiten Classe, und dasselbe findet am Flalse der Harnblase statt. Die pars memhranacea der Harnröhre ist mit zarten rothlicben Muskelhündeln belegt, welche nach meiner Beobachtung deutliche Querstreifen haben und der ersten Classe angehören, wahrend die blassen Muskelfasern der Harnblase und des Blasenhalses keine Spur davon zeigen. • j rn • Eines der merkwürdigsten contractilen Organe in der ihier“ weit ist das Gaumenorgan der Karpfen und anderer Cyprinen, welches in der Familie der Cyprinoiden nicht allgemein ist, da ich es beim Rapf, Cyprinus Aspius, nicht vorfand. Der contrac- tile'Thell desselben ist der oberflächliche, darunter liegt Zell- gewebe. Es ist ausserordentlich nervenreicli durch Aeste des N. Vagus. E. H. Weber hat seine eigenthümlicbe Art der Contrac- tion entdeckt. Bei mechanischer Berührung des Organs be- merkt man eine conlsche Erhebung der Oberfläche an^ die- ser Stelle, die über eine Minute dauert. Streicht man in ei- ner Linie mit einem spitzen Körper darüber, so entsteht ein Wall; macht man parallele Striche, so entstehen paral- lele Erhebungen. Drückt man breit auf, so erfolgt eine breite Erhebuno. Durch Dehnung des Organs bewirkte ich Erhebung und ZuXung in der Richtung der Dehnung. Salpetersäure, Schwefelsäure und Alkohol wirkten in meinen Versuchen nicht, ■wohl aber Schwefelsäure in Weber’s Versuch. Die galvanische Entladung einer Säule von 40 Plattenpaaren brachte mir die stärksten Zuckungen des Organs hervor, immer in der Richtung der Strömung. Auch diess contractile Organ gehört zur ersten Classe der Muskelfasern. Oberflächlich betrachtet, sieht man an ihm gar keineFasern und Bündel. Wird aber dieSchleimhaut abgezogen und das Organ gerissen, so sieht man, dass es in gewissen Richtungen leichter reisst, und es kommen durcheinander geschobene rothe Fleischbündel zum Vorschein, welche bei mikroskopischer Unter- suchung deutliche Querfasern besitzen und deren Primitivfasern varicös sind. Die Bündel sind alle ohngelähr so dick, wie die primitiven Bündel an den Muskeln der Menschen. Die mei- sten Bündel laufen von vorn nach hinten , aber schiefe Bündel schieben sich in mannigfaltigen Richtungen hindurch. Zwischen den Bündeln hegen sehr viele Oeltropfen. Hierdurch ist die ei- gentliehe Wirkungsart des Organes aufgeklärt. Die varicösen Muskelfasern mit Querstreifen der primitiven Bündel sind nicht auf die Wirbelthiere beschränkt. Bei den In- secten kommen sie z. B. in den willkührlichen Muskeln durch- gängig vor. Jedes primitive Bündel hat eine sehr dünne Scheide, welche als durchsichtiger Rand oft unterschieden werden kann. Rudolph Wagner hat viele niedere Thiere in Hinsicht des Vorkommens der gestreiften Muskelbündel untersucht. Muel- ler’s Archiv. 1835. 318. Er fand sie, ausser allen Wirbelthleren, bei den Insecten, Crustaceen, Clrrhipeden und Arachniden. 3* 36 IF, Buch. Von d. Bewegungen. I. Aischn. Thier. Beweg, im Attg. II. Muskeln mit cylindrischen , nicht oaricösen Primitiofasem und ohne Qiier streifen der primitiven Bündel. Im ganzen Tractus intestinalis der höheren Thiere, vom eigentlichen Oesophagus an his zum After, kommen diese Muskelfasern vor. Diess ist um so auffallender, da die willkührlichen Muskelfasern des Schlun- des der ersten Classe angchören. Im Dickdarm des Menschen war die Breite der Primitivfasern der Muskeln 0,0007, 0,0011, 0,0013 Englische Linien nach Schwanh’s Untersuchungen. Ihre Bänder waren ganz glatt. Auch am Muskelmagen der Vögel fand R. Wagueh keine Querstreifen, obgleich dieses Mns- kelfleisch roth ist (Burdacu’s Physiologie 5.), und diess ha- ben wir eben so gesehen. Auch im Uterus des Menschen und im schwängern Uterus des Kaninchens und an der Urinblase fand ScBWAWN keine mit Querstreifen versehenen Fasern. In der Iris des Menschen und des Kaninchens konnte ScuwAifir keine einzelnen Fasern isoliren. Doch zeigten sie, wie auch in Lautu’s Untersuchungen [Institut. Nr. 57. 70. 73.), eine deutlich faserige Structur, und zw'ar liefen die Fasern in der Nähe des Pupillarrandes concenlrisch, in der Peripherie radial. Die Cir- kelfasern der Iris des Ochsen bestehen nach Lauth aus primitiven Muskelfasern in Bündel vereinigt, die durchflochten verliefen. Lauth unterschied bloss Längen fasern, aber keine Querfasern. In der Iris des Schweines konnte Schwann die Fasern ohne Mace- ration leicht darstellen, indem er sie auseinander zerrte. Sie sind sehr fein, 0,0002 — 0,0003 Engl. Lin. breit, vollkommen cylindrisch, nicht perlschnurartig. Unter den Wirbellosen finden sich die Muskelfasern ohne Querstreifen, nach R. Wagneh’s Un- tersuchungen, durchgängig vor Lei den untersuchten Mollusken (Cephalopoden, Gasteropoden, gehäusigen Acephalen, Ascidien), und ebenso bei den Echinodermen. Ueber die Entstehung der Muskeln und über VALENTrw’s Be- obachtungen hierüber siehe oben Bd. I. 362. Ueber die physicali- schen Eigenschaften der Muskeln siehe IlALLEa Element, libr. XI. S. 2. §. ‘1 E. H. Weber’s Anatomie. I. 396. 2. Von den Lebenseigenschaffen der Muskeln. Die Lebenseigenschaften, wglche man In den muscnlösen Theilen wabrnimrnt, sind, ausser den allgemeinen, allen thieril sehen Theilen zukommenden Eigenschaften, Empfindlichkeit und Contractionskraft. Erstere kömmt nur den in ihnen sich verbrei- tenden Ernpfindungsfasern und nicht dem Muskel selbst zu, letz- tere ist die Avesentiiehe Energie des Muskels, die er auf jedwede Art der Reizung äussert, Avährend die Lebensenergien anderer. Organe auf dieselben Reize andere, z. B. Empfindungen, Ab- sonderung n. s. Vf. sind. Die Empfindlichkeit der Muskeln für äussere Eindrücke ist gering, Avie man bei Verletzungen dersel- ben durch Schnitte und Stiche sieht. Eine durch die Haut dnrehgedrungene Nadel kann ohne Schmerzen tief in einen Mus- kel eingestossen werden; auch an dem hlossliegenden Herzen hat mail nur einen sehr geringen Grad von Empfindlichkeit be- merkt. Gleichwohl besitzen die Muskeln ein sehr feines Gefühl 3. Muskelbenvegung. Lehenseigenschaften der Muskeln. 37 für ihre Zustände, oder vielmehr ihre Nerven leiten vortref}- lich die Zustände, in vpelche sie durch die Conti a^ion ver- setzt werden, wie wir denn hierdurch nicht bloss die Ermüdung und den Krampf der Muskeln empfinden, sondern durch die Äu- sammenziehung der Muskeln hei unseren Tasthewegungen pm sehr bestimmtes Gefühl von der räumlichen Anordnung der Ji.oi- per erhalten und durch die Kraft der angewandten Zusammen- ziehunu die Schwere und den Widerstand der Körper ipessen und ve?Eleichen. Das Gefühl der Muskeln kann wohl nicht von den- selben Nervenfasern ahhäiigen, welche ihre Bewegung lervorru en. Wenn man heim Frosch auf einer Seite die hinteren Wurzeln der Nerven für die Hinterbeine durchschneidet, die vort eren uiivei e z lässt, so verliert der Frosch alle Spur von Empfindlings ra , nie bloss in der Haut, sondern auch in den Äluskeln desUn ei^cien e s und Fusses, wahrend er die vollkommenste -willküluhc ic ewegiin-, in diesen Muskeln hehalt. Man kann iranze Stücke seines üeines abschiieidcn, und er w'ird dadurch nicht zu Bewegungen veran- lasst. Schnitt ich bei einem Frosch auf einer Seite A t le nn e- ren, auf der anderen Seite B die vorderen Winzeln eure , so behielt er in dem Bein A die Bewegung, wo er die mp n uiij, verlor, im Bein B die Empfindung, wo er die Bewegung ein luss e. An dem Beine B, das er nicht bewegen konnte, empland er den Schmerz, der ihn zum Fortbüpfen vei’anlasste, wobei er das Bein B nachschlepple. , , , . „ , j •. Die Muskeln bewegen sich , sobald sie seihst oder ihre mo- torischen Nerven auf irgend eine Art gereizt werden. Alle Reize bringen dieselbe Wirkung hervor, sowohl mechanische als che- mische, Kälte, Wärme und eleclrische Reize. Alle diese Reize bewirken aber auch von ihren Nerven aus Bewe- gung. Die Säuren bewirken leichter diesen Erfolg, wenn sie auf den Muskel, als wenn sie auf den NervCn wirken; doch ist es nicht für alle Fälle gültig, was ohen Bd. 1. p. 596. bemerkt wurde, dass die Säuren zwar, auf den Muskel w’irkend, Bewegmig hervorrufen, auf den Nerven allein wirkend, den Muskel ruhig lassen. Biscboff und Wisdischmann haben wenigstens ötter auc im letzteren Fall einen Erfolg gesehen. Hali.er hat die Eigen- schaft des Muskels, auf jederlei Reize sich zusammenzuziehen, sic zum besondern Studium gemacht, und dieser specitlschen Eigen- schaft den Namen Irritabilität crtheilt, welche der specifisclieii Reizbarkeit der Nerven, Sensibilität, entgegen gestellt Deux metnoires sur les parties sensibles et irritables, Lausanne 175 »• Es haben sich indess an den Namen Irritabilität, in diesem Sinne, so viele hypothetische Vorstellungen und falsche Begriffe ^ ange- hängt, dass er besser in der Historie der Medicln, als in ß*" Physiologie selbst ferner figurirt. _ _ -nt Die Contractilität der Muskeln gegen Reize, die auf sic sellis oder ihre Nerven angehracht werden, äussert sich in ihnen nocii einige Zeit nach dem Tode; sie bleibt in den musculösen Iheileii um so länger, je weniger zusammengesetzt die Structur eines Thieres ist. Mit der Zusammensetzung der Structur «»““t «'e Abhängigkeit der Theile von einander zu, und in demselben Grade 38 IV, Buch, Von d. Bewegungen, I, Jbschn, Thier, Beweg, im Allg, nimmt notliwendig die Dauer der Lebensersclieinungen in den einzelnen Theilen nach dem Zerfall des Ganzen ab. Unter den Wirbellbieren zeichnen sich die kaltblütigen in dieser Hinsicht vor den warmblütigen aus. Viele Stunden lang erhält sich die Reizbarkeit des Herzens hei den Fischen und Amphibien viele Stunden namentlich in der kälteren .Tahreszeit die Reizbarkeit der übrigen Muskeln heim Frosch, und die geköpfte Schildkröte zeigt noch nach einer Woche Reizbarkeit in ihren Muskeln. Bei den höheren Thieren dauert die Irritabilität der Muskeln in der Regel nur eine oder zwei Stunden; indessen glebt es einzelne Fälle, wo sie nach vielen Stunden noch nicht erloschen ist, wie z. B. in den Ilautmuskeln des Igels. Nysten [Rech, de physiol, et de chim, pedh, 321.) fand hei seinen Versuchen an den Leichen hin- gerichteter, vorher gesunder Menschen, dass die Muskeln in fol- gender Ordnung ihre Fähigkeit zu Zusammenziehungen verlieren. Die Aortenkammer des Herzens verliert sie am frühesten, der Darmkanal nach 45 — 55 Min , fast um dieselbe Zeit die Harn- blase, der rechte Ventrikel nach einer Stunde, die Speiseröhre nach li Stunden, die Iris 15 Min. später, noch später die Mus- keln des animalischen Lehens, zuletzt die Vorhöfe des Herzens, und am spätesten der rechte, der in einem Fall (p. 330.) nach Ifij Stund, auf galvanischen Reiz sich noch zusammenzog. Bei den Vö- geln erlischt die Conlractilität der Muskeln schneller als hei den Säugethieren, schon nach 30 — 40 Min. bis 1 St. Bei den Fröschen dauerte die Reizbarkeit des Herzens mehrere Stunden nach dem Tode, in den animalischen Muskeln 17 — 18 Stunden; an den Vor- höfen und an den Hohlvenen wurden 14 — 20 Stunden nach dem Tode noch Spuren von Reizbarkeit bemerkt. Bei jungen Thie- ren dauert die Contractilität im Allgemeinen länger. JNysten sah bei neugehornen Katzen noch nach 3 Stunden 45 Min. Contrac- tionen in den Muskeln auf Reize entstehen, und nach 6.^ Stun- den sah er noch den rechten Vorhof auf Reize sich zusammen- ziehen. Im Allgemeinen kann man aus den vorliegenden Beob- achtungen schliessen, dass, je elnllnssreichcr das Athmen hei einem Thiere, je grösser das Athemhedürfniss ist, um so kürzer die Reizbarkeit seiner Muskeln nach dem Tode dauert. Manche Stoffe vermindern hei ihrer Einwirkung auf die Mus- keln ihre Reizbarkeit. Die Muskeln von Thieren, die in kohlen- saurem Gase, Wassersloffgase, Kohlenoxydgase, Schwefeldämpfen erstickt worden , ziehen sich hei Reizen nur schwach oder gar nicht zusammen, dagegen die Muskeln in atmosphärischer Luft und im Sauerstoffgase länger contractil bleiben. Tiedemahin’s P/i/- .siol, I, 551. Vgl. Nysten 328. Das reine Wasser vermindert hei längerer Berührung mit den Muskeln auffallend ihre Reizbarkeit. Diess ist von Nasse zuerst beobachtet und von Stannius neulich bestätigt worden. Präparirle Froschschenkel, die einige Zeit iiii Wasser gelegen haben, eignen sich zu delicaten Versuchen über die Reizbarkeit der Nerven und Muskeln gar nicht mehr. Siehe Hecker’s Annalen, 1832. J)ec, Narcotische Stoffe, örtlich auf die Muskeln applicirt, tilgen ihre Reizbarkeit; auf die Nerven der Muskeln örtlich applicirt, tilgen sie die Fähigkeit des Ner- 3. Muskelbewegung. Lebenseigenschaften der Muskeln. 39 ven, von der narcolischen Stelle aus den Muskel zav Contraction zu bringen, dagegen die zwischen der narcotischen Stell« und dem Muskel Hegende Strecke des Nerven ihre ReizharkeiJ; be- halten hat. Tödten Narcotica, Indem sie in den gen, so vermindern sie nicht in dem Grade dm hei der localen Application in concentnrter Form. Man kanm an Fröschen, die durch Narcotica i^etödtet sind, noc un lang Zuckungen der Muskeln durch Reizung der Muskeln bewn-ken. Stolle von zersetzender cheiinscher Wirksam- keit, wie ätzende Alcalien, concciitrirle Säuren, Ch or u. a-i wü- ten die Muskelreizbarkeit an der betrofteneii Stel e augenblick- lich. Stoffe, welche die Reizbarkeit der Muskeln erhoben, kennt man nicht. Oxygenirte Salzsäure und kohlensaure A- calien machten zwar in v. Humboldts Versuchen, wenn c Nerven damit befeuchtet waren, die Präparate tähiger zur S‘* iiischen Irritation. Diese Wirkung ist jedoch, wie 1 hat, nicht eine Folge der wirklichen Erhöhung der thierischen Reizbarkeit, sondern der galvanischen Processe in der gcsc i osse nen Kette. Vergl. oben Bd. I. p. 608. Die Zusammenziehungskruft der Muskeln steht unter den allgemeinen Gesetzen der thierischen Reizbarkeit. er en sie selten aus Inneren Reizen bewegt, so nehmen sic an Ivratt aD; aber auch auf eine jedesmalige bedeutende Anstrengung wird die Fähickeit zur Wiederholung derselben lur den Augenblick gerin- ger, und es tritt Ermüdung ein. Erregung und Ruhe sind also für die Erhaltung und Steigerung der Muskelkraft gleich nothig. Durch die Erregung scheint die Natur bestimmt zu werden, die zur Ernährung und Bildung von Muskelgevvebe nöthigen materiel- len Veränderungen in der Ruhe den erregten Muskeln vorzugs- weise zuzuwenden. Gleichwohl ist die Ermüdung nach jeder An- strengung nothwendig, well die Action und Reizung der Mus- keln selbst unter materiellen Veränderungen ihres Gewebes er- folgt. Siehe oben Bd. 1. p. 52. Diese Thatsachen lassen sic x selbst noch in den Muskeln eines getödteten Frosches einiger- maassen beobachten. Die Zusammeiiziehungen seiner Muskc n au den galvanischen Reiz hissen sich durch massige und pcriot isc le Anwendung desselben verstärken, wenn sie anlangs geringe^ wa- ren, aber sie lassen sich auch schnell durch zu häulige Reimn- gen erschöpfen; und wenn wiederholte Reizungen die Abnahme der Contractionen bedingen, so stellt die Ruhe oft eiiiigerniaassen die Fähigkeit zu einer Contraction wieder her. Die Zusammenziehung der Muskeln, welche sie fester un härter macht, ist allein der active Zustand derselben, im ver- längerten Zustande sind sie erschlafft. Die Annahme einer acti- ven Expansion der Muskeln lässt sich auf keine Welse rechtterti- gen. Oesterueicuer hat sie durch einen sinnigen Versuch recht gut widerlegt. Er hat nämlich die Beobachtung gemacht, dass das aus einem lebenden Frosche ausgeschnittene Herz, mit einem kleinen Gewichte beschwert, ilas Gewicht erhebt, wenn es sich zusammenzieht, bei der Erweiterung des Herzens aber sinken lässt. Man darf sich übrigens die lebenden Muskeln me ganz er- 40 IV. Buch. Von d. Bewegung. I. Ahschn. Thier. Beweg, im Allg. sclilafft, (lenken. Sic sind Leständig dem Princip der Nerven aucli im Zustande der Ruhe ausgesetzt; diess sieht man deutlich indem Zurückziehen der durchschnittenen Muskeln, an den leisen Be- Lungen blossgelegter Muskeln und an der Vex’stellung des Gesichts und der Zunge bei halbseitiger Lähmung. Beobachtet man einen Muskel im Moment der Zusammen- ziehung, so sieht man, dass er, indem er sich verkürzt, sich in demselben Grade verdickt, und oft sieht man deutlich genug eine wellenförmige blitzschnelle Biegung seiner BündeL Da die Mus- keln l)ci ihrer Zusammenziehung fester werden, so liegt der Ge- danke nahe, dass sie sich hei der Zusammenziehung zugleich ver- dichlen und also ein kleineres Volumen einnehmen, obgleich die grössere Festigkeit des zusammengezogenen Muskels auch von der Stärke der Anziehung gewisser Theilchen des Muskels gegen einander herrühren kann. Ohne der älteren unvollkommneren Beohachtungen von Glissoh, Swammeedam ( Haller elcm. Uh. XI. S. 2. §. 22.) zu gedenken, erwähne ich hloss die genaueren, in neuerer Zeit hierüber angestellten Untersuchungen. Man bringt zu diesem Zweck die contractilen Tlieile in eine mit Wasser ge- füllte Röhre, die in ein feines Röhrchen ausläuft, Ai'oran man den Stand des Wassers im Moment der durch Galvanismus er- regten Contraction beobachtet. BARZELLOTxr, Mayo, Prevost und Dumas, welche an kleineren Fleischmassen operirten, fan- den keine Veränderung des Niveaus, welche hingegen von Gruit- HUisEN xind Erman (Gilb. Ann. 40.), von Letzterem in sehr ge- ringem Grade, beobachtet wurde. Erman brachte in ein Glas- gelass die untere Hälfte eines Aals ohne die EingeAveide, einen Metalldi-ath an das Rückenmark, den zweiten an das Fleisch des Fisches, und richtete diese so ein, dass sie mit den Polen einer galvanischen Säule verbunden werden konnten. Das Gelass wur’de dann mit Wasser gefüllt, so dass auch eine enge Glasröhre, in welche der Apparat oben endete, damit gefüllt war. Beim Schliesscn der Kette und bei der Zusammenziehung der Muskeln fiel das Wasser in der engen Röhre jedesmal um 4 — 5 Linien, und stieg wieder bei der OelFnung. Die Verdichtung der Mus- kclmasse ist daher so unbedeutend, dass man hierauf bei der Erklärung der Phänomene der Muskelcontraction gar nicht rechnen kann. Vielleicht hatte diese Verdichtung auch allein ihren Grund in der Compression der durchschnittenen und daher mit Luft gefüllten kleinen Gefässe der Miuskeln; sie erklärt sich wenigstens hieraus vollkommen. Wenn diese Versuche wieder- holt werden,, so darf das Stück des Aals nur unter Wasser zu- liereitet, und muss ohne Berührung der atmosphärischen Luft in die Röhre gebracht werden. Die Ursachen, welche die Verkürzung des Muskels bei der Zusammenziehung bewirken, können dreier- lei seyn. 1. Zickzackföi’mige Biegung der Muskelbündel. Ein Phäno- men, das man an den sich contrahirenden Muskeln mit blossen Augen sehen kann, und das man mit der Loupe sorgfältiger be- obachtet, ist, dass die Bündel der Muskelfasern zickzackförmige Biegungen niacheu. Prevost und Dumas {Journ. de physiol. 3. 3. Muskelbeivegung. Lehenseigenscliaften der Muskeln. 41 311.) liaLen sicli mit dem Studinm dieses Phänomens abgegeben. Preyost und Dumas betracliten die Muskelfasern als zusammen- gesetzt aus einer gewissen kleiner gerader Linien, m a- hig sind gegen einander sieb zu neigen. An ^en Scbenkelinus- kein eines Frosches hetrng die Länge dieser Linien 1 ^ Mlllim., die Distanz der durch die winkelförmige Beugung einan- der genäherten Endpuncte der Linien 16—17 Mdlim., lo sol- cher Linien betrugen zusammen 172,5 Millim.; diess druckt die Länge dieser Muskelpartie im Zustande der Ruhe aus. Die Di- stanz der Winkel im gereizten Zustande dieser Linien betrug 130 Millim.; die Verkürzung betrug also 0,2-3 auf eine Muskel- faser. Pbevost und DumaS massen ferner die Verkürzung selben Muskels im Ganzen bei der Contraction; diese betrug 0,27. Da diese Messungen nabe übereinstirnmen , so schlossen sie, dass die Verkürzung der Muskeln durch ihre Zusammenziebung lyn - lieb von jenen Winkeln, welche die 10 — 12 Millim. langen Tbeile der Muskelfasern machen, berrübre. Mehrere Gründe machen indess wabrscbeinllcb, dass die von Pbevost und Dumas beob- achtete und so leicht mit blossen Augen zu erkennende Biegung der Muskelfasern in Winkel nicht die einzige und vielleicht nicht einmal die wesentlichste Ursache ihrer Verkürzung ist. 2. Lauth hat schon einige hieher gehörige wichtige Beob- achtungen gemacht. InslCluf. 57. 70. 73. Mueli.er’s ylrchtv 1835. p. 4. Indem er unter dem Mikroskope einen noch reizbaren Muskel einer galvanischen Säule ausselzto, beobachtete er, dass die Zusammenziehung auf eine zweifache Weise geschah. Die stärkste Zusammenziehung war das Hervorhringen von Zickzack- krümmungen in der ganzen secundären Faser; war aber die gal- vanische Wirkung geringer, so bemerkte er eine Verkürzung der ganzen secundären Faser ohne Zickzackhiegung. In diesem Falle bietet die Oberlläche der secundären Faser (Bündelchen ), anstatt glatt zu seyn, in ihrem ganzen Umfange Qucrrunzeln (vides) dar, welche man sonst auch in den im Zickzack geboge- nen Fasern und ganz unabhängig von dieser letztem Krümmung bemerkt. Es ist demnach augenscheinlich, saugt Lauth, dass diese mindere Verkürzung der Contraction der Primitivfasern zuzu- schreiben ist, welche Contraction nach Lauth durch die Annä- herung der Kügelchen, die sie bilden, erhalten wird. Bei der Untersuchung der primitiven Muskelbündelcben der Insecten habe ich eine Art von Querlinien beobachtet, welche wohl von den dicht hinter einander folgenden Querlinicn unterschieden werden müssen. Man sieht die Querlinien, welche ich hier meine, am deutlichsten an primitiven Muskelbündelcben von Insecten, die in Weingeist gelegen haben, öfter aber auch stellenweise an frisch Vintersucbten Muskelbündelcben der Insecten. Diese (se- cundären) Querlinien sind sehr viel weiter von einander entfernt als die primitiven Querlinien, aber ihre Distanz ist regelmässig, und das Bündelchen sieht an den in Weingeist aufbewahrten Muskeln oft wie ganz gleichförmig gegliedert aus; auch brechen die primitiven Bündelchen leicht an den secundären Querlinien bei Muskeln, die in Weingeist auf bewahrt worden, ab. Die 42 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im AUg. Entfernung der secundären Linien ist etwas weniger als halb so gross als die Breite der primitiven Bündel der Insecten. 5 grös- sere Querstreifen hatten zusammen eine Distanz von 0,010, die Distanz zweier ist also 0,002 Engl. Lin. Meist waren die secundä- ren Querlinien gerade, zuweilen ein wenig schief oder gebogen; immer aber an grossen Strecken der Bündelchen parallel. An den primitiven Bündelchen der im Weingeist aufbewahrten Muskeln sieht man deutlich, dass das primitive Bündel an den Querlinien eingeschnürt, zwischen den Querlinien bauchig ist; die Ein- schnürung und der bauchige Theil sehen hei verschiedener Be- leuchtung dunkel oder hell aus. Zuweilen ist die Einschnürung hell, der Bauch dunkler, zuweilen, hei kleiner Veränderung der Sehweite, umgekehrt. Der helle Theil an der Querlinie der Ein- schnürung betrug 0,0007 Engl. Lin., der dunkle des Bauches 0,001-3. Diese Einschnürungen rühren keinesweges von einer blossen Runzelung der Scheide der primitiven Bündelchen her. Denn man kann deutlich die Scheide der primitiven Bündelchen am Rande als hellen Saum unterscheiden, und dieser helle Saum ist es nicht allein, der die Einschnürungen zeigt; man sieht oft sehr deutlich, dass die Muskelsubstanz des Bündelchens, die aus dem Fascikel primitiver Fibern mit primitiven Querstreifen be- steht, eben so eingeschnürt als die Scheide ist. Da nun die Muskelfasern der Insecten mit denen der höheren Thiere durch die Form ihrer Fasern und die primitiven Querlinien überein- stimmen, so ist die Erscheinung der secundären Querlinien an den ersteren von Wichtigkeit für die Erklärung der Zusammen- ziehung der Muskeln, und da die secundären Querstreifen an einzelnen Stellen fehlen, während sie an anderen vorhanden sind, so wird es dadurch noch wahrscheinlicher, dass sie ein Ausdruck der Zusammenziehung der primitiven Bündel sind. Diese Art der Zusammenziehung würde sich von der zickzackförmigen Zu- sammenziehung der grössern Bündel darin unterscheiden, dass das Bündelchen keine abwechselnden Biegungen macht, sondern dass die primitiven Fasern zwischen zwei secundären Querlinien aus einander weichen, und dadurch die Erweiterung des bau- chigen Theiles bilden. Natürlich kann ein Bündel von Fa- sern auf doppelte Art sich verkürzen; 1) durch absvechselnde Biegung des ganzen Bündels, wobei die Fasern in den Biegun- gen parallel bleiben, und diess tindet bei der sichtbaren Ver- kürzung der grössern Bündel statt, und 2) durch bauschförmi- ges Auseinanderweichen der Fasern des Bündels zwischen aliquo- ten Quertheilungen des Bündels. Diese Art der Zusammenzie- liung kommt sehr wahrscheinlich neben der erstem au den Muskeln der Insecten vor, und vielleicht auch an denen der hö- heren Thiere. 3. Es ist möglich, dass die Muskelfasern der zweiten Classe an dem organischen Theile des Leibes sich auf die erste und die zweite Art zugleich zusammenziehen; an den Muskelfasern des animalischen Systems mit varicösen Anschwellungen ist indess nocH eine dritte Art der Contraction in noch kleineren Theil- chen möglich, nämlich durch Annäherung der Anschwellungen 3. Muskelbeeoegung. Lebenseigenschaften der Muskeln. 43 und Verkürzung der dünneren Stellen zwischen den Varicositä- ten der Primitivfasern. Dass eine solche Zusainrnenziehung statt- finde, lässt sich weder behaupten noch widerlegen. Da die Va- ricositäten in der ganzen zweiten Classe der Muskeln fehlen, so würde jede Theorie der Muskelcontraction fehlerhaft seyn, wel- che von diesen Anschwellungen der Primitivfasern allein aasgeht. Indess kann diese Annäherung der Kügelchen sehr gut neben den übrigen Zusamrnenziehungen, welche sich in den secundären und primitiven Bündeln zeigen, in den animalischen Muskeln Vorkommen; und es ist sogar aus einigen Gründen wahrschein- lich, dass sie wirklich hier stattfindet. Dafür spricht nämlich der Umstand , dass die Varicositälen sellist zur hauschförmigen Contvaction aliquoter Tlieile der Bündelchen eben so wenig^ als zur zickzackformigen Zusammenziehung der Bündel nöthig sind; indem auf jede Biegung eine ganze Reihe von Varicositäten kom- men; zweitens spricht dafür der positive Grund, dass die Vari- cositäten der Fasern und die primitiven Querlinien der Bündelchen des animalischen Systems nach Sciiwann’s Untersuchungen an neben einander liegenden Bündelchen nicht immer gleich weit von einander entfernt sind. Weiter lässt sich diese Hypothese nicht führen. Wenn aber eine solche Annäherung der Varicositäten stattfinden sollte, so könnte sie auf zweierlei Art denkbar statt- finden, entweder durch Anziehung der Anschwellungen oder Kü- gelchen gegen einander, wenn letztere ganz solid sind, oder durch Ver'TÖsserung der Kügelchen durch Anhäufung eines Fluidums in den Varicositäten, auf Kosten der verbindenden Zwischen- stellen, wenn nämlich die Primitivfasern der Muskeln hohl seyn und ein Fluidum enthalten sollten. Hierüber mehr zu sagen ist überflüssig und gefährlieh,- da man sich von der Basis der Facta entfernen müsste. Es ist hei dem jetzigen auch noch so vollkom- menen Zustande der Instrumente und vielleicht niemals möglich zu entscheiden, ob diese so unendlich zarten Fäden, wie die primiti- ven Muskelfasern sind, solid oder hohl sind, und die Vorstellun- gen und kühnen Hypothesen der Alten hierüber hier zu wieder- holen, kann nicht die Aufgabe dieses Werks, sondern der Geschichte der physiologischen Hypothesen seyn. Haller elem. üb. S. .3. Rigor mortis. Nysten a. a. O. Guentz der Leichnam des Menschen. Leipz. 1827. Burdach Physiologie. Bd. 3. Nicolai, Rust’s Magazin. 34. 2. A. G. Sommer diss. de signis mortem ho- minis absolutam indicantibus. Pars 2. Haoniae 1833. 8. Die Tod- tenstarre. Rigor mortis, ist eine nach dem Tode durch die Mus- keln bewirkte Steifigkeit der Glieder, welche zu einer gewissen Zeit eintritt und aufhört. Sie beginnt gew'öhnlich nach Sommer am Halse und Unterkiefer, geht dann auf die oberen Extremitä- ten von oben nach abwärts, dann auf die unteren Extremitäten über; seltener beginnt sie in den unteren Extremitäten, oder in beiden zugleich. Sommer fand in 200 Fällen nur einmal die Ausnahme, dass der Rigor nicht am Halse begann. Die Muskeln fühlen sich im Rigor, Beuger sowohl als Strecker, fester und dichter an. Nach Sommer findet beim Rigor sogar eine leise Be- wegung statt. Sommer fand die Behauptung von Nysten unrich- 44 IV. Buch, Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im Allg, tig, dass bei der Steifigkeit immer die Lage der Glieder bleibe, wie sie vorher gewesen. Er fand vielmehr, dass der Unter- kiefer, wenn er auch im Tode vom Oberkiefer abstand, später zu dem Oberkiefer fest angezogen wurde. Er fand auch, dass an den Extremitäten eine stärkere Beugung erfolge, so z. B. dass der Daumen gegen die Handfläche angezogen, oder gar der Vor- derarm ein wenig gebeugt wurde. Wü-d der schon in einem Theile ganz entwickelte Rigor mit Gewalt aufgehoben, so befällt er diesen Theil nicht wieder; geschieht diess aber während der Entwickelung des Rigors, so tritt er gleichw'ohl nach Sommer wieder ein. Ist z. B. iim ausgestreckten Arme der allgemeine Rigor schon vorhanden, aber noch nicht ganz entwickelt, und wird die Beweglichkeit des Ellenbogengelenks gewaltsam herge- stellt, so wird es gleichwohl nach einiger Zeit wieder unbeweg- lich. Die Ei’schlaffung beginnt gewöhnlich zuerst wieder am Ko- pfe, dann an den oberen, am spätesten an den unteren Extremi- täten. Der Rigor tritt nach Sommer’s zahlreichen Beohachtungen (an 200 Leichen), die bei den mannigfachen Differenzen von an- deren Beobachtern wohl das meiste Vertrauen verdienen, nie schneller als 10 Minuten nach dem Tode, nie später als nach 7 Stunden ein. Die Dauer ist nach Nystex und Sommer im All- gemeinen um so länger, je später der Rigor mortis eintritt. War die Muskelkraft vorher ungeschwächt, wie bei Menschen, die an Asphyxie umgekommen, so tritt der Rigor auch später ein und dauert länger. Jfach acuten Krankheiten , mit grosser Niederge- schlagenheit der Kräfte, entsteht die Todtenstarre schneller, nach dem Typhus, nach Sommer, z. B. zuweilen schon nach 15 — 20 Minuten nach dem Tode. Auch nach chronischen Krankheiten, welche die Kräfte erschöpft haben, wird dasselbe beobachtet. Nach plötzlichen Todesarten von acuten Krankheiten dauert der Rigor nach Sommer auch dann länger, wenn er selbst schnell eingetreten. Hunter und Himi.y bemerken, dass bei einem vom Blitz Getödteten gar kein RigOj- erlölge; Sommer sah ihn iiuless bei einem durch den elecirischen Schlag getödteten Hunde eben so schnell als geYVÖhulich eintreten. Auch Orfila’s Bernerkung, dass nach Asphyxie von Kohlendunst der Rigor spät eintrete, fand Sommer nicht bestätigt; derselbe bemerkt, dass, wenn er bei Asphy- ctischen mitunter spät eintretc, diess eher von dem dem Tode vorangehenden Sclieintode, als von der Todesart abzuleiten sey. Auch dass die Todesstarre nach narcotischen Vergiftungen fehle, fand Sommer bei seinen Versuchen an Thieren eben so wenig als Nysten bestätigt. Schon Nysten beobachtete, dass die Tod- tenstarre auch die gelähmten Muskeln bei der Hemiplegie gleich stark befalle. Diess bestätigt Sommer mit dem Zusatze, wenn die Paralysis nicht mit einer bedeutenden Veränderung in der Ernährung oder mit Wassersucht der Muskeln selbst verbunden ge- wesen; in welchem Falle Sommer einmal einen gänzlichen Man- gel des Rigors auf der gelähmten Seite beobachtete. Nysten be- merkte, dass der tetanische Krampf bei am Tetanus Verstorbenen mit oder nach dem Tode schnell aufhörc, dass darauf der Kör- per einige Stunden sclilafl bleibe, ehe der Rigor eintrete; Som- 3. Muskelbewegung. Lebenseigenschaften der Muskeln. 45 MER sali indess in einem Fall von Tetanus den telanisclien Krampf an den Kiefern unmittelbar in den Rigor sich lortsetzen. Bei Nengebornen und Greisen tritt der Rigor im Allgemeinen scbnel- 1er ein, ist nicht so stark und verschwindet früher. Gegen Ny- STEN beobachtete Sommer in vielen Fallen, dass der Rigor schon vor der vollkommenen Erkaltung und zuweilen schon eintntt, wenn die Wärme sich noch erhält. Die Todtenstarre tritt in der Luft und im Wasser ein, doch wird eine in Wasser von 0 — 15“ untergetauchte Leiche stärker und länger vom Rigor be- fallen, als in der Luft von gleicher Temperatur, ln Hinsicht des Einflusses des Gehirns und Rückenmarks auf die Entwicklung des Rigors stimmt Sommer Nysteh’s Beobachtungen hei, dass nämlich die Zerstörung der Centraltheile des Nervensystems keinen Einfluss auf die Entwicklung, den Grad und die Dauer der Todtenstai’re habe. Der Sitz "des Rigors liegt nach Nysten in den Muskeln; denn er bleibt, wenn man auch die Häute und selbst die tenbänder der Gelenke durchschnitten, verschwindet aber nach Durchschneidung der Muskeln. Diess bestätigt Sommer, be- merkt aber, dass, wenn auch ein Glied nach Durchschneidung der rigiden Muskeln seine Beweglichkeit wieder erhält, die durch- schnittenen Muskelstücke gleichwohl fest und rigide bleiben, was schon Rudolphi beobachtete. Nysten halte die Todtenstarre von der organischen Cöntractilität der Maskelfasern abgeleitet. Un- ter seinen Gründen dafür ist der wichligste, dass, wenn der Ri- gor bei der grössten Beugung eines Gliedes eintrete, die Beuge- muskeln dann dieselbe Beschaffenheit haben, als wenn sie will- kührlich zusamraengezogen sind; und dass sie statt erschlaflt, vielmehr verkürzt und verdickt erscheinen. Sommer hingegen erkennt diese Thatsache nicht an. Befinde sich der eine Arm ein^ Todten vor dem Eintritt des Rigors in Beugung, der andere in Streckung, so werde auch der Biceps des extendirten Armes ri- gide, obgleich sein Rigor nicht der vitalen Contraction ähnlich sei. Zunächst fragt sich hier, ob die Muskeln zur Zeit des ein- getretenen Rigor selbst noch Spuren von organischer Contractili- tät auf angebrachte Reize zeigen. Nysten h.-ittc schon sehr schwa- che Spuren derselben in diesen Fällen zuweilen beobachtet. Som- mer sah in der Regel keine Wirkung auf angebrachte Reize; zu- weilen sah er ganz deutliche Zusammenziehungen, obgleich diese keinen Einfluss auf die Lage der Glieder halten. Im Allgemei- nen tritt das Phänomen des Rigors um so früher ein, je schnel- ler die Erregbarkeit der Muskeln abstirbt, so z. B. am frühesten bei den Vögeln; bei den Amphibien, wo die Erregbarkeit der Muskeln lange dauert, tritt der Rigor spät ein und dauert kürzer. Sommer leitet den Rigor von einer physischen (nicht organischen) Cöntractilität der Muskeln ab. Denn, sagt er, das Phänoi^n trete dann ein, wenn alle Lebenspbänomene sich vermindert haben; eine ähnliche pbysicaliscbe Contraction zeige sich nach dem Tode auch in nicht musculösen Theiien, in der Haut, im Zellgewebe, in den Häuten und Bändern, üii- riLA, Beclabd und Treviranus leiteten den Rigor "von der Gerinnung des Blutes ab. Sommer hält diese Erkläiung für 46 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im Allg. unrichtig, indem ein starker Rigor zuweilen vor der Gerin- nung des Blutes eintrete, oder wenn die Gerinnung unvollkommen sey. Bei Ertrunkenen, wo der Rigor stark sey, Bleibe oft das Blut flüssig; eben so bei Menschen und Tbieren, die durch Blausäure umgekommen. Gleichwohl erkennt Sommer die Aehn- liohkeit beider Phänomene an; die Gerinnung des Blutes sey der Tod des Blutes, der Rigor der Tod der Muskeln. Mir scheint die Erklärung des Phänomens durch die Gerinnung des Blutes in den kleinen Gefässen noch keinesweges widerlegt. Es lässt sich nicht bezweifeln, dass durch die Gerinnung des Blutes und der Lymphe in den kleineren Blut- und Lymphgefässen sich die Cohäsion der Muskeln vermehren müsse, und es fragt sich nur, ob diese Vermehrung der Cohäsion allein zur Bewirkung der Erscheinungen des Rigor hinreicht. Obgleich diess nicht bewie- sen werden kann, so sieht man doch bei dieser Erklärung sehr gut ein, wie in Folge der Gerinnung des Blutes später auch wieder eine Verminderung der dadurch vermehrten Cohäsion eintreten müsse. Die Gerinnung des Blutes und der Lymphe ist nämlich anfangs so, dass die ganze Masse derselben fest und gal- lertartig wird. Später, und oR sehr spät erst, zieht sich das Ge- rinnsel des Faserstoffs, welches die flüssigen Theile fein vertheilt einschliesst, so zusammen, dass das Serum ausgetrieben wird. Sobald dieses in dem geronnenen Blute und der Lymphe der kleinen Gefässe geschehen ist, muss die Cohäsion aller Theile sich wie- der vermindern. Die Gerinnung des Blutes und die Gerinnung des Fettes nach dem Tode der warrnhlütigen Thiere machen 'die Theile cohärenter, aber nur durch die erstere wird die ver- mehrte Cohäsion später wieder aufgehoben, während das Fett seinen^ geronnenen Zustand behält. Ich will indess die Erklärung des Rigor aus der Gerinnung des Faserstoffes im Blute und in der Lymphe keineswegs als die richtige und als die meinige auf- steilen, vielmehr mir aussprechen, dass mir der Stand der Sache als solcher erscheint, dass diese Erklärung für jetzt weder ent- schieden bewiesen, noch entschieden widerlegt werden kann. Sollte sich dereinst sicherer beweisen lassen, dass der Rigor von einer physicalischen Contractilität der absterhenden Muskelfasern abzuleiten sey, die mit der Zersetzung aufhore, so würde das Phänomen mehr Aehnlichkeit mit der physicalischen Zusammen- ziehung des schon geronnenen Faserstoffs zu einem kleinern und festem Körper haben. IV. Capital. Von den Ursachen der thierischen Bewegung. ^ Bei der Untersuchung der Ursachen der Bewenun" von fe- sten organischen Theilchen muss man zuerst die" Bwegunnen nervenloser Theile und solcher Theile unterscheiden, welche Sn- ter Wechselwirkung der contractilen Gewebe mit dem Nervensysteme erfolgen. Im ersten Falle sind die Bewegungen der Pflanzen, and vielleicht einiger nicht musculöser Theile der Thiere. 4. Ursachen der thierischen Bewegung. 47 Im einfachsten Zustande beobachten wir die ersten Spuren organischer Contractilität an den Oscilliitorien, jenen einfachen unter einander verfilzten Fäden, in denen keine Zusammen- setzung der Structur gesehen wird, und welche aus einer, mit linear dicht auf einander folgenden Rörnchen gefüllten Röhre bestehen. Diese Körnchen werden zu gewissen Zeiten der Ent- wickelung dieses Vegetabile aus der Röhre ausgestosscn , die da- durch ihre Contractilität nicht verliert. Die oscillatorischen langsamen, alser deutlichen Riegungen dieser Fäden habe ich unter dem Mikroskope hei Herrn Meten gesehn; sie sind für die Theorie der organischen Bewegung wegen der Ein- fachheit der Structur Von besonderer Wichtigkeit. Wenn sich diese Fäden zu bewegen anfangen, krümmen sie sich un- merklich und langsam nach einer Seite hin, und gehen nach einiger Zeit wieder zurück und gar zur entgegengesetzten Seite hin, wobei die im Innern enthaltenen Körnchen vollkommen ru- hig bleiben. Da diese Bewegungen ohne Anziehung von Seiten nahe gelegener Fäden erfolgen, und da im Innern der Fäden beine Saftcirculation oder Ortsveränderung der Säfte bemerkt Wird, so können wir uns den Process dieser Contractionen nicht anders vorstellen, als dass durch eine sich bald auf dieser, bald auf Jener Seite des Fadens oder der Röhre steigernde Erregbar- beit die Tlieilchen der Wände dt« Fadens sich annähern^ dass die Wände bald auf der einen, bald auf der andern Seite sich verdichten, oder dass die Wände bald hier, liald dort mehr Wasser anziehen, festhalten und damit aufquellen. Die Idee ei- ner Kräuselung wird durchaus durch den Augenschein wider- legt. Die spontanen, auch ohne Reize erfolgenden rhythmischen Bewegungen der Blätter des Hedysarum gyrans zeigen uns das- selbe Phänomen an einer hohem Pflanze. Auch hier muss sich die Erregung aus innern Ursachen bald mehr auf der einen, bald auf der andern Seite des contractilen Gewebes der Basis der Blattstiele steigern, und entweder eine Annäherung kleiner Theil- chen, oder ein Aufquellen der einen und andern Seite ' von In- nern Flüssigkeiten herbeiführen. Bei der auf Reize erfolgenden Bewegung der Blattstiele der Mirnosa pudica durch Krümmung des Wulstes der Blattstiele, ist diese Erregung auch durch äus- ^re Reize bestimmbar, und es ist hier wahrscheinlicher, dass die , durch Anziehung der von Dutrochet entdeckten, im ellgewebe des Wulstes linear geordneten Kügelchen entsteht, le selbst wieder nach Dutuocuet hohl sind. Die Ursachen der unperbewegung der Thiere zu untersuchen, ist noch lange Zeitpunct. Wir kennen nicht einmal den Mechanis- mus, durch welchen sie erfolgt. Das Einzige, was feststeht und ci’wähnten Bewegungen näher stellt, ist ihre grosse Unabhängigkeit von dem Nervensystem. An diese Bewegungen, welche von der Wechselwirkung mit einem Nervensystem unab- ängig sind, schliessen sich einigermaassen schon die Bewegungen jm Zellgewebe, oder leimgebenden contractilen Gewebe der ihiere an, die mit Leichtigkeit auf die das Gewebe selbst tref- tenden Reize, namentlich Kälte und Wärme und mechanische 48 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im Allg. Reize, erfolgen. Diese hahen aueli noch das Äehnliche mit den Pflanzenhewegungen, dass beide von dem electrischen Reize nicht merklich erregt werden. Doch sind jene Bewegungen vom Ner- vensysteme der Thiere nicht mehr ganz unabhängig. Die Con- tractilität der Haut und der Tunica dartos äussert sich nicht bloss auf äussere Reize, sondern öfter auch aus innern im Ner- vensystem liegenden Gründen. Die Dartos ist oft gerunzelt, wo nervöse Reizung in den Genitalien unverkennbar ist, wo auch der Cremaster angezogen ist, und die Contractilität der- Haut äussert sich oft genug unter eben so offenbaren Affectionen des Nervensystems, z. B. mit Schauder (als Gefühl und als Muskel- Bewegung zugleich.) Da wir indess bei diesen schwer zu ana- lysirenden Bewegungen die Wechselwirkung mit dem Nervensy- stem nicht leicht erforschen werden, so ist unsere ganze Auf- merksamkeit auf die Muskeln gerichtet, bei welchen die ent- schiedenste Wechselwirkung des contractilen Gewebes mit dem Nervensystem klar ist. Die Art, wie die Verkürzung des Icim- gebenden contractilen Gewebes erfolgt, ist wahrscheinlich Kräu- selung, durch Anziehung aliquoter Theilchen der Fasern gegen einander. Die Fähigkeit der Muskeln sich zusammenzuziehen, steht mit zweierlei Einflüssen in dem innigsten Zusammenhänge, mit dem Einflüsse des Blutes und der Nerven. 1) Einfluss des Blutes. Stenson hat zuerst gezeigt, dass die Muskeln ihre Bewegungen einstellen, wenn der Strom des Blutes (namentlich des arteriellen Blutes) zu ihnen gehemmt ist Man beobachtet dieses Phänomen zuweilen auch nach der Unterbindung eines grossen Arterienstammes beim Menschen. Die Bewegungen der Muskeln auf den Einfluss des Willens durch das Nervensy- stem verlieren sich zum Theil oder ganz, bis sich allrnähllg der Collateralkreislauf ausgebildet hat. Abtiemasn, Bichat, Emmert haben diess bestätigt. Siehe das Nähere in TREVinAS’'s Biologie. 5. V 38 J Segai.as (^Journ. d. physiol. 1834.) beobachtete nach Un- terbindun" der Aorta abdominalis bei Thiercn eine Schwäche der ninte”rbeine, so dass das Thier nach 8 — 10 Minuten die Hinterbeine kaum hinter sich her schleppen konnte. Ob das Blut bei dieser nothwendigen Wechselwirkung mit den Bevye- gungsorganen mehr nötbig ist, in vvielern es die Contractilität der'Muskeln oder den Einfluss der Nerven, welche dem Willen dienen, erhält, ist von den Beobachtern nicht beachtet wor- den. Teeviranus erklärt sich gegen Percv für die Nothwen- digkeit des Blutes für die Muskeln, insofern das Zerfallen der Arteriensfämme der Glieder in viele anastomosirende Reiser bei einigen viel kletternden Thieren (Lemur, Bradypus) für die Er- haltung eines ungestörten Laufes des Blutes bei den Anstrengun- f-en der Muskeln berechnet zu seyn scheint *). Wahrscheinlich *') Die Wundeructze komnien eben so oft an nicht rauseulöscn Theilen als an niosculösen vor, zu den ersteren gehört das Wundernclz der Carotis interna der Wiederkäuer, und das von EschriCUT und mir cnldcektc grösste aller Wundcrnctze an der Pfortader des Thuufisehes. 4. Ursachen der ihierlschen Beivegwig. Nerven. 49 wird es in beider Bezieliung iiotbwendig scyn, indess ist es ge- wiss, dass selbst nach gänzllcbcm Stillstände des Blutumlaufes bei getödteten Tbieren und an abgescbnittenen Gliedern sowolil die Nerven noch fällig sind, gereizt, die Muskeln zur Contraction zu bestimmen, als aucli die Muskeln fähig sind, unmittelbar gereizt, sieb zusammenzuzielien. Die Unterbindung einer Arterie hemmt den Einfluss des Blutes nicht allgemein, Blut ist dabei in den kleinsten Gefässen der Muskeln noch vorhanden; die Unterbin- dung hemmt aber den Zufluss neuen arteriellen Blutes zu den Muskeln und Nerven. Segalas Versuche zeigen auch, dass bei voller Anfüllung der Capillargefässe durch blosse Hemmung der Circulation nach Unterbindung des untersten Theils der Vena cava die Bewegungskraft vermindert wird. Es ist also ge- wiss, dass das arterielle Blut In den Bewegungsorganen eine Ver- änderung erleidet, wodurch es venös geworden, die Fähigkeiten derselben nicht mehr so wie vorher unterhält, und dass die Be- wegungsorgane nur unter dem beständigen Einflüsse des arteriel- len Blutes ihre volle Contractilifät behalten. Man sieht diess auch aus den bei den Blausüchtigen beobachteten Erscheinungen, l>ei welchen wegen Offenbleibens des ovalen Loches im Septum atrlorum, oder wegen OlFenblelbens des Ductus Botalli, oder we- gen Enge der Artcria pulmoiialis etc. beide Blutarten gemischt werden,' oder das ai-terielle Blut sich nur unvollkommen bildet. Diese Menschen sind zu grösseren Muskelanstrengungen unfähig. Bei den Amphibien ist der Einfluss des Blutes auf die Nerven und Muskeln weniger nothwendig zur Ausführung der willkühr- lichen Bewegungen. Die Frösche behalten den Einfluss des Wil- lens auf ihre Muskeln nach Ausschneidung des Herzens; ja sie bewegen sogar ihre bis auf die Nerven allein amputirten Glieder willkührlich; ich fand auch die Muskeln eines Frosches noch reizbar, selbst nachdem ich alles Blut durch einen in die Arte- rien getriebenen und aus den durchschnittenen Venen ausflics- senden Wasserstrora aus den Gefässen ausgetrieben hatte. 2. Einfluss der Nerven auf die CojUraclionsfiihigkeii der Mus- keln. Von der Wirkung der Nerven auf die Erregung der Mus- keln zu Bewegungen muss man wohl ihi’en Einfluss auf die Er- haltung ihrer Contractionsfähigkeit unterscheiden. Haller be- trachtete die Contractionskraft der Muskeln als eine ihnen, un- abhängig won den Nerven, zukommende Lebenseigenschaft, die er li’ritahilität nannte. Foktana, Soemmerrisg, Nysten, Bicuat u. A. folgten Haller. Dieser grosse Physiolog lehrte, dass alle Reize aut die Muskeln wirkend, ihre Zusammenziehungskraft an- regen, und nicht zuerst durch die Nerven auf die Muskeln zu wirken brauchen, dass der Reiz der Nerven vielmehr nur eine Speeles unter den vielen Reizen der Contractionskraft der Mus- keln sey. Seine und seiner Nachfolger Beweise sind längst er- schüttert. Das Herz bewegt sich nicht unabhängig von allem Nerveneinfluss, und seine Nerven sind nicht, wie man ehemals glaubte, unempfindlich für die äusseren Reize. Siehe oben Bd. 1. p.181. Das Herz verhält sich.nleht anders als andere vom Ner- vus sympathicus abhängige Muskeln. Nicht allein wird das Herz Wiiller’s PIi)siologie. 2r Bd. I 4 50 IV. Buch. Von d. Be(v.''gungen. I. Ah.ichn. Thier. Beweg, im Allg. (lurcli Galvanismus zu Contractionen gereizt, wie v. Humboldt, Pfaff, Fowleh, Wf.demf,veb und ich salien. Humboldt und Bur- DAcu luihen auch den Herzschlag durch Reizung der Nervi cardiaei verändert. Siehe oben Bd. I. 181. 617. Arn deutlichsten lässt sich nach meinen Yersuchcn der motorische Einfluss des N. sym- pathicus auf die organischen Muskeln an dem Ganglion coeliacum erweisen. Wird nämlich nach Eröffnung der Bauchhöhle eines Kaninchens der Zeitpunct ahgevvartet, wo die an der Luft sich verstärkenaen pcristaltischen Bewegungen wieder nachlassen, und dann das Ganglion coeliacum mit Kali causticum helupft, so fol- gen nach einigen Secunden sehr verstärkte peristaltische Bewe- gungen. Auch Scabfa’s neuere Meinung, dass der N. sympathi- cus gar nicht mit den vorderen oder motorischen Wurzeln der Spinalnerven und den motorischen Hirnnerven Zusammenhänge, ist durch meine eigenen Untersuchungen und diejenigen von WuTzER, Retzius, Mayer hinlänglich w’iderlegt. Siehe oben Bd. I. p. 650. Aus allem diesem geht jedoch nur hervor, dass die Nerven des Herzens eben so den motorischen Einfluss leiten, als die Nerven anderer Muskeln, und die Frage, oh diese Nerven am Herzen des unverselirten Körpers und am ausgeschnittenen Herzen zur Erhaltung der Coiilraclionskraft desselben nolhwen- dig sind, bleibt hiebei ungelöst. Andere Physiologen, wie Wkytt, A. Monbo, Prochaska, Le- oALLOis, Reil, bestritten die HALLER’sche Lehre und behaupteten, dass die Bewegungskraft von der Wechselwirkung mit den Ner- ven abliänge. "ln diesem Falle würde die Contractilität der Mus- keln sich wesentlich von der Contractilität der Pflanzen unter- scheiden, Yvclche ohne Mittelwirkung von Nerven von den äusse- ren Reizen unmittelbar angeregt wird. Diese Männer beziehen sich darauf', dass die Nerven gereizt die Bewegung der Muskeln hervorrufen, dass die Narcotica, Yvelche doch vorzugsweise auf das Nervensystem ivirken, die Contractilität der Muskeln vernich- ten dass die Zerstörung des Gehirns und Rückenm.arkes die Con- tractilität der Muskeln vermindere. Man inuss indess gestehen, dass diese Beweise nichts weniger als triftig sind. Die Muskeln bleiben nach Zerstörung des Gehirns und Rückenmarkes so lange reizbar, als überhaupt nach dem Tode die Reizbarkeit der Mus- keln dauert, und die Vergiftung eines Thieres durch Narco- tic-a vernichtet nur den Einfluss des Gehirns und Rückenmar- kes auf die Muskeln. Die Reizbarkeit der Nerven und Muskeln Yvird nach narcolischer Vergiftung der Frösche so wenig aufge- hoben, dass ich die längste Zeit die gewöhnlichen Phänomene nach angebrachten Reizen auf Nerven oder Muskeln der Frösche beobachtete. Treviranus hat den Mittelweg eingeschlagen, und olaubt, bestimmt durch die Analogie der Pflanzen, die durch den Lichteinfluss Reizbarkeit besitzen, aber doch auch für andere Reize erregbar sind, dass die Nerven Bedingung der Muskelrcizbarkeit sind^ dass aber nicht alle Reize durch ihre Mittelwirkung auf die Muskeln wirken. Tiedemann (Physiol. 1. 547.) sieht mit Hal- ler die Eigenschaft der Muskeln, sich zusammenzuziehen, aller- dings für eine denselben inhärireiule Kraft eigenthümlicher Art 4. Ursachen der ihiertschen Bewegung. Nerven. 51 an, deren Bestehen aber von der Ernährung und dem Nerven- einflusse ahh'ängig ist, und lehrt, dass die Nerven nicht bloss die Reize zur Erregung der Contraction der Musheln ziileiten, sondern dass sic noch eine wesentliche Bedingung für ihre Lehensäusse- rungen ahgehen müssen. Diese besteht eines Theils dai-in, dass die Muskelnerven den Muskeln die Fähigkeit ertheilen , durch Reize atficirt zu werden, sich für Beize empfänglich zu zeigen, oder dass die die Muskeln treffenden zunächst auf ihre Nerven wirken, und erst mittelst einer Action dieser die Contraction der Muskelfasern hervorrufen. Die Frage zerfällt olfenhar, wie auch in diesen Worten von Tiedemakn unterstellt ist, in zwei ganz verschiedene: 1. sind die Nerven nothwendig, dass sich die Fä- higkeit der Muskeln zur Zusammenziehung als Lehenseigenschaft derselben erhält, und verliert sich diese Eigenschaft nach aufge- hobenem Nerveneinflusse? 2. sind die Nerven die Leiter, durch welche alle Reize auf die Muskeln zunächst wirken, und wii’ken seihst die auf die Muskeln scheinbar allein angewandten Reize zunächst nur durch die in den Muskeln sich verbreitenden Ner- venzweige? Das Erstere kann bejaht werden, ohne dass damit nothwendig das Zweite bejaht wird; aber das Zweite kann nicht bejaht werden, ohne dass auch das Erste zugegeben vvird. 1. Sind die Nerven nothwendig, dass sich die Contractilität der Muskeln gegen Reize als Lebenseigenschaft derselben erhält? Nysten hatte beobachtet, dass die Muskeln kurze Zeit nach einem apoplectischen Anfalle, trotz der Ilirnlähmung, auf galva- nischen Reiz sich zusammenzogen, Und Wilsojt, sich auf BnoniE stützend, behauptete noch mehr, dass ein Nerve, dessen Comrnu- nication mit dem Gehirne und Rückenmarke unterbrochen ist, lange seine Empfänglichkeit für Reize zur Erregung der Mus- kelbewcgung behalte. Philos. iransael. IS.3.3. p. 1.' 62. Ich halte einige Gründe zu vermuthen, dass diese Dauer der Empfänglich- keit, wenn der Nerve sich nicht reproducirt, beschränkt ist. Mehrere von mir mit Dr. Stickeb über diesen Gegenstand angc- stellle Versuche haben diesen Gegenstand aufgeklärt. Muelleb’s .drehiv. 1834. 202. Au zwei Kaninchen und einem Hunde wurde der N. ischiadicus durchschnillen, und die Vereinigung der Ncr- venstücke durch Ausschneidung eines grossen Stückes verhindert. Zwei Monate und drei Wochen nach der Durchschneidung wurde an dem ersten Kaninchen beobaclilet, dass der untere Thell des Nerven durch den galvanischen Reiz eines einfachen Plattenpaa- keine Spur von Zuckung in den Muskeln des XJnter- Fusses bewirkte; aber auch die Muskeln hatten 1 ire Erregbarkeit für den Reiz des einfachen Plattenpaares nnd den mechanischen Reiz ganz verloren, während der Nerve des gesunden Schenkels und die Muskeln, in welchen er sich ver- breitet,^ für Reize lebhaft empfänglich waren. Bei dem Hunde hatte 2^ Monate nach der Durchschneidung des Nerven dieser in seinem untern Stück alle Reizempfänglichkeit für die einfache ^Ivanische Kette und den mechanischen Reiz verloren ; nur die Muskeln, an denen er sich verbreitet, zeigten leise Spuren von tisammenziehung hei nnmiUelbarer Reizung, während an dem 4 * 20 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier, Beweg, im Al^. Unterschenkel der gesunden Seite auf dieselben Beize der Ner- ■ven sowohl als der Muskeln allein die heftigsten Zusammenzie- hungen eintraten. An dem zweiten Kaninchen hatte der Nerve nach 5 Wochen alle Empfänglichkeit sowohl für den galvani- schen als mechanischen und chemischen Beiz von Kali causticum verloren; eben so wenig war eine Spur von Contractilltät an den Muskeln selbst durch diese Beize hervorzurufen, während auf der andern Seite die Muskeln auf dieselben Beize sich kräftig zusammenzogen. Die gegenwärtigen Versuche erweisen feden- falls, dass die Kräfte der Nerven, die Muskeln zn Bewegungen zu veranlassen, nach gänzlich aufgehobener Communlcation mit den centralen Theilen des Nervensystems nicht allein verloren gehen, dass auch die Beizharkeit der Muskeln selbst sich nach so langer Lähmung der Nerven verliert. Sie würden indess ein noch entscheidenderes Besnltat geliefert haben, wenn man zur Prüfung der Beizbarkeit der Nerven und Muskeln nicht bloss ein einfaches Plattenpaar, sondern eine kleine galvanische Säule angewendet hätte. Nur dadurch hätte sich mit Bestimmtheit unterscheiden lassen, ob alle Kraft in den Muskeln in zweien der Fälle erloschen war. Indessen beweisen die Versuche deut- lich genug, dass die Beizharkeit der Muskeln mit dem Verluste der Beizliarkeit der Nerven auf die Dauer sich nicht erhält. 2. Sind die Nerven allein die Leiter, durch welche alle Beize auf die Muskeln zunächst wirken? Die Gründe, welche diess beweisen, sind folgende. a. Die Beize, welche auf die Muskeln selbst angewandt ihre Bewegung veranlassen, sind dieselben, wie diejenigen, welche auf die Nerven angewandt die Muskeln zur Contraclion erregen. Ich beobachtete zwar öfter einen Unterschied, indem die mine- ralischen Säuren und der Weingeist auf die Nerven applicirt keine Zuckungen hervorbrachten, während sie an den Muskeln selbst angewandt diess thaten. Indess scheint diess keine constante Verschiedenheit zu seyn; denn A. v. Humboldt hat durch Alco- hol, oxygenirte Salzsäure, Arsenikoxyd, und selbst Metallsalze bei ihrer Anwendung auf die Nerven eine zitternde Bewegung in den Muskeln hervorgebracht, und Bischoff und C. Windischmann haben, wie ich aus brieflicher Mittheilung weiss, einzelne Fälle gesehen, wo die Mineralsäuren^ auch auf die Nerven der Frösche applicirt, Zuckungen hervorbrachten. h. Die Stoffe, welche den Muskeln ihre Beizharkeit nehmen, tilgen sie auch in den Nerven. Obgleich die Narcotica, wenn sie in den Kreislauf kommen und durch Alteration des Gehirns und Bückenmarkes tödten, die Beizbarkeit der Nerven und Mus- keln nicht unmittelbar aufheben, die Muskeln und Nerven bei auf diese Art getödteten Fröschen noch lange erregbar bleiben; so hat doch die örtliche Application der Narcotica auf die Ner- ven und Muskeln die Vernichtung der Reizbarkeit in so viel Theilen eines Nerven oder Muskels zur Folge, als mit dem Gifte in Berührung kommen. Nerven in Opiumlösung eine Zeitlang ge- taucht, verlieren die Reizbarkeit an der benetzen Stelle, während die zwischen dieser und dem Muskel liegenden Stellen noch reiz- 53 4. Ursachen der thierischen Bewegung. Neruen. bar sind. Verel. Bd. 1. p. 613. Der Muskel ln Opiumlösung ge- tauclit -wird auch, so weit diess geschieht, todt; S eichar- tige Wirkung der Karcotica auf die Nerven und Muskeln macht es wahrscheinlich, dass die Narcotica, indem sie hei cei zung des Muskels die Reizbarkeit der in ihnen verbreiteten J.\er- venzweige vernichten, dadurch auch die Ftdiigkelt des Mustcls aul heben, für Reize empfänglich zu seyn. _ ,• iv- c. A.i,exa.sder V. Humboldt präparirte und schnitt die Nerven musculöser Thelle bis in die feinsten Zweige heraus (an den obe- ren Theilen von Froschschenkeln oder an den Flossen der ri sehe), und diese hatten aufgehört, vom Metallreize aflicirt zu werden. d. Sehr heftige electrische Schläge, die entweder die Mus- keln oder die Nerven allein treffen, sollen sehr schnell t.ie <^n tractionsfähigkeit der Muskeln für äussere Reize aufheben. iiE- demanh Physiul. I. 551. , , , e. Auch das von mir beobachtete verschiedene \ erhalten der sensoriellen und motorischen Nerven hei galvanischen und nieclianischen Reizen gegen Muskeln, die Zweige von beiden ei- halten, kann hier angeführt werden. Durch den N. llngualis konnte ich keine Zuckungen in den Zungenmuskeln, durch den Infraorbitalis keine Zuckungen in den Schnauzenmuskehl be- wirken. Man sieht daher, dass nicht der lilosse Nerveneinfluss im Allgemeinen Reiz für die Contraction der Muskeln gleich an- dern Reizen ist, und dass ein specilisches Verhältniss einer be- sondern Classe von Nerven, der motorischen, zur Erregung der Muskeln nothwendig ist. f. Endlich beweist das Erlöschen der Reizbarkeit der Mus- keln nach langer Lähmung der durchschnittenen Nerven, deren glückliche Reproduction verhindert worden, auch und vielleicht am meisten und entschiedensten von allen Gründen, dass zur Er- regung der Muskeln die Integrität der in ihnen sich verbreiten- den Nerven nöthig ist, die Muskeln aber nicht durch sich für Reize empfänglich sind. So gewiss diess nun scheint, so kann doch die Fähigkeit der Zusammeuziehung nur eine Eigenschatt der Muskeln seyn, und Tiedemakn bemerkt mit Recht, dass ihnen die lebenden Nerven nicht eine Kraft mittheilcii können, die sie seihst nicht haben. Aber die den Muskeln Inhärente Fähigkeit der Zusammenziehung setzt zu ihrer Aeiisseriing die Mitwirkung der Nerven voraus, und wohl ist die von den Nerven ausgehende Entladung eines imponderabeln Agens eben so nöthig, die Primi- tivfasern der Muskeln zur Anziehung ihrer kleinsten oder grös- seren riieile gegen einander zu bringen, als die i\nziehung derselben nöthig ist, um die Verkürzung hervor zu bringen. Welche Arten der Anziehung in den von dem Nervenagens im- prägnirten Muskeln statt finden, ist im vorigen Capitel schon aus Thatsachen aufgeklärt worden. Wie stark diese Anziehung aber zwischen den Winkeln der gebogenen Muskelfasern ist, lasst sich am besten aus der Fähigkeit ableiten, welche die lebenden Muskeln besitzen, im Zustande der Zusammenziehiing der grössten Last, der grössten Ausdehnung zu widerstehen, während sie nach 54 IV. Buch. Von d. Bewegungen, I, Abschn. Thier, Beweg, im Allg. Verlust des Anzielmngsvermögens ihrer Theilchen nach dem Tode so sehr leicht zerreishar sind. Vergl. Tiedemakn a. a. O. p. 553. Ueher die Art der Wechselwirkung der Nerven und Muskeln hei der Contraction derselben ist man noch ganz im Dunkeln. Pbe- TOST und Dumas (Magesdie J. de physiol. T. 3.) wollen hcohach- tet haben, dass die feinen Nervenzweige in querer Richtung über die Ründel der Muskelfasern verlaufen, und zwar gerade an den- jenigen Stellen, wo hei der Zusammenziehung derselben die Winkel der zickzackförmigen Biegungen entstehen, so dass diejenigen Theile des Muskels, über welche die Nerven hergehen, die Punkte seyen, gegen w'elche die Anziehung der übrigen statt finde, oder auch, welche sich unter einander anzögen. Sie glauben auch beobach- tet zu haben, dass die Nerven auf diese Art Schlingen bilden, und dass die Nervenfasern dieser Schlingen einerseits zu der Schlinge hingchen und andererseits wieder aus der Schlinge in den Stamm zurücklaufen. SchW'ask bat das Verhalten der Ner- ven in den Muskeln an einem der seitlichen Bauchmuskeln des Frosches untersucht. Es ist hier möglich, eine so dünne Mnskel- schicht unter das Mikroskop zu liringen, dass man bei 450facher Vergrössernng noeb hinlänglich Lieht hat, um Alles sehr deut- lich zu unterscheiden. Es war aber nur eine lOOfachc Vergrös- serung nolhwcndig. Schwajin beobachtete nun Folgendes: der in den Muskel cindringendc Nervenstamm entsendet zahlreiche Nervenbündel, die sich sehr bald w’ieder in feinere Bündel thei- len, und so fort, bis zuletzt aus den dünnen Bündeln einzelne Pri- mitivlasern abgehti. Sowohl die feineren Bündel als auch die ein- zelnen Primitivfasern gehen oft unter rechten Winkeln von ihrem Stamme ab. In ilireui Verlaufe kommen sehr häufig die Bündel und auch die meisten einzelnen Priniitivfasern mit anderen Bün- deln zusammen und zwar sowohl mit solchen, die in derselben Richtung, als aucli mit solchen, die in entgegengesetzter Rich- tung verlaufen. Wmgen dieses XJmstandes war' es unmöglich zu entscheiden, oh wirklich einige Fasern, eine Schlinge bildend, wieder zum Stamm' zurückkehrcii. Das Anelnandorlegen der Fa- sern und Bündel ist so häufig, dass dadurch der Mmskel wie mit einem sehr unregelmässigen Nelze von Nerve»;] dnrchllochten er- scheint. Die dieses Netz bildenden Nervenfäden liegen aber zu den Muskelbündeln in gar keiner bestimmten Lage. Dagegen ])eobnchtete Scuw ann einigemal folgendes Verhallen. Ein Ner- venbündel von wenigen, z. B. 4 Piimitivtäsern, lief quer über die Muskelhündel. Davon lief zuerst eine primitive Nervenfaser un- ter einem rechten W'inkel ab, zwischen 2 dünnsle Aluskelbün- del, dann lief eine zweite Faser, ebenfalls unter einem rechten Winkel, zwischen das vorige zweite und ein daneben liegendes drittes Muskelbündel, eine dritte Faser lenkte zwischen dem drit- ten und einem daneben liegenden vierten Muskelbündel ah und nur die eine übrig bleibende vierte Nervenfaser verband sich mit anderen Nervenbündeln. Jene einzelnen Fasern nun liefen paral- lel mit den Muski-lhündeln eine Strecke weit und verschwanden dann, ohne da.ss sich entscheiden liess, was aus ihnen wurde. Es wäre möglich, dass sie sich in viel feinere Fäden tlieilten, die sich 55 4. Ursachen der thierischen Bewegung, hleciricääf . unter einander netzförmig verLinclen. Wenigstens hat Scuwajnn dieses Verhalten in einem nicht niusculösen, vorn ympal ucus ver- sehenen Theile, im Mesenterium des Frosches und der euei- kröte heobachtet. Die hier das Netz bildenden Fasern sind ausser- ordentlich viel feiner, als die gewöhnlichen Primi tivfosern otlcr die stärkeren Nervenfasern im Mesenterium, von welchen die einen Fasern abgehen. Dass die von Schwann im Mesenterium beobachte- ten feinen Fasern wirklich Nervenfasern sind, wird durch den Habi- tus der stärkeren Fasern gewiss, von denen sie abgehen; »“•rr diese stärkeren Fasern im Mesenterium waren, selbst wenn sie die Die 'e der gewöhnlichen Primitivfasern der Nerven hatten, doch wiedei in ihrem Inneren undeutlich geCasert, gerade so als wenn die sehr feinen Fasern, welche sie ahgehen, schon in ihnen vorgebil- det wären. Hier entsteht nun die Frage, ob diese so leine ele- mentare Structur der Nervenfasern erst in den peri])herischen Enden derselben eintritt, da dergleichen feine Elemente in den gewöhnlichen Primitivfasern der Nerven , wie man sie 1®" dem Nerven unter dem Mikroskope sieht, durchaus nicht enthal- ten sind. Die Theorie der Muskelbewegung von Prevost und Dumas gründet sich nun auf die Beohachlung, dass die Nervculasern tjuer über die Muskelhündelchen verlaufen, da wo die Win- kel der zickzackförinigen ßiegungen sind, und aut die Vor- aussetzung, dass die rpiorcn Schlingen der Nerv'vifasern sich ge- genseitig anziehen und dadurch die Miiskcllascrn verkürzen. Schon bei dem Versuch, die Beobachtung von Prevost und Du- mas an lebenden Miiskelbündelcheii zu wnederholcn , sieht man, dass bei dem üebcreinstiinmeii (querer Nervenfasern mit den Bie- gungswinkeln der Muskelfasern nicht die Primitivfaserii der Ner- ven, sondern nur ganze Bündel von Nervenfasern gemeint seyn können. Denn an einem so dicken Muskelbiindel , woran man durch Reizung noch eine Contraction hervorbringen kann, ist es nicht möglich, Primilivlasern der Nerven zu sehen ; diese in den Muskeln zu verfolgen,, ist nur möglich, wenn man die dünnsten Durchschnitte von Muskelsuhstanz macht, und diese mit dem zu- sammengesetzten Mikroskop untersucht. Auch beweisen die Ab- bildungen von Prevost und Dumas deutlich, dass sie nur mit der Loupe untersucht haben. Ihre Theorie geht also nicht von der Wechselwirkung der Elemente der Muskeln und Nervensubstanz aus. Prevost und Dumas selzei* nun eine eleetrische Strömung in den Nerven voraus, gestehen indess gleichwohl, dass sie mit dem Galvanometer nie eine eleetrische Strömung an den Nerven ha- ben nachweisen können. Um eleetrische Strömungen in den Nerven durch das Galvanometer nachzuweisen, ist es nicht zu- lässig, dass mau die Dräthe des Galvanometers auf Nerven und Muskeln zugleich anwende; denn da eine Rette von heterogenen thierischen Substanzen, wie Nervp und Muskel und von Meta.-l schon Electricität erzeugt, so würde man bei jenem Vci suche mit dem Galvanometer nicht allein die etwa in den Nerven wir- kende, sondern auch die durch die Rette erst erzeugte Electri- cität .prüleii. Man muss daher bei solchen Versuchen die Dru- 56 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Alschn. Thier. Beweg, irn AlJg. tlie des Galvanometers auf die Nerven allein anwenden und be- obachten,^ ob ein Nerve, der mit dem Gehirne in Verbindung stellt, bei den willkiibrlicben Bewegungen Schwankungen der Magnetnadel bewirkt. Pbevost und Dumas haben allerdings so verfahren, indem sie bei gesunden Tbieren den Nervus vagus und den Plexus ischiadicus bei einem Thiere im tetanischen Zu- stande untersuchten; sie fanden keine mit dem Galvanometer nachweisbare Spur von Electricit'at. Diesen Mangel an Erfolg kann ich bestätigen. Um die Unempfindlichkeit des Galvanome- ters zu erklären und den Haupteinwurf gegen ihre Hypothese zu beseitigen, nehmen Pbevost und Dumas wieder hypothetisch an, dass der pivanische Strom in den Nerven doppelt sey, dass sich beide Ströme neutralisiren, so dass die Wirkung auf die Magnet- nadel aufgehoben werde. Sie vergleichen die Magnetnadel des Galvanometers mit den von den Ncrvenschlingen umgebenen Mus- kelbündeln ; beide erfahren die Wirkungen entgegengesetzter Ströme, iind gerathen dadurch in Schwankungen. Man sieht, dass, so ingeniös diese Idee ist, sie doch durchaus keine erfah- rungsmässige Basis liat. Wenn nun diese Ei’klärung schon sehr gewagt ist, so ist der Versuch von Pbevost und Dumas, die Wirkung des Feuers und der chemischen Einflüsse auf die Ner- ven der Muskeln auf eine electrische zu reduciren, noch gewag- ter. Was sie dafür angeführt haben, ist schon frühei* in der Nervenphysik Bd. I. 621. erwähnt und erklärt worden. Endlich ist zu erwägen, dass nach der Hypothese von Pbevost und Du- mas die Anziehung der Nervenschlingen in den Muskeln gegen einander die Ursache der Vei'kürziing ist, und dass in dieser Hy- pothese die Masse des Muskels als Nebensache betrachtet wird. Freilich liesse sich die Hypothese so reformiren, dass dieser Vor- wurf vvegfiele, indem man annimmt, dass die Muskeln mit einer der Electricilaten beständig geladen sind, und dass ihnen die an- dere dui’ch die Nerven zugeführt wird, wodurch die Anziehung der Muskelfasern gegen die Nervenschlingen und umgekehrt be- wirkt^ werde. Indessen würde hier das von Pbevost und Dumas benutzte Element der Erklärung, das von der Vergleichun« der Muskelfasern mit magnetischen Rörpern hergenoramen ist, aufge- hoben werden, und es lässt sich hierbei nicht einschen, warum diese Anziehung der verschieden geladenen Muskel- und Nerven- fasern stattfinden soll, und warum sich die Ströme nicht wie in anderen thierischen Thcilen neutralisiren, ohne eine Anziehung der Thcilchen gegen einander zu bewirken. Dasselbe gilt auch von der neulich von Meissner {System d. Iledkunde aus allgemeinen Naturgesetzen. Wien 1832) vorgetrage- nen Ansicht. Nach Meissneb nämlich ströme das in den Nerven nach ihm hypothetisch vorhandene electrische Fluidum in die Muskeln, bilde um alle einzelnen, der Länge nach lädenartig an- einander haftenden Atome des Muskels electrische Atmosplüiren, treibe dadurch die Muskelfasern, welche an beiden Enden fest verbunden sind, m der Mitte aus einander, und bew’irke eben darum die Veikürzung; wie wenn man Hollundcnnarkkügelchen auf einen Bindläden reiht, mehrere solcher Fäden an beiden En- 4, Ursachen der thierischen Bewegung. Electricit'dt. 57 den verbindet, und das Bündel an den electrischen Conductor bangend electrisirt, worauf das Ganze sich verkürzt, indem die Fä- den auseinander fahren. Eine solche Erklärung würde zwar nicht «uf die zickzackförmige Biegung der Muskelfasern, aber mehr auf die an den Muskelfasern der Insecten von mir beobachteten Qnerahtheilungen der primitiven Bündelchcn passen, wo die Bün- delchen an den Quertheilungen sich bauchig ein wenig erweitern, w. oben p. 41.) Diese Ansicht würde von der vorhergehen- den nicht wesentlich verschieden seyn. Nach der erstem wären die Muskeln in der Buhe beständig schon in einem electrischen Zustande -J- oder — , die Bewegung käme zu Stande, indem ein entgegengesetzt electrischer Strom von den Nerven ausgeht und neide sich im Muskel neutralisiren ; nach der zweiten, wo ein electrischer Zustand in den Nerven vorausgesetzt wird, würde sich von seihst der entgegengesetzte electrische Zustand nach dem ^ Gesetze der electrischen Vertheilung in den Muskeln entwickeln müssen. Beide Ansichten haben eine unüher- vvmdliche Schwierigkeit ln der schon vorher gemachten Be- merkung, dass sich nicht einsehen lässt, warum hei der Vereini- gung beider Ströme, des der Nerven und der Muskeln, sich die peripherischen Enden der Nerven und die Muskelfasern gegensei- tig anziehen sollen, oder warum nach Meissner die Primitivfasern der Muskeln sich von einander entfernen sollen. Wenn nämlich durch Elccti lcilät Bewegungen von Theilchen gegen einander ent- stehen sollen, ist es nicht bloss nöthig, dass sic electrisch sind. Sind sie entgegengesetzt electrisch, aber nicht isolirt, so werden sich die Ströme vereinigen, aber die Theilchen unbewegt bleiben. Papierschnitzchen werden von dem geriebenen Electron deswe- gen angezogen, weil sie im trocknen Zustande nur Halbleiter sind, ln der Nähe des geriebenen Bernsteins oder Siegellacks entsteht durch Veitheilung an ihnen die entgegengesetzte Electricifät. Beide Electricitäten streben sich zu vereinigen, und das Papier- ^hnitzchen wird^ zum schwerem Körper hingezogen, weil es die Electricität zugleich in einem gevvissen Grade, so l?iiige die Ver- einigung hei der Berührung nicht zu Stande gekommen ist, hiii- et. Sobald das Papierschnitzchen nass ist, hört es auf, ange- zogen zu werden, weil es im nassen Zustande vollkommener Lei- ei ist. . In diesem Zustande nimmi es die Elcctricität des gerie- 11^61^*' ^^§^^®eks auf, ohne angezogen zu werden. Ein vollkom- mener, sehr leichter Leiter wird auch dann zu einem electri- we'et* ■ hingezogen, wenn der erstere isolirt ist. So be- hiii h*^ ' V * isolirte Goldplättchen zu dem electrischen Körper ist ’ Eh** ®®wegung hört auf, sobald die Isolation aufgehoben Die ist es mit dem von Meissner gewählten Beispiele. K , uctor der Electrisirmascliine aufgehangenen Schnüre Fle t entfernen sich von einander, indem sie die c rici a lies Conductors aufnehmend, gleichnamig electrisch g wor en, sich ahstossen. Auch diese Bewegung kommt nur so nge zu ande, so lange Korkkügelchen im trocknen Zustande nicht vollkommene Leiter sind. W enden wir diess auf die Muskeln an, so werden sich die 58 IV. Buch. Von d. Bewegungen. /. Abschn. Thier. Beweg, im Allg. Nervenenden und Muskelfasern nur dann anziehen können, oder die Muskelfasern nach der zweiten Hypothese nur dann ausein- ander weichen können, wenn sie keine Leiter sind. Das sind sie aber. Sie leiten die Electricität im nassen Zustande vortrefflich, und so gut, als irgend ein nasser thierischer Theil. Man könnte für die Hypothese, dass die Muskeln doch unvollkommene Leiter seyen, eine Beobachtung von A. v. Humboldt anfüliren, dass, wenn der lose unterbundene Nerve eines Froschschenkels über der Un- terbindung mit einem, der Muskel mit dem andern Pole armirt wird, eine Zuckung nur dann erfolgt, wenn von der ünterbin- dungsstelle des Nerven bis zu seinem Eintritte in den Muskel noch ein Stück freiliegenden Nervens ist. Unterbindet man den Nerven gleich bei seinem Eintritte in den Muskel, und armirt den Muskel und Nerven über der Unterbindung, so folgt keine Zuckung. Diese letztere ertolgt aber, wenn man den Nerven jetzt eine Strecke aus dem Muskel herauspräparirt, auch hört die Zuckung auf, wenn zwischen Unlerbindung und Muskel zwar ein Stück Nerve frei liegt, dieses Stück aber von einem Stück- chen Muskelflcisch umgehen wird. Man könnte auf den ersten Blick daraus schliessen, dass der Muskel ein unvollkommener Lei- ter ist. Aber bei genauerer Betrachtung sieht man, dass der Erfolg des Versuchs eben von der vortrefflichen Leitung des Mus- kels ahhängt. Denn zur Umhüllung des Nerven kann, wie A. v. Humboldt fand, auch eben so gut und mit demselben Erfolge nasser Schwamm oder Mr.lall angewandt werden. Wie gut das nasse Muskelfleisch leite, dsivon kann man sich bei jedem Versuche an Froschschenkeln mit der einfachen galvanischen Kette überzeu- gen, sobald man als Conductor des schwachen electrischcn Stro- mes ein abgeschiiittenes Stück frisches oder altes Muskelfleisch nimmt. Erwügt man überdiess, dass die ganze Hypothese von der Aehnlichke;t des elektrischen und Nervenliuidums keine empiri- sche Basis hat, und dass, wie oljen I3d. I. p. 616 bewiesen ivor- den, beide Fluida durchaus nach den Körpern, welche sie leiten und w'clche sie isoüren, verschieden sind, so bleibt kein Grund mehr für die Annahme der Theorie von Pbevost und Du- mas oder irgend einer anderen modificirten Theorie der Muskcl- bewegung, die auf die Electricität begründet wäre, übrig. Da die Muskelfasern zw'ischen den Nervenschlingen der Mus- keln verkürzt zu werden scheinen, so ist es wahrscheinlich, dass diese Stellen des Muskels, welche dem Einflüsse des Nervenprin- cips vorzugsweise ausgeselzt werden, sich anziehen und dadurch die zickzacklörmige Biegung der Fasern hervorhringen. Die re- gelmässigen Anschwellungen der primitiven Bündel der Muskeln die ich oft an den Muskeln der Insccten utiter dem Mikroskope gefunden, zeigen auch, dass noch zwischen viel kleineren Theil- chen der Muskelfasern Anziehungen der Länge nach gegen ein- ander stattfinden. Auch diese Anziehung w'ird davon abhängen, dass die Muskelfasern durch das Nervenprincip in diesen anzie- hungsfähigen Zustand ihrer aliquoten Theile versetzt werden. So weit und nicht weiter lässt sich indess bei dem jetzigen Zu- 4. Ursachen der tlüerischen Beilegung. Versuche. 59 Stande der Wissenschaft gehen. Die Fähigkeit des contractilen Gewebes der Oscillatorien, der Mimosen u. s. w. des ieimgehen- ‘len contractilen Gewebes der Thiere, sich zu krümmen, sich zu- sammenzuziehen, sich zu verkürzen, scheint diesen wie den Mus- keln durch ihren Lebenszustand eigen. Aber die Muskelfasern unterscheiden sich von jenen, dass dieser Lebenszustand jedesmal erst durch eine Wirkung oder Entladung des Pfervenprincips in ^et tritt. ScnwAKN ist mit Versuchen beschäftigt, um auszumitteln, nach Welchem Gesetz die Kraft eines Muskels mit der Contraction des- selben ab- oder zunimmt. Er bedient sich dazu des Musculus ga- stroenemius beim Frosch, und zwar mit Hülfe folgender Vorrich- uug. Ein Frosch wird auf einem Brettchen mit seinem Ober- i?!?^ukel horizontal befestigt, der Unterschenkel senkrecht in die öhe gerichtet und der Fuss wieder horizontal gebogen. Beide Werden in dieser Lage unbeweglich festgebunden. Dann wird ur N. ischiadicus hoch am Oberschenkel abgeschnitten und, mit möglichster Schonung der grossen Gefässe, bis zum Unterschen- el herauspräparirt, so dass er seitwärts heraushängt und hier >er zwei Anfangs horizontal laufende, dann aber senkrecht sich Ununter biegende und das Brettchen durchbohrende Dräthe ge- ^6gt werden kann. Von diesen unter sich nicht zusammenhän- ßcnden Dräthen geht der eine zu dem einen Pol eines galvani- schen Platten paares, der andere kann, durch leichtes Andrücken eines von dem andern Pol kommenden Drathes, mit diesem in Verbindung gesetzt werden. Die Haut am Unterschenkel des Frosches bleibt unverletzt, bis auf einen kleinen Einschnitt in der Ferse, durch den die Sehne des M. gastroenemius, nachdem sie arn Fusse abgeschnitten worden, geleitet wird. An diese Sehne wird cm Faden gebunden, der senkrecht in die Höhe geht zu em einen Arm einer daiüber hängenden Wage, wo er festge- UD en wird. An dem andern Arm der Wage hängt eine Wa- besc lale. Der erste Arm, mit dem der Muskel in Verbindung ^ C I , wird durch Anbinden eines geraden Drathes um das Sechs- ac le verlängert, damit eine kleine Contraction des Muskels eine seb^t^ ®®wegung dieses Wagebalkens hervorbringt. Die Wage- iiun so viel beschwert, dass sie ein kleines Ueber- ^ewicht über den andern Wagebalken hat. Das Ende dieses ”eac”^l' wird durch ein horizontales Stäbchen, Waneb*- tk *’®ch oben drückt, so nicdergelialtcn , dass sich der Di^s'es sV f*'i ”***^^^ unten, aber nicht nach oben bewegen kann, uenau 1 kann, vermittelst einer eigenen Vorrichtung, sehr iliespr W ^‘^cr niedriger geschraubt werden und die Grösse nun der kann an einer Skale abgelesen werden. Ist W'as höher^**^^!***^ *** vorgerichtet, dass der lange Wagebalken et- den M k*" I* *** horizontalen Richtung , ist ferner der den das ^ demselben verbindende Faden so gewählt wor- in...! 1**** ■^*'.*'* dieser Stellung ein wenig gespannt wird, so lässt na den Reiz eines Plattenpaares von IQ" Oberfläche auf den wird^ Durch die Zusammenziehung des Muskels CI ug^-ualkeu nach unten gezogen. Man schraubt nun 60 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Ahschn. Thier. Beweg, im Allg. das horizontale Stäbchen so tief, dass der Muskel hei seiner Con- traction den Wagehalken nur um ein Minimum von dem Stäb- chen weiter nach unten zu ziehen vermag. Das geringe Ueher- gewicht der Wageschale = 0 betrachtet, ist diess der stärkste Grad der Zusammenziehung. Schwann beobachtete nun, dass, wenn er jetzt Gewichte auf die Wageschale legte, der Wagebal- ken nicht mehr bewegt wurde. Auf diesem Puncte der" Con- traction war also die Kraft des Muskels = 0. Wurde aber das horizontale Stäbchen etwas in die Höbe geschraubt, so Hess sich wieder ein Punct finden, wo der Wagehalken eben bewegt wurde. Bei diesem geringen Grade der Contraction war also die Kraft des Muskels gleich dem aufgelegten Gewichte. Das Quantum der Verkürzung aber war der sechste Theil von dem, um was das Stäbchen höher geschraubt worden war. Wurde nun das Dop- pelte des vorigen Gewichts aufgelegt, so musste das Stäbchen noch höher geschraubt werden, wenn der Muskel den Wagebal- ken bewegen sollte. Auf diesem Puncte war dann die Kraft des Muskels doppelt so gross als im vorigen Fall und der Grad der Verkürzung konnte wieder an der Skale des Messinstrumentes ge- funden werden. So Hess sich also die durch den Muskel hei ei- nem bestimmten Reize sich äussernde Kraft mit dem Grade der Verkürzung desselben vergleichen. Schwann beobachtete noch die Vorsicht, dass er die Reize in gleichen Zwischenzeiten ein- wirken Hess und dass er nach jedem Cyclus von Versuchen nach- her wieder prüfte, ob sich der Muskel ohne Gewichte wieder auf denselben Punct wie vorher zusammenzog, oder dass er den Versuch in umgekehrter Ordnung wiederholte, z. B. erst den Stand des Messinstruments bei 0, dann bei 50, dann Ijci 100, dann wieder hei 50 und zuletzt bei 0 Gran Gewicht beobachtete und zwischen den hei demselben Gcvv'icht sich ergebenden Zah- len das Mittel nahm. So fand er bei einem Frosche, wo die Versuche (im Winter) innerhalb 12 Stunden mit Unterbrechung zwischen den einzelnen Versuchen angeslelll wurden, Folgendes'; I. Versuch. Bei 0 Gran Gewicht stand dass Messinstrument auf 14,1, hei 60 Gr. auf 17,1, bei 120 Gr. auf 10,7, bei 180 Gr. auf 22,6. Nahm also die Kraft des Muskels von seiner stärksten Conti’action bis zu einer geringen Zusammenzieluing jedesmal um 60 Gran zu, so betrug der Längenunterschied des Muskels, nach den einzelnen diesen Kräften entsprechenden Puncten zwischen 0 und CO Gr. 3,0, zwischen 60 und 120 Gr. 2,6, zwischen 120 und 180 Gr. 2,1. Nach dem Versuch verkürzte sich der Muskel wieder, wenn kein Gewicht auf der Wageschale lag, bis auf 1.3,7. II. . Versuch. Wenn kein Gewicht aufgelegt wurde, contra- hirte sich der Muskel so, dass das Messinstrument auf 13,5 stand, bei 100 Gran auf 18,8, bei 200 Gran auf 23,4. Während also die Kraft von 0 auf 100 zunahm, verlängerte sich der Muskel um 5,3, während sie von 100 auf 200 wuchs, um 4,6. Nach dem Versuch verkürzte sich der Muskel ohne Gewichte bis auf 14,4. III. Versuch. Das Messinstrument zeigte bei 0 Gr. Gewicht 13.7, bei 50 Gr. 18,7, bei 100 Gr. 20, .3, dann wieder bei 50 Gr. 17.7, endlich wieder bei 0 Gr. 14,1. Nimmt man hier aus den 4. Ursachen der thierischen Bewegung. Versuche, 61 ilen einzelnen Längen entsprechenden Zahlen das Mittel, so er- §ieht sich, dass der Längeminterschied des Muskels da, wo er 0 und wo er 50 Gr. Gewicht betrug 4,3, zwischen 50 und 100 Gr. aber 2,1 war. IV. Versuch. Bei 0 Gr. Gewicht stand das Messinstrument auf 13,5, bei 100 Gr. auf 19,1, bei 200 Gr. auf 23,2, Der Län- Seminterschied des Muskels zwischen den Puncten, wo er 0 und 100 Gran trug, verhielt sich also zu dem, wo er 100 und 200 f»r. trug, wie 5,7 : 3,1. V. Versuch. Das Messinstrument stand bei 100 Gr. Gewicht auf 16,8, bei 10 Gr. auf 12,7, dann bei 100 Gr. auf 16,1, bei 200 Gr. auf 18,7, wieder bei 100 Gr. auf 16,1, endlich wieder bei 0 Gr. auf 11,7. Die mittleren Differenzen in der Länge zwischen den Puncten, wo der Muskel 0 und 100 Gr. und denen, wo er 100 und 200 Gr. betrug, verhielten sich also =i 4,1 : 2,4. In den beiden ersten Versuchen nahm also, während die Kraft des Muskels sich um ein Gleiches vermehrte, die Länge desselben n'äherungsweise um ein Gleiches zu. In den drei zu- letzt angestellten Versuchen verlängerte sich der Muskel, wie seine Kraft um ein Gleiches zunahm, nicht in demselben Ver- hältniss, sondern in einem stärkeren, wenn weniger Gewicht auf der Wageschale lag. Die übrigen von Schwann angestellten Ver- suche gaben ein ganz ähnliches Resultat, ln den Versuchen näm- lich, die möglichst bald nach der Operation des Frosches ange- stellt wurden, wo also der normale Zustand am wenigsten ge- stört war, stellte sich das Gesetz heraus, dass die Kraft des Mus- kels in demselben Verhältnisse zunahm, in welchem der Muskel weniger sich contrahirte, oder dass sie in gei-adem Verhältnisse mit der Contraction des Muskels ahnahm. Je später nach der Operation die Versuche angestellt wurden, um so mehr wichen die Resultate ab. Man kann daher schliessen, dass das Gesetz im normalen Zustande ziemlich genau gelte. Dieses Gesetz ist das- ^Ibe, welches bei den elastischen Körpern gilt. Durch dieses Gesetz wird zunächst jede Erklärung der Muskelkraft als eine Anziehung der Theilchen desselben durch eine der uns bekann- ten anziehenden Kräfte widerlegt, welche so wirken, dass die an- ziehende Kraft wächst, je mehr sich die sich anziehenden Theil- c >en, nähern und zwar umgekehrt nach dem Quadrate der Ent- kel*"^”^ Denn, ist die Anziehungskraft der Theilchen des Mus- von **■ ®^*^**’ schon nähern können , wenn sie weit ve'^ entfernt sind, so wird die Anziehungski’aft noch mehrt, wenn sich die Theilchen schon etwas genähert haben, k‘ ^®"'i der Muskel sich schon etwas verkürzt hat. Der Mus- musste daher bei seiner normalen Länge die geringste Kraft aussern, diese müsste wachsen mit seiner Verkürzung und im ar-sten Grade der Contraction am grössten seyn. Die Ver- ve*^! -u j*'“'''abn beweisen aber, dass es sich gerade umgekehrt alt, indem die Kraft des Muskels bei seiner normalen Länge n grösste , bei dem stärksten Grade der Contraction = 0 ist. die ‘ “r von Prevost und Dumas lässt sich nicht mit ent Gesetz vereinigen. Der clectrische Strom, den sie in den 62 IV. Buch. Von d. Bewegungen. I. Abschn. Thier. Beweg, im lAllg. Nerven voraussetzen , erregt einen magnetisclien Strom in der queren Richtung und von diesem wird die Muskelfaser angezogen. Sie muss aber um so stärker angezogen werden, je mehr sie sich der Richtung des Stroms schon genähert hat, weil auch die ma- gnetische Anziehung zunimmt, je mehr sich der angezogene Ge- genstand nähert. Mithin müsste auch hier die Kraft des Mus- kels mit seiner Verkürzung wachsen. Die Erklärung von Meiss- KER stimmt schon genauer mit diesem Gesetz überein. Bel der- selben bewirkt nicht eine directe Anziehung die Verkürzung des Muskels, sondern eine Abstossung der Theilchen in der queren Richtung des Muskels. Je mehr sich also der Muskel verkürzt, um so mehr entfernen sich die sich abstossenden Theilchen, und um so geringer wird die Kraft sich weiter ahzustossen. Hier nimmt also wirklich mit der Verkürzung die Kraft ah. Allein Schwann hat mathematisch berechnet, dass nach dieser Erklä- rung die Kraft nicht in gleichem Verhältniss mit der Verkürzung abnehmen könnte. Am Schlüsse dieser Erörterung scheint es nöthig, darauf auf- merksam zu machen, dass jede plötzliche Veränderung des Zustandes der Muskelnerven, durch w'as immer für eine Ursache, die Erschüt- ( terung des Muskels zur Folge hat. Die Schliessung, die Oeffnung der galvanischen Kette, die plötzliche Zerstörung des Nerven, das Bren- nen, der chemische Einfluss, die mechanische Zerrung, alles diess scheint dem impgnderaheln Principe der Nerven einen Impuls zu geben, durch welchen es entweder in Strömung oder in Oscilla- tlon nach den Muskeln geräth, mag nun der äussere Einfluss die Lebenskraft des Neiwen erhöhen oder vermindern. Deswegen • können Zuckungen bei jedem, auch dem schwächsten Zustande der Lebenskräfte Vorkommen, indem das Nervenprincip auch vor dom Erlöschen seiner Wirksamkeit zu jener Bewegung oder Schwingung fähig ist, und in Bewegung geräth, sobald der Zu- stand des Nerven verändert wird. Man hat hier Gelegenheit, die in den Prolegornena schon erörterte Thatsache zu bestätigen, dass Reizen von Vermehren der Lebenskräfte ganz verschieden ist, dass man einen thierischen Körper zu Tode reizen kann, und dass auch jene den materiellen Zustand der Nerven so gewaltsam verändernden Narcotica (Alterantia nervina), während sie das Le- bensvermögen der Nerven zerstören, doch in gleichem Grade noch Reizungssymptome hervorbringeu können. If. Ahsclmitt. Von den verschiedenen Muskelbewegungen, 63 Abschnitt. Von den verschiedenen Muskel- bewegungen. I. Capitii^ Von den unwillkülirliclien und willkührlichen Bewegungen. Uiitcr den verseliiedenen Classen der Muskelbewegungen allt der Unterschied der un willkührlichen und willkührlichen ^ ewcgungen zunächst auf. Diese Eintheilung ist jedoch bei nä- leier Betj'achtung weniger natürlich als es anfangs scheint. Die verschiedenen anatomischen Formen des Muskelgewebes sind ihr iicUt günstig; es giebt überdiess viele unwillkülirlicbe Bewegun- oCn von Muskeln, die dem Willen unterworfen sind, Bewegungen, vi? zum Theil so rhythmisch wie die des Herzens erfolgen. enn gewisse Muskeln dem Einflüsse des Willens ganz entzogen Sind, so sind sie doch nicht unabhängig von Seelenzuständen, und endlich verliert jene Eintheilung sehr viel von ihrem Interesse, seitdem man eingesehen hat, dass die Nerven auf die unwillkühr- ichen Bewegungen einen eben so grossen Einfluss als auf die Willtührlichen haben. Dass die Eintheilung der Muskeln in un- Willkülirliche und willkührliche aus anatomischen, von dem Mus- kelgewebe seihst hergenommenen Gründen nicht dnrehführhar ist, hat schon trüber p. 34. bewiesen w'crden können. Wenn auch die Muskeln des organischen Leibes durch den Mangel der Querstreifen ^n den primitiven Bündeln und ihre cylindrischen basern sich auszeichnen und unwillkührlich sind, so gehört doch die Urinhlase in Hinsicht der Structur der letztem Classe an, wahrend sie doch einiger willkührlichen Bewegung fähig ist. le nn e der Irisfasern sind auch ohne Querstreifen, und doch , *f. J*’*® niittelbar Lei der Stellung des Auges nach innen wuibuhrlich bew^egt werden. Siehe oben Bd. I.'p. 765. Und mivvieder die Muskeln des animalischen Leibes sicli durch ihr ihrer primitiven Bündel und die Perlschnurform sind*^ vimitivfasern auszeichnen, und dem Willen unterworfen in Hins^ doch wdeder das Herz eine Ausnahme, welches Muskeln*^*' ^ p. der Muskelfasern mit den animalischen ornanisch hlinsicht der unwillkührlichen Bewegung mit den der Musk*^1* **‘®“”''^®0S®hört. Siehe oben p. 34. Auch die Farbe willkührli\” ®hinmt eben so wenig mit jener Eintheilung. Die sehe siiid\^” Muskeln sind in der Regel roth ; aber die der Fi- willkührliciriT Theile roth, zum grossem blass. Die un- aber die de Muskeln sind meist blass, wie die des Darms, stark roth * ^“^kelmagens der Vögel und die des Herzens sind Urinhlase ist 1 willkülirlich bewegliche Muskelhaut der Farbe rührt Darms. Dieser Unterschied der Feichlbum ‘^®™ grossem oder geringem Uie Siih t ®*gßfässen und von dem Färbestolfe des Blutes her. Mibstanz der Muskelfasern selbst, welche mit dem Färbe- 64 IV. Euch, Bewegung. II. Abschn V. d. verschied. Muskellewegg. Stoff des Bluts gemein hat, dass sie sich an der Luft starker roth färbt, scheint die Ursache dieser Eigenthümlichkeit zu seyn. Freilich stützt sich die Eintheilung der Muskeln in willkührliche und unwillkührliche mehr auf die vom Nervensystem, als auf die von den Muskeln selbst hergenommenen Gründe, aber auch hier finden sich hei der Iris und der ürinblase Schwierigkeiten. Bedenkt man end- lich, dass manche an sich dem Willen unterworfene Muskeln doch beständig auch gegen den Willen zusammengezogen wer- den, wie der Sphincter ani, dass einige zum System der anima- lischen Muskeln gehörende bei den wenigsten Menschen will- kührlich bewegt werden können, wie der Cremaster u. a. , dass alle willkührlicb beweglichen Muskeln aber oft den unwillkühr- lichen Bewegungen, sey es durch Reflexion oder Association, blosse Vorstellungen, wie beim Lachen, Gähnen, Seufzen, noch mehr aber durch Leidenschaften, unterworfen sind, so sind Gründe genug vorhanden, hier eine Eintheilung zu wählen, hei welcher die inneren Ursachen der verschiedenen Bewegungen mehr übersichtlich werden. Da die Aufstellung der Ordnung der unwillkührlichen Bewegungen von einem negativen Character hergenommen ist, so haben Einige die thierischen Bewegungen in automatische und willkührliche besser eingetheilt. Indessen gieht es so viele in Hinsicht der Ursachen sehr verschiedene Ar- ten der unwillkührlichen Bewegung, dass uns diese Eintheilung auch nicht ganz nützlich scheint. Denn welche Unterschiede sind zwischen den automatischen, rhythmischen Bewegungen des Her- zens und der Athemmuskeln , und den Reflexionshewegungen ? Die verschiedenen Ursachen der Muskelhewegungen scheinen durch folgende Classen am meisten zur Uehersicht gebracht zu werden. I. Durch heterogene, äussere oder innere Reize bedingte Bewegun- gen. Unter heterogenen Reizen verstehen wir hier alle Ursachen zu Bewegungen ausser dem blossen Impuls des Nervenprincips seihst, ln der Regel wirken solche Reize im gesunden Zustande nicht ein; cs gieht jedoch einige Fälle, wo sie auch normal sind, wie der Reiz der Galle, der Excremente auf die Bewegungen des Darmes, des Urins auf die Urinblase etc. Zur Bewegung ist eine Veränderung des Zustandes der Muskelnerven nöthig. Es ist gleichgültig, ob diese dem Nerven aus seinen anatomischen Ver- bindungen mit den Centralorganen, oder aus seinen Gefässen, oder ganz von aussen zufliesst. Dieser Bewegungen sind alle, die animalischen und organischen Muskeln gleich fähig; sie erfolgen unwillkührlich, mögen die Muskeln sonst dem Einflüsse des Wil- lens entzogen seyn oder nicht. Der Ort, wo die Reizung ge- schieht, kann dreifach seyn. ö. Der Muskel selbst. In diesem Falle werden die im Muskel selbst sich verbreitenden Nerven zunächst aflicirt, in dessen Folge erst die Convulsion eintritt. Siehe oben p. 52. Das Herz zieht sich Lei äusserer Reizung, ebenso der Darmkanal, die Urinhlase, alle unwillkührlichen gleich gut wie die wüllkührlichen Muskeln zusammen. Es findet nur der Unterschied statt, dass die äusse- ren Reize an den organischen vom N. sympathicus abhängigen 1. UnceillküJirliche und mllkülirlkhe Bewegungen. 65 Muskeln nicht immer eine rasche und augenhlicklich erfolgende Konvulsion zur Folge haben, wie an den animalischen Muskeln, <1385 die erfolgende Contraction vielmehr entweder langsam cin- ^itt und sich verstärkt, wie am Darmkanale und Uterus der Thiere, und dass sie lange nach dem Aufhören des Reizes ihr Ma- snnum erreicht, und dauert, oder dass der Reiz hei den rhythmisch sich zusammenziehenden Organen, wie am Herzen, den Modus uod die Schnelligkeit des Rhythmus auf einen ganzen Zeitraum verändert. Siehe das Nähere oben Bd. I. p. 711. Es scheint da- her, dass die Fortpflanzung der Bewegung des IVervenprincips in dem N. sympathicus viel langsamer geschieht als in den anima- lischen Nerven, deren Reizung augenblickliche Wirkung hervor- bringt , die gerade nur so lange dauert, als der Reiz wirkt. f>. Uer Nerve. Die Reizung des Nerven ausserhalb des Mus- hels hat dieselbe Folge, wie innerhalb desselben bei der Irrita- tion dp Muskels selbst. Bei den animalischen Nerven sieht man diess jedesmal, bei den organischen ist es erst in neuerer Zeit entdeckt worden. A. v. Humboldt veränderte den Herzschlag durch Galvanisiren der N. cardiaci, Burdack durcli Befeuchten des untern Halsknotens mit Kali causticum. Siehe oben Bd. I. p. 647. Ich verstärkte die Bewegung des blossgelegten Darmes des Kaninchens, nachdem er schon wieder ruhig geworden, durch Galvanisiren des Ganglion coeliacurn mittelst der Säule., Am entschiedensten! und leichtesten lässt sich aber das Factum beweisen durch Betupfen des Ganglion coeliacurn mit Kali cau- sticum. Diess Ist eines der besten physiologischen Experimente. Ist der hlossgelegte Darm eines Kaninchens, dessen Bewegungen sich an der Lull anfangs sehr verstärken, wieder ruhig gewor- den, und wird dann das Ganglion coeliacurn mit Kali causticum betupft, so verstärkt sich sehr schnell darauf die Bewegung wieder. Auch hierbei sieht man wieder, dass die Bewegung des Nervenprincips im N. sympathicus langsamer und nachhaltiger erfolgt. Die Bewegung des Darms erreieht erst nach einiger Zeit ihr Maximum und dauert sehr lange fort. c- Die Centralorgane. Die Application der Reize auf die h'entralorgane hat denselben Erfolg. Die Bewegungen erfolgen ]edesmal in den Muskeln, deren Nerven von dem gereizten Theile t es Gehirns und Rückenmarkes abhängig sind. Die hierbei statt- in enden Gesetze sind in Hinsicht der animalischen Nerven schon ^711 P‘ in Hinsicht der organischen Nerven Bd. I. such ' if'’^®®*”^odergesetzt worden. Nach Wilson Puilip’s Ver- Q 1 ■ ** hann die Bewegung des Herzens von jedem Theile des • Rückenmarkes aus verändert werden, dahingegen sen M^ if I Gehirns und Rückenmarkes immer mit gewüs- schied**' '"P Zusammenhänge stehen. Ein wichtiger Unter- Man 1 materiellen Reize ist nun aber folgender. I inflüsse bewirken Zuckungen, mögen sie an den Mus- , an den Nerven oder an den Centralorganen applicirt wer- en wie mechanische Reize, die Wärme, die Electricität, die a len und andere. Gewisse Materien bewirken bloss Zuckun- b n, Avenn sie auf den Wegen des Kreislaufes die Centralorgaue ®l«ller’s Physiologie, 2r Bd. I. 5 66 IV. Buch. Bewegung. II. jllschn. V. den oerschied. Muskellewegg. des Nervensystems verändern, wie die Narcotica. Ein Narcoticum kann zwar, auf einen Muskel oder Nerven örtlicb applicirt, die Reizbarkeit Leider örtlich aufhehen, aber es bewirkt an den Nerven oder Muskeln applicirt nie Zuckungen. Dieselben Stoffe bewirken die heftigsten Zuckungen, wenn sie mit dem Blute auf das Rückenmark und Gehirn einwirken, und dass die Ursache dieser Zuckungen in den Centralorganen liegt, siebt man deutlich beim Durchschneiden der Nerven eines zuckenden Gliedes; der Tetanus hört in allen Tbeilen auf, deren Nerven vom Rücken- marke getrennt sind. Siehe oben Bd. I. p, 612. II. Automatische Bewegungen. Unter den automatischen Bewegungen werden hier alle Bewe- gungenverstanden, welche, von Seelenactionen unabhängig, entwe- der anhaltend sind oder in einem regelmässigen Rhythmus erfol- gen, und welche beide ans gesunden, natürlichen, in den Nerven oder Centralorganen liegenden Ursachen erfolgen. Die rhythmi- schen zerfallen in zwei Classen, je nachdem das Princip der rhythmischen Bewegung im N, sympathicus oder in den Central- organen des Nervensystems residirt. In den bloss animalischen Nerven selbst ist die Ursache der regelmässigen rhythmischen Bewegung nie vorhanden. a. Vom N. sympathicus abh.änglge automatische Bewegungen. 1. Muskeln mit Querstreifen der primitiven Bündel. Das Herz. 2. Muskeln ohne Querstreifen der primitiven Bündel. Darm- canal, Uterus, Urinblase. Die automatischen Bewegungen der ersteren sind rasch, au- genblicklich und schnell auf einander folgend, wie an den ani- malischen Muskeln mit Querstreifen. Die automatischen Bewe- gungen der Muskeln der zweiten Reihe sind langsam, nie Zuckun- gen, erreichen nur allraälig ihr Maximum, dauern länger, und die Perioden der Ruhe sind viel länger. Ob der Unterschied in der Structur der Muskelfasern liegt, oder im Nerveneinflusse, ist nicht bekannt. Für das Erstere spricht einigermaassen der Umstand, dass die Urinblase, obgleich willkührlich beweglich, von den animalischen willkübrlichen Muskeln sich doch dadurch unter- scheidet, dass ihre Bewegungen nicht zuckend seyn können. Die Bewegungen der Urinblase werden übrigens nur in sofern liier unter die automatischen Bewegungen aufgenommen, als ihre Be- wegungen bei voller Blase periodenweise sich verstärken. Bei den automatischen Bewegungen des organischen Leibes bemerkt man durchgängig eine gewisse Folge der Contractionen ; der eine Theil des Organes zieht sich früher zusammen als der andere, und die Bewegung schreitet regelmässig in einer gewissen Rich- tung fort, worauf ein Periodus vollendet ist. Am Froschherzen beginnt die Bewegung an den eontractllen Hohlvenen, dann fol- gen die Vorhöfe, dann der Ventrikel, dann der Bulbus aortae. Am Darme schreitet die Bewegung wurmförmig von oben nach unten fort, aber ein Periodus ist noch nicht bis unten abgelau- fen, wenn der nächste beginnt und die Theile wieder in dersel- 1. Unmülkührliche und wiUkiihrliche Bewegungen. 67 lien Ordnung sich zusammenziehen. Die rhythmische Bewegung beginnt schon an der Speiseröhre, deren unterer Theil, wie Ma- gendie und auch ich beobachteten, von Zeit zu Zeit sich zusam- menzieht und wieder erweitert. Am Morgen ist die Bewegung verhältnissmassig sehr schwach. Auch am Uterus der Thiere ist die Bewegung wurmförmig, wenigstens auf angebrachte B.eize, '"'•e ich bei der Ratte sah. Die periodischen Bewegungen des Uterus werden sonst nur während der Geburt, selten schwächer und krampfhaft während der Schwangerschaft beobachtet. Wir- ken Reize auf Organe mit automatischen Bewegungen ein, so bleibt die Folge der Bewegungen in der Regel; nur bei sehr zu- nehmender Reizung verändert sich die Folge und es entsteht an- tiperistaltische Bewegung; die letztere kann aber auch hei ge- hemmtem Nerveneinflusse unter Hirnzufällen eintreten. Bei Rei- zungen der Organe mit automatischen Bewegungen verändert sich auch der Periodus und die Bewegungen verstärken sich; das Herz schlägt bei Reizungen von aussen oder innen stärker und häu- figer. Machen heftige acute Krankheiten eine starke Impression auf die Centralorgane, deren Folge man Fieber nennt, so he- u^egt sich das Herz nicht allein häufiger, sondern auch der Mo- •lus der Zusammenziehung der Fasern ist verändert, was den Puls kart macht; so lange die Kräfte noch unversehrt sind, ist der Puls daher hart, stark und häufig. In dem Maasse, als die Kräfte abneh- nien und die Impression der Krankheit auf die Ceutralorgane fort- dauert, bleibt der veränderte Schlag des Herzens zwar und der Puls daher hart, aber die Stärke des Herzschlages verliert sich, und der Puls wird also schwach, während die Häufigkeit des Pulses zunimmt. Ein harter, voller und häufiger Puls ist daher in acu- ten Krankheiten das Zeichen einer heftigen Impression auf die Centralorgane, ohne wesentliche Veränderung der Lebenskräfte; ein harter, schwacher und häufiger Puls in dem Maasse, als diese Symptome zunehmen , Zeichen der zunehmenden Schwä- che der Kräfte. Bei vielen Affeclionen ohne Entzündung Wird der Herzschlag seltener, wenn die Functionen der Cen- tralorgane gehemmt sind, wie in syncoptischen und apoplecti- schen Zufällen. Die Bewegungen des Darmcanales werden yon äusseren oder inneren Reizungen stärker, schneller, so hlossgelegten Darme, oder bei inneren Reizungen kr leimhaut (Diarrhoe); hei der Spinalirritation treten ein automatische Bewegungen des Darmcanales, Uterus ; leselbe Veränderung wird wenigstens am Darmcanale hei ^^izung des sympathischen Nerven beobachtet, wie ich durch 1 P ication von Kali causticum auf das Ganglion coeliacum des Kaninchens zeigte. S der Organe. mit automatischen Bewegungen haben ■^b**'*^ V/’ährend die Zusammenziehungen dieser Organe sic peiiodisch verstärken, sind die Sphincteren beständig ge- ^ ossen, wie der Sphincter vesicae, der Muttermund vor der s\i*^^^'i die periodisch verstärkten Bewegungen der ^ cniauche zunehmen und ihren Inhalt immer stärker gegen den P iincter treiben , dieser zuletzt überwunden und ausge- 5* cs IV. Buch. Bewegung. II.Abschn. V. den verschied. Muskelbewegg. dehnt; er verstreicht. Der Antagonismus der Schlauche und der Sphincteren ist offenbar -weniger in den musculösen Apparaten, als in der Art der Nerven-wirkung auf ])eide begi’iindet. Diese ist die Ursache, dass der Muttermund, der Sphincter vesicae an- haltend geschlossen ist, -während sich die Bewegungen der Schläu- che periodisch (beim Uterus in der Form der Wehen, bei der Urinblasc als Harndrang) verstärken. Eine Polarität zwischen Fundu.s und Cervix uteri mit Reu, (Reil’s Archiv 7.) anzunehmen, macht die Sache nicht deutlicher. Die Ausdehnung der Sphincte- ren scheint grösstenthcils in Folge des Druckes zu erfolgen, der Muttermund dehnt sich dem zu Folge aus, verstreicht, wie der Sphincter ani beim Drucke der Exeremente von oben verstreicht. IS'ach dem Austreiben des Inhaltes ziehen sich Schlauch und Sphincter wieder allmählig zusammen. Diese Zusammenziehung scheint an den S]>hincteren auch wieder ohne Periodiis, an den Schläuchen periodisoh verstärkt zu erfolgen; die Nachwehen nach der Geburt sind der Ausdruck dieser rbylhmischen Contractionen. Die letzte Ursache der rhythmischen Contractionen der or- ganischen Muskeln liegt in der Art der Wecliselwirkung zwi- schen den Muskeln und den sympathischen Nerven, nicht den Centralorganen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied dieser automatischen Bewegungen von den automatischen Bewegungen der animalischen Muskeln. Das Herz setzt seine rhythmischen Bewegungen auch ausgeschnitten fort; sie hängen nicht vom Reize des Blutes al), denn sie erfolgen noch eben so regelmässig am blutleeren Herzen; sie hängen auch nicht vom Reize der Luft ab, denn sie setzen sich auch im luftleeren Raume fort. Der Darmcanal zieht sich auch ausgeschnitten noch peristaltisch zu- sammen, und an dem ausgeschnittenen Eierleiter einer Schild- kröte hat man diese Bewegungen bis zum Austreiben der Eier erfolgen sehen. Dass die in der Muskelsuhstanz sich verbreitenden organischen Nerven bei diesen automatischen Bewegungen der abgcschnitte- nen Theile eine Hauptrolle spielen, und dass diese Muskeln nicht unabhängig von den Nerven sich rhythmisch zusammenziehen, wie Haller einst glaubte, ergiebt sich aus den Resultaten der früher geführten Untersuchung (p. 52.), wonach die Wechsel- wirkung der Nerven und Muskeln zum Acte der Muskelcontraction überhaupt nötbig ist, ferner auch aus der Thatsache, dass auf Reize, welche auf das Ganglion coeliacum angebracht werden (Kali causticum), sich der Modus der Zusammenziehung des Dar- mes auf längere Zelt verändert. Die Ursache des Rhytlimus kann entweder in den Muskelfasern oder in den Nervenfasern liegen. Liegt sie in den Muskelfasern, so wird die Einwirkung des Nervenprincips beständig seyn, aber die Muskelfasern des Herzens verlieren nach jeder augenblicklichen Zusammenziehung ihre Fähigkeit sich zusammenzuziehen, und erhalten sie durch kurze Ruhe während der Einwirkung des Nervenprincips wieder. Liegt die Ursache des Rhythmus in den Nervenfasern, so ist die Empfänglichkeit der Muskelfasern dauernd, und das Nervenprincip strömt, aus in den Nerven liegenden Ursachen, nur periodisch 1 . UnwillküJirliche und willkilhrUche Bewegungen. 6» auf diese ein. Die erslero Hypnlliese, dass das Herz jeden Au- ssenblick, oder SOmal in der Minute seine Empfänglichkeit für Eintritte entfeimt kleine gangliöse Anschwel- der” Prost^i-”^ Menschen in der Gegend des hintern Endes ehun" r,i-ö Sicichw’le heim Pferde. Bei feinerer Untersu- niclit” sdte**^ kT • Nervus sympatliicus sieht mau ■streut w ” ^ ’ leicht zu übersehende Knötchen einge- erösspi-o t”" einzelnen Faserhündel von einander in schpn iv^ H'enut. Remar hat im Laufe der syrapathi- erven olter solche kleine Auschvvellungen isoiirt, die man 70 IV. Buch. Beilegung. II. Abschn. V. d. oerschied. Muskelbewcgg. mit blossen Augen sehr gut erkennen kann. Dr. Schwann bat an den feinsten' mikroskoplscben Zweigen des N. sympatbicus im Mesenterium der Feuerkröte, von grossen Zwiscbenräumen unter- Itrocben, kleine Anscliwellungen gesehen. Diese kleinen An- schwellungen des N. sympatbicus sind wohl von den von Ehren- BEHG beobachteten Varicositaten der Primitivfasern des N. sym- pathicus zu unterscheiden*). ^ Fasse ich nun alles Voransgeschickte zusammen, so ist mein Schluss folgender: Die automatische Bewegung der organischen Muskeln hängt, wie alle Muskelbewegung, zuerst von dem Impuls des Nervenprincips ab, was bewiesen wurde; die Ursache des Rhythmus dieser automatischen Bewegungen liegt nicht in der Natur der Muskelfasern, sondern des eigenthümlichen Nervensy- stems der organischen Muskeln, was bewiesen wurde; das Gan- glion coeliacurn bat die Fähigkeit, gereizt, peristaltische Bewegun- gen des Darms bervorzubringen, was bewiesen wurde; die gan- gliöse Natur des Sympatbicus scheint sich ferner auch bei feinerer Verzweigung zu erhalten, und die Fähigkeit des Darms zu peri- staltischen Bewegungen erhalt sich auch am vom Mesenteiium abfetrennten Darme. Schluss: folglich besitzen auch die klei- neren in dem Darmkanal selbst verbreiteten Zweige des N. sym- pathicus noch die Wirkung, periodische Bewegungen bervorbrin- gen wie es vom Ganglion 'coeliacurn erwiesen wurde. ’Was von den p'eristaltlschen Bewegungen des Darms gilt, muss auch von den rhythmischen Bewegungen des Herzens gel- ten ; die erste Bewegung des noch schlauchiörmigen Herzens ist auch eine perlstaltische. Es scheint daher aus allem Erwähnten hervorzugehen, dass die Fähigkeit des N. sympalhicus, periodische Bewegungen her- vorzubringen, nicht bloss seinen grossen Ganglien, sondern seinen kleinsten "Tbeilen noch zukömmt, welche sich innerhalb der Or- gane verzweigen; und daher ist es zu erklären, warum das aus- geschnittene Herz, der ausgeschnittene Darm, der ausgeschnittene Eierleiter der Schildkröte noch einen bestimmten Rhythmus der Bewegung beobachten. • i- , • i ilvpothese. Es fragt sich, ob es nicht möglich ist, durch eine klare Hypothese genügend zu erläutern, wie es kommt, dass der Iin- *) Die von ScHWANN bcohaclilclen F.iscrn, ■welche in sehr grossen Zwi- .sclienräumen kleine Anschwellungen bilden, sind ausserordenlHch viel feiner .ils die gewiilmlichen Primilivfasern oder die stärkeren Nerven- fasern im Mesenterium, von welchen die leinen Fasern abgelien. Dass die von Schwann heohachteten feinen Fasern wirklich Nervenfasern .sind, wird durch den Habitus der stärkeren Fasern gewiss, von denen sie abgehen. Aber diese stärkeren Fasern itn Mesenterium waren, selbst wenn sie die Dicke der gewöhnlichen Primitivfasem der Nerven hatten, doeh in ihrem Innern undeutlich gefasert, gerade so, als wenn die sehr feinen Fasern, welche sie abgeben, schon in ihnen vorgcbil- det wären. Die gewöhnlichen sogenannten Primitivfasern der JJerven in anderen Tbeilen sind nicht im Innern gefasert, sondern mehC’ oder weniger klar. Ob auch diese Cjlinder nicht noch feinere Elemente enthalten, ist noch ungewiss. 1. UnmUkührüche und mllkührliche Bewegungen. IL puls des Nervenprincips in den vom N. sympatliicus versehenen Theilen mit Unterbrechung rhythmisch wirkt. Hypothesen sind in einer exacten und auf Facta sich stützenden "Wissenschaft dann erlaubt, wenn eine definitive Erklärung zur Zeit unmöglich ist, wenn die hypothetische Erklärung den Facten nicht zuwider ist, vielmehr damit übereinstimmt, und Avenn die Hypothese ein ucues Feld zu ferneren Untersuchungen crölfnet. Das Folgende scheint eine Hypothese von dieser Art zu seyn. Man nehme an, dass in dem N. sympatliicus beständig Strö- inungen des imponderabeln Nervenprincips von dem Centrum (der Ursprungsstelle) nach der Peripherie, nach den Organen stattfinden. Wie kömmt es, dass die continuirliche Bewegung in die periodische umgewandelt wird? Die Mechanik zeigt uns Viele Beispiele einer solchen Umwandlung. Wir Avollen ein Bild von einem imponderabeln Fluidum liernelirnen. Wird ein mit Jilectncität geladener Körper dem BoiiNESBEUGEBschen Electrome- ter auf einige Entfernung genähert, so zeigt das Goldblättchen uesselben eine Neigung, gegen eine der Säulen hinzufahren, und ist der electrische dem Electroineter zugeleitete Strom stark ge- nug, so Avird das Goldblättchen gegen die Säule bis zur plötzli- chen Berührung hingezogen. War der electrische Strom nicht stark genug, so bleibt das Goldblättchen geladen und schwebt der einen Säule des Electrometers zu, ohne sie zu erreichen. Die Electricität bleibt in ihm gebunden, trotz dem Streben nach Vereinigung beider Electricitäten. Erst wenn neue Quantitäten von Electricität dem Blättchen von aussen zugeführt werden, tritt das Maximum ein, wo das Blättchen die Electricität, womit es geladen ist, nicht mehr zu halten im Stande ist und plötzlich an die Säule abgiebt. Noch iiistructiver ist in dieser Hinsicht das funkenweise periodische Ahgeben der Electricität von der beständig erregten Maschine, an einen in einiger Entfernung ge- il ä ler teil Leiter. Der zwischen dem Conductor der Maschine und dem genäherten Leiter befindliche Halbleiter, die trockene a uiosphärische Luft, hindert das beständige Ueberströmeii der loci bestämlig in der Maschine erregten Electricität; daher gehl lese in periodischen Entladungen auf den Leiter über, je nachdem ^ in der Quantität angehäuft ist, den Halbleiter zu durchbrechen, das'*' "^*1 antühren, ist bloss ein Bild; es fällt uns nicht ein, "leiol” ^®rven Avirkende Princip mit der Electricität zu ver- widerr".t hinlänglich (Bd. I. p. 616. ) bestritten und QUj "'vorden. Aber das Bild giebt ein Mittel an die Hand, BcAveeu'^tT'^j'^*^^^'^® hypothetische Vorstellung von der Art der machen h'ervenprincips in den sympathischen Nerven zu leitern ' r” Ganglien des Sympathicus öfter mit Halb- in den haben gesehen, dass das Nervenprinciji malischen*'^'**^^^*'^^®” Nerven sich viel langsamer als in den ani- dasCa |- ^ bewegt. Diess ist eine Thatsache. Denn Avenn seine a"^ d'*' S°®*‘acum des Kaninchens, dessen blossgelegter Darm stallt anfangs verstärkten Bewegungen Avieder einge- einil causticum betupft wurde, so entstanden nach gen secuiiden erst verstärkte peristaltische Bewegungen des 72 I F", Buch. Betvegung. JI. Jlbsclin. V. den verschied. Muskelhewegg. Darms, welche viel später erst ihr Maximum erreichten und üher- haupt sehr lange dauerten. Diese langsame Bewegung des Ner- venprincips in dem sympathischen Nerven zeigt ein Hinderniss der Leitung an, welches in den animalischen Nerven nicht vor- handen ist, hei denen die Reaction des Muskels mit nnmessharer Geschwindigkeit auf die Reizung des Nervens folgt. Man kann also die sympathischen Nei’ven in der That mit Halbleitern oder Halbisolatoren vergleichen, mag nun die anfhaltende oder isoli- rcnde Ursache in den Ganglien oder in den Nervenfasern selbst liegen. Diess zugegeben, so ist auch ersichtlich, 'warum der Ue- hergang des Fluidums periodisch erfolgt oder periodisch sich verstärkt. Die als Halbleiter wirkenden gangliösen Theile des Sym- palhicus werden das Nervenfluidum als Halbleiter zu binden suchen. Der allgemeine, der peripherischen Verbreitung der Nerven fol- gende Strom strebt hingegen zum Impuls auf die organischen Muskeln. Haben nun gewisse als Halbleiter wirkende Theilchen des N. sympathicus eine gewisse (Quantität des Nervenprincips gebunden, so behalten sie dieselbe so lange, bis das ihnen zuge- leitete Nervenprincip das Maximum erreicht hat, das sie zu bin- den vermögen, dann geben sie dieses plötzlich an die organischen Muskeln ab, und das Spiel wiederholt sich von neuem. Wenn ein solcher Process in dem N. sympathicus bis zu seiner peri- ^ pherischen Verbreitung in den Muskeln stattfindet, so müssen die im Kleinen sich öfter wiederholenden Ganglien als Halb- leiter und unvollkommene Isolatoren des Nervenprincips eine Hauptrolle dabei spieien. Ich bemerke nochmals , dass ich mich gegen eine Identificirung des Nerrenfluidums und des galvanischen Fluidums durchaus verwahre. Denn um es nochmals zu wieder- holen, die Isolatoren des Nervenprincips sind nicht die des electri- schen , die Leiter des letztem nicht die des wirksamen Princips der Nerven. Nicht alle vom N. sympathicus abhängige Bewegungen haben einen Typus intermittens, einige wie die der hieher gehörigen Schliessmuskeln haben einen Typus continens. Hier wird die un- unterbrochene Leitung des Nervenprincips gestattet - seyn. Der Sphincter vesicae urinariae ist fast immer thätig, und seine Thä- tigkeit wird nur in kleinen Zwischenzeiten unterbrochen. Es ist merkwürdig, dass diess grade an einem Organe stattfindet, dessen Nerven nicht bloss organische, sondern auch animalische sind, welche den conlinuirlichen Strom des Nervenprincips gestatten. Die Urinblase erhält ihre Nerven nicht bloss vom Plexus hypo- gastricus, sondern auch von dem 3. und 4. Sacralnerven. Diese continuirliche Zusammenziehung des Sphincters der Urinhlase ist in der That auch weniger vom Sympathicus, als von dem ani- malischen Nervensystem und von den Centralorganen abhängig. Die Contractionskraft desselben wird hei Krankheiten des Ge- i hirns und Rückenmarks aufgehoben. Während die bloss von» N. sympathicus abhängigen Bewegungen sich sehr lauge unabhän- gig vom Gehirn und Rückenmark, ja sogar an ausgeschnittenen Theilen erhalten, wird der Sphincter vesicae urinariae sogleich I 1. Unmükührliche und willhührliche Bewegungen. 73 hei Durchsclineidung des Rückenmarkes gleich dem willkührlich hewegliclien Sphincter ani gelähmt. Wenn die organischen Nerven die Fähigkeit haben, das •l^ervenprincip auf längere Zeit zu binden und nicht schnell aus- zuströmen, so erklärt sich daraus, warum die vom N. sympathi- cus versehenen Organe ihre Bewegungen noch lange Zeit unab- ängig vom Gehirne und Rückenmarke fortsetzen. Siehe oben Bd. I. P- loö. 710. Ganz und auf die Dauer unabhängig von den Cen- ralorganen sind diese Organe gleichwohl nicht. Nach häufigen ‘'^hlwachen und in acuten Krankheiten mit heiliger Impression aut die Centralorgane wird dieser Einfluss später merklich, der in kürzeren Zeiträumen nicht so merklich seyn kann, wie an cen von animalischen Leitern versehenen Theilen; dann nämlich Wird auch die Kraft des Herzens und anderer organischen Mus- keln erschöpft. Von denCentralorgancnaf>häng!geautom.itisclieBcwcgTingCD. p Muskeln beim unwillkührlichen Mlinien und bei Wi kuhrhehen Bewegungen thätig sind, so musste man auf den kommen, ob nicht beiderlei Bewegungen in denselben ttskeln durch verschiedene Nerven ausgeführt werden. Ch. ell suchte zu zeigen, dass die eine Art der Bewegung in diesen Muskeln aufgehoben seyn kann, während die andere fortdauere. Liess er einen Hcmiplegicus die Schultern aufheben, so konnte dieser, trotz aller Anstrengung, nur die Schulter der gesunden Seite heben. Die wdlkührlichen Bewegungen der Brust waren auf der kranken Seite aufgehoben, und docli hob sich, wenn Bell Kranken stark einathmeii liess, die Schulter auf der kranken aeite so gut wie auf der gesunden. C. Bell’s phrsiol. u. pathol. des ]\erpejisjstems. Berlin 1832. p. 113. (Diess weis rei ich nur, dass, wer das Vermögen hat, stark einzuath- men, auch noch die Willkühr über diese Muskeln besitzt.) Ca. riii"«^ 1 1^^*^ Thatsachen daraus-, dass der Nervus acecsso- • ’ lEr den cucullaris und levator scapulae versieht, als Rc- MiisU gelähmt seyn können, vvährend die zu diesen gehenden Zweige der Spinalnerven thätig bleiben; und dem^sle^l' u jene Muskeln beiraAthmen haben, in- der willk''b Gewichte der Schultern befreien, während Bell hat a '"b 'verloren seyn, und umgekehrt, gesehen *i*^*^“ beim Esel den N. accessorius durchschnitten und beim Athm^** Bewegung des cucullaris und levator scapulae Muskeb r" willkührlichen Bewegungen dieser accessorius k*^ vorhanden w'aren. In Beziehung auf den N. hinreichend *”'*•”**” Angeführte zugeben, obgleich es nicht gut als die ht, und der N. accessorius gewiss eben so Bewegun«^ cucullaris zur bloss willkührlichen iaentlieb*^An= *'^^^** kann. Viele Respiratiousmuskeln , wie na- ist nicht pi>if ''’®*^ehfell , haben nur einerlei Nerven, und es ''en besoudprp*^P*^^*^ Weise wahrscheinlich, dass in diesen Ner- asern vorhanden sind, welche die Atherabewe- 74 IV. Buch. Bewegung. II. Abschn. V. den verschied. Muskelbewegg. gnng, und andere, welche die willkührlichen Bewegungen verur- sachen. "Wir wirken auf dieselben Nervenfasern, wenn wir un- willkührlich nach bestimmtem Rhythmus athmen, und wenn wir nach Willkühr den Rhythmus verändern. Die Ursache des Typus und Rhythmus dieser Bewegungen liegt nicht in den Nerven der animalischen Muskeln, sondern in dem Gehirn und Rückenmark. Die Gehirn- und Rückenmarks- nerven verhalten sich zu ihnen als blosse Leiter der vom Gehirn und Rückenmark ausgehenden Bestimmungen ; Averden diese Leiter durchschnitten, so hört die automatische Bewegung auf. So verhält sich die Thätigkeit des ZAverchfells und aller Athemmuskeln zu ihren Nerven , so die Wirkung des Sphincter ani u. a. Die hieher gehörigen animalischen automatischen Be- wegungen sind auch wieder theils von inlerrnittirendem, theils von continuirendem Typus. Im erstem Falle befinden sich die Athembewegungen, im letztem die Bewegungen der animalischen Sphincteren. Alle hieher gehörigen Bewegungen werden von Muskeln ausgeführt, die ausser der automatischen Bewegung auch dem Willen unterworfen sind. 1. Auf omatische Bewegungen des animalischen Systems mit in- tenrdttirendem Typus. a. Athembeivegungen. Zu den Athemliewegungen gehören die Bewegungen des Zwerchfells, der Bauchmuskeln, Brustmuskeln, der Rehlkopfmuskeln, welche die Stimmritze öffnen und schliessen. Hiezu kommet^ nnter Umständen auch Athembewegungen im Gesicht und am Gaumensegel bei mehreren Menschen im Schlafe. Die dabei implicirten Nerven sind für ge^vöhnlicli der N. phreni- cus, accessorius Willisii, vagus, ein grosser Theil der Spinalnerven, und für die Athembewegungen des Gesichtes der N. facialis. Der N. vagus hat an den Athembewegungen, obgleich er das Organ des chemischen Athemprocesses, die Lungen, versieht, einen nur ge- ringen Theil. Sein Antheil an den Athembewegungen beschränkt sich nur auf seine Herrschaft über die Bewegungen der kleinen Muskeln des Kehlkopfes, und vielleicht rülirt selbst diese nur von dem Uebergange eines Theils des N. accessorius Willisii auf den Vagus her. Siehe oben Bd. I. p. 6-39. Die Lungen haben mit den Athembewegungen gar nichts zu thun; der ganze untere grössere Theil des N. vagus besitzt gar keine motorische Kraft, nicht einmal auf den Magen (siehe ohen ßd. I. p. 773.), und die Functionen des N. vagus in den Lungen sind offenbar, die Empfin- dungen der Lungen zu leiten, und einen Theil organischer Fasern vom N. sympathicus zur Regulirung des chemischen Processes in den Lungen zu diesen zu führen. Alle Athembewegungen einer Art, von so vielen Nerven sie auch ausgeführt werden, gesche- hen zu gleicher Zeit; sie müssen eine gemeinschaftliche Ursache haben. Legallois hat bewiesen, dass diese Ursache in der Me- dulla oblongata residirt. Siehe oben Bd. I. p. 331. Das von der Medulla oblongata getrennte Rückenmark unterbricht diesen Ein- fluss zu allen unter dieser Stelle vom Rückenmarke entspringen- den Athemnerven; jede über dem Ursprünge des 4. Halsnerven stattfindende Verletzung des Rückenmarkes hebt den Antheil des 1. UnwiBkührliche und wBlkührüche Bewegungen. 75 N. phrenicus an den Athemliewegungen auf. Der Antheil des an dem Athmen bleibt, so lange sein Ursprung von der MediiUa oblongata nicht betheiligt ist; dnrchschneidet man ihn, AV. Bewegung der Stimmritze gehemmt (siehe oben p. 3-38.). her die Quelle aller gleichzeitigen Athembewegungen ist mit der erletziing der Medulla oblongata zerstört, dahingegen die Ver- e Zungen der vor der Medulla oblongata liegenden Hirntheile le rhythmischen Athembewegungen nicht aufheben. Die Ursa- le der rhythmischen Affection aller dieser Nerven, die sonst Huch der willkührlichen Bestimmung fähig sind, liegt also in der tedulla oblongata, mögen die einzelnen nun vom Gehirn oder Rückenmark entspringen. Wie soll jnan sich diesen Rhythmus vorstellen? Besteht er in einer einzigen periodisch wirkenden rregung der Inspiratoren, oder in zweien auf einander folgen- I en und abwechselnden Erregungen zuerst der Inspiratoren, dann t er Exspiratoren? Das Problem würde einfacher seyn, wenn nur as Erstere stattfände. . In der That besteht das gewöhnliche thmen eines ganz ruhigen Menschen, in sofern es durch leben- uige Bewegungen hervorgebraeht wird, nur aus periodischen In- spirationen durch das Zwerchfell, die Brustmuskeln und Kehlkopf- wiuskeln. Die Exspiration geschieht dabei durch die Elasticität und das von selbst erfolgte Senken der vorher ausgedehnten und er- hobenen Theile. Der Druck der Muskeln, z. B. der Bauchmuskeln, hat hierbei Antheil; aber vielleicht nur so viel, als der bestän- dige Druck dieser . Muskeln auf die Baucheingeweide beträgt, welche dadurch zurückgedrängt werden und das Zw-erchfell mit Verengerung der Brusthöhle heben. Zuweilen, wenn dasEinalh- men abrupt und plötzlich aus innern Ursachen erfolgt, bleibt sich das Ausathmen doch gleich, und erfolgt allmählig wie gewöhnlich. Indessen tritt jedenfalls bei jedem häufigem und heftigem Ath- men m gereizten Zuständen eine active Bewegung der Exspira- oren ein, und der in der Medulla oblongata bewirkte Rhythmus s lembewegungen hat also dann zwei verschiedene Momente, vie ei Herzschlag; bei den Fröschen hat der Rhythmus des Ath- mens sogar rcgelmä^•;ig drei Momente (siehe oben Bd. I. p. 163.), va rend ihr^ Herzschlag vier Momente von der Bewegung der diT Bewegung des Bulbus aortae hat. Drückt man bei d'* A Entwickelte in physiologischen Termen aus, so findet ladune*^ ■'vthraen in der Medulla oblongata eine periodische Ent- ren, yj)d b Nervenprincips nach allen Inspirato- venprin ‘ ^ ‘^^ruuf wenigstens häufig eine Bewegung des Ner- ratoren T*’ Strömung oder Schwingung, nach den Exspi- wegunir Unter.suchung über die Ursachen dieser Be- 1 Fragen: des Nerve^* die Medulla oblongata zu den Entladungen borenen <1®® respiratorischen Nerven beim ge- tersuchung 1 beim Fötus nicht stattfinden? Die Un- 337 eef'h ^ diesen Gegenstand ist schon früher Bd. I. p. ilnn».^ Vi ®**lweder liegt die erregende Ursache in Empfin- Vaem '^on den Athemorganen ausgehen und durch den b eine Impression auf die Medulla oblongata machen, oder 76 IV, Buch. Bewegung. II.Ahschn. V. den verschied. Muskelbewegg. sie Hegt in dem Eindrücke des arteriellen Blutes auf diesen so höchst reizbaren Theil des Nervensystems. Dass die Empfin- dung der atmosphärischen Luft in den Lungen, und das in den Lungen empfundene Athemhedürfniss weder heim ersten Ath- men, noch später die Ursache seyn kann , geht aus den von mir angestellten Versuchen hervor, wo ich diese Empfindungen beim Kaninchen durch Durchschneidung des N. vagus auf beiden Sei- ten, durch Durchschneidung auch des höher entspringenden Ra- mus laryngeus superior auf beiden Seiten, ja durch gänzliche Ab- lösung des Kehlkopfes unmöglich machte, und der Rhythmus der Athenibewegungen viele Stunden bis zum Tode des Thieres fort- dauerte. Die Theorie von Kisn, dass hingegen der Reiz der atmosphärischen Luft auf die Hautnerven, der auf das Rücken- mark geleitet werde, das Athmen als Reflexionsbewegong errege, ist nicht sehr wahrscheinlich. Ein von der Haut ganz hefreiter Frosch athmet ungestört fort. Ein Frosch athmet gleich gut mit dem Kopfe in der Luft, mag die Haut seines Körpers von Was- ser oder Luft umgeben seyn. Wäre der Hautreiz von Wasser zur Incitation der Alhernbewegungen hinreichend, so müsste auch der Fötus der Säugetliiere im Uterus Athembewegungen maclien. Es ist daher offenbar, dass die Ursache des ersten 'wie fernem Athmens eine solche ist, welche auf den Fötus nicht wirken konnte und nach der Geburt sogleich auf das Kind wirkt, und diese Ursache liegt nicht in dem Empfindungsreize der at- mosphärischen Luft weder auf die Lungen , noch auf die Haut. Sie kann keine andere seyn als das arterielle Blut, welches bei dem ersten Eindringen der Luft in die Athemwerkzeuge entsteht, und in weniger als einer Minute schon bis zum Primum movens aller Athembewegungen im Gehirne, zur Medulla ohlongata ge- langt und diese zu Entladungen des Ncrvenprincips in die von ihr abhängigen Bahnen der respiratorischen Nerven erregt. Dass diess die fortdauernde Ursache der Athembewegungen während des ganzen Lebens ist, ergiebt sich sehr schön aus den von mir angestellten Versuchen mit Fröschen, die ich einige Stunden in Wasserstoögas athmen Hess, wobei sic nach einiger Zeit zu ath- men auf hörten, obgleich sie noch lebten. Ihre Athembewegungen treten anfangs wieder auf kurze Zeit ein, wenn man sie rüttelt in dem verschlossenen Gefässe, später werden die Thiere scheintodt. Nimmt man sic nach 2 — 3 Stunden aus dem Gefässe an die at- mosphärische Luft heraus, so scheinen sie wie vollkommen todt; keine Spur von Bewegung oder Empfindung ist an ihnen zu be- merken. Man lege nun ihr Herz bloss. Schlägt es gar nicht mehr, so leben sie auch nicht mehr an der atmosphärischen Luft auf. Schlägt es noch, wenn auch in sehr grossen Pausen, von — 1 Minute, so lasse man den Frosch nur liegen; er lebt in der Regel wieder auf, ohne alle Reizung von aussen, als die all- mähligc Oxydation des Blutes in den Lungengefässen, deren Man- gel die XJrsciche des Scheintodes war. Das mit Oxygen geschwän- gerte Blut kömmt, so schwach und so selten die Herzschläge auch seyn mögen, doch zuletzt xvieder Ins Gehirn, zur Medulla oblongata; die Medulla oblongata fängt wieder an das Nerven- 1. Unmllkiihrliche und willkiihrliche Bewegungen. 77 princip auszuströmen. Die ersten Spuren des Wiederauflebens zeigen sich an dem ganz ruhig in der atmosphärischen Luft lic- S^^den Frosch d aran, dass er auf Kneipen der Haut die Extre- mitäten einzieht; nach einiger Zeit sieht man ihn von Zeit zu ^eit athmen, und nach einigen Stunden sitzt er frisch wieder da. Also ctie Ursache der ersten und dauernden Erregung der Me- öulla ohlongata zur Entladung des Nervenprincips nach den re- spiratorischen Muskeln ist das arterielle Blut. 2. Was ist der Regulator des Rhythmus der Athembewegun- S6n? Die Ineitation der Medulla ohlongata durch das arterielle Blut ist continuirlich, und wenn auch das Blut, isochronisch mit dem Herzschlag, mit stärkerem Impuls in die kleinen Arterien strömt, so steht doch diese stoss weise verstärkte Bewegung in keinem Verhältnisse mit den Perioden der /Vthembewegung. Wie geht nun die beständige Erregung der Medulla ohlongata In die periodische Bewegung des Nervenprincips von dieser ans über? Die Frage scheint anfänglich auch durch eine ähnliche Supposi- tion löslich, wie hei den automatischen Bewegungen des organi- s^ien Systems. Befindet sich in der Mednlla ohlongata irgend eine Isolation, wodurch das sich dort entwickelnde Nervenpi'incip mifgehalten wird, sich in dem Maasse zu entladen, als es durch die Wirkung des arteriellen Blutes auf die Nervensuhstanz ent- bunden wird, so wird sich dasselbe bis zu dem Momente anhäu- fen , wo es die Isolation durchbricht und in die respiratorischen Nerven übergeht. Eine 'andere Lösung der Frage würde sich auf die Thatsache gründen, dass entweder die Fähigkeit eines Nerven, einen Strom oder eine Schwingung des Nervenprincips ™ leiten, oder die Fähigkeit, der Muskeln, dem vorhandenen mvennnpuls zu gehorchen, eine begrenzte ist und nach einer ge- wissen Zeit so lange aufhört, bis sich diese Fähigkeit durch den Le- lensprocess in den Capillargefässen wieder liergestellt hat. In en uskeln der Extremitäten ist diese Fähigkeit offenbar viel grosser, als in den Muskeln, welche dem Athmen dienen; wir se- ien less an der Dauer der willkührlichen Bewegungen. Wir onnen sehr lange stehen, ein Gewicht tragen, aber nur kurze od^ iiuf kurze Zeit ausathmen. Wollen wir das Eine kührf fortsetzen, so fühlen wir die Grenze der will- hincst*^ ^*'*D’engung. Jede Muskelhewegung kann aber die gen ab ftirlgesetzt werden, wenn sie mit anderen Bewegiiii- es wird fehlt hier nicht an dem Nervenpi'incip, denn der Lp't**^ änderen Bewegungen verwandt; es fehlt entweder an Muskeln der Nerven oder Contractioiiskraft der durch die andere oder beide vielleicht derfoUe v erschöpft wei’den. Die regelmässige Aufeinaii- d^^Moim» Ausathmen, die regelmässige Folge von dass weder'^^p*^^'^ Fröschen deuten ziemiieh deutlich an, dass vielrnel noch die zweite Erklärungsart hinreicht, bewirkt d Medulla ohlongata eine unbekannte Ursache ^nsniratorp*** .Aach jeder Bewegung des Nervenprincips nach den toren erf l**f ^,*'“^1 die Bewegung desselben nach den Exspira- ‘O'gtj und umgekehrt, so dass die eine Direction, wie beim 78 IV. Buch. Bewegung. II. Abschn. V. den verschied. Muskelbewegg. Pendel und bei der Wage, die nothwendige Ursache der entgegen- gesetzten ist. In der That fühlt sich am Ende des willkührlichen langen Einathmens nicht hloss eine Erschöpfung der Atliemmuskeln, sondern auch die Nölhigung einer andern Gewalt, welche mit dem Einathmen im Widerspruch steht; und ebenso findet nach langem Ansathmen die Nöthigung zum Einathmen statt, was wir nur mo- mentan durch Erhöhen der einen Kraft aufschieben, aber nicht auf die Dauer aufhalten können. Wäre die Ursache der abwechselnden Bewegung nicht schon in der Medulla oblongata begründet, läge sie hloss in der momentanen Erschöpfung der Nerven und Muskeln, so würden Einathmer und Ausathmer willkührlich von uns zugleich angestrengt werden, zu gleicher Zeit ausruhen, und zu gleicher Zeit wieder thätig werden können. Die Ursache der Abwechselung kann auch nicht in dem Gefühl des Bedürfnisses liegen, die mit Kohlensäure imprägnirte Luft auszutreihen und die reine Luft einzuathmen. Denn nach Durchschneidung des N. vagus am Halse und seines Ramus laryngeus snperior auf beiden Seiten, sind alle Athmungsgefühle noch mehr als im Schlafe aufgehoben, und die periodischen Bewegungen dauern doch bei den Thieren fort. Es ist daher in der Medulla oblongata eine unbekannte Ursache vorhanden, welche das beständig sich entwickelnde Ner- venprincip, abwechselnd in der einen und andern Richtung, ent- ladet. Mau hat wohl daran gedacht, dass die von der Verenge- rung und Erweiterung der Brust herrührende Verschiedenheit der Völle der Blutgefässe in den grossen Venenstämmen und den Venen des Gehirns die Ursache jenes Rhythmus seyn könne. Vergl. oben Bd. I. p. *3.38. Indess bewegt man sich sich bei dieser Hypothese offenbar im Cirkel. Ueherdiess zeigen uns die Fische mit ihren periodischen Bewegungen der Kiemendeckel, welche keinen Druck auf die Venen ansüben können, die vollkommene Unabhängigkeit dieser Impulse von äusseren Einflüssen. Die continuirliche Irritation der .Medulla oblongata durch das arte- rielle Blut geht also durch eine noch unbekannte Ursache in eine periodische abwechselnde Entladung des Nervenpinncips nach den Nervenfasern der Inspiratoren und Exspiratoren über, wovon die eine Entladung immer die Ursache ist, dass die andere anta- gonistische eintritt. Empfindungsreizungen in den Respirations- werkzeugen können durch Reflexion v'on der Medulla oblongata zuweilen Störungen in dieser Folge hervorbringen ; so dass z. B. beim Husten mehrere Ausathmungen verkommen, ohne dass jede derselben ein Einathmen hervorrnft. Ausser den ge- wöhnlichen Athembewegungen treten bei gewissen Zuständen des Nervensystems, namentlich bei der Ermüdung und nach und vor dem Schlafe, zuweilen andere, vom Gehirn abhängige periodische Athembewegungen ein, wie das Gähnen, welches in einem tiefen Ein- und Ausathmen mit AlFection des N. facialis besteht, wobei die im Gesicht sich verbreitenden Aeste Contrac- tionen der Gesichtsmuskeln und der Ast zum Musculus digastri- cus rnaxillae inf. das weite Oeffnen des Mundes verursacht. Hie- her gehört auch das in Nervenaffectionen periodisch eintretendo Seufzen, Schluchzen. 1. Unwülkührliche und (villkültrliche Bewegungen. 79 Die Athembewegnngen sind nicht die einzigen periodi- ^hen, zum täglichen Lehensvcrlauf gehörenden automatischen ewegungen, die von den Centraltheilen des Nervensystems a J langig sind. Ein anderes Beispiel bieten uns die Augen- wuskeln und die Iris ira Schlafe dar. Bei dem Schlafenden j- Auge etwas nach einwärts und aufwärts gestellt, und s'hl f'* S®”* beschattet. Schon vor demEin- . nimmt das Auge diese Stellung an, und dass die Augen sich lac innen stellen , lässt sich deutlich aus der Lage der Doppel- Schläfrige sieht, wenn er sich, im Be- gn emzuschlafen , mit der Beobachtung überrascht. Sie liegen so vvie beim Convergiren der Augen vor dem Objecte, das Dop- pe )i c des rechten Auges liegt rechts, des linken Auges links, s ist oben schon bewiesen worden, dass bei der willkührlichen oder nwillkuhrhchen Bewegung der Augen nach innen jedesmal die Iris erengt wird (Bd. I. p. 66.3). Beide vom N. oculomotorius abhängige anomene treten nun auch im Schlafe zusammen ein. Es tritt da- ei im Schlafe jedesmal eine automatische Bewegung der Augeniwus- während des Wachens nur willkülir- ci hervorgebracht wird. Das Princip der Nerven, während des achens auf so viele Functionen vertheilt, wird bei diesem Phä- nomen einer besonderen Provinz des Gehirns und den Leitern jener Bewegungen zugewendet. Vielleicht rührt indess die Stel- lung der Augen nach innen beim Einschlafen und die Verenge- rung der Pupille im Schlafe bloss von einem antagonistischen Verha ten der verschiedenen Aeste des N. oculomotorius her, so dass diese Bewegungen deswegen jedesmal eintreten, wenn der Levator palpebrae superioris zu wirken aufhört. pus Bewegungen des animalischen Systems mit Ty- malische** periodisch unwillkührliche Bewegungen des ani- Sw ^ T?" Centraltheilen des Nervensystems durch^r^’ iiuaufhörlich thätige Bewegungen, die selten jenen Unterbrechung erleiden, sind auch von malisch ^ abhängig. Dahin gehören die Sphincteren des ani- kührli h** y^toms. Obgleich wir die Action dieser Muskeln will- iin Schl- können , so sind sie gleichwohl fortdauernd ^eit nicht* uontrahirt; wir können ihre Thätig- ‘•ire Antao^'- ^ unterbrechen, es sey denn, dass wir durch hört hiehc**"***^^” Gregendruck gegen sie ausüben. Es ge- vesicae'so*^ ''’przügheh der Sphincter ani, auch der Sphiucter diesen Einfl^A“-^’? das animalische Nervensystem auch auf Muskeln h- **!t Kraft und die Zusammenziehung dieser s und an einen Vorwärtszieher desselben; der heben uml^* Musculi peronaei, die den äussern Fussrand Mit der '' Tibialis auticus, welcher ihnen entgegen wirkt. Itoln l'mchtigkeit können sich antagoiiislische Mus- hi'di'a n ' ^^irkungen verbinden. Die Peronaei und der Ti- wirken ” Hebern des Fusses, wenn sie zugleich Hl« I ' I ^’ödialis und die Extensorcs radiales der Aticl ,^‘^'*‘^toren der Hand, wenn sie zusammen xvirkeu. 1 i.i .‘•le 1 tlcr von Ritter angenommene Gegensatz derFlexo- «läller’» I>hy»;ol„sie. ‘ ^ 82 ly. Buch. Beivegung. 11. jibschu. V. d. verschied. Miiskctbeweg. ren und Extensoren in Bezielinng auf den gnivanisclien Reiz nicht bestätigt. Vergl. oben Bd. I. p. ()02. Manche Muskeln sind so angelegt, dass sie nur geringe oder gar keine Antagonisten hiiben ; in diesem Falle wirken diese Mus- keln auch beständig für eine bestimmte Lage der Tbeile. So sind viele Muskeln vorhanden, um den Oberschenkel nach auswärts zu rol- len, wie die Gesässmuskeln, die Obturatoren, der Pyriformis, die Ge- melli, der Quadrates femoris; die Rollung des Schenkels nach einwärts ist nur schwach dem Tensor fasciac latae anvertraut. Daher die nnwillkülirlicbe Neigung zur Auswärtswendung der ganzen Extre- mität beim Gehen, Sitzen, Liegen. Muskeln ohne eigentliche An- tagonisten sind auch die Sphincteren. Man kann daher die be- ständige Verschliessung der Oell'nungen durch die Sphincteren allein aus der Thatsache abicilen, dass das Contractionsspiel aller Muskelti auch im Zustande der Ruhe nicht aufhört. Diese Mus- keln müssen, ohne dass vorzugsweise nach ihnen ein beständiger Strom des Nervenprincips staltflndet, schon deswegen geschlossen seyn, weil sie eigentlicher Antagonisten ermangeln. Sie öffnen sich, wenn der Inhalt der Blase, des Mastdarins sich angehäuft hat und die dadurch erregte stärkere Zusammenziehung der Wände den Inhalt gegen sie hinlreibt. Die Iris, auch einSphinc- ter zieht sich beständig im Wachen und noch stärker im Schlafe zusammen. Auch hei gleichem Lichteinflusse im Wachen sieht man be3tändig die Iris unduliren. Siehe IIenle, Enryclop. JVör~ terb, d, med. JVissensch. Art. Gedüchtniss. Der Antagonismus der Muskelbewegungen ist von grosser pathologiscber Wichtigkeit. Durch Aufhebung des Gleichgewichts der Muskelbewegungen können Krümmungen entstehen. Der Klumpfuss z. B., welcher sowohl beim Fötus nach den ersten Mo- naten der Schw'angerscbaft, als nach der Geburt entstehen kann, hat in vielen Fällen in dem aufgehobenen Gleichgewichte der Muskeln, welche den innern und äussern Fussrand heben, seine Ursache, und wird auch durch Herstellung dieses Gleichgewich- tes oft geheilt. Entweder befinden sich die Muskeln, welche den äussern Fussrand heben, Peronaei, in einem halbgelähmten Zu- stande; oder die Muskeln, welche den innern Fussrand heben, in lähmungsartiger Contractur. In beiden Fällen muss der äussere Fussi'and auftreten und der Fuss durch den Tibialis posticus nach einwärts gezogen werden. Allmählig ändert sich auch die Stel- lung der Skelettheile in den Gelenken; so dass das Os navi- ciilare in der Regel nach einwärts gewendet wird und tier zum Theil entblösste Kopf des Astragalus auf dem Rücken des Fusses eine Hervorragung bildet. Beim Pferdelüsse, wo die Ferse hoch erhoben ist und der Fuss auf den Zehen auftritt, sind die Gastroenemii in straffer Contractur und doch zuweilen atro- phisch. Contractur und Atrophie der Muskeln schliessen sich nicht aus. Es giebt eine lähmungsartige Schwäche der Muskeln mit Contractur derselben (siehe Oli.ivier iraitd de la mocUe epinicre et de ses medadies II, p. 709.), und wir haben selbst Contractur dei’ Gastroenemii mit Atrophie derselben verbunden gesehen. Wenn auch die Verkrümmungen der Wirbelsäule oft ihren 1. U riiviKküfu'lU'hc und xvlll^ührltcfte liewtgungen. 83 <"^i urul in scropimlöser Entzündung der Intervertebralbänder und "^Virbel mit Erweiclmng, Aufscliwellung, Eiterung und Substanz- '■erliist ihren Grund hal)en, so entstehen sie doch noch bäutipr durch das gestörte Gleichgewicht der Muskeln des Rumpfes . ^srgleichen Skoliosen geben sich z. B. daran zu erkennen, dass ^ciiie Zeichen von Rhacbitis vorhanden sind und dass die Ver- krümmung durch gymnastische Uebungen verbessert wird. Diese Erscheinungen sind also denjenigen analog, welche inan bei dem KlumpFuss und Pfcrdefuss beobachtet. Bei der Vereiterung einer Lunge ist die Lähmung der Brustmuskeln auf dieser Seite nur scheinbar. Die Brust hebt sich hier nicht, weil die Lunge nicht ausgedehnt werden kann. JE . lirßexionsl/eivegung en. Die Natur der Rellexionsbewegungen ist bereits iin ersten Bande (p. 688v) au.srühHicb erläutert; es geboren hieher alle Be- wegungen, welche auf ursprüngliche Erregung von Empfindungs- nerven entstehen und wo die Vermittelung der centripetalen und centrifiigalen .Strömung dureh das Gehirn und Rückenmark entsteht. Mali kqnn zw'ci Hauptgruppen dieser Phänomene un- terscheiden. Reflexionsbevs’egnngen des animalischen Systems. Hieher gehören die Reflexionsbewegungen der von Gchirn- und Spinalnerven versehenen Muskeln , mag nun die centripetale Erregung in den animalischen oder organischen Nerven, z. B. in der äussern Haut oder im Darmcanal, entstanden seyn. Der Hu- sten von Reizung der Schleimhaut der Lungen und des Kehl- kopfes; das Erbrechen von Reiz.gpg der Sclileimhauf des Sehlundes, Magens, Darms; das Harndrängen und der Stuhlzwang, so weit sie mit ausgebreiteten Muskelbewegungen verbunden werden, von Reizung der Schleimhaut der Urinblase., des Mastdarms; das Nie- sen von Reizung des Sehnerven und der Nnsennqrven; die Be- wegung der Iris von Reizung des Sehnerven; die Zusammenzie- hung des Schlundes von der Berührung der Schleimhaut dessel- hcn, und so viele, ja unzählige Phänomene, die früher bei der Lehre von den, Rellexipnsbewegungen. ihre Erklärung gefunden, gehören hieher. Desgleichen jene Menge der sogenannten sym- pathischen Krämpfe in Krankheiten, die Empfiudungsreizungen ■ewirken, jing jene so leicht und von so vielen Orten aus er- regbare Convulsibllität der Kinder, der Weiher etc. Die Re- exioiisbevyegungeij auf Empfindungsreize sind meisteutheils vor- ?;‘.:*f*^S^‘mnde oder auch anhaltende Zusammenziehungen der will- ir' ' t Muskeln. Bei einem hohen Grade der Irritation des Rückenmarkes durch Empfindungsreize können die unwillkührli- ^ 'i^*^ ,, ®\®’‘musbewegungeii der willkührlichen Muskeln aumi sc mell wiederholte i hvtiimischc Conlractionen seyn. So z. B. as Zittern bei Application der Moxen, bei langem Aufenthalt iin kalten Bade, das eben dann auch erfolgende Zähneklapperm Ara merkwürdigsten sind indess in dieser Hinsicht die rhythmischen Conlractionen der Darnrnmuskeln nach wollüstiger Reizung der 6* 84 IV. Buch. Bewegung. IT. Absr.hn. V. d. oersehied. Muskelbeweg. Genitalien, die rliytbmisclie Austreibung des Samens durch diese Bewegungen. Diess ist um so merkwürdiger, als die Samcnbläs- cben sieb niebt rbytbmiscb, sondern anhaltend wurmförmrg zu bewegen scheinen. Durch die letztere Bewegung gelangt der In- halt ununterbrochen in die Harnröhre; durch die rhythmischen Contractionen des M. bulbocavernosus wird der Inhalt in der Haiiiröhre weiter befördert. B, Reflexionsbewegungen des organischen Systems. Hieher gehören die Reflexionsbewegungen der nur unwill- kührlich beweglichen Muskeln, mag nun die centripetale, zuerst auf das Gehirn und Rückenmark verpflanzte Erregung von Ge- hirn- und Rückenmarksnerven oder von Oreanen ausceaancen seyn, die vom organischen Nervensystem versehen sind. Die hic- her gehörigen Plianomcne sind auch bereits oben Bd. I. p. 71fi. u. f, in extenso untersucht. Von allen Stellen des Körpers aus kann die Bewegung des Herzens durch Reflexion einer Empfm- dungsreizung verändert werden, wobei das Rückenmark auch wie- der die Mittelsperson spielt. Eine Bemerkung, die wir früher bei dieser Materie nicht gemacht haben, muss jedoch hier her- vorgehohen werden. Es handelt sich um den Antheil der Re- flexion an dem, was wir Fieber nennen. Diese Umbra morhl, welche sich in so vielen Theilen des Körpers ausspricht und doch in der Regel, vielleicht immer einen ganz localen Grund hat, ist nicht allein mit Veränderungen des Herzschlages (und deswe- gen auch des Pulses) verhundeu, sie spricht sich in einem Corn- plex von Symptomen aus, die ihre Verbindung nur durch das Rückenmark finden. Die allgemeine Empfindung der Heftigkeit einer Krankheit, diese Lassltudo kann nichts anders als der Aus- druck der Impression seyn, welche eine heftige örtliche Krank- heit auf das Rückenmark macht. Die Gefühle der Hitze und Kälte, die Schauder, sind Symptome, welche sich auf den Zu- stand jenes Organes gründen. Die Veränderung der meisten Absonderungen vom organischen sowohl als animalischen Thcil des Leibes kann auch nur in jenen, wenn nicht beide Systeme gleich beherrschenden, aber doch regulirendeu Centralorganen ihre Erklärung finden. Dass Delirien dabei Vorkommen oder nicht, drückt nur die Stärke der Impression auf die Cen- tralorgane aus. Wenn nun alle diese Erscheinungen von einer örtlichen Ursache ihre Erklärung nicht in den räthselhaften Ei- genschaften des Sympathicus, sondern in der bekannten Re- flexionsfähigkeit des Rückenmarks und Gehirns finden, so ist auch die bei dem Fieber, constanle Veränderung des Herzschlags und seine Häufigkeit als Ausdruck der Reflexion zu betrachten. Die örtlichen Allectionen der Gehirn— und Rückenmarksnerven erregen nicht leicht eine solche Impression auf das Rückenmark, die wir Fieber nennen; sie bewirken zwar auch oft Reflexions- erscheinungen, z. B. Krämpfe, .Rjcr nicht jenen Complex von Erscheinungen des häufigen Herzschlags, der veränderten Ab- sonderungen, Empfindungen und Wärmeerzeugung bis zum De- lirium. Dagegen entstehen die Fiebersymptome durch nichts 1. VnwllMihrUche und wi/lkührlicha^ Bewegungen. 85 leichter, als durch eine heftige Veränderung der organisch- chemischen Actionen in den Capillargefässen irgend eines Thei- sey es nun Veränderung des Zustandes der Schleimhäute les ^cr Entzündun; ' er'änderuneen Da nun hei diesen a in irgend einem Organe. das organische Nervensystem nicht allein eine ftolle spielen, sondern noch sicherer die Impression auf dasRük- Kenmark und Gehirn verpflanzen muss, so liegt es sehr nahe an- zunehmen , dass die bei dem Fieber von einem Organ aus auf oäs Rückenmark oder auch zugleich auf das Gehirn verpflanzte und von dort aus weiter reflectirte Impression von einer heftigen Mitleidenschaft der organischen Nerven irgend eines Organes bei Entzündung und anderer Reizung ausgehe. Siehe über Fieber übrigens auch den Artikel Harn. El Assoeürie Bewegungen, ]\IUbewegiutgen. Die hieher gehörigen Phänomene sind auch bereits in der Nervenphysik Bd. 1. p. 662. zergliedert worden. Das Eigenthüm- tiche derselben besteht darin, dass der Impuls zu einer an sich 'wdlkührlichen Bewegung eine unwillkührliche zugleich hervor- cnft; wie die Bewegung der Iris mit der Stellung des Auges nach Innen eintritt. Die Association der Bewegungen ist um so grös- ]c weniger ausgebildet das Nervensystem ist. Durch die Er- ziehung erst lernen wir den Nerveneinfluss bei der willkührli- ohen Bewegung auf eine gewisse Summe der vom Gehirn abge- henden iPrimilivfasern isoliren. Der Ungeschickte macht viele associirte Bewegungen mit einer iutendirten willkührlichen. Der Clavierspieler hingegen zeigt uns das andere Extrem, wo die Isolation des Nerveneinflusses auf gewisse Gruppen der Bewe- gungen den höchsten Grad erreicht hat. Der Mangel der Iso- lation bedingt im Gesicht den ungebildeten Ausdruck; die Aus- bildung derselben hingegen ist zum grossen Theil Ursache der Bestimmtheit, Scharfe und des Ausdruckes der Gesichtszüge. Be- wegungen, welche sich leicht associiren, sind theils die gleichna- migen der einen und andern Seite, theils die von demselben ervenstamme abhängigen. Ein Beispiel der erstem ist die im- mer gleichzeitige Bewegung der Iris in .beiden Augen; selbst Hl flen Extremitäten ist die Tendenz zu dieser Mitbi Rede i ‘^w^gimg vorhanden. Die einseitige Bewegung des Augen- bei^l^ ist schwer und manchem unmöglich, und Rotat^*' schnell aufeinander folgender entgegengesetzter stand*'*'!^” ™it beiden Armen fühlen wir einen innern Wider- hührl’ ü Bewegungen beständig stört, so dass sie unwill- gehen**^*^ gleichartige Bewegungen beider Extremitäten über- Ei * iindA merkwürdigsten Thatsachen von Mitbewegung nami finden an den Augenmuskeln statt. Die gleich- ^ Zweige der N. oculomotorii beider Augen sind nämlich denz*'^*' Uebung nicht zu erklärenden Ten- zuclc'^l!*' Wir können immer nur beide Augen iien cf- oben, oder beide nach unten, oder beide nach in- Urj^ niemand vermag das eine Auge nach abwärts zugleich das andere nach aufwärts zu w'enden. Da diese 86 IV. Buch. Bewegung. II. Abschn. V. d. versehied. Muskelbeweg. Tendenz zur Mitbewegung von der Geburt an und vor der Erzie- hung des Gesichtssinnes stattfindet, so kann sie nur in der Orga- nisation der Ursprünge der N. oculomotoril liegen. So auflallend nun die Tendenz zur Mitbewegung in den gleicbnamigen gera- den Augenmuskeln, u eiche vom N. oculoniotorius versehen wer- den, ist, so merkwürdig ist der Mangel dieser Tendenz zur Mit- bewegung in den geraden äusseren Muskeln beider Augen und in den beiden N. aljducentes. Wir können zwar in einem gewis- sen Grade beide N. abducentes und dadurch die äusseren geraden Muskeln beider Augen zugleich wirken lassen, indem wir die Convergenz der Sehachsen vermindern und die Augen bis zur parallelen Stellung der Sehachsen führen; aber hier ist auch die Grenze; und niemand vermag, hei noch so grosser Anstrengung die Augen zur Uivergenz zu bringen. Der Grund davon liegt nicht in der Sclip'äche der Musculi recii externi, noch in der Art ihrer Insertion, denn diese sind gei-ade, wie bei den übri- gen geraden Augenmuskeln; diese Erscheinung entspringt auch nicht aus der Angewöhnung; denn sie ist auch angeboren und derNeugeborne, obgleich er noch nichts zu fixiren vermag, kann seinen Augen jede Stellung, aber keine divergirende geben. Aus dem Antagonismus des Rectus internus, der vom N. oculo- motorius versehen ist, kann die Erscheinung auch nicht erklärt werden. Der Rectus externus eines einzelnen Auges kann durch Wirkung des N. abducens dieses Auge ganz nach aussen stellen ; der Abducens des andern Auges kann es auch an diesem Auge allein; aber beide Abducentes können durchaus nicht zugleich die Wirkung ausfübren, die jeder einzelne allein ausüben kann. Kurz es ist Thalsachc, dass die gleichnamigen Acste des N. ocu- lomotorius beider Augen eine angeborne Tendenz und Nöthigung zur Milbewegung haben , und dass diese Tendenz den N. abdn- centes beider Augen nicht allein fehlt, dass vielmehr die starke Wirkung des einen die Wirkung des andern ausscbliesst. Diese prästabilirten Gewalten in beiderlei Werven sind für die Be- wegungen der Augen zum Zweck des Sehens von der grössten Wichtigkeit. Wir wollen einmal die Voraussetzung machen, die Natur hätte statt des N. abducens einen Ast des N. oculomoto- rius zum Musculus rectus externus geben lassen, so würde bei der Tendenz zur Mitbewegung in gleichnamigen Aesten der Ocu- lomotorii beider Augen allerdings die Divergenz der beiden Au- gen so leicht seyn, wie sie es jetzt nicht ist, so leicht, als jetzt die Convergenz ist; aber die gleichzeitige Bewegung beider Au- gen, des einen nach aussen, des andern nach innen, mit Paralle- lismus oder Convergenz der Sehachsen, wie wir die Augen bei dem schiefen Blick auf seitliche Gegenstände richten, würde dann nicht möglich seyn. Der Musculus reclus externus des ei- nen Auges wird mit dem Rectus externus des andern Auges die Tendenz zur Mitbexvegung haben, gerade so, wie es bei den gleichnamigen Aesten des Oculomotorius beider Augen ist. Beide Augen würden also gleichzeitig enhveder nach oben durch den Rectus superior, oder gleichzeitig nach unten durch den Rectu* inferior, oder gleichzeitig nach innen durch den Rectus internus? 1. UnivillkiiltrUchc und ivillkührlicht Bcivegung&i. S7 oder gleichzeitig nach aussen durch den Rectus externus gezogen werden; die Wendung des einen Auges nach innen, des andern nach aussen wäre dann gar nicht möglich. Dass diese Bewegung wird, war ein eigener Jferve der N. ahducens nöthig, er keine Tendenz zur Mitheweginig mit dem der andern Seite • Nun kann das eine Auge A durch den Ahducens nach aus- sen, das andere Ji durch den Rectus internus nach innen Lewegt weiden. Bei der Tendenz zur Milbewegung beider Recti in- eini wird zwar auch in dem Auge A eine Tendenz zur Stellung nach innen entstehen; diese wird aber durch die stärkere Wir- ung des N. ahducens auf A überwunden. Diese nolhweiidige stärkere Bewegung des Musculus abduccns fühlen wir in der nat hei - der mit Anstrengung vcrlmndenen Bewegung eines 1 uges ganz nach aussen. Diese aus sicheren Thatsachen fol- sjCnde Theorie erklärt vollkommen die liisher für unerklärlich *'ldene Thatsache, dass der Musculus rectus externns bei al- en Wirbel thi ereil einen eigenen Nerven, den N. abduccns erliäll. »gl Jessen, Beiträge z. ErkenntnUis d. psychisch. Lebens, 1831. 183. . Aof diese Art lässt es sich auch erklären , ivarurn der obere sc liefe Augenmuskel einen eigenen Nerven,* den N. trochlearis, CI halten musste, der gleichfalls nicht die Tendenz zur Milbewe- ^ng mit dem der andern Seite hat. Wir müssen zuerst die Wirkung der Musculi obliqui feststellen. Der Musculus obliquus inferior zieht das Auge nach innen und oben, wie man sich leicht an der Leiche, hei unversehrter Augenhöhle überzeugen kann, wenn man den Oblhjiius inferior von vorn präparirt iind dann gegen seinen Ursprung anzieht. Der Oblicjuus superior dreht oder rollt das Auge nach unten und etwas aussen. Bell hat diess schon aus Versuchen an Thieren und an Leichen be- wiesen. Lntersuchungen des Nentensystems. p. 153. Bei einem ^n mir angestellten Versuche, wo ich den Muskel ohne grössere er etzung von oben blosslegte, ohne dass das Auge von seinem e polster verrückt wurde, und dann den Muskel anzog, sah •e immer das Auge sich im Segment eines Cirkcls nach unten ^inc ein wenig nach aussen rollen. Die Auswärtsbewegung ist !*!. Sccinger als die Einwärtsbewegunrig durch den Musculus inar^^s^* 'oferior. Wirken beide Muskeln zusammen oder zieht vorc sogleich gegen ihre Ursprünge an, so wird das Auge perior*!^^” nach innen gestellt. Der Musculus ohliquus su- >Seite keine Tendenz zur Milbewegung mit dem der andern ducens*^*''li^!'*''^*^ dieser Hinsicht, wie der N. ab- unten ' ■ l * Bewegung des einen Auges nach aussen und ui)tet/ s ^ ^ andere Auge nicht auch nach aussen und hören'- innen und unten; diess Verhältniss ist ange- perior' ^®weist, dass die Bewegung des Musculus obliquus su- des Tr-i d Auge durch den N. trochlearis die Thätigkeit inferior andern Auges ausschliesst. Mit dem Obliquus oben d anders; er stellt das Auge nach innen und ' •unnn zm- Mitbewegung geneigten Zweig des N. ocu.- kch ln' Bewegung ik bei beiden Angen gemeinschall- äc 1 und erfolgt sogar unwillkührlich im Schlafe. Man 88 IV. Buch. Bewegung. II. Mschn. V. d. verschied. Muskelhcweg. kann diese Stellun" des Auges im Sclilafe nnd in Ner%'enzuiallen als den Ausdr;ick der gleichzeitigen Bewegung aller Zweige der Acste des N. dculomotorius zu den Augenmuskeln versehen. Die Muskeln sind auch im Zustande der Ruhe ein wenig contrahirt. (Siche oben p. 81.) Denkt man sich nun alle Aesle des N. ocu- lomotorius zu den Augenmuskeln schwach incitirt, so müssen Beide Augen nach innen und oben gestellt werden. Der Rectus Superior und inferior halten sich das Gleichgewicht; der Rectus internus zieht es nach einwärts und der Oljliquus inferior nach oben und einwärts, nnd da die gleichnamigen Aeste des N. ocu- lomotorius für beide Augen die Tendenz zur Mitbewegung haben, so ist diese Stellung beider Augen gleichzeitig nach innen und oben. Wir wollen nun wieder den Fall zergliedern, wenn die Natur statt des N. abdneens einen Ast des N. oculomotorius zum Rectus externus abgegeben hätte; dann wäre die gleichzeitige Bewegung des einen Auges nach innen und oben, des andern nach aussen und oben, vvie sie so oft geschieht, nicht möglich. Der 01)litjuus inferior des Auges A und die gleichzeitige Wir- kung des Rectus internus und Superior würden das Auge nach innen nnd olien stellen. Die zur Mithewegung tendirenden Mus- culi rectus internus und superior des Auges li würden dieses auch nach innen und oben stellen, also die genannte Stellung nicht mög- lich seyn. Es war also auch für diese Bewegung ein eigener Nerve, der N. ahducens, nöthig, der keine Tendenz zur Milbewegung mit dem des andern Auges hat. Wirken am Auge A Mnsculus ob- liquus inferior, Rectus internus und superior und wird es nach innen und oben gestellt, so kann das Auge B trotz der gleich- zeitigen Bewegungstendenzen dieser Muskeln an diesem Auge durch verstärkte Wirkung des N. abdneens nach aussen, und durch Zusammenwirkung des Rectus externus und Rectus supe- rior nach oben und aussen geführt werden. Eben so ist es bei der gleichzeitigen Stellung des einen Auges nach unten und in- nen ' des andern nach unten und aussen. Ist das Auge J durch den Rectus internus und Rectus inferior nach innen und unten gestellt, so drehen der zur Mithewegung geneigte Rectus inferior und der N. abducens das Auge B nach aussen und un- ten. Diese letztere Bewegung wird verstärkt durch den N. troeb- learis, der keine Tendenz zur Milbewegung in dem gleichnamigen des andern Auges hervorruft. Der N. trochlcaris gehört übrigens auch zu den physiognomischen Nerven. Die Mithewegung der Iris mit der verstärkten Actlon des N. oculomotorius haben wir schon oben Bd. I. p. 66d. erläutert- Wenn die von diesem Nerven abhängigen Muskeln an beiden Augen auch nur schwach unwillkührlich sich zusammenziehend wie es alle Muskeln im Zustande der sogenannten Ruhe noch thun, so werden beide Augen nach innen und oben gestellt, denn der Rectus superior und inferior halten sich das Gleichgewicht, dd Rectus internus und obliquus inf. stellen es nach innen und oben- Diese Aclion des Oculomotorius ist immer' mit der Tendenz zni' Mithewegung in der vom N. oculomotorius koinraeiiden kurze*' 1. ünwillküfirlicke und wiUkiihrUcha Bewegungen. 89 Wurzel des Ganglion ciliare und daher mit Znsammenziehung er Iris verLunden. Da der Nervus ahducens mit dem der an- ern Seite keine Tendenz zur Mitbewegung bat und eben so N. trocblearis, so muss das Auge im Zustande des c ildfes durch die zur Mitbewegung geneigten Muskeln beider ugen nach innen und oben gestellt werden und eben so noth- wendig die Iris im Schlafe zusammengezogen seyn. Die will- irliche Stellung der Augen nach innen und nach innen und Gn durch Mitbewegung beider Augen, macht auch die Iris zu- sammengezogen, weil sie sich jedesmal mit der verstärkten Action es Oculomotorius zusammenzieht. Siehe oben Bd. I. p. 663. Der • abducens steht hingegen mit der Action des N. oculomotorius im Antagonismus. Wird das Nervenprincip dem N. abducens zu- g wandt; wird auch nur ein Auge nach auswärts gezogen, so Wird auch die Iris regelmässig wieder weit und noch mehr, wenn Gide Augen bis zum Parallelismus der Sehachsen abgezogen werden. _ ^ Auch die organischen Muskejn sind den Gesetzen der Asso- ciation oder Mithewegung einigermassen unterworfen. Je mehr Muskeln unseres Körpers willkührlich und je länger sie ange- strengt werden, um so mehr tritt eine Veränderung des Herz- schlages ein; die dabei erfolgende Häufigkeit des Herzschlages lässt sich nämlich nicht allein aus der Störung des Kreislaufes erklären , wie bereits oben Bd. I. p. 722. mit Gründen bemerkt ■Wurde. Die Bewegung der willkübrlichen Muskeln hat auch Einfluss auf die des Darmcanals; je mehr wir die Muskelbewe- gung versäumen, um so leichter tritt auch ein Zustand der Tor- pidität im Tractus intestinalis ein, und jedermann ist bekannt wie vortheilhaft die Muskelbewegungen des animalischen Systems aut die Begelmässigkeit der Bewegungen des Darmcanals und die Itegelmässigkeit der Excretionen einwirken. F/. Bewegungen, welche von Zuständen der Seele ahhängen. Die hielier gehörigen Bewegungen bilden SClassen; Bewe- durch blosse Vorstellungen bedingt werden; leiden- de lattliche Bewegungen ; w'illkührliche Bewegungen. ^eyegungen auf Vorstellungen. b f Gruppen der Muskeln des animalischen Systems sind andig lu einer Disposition zu unwillkührlichen Bewegungen der B ' i*" Affection ihrer Nerven, oder vielmehr diesen! F*n*^^*^ Hirntheile, von welchen sie entspringen. In Ihcialis ® befinden sich alle respiratorischen Nerven, den N. ladhn ^''’SGschlossen. Diese Reizbarkeit, diese Neigung zu Ent- tlrsacl^"^ sich schon in dem von Zeit zu Zeit aus inneren können^'d’*'*'*'*'^*'®”^®” Niesen; aber auch die Zustände der Seele heln bed'*'^ Entladung des Nervenprincips nach den Athemmus- Seele ist'"^^"* schnelle Uebergang in den Zuständen der Med? II eine Entladung nach diesen Nerven von der send ‘^nSata aus zu bewirken. Das Sensorium w'irkt hier der'?*^ einzelne Nerve, in dem jede schnelle Verän- Jiij^ *^*"™,^”®*®ndes, auf was immer für eine Art, das Nerven- heuT/^ 'l'” setzt (Vergl. ]>. 62. ). Hiernach ist es zu e leilen, dass selbst ohne alle Leidenschaft ein so schnellei- 90 IV. Buch. Bewegung. II. Abschn. V.d. oerschied. Muskelbeweg. Ueliergang der Vorstellungen, wie er bei dem Eindruck, des Lä- cherlichen staufindet, jene Entladung bewirkt, die sicli dann in den Gesichtsmuskeln und Athemmuskeln äussert. Hicher gehört auch das Gähnen, insofern es durch die Vor- slcllnnc; des Gähnens oder durch das Hören oder Sehen des Gähnens veranlasst werden kann. Die Disposition zu den respi- i'atorischen und Gesichtshewegungen des Gähnens ist nämlich dann schon vorher da gewesen; sie tritt in Erscheinung, indem durch die Vorstellung die Bewegung des Ncrvenprincips die bestimmte Direction erhält. Auch hei dieser Bewegung wirken die Respi- i'ationsnerven und der JV. facialis sowohl mit seinen Gesichtsästen, als dem sich über den Musculus digastricus verbreitenden Aste. Plötzlich hervorgcrulene Vorstellungen von furchtbaren oder ver- abscheuungswürdigen Gegenständen erregen, auch wenn sie durch blosse erdrehtete Erzählungen hervorgerufen werden, hei reizba- ren Menschen zuweilen die Muskelhewegiing des Schauders , und dasselbe geschieht zuweilen hei der blossen Vorstellung eines ekelhaften Arzneistolles; ja die Vorstellung des ekelhaften Ge- schmackes kann sogar Vomiturition liervorhringen. B. Bewegungen durch Leidenschaften. Der respiratorische Theil des Nervensystems ist auch vor- zugsweise der unwillkührlichen Bestimmung durch leidenschaft- liche Seelenzustände unterworfen. Es bestätigt sich hier wieder, dass jede schnelle Veränderung im Gehirn, welche auf die Me- dulla ohlongata sich fortpflanzt, sogleicli den Modus der Athem- Lewegungeri, die Wirksamkeit aller Athemnerven mit Einfluss des respiratorischen Nerven des Gesichts verändert. Die Natur der Leidenschaften, welche Spinoza, im 3. und 4. Theil seiner Ethik aufgeklärt hat, wird erst im 6. Buch dieses Handbuchs un- tersucht werden. Man kann hier nur so viel erwähnen, als zum Verständniss des Folgenden nötliig ist. Der Grund aller Ge- muthshewegung ist nach Spinoza, dessen unübertrefflicher und von Niemand erreichter Zergliederung der Leidenschaften wir durchaus folgen, das Streben der Seele, einen bestimmten Zu- stand zu behaupten, und was diesem Zustand gemäss ist, zu er- zielen. Wird diese beständig in der Seele vorhandene Ailirma- tion , was ihrem jedesmaligen Zustand nützlich ist, zu behaupten, durch ein Object gefördert, so ist die Gemüthshewegung Fr eude, und indem das Object, was so wirkt, was für nützlich und in diesem Sinne gut gehalten wird, bald höherer, bald niederer Art und nach seiner Natur wieder sehr verschieden ist, entstehen verschiedene Leidenschaften, deren Grundzustand allgemein der- selbe ist, und welche bloss nach dem Object, welches dem Be- harruwgsstreben der Seele angemessen ist, verschieden sind. Alle Gemüthsbewegungen oder Leidenschaften dieser Art kann man reizende, incitirendc nennen. Wird hingegen die beständig i» der Seele vorhandene Aflirmation, einen bestimmten Zustand, den sie für nützlich, gut hält, zu behaupten, durch irgend etwas gehemmt, so ist die Gemüthshewegung Niedergeschla- genheit, nnd je nachdem das Object, was für gut gehal- ten wird, verschieden ist, entstehen aus dieser zweiten Grund- 1. UntviUkührliche und willkülirlicfus Bewegungen, 91 eidenschaft wieder verschiedene Gemüthsbewegungen. Das Stre- if* selbst, das für gut und einem gewissen Seelenzustande für zweckmassig Erscheinende zu erzielen, ist das Begehren, welches scT ft*" seinen Objecten verschieden ist. Viele Leiden- der' P zusammengesetzt, theils durch den Kampf mehrerer Oh' elementaren Gemüthsbewegungen, theils durch die hat sie s'ammtllcb nach einer mathematischen ^ ‘ode analysirt und eine Art Statik der Leidenschaften ge- r _ nclet, welche uns mit der grössten Bestimmtheit zeigt, was ^^ei einem Menschen in dem Conflict der Leidenschaften gesche- k^H lange er als hesvegt und unfrei gedacht wird. Die ® 6 _ ernunft allein wirkt allen Leidenschaften zugleich entge- gen, sie allein affirmirt nur das Vernünftige, der Seelenzusland l” t. uur das augenblicklich für zweckmässig, nütz- 'c , für relativ gut Gehaltene, welches in Beziehung auf dieFor- erungen der Vernunft bald gut, bald auch schlecht seyn kann. Dass das affective Princip in einer besondern Provinz des ensoriums residire, von wo aus es seine Wirkungen ausstrahle, •■jss sich bei dem Mangel aller Gründe weder beweisen, noch 'IC erlegen. Die Wirkungen erfolgen übrigens nach allen Rich- uiigen der motorischen Leiter, welche je nach dem Zustande er Leidenschaft entweder excitirt oder geschwächt und gar na- falysirt werden. In den excitirenden Leidenschaften erfolgen Spannungen und oft selbst cbnvulsivische Bewegungen, namentlich der von den respiratorischen Nerven und dem N. facialis abhängigen Muskeln. Nicht allem wird das Gesicht verzerrt, auch die Atherabewegun- Weinen, Seufzen, Schluchzen verändert. ;^de Heftige Leidenschaft, von was immer für einer Art, kann vvemen und Schhichzen hervorhringen. Man kann vor Freude, sei *11^*^*’ vpcinen. ln den deprimirenden Leiden- alU^M"’!. *** Angst, in der Furcht, im Schrecken sind sei K' n " ^^hrpers abgespannt, indem der motori- Fü^ inlluss des Gehirns und Rückenmarkes abnimmt. Die star*^ nicht, die Gesichtszüge werden hangend, das Auge ^ '"’lß gebannt und kaum der ausweichenden Be- Y'l''gj die Stimme wird unterdrückt und vergeht. Manche de^^ •** gemischt, indem die Seele von einer Selbste'l*^ I Vorstellung nicht frei werden kann, aber das drängend* excitirend wirkt auf Entfernung der be- ‘lef Ausd*” In diesen gemischten Leidenschaften kann des Gesichte in gewissen Muskeln, namentlich nun die H 'i'I’Migkeit anderer verbunden seyn; mögen Antagonist " ^*^®P®nnung gewisser Muskeln frei gewordenen diese^ Muskel Gesichtszüge in einer Richtung bewegen oder sowohl in d selbst convulsivisch bewegt werden. Oft auch, ten tritt ' als in den deprimirenden Leidenschaf- '"'illkührr b*** poltern, Beben einzelner Gesichtsmuskeln ein. Die Muskels ^ ■°®'^®onng eines in der Leidenschaft halb gelähmten San» .1 zitternd werden müssen, weil er nicht mehr üem Einflüsse des Willens gehorcht. Wir erfahren diess na- ö'i IV. Euch. Bewegung. II. Alschn. V. d. verschied. MuskelLeweg. mentlicli an den Gesiclitsinuskeln, •wenn wir sie in einer depri- mirendcn oder gemischten Leidenschaft bewegen wollen; diese Muskeln zittern dann und auch die Muskeln des Stinunorganes heben, und die -versuchte Sprache wird behend. Der sensibelste Leiter leidenschaftlicher Zustande ist der N. facialis; es ist der physiognomische Nerve, und sein Umfang nimmt schon bei den Saugethieren in dem Maasse ab, als die Gesichtszüge an beweglichem Ausdruck verlieren. Bei den Vö- geln hat er keinen Eintluss mehr auf den Ausdruck des Gesichtes ; nur seine in den Zungenbeinmuskeln und im Hautnniskel des Halses sich verbreitenden Zweige sind noch ührig, und die Slräu- bung der Haut des Halses oder bei einigen Vögeln der Obrfe- dern ist der einzige Ausdruck, wodurch er noch leidenschaftliche Zustände darstcllt. Ausser dem N. facialis werden die respirato- rischen Nerven, sowohl die inneren, wie die Rehlkopfnerven und der Zwerchfellnerve, als die äusseren, der Brust- und Bauchmus- keln, in den Leidenschaften leicht alllcirt. Bei stärkeren Gemüths- bewegungen verbreitet sich jedoch die Wirkung auf alle Bücken- marksnerven bis zur unvollkommenen Lähmung und zum Zittei’n. Der so äusserst verschiedene Ausdruck der Gesichtszüge in den verschiedenen Leidenschaften zeigt, dass je nach der Art der Seelenzustände ganz verschiedene Gruppen der Fasern des N. fa- cialis in Thätigkeit oder Abspannung gesetzt werden. Die Gründe dieser Erscheinung, dieser Beziehung der Gesichtsmuskeln zu besondern Leidenschaften sind gänzlich unbekannt. Ueber die mimischen Bewegungen siehe PIuschke mimices et physiognowices fragn.cnt. physiol. Jen. '1821. C. Willkührliche Bewegungen. Zur Erregung der willkührlichen Bewegung sind nur die animalischen Nerven, die Gehirn- und Rückenmarksnerven fähig. Die Geschichte der Rückenmarks Verletzungen zeigt, dass die Spinalnerven bloss dadurch der ■willkührlichen Bestimmung fähig sind, dass die Fasern der Rückenmarksnerven in dem Rücken- marke aufwärts steigen und in der Quelle aller willkührlichen Be- wegungen, der Medulla oblongata, dem Willenseinflusse ausgesetzt werden. Anderseits beweist sowohl der Ursprung der meisten Hirnnerven von der Medulla oblongata und die Möglichkeit, die von anderen Hirntheilen entspringenden motorischen Hirnnerven bis zur Medulla oblongata künstlich zu verfolgen, so wie die Ge- schichte der Hirnverletzungen, dass auch die Thätigkeit der mo- torischen Hirnnerven den Impuls zu willkührlichen Bewegungen ■von der Medulla oblongata erhält. Siehe oben Bd. I. 842. Man kann sich vorstellen, dass in- diesem Hirntheile die Fa- sern aller motorischen Hirnnerven und Rückenmarksnerven ex- plicirt werden. Der Wille setzt diese Faserursprünge, wie die Tasten eines Claviers, in Thätigkeit. Zur willkührlichen Bewe- gung gehört nur die Erregung einer Strömung oder einer Os- cillation in den Ursprüngen einer gewissen Summe von Fasern der Medulla oblongata. Alles Uebrige ist blosser Meehanismus. Der Wille kann nicht bis durch den ganzen Verlauf der Nerven- fasern fbrtsvirken; diese vollfübren von selbst die motorische / 1. UitivälküJirlicJte und a'üllLÜhrUche Bewegungen. 93 Action bis in die entferntesten Theile. Eine gespannte Saite, ein e astiscber Faden geratlien in ihrer ganzen Lange in Bewegung, so- ä u sie in irgend einem Theile ihrer Lange angesprochen werden. Jenso ist es mit den Nervenfasern ; das in ihnen wirksame Prin- lat eine solche Tension, dass die geringste Oscillation de« irgend einem Theile der Lange einer Faser ganze Faser auf der Stelle in Thätigkeit setzt, und ^ ® ewegung des Muskels am peripherischen oder Muskelcnde er Faser erfolgt. Also nur die Ursprünge der Gehirn- und uctenmarksnerven werden von dem Willenseinflusse selbst in 'atig eit gesetzt. Alles Uebrige ist blosser Mechanismus der mo- orisc len Nervenwirkung. Bei der Zergliederung der willkührli- j, Bewegung könnte es also bloss darauf ankommen, zu erklä- k^ömmt, dass bei der willkührlichen Bestimmung in ce*' oblongata die Ursprünge der Nervenfasern in Action dass augenblicklich hier Strömungen 1 ^ . ®*-*“"cn entstehen. Die Lösung dieser Aufgabe ist bei ün"^ - Zustande der Wissenschaft und vielleicht immer mog ich. Das Einzige, was wir thun können, ist, die Thatsa- e Ul der grössten Einfachheit hinzustcllen. Man könnte sich vorstellen, dass die willkührlicbe Bewegung on der Intensität einer im Sensorium bewusst gewordenen Vorl Stellung vom Zwecke und der Nolhwendigkeit 'ihrer unmiUolba- ren Ausführung abhiuige. Jedesmal, wenn diese Vorstellung ein Maximum der Intensität erreicht hätte, würde dann die zur Er reichung des Ziyeckes nöthige Bewegung eintreten. Diese Anl sicht wider egt sich leicht; denn dann müsste die Bewegung mit VoiSr'^ wachsen, wie die Intensität ^ener rium ioi dl S*" jcdemiul dann, wenn das Senso- Erreirl ' ® tkrer unmittelbaren Notli Wendigkeit zur Vorstpll*^"^ ciues Zwecks ganz eingenommen und wenn diese im 1 ‘“I? von keiner andern neiitralisirt ist; sie erfolge, wenn baren einzige Gedanke von der unmltlel- Dritte ° twendigkeit derselben, und durchaus kein Zweites oder icnes j| ^°vhandeii ist. Wenn ich sage, ich will jetzt diess oder Vorstell*^"’ ‘*“‘^** nicht, so ist entweder bloss die telbaren'Nml' Wollens und nicht das Bcwuisstseyn der unmit- ‘^'c Auslüh der Ausführung vorhanden gewesen; oder aber die ah*^*!® irgend etwas neutralisirl worden. Ist keit einer ^ Gewissheit von der unmittelbaren Nothwendig- so entstehe vorhanden und nichts Neutralisirendes da, kührlicheii B sagen, auch nothwendig die zur will- venprincips, nothige Strömung oder Osciüation des Ner- ahsolut nöthw'^ r anders, als dass etwas als siebt, und df**^*^ vorgestellt, den Ausschlag des Seelenzustandes Wäre \lem Sen*k Strömung in der Medulla oblongata Sewicht vou del p^’W^Scljulkens zu vergleichen, dessen Gleich- i'ulessen last ‘ > ®“^osowichte der Actionen der Seele abhänge. dann eintrüt inicht beweisen, dass die Bewegung nicht bloss * > wenn nur die eine Voj'steilung von der absoluteu 94 IV. Euch. Betvegung. II. jihschn. V. d. cerschied. Muskelbea^eg. Notliwendigkeit einer Bewegung und keine aridere vorlianden ist. Denn wir sind im Stande, drei und mehr verschiedene Bewegun- gen, die nicht den geringsten Zusammenhang bähen, lange neben einander fortzufiihren. Wir lesen, singen, spielen; prapariren und singen und rauchen gar dazu. Dann aber hangt der letzte Grund der willkührlichen Bewegung von keiner Vorstellung ei- nes Zweckes ab; denn die willkührlichen Bewegungen erfolgen schon beim Fötus, ehe irgend ein Zweck vorgestellt wird, ehe eine Vorstellung von dem, was durch die willkührliche Bewegung vollbracht wird, möglich ist; wir müssen uns die Sache durchaus einfacher machen. Wie werden die ersten willkührlichen Bewegungen beimFö- tus veranlasst? Die ganze Zusammensetzung der Zustande, unter welchen bei Erwachsenen willkührliche Bewegungen eingeleitct werden, fehlt hier. Der eigene Körper des Fötus ist hier allein die Welt, welche dunkele Vorstellungen in ihm hervorhringt und auf welche er zurückwirkt. Er bewegt seine Glieder anfangs nicht zur Erreichung eines äussern Zweckes ; er bewegt sie bloss, weil er sie bewegen kann. Da indess zur willkührlichen Bewe- gung eines einzelnen Theiles hei dieser Voraussetzung kein Grund vorhanden ist, vielmehr der Fötus hiernach gleichviel Grund hat, alle seine Muskeln zugleich zu bewegen, so muss irgend eine Ur- sache bestimmen, dass gerade diese oder jene willkührlichen Be- wegungen eintreten, dass jetzt dieser, dann jener Fuss oder Arm .angezogen wird. Die Renntniss der Lageveranderungen , welche durch be- stimmte Bewegungen hervorgebracht werden, wird erst allm'ahlig und durch die Bewegungen selbst erworben ; das erste Spiel des Willens auf einzelnen Gruppen der Faserursprüngen der moto- rischen Nerven in der Medulla oblongata kann daher offenbai' noch keinerlei Zweck der Lageveränderung haben; es ist eii« blosses Spiel ohne alle Vorstellung von den Wirkungen, welche davon in den Gliedern hervorgebracht werden. Durch diese zwecklose willkührliche Excitation der Faserurs|)rünge entstehen bestimmte Bewegungen, Lageveranderungen, Empfindungen da- von; die Excitation gewisser Fasern erregt immer dieselimn Be- weg.ungen, Lageveränderungen und ihre zum Bewusstseyn kom- menden Empfindungen. Hierdurch entsteht die Verknüpfung ge- wisser Empfindungen mit gewissen Bewegungen im dunkeln Be- wusstseyn. Wird hernach ein gewisser Theil des Körpers von aussen zu einer Empfindung angeregt, so ist schon so viel Er' fahrung im Sensoritim vorhanden, dass die darauf erfolgend« willkührliche Bewegung auch an dem gereizten Gliede sich äus- sern wird, dass das ungeborne Kind das gedrückte Glied and' bewegt und nicht alle Glieder zugleich reagirend bewegt. A"f diese Art müssen sich die willkührlichen Bewegungen auch b«' den Thieren ausbilden. Ein Vogel, der zu singen anfängt, setzf aus einer innern instinctmässigen Nöthigung willkührlich die Ur- sprünge der Nerven seiner Kehlkopfmuskeln inAclion; hierdurd» entstehen Töne. Durch die Wiederholung dieses Spiels len'^ erst der Vogel die Art der Ursache mit der Art der Wirkim? 1. UnmJlkiifirlirfte und a’tllfiiihrlirhe Jieivegiingeri. 95 verknüpfen. Der Instinct dieser traumartii; und unwillkührlich Wirkenden Impulse im Sensoriiim hat auch heim Menschen gleich anlangs Antheil an der Ilervorrutüng gewisser an sich willkühr- icher Bewegungen. Im Sensorium des neugehorneu Rindes ist Nötliigung zu Saughewegungen der Mundtlieile; aber die V^i^'rung dieser Bewegungen im Einzelnen ist wieder ein ganz wi kührliches Spiel. Aus dieser Betrachtung crgieht sich, dass le ■wiilkührllche Excilation der motorischen Nervenurspriingc ® Was Unmittelhares und Ursprüngliches, mit der Aushildung de» ueres Gegebenes ist, und dass die Ursache der willkührliehen ewegungen von keinem vorgestellten Zwecke, wie heim Erwach- senen, abhängig ist. Wir haben sclion aus vielen anderen Thatsachen gesehen, ass das m der Medulla oblongata wirksame JNervenprincip in «•nein ausserordentlichen Grade von Spannung ist, dass die gc- iingste Veränderung des Status «juo das Gleichgewicht der Ver- ^■eilung aulhebt und Entladungen hervorbringt, wie sie sich i Lachen , Kiesen , Schlucbzen etc. aussern. So lange tlas eichgewicht sich erhält, sind wir zu allen willkührliehen Bewe- gungeu aller Rörperlheile gleich geschickt, und das ist der Zu- * and der Buhe. Jede Bewcgiingstendenz, welche von der Seele auspht, stört diess Gleichgewicht und bewirkt eine Entladung bestimmter Richtung, d. h. erregt eine gewisse Summe Fasern des motorischen Nervenappurates. Der Einfluss des Willens auf die Fasern des motorischen Apparates ist nicht das einzige Factum dieser Art. Die Central- thede aller Gehirn- und Riiekenmarksnerven, auch der sensibeln und der Siiiuworgane, sind der willkührliehen Intention fähio. . Es ist für die Theorie der willkührliehen Bewegungen von Wich- igkeit, diese Erscheinungen zu zergliedern. Unsere Sinnescr- cheinungen sind gewöhnlich mit einer beständigen Mitaction des I lens verbunden. Indern wir eine zusammengesetzte Figur er- lebt ft’’ wir uns bald diesen, bald jenen Theil derselben einr diess Aufmerksamkeit. Wir sejien z.E. iiien 'dectonische Rose, ein Vieleck, dessen Winkel durch Li- emnf ” *‘"‘■1. Obgleich nun das Bild dasselbe bleibt, bald u” ^‘‘'.Lald diesen, bald jenen Theil der Figur lebhafter, A^ierec^ke^” Peripherie, bald einzelne Dreiecke, bald geschieht • Ganze hineingelegt sind, lebhafter. Diess mit den s"l ^ bloss, indem wir durch Bewegungen der Augen schreiben ^ ‘hese Figuren verfolgen und gleichsam lie- ibe Aufmerk*'"’ L*" unverwandtem Blick prägt die Intention, Ansebauune '*■ diesen , bald jenen Theil der Figur der werden, ahe- ^ *'**^^* während die übrigen zwar empfunden •he Gesichts^* ^"beachtet bleiben. Durch die Mitwirkung dieser wir zuweilen'*'- begleitenden Intention kömmt es, dass banz bestimmte''('’* dunkeln Gesichtseindrücken doch eine täuschen D Y)*^'''talt zu erkennen glauben, wobei wir uns olt ••Och deutr h**^ findet beim Gehörsinn statt, und hier ist es erung der Sinneseindrücke D entio nicht von Muskelhewegungen abhängt. Bei 96 IV, Buch. Bewegung. II. Ahschn, V. d. perschied. Muskelheweg. dem Spiel eines ganzen Orchesters sind wir seilen so passiv, dass wir alle Töne, die gleichzeitig gehört werden, hloss nach der Stärke derselLen lebhaft empfinden. Im Gegentheil, wir sind im Stande , das Spiel eines schwächern Instrumentes durch die stär- keren Töne der anderen zu verfolgen, wobei wir diese unbeach- tet lassen. Sagen uns zwei Personen verschiedenes in beide Oh- ren, so können wir den Worten des Eineu mit Aufmerksamkeit folgen, während wir die des Andern überhören. Was bei einem und demselben Sinnesorgane stattfiiidet, kann auch bei gleichzei- tiger Affection verschiedener Sinnesoi'gane geschehen. Je nach der Richtung der Intentio übersehen wir etwas, während wir dabei etwas lebhaft hören, und umgekehrt; denn die Intention kann nur ein Object auf einmal lebhaft zur Anschauung bringen. Diese Zergliederung der Sinnesempfindungen durch die Äut- merksamkeit geschieht häufig ganz unwillkührlich, ohne alle Ab- sicht nach den Gesetzen der Association der Vorstellungen. Al- lein wir können die Intention auch willkührlich bei den Sinnes- empfindungen wirken lassen. Sagen uns zwei Personen zugleich etwas ins Ohr, so hängt es ceteris paribus von unserm Willen ab, welche von beiden wir verstehen. Es liegt in unserer Wahl, zwischen gleichzeitig stattfindenden Gesichtsempfiudungen, Geiiör- empfindungen, Geschmacksempfindungen u. s. w., eine derselben allein lebh;ift zu empfinden, während die anderen so dunkle Ein- drücke hervorbringen, dass sie nicht zu unserm Bewusstseju kommen. Und dasselbe findet wieder bei einer einzigen Sinue^ empfindung statt; wir können sie willkührlich zergliedern; wh' können willkührlich das Spiel der Geige unter dem ganzen Or- chester lebhafter empfinden, willkührlich die einzelnen durch das Ganze durchstrebenden Theile der architektonischen Rose leb- hafter anschauen. Kurz der Wille wirkt hier eben so stark, wiß bei den Bewegungsnerven. Der einzige Unterschied ist nur, dass der Wille bei den Bewegungen die ruhige Nervenfaser excitiren kann, während bei der Mitwirkung des Willens in den Sinneser- scheinungen die Empfindung durch die willkührliche Intention nur lebhafter wird. Die willkührliche Intention ist auch nicht hloss auf Bewe- gungsnerven und Empfiudungsnerven beschränkt; sie wirkt auch bei den Seelenactionen des Sensoriums. Unser Vorstcllutigsvei’- mögen ist zwar ohne alle willkührliche Direction thätig; die Phantasie producirt, wenn die anderen Seelenäusserungen ruhen, unaufhörlich Gestalten, Bilder farblos, lichtlos, weil sie ohne Em- pfindung sind; ja diese Bilder werden durch Wechselwirkung iiih den Centralorganen der Sinnesorgane selbst leuchtend und farbig’ Denn wer sich aufmerksam beobachtet, sieht aus dem Traun* erwachend, obgleich wach, zuweilen doch die Traumbilder noch wirklich blasslicht mit offenen Augen, wie ich gar oft mich über- zeugt habe und schon Spinoza einmal an sich beobachtete. Siche J. Mueller iifjer die phan/astischen OesichtserscUeinungen, CoLleW- 1826. Sind wir auch nicht im Stande während des Wachen^ willkührlich leuchtende Bilder bei geschlossenen Augen produciren, so vermögen wir doch willkührlich unsere Vorslel- 1. UnwillkührUche und (vdlkuJirliche Bewegungen. 97 Jungen zu dirigiren. Kurz wir seljen, dass die willkülirliclie In- tention \om Sensorium aus nach allen Pächtungen auf motorische JNerven, sensorielle Nerven und die Seelenactionen wirkt; die ■willkiihrliche Ilervorrufung von Actionen ist eben nichts anders, u s die spontane, mit Lewusstseyu verbundene Intention des Ner- 'enprincips im Gehirn auf verschiedene Apparate, von deren Na- nr es ahhiingt, ob das willkührlich Ilcrvorgcrulcne eine Bewe- &*^*"g, oder eine lebliaftere Empfindung, oder eine Vorstellung *®t. Man kann sich diese willkülirliclie Intention vorläufig als eine spontane, mit Bewusstseyn hervorgerufenc Strömung oder ciiwingung des Nervenprincips nach jenen Apparaten vorstellen. Man kann, wie in Hinsicht der Freiheit des Willens über- laupt, so in Hinsicht der willkührlichen Bewegung auf den edanken kommen, dass es gar keine freie AA'^illkühr hierbei gäbe, 'jnd das, Avas man so nennt, nur eine Verkettung von Kothvven- mgkeiten sej', die kein anderes Endresultat, als das Gewollte ha- >en können. Bald ist es, könnte man sagen, eine Empfindung, Jaul ein leidenschaftlicher Zustand, bald eine Vorstellung und *^'6 Association mehrerer Vorstellungen, die uns Bewegungen nothwendig ausführen lassen , dass sie gleichsam nur das etzte Resultat dieser Verkettung und so unvermeidlich sind, der Schluss aus den Prämissen folgt. Die Leidenschaft kann eine Bewegung bewirken; die Nothigung zu tlieser Bewegung kann, da die Leidenschaft die Seele ganz occupirt, den höchsten Grad erreicht haben , und wenn die 'Vermuift sie nun Aviderräth Und unterbleiben lässt, so liegt es doch Avleder, kann man sagen, in der Verkettung dieser Facta, dass die BcAvegung unterbleibt. Was geschieht, könnte man sagen, ist der blosse fac'tische Schluss von dem, Avas im Bewusstseyn liegt. Kennte man die ganze Ent- wic e ung des Menschen,- alle Anteacta vor einer Handlung, alle inwirkungen vor derselben, die Stärke seiner Leidenschaften So lirad der Entwickelung der Verniinft-Principien in ihm,, o könnte man wahrscheinlich seine Handlungsweise in jedem die^^'nV**^*”^* Lebens berechnen. Nach dieser Ansicht Aväre Se^^' ^l'e von dem selbstbeAvusstcn Ich vom ausgefülirte Intention des Nervenprincips auf die Nerven, deren Direction von der augenblicklichen ties Ichs durch irgend einen klar vorgestellten oder Weym^.^'^c ^''lekenden Grund abhängt. Eine unwillkührlichc Be- geschef auch ins Bewusstseyn fallen, aber nur naclulcrn sie iiierdi ‘l'e Empfindungen, die sie hervorbringt; •’unrre • sieh willkülirliclie und unwillkührlichc Bewc- den*^ lA*' Muskeln des animalischen .Systems unterschei- •'äcli ]• ^ willkührlichen Bewegung ii-tro j Ansicht jedesmal von der Bestimmung des Ichs tlurch 'tjenct einer, n . n. . , i _ i i... --iniul ^Idi- vorgestellten oder verborgen Avirkenden <'>ri 2uhet° ’ scheint diese Ansicht alle Freiheit des Willens auf- JJior j*.*^*', bliebe nur die Freiheit des AVillcns im liöhern Senöttf'of*^'* nämlich dass die Seele nicht an und für sich den äusseren oder inneren leidcnschaf liehen Be- Tnungen zu folgen, dass sie vielmehr in dem Grade von der ütler’s Pliysiologic. 2r BJ. 1. 7 <(S IV. Buch. Bewegung. II. Ahschn. V. d. verschied. Mi^skelheweg. Vernunft selbst bestimmt werden kann, als das Vernünftisje in ibr schon mm Tlewnsst.seyn gekommen ist. Diess ist bekannt- lich der Begritf der Freiheit im Sinne Spi.noza’s, wie er ihn ini letiten Buche der Ethik enUvickelt. Bei der Uurchführung dieser Ansicht finden sich grosse Schwierigkeiten. Zu jeder Krümmung eines Wurmes würde ein blosses spontanes S])iel des Nervenprincips nicht hinreichen. Es müsste jedesmal das Sensoriurn desselben von irgend einem Grunde bestimmt werden, dass dieser und nicht ein anderer Theil der IVerven dirigirt werde, und eben so ist es beim Fötus, dessen im 5. Monate schon beginnende Bewegungen ohne Absicht und ohne Renntniss der Wirkungen, die sie haben, willkiihrlich er- folgen. Hier würden also die Gründe, die das Ich 'bestim- men , bald diesen , bald jenen Theil des Nervenapparates in Th'atigkeit zu setzen, ganz unbekannt seyn. Das Einzige, was man sich hier als Veranlassung zur Bestimmung des Icbs für Intention bestimmter Nervenfasern verstellen könnte, wäre, dass diejenigen Gruppen von Nervenfasern, die eine Zeitlang der Intention nicht ausgesetzt waren , zur Intention am meisten prädisponirt sind. Erwägt man die lebhaften willkübr lieben Be- wegungen des Neugebornen, die noch ohne Kenntniss ihres Erfol- ges geschehen, so muss man alle Gedanken aufgeben. Gründe für die Bestimmung des Icbs zu diesen Intentionen des Nervenprin- cips nachzuweisen, wenn man nicht etwa eine instinctrnässig wir- kende Maclit auf das Sensoriurn einwirken lässt, von deren Im- pulsen die Direction und Folge der vom Ich bewusst intendir- ten Bewegungen eingegeben werden. Diejenigen, welche dieser Ansicht folgen, können sich darauf berufen, dass jede Fähigkeit zu ihrer Aeusserung in einer bestimmten Art unter vielen mögli- chen Arten auch bestimmende Gründe nothwendig habe. Es liegt in der Natur einer Pflanze, so und solche Blätter und Stengel zu haben, dass aber das Individuum einer Pflanze seine Aeste so, das andere so treibt, in ungleicher Zahl und Stellung, kann von keiner gesetzlosen Spontaneität, sondern mir von bestimmten in- neren Ursachen, die im Fortsciiritte der Entwickelung zum Vor- schein kommen, abhängen. Bleibt man bei der Ansicht, dass das Princip der willkühr- lichen Bestimmung irn selbstbewussten Ich gelegen, proteusartig ohne Grund und äussere Bestimmung jede Bewegung intendire» kann und nur deswegen auch auf veranlassende Ursachen be- stimmte Bewegungen bervoiTuft, weil es eben jede 'Bewegung au» sieb selbst hervorrufen kann, wie der gewöhnliche Begrilf der Willkübr ist, so sind alle jene Schwierigkeiten abgeschnitten; aber damit ist auch der Versuch einer wissenschaftlichen Erklä- rung aufgegeben. Die Bestimmung der Quantität des Nerveneinflusscs bei der willkührlichen Bewegung, oder die Stärke der Oscillation und die Stärke der Bewegung hängen von denselben Ursachen, wie die Bestimmung der Oertlichkeit der willkührlichen Bewegung ab- Beide haben eine gewisse Grenze. Am leichtesten ist die will' kührliche Bewegung ganzer Muskelgruppen (obgleich bei der An- 1. Unwlllkührliche und anllkulirUche Bewegungen. Ö9 strengung vieler Muskeln zugleicli auch die Kraft früher cr- -whöpft), und man kann im Allgemeinen sagen, dass eine will- kührliche Bewegung um so schwieriger auszuführen ist, je weni- ger Nervenfasern daliei wirken sollen und je kleiner der bewegte ■Tbeil seyn soll. Das Nervenprincip setzt viel leieliter viele Ner- ■''enfasern, als wenige in Tbätigkeit; daher die Leichtigkeit der Mithewegungen. Viele Menschen sind nicht einmal im Stande, einzelne Gesichlsmnskeln, einzelne Abzieher oder Anzieher der ■ringer, einzelne Ohrmuskeln zu bewegen; sie können es nur, ■wenn sie andere Muskeln mitbewegen. Dagegen sind alle im Stande, die einzelnen Bäuche des Flexor suhlirnis und profundus der Finger zu bewegen. Ob wir einzelne Strecken eines langen Muskels für sich willkührlich in Tbätigkeit setzen können, ist sehr zwelfelhaT. Die Localisation der Einwirkung des Nerven- princips bei dem xvillkührlichen Einfluss ist liier jedenfalls ■viel geringer, als bei gelegentlichen unwillkührlichen Beizungen. Aus inneren Ursachen zuckt oft eine ganz kleine Strecke eines Muskels, z. B. des Biceps brachii. Diess kömmt bei willkührli- chen Bewegungen nie vor. Durch vielfache Uebung nimmt un- ser Vermögen die Intention des Nervenprincips auf einzelne Grup- pen von Nervenfasern zu isoliren zu; und je häufiger gewisse Nervenfasern die Strömungen oder Oscillationen des Nervenpi'incips aus willkidirlichen Bestimmungen erfahren, um so mehr bildet sich ihre Fähigkeit zur isolirfen Wirkung, wie beim Clavierspiclen n. dgl. aus. Nach oft wiederholter Bewegung einzelner Muskeln in kurzer Zeit tritt jedoch ein Ilinderniss ein und cs entsteht auoh -bei dem Geübten ein Ungeschick, so wie die Kralt unserer Bewegungen durch unterbrochene Anstrengungen verstärkt wird, aber nach jeder grossen Anstrengung lür kurze Zeit scheinbar ab- nirnmt. Die Erklärung dieser Phänomene ergieht sich aus den Bd. I. p. 52. angestellten Betrachtungen. Die Irritation des Nerven und •- luskels verändert seinen Zustand und macht ihn augenblicklich Ungeschickt, wie die Retina für einen längern Eindruck unem- P indlich wird, in dem Maasse, als sie dadurch materiell verändert ■wird. Aber die Intention des Nervenprincips auf bestimmte Fa- sergruppen ist auch die Ursache, .dass diese gerade vorzugs- ziTn*^ ^'‘^*’6nd der Ruhe sich restauriren und an Reactionskraft das Abwechselung von Ruhe und Anstrengung ist daher stärke wodurch wir unsere Organe für die Anstrengung Nerve”' Muskeln und Nei'ven, denen die Intention des nn T> sehr selten zu Thcil wird, wie die Olirmuskeln, l^|^|J**’5sf!diigkeit auch verlieren, dem W'll '^ärurn die dem N. symjiathicus unterworfenen Theilc untersimt^” ^^l^S^gen sind, ist schon in der NervenphysikBd. I. p. 721. worden * ebendaselbst sind auch die Tlialsachen erörtert Nerven ^ beweisen, dass willkührliche Entladungen des elpiVli den willkührlicheii Muskeln nicht ganz ohne eunrr ^'ufluss auf die unwillkührlichen sind. Die Bewe- des D n* S'^i'^isscn Stellungen des Auges, die IJaiiligkeit der langer Anstrengung von viplcn Muskeln und wohlthätige Einfluss der Körperbewegungen aut die Bewei- lüO IF. Buch. Bewegung. IT. /4hschn. V. d. verschied. Muskelleweg. gungen des Darmcanals sind Beispiele, die p. 722. erläutert wor- den sind. Sehr gewohnte Bewegungen erfolgen zuletzt hei der gering- sten Intention, wie die mimischen Bewegungen der Hände heim Sprechen. Aus allem diesem folgt, dass sich die Leitungsfähigkeit der Nervenfasern mit der Häufigkeit ihrer Erregung aushildet. Daher dunkle Vorstellungen ohne deutliches Bewusstseyn oft ganz Bestimmte und zweckmässige Bewegungen hervorrufen, wenn sie nur öfter in dieser Folge dagewesen sind. II. CapUel. Von den zusammengesetzten willkührlichen Bewegungen. Wir verstehen hierunter alle Verhindungen von Bewegungen zu heslimraten Gruppen unter Mitwirkung des Seelenorganes. Die im vorigen Capitel ahgeliandelten Arten der Bewegung kön- nen hier als Elemente in die Zusammensetzung cingehen. Na- mentlich gehören Lieber die gleichzeitigen Reihen der willkühr- lichen Bewegungen nach mehreren Reihen von Vorstellungen, die Associationen der Bewegungen und der Vorstellungen mit den Bewegungen, die instinctartigen Bewegungen, die coordinir- ten Bewegungen Lei der Orlsveränderung. 1) Gleichzeitige Reihen von Bewegungen. Die willkührliche Bewegung für einen gewissen Zweck kann an den verschiedensten Theilen des'Körpcrs zugleich stattfinden; aber es können auch willkührliche Bewegungen für ganz vei’- schiedene Zwecke zugleich ausgeführt werden. Es schreibt einer und raucht zugleich; man liest die Noten unter Bewegungen der Augenmuskeln, sowohl die für den Gesang, als die für das Spiel, und singt und spielt zugleich. Wie soll man sich die Gleichzei- tigkeit dieser Thätigkeiten erklären? Sind wir in der That im Stande, verschiedene Reihen von Vorstellungen, die keinen Zu- sammenhang haben, zu gleicher Zeit zu verfolgen, oder kann zu einer Zeit immer nur eine Vorstellung ins Bewusstseyn fallen, und entsteht eine so zusammengesetzte Action, wie das scheinbar gleichzeitige Notehlesen, Singen und Spielen, doch durch ein be- ständiges schnelles Abspringen der Intention auf die verschiede- nen Reihen von Acten, die zu jener Action gehören? Das Erste ist, zu erfahren, ob überhaupt die Seele zwei Reihen von Vor- stellungen nebeneinander verfolgen kann. Wenn sie diess kann, so 'werden auch die zweckmässigen Bewegungen beiden entspre- chend bervorgebracht werden können. Die willkührliche Bewe- gung verschiedener motorischer Apparate, z. B. der Stimmmus- keln und der Finger zugleich, hat überhaupt keine Schwierigkeit der Erklärung. Denn es ist gleich, ob mehrere zugleich bewegte Muskeln an einem und demselben GHede liegen oder sehr ent- fernt von einander sind; in beiden Fällen ist die Intention des Nervenprincips auf eine gewisse Summe von Nervenfaserursprün- gen gerichtet. Die Schwierigkeit liegt darin, zu entscheiden, ob die zwei Reihen von Vorstellungen als Ursachen der Intention der 2. Zusammeiigeseizte willktihrUche Bewegungen. 101 Nervenfasern zugleicli stattfinden können. Ein einfaches Beispiel zur nähern Zergliederung ist. das gleichzeitige lehhalte Durch- denken einer Angelegenheit hei einem damit gar nicht in Ver- hindung stehenden Gang. Wir wollen Jemand besuchen, sind uul der Strasse so vertieft in anderen Gedanken, dass wir die Be- gegnenden nicht einmal hemerken und die Grüssenden nicht se- '^^d doch kommen Avir an dem Orte an, an den wir uns g'eich anfänglich begehen Avollten. Während der Vertiefung in ‘j'ner hesondern Reihe von Gedanken folgten Avir doch zugleich der Reihe von Bililern der Häuser und Strassen, durch welche Wir uns fast unbewusst in Hinsicht der aufzusuchenden Wohnung orientirten. Das beste Beispiel zur Auflösung dieser Frage liefert aber 6r XJnterriclit in den Bewegungen, liier sind sie noch so lang- sam, ihre Verbindung noch 'so, schwer und ungeschickt, dass wir d'e Natur hei ihrem Vorgänge belauschen können. Soll ein An- anger im Spiel der Guitarre oder des Claviers zugleich singen Und spielen, so sieht man deutlich, dass er die Gesang- und hpielnotcn nicht zugleich lesen kann. Ist die Gesangnole aufge- asst und soll sie gesungen werden, so fehlt- oft noch dieClavier- *'u^e.und das Spiel des Claviers stockt, während der Gesang he- t’eit ist und umgekehrt. Es liegt hierbei Aveniger am Lesen, als arn Transponiren des Gelesenen in Beivegungsideeii. Jede Note Wird in unserm Sensorliim zur Bevvegiingsleudciiz dieser oder je- ner Muskeln der Finger und des Kehlkopfes transponirt, und ne- ben diesen zweien gleichzeitigen Reihen von Transpositionen der gelesenen Noten in Bewegungsintentionen, läuft noch die dritte ne- benher, die Umsetzung der gelesenen Wörter in Bewegungsin- tentionen für die Sprachwerkzeuge. Die letztere macht uns keine Schwierigkeit heim Gesänge, Aveil Avir darauf von Jugend auf ein- geüht sind; aber die Schnelligkeit der ersteren Transpositioneii Wird erst durch Uehung erlangt. Aus dem vorher ervwähutei» eispiel sieht man sehr deutlich, dass die von mehreren Vor- stellungen abhängigen willkiihrliclien Bewegiingetv zwar gloich- zeitig ausgefiihrt,. aber nicht gleichzeitig eoncipirt werden kön- uem Auch der Geübte liest fak mit Blitzesschuelligkeit dann die ^t*^f|‘'”'’**uten, dann die Musiknoten; dadureli entsteht die Vor- Sen'^'^^ ihrem Zeitverhältniss zu einander, und die nun im Avird”'^"?"' entstandene Transposition in BeAvegungsintentioneri da." da ansgeführt. Man könnte einwerfen, entspre^^^*" ''‘^''‘^‘^^dedenen Ausdauer der den zweierlei Noten Werth ^den Bewegungen die volle Erinnerung an ihren foUende^'^””*'*^’ Avährend sich das Sensca’iurn schon mit den Diipre beschäftigt, also das Sensoriiim zweierlei piren k"'” Gcdächi'niss festhaltcn und ein drittes conci- Bg. , 0"ne, auch die gleichzeitige Conception von mehreren so..,i *^*6 A’ori verseil iedenen Vorstellungen abhängig möglich seyn müsse. Dieser Eiiiwurt ist je- send, zugleich den * 'den die Ausdauer einer Bewegung,. des^S einer Note entsprechend, epfordert kein® Intention ensoriums; es wird vielmehr hierbei jede Bewegmig so, lange 102 IV. Buch, Bewegung. IT. /Ilizclm. V. den verschied. Muskelbeweg. fortgefülirt, bis sie cliircb eine neue Bewegungsintention, die durch eine gelesene Note erfordert wird, abgebrochen wird. Die Gleiclizelligbeit der verschiedensten Bewegungen hat, um es noch- mals zu sagen, gar keine Schwierigkeit; denn es ist nicht schwe- rer, Kelilkopfs- und Fingermuskcln zugleich zu bewegen, als meh- rere Armmuskeln zugleich zu hewegen; aber die Conception die- ser Bewegungen aus verschiedenen Beihen von Vorstellungen kann, wie es scheint, nur hinter einander, wenn auch mitBlitzes- scbnelligkeit, geschehen. Wir kommen jetzt auf das früher er- wähnte Thema zurück. Wir gehen in Gedanken vertieft durch viele verschlungene Strassen zu einem Freunde; unterwegs sind wir so vertieft, dass wir auf nichts achten, das Grüssen verges- sen oder den Grüssenden nicht bemerken, und zuletzt treifen wir an der licwussten Stelle ein, ohne dass wir wissen, rvie wir, in- nerlich leidenschaftheh beivcgt, oder in Gedanken vertieft, dahin gekonimen sind. Die ivillkührliclie Ortsbewegung allein, diese lieständig angeübte Abwechselung von Beugungen und Strek- kungen kann, da sie eine einfache rliythmische Wiederholung zweier Bewegungen ist, einmal eingeleitel, so gut wie eine einzige Bewegung anhaltend neben einem beständigen Gedankenwechsel fortgesetzt werden. Schwieriger ist einzuschen, wie wir uns durch die viel verschlungenen Strassen orientiren und in glei- cher Zelt einem innern Gedankcnwechsel folgen. Diess lässt sich jedoch sehr, gut aus kleinen Ahsprüngen von dem einen zum an- dern Thema erklären. Die Gesetze der Ideenassociation kom- men hierbei vielfach in Betracht. Sind zwei Reihen von Vor- .stellungen beide von gleich geringem Interesse, so kann man leicht von der einen zur andern wechselseitig übergehen oder durch eine dritte Vorstellung ganz davon abkomrnen. Ist aber eine Reihe von Vorstellungen im Sensorium herrschend, z. B. in einem leidenschaftlichen Zu.stande, so kann zwar jede neue, durch die Sinne angeregte Vorstellung uns auf Augcnhlieke von der herrschenden Reihe ahhringen; aber das Sensorium kehrt nach jeder Unterbrecliung doch immer leichter zu ,deia Grund- thema zurück, als es zu entrernten Associationen ahgeführt wird. 2) jlssoculHon dev Bewegungen und Vorslellungen. Die Schnelligkeit und Reiliepfolge der Bewegungen wird durch die IJäuligkeit gclürdci t. Diess ist, was wir Uebuiig nen- nen, Wer nicht geübt ist, kann nicht mit grosser Schnelligkeit in beständigem Wechsel dieselbe Bewegung ahbrcchen und wie- der erneuern, oder zusammengesetzte Bewegungen regelrecht voll- liihren. Aus der Thatsache der Uebung Ibigt, dass, je häufiger das Nervenprincip in gewdsscn Fasern in Schwingung gesetzt wird, um so leiclitcr diese Schwingung oder Strömung wird. Nach ei- ner gewissen Zeit wird zwar auch ein geübter Arm müde, obgleich jetzt die Bewegung des Nervcnprincips oft wiederholt worden, weil nämlich durch die Action für den Augenblick eine mate- rielle Veränderung in den Nerven erfolgt. Aber die so ange- strengten Glieder ersetzen auch vor den anderen ihre Verluste Avieder, und die erholten Theile sind zufolge der stattgefun denen 2. ZusamTneiigesetzte willkiihrUche Bewegungen^ 103 Strömungen oder Scliwingungen des Nervciiprincips in h wi^en l'asern nun viel gencigicr zu denselben Bewegungen, oft -h Association der Bewegungen sind sclion so liebeln dass sie sehr allgemein aucli in den ärzt- init b bekannt sind. ])arwin bat sich besonders da- lU-.r pi '/ Zoom, nie. Leipz. 1795. 1. Bd. Vergl. dn-hl^, P- 609. Brrr., oon der Lelenskrafl. Beu.’s Die a’ Versuch über die Lehenskraji. Hannover 1795. Association kommt liier in doppelter Weise in Betracht, bat f •t * Association von Bewegungen zu Bewegungen. Man w'illkil'b'i'^*! ‘'■e Mitbewegungen und die Association der Bewegungen verwechselt. Das Wesentliclie der ben ]■ *^**”1^*^"’ Avir Bd. I. p. ö()2,, Bd. II. p. 85. erläutert ba- ven ’ ^ Avillkübrlicbe Intention auf einen Ner- niebt J!'\"'‘‘''^«'A)'cbe auf einen andern bervorruft. Es ist das A'ige willkiibriich zu erbeben^ ohne dass Aul ?, r es ist nicht möglich, das Umw? tigen Triebe spiegeln ihr traumartig das Thema zum Handeln, zum Netzbau vor. Der Gepard, Felis juhata, kann zum Jagen gebraucht werden, gegen das Naturei der Katzen, welche sonst | selbst das Geschenkte erst xvie Gerauhtes wegnehmen und auf ihre Beute im Hinterhalt lauern. Der Gepard ist aber auch vor i allen anderen Thieren des Katze.ngeschlechtes durch seine ge- raden, nicht zurückziehbaren und vorstreckbaren Näsel aus-’C- zelchnet. ® ” Es ist bewunderungswürdig, wie der Instinct den Thieren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anschauungen mittheilt, die wir auf dem mühsamen Wege der Erfahrung und Erziehung uns er- werben müssen. Wenn wir anfangen zu sehen, haben wir noch nicht das Vermögen die Bilder der Gegenstände in uiiserm Auge 2. Zusammengesetzte willkilhrliche Bewegungen. 109 Beziehung auf Ferne und Nähe der Gegenstände zu heur- heilen. Da alle Gegenstände des Sehfeldes so gut ■wie einer lalerei heim Sehen in einer Fläche concipirt werden, so Bedarf einer langen Erfahrung und der Mitwirkung des Tastens und 'er Bewegungen , um die Art der hildlichen Darstellung eines egenstandes im Sehfelde mit Vorstellungen von seiner Entfer- Grösse, Form zu begleiten. Das Thier wird so geboren, hätte cs diese Erziehung schon durchgemacht. Das Kalb geht älcl nach der Gehurt nach der Zitze der Mutter hin. Wir ernen gehen durch eine mühsame Uebung, wobei die Gesetze es Gleichgewichts, der Schwerkraft u. s. w. jeden Augenblick, Betracht kommen; wir lernen es erst, nachdem wir das Maass Contraction unserer Aluskeln für jedes Thema der Bewe- 8"ng durch Erfahrung und Irren kennen gelernt haben. Die J'Gugeborenen Thiere, wenigstens die Eitihufer und Wiederkäuer, ‘ähen diese Kenntnisse schon. Sie stellen sich bald auf, gehen j’Jit die Mutter und die Zitzen zu. Alles diess kann nur durch itwirkung der instinctartigen Kraft geschehen, vor welcher alle roblerne der Physik gelöst sind. Im Sensorium des neugebor- ^en Thieres muss eine Kraft wirken, welche die Hebel der orts- ewegenden Glieder in voller Zweckmässigkeit wirken lässt. Von instinctartigen Handlungen muss man gewisse' andere tren- ^en, welche manche Thiere in Schlafesruhe noch mit vieler Kunst ausüben , wenn sic dazu die Fähigkeiten alhnählig erwor- hcn haben. Viele Vögel schlafen auf einem Beine stehend. Sie hal- ten mit der grössten Sicherheit das Gleichgewicht, und die Kraft zu diesen Handlungen ruht nicht, wenn auch die sen- soriellen Wirkungen des Sensoriums ganz ausruhen. Der Nacht- wandler befindet sich in einem ähnlichen Fall. Es ist nicht der ostinct, der ihn leitet, sondern die während des Lebens gewon- ^ene Erfahrung, sicher zu gehen, über die er noch Avährend des ' chlafes gebietet. Er benutzt alle während seines Lehens durch j^'’Wehung und Erfahrung gewonnenen Kenntnisse in Hinsicht der Hialtung des Gleichgewichtes; seine Scclenaction allein und ^"'^ht der Instinct ist es, die ihn vor dem Fall sichert; aber sein ßnsorium ist nur in einer Direclion thätig, in allen übrigen vei’- äwssen; und dass er in dieser Beschränkung ' die Gefahr nicht jj. ®ont, macht ihn sicher und führt ihn am Abgrunde vorbei. Erscheinungen haben in der Tliat für die Erklärung nicht ''lel Schwierigkeit, als es scheint. Dass Jemand auf einer ^^ssig schiefen Fläche mit Sicherheit geht, hängt ganz davon > dass er weiss, dass die Fläche nicht hoch von der Erde ^ lernt ist. Dieselbe schiefe Ebene, auf der man nabe der Erd- , ertläche leicht einhergehen würde, erscheint uns auf einer jä- Q . Anhöhe gefahrvoll und schwierig zu ersteigen. Wer die 'ils im letztem Fall nicht cinsiebt, wird auch eben so sicher, ® bei geringer Entfernung von der Erdoberfläche darauf hergeben, fjji , Ea es bei den Thieren offenbar instinctartige, angeborene Ge- od* * Anschauungen giebt, die sich sogleich nach der Geburt später äussern, so entsteht die Frage, ob nicht auch der ®nsch angeborene Ideen habe, die für ihn auf höherer 110 IV. Buch, Becvegung. II, jlbschn. V. den oerschied. Muskelbeceeg, | Stufe dieselbe bindende Gewalt haben, wie die instinctartigen Triebe und Gefühle der Thiere auf diese. "Wir werden auf diese Frage im 6. Buch von den Seelenfnnctionen zurückkoinrnen. Ei- nige haben Hoflhungen daran gesetzt, dass das instinctmiissige» vernünftige Wirken der organisirenden Kraft in gewissen Zu- ständen dem Bewusstseyn etwas rnittbeilen könnte, was auf dem Wege der Seelentbätigkeilen nicht zu erkennen wäre, und haben das instinctmässige Walten für den Menschen überschätzt. Hierzu ist kein Grund vorhanden, und mir ist nicht bekannt, dass das aus- ser dem Bewusstseyn still wirkende Naturwalten und Sebaffen im Menschen nach freilich vernünftigem und höherem Gesetz dem Bewusstseyn etwas vertraut hätte, oder dass das göttliche Denken, welches schaffend ist, sich in unsere vorstellnngsmässi- gen Abljilder der Gegenstände eingeraengt hätte. Was davon verlautet ist, ans sogenannten magnetischen Zuständen, verdient den Glauben nicht, den ihm leichtgläubige Aerzte geschenkt ha- ben, und hat sich zu oft als Betrug oder Thorheit erwiesen. Die Aufschlüsse, die auf diese Art an uns gekommen, sind aber nichts anders, als oft noch gar sehr verwirrte, vorstellungsmässige Bil- der gewesen, deren Inhalt der Capacität des Vorstehenden und ^ der Gläubigen angemessen war. . 4) Coordinirte Bewegungen. ' So abhängig die Ortsbewegungen von dem Willen sind, so ist | doch die zweckmässige Verbindung der einzelnen Bewegungen zin’ ' Ortsveränderung, wie es scheint, durch innere Einrichtungen in den Centralorganen erleichtert; und es seheint zwischen gewissen Theilen der Gentralorgane des Nervensystems und den Muskel- gruppen und ihren nervösen Leitern eine prästabilirte Harmonie stattzufinden. Man kömmt auf diese Vorstellung sowohl bei Ver- suchen über die Kräfte des kleinen Gehirnes, als bei Versneben über die des Rückenmarkes. Man hat schon gesehen, dass ent- hauptete Vögel noch allerhand Versuche zurOrtsbewcgnng mach- ten. Dasselbe hat man bei Fröschen gesehen. Dergleichen Be- wegungen haben nicht das Ansehen von willkührlichen Bewegun- gen, zu welchen die Mitwirkung des Gehirns notliwendig ist» aber es herrscht eine gewisse Uebereinstimmung in den einzelne» Acten solcher tumultuarischen Bewegungen, welche entliauplet» Gänse machen. Sie schlagen mit den Flügeln ; hierzu ist abm" die gleichzeitige und übereinstimmende Wirkung vieler Nervenfa- sern nötbig, und es scheint also, dass die coordinirte Wirkung der- selben durch irgend eine organische Einrichtung in den Central- theilen erleichtert ist. Blosse Zuckungen aller vom Rückenmark abhängigen Muskeln sind es nicht. Denn wenn alle Nervenfaser» des verletzten Rückenmarks in Irritation gerathen , so müsse» auch alle Muskeln des Rumpfes gleich angezogen werden; dara»* können aber keine Flügelschläge erlolgen; man sieht wenigste»* nicht ein, warum der enthauptete Vogel nicht eben so gut di® Flügel dicht und krampfhaft an den Leib anlegen sollte. E* gehört hieher auch das Winden enthaupteter Aafe und Schlage» des Schwanzes bei enthaupteten anderen Fischen. Bei den wi®' beilosen Thieren geschehen die Ortsbewegungen nach der Eni' 2. Zusammengesetzte wülkührUche Bewegungen. 111 ^'auptung zuweilen sogar in ganz gewöhnliclier Folge. Ein Ca- rabus granulatus lief in TaEviRAStiS Versuclien nach der Ent- liauptung nach wie vor herum; eine Bremse, auf den Rücken S®legt, strengte sich an, auf die Beine zu kommen. Trevirabus tührt auch die Beobachtung von Walckebaer über Cerccris or- "ata an, welche einer in Löchern lebenden Biene nachstellt. ^ALciiENAER stlcss einer solchen Wespe im Augenblicke, wo sie das Loch der Biene eindringen wollte, den Kopf ah; sie setzte ihre Bewegungen fort und suchte umgekehrt dahin zurück- *iikehren und einzudringen. Trevirabus Erscheinungen und Ge.- “t^tze des organischen Lehens. 2. 194. Getheilte Blutegel setzen ^ie Ortsbewegungen in der Art, wie früher fort. Es erhellt hieraus, dass gruppenweise Bewegungen der Muskeln hei den WirbeUosen und Wirhelthieren nach der Enthauptung möglich sind. Bei den W^irbellosen scheint freilich hiei’bei seihst der ^illenseinfluss noch stattzulinden. Flourebs Versuche über das kleine Gehirn zeigen ferner, «ass nicht bloss im Rückenmark eine prästabilirte Harmonie ge- wisser gruppen weiser Bewegungen residirt, dass vorzüglich das hleine Gehirn die gruppenweise Wirkung der Muskeln für die Ortsbewegung beherrscht. Kahm derselbe bei Vögeln Schnitt hir Schnitt das kleine Gehirn weg, so trat nicht bloss Schwäche der Muskelbewegungen, sondern auch ein Mangel an Ueberein- stimmung derselben ein. Schon nach der Wegnahme der ober- flächlichen Lagen wurden die Thiere unruhig; ohne Convulsio- nen zu erleiden, machten sie heftige und ungeregelte Bewegun- gen; dabei waren ihre Sinnesfunctionen ungestört. Nach Weg- nahme der tieferen Lagen des kleinen Gehirns verloren die Thiere die Fähigkeit zum Springen, Fliegen, Gehen, Stehen, zur Erhaltung des Gleichgewichtes. Wurde ein Vogel in di*^s6m Zustande auf den Rücken gelegt, so konnte er sich nicht um- kehren; er flatterte beständig und war nicht betäubt; den nach ihm geführten Streich suchte er zu vermelden. Flourebs schloss daraus, dass Wille, Empfindung, Besinnung geblieben sey, dasä aber die Fähigkeit, die Muskeln gruppenweise zu Ortsbewegungen ^1 verbinden, verloren gegangen sey. Andererseits zeigen seine Versuche über die Verletzungen der grossen Hemisphären, dass das coordinirende Princip in ihnen nicht residirt. Denn die Thiere werden nach der Wegnahme eines grossen Theils der Hemisphären “lar betäubt und kraftlos, aber fähig zu allen willkübrlichen und staTfrj^"^®'!®" Bewegungen; wie- denn die Vögel in diesem Zu- •' dt *** Luft geworfen, noch mit Flügelschlag auf die Luit wii en umj fliegen vermögen. Indess zeigt selbst das Flat- ern nach der Wegnahme des kleinen Gehirns noch eine Spur von coordinirter Bewegung an, die, wie wir nach der Enthauptung der anse sehen, Rückenmark allein abhängig seyn kann, lese Loordlnation der Bewegungen muss den Thieren bei dem ersten Gebrauch ihrer Extremitäten, wobei sie sich so geschickt eigen, sehr zu statten kommen, und überhaupt gehen die coor- uinirten Bewegungen als Elemente in die Zusammensetzung der stinctartigen Bewegungen vielfach ein. Im Säugling ist ein in- 112 IV. Buch. Beivegung. II. Ahschn. V. den verschietJ. Muskelhavfg- nerer Stimulus Im Gehirn zu coordinirlen Saiigbewegungen vor- handen, und selbst der Kopf eines enthaupteten Kiltzcliens zeigt, ‘wie Mayer beobachtete, nach an dem in den Mund gehaltenem Finger noch Saugbewegungen. III. Capitel. Von den Ortsbewegungen. Es gieht viele Thiere, die mit einem Theile ihres Körpers fcstsitzend oder liegend der Ortshewegung grösstentheils erman- geln und nur eine relative Ortsbewegung einzelner Theile ihres Körpers habem Ini ersten Falle befinden sich die zusammengesetzten Ein- geweidewürmer, wie Coenurus cerehralis, dessen Würmchen durch eine gemeinsame Blase verbunden, auf dieser sich nur er- heben und sich zurückziehen können. Ferner gehören dahin die zusammengesetzten Polypen, deren Ortsbewegung sich auf Ilervorstreckcn und Ziirückziehcn des Polypenkopfes und seiner Arme in den Kelch des Polypen beschrankt. Auch die Seefe- dern, von denen man lange glaubte, dass sie sich frei im Meei“e bewegen, stecken im Boden gleich den Veretillen und nur ihre einzelnen Polypen können sich entwickeln und zurückziehen. Einflüsse, welche auf einzelne Polypen des Stammes wirken, ver- anlassen auch nur das Zurückziehen der einzelnen Polypen. E.APP über die Polypen. S. 8. Doch hat Bapp auch am Stamme der Veretillen träge Krümmungen beobachtet. Ein Veretillurn, das Rapp in den Canal von Cette warf, pflanzte sich in den Bo- den ein. Den Bau und die Lehensverhältnisse des Stammes kennt man noch nicht von mehreren Polypen gleich gut. Der Stamm der Sertularien enthält einen Canal, in welchem nach den Beob- achtungen von Meyen und L.ster abwechselnde, aufwärts und wieder abwärts gehende Strömungen des Saftes slattfinden. Nach Lister hängt der Canal des Stengels mit dem Magen zusammen und ebenso die Strömungen beider, was Meyen läunnet. Lis- ter phil. Trans. ISJö. 2. In der Achse des dlckeif Polypeo- starames von Veretillurn verlaufen nach Bapp 4 gerade Ca- näle, die mit queren Muskelfasern umgeben sind; sic sind mit Seewasser gefüllt. Die Mundhöhle jedes' einzelnen Polypen führt m einen braunen engen Canal, der sich in die durchsichtige, mrer einen Zoll lange Bohre des Polypen öffnet. Diese ist der Magen; sie setzt sich im Hauptstamme in einer Zelle fort, wel- che mit den in der Achse verlaufenden Canälen zusammenhängt. Die 4 Canäle des Stammes öffnen sich am untern Ende mit”4 Oeffnungen; überdiess hängen die Canäle durch kleine Löcher schw^migen Substanz des Hauptstammes zusammen. Aop.Act. Mt. Cur. XIV. 2. 650. In welchem innern Zusammen- hänge die selbstständigen Bewegungen der einzelnen Polypen zu den trägen Krummungen des Stammes von Veretillurn stehen, ist noch nicht recht klar geworden, Avie denn überhaupt die Aufklä- rung des physiologischen Zusammenhanges zwischen den Polypen und ihrem Stamm eine der verwickeltsten Aufgaben ist. ZufoVe 3. Fon den Ortslewegungen. 113 EnREjfBERG’s Untersncluingon, der hier so viel JjeoLaclitel hat, 'st „der Corallenbau weder ein hlosser Bau vieler willkühr- l'ch vereinter Thiere, noch ein einziges vielköpfiges oder ein- lach gespaltenes Thier, noch ein Pflanzenstamra mit Thierhlü- then, sondern ein Familienkörper, ein lebender Stammbaum, des- sen einzelne auf den Urahnen fort und fort entwiekelte Thiere sich abgeschlossen und der vollen Selbstständigkeit fähig sind, e>hne sie seihst herheifuhren zu können.“ Eiirenberg, die Corallen- Odere des rothen Meeres. Berlin 1834. p. ‘2il. Die Arrnpolypen sind theils der freien Ortshewegnng fähig, ^'e die Hydren, theils festsitzend, wie die Corynen. Unter "Cn Annularien gieht es einzelne, welche einer freien Ortshewe- S"ng ermangeln, wie die in Köchern h'henden Serpulen. Unler "l'n Mollusken leben die Tuhulihranchien, wie die Vermetus, 'whejuaria, in festsitzenden Röhren. Auch die Ostreaceen unter ^en zweischaligcn Muscheln, theils mit ihrer Schale an Felsen testsitzend, theils frei, verändern in beiden Fällen kaum den Ort, >ind ihre Bewegung' beschränkt sich auf das Schliessen der Schale, d'e durch das elastische Schlosshand von selbst geöffnet wird. Andere dieser Familie, wie die Pinnen, heften sich mit dem aus oem Fussrudiment kommenden Byssus an feste Körper und he- uienen sich des Bvssus, wde Cuvier sich ausdrückt, zum Anker,: Auch d ie Mvtilacecn bedienen sich ihres langem Fiisses mehr *nnr Anhelten des Byssus, als zum Kriechen. Andere Muscheln bedienen sich desFusscs zum Kriechen, wie die Anodonten, Unio- nen u. A. Die Ascidien sind an Felsen geheftet und ermangeln aller Orlsbcwegung. Ilii'C willkührlichen Bewegungen bestehen nur im Ausspritzen des Yihissers aus der dazu bestimmten Mün- dung des Mantels. Unter den zusammengesetzten Ascidien sitzen die Botryllen auf Körpern auf, zu sternförmigen Massen vereinigt. mV' dass, wenn man eine Mündung eines einzelnen Ihiers reize, sich nur ein Thier zusammenziehe, wenn man das entrum reize, alle sich contrahiren. In derselben Abtheilnng »dden die Pyrosomen zusammengesetzte Mollusken, die zu einem lohlen, an einem Ende offenen Cylinder vereinigt sind. Sie sind 'ei im Meere, und man sagt, dass diese Cylinder durch die ge- uieinschaltlichen Zusammenziehungen aller einzelnen Thierchen animal. Das Nähere einer phy- iö- merkwürdigen Erscheinung ist unbekannt. Das Er- des Phosphoresenz von einem einzigen verletzten Theile liehe \ “"'S aus spricht allerdings auch für eine gemeinschaft^ len dieser Wesen. Die zusammengesetzten Polypen bie- dar M h**" so merkwürdigen Verhältniss kein Beispiel • ' Thiere sehr verschiedener Ciassen sind während ^ues s ili,.gj Lebens frei, während des andern festgeheltel. hör‘^^ ***/^*"’ ersten Zeit fcsigeheftet, später frei; dahin ge- ren nac i Ehrenbero’s Beobachtungen die Vorticellen. Sie „ durch Stiele an gemeinsamer kriechender Wnr- sii'l ' Iheilt sich der Körper des Thierchens in 2, welche sirl* Stiele trennen, der nun die frühere Beweglichkeil, I zusammenzuziehen und au-zudehnen, verloren hat. Vom M ü 11 er’s Physiologie. 2p Brt. I, 8 114 IV. Buch. Bewegung. II. Ahschn. V. den uer&chied. Muskelheweg. Stiele getrennt schwimmt nun jedes der Thierchen frei umher.' Andere Thicre sind in der Jugend frei und spater angeheftet, und ohne Ortsbewegung. Von diesem merkwürdigen Verhältnisse gehen uns die schönen Beobachtungen von v. NoRBMANfi ül)er die Lerneaceen, von Ducis über die Hydrachnen und von Bubmeisteb über die Cirripeden Beispiele. Die Lernäen sind in der Jugend crustaceenartig gebildet und frei, spater verändern die Weibchen ihre Gestalt so sehr, dass man sie für Eingeweidewürmpr gehal- ten hat. In diesem Zustande sitzen sie als Parasiten an anderen Thieren (Fischen) fest. Die Männchen sitzen an dem Hinterleibe der Weibchen angeklanimert. v. Nordmank mirrographische BeHräge. Die Hydraehnen sind als Larven sechsfüssig; sie befestigen sich später als Parasiten aufWasserinsecten. Nun verlängert sich der flinterthcil ausserordentlich und das Thier wird zu einer langgezogenen Ellipse; dann ist das Thier Nymphe. Unter der Haut der Nymphe bilden sich die Glieder und Augen des volU komrnenen Thiers. Das Thier tritt hervor und schwimmt, ist aber noch nicht vollkommen; nach einigen Wochen heftet es sich mit dem Säugrüssel in ein Blatt von Potamogeton und wird unbe- weglich; die Beine verschwinden abermals und nun entwickeln sich erst die Beine des vollkommenen Thiers. Ann. d. sc. nal. 18-34. Das ausgcschlüpfle Junge der Cirripeden gleicht den Jun- gen der Lernäen und schwimmt umher. Der Körper besitzt schon 3 Paar Bauchfüsse; ältere Junge haben schon eine leder- artige Schale. Durch einen fleischartigcn Foi’tsatz, der zwischen den Klappen hervortritt, wird das Junge nun an den Tang be- festigt. In diesem Zustande besitzt das Junge seihst ein Auge; erst in der folgenden Periode erhält es die doppelte Zahl der Füsse, lind heim Iläuteti gehen Auge und die früheren Fühler verloren. Buemkister, Beiträge zur Naturgeschichte der Ranken- Jiisser. Berlin 18.34. Die Bewegungsorgane der frei den Ort ver- ändernden Thicre sind theils Wimpern, Borsten, Blättchen, Flos- sen, theils articulirte Glieder, theils geschieht die Bewegung durch Austreibung von Flüssigkeiten, die vorher aufgenommen worden, theils durch wellenförmige Bewegungen der Körpertheile, die bald lixirt, bald nachgezogen, bald vorgestreckt werden, theils durch abwechselnde Ausdehnung und Contraction der ganzen Masse des Körpers. Uehcr die Bewegungsorgane der Infusorien hat Ehrewbebg ausfülirliche Aufschlüsse gegeben. Zur Erkenntniss der Organisation in der Richtung des kleinsten Raums. Berlin 1832. p. 28. Unter die einfacheren BcAvcgungsorgane gehören theils verähderliche, an vielen Stellen des Körpers hervorziitreibende Fortsätze, wiß in der Gattung Anioeha, dem ehemaligen Proteus; theils Borsten, wie auf dem Rücken der Chaetonotus, theils Wimpern, die bei den Magenthierchen oft über den ganzen Körper verbreitet sind, theils Haken. Die zusammengesetzten Bewegungsorgane sind die Räderorgane in der Chasse der Räderthiere und bei einzelnen Magenthierchen. Von diesen Organen hat Ehrekberg mehrere Varietäten beschrieben. Was derselbe über ihren Bau entdeckt hat, ist schon oben p. 13. berührt worden. Die Vibrationen 3. Von den Orishewegungen. 115 dieser Organe dienen nicht bloss zur Erzeugung von Strudeln im Wasser, wodurch Nabrungsstoffe zugefübrt werden, sondern i*uch zum Schwimmen. Die Radcrthiere können übrigens aucb kriechen bei abwechselndem Fixiren des vordem und bintern K-örperendes, indem der letztere bald gegen den erstem angezo- §cn, bald vom bintern Ende aus der Körper gestreckt wird. Die Äcalephen von Scheiben- oder Glockengestalt verändern neu Ort durch abwccbselnde Zusammenzi-ehungen und Ausdeb- oungen des Körpers, wodurch das in dem Raum der Glocke ent- haltene Wasser fortgetrieben wird. Die Beroen bewegen sich Theil durch Schwingung der Blättchen, womit die 8 Rippen ihres kugelförmigen Körpers besetzt sind. Die Röhrenquallen laben zu Schwimmorganen zum Theil Schwimmhöhlen, die wie die Glocke der Medusen wirken, wie die Dipbyiden. Die Blasenqual- 611 haben an ihrem xvcichen Körper eine mit Luft angefüllte '^hwimmblasc, vermittelst xvelcher sie sich an der Oberlläche des *ileeres erhallen können. Bei den Physalien ist neben der grös- ®6rn Schwimmblase noch ein segelartig wirkender Theil, indem Uber die Schwimmblase ein häutiger Kamm verläuft, der mit Luft gefüllt, aber auch davon entlc^t werden kann. Die Schwimra- i'ase hat an beiden Enden eine Oeffnung, die durch einen hphincter verschlossen wird. Eschsciioi.tz Syst. d. Äcalephen. Berl. Unter den Echinodermen können sich die Holothurien durch Austreiben des in das Athemorgan aufgenommenen W^assers fort- bewegen, ihr ganzer Körper ist durch starke Längsmuskeln der Verkürzung fähig. Aber diese Thiere besitzen, wie ihre Classen- verwandten, die Seesterne und Seeigel, noch das besondere, von Tiedemann entdeckte System der Wasserrohren, die mit einem con- traetden Behälter einerseits, und den hohlen, durch Anfüllung vor- eckbaren und ihre Contractilifät zurückziehbax’en Füsschen in erbmdung stehen. Tiedemann, Anatomie der Röhrenholothurie etc. Die freien Würmer bewegen sich im Wasser schwimmend bl* r ^ Schlagen des Körpers, die Salpen unter den oliu.sken, indem sie durch die hintere, mit einer Klappe verse- 6ne Oeffnung Wasser eingehen und durch die Oeffnung beiseits vom linde wieder austreten lassen. Das Kriechen der Würmer und üiipen geschieht, indem sie aliquote Theile des Körpers befesti- §611 und die anderen nachziehen, dann wieder das Ende dernach- bSzogenen aufsetzen und die vor ihnen liegenden Theile aus der th^u''^"^ '''orivärtsstrecken. Zur Befestigung dienen theils die Muiul- ’ theils Fusssturnmeln, wie bei den Raupen, theils Saug- Pfö, wie bei den Sangwürmern, Egeln u. a. Statt der Strek- jHiigen und Beugungen von Bogen geschieht das Kriechen bei an- ^hrmern und bei Mollusken allgemein durch ahwech- Ode Zusammenziehungen und Ausdehnungen des Körpers oder sie^R^*' Hegenwürmer kriechen nicht wie die Egel, indem 1 ogen ihres Körpers strecken und von Neuem bilden; sondern j heile ihres geringelten Körpers sich aufstemmen , die j^^en en einfach angezogen werden , wodurch dieser Theil des hi'Oiför und kürzer wird. Durch die Fixation des hintern 6s des nachgezogenen Theils kann dieser nun sich quer con- 116 IV, Buch. Betvcgung. II.Abschn. V. den verschied. Muskelhea’egg. traijiren und sich demzufolge nach vorwärts ausdehnen. Bei den Egeln kömmt auch diese Form der Bewegung vor. Bei den Ga- •steropoden unter den Mollusken sind die Momente dieser Art der Bewegung so zahlreich, dass man, wenn eine Schnecke auf einer Glastafel krieeht, nur den Ausdruck sehr kleiner, hin- ter einander folgender Wellen sieht, während die Schnecke un- unterbrochen weiter rückt. Ein solches Unduliren sieht man auch an dem Fusse der Lymnaeen, wenn sie auf dem Rücken i liegend gleichsam au der Oberlläche des Wassers hängen. Wie hei einer so glatten Oberfläche, als der Fuss der Schnecke ist, doch aliquote Theile des Fusses sich fixiren können, ist schwer zu begreifen. i Uebrigens besteht das Wesentliche der Ortsbewegung bei fast allen Thieren und bei den verschiedensten Formen der Orts- veränderung durch Schwimmen, Kriechen, Geben, Fliegen, darin, dass Theile ihres Körpers Bogen bilden, deren Schenkel gegen einen fixen Punct gestreckt werden. Bald W’erden diese Bogen durch den wurmförmigen Körper selbst gebildet, wie beim Krie- chen und Schwimmen, bald Avird das Strecken und Beugen durch JVähern und Entfernen zweier Schenkel eines Winkels ersetzt, w'o denn auch wieder der eine dieser Schenkel an seinem Ende durch den Widerstand, den er an festen oder flüssigen Körpern findet, den fixen Punct bildet, von welchem aus durch Streckung der Schenkel des Winkels oder OelFnen desselben die übrigen Theile vor- wärts gebracht w^erden. Hierauf reducirt sich die Bewegung der Thiere mit Gliedern, seyen cs Flossen, 'oder Flügel, oder Beine, im Wasser, in der Luft, auf der Erde. Denn auch die Luft und das Wasser leisten Widerstand gegen Körper, welche sie aus der Lage drängen, und die Kraft, w^elche sie zu verdrängen strebt, ■wirkt in dem Maa.ss, als sie Widerstand leisten, auf den Körper des Thiers zurück, und ertheilt ihm eine Projection in bestimm- ter Richtung. Die Gesetze des Hebels kommen hierbei in Be- tracht. So mannigfaltig die Hebel auch an den Thieren mit Glie- dern angebracht sind, so sind sie doch mehrentheils mit Verlust von Kraft angewandt, indem die Muskeln in vielen, ja den mei- sten Fällen in sehr schiefer Richtung aut die Hebel wirken, und üherdiess ihre Insertion so häufig nahe dem Stützpuncte und fern von dem Ende des Hebels angehi’acht ist. Höhere Rück- sichten- haben diess erfordert, nicht die Schönheit der Formen allein. Hätte die Watur an jedem Gliede die Gesetze der besten Hebeleinrichtung befolgt, so wäre eine Complication, eine Eckig- keit und Unbehülflichkeit der Form des Körpers entstanden, dass durch das Wachsthum der Hindernisse für ein harmonisches Zu- sammenwirken der Aufwand der Kraft bei aller scheinbaren Er- sparniss doch am Ende hätte grösser seyn müssen, als er jetzt ist. lieber die Ortsbewegungen siehe Bobelli de motu animalium. Lugd. Batav. 1685. 4. Barthez neue Mechanik der willkiihrlichen Bewe- gungen des Menschen und der Thiere. Halle 1800. 8. Schwimmen. (Bobelli a. a. O. Mukcke in Gehler’s physikal. TVörterb.) DieOrtsbeweguHgen der Thiere im Wasser und in der Luft 117 3. Ortsbewegungen. Schwimmen. liaben mit einander £»emeinj dass das Widerstand leistende Medium 'dasselbe ist, als in welchem sich das Thier l)ewegt. Beim Gehen und Kriechen, geschehe es im Wasser oder an der Luft, wird das W^asser und die Luft durchschnitten, aber ein fester Körper, tl'e Erde, leistet die Stütze für die Projection des Schwerpunctes; heim Schwimmen und Fliegen stützen das Wasser und die Luft, die doch selbst von dem schwimmenden und fliegenden Körper durch- schnitten w'erden. In beiden Fällen ist das der Bewegung zur Stütze dienende Medium nachgiebig, während es heim Gehen und Sprung fest ist; die Bewegung ist um so grösser. Je grösser die ^caft ist, womit das Bewegungsorgan gegen das Wasser oder die Luft drückt, im Verhältniss der zu bewegenden Masse und des Widerstandes, welche Wasser oder Luft dem vordringenden Kör- per darbieten. Unter Widei-stand versteht man aber hierbei den Verlust von Bewegungskraft, den ein im flüssigen Medium sich bewegender Körper dadurch erleidet, dass er Theile der P'lüs- ®‘Sbeit vor sich her treibt. Er verliert nämlich so viel an eige- uer Bewegung, als er anderen ralttheilt. Bei den Schwimmern ist das Hauptmoment der Bew'cgung, uass ein gebildeter Bogen, indem er sieh streckt, das Wasser cirückt. Denkt man sich, dass eine biegsame und elastische Ru- 1-be, von überall gleichei' Masse, im Wasser liegend in der Mitte ßebogen und dann gestreckt werde, so schlagen ihre beiden Schen- kel das Wasser in schiefer Riclitung gleichstark und die gestreckte Ruthe wird In der Richtung ihrer Länge im Wasser nicht vor- wärts geworfen. Ebenso ist es, wenn zwei durch ein Charnier Verbundene Schenkel, von gleicher Masse, sich gegen einander neigen und dann strecken. Bei gleicher Masse an beiden Schen- keln und gleichem Widerstand wird die in der Mitte wirkende Kraft der Beugung lieide Schenkel gleichstark gegen einander beugen und die an derselben Stelle wirkende, streckende Gewalt beide Schenkel gleichstark von einander entfernen. Liegt aber einem der Schenkel die Hauptmasse des Körpers, so wird die der Beugungsstelle wirkende Gewalt des auf dem Wasser Schwimmenden Körpers eher den leichten Schenkel gegen die Masse des andern Schenkels, als diese gegen jenen bewegen. Wäh- Jend die Hauptmasse des einen Schenkels ihre Lage im Wasser behauptet, wird der andere Schenkel sowohl bei der Beugung, Streckung seine Lage zur grüssern Masse verändern. In die- setn Fall befindet sich sowohl das mit dem Steuerruder verse- hene Schiff, als der Fisch. An beiden im Wasser liegend be- legt sich durch eine Kraft, die die Lage des Steuerruders oder "Cs Schwanzes zur Hauptmasse verändert, zunächst nur der leich- tere Theil gegen den schwerem und von diesem ab. Indem nun ^ber das gegen das Schilf gewendete Steuerruder in gerade Rich- .^f>g gebracht wird, drückt dieses gegen das hinter ihm liegende .Jasser. W^äre das gestossene Wasser ein fester unverrückbarer ^örper, so würde das Schiff mit der ganzen Kraft der Bewegung Cs Steuerruders in der entgegengesetzten Richtung, d. b. schiel ^rwäj.|-5 geben. Der Druck des Steuerruders theilt indess dem h^asser einen Theil seiner eigenen Bewegungskraft mit, mit die- 118 IV. Buch. Bewegung, II. Abschn. V. den verschied. Muskelbewegg. ser -vveiclit das gedrückte Wasser»von der Stelle; der ganze ührige Theil der Kraft des Steuerruders entfernt das gedrückte Wasser und die Masse des Schilfes von einander, und dieses geht nun in schiefer Richtung vorwärts. Der entgegengesetzte Schlag des Steuerruders gieht dem Schilf die Projection in entgegengesetzt schiefer Richtung, und eine schnelle Folge von Schlägen des Steuerruders ertheilt dem Schilf die mittlere gerade Richtung. Da das Steuerruder nach jedem Schlag sich wieder für den neuen Schlag in einen Winkel gegen die Achse des Schilfes stellen muss, so würde diese Vorbereitung zum folgenden Schlag, da sie in entgegengesetzter Richtung geschieht, als der Schlag selbst, die Projection des Schilles wieder auf heben, wenn diese Bewegung von gleicher Stärke als der Schlag des Steuerruders selbst wäre; wie in der That ein bloss im Wasser mit gleicher Kraft hin und her bewegtes Ruder dem Kahn keine Bewegung mittheilt. Die Bewegung des Fisches beim Schwimmen gleicht ganz der eines Kahnes, der nur durch die Bewegung des Steuerruders vorwärts getrieben wird; der' Schwanz ist das Ruder. ZAvei schnell auf einander folgende Schläge des ScliAv^anzes nach der einen oder andern Seite sind bei vielen Fischen mit kürzerm Schwänze, wie hei Karpfen, hinreichend, um dem Fisch die mittlere Richtung mitzutheilen. Man si'eht indess häufig heim langsamem Schwim- men, dass der Fisch durch die abwechselnden Schläge nach der einen und andern Seite eine mehr abAveehselnd schiefe, als ge- rade Richtung erhält. Fische mit längerni Schwanz können zu gleicher Zeit zAvei Bogen nach entgegengesetzten Selten mit ihrem Schwanz machen und strecken; wodurch der Körper in dermltt- lerii Richtung sogleich fortgetrieben wird. Die Schollen und die Cetaceen schlugen das Wasser In senkrechter Richtung. Das Schwimmcti der Rochen geschieht theils durch die Schläge ihres Schwanzes und juit diesem Avohl auch wie bei den meisten Fi- schen. Da ihre Brustllossen aber llügelartig ausgebreitet sind, so kömmt hier vorzugsweise die BcAvegung dieser Flossen in Be- tracht, deren Anthcil heim Schwimmen dem Werk der Flüo-el der Vögel gleicht. Bei den übrigen Fischen haben die Flossen an den Hauptbewegungen zum Schwimmen nur einen untergeord- neten Antheil, wie schon Borelli heivies. De motu anirnalium. Lugd. Bat. lf)85. p. 257. Die Flossen dienen ihnen, durch Druck gegen das Wasser sich aufrecht im Wasser zu erhalten, gleich^ büssen, und ihr Wanken zu corrigiren. Nach Cuvier die- nen sie ihnen auch, um Seitenbewegungen zu machen, wozu indess, wie man hei Karpfen sieht, das einseitige Beugen des Schwanzes viel wirksamer ist. Die Vierfüsser scliAvimmen mittelst der Füsse als Ruder; wie die Kähne durch Ruder beivegt Averden. Der Widerstand des mittelst des Ruders gedrückten Wassers ist die Ursache, dass, indem der Winkel zwischen dem Ruder und dem Kahn sich vergrössert, der Kahn selbst fortgeschoben wird. Würde das Ruder mit gleicher Kraft und Stellung im AVasser vor und zurück hcAvegt Averden, so würde der Kahn nicht von der Stelle kommen. Die Bewegung nucli einer Richtung kommt dadurch 3. Orlsbewegungen. Schwinnnen. 119 Stande, dass die Reposition des Ruders eiltweder in der Luft und nicht im Wasser, oder, wenn im Wasser, mit der Schneide des Ruders geschieht. In demselben Fall befinden sich die Schwiin- Uier mit Füssen. Die Reposition der Hiinde und Füsse geschieht so, dass sie mit kleinerer Fläche auf das Wasser drücken, als hei der Schwimmhewegung. Der Mensch bringt die Arme mit schnei- dendem Rande der Finger in ihre Stellung und wirkt auf das Wasser mit der Fläche der Hände. Auch heim Schwimmen der Vierfüsser ohne breite Hand, wie heim Pferd, ist die Wirkung der Füsse heim Schlagen des Wassers grösser als bei der Repo- sition und darum kommen sie vorwärts; heim Rückwärtshewegen ihrer Reine wirken sie mit einer grossen Oberfläche derselben, heim Vorsti'ecken ist die Oberfläche, womit sie auf das Wasser slossen, viel kleiner. Die Vierfüsser sind meist von Natur Schwim- *uer, weil sie die Reine Wim Schwimmen in ähnlicher Art wie heim Gehen brauchen und W'cil sie hei der Länge derSchnautze Und Kleinheit des Hirnschädels , durch Erheben der Schnautze das Luftloch zum Athmen so hoch stellen können, dass es den uhersten Tlieil über dem Wasser bildet. Heim Menschen liegt der Eingang in die Athemwerkzeuge, nur wenn er auf dem bücken im Wasser liegt, oben ; der Mensch muss überdiess eine ihm nicht gewöhnliche zweckmässige Bewegung der Arme und Beine zum Schwimmen erst lernen, nämlich diejenige, wobei die Reposition der Extremitäten in ihre Stellung zum Schlag mit klei- nerer Oberfläche auf das Wasser wirkt, als die Schwimmhewegung derselben. Zur Erhaltung auf der Oberfläche des Wassers ist bei dem geübten Schwimmer ausser dem Einathmcn nur eine geringe Bewegung nöthig; er wird getragen so lange als seine von Luft ausgedehnten Lungen Ihn leichter maclien als das Wasser. Der Mensch ist, wie dieThiere, an sich sclnverer als das Wasser, und sinkt darin, wenn er keine Bewegung dagegen macht, von selbst un- ter, sobald er ausathmet. So lange seine Brust aber vou Luft weit aus- gedehnt ist, erhält er sich, wenn der Körper ausgestreckt auf dem Rücken liegt. Würden wir nicht nöthig haben äuszuathmcu, wür- den wir die Brust in Einem fort von Luft ausgedehnt erhalten kön- nen, so würden wir auch ohne alle Bevveguugen nicht untergeben. So aber müssen wir das beim Ausathmen regelmässig erfolgende Sinken durch Bewegungen, durch Stossen gegen das Wasser nach Unten, corrigiren. Die Vögel werden auf dem Wasser erhalten, '''egen der Luft, welche ihre mit den Lungen communicirenden Unterleibszellen und ihre Knochen enthalten. Zum Tauchen blähen die Vögel nöthig stark auszuathmeu. Die Schwimmvögel brauchen ihre Füsse als Ruder, die Schwäne bedienen sich ihrer äusgespannten Flügel auch zum Segeln. Die Schwimmblase vieler Fische, welche sich nach v. Baer’s Untersuchung (Muei.ler’s Ardw 1835. p. *234.) wie die Lunge aus dem Schlund entwickelt, erleichtert das Schwimmen in den oberen Regionen des Wassers, und durch die Zusammendrückbarkeit der *n ihr enthaltenen Luft vermöge der Seiteumuskeln sind die Fische fähig, in verscliiedenen Hohen, je nacli dem grossem oder geringem Hruck asa schweben, XJeber die Structur der SchwiininblasG siehe 120 I K. Buch. Bewegung. II. Abschn. V. den verschied. Muskclhewegg. oLen B. I. 2. Aufl. p. 298. Du dieses Organ im oLern Tlieil der Bauchliölile liegt, wo wegen der starken Rücken- und Seiten- ninskeln sonst der Sclivverpiinct des Fisclies liegen würde, so dient cs auch dazu, dass die Fische aufrecht im Wasser sich erhal- ten, ohgleich es hierzu nicht unumgänglich nothwendig ist. Fi- sche, deren Schwimmhlase zerrissen ist, kommen nicht mehr au die Oberfläche des Wassers und fallen leicht auf die Seite. Fliegen. (Borelli a. a. O. , Cuvier Vergl. Anal. I. p. 10., Fuss IScv. act. soc. sc. Peirop. XV. 1806., Sii.berschi.ag Schrif- ten der Berl. Ges. naturf. Freunde. 1784. II., IIorneh in Gehler's physik. Wörterb. IV. p. 477.) Der Flug hei'uht darauf, dass die sich hiattartig aushrciten- den vorderen Extremitäten eines Thiers mit möglichst grosser Ober- ' fläche auf die Luft schlagend wirken. Die durch ihren Wider- stand und durch ihre Elasticität gegen die ihr mitzutheilende Bew'cgung rückwirkende Luft ist die Ursache, dass der Kör- per des Thiers gehoben wird. Die Ausführung einer solchen Bewegung erfordert eine ausserordentliche Verstärkung der Brustmuskeln, einen cigcnthümlichen Bau der Brust, welche in ihrem Rückentheil unbeweglich ist, und durch den Kiel des Brustbeins einen grossen Raum zum Ansatz der Pcctoralmuskeln darhietef, während die Sclmltergeleiike nicht bloss durch die starken Schlüsselbeine, sondern auch durch die beide Schulter- gelenke verbindende Gabel eine Stütze erhalten. Würde die Re- position des Flügels in die Stdlung zum Schlagen mit gleich gros- ser Oberfläche, wie beim Schlagen geschehen, so würde die Wir- kung wieder aufgehoben werden; indem aber der Vogel den Flü- gel nach jedem Schlag zusammenschlägt und ihn dann wieder ausbreitet, wird die Projection in einer Riebtung möglich. Da- j mit der Flügel beim Schlag nicht nachgebe gegen d^in Wider- j stand der Luft und steil ausgedehnt wirke, ist es nöthig, dass die ) Beugung und Streckung der Hand gegen den Vorderarin Wegfälle, j Die Hand des Vogels ist nur der Ahduction und Add uction fähig, , Bewegungen, durch welche die Hand bald gegen den Vorderarm umgeschlagen und angelegt, bald entfaltet wird. Eine Folge von Schlägen der Flügel führt den Vogel bei wagerecbler Stellung der Flügel senkrecht in die Höhe, wie es bei den Lerchen der Fall ist. Bei einer geneigten Lage der Flügel, wo seine untere Fläche zugleich nach binten sieht, muss der Vogel schief auR steigen, der Wurflinie folgen und in ähnlicher schiefer Richtung fallen, als er aufgestiegen ist; bei regelmässig wiedci'holtern Schlag der Flügel wird er in einer Wellcidinie horizontal fortschweben. Die Neigung der Flügel zu der borizontalcrf Bewegung braucht jedoch nicht stark zu seyn, denn selbst bei einem wagerechten | Schlag des Flügels müssen die biegsamen Schwungfedern durch den Widerstand der Luft sogleich eine schiefe Ebene gegen den I vordem nicht bevreglichcn Rand des Flügels bilden. 'BoreiM hat schon diesen Einfluss nachgewiesen. Beugungen des Flügels | nach der Seite geschehen durch ungleiche Schwingungen beider Flügel, nicht durch Scilwärtsbeugung des Schwanzes, indem Tau- ben, der Schiyanzfederii beraubt, noch gut zu schwenken verste- 121 3. Orlslewegungen. Fliegen. lien. Durcli die Beugung des Schwanzes wird der hintere Tlieil des Körpers gehoben, der vordere gesenkt. In der Unbeweglichkeit des Rückens der Vögel erhält der Rumpf, in dessen unterm Theile der Schwerpunkt liegt, die nö- tliige Festigkeit zur Ausführung der Schwungbewegungen der Flü- gel; sein zügespitzter Kopf niaeht den Vogel zum Durchschnei- den der Luft geschickt, und in dem langen Halse besitzt er em Mittel, durch Verkürzung und Verlängerung den Schwerpunct *u verändern. Zur Vermehrung der Oberfläche des Flügels die- sen nicht bloss die Schwungfedern, sondern auch die Haut, in Sofern sie heim Ausstrecken des Flügels im Winkel zwischen dem Vordem Rande des Oberarms und Vorderarms, durch einen Mus- kel, den Spanner der Flughaut, als eine Falte ausgehreitet wird. Im Vordem Rande dieser Falte liegt ein elastisches Band, wel- *'I>es in der Ruhe den Vorderarm von der Handwurzel ans gegen “en Oberarm anzieht. Der Spanner der Flughaut geht in eine doppelte Sehne über, w'ovon die eine fibröser Natur, mit dem Alusculus radialis externus longus und der fascia antibrachii zu- sammenhängt, die andere das elastische Band im vordem Rande der Flügelfalte ist, welches sich an die Handwurzel und Hand be- festigt. Laiith mcm. de la sec. d’hist. nat. de Strasb. T. I, Die straussartigen Thiere, Struthio camelus, Rhea americana, Casna- Vius Indiens, Dromaius novae Hollandiae, und einige Wasservögel ''vie die Aptenodytes und Alca fliegen bei der Kleinheit ihrer Flü- gel gar nicht. Die Lutl in den Knochen der Vögel hat offenbar den Zweck, diese Knochen leichter zu machen, als sie es seyn würden, wenn sie Mark enthielten. Die Anfüllung der Luftsäcke der Vögel, die mit den Lungen in Verbindung stehen, kann übrigens den Vogel nicht specifisch leichter machen, als er sonst ist, da diese Luft fast dieselbe Dichtigkeit wie die atmosphärische Luft hat. Siehe oben l. 2. Aufl. p.2S9. Bei vielen Insecten scheint die Anfüllnng ihrer sonst zusammengefalteten Flügel mit Luft, innerhalb der sieh darin verzweigenden Luftgefässe, zur Steifigkeit und Straffheit der Rlügel beizutragen. Ausser den Vögeln gieht es unter den übrigen Classen der lyirbelthiere auch einzelne Thiere, welche fliegen oder sich we- nigstens mittelst Flügelhäute oder langer Flossen einige Zeit in der Luit zu erhalten vermögen. Unter den Säugethieren besitzt die Ordnung der Fledermäuse eine vollkommene Einrichtung ihrer Vorderen Extremitäten zum Flug. Die zum Schlagen der Lull be- stimmte Fläche wird hier durch eine, zwischen den verlängerten Vier Fingern und Mittelhandknochen ausgespannte Haut gebildet, Welche auch den W inkel zwischen Oberarm und Vorderarm aus- fiillt und ancli zwischen den verlängerten Armknochen und den beiten des Körpers bis zu den Hinterfüssen und von diesen bis *iim Schwänze sich hinzieht. Die Flughaut der Fledermäuse ent- hält auch elastisches Gewebe. Unter den Amphibien waren die Vorweltlichen Pterodactylus eigentliche Flieger ; von ihren Fingern Ist jedoch nur der äusserste sehr lange ein Flügelfinger, während die vier übrigen kurz und mit Ki’allen bewaffnet sind, wie hei ^''n Fledermäusen der Daumen. 122 IV. Buch, Bewegung. II. Abschn. V. denverschied.Muskelbewegg. Andere Thiere verschiedener Classen haben zwar eine Flug- haut zwischen den kurzen, sämmtlich mit Krallen hewafFnelen Fingern, zwischen Oberarm und Vorderarm, zwischen den Armen und Beinen, aber diese Haut ist liier nur Fallschirm, wie beim Galeopitbecus, Von ähnlicher Art ist die zwischen den vorderen und hinteren Extremitäten der fliegenden Eichhörnchen (Ptero- niys), der fliegenden Phalanger (Petaiirus) und die zwischen den verlängerten hinteren Rippen der Amphibien mit Fallschirm, Draco, ausgespannte Flughaut. Einige Fische (Dactylopterus, Exocoetus) vermögen sich, mit- telst ihrer verlängerten Brustflossen, ein Stück über das Wasser zu erheben. | Kriechen. Beim Kriechen und Gehen leistet ein fester Körper den Wi- derstand. Beide unterscheiden sich nicht wesentlich, als dass 1 beim Gehen besondere Extremitäten die Last des Körpers sowohl 1 stützen als projiciren, während beim Kriechen dicss nur von aliquo- ' ten Theileii des wurmförmigen Körpers geschieht. Beim Gehen wer- den Winkel der Beine gestreckt und gebogen, Leim Kriechen wird I der wurmlörmige Körper selbst gebogen und gestreckt. Beid» i Bewegungen können sowohl im Wasser als in der Luft als Me- i dium vor sich gehen. Die Art zu kriechen kann sehr mannig- faltig seyn. Dem Gehen sich annähernd ist dasjenige Kriechen, wo nur zwei Puncle des Körpers auftreten, die übrigen vom Bo- den erhoben sind. Die Blutegel z. B. befestigen das hintere Ende ihres Körpers an den Boden durch die Saugscheibe, verlängern den Körper, halten sich dann mit dem vordem Ende an, ziehen das Hinterende nach, befestigen dann letzteres wieder und strecken den Körper wieder vorwärts aus. Bei anderen Würmern, z. B. beim Regenwurm, findet dieses Spiel vielfach am Körper statt, und so kann auch der Blutegel kriechen. Da giebt es viele Theile, (die sich autstützen, während andere von der Stütze aus vorgescho- ben werden. Zum Aufstülzen dienen entweder sich anlebncnde Ringe oder Borsten, oder Fussstummel mit Rauhigkeiten wie bei I den Raupen. Am merkwürdigsten und räthselhaft ist das Krie- chen der Schnecken auf der Fläche ihres Fusses, besonders vvenn es auf glatten Körpern, z. B. Glas, geschieht. Hier sieht man, bei ganz gleichmässigern Fortrücken des Körpers auf der glatten Fläche, nur ein Spiel der kleinsten Theile des muskulösen Fusses und eine wellenförmige Bewegung über die Fläche des Fusses hingehen. Da keine anderen Apparate zum Stützen , wie es für die Bewegung in einer Richtung nothwendig ist, vorhanden sind, so bewirkt wahrscheinlich die Sohle durch Erheben einzelner i Theile oder Ansaugen, die schnell vorübergehende Fixation, die | bald wieder anderen Thellen übertragen wird. Das Kriechen der Schlangen ist sehr eigenthümlich, indem der Körper beständig und schnell in einer horizontalen Wellen- j linie fortrückt, so dass jeder Punct des Körpers dieser Wel- ' lenlinle folgt. Das Stützen und Stemmen geschieht durch Auf- treten mittelst des Endtheils der Rippen , wobei die sich auf- stemmenden Schuppen mitwirken, während die hinter den Stütz- | 3. Ortshewegungen, Gehen. 123 Puncten liegenden Theile gegen die gestützten nachgezogen und ändere vorgeschoben wei’den. Gehen und Laufen. (Nach W. und E. Weber.) Beim Schwimmen wird der Körper ganz oder zum Theil '''om Wasser getragen und seine Kraft grösstentheils nur für die Brojection der Masse in Anspruch genommen. Beim Flug trägt das Medium den Körp er nicht, und es wird so viel Kraft in An- spruch genommen, dass das Jedesmalige Fallen nach einer Pro- inction wieder aufgehoben wird. Beim Gang wird der Körper durch seine Kraft getragen und fortbewegt, und das Eigenthüni- hche dieser Bewegung liegt noch darin, dass der Körper abwech- selnd durch die eine auf den Boden gestützte Extremität getragen wird, während er durch die andere projicirt wird. Ein Kahn,, der vom Wasser durch Stemmen eines Stabs gegen den Bodeni uewegt wird, würde die eine Hälfte dieser Bewegung repräsen— Bren. Was hier das Wasser zum Tragen der Last thut, muss Bei der BeAvegung des Ganges in der Luft durch eine Extremität Saschehen. Belm Sprung, aa'O der Körper auf einen Zeitabschnitt,, durch die ihm mitgetheilte Projectlon, schwebend erhalten wird,, fällt dieses zweite Moment derBevvegung bis zum Ende des Sprün-. ßes aus. Hier erhält sich der Körper, wie beim Flug, durch dieselbe Bewegung, die ihn projicirt; während das zur Stütze die- Uende Medium verschieden, nämlich fester Körper ist. Am Ende der Wirkung eines Flügelschlags wli’d der Körper des Vogels durch eine neue Projcctioiishewegung vor dem Fallen gesichert, am Ende der Sprungbewegung hindert den Körper die eigene Un- terstützung seiner seihst vor dem Fallen. Das Mittel, durch welches diese Bewegungen ausgeführt wer- den, ist die Streckung zweier in entgegengesetzter B.ichtung ge- bogener Gelenke, namentlich des Fussgelenks und Kniegelenks. Hierdurch Avlrd die Projection des Schwerpuncts ausgeführt, wäh- rend die zAA’eite Extremität die Last gegen das Ende dieser Prp- jection trägt. Beide Extremitäten wechseln im Tragen und BeAve- gen der Last ah. Da diese BeAvegungen jedesmal von der Seite äusgehen, so erhält der Rumpf von der sich streckenden Extre- Uiität nicht bloss den Impuls nach vorwärts, sondern auch etwas Uach der eiAtgegengesetzten Seite. Dagegen fällt der Arm jedes- >ual auf der Seite vor, avo die Extremität in der Streckung be- griffen ist. Die Untersuchungen von Eduard Weber über die Gelenke, Und diejenigen von E. Weber und W. Web«r über die Bewegungen, des Gehens und Laufens haben uns noch mit vielen bisher über- sehenen, diese OrtsbeAvegungen betreffenden, merkwürdigen physi- l^alisohen Thatsachen und ihren Gesetzen bekannt gemacht. Durch die Entdeckungen dieser Forscher ist die Physik dieser Bewegun- gen erst zu einer rationellen Schärfe gebracht worden. Die wich- Bgsten Aufschlüsse, welche sie geliefert, theile ich hier in kurzem Auszuge aus ihrem Werke mit. Obenan und als Schlüssel zu vielen anderen merkAvürdigen Thatsachen steht die Entdeckung von E. Weber, dass der Schen- Aelkopf durch die blosse Schwere der Extremität von der ihm 124 IV, Buch. Bewegung. II. Mschn. V. den verschied. Muskelbewcgg. genau anpassenden Fläche der Pfanne nicht entfernt, dass er viel- mehr durch den hlossen Luftdruck dicht an der Pfanne anliegend zurückgehalten wird und in dieser Lage seine Bewegungen ausluhrt. Werden die Muskeln um das Hüftgelenk sämmtlich durcliscfinit- ten, so ftdit der Kopf von dem Gewichte der Extremität nicht aus der Pfanne. Sobald aber der Luftdruck auf die Oberfläche des Schenkelkopben *. B. die Hasen und Mause u. a. nöthig. Diese Tliiere würden wie die andei'en Vierfüsser unbecjuem gelien. Ihr Gang ist dem Tempo des Sprunges ähnlich. Die Nager, auf der Ebene gehend schreiten mit den Vorderfüssen und setzen die Ilinterfüsse im nächsten Tempo nach. Eine Art der Bewegung, die auch bei den Fröschen vorkommt. V. Galopp force. Zwei Momente. Unterscheidet sich von dem vorhergehenden dadurch, dass auch die Vordeilüsse gleich- ' zeitig aufgesetzt werden. CuviER macht hei’eils darauf aufmerksam, dass die Gelenke , der Säugethiei’e hei ihren Ganghewegungen sich in Ebenen heu- | gen und strecken, welche der Wirbelsäule fast parallel sind. Bei den eierlegenden Vierfüssern, wie Eidechsen und andei’en, sind dagegen die Kniegelenke und Ellenhogengelenke mehr, oft sehr | auswärts gerichtet, was wieder Einlhiss auf die Stellung der Füsse hat. Daher denn die Spur dieser Thiere schon aus der Stellung j der Füsse von der eines Säugelhiers zu unterscheiden ist. | Sprung. (Tbevirakus ZeUshriJt f. Physiol. IV. 1. 87.) Der Sprung ist eine Ortsbewegung des thierisclien Körpers, die ! durch längere gänzliche Erhebung vom Boden sich auszeichnet. Sie I geschieht, bei vollem Sprunge, durch Entwickelung oder Strecken dreier Gelenke, die hinter einander in entgegengesetzten Richtungen vor dem Sprunge gebogen sind, des Hüftgelenks, des Kniegelenks und Fussgelenks. Vor dem Sprunge steht entweder die ganze Sohle auf, oder nur die Zehen; im ersten Fall wird bei der Streckung des Fussgelenks die ganze Sohle abgewiekelt, im zweiten Fall das | in der Vorbereitung zum Sprung schon gestreckte Fussgelenk noch j stärker gestreckt. Der Körper ist immer gegen den Oberschen- I kel vorher geneigt. Eine gleichzeitige Entw’ickeluiig dieser drei | Gelenke ist nöthig zu einer so kräftigen Bewegung, die den Köi’- ' per vom Boden bedeutend zu erheben vermag. Wäre kein Wi- derstand vorhanden, so würde die Streckung eine Verlängerung des Körpers an beiden entgegengesetzten Enden hervorbritigen. Das Hinderniss des Bodens ist die Ursache, dass, indem der Impuls dem Schwerpuncte des Körpers niifgetheilt wird', dieser eine Wurfbewegung in der mittlcrn Richtung der sich entwik- kelnden Gelenke beschreibt. Die Richtung des Sprunges hängt nicht allein von der Neigung eines der Glieder der Extremitäten ab, und es ist z. B. nicht nöthig, um senkrecht zu springen, dass der Unterschenkel eine fast senkrechte Richtung gegen denFuss- hoden erhalte, wie Trevibanus a. a. O. behauptet. Die Neigung des Unterschenkels gegen den Boden kann eine ganz beliebige seyn, und doch lässt sich dabei sowohl nach vorn als nach rück- wärts und aufwärts springen. Die Hülfsmittcl, welche wesentlich heim Sprung nach hinten dienen, werden deutlicher, wenn man diesen Sprung mit den allereinfachsten Hülfsmitteln zu machen sucht. Man kann nämlich ohne allen Antheil des Fussgelenks nach hinten springen oder hüpfen, wenn man sich auf die Kan- ten der Absätze der Schuhe stellt und eine kräftige Streckung des vorher gebogenen Kniegelenks vollzieht, ohne eine Bewegung 3. Ortshcooegimgen. Sprung. 129 Hüftgelenk walirzunelimen. In diesem Fall erkält der Körper ®'ne schiefe Bewegung in der Richtung einer zwischen der Ferse Und dem Hüftgelenk gezogenen Linie, luid da diese Linie hinter den vom Schwerpunct auf die aufstehenden Hacken fallenden Per- pendikel fällt, so erhält der Körper ini Hüftgelenk einen Impuls nach aufwärts und rückwärts. So kann man auch bei aufstehender ganzer Sahle, ohne dass **eh das Fussgelenk streckt, nach hinten durch Streckung des Knie- gelenks springen. Der Fall, wo man auf den Zehen stehend nach ninten springt, ist ganz derselbe, der Stützpunct ist nur ein an- derer; der Impuls erfolgt auch durch das Kniegelenk. Daher kann man, sobald das Hüftgelenk bis in den Perpendikel des Schwerpunctes oder des Stützungspunctes gebracht wird, nicht mehr nach hinten springen. Man kann auch auf den Hacken stehend nach vorwärts sprin- S6n, so dass die Entwickelung des F*issgelenks keinen Antheil ®m Sprung hat. Beobachtet man sich dabei, so sieht man, dass das Knie auch seine gebeugte Stellung beim Sprung fast unver- ändert behauptet, dass aber der Winkel zwischen Rumpf und Oberschenkel jede.smal sehr stark gestreckt wird und dass der Sänze Rumpf an diesem Sprung oder Hüpfen Antheil hat. Die beiden Schenkel des sich streckenden Bogens sind hier, der eine die ganze steifgehaltene Extremität von der Hacke bis zum Seben- kclkopf, der andere Schenkel der ganze Rumpf; beide Schenkel dieses Winkels streben sich in eine DIrection zu strecken, die Vor den PeiTiendikel des Stützpunctes fällt. Man kann feraer mit steifgeh altenem, gebeugtem Kniegelenk durch blosse Entwickelung des Fussgelenks vorwärts springen oder hüpfen, wenn die Linie, welche die beiden Schenkel dieses Ge- lenks zu erzielen streben, sich nach vorw'ärts über den Perpendi- kel des Stützpunctes neigt. Endlich kann man mit Gebrauch aller Gelenke vorwärts bnd rückwärts springen, sobald die mittlere Direction, welche die verschiedenen Gelenke dem Körper ertheilen, vorwärts oder rückwärts ist, oder die Richtung ihrer Entwickelung über den Stützpunct hinaus fällt. Das senkrechte Springen kann bei jeder Neigung der ver- ^hiedenen Gelenke erfolgen, mag ans der Lage des einen oder ändern die Direction nach vonvärts oder rückwärts folgen, wenn die verschiedenen Impulse sich nur compensiren, so dass die biittlere Direction nach aufwärts hervorgeht. Bei den Vierfüssern kömmt der Sprung in doppelter Weise ^or; als Sprung bei Unterstützung des Körpers durch die Vor- derbeine und ohne diess. Im ersten Fall wird der Körper auf den Hinterbeinen aufgebäumt, durch Stefnmung derselben vor- '"'ärts geworfen, die Vorderfüsse sodann aufgesetzt und die Hin- terfüsse nachgezogen. Springer, ohne Gebrauch der Vorderfüsse, sind mehrere Säu- Rethiere mit sehr langen Hinterbeinen und sehr kleinen Vorder- beinen, zum Theil aus der Ordnung der Nager, wie die Spring- Müller’* Physiologie. Jr Bd. I. 9 130 IV. Buch. Bewegung. II. Abschn. V. den verschied. Muskellewegg. niäuse, Dipiis, Pedetes, zum Theil aus der Ordnung der Insecten- fresser, wie Macroscelides, zum Theil aus der Ordnung der Beu- lellhiere, wie Halmaturus. Ferner gehören hieher -viele hüpfende Vögel, namentlich Passerinen, unter den Amphibien die Frösche. Klettern. Der Mechanismus des Kletterns ist hinlänglich hekannt. Die Kletterer fixiren sich zum Theil durch ihre Nägel, wie die Kat- [ zen, Eichhörnchen, Didelphen, Phalangisten, und die RIettervögel ( mit einer oder zwei nach hinten gerichteten Zehen, einige, wie die Didelphen und Phalangisten, durch einen Greifschwanz und sogar einen .'ihgesonderten cntgegenstellharen Ilinterdaumen. An- j dere Thiere werden durch die Länge und Freiheit der Zehen, | wie die Alfen, deren Vorder- und Hinterdaumen zugleich entge- | genstellhar ist oder zugleich durch ihren Greifschwanz, wie die Heulaffen Mycctes und die Cehus zum Umfassen der Körper ge- schickt. Die daumenlosen Affen, Ateles, sind beim Klettern durch | die Länge ihrer Finger und Zehen und durch ihren Greifschwanz I nicht weniger geschickt. Unter den Zahnlosen sind einige Amei- senfresser und die Faulthiere Kletterer durch die Fähigkeit ihre langen Krallenglieder einzuschlagen, die Kletterer unter den Amei- senfressern auch durch ihren Rollschwanz. So-vimhl die Ameisen- fresser als die Faulthiere gehen wegen der Länge der Krallen schlecht; auch treten sie vorzugsweise mit der äussern Seite des Fusses auf. Die Faulthiere sind wegen der uiiverhältnissmäs- sigen Länge der Arme und Vorderarme zuin Gehen auf den Füs- sen so ungeschickt, dass sie sich beim Gehen auf ihre Ellenbogen stützen. Gleichwohl ist es fehlerhaft diesen Thieren eine stief- mütterliche Ausstattung von Seiten der Natur zuzuschreihen , da ihre Glieder zum Heben und zur Bewegung auf Bäumen durchaus geschickt gebildet sind. Unter den Amphibien sind diesen Thieren die Chamäleone zu vergleichen, deren Finger gar, wie hei den Klettervögeln, in eine vordere und hintere Abtheilung zum Grei- fen zerfallen. Sie haben einen Wickelschwanz. Welchen mannigfaltigen Veränderungen die Extremitäten der Wirbelthiere für den verschiedenen Zweck des Fliegens, Schwim- mens, Greifens, Kletterns, Gehens, Grabens unterworfen sind, hat die vergleichende Anatomie ausführlicher zu entwickeln. Welche Verschiedenheit zwischen der Hand des Eochens und des Einhu- fers! Dort überwiegende Zahl der zur Flosse verbundenen Fin- ger und überwiegende Z-hl der Phalangen, ohne Oberarm und Vorderarm, während hei den fischartigen Säugethieren vermehrte Zahl der Phalangen wiedererscheint, aber zugleich ein verkürzter Oberarm und Vorderarm vorhanden sind; bei den Einhufern an dem andern Extrem Reduction der Hand und des Fusses auf einen ein- zigen Finger. ^ Ueber die physiologische Bedeutung der Hand in den verschiedenen Thierordnungen, siehe Ca. Bell the hand. Land. 1834. Ein Blick auf die Gliederthiere in Hinsicht auf ihre Bexve- gungen, insbesondere ihre Gangbewegungen, nimmt zuletzt das Interesse des Naturforschei-s in Anspruch. Bedienen sich viele ihrer Gangfüsse (Hydrophilus u. a.) oder gewimperler Ruder- 3. Ortsbewegungen. Insecten. 131 fiisse (DytisciiSj Notoiiecta u. a.) als Hucler, so erbeben sieb die Hydroinetren auf die Oberfläclie des ^iVassers und bieten uns ‘las merkwürdige Schauspiel dar, dass ein leiebter Thierkö^er auf der Oberfläche des Wassers fbrtbüpft, während seine Füsse auf das Wasser aullreten. Der Gang der Insecten auf dem Lande erscheint so bebende und regelrecht, als man es auf den ersten Blick bei der vermehrten Zahl der Extremitäten nicht er- ‘varten sollte. Jede Action, an der viele Glieder tbeilnebmen, ^vird durch eine bestimmte Ordnung derselben gefördert; so se- Len wir auch den Gang der Insecten trotz der sechs Extremitä- ten ganz einfach. Beobachtete ich den Gang langsam gebender Insecten, so sah ich deutlich, dass jedesmal drei Extremitäten gleichzeitig vor- und auftrclcn , sie werden vorgesetzt und stüt- zen, während die drei anderen durch Stemmung den Körper des Insects fortschieben. Zugleich treten nämlich der hinterste und ^'orderste Fuss der einen Seite und der Mittelfuss der andern Seite auf, im nächsten Moment werden die äussersten Füsse die- ser Seite und der Mittelfuss jener Seite aufgesetzt ; so dass hei *wei Schritten alle Füsse des Insects in Tbätigkeit gewesen sind. Beim Gehen der Spinne, mit acht Füssen, scheinen jedesmal vier Extremitäten aufzutreten, während die vier anderen sich erbeben; *116 Beobachtung ist hier viel schwieriger als hei den Insecten, doch scheint es, dass zwischen zwei aufgesetzten stützenden Füs^n immer ein abtretender und sofort sich erhebender liegt. Ja selbst hei den Asseln mit 14 Füssen scheint eine ganz regelmässige Ord- nung in der gleichzeitigen Action einer gewissen Anzahl Glieder stattzufinden, während die schnell ablaufende Action der Glieder den Gesammtausdruck einer wellenförmigen Bewegung darbietet. Manche leichten Thiere, namentlich Insecten, sind mit Or- ganen an den Füssen bewaffnet, die ihnen zum Festhalten an selbst glatten , senkrechten Flächen oder gar zum Haften an der Decke dienen. Home philos. Transact. 1824. lect. on comp. anat. 4. T. 81. Hieher gehören die Organe an den Sohlen der Flie- gen, welche vielleicht in der Mitte eingezogen werden können und als Saugwerkzeuge dienen, und mehrere ähnliche Apparate anderen Insecten , die entweder eine innij^e ßerülirung und Adhäsion oder ein wirkliches Ansaugen vermitteln. Unter den Amphibien beobachten wir ein ähnliches Beispiel an den Gecko, deren Finger und Zehen an der Unterseite mit regelmässigen Quer- lälten (wie das Ansaugungsorgan am Kopfe der Echeneis) besetzt sind, durch deren Aufrichtung wahrscheinlich ein hohler Raum Und das Anhetten bewirkt wird. Diese Thiere sollen an senk— J efch teil Flächen und selbst an der Decke hinlaufen können. Hier •st auch der Ort des Mechanismus zu erwähnen, durch welchen •Uanche Thiere in einer Stellung, die viele Muskelanstrengung zu erfordern scheint, sich mit Leichtigkeit erhalten können. Das Stehen der Thiere und des Menschen geschieht durch eine fort- dauernde Anstrengung der Streckmuskeln; indess ist das Stehen Lei einigen Thieren durch mechanische Vorrichtung sehr eneic i- fert und kann dann Tag und Nacht ohne Ermüdung geschehen. Die Störche und mehrere andere Vögel stehen oft unausgesetzt 132 IV. Buch, Bewegung, IT. Abschn. V. den verscläed. Muskelhewegg. | nnf einem Beine, schlafen sogar in dieser Stellung. Cuvier er- wähnt bereits die cigcnthürnliche Bildung des Fussgclenks beim Storch, wodurch diess erzielt wird. In der Mitte der vordem Fl.ache des untern Endes des Unterschenkels befindet sich näm- lich eine Grube, welche einen Vorsprung der Fusswurzel auf- nehmen kann. Erst indem dieser Vorsprung, der bei der Strek- kung unter der Grube zwischen den Verlängerungen der Rolle des Unterschenkels liegt, in jene Vertiefung ausweicht, tritt das , Fussgelenk in Beugung. Dieser Beugung wirken Bänder, gleich Fe- dern entgegen. Maoaiitnf.v in Transactions of IheRoval Irish Academy, um. 20. Dieser Mechanismus, welcher das Stehen der langfiissigen Vögel erleichtert, ist indess von der Natur nicht überall angewandt worden, wo wir doch die Thiere zürn langen Stehen auf einem Beine fähig sehen. So z. B. schlafen die Enten auf einem Beine .stehend und haben jenen Mechanismus nicht. Diess überzeugt uns, dass im Schlafe selbst eine mit Erhaltung des Gleichgesvichtes stallfindende Action der Streckmuskeln von der Provinz der Cen- j tralorgane, von welcher alle Ortsbewegungen ausgehen, beherrscht werden kann. Das Festhalten der Füsse beim Sitzen auf denselben , wird denjenigen Vögeln, die in dieser Stellung schlafen, durch eine Einrichtung erleichtert, auf welche Borelli zuerst aufmerksam macht. VicQ d’Aztb batte diese Erklärung in Zweifel gezogen. CuviER hat sic und offenbar mit Recht in Schutz genommen. Die Sehnen der Zehenbeüger gehen nicht allein unter dem Fass- gelenk bin und ziehen die Zehen bei der Beugung des Fuss- gelenks an, sondern sic können auch noch durch einen an der | innern Seite des Schenkels liegenden accessorischen Muskel (Bei- ' rauskel der Zehenbeuger), dessen Sehne über das Knie weggeht, angezogen werden. Die Beugung beider Gelenke durch das' Ge- i wicht des Körpers, muss daher zugleich die Zehen beugen und das Festbalten der Füsse bewirken, wie denn selbst im Tode diese Wirkungen durch Beupen der Gelenke erfolgen. Man kann an ein ähnliches Verhällniss anderer Muskeln beim Hunde erinnern. Wird der Schenkel des Hundes im Knie ge- streckt, so wird zugleich der Gastroenemius ge.spannt und die Ferse angezogen. Daher ein Hund selbst nach Durchschneidung des Nervus ischiadicus noch etwas auftreten kann, sobald die Streckmuskeln des Oberschenkels, die von der Durchschneidung jenes Nerven nicht betheiligt sind, den Unterschenkel strecken. 1. Bedingungen der Tanerzeugung. I3;i III. Abschnitt. Von der Stimme und Sprache. h Capiiel. Von den allgemeinen Bedingungen der Touerzeugung. Die TJrsaclio von der Stimme und Spraclie angegebener Töne sind zwar an und für sieb keine Muskelljewegungen, sondern die Schwingungen eines eigentliümlicbcn und einem musikaliscben In- strumente vergleichbaren AVerkzeuges; in sofern aber die zum 'Bonangeben nötbige Spannung des Instrumentes und die Höhe und l^olge dieser Töne durch Muskcibcwegungen bestimmt werden, ge- ^'ör't die Untersuchung der Stimme und Sprache Zitnäclist unter den '^•»schnitt von den BeVegungen. Es ist zuerst nölhig, dieallgemei- l'en Bedingungen der Tonerzeugung kennen zu lernen, ehe wir iu die Untersuchung der menschlichen Stimme eingehen können. Ein plötzlicher meclianischer Impuls aul das (ichörorgan kann <5ine Gehöremplindiing bervorrul'en , wie des Knalles, wenn die i-inwirkung heilig war, oder des Geräusclies, wenn sie schwach '"'ar. Das schnelle Ausströmen dt-r comprimirten Luit, das schnelle Dinströmen der Luft in einen luftvcrdünnlcu Raum bx’ingen den Eindruck des Schalles auf das Gehörorgan hervor, wenn diese Erschiitterung der Luft dem Gehörorgan mitgethedt wird. Dass aber Töne von gleichbleibendem und vergleichbarem Wertbc empfunden werden sollen, dazu ist nur eine gewisse Art des me- enaniseben Impulses hinreichend, nämlich eine schnelle Wieder- holung des gleichen Impulses in sehr kurzer Zeit. Von der Häu- ligkeit dieser Impulse oder Stösse hängt die Empfindung der Ton- höhe ab. Die pendelartigen Schwingungen eines tönenden Kör- pers sind in den meisten Fällen, indem diese Schwingungen bis zum Innern des Gehörorgans und Gehörnerven geleitet werden, die Stösse durch den Anstoss der Zähne eines Rades oder durch die Schwingungen eines Körpers erfolgen, so hat man jetzt in dem von Savart erfundenen Instrumente, wo die Töne durch die Stösse der Zahne eines Rades an einen Körper hervorgehracht werden, ein leichtes Mittel, die Zahl der Schwingungen lür je- den Ton mit Bestimmtheit zu ermitteln. Die Schwingungen eines tönenden Körpers können in seiner ganzen Ausdehnung stattfinden; er kann sich aber in Abschnitte theilen, die nach entgegengesetzten Richtungen schwingen, wäh- rend die Theilungsstellen, Schwmgungsknoten, ruhig bleiben. An den Stellen der Schwingungsknoten hleihcn aufgelegte Papier- schnitzel ruhig. Die Schwingungen können auch in der Richtung verschieden seyn, transversale, longitudinale, oder drehende. Ei» 1. Bedingungen der Töne. Saiten. 135 Beispiel der Transversalschwingungen bildet eine zwischen zwei Bnncten gespannte, hin und her nach den Seiten schwingende Saite oder ein an einem Ende befestigter Stab von Metall. Bei den longitudinalen Schwingungen der Luft, der Sailen und Stäbe, die man an beiden letzteren durch Beihen der Lange nach her- '^orbringt, schreitet ein Zusammendrücken und Ausdebnen von einem Theilcben des Körpers zum andern, bis zum Ende oder Schwingungsknoten fort und kehrt dann um. Drehende Schwin- gungen hat Culadni bloss an Stäben beobachtet. Die durch Schwingungen tönenden Körper sind theils ela- stische Flüssigkeiten wie die Luft, theils durch Spannung elasti- sche Körper, wie gespannte Salten, theils an und für sich elasti- sche feste Körper, wie Metallstäbe, Metall- und Glasscheiben. Die Gesetze, nach welchen die Tonschwingungen in diesen ver- schiedenen Classen der tönenden Körper erfolgen , ■ sind für die ermittelnde Theorie der menschlichen Stimme von grosser Dichtigkeit. Wir wollen einen kurzen Blick auf dieselben wer- ten, um zu erkennen, zu welcher Classe der Tonwerkzeuge das •nenschliche Stimmorgan gehöre. W^ir folgen hierbei zunächst Vorzüglich den- Untersuchungen von Chladni [Akustik. Leipz. 1802. ^•)> Biot, Savabt und W. W^ebeb. Ueber diejenigen Ton werke. Welche die nächste Verwandtschaft mit dem menschlichen Stirnm- crgan haben, werden wir eigene Beobachtungen heibringen. I, Feste elastische Körper. Sie sind theils durch Spannung elastisch, wie die Saiten und Trommelfelle, theils an und für sich elastisch, wie Metallstäbe und Scheiben. Bei jeder dieser Arten fester elastischer Körper kommt bald nur die Dicke und Länge in Betracht, diess sind die fadeu- Ibrmigen, bald mehrere Dimensionen, diess sind die membranen- lörmigen. Beispiele durch Spannung elastischer fadenförmiger Kör- per sind die Saiten, membranförmiger die Paukenfclle. Beispiele an und für sich elastischer fadenförmiger Körper sind die geraden oder gekrümmten Metallstähe, memhranenförmiger die geraden oder gekrümmten Scheiben, Glocken u. a. Chladni a. a. O. p. 64. A. Durch Spannung elastische Körper, a. Fadenförmige durch Spannung elastische Kör- per, Saiten. Mit der Kürze der Schwingungsbogen nimmt die Zahl der Schwingungen, wie beim Pendel mit der Kürze dessel- ben zu, und mit der Zahl der Schwingungen die Höhe der Töne. Schwingt eine gespannte Saite mit ihrer ganzen Länge, so giebt sie ihren tiefsten oder Grundton an, wird sie bei gleicher Span- nung durch einen untergebrachten Steg in zwei gleiche Theile ge- theilt, und einer derselben angestossen, so ist der hervorgebrachte Ton dieOctave des Grundtons, die noch einmal so viel Schwingun- gen als der Grundton hat. Wird der Seite bei gleicher Spannung isollrt und angesprochen, so giebt diese die zweite Octave des Grundtons, die viermal so viel Schwingungen als der Grundton hat. Ueberhaupt verhält sich bei gleich dicken und gleich gespannten Saiten von derselben Substanz die Menge der Schwingungen um- gekehrt wie die Länge der Saiten. Bei gleich langen und un- 136 IV. Buch. Bewegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. i^leich gespnnnten Saiten verhalten sich die Schwingungsmomente wie die Quadratwurzeln aus den sie spannenden Kräften. Biox Leltrh. d. Experimenialphys. 2. .30. Die Schwingungsmengen für die Töne zwischen dem Grund- ton und der ersten Octave werden erhalten hei gleicher Span- nung durch Verkürzung der Saite auf die zwischen 2 und 1 liegenden Brüche. Wenn z. B. die Schwingungsmengen des Grundtons zu dem der Octave wie 1 zu 2 sich verhalten, so wer- den sich die Schwingungsmengen der Töne nach der allgemein angenommenen einfachen musicalischen Scala unsers heutigen Sy- stems der Musik folgendermassen verhalten : 4 'g. i 4 8 S t 5 o ^8.4.1'5' 3 8 •“ c d e f g a h c Grundton Terz Quinte Octave. Eine Saite kann, während sie in ganzer Länge die dem Grund- ton eigenen Schwingungen macht, auch zugleich mit aliquoten Theilen schnelle auf einander folgende Schwingungen machen, die anderen Tönen, liöher als der Grundton, entsprechen. In der That hört man heim Anschlägen einer einzigen und isolirten Saite, oder des Monochords, wo die Töne mitklingender anderer Saiten nicht in Betracht kommen, hei einiger Aufmerksamkeit ausser dem Grund- ton auch noch einige andere Töne, besonders solche, die in einfa- chen numerischen Verhältnissen zum Grundton stehen, z. B. die Quinte der Octave, die Terz der zweiten Octave. Wird eine gespannte Saite am Ende von \ oder -j oder \ u. s. w. ihrer Länge durch leise Berührung gedämpft und hier ein Schwingungsknoten bedingt, so entstehen heim Streichen dersel- ben mit dem Violinbogen, auch zwischen den übrigen -1 oder oder -5- Schwingungsknoten und die Saite gieht dann statt des Grundtons vielmehr den diesen Längen und ihren Schwingungs- mengen entsprechenden hohem sogenannten Flageoletton. Da hei den Saiten für tiefe löne durch die geringere Span- nung ersetzt werden kann, was ihnen an Länge gebricht um nur eine geringere Zahl Schwingungen in einer bestimmten Zeit zu machen, so würden sich der Theorie nach auch auf einer sehr kurzen Saite noch alle Töne durch veränderte Spannung her- vorbringen lassen. Indessen schwingen die Saiten, wenn sie sehr abgespannt sind, wegen Mangel an Elasticität zu unregelmässig, als dass sie sehr verkürzt und abgespannt noch einen tiefen Ton her- vorhringen sollten. Dagegen werden sehr kurze Saiten, wenn sie auch im abgespannten Zustande nicht alle Elasticität verlie- ren , z. B. Saiten von Kautschuck noch zur Ilervorhringung von liefen Tönen geschickt seyn, und elastische Blätter, die in einer Kichtnng gespannt sind, können hei sehr bedeutender Kürze noch sehr reine Tone hervorhringen, wenn sie eine feine Spalte be- grenzen und die an dem Blatte vorheigepresste Luft das Blatt in Schwingung erhält. Davon hei den .Zungenwerken. b. M e m h r a n e n f ö r m i g e d u i’ c h Spannung elastische Körper. Membranen, die bloss in einer Bichtung gespannt sind, verändern ihre Töne nach den Gesetzen wie die Saiten. Das Gesetz, nach welchem die Sclnvingungsmcngcn nach der Grösse 4. Bedingungen der Töne. Släbe, Glocken, Flötenwerke. 137 Und Spannung bei den allseitig gespannten Paukenfellen abneli- U'en, ist noch nicht näher gekannt. Es ist bekannt, dass die Höhe des Tons im Allgemeinen mit zunehmender Spannung zu- nimmt. Eine nähere Renntniss der Schvvingungsart dieser Ton- Jverkzeuge würde für die Theorie der menschlichen Stimme von keinem Gewicht seyn. Die Stimmbänder stellen nach einer Rich- tung gespannte Membranen dar, ob aber bdi ihrer Kleinheit nurch sie allein ohne Mitwirkung der Luft klare Töne entstehen können, werden wir später untersuchen. B. An und für sich elastische Körper, a. Fadenförmige gerade und gebogene Stäbe. Die Schwingungen sind ähnlich wie bei den Saiten, und die Elasti- zität dieser Körper ersetzt die Spannung der Saiten, sic schwingen ilaher, sowohl an einem als beiden Enden befestigt. Dergleichen ^^etallstähe oder Blätter werden durch Anschlägen zum Tönen Sßbracht; sind Blättchen von Metall oder Holz dünn genug, können sie auch durch Luftstrom in Schwingung gesetzt wer- wenn nämlich die Luft zwischen der Platte und einem Rah- nieti , in welchem sie befestigt sind, durchgepresst wird. Diess sind die Zun gen der Zungenwerke. Die an solchen Zungen al- lem hervorzubringeuden Töne richten sich nach denselben Ge- setzen, wie die an freien Stäben hervorgebrachlen Töne. Wir iverden darauf bei den Zungenwerken zurückkommen. Ein Bei- spiel einer einfachen, durcli den Luftstroiii in Schwingung ge- setzten Zunge ohne Rohr bietet die Mundliarmonica dar, de- ren Blättchen auch durch einen Blasebalg angesprochen werden können. Die Höhe der Töne oder die Schwingungsmengen verändern sich bei den Stäben nach einer andern Regel als bei den Saiten. Die Höhe der Töne oder Zahl der Schwingungen steht nämlich in geradem Verhnltniss mit der Dicke der Stäbe und in umge- kehrtem Verhältniss mit den Quadraten der Länge der Stäbe. h. Membranenförinige gerade und gebogene steife K.örper, Scheiben, Glocken. Weder mit den fadenförmi- ßen noch mit den membranenförmigen an sich elastischen Kör- pern hat das Stimmorgan einige Aehnlichkeit; daher wir diese Tonwerkzeuge sogleich verlassen können. If. Elastische Flüssigkeiten. Luft. Die Schwingungen der Luft beim Tönen bestehen in abwech- selnden Verdichtungen und Verdünnungen, welche in den Flö- tenwerken in longitudinaler Richtung erfolgen. In den meisten Blaseinstrumenten ist die Luft das Tönende, indem sie der Länge des Instrumentes nach vor und wieder rückwärts in Schwingung geräth. Die Geschwindigkeit der Wellen oder Verdichtungen und Ver- dünnungen bleibt sich im Allgemeinen gleich, mag die Röhre weit oder enge seyn, und hängt bloss, wenigstens hauptsächlich, von der Länge der Wellen oder des zu durchlaufenden Raumes ab. ^^toch ist es eine Erfahining der Orgelbauer, dass man die Röh- i'eu der Flölenwerke etwas verkürzen muss, wenn sic bei grös- serer Weite denselben Ton behalten sollen, und Savart hat 138 IV. Buch. Bewegung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. cefunden, dass die Luftsäule in weiclien elastischen Röhren hei glei- cher Länge viel tiefer tönt, als in festen Röhren. Bei Ersclilaffung der Wände durch Wasserdämpfe kann ilir Ton sogar um zwei Octaven von ihrer sonstigen Tonhöhe sinken. Flötenwerke. Das I’rincip einer Pfeife Hegt darin, dass eine in einer Röhre enthaltene Luftsäule in Schwingungen versetzt •vyird durch Blasen üher einen Theil ihrer Oberfläche. Am einfach- sten geschieht dieser Anspruch beim Weghlasen üher die Mündung | einer Röhre, eines Schlüssels; ganz ähnlich ist der Anspruch der Flöte, nur wird hier die Luftsäule niclit an ihrem Ende, sondern vor j diesem an der Seite in Schwingung gesetzt. Bei den Pfeifen wird die Luft durch einen engen Kanal des Mundstücks gehlasen, und indem sie an der Seitenöffnung heraustritt, setzt sie zugleich die im Rohr der Pfeife enthaltene Luftsäule in schwingende Bewe- gung. Eine ähnliche Construction haben die cylindrischen oder vierkantigen Orgelpfeifen, die zu dem Flötenwerke der Orgel ge- hören und auch Labialpfeifen genannt werden. Nur die Luft tönt in diesen Werken. Pfeifen von gleicher Länge, von Holz, Metall, Pappe, geben dieselbe Tonhöhe bei verschiedenem Klange. Ist die Luftsäule einmal durch Einblasen über ihre Oberfläche in schwingende Bewegung gesetzt, so muss der Strom der Luft fort- dauern, um die zum Hören nöthigen Schwingungen zu erhalten. Bei diesen Werken findet übrigens niemals eine Strömung der Luft durch die Röhre, sondern nur die Scliwingung der Luft im Innern der Röhre statt, daher die Flötenwerke auch an ihrem Ende verschlossen seyn können. Die einfachste Schwingungsart der Luft in den Pfeifen mit geschlossenem Ende ist diejenige, wo die Länge der "W eilen der Länge der Röhre gleich ist und keine Schwingungsknoten im Innern der Röhre entstehen. Del’ geschlossene Boden der Röhre ist hier der Schwingungsknoteii. Ist die Röhre an ihrem Ende offen, so giebt sie hei gleicher Länge mit einer geschlossenen (gedeckten) einen um eine Octave höhern Grundton als diese und es befindet sich in der Mitte der Röhre ein Schwingungsknoten. TJeber die Theorie dieses Unter- schiedes der gedeckten und offenen Orgelpfeifen siehe Bior Lehrb. d. Experimentalphysik, übers. i>. Fechner. 2. 100. Die Höhe der Töne ändert sich imUebrigen im directen Ver- hältniss mit der Länge einer gedeckten oder offenen Röhre; in- dess giebt dieselbe Luftsäule höhere Töne bei stärkerm Blasen; durch Entstehung von Schwingungsknoten in der Länge der Luft- säule. Biot und . IlsMEL haben gezeigt, wie die Stärke des Anspruchs auf die Vermehrung der Schwingungsknoten Einfluss hat. Die Töne, welche sich auf diese Weise aus einer gedeckten- Röhre hervorbringen Hessen, waren C g e ais d fis — as -f- h 1 3 5 7 9 11 13 15 deren Schwingungsmengen der Reihe der ungeraden Zahlen ent- sprechen. Bei einer am Ende offenen Röhre waren die durch stärkeres Blasen und Vermehrung der Schwingungsknolen zu er- zeugenden Töne dagegen der einfachen Reihe der natürlichen 139 1. Bedingungen der Töne. Flütenwerke. •Gallien entsprechend = 1, 2, 3, 4, 5, 6 u. s.w. Nur heim schwachen Anblasen erhielten sie den Grundton einer Glasröhre von 1 Zoll Durchmesser und 37 Zoll Länge, g. Die Töne, welche sie durch Veränderung des Anblasens erhielten, waren ggdghdf ged 1 2 3 4 5 6 7| 8 10| 12 Die Töne, die auf einer oflenen Röhre durch verschie- •lenes Blasen hervorgebracht werden können, liegen, wie man dieser Reihe sieht, um so weiter auseinander, je näher sie dem Grundton sind; mit zunehmender Höhe rücken die Töne Zusammen. Zwischen dem Grundton 1 und der ersten Octave, Welche der Zahl 2 entspricht, liegt kein Ton dazwischen. Zwi- schen der ersten Octave 2 und der zweiten Octave, deren Schwin- Rttngsmenge 4 ist, liegt schon ein Ton. Zwischen der zweiten Detave- 4 und der dritten Octave, deren Schwingungsmenge 8 *st, liegen schon 3 Töne, u. s. w. Die vorhererwähnten Gesetze gelten im Allgemeinen nicht hloss für die atmosphärische Luft, sondern für die Gase über- haupt; doch ist zu bemerken, dass die Grundtöne der Luftsäulen ®ach der Schwere und Dichtigkeit der Luft verschieden sind, denn nach der Erfahrung der Orgelbauer selbst eine lange wie den Händen gehaltene Pfeife ihren Grundton schon ein wenig modificirt. Die Töne verhalten sich der Theorie nach bei glei- chen Längen umgekehrt, wie die Quadratwurzeln der Dichtigkeit der Gasarten bei gleichem Druck und Temperatur. Die Erfah- rung weicht etwas ab. Siehe Biot a. a. O. 107. Von 'einigem Einfluss auf die Veränderung des Grundtons ist auch die Emhouchure der Röhre, wie Biot und Hzmel ge- zeigt haben. Letztere wandten eine 4 Fuss lange, vierkantige, 4 Zoll breite, an einem Ende verschlossene Pfeife an. Die OelF- Dung nahm die ganze Breite ein und konnte durch einen Schie- ber von oben verlängert werden. Die erzeugten Töne waren folgende: Grösse der Oelfnung: 66,0 36,5 26,0 20,5 16,5 14,0 3^ Erzeugte Töne: . . c g e h d f f • 66,00 Theile der Oelfnung machen einen Quadratzoll aus. Die erzeugten Töne entsprechen den Zahlen oder Schwingungs- •nengen 1, 3, 5, 7, 9, 11, 43. Der Erfolg der Verengerung der bmtouchure ist also bei der gedeckten Flöte derselbe, wie der durch Veränderung des Blasens bewirkte; auf diese Art sind also beine Octaven zu erhalten. Der Einfluss der Emhouchure auf den Ton der Pfeife scheint hiir aus den Erfahrungen noch nicht ganz aufgeklärt zu seyn*. Es giebt nämlich eine Art der Bedeckung der Emhouchure, wodurch >nan den Ton der Pfeife ziemlich bedeutend tiefer machen kann. Lege ich über die obere Lippe einer cylindrischen , messingenen Labialpfeife eine Karte fest an, so dass, ein Theil der Oelfnung bedeckt wird, so kann ich den Ton um mehr als einen Ton unter 140 IV. Buch, Bewegung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. den Gruiulton erniedrigen; bedecke icb aber die OefFnung dureb eine auf die obere Lippe angedrückte Karte so, dass die Karte dachförmig über die Oeünung liegt, so bisst sich der Ton noch viel tiefer machen und um so tiefer, je mehr die dacliförmige Karte gegen die OefFnung niedergedrückt wii-d. Die Töne, die sich auf diese Art erhalten lassen, sind alle beliebigen nächsten unter dem Grundton der Pfeife bis auf einige ganze Töuö, also keineswegs die mit den Zahlen 1, ■^, y überein- stimmenden Töne. Stiess ich den Stempel der Pfeife so tief ein, dass das Rohr der Pleife nur zwei Zoll betrug, so konnte dei’ Grundton der zwei Zoll langen Pfeife durch dachförmige Be- deckung der Embouchure von d bis zu dem nächsten tiefem gis, afso fast um eine Quinte berabgcdrückt werden, und die dazwischen liegenden Tone entstanden leicht je nach der grossem oder geringem Neigung des über die Embouchure ge- bildeten Daches. Auch Lei einer vierkantigen einfüssigen Pfeife Hess sich der Ton durch dachförmige Bedeckung der Embou- chure hei'abdrücken. Alles bisher Bemerkte gilt von Röhren ohne Seitenlöcher, die eigentlichen Flöten lassen sich aber darnach beurtbeilen; es sind ungedeckte Rölircu , auf welchen man, wenn alle Seitenlö- cher geschlossen sind, durch verschiedene Stärke des Anblasens die mit den Schwingungsmengen 4, 2, 3, 4, 5 übereinstimmenden Töne hervorbringeri kann. Durch successive Oelliiung der Sei- tenlöcher lassen sich auch die dazwischen liegenden Föne her— Vorbringen. Die Oeffnung jeder derselben führt eine Erhöhung des Grundtons herbei, und diese Erhöhung ist veischieden nach der verschiedenen Grösse der Seitenlöcher und ihrer Entfernung vom Anfang des Instrumentes. Siehe das Nähere über die Theo- rie der Flotenwerke in Biot, Lehrh. d. ExperimeiUalphjsik, übers. V. Fecukeh,. von 87 — 112., und Muncke, Artikel Schall in Geh- ler’s physikal. Wörierh. 8. Bd. p. 349 — 360. Es entsteht zuletzt die Frage, ob sich durch Anwendung der verschiedenen Mittel, durch welche sich der Grundton einer Pfeife von gegebener Länge herabdrücken lässt, so tiefe Töne hervor- bringeii lassen, dass selbst eine Röhre von sehr geringer Länge noch Töne von einiger Tiefe bei- sehr schwachem Anblasen ber- vorbringen könne. Ist eine Röhre theilweise geschlossen, so nä- hert sie sich einer gedeckten, deren Grundton um eine ganze Oc- tave tiefer ist, und durch eine Bedachung der Embouchure lässt sich der Ton, wie wir früher sahen, fast um eine Quinte herab- drücken. Die Schwäche des Anblasens macht den Ton einer ge- wöhnlichen Pfeife nicht tiefer, als bis zu dem sogenannten Grund- ton; vielleicht giebt es aber Mittel, bei deren Anwendung ein noch schwächeres Anblasen noch langsamere Schwingungen mit solcher Regelmässigkeit erfolgen lässt, dass diese Schwingungen als Töne gehört werden. Ein bei den Jägern übliches Pfeifchen, das zwischen den Lippen angcblasen, ihnen zum Nachrnacheii der Stimmen der Vögel dient, scheint dieses zu leisten, obgleich die Mittel hier ganz andere sind als die bei den gewöhnlichen Plöi- fen anzuw endenden, um liefere Tone zu erzeugen. Diese Pfeile' 1. Bedingungen der Töne. Flötenwerke, Jiigerpfeifen. 141 von Elfenbein oder Messing ist breiter als lang, nämlicb 4 Linien lang, 8 — <) Linien breit. Ibr vorderes und liinteres Ende sind dureh eine dünne Platte gedeckt, in deren MiUe eine OelFnung sicli befindet, durch welcbe die Luft slrömt, so dass der Luft- strom durch die Achse der Höhle der Pfeife durchgeht. Savart ^at diese Art von Pfeifen untersucht. MsgeiNdie, ■/. de physiol. 367. Nach ihm entsteht der Ton in diesen Pfeifen dadurch, dass der Luftstroin, der durch die beiden Oeffnungen durchgeht, indem er die kleine Masse der in der Höhle der Pfeife enthal- tenen Luft mit sich fortreisst, ihre Elasticifat vennindei t und sie nnfähig macht, dem Druck der atmosphärischen Luft das Gleich- gewicht zu halten, die, indem sie gegen jene zurückwirkt, sie *urücktreibt und zusammencirückt, bis wieder eine neue Verdün- nung erfolgt. An diesem InstruiAent kann man durch verschie- dene Starke des Anblasens die Töne ln einem Umfang von ^—2 Octaven, von e6 — c4 variiren; durch Üebung im Beherrschen des Lnftstroms lasst sich die Tiefe und Hölie der Töne noch viel wei- vveiter treiben. Man kann das Volum des Instrumentes verdop- peln, vervierfachen oder verkleinern, ohne dass die Resultate auf- fallend variiren. Bei grösseren Dimensionen und dünneren Wänden ist es leichter tiefere Töne zu erhalten; doch hat jedes Instrument einen Ton, den es am leichtesten giebt. Die Direclion der Ränder der Oefl'nung ändert den Ton. Sind sie nach einwärts schief ge- gen das Innere der Höhlung gerichtet, so sind die Xöne im Allge- meinen tiefer. Die Grösse der Oeffnungen des Instrumentes hat auf den Ton Einfluss; die Töne sind tiefer, wenn die OclTnungen weiter sind. Eine Theorie der Schwingungen für dieses Instrument ist noch nicht vorhanden; es ist auch noch nicht ausgemacht, ob die Luft wirklich das primitiv schwingende ist und ob das In- strument nicht vielmehr in die Categorie der Zungen gehört, von denen weiter unter gehandelt wird. Bei den gewöhnlichen Zungen kommen zwei Dimensionen, die Dicke und Länge des Zungen- Idättcliens, in Betracht; wenn eine der durchlöcherten Platten als Zunge wirkt, so würde sie eine Zunge darstellen, wobei wie bei den tönenden Scheiben drei Dimensionen, die der Länge, Dicke, l^reite, in Betracht kommen. Das Instrument kann übrigens, wie «ine Zunge, mit einer Ansalzröhre verbunden werden, und die dadurch hervorzuruf'enden Töne verhalten sich wie bei der Ver- bündung wirklicher Zungen mit Röhren. Nämlich der Ton ist dann nicht der der Zunge, sondern einer der möglichen Töne des Rohrs, der dem Zungenton am nächsten ist. Die Folge der Töne bei verschiedenem Anblasen ist hei jeder Combination der Jägerpfeife mit einem Rohr, wie bei einer offenen Pfeile, 1, 2, d, 4, 5 u. s. w. III. Tonwerke, bei denen die Eigenschaften der festen und flüs- sigen elastischen Körper zugleich in ' Betracht kommen. Zungenwerke. Es giebt Tonwerkzeuge, die aus einer einfachen schwingen- den Zunge bestehen, welche durch Strömung comprimlrter Luit bn Bewegung gesetzt wird, wie das Metallblältchen der Mauk. bj'ommel' und die Blättchen oder Zungen der Mundharmonica. 142 IV. Buch. Bewegung, IlI.Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Die Erfahrung lehrt, dass nicht hloss die durch Coliärenz elasti- schen Körper, wie Metalle und Holz, Zungenhl.ittchen bilden können. Man kann diesen Platten auch durcli Spannung elasti- sche Platten oder Membranen substituiren , wie sich im Folgen- den zeigen wird. Auch diese membranösen Zungen geben, durch einen Strom comprimirter Luft in Bewegung gesetzt, ohne eine Ansatzröhre reine Töne von sich, so gut wie die Zungen der Maul- trommel und der Mundhannonica es thuu. Durch Ansatz einer Röhre vor den Zungen dei' ersten und zweiten Art entsteht ein coinplicirteres Instrument, bei welchem die Luft der Röhre zur Modification der SchAvingungen der Zunge mitwirkt. Instrumente dieser Art mit festen Zungen von Metall oder Holz sind langst unter dem Namen der Zungenwerke bekannt; die Orgel besitzt ein ganzes Register dieser Apparate unter dem Namen der Znn- genwerke oder RohrAverke. Eine Classe von anderen Blasinstrumen- ten ist nach demselben Priucip gebildet, Avie die Clarinette, die Hoboe, das Fagot, der Serpent, die Schalmey, welche sämrntlich- ausser der Röhre eine Zunge enthalten und dadurch sich von den Flötenwerken, bei welchen der Ton lediglich durch die Luft- säule erzeugt und durch ihre Länge verändert wird, unterschei- den. Aber auch das, was wir membranöse Zunge nennen, kann mit einer Röhre verbunden zu einem ähnlichen, von einer ein- fachen Zunpe verschiedenen Werke werden, wie wir bald sehen werden. Die Theorie dieser Instrumente ist für die Untex’suchung der menschlichen Stimme von der grössten Wichtigkeit. Erste Classe der Zungenwerke. Zungenwerke mit einer Zunge von einem steif elasti- schen Körper; Metall, Holz. A. Zungen nach Analogie der Stäbe. a. Einfache Zungen ohne Rohr. Die einfachste Zunge dieser Art ist die Maultrommel, wo ein zwischen zwei stählernen Schenkeln liegendes, an einem Ende befestigtes, ebenfalls stählernes Zungenblättchen durch die zwi- schen der Zunge und den Schenkeln durebgetriebene Luft in Be- wegung gesetzt wird. Die Mundharmonica stellt eine Zusammen- stellung mehrerer Zungen in demselben Rahmen dar. Sie besteht bekanntlich aus einer kleinen Metallplatte, Avorin längliche rectan- guläre Löcher, Jedes zur Aufnahme seines Zungenblättchens, ein- geschnitten sind. In diese Oelfnungen passen dünne Plättchen von Metall,^ die an dem einen Ende angelöthet sind. Sie müs- sen so in ihrem Rahmen vibriren können, dass sie denselben nicht berühren, und werden in SchAvingung gesetzt dadurch, dass man die Platte oder den gemeinsamen Rahmen gegen die Lippen andrückt und die Luit, gegen die Zungen bläst, Avodurch ein kla- rer Ton, nach der Länge und Stärke der Zunge verschieden, entsteht. Die sogenannten Mundstücke (anche) beruhen auf demselben Mechanismus. Ein messingener oder stählerner hohler Halbcylin- der ist an seinem einen Ende offen, an dem andern geschlossen ; 143 1. Bedingungen der Töne. Zungenwerke. flaelie Seite bildet pegen das geschlossene Ende eine elasti- sche Platte, die den Ilalbcylindcr an diesem Theil der flachen “Cite nicht ganz schliesst und seihst in die Höhle des Halbcy- hnders hinein schwingen kann; so kann die Luft zwischen den «ändern der Platte und der Lade in die Höhle des Halhcylinders ®‘ndringen oder aus demselben ausdringen. Es ist hier, wie bei der Maultrommel und Mundharmonika ein Rahmen und eine darin passende, bewegliche, elastische Zunge gegeben. Von den letzt- Sßiiannten Instrumenten unterscheidet sich diese Art von Mund- stück nur, dass der Rahmen hier zugleich ein Rohr bildet, ans 'Speichern die Luft, die zwischen Rahmen und Zunge durchgegan- ausströmt, oder von welchem aus auch die Luft gegen die Zunge getrieben werden 'kann. Ein solches Mundstück kann von der einen oder andern Seite angeblasen werden. Nimmt man das Ende, woran die Zunge, in den Mund und bläst, so dass die Zunge im Munde frei schwingen kann, so drängt sich die Luft fuit ünterbrechiingen zwischen der Zunge und dem Rahmen in den Halbcylinder. Bläst man von dem offenen Ende her, so dringt ®'e zwischen der Zunge und ihrem Rahmen aus. Man sieht hier Wieder deutlich , dass die Hauptsache eines Zungenstücks nur dieses selbst, und ihr Rahmen, wie bei der Maultrommel, das klebrige aber Zugabe ist. Eine so gebaute Zunge kann auch Uiitlelst eines Pfropfes, durch den sie durchgeht, wie bei den Zun- Renpfeifen der Orgel, in einen bohlen Cylinder gesetzt werden, durch dessen eine Oelfiiung die Luft zugeblasen wird. ^ Die Art, wie die Zunge in Schwingung gesetzt wird, scheint Uiir bisher nicht genügend erklärt, Avie auch Fechher bemerkt; sie ist meines Erachtens diese; So Avie man bläst, wird die Zunge aus der OeiTuung des Rahmens getrieben. Sie entfernt eich nach dem Gesetze der Trägheit von dem stossenden Körper, his die FRasticität der Zunge, die im Maass ihrer Beugung Wächst, ihrer Gesclnvindigkeit das GleichgeAvicht hält. Du der öruck der Luft indess fortdauert, so würde die Zunge bei an- haltendem Blasen in dieser Lage verharren ; indess ist der Druck der Luft bei abgewendeter Zunge viel geringer als vorher, da die Zunge noch im Rahmen stand, die Zunge wird also durch ihre Elasticität, AA'ie ein Pendel, zurückgehen, sie würde sogar bei der *’nhaltend Avirkenden Elasticität mit beschleunigter Geschwindigkeit *urückgehen, Avenn der anhaltende Druck der Luft sic nicht etwas J^^tardirle ^ere Dru dem Druck der Luft, so würde die Zunge durch den Druck der Lull in gleicher Lage beständig erhalten werden, in derje- h'gen Lage, welche ihr Widerstand zulässt. Nicht bloss der piugeschlosscne, auch der freie Strom der Luft kann eine Zunge 'ö Bewegung setzen, wenn sie fein genug ist, wie z. B. die Jurten Zungen in der Mundharmonica, und wenn der Strom der Luft stark ist. Bläst man z. B. mittelst eines feinen Röhrchens ''un feiner Mündung frei gegen eine Zunge der Mundharmonica, **her heftig, so geräth sie in Schwingung; ja es ist mir sogar eini- Remal gelangen, eine ohne Rahmen befestigte feine Zunge durch Im Rahmen angelangt treibt sie der nun Avieder stär- k, der Luft Avieder ab. Wäre kein Unterschied in '144 IV. Buch, Bewegung. III. Al/schn. Von d. Stimme u. Sprache. den freien Strom der Luft aus einem feinen Rölirclien zum Tö- nen zu bringen. Diess gelingt nur an den sehr dünnen und läng- sten Zungen der Mundharmonica. Die längste Zunge einer Mund- harmonica isolirte ich von ihrem Rahmen, so dass sie ganz frei war bis auf ihr hinteres befestigtes Ende. Ich blies mittelst des feinen Röhrchens am Ende eines ihrer Ränder stark vorbei ; blies ich sehr stark in senkrecliter Richtung auf die Oberfläche der Zunge, aber nicht auf ihre Fläche, sondern auf ihren Rand, so gelang es mir einigemal, die tönende Schwingung des Blätt- chens hervorzubringen, die aber sehr viel schwächer ist, als wenn die Luft zwischen den Rändern derselben Zunge und einem Rah- men hindurchströmen muss. Die später hier zu beschreibenden membranösen Zungen gerathen dagegen beim Anblasen mittelst eines Röhrchens in ganz vollkommene Schwingung mit vollem Klang. Die Art, wie durch den freien Strom der Lufl eine leicht bewegliche Zunge in Schwingung gesetzt werden kann, scheint mir folgende zu sein: Der Strom der coinprimirten Luft gegen den Rand der freien Zunge treibt diese vor sich hin, die Zunge entfernt sich vermöge des Gesetzes der Trägheit von dem stossenden Strom, gelangt aus der Direclion des Stroms heraus, und geht so weit, bis die mit der Dehnung der Zunge wach- sende Eltjsticität derselben iln'er Geschwindigkeit das Gleichge- wicht hält. Sie geht nun vermöge der Elasticität und zwar, da diese fortdauernd wirkt, mit beschleunigter Geschwindigkeit zurück, bis sic wieder ln den Strom kömmt, welcher sie wieder ab- treibt. Die Möglichkeit, an einem ganz frei stehenden Zungenblätt- chen durch den Strom der Luft einen Ton hervorzubringen, beweist deutlich, dass man bei der Erklärung des Tönens der Zungen nicht zu viel Gewicht auf den gewöhnlichen Bau derselben und auf den Durchgang der Luft zwischen Zunge und Rahmen le- gen darf. TJeber die Natur der Töne, welche auf den Zungenstücken erzeugt werden, hat W. Weber Aufschlüsse gegeben. „Leges oscillationis oriundae si duo corpora diversa celeritate osclllan- tia ita conjunguntur, ut oscillare non possint nisi simul et syn- chronice, excmplo illustratae tuborum linguatorum. “ Auszug von CiiLADNi in Kastneb’s Archiv X 44.3. Im Auszug ebenfalls in Muncre’s Aufsatz übör den Schall, in Gehler’s physih. hVür- ierb, ,V11I. und FEcasEB’s Bearbeitung von Bior’s Experimental- physik 2. 442. Vergl. Weber in Poggend. Annalen.. XVII. 193. Weber zeigte, dass der Ton der Zunge eines Mundstücks, die durch Anblasen in Schwingung versetzt wird, sich nach denselben Gesetzen mit ihrer Länge ändert, als wenn die Zunge ohne An- blasen durch Anstossen oder Zerren in Schwingung versetzt wird, und zwar schwingen die Zungen nach demselben Gesetz wie di® klingenden Stäbe. Diess Gesetz ist, dass die Schwingungsmengen zweier Stäbe von gleicher Dicke und gleichem Stoff, sich umgekehrt wie die Quadrate ihrer Längen verhalten. Weber zeigte ferner, dass der beim Anblasen des Mundstücks ohne Ansatzröhre erzeugte Ton auch in der Höhe ganz mit dem Ton überein kommt, den die Zunge ohne Anblasen durch Anstoss hervorbringt. Dann ist 145 1. Bedingungen der Töne. Zungeiwerke. die Hölle des Ton; eines Mundstücks ziemllcli unablüingig von der Stärke des Lui'tstroins ; die Stärke des Tons kann durch die Stärke des Anblasens vermclirt werden. Biot batte sebon gezeigt, dass die ebemisebe Besebaffenbeit der Gasart, rvelcbe zum An- Jdasen benutzt wird, keinen Einfluss auf die Höbe des Tons bat. Diess Verballen der metallenen oder festen Zungen Ist um so Rierkwürdiger, als, wie icb gefunden, die membranösen Zungen sieb ganz anders verbalten, indem die Höbe des Tons sieb bei die- sen um einige halbe Töne durch stärkeres Anblasen erbeben lässt. Die Dimensionen des Seblitzes zwischen Zunge und Eabmen sind nach W. Weber von geringei-cr Wichtigkeit. Sind die Di- mensionen der Oeffuung etwas stärker, so spricht der Ton schwe- rer an , und kann scbivei'er v’crslärkt und geschwächt werden. Die Höbe des Tones aber bleibt sieb gleich. Die von den Meisten angenommene Theorie der durch Zungen bervorgebraebten Töne ist folgende. Die Schwingun- gen dei' Zungen richten sieb zwar, wie es scheint, ganz nach den Gesetzen, nach welchen die Stäbe schwingen und Töne geben ; aber zwischen den tönenden Stäben und tönenden Zungen findet der Unterschied statt, dass bei den ersteren der Stab, bei den letzteren die Luft das eigentlich Tönende ist. Und derselbe Un- terschied findet statt, vvenn eine Zunge durch Austoss oder durch Anblasen in Schwingung versetzt wird. Im erstern Fall nämlich ist es die Zunge allein, welche tönt, im zweiten wird zwar auch die Zunge tönen müssen, aber für die llauptursaclie des eigen- tbiimlichen Tons halten Viele die Luft selbst und zwar aus fol- genden Gründen. Der Ton einer durch Anstoss in Schwingung versetzten Zunge ist schwach; der Ton der Zunge Leim Anblasen stark; aber auch ein qualitativer Unterschied der Tone findet statt; der Klang der Zunge beim Anstosseu ist ein ganz verschiedener vom Klang der Zunge, welchen sie beim' Anhkisen hervorbringt. Daraus sclilicpt man, dass die Luft, vvenn sie auch bei verschiedener Weite des Schlitzes die Höbe des Tons nicht modificiren kann, doch einen wesentlichen Einfluss auf die Erzeugung der durch Zun- gen hervorgehrachten Töne haben muss , indem die Luit uutei' den Bedingungen, unter welchen Zungen heim Anblasen seb wüti- gen, regehnässig gestojsen wird, ohne selbst Scliwingungsknotcn zu bilden. Man vveiss, dass ^tur Erzeugung eines Tones nur eine gewisse Anzahl Stösse, pulsus, nölhig sind, welche auf das Gehör- organ fortgepflanzt werden , und dass auch die Schwingungen nur dadurch Töne hervorbringen, weil sic pulsus hervorbringen. Bei der Art, wie eine Zunge in ihrem Rahmen schwingt, müssen nun, sagt man, ähnliche pulsus, wie. hei der Sirene entstehen ; in- dem die Luft hei jeder Schwingung der Zunge durch die Oelfnung einen Moment aufgehalten vviVd. Ganz unter denselben Bedin- gungen sehen wir durch schnell aufeinander folgende Unterbre- chungen des Stroms der Luft hei der Sirene einen Ton entstehen. Die Höhe dieses Tons der Luft hängt von der Zahl der Unter- brechungen ah, und diese Zahl wird, da die Unterbrechungen Von den Schwingungen des Zungenhlätlchens bewirkt werden, mit Miillcr’s Pliysiologic. 2r Bd. I, 10 i^ß IV. Buch. Beau-gung. III. /Uschn. Von fl. Stimme u. Sprache. tlor Z.ilil der Scliwingiingen des üliittcliens pleicli seyn. Diese Theorie der Zungentöne ist iiulcss keineswegs nls ei’wiesen anzu- nehmen. Schon die Töne, die sldh durch einen Luflstrom an | einer von ihrem Rahmen enthlössten, hefcsiigfcn, hinlänglich lan- j gen und dünnen Zunge der Miindharmonica durch freien starken Strom der Luft aus einem dünnen Röhrchen Iicrvorliringen las- sen, beweisen, dass die Zungentöne keineswegs allein von den I pulsus der Luft ahhängen, obgleich der heftige Strom der Luft aus dem dütinen Röhrclien gegen den Rand des Zungenblättchens bei jeder Rückschwingung des Blättchens etwas aulgehalten wer- den muss, während der Strom frei ist zur Zeit, wo das Blättchen ausser dem Strom der Luft schwingt. Wir regen diesen Zweifel vorläufig an und w'erden später nach Abhandlung der memhra- nösen Zungen ausführlicher darauf zurückkommen. h. Zungen mit einem den Ton modilicirenden Rohr. Der Ton eines Mundstücks oder einer Zunge wird sehr in der Höhe verändert, wenn das Mundstück mit einer Ansatzröhre verbunden wird, wie es bei der Hoboc, der Clarinette, dem Fa- got der Fall ist. In diesem Fall muss die Luft statt in die At- mosphäre auszidanfen, vielmehr erst die Ansatzröhre durchlaufen, und das Instrument ist zusammengesetzt aus zweien, die nach verschiedenen Gesetzen schwingen. Der Ton des Mundstücks für sich und der Ton der Pfeife für sich können ganz verschie- den seyn; sind aber Mundstück und Pleife verljunden, so wiiken sie gegenseitig aufeinander ein, d. h. accommodiren sich, so dass die Schwingungen der Zunge durch die Schwingungen der Luft- säule, die Schwingungen der Luftsäule durch die der Zunge be- stimmt werden. Immer wird nur ein Ton gehört, und dieser ist weder constant derjenige, den das Zungenstück für sich al- lein, noch derjenige, den die Luftsäule des Rohrs für sich allein geben würde. Es muss also nicht bloss vollkommene Gleichzei- tigkeit in beiderlei Schwingungen stattfinden, sondern auch beide sich einander accommodiren. • AV. Weder (Poggend. Ann. XVI. XVII.) hat sieb mit dem Problem beschäftigt, nach welchen Bedingungen sich dieser ein- fache Ton richtet. Einen sehr ausführlichen Auszug dieser clas- sischen Untersuchungen hat Fechner in seinem Repertorium der Experimentalphysik, l. 314 — 334. gegeben. Eine sichere Theorie der Zungenpfeifen verdankt man ganz nur den Forschungen des berühmten deutschen Physikers. Es ist hier nicht der Ort, die Resultate dieser Arbeiten, wel- che zu den wichtigsten der neuern Physik gehören , ausführ- lich mitzutheilen. Einige der von Weber entdeckten Thatsacben müssen indess hier angeführt werden, da sie die Grundlage bil- den für die Untersuchungen über die Zungenpfeifen mit mem- branösen Zungen, mit welchen das Stimmorgan die meiste Aehn- lichkeit hat. 1. Die Verbindung einer Röhre mit einem Mundstück kann den Ton des Mundstücks vertiefen, nicht erhöhen. 2. Diese Vertiefung beträgt Im Maximum nur eine Octave. 3. Bei weiterer Verlängerung der Röhre springt der Ton 1. Bedingungen der Töne. Zungetuverke. ScheibenßJrmiga Zungen. 147 Wieder auf den ursprüngilchcn Grundton des Mundstücks zurück. Und dieser lasst sich nun auch wieder nur um ein Gewisses vertiefen. 4. Die Länge der Ansatzröhrc, die nöthig ist, um eine ge- wisse Vertiefung zu erlialten , hängt jedesmal von dem Verliält- niss der Schwingungszahlen der Zunge für sich und der Luftsäule für sich ah. 5. So vertieft sich der Ton der Zungenpfeife allmählig mit Verlängerung der Ansatzröhre, bis die Luftsäule der Röhre so lang geworden ist, dass sie für sich allein denselben Ton geben würde, als das Mundstück allein. Bei weiterer Verlängerung springt der Ton auf den Grundton des Mundstücks zurück; von da an kann er wieder durch Verlängerung der Röhre um eine Quarte vertieft werden, bis die Länge der Röhre das Doppelte l>eträgt von der Länge der Luftsäule, die denselben Ton als das Mundstück hahen würde. Hier springt der Ton wieder auf den Grundton des Mundstücks zurück. Von da an ist wieder clnu Vertiefung um eine kleine Terz möglich durch Verlängerung der Röhre, bis der Ton wieder auf den Grundton der Zunge über- springt., Im Uchergange können je nach der Kraft des Anbla- sens zwei verschiedene Töne hervorgehracht werden. (Diese Ent- deckungen lassen sich , wie Avir herr.aeh versuchen werden , sehr gut auf die Zungenpfeifen mit memhranöseu Zungen anwenden.) 6. Liegt der Ton des für sich tönenden Mundstücks in der Reihe der harmonischen Töne der für sich tönenden offenen Röhre, so ändert sich der Ton des Mundstücks nicht notlnven- dig durch Verbindung mit der Röhre hei schwachem Blasen. Durch starkes Blasen kann aber dann der Ton entweder um eine Octave, oder Quarte, oder kleine Terz, oder um andere Inter- valle, welche den Zahlen -J, entsprechen, unter den Ton des Mundstücks erniedrigt werden. Für die Vergleichung der Slimmorgane oder anderer Ton- Averkzeuge mit Lahialpfeilen und Zungenpfeifen ergehen sich aus diesen Entdeckungen die sicheren, leitenden Kennzeichen. Würde z. B. an einem Blaseinstrument hei gleichem Anspruch durch an- Sesetzte Röhren jede heliehige Vertiefung erreicht werden kön- Uen, und zAvar im Verhältniss der Länge der Röhren,» so Avürde das Instrument entschieden eine Labialpfeife seyn und die Luft allein darin tönen; würden hingegen hei unveränderter Emhou- chure die Röhren nur eine Vertiefung von einer Octave oder Weniger zu Stande bringen können, so würde man es mit einer Zungenpfeife zu thun haben. Unter die Instrumente mit Zangen gehören die Zungenpfei- fen der Orgel, oder das Register der Vox humana der Orgel. Die Clarinette, Hohoe, Fagot sind auch Zungenwerke, und hier ge- schieht die Erzeugung verschiedener Töne beim Schliessen oder Oeffnen einer empirisch gefundenen Reihe von Löchern, während ■n den Zungenwerken der Orgel für jeden Ton eine besondere Rfeife bestimmt ist. B. Scheibenförmige Zungen von Metall. Da dünne Blättchen von Metall und Holz, nach den Gesetzen ^cr Stäbe schAvingend, als Zungen Avirken, .so lässt sich schon 148 IV. Buch. Bewegung, HL Ahschn. Van d. Stimme u. Sprache. erwarten, dass and) scheibenförmige dünne Metallstücke nach den Gesetzen für die Scheiben schwingend, als Zungen dienen können, wenn sie in der Mitte fixirt sind «lul die Luft zwischen dem scharfen Band eines peripherischen B.ahinens und dem Band der dünnen Scheibe durchströmt. Gewisse vonCcEUEST und Hacuettf. angestellte Versuche, die vOn Sax-art bestätigt worden, sclieinen hieher zu gehören. Scihveigg. J. 51. .311. Clement hat nämlich entdeckt, dass, wenn ein Luftstrom durch eine Oeffnung in einer ebenen Wand geht und eine dünne Platte dieser Oellnung ge- nähert wird, diese in Schwingung geräth, wobei sehr tiefe dum- pfe Töne entstellen. Die Töne entstehen zunächst durch die Ei- genschwingungen der Platte und xverden wahrscheinlich durch die Luft, wie hei den Zungenpfeifeti , verstärkt. f)enn wenn man vor die Oeffnung Rreisscheihen von gleicher Dicke, aber von verschiedenen Durclimessern hält, so verhalten sich die Schwin- gungszahlen umgekehrt als die Quadrate der Durchmesser, wie bei tönenden Ki-eisscheiben. Die Höhe der Töne ist auch die- selbe, wie wenn man dieselben Rreisscheihen mittelst des Violin- bogens in Schwingung bringt. Wahrscheinlich xverden sich auch, wie bei den Tönen, die unmittelbar an scheibenförmigen festen Körpern hervorgebracht werden, eben so gut glockenförmig ge- krümmte, als ebene Rreisscheihen benutzen lassen. Wir haben scheibenförmige Zungen nach dem Prineip der ge- wöhnlichen Zungenwerke verfertigen lassen. Eine messingene Rreis- scheihe von ^ Millim. Dicke und 35 Millim. Durchmesser ist in ihrer j Mitte durch eine Stange so gegen den scharfen Band eines ent- .sprechenden Rahmens gehalten, dass die Luft durch das mit dem Rahmen verbundene Anspruchsrohr zwischen dem Rahmen und dem Rande der kreisförmigen Zunge durchgetriehen wird. Die Töne erfolgen leicht, wie bei gewöhnlichen Zungenpfeifen. Oft hört man aber mehrere Töne, tiefe und hohe Töne zugleich, z. B. den Grundton und die Quinte, und noch höhere. Durch Ein- ziehen der Luft entstehen auch Töne, wie bei den gewöhnlichen Zungen. Ein ebenso gebautes Instrument mit glockenförmiger Zunge spricht nicht an, wahi’scbeinlich weil die Zunge durch die Krümmung der Scheibe zu steil geworden und mm nicht gross genug ist. Eine ganz dünne metallene Kreissebeibe, die in der Mitte eine Oeffnung hat und an einem ganz kurzen Auspruchsstück durch ihre Peripherie befestigt ist, könnte auch unter den Gesichtspunct einer Zunge kommen. Es wäre der umgekehrte Fall, wie der vorhergehende; dort findet der Anspruch am Rande, hier an der centralen Oeffnung statt; der Durch- gang der Luft durch die Oeffnung würde hier so wirken, wiß der Stab, der durch die Mitte eines an der Peripherie ge- spannten Felles hin und her getrieben wird und Töne erzeugt- Diess scheint sogar auf den ersten Blick auf die früher p. 14l. beschriebene Jägerpfeife anwendbar, welche Savart nicht un- ter die Zangenpfeifen rechnete. Damit würde übereinstimmen, dass diese Pfeifen mit einem Rohr verbunden werden können und dass die Töne nach dem Ansatzrohr sich verändern. 1'. Bedingungen der 2'üne. Mentbranöse Zungen. 149 Dagegen spricht aber, dass die OetFnang bei diesem Instru- naent viel weiter ist, als die Spalte an Zungen 'von Metall seyn muss, wenn Töne entstehen sollen; zwar geben sehr dünne lange Zungenblättchen der Mundbarmonica, wie oben ge- zeigt wurde, selbst obrie Rabmen in der freien Luft ihren Ton schwach an, wenn ein starker Luftstrom aus einem feinen Röhr- chen an ihrem Rande vorbeigetrieben wird. Indessen bat doch die von Savaht beschriebene Jägerpfeife. mehr Aebnliebkeit mit einer Labialpfeife. Ich erhalte schon Töne, wenn ich eine dicke Elfcnbeinscheibe mit einem Centrallocli mit den Lippen umfasse Und die Luft cinziebc. Diese Scheibe kann so dick seyn, dass Ihre Ränder nicht mehr schwingen können und also nicht als Zunge Avirken. Zweite Classe der, Zungenwcrtc. Zungemverke mit einer membranösen oder durch Spannung elastischen Zunge. (Nach eigenen TJnlersuchungen.) Das Studium dieser Art von Zungen ist bisher vernach- lässigt Avorden, und diess ist um so mehr zu bedauern, als in der Renntniss dieser Art der ZungenAverke der Schlüssel zur Theorie der menschlichen und Vogelstimrae liegt. Biot vind Cagniard LA Tour haben die membranösen Zungenblätter des Kehlkopfes, die Stimmbänder durch elastische Membranen von Kautschuck, die sie über eine Röhre spannten, nachzubilden ge- sucht und auf diese Art einen künstlichen Kehlkopf gemacht: Henle hat thierisclie iVIenibranen mit Erfolg zu demselben Zweck benutzt. Bis jetzt ist dieser Gegenstand nicht weit genug ver- folgt, um eine vollkommene Parallele zwischen diesen Zungen- weiken und dem Slimmorgan zu begründen. Ich habe mir das Verhalten der Bänder und Membranen, wenn sie als Zungen wirken, zum besondern Studium gemacht, und Averde hier die Beobachtungen mittheilen, die ich darüber gemacht. Den Leser, dem die spätere Anwendung auf die incnschlicbe Stimme und die am Kehlkopf des Menschen angestellten Versuche verständ- lich werden sollen, muss ich angelegentlichst ersuchen, den ganzen nun folgenden Abschnitt Avobl zu beachten; eben so sehr muss ich den geneigten Leser bitten, die. vorhergehende Zusammen- stellung der Haupipuncte der Theorie der musikalischen Instru- mente zu berücksichtigen, Aveil ohne das Vorhergeschickte da.s Nächstfolgende nicht verständlich ist. Dass' es Zungenwerke oder sogenannte Mundstücke mit mem- hranösen Zungen geben Avird, lässt sich schon von vorn herein erwarten. Das Zungeinverk jjerubt darauf, dass ein Körper, der für sich durch Än.stösse entAveder gar keine oder sclnvache und klanglose Töne hervorbringt, durch den continuirlichen Stoss der Luft einen seiner Elasticität und Länge entsprechen- den Ton erzeugt. Die bisher betrachteten Zungen Avaren feste, metallische oder hölzerne Blättchen, die bei ihrer Kürze an und für sich klanglos schwingen, ATähreud ihre Schwingungsgesetze 150 IV. Buch. Bewegung. lII.Ahsetm. Von d. Stimme u. Sprache. die der scliwingeiulen Stabe sind. Durch Spannung elastische Körper, die sehr verhüvjt für den Anstoss klanglos werden, aber ihre Schvvingmigsgeselze beibelialten , werden elietiso durch fort- dauernde Stösse der Luft klangrciebe Töne erze,ugen können. Dergleichen Zungen würden sich von den festen, durch sich seihst elastischen dadurch untersclu'iden , dass sie, wie die Saiten, au zvvei Stellen oder wie die Felle allseitig befestigt seyn müssen, von wo aus sie gespannt werden, watircnd die durch sich elastischen, metallenen Zungen w'ie die Stäbe an eincin Ende befestigt sind. Die Erfahrung bestätigt diese Idee sogleich; denn wenn man über die Mündung eines Rohrs von Holz eine elastische Haut (von Kaut- schuck) spannt, so dass sie die Hälfte der Mündung bedeckt, die andere riällle der Mündung aber durch eine steife Platte von Holz oder Pappe so schliessl, dass zwischen der elastischen Membran und dem Rande des steifen Körpers eine schmale Spalte ührig- hleiht, so hat man eine memhranöse Zunge, und man erhält ei- nen reinen, starken und klangreichen Ton, wenn man das Rohr von der andern Seite anhläst. Wir thcilcn die Zungenwerke mit durch Spannung elasti- schen Zungen, wie die im vorhergehenden Capitel betrachteten Zungenwerke, auch wieder in zwei Arten ein, in einfache Zun- genwerke ohne Ansatzröhre und in zusammengesetzte Zungen- werke mit einer Änsatzröhre, welche den Ton modificirt. A. Einfache memhranöse Zungen ohne Ansata-ohr. a. Saitenartig gespannte Zungen. Die einfachen Zungenwerke dieser Art entsprechen der Maul- trommel und der Mundharmonica der vorigen Ahtheilung. Ich schneide von einer, zur dünnen Membran ausgetriebenen Kaut- schuckplalle einen schmalen Riemen ah, der 1 — 2 Linien breit ist, und sjianne ihn über einen Ring von Holz oder einen vier- eckigen Rahmen tpicr hin. Wird er nun wie eine Saite gezerrt, so giebt er zwar einen schwachen und klanglosen Ton, aber die- ser'Ton ist so schlecht, wie der durch Anstossen erregte Ton einer mclailenen Zunge. Wird aber aut den Ring zu Ijeiden Sei- ten des elastischen platten Fadens eine steife Platte von Pappe oder Holz befestigt, so dass diese Platten nahe an den elastischen Streifen grenzen und nur eine schinale Spalte jederseits ührig- Llciht, so hat man eine Mundharmonica, deren Zunge aus Kaut- schuck besteht; dieses Instrument giebt, ebenso wie die Mundhar- monica gehandbaht, nun einen reinen, starken und klangreicben Ton. Man kann aber auch an einer solchen gespannten Zunge, ohne dass sie von -einem Rahmen begrenzt wiid, und ohne dass die Luft durch S])altcn an ihren Seilen durchströmt, vermöge des- selben Princips auf eine andere Al t klangrciebe lönc Lervorbrin- gen. Ich habe schon bei den metallenen Zungen erwähnt, dass die von ihrem Rahmen befreite, an einem Ende befestigte Zunge einer Mundharmonica, wenn sie nur recht lang ,ist, durch einen auf ihren Seitenrand dicht vor dem Ende geführten, heftigen und feinen Luflstroni aus einem ganz dünnen Röhrchen in tö- nende Schwingung versetzt werden kann. Dicss gelingt indess an den metallenen Zungen sein scltwci', weil sie zu steif sind. Ae 151 1. Bedingungen der Töne. Memhranöse Zungen: flen vorherljescliriebenen Zunge« von Kautscliuck gelingt es sehr Reicht. Man spanne einen platten scLmalen Rautsebnekstreifen ^nt einen Rahmen von 8"' his 1” Dmclimesser ; man blase dann mittelst eines feinen Tubulus in senkrechter Richtung gegen die 1' hiebe des kleinen Riemens auf den einen Rand desselben , so schwingt er tönend von einer Seite zur andern ; oder noch bes- ser, man blase von der Seite her quer über die Flache des Fa- *^lens, so entstehen sogleich Schwingungen nach oben und unten mit starkem reinem Ton, von demselben Klang, wie wenn die Zunge zwischen zwei festen Schenkeln liegt und durch die Spalte durchgeblasen wird. Dieser Ton entslebt oftenbar auf theselbe Art wie bei den metallenen Zungen. Wird ein feiner Strom von Luft gegen den Faden getrieben, so entfernt sich dieser von dem stossenden Körper; da aber die Elasticitat des Eadens in dem Grade zunimmt, als der Faden ausgedeluit wird, so tritt ein Zeitpunct ein, wo die Elasticitat des Fa- er auch cinigermassen von der Stärke des Rlasens ab. Lege ich die Kante eines Spatels über die Mitte des Riemens in einer gegen den Riemen senkrechten Richtung, so dass die Kante des .Spatels auf dem Ringe zugleich an zwei Stellen aulliegt, und blase ich dann ge.gen die Hälfte des Fadens, so entsteht die Octave des Grund'tons. Durch stärkere Spannung wird der Ton erhöht und er bleibt bei grosser Höbe noch rein und voll. Die Stärke des Anblasens dagegen vermag den Gruodton der Saite um einen halben Ton und mehr zu erhöhen. Im Allgemeinen verändern jedoch diese durch Spannung elasti- ■schen Zungen ganz wie die Saiten ihre Schwingungen, nämlich die Sehwingungsmengen nehmen im umgekehrten Verhältniss der Längen zu, und dem zufolge wahrscheinlich auch im . geraden Verhältniss mit den Quadratwurzeln der spannenden Krälte. Es ist diess schon ein wichtiger Unterschied von den metalli- schen Zungen, die sich wie die Stäbe verhalten. Bei diesen ste- hen die Schwingungsmengen bei gleicher Dicke der Zungen irn Umgekehrten Verhältniss mit den Quadraten der Länge derselben. Von den Sait-jn iiulerscheiden sich die rneinbranösen Zungen »ur dadurch, dass die Art des Anspruchs den Ton etwas än- dert, während doch die Zunge so gut' wie die Saite in ganzer Länge schwingt. Spreche ich eine über ein Rohr gespaiiiite- Von einem Rahmen eingefasste membranöse Zunge durch das Rohr au, so entsteht sowohl beim Atisslossen als Anziehen di.i Luft ein Ton; beide sind bei möglichst giciehcln Anspruch ver- schieden , der letztere ist meist um. einen lialheu his eanzen rmi 152 IV. Buch. Bfiwegujt^. HI. Absehn. Von d. Stimme u. Sprache. tiefer. Die Weite der Spalte zwisclien den Selienkeln und der elastisclien Zunge hat auf die Hohe des Tons keinen sehr merk- lichen Einfluss; aber das Anblasen spricht leichter an, wenn die Spalte enger ist. Die Stärke des Anblasens kann den Ton etwas erhöhen, z. B. um einen halben Ton, und ebenso kann auch die Stärke des Einziehens den heim Eiuziehen der Luit entstehenden Ton um etwas erhöhen, Stösst die Zunge an irgend einer Stelle an eine Ungleichheit der Kante der Seitenschcnkel, welche sie einfossen, an, so entsteht hier ein Scliwingungsknoten und man hört einen viel höhern Ton als den Grundton. Die Zungenhlätter, die dui-ch Spannung elastisch sind, können nun aber in mannigfaltigerer Form, als wir bisher dargestellt, realisirt werden. Es gicht nämlich folgende Formen der Zungen. 1. Ein saitenartig gespannter elastischer Streifen, der von zwei festen Schenkeln eingefasst ist; hier sind zwei Spalten, eine zu jeder Seite des platten Streifens. Diess war der bisher be- trachtete Fall. 2. Eine elastische Membran deckt das Ende eines ganz kur- zen Hohrs zui Hälfte oder zu irgend einem Theil zu; der andere von der Membran unbedeckte Tlieil wird von einer festen Platte gedeckt, so dass zwischen beiden eine Spalte übrig bleibt. 3. Zwei elastische Membranen sind über das Ende eines "anz kurzen Rohrs so ausgespannt, dass jede einen Theil derOeffnung verdeckt und zwdschcu ihnen eine Spalte übrig bleibt. W^ird die Spalte einerseits von der elastischen Membran, an- derseits von einer festen Platte mit scharlem Rande, z. R. Pappe oder Holz, liegrenzt, so ist der Erfolg ganz derselbe, wie auf einer nach beiden Seiten freien Zunge. Der Ton war beim Blasen durch das Rohr um einen luilben bis ganzen Ton hö- her, als wenn auf der Membran selbst ein Ton hervorgebracht wurde durch Antreiben eines feinen Luftstroms gegen den Rand. Der beim Blasen angegebene Ton licss sich in allen Fällen durch stärkeres Anblasen auf zwei halbe Töne höher treiben aber nicht M'eiter. Der Ton beim Einziehen der Luft ist höher nur dann tiefer, wenn die feste Platte etwas nach einwärts steht und ihr Rand hinter dem der Membran liegt. Wurde eine runde Röhre angewandt, so wurde die Membran, wie bei einer vier- k.antigen, nur in einer der Spalte parallelen Richtung gespannt. Membranen, die in einer Richtung gespannt werden, schwingen hekanntheh nach denselben Gesetzen wie die fadenförmigen durch Spanmuig elastischer Körper. Man sieht diess auch bei diesen Versuchen, denn wenn man ein Häutchen von Kautschiick so über einen r|u.idratischen Rahmen spannt, dass es nur in einer Direction gespannt ist, währeucl einer der Ränder frei ist der diesem entgegengesetzte aber auf dem Rahmen aufliegt, so giebt die ganze Platte, Avenn ihr Rand mit einem feinen Röhrchen stark angeblasen ivird, den Griiudton, wird aber ein Faden rpier über die Platte gelegt, so kann man an der Hälfte 'der Platte durch Anblasen die Octave hervorbriugen. 1. Bedingungen der Töne. Memhranöse Zungen. I53 Da in einer Richtung gespannte Membranen ihre Schwin- giingen, wie die fadenförmigen durch Spannung elastischen Kör- per verändern, so wird also hei gleicher Spannung und gleichem Anspruch die Höhe des Tons zunehmen im umgekehrten Verhält- niss der Länge der Membran oder der Spalte zwischen der ela- stischen und der festen Platte. Die Breite der Spalte hat, so viel ich sehen kann, keinen grossen Einfluss auf. die Höhe des Tons, wie hei den metallischen Zungen, aber das Anblasen spricht nicht mehr an, sobald die Spalte zu breit ist. Von Wichtigkeit ist aber die Stellung des Rahmens gegen Zunge. Liegt der R.aud der festen Lamelle von Pappe dem uande der memhranösen Zunge gerade gegenüber, so kann der Ton um das Intervall von c — / oder weniger höher seyn, als ■'Venn die feste Platte etwas weiter vor als die elastische Platte gerückt ist. Am interessantesten wird der Fall, wenn zwei elastische Mem- branen die Spalte wie eine Stimmritze begrenzen, diese können entweder gleich stark oder ungleich stark gespannt seyn. Dadurch, dass man heim Anblasen der Ränder vom gespann- ten Kautschuckhäutchen einen Ton hört, hat man ein Mittel, die gleiche Spannung von zwei^ Membranen von Kautscimck, die ■von gleicher Länge sind, herbeiziilüliren, indem man die Span- nung derselben .so lange verändert, bis sie denselben Ton beim Anblasen ihres Randes mit einem feinen Piöhrchcn gehen. Um die eine ohne die andere hiebei tönen zu lassen, drückt man diejenige, Avelche nicht tönen soll, etwas nieder oder bedeckt sie mit einer dünnen Pappplatte. Nach vorheriger gleicher Spannung von zwei nebeneinander über dem Ende einer vierkantigen Röhre ausgespannten Membranen, konnte nun der von ihnen gemein- schaftlich gegebene Ton geprüft ‘werden. Er war, in" diesem Fall, tiefer als der Grundton, den jede einzelne Lamelle beim Anblasen mit einem Röhrchen gab. Waren beide Lamellen für das Anblasen jeder einzelnen mit dem Röhrchen auf a gestimmt, so War der gemeinschaftliche Ton heim Anblasen des Rohrs, auf dem sie ausgespannt waren, gis. Bei einer zweiten Probe war der Ton jeder Platte heim Blasen mit dem Röhrchen c; beider zusammen h. Bei einer dritten Probe waren beide auf h gestimmt Und der gemeinschaftliche Ton war ais. Sind beide" Platten verschieden hoch gestimmt durch ungleiche Spannung, so scheint oft keine solche Accommodation slattzulinden, wie zwischen den Schwingungen der metallenen Zunge und der Luft eines Ansatz- rohrs. Selten gelingt es, die Töne beider Lamellen beim Anbla- sen zu geben. Der Ton, den man heim Anblasen hört, ist ge- wöhnlich nur einer, so als wenn die stärker oder die schwä- cher gespannte Platte nicht töne, oder wie man ihn hmt, wenn man das eine gespannte Blatt durch eine aufgesetzte mippplatte dämpft und diese Platte zur festen macht. Häufig schwingt die wegen zu tiefer Stimmung schwer ansprechende Platte nur schwach mit und wird etwas vorgetriehen. Folgende Versuche 154 IV. Buch. Bewegung. UI. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. erläutern tlas einseitige Tönen. Z. B. beide Platten waren so ge- stimmt, dass sie zwei um eine Oetave verscbiedene Töne für sicli gaben. Wurde die eine durch das Ansprucbsrohr, auf dem sie gespannt war, während auf der andern Seite der Spalte eine feste Platte aufgelegt wurde, angelilasen, so gab sie d. Wurde die feste Platte weggenommen, so dass die um eine Differenz von einer Oetave ve.rscbieden gespannten Platten die Spalte begrenzten, so war der Ton gleichfalls, wie wenn die eine Membran fest wäre, d, und dieser Ton konnte durch starkes Blasen bis dis, e, / Linauf- getrieben werden. War der unmittelbar ohne Bohr durch einen feinen Luftstrom angegebene Ton des .tiefer gespannten Bandes^ e, der des höher gespannten h, so dass beide um eine Quinte auseinander lagen, so war der Ton, der entstand, wenn das hö- her gespannte Band durch eine aufgedrückte Pappplatte gedämpft wurde, durch das Anspruchsrohr g; wurde die Platte wegge- nommen, so dass beide Bänder die Spalte begrenzten, so war der Grundton durch das Rohr auch g. Gab die eine La- melle a gegen eine feste Platte, die andere stärker gespannte Lamelle dis , so erhielt ieb beim ganz leisen Anblasen der Röhre a, also den Grundton der tiefer gestimmten Platte. Im letztem Fall musste die höher gestimmte Lamelle mehr pas- siv seyn , und nicht bestimmend auf die Schwingunnen der tiefer Igestirnmten einwirken. Zuweilen scheint wirklich eine gegenseitige Einwirkung der Schwingungen aufeinander stattzu- finden. Cagkiabd LA Tour hat schon bei einem ähnlichen Ver- such diess Resultat erhalten, nämlich dass sich die Schwingun- gen der beiden verschieden gestimmten Platten einander accorn- modiren. Waren sie z. B. um das Intervall einer Quinte ver- schieden gestimmt, so w'ar der Ton die dazwischen liegende Terz. MAGEsniE, Physiologie, iUjers. a. IIeusinger. Eisenach 18.34. I. p. 246. Ich kann diess Resultat nicht in Zweifel ziehen; ich muss aber auf eine Quelle von Irrthura hei dfergleichen Versuchen aufmerksam machen. Oefter glaubt man eine Ac- conimodation wahrzunehmen, wo sie doch eigentlich nicht vor- handen ist. Z. B. hei einem von mir angest'ellten Versuch wa- ren beide Blätter um eine Oetave verschieden gespannt; das Instrument gab angesprochen h, das höher gespatinte gab gegen eine ihm gegenüber liegends feste Platte f über h. Hier seinen also eine Accommodation statlgefunden zu haben, und das allein / gehende Blatt schien mit dem eine Oetave tiefer gestimmten Blatte h zu gehen. Aber die Aecommodation war Bier nur schein- bar. Denn w'enn ich die tiefer gestimmte Lamelle zurückzog und eine feste Platte von Pappe so gegen die höher gestimhite Lamelle stellte, dass die beiden Ränder nicht mehr ganz gegen- über lagen, sondern die feste Platte etwas vor der elastischen Lamelle vorragte, so gab diese allein angesprochen nicht mehr J, sondern k, wie sie gegeben hatte, als die Spalte von zwei La- mellen begrenzt war. Die feste Platte hotte hiebei ganz die- selbe Stellung, welche die tiefer gestimmte Platte heim Blasen crlKilt, wenn sie ungleieh die Spalte begrenzt. Diese wird näm- lich heim Blasen etwas vorgetriehen und, schwingt siur schwach. 1. Bedingungen der Töne. Membranöse Zungen, 155 Die Regel ist diese: diejenige Lamelle tönt, welche bei eetn jedesmaligen Anspruch des Blasens am leichtesten in ■ohwingnng versetzt werden kann, und ist der Anspruch der Bewegung beider Lamellen angemessen, so können sogar beide Schwingen und sich zu einem einfachen Ton accommodiren; sie können aber auch verschiedene Töne, oder der Anspruch, jvenn er sich verändert, hintereinander beide Töne hervor- hringen. , Die metallischen Zungen der Mundharmonica accommodiren Sich, wenn sie zusammen von derselben Windlade des Mundes ^Hgesprochen werden, nicht. Die elastischen Haute können übrigens mit ihren Rändern •'uch übereinander gelegt werden. Auch dann entstehen beim ■“lasen reine Töne. Sehr kann mau die Töne modificiren durch Dämpfen des ^hwingenden Blattes an verschiedenen Stellen mit dem Finger. ■*Jiese Versuche wurden an den Rautschuckhäutchen angestellt, die über das Ende eines Cylinders gespannt waren. Berührte ich den aiissern Umfang eines der Blätter mit dem Finger, so nahm die Döhe des Tons etwas zu, und brachte ich den Druck des Fin- ^rs mehr und mehr noch gegen die Spalte hin an, so nahm die Höhe der durch Anblasen erzeugten Töne immer mehr zu. Die membranösen Zungen unterscheiden sich von den me- lallischen in Hinsicht der Tonveränderung bei stärkerm Anspruch. Ein longitudinal schwingender Körper, wie eine Luftsäule, hebt seinen Ton etwas bei Verstärkung des Anblasens, ein transversal- schwingender Körper tönt etwas tiefer bei grossen Excursionen, wie die Saiten und die metallischen Zungenblätter. W. Weber in PoGGESD. .dnn. XIV. 402. Daher wird der Ton eines Zun- genstücks mit metallischer Zunge etwas tiefer 'bei starkem An- blasen. (Diess Verhalten der metallischen Zungen hat vielleicht feinen Grund darin, dass bei schwachem Anspruch die metallene ^ungc an der Basis nicht raitschwingt.) Die membranösen Zun- gen verhalten sich indess hiebei nicht anderen transversal schwin- genden Körpern, z. B. Saiten, gleich. Denn bei stärkerm Bla- sen erhebt sich jedesmal der Ton, wie ich constant höre» (Mir Scheint jedoch auch der Tön einer Mundharmonica mit metalli- scher zarter Zunge beim sehr stärken Blasen sich etwas zu he- ben, und der Ton der ganz zarten Zunge einer Rinderschalmei geht, mag man das Stück, -worin sie steckt, allein anblasen “der die ganze Röhre anblasen , bei suceessiv stärkerra Blasen durch den ganzen Umfang von Octaveii ohne Intervalle durch. b. Paukenfellartig gespannte Zungen. Zwei über das Ende einer Röhre nach mehreren Richtungen, •licht nach zwei Seiten allein gespannte Membranen, die eine Spalte zwischen sich haben, gehören schon zur Analogie der Pan- benfelle; ebenso eine über das Ende einer Röhre allseitig ge- spannte einlache Membran mit mittlerer runder Oetfnung zum Durchgang der Luft. Zungen der Ictzlgenunnten Art sprechen 156 IV. Buch, Bewegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. jedocli in der Regel nicht an und gehen nur selten einen schwa- chen Ton. Es fragt sich nun noch , oh die durch membranöse Zungen erzeugten Töne auch durch Ansatz von Röhren verschiedener Länge vor ein Mundstück in der Höhe verändert werden können, wie bei den Mundstücken von metallener Zunge. Ich habe bald vor den Rahmen, worin die Kautschuckplal- ten gespannt waren, bald liinter denselben ‘Röhren von verschie- dener Länge angebracht. Die Ansatzröhre sowohl als die Wind- lade haben auf die Höhe des Tons grossen Einfluss. B. Membranöse Zungen mit Ansatzrohr. Um den Einfluss des Ansatzrohrs zu untersuchen, bediente ich mich zuerst der Röhre einer Clarlnette, hei der der , Ein- fluss der Luftsäule der Röhre auf den Ton des Mundstücks und der Einfluss der einzelnen Löcher auf die Modification des To- nes bekannt ist. Ich nahm nämlich das gewöhnliche Mundstück der Clarinette ah und ersetzte cs durch ein einlippiges Mund- stück mit memhranöser Zunge von Rautschuck. Die Stimmung der Platte wurde bei den verschiedenen Versuchen verschieden hoch genommen. Der Erfolg blieb sich jindess im Alfgemeinen ziemlich gleich. Ist die Clarinette so vorbereitet, so versuehe ich das Oeffnen und Schliessen der Seitenlöcher. Hiebei zeigt sich bald, dass das Ansatzrohr der Claritielte den Grundton der membranösen Zunge für sich tiefer macht, dass aber der Einfluss der Seiten- löcher viel geringer ist, als wenn das gewöhnliche Mundstück einer Clarinette dieser aufgesetzt wird. Durch successives Oeff- nen der Seitenlöcher und Klappen von unten nach oben, lässt sich hei einer gewöhnlichen Clarinette der Tön successiv um halbe Töne erhöhen. Ist aber das Mundstück mit memhranöser Zunge aufgesetzt, so wird die Höhe des Tons durch successives Oeffnen der Löcher von unten nach oben nur ganz unmerklich und bis zu den obersten Löchern und Klappen nur um einen Ton eihöht, nur die obersten Seitenlöcher haben einen erhebli- chen Einfluss. Wach dem Oeffnen der obersten Seltenlöcher wai‘ der Ton nur um einen ganzen Ton höher, als er bei Schliessung aller Seitenlöcher wai'. Um den Einfluss der Ansatzröhren an membranösen Zun- gen bestimmter kennen zu lernen, liess ich von einem Orgel- bauer zu einem Mundstück mit memliranöser Zunge cylindris'chc Ansatzröhren von Pappe von verschiedener Länge verfertigen, die aneinander geschoben werden konnten. Der Querdurchmesser dieser Röhren betrug einen Zoll. Die erste dieser Röhren war zur Aufnahme des Mundstücks mit membranöser Zunge bestimmt. Die Membranen waren über das Ende eines kurzen Rohrs gespannt. Die Mundstücke waren verschieden. Eines war mit zwei Holz- plättchen gedeckt, die eine Spalte zwischen sich Hessen, in welche ein Streifen von dünnem Kaulschuck als Zunge eingespannt wer- den konnte. Ein anderes Mundstück war nur zur Hälfte md I 2. Bedinguiigen der Töne. Memöranüse Zungen. 157 einer Holzplatte gedeckt, so dass die ofTene Hälfte mit einer ge- spannten Rautscliuckplatte bedeckt werden konnte. Ein drittes ^Inndstück war ohne Ho(zplatten und mit gespannten Rautschuck- platten gedeckt, die dicht aneinander lagen. Ein viertes Mund- stück war auch mit zwei Kautscliuckplatten gedeckt; an diesem Wundstück war die Oeffnung, über welche die Platten gespannt sviirdeii, seitlich, so dass ilie Spalte parallel mit der Länge des Wundstücks verlief, wie an den gewöhulicheu Mundstücken der Zungenpfeifen. An den drei ersten Mundstücken war hingegen ‘lie Spalte in entgegengesetzter Richtung von der Achse des Wundstücks. ’ Das Rohr des Mundstücks diente zum Anblasen, ^as andere Ende, woran die Zunge, passte in das eine Ende der ersten Ansatzrühre von Pappe. Der Ansatzröhren waren 5. Ilie erste diente als Fuss zur Aufnahme des Mundstücks; diess I'ussstück war so eingerichtet, dass der Grundton seiner Luft- säule e bildete. Ein zweites Stück konnte au das Fussstück '•ngeschoben werden, es vvar von dem Orgelbauer so mensurirt, dass es mit dem Fussstück zusammen c bildete. Das dritte An- satzstück gab mit dem Fussstück die Quinte g. Das vierte Stück ivar so meusurirt, dass es mit dem Fuss c ])ildete. Das fünfte Stück war so lang , dass es mit dem vorhergehenden und dem Euss c bildete. Hienach konnten die Stücke so aneinand^ ge- setzt werden, dass sie für sieb ohne Mundstück den Tönen c der Octave desselben c, der Quinte des letzteren g, der Octave des vorletzten c und der Octave dieses c entsprachen. Das mit membranöser Zunge versehene Mundstück wurde nun mit diesen Röhren verschiedener Länge verliunden und der Einfluss der Ansatzröhren auf den Ton des Mundstücks untersucht. Hie Versuche fielen sehr ungleich aus. Der Grundion des Mund- stücks wurde durch den Fuss meist etwas tiefer, bald weniger als einen halben Ton, bald einen halben bis ganzen Ton. Eine feste Regel liess sieb jetzt noch nicht einsehen. Rei Ansatz der nächsten Röhre zum Fuss^ wurde der Ton einen oder mehrere halbe Töne tiefer, oder erhob sich wieder; auch in dieser Hin- sicht liess sich jetzt noch keine feste Regel herausbringen. Um einen festem Punct der Vergleichung bei sö schwierigen und schwer •äuszulegenden Versuchen zu erhallen, wurde immer der bei dem Schwächsten Anspruch entstehende Ton zur Grundlage angenom» ftien;- die höheren Töne, die sich bei stärkerin Anblasen durch Entstehung von Schwingungsknoten in der Ansatzröhre bildeten, aber bei der Vergleichung ausgeschlossen. In einigen Fällen wurde selbst beim Ansatz des zweiten Stücks, wodurch der Ansatz urn eine Octave vermebi-t wurde, kein Herabdrücken des Tons merk- heb. In diesem Fall trat dann bei dem nächsten Ansatzstücke 'uweilen eine kleine Vertiefung um einen halben oder ganzeft Eon ein; in anderen Fällen hingegen erhielt sich der Ton des Wundstücks, den es hei dem ersten Ansatzstück hatte, selbst beim Ansatz des zweiten, dritten und der übrigen Stücke unverändert. 1 58 IV. Buch. Bc0pegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Wenn der Ton Lei Ansatz des zweiten StücVs lieraLgedrückt wurde, so erliob er sich Leim Ansatz eines der folgenden Stücke gewöhnlich wieder um so viel, dass er dem Ton sich nüherte oder gleich war, d<;n das Mundstück mit dem Fussstück alleiu gah, und dann blich der Ton Lei Ansatz der letzten Stücke sich gleich oder fast gleich, oder aber senkte er sich unbedeu- tend bei Ansatz des letzten Stücks wieder. Zur Basis der Vergleichung der Töne des Mundstücks allein mit den Tönen, welche die Ansatzstücke allein zu geben fähig waren, diente eine besondere Labialpfeife, die denselben Grundton- hatte, wie das Fussstück mit dem ersten Ansatzstück c. Der Ton des Mundstücks und die Töne, welche das Mundstück mit den An- satzröhren zusammen gah, wurden jedesmal an einem gut ge- stimmten Clavier bestimmt. Da die Versuche so ganz ungleich ausfielen, das Verh'ältniss des Tons des Mundstücks zum Ton des Ansatzrohrs, ferner die verschiedene Stärke und Art des Anblasens, die theils nicht zu vermeiden sind, theils aber nöthig werden, um bei gewissen Ansätzen noch einen tiefen Ton her- vorzubringen, keine Gleichheit des Resultats auf kommen lassen, so würde eine Mittheilung aller einzelnen Versuche, die sehr oft angestellt wurden, kaum der Mühe verlohnen. Ich will nur ei- nige Beispiele von einem einlippigen Mundstück anführen, um zu zeigen, wie ungleich das Resultat war. I. Das Mundstück war durch Spannung so gestimmt, dass es allein durch ein Röhrchen angeblasen den Grundton c der Labial pfeife angab. Mundstück durch das kurze Anspruchsrohr angeblasen, allein ohne Ansatz a. der vorhergehenden Octave. Mit dem Fhss gis einen halben Ton tiefer. Verlängerung des Fusses von 1 zu 2 oder Fuss mit dem An- satzstück, das mit dem Fuss die tiefere Octave des Fusses oder c bildete, e. Mit dem nächsten Ansatz hob sich der Ton wieder auf^. II. Mundstück mit Anspruchsrohr als unter dem Grundtou c der Labialpfeife. Mit Fuss ais. l''lh_Verdoppelnng des Fusses durch den Ansatz das nächst tiefere gis. Fuss mit dem Qnintenstück wieder ais, wie beim Fuss. Verlängerung des Fusses von 1 zu '4 wieder a. Verlängerung des Fusses von I zu 8 wieder öm', wie beim Fuss. III. Mundstück aus dem Anspruchsrohr allein das ß unter dem Grundton c d(^ Labialpfeife. Mit Fussstück ß. Verlängerung des Fusses von 1 zu 2 das nächst liefere Verlängerung des Fusses durch das Qnintenstück, bleibt 1.. Bedingungen der Tune. Memhranüse Zungen. 159 Verlängerung des Fusses von 1 zti 4 das niicliste gix. Verlängerung des Fusses von 1 zu 8 wieder yw. _ IV. Mundstück aus dem Anspriiclisrolir allein gielit e der Octave unter dem Gnindton c der Labialpleilc. Mit Fuss das näclist tiefere dis. ^ Verlängerung des Fusses von 1 zu 2 wieder e. Fuss mit dem Quintenstück wieder di«,-. Verlängerung des Fusses von 1 zu 4 weder e. Verlängerung des Fusses von 1 zu 8, e Ideibt. V. Mundstück aus dem Anspriichsrohr allein giebt e unter •lern Grundton c der Labialpfeife. Mit Fuss das nächst tiefere d. Verlängerung des Fusses von 1 zu 2, kein Ton. Verlängerung des Fusses durch das Quinteiistück dis dersel- ^•en Octave. Verlängerung des Fusses von 1 zu 4, e derselben Octave. Verlängerung des Fusses von 1 zu 8, kein Ton in derselben Octave, schwankendes h der nächst holiern Octave liei stärkerm Anspruch. VI. Mundstück aus dem Aiispruchsrobr allein eis nächst ••nter e der Labialpfeife. , Mit Fuss das nächst tiefere c, ein halber Ton tiefer. Verlängerung des Fusses von 1 zu 2 wieder eis. Verlängerung des Fusses durch das Quiutcnstüek wieder eis. Verlängerung des Fusses von 1 zu 4 ms tieier^ Verlänecruns des Fusses von 1 zu 8 wieder eis. VII. Mundstück aus dem Anspriichsrohr iibereinstiinmcnd ••»it dem Grundtoir e der Labialpfeife. Mit Fuss h, ein halber Ton tiefer. _ Verlängerung des Fusses von 1 zu 2 J tiefer. ^ Verlängerung des Fusses durch das Qulnteristück wieder y. Verlängerung des Fusses von 1 zu 4 £/y. Verlängerung des Fusses von 1 zu S Jts. VIII. Mundstück aus dem Anspruebsrobr allein eine Octave ^'öher als der Grundton e der Labialpleife. Mit Fuss bleibt c. _ Verlängerung des Fusses auf das Doppelte, bleibt e, __ Verlängerung des Fusses durch das Quintenstück, wiede£^’. Verlängerung des Fusses von 1 zu 4, das nächst tiefere h. Verlängerung des Fusses von 1 zn 8, wieder c. 160 IV. Buch. Bewegung. IILALtchn. Von d. Stimme u. Sprache. IX. Mundstück aus dem Anspruclisrolir d der Octave über c dem Grundton der Labialpfeife. Mit Fuss bleibt d. , ' Verlängerung des Fusses von 1 zu 2, dasselbe Z Verlängerung des Fusses durch das Quintenstück, dasselbe d- Verlängerung^ des Fusses von 1 zu 4, — dis. Verlängerung des Fusses von 1 zu 8, dasselbe unreine dis. Die Widersprüche der einzelnen Versuche sind auffallend. Ursachen davon sind das verschiedene Verbältniss des Grund-’ tons des Mundstücks zu dem Grundton des Ansatzrohrs, und | die verschiedene Art des Anspruchs, die nöthig war um den Ton bervopulocken, und welche sogleich den Ton modificirt. So viel ergiebt sich dagegen als Gewissheit, dass ein kurzes Rohr, > dessen eigener Ton ohne Mundstück viel höher seyn würde, ab der Ton des Mundstücks allein, bei kürzer Windlade den Ton nicht zu sich in die Höhe zieht, sondern gewöhnlich etwas ver- tieft, und dass eine Vermehrung des Ansatzes, wenn der Ton ge- fallen war, zuletzt wieder in die Wähe des ursprünglichen Tons zurückführt. Bei den vorher angeführten Versuchen war der Anspruch , der Zungenwerke mit raembranöser Zunge mit dem Mund ge- schehen. Ganz interessant wird der Fall, wenn man das auf eine Ansatzröhre gesetzte Mundstück nicht mit dem Itfunde anbläst, wobei der Strom der Luft nothwcndig durch das Ansatzrohr durchgeht, sondern die membranöse Zunge durch Hinwegblasen mit einem feinen Röhrchen über dieselbe anspricht. In diesem Fall geht gar kein Strom der Luft durch die Ansatzröhre durch- Die Veränderung des Tons des Mundstücks durch das Ansatzrohr hlielj auch hier nicht ganz aus. Ich führe einige der auf diese Art angestellten Versuche an. I. Ton der Rautschuckzunge des Mundstücks ohne allen Ansatz beim Anspruch mit einem feinen Röhrchen h. Mit dem Fuss, Anspruch der Zunge mittelst des feinen Röhr- chens ais. ^satz eines Rohrs von c, Anspruch der Zunge wie vorher, Ton h, spricht schlecht an. Verbindung des Fusses mit dem Quintenstück , h. Ansatz des Rohrs von c giebt mit der Zunge den Ton Ansatz eines Rohrs von c giebt mit der Zunce ÖA II. Ton einer Zunge hei_3i Zoll Ansatzrohr ~c, beim Ansatzrobr von c giebt c, beim Ansatzrohr von c giebt c, Fussstück mit dem Quintenstück ~c. 1. Bedingungen der Töne. Memhranöse Zungen, 161 Ijeim Ansatzrohr von c gleLt c, beim Ansatzrohr von c gieht h. III. Ton einer Zunge bei 3y Zoll Ansatzrobr dis, beim Ansatzrobr von c giebt d, beim Ansatzrobr von c giebt d, Fassstück mit dem Quintenstück cis, beim Ansatzrobr von c giebt dis, beim Ansatzrobr von c giebt d. IV. Ton der Kautschuckzunge bei 2^ Zoll Ansatzrohr h, beim Ansatzrobr von c giebt als, beim Ansatzrobr von c giebt h schwach, beim Ansatzrobr von c giebt h schwach, beim Ansatzrohr von c giebt h schwach. Die bisherigen Reihen der Versuche geben nur einen un- vollkommenen Begriff von der Modification des Zungentons durch Ansatzohr, Die angewandten Röhren von bestimmtem Maass können in einzelnen Fällen den Ton wenig verändern und doch '"’ärden es andere Verhältnisse der Röhren sehr gut thun können. ist diess ein Hauptgrund, warum die bisher angewandten An- Satzröhren bei gewissen Tonen des Mundstücks nur geringe, bei anderen aber grosse Veränderungen bcrvorgebracht haben. Um einem bestimmten Gesetz, w'elches hierbei obwaltet, auf die Spur Zu kommen, wandte ich Röhren von 1 Zoll Durchmesser an, die durch Verschiebung von kleinen Dimensionen bis zu 4 Fass ganz successiv verlängert werden können. Mit dieser Vorrichtung wurde der Einfluss des Ansatzrohrs auf den Ton des Mundstücks von den kleinsten Dimensionen an gemessen. Folgende Versuche wurden damit angestellt. I. Grundton einer einlippigen Kautschuckzunge (durch ein (M^indrohr von 3") cis. Ansatz. Ton. Bemerkungen. 0 cis 6" c Der Ton fällt. 6” 9’" fl « 7" 6'” ais « .9" a « 9" 6"' a und CIS Der Ton springt von a auf cis, cis blfeibt bis gegen 18' Ansatz. 18'' c Fällt. 20" cis « 22" 6"' a und cis Der Ton springt von a auf cis und bleibt dann cis bis gegen 30" Ansatz. ^üllcrV Physiftlofrir. Zr Bd, I, 11 162 IV. Buch. Bewegung. III. Mschn. Von d. Stimme u. Sprache. Ansatz. Ton, Bemerkungen. 30" c Fällt. 31” h und eis Der Ton springt von h auf cis. 36" Cts 40" c Fällt. 45" h und cis Springt. 48” cis II. Grundton einer einlippigen Rautschuckzunge durch den Anspruch des Mundes ohne Windrohr dis. 0 dis 3" d Der Ton fällt. 4” 6'" cis (( 5" c « 6" 6"' h (( 7” ais « 8” a <( 9" 6”' gis « 10” gis und cis Der Ton springt von gis 11” cis Fällt. 13" c 17” 6”' h « 20” 6”' ais « 22” a 23" 6”' gis « 26" 6”' gis und h Hintereinander. Sprung. 31” ais 35” a Der Ton fällt. 39" gis « 41” gis und h Hintereinander. 45” ais Fällt. III. Einlippige Zunge ohne Wiudrohr. Der Ton fällt. 3” 6”' / 4”. e 4” 6”' dis 5” "d 6” cis 6" 8”' c ' I 1. Bedingungen der Töne. Memhranöse Zungen. 163 Ansatz. j Ton. Bemerkungen. 8” ais Der Ton fällt. 8" 6"' a « 1 9" gis « ' 1 : 9" 6'" f? 10” « ./■ « ; “■ 12" e « ■ ' 12" 6"' dis « . .. 14" 1 (( 17" 6’" dis 19" dis und c Hintereinander. Sprung. 20" 3"' h Der Ton fällt. 21" ais « ' 22" 6"' a « 24" gis M 25" g « 29" 9"' « ■ *. . 33" f 34" 3'" e t \‘ « ' • V 35" 6 " dis « 38" 6’" dis und c Hintereinander. Sprung. 40" dis Der Ton fällt. 42" 1 42" 9"' cis 43" 4"' c « 44" 4"' h « 44" 6'" ais <( 45" a (( 46" gis « IV. Ton einer einlippigen Zunge (durch den Mund ohne Windrohr) h. 0 h 1” 2"' ais Der Ton fällt. 2" a « 3" gis 7" 6"' g « • 9" ßs 10" f 13" e 17" dis 11 164 IV. BucJu Bewegung. HI. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Ansatz. Ton. Bemerkungen. 22” 4"' -1- als Sprung. 23” S Der Ton fällt. 25" 6”' ßs « 27” 6”' f « 32” e (t 39” 6”’ dis « 40” ff Sprung. 42” 3'” Der Ton fällt 45" f « V. Ton einer einlippigen Kautschuckzunge durch den Mund ohne Windrohr angesprochen c. 3" dis Fällt. 3" 9”' '~d « 4" 9'" cis « 6" 6”' c « 6” 2”' h « 7" 4'” ais « 10” a « 13" 6’” € Springt. 15” n Fällt. 15” 8”' cis ft 17" 6”' c « 20” h 24" a « 28” dis Springt. 29” 6"' ~d Fällt. 30" c « 30” 6 " k « 34" ais « 35" a « 41" 6”' dis — e Springt. 42" c « 43" h « VI, Ton einer einlippigen Kaxitschnckznnge bei 5 Zoll Ansätz- rohr g. D®*" Rahmen der Zunge liegt etwas auf der Holzplatte oder dem Rahmen auf. Der Ton fällt bis 21 Zoll Ansatz, springt bei 21, fällt wieder bis 42, springt und fällt wieder. Diese Versuche wurden noch öfter wiederholt und gäbe« ähnliche Resultate. 165 1. Bedingungen der Töne. Membranöse Zungen. Dass die Veränderung des Tons einer membranösen Zunge nicht glelchmässig von der absoluten Länge der Ansatzröhre abhängt, er- gab sich schon aus der ersten Reihe der Versuche mit gleichbleiben- Ansätzen bei verschieden hoch gestimmten Zungen. Aus der gegenwärtigen Reihe der Versuche ergiebt sich noch bestimmter ‘lass diese Veränderung abhängt vom Verhältniss des Grundtons der Zunge zum Grundton der Ansatzröhre. Unsere Ansatzröhren t''aren ein Zoll im Durchmesser. Eine Ansatzröhre dieser Art von Zoll 4 lin. Par. hat c zu ihrem Grundion. Hiernach lassen sich die Grundtöne der jedesmal angewandten Ansätze berech- *>60. Gewöhnlich fällt der Ton durch successive Ansätze oder Verlängerung der Ansatzröhre durch alle halbe Töne bis die Röhre eine solche Länge erreicht, dass ihr Grnndton allein dem Grundton der Zunge sich annähert, und schon vorher liat die Vertiefung ihre Grenze; denn nicht um eine ganze Oc- tave lässt sich der Ton leicht jmf diese Art_vcrtiefen, z. B. nur von"^ bis ö' (Versuch I.) von dis—gis (II.) e — a (V.). An einer l>estimmten Grenze springt er zürn Grnndton der Zunge oder in dessen Nähe wieder in die Höhe und fällt jetzt durch weitere Ansätze bis ohngefähr diese das doppelte erreicht haben, nun springt er wieder in die Höhe, fällt wieder durch neue Ansätze, ln mehreren Fällen (III.) dauei’te das Fallen länger fort bis in die Nähe einer Octave herab. Der Sprung in die Höhe trat dann nicht da ein, rvenn der Ansatz phiigeüibr so lang war, dass sein Grundlon (dem der Zunge nahe war, sondern der Sprung trat erst bei dem doppelten dieser Länge ein. Die Ursachen die- ser Verschiedenheit sind mir nicht bekannt geworden. Soviel er- giebt sich aber schon jetzt aus diesen Versuchen, dass sich die Zungenpfeifen mit inembranöser Zunge ohngefähr auf ähnliche Welse wie die Zungenpfeifen mit metallischer Zunge beim An- selzen von Röhren verhalten. Bei den letzteren lassen die Ver- suche eine viel grössere Praecision zu, weil sich der Ton der metallischen Zungen durch Veränderung der Stärke des An- spruchs nur äusserst wenig verändert, während diese Verände- rung (um einen halben selbst ganzen Ton) bei den membranösen Zungen so leicht ist. Durch Ansprechen der Zungen mittelst ei- nes Blasebalges, der durch Gewichte beschwert ist, würde man Wohl diesem Uebclstande einigermassen abhelfen können, indessen hat das Anblasen mit dem Munde mittelst des schwächsten tonge- henden Anspruchs doch gewisse Vorzüge und ist kaum zu ver- meiden, weil oft nur eine bestimmte Art des Anspruchs und I.age der Lippen (ohne Veränderung der Stärke des Blasens) einen Ton licrvorlockt. Ueber die Veränderung der Töne der Zungenpfeifen mit me- tallischen Zungen dmch Ansatzröhren besitzen wir die classischen Untersttchungen von W. Webeh. Poggehd. Amial. XVI. AFii. Weber bat darüber folgende Aufschlüsse gegeben: J sey der vierte Theil der Länge einer Ansatzröhre deren Luftsäule einen mit der isolirten Zunge gleichen Grundton hat. 166 IV. Buch. Beofegung. III. jlbtchn. Von d, Stimme u. Sprache. Je tiefer oder liöher daher der Ton der isolirten Zunge ist, desto langer oder kürzer ist a. 1. Eine Änsatzröhre, die bis a. verlängert wird, vertieft den Ton iinrnerklich. 2. Bei Verlängerung von a bis 2 a wächst die Tiefe merklich; indessen wächst die Dauer der Schwingungen langsamer als die Länge der LuHsäuIen. •3. Während die Länge der Luftsäule von 2 a bis 3 a zunimmt, vertieft sich der Ton schneit und die Tiete wächst fast eben so schnell als die Länge der Lullsäule. 4. Bei der V’erlängerung von 3 a bis 4 a wird der Ton noch schneller tief, bis er zuletzt eine Octave tiefer als der Ton der Zunge allein ist; die Vertiefung wächst dabei vollkommen gleich schnell als die Länge der Lullsäuln. Bei fortgesetzter Verlänge- rung springt der Ton plötzlich auf den hohen Ton der isolirten Platte zurück und dieser wird durch weitere Verlängerung wieder auf dieselbe Weise tiefer und wird bei einer Länge von 8 a um eine Quai’tc tiefer als der Ton der isolirten Zunge. Bei weiterer Verlängerung springt der Ton wieder in die Höhe auf den Ton der Zunge, dieser wird durch Verlängerung der Änsatzröhre bis auf 12 a bis zur kleinen Terz des Tons der Zunge vertiell. Dann springt der Ton wieder zurück. Poggend. Annal. XVI. 425. Der Ton der Zungenpfeifen mit membranöser Zunge kann ausser den Ansatzröhren noch durch zwei Mittel, durch die Stärke des Blasens und durch die theilweisc Verschliessung der Endöff- nung des Ansatzrohrs verändert werden. Wurde das Mundstück mit membranöser Zimge mit Ansatz- röhren von einiger Länge, z. B. 4 Fuss versehen, so konnte der Ton durch stärkeres Anblasen und andere Art des Anblasens fast bis zur Octave in halben Tönen steigen. Was nicht durch ein- fache Verstärkung des Anblasens erreicht werden konnte, konnte durch Blasen mit engerer Lippenötfnung erzielt werden; so z. B. •war der Ton der Zungenpfeife von l Fuss mit membranöser Zunge c; durc!i stärkeres Anblasen mit oder ohne Zusammenzie- hen der Lippen stieg er mit Leichtigkeit anf cis , d, dis , e, sehr schwer war f, dann 'wieder leicht _/*•«■, g, gis, a, ais, sehr schwer aber h und unrein. Nach den Gebrüdern Weber {IVcllenlehre. 526.) können auch die Zungenpfeifen niit metallischen Zungen Flageolettöne (Schwingungen mit Sebwingungsknofen ) hervorbringen und der Ton, den eine Zuiigcuipfeife hervorbringt, wenn sie einfach schwingt, ist um eine Octave und eine Quinte tiefer als wenn sie so schwingt, dass sieh ein Schwingungsknoten bildet; so dass sich in dieser Hinsicht die Zungeupfeifen w'ie Pfeifen verhalten, de- ren eines Ende offen, deren anderes verschlossen ist. Aber diess ist bloss den Zungeupfeifen mit membranöser Zunge eigen, dass sich der Bon der Zunge allein' sowohl, wie in ihrer Verbindung mit dem Ansatz'robr durch Stärke des Blasens in einigen halben Tönen heben lässt. Nehme ich statt trockner elastischer Zungen nasse ela- stische Häute, z. B. von Arteriellhaut, so lässt sich der Ton ohne An- satz noch viel höher treiben, in halben Tönen bis gegen die Quinte. 167 1. Bedingungen der Töne. Membranöse Zungen. Die EndöfFnung des Ansatzrohrs hat auf den Ton der Zun- genpfeife mit membranöser Zunge Einfluss. Bei einem Ansatzrohr »Von 3 Zoll am Mundstück, konnte ich den Ton durch grösser "werdende Bedeckung der Oeffnung um eine ganze Quinte herah- •Irücken. Beim Ansatz des Stücks von 6 Zoll fiel der Ton des Mundstücks hei der halben Bedeckung um einen halben Ton, durch Einbringen des Fingers von c l)is /. ln demselben Maass äls der Ton sich erniedrigt, verliert er an Starke. In manchen f’ällen war der Erfolg des Einbringens des Fingers ein ganz ent- gegengesetzter; der Ton erhob sich namüch etwas, so z. B. war der Ton der Zungenpfeife von 24 Zoll, deren Mundstück d gab, , durch Einbringen des Fingers konnte iler Ton etwas gcho- lien werden, und Aehnliches kam öfter vor. Die Ursache dieses letztem widerspreclienden Verhaltens War mir lange unklar geblieben, bis ich ihr naher auf die Spur ^am. So lange der Ton durch Ansätze sich noch vertieft, wird Cr durch Bedeckungen der Endöffnung immer tiefer. Wenn aber die Verlängerung einen Punct erreicht, wo der Fon nahe ist am Sprung auf den hohen Ton zurück, dann kann die Bedek- kung den Ton etwas erheben und sogar den Sprung herheilüh- ren. So z. B. Bei dei- Ton von 5 Zoll Ansatz bis 15 Zoll fort- während, nämlich von g zu d. Bei Längrut der Ansätze zwischen 5 und 15 Zoll bewirkte die Bedeckung der lindöffnung immer eme Vertiefung. Bei 21 Zoll Ansatz war der Ton auf dem Sprunge von dis auf^ in die Höhe und hei dieser Länge des Rohrs konnte der Ton durch Bedeckung der Endöffnung auf e gebracht und der Sprung auf g leichter herheigefiihrt werden. Befindet sieh eine bedeutende Verengerung (Stopfen) am andern Theil des Ansatzrohrs, nämlich dicht vor der Zunge, so wird der Ton meist höher, als durch das Ans])ruclisrohr ohne Verengerung. C. Einfluss des Windrohrs auf den Ton der membranösen Zungen. Den Einfluss des Windrohrs aul die Hohe des Tons einer Zungenpfeife mit metallischer Zunge hat, wie es scheint, zuerst Gbenie beobachtet. Muncke in Gehlkrs fihrsik. Wörlerb. VIII. 376. Dieser Einfluss ist bisher noch nicht hinreichend erörtert worden. Ich finde dass das Windrohr, durch welches eine rnem- hi-anöse Zunge angeblasen wird, einen ebenso grossen Einfluss auf Vertiefung des Tons der Zunge als das Ansalziohr hat. Die- ser Gegenstand ist auch wieder in Beziehung auf das Stimmor- gan von der grö.ssten W^ichtigkeit und muss hier ausführlich er- klärt werden. Ini allgemeinen giebt cs 5 Zustände, in welchen eine Zunge zum Tönen gebrächt wird. 1. Sic wird ohne Ansalzrohr und Windrohr und ohne Rahmen durch den freien Strom der Luit aus einem feinen Röhrchen angeblasen ; der Ton ist wie Avir ge- sehen schon verschieden von dem, den sic in einem Rahmen ge- spannt sieht, w6nn der Rahmen mit den Lippen umfasst und der Anspruch durch den Mund geschieht. 2. Die Zunge ist von 168 IV. Buch. Bewegung. HI. Ahschn. Von d. Stimme u. Sorache. einem Bahmen Legrenzt und wird ohne Ansatzrolir und ohne "Windrohr durch den Mund angesprochen , wobei die Athem- organe allein die Windlade sind. 3. Die Zunge ist mit einem Ansatzrohr versehen, und der Anspruch geschieht ohne beson- deres Windrohr durch den Mund. 4. Die Zunge ist ohne Ansatzrohr und wird durch ein W'indrohr auf dem sie ge- spannt ist, angeblasen. 5. Die Zunge ist mit Anspruchsrohr und zugleich mit Windrohr versehen. ln allen diesen Fällen ist der Grundton der Zunge verschieden. Was die Verbindung der Zunge mit einem Windrohr be- trifft, so ist der einfachste Fall zunächst zu untersuchen, wenn die Zunge ohne Anspruchsrohr ist, und sich am Ende des Wind- rohrs an ihrem Rahmen befindet. Die Veränderung der Töne hei verschiedener Länge des Windrohrs ist hier eine ganz ähn- liche wie hei den Ansatzröhren verschiedener Länge. Bei Ver- längerung des Windrohrs vertieft sich der Ton durch alle hal- ben Töne bis zu einer gewissen Grenze, indem auch die Vertie- fung keine Oclave erreicht. Bei weiterer Verlängerung springt der Ton wieder zurück, und wird hoch, vertieft sich von dort aus wieder mit fortschreitender Verlängerung, springt nochmals auf denselben hohen Ton zurück, vertieft sich von da an wieder, springt wieder zurück, und so weiter. Doch findet keine voll- kommene Uebereinstimmung zwischen den Längen eines Ansatz- rohrs und eines Windrohrs, die zur Erzielung eines gewissen Tons nöthig sind, statt. Ich habe eine über eine Röhre von ■jZoll Länge gespannte einlippige Kautschuckzunge zu diesen Versuchen benutzt. Dem Rande der Zunge lag eine feste Holzplatte gegen- über, wie in der vorhergehenden Reihe der Versuche. Diese Zunge mit bestimmter gleichbleibender Stimmung wurde in dem einen Fall mit einem Ansatzrohr versehen und durch den Mund angehlasen, indem der Umfang des Rahmens mit den Lippen um- fasst wurde; im zweiten Fall wurde dieselbe Zunge ohne An- spruchsrohr mit einem Windrohr angeblasen, dasbefiebig so wie im ersten Fall das Ansatzrohr verlängert werden könnte. Die folgende Tabelle enthält die Längen des Ansatzrohrs und Wind- rohrs, welche nöthig waren, um aus derselben gleichgestimmten Zunge dieselben Töne zu erhalten. Die Stimmung der Zunge allein war A (für den Anspruch mit dem Mund.) Töne. Windrohr ohne Ansatzrohr. Töne. Ansatzrohr ohne Windrohr. ais 4" 6"' ais 1" 2’" a 9" 10"' . . a 2" gis 13" [ gis 3" — 5" 6"' 8 15" 6'" 8 7” 6"’ fis 17" 6"' ..... fis 9" J 19" . . . . . . f 10" • e 13" • • dis 17" 1, Bedingungen der Töne. Membranöse Zungen. . 169 Töne. Windrolir ohne Ansatzrolir. S u. ais 20" Sprung des Tons. a 24" 6 " gis 27" 6'" 8 29" 32" ,.••••• J U. ais 35" Sprung des Tons. a 37" ...... gis 42" g 46" Bei einem zweiten vergleicl Resultate Grundton der Zung< 4" 9"' cis 6" c 7" 6'" T 9 0 * • • • • a 10" ...... 1 15" 9"' Sprung. . . cis 18" 9"' ..... T 22" ..... . T 24" 9'" Sprung. . . C 30" 6"' 1 Spricht nicht mehr ar Töne. Ansatzrohr ohne Windrohr. ais + 22" 4"' Sprung d. Tons g 23" 25” 6"' f 27" 6"' e 32" dis 39” 6"' g 40" dis springt auf g. ■ ß^ 42" / 45" enden Versuch erhielt ich folgend* allein e. e 1" dis 3' 3" 9"' cis 4" 9"' c 5" 6’" T 6" 2"' ais 7” 4'" a 10" e — dis 13" 6'" Sprung. 1 15" cis 15" 8"' c 17" 6'" T 20" a 24" dis 28" Sprang. 1 29" 6"' c 30" h 30" 6"' ' ais 34" a 35" 170 IV. Buch. Buwegutig. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Töne. Windrohr ohne Ansatzrohr. Töne. Änsatzrohr ohne Windrohr. dis — e 41^^ g»" gp,.^,jg_ c 42" 4.3" 6"' Endlich ist auch die Modificatfon des Tons der Zunge durch Verengung des Windrohrs an dem' einen oder andern Ende zu erwähnen. Wurde in einem kurzen Windrohr gegen das Ende, wo die Zunge, ein Stopfen angebracht, der in der Mitte durch- bohrt allein den Luftstrom durchliess, so wurde dadurch der Ton höher. Dieser Einfluss 'wirkt wie die Verkürzung des Stimmrohrs. Wurde hingegen die Verengung des Windrohrs an dem der Zunge entgegengesetzten Ende, wo die Lippen angesetzt wurden, angebracht, durch Verengung der Lippenöffnung, so wurde der Ton tiefer, wenn der Ton nicht durch die Länge des Windrohrs vertieft war; hatte das Windrohr den Ton sehr vertieft, so 'än- derte die enge Lippenöffnung entweder nichts, oder erhob sogar den Ton ein wenig. 1). Memhranöse Zungen mit Ansatzrohr und Windrohr. Die Längen, welche Windrohr und Änsatzrohr allein haben müssen, um eine gewisse Vertiefung des Tones einer Zunge zu erhal- ten, sind nicht allein ungleich, es findet auch keine Cornpensatiori des einen durch das andere statt. Fände eine Compcnsation statt, so würde man, wenn eine Länge n des Ansatzroll rs mit der Zunge ohne Windrohr den Ton * giebt, eine kleinere Länge des An- satzrohrs n — a, mit einem Windrohr a wieder den Ton x «eben müssen. Dies ist aber nicht der Fall. z. B. eine Ansätzröhre von Zoll gab mit der Zunge ß7, wurden aber diese 12i Zoll J^hr auf ßj Ansatz und 6^ Windrobr vertbeilt, so war der Ton gis. Eine Ansatzröhre von 7| Zoll gab mit einer Zunge als, diese 7- Zoll Eohr auf Ansatz und VVindrohr vertheilt, gab d. Mache ich Ansatz- und Windrohr jedes so lang, dass das Ansatzrohr mit der Zunge, (die Zunge vom Munde angeblasen) denselben Ton giebt, wie die Zunge mit dem vom andern Ende angcblasenen Windrohr allein, so giebt die Verbin- dung der Zunge mit dem Ansatz vorn, mit dem Windrohr hinten, jetzt denselben Ton. Dieser Versuch wurde oft wieder- holt, das Resultat blieb sich gleich. Daraus und aus dem obi- gen scheint hervorzugehen, dass die Luftsäulen des Ansatzrohrs und des Windrohrs für sich bestimmend auf den Ton der Zun^e ein- wirken, so dass, wenn Windrohr und Ansatzrohr mit der^^Zunge allein verschiedene Töne geben würden, sie auch verschieden be- stimmend auf die Zunge wirken. Die Zungenpfeife wird also durch den Ansatz eines Windrohrs noch cornplicirter als sie durch den Ansatz des Ansatzrohrs schon geworden ist; und da bei jedem 1. Bedingungen der Töne. Membranöse Zungen. 171 Anspruch, geschehe er auch durch den Mund allein, oder durch ninen Blasebalg, die Windlade immer schon als Windrohr zu he- J’achten ist, so ist bei dem einfachsten Versuch mit einer Zunge Ansatzrohr , die durch den Mund allein angesprochen wird, er Ton schon durch ein Windrohr modificirt. Die gegenseitige mwirkung dieser Einflüsse zu kennen, wäre für die Theorie der timme von der grössten Wichtigkeit, da man hier mit einem *nsatzrohr (Raum vor den unteren Stimmbändern) und einem Wind- fohr (Luftröhre und Bronchien) zugleich za thnn hat. Diess ist *odess eines der schwierigsten Probleme der Akustik, und es hat durchaus nicht gelingen wollen, etwas, was einer Regel nahe ■^ame, heraus zu bringen. Ich sehe nur die constante Bestäti- gung der Beobachtung, dass bei einer gewissen Länge des Ansatz- l'ohrs, die Verlängerung des Windrohrs den Ton immer ändert, die gegenseitigen Einwirkungen gleich sind. Hat das Wind- *’ohr eine bestimmte Länge, und wird das Ansatzohr verlängert, ^ erhält man auch wieder eine Vertiefung bis zu einer bestimmten renze, bei weiterer Verlängerung springt der Ton wieder nach er frühem Höhe zurück, fällt jetzt nach der Verlängerung wieder IS zu einer Grenze und springt wieder, was sich regelmässig ^lederholt. Einige der früher angeführten Versuche, bei denen die Zunge mit Ansatz durch ein kurzes Windrohr angesprochen ^rde, gehören schon hiehcr. Bel einem Mundstück von 6 Zoll Länge fiel der Grundton d tei 4 Zoll Ansatz mif eis, bei 4^ Zoll war er wieder disj fiel bei 5 Zoll und erreichte vo^6‘ Zoll. Von 6 Zoll fiel der Ton wieder und war bei 8| Zoll ds, v^s bis 16 } Zoll blieb. Bei 16} Zoll stieg der Ton _wieder auf d, bei 18 bis 24 Zoll war der Ton wieder tiefer eis, bei^| Zoll stieg er wieder auf bei 32} War er wieder gefallen ds, so blieb er bis 4 Fuss. E. Musikalische Instrumente mit memhranösen Zungen. Die bisher erläuterten künstlichen Vorrichtungen bilden eine eigene Abtheilung der Zungenwerke , wovon indess bis Jetzt kein Gebrauch in der Musik gemacht wurde. In dieselbe Kategorie gehört, wie wir sehen werden, das menschliche Stimmorgan und das Stimmorgan der Vögel. Bel dem ersten sind die Stimmbänder *Weilippige Zungen. Das Änsatzrohr ist der Raum von den un- teren Stimmbändern bis zur Mund- und Nasenöffnung, das Wind- rohr Luftröhre und Bronchien. Am Stimmorgan der Vögel bilden die Stimmbänder des untern Kehlkopfes an der Thei- lungsstelle der Luftröhre jederseits Zungen. Die Luftsäule des Ansatzrohrs ist hier die Luftmasse der ganzen Luftröhre von der Theilungsstelle an bis zur Kehle, und die Luft der Mundhöhle. Die Luftsäule des Windrohrs ist hier hingegen bloss die Luft der Bronchien von der Theilungsstelle der Luftröhre bis zu den Lungen. Aber auch die Lippen des Menschen können als Zungen wir- 172 IV. Buch. Bewegung. III.Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. ken, wenn sie eine Spannung erhalten durch Muscularcontra- ction; an und für sich unelastisch erhalten sie ein Aequivalent der Elasticität durch die Muscularcontraction des Sphincters. Presst man die Luft zwischen den durch den Sphincter i'i Tension gehrachten Lippen durch , so entstehen Töne, wel- che in die Classe der Zungentöne gehören. Die Mundhöhle und die Äthernwerkzeuge liilden hier das Windrohr. Das Instru- ment ist ein Zungenwerk mit Windrohr ohne Ansatzrohr. Fügt man den Lippen ein Ansatzrohr von Pappe oder Metall an, so wird der Ton nicht allein klangreicher, sondern kann auch durch das Rohr modificirt werden. Am Sphincter ani findet dasselbe statt. Er bringt die Haut des Afters in Tension und wirkt wie eine Zunge mit Windrohr (Gase im Mastdarm) ohne Ansatzrohr. An die hisher erläuterten Zungenwerke mit memhranöser ! Zunge schliessen sich die Trompeten und Hörner an, hei wel- chen die Lippen durch Blasen als memhranöse Zungen in Be- wegung ^ gesetzt werden , während die Luftsäule des Rohrs wie hei den Zungenwerken mitschwingt Bei den übrigen Blasinstrumenten, die unter die Zungenwerke gehören, ist die Zunge ein besonderes Stück, welches vom Instrument abge- nominen noch Töne für sich giebt. Bei den Hörnern, Trom- peten, Posaunen lässt sich auf dem sogenannten Mundstück allein durch blosses Anblasen kein Ton hervorhringen. Vielmehr müs- sen die Lippen selbst dergleichen Zmigenstücke der Trompeten und Hörner zu einer Zunge ergänzen, und die Lippen sind hier die meinhranösen Zungen, zwischen welchen der Strom der Luft durchgepresst wird. Ihr Sphincter ersetzt diesen häutigen Thci- Icn die Elasticität durch seine Rcaction gegen die fein durchströ- mende Lutt; es entstehen Töne von ganz bestimmtem Werthe, und diese Töne sind höher, je stärker sich die Lippen zusamrnen- ziehen. Es scheint zwar , als wenn die Grösse der Oelfuung aul den Ton dieser Zungen, wie auch heim Muudpfeifen, einen Ein- fluss hätte, und in der That wird der Mundpfeifenton, welcher nicht hieher zu gehören scheint, bei grösserer LippenölFuung tie- fer. Da indess mit engerer Lippenöffnung eine grössere Zusam- menziehung des Sphincter oris stattlindet, so bewirkt, hei der Stel- lung der Lippen zum Trompetenblasen, die engere Oeffnung ganz dasselbe, was an den elastischen memhranösen Zungen die stär- kere Spannung thut. Das Mundstück der Trompete ist am Anfang becherförmig ausgehöhlt, worauf es sich verengt. Der Rand dieser Höhlung wird beim Blasen auf die Lippen aufgesetzt und die Luft durch die enge Lippenöffnung, deren Ränder durch den Sphincter eine bestimmte Tension haben, durchgetrieben. Die Höhe des Tons muss zunehmen mit der Starke der Tension der Lippen, welche sie durch die Zusammenziehung des Sphincters erhalten. Vor den Lippen muss ein freier Raum seyn, denn sonst würde ihr gespannter Rand nicht wie ein Zungenblatt wirken können. Wird daher die Höhle des Mundstücks an der becherförmigen Aushöhlung des Mundstücks 1. Bedingungen der Töne. Memlranöse Zungen. 173 ®usgefüllt bis auf einen mittlern engen Durcbgang, so geben die fest angedrückten Lippen beim Blasen keinen Ton mehr. Dass diess die wesentliche Ursache des Tons der Trompete ist, siebt wian daran , dass man auch ohne Mundstück der Trompete auf den blossen durch die Zusammenziebung des Spbincters in Ten- sion gebrachten Lippen einen trompetenähnlichen Ton bsrvor- Jiringen kann. Ja selbst eine einzige Lippe ist hinreichend, Be- liungen hervorzubringen, die als Ton gehört werden;' z. B. wenn die Oberlippe weit über die Unterlippe herüberlegt und mm die Luft zwischen der vibrirenden Oberlippe und festen Ober- fliiebe der Unterlippe durchtreibt. Das Mundstück des IJorns unterscheidet sich von dem der Trompete noch, dass an ihm sich vorn keine becherförmige sondern eine conische Aushöhlung fjefindet, sonst ist der Ansatz der Lippen an das Mundstück ähn- lich wie L6i der Trompete; der Lippenrand darf nicht aulliegen. Biot bandelt die Trompeten und Hörner bei den Flötenwer- l^en ab, und erklärt die verschiedenen Töne, welche sie angeben, aus der verschiedenen Stärke des Anblasens der Luftsäule der Trompete, so wie die Luftsäule einer Pfeife bei stärkerm Bla- sen die mit den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5 (offen) oder 1, 3, 5, 7, (ge- deckt) giebt. Allein die Stärke des Blasens hebt hier den Ton ■Wenig und macht ihn nur stärker; die 'Verschiedenheit der Töne hängt von der Tension der Lipjien ab. Die Trompeten und Hörner müssen richtiger, wie Muncke tbut, zu den Zungen- werken gerechnet werden und sind, wie aus dem Vorhergehen- den erhellt, offenbar Zungenpfeifen mit raembranöser Zunge, wo- bei das Timbre des Tons durch das Metall des Ansatzrohrs und die Höhe des Tons des Mundstücks durch die mittönende Luft- säule des Ansatzrohrs verändert wird. Die Töne der Trom- pete und des Horns nehmen auch nicht an Höhe mit der Länge des Bobrs im umgekehrten Verhältnisse ab, wie bei den Plötenwerken , vielmehr hat die Verminderung oder Vermeh- rung der Länge des Rohrs bei den Trompeten bekanntlich nur einen geringem und untergeordneten Einlluss auf die Höhe des Tons, gerade so wie bei den Zungenpfeifen. Die hiedurch zu erzielende Veränderung des Tons wird bei den Trompeten und Hörnern durch eingesetzte Einschiebsel, bei den Posaunen durch. Ausziehen ihrer verschiebbaren Röhre bewirkt. Man hat bei den Hörnern und Trompeten fast so viele Einschiebsel als Tonarten. Hagegen lässt sich die Höbe des Tons dieser Instrumente durch Zwei andere Mittel wie bei den Zungenpfeifen ändern; erstens durch verschiedene Tension der Lippen, mit deren Tension die Höhe des Tons so zunehmen muss , wie wenn man an einer Zungenpfeife mit membranöser Zunge die Membran stär- ker spannt; zweitens lässt sich der Ton durch Verstopfen ge- rade so wie bei den Znngenwerken mit membranöser Zunga Vertiefen. Das Horn umfasst bei einem geübten Bläser 3 Octaven , iist dieser Folge^ohne Stopfen C G, c e g, c d e g h c; die ganzem 174 IV. Buch. Bewegung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. Tonfolge mit den durch Stopfen hervorzubringenden Tönen ist CFGHcdefgahcdefg a h c. Das Sternchen he- deutet, dass der Ton durch Stopfung hervorgehracht wird, h* halbe | Stopfung. Die halben Töne können zumTlieil noch durch halbe Stopfung hervorgebracht werden. Da das Hauptmittel Spannung i der Lippen durch Muskelcontraction ist, so verliert der Bläser durch lange Anstrengung auf einige Zeit die Fähigkeit. Die An- strengung ist bei den hohen Tönen am stärksten, nicht wegen Stärke des Blasens, sondern wegen Spannung der Lippen. Die in neuerer Zeit an den Trompeten und Hörnern ange- brachten, durch Klappen zu verschliessenden Seitenlöcher haben hier eine ganz ähnliche Bedeutung wie bei anderen Zungenwer- ken, den Clarinetten, Hoboen und dem Fagot. Scidusshemerkungen über die Theorie der Zungentöne. Nachdem die verschiedenen Arten der Zungenwerke, sowohl die mit steif elastischen als die mit membranösen elastischen Zun- gen untersucht worden, ist hier der Ort, auf die Theorie der durch Zungen hervorgebrachten Töne zurückzukommen. Es han- delt sich hier jedoch nicht um die Schwingungen der Luft in dem Ansatzrohr, sondern um die an der einfachen Zange selbst. Da in neuerer Zeit die durch blosse Pulsus von Flüssig- keiten auf der Sirene, oder durch schnell folgende Stösse eines festen Körpers, wie durch die Stösse der Zähne eines Bades her- vorgebrachten Töne bekannt geworden, hat man sich zu der An- sicht geneigt, dass auch die Töne der Zungen durch Stösse der Luft entstehen, indem die Zunge den Austritt der Luft aus dem Rahmen der Zunge bei jeder Schwingung unterbricht. Der Um- stand, dass die durch Anstoss oder Zerrung an Zungen ohne Blasen erregten Töne klanglos sind, scheint diese Ansicht zQ rechtfertigen , indess ist diese Theorie keineswegs erwieseu und mehrere Gründe sprechen entschieden dagegen. Die Erörterung dieses Gegenstandes ist für die Theorie der menschlichen Stimme von grosser Wichtigkeit, es fragt sich nämlich hier zumal, was beim Tonangeben der Stimme primitiv tönt, die Bänder der Stimmritze oder die Luft. W. Weber, dessen classisclien Untersuchungen wir eine si- chere Kenntniss der irkungen in den Zungenpfeifen verdan- ken , spricht sich bestimmt für jene Ansicht aus. Poggend. Ann. XVI. 421. Er sagt; Der volle und stai-ke Ton einer isolirt in ihrem Rahmen ohne Ansatz schwingenden metallenen Platte beim Blasen kann nicht von der schwingenden Platte hervorgebracht seyn; denn in diesem Fall würde es nicht nöthig gewesen seyn, den Ton der Platte dui'ch einen Luftstrom zu erregen, sondern sie würde^ einen in Hinsicht der Höhe und des Klanges ganz gleichen Ton gegeben haben , wenn sie, ohne in ihrer Lage und Verbindung geändert zu werden^ auf irgend eine andere Weise in Schwingung gesetzt wird, was aber nicht der Fall ist. Denn Weber hat die Platte, während sie mit den übrigen Theilen des 1. Bedingungen der Töne. Theorie der Zungentöne. 175 Instrujnentes verbunden blieb, durch Streichen mit dem Violin- bogen in die heftigste Schwingung gesetzt, ohne im Stande zu seyn einen mit jenem vollen und starken irgend vergleichbaren Ton bervorzubruigen ; indess finde ich den Ton einer Maul- trommel am Munde beim Anschlägen und beim Einziehen der Luft gleicb. Jener Beweis scheint mir nicht entscheidend, und scheinen jedenfalls bei den mernbranösen Zungen, die Unter- brechung des Luftstroms oder die Stösse nur einen untergeord- neten Einfluss bei dem Tongeben zu haben, und nur den Ton niehr zu verstärken und voller zu machen als ihn zu bilden. Ich halte die Erklärung der Zungentöne der mernbranösen Zun gen aus pulsus der Luft für unwahrscheinlicb aus folgenden t^ründen. 1. Es ist kein Grund vorhanden, die Töne der einfachen Zungen von den Unterbrechungen des Luftstroms abzuleiten , da U grossem Theile durch die Stimmbänder gebildet, die sich an j®Qem vordem Fortsatz der Basis der Cartllagines arytenoideae befestigen. Der hintere Theil der in ganzer Länge ofienen Stimrn- ^'•tze beträgt bei einer Stimmritze von 11 Linien Länge 4, der Vordere 7 Linien. Bei der grössten Erweiterung der Stimmritze (Muse, crico-aryt. post.) bildet sie eine Raute, deren hinterer Winkel abgeschnitten ist. Die Seitenwinkel entsprechen den ge- nannten Fortsätzen der Cartilagines arytenoideae, deren Distanz Von einander bis auf 5| Linien gebracht Averden kann. Im Zu- stande der Enge kann die Stimmritze eine dreifache Form ha- , entweder nähern sich bloss die vorderen Fortsätze der Ba- Sea der Cartilagines arytenoideae durch Wirkung der Musculi ®vico-arytenoidei laterales, und indem sich jene berühren, ist Stimmritze doppelt; oder die verengerte Stimmritze ist in *orer ganzen Länge offen. Endlich kann sich der hintere Theil “pr Stimmritze durch Annäherung der Cartilagines arytenoideae bis zu ihren vorderen Fortsätzen, woran die Stimmbänder be- t^stigt sind, ganz schliessen. Diess geschieht durch die vereinte Wirkung der Musculi arytenoidei proprii und crico-arytenoidei ‘Uterales; in diesem Fall ist die Stimmritze auf den Zwischen- Väam ihrer elastischen und scharfen Ränder beschränkt. Ihre borm ist in diesem Full vorn und hinten zugespitzt; ihre Länge äod Weite ist in diesem Fall auch sehr verschieden, je nachdem ®ie Stimmbänder zugleich gespannt sind oder nicht. Die Ab- zäunung und Verkürzung der Stimmbänder geschieht durch die ^üsculi thyreo -arytenoidei. Letztere verengern auch den Raum ®ber und unter den unteren Stimmbändern. Die Form der Stimmritze beim Tonangeben im lebenden Menschen ist noch nicht ganz genau bekannt. Man weiss aller- 184 IV. Buch. Bewegung. III. Abschu. Von d. Stimme u. Sprache. dings, dass sie liierLei verengt ist. Da nur der vordere der Stimmritze, welcher von elastischen vind scharfen Ränder'' eingeschlossen ist, der primitiven Schwingung fähig ist, der hi"' tere Theil der Oeffnung also nicht in Betracht kommt, so könnt® die Oeffnung des hintern Theils, indem sie den ganzen Flächen' i Inhalt der Stimmritze hedeutend vermehrt, den Ans])ruch nu® stören. Mavo hat die Stimmritze hei einem Menschen beohach' tet. Ouilines of human physiologf. Land. 18.33. Ein Mann halt® heim Versuch zum Selbstmord den Kehlkopf gerade über d®** Stimmbändern durchschnitten ; auf der einen Seite war Stininr' band und Cartilago arytenoidea durch die schiefe Wunde verletz^ Beim ruhigen Athmcn war die Stimmritze dreieckig. Als einmal ei® Ton gelang, wurden die Stimmbänder fast parallel und die Stimmrit*® linienförmig. Nach der Figur scheint der hintere Theil der Stimn*' ritze nicht elien geschlossen gewesen zu seyn. Ein Ander®® hatte sich über dem Scbildknorpel in den Schlund geschnitten» so dass man den obern Theil der Cartilagines arytenoideae seh®'' konnte. Belm Tonangeben standen diese so, wie wenn die Stimi®' ritze ganz geschlossen wurde. Rempecen (Mechanismus d. menscU- Sprache. hVieri 1701. 81.) giebt an, dass die Stimmritze nicht üb®® y'2, höchstens offen seyn dürfe, wenn noch die Stimme a«' sprechen soll, und Rudoi-phi (PhysioL II. 1. 370.) bestätigt es a«* der Beobachtung eines Mannes, dem bei fehlender Nase die B®' chenhöhle so frei lag, dass er das Oeffnen und Schliesscn d®® Stimmritze gut sehen konnte. Magendie reclinet zur Stimmritze nicht den Raum zwisch®'’ den Cartilagines arytenoideae, welche nach ihm, zufolge Beoh' achtungen an Thieren, beim Tonangeben dicht aneinander H®' gen. Auch nach Malgaigse ist der hintere Tlrtill der Stimni' ritze beim Tonangeben geschlossen. Diess mag wohl in d®® Regel so seyn und am ausgeschnittenen Kehlkopf des M®»' sehen spricht der Ton nicht leicht an, wenn der hintere Tb®'* der Stimmritze nicht geschlossen ist. Indessen ist es nach m®'' ner Erfahrung nicht absolut zum Tonangeben nöthig, und i®^* erhielt bei einiger Spannung der Stimmbänder und enger Stirn'®' ritze in seltenen Fällen aueh noeh einen Ton bei geöffneter ganz®^ Länge der Stimmritze. B, Thatsachen über die Veränderung der Töne des Stimmorgoe^ und ihre Ursachen. (Nach eigenen BcobacLtungcn.) Durch Versuche an lebenden Thieren ist bis jetzt zur E®' ktärung der Stimme des Menschen noch nicht viel geleistet vr®®' den, obgleich die Bemühungen von Magendie und Malga'®*'^ auch in dieser Hinsicht ihr Verdienst haben. Magendie 1®!?^*’ bei einem ^ Hunde die Stimmritze durch einen Einschnitt sehen Schildknorpel und Zungenbein bloss, und beobachte®*®’ dass die Stimmbänder bei tiefen Tönen in ganzer Länge sclnvi®' genj während der zwischen den Cartilagines arytenoideae gene Theil der Stimmritze geschlossen ist. Bei sehr hohen Tö"®“ sollen die Schwingungen nur im hintersten Theilc der Stimiubä“'' 2. Slimrne. Stimmorgan des Menschen. 185 Jer bemerklich seyn und die Luft nur durch den hintersten Theil der Stimmritze aastreten. Es ist schwer einzusehen, wodurch die Verschliessung der Stimmritze in ihrem vordem Theile bewirkt wer- den solle. Am menschlichen Kehlkopf lässt sich auch eine solche Art des Durchströmens der Luft nicht bewirken, dagegen lässt sich sehr gut die Stimmritze von hinten her, bei gleichbleibender Spannung, etwas verkürzen durch stärkeres Aneinanderdrücken der vordem Fortsätze (Vocalfortsätze) der Basen der Cartilagines arytcnoideae, an welchen die Stimmbänder befestigt sind. Die meisten Früchte lässt wohl zunächst nur ein sorgfältiges Erfahren am ausgeschnit- tenen Kehlkopfe des Menschen selbst erwarten. Im Anfänge ist das Experimenliren am ausgeschnittenen Kehlkopfe des Menschen ungemein schwer, alles ist beweglich, wie soll man den Theilen die nöthige gleichbleibende Spannung, den Knorpeln eine be- stimmte und gleiche Stellung geben, wie es doch zur Genauigkeit der Versuche nöthig ist, und wie ist diese Stellung leicht für bestimmte Zwecke zu ändern? Mit einigen Kunstgriffen kommt man indess doch zum Zweck. Zunächst kommt es darauf an, am Kehl- kopf einen fixen Punct zu erhalten. Am Kehlkopf ist die vordere Wand grössteutheils und der obere Theil der hintern Wand beweg- lich. Der Schildknorpel kann gegen den Ringknorpel, die Cartilagi- nes arytcnoideae gegen den Ringknorpel bewegt werden. Durch beides wird die Spannung der Stimmbänder verändert. Da die Cartilagines arytcnoideae die beweglichsten Theile sind, durch de- ren verschiedene Stellung am leichtesten Irrthum in die Versuche kommen kann, so suche ich zuerst ihre Stellung fix zu machen. Der Kehlkopf, mit einem Stück der Luftröhre wird mit der hin- tern Wand auf ein Brettchen gelegt, die Cartilago cricoidea dar- auf fest angebunden, und an dieses Brettchen auch die Cartila- gines arytenoideae befestigt. Diess geschieht am besten folgen- dermassen. Ich stecke durch den untern Theil der Cartilagines arytenoideae quer einen Pfriemen durch, auf welchem sie zunächst neben einander fixirt sind. Das Durchstechen muss sehr vorsich- tig geschehen, dass beide Bänder hernach bei der Spannung der Stimmbänder vom Schildknorpel aus gleich gespannt werden. Auch muss das Aufstecken der Cartihigines arytenoideae auf den Pfriemen so geschehen, dass, wenn sie gegen einander gedrängt werden, die vordem oder Vocalfortsätze an den Basen dieser Knor- pel sich berühren. Auf diesem Pfriemen lässt sich den Knorpeln jede beliebige Stellung gegen einander geben. Sie können von einander etwas entfernt seyn, so dass auch der hintere, nicht ton- gebende Theil der Stimmritze offen ist, man kann sie auch dicht zusammenrücken und in dieser Lage, bei Verschliessung des hin- tern nicht tongebenden Theils der Stimmritze, auf den Pfrie- men durch Schnüre unausweichlich befestigen. Wenn der so vorbereitete Kehlkopf auf dem Brettchen mit seiner hintern Wand befestigt ist, muss auch die von den Cartilagines arytenoideae gebildete hintere obere Wand des Kehlkopfs an das Brettchen befestigt werden; was leicht ist, indem nun der Pfriemen, auf wel- chem die Cartilagines arytenoideae stecken, durch Schnüre an das Brettchen unbeweglich ungezogen wh’d. Ist die hintere Wand 186 IV. Buck. Bewegung. HI. Absc/ut. Vuii d. Stimme u. Sprache. des Kehlkopfs auf diese Art fest, so lasst sich den Stiininhandeia jede beliebige und genau messbare Spannung durch Anziehen an der voi’dern von der Carlilago Ihyreoidea gebildeten Wand gehen. Hiebei ist es nützlich, um einen Widerstand von Seiten der Befestigung der Cartilago Ihyreoidea an die Carlilago cricoi- dea aufzuhehen, vorsichtig diese ganze Befestigung zu trennen. Durch eine an den Winkel des Schildknorpels dicht über der Insertion der Stimmbänder angeheftete Schnur kann man nun den Schildkiiorpel anziehen und die Entfernung der vordem be- weglichen Wand von der hintern festen Wand des Kehlkopfs so weit vergrössern , als die Stimmbänder zwischen beiden Wänden es zulassen; in dem Maass als dies geschieht, werden die Stimm- bänder gespannt. Die feine Schnur leite icli über eine Bolle und verbinde mit ihr eine Waagschale; durch Einlegen von Ge- wichten in die Schale kann ich die Spannung der Stimmbänder genau messbar verändern. Da der Kehldeckel, die oberen Stimm- bänder und Ventrlculi' Morgagni, die Santorinischen Knorpel, die Ligamenta ary-epiglotlica und selbst der obere Theil des Sehild- knorpels bis an die Inserlionsstelle der Stimmbänder zum Ton- angeben nicht wesentlich nöthig sind, so schneide ich alle diese Theile bis dicht über die unteren Stimmbänder weg, nrn bessei- die Stimmbänder beim Tönen und Schwingen, so wie die Stimm- ritze beobachten zu können. Es ist ohnehin nöthig, zuerst das- jenige kennen zu lernen, was allein durch die unteren Stimmbän- der bewirkt werden kann; später soll der Einfluss der obern Kehlkopfhöhlc über den unteren Stimmbändern untersucht wei- den. In dem Luflröhrenstück steckt ein Bohr von Holz zuin Anblasen. Die Versuche sind von mir mittelst dieser Vorrichtung öfter wiederholt worden. Die Thatsachen , die dabei beobachtet wurden, sind folgende. I. Die unteren Stimmbänder geben bei enger Stimmritze volle und reine Töne beim Anspruch durch Blasen von der Luftröhre aus. Diese Töne kommen den Tönen der menschlichen .Stimme sehr nahe, und haben eine grosse Aelinlichkeit mit den Tö- nen, welche sich an nassen, aus elastischer Arterienhaut gehiide- len, auf das Ende eines Rohrs aufgespannten Rändern durch Bla- sen hervorbringen lassen. Der beste künstliche Kehlkopf wird auf die eben angegebene Weise gebildet. Nasse Bänder von ela- stischer Arlerienbaut bestehen aus demselben Gvwehe wie die Stimmbänder seihst, und haben dieselben physicalischen Eigen- schaften. Man kann ihnen andere trockene Bänder von Kaut- schuck substituiren , die Töne sind nicht sehr verschieden. Die Bänder werden an zwei Enden gespannt, schliessen aber sonst das Ende der Röhre bis auf die Stimmi'itze. Nasse elastische Bänder haben den Vorzug vor den Kautschuckhändern, weil jene wie das menschliche Stimmorgan, auch noch wenn die Bänder sehr klein sind, gute Töne gehen , so dass der Unterschied weg- fällt, welchen Cagniard la Tour (Magemjuk, Bhysiul.) zwischen den Kautschuckhändern und Stimmhänderu beobachtete. IT. Diese Töne unterscheiden sich von denjenigen, welche man erhält , wenn die Veninculi Morgagni , die oberen Stimmbänder und 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen. 187 Kehldeckel noch vorhanden sind, dass sie weniger stark sind, ”ieliebi''e Vei-kürzung geben. Man kann ferner durch Zurück- drücken des Schildknorpels den Stimmbändern jede beliebige Ab- spannung geben. Durch Anwendung dieser Vorrichtungen ge- langt man zu dem vorerwähnten Resultate. XIV. Die Töne oer ändern sich in der Höhe, wenn die ganzen Stimmbänder vom IVinkel der CartUago thyreoidea bis zu den fest tineiimmler liegenden VocalfoHsätzen der Cartilagines arytenoideae oluie lieräla-ung schwingen, mit zunehmender Spannung nicht ganz wie die Saiten und an zwei Enden gespannten Membranen. Sie bleiben bei Zunehmender Spannung meist um einige halbe oder ganze Töne ünter der nach der Theorie geforderten durch die Spannung be- dingten Höhe. Niemals xverden sie höher als die nach der Theo- fie geforderten Töne; es sey denn, dass die Stimmbänder ungleich gespannt sind, sich in einem Theil ihrer Länge bei der Schwin- gung berühren und secundäre Schwingungsknoten erzeugen, wo- uei unerwartete, sehr hohe Töne nach Analogie der Flageolet- föne entstehen können. Bekanntlich nehmen bei den Salten die ■föiie oder Schwingungsraengen bei gleicher Länge der Saiten ita geraden Verhältnisse zu, wie die Quadratwurzeln der spannen- de« Kräfte. Siehe oben p. 136. D. h. wird eine Saite durch d Loth Gewicht gespannt und giebt sie dann c, so giebt sie hei Loth Gewicht die Octave von c, bei 64 Loth Gewicht die Zweite Octave von c. Vermittelst der p. 185. beschriebenen Vor- richtung lassen sich vergleichende Proben an den Stimmbändern äustellen. Man erhält zwar bei quadratischer Zunahme dei' Gewichte auf der Wageschaale in der Regel keine Octaven,. 190 IV. Buch. Bewegung. III. Mschn. Von d. Stimme u. Sprache. j sondern meist Töne, die um einen halben, ganzen, anderthalb, i zwei ganze oder drei ganze Töne unter den Öctaven sind, aber die ^ÄnalOj^ie ist^ doch immer anfFallend genug, und es lasst sich wenigstens so viel durch dergleichen Versuche zeigen, dass die durch Zunahme der Spannung im Verhältniss von 4, 16, 64 hervorgebrachteii Töne sich einigermassen der Reihe der Zahlen 1, 2, 4 nähern. Was allein schon beweist, dass die Töne des menschlichen Stimmorgans, sofern sie an der Stimmritze und ilirer Begrenzung entstehen , denen der Saiten und membranösen Zungen analog sind. Die Versuche gelingen nur dann, wenn die Stimmbänder möglichst gleich gespannt sind und ihre Berührung an aliquoten Theilen ihrer Länge bei der Schwingung mit höherer Spannung vermieden werden kann. Aber eine grosse Schwierig- ! keit liegt in der gleichen Spannung der Stimmbänder und in der Vermeidung dieser Berührung der Stimmbänder in aliquoten Tliei- len ihrer^ Länge. Die letztere bringt statt der geforderten Töne öfter weit höhere, schreiende Flageolettöne hervor. Manche Kehlköpfe zeigten sich bei der Unmöglichkeit dieses plötzliche Uebergehen bei stärkerer Spannung in andere Register zu ver- meiden, zu den Versuchen ganz unbrauchbar; am besten sind im Allgemeinen männliche Kehlköpfe bei grösserer Län^e der Stimmbänder. Man muss die Versuche öfter wiederholen um einen solchen Fall zu linden, wo sich die schreienden ungefoi- derten Töne vermeiden lassen. Ich führe hier mehrere Beispiele von Kehlköpfen an, an welchen die Versuche am günstig- sten ansfielen. Ein Uebelstand ist, dass sich die Bänder durch Gewichte nicht gut in ganz gerader Richtung spannen lassen, ohne dass andere Theile einigen Widerstand leisten. Bei dem Aus- spannen der Stimmbänder von der Cartilago thyreoidea aus wirkte das elastische Gewebe zwischen Cartilago thyreoidea und cricoi- dea nach einer Seite hin hindernd, und bewirkte einen Abzug der Spannung; man kann diess elastische Gewebe durclischiieideii, dann wirkt noch immer das Gelenk zwischen Cartilago cricoi- dea und thyreoidea hindernd; man kann auch diese Gelenkver- bindung lösen, aber auch dann bleiben die Töne hei stärkerer Spannung fast Immer unter den geforderten Tönen, wenn die Flageolettöne vermieden werden. Die Spannung geschah in den als Beispiele anzuführenden Versuchen in etwas verschie- denen Directionen, bald gerade in der Richtung der Länee der Stimmbänder, bald in einer Richtung, die ein wenig vor- oder rückwärts von dieser Richtung abwich, um die Breite der Abweichungen bei solchen Versuchen kennen zu lernen. Je nach dieser verschiedenen Richtung, in welche die durch Gewichte ge- spannte Schnur wirkt, ist natürlich auch der Grundton der Bänder ein wenig verschieden. Ein anderer Uebelstand liegt in der Un- möglichkeit, einen immer gleich starken Anspruch bei der Span- nung der Stimmbänder durch Blasen zu erhalten. Die Töne stei- gen aber in der Höhe bei stärkerm Blasen. Am zweckmässigsten nimmt man jedoch zur Basis der Vergleichung nur dieienigen Töne, die sich hei jeder Spannung durch den allerschwächsten An- spruch des Blasens ergeben, oder die Grundtöne der Stimmbänder. 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen. 191 I. Versuch. Grundton der Stimmbänder Lei 4 Lotb Gewiclit ' Pflnnnn£; c. Spannung. Töne. Lotb 4 c Loth 16 a Loth 64 gis u. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne cis Ti ais — a in. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne . gis cis c IV. V ersuch. Spannung 4 16 64 Töne a 7 C V. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne ais fis 8 VI. Versuch. Spannung 4 16 64 - Töne ais gis 8 VII. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne 1 c a VIII. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne dis h a IX. Versuch. Spannung 4 16 64 Töne 8 8 8> die 1 Octaven ^ Die Töne wurden jedesmal an einem gut gestimmten Clavier ''On einer zweiten Person bestimmt. XV. Die vom Kehlkopf isolirien und gespannten Stimmbänder "firhalteH sich mir annähernd wie die Saiten, mit denen die isolirl ^hne Rahmen durch Luftstrom schwingenden memhranäsen Zungen ^nch p. 151. ühereinstimmen. Nach der oben angegebenen Me- thode , an frei gespannten Rautschuckbändern ohne Rahmen Schwingungen und Töne durch den freien Luftstrom durch ein deines Röhrchen hervorznbringen , ist es nicht schwer, auch ®in ganz isolirtes, frei stehendes und gespanntes Stimmband durch Rlasen zum Tönen zu bringen. Ich schneide ein Stimm- ■^and so aus, dass vorn mit ihm ein Stück vom Winkel der ^artilago thyreoidea, hinten ein Stück der Cartilago arytenoi- dea in Verbindung bleibt. Das eine Ende wird dann auf oi- •jeiii Brett fixirt, an das andere ein Faden angebunden und dieser über eine Rolle geleitet; der Faden kann durch Gewichten- einer Wageschale angezogen werden. Blase ich dann mittelst *^iues feinen Röhrchens gegen den Rand des Stimmbandes,, sO' ®*itstebt sein Grundton, schwach und klanglos. Auch in diesem 192 IV. Buch. Bewegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u, Sprache. Fall Llleben die Töne unter den nacli der Theorie geforderten Zahlen. Ein Stimmhand gab hei 16 Loth Gewicht Spannung ais an , wurde das Gewicht auf 4 Loth reducii’t, so fiel sein Grund- ton auf d; wurden wieder 16 Loth Gewicht aufgelegt, so gab es wieder ois an. XVI, Durch Veränderung der Spannung in gleicher DirectioU lassen sich die Töne am Kehlkopf ohngefähr im Umfang non zwei Octanen verändern, hei stärkerer Spannung entstehen unangenehme, i höhere pfeifende oder schreiende Töne. Wenn cs nicht darauf ankömmt, die Stimmbänder durch Gewichte, welche in der Eichtling der Bänder selbst ziehen, zu spannen, wie in den vor- her erläuterten Fällen, so lässt sich die Spannung am leichtesten auf dieselbe Art, wie es von der Natur selbst geschieht, verän- dern, nämlich durch Herabziehen des Schildknorpels gegen den Ringknorpel, wenn die Cartilagines arytenoideae fixirt sind. Diese Art von Spannung ist hehelartig. Der Hebel ist der Schildknor- pel, das Hypomochlion des Hebels die seitliche Gelenkverbindung des Schildknorpels und Ringknorpels. Auf diese Art sind die folgenden Versuche angestellt. Die Cartilagines arytenoideae wer- den wie vorher zuerst auf einem Pfriemen fixirt, aneinander ge- bunden, so dass bloss die Stimmritze zwischen den Bändern übrig bleibt. Dann werden sie an ein schmales Brettchen angebunden, auf welchem die Luftröhre fixirt ist. Das Brett wird senkrecht an einem Gestell befestigt; am vordem Winkel des Schildknor- pels, gerade über der Befestigung der Stimmbänder ist der Fa- den mit der senkrecht herabhängenden kleinen Wageschale an- geheftet. Werden mehr Gewichte eingelegt, so rückt der Schild- knorpel gegen den Ringknorpel herab, und der Raum, der von dem Ligamentum crico-thyreoideum medium ausgefüllt wird, wird enger; in demselben Grade werden die Stimmbänder gespannt. Man ahmt hierbei die Wirkung der Musculi crico-thyreoidei nach. Auch am lebenden Menschen wird der Raum zwischen Ringknorpel und Schildknorpcl beim Singen vom tiefsten bis höch- sten Ton immer enger, wie Jeder sich an sich selbst überzeugen kann, wenn er die Spitze des Fingers tief in diese Lücke legt. Bei den gleich zu erwähnenden Versuchen reichte hei den tieferen Tönen gegen ein halbes Loth Gewicht hin, den Ton um einen halben Ton zu erhöhen, hei stärkerer Spannung wurde mehr und zuletzt sogar 3 Loth erfordert, um eine Veränderung von einem halben Ton hervorzubringen. Natürlich wirkt das Gewicht ver- schieden in dem Maass, als sich die Stellung des Schildknorpcls verändert, ausserdem gehen hei fortdauei’nder Anspannung der Bänder auch kleine Veränderungen ihi’er Elasticität vor sich. Zur Grundlage der Vergleichung wurden nur die beim schwäch- sten Anblasen hörbaren Töne genommen ; bei stärkerm Blasen er- höht sich der Ton; hieraus ergiebt sich zugleich, dass die Be- stimmung des Grundtons der Bänder bei einer bestimmten Spai - nung nicht ganz genau seyn kann; doch glaube ich für gewi -s annchmen zu können, dass die hierdurch entstehenden Fehf r nur weniger als einen halben Ton betragen können, da man je- desmal nur die tiefsten Töne annalim. Im Ganzen gleichen sich 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen. 193 *^lclie Fehler aus, und auch die Unreinigkeit des eijien oder an- ern Tons hei den angewandten Gewichten, hei denen inan es .bewenden liess, war für das Ohr eines Sängers, der die Töne' Jedesmal am Clavier hestimmte, nicht gross. Die Leiden Versu- Wurden nach einander an demselben Kehlkopf gemacht. Die Ausserordentliche Höhe, welche durch Spannung hervorgehracht '^urde, war um so merkwürdiger, als der Kehlkopf ein männli- uher war. ^ersuch. Gewichte.! Töne. f/. Versuch. wLotli ais 1 « h (( c 2 « cis « d 9 8 (( dis 3 (( e <( 7 4 U ßs e 5 « gis 5A U a 6 « ais 6i K T 7 « h — c «' C S (( cis 8^ ~d dis ''1 0 « ■ ^ e 11— 2_ 13 « 15 « g 17 <( gis 19 « a 22 « ais 25 « h 28 « c 31 « cis 35 « d 37 dis Kein To Gewichte. Töne. •5 Loth fl 1 « c «C cis 2 d 9i. ^'1 a dis 3 « e 5^ a 4 « _ßs 41 (( g + 5 « gjs 5^ a 6 ais « h 4 c C 3 0 « cis 9 « d 10 C( dis 11 « e 12 (( 7 13 « ■ 15 « s_ 17i C( gis 18* a 20 ais 22 « h 26 « c 29 « cis 32 a d 37 (( dis Kein T on mein-. riiysiolojric. 2r Bd, 13 194 IV.ljucii. BciVtigung, in, Ahschn. Von d. SUrnnie v. Spracht’. Nacli ilftin crslni Versuch halten sieti die Sliiiinihäiulcr niU um so viel veiäiidert, dass sie hei ^ Lolh Geu'ieht statt ais viel- mehr h pahen. J'is j>elit aus diesen Ve^^uchell hei-vor, dass olin- gefiihr 1 ri'und hiir£;erl. 4jewieht Muskelkral't die Töne im Um- l’aiifi; von 2 ()ctav(!n lioj vorhriiiEjen kann. XVI !• Itf der hinlere. The.il der Sliniinrilze, nur fest geschlos- sen, und sind die Cartilngines arytenoideac fi.v.irt, so dass die, Stimm- biinder bloss durch die Elast irif iit des Ijigamentuin rrico-t hyreoideuW medium ganz sclm'ach gespannt sind, so lassen sich noch tieferr Töne hcroorbringen , a'cnn die von diesem Baud bewirkt e Spannung aufgehoben und eine noch grössere Abspannung und gänzliche, Er- schlaffung 'der Stimmbänder bewirkt wird. Man bewirkt in dieseiTi Fall die noch stärkere Abspannung durch einen mit Gewichten beschwerten Faden, der von dein Winkel dos Sehildknorpels ah rüekw'ärts iiber eine Rolle gelit und also den Schildknorpel den tisirten Cartilagines arytenoideae nähert. Ilicser Meehanijinus cri.nutcrt die Wirkmig des Museulus thyreo- arylenoideus. Der Kehlkopf ist senkrecht aufgestellt und man liläsl ihn von unten durch ein gekrümmtes Ralir an. Rei diesen Versuchen müssen immer Mehrere zugegen seyn; Einer spricht an, Einer legt die Gewichte auf die M'agcsebale, Einer bestimmt die Töne auf' dem Clavier. In dem Beispiele, welches ich anführc, war der Ton, von dem man ausging, dis bei Lolh Gegengewicht Abspan- nung. Bei zunehmenden Gewichten der Abspannung sanken die Töne folgendermassen : Töne; dis d eis c h ais e undjgis iiarhuiriaiider e dis d eis 11. d l -I — " -1 * 1 ? ‘>40fi08Q5Q8 ^10.^1 ö“ Sy 0 •*Tö ■*rir,-*T5 •*! 0 ’^i ff ot<)' Loth : iV Auf diese Art wurden also durch immer stärkere Abspannung der. Stimmbänder vermöge Gegenspanuung in der Art der Wir- kung des Museulus thyreo- arytenoideus die tiefsten Basstöne der Bruststimrne erreicht. XVIII. Man kann auf dem ausgeschnittenen Keldkopf hei sehr schwarher Spannung der Stimmbänder zwei ganz verschiedene Ilegister von Tönen hervorbringen; Töne, im Allgemeinen tiefer, welche mit der Bruststimme die vollkommenste Aehnlichkeit haben, andere im. Allge- meinen höher und die höchsten, welche im Klang ganz der Falset stimme, gleichen. Diese verschiedenen l'öne können bei einer bestimmten glei- chen Spannung hervorgebrarht werden. Zuweilen spricht der Ton der Brust st imme, zuweilen bei derselben Spannung derjenige der Fistelstimme an. Bei einiger Spannung der Stimmbänder sind die Töne immer vom Klang der Falsetsfimme, mag man schwach oder stark blasen. Bei gros- ser Abspannung sind die Töne die der Brustslimme, mag man schwach oder stark blasen. Bei sehr schwacher Spannung hängt es von der Art des Blasens ab, ob der eine oder andere Ton erfolgt; der Falset ton erfolgt leichter bei ganz schwachem Blasen. Beide Töne können ziem- lich weit auseinander liegen, selbst um eine ganze Octave. Zu die- sen Versuchen ist es zweckmässig, männliche Kehlköpfe zu ne^i- men. Der hintere Thcil der Stimmritze muss wie immer durch die oben beschriebene Vorrichtung verseil lossen , und die Carti- lagines arytenoideae und der ganze Kehlkopf lixirt seyü. Sind 2. Stimme. Stimmorsan des Menschen, 195 Cartllagines arytenoicleae senkrcclit fixirt, so reicht die blosse Spannung der Stimmbänder durch das Ligamentum crico-thy- j'eoidouxn medium bin, um die hier erwähnten Pliänomene zu 'bewirken; spannt man weiter künstlich, so erfolgen keine Brust- töne mehr. Dass die Stimmbänder bei den Brusttönen sehlalF, den Falsettönen gespannt sind, ist von Liscovius zuerst ent- deckt; indess lasst sich hei einem gewissen Grade der Ahspan- dUng Bei verschiedenem Anspruch sowoid ein Brustton als ein ^alsetton hervorhringen, und auch hei den Brusttönen hängt die “öje nicht von der Enge der Stimmritze, sondern von dem grös- ®^i'0 oder geringem Grade von Abspannung der Bänder ah, wie Ich durch viele Versuche erprobt und durch das Beispiel XVII. Erläutert habe. Die Ursache der Brust- und Falsetlöne liegt also noch in etwas ganz anderni als dem von Liscovius entdeck- ten Umstand. XIX. Haben die Stimmbänder eine so geringe Spannung oder ^inen so geringen Grad non Abspannung , dass man durch versehie— dene Art des Anspruchs Urusttüne und Falsettime darauf hcroorbrin- Sen kann, so kann man sich weiter iiherzeugen, dass die Falsettöne heine solche Flageolcttöne wie die der Sailen sind, welche heiSehwin- Sungen aliquoter Theile der Länge der Saiten entstehen; die Stimm- f'änder kürmen in beiden Fällen, bei dem hühern Falsetton und dem liefern Brustton, in ganzer ' JJiuge schwingen und man sieht .es deut- lich. Der wesentliche tJnterschied beider llegisler besteht, darin, dass bei den Falsettönen bloss die feinen Bänder der Stimmbänder, bei den Brusttönen die ganzen Stimmbänder lebhaft und mit grossen Excursionen schwingen. Diese Thatsache ist zuerst von Leii- EELDT beobaehtet. Götter. Weder {Caecilia I. 81.) hat die Ver- gle.ehung der Falsettöne mit den Flageolettönen der Saiten be- sonders hervorgehoben, und die Falsettöne als durch Schwin- gungen der Bänder mit Schwingungsknoten entstehend angesehen. Uiese Erklämng lässt sich, zwar, wie man sieht, nicht festhaltcn; indessen ist doch die Entstehung der Falsettöne nicht ganz un- ähnlich. Sie entstehen durch Tlieilung der Bänder in der Breite oder Schwingung nur eines Theils der Breite der Bänder, nämlich des B.andtheils. Natürlich kann ein Band von einiger Breite sehr ''erschiedener Art der Schwingung beim Anblasen fähig seyn. Bald schwingt der Äand, dann wird der übrige Theil der Membran bloss vom Luftstrom ausgedehnt, bald schwingt die ganze Membran. Bei den Falsettönen, wo der feine Rand der Stimmbänder schwingt, kann man wegen der geringem Ex- cursionen der Schwingungen meist sehr scharf noch die Spalte der Stimmritze unterscheiden; bei den Brusttönen sind die Ex- cursionen s« stark, dass der Schimmer der Schwingungen beider händer sich vermischt. Wesentlich ist aber nicht bloss, dass die ganzen Bänder schwingen, aueh die angrenzende Mcm- tran vor den unteren Stimmbändern, welche mit diesen zusam- löenhängt und von dem vintern stärksten Theil des Musculus thy- i'eo-arytenoideus bedeckt ist, schwingt heftig mit samiiit diesem Muskel. Die Brusttöne vertiefen sich um so mehr, als m'm den .Schildknorjiel den senkrecht fcststchendeu Garlilagincs arytenoi- 13 * 196 IV. Buch. Deiveguns. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. fleae nälifirt, wie in Jern Versucli p. 194., wo der tiefste Ton mit II erreielit wurde. Hei weiterer Aljsp.innung sprach die Luft nicht mehr an. Diircli successive Entfernung des Schildknorpel> nach vorn, ohne dass jedocli die Stirnmhänder einigerrnassen star- ker gespannt werden, erhält man eine ganze Reihe von Basstö- nen im einem guten männlichen Kehlkopf, wenigstens im Umtang einer Octave vom tiefsten möglichen Basston. Weiter kann man j die Bruststirnme auf diese Art nicht erhöhen; sie springt sonst in die Fistelstimme über, die hei einiger Spannung der Stimm- j händer allein möglich ist. Dass die Stimmbänder in so abge- spanntem Zustande immer noch starke Töne geben, wird begreif- lich dadurch, dass sie durch die Ausdehnung vom Luftstrom im- mer wieder einige Tension erhalten, wie es auch an Kautschuck- händern der Fall ist. Die höheren Brusttöne waren nie ganz leicht an einem ausgeschnittenen Kehlkopf möglich. Da der Ton hei einigerrnassen zunehmender Spannung der Stimmbänder sogleich in (iie Fistelstimme iiherspringt, so muss man diese sti'irkere Span- nung bei der Erzielung höherer Brusttöne jedenfalls vermeiden. Dagegen gieht cs zwei Mittel, durch welche sich der aut die vorher angezeigte Weise erhaltene höchste Brustton hei einer be- stimmten Länge und Ahsjtanming der Stimmbänder noch sehr er- liöhen lässt. Das eine Mittel ist das stärkere Blasen, wodurch die successive Erhöhung bis zu einer Quinte nicht schwer ist; die höheren auf diese Art erreichten Brusttöne sind unangenehm schreiend und geräuschvoll. Das zweite Mittel besteht in der Verengerung des nächsten Raumes unter den unteren Stimmbän- dern. Dieser Raum und seine Wände sind überhaupt für die Theorie der Brusttöne von grosser Wichtigkeit. Man ist hishei gar nicht achtsam darauf gewesen; schon der Umstand, dass die ^Wäude dieser Stelle zunächst unter den unteren Stimmbän- dern einige Linien hoch seitlich von einer dicken Lage Mus- kclflcisch, dem untern Theil des Musculns thyreo-arvtenoideus,. ausgekleidet werden, muss auf seine Wichtigkeit aufmerksam ma- chen. Es ist liekannt, dass dieser Raum an Enge zunimmt, je mehr er sich der Stimmritze nähert, indem er zuletzt in sic über- geht. Um den Einfluss dieser Stelle auf die Veränderung der Brusttöne zu bemerken, nehme man an einem männlichen Kehlkopf alles durch einen Querschnift bis über die unteren Stimmbänder weg, mache die Carlilagincs avytenoideae auf die früher beschrie- bene Weise fest, schliesse den hintern Theil der Stimmritze bis an die Vocallörtsälzc der Cartilagines arylenoideae auf die ange- zeigte Weise fest zu und präparire dann das Muskelfleisch des Musculus thyreo-arytenoideus zu den Seiten der unteren Stiinm- lüüider und weiter nach abwärts bis aut die innere Haut des Kehlkopfs ah, wo sie den trichterförmig verengerten Vorraiiu* der Stimmritze auskleidet. Die Memhran ist auch noch ciniger- massen elastisch und hängt oben mit dem Gewebe der Stimm- bänder innig zusammen. Diese ganze Membran des trichterför- migen Vorraums der Stimmritze schwingt bei den Brusttönen nift der ganzen Dicke und Breite der unteren Stimmbänder md- Wird dieser Trichter in seinem weiten, nach unten sehenden 1.97 2. Stimme. Stimrnorgan des .Menschen. Theil seitlich verengert, die Stimmritze also in der lliclitung ih- *’er Tiefe von oben nach unten vergrössert, so nehmen die Brust- töne ceteris paribus an Höhe zu; durch diese Verengerung kann *nan auch ''t enger, mittbirer OelTnung den Ton der Zunge höher maclit, als er bei der bestimmten Länge desWiudrohrs ohne den Stopfen seyn würde. Dieser Muskel ist aber auch noch in anderer Hinsicht von Richtigkeit; er kleidet nicht bloss den verengerten Zugang zur Stimmritze aus und wirkt als Obturator dieser Stelle des Wind- i'ohrs, sondern er geht auch zur Seile der Stimmbänder, milderen Husseren Fasern er innigst verweilt ist, ferner zur Seite der Moii- OAGNi’schen Ventrikel lier, und kann daher liei seiner Wirkung die mit den Slimmbundern mitschvvingenden Membranen, )a sie selbst von aussen dämpfen, wodurch, wie wir bei den Kautschuck- zungen sahen, eine Erhöhung des Tons entsteht. S. oben p. 155. Endlich kann dieser Muskel auch die Tension der Stimmhänder dadurch verändern, dass sich seine Fasern in den äussern Umfang der Stimmhänder, wie neulich Lauth zeigte, einweben, was ich bestätigt sehe. Verkürzt sich dieser Muskel, so muss selbst ein. schlaffes Stimmband, wie es für die tiefen Brusttöne seyn muss, etw'as straffer durch die Verkürzung werden. Diese Wirkung des Muskels auf die schlaffen Stimmbänder ist ähnlich , wie die des Sphincter oris auf die Tension der Lippen heim Trompeteii- hlasen. Mau sicht, dass die jedesmalige Elasticität der Stimmlip- pen nicht bloss von der Ausspannung der Stimmhänder nach vorn Und hinten, sondern auch von dem Grade der Tension ihres äus- sern inusculoscn Umfanges abhängig ist. Die Stimmlippen he- schränken sich nicht auf die elastischen Bänder, sie sind nach in- nen elastisch handartig, nach aussen musculös. Man kann die Wirkung dieses Muskels auch durch seitliches Zusammendrückeri des Schlldkuorpels (der nicht verknöchert seyn darf) ersetzen und hierdurch kann man die Brusttöne so hoch treiben, als cs überhaupt leicht der merischlicheu Stimme mög- lich ist. Sind die Stimmhänder abgespannt, so werden die Fal- sellöne dabei ganz vermieden. Ein Kclilkopf gab bei der grössten Ab.spannung der Stimm- bänder durch Rückwäilshewcgung der Cartilago thyreoidea bei lixirlcn Cai tilagincs aryteuoideae den Brustton c. Durch geringe^ A,hspauiuing u'id släikercs Blasen (icssen sich die Brusttöne bis c. 198 IV. Buch. Betveguug. III. /‘Jbschn. Von <1. Stimme u. Sprache. also im Umfanc; einer Oclave steinern, Diess war die Gren*? der Brusttöne, welelie auf diese Weise erbalten werden konnteiij wurde nun aber der Ivelilkopf seitlicb zusammengedriiekt in der i Gegend der Stimmbänder und unter dieser Gegend, so wurden die weiteren Brusttöne mit Leichtigkeit bervorgebraebt und der Brustton stieg um so böber, je mehr die Zusammendrückung wuchs. Auf diese Art wurde wieder eine ganze Octave Brusttöne inöglicb bis c. liier war eine unübersteigliche Grenze und die Zusammendrückung des Scbildknorpels batte den höchsten Grad erreicht. Bemerkenswertb ist noch, dass bei dieser Zusammen- drückung die Fisteltöne ganz ausgeschlossen wurden. Es scheint daher, wenn man die Wirkung der Zusammendrückung des Kehl- kopfs von den Seiten auf die Stimmbänder für eine Nachahmung der Wirkung des M. thyreo-arytenoideus ansehen will, dass gerade dieser Muskel, indem er den Stimmbändern eine musculöse Ten- | sion ertbeilt, und indem er den Aditus glottidis inferior verengt. die Falsetstlmme ausscbliesst, die sonst schon ziemlich tief mög- lich ist. An dem vorhererwähnten Kehlkopf z. B. war der erste mögliche Falsetton als vor c und von da an w'citcr, dennoch wurden alle Fisteltönc von c bis c durch die stärkere Zusammen- drückung des Kehlkopfs ausgeschlossen, und die höchsten Brust- töne bei immer mehr zunehmender Zusammendrückung noch bis c möglich. Die Theorie der Brusttöne ist demnach diese: 1. Die Bänder schwingen in ganzer Breite, auch die mit ihnen verbundenen Membranen und der Muse, thyreo-arytenoideus. 2. Die tiefsten Brusttöne werden erhalten bei grösster Ab- spannung der Stimmbänder durch Rückwärtsbewegen des Schild- knorpels. 3. Bei so grosser Ahsjiannung sind die Stimmbänder nicht allein ganz ungespannt, sondern im Zustande der Ruhe auch run- zelig und faltig; aber sie werden durch das Blasen ausgedehnt und dieses giebt ihnen die zum Schwingen nöthige Tension. 4. Indem man die Abspannung geringer werden lässt und dem Schildknorpel erlaubt, sich nach vorn zu begehen oder dem Zuge des elastischen Ligamentum crico-thyreoideum medium nach- zugeben, steigen die Brusttöne bis gegen eine Octave. 5. Bei der mittlern ruhigen Stellung des Schildknorpels und der Cai’tilagines arytenoideae, wenn die Stimmbänder weder ge- spannt noch gefaltet sind, hat der Kehlkopf die Disposition zu seinen leichtesten mittleren Brusttönen. (Zwischen den mittleren und tiefsten Brusttönen liegen die der gewöhnlichen Sprache.) 6. Die zweite Octave tritt schon, indem aufwärts entspre- chende Fisteltöne neben ihr liegen, mit diesen in Collision , letz- tere werden vermieden und die Brusttöne bis zur letzten Grenze gesteigert durch Zusammendrückung de,- Stimmbänder von den Seiten und Verengerung des Aditus glottidis inferior vermöge des Musculus thyreo-arytenoideus, dann auch wieder, wie schon vor- her, durch stärkeres Blasen. 7. Bei den Brusttönen kömmt ausser den Stimmbändern 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen. 199 die miisculöse Tension der Stimmlippen durch den Musculus tliyi't’o-aryteiioideus in Betracht. 8. Bei den Falsettönen schwingt hioss der innere oder Rand- theil der ^Stimmbänder; sie hänp,en in Hinsicht der Höbe von Spamiunp; der Stimmbänder ab. , Aä. J)er Kt hlde.ckcl, die oberen St immhiinder, dieMORCAGm- ’X'hen Ventrikel, die Gaumenhogen, kurz alle vor den unteren Stimm- biindern liegenden Theilc sind weder zur Ihldung der Jirusitbne, noch '^'■r Falscttöne nölhig , wie sich deutlich genug aus diesen Versu- '^l*en ergiebt. A'ÄT. Die auf weiblichen Kehlkiipfen leicht hervorzuhringendeti T^dne sind im Allgemeinen höher. Doch lassen sich auch tiefe Töne bei S'inzliober Abspannung der Stimmritze und Annalierung ihrer Run- bis zurBerübrung selbst bei kurzer Stimmritze hervorbringen. Die Stimmbänder der weiblichen Kehlköpfe sind im Allgemeinen 'iel kürzer als die der männlichen, hievon ist hauptsächlich die i'öliere Stimme derAVeiber abzuleiten; so dürlten die Register dci *äännlichen Stimmen (Bass, Tenor), und der weiblichen Stimmen (Alt, ^opran) hauptsächlich und primitiv von der verschiedenen Länge *icr Stimmbänder ahzuleitcn seyn, oligleich der verschiedene Uin- huig des Kehlkopfes und die Stärke soinei' Wände auch einen Si’osseii Anlheil hat. Bilden die Wände einen schwachen und kleinern Resonanzboden, so werden zwar tiefe Töne vielleicbt noc i 'Möglich, aber klanglos seyn. Die längeren Stimmbänder der Männer werden zwar durch starke Spannung bei den Fistelloncn einiger- niassen ersetzen köiiuciij was tlicA^eibcr mit Leiclitigkeit auf kür— zeren Stimmbändern durch geringere Spannung hervorbringen. Indess hat diess nolhwcndig in der Contractionskralt der Mtsskeln seine Grenze. Muskeln können sieh im Maximum ihrer Verkür- zung nach ScHVVANS doch nur vim ohngetäbr ein Drittel ver- kürzen *). Dil die Spannung der Stimmbänder durch verschie- dene Muskeln von hinten und vom zugleich geschehen kann, und die Stücke, an welchen die Stimmbänder sich inscriren, einiger- massen hebelartig sich bewegen können, so sind zwar die Mit- tel etwas grösser. Indess muss doch bald auf diesem Wege eine bestimmte Grenze in der Steigerung der Töne hervorgebracht Werden. Bei der höchsten Spannung wird nur durch zulallige Be- rührung der Stimmbänder in einem alifjuoten Thcile ihrer Lange »och ein höherer sch wacher Ton hervorgebracht werden kiinnen. Ich habe die Länge der Stimmbänder bei Mäiinerii und Weibern und ihr Verhältniss zu einander zu messen gesucht. Da nur die Länge der Stimmbänder selbst, nicht aber die ganze Länge der Stimm- Per geringe,, «len Miisktln inögllelic Oivnl ltng ^cniaclil , art werden , ^ Grösse der liewe^nngon würde wegen des geringen Grades » kür^tiDg ^üiskrlii abnebmen und derlVnieps wüidc nicbi tue ir .s Anleßcn des Voidorarnis nn drti Obeiaiin bewirken können» was ei dci lüsertlon nalic am Hy puiuotblion bei gciingfr Veikuiaung kann. bei 200 IV. Buch. Bewegung. UI. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. ritze bis zur Pars inter- ary tenoidea für die möglichen Fälle in Betracbt kommen kann so habe ich bloss die Länge der Bänder von ihrer vordem Insertion bis zu ihrer hintern Insertion amVo- calfortsatz der Basis der Cartilago arytenoidea gemessen. Bei der veränderlichen Spannung dieser Bänder ist es nöthig, zur Ver- gleichung eine bestimmte Basis zu erhalten. Ich messe die Stimm- bänder, ausser dem Zustand der Ruhe, im gespanntesten Zustande, also hei der grosstmöglichen Länge, welche sich ihnen durch Ent- lernung des Schildknorpels und der Cartilagines arytenoideae ge- hen lasst. Im Allgemeinen sind die eigentlichen Stimmbänder bei den Weibern im Zustande der grössten Spannung um ein Drittel kurzer als die der Männer, doch kommen viele Variationen vor, welche in der folgenden Tabelle, in welcher die Messungen zu- sammengestellt sind, ühersichtlich werden. Zu den Vergleichungen der Männer und Weiber wurden nur die Kehlkopfe von Individuen genommen, die über die Jahre der Pubertätsentwickelung hinaus sind. Ein kleiner Theil der Fasern des Slimmhandes heftet sich etwas weiter rückwärts, als das Ende des Vocalfortsatzes, am Obern Rande dieses Fortsatzes bis gegen die vordere Kante der Cartilagines arytenoideae hin an. Dieser Theil des Stimmbandes ist bei dem Messen mitgezählt worden. Maximum der Männer. Weiber. Spannung 21 itlillm. 21 25 26 23 23 16 15 16 Ruhe . 18 16 21 19 12 12 14 14,5 Mittlere Länge der Stimmbänder des Mannes in der Ruhe 18|^Millim, 12-^ Millim*^*^ Stimmbänder des Weibes in der Ruhe Mittlere Lange der Stimmbänder im Maximum der Span- nung: beim Mann Z-Ji Millim., beim Weibe 15| Millirn. Die Längen der Stimmbänder des Mannes und des Weibes verhalten sich daher sowohl in der Ruhe, als im Maximum der Spannung ohngefähr wie 3 zu 2. Die Länge, um welche die Stimmbänder aus ihrer gewöhnlichen Länge durch Spannuiie ver- aber beim Mann etwas weniger als 5 Miliim., beim Weibe 3 Millim. ” Messungen beider Zustände an den Kehlköpfen verstorbener Bassisten, Penoristen, Altisten und Sopranisten, und auch der Castraten wurde für die Physiologie von dem grössten Interesse seyii, mussten aber vergleichend mit Messungen an anderen Kehl- köpfen angestellt werden, damit die Vergleichungspuncte dieselben bleiben. Demi wenn man z. B. die Stimmbänder vom vordem Anlang bis zu der vorspringeiiden Spitze des Vocalfortsatzes misst, so werden die Quantitäten immer etwas kleiner als die vorn an- gegebenen auslalleii. XX U. Bei gleicher Spannung der Stimmbänder durch ein Ge- wühl lässt s,ch durch stärkeres Blasen der Ton bis fast zu einer 2. Stimme, Siimmorgan des Menschen. 201 Quinte und mehr in die Höhe treiben; alle halben Töne folgen mit Leichtigkeit. Wurde z. B. von g in der ersten Bassoctave des Claviers ausgegangen, welches heim schwächsten Blasen als Grand- ton der Stimmbänder angegeben wurde, so Hessen sich durch successives Verstärken des Anblasens g, gis, a, ais, h, c, cis her- '’orbringeu. Wurde nun die Spannung durch Gewichte so ver- stärkt, dass der Kehlkopf beim schwächsten Blasen die Octave von 8 oder ^ gab, so ging der Ton hei successivem stär^rn Blasen in halben, ziemlich reinen Tönen in die Höhe bis zu e. Bei einem andern Versueh ging der Ton von dis, heim starkem Blasen successiv bis a in die Höhe. Diess Steigen ist auch von ijIScovius beobachtet w'orden; FebbeIii hat es schon gekannt (il/c'm. de l a- rad, de Paris 1741. 431.), aber zu geringe auf einen halben bis ganzen Ton angeschlagen. In diesem Puncte stimmt das Stimm- oi'gan ganz mit einem künstlichen Kehlkopf mit memhranösen Zungenblättern überein. Bei troekenen Blättern von Rautschuck lässt sich zwar, wie wir oben bereits bemerkten, durch Verstär- kung des Anblasens der Grundton nur um einige halbe Töne steigern, aber bei elastischen nassen Zungenblättern, von demsel- ben Gewebe wie die Stimmbänder, nämlich von der Carotis com- munis des Menschen, Hess sich der Ton auch durch successives stärkeres Blasen von halben zu halben Tonen bis zu einer Quinte in die Höbe treiben. Hieraus gebt hervor, dass man aut dem menschlichen Kehlkopf auf zweierlei Weise einen und denselben Ton X geben kann ; einmal bei ruhigem schwachen Blasen, in die- sem Fall müssen die Stimmbänder diejenige Länge und Spannung Y haben, dass ihr Grundton der Ton x ist; zum andernmal, wenn die Stimmbänder bei der Länge und Spannung für einen tie- fern Grundton innerhalb der nächst tiefem Octave durch star- kes Anblasen bis zur Höbe des Tons x gestimmt werden. Bei- derlei Töne sind an Klang sehr verschieden. Der mit ru- higem Blasen gebildete ist viel klangvoller als derselbe Ton, wenn er durch stärkeres Blasen bei geringerer primitiver Span- nung gegeben wird, der letztere mit mehr oder weniger Anstren- gung je nach der ]>rimitiven Spannung der Stimmbänder hervor- gebraebt, hat etwas Kreischendes, Schreiendes, und wird um so mehr klanglos, je weiter die primitive Spannung der Stimmbän- der sich von der primitiven Spannung für den Grundton x ent- fernt. Ist das Maximum der Spannung erreicht, vvobei die Stimm- bänder den bei ruhigem Blasen höchsten möglichen Ton geben, so können durch stärkeres Anblasen noch einige schreiende, hö- here Töne erzwungen werden. Die Frfahrung an uns selbst lehrt dicss auch, und man sieht, wie weit man die Verhältnisse der Stimme des lebenden Körpers durch Versuche am Kehlkopf der Leiche erläutern und nacbbildcn kann. XXllI. Wird die Luft bei einer bestimmten Spannung der Stimmbänder eingezogen, statt uusgestossen, so spricht der 'I on in der Regel nicht an, ztüvcilcn kam ein etwas tieferer, rasselnder Ton zum Vorschein, Vergl. oben das Bemerkte über die Kautschuckzun- gen p. 152. 202 IV. Buch. Ucivegung. lll.Ahschn. Von d. Stimme ii. Sprache. XXXIV. T'V erden die Stimmhünder durch Berührung ihres iiusserii Theils gedämpft, so geben sie höhere Töne an, gerade so wie die Kautschurkbänder am künstlichen Kehlkopf. XXXV. Die Länge des /tnspruchsrola-s und Ansatzrohrs hat auf den Ton der Stimmbänder keinen solchen merklichen Kinihiss , wie auf den Ton der Kautselwckzungen. Macendie verrnutliet, dass nadi A^nalogio der Zungenpleifen von Grenik die Länge der VVIndlade am nicnscblielien Kehlkopf, oder die Länge der Luft- röhre auf die Veränderung des Tons Einfluss haben könne. Die Versuche am künstlichen Kehlkopf mit Kautschuckbändern und die Versuche am Kehlkopf seihst stimmten in diesem Piincte nicht sonderlich überein, und die letzteren bestimmen mich der wenig vcrändcrlichim Länge der Luflröhr.' allen Einlluss auf die Ver- änderung der Höhe der Töne ahzuspsrechen. I5ei Verlängerung des 'vVindrohrs durch verschiedene Stücke von kleinen zu grossen Dimensionen ist es mir unter möglichst gleichem Blasen für den Grundion einer bestimmten Spannung nicht möglich gewesen den Ton um ein merkliches zu vertiefen, was doch gewöhnlich bei Kautsclmckziiiigcn , ja sogar Arterien- hauthändern leicht gelingt. In vielen Eäilen schien die Verlän- gerung Tiiul Verkürzung des Wiudrohrs gar keinen Einfluss auf die Veränderung des Tons zu haben; in andern Fällen gelang durch Verlängerung des Windrohrs eine Vertiefung von einem halben, sehr selten von einem ganzen Ton bei gleich schwachem Blusen. Auch wenn bei bestimmter Länge des Windrohrs ein Ansatzrohr vor die unteren Stimmbänder gebracht wurde , war der Ein- fluss dieses eben so gering. Die letzteren Versuche siml viel schwerer als die mit Verlängerung des Windrohrs auszui'ührcn, weil cs schwer ist, ein Ansatzrohr vor den unteren iStimmhändern anzuhinden, und weil sich, wenn d'jess auch angchl, den Stimm- bändern jetzt schwer eine bestimmte Spannung geben hisst. Auf folgende Weise gelangt man zum Zweck; Man binde erst die hinteren Enden der Stimmbänder durch einen dicht an den Vocal- fortsätzcii der Cartilagines nrytenoidcae durchgezogenen Faden an- einander. Hierdurch wird der Anspruch gesichert. Diu Fäden der Ligatur werden rückAvärts über die häutig musculöse Zwischen- wand der Cartilagines artytenoideac herausgeleilet. Kehldeckel, Ligamenta ary -cpiglotlica , SANToRiNl'sche Knorpel und die häu- tige Zwischenwand zwischen den Cartilagines arytenoideae müs- sen bei^ diesem Versuch zum Anbinden eines Ansatzrohrs von (i — 8 Linien Durchmesser noch am Kehlkopf bleiben. Der obere Rand des Schildknorpcis hingegen wird zur Erleichterung des Anhindens des Ansatzrohrs abgeschuitlen. Auf das kurze Ansatz- stück können nun neue Ansatzstücke von gleichem Caliber auf- gesetzt werden. Der Kehlkopf wird dann lixirt, die Carlilagines arytenoideae von hinten durch eine Ligatur genähert und nun crtheilt man den Stimmbändern von der durch eine kleine Oeft- nung ausgeleitcteu Schnur, womit der hintere Thcil der Stinim- häiulei' zusainmengebunden ist, eine bestimmte Tension. Beim Bla.-eii wird die Oelfiiung, wodurch die Schnur aus der Kehl- kopfhöhle ruckwärls abgeht, zugehallcn. Bei diesen Versuchen 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen, 203 1 Welche unter die allerschwierigsten geliören, habe ich mich aucli keinem erheblichen Einfluss der Länge des Ansatzrohrs aut ^*en Ton der Stirnmhänder überzeugen können, wie oft ich die \ersuche auch wiederholt. Die mögliche Vertiefung betrug in einigen seltenen Fallen auch nur einen halben Ton, viel selte- l’er gegen einen ganzen Ton, in den meisten Fällen entstund gar ’^eine merkliehe Veränderung. Diess scheint ein Untei’schied zwischen dem natürlichen und •künstlichen Kehlkopf zu seyn, bei welchem letztem, sowohl Wenn Kautschuckbänder als wenn nasse Arterienhaulbänder an- gewandt wurden, die Vertiefung bei Verlängerung des Ansatzrohrs den p. Ißl. erläuterten Grenzen auffallend war. Indessen ist dieser Unterschied nicht absolut, denn zuweilen, besonders bei Schwierigem Anspruch, bei zu lose oder zu stark gespannten Bän- dern, gaben diese auch keine oder nur eine sehr unbedeutende ^ertiefung des Tons bei Verlängei’ung des Ansatzrohrs oder Windrohrs. Siehe oben p. 159. Ich habe manche Versuche darüber angestellt, wovon dieser Unterschied abhängeii kann. Die W'ahrsclieinlichste Erklärung scheint mir diese zu seyn; Am K.ehlkopf kommen hauptsächlich bei einiger Spannung nur die Schwingungen der Stimmbänder selbt in Betracht, indem die Älembran, welche den Seitenumfang der Stimmbänder mit den Wänden des Kehlkopfs verbindet, nicht gespannt wird. Bei •künstlichen Keblköjjfen mit Kautscbuckbändern oder Arterien- hautbändern kömmt aber nicht bloss ihre Spannung in zwei Rich- tungen an ihrem Rand hin in Betracht, sondern auch der mehr schlaffe Theil der Kautschuckplatten und Arterienhaut wirkt auf die Schwingungen des Randtheils ein, wie man an der leisen Dämpfung dieses Theils sieht. Vermöge dieser grossem Breite und des Zusammenhanges des gespannten und ungespannten Theils der continuirlich elastischen Membranen, sind diese, auch zu viel mehr Modificationen von Schwingungen und Tönen liei den von der Länge des Ansatzrohrs und Windrohrs ausgehenden Bedin- gungen fähig, ab. bei den Stimmbändern, wo die primitiven Schwingungen hanptsäcblich auf die Stimmliänder beschränkt sind. Ich dachte, dass vielleicht die membranöse dehnbare Beschaf- fenheit des Windrohrs, die Luftröhre am Kehlkopfe auch Anthcil an dem geringem Einfluss der Ansätze hätte. Diess hat sich je- doch nicht bestätigt, denn wenn ich der Luftröhre ein hölzernes Rohr suJjstituirte , so erhielt ich keine grösseren Veränderungen des Tons durch die An.sätze. Vielleicht haben indess die Mem- branen zwischen den Knorpeln des Kehlkopfs, in sofern sic vorn Wind ausgedehnt werden, doch einigen Antheil an jener Ver- schiedenheit vom künstlichen Kehlkoptj dessen Wände durchgän- gig fest sind. Bei den Versuchen über den Einfluss der Ansätze auf den Ton der Stimmbänder am Kehlkopf selbst,' schien mir zuweilen bei einer bestimmten Länge des Windrohrs der Ton weniger gut anzusprechen als bei ander en, wie solches auch bei den Kuutschuck- irungcu bemerkt wurde. Es hängt davon ab, dass die Luftsäule sich nicht gut den Zungen accomudirca kann. Wueaisiokc 20 4 IV. Buch. Beilegung. HI. Abschn. Von d. Stimme a. Sprache. (Mayo OtilUnes of phfsiolog/.] hat bereits diesen Umstand bei an- deren Zungcnpleifen liorvorgeboben und B/shopp legt viel Werlb aut' die gegenseitige Accomodation der Luftsäulen vor und hin- ter den Sliinmb'andern im lebenden Zustande. Dieser Einlluss ist indess bei meinen Versuchen selir gering gewesen und niii‘ nur einigemal unter vielen Fallen vorgekonimen, daher ich dieser Accomodation, auf meine Erl'ahrungen gestützt, am menschliciien Slimraorgan nicht den Einlluss zuschreiben kann, den ihr Bishopp zuschreibt. fm Gegenthcil zeigt sich deutlich, dass man anl Verkürzung und Verlängerung der Luftrohre, aift' Verlängerung und Verkürzung des Baumes vor den Stimmbändern durch 11er- absteigen und Ilcraufsteigen des Kehlkopfs hei der A^eränderung der Töne beim Alenscheii sehr wenig rechnen kann. Man kann nur höchstens so viel aniiehmen, dass die Verlängerung des Bohrs vor den unteren Stimmbändern durch Hcrabsteigen des Kehl- kopfs und die Verkürzung durch Aufsteigen, im ersten Fall die Bildung der tiefen Töne ccteris purlbus, die Bildung der höhe- ren Töne im zweiten Fall erleichtere, was wenigstens durch den Erfolg an lebenden Menschen bestätigt wird. XXVI. Die zum Thed membraniise Beschaffenheit der Ijufb- rühre als Windrohr mrkt nicht merklich modificirend auf den Ton der Stimmbänder, und die Luftröhre uerhiilt sich zum Ansprechen so ivie ein hölzernes Hohr von derselben Weite. In dieser Hinsiebt verhalten sich die Zungenpfeifen mit membranösen Zungen und theilweise membranösern VVindrohr ganz anders, wie die mem- branösen Labialpfeifen mit schwingender Luftsäule, bei welchen nach Savart’s Entdeckungen die Mitschwingung der inernbranö- sen Wände der Pfeile die Hauptschwingungen der Luftsäule be- deutend inodificirt. Dieser Einlluss geht hier so weit, dass eine Labialpfeife aus dünner nasser Pappe den Ton um eine ganze Octave um den einer gleich langen Labialpfeife von festen Wän- den erniedrigen kann. Frouibp’s JVV. 3.32. ]>. 21. Bei den sehr kurzen kubischen Pfeifen ist die Erniedrigung noch viel grösser und kann zwei ganze Octaven betragen. Siehe oben p. 144. Ich setzte ein Windrohr zu 7:y Zoll Länge aus 3 Zoll Luftröhre des Menschen und 4;} Zoll Holzröhre zusammen. Der Ton einer Kautschuckzunge durch dicss Bohr angeblascn, war derselbe als bei einem gleich langen festen Windrohr. Auch die Dämpfung des membranösen Theils der Lultröhrc mit der Hand hatte kei- nen irgend merklichen Einfluss. XXVII, Das doppelte Ansaizrohr am me.nschlichen Stimmorgan mimlich, Xlundrohr und Xasenrohr scheint in Hinsicht der Höhe des Ions nicht anders als ein einfaches Ansalzrohr zu wirken, veriindert aber den Klai^ des Tons durch die Resonanz. Ich habe diesen Einfluss an einem künstlichen Kehlkopf mit Kautschuckbande zu heslimracn gesucht, der in ein kurzes Ansatzrohr endigte, an wel- ches eine^ gahelig getheiltc Böhre angelegt werden konntei Der Ton war in der Höbe derselbe als bei einfaclicm Ansatz von dei’- selben Länge, aber klangvoller. XX VIII. ^ Die Deckung der obcrti Kehlkopf holde durch Ileralc- driickcii des Kehldeckels vertieft den Ton etwas und macht ihn zu- 2. Sihmne. Stlmmorgan des Menschen. 205 khirh dumpfer. Diess ist ganz der Deckung eines kurzen Ansatz- l’efirs am künstlichen Kelilkopf analog. Siehe ol)en p. 167. Wir ^•^dienen uns oftenhar axich dieses Mittels zur Erzielung heden- tctuler Tiel'e. Diess scheint weuigstens der Zweck des HeraL- ""d Zurückziehens tler Zunge Lei vorwärts gesenktem Kopte hei *^*'*wungenen tiel'en Uasslöncn zu seyn. ^\IX. Im Uchrigen scheinl der Kehldeckel hei der Modlfica- lion der Töne von keiner Jiedeu/ung zu seyn. Ich befestigte einen ^Menschlichen Kehldeckel im Umfang eines Ansatzrohrs nahe vor Kautschuckplatte eines künstlichen Kehlkopfs, ohngefähr weit davon entfernt als er im natürlichen Kehlkopf von der Sliniinritze entfernt ist. Der Ton war beim Anblasen des küustli- Mlien Kehlkopfs kein anderer, als wenn der Kehldeckel aus dem ^•'satzrohr herausgenomnien war, doch musste der Kehldeckel ^Mei mitschwingen können; war er so befestigt, dass er mehr ver- ■‘^lopfcrid wirkte, so war auch die Folge wie beim Verstopfen auf Mildere Art. Der Orgelliauer GrenijS hat dem Hinaulgehen des ■foii s in den Znngenpfeifen mit metallischer Zunge bei stärkerm "lasen dadurch abzuheifcn gesucht, dass er ein schwingendes Blatt ''Mr der Zunge anbrachtc, und Biot und MAGENniE vermuthen, dass der Rehldeckel am Kehlkopfe eine ähnliche Function haben 'hnne. Dii-ectc Versuche, die ich darüber anstcllLe, sind dieser Idee nicht günstig. Der Ton kann cctcris paribus bis zu einer Quinte successiv dui-ch Blasen gesteigert werden, mag der Kehl- deckel vorhanden seyn oder nicht. Fühlt man mit dem Finger an sich bis zum obern Rande des Kehldeckels, so kann man bemerken, dass der Kehldeckel dieselbe Stellung behält, mag man den Ton mit der Fistel- oder bruststimme singen. AAA'. Die Gaumenbogen verengern und das Zäpfchen verkürzt sich lei höheren Brusttönen, wie bei den talsettönen, und bei dem- selben hohen Ton ist der Isthmus faiieium gleich eng, mag der Ton Brustton oder Falsetton seyn. Auch kann man in beiden Füllen die Gaumenbogen mit den Fingern berühren, ohne dass der Ton ver- ‘^tdcrl wird. Man kann alles diess sehr gut erfahren beim ■Einbringen des Fingers von der Seite in den Mund bis in den Isthmus. Hieraus widerlegt sich die Ansicht von Besnati, dass die Gaumenbogen am Falset Antheil haben oder es hervor- "i'ingen. Die einfache Thatsache der Verengerung der Gaumen- hogen hei höheren Tönen ist von Fabuicius ah Aquapemdente öfterst beobachtet, in neuerer Zeit von ÄIayer, Bennati, Dzosdi bemerkt. XXXI. Die Verengerung des Anfangs des Ansatzrohrs oder der obern Kehlkopf höhle dicht vor den unteren Stimmbändern kann ^Och der Theorie der Zungenpfeifen den Ton etwas erhöhen. In- dessen lässt sich diess durch Versuche nicht beweisen', da die Zusammendrückung der obern Kehlkopfhöhle am ausgeschnitte- Kehlkopf ohne einige Wirkung auf die Stimmbänder nicht Sut möglich ist. Einfache Verengerung hat keinen merklichen Einfluss!’ , ° ° XXXII. Mo RGAGlfi’ sehen Ventrikel haben offenbar bloss 206 IF. Buch. Bewegung. HI. /Ibschn. Von d. Stimme u. Sprache. den Zweck die Slimmhlindcr von aussen frei zu machen, damit iJu'i Schwingungen ungehindert sind. Dicss ist aucli liereits von Meli' reren, wie MXlöaigne, Cii. IIeli. u. A. angegcLcn. Der ersterc vergleicht jene Ventrikel mit tlcr Aushöhlung des Mundstücks der Trompete, welche die Lippen frei macht. C. Allgemeine Folgerungen. Aus den Versuchen am künstlichen Kehlkopf mit membra- nösen Zungen sowohl, als aus dem im Wesentlichen ganz üher- einstimnienden Erfolg der vorerwidintcn Versuche am KchlkopI des Menschen seihst ergieht sich, dass das menschliche Stimm- Organ ein Zungen werk mit memhranösen doppelten Zungen ist. Diess ist bereits die Ansicht mehrerer Physiker, wieBior, CAGmARii T,A Tour, Murcke, theoretischer Musiker, wie Götter. Weber, und Physiologen, wie Magendie, Malgaigre u. A. Ferbein halte schon im Jahre 1741 {IMem. de l’acad. d. ac.) durch Versuche an Leichen über das Tonen der Stimmmhander, und ihre verän- derte Stimmung je nach ihrer Länge und Spannung einen gu- ten Grund zu dieser Theorie vorbereitet. Seihst Savart (Ma- GESD. J. d. Fhysiol. 5.), welcher die Vergleichung des Stinmi- organs mit einem Zungenwerk anfoclit, gab zu, dass, wenn man Töne durch Blasen in die Luftröhre hei ahgeschnittenem vordem Theil des Kehlkopfes bis auf die unteren Stimmhänder hervorhringe, diese Töne auf dieselbe Art hervorgehracht wer- den, wie die Töne der Zungen; er hielt zwar diese Töne den Tönen der menschlichen Stimme unähnlich , indess kann ich hei tler von mir angewandten Methode keinen w'esentlichcn Unter- schied des Klanges finden ; ich erhalte Brusttöne und Falscltöne mit dem ganzen Klang dieser Register je nach den angegehenen Bedingungen, und was verschieden ist, mag durch das Ansalz- rohr am Stimmorgan erzeugt werden. Savart hielt für das ei- gentlich Tönende die Luft der Seltenventrikel des Kehlkopfes zwi- schen den oberen und unteren Stimmhändern, und verglich diesen Apparat mit den von ihm erläuterten Lockpfeifen der Jäger, oder kleinen Labialpfeifen mit tönender Luftsäule. Siehe oben p. 14(1. Tndess ist der elastische Apparat der unteren Stimmbänder und die Organisation zu ihrer Spannung zu deutlich auf ein Zuiigenwerk berechnet, als dass man auf jenen Einwurf des um die Akustik so höchst verdienstvollen Physikers grossen Werth- legen könnte; überdiess werden auch an Kehlköpfen, deren Scilcnventrikel und vordere Stimmbänder man unversehrt lässt, die Töne eben so sehr durch die verschiedene Spannung der unteren Stimmbänder ino- dilicirt, als wenn jene Theile bis auf die unteren Stimmbänder weg- genommen sind. Diejenigen Säugelhiere (Wiederkäuer), denen die oberen Stimmbänder fehlen, schliesscn ohnehin schon dieTlieoric von Savart ans. Der ganze Apparat vor den unteren Stimmbändern ma^ wohl auf die Modilication des Tons einigen Einfluss haben, wie das Ansatzrohr an dem Mundstück der Zungenwerke, besonders durch Verengerung der obern Kehlkopfhöhle, weniger der Länge des An- satzrohrs, und am menschlichen Stiinmorgan kann dieser vordere Theil des Kehlkopfes so modificirt werden, wie es an dem Ansatz- 2. Sthmnc. Stimmorgan ilcs Mimschen. 2((7 wclcliem (lio S^wnmiii'!; e sich bewegt, sondern frei vor der, Mündung 'lurch den starken Luftsli-oni schwingt, indem der Luftstrom so stark ist, dass die Zunge, elie sie die Ocffnuiig schliessen kann. Schon wieder ahscliwingt. Endlicli lassen sich am künstlichen Kehlkopf mit Kautsclinckhäiidcrn die Züngentöne oft noch hei ansehnlicher Spalte der Zungenlippen angeben. Siehe über die Theorie, der Züngentöne p. 174. Was die Vergleichung der Stiramhänder mit Saiten hetrilft, (Perrein), so hat diese allerdings etwas -Richtiges , ist aber in anderen Puncten unrichtig. Ferreik’s Versuche, welche diese Aehnlichkeit zeigen, gehören unter die besten, die je gemacht ^orden sind. Er zeigte {Mcm. de l’acad. d. sc. 1741.), dass die Stimmbänder nach Analogie der Saiten, die von der Lul't ange- ■''prochen werden, tönen, und dass die Töne der Stimmbänder hei ''crschiedencr Weile der Stimmritze durchaus nicht verändert Werden. Die Hälfte der Stimmbänder gab ihm die Octave ihres ^rundtons, der dritte Theil die Quinte. Endlich fand er, dass C'ne Veränderung der Länge der Bänder von 2 — 3 Linien zu al- len Variationen iler Höhe hinreiche (indem die Spannung hier er- setzt, was liei gleicher Spannung verschieden lange Saiten thuii). ^urden gleich diese Versuche von Bertin bestritten, so wurden Sie von Montagnat, Runge und Noulet bestätigt. Hai.t.er Eiern, /‘fysiol. HL Li/j, JX. §. 8. 9. 10. In der That zeigen die früher J'i'Wähntcn, von mir ungestellten Versuche am künstlichen Kehl- ^"pf eine vollkommene Parallele. Die Hälfte einer Kautschuck- *Ungc gab die Octave ihres Grundtons, und die Versuche mit piensurirter Spannung der Stimmbänder zeigen auch, dass^ diese ^'meen ihre Schwinaungen itn Alleemeincn ziemlich wie die 208 IV. Buch. Bewegung. HL Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. sagt: Was ist im Kclilkopf vorhanden, das einer schwin- genden Saite älinlich wiire, wo fände sich hinreichender Platz, um einer solchen Saite die für die tieferen Töne erfor- derliche Länge zu gehen? Wie könnte man {emals Töne von einem Umfange, wie es hei Menschen stattfindet, daraus her- vorlocken? Die einfachsten Grundsätze der Akustik widerlegen hinreichend diese seltsame Meinung. Lehrhuch der Rcperimental- physik. 2. 143. Dieser Einwurf lässt sich leicht widerlegen. Jede jiiemhranöse Zunge schwingt nach den Gesetzen der Saiten , wie eine metallische Zunge nach den Gesetzen der Stäbe. Eine Saite würde hei jeder- hcllchigen Verkürzung noch tiefe Töne hervor- hringen können, wenn sie hei der nöthigen Abspannung noch Elasticifät genug hätte. Diesen Grad der Elasticität haben aber die elastischen Membranen und Rautschuckhlätter hei grosser Ab- spannung noch, und wir haben gesehen, dass diese kurzen Bän- der bei der Verkürzung im umgekehrten Verhältniss der Länge, wie die Saiten ihre Töne ändern. Kleine Kautschuckblätter ge- ben sogar gespannt selbst durch Anstoss klare Töne von sich, obgleich sie nicht nachhaltig sind wie bei langen Saiten. Der continuirliche Anstoss der Luft beim Anblasen macht aber diese Töne nachhaltig, anhaltend; er macht eine durch den einfachen Anstoss als Saite schwingende Lamelle zur Zunge. In dieser Hinsicht stimmen also die Stimmbänder ganz mit den Saiten überein, und der einzige Unterschied liegt in dem ansprechen- den Körper. Bis dahin ist die Vergleichung von Ferkein voll kommen richtig. In einem andern ■ Puncte weichen indess die Stimmbänder ganz von den Saiten ab, und dieser Unterschied ist gross genug> um diesen wie anderen membranösen Zungen eine eigene Stelle in den musikalischen Instrumenten zu sichern. Der stärkere An- stoss lässt eine Saite tiefer tönen; das stärkere Anblasen erhebt hingegen den Ton einer membranösen Zunge um einen, zwei und mehr halbe Töne, und wenn die elastischen membranösen Zungen nass sind (Stimmbänder und Bänder von Arterienhaut), sogar um viele halbe Töne. Die Metallzunge einer Kinderschal- mey tönt immer höher bei stärkerm Blasen ohne Intervalle bis anderthalb Octaven, wie ich sehe, und wenn sich andere Metall- znngen nicht so verhalten, so ist es bloss eine Folge ihrer Stärke im Verhältniss zum Luftstrom. Bei einer Zunge hängt also die Höhe des Tons von der Zunge und der stossenden Luft zugleich ab. Wird hingegen eine Saite einmal angestossen , so wirkt der An- stoss nicht weiter nach und modilicirend auf die Schwingungen ein, und die Saite ist den Schwingungen allein überlassen, welche aus ihrer Länge und Spannung folgen. Siehe das Nähere oben p. 174* Mehrere Physiologen, worunter Dodaet, Liscovius, legen io die Weite oder Enge der Stimmritze und in die an dieser Stelle hervorgebrachten Luftschwingunpn die wesentliche Ursache der Stimme. Obgleich Dodart (Mcm. de tacad. d. sc. 1700.) den Einfluss der Spannung der Stimmbänder auf Veränderung des Tons wohl kannte, so erklärte er doch die Erzeugung der ver- schiedenen Töne zuletzt nur aus der Grösse der Oeffnung, indem 20.9 2. Stimme. Stimmurgnn des Menschen. verscTiietlen gespannten StimmLänder bei dem Durebgehen Lull schwingend durch die Stimmritze eine verschiedene “effnung zulussen. Eine Veränderung der Stimmritze urn -jJj- ei- ^es Seidenhidens , oder ■j.J-j- eines Haars gebe schon einen an~ tlern Ton. Diess ist indess vollkommen unrichtig. Denn seihst *^'Qe auffallende Veränderung der Weite der Stimmritze hat, wenn 'iiir die gleiche Spannung der Stimmbänder gesichert ist, keine Aenderung der Höhe des Tons zur Folge. Liscovius Ansicht [Theorie der Stimme. Leipz. 1814.) ist diese: die Stimmritze selbst *'nd ihre verschiedene Weite scy es, worauf es hei Entstehung der Stimme und ihrer mannigfaltigen Höhe und Tiefe vorzüglich '»nkomme. Indem die Luft mit einiger Gewalt und Schnelligkeit durch diese enge Oeffnung hindurchdringt, werde sie dabei also *usammcngedrückt und erschüttert, dass alle ihre kleinsten Theil- chen hin und her bewegt werden. Etwas Aehnliches sehe man allen arideren Fällen , wo die Luft durch irgend eine enge Oeffnung hindurchgetriehen werde. Je grösser' nun die Oeif- fiung der Stimmritze sey, desto tiefer der Ton, weil dadurch grossere und folglich langsamere Luftwellen entstehen. Liscovius Ein würfe gegen das Tönen der Bänder selbst sind diese : Nach ihm sollen die Stimmbänder hei tiefen Tönen angespannt, bei hohen erschlafft werden. Denn hei tiefen Tonen erweitere sich die Stimmritze und ihre Bänder weichen auseinander. Sobald aber eine Oeffnung hei unverletztem Zusamuienhange erweitert werde, müssen »lothwendig die Ränder der (.lelfnung ausgedehnt werden. So scy keine F.rweiterung der Stimmritze möglich ohne gleichzeiti“e Auspannung der Stimmbänder, und folglieh seyen die Stimmbän- der hei tiefen Tönen gesjiannt, hei hohen erschlafft. Diess ist otlenhai ein Missverständniss. Gicht man den Stimmbändern eine bestimmte Spannung durch die früher beschriebene Vorrichtung, so lässt sich hei gleicher Spannung die Weite der Stimmritze ganz beliebig verändern. Die Stimmritze kann sonst bei gespannten und erschlafften Bändern sowohl weit als enge seyn. Dann bemerkt Liscovius, dass nur trockne Saiten elastisch seyen; die Stimm- bänder aber seyen immer nass. Die Saite ist indess nur eine bestimmte Species der fadenförmigen, durch Spannung elastischen Körper. Diese Spccies verliert ihre Elaslicilät, wenn sie nass Ist. Das elastische Gewebe im menschlichen Körper ist hingegen Hur elastisch, wenn es nass ist, und verliert seine Elasticität, wenn es trocken ist. Diess sind singuläi’e Verschiedenheiten, welche die feststehenden Gesetze der laden förmigen, durch Spannuiif' elastischen Körper nicht verändern. Der Einwurf, dass die Stimmbänder als Ränder unmöglich einen Umfang von Tönen und diese Tiefe haben könnten, ist schon oben erledigt. Mau hat sich bei dem Vergleich der Stimm- bänder mit Saiten pro und contra viel zu sehr an dieser Species ■Von fadenlörmigen , durch Spannung elastischen Körpern aiifge- balten und ist dadurch auf Alissverständnisse gekommen. Sub- stiluirt man den Darmsaiten mehr elastische Fäden von Kaiit- schuck oder thierischeni elastischen Gewebe, so fällt alles Zufäl- lige, was uns gerade die Daimsaiten darbieten, weg. Wüllcr^s Physiolojfie. 2r BtK I. 14 210 IV. Buch. Bewegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Liscovitjs hninci kt, dass keine Saite von blosser Luit so sein’ erscbiittert sverden kiinne, um starke Tiifie liervorzubringen* Rautscbuckbänder und Bänder von nassem, Ibieriscbem, elaHi- schem Gewebe geben, von dem leinen Liirtstrom aus einem Röhr- chen frei angeblasen, die stärksten Töne an. Dass die Anspannung und Erscblafbing der Kehlbändcr auf die Höhe und Tiefe des Tons ueii.er keinen Einfluss liabe, als nur in sofern dadurch die Stimmritze erweitert oder verengert werde (Liscovixis a. a. O. 30.), dem muss icii meine constnnlu Erfahrung entgegensetzen, dass bei gleicher Weite der Stimmritze die Töne im Umfange von zwei Octaven durch blosse veränderte Spannung der Stimmbänder bervorgebracht werden. Wenn Liscovjus beim Einblasen in die Stimmritze das eine Stunmbarid stark anspannte und das andere zu gleicber Zeit sehr erschlaifte, so entstanden nicht zwei verschiedene Töne, sondern es war durchaus nur ein einziger Ton herauszubringen, dessen Hohe im Verhältniss stand mit der Weite der Oefl’nung der Stimmritze. Die erste Beobachtung ist vollkommen richtig. Die Stimmbänder verbalten sich hierbei aber ganz wie gespannte Kautschuckbänder. Wir haben oben gezeigt, dass bei ungleicher Spannung gewöhnlich nur eines der Bänder tönt, das andere sich als Rahmen verhält. Selten sprechen aber wirklich zwei Töne an, der Grundton des einen und andern Kautschuckbandes und ebenso verhält es sich mit den Stimmbändern. Wenn Liscovius die Stimmbänder mit dem Finger berührte, doch ohne die Weite der Stimmritze dadurch zu verändern, so blieb dennoch der Ton ganz derselbe, da doch, wenn hier die Gesetze der Saiten stattfnnden, der Ton dadurch hätte erhöht werden müssen. Meine Erfahrungen an Rautschuckbändern zei- gen übereinstimmend mit meinen Beobachtungen an den Stimm- bändern dass eine Dämpfung der Stimmbänder durch Berührung in der Ehat den^ Ton bedeutend modificirt, auch dann, wenn die W'eite der Stimmritze gleicbbleibt. Durch blosse Verkleinerung der Stimmritze ohne veränderte Spannung der Stimmbänder werde der Ton höher, durch blosse Erweiterung der Stimmritze ohne veränderte Spannung der Stimmbänder werde der Ton tiefer; die Höhe des Tons liän^'e aber nicht von der Breite der Stimmritze allein, sondern von der gesannmten Weite, d. h. von der Länge und Breite zugleich ab. Ich linde, dass die tiefen Töne noch bei sehr kurzer Stimm- können, sobald die Bänder nur ganz schlau sind; mit der Verkürzung der Stimmritze von vorn nach hinten steigt zwar im Allgemeinen die Höbe des Tons, aber nur bei glcichbleibeiider Spannung. Die Breite der Stimmritze hat keinen wesentlichen Einfluss auf die Höhe des Tons, als nur, in sofern bei breiter Stimmritze kein gutes Anblasen von der Luft- röhre aus möglich ist. Bei breiter Stimmritze spricht daher die Stimme nicht allem schlecht an und der Ton wird klanglos son- dern es kann auch bei breiterer Stimmritze nur der Grundton der Stimmbänder gegeben werden, und durch stärkeres Blasen lasst sich begreiflich der Ton nur wenig heben; dagegen bei enger 2. Stimme. Stimmurgan des IMenschen. Gesang. 211 timmi’itze unter glcichbleibender Spannung nicht bloss der Gründ- en bei schwachem Blasen, sondern durch Verstärkung des Blaseiis '""ich alle halben Töne bis über die Quinte angegeben werden können. Der Einfluss der Stärke des Blascns auf die Erhöhung des Tons von Liscovms und Lehfeldt vollkommen richtig beobachtet. ®öer sab schon, dass bei gleicher Weile der Stimmritze und glei- Spannung der Bänder der Ton desto tiefer war, je sebwä- “ör das Einblasen, desto höher, je mehr dasselbe verstärkt wurde, d' konnte Liscovtus den Ton durch blosse Verstärkung des Win- um eine ganze Quinte binauftreiben, wobei er kreischend ^ürde, womit unsere Beobachtungen vollkommen übcreinslimmen. , _ Ein Hauptpunct in der Theorie der Brust- und Falsettöne, dass Brustton die ganzen Bänder, beim Falsetton die B.änder Schwingen und dass der Falsetton ceteris paribus höher ist, ist *üerst von Lehfeldt entdeckt, a. a. O. p. 51. 58. 59. Ferbein, Liscovms und Lehfeldt haben sich bisher die mei- sten Verdienste um die Theorie der Stimme erworben. Die Lehren der Aelteren sind sehr gut zusammengesteilt und ®Us eigener Anschauung beleuchtet in Lehfeldt de vocis forrna- ^one diss. Berol. 18-35. Von den Lehren und Beobachtungen der 'eueren findet sich eine sehr vollständige Zusammenstellung in ^Ieusinger’s Ausgabe von Magesdie’s Physiologie. 71. Vorn Gesang. Die Folge der auf dem Stimmorgan möglichen Töne ist eine dreifache. Die erste Art ist die monotone Folge. Hier hehallen die folgenden Töne fast dieselbe Höhe. So ist es hei der Spra- che, wo die Articulation im Munde zu dom Stunrnton Ijinzutrltt Und die Verschiedenheiten erzeugt, doch bleiben schon hei der Sprache die Töne selten auf ihrer Höhe (eine solche Aussprache 'st die der Ausrufer), sondern sie betont .einzelne Silben etwas köher, worauf der Accent ruht, ln der Poesie tritt der Rhythmus k'nzu, aber die Modulation der Musik fehlt. Die zweite Art der kolge ist der successive Uehergang von Tönen, welche an Höhe ebne Intervalle wachsen und fallen. Diess Fallen und Steigen der Töne findet hei dem heulenden Schrei der Menschen statt, 'Eenn dieser Ausdruck der Gemütlishewegungen ist, und begleitet ''Umentlich das Weinen, bildet auch das Heulen und Winseln der yUnde. Beides ist ein succcssives Detoniren ohne Beobachtung der musikalischen Intervalle, wie sich dergleichen auch auf Instru- l^enten hervorbringen lässt und in der JNatur oft entsteht. Der 'Vind heult, die Saite gieht ein heulendes Detoniren, wenn sie keim Tönen abgespannt und stärker gespannt wird; eine zwei- teilige Lahialpfeife giejit successiv und unmerklich an Höhe stei- Sende Töne, wenn sie stärker angehlasen vvird. Siehe oben p. 178. Line memhranöse Zunge zeigt dasselbe, und in diesem Fall befin- den sich auch die Stimmbänder. Bei dem Geheul muss das Dc- loniren theils durch Wachsen und Abnelimcn der Stärke des ^nspruchs, theils durch successive Veränderung der Spaunung der Stimmbänder entstehen. Die dritte Art der Tonfolge auf dem ‘^timmorgan ist die musikalische, wobei jeder Ton die erforderli- 11 * •212 IV. Buch. Bewegung. lU.Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. che Zahl seiner Schwingungen heliält und die folgenden Tön® nur in den Zahlenverhidtnissen oder Intervallen des musicalische'’ Systems der Töne angegehen werden. Sic hat mit der PoCS'® den Piliythmus gemein. 1. Umfang. Der Umfang der Stimme eines Individuums hC" trägt 1 — 2— .3 Octaven, hei Sängern, d. h. zum Gesang taug' liehen 2 — 3 Octaven. Aber die männlichen und weibliche" Stimmen fangen an verschiedenen Stellen der Tonleiter an hören an verschiedenen Stellen der Tonleiter auf. Versteh' man unter C das grosse C der achtflissigcn offenen oJ"*^ vierfiissigen gedeckten Orgelpfeife, so beginnen die MännerstinJ' men bei E (Bass), oder A (Baryton), oder c (Tenor), und reich«" bis a und weiter (Bass), oder bis f (Baryton), oder bis c (Tenor)' Die Weibcrslimme ist nur bei Viragines so tief als die Maß' nerstimme. Die Weiberstimmen, Stimmen der Knaben und Ca' stratai beginnenjiwischen / (Alt) und 7j_Sopran), und reich«" bis / (All), od^ a (Mezzo Soprano), oder c (Sopran), im hoch' sten Pall bis /. Der tiefste Ton der weiblichen Stimme lieg' also olingefahr um eine Octave höher als der tiefste Ton de" männlichen Stimme; der höchste Ton der weiblichen Stimu*" ohugefähr eine Octave höher als der höchste Ton der männh' eben Stimme. Die vier ersten Töne sind bei allen Stimmen in de" Regel nicht kräftig. Der Umfang der männlichen und weibliche" Stimmen zusammen genommen, oder die ganze Tonleiter der menscli' liehen Stimme beträgt J^ier Octaven^ vom grossen E des C dc^ achtfüssigen offenen bis c des“ der ifiissigen offenen Orgelpfeife- Zur bequemem Vergleichung folgt hier eine Uebersicht de" ganzen Tonleiter der menschliehen Stimme mit der Bezeichnung des mittlern Umfangs der verschiedenen Stimmen: lAlt •Sojiraiij E F G A Hc defg a h c defg a h c d e f^-fTtTc. jBass Bassj j - ® I ^ Tenor j Fischer, der Vater der später berühmt gewordenen Sängcfi erreichte in der Tiefe F, die jüngste unter den Schwestern Sbss‘ umfasste drei Octaven und drei Töne von c bis J (Muncre i" Gehler s physik Wörterh. VIII. 386.). Die Zelter umfasste drei; die Gatalani 3^ Octaven (Rudolphi, Physiologie). Bei den tieferen Tönen steigt der Kehlkopf herab und da* Ansatzrohr des, Stimmorganes wird dadurch länger und zur Et' Zeugung tiefer Töne geschiekter. Bei den höheren Tönen steig' der KehlkopI hinauf und der Kehlraum wird kleiner; je höher man singt, um so enger rücken die Gaumenbogen zusammen uu‘1 um so kurzer wird das Zäpfehen. Dless ist nicht der Fistel- stimme mgen, sondern geschieht schon bei den höheren Brusttönen- 2 Stimmar en der verschiedenen Menschen. Der Hanptuuter' schied der weiblichen und männUchen Stimmen ist im Allgemei' 2. Stimme, Stimmorgan des Menschen. Gesang. 213 »en der der Höhe; aber sie untersclieiden sich auch im Klang, 5**6 männliche Stimme klingt härter. JVun giebt es aber noch jGsondere Unterschiede des Klanges, und zwar zwei Unterschiede Klanges der männlichen und zwei Unterschiede des Klanges weiblichen Stimme. Die Klangiirten der männlichen Stimme Sind der Bass und Tenor, die Klangarten der weiblichen Stimme lud Knabenstimme der Alt und Sopran. Der Bassist singt zwar S^ßieiniglich tiefer als der Tenorist und hat seine Stärke in den "®fen Tönen, und dieser singt mit Brustton höher als der Bassist. Ällist singt in der Regel tiefer als der Sopranist, und hat *eine Stärke in den tiefen Tönen der weiblichen Stimme, und die- singt höher; aber dieser Unterschied ist nicht der wesentliche, .cnn auch Bassisten können mitunter sehr hoch singen und Al- hsten ebenso, so wie Sopranisten oft hoch gehen. Der wesentlich- *le Unterschied des Basses und Tenors liegt vielmehr in dem je- ''ßr dieser Stimmen eigenen Klang, Timbre, welcher beim Bas- ®jsten und Tenoristen verschieden ist, wenn sie auch denselben Ton **ngen, und ebenso ist es mit dem Verhältniss zwischen Alt und jOpran. Baryton bezeichnet hingegen mehr das Unentschie- dene zwischen beiden Klangarten der Männerstimmen, Mezzo So- P*'ano das Unentschiedene zwischen beiden Klangarten der Wei- derstimmen. Sie haben auch mittlei’e Höhen in der Tonleiter der Männer- und Weiberstimme. Der Unterschied zwischen der Weiberstimme und Männerstimme beruht in der Hauptsache, was dämlich die Höhe der Töne betrifR, auf der verschiedenen Länge der Stimmbänder bei Männern und Frauen, die sich wie 3 zu 2 Verhalten. Siehe oben p. 200. Der Unterschied be'ider Stimmen iöi Klang beruht auf der Beschaffenheit und Form der resonl- tenden Wände, welche beim männlichen Kehlkopf viel grösser *ind und vorn im Schildknorpel einen starken Winkel bilden. Iler verschiedene Klang des Tenors und Basses, und des Altes änd Soprans hängt wahrscheinlich von noch nicht gekannten fiigenthümlicbkeiten der Bänder und der membranösen und knorpeligen resonirenden Wände ab, die durch die Untersuchung ^er Kehlköpfe von entschiedenen Tenoristen, Bassisten, Soprani- ®ten und Altisten aufgeklärt werden müssen. Man muss sich die- sen Unterschied so vorstellen, wie bei musikalischen Instrumenten Von verschiedenem Stoff, Metall- und Darmsaiten, metallischen, hölzernen und membranösen Zungen, bei Instrumenten mit tönen- der Luftsäule, mit metallenen, hölzernen, papiernen resonirenden fänden. Diese Instrumente können auf denselben Ton gestimmt ®eyn und jedes giebt ihn mit eigenthümllchem Timbre. Der Kehlkopf der Knaben gleicht mehr dem der Weiber, seine Stlmm- J'änder haben vor der Pubertätsenhvickelung noch nicht -f der Der Winkel des Schild- Länge, die sie durch diesfc erhalten ko ’ ^ . • Oorpels ist noch so wenig vorragend, wie beim Weibe. Du; Stimme des Knaben ist Alt oder Sopran, nach der Formverände- Vttng des Kehlkopfs in der Pubertätsentwickeinng (im 14. ^5. Jahr) geht sic sogleich in Bass oder Tenor über. So lange diese Metamorphose dauert, ist die Stimme unrein, oft heiser und krähend, und zum Gesang unfähig, bis die neu entstandenen Stimm- 214 IV. Buch. Beivagung. HI. Jhchri. V'un d. Si Imme u. Sprache. arten geläufig und eingeüM sind. Lei den Castraten, die vor Puhertiitsentwickelung der Hoden beraubt worden, bleibt die ÜW' Avandlung der Stimme aus und sie belialten die weiblichen Stim- men. Von der Existenz des Keim bereitenden Gescblecbtslheils und von der Bildung des Samens bängt diese, wie die ganze übrige männliche Enbvickelung ab. Die Alt- und Sopranstimmen der Knaben und Castraten gleichen in Hinsicht der Höhe denen der "Weiber, unterscheiden sich aber einigermassen im Klang und sind gellender. Liscovius bemerkt, dass die Castratenstimme auch noch von der Knabenstimme verschieden klinge, und leitet es da- von ab, dass die resonirenden Wände der Mund- und Nasen- höhle so geräumig wie heim Mann werden, während doch das Stimmorgan auf dem Knabenzustande verharrt. Sie sind indess heim Weihe auch geräumig, und die veränderte Festigkeit der Knorpel und Länder mag wohl noch von grösserm Einfluss seyn. 3. SHmmarlen eines und desselben Menschen. Brust- und Fal- scisiimme. Die meisten Menschen, besonders die Männer, sind aus- serdem, dass ihre Stimme mehr oder weniger zu einer der erwähn- ten Slimmarten gehört, wmnn sie nicht zum Gesang ganz untaug- lich ist, auch noch fähig, den Klang ihrer Stimme nach einem doppelten Legister von Tönen zu modificiren. Es ist das Legi- ster der Lruststimme und Falsctstimme. Die Bruststimme ist vol- ler und erregt ein deutliches Gefühl viel stärkerer Schwingung und Resonanz, als die Falsctstimme, Fistelstimme, Kopfstimme, welche mehr summend ist. Die tieferen Töne der männlichen Stimme sind nur mit der Bruststimme möglich, die höchsten nur mit dcM" Fistelstimme, die mittleren kann man sowohl mit der Brust- als Falsctstimme angeben; beide Register grenzen daher nicht aneinander, so dass das eine anfinge, wo das andere auf- hörte, sondern laufen zum Theil nebeneinander her. Der Teno- rist fängt in der Regel schon am a an in die Fistelstimme über- zugehen, während darunter liegende Töne mit beiden Stimmen angegeben werden können; der Bassist schon früher. Bei den Frauen gieht es selten einen hinreichend deutlichen "Unterschied zwischen Bruststimme und Falsetstimine. Die Brusttöne tverden, wie Lehfeldt zuerst entdeckte, mit stärkerm Ansprucii gegeben bei ganz schwingenden abgespannten Stimmbändern , die Fisteltöne mit schwachem Anspruch bei bloss schwingenden Rändern der mehr gespannten Stimmbänder. Bei massiger bestimmter Abspannung sind beide Töne am aus- geschnittenen Kehlkopf möglich, der Brustton ist immer urn mehrere Töne tiefer, als der Falsetton bei gleichbleibender Spannung der Stimmbänder, und ist um so tiefer als der Falset- ton, je schwächer der Anspruch zum Brustton ist, oder je stärker der Anspruch zum Falsetton ist, dieser Unterschied kann eine ganze Oclave betragen. Die Brusttöne wachsen an Tiefe duich käikere Abspannung der Stimmbänder, an Höhe durch das Ge- gentheil, und bei gleicher Abspannung der Stimmbänder an Höhe ihcils durch stärkern Anspruch, theils durch Zusammendrücke» des untern Zuganges der Slimmrilze. Siehe oben p. 197. Di« i'alsctlönc wachsen an Höhe durch starkem Ans'jsruch. lhcik‘ 215 2, Stimme. Stinunorgan des Menschen. Gesang. 'Ifli’cli stärkere Spannuiis; der Stimmbänder. Bei einiger Span- äiing der letztem sind keine Brusttöne mehr möglich. Da der "rustton am ausgeschnittenen Kehlkopf hei bestimmter Ahspan- äung der Stimmbänder, unter möglichst gleicher Stärke des Biasens Schon viel tiefer als der Falsetton , und ihm nur durch Zusam- äietidriicken des Aditus glottidis inferior oder stärkeres Blasen J'ch näher ■t, so erklärt sich daraus, warum es an der Grenze der hriistlöne beim Vertausch des Brustregisters mit dem Falsetregi- '’tor oll schwer ist, den richtigen Falsetton zu treffen. Da die Brust- und Falsettöne am ausgeschnittenen Kehlkopf, ebne Gaumenbogen, ohne MoBGAGUt’sche Ventrikel, ohne obere Stimmbänder mösilich sind, so sind alle diese Theile hei der Er- khi „ , irung beider Stimmarten auszuschliessen. Die Gaumenbogen äahern sich zwar immer mehr-, je höher man in der Fistelstimme *'ngt, aber sie nähei-n sich schon sehr bedeutend bei den hö- heren Brusttönen, und die Annäherung ist eben so gi'oss als heim Cutsprechenden Fistelton. Man kann es am besten mit dem Fin- iter fühlen. Nur die Töne beim Räuspern utid Schnarchen sind wahre ■Töne der Gaumenbogeii und des Gaumensegels. Wären die Gau- U'enbogen die Ursache der Fisteltönc, so würde ihre Berüh- •’iing mit dem Finger den Ton aufheben, was nicht geschieht. Pic Annäherung der Gaumenbogen und das Zurückziehen des Näpfchens hei den höheren Tönen scheint eine blosse Mitbewe- Rluig zu seyn, veranlasst durch die Anstrengungen der Muskeln des Kehlkopfs, wie oft ein Muskel unwillkührlich mithevvegt 'vird wenn sich ein anderer willkührlich bewegt. Siehe oben p. S5. Sollten die Gaumenbogen hei den höheren Brusttönen Und bei den Fisteltöncn irgend eine Bedeutung haben, so könnte es nur etwa die seyn, durch ihre Anspannung die Resonanz zu verstärken. Man kann die Falsettöne in sofern als Flageolettöne der Brusttöne betrachten, als zwar nicht aliquote Theile der Länge der Stimmbänder, aber aliejuote Theile der Breite der Stimmbän- der dabei schwingen, während die anderen bloss von der Lull Ausgedehnt werden. Bei den Brustfönen schvCingen die Stimm- ^äinder nicht länger, aber in ganzer Breite unter Mitschwingung der Membran des Aditus glottidis inferior. 4. Besondere Klangarten der Stimme. ISasenstimme. Hieher •st der jedem Menschen eigene besondere Klang der Stimme zu Rechnen. Er hängt offenbar von der Form der Luftwege und den Membranen und ihrer Resonanz ab, da dieser besondere Khiug sich nachahmen lässt. Manche Menschen können die Stim- öien der verschiedensten Individuen nachuhmen. Hieher ist auch das Näseln der Stimme zu rechnen. Biot erklärt es so. Bei der gewöhnlichen Erzeugung der Stimme lege sich das Gaumensegel An die hintere Oelfnu.ig der Nasenhöhlen an und verschliesse sie, *0 dass die Luft nur zum Munde hefaustreten kann. Wenn die t-uft dagegen zu Mund und Nase zugleich heraustrele, so entstehe das durch die Nase sprechen. Ich kann diese Erklärung des be- *'ühmten Physikers nicht theilcn. Denn gerade bei der gewöhn- lichen Erzeugung der Stimme sind die hinteren Nasenhöhlen olfeii Und die Stimme crlunl durch das .Mundrohr und Nasaiirobr zu.. 216 IV, Buch. Bewegung. III. Ahschn. Von d, Stimme u. Sprache. gleich. Wenn man mit dem Nasenton die Stimme gehen will» so kann es auf zweierlei Weise geschehen. / Wenn man die äus- seren Nasenlöcher schliesst, so kann man sowohl die gewöhnliche Stimme als die Nasenstim:ue gehen, ersteres, wenn die Gaumen- hogen offen sind, letzteres, w’enn sie sich schon einander nähern; in diesem Fall steigt der Kehlkopf zugleich viel höher hinauf» als er hei demselhcn Ton hei gewöhnlicher Stimme steht. Ver- stopfung der Nase durch Schleim wirkt so, wie das Znhalten der Nasenlöcher, aber diese Verstopfung und das Zuhalten allein sind nicht im Stande den Nasenton allein hervorzubringen. Bei dieser Nasenstimme Avird die Nasenhöhle zu einer abgesonderten resoni- renden Kammer. 2. Man kann auch bei offener äusserer Nase und bei offenem oder geschlossenem Munde die Nasenresonan* der Stimme des Kehlkopfs bewirken. In diesem Fall rückt der Kehlkopf auch bedeutend in die Höhe, die Gaumenbogen veren- gern sich, der Zungenrücken ist dem Gaumen genähert oder liegt ihm an, die Luft geht allein znvischen den verengerten Gaumen- bogen durch und erhält die Resonanz der Nasenhöhle ohne die der Mundhöhle. Die Stimme der Alten verliert an Klang, Si- cherheit und Umfang. Der Klang wird verändert durch die Os- sification der Kehlkopfknorpel, durch die Veränderungen der Stimmbänder; die Sicherheit durch Abnahme des Imperiums der Nerven über die Muskeln, dessen Folge hier, rvie an anderen Or- ten, eine zitternde Bewegung ist. Durch beides Avird die Stimme der Alten klanglos, unsicher, meckernd und scliAA'ach. 5. Stärke der Stimme, Die Stärke der Stimme hängt theils von der schwingungsfähigen Beschaffenheit der Stimmbänder, theils von der Fähigkeit zur Resonanz der Membranen und Knorpel des Kehlkopfs, der RrustvA'ände, Lungen, der Mund- und Nasen- höhle und der Nebenhöhlen der Nase ab. Die erstere wird ver- mindert oder aufgehoben durch Entzündung der Kehlkopfsschleim- haut und Eiterung, durch profuse Schleimabsonderung, durch Oedema glottidis u. a. Die Resonanz der Lungenmembran wird vermindert und daher die Stimme schAvächer bei der Consumtion der Lungen; von der grossem Capacität der Brust des Mannes ist auch zum Theil die grössere Stärke seiner Stimme abzuleiten. Bei mehreren Gattungen der Affen giebt es noch accessorische resonirende Membranen, Kehlsäcke, oder gar weitere höhlen- artige Auftreibungen des Schildknorpels und Zungenbeins^ wie bei den Heulafi'en Mycetes. 6. Ti^achseii und Ahnehmen der Töne an Stärke. Aus den Beob- achtungen von Liscovivs, Lehfeldt und meinen eigenen ergiebtsicb, dass die löue des Kehlkopfs ceteris paribus bei stärkerm Blasen an Höhe zunehmen. Die Brusttöne steigern sich und die Falset- töne ebenfalls. Ich stellte diese Versuche bei bestimmter, durch GcAVichte gemessener Spannung an, und fand, dass die Erhebung des Tons durch alle Nüancen ZAvischen den halben Tönen ge- schehen kann, so dass die Erscheinung nicht auf Entstehung von Schwüngungsknoten beruht, die man anch sehen müsste, da die Schwingungen der Bänder so deutlich sind. Die mögliche Eihöhung hclrägt nach den Versuchen über eine Quinte. 2. Stimme. Stimmorgan des Menschen. Gesang. 217 S'xjlie oben p. 201. Hieraus gebt bervor, dass sieb ein Ton ^es Stimmorgans durch blosses stärkeres Blasen nicht ver- stärken lässt, und dass, wenn ein Ton seinen musikalischen Werth behalten soll, die Stärke des Blasens ganz gleichförmig seyn muss. Biese Eigenschaft hat das Stimmorgan mit mehreren musikali- sclien Instrumenten gemein. Die Töne der Lahialpfeifen sind ohne bestimmte Grenzen, hei stärkerm Blasen erhebt sich der Ton in der gedeckten Pfeife in den Zahlen 1, 3, 5 u. s. w. , in der offenen in den Zahlen 1, 2, .3, 4, 5, 6, 7, u. s. w. In kleinen Tfeifen von 2 Zoll Länge und weniger geht die Erhöhung sogar, ttie ich zeigte, successiv durch das Intervall von 1 und 2 durch, Ond die Erhöhung ist hei successiver V/srstärkung des Blasens heulend. Siehe oben p. 178. Die Zungentöne lassen sich durch Verstärkung des Blasens um mehrere Töne successive heben. Biese Erhöhung ist hei starken metallischen Zungen nur unmerklich önd wurde von mir nur hei sehr starkem Blasen und dünnen Zungen beobachtet. Bläst man schwach starke metallischen Zungen so ist der Ton auch ein wenig höher als hei starkem Blasen, ivie der einer schwach angeschlagenen Saite, wie W. Weber zeigte. Diess rührt wahrscheinlich davon her, dass heim schwa- chen Blasen das Ende der Zunge, nahe der Befestigung, nicht Schwingt, beim starkem Blasen aber schwingt; diese Erhöhung *nuss wohl von der von mir, namentlich an den rncmbranöseii Zungen und an der Kinderschalmey beobachteten unterschie- den "werden. Durch die TJngleichförmigkeit der Töne hei ver- schiedener Stärke des Blasens sind die Labialpfeifen unvollkom- mene Instrumente , indem auf ihnen kein Forte und Piano, kein Schwellen und Schwächen der Töne möglich ist das umfangreichste Instrument, die Orgel, ist in dieser Hinsicht sehr unvollkommen. Die Zungenpfeifen leiden an diesem Feh- ler wenig, der Ton der Zungenpfeifen mit starker metallener Zunge lässt sich schwellen, ohne dass die kleine Erhöhung hei schwachem Blasen für ein nicht feines Ohr merkbar ist. Indess wird sie doch störend. W. Weber hat die Entdeckung gemacht, wie diesem Fehler ahzuhelfen ist, wenn die Zunge im Verhältniss mit einer zu ihrem Grundton richtig niensurirten Länge der Ansatz- röhre steht; die Luftsäule der Zungenpfeifen erhöht ihren Ton hei stärkerm Blasen, die starke metallene Zunge vertieft ihn. Beide entgegengesetzte Wirkungen vereint compensiren sich, und liefern in der von W. Weber construirten Zungenpfeife ein Blasinstru- ment, auf dem man denselben Ton beliebig schwellen und schwä- chen kann, ohne dass er seinen musikalischen Werth veiändert. Ein System solcher Pfeifen liefert eines der vollkommensten mu- sikalischen Werkzeuge. Auf die Zungenpfeifen mit membranöser Zunge ist diess Princip nicht anwendbar, da ihre Töne wie die der Rindcrschalmey mit sehr dünner Metallzungc bei star- kerm Blasen sich erhöhen. Daher darf man eine ähnliche Ein- richtung an dem menschlichen Stimmorgan nicht erwarten. Die Compeiisation durch die Länge des Ansatzrohrs würde ohnehin für verschiedene Töne eine sehr verschiedene Länge des Ansatz- rohrs erlordern; diess Rohr kann sich am lucnschliehen Stimm- 218 If''- Buch. Bewegung. III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Organ nur wenig, liöclistens durch Sinken und Erheben des Kehl- kopfs tun einen Zoll verändern. Da die menschliche Stimme das Vermögen der Anschwellung und Schwächung eines und des- selben Tones vom leisen Piano bis zum Fortissimo hat, so muss die Compensation auf eine .andere Art erreicht sejn. Diese Com- pensation wird ollenbar durch die Veränderung der Spannung der Stimmbänder bewirkt. Das stärkere Blasen erhöbt den Ton, indem es ihn stärker macht, bis zu einer Quinte, durch Abnahme der Spannung lässt sich dagegen der Ton successive durch alle JVüancea bis zu zwei Octaven an guten Kehlköpfen erniedrigen. Wird ein Ton vom Piano aus verstärkt, so muss also in dem Maass die Spannung der Stimmbänder durch Nachlass der Muskelwirkung abnehmen, als das Blasen sfäi-ker wird. Belm Schwächen des Tons geschieht das Entgegengesetzte. Die Ana- logie der Zungenpfeifen mit membranösen Zungen und die über die Brusttöne angestellten Versuche p. 1Ö7. zeigen auch, dass die Verengung des untern Zugangs zur Stimmritze durch den Muse, thyreo-arylenoideus, zur Compensation beim Uebergang zum Piano beitragen kann, ich zweifle, dass die Verlängerung der Ansatz- röhre durch Herabsteigen des Kehlkopfes beim Uebergang zum Forte zur Compensation mitwirken könne. Wird zwar der Ton durch schwaches Blasen für das Piano tiefer, so wird er durch Verengung des untern Zugangs zur Stimmritze höher, und wird er durch stärkeres Blasen für das Forte höher, so wird er durch Erweiterung des Zuganges wohl tiefer. Die Verküi’zung des An- satzrohrs durch Aufsteigen des Kehlkopfes kann schwerlich zur Compensation beim Uebergang zum Piano dienen. Eine solche Art der Compensation erfordert ein genaues Ab- wiegen der gegenseitigen Wirkungen, und es erklärt sich daraus hinreichend, warum das Schwellen und Schwächen der Töne, ohne ihren musikalischen Werth zu ändern, seihst lür geübte Sänger so schwer, und für ungeübte ohne Detonation auf die eine ödere andere Art ganz unmöglich ist. 7. lieirJieit der Töne. Das Detonireii der Stimme nach lan- gen Singen erklärt sich zum Theil leicht aus den kleinen Verän- derungen der Stimmbänder ln Folge der wiederholten Spannun- gen und noch mehr aus der Ermüdung der Muskeln, vvelcbc dem Willen zuletzt nicht mehr vollständig gehorchen und un- angemessene Bewegungen ausführen. Sonst hängt das Detoui- reii theils von schlechtem Gehör, theils von der Schwierigkeit ab, die gleichschwebende Temperatur unserer musikalischen Ton- leiter zu beobachten. An musikalischen Instrumenten ist die Tem- peratur meist durch die Stimmung gesichert, der Sänger muss sie beständig erzielen. Der Mensch wie die Singvögel lernen hei dem Aufwach- sen unbewusst die für jeden Ton nöthigen inneren Verände- rungen des Stimmorgans, die nöthigen Muskelwirkungen ken- nen. Zufällig hervorgestossenc Töne und ihre dabei stattge- fiiudenen Musketwirkungen associiren sich und sind später be- reit, sich wechselseitig hervorzarufen , wenn eine Melodie nach- geahuit werden muss. Beim methodischen Lei'ucn des Ge- 2, Stimme. Mundtöne des Menschen. 219 Sanges kömmt zu den Associationen der gehörten Töne und der dazu nöthigen Muskelbewegungen noch die ihrer Zeichen mit ])ei- den ersten hinzu. Zu allem diesem und um jedem Ton einen reinen Werth zu gehen, ist ein gutes Gehör nöthig, ohne wel- ches es zwar eine schöne und umfangreiche Stimme, aber keine gute Anwendung davon oder Gesang geben kann. Wir nehmen von der Stimme des Menschen Abschied mit einer Bemerkung über die kunstvolle Einrichtung ihres Werk- zeuges. Kein musikalisches Werkzeug ist ihm ganz zu vergleichen; denn auch die umfangreichsten Orgeln und Claviere sind in an- derer Hinsicht unvollkommen. Einige dieser Werkzeuge sind des Steigens vom Piano zum Forte nicht fähig, wie die Labialpfei- fen, die Töne anderer lassen sich nicht anhalten, wie aller, die durch Anschlägen gespielt werden. Die Orgel besitzt zwei Re- gister, der Labial- und Zungenpfeifen, und gleicht darin der Bienschlichen Stimme mit ihren Registern der Brust- und Falset- stimme, aber keines dieser Instrumente vereinigt alle Vortheile ■wie das menschliche Stimmorgan. ' Gehört zwar das Stimmorgan Zu den Zungenwerken, und sind diese, wenn sie zu einem System von compensirten Pfeifen vereinigt sind (nebst der Geige), die Vollkommensten von allen übrigen, so hat doch wieder das Zun- genwerk des menschlichen Stimmorgans die Vollendung, dass sich auf einer Zungenpfeife der Umfang der ganzen Tonleiter und alle beliebigen Variationen angeben lassen, während an dem vollkom- mensten künstlichen Zungenwerk jeder Ton seine besondere Pfeife haben muss. Eine künstliche Nachbildung dieses Organs würde zwar einigermassen erzielt werden können durch Einrichtung ei- ner Zungenpfeife mit einem nicht zu schwer zu handhabenden Apparat zur beliebigen Spannung von elastischen Zungenbändern, aber die Töne eines solchen Werkes, zu dem für die Dauer nur trockne elastische Bänder benutzt werden könnten, würde nicht die weichen klangvollen Töne des nassen, thierischen, elasti- schen Gewebes nachbilden können^ und immer an einer grossen Schwierigkeit der Handhabung leiden. II. Von den Mundtönen des Menschen. Auch im Munde allein kann eine grosse Anzahl von Tönen angegeben werden. Von den im Munde möglichen Geräuschar- ten sehen wir hier ab, thivon wird bei der Sprache gehandelt; es handelt sieh hier um blosse Töne. Sowohl im vordern als hintern Theile der Mundhöhle sind Töne nach Art der Zungen- pfelfentöne möglich, aber ausserdem lässt sich auch im Munde ein Reg'ister von Tönen bilden, wobei die Luft den Ton angiebt. 1. Mundtöne durch schmngende Membranen. Hieher gehören ■ die schnarrenden Töne am Gaumensegel und an den Lippen. a. Am Gaumensegel. Die wahren Gaumensegeltöne sind die heim Schnarchen und Räuspern entstehenden Laute, in beiden Fällen werden die Gaumenbogen als membranöse Zungenblätter durch den Luftstrom in Bewegung gesetzt. Die Töne erfolgen um so leichter, jß mehr diese Bogen ziisämincngezogeu sind, und sind sowohl bei offenem Mund und veischlosscncr Nase, als umgekehrt •220 IV . Buch. Bewegung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sorachc. mögHcL. Aucli die Zunge lässt sicli, wie Lei der Bildung des B an den Gaumen gelegt, auf diese Art in Vibration setzen, aber es komm/ nicht zur Bildung eines Tons, sondern nur des Geräu- sches, weil die Scliwingangen zu langsam erfolgen, An den Lippen. Beim Durcbpressen der Luft zwischen den Lippen entstehen durch die deutlich schwingenden ganzen Lippen oder ihren schwingenden Rand Töne, deren Höhe mit der Tension der Lippen zunimmt. Setze ich ein Ansatzrohr vor den Mund und verlängere es, so wird der Lippenton auf ähnli- che Art wie hei den Rautschiickzungen in der Höhe verändert. Von derselben Art sind die Töne, die durch Blasen zwischen 2 aneinander gelegten Fingern erregt werden. 2. Mundtbne durch Tönen der Luft. Hieher gehört das Mundpfeifen oder Pfeifen auf den Lippen. Siehe Muncke in Gehler’s physikaL Wörierb, VIII />, 383. Cagniakd 1.1 Tour In Magendie J. de physiol. X. Man hat das Mundpfeifen aus der Schwingung der Lippen abgeleitet, man kann sich aber leicht überzeugen, dass sic sich dahd ganz ruhig ver- halten, man kann sie berühren, bedecken, ja sogar wie Cags.ard EA Tour gezei^ eine Korkscheibe, die in der Mitte durchlöchert ist, zwischen die Lippen nehmen und noch dieselben Töne her Vorbringen. Ich erhalte noch einen tiefen Ton, wenn ich /.wi- schen die Lippen eine Scheibe von Elfenbein nehme, die in der Mitte eine runde OefFnung von 4 Linien Durchmesser hat ' beim Einziehen der Lntl. Mir scheint die Tlieorie von CaghiI ARD LA Tour vollkommeii i'iqhtig. Das Tönende ist die Luft, welche sich an den Wänden des Durchganges reibt. Beim Rei- ben der Körper entstehen Töne, wenn die Reibung intermittirend geboren die Töne die man erhält, wenn man mit ücm Finger eine glatte Fläche, z. B. den Rand eines Glases reibt, wenn man einen mit Tuch überzogenen Stab in einem gläsernen Cyhndcr dreht u. s. w. Die Luit bringt durch Reibung einen Ton hervor, wenn sie durch eine enge Spalte eines harten Kör- pers durchgeht, wo die Ränder des harten Körpers nicht als Lippen eines Zungenwerks betrachtet werden können. Auf welche Weise hier die Intermission der Reibung geschieht, ist noch nicht hinreichend erklärt, aber das Factum ist unzweifelhaft. Beim Reihen des Glases entsteht der Ton offenbar wie beim Streichen mit dem Fidelbogen durch periodische Unterbrechungen derRei- bung vermöge Adhäsion des Fingers, ebenso wie durch einen auf (len iiscn aulgcstellten und vorwärts bewegten Finger die Bewe- gung periodisch unterbrochen wird. Dass aber die Bewegung der Luft beim Vorbeiströmen an den Rändern einer Spalte durch Reibung period^ch aufgehalten werde, lässt sich mehr vermuthen als beweisen Dass die Luft am Wasser adhäriren könne, ist of- fenbar aus den gekräuselten Wellen, welche der Wind auf der Oberfläche des Wassers erregt. Weber JVellenlehre p. 33. 1 . scheint mir die Mundhöhle nicht genug bei Erklärung des Mundpfeifcns Leachten. Er sucht die Analogie mit einer Labialpfeife zu widerlegen, mir scheint jedoch diese- Analogie sehr gross. Savart hat gezeigt, dass sich auf dem 2. Stimme. Stimmorgan der Säugethiere u. Amphibien. 221 Mundsliick einer LaLialpfeife noch Töne licrvorhringen lassen, so oass genau genommen auch an den Lahialpfeifen der Ton Mundstück oder Labium der Pfeife erregt und die Luft zur oclnvingung gebracht, durch die Luftsäule der Pfeife aber die ‘’cinyingung verändert wird. Beim Mundpfeifen .scheint es ganz ähnlich, die Ursache der Schwingung liegt in der Emljouchure der Lippen oder der Korkscheiheu, und ist eine intermittirende “^'^^ung, aber diese Schwingung setzt die Luftsäule der Mund- höhle in Schwingung und wird von der Zahl ihrer Schwingun- gen selbst wieder bestimmt. Der Anspruch unterscheidet sich Von dem einer Labialpfeife auch darin, dass hier die Luft durch das Rohr und durch die Embouchure zugleich in fortschreiten- der strömender Bewegung begrilFen ist, während die Luft bei ei- ner Labialpfeifc ausser den stehenden Schwingungen nicht strömt. Mit dieser Erklärung stimmen die Thatsachen der Erfahrung idjcr die Veränderung der Töne des Mundpfeifens vollkommen überein. Die Töne des Mundpfeifens werden nämlich verändert: 1. Durch stärkeres Blusen hei gleicher OefjTmug vnd Buge der Zunge. Diess verhält sich gerade so wie bei kleinen Labial- pfeifen von 2 Zoll und weniger Länge, ileren Ton, wie ich p. 178. zeigte, sich ohne Beobachtung der Intervalle sehr bedeutend in die Höhe treiben lässt. 2. Durch Veränderung der Oeffnung des Anspruchs oder der Bippenöffnung. Diese Veränderung gleicht derjenigen, welche sich durch grössere oder kleinere Oeffnung der Embouchure der La- bialpfeilen erzielen lässt. Siehe oben p. 1.39. 3. Durch Veränderung des Rohrs oder der Mundhähle. Die Töne des Mundpfeifens^ werden tiefer beim Zurückziehen der Zungenspitze, höher heip Vorschieben der Zungenspitze. Diese yerandei'ung gleicht derjenigen, welche sich durch Veränderung der Länge und Weite des Rohrs der Lahialpfeifen bewirken lässt. Auch laufen diese Veränderungen mit denen bei her Maultrom- mel parallel. Beim Mundpfeifen entstehen die Schwingungen durch Reibung der Luft beim Durchgang durch die Lippeiiöff- nung, bei der Maultrommel durch Anschlägen des Blättchens oder Züngelchens der Maultrommel, oder durch Einziehen der Luft; sowohl beim Mundpfeifen als bei der Maultrommel ist der ge- bildete Ton je nach der Gestalt der Mundhöhle und Lage der Zunge ceteris paribus verschieden. III. Von der Stimme der Säugethiere und Ampliibicn. A. Säugethiere. Die Ursachen der Stimme bei den Säugethieren sind im We- sentlichen ganz dieselben wie bei dem Menschen. Alles vorher Erwähnte ist darauf anwendbar. Der Ton wird von den unter» Stimmbändern angegeben. Kennt man einmal die Ursache der tiefen und starken Töne durch die erschlafften unteren Stimm- bänder des Menschen, so wird man es nicht auffallend finden, dass diese Bänder die tiefen Töne des Rindes u. a.. angeben ; man sieht in der That die Schwingungen dieser Bänder- beim Versuch mit dem Kohlkopf des Rindes, und der Ton ist tief und stark. 222 IV- Buch. Bewegung. III, Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Lei ErsclilafFunt; der Bänder. Die oBeren Stimmljänder mit den MoRCAGNi’schen Ventrikeln fehlen den Wiederkäuern, und man sieht hier abermals, dass sie zur Erzeugung der tiefen Töne nicht nö- thig sind. Vergl. LEHrELm’s Versuche am Kehlkopfe verschie- dener Säiigethiere a. a. O. Die Einhufer liaben ein oberes Stimm- hand, beim Pferde bildet die Schleimhaut unter dem Kehldeckel auch eine halbmondlormige Falte, die von einem zum andern Stimm- hande geht; beim Esel und Maulthier fehlt diese Falte. Siehe CuviER a. a. O. Gurlt, oergl. Anatomie der Haus.täua.ethiere II. p. 167. Unter der halbmondförmigen Falte hat das Plerd eine trichterförmige Höhle, unter dem Kehldeckel über der Falte ist eine zweite Höhle, welche heim Esel und Manlthier geräumiger ist, wie denn auch die Ventriculi Morgagni grösser sind, welche hier enge und dem Kehldeckel näher liegende Oeffuungen hahen. GurlT a. a. O. p. 167. Das Schwein hat unter dem Kehldeckel auch einen geräumigen häutigen Sack. Die Anatomie des Kehlkopfs andrer Ord- nungen der Säugethiere ist von Brahbt (Hwä. de marnmaiium (juoruu- dam praeseriim (juadrumanorum vocis instruniento. Berol. 1826. 4.) so vollständig erörtert, dass wir hier darauf verweisen können. Bei den Alfen ändert sich der Hauptthcil des Stimmorgans nicht, aber die resonirenden Tlieile sind oft sehr eigenthümlich. Da- hin gehört der Kehlsack des Orang-Utangs zwischen Schildknor- pel und Zungenbein; bei dem Mandrill (Simia mormon) dem Pa- vian, den Makaken fand Cuvier auch einen häutigen Sack unter dem Zungenbein. Am grössten ist aber der resonirende Appa- rat der Heulaffen der neuen Welt, Mycetes, durch die Auftrei- bung ihres Zungenheins und Schildknorpels durch die von den Ventrikeln ausgehenden Seitensäcke des Kehlkopfs, und durch die von Brandt beschriebenen Sacci laryngo-pharyngci. Der Kehldeckel erhält bei diesen Affen eine sehr eigenthümliche Gestalt und bedeutende Grösse. Bei den Sapajons wird durch die Verstär- kung der keilförmigen Knorpel (C. Wrisbergii) durch ihre Form und die d^js Kehldeckels, wie Cuvier zeigte, eine Aförmig ge- krümmte Röhre gebildet. Die Stimme dieser Thiere ist pfeFfe'nd. Ueber die hei den Säugethieren oft sehr grossen Cartilagines cu- neiformes und eigenthümliche Knorpel am Kehlkopf der Säuge- thiere hat Brandt Aufschluss gegeben. B. Amphibien. Die Stimme der Amphibien entsteht im Kehlkopf wie hei den* Säugethieren. Sowohl die Frösche als Crocodile haben Stimm- bänder. Ueber den Kehlkopf des Crocodils siehe A. v. Humboldt in Beobachtungen aus der Zoologie u. vergl. Anatomie in Mayeh’s Analecten. Da Bänder im erschlafften und bloss von der Luft ausgedehnten Zustande tiefe Töne angeben, so darf man sich nicht wundern, dass das kleine Simmorgan des Frosches’so tiefe Töne gieht. Beim männlichen Frosch treten beim Tongelsen zugleich häutige Säcke am Halse nach aussen, welche zur Verstärkung des Tones dienen. Das Stimmorgan der männlichen Rana pipa fPipa araeri- cana) zeigt uns eine eigenthümliche Abweichung, indem die Töne 2, Stimme. Stimmorgan der Vögel, 223 iiier von 'festen sctiwin" enden Körpern an£;egel)en werden. Die Luftröhre fehlt wie hei den Fröschen üherlinupt. Die Bronchien sehen soj;leich aus dem Kehlkopf hervor. Dieser bildet eine von huDoLPni heschriehene, grosse, knorpelige Lade, welche von vorn ^ue Luft durch die Stimmritze erhalt. Jm Innern dieser Lade befinden sich zwei knorpelige Stäbe fast so lang als die Lade ist; *'e sind von Mayer (i\oe. J/e/. Naf. Cur. Xll. 2. 541.) beschrie- ben. Es sind keine frei sich bewegende Schwengel, wie bei den plocken, sondern sie sitzen mit ihrem vordem Ende fest; ihr hinteres freies Ende liegt jederseits neben derOeffnung des Bron- *^lius. Diese Körper wirken wie stab förmige Zungen oderSlimm- Raheln , während die gewöhnlichen Stimmorgaue der Thiere mem- branös sind. Hält man ein dünnes Knorpelstiickchen von eini- Ran Linien Länge an einem Ende fest, und bläst den Band des ändern Endes mit einem Röhrehen an, so erhält man einen brutnrnenden Ton, sobald der Anspruch gelingt. IV. Von der Sti ra m e der Vögel. . 1. Stimmorgan der Vögel. Wir folgen bei der anatomischen Darstellung den Untersu- phungen von Cuvier und Savart. Neue Zergliederungen kÖHiieii *n diesem Theii, besonders nach Savart’s Untersuchungen nur äuf das Bekannte stossön. Das Stinirnorgan der Vögel, der un- tere Kehlkopf an der Theilungsstelle der Luftröhre wird in den meisten Fällen schon äusserlich dfurch die Verschmelzung mehrerer Luftröhrenringe, die sogenannte Trommel angedeu- tet. Der letze dieser Ringe bildet vorn und hinten einen Vorsprung, dessen Spitze tiefer liegt als der Seitentheil des Rin- ges, beide Vorsprünge sind bei den meisten Vögeln, die eine Stimme haben, durch einen knöchernen Querbalken verbunden, ■Wodurch das untere Ende der Luftröhre in 2 Theile getheilt Wird, an welche sich die Bronchien ansch dessen. Sowohl am äussern als innern Umfang der Bronchialölfnungen der Luftröhre können membranöse Falten liegen. Bei manchen Vögeln wie •len Gänsen ist das ■ Tongehende eine an der äussern Seite de.s intern Randes der Trommel ausgespannte Falte. Zwischen dem Lnde der Trommel und dem ersten Luftröhrenring ist die Luft- röhre nämlich häutig, diese Haut ist so weit sie am untern Piandc *ler Trommel angefügt ist, sehr gespannt, indem sie durch den ^Ordern und hintern Fortsatz am untern Rande der Trommel - ^raff angezogen wird, weiter abwärts ist die Membran zwischen •Trommel und erstem Lullröhrenring schlaff, der gespannte Theii der Membran am untern Ende und äussern Rande der Trommel das Stirnmorgan der Gänse; wenn selbst die Bronchien abge- rissen werden, bleibt dieser straffe gespannte Theii der Membran untern Ende der Trommel sitzen, und man erhält immer boch Töne, wenn man in das obere Ende der Luftröhre bläst. ™äch innen springt diese Haut nur wenig vor, was Cuvier Falte bder Stimmband nennt. Bei den Gänsen und mehreren andern rögeln findet sich am innern Rande der Bronchialöffnungen der 224 1 V . Buck, Bewegung, III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Luftröhre kein Stimmljancl, keine Falte; aber Lei den Singvögeln gieLt es nach Savabt's Beohachtungen (Fhobiep’s Kot. 331.) "zu- erst eine Falte am Innern Rande der Trommel (inerahrana scrn>' lunaris.) Savart fand sie sehr ausgehreitet hei der Nachtigall, der Grasmücke, dem Zeisig, Hänfling, Stieglitz, Grünling, Finken, Rothkehlchcn, Blaukehlchen, Weidenzeisig, Rohrammer, Haus- rolhschwanz, Zaunkönig, Lerche, Rauchschwalbe, Canarienvogelj die Membran fehlt bei dem Kernbeisser, Sperling, Goldhähnchen, Mcorschwalbe, Uferschwalbe, Graufink, Grünammer, Rohrmeise u. a. Bei den Vögeln, welche sprechen lernen können, Raben, Krähen, Elstern, Hähern, Staaren, Drosseln, Amseln, hat die mern- brana semilunaris die grössten Dimensionen. Am Eingang der Bron- chien gieht es nach Savart noch 2 Stimmbänder, ein äusseres und in- neres. Die 3 ersten Ringe der Bronchien sind eigenthiimlich gestaltet. Ihre Formen sind von Savart sehr genau beschrieben, auch ab- gchildet. Längs der innern Fläche des dritten Bogens befindet sich bei den Singvögeln eine häutige, aus einer besondern, wie es scheint, elastischen Substanz gebildete Schnur, das äussere La- bium der Glottis der Singvögel. Der äussere Umfang dei* Ringe kann sich erheben, senken, Bogen beschreiben, namentlich det dritte Ring, dessen Enden dabei als fixe Puncte dienen, so dass die genannte Schnur oder Sehne die Achse für die Bewe^un^en jenes Knorpels bildet. Nach innen wird die Wand an der Glottis oder das innere Lahium bei den Singvögeln durch ei- nen kleinen Knorpel, Cartilago arytenoidea, und Wülste aus derselben Substanz wie . am äussern Lahium gebildet. Diese liegen in einer häutigen W^and (Paukeninembran von Cuvieb), •welche von den Knorpeln der Bronchien bis zum knöchernen Querstück sich erstreckt. Da diese Membran mit der Membrana semilunaris zusammenhängt, so kann letztere von der Pauken- inembran gespannt -werden. Die Paukenmembran ist bei vielen Vögeln äusserst klein und die Ringe der Bronchien bald vollstän- dig, wie bei den Enten und Gänsen, bei den Singvögeln erstreckt sie sich nach Savart bis zum 4. und 5. Knorpel der Bronchien; bei den Vögeln welche sprechen können, ist die Membran ai» längsten und die innere Wand der Luftröhrenäste am wenigsten von Kuorpelringen bedeckt. Durch Muskeln, welche dem untern Kehlkopf eigenthümlich sind, können die ersten Knorpel de»’ Bronchien angezogen werden, die Labien der Stimmritze bald mein' genähert, bald mehr von einander entfernt werden. Cuvieh theilt die Vögel, Je nach der Zahl dieser Muskeln, in mehrere Classen. Bei der einen gieht es keine besonderen Muskeln des unteru Kehlkopfs, und die Luftröhre kann nur durch Niederziehen der Luftröhre (Musculi sternotracheales und ypsilotracheales) be- deutend verkürzt xverden. Die Vögel, welche hieher gehören, sind die Enten und Gänse unter den Palmipeden und die Hiihner- artigen. Unter den Palmipeden haben die Enten und Taucher (Mergiis) Erweiterungen am untern Kehlkopfe, und dieser wird bei den Männchen zu einer grossen unsymmetrischen, theils knöcher- nen, theils membranösen Trommel ausgedehnt, welche olFcnhar den eigeulhümlichen Klang der Stumuc der männlichen Individuen 2. Sllmme. Stlmmorgan der Vögel. 225 liervorbringt. Unter den Kehlköpfen mit besonderen Muskeln Sjebt es wieder mehrere Abtbeilungen. Nur ein Muskel zum An- hieben der Knorpelhalbringe gegen die Luftröhre findet sich in ^en Acclpitres, den "Wasserhühnern, Wasserrallrn, Schnepfen, "trandliiufern , Kiebitzen, Möven, Scharben, Eisvögeln, Geismel- *ern, Reihern, Rohrdommeln, Kukuken. Alle diese Vögel haben "Wenig Veränderung der Stimme. Drei Muskeln haben die Pa- pageyen. Bei ihnen hat auch der erste Halbring des Bronchus ®ine solche Gestalt dass er eine an der Trommel vorn und hin- ten eingelcnkte Klappe darstellt, welche stark nach innen vor- springen kann ; diese Vögel haben keinen Querbalken am untern £nde der Trommel und nur eine einzige Stimmritze. Zwei Mus- keln schliessen, einer öffnet die Stimmritze. Bei den Singvögeln Ist der Kehlkopf mit 5 Muskelpaaren versehen. Die Luftröhre der Vögel bildet mit dem Mund das Ansatz- rohr vor dem Kehlkopf, sie kann durch Nähern, und selbst durch Uebereinanderwegschieben der Ringe ausserordentlich verkürzt wer- den. Die Luftröhren einiger Vögel sind länger, als der Hals, durch Biegungen, wie beim Auerhahn, bei Penelope, bei den Reihern, dem Storch, Kranich, besonders bei den Männchen. Reim wilden Schwan liegt die Luftröhre sogar mit einer Win- dung in der Substanz des Brustbeins. In Hinsicht der-besondern Reschreibung der Luftröhre verweise ich auf Cuvieb; er theilt die Luftröhren in cylindrische; kegelförmige, mit , plötzlichen Anschwellungen versehene, allmäblig sich erweiternde und veren- gende. Kegelförmige Luftröhren mit sehr allmähliger Erweiterung gegen den Mund haben die Reiher und die Scharben. Die Luftl röhre ist plötzlich erweitert bei Anas clangula, fusca, auch bei Palamcdea bispinosa nach v. Humboldt’s Beobachtung. Allmählige Erweiterungen finden sich bei den Mergus und männlichen Enten. Man ist hier auf die vergleichende Anatomie der StimmAverk- zeuge so kurz und weit eingegangen, als es zum Vcrsländniss des Physiologischen durchaus nöthig ist. 2. Theorie der Vogelslimmc. Cu vier vergl. Anat. iWers, v. Meckel. IV. 229. Savart. Eroriep’s Not. 3.31. 332. a. Theorie von Cuvier. Cuvier zeigte, dass die Stimme der Vögel am untern Kehlkopf entsteht, er hörte, dass eine Amsel, eine Elster, eine Ente nach Durebsebneidung der Luftröhre noch zu schreien vermag; er verstopfte die obere Hälfte der Luftröhre, band den Scbnahel zu, das Geschrei blieb dasselbe; man schnitt der Ente sogar den Hals ali, sie stiess noch mehrere Töne aus. An diese Versuche, die jedem Beobachter dasselbe Resultat ge- ben, schliessen sieb diejenigen am ausgeschnittenen untern Kehl- kopf an. Blässt man in die Bronchien einer Ente so entsteht der ganz natürliche Ton der Ente; dasselbe erfolgt, wenn man in die Luftröhre der Ente und Gans bläst, und es können selbst die Bronchien äbgeschnitten seyn; wenn nur der am unteren Rande der Trommel sehr gespannte Theil der Bronchialhaut noch da ist, der beim Abreissen der Bronchien noch bleibt, so erhalte ich jedesmal Töne. Nach der Theorie ‘von Cuvier wird der Ton durch die Verlängerung und Erschlaffung der Stimmfalte tiefer, njiiller’s Physiolofric. 2r l!il. I, ^5 226 IV. Huch. Beivsgung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. durch die Verkürzunf; und Spannung höher. Zu diesen Mitteln gesellen sich noch die Veränderungen der Weite der Oeffnung und die daraus bervorgehende Vcrscliiedenlieit der Geschwindig- keit der Lnl't. Allein so lange das Mundstück allein sich verän- dert und dicEinge der Luftröhre und ihre obere OefFnung diesel- ben bleiben, besebränken sich die Tonveränderungen bloss aut die, welche mit dem Grundton harmonisch sind. Sey daher der Grundton bei grösster Erschlaffung des La- binms c , so könne der Vogel durch die Verkürzung desselben nur die Oclave, die Quinte derselben Octave, die nächste Oc- tave, ihre Terz und Quinte, die nächste Octave liervorbringen. Diese Ansicht beruht offenbar auf einem Missversläudniss; denn die einseitig gespannten Membranen verändern ihre Töne irn um- gekehrten Verhältniss der Länge derselben und wie die Quadrat- wurzeln der spannendeii Kräfte, und da die Spannung in jeder Fraction zwischen 1, 4, 16 gedacht werden kann, so müssen auch aJle Töne zwischen 1 und 2 und nicht bloss die harmoni- schen Töne auf diese Art möglich seyn. Hätte Cuvier gar nicht auf die Spannung der Labien, sondern nur auf die Weite des Mundstücks gerechnet, so würde sein Vergleich der Stimmorgane der Vögel mit einer Lal)ialpfeife richtig geblieben seyn; indem er auf die Sch wingungeii der Stimmbänder rechnete, verwech- selte er das Mundstück einer Zungenpfeife mit dem einer Labial- pfeife, welche bei stärkerem Blasen die Töne 2, 3, 4, 5, 6 giebt. Die nicht harmonischen Töne lässt Cuvier durch die Verkürzung der Luftröhre liervorbringen. Indem der Vogel die Luftröhre um y verkürze, bringe er ccteris parlbus den nächsten ganzen Ton über dem Grundton hervor; nun brauche er die Länge der Luftröhre nicht zu verändern, sondern bloss das Mundstück zu verkürzen, um alle harmonischen Töne des zweiten Tons hervorzubringen. Um auf diese Art von c bis T zu steigen, müsste die Luftröhre sich um die Htdtte verkürzen können, was wohl nicht gut niö*^— lieh ist, das übrige wird indess durch die verschiedene Weite der Oeffnuiig des obern Kehlkopfs hervorgehracht, wie die Töne an einer gedeckten Pfeife liöher werden , in dem Grade als man die Deckung abnehmen lässt. Auf diese Art Hesse sich fast wieder eine Octave am Stirnriiorgan der Vögel erreichen. Wenn Cuvier das Stimmorgan hienach mit den Trompeten vergleicht, so ge- räth der grosse Forscher wieder in eine Verwechselung der La- bialpfeifen mit den Zungenpfeifen, wohin die Trompeten gehören, weil der Anspruch der Luftsäule durch membranöse Zungen, die Lippen, geschieht. In einer Zungenpfeife ändern sich die Töne aber nicht wie in den Labialpfeifen nach der Länge der Luftsäulen, sondern in ganz andern Verhältnissen. b. Theorie von Savart. Dieser grosse Physiker vergleicht das Stimmorgan der Vögel, wie das des Menschen, mit einer Labial- pfeife, und hält also die Luft für das eigentlich Tönende, so dass das Mundstück am untern Kehlkopf dem Mundstück einer La- bialpfeife und nicht einer Zungenpfeife vergleichbar wird. Sa- vart hat indess gezeigt, dass bei dieser Voraussetzung doch die Wände der Luftröhre einen grossen Einfluss auf den Ton der 2. Stimme. Stimmorgan der Vögel. 227 l'Uflsäule haben müssen. Er verglich die Töne verschiede- ner gleich langer und weiter Labialpfeifen aus verschiedenem Material. Alle waren 1 Fuss lang, 9 Linien dick (im Lichten), tler Versuch ergab, dass eine aus 12fach zusammengeleimtein Pa- pier gebildete Pfeife, von -j Linie Dicke der Wände, eine schon ®twas andere Zahl der Schwingungen hat, als eine hölzerne Pfeife, nnd dass sich der Ton um mehr als eine Octave vertiefen kann, '"'enn die Steifheit der Wände bedeutend ahnirnmt, namentlich durch Anfeuchtung. Hier geratlien die Wände der Pfeife in Scbwincunc und haben selbst wieder auf den Ton der Luftsäule Einfluss. c. Bemerkungen. Savart sucht die Vergleichung des Stlmm- organs der Vögel mit einer Zungenpfeife durch die Bemerkung zu ■widerlegen, dass der Ton eines Mundstücks bei stärkerm Blasen sich nicht bedeutend ändere, dass man dagegen durch veränderte Ge- schwindigkeit des Luftstroms bei einem Singvogel nach seinen Versu- chen vom Grundton aus alle möglichen in anderthalb Octaven begrif- fenen Töne hervorbringen könne. Ich halte es für durchaus nicht erwiesen, dass das Stimmorgan der Vögel wirklich eine Zungenpfeife darstelle; indess ist der Einwurf von Savart nicht entscheidend, tlenn ich habe gezeigt p. 155., dass sich die Töne an Mundstücken >nit membranösen Zungen von Kautscbuck um einige Töne durch stärkeres Blasen erhöhen lassen, dass diese Erhöhung sich auf alle in einer Quinte liegenden Töne erstreckt bei Zungen von Arterienhaut, dass sich der Ton der Stimmbänder des männlichen Kehlkopfs um alle in einer Quinte liegenden Töne erhöhen lässt, und ganz dasselbe, ja noch mehr kommt an den Mundstücken mit metallischen Zungen vor, wenn die Zunge nur dünn genug ist. Die Töne der dünnen metallenen Zunge in der Schalmei der Kinder konnte ich um mehr als anderthalb Octaven erhöhen, und bei stärkerm Blasen durch alle in anderthalb Octaven mög- lichen Töne durchgehen. Der Erfolg blieb sich gleich, mochte ich durch die obere Oeffnung der Schalmei blasen, oder das Stück, worin die metallene Zunge steckt, seihst anblasen. Man hat sich bei dem Studium der metallenen Zungen zu sehr an die dicken Zungen der Orgelpfeifen gehalten , bei welchen die gewöhnliche Geschwindigkeit des Luftstroms nicht stark genug ist, Um den Ton zu erhöhen ; vergl. oben p. 1.55. Ob die Töne des Stimmorgans der Vögel nach Analogie der Zungenpfeifen und des -menschlichen Stimmorgans entstehen, oder nach Analogie der Labialpfeifeti, und ob die Lippen der Stimm- ritzen des Vogels durch Eigenschwingung tönen oder ob durch die Reibung des Luftstroms an den Lippen die Luftsäule der Luftröhre in Schwingung versetzt werde, scheint mir ganz ausserordentlich schwer und für jetzt fast unmöglich zu entscheiden. Das einfache Stimmorgan vieler Vögel ist unzweifelhaft eine Zungenpfeife, wie z. B. das der Enten, Gänse und anderer. Man sieht nicht allein die heftigen Schwingungen des äussern Stimmbandes, dieser Ton hat auch die grösste Aehnlichkeit mit einem durch Schwingungen von Membranen erzeugten Ton (und dasselbe gilt von allen Vögeln, dio einen Membranenton haben, wie die Stimme der Raben, die 228 IV. Euch. Bewegung. IlI.Alsclm. Von d. Stimme ii. Sprache. (loch schon zu den Singvögeln gehören). Auch hat die Länge der Lultrölire der Gans, wenn man durch die Bronchien hlust, nui' einen ganz untergeordneten Einfluss auf die Verändernna des Tons, uiul man kann bei ganz kurzer Lullröhre noch denselben charakteristischen Ton der Gänse, wie hei langen Luftröhren er- zeugen. Ob aber der Pfeifenton der Slimmvögel aucli hieher ge- höre, und der Ton nicht vielmehr wie beirn Muudpfeifcn ent- stehe, ist eine andere Frage. Mir ist die Vergleichung mit einem Zuugenwerk immer noch wahrscheinlicher. Denn erstens ist es nicht möglich, dass die Lippen der Glottis bei bestimmter Wir- kung der Muskeln nicht in Schwingung gerathen, und wenn auch die Reihung der Luft auch Antheil hat, so wird jedenfalls eine Lcimpensation zwischen den Schwingungen der Luft und der Stimmbänder eintreten müssen, dann gehört aber das Stimmer- gan des Vogels niclit mclir ganz unter die Laljialpfeifen, son- dern hat zugleich eia Element der Zungenpfeifen. Dann aber kann ich an dem untern Kehlkopf von Vögeln (Rahe, Staar) an dem blossen Mundstück ohne Luftröhre durch ein in ei- nen Bronchus emge^setztes Rohr Töne hervorbringen, und diese Tone des Mundstucks ändern sich nicht merklich (wie bei dem menschlmhen Stimmorg^u), wenn ich bei gleich schwachem Blasen ein Röhrchen Vorhalte. Bel der Gans hat die Län^^e der Luftröhre jedenfalls einen sehr untergeordneten Einfliws auf den Ton des untern Kehlkopfes', wie an der menschli- eben Zungenpfeifc ein Ansatzrolir. Die meisten Veränderungen der Töne lassen sich am Kehlkopf der Vögel oflenhar durch ver- schiedene Sfcirke des Blaseiis hervorhringen, wie Savakt zeigte, was allerclmgs an so kleinen Lahialpfeifen, wie die Luftröhre der kleinen Singvogel, auch geschehen kann, wie oben p. 178. ge- h'*' t*^’ Zungenpfeifen mit memhranöser Zuiige g Luftröhre kann den Ton entweder wie hei einer Lahlal- pfeife verändern, was mir nicht wahrscheinlich ist, oder wie hei den Ansatzrohren der Zungenpfeifen. Die Endöft'nung der Luft- röhre am Obern Kehlkopf kann, wenn sie sich verengert wie an Lahialpfeifen und Zungenpfeifen den Ton vertiefen. ’ DiePaukenmemln-an, welche heftig mitschwingt, muss auf den Ion des Mundstucks Einfluss haben, und es muss eine Accommoda- tion zwischen dem innern Lahlum der Glottis, der Membrana semi- lunaris und der Paiikenmembran stattfinden. Die Paukenmembran gleicht dem schwingenden Häutchen einer Pfeife von Schilfrohr. , * * le meisten Fische sind stumm, nur von einigen wenken W"" Wuiie Die Anatomie dieser Thiere ist hinreichend bekannt; aber es ist vollends unmöglich, sich jelzt eine genügende Hypothese Uber die Erzeugung von Tönen durch diese Thiere zu gehen- Daher ich mich auf die kurze Angabe der Facta beschränken muss. • 8'’“"*enden Ton von sich, wenn sie aus dem VVasser genommen werden; die Anatomie dieser Thiere 3. Von der Spradte. 229 *cigt uns keine Organe, von welclien man diese Töne mit Siclierheit ^l>leiten könnte. Sollte der eigenthümliehe Muskel der Schwimm- blase hei diesen Tliieren Antheil an jener Tonerzeiigung liahen? ßie Coitus, welche beim Druck auf ihren K.ör])er einen Ton l'ören lassen, haben nicht einmal eine Schwimmblase. Unter 'len Sciaenoiden giebt es mehrere Fische, welche Töne ge- lten, am meisten" ])ckannt sind jedoch Corvir\a ronchus und <110 Pogonias, welche letztere sich den Namen der Tamboure •"'«■worben haben. Sic bringen anhaltende Töne unter dem Wasser hervor; Ctjvikr und VALKifciESKEs haben die bieher ge- liörigen Beobachtungen von Mitchile, White, Schoepf, A. v. Hümbolot zusammengestcllt. Die Schwimmblase dieser Thiere, Welche CuviER nnd Valenciennes abbildeten, ist sehr gross wie bei den meisten Sciaenoiden, die einen Ton geben, mit star- ben Muskeln bedeckt, und bat Anhänge, die nach Cuviee zwi- schen den Rippen in das Fleisch eindringen. Bei einem Po- gonias i'ascialus, den ich untersuchte, waren leider Eingeweide Und Schwimmblase ausgenommen. An den Rippen sassen inwen- dig bandartige Streifen an, w'clcbe wahrscheinlich von der Schwimm- blase abgerissen waren, sie waren jedoch nicht hohl. Ausseror- dentlich" stark sind die Pflasterzähne der oberen und unteren Schlundknocben dieser Thiere. Ueher die von der. Sphinx atropos hervorgebrachten Töne und die summenden Töne der Dipteren finttet man hinreichende Aufschlüsse bei. R. Wagker, Muei.l. Arch. 1836, und Burmeister in PoGGEND../^/!«. XXXVIll. Auch die Acheta domestica und die Locusten- geben Töne von. sich, vergl. Cuv. regn. anim. 5. 184. m. CcTpitei. Von der Sprache; Ausser den in dem Stimmorgan gehildeten Tönen von mu- sikalischem Werthe gicht es noch eine grosse Anzahl durch das Ansatzmlir des Stimmorgans hervorzubringeiuler Laute oder Ge- räusche, durch deren Verbindung mit einander die Sprache ent- steht, indem gewisse Verbindungen dieser Laute zur Bezeichnung Von Gegenständen, Eigenschaften, Thätigkeiten, Beziehungen die- nen. Die Sprachen benutzen nicht alle auf diese Art möglichen Geräusche und Laute, weil ihre Verhindung mit anderen oft schwer ist. Diejenigen, deren Verbindung leicht i.st, finden sich zum gros- sen Theil in den meisten Spraelien. Jede Sjiracbe enthält eine gewisse Anzahl dieser möglichen Laute, niemals finden sich alle möglichen Laute in einer "Sprache vereinigt; vielmehr entstehen charakteristische Unterschiede in den Sprachen, in sofern die einzelnen Sprachen gewisse Classen dieser Laute oder einzeln^ derselben vorzugsweise, andere sparsam oder gar nicht an wen- den. Von der Physiologie ist das natürliche System dieser Laute- aufzustellen. Die Versuche dazu von Seiten der Graiu- malik sind durchweg unzueeicbend, indem man bei der Einthei- luu" der Laute von unweseullicbcn Eigenschaften derselben au.s- giu'g. Die Eintheilung der Laute nach den Organen, z. B. lu 230 IK Buch. Bewegung, III. Ahschn. Von d. Stimme u. Sprache. Lnlilales, Dentales, GiiUurales, Linguales, ist Jjis auf den einfachen Unterschied der Mund- und Nasenlaute, Orales und Nasales, feh- lerhaft, indem hier Laute Zusammenkommen, welche nach den physiologischen Piincipien zum Tbeil ganz verschieden sind; üherdiess wirken hei den meisten Lauten mehrere Theile des Mundes zugleich mit. Der Unterscheidung der Mutae, auch , der Liquidae liegt etwas Richtiges zu Grunde, aber die Anwen- dung ist fehlerhaft gewesen. Seihst die Eigenschaften der Vocale im Gegensatz der Corisonanten sind nicht hinreichend gewürdigt worden. Durchgängig setzt man ihr Wesen darin, dass sie nicht stumm und blosse Geräusche wie die Conso- nanten sind, sondern itn Stimmorgan ursprünglich angegeben, im Munde aber modificirt werden. Der Unterschied der Vocale von den Consonanten ist indess weit geringer; denn alle Vocale lassen sich stumm, als blosse Geräusche, so gut wie die Consonan- ten angeben und als blosse Geräusche deutlich unterscheiden, w'ie es jedesmal beim leisen tonlosen Sprechen, Vox clandestina, geschiebf; die lauten Vocale entstehen also liloss durch Mittönen der Stimme. Aber auch eine ganze Classe von Consonanten kann sowohl stumm als blosses Geräusch, wie auch mit Mittönen der Stimme angegeben werden, wie wir bald sehen werden. Der Unterschied der Vocale und Consonanten ist dem Wesen nach ein ganz anderer. Ein Hauptfehler bei mehreren Versuchen einer an- türlichen Eiritheilung der Laute war, dass man auf ihre mögliche Bildung als Geräusch ohne Ton bei der Vox clandestina zu we- nig Rücksicht nahm. Man muss vielmehr, um die Eigenschaften der Laute ihrem Wesen nach zu erkennen, vom leisen tonlosen Reden, Vox clandestina, ansgehen und dann untersuchen, welche der stumm anzugehenden Laute auch mit Ton modificirt hervor- gebracht werden können. Hiebei kömmt man auf zwei Reihen von Lauten, eine, deren Glieder nur stumm und der Verbindung mit der Stimme ganz unfähig sind, eine andere, deren Glieder zwar stumm anpgeben werden können, aber auch der Verbin- dung mit der Stimme fähig sind. Eine andere wichtige Unter- scheidung der Laute ist die, ob sie bei plötzlich sich ändern- der Mundstellung nur einen Moment angegeben werden können und keiner Verlängerung, so weit der Athem reicht, fähig sind (Strepitus incontiniius, explosivus), oder ob sie, indem die Stellung der Mundtbeile durchaus verharrt, ad libitum, und so lange der Athem reicht, verlängert werden können (Strepitus continuus). Alle Geräusche der ersten Art sind keiner gleichzeitigen Verbin- düng mit Stimmton (Intonation) fähig und absolut stumm; fast alle Consonanten der zweiten Art können mit Intonation verbun- den werden. Hiedurch entstehen eigenthümliche Modificationen, während hingegen die absolut stummen Consonanten mit Strepi- tus explosivus incontinuus durch Verbindung mit einer Aspiration, Hauch, einer Umwandlung fähig sind. Schriften über die Sprache: J. Wallis de loipicla s. .bonorum formaiione in C. Amman, Surdus lotjuens, Lugd. Bat. 1727. Kkat- ZENSTEiN ientarneu resohendi prohlema ab Acad. Sc. Pelrop. 178(1 propos. Beirop. 1. KiäMPELüN, Mcckaniimus der menscliliclicii Sprache 3. Spruche, Sluitime Spruche, 231 nebst der Beschreibung seiner sprechenden Masdnne, fV^ien 1791. 8. Rbitteh’s Methodenbuch zürn Unterricht Jiir Tanbstuinnie. TVien '^828. Rüdoi.i’hi, Vhysiulogie, Chl\dni in Gir.B. li- C. Mayer in Meckki.’s Arebiu f. Anat. u. Physiol, 1820. K. Sciitjr.TuRSS, das Sliitmncln nnd Slollerii, 2,ürwh IS-iO. 8. R. VViL- Jis in PoGGEND. Amt. XXI U. Heusingeu in seiner ÄusEjalic von ^Iagehdie’s Phrsiohgie. Purria’JE, Badtinta w przedmiorte ßzyolo- Su moivy LudzkwJ. Krakow 1836. 8. {Forsehimgen üJrcr die Physio- logie der menschlichen Sprache, Krakau 1836.) A. Stummes Lautsyslcm ilci- leisen Sprache, Vos clandestina. Stumme V ucaie. u, und die Niesen vocale a, ii, oe, o. Ct y ß f Oy üy Oy Ö y ** J Alle Diese Vocale lassen sich stumm ids Ijlusse Crerausclie deuU lich unterscheidbar aussprechen. Es ist liier die Iras^e, üj sie als stumme Vocale mit den stummen Cousonanten iiherem- kommen, oder physiologisch sich ganz davon unterscliciden. Alle stummen Consonanten ' entstehen bloss im AnsiiLzrohr vor dem Stimmorgan, oder in Mund- und Nasenhöhle als Geräusche der durch den auf verschiedene Art modilicirlen Canal durc istio menden Luft. Die stummen Vocale verhalten sich aber ei- nigermassen verschieden; denn wenn auch die Stimme lUmei nicht tönt, so liegt doch die erste ürsaclie des stummen Vo- cales nicht im Munde, sondern m der Stumnrilze, wie man durch Versuche an sich bald finden wird. Das Geräusch zui Bildung eines stummen Vocals entsteht, wie es scheint, beim Voi- beiströmen der Luft an den nichttöneuden Stimmbändern sellist. Es ist dasselbe Geräuscli, wie man es in der Stimmritze aueb bei geschlossenem Mund und offener Nase liervorbringen kann, wenn man durchaus allen Ton vermeidet. Durch die versc le- dene Gestalt des Mundrolirs bei offenem Munde wird dieses Ge- räusch so modificirt, dass es als stummes a, c, i, o, u tont. Die Gestalt des Mundcanals ist bei den stummen Vocaleii ganz dieselbe, als bei denselben Vocalen, wenn sie laut gespro- chen werden; der einzige Unterschied ist im letztem *-all, dass statt des Geräusches an der Stimmritze ein wirklicher Ion an- gegeben wird. Rratzensteis und Rempelen haben gezeigt, dass die Bedingungen zur Umwandlung eines und desselben Ions m die verschiedenen Vocale in der Weite zweier Theile, des Mund- canals nnd der Mundöffnung, liegen, und ebenso ist es bei den stummen Vocalen. Unter Mundcanal versteht Rempei.ExN hier den Raum zwischen Zunge und Gaumen ; bei gewissen \ oca en ist die Mundöffnung und der Mutidcanal weit, bei anderen heule eng, bei anderen das eine weit, das andere eng. Stellt mau sich mit Reihpeleis in der Weite des Zungen- und Mundcanals 5 Grade vor, so ist ci a die Welte der Muudöffnung 5, die Welte des Mundcana s « « « d, « « « ® , ■ „ .« « 3, « « '< “ .• B « « 2, a « « “ „ a B 1, « « “ “ e l 0 u 232 IV. Buch. Beu^egung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. c.T, für die übrigen Vocale ü, ö, ü und das schwed. a lassen sich hiernach leicht finden. Se^eigt, dass die Bedingungen zur Bildung ei- iger Vocale, namentlich des a und e, von Rempelen nicht gan* FoJr ” l>«uptsacblich von der loirn des Reh liaums zwischen Ziuigcnwurzel und Schlund ab', hei heidcn ist dieser Raum gross, hei e am grössten, dagegen a an'-e^cheneVtelir”' angogchen werden können. Die “ L'PPe» J>ei o ist auch nicht nothwendig. Wasentimfi schhessen sich die tiefen Vocale init eimernnrr""^ diese Mod.ficationen entstehen hloss durch Ver- gerung des Gaumenhogens und Erhebung des Rchlkopfes. II. Stumme Consonauien mit Strepitus aetptalis s. continuus. Continuae. Stüc^”%?”r""“*''?' S^^'ören, können in einem indem’ die Stell^*^ , «icht , ausgesprochen werden, mdem die Stellung der Mundtheile heim Anlhng, wie hei der ^iTz^B ‘•-Lautes dies^lheTleiht Ich Kann z. B m einem fort /, ch, s, r, l u. a. hervorbringen Ganz anders ist es mit den)enigen Consonanten, die durch einen Stre- pitus inaequalis s. explosivus gebildet werden, ß, d, y n % /.■ sie können, da die Stellung der Mundtheile am Anfang der Bil- dung eine ganz andere ist, als in der Mitte und am Ende ihrer derunp^’d"''‘’ct‘?r Moment dauern, bis die plötzliche Verän- AiimaI. ^ der Mundtheile geschehen ist, Explosiuae n h Strepitus aequalis seu continuus sind h, m, '• ■“ <'» Aduei- her tehn^ri'ir^ Mundcanal. Hie- her gehört bloss die Aspiration h. Es findet hier keinerlei Op- position der Mundtheile gegeneinander als Ursache des Geräu- sches beim Durchgehen der Luft statt. Das Geräusch der Aspi- ration ist der einfiichste Ausdruck der Resonanz der Mundwände DÖrer rn GT der italienischen Spl^che. Sprache; siehe .e«laL:‘ir’r‘.“"f'" «aas o//eaea AWW. Ka- fach durch den ’n ' die Luft ganz ein- wedei durcl ^^^hrend die Mundhöhle ent- Zunge ceschln L’ppcn oder die an den Gaumen sich legende Tüpfle ^ • 1*'’*^'* Auch hier findet keine Opposition der Theile, zwischen welchen die Luft durchgeht, statt Bei oZTi^rLs' n- t''** Cb Mr- Eachens und S°aienc,nlu “di Bi.criikel des Lei ,, tloiner, a,„ klcins. „ hT,,?!’ SnÄ die Lippen geschlossen, diess hat Eiiiicp u » Icifot ,,, .aic t- I I 7 , wieRuDou'iii u. A., ver- leitet, z« als einen Lippenhuchslaben anzusehen, was es nicht ist, 233 3. Sprache. Stumme Sprache. ^'e Lippen schliessen nur die Mundliölile, niclit durch den Act •dieses Schlusses, sondern nach dem Schluss wird m gebildet durch einfachen Durchgang der Luft durch den Nasencanal unter Re- sonanz des Divertikels des Mundcanals. Bei N wird der Mund durch die an den vordem Tlieil des Gaumens sich anlegende Zungenspitze geschlossen. Bei oder h, einem ganz bestimmten Consonanten vieler Sprachen , auch der deutschen, geschieht der Schluss des Mund- oaiials nur etwas weiter nach hmten, nämlich durch den Zungen- >’ücken, welcher sich an den hintern Theil des Gaumens anlegt. Es ist keine Zusammensetzung von zwei Consonanten, sondern oin einfacher Laut, so gut wie m und n, z. B. sing, hang. Das französische ng liegt noch tiefer. 3. Continuae orales durch klappenartige Opposition oon Blund- Oieilen gegeneinander, f, ch, sch, s, r, l. Die Theile, welche klap- penartig in Opposition treten und dem Durchgang der Luft ein Hinderniss darhieten , sind bald die Lippen wie hei f , bald die. Zähne wie hei sch und s, bald Zunge und Gaumen, wie hei ch, r, l. F , Stellung der Lippen zum Blasen. Es giebt zwei Modifi- cationen dieses Blasegeräusches, das reine F und TF . 1) Bei F ist die LippenölFnung mehr rund. 2) hei IF lassen die Lippen eine zwar enge, aber ganz breite Spalte zwischen sich. Ch oder %, bei welchem letztem kein Missverständniss ent- stehen kann, da diess Zeichen nie zugleich andere Laute be- deutet. Dieser Laut fehlt der französischen Sprache, ihr c/i ist un- ser sch. Die Zunge Hegt am Gaumen nahe an ; die Luft geht zwi- schen Gaumen und Zunge durch einen engen Zwischenraum. Es giebt drei 7, je nach der Stelle, wo die Zunge dem Gaumen ge- nähert wird. 1) Bei dem ersten oder vordem % Hegt der vordere Theil der Zunge nahe dem vordem Theil des Gaumens, so ist das % in lieblich, selig (das y. wird in der deutschen Sprache bald durch das ch, bald" durch g ausgedrückt). . 2) Bei dem mittlern % Hegt die Zunge mit ihrem Rücken , nahe am mittlern Theil des Gaumens; es klingt sehr, verschieden Von dem vorhergehenden, wie in den Wörtern auch. Tag, sa- gen, suchen, Aachen, ach. 'Rempelen .hat bemerkt, dass diess % immer nach einem a, 0 oder u folgt. Diess ist jedoch nicht noth- Wendig; in der deutschen Sprache ist diess zwar gewöhnlich so, aber Jeder kann auch diese Vocale mit dem ersten oder vordem y verbinden, bei manchen Wörtern geschieht es auch in der gemeinen Sprache, z. B. im Worte Papachen, Mamachen. Die polnische Sprache hat das zweite ch auch, und in der Gegend von Aachen ist es sogar gewöhnlich, so dass dort das y. n* Aachen wie in Papachen ausgesprochen wird. 3) Bei dem hintern y^, welches den Schweizern, Tyrolern, auch den Holländern eigenthümlich ist, wird der Zungenrücken dem hintersten Theil des Gaumens oder Gaumensegel genähert; chet hehr., cha arah., nach Pukkiwe auch iin Böhmischen. 234 1 V , Euch. Bewegung. III. Ahschn. Von d. Siimme u. Sprache. Sch, ein seljr bestimmter und einfacber Laut, wofür un- sere Sprachen kein besonderes Zeichen haben. Das che der Franzosen. Die Zähne d(!r obern und untern Kinnlade sind sich genähert oder liegen .sogar auf einander, die Zunge steht hinter den Zähnen mit ihrer Spitze, ohne sie zu berühren, ln Westphalen verwech.selt man diesen einfachen Laut mit ay,. S. Die Zähne sind einander genähert, oder berühren sich, die Zungenspitze berührt die untere Zahnreihe. Eine Modifica- tion ist das th der Engländer. Das lispelnde s ist fehlerhaft. R. Die Zunge vibrirt gegen den Gaumen. Nicht jeder Zit- te.rlaut ist R, beim Brammen mit vibrirenden Lippen kömmt z. B- kein R heraus. Hai.ler .stellte sich die Vibrationen der Zunge beim R als el)ensovicl willkührlicljc Bewegungen vor und wollte daraus die Schnelligkeit der Nervenwirkung berechnen; diess ist aber oflenbar ein Missvcrst'ändniss, denn die Vibrationen sind hier- bei blosse, durch den Liiftstrom an der widerstrebenden Zunge bewirkte Bebungen und so wenig einzelne willkührliche Acte, als das Beben der Lippen beim Brummen auf den Lippen. Es giebt zwei R. 1) Das reine oder Zungen — /?,* hier ist die Zunge der vibri- rendc Theil und das Gaumensegel ruhig. 2) Das Gaumensegel-/?,- hier ist die Zunge ruhig und das Gaumensegel vibrirt. Bei Franzosen häufig als Angewöhnung. Das R fehlt im Chinesischen. L. Die Zungenspitze liegt am Gaumen dicht an, die Luft gebt nur auf beiden Seiten zwischen Zunge und Wangen durch. Man kann es auch auf einer Seite allein bilden. Dieser Laut fehlt in der Zehdspraclie. Kempelem rechnet einige dieser Laute unter die Stirnmmit- lauter, weil die Stimme dabei mittöne, wie das li, i; indess kön- nen sie alle stumm angegeben werden ; durch Mittönen der Stimme werden sie nur modificirt, was bei dem leisen Beden jedoch nicht in Betracht kömmt. III. Stumme Consonanten mit Strepitus exploswus. Es gehören hieher das ß, d, und ihre Modificationen, das 7C, z, T. Es sind die Explosioae von Amman. Die Steilung der Mundtheile, die zur Bildung dieser Conso- nanten dienen, ändert sich plötzlich; die Bildung beginnt mit Schluss des Mundes und endigt mit Oelfnung desselben. Daher können diese Consonanten nicht ad libitum verlängert werden, der Laut hört auf, sobald der Mund geöffnet ist. 1. Explosioae simplices b, d, g [Gamma). B, ß. Der Mund ist durch die Lippen geschlossen und öff- net sich mit Durchgang des Windes. D, ö. Der Mund ist durch die an den vordem Theil des Gaumens oder an die obere Zahnreihe angelegte Zunge geschlos- sen und öflnet sich mit Durchgang des Windes. G, y. Die Mundhöhle ist weiter hinten durch Anlegen des liintern Zungenrückens an den Gaumen geschlossen und öffnet sich mit Durchgang des Windes. Nur das Gamma in Gang, ging- 235 3. Sprache. Laute Sprache. ^old, Gulden, Geld gehört hieher. Sehr oft wird das g in der Schriftsprache mit % ch verwechselt, diess falsche g', wie •n selig, gehört nicht hieher. Die stummen Laute b, d, g werden in der Regel durch plötzliches Oeffnen der verschlossenen Wege gebildet. Man kann ®her auch durch plötzliches Schliessen b, d, g bilden. 2. Explosioae aspiratae, p, t, k. Die dem b, d, g entsprechenden Laute p, t, k sind nur Mo- dificationen der erstem und entstehen durch Verbindnng einer Aspiration mit ä, d^ g heim Oeffnen des IVIundes^ aus J3 wird durch Aspiration P, aus 1) w'ird durch Aspiration T, aus Gamma ^ird durch Aspiration K. Die Aelteren und auch Rempelen, Ru- poLPni setzen den Unterschied der zweiten Reihe von der ersten ’n einem Mittönen der Stimme bei b, d, g. Diess ist nicht rich- tig, sie können vielmehr ganz stumm gebildet werden. Schultuess *ctzt ihr Wesen in die Stärke des Luftstroms, was ganz richtig jst, doch ist die Verschliessüng der hinteren Nasenöffhungen nicht 'or dieser starkem Explosion nöthig. Der einzige Unterschied ^wischen der ersten und zweiten Reihe liegt bloss in der folgen- den Aspiration bei p, t, k. ^ _ Diese Erklärang wurde bereits im Grundriss der Physiologie 1827 gegeben. , •• i- u • j Mehrere explosive schmatzende Laute, die uns möglich sinn, ■Werden iii den Sprachen nicht angewendet. Alle Hauptluute der articnlirten Sprache gehören, wie man sieht zum Lautsystem des leisen oder stummen Sprechens. Nur einige wenige Modification§n der Consonanten, welche zu ihrer Bildung das Mittönen der Stimme erfordern, können beim leisen Reden nicht verkommen, wie das deutsche y, das franz. 7, ge, das franz. z, das intonirte l, das intonirte r. An die Stelle dieser intonirten Consonanten treten beim leisen Sprechen die entsprechenden stummen Consonanten, nämlich an die Stelle des deutschen j das ch, * « (t B des franz. j das sch, a a a a des franz. z das s, g a a «des intonirten I das stumme /, « « « des intonirten r das stumme r. Man sieht hieraus, dass das Aussprechen der Consonanten als blosse Geräusche beim ersten Unterricht der Kinder zwar für den grössten Theil der Consonanten möglich ist, dass aber die ganze” Reihe der intonirten Consonanten auf diesje stumme Weise nicht zu bilden ist, daher jene Methode, ohne diese Renntniss an- gewandt, eher nachtheilig als förderlich ist, Indern sie bei diesen intonirten Consonanten etwas Unmögliches unternimmt, während die Methode sonst ihre grossen 'Vortheile hat. B. Lautsystero der'lautcn Sprache, Bei der lauten Sprache bleiben einige Consonanten stumm Und auf blosses Geräusch beschränkt, indem sie durchaus keines MItlönens der Stimme f ähig sind, wie die Explosivae b, d, g und 236 IV. Buch. Betvegung. III. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. ihre Modificationen p, t, k, aus der Reilie der Coiisonanlcn mit Strepitus continuiis das h. Andere Consonaiiten sind hei der lau- ten Sprache einer doppelten Pronnnciation lahii;, der stuinmeu lind der lauten, im letztem Fall mit Miltönen und Summen de*' Stimme, wie das f, ch, sch, s, l, r, m, n, ng. Die Vocale sind laut. I. Vocale. Die Stellung des Mundes ist wie bei ihrer stum- rncn Pronunciation. Der Ton entsteht im Kehlkopf wie das Ge- räusch Lei den stummen Vocalen, und der Rehlkopfton wird durch den Kehlcanal, Mundcanal und die MundölTnung zu a, e, i, Or u, ü, ö, ü, a, und die tiefen näselnden Vocale a, ii, o, oe franz- urngebildet. Siehe p. 231. Die Diphthongen sind Verhindungeu zweier Vocale, und werden von Rudom'hi mit den wahren Vo- calen ü, ö, ii venvechselt. Endlich gehört noch hieher als sehr Lestirninter Vocal das sogenannte stumme e, hebräisch sc/nva, das auch im Deutschen vorkömmt, wenigstens in Dialecten in habe, sage. Dieser Laut ist den leisen Vocalen schon sehr nahe. Die leisen Vocale kommen bei der lauten Sprache in der Regel nicht vor. Doch findet sich eine Spur davon inSlavischeii Sprachen, z. B. im Polnischen. Bei dem Wort walj folgt auf* ein leises tonloses i. Dasselbe Zeichen drückt auch bei einigen andern Consonaiiten die Folge des leisen i aus, aber sehr leicht geht das leise i in ch über, dessen Bildung dem leisen i so nahe liegt. Krom'. Ausser den Vocalen tönt die Stimme auch bei mehreren- Consonanten summend mit, ohne sich dem Timbre eines Vocales zu nähern. Diese Art von Intonation ist sowohl bei offenem Mund, ■ als bei geschlossenem Mund bei offenem Nasencanal möglich.. II. Consonanten, welche in der lauten Sprache slunun bleiben. 1. Explosivae B, JJ, G (Gamma) und ihre Modificationen Pf T, K. Es ist platterdings nicht möglich, diese stummen Conso- iianten mit Intonation der Stimme zu verbinden. Versucht mau sie .laut auszusprechen, so hängt sich die Intonation, hinten air, und ist ein mit b, d, g oder p, t, k verlmndener Vocal. 2. Contiiiuae. Die einzige Continua, welche ganz stumm und keines Mittönens oder Summens der Stimme fähig ist, ist das h, die Aspiration. Versucht man das h laut auszusprechen, so tönt das Summen der Stimme nicht gleichzeitig mit h, sondern folgt ihm und die Aspiration erlischt auf der Stelle, sobald die Luft an den Stimmbändern zum Ton anspricht. III. Consonanten, welche in der lauten Sprache sowohl stumm- als blosses Geräusch, als auch mit Intonation der Stimme gesfjrO'’ dien werden können-, es sind lauter Conlimiae; f, ch, sch, s, r, Ir m, n, ng. Die intonirten dieser Reihe fehlen in vielen Sprachen, die französische Sprache hat die meisten intonirten Continuac, welche sie zuweilen durch besondere Buchstaben, wie « das- intonirte s, j das intonirte sch, oder durch das stumme e hin- ter l, m, n, r ausdrückt; ein kurzes und leises e hinter l, m, n, r ist diess nicht, sondern eine gleichzeitige Intonation bei dem Aussprechen jener Coiisonaulen. Das stiuume e am Ende ande- rer Buchstaben bedeutet dagegen gar nichts, wenn cs nicht dazu dient, ein Schriltzeichcn , das auch für andere Laute gebraucht 237 3. Sprache. Laute Sprache, 'vlrd, näher zu hestiimnen; ge z. P». und che. sind das deutsche stutnine sch, während g vor a das Gamma ist. Die deutsche Sprache unterscheidet nur in einem Fall einen intonirten Con- *'^i>anten von seinem entsprechenden Stummen , das deutsche welches von dem l'ranz. j verschieden. Das deutsche j ist *las intonirtc eh, das franz. j das intonirte sch. Kempelew '*at mehrere der intonirten Consonanten sehr gut gekannt, er 'veiss z. B., dass das deutsche j durch Intonation des eh entsteht, a. O. p. 209., dass das franz. z. ein säuselndes intonirtes J ist (ii67.), dass das franz. 7 ein säuselndes intonirtes sch ist (346.). A^uclx rechnet er l, ut, n, r zu den Stimmmitlautcrn , ich kann aber damit nicht übereinstimmen, dass diese Consonanten an und ftir sich und in lauter Sprache immer intonirt scyn sollen, denn sie werden eben so rein in der lauten Sprache ohne Stimme ge- bildet. Zudem rechnet Rempelen auch das h, d, g zu den into- oirten, da sie doch absolut stumm sind, so gut wie p, i, k, die Kempeles richtig als absolut stumm ansiebt. Ich lasse hier die ent- sprechenden Reihen der stummen und intonirten Contlnuae folgen. Stumm. . . . . Cmiiiuuae nasa/cs. Intonirt. . 77/. In der franz. Schrift stummes e hinter nt. klingt aber mit nt. it n. In der franz. Schrift stummes e hinter n, klingt nher mit n. t,„ .... ng. Rann ad libitum intonirt werden. Die intonirten können auch einen Moment hei zugehaltener Nase gebildet w'crden. Cuniinuae orales. I f und a» . . . deutsche//, fehlt dein Franz. ^eh, franz. che . l r a>. Ein intonirtes f klingt xvie ein intonirtes j. Deutsch in j a. Spricht man cha mit Into- nation des ch, so ist es ja. Auch im Polni- schen im Wort Ja (ich). Römmt im Franz, nur als Verbindung mit / im sogenannten /mouille vor, wie eben in dem Wort mouille. j. Franz, in jarnais. Spricht man schamais mit Intonation des sch, so ist es jamais. Das Poln. z ist derselbe intonirte Laut, auch rz. ' l. In der franz. Schrift stummes e hinter /, klingt aber mit, nicht hinter l, in salle, sable, ville (das l mouille gehört eigentlich nicht hieher und ist //); auch das polnische modijlcirte lö ist intonirt. 7'. In der franz. Schrift stummes e hinter r, klingt aber mit r nicht hinter r, in einigen Wörtern wie verre. z. Franz. Spricht man das Zone, zJde mit stummem ^ aus, so ist es sone, sele, in- tonirt man das s leise, so Ist es das franz. Zone, zele. Das polnische z gehört auch hieher, es ist ein intonirtes s. 238 IV. Buch. Bewegung. IIl. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. Wir 'haben die letztere Parallele schon im Grundriss der Vhy- siologie. Bonn 1827. au^estellt. Die Vertheiluiig der stumm«» und intonirten Continuae in den verschiedenen Sprachen ihre Anwendung in Verbindungen ist sehr verschieden. Di» Continuae nasales m, n können" selir gut im Anfänge der Wör- ter stumm seyn, z. B. in Mond, Warr, am Ende der Wörter sind sie meistens intonirt, besonders wenn sie hinter anderen Con- sonanten folgen, wie in Darm. Das ng kann zwar stumm gebil- det werden und ist heim leisen' Sprechen in magnus sehr deut- lich, beim lauten Sprechen ist es immer etwas intonirt. Die Continuae orales r und l können im Anfang der deut- schen Wörter ganz stumm seyn, wenigstens stumm beim lauten Sprechen prononcirt werden, wie in Rand, Land. Am Ende der Wörter können sie zwar auch stumm gegeben werden , wie i» war, werden jedoch meist etwas intoniVt, selbst im Deutschen, wo kein stummes e die Intonation anzeigt. Zuweilen können ganze Vocale zwischen Consonanten ausfallen, wenn die Conso- nanten intonirt werden, z. B. mer für mir ist bloss eine Ver- bindung von einem intonirten m und r, oder gar von einem stum- men m und intonirten r. Das raodificirte polnische » ist intonirt. Die Intonation beim r kann sich übrigens sowohl dem u als dem i nähern, das letztere in fille. Ein ganz stummes r kömmt zmveüen in den slavisehen Spra- chen vor, wie PuBiviNjE von Piotr (Polnisch) und Wytr-wam*ari- iührt. Das stumme / kömmt auch im Polnischen vor, hinter an- deren Consonanten, z. B. kladl, szbladl, szedl,,aber diess / wird von Vielen gar nicht, nicht einmal stumm ausgesprochen. Zuweden wird die Intonation gesucht, durch Affectation, z. B. bei affectirt zorniger, unwilliger Anrede flerr...r! Das stumme ch, / ist vielen Sprachen eigen, auch das into- nirte 7. oder das deutsche y. Die deutsche Sprache hat das stumme sch, die Iranzosische das intonirte sch oder franz. j. Das into- nirte s oder ^ ist der französischen Sprache eigen. . Man sieht, dass die französische Sprache sich durch die Anzahl der säuseln- den intonirten Laute auszeichnet, was für sie charakteristisch ist. Von den intonirten Consonanten besitzt die deutsche Sprache wenige, nämlich nur das j oder intonirte y^, das intonirte r, I f- Dagegen haben die französische und die slavisehen Spra- chen trotz ihrer grossen anderweitigen Verschiedenheit mehr in- tonirende Consonanten, wie die französische und polnische da.s intonirte s oder z, das intonirte ft7i oder j franz., und die pol- noch das intonirte 7, nämlich j deutsch. Das stumme X fehlt dem Französischen ganz, vom intonirten y kömmt eine Spur bei / vor im sogenannten l mouillö, welches nichts anders ist als ein tonendes l mit einem tönenden y^. In den slavisehen Sprachen fallt aber die grosse Menge der Zischlaute und ihre Verbindung ohne Vocale auf, in den romanischen sind diese Verbindungen um so seltener und das Vorherrschen der Vocale giebt diesen Sprachen mehr Klang und Gravität. Charakteristisch ist für die tranzöslsche Sprache der häiilige Gebrauch der Nasenlaute m, n, ng, und noch bedeut sanier, dass 239 3. Sprache. Laute Sprache. sie bloss die Verbindurif^en des Consonanten ng mit a, o, li, na- eientlicli mit den Nasenvocalen liat, wabi'end ihr die klangi'eiclien Verbindungen mit e, i, u abgeben. In der doutscben und eng- Üsclien Sprache giebt es alle Verbindungen der Vocale mit dem ^asenconsonaiiten ng ajig, eng, ing, ong, ung. Auch da, wo die franz. Sebriftspraebe die Verbindung em, ing |‘at, treten in der Mundspracbe zuweilen andere Vocale ein, wie ie empereur, singulier. Von dieser Arniulb in der Anwendung der ''ersebiedenen möglichen Nasenlaute und von desto häufigerer An- ''^endung gewisser Nasenlaute mit den Nasenvocalen a, ii, o ist •Hne Art von nasaler Monotonie abzuleilcn, während die französi- sche Sprache sich in anderer Hinsicht, nämlich durch den Reich- 1*^1101 an intonirten weichen Consonanten so schön auszcichnet. l^esonders aulFallend ist der grosse Gebrauch des Tons ang, in den fielen Bezeichnungen dieses Lauts in Temps, sang, evidemment u. a. Die vorher aufgeführten Laute sind die wesentlichen £le- •ttente aller ausgebildeten Sprachen, die verschiedenen Bezeich- "üngeu derselben, ihre Verwechselungen unter einander gehö- ren nicht bieher. er langen f, n, a, oder der Nasenvocale, oder cigenthumlicher, durch die Gurgel modificirter Stimmlaute, während die Pronun- ciation der Wörter selbst gut ist; z. B. ich...ii. Es ist wie das Nachklingen eines musikalischen Werkzeuges über die gelordcr e Dauer. Diese Laute bilden und erleichtern den Uebergang von einem zum andern Wort, und so mögen sie wohl oft entste len, obrrleich sie oft auch bei einer Häsitation der Gedanken einti e n. Zuweilen kömmt diese Unart mit dem Stottern * weil dadurch das Stottern beim Ausetzen zu den nächsten oi- U’rn veriiiicden uird. Die Bddiibg reinCi Laute setzt das Gehör voraus 16* Taubge- 244 IV. Buch. Bewegung. 111. Abschn. Von d. Stimme u. Sprache. hörnen ist es ungernein schwer, eine Art von ganz rohen Lauten aussprechen zu lernen. Bei Taubstummen fehlt nur das Gehör ganz oder grösstentheils; ihre Stummheit ist die Folge ihrer Taub- heit; durch viele Mühe lassen sich ihnen die Bewegungen zum Articuliren durch sichtbares Vor-zeigen anlernen, aber ihre Spra- che hleiht immer ein in der menschlichen Gesellschaft unbrauch- bares Geheul, weil sie mit dem Gehör den Begulalor für die Ar- ticulalionen entbehren. Gehör und Sprache können übrigens nicht inniger Zusam- menhängen, als durch das Gehirn selbst. Man sieht niclrt ein, WOZU Nervenverhindungen zwisciien dem Gehörorgan und Sprach- organ nützen sollten, die Verbindung des W. facialis und lingua- Hs ist sowohl dem Gehör als der Sprache fremd: denn der IN.' facialis hat nichts mit dem Gehör, der JV. lingualis nichts mit der Sprache zu thun. Der Haupt-Sprachnerve ist der N. hy- poglossiis, von welchem alle, Bewegungen der Zunge abhängen; auch der N. facialis kömmt ])ei den Articulationen , wenigstens der Lipj)cn in Betracht. Beide INerven sind physiognornische Ner- ven, in sofern sowohl die Mimik des Gesichtes als die Sprache, jede auf andere Weise unsere inneren Zustände objectiv durstellen. Beiderlei Nerven scheinen von demselben Centraltheil, den Oliven, abhängig zu sCyn. Siehe Retzius, Muell. Arch. 18.36. E. Accent. Der Accent ist eine höhere Betonung einzelner Sylbeii und Wörter. a. Accent der IVörter, Jedes Wort hat seinen Accent, wenn cs mehrsilbig ist, er ruht im Deutschen meistens, aber nicht immer, auf der Stainm- sylbe: Leben, sägen, singen. Bei Lebendig hat er sich auf die Biegungssylhe geM-orfen. Viele Menschen betonen die accentuirte Sylbe noch nicht um einen hal1)eii Eon höher; einige um mehr als einen halben Ton höher. Dann wird die Sprache singend. Das Gegentheil davon ist die monotone Sprache, wenn jede Sylbe mit derselben Höhe des Tons ausgesprochen wird, z. B. Lehen, sägen. Dieser Mangel an Variation , hei pedantiselien langweiligen Men- schen ein Ausdruck ihres Natureis, ist unerträglich. Es ist auch die Sprache der Ausrufer. Bei den alten Sprachen sitid der Accent und die Längen der Sylhen ganz verschiedene Dinge. In ilem Rhythmus des poeti- schen Vortrags werden, die Sylhen auf Kosten des Accentes nach den natürlichen Längen gemessen. In der deutehen Sjuache fällen die Accente grösstentheils mit den Längen zusammen. Hier miis.*» Alles als lang gemessen werden, w'ürauf der Accent ruht. Und die in den alten Spra- chen längsten Sylhen können in niiserm rhy filmischen Vortrag als kurz gehraneht werden, wenn nur die Svlhe des Accentes lang bleibt. Dabei muss aber das acceiiluirte Betonen der durch den Accent langen Sylhen in dem poetischen Vortrag vermieden werden. 245 3. Sprache. Accent. Die neueren romanischen Sprachen besitzen zu wenig natür- liche Längen durch Consonanten und h^hen zu wenig Wortac- cent oder Unterschied in der Betonung der einzelnen Sylben der Wörter, um die natürlichen Längen und Kürzen oder accenluirte änd nicht accentuirte Sylben mit viel Erfolg als lang und kurz rhythmisch benutzen zu können. Die romanischen Sprachen sind daher nicht Avie die deutsche einer antik -rhythmischen Behand- lung fähig. Daher können in den unvollkommenen modernen Rhythmen dieser Sprachen alle Silben indiscriminatim mit wenigen Ausnah- men lang und kurz gebraucht werden, und die Sylben werden "ur nach der Zahl gemessen. Nur die entschiedenen Accente mancher Wörter müssen als lang erhalten Averden. Hiedurch dürfen die rhythmischen Längen und Kürzen in dem Vortrag der Poesie auch nicht hervorgehohen werden, weil sie eben oft weder natürliche noch accentuirte sind. h. Accent der Sätze. Die accentuirte höhere Betonung der Wörter in den Sätzen drückt die Modalität des Urtheils aus. Beim Fragen, Bejahen, Und vielen andern Modi des Urtheils liegt der Accent jedesmal eigenthümlich auf dem Worte, worauf es ankommt; der einfach- ste, aus 3 Wörtern, Subject, Copula, Prädicat bestehende Satz hat e’ine verschiedene Bedeutung, je nachdem der Accent auf dem Subject, Prädicat oder der Copula ruht. c. Accent der Dialecle. , ln der Accentuation verschiedener Dialecte druckt sich die natürliche Regsamkeit oder Lässigkeit des Volkes aus. Hier ist der der Accent physiognornisch. Die unnatürliche sich wiederholende Ac!fcentuation des Einzelnen, die nicht aus seiner natürlichen Reg- samkeit hervorgeht und kein Ausdruck derselben ist, ist geziert Und gemacht. In grossen Städten haben nicht die Gebildeten, aber die es sevn wollen, oft eine vom natürlichen Accent des Volks ganz verschiedene Manier des Accentiiirens, was man auch hier zuweilen, aber mehr beim weiblichen Geschlechte hört. Die deutsche Sprache hat keinen allgemeinen durchgreifen- den Accent der Sätze, er ist überall verschieden. In anderen Sprachen ist ein gCAvisser Accent berschend geworden, wie z. B. iui Französischen. Auch die Dänen und Schweden haben eine eigenthüinliche Art der Accentuation der Sätze, die mau aucli hört, Avenn sie Deutsch sprechen. 247 Nachträge und Berichllgungen. Zu P. 19. Z. 13. lieber die neueren Beobacbtungen in Hinsicht der Wirnpcrhewegung sielie dert Jabresbericlit des Archivs für Physiologie 1836. P. 1P8. Z. 8. V. u. Die Bemerkung über den Gepard , Fehs ju- hata, bedarf einer Berichtigung, da nach Owen’s Untersu- chung die bisherige Vorstellung von der Abweichung dieses Thiers von einigen anatomischen Eigenschaften des Katzeil- gesclilcclites unrichtig ist. P. 123. Z. 3. fehlt der Titel der Schrift von W. und E. Weber: Mectianik der mensrhlichen Gehewerkzeuge , mit 17 Taf. Götti 1836. 8. P. 142. Z. 49. V. u. lies: Die einfachste Zunge dieser Art ist die der Maultrommel; sie ist ein stählernes Blättchen, d.as an einem Ende befestigt ist und zwischen zwei stählernen Scticn- keln lieot- diess Zungenhlättchen wird zwar gewöhnlich, in- dem die Älaiiltrommel zwischen die Zahnreihen gefasst wii’d, durch den Finger angeschlagen, aber man kann das Blättchen auch durch Ei'nzielicn der Luft in Schwingung versetzen. p. 170. Z. 8. lies: Wurde in einem kurzen Windrohr gegen das Ende, wo die Zunge, ein Stopfen angebracht, der in der Mitte durchbohrt ullelti den Luftstrom durchliess, so wurde der Ton dadurch auf die eine oder andere Art verändert; er war meist etw'us höher als ohne Stopten. P. ISO. z. 10. statt: Bd.lll. lies: Uehers. v. MBCKEh. Bd. IF. 229. P 232. Z. 15. V. u. lies: Das H fehlt der italienischen Sprache Lis auf einige wenige Ausnahmen, z. B. ho, hai, ha, hanno. P. 2.39. Z. 28. streiche: Schmatzen. minler’-s Pliysiolosie. 2r 11(1. I. i I Der p e c i e 1 1 e n P h y s i o 1 o Fünftes Buch, ' / ■ . > . , ’ - '• ' '■ Von tl c n S i n n e n. ' >1 • . . .i.| . .1) ii'i J .1 r.i i.ii i.'t • ■ ' II i i-'; 1 i .’j iin / .0 .ir;7'i .11 .‘jir.i) iiiixii /■ ii 'li un f ‘ • '■ .iti. : '-'Iljr.* nl' / .V' i'iV)'. ‘A ' . -.1 ■■■ II ■■ " ii .i.i.ryi'l ' -I, •'.7 • ; • -i' I ' I Miiller’s Physiologie. 2r Bd. II. 17 J, Abschniit. Vom Gesichtssinn. I. Von (len physikalisclien Bedingungen des Sehens. II. Vom Auge als optischem Wci’kzeuge. 111. Von den Wirkungen des Sehnerven und der Nervenhaut. II. ' Abschnitt. Vom Gehörsinn. i / I. Von den physikalischen Bedingungen des Gehörs. II. Von den Formen und Eigenschaften der Gehöi’werkzeuge- III. Von den Wirkungen des Gehörsncrveii. III. Abschnitt. Vom Geschmackssinn. I. Von den physikalischen Bedingungen des Geschmacks. * II. Von den Formen und Eigenschaften der Geschmackswei’k' zeuge. III. Von den Wirkungen der Geschmacksnerven. IV. Abschnitt, Vom Geruchssinn. I. Von den physikalischen Bedingungen des Gemchs. li. Von den Formen und Eigenschaften dar Geruchsorgane. III. Von den Wirkungen des Geruchsnerven. V, Abschnitt. Vom Gefühlssinn. I. Von den Formen und Eigenschaften der Gcfühlsorgane. II. Von den Wirkungen der Gefuhlsnervea. Der speciellen Physiologie Fünftes Buch. Von den Sinnen. Kotliwendigc "Vorbcgriffc. Die Si„„. .ntoriC,«,, Pers durcli die eigentWmlicl.e u„d VerV.nderungen ’iiterricliten uns auch Von ^ i-^.p Zustande unser«’ Slnnesn«’- Je. S..„ o„..» .n. U?“£n Sin.e» , .b« ’^en hervormfen. Die in 1 8 einzelnen verselueden, der modus der Empfindung Geschmack, Geruch, nämlich Lichtempfindung, lo«empGndut g, Oefüld. Unter Geluhl versteht mau nicr, die cigcnlhumliche „„d der Rücken- des jVf. trigeminus, yagus, Wollust, des ^ark,snei vcn, d. h. j"* i’astgelüld Die Bezeichnung Sclimerzcs, der Wanne, Kalle, c 8 ^ immer auf die allen ^mpfindung heschranken wir ni Cp„,nrlum. Das was iWcli ^‘nnesuciweu gleiche Leitung au < a. -„„.mlist nur Eigenschaf- dle Sinne .unSlervustsein komm , XVle ^^r:lellung^md das und Zustande unscrei jStm< ’ | , l,orvorg(d)rachtcu ^^leil sind Bereit, ^ und V^rdndenm- organae m unseren iVcivcn Bei den Sinnen, ..... , als l’iaenschalten und E crandenm- ''organge m unseren iSuvcn at ° Bei den Sinnen, g'^U der Köipcr aus.ser uns sei ■ • seltener sind, welchen die AfTecrionen aus l""*'"'; „ns welchen ehe AtieciiouL.. ; . heim Gesiclilssinn «"d Gehörsinn, is .^ _ ,vir“dar- geläufig geworden, «lass "''l , „ der ehen so ^d>er naclidiUen. Bei dem Gelul, Issinn >’> W" Ge- aus inneren Ursachen als aus äusseren ^dlilsne'rvcn eigenthünilichen Emplmdungen ^ ' g ijmei-z, ^vh-d es uns leicht einzusehen, dass das t.e‘i d der d>e Wollust, cm Zustand unserer Nci\cn is ],ei’Vorrufen. Senschatt der Dinge, welche sie ^^elchc der Phy- Diess führt uns zu einigen allgemeinen Gi-umlsatzen, müssen, siologle der einzelnen Sinne vorausgeschictt ^ ^ ^ 250 V. Buch, Von den Sinnen. I. Zuerst wird nun dicss fcstzulialten sein, dass wir durch sere Ursachen keine Arten des Empfindens haben können, die nicht auch ohne äussere Ursachen durch Empfindung der Zustände unserer Nerven haben. In Hinsicht des Gcfühlssinncs ist dicss sogleich offenbar, das Empfindbare der Gefiihlsnerven ist das Rrdtc und Wanne, def Schmerz und die Wollust und unzählige Modifiealionen von Ena- jtfindungen, die W’cdcr schmerzhaft noch wollüstig sind, aber das- selbe Gefühlselcmcnt wie diese Empfindungen*, nur nicht als EX' treme enthalten. Alle diese Empfindungen sind uns aus inneren Ursachen, überall W'o Gefühlsncrven sind, geläufig; sie können auch von aussen erzeugt werden, aber die äusseren Ursachen sind nicht vermögend, ein Element mehr in die Empfindungen zu bringen, die den Nerven an und für sich aus innerer Eeizung zukommen. Das Em])findbare der Gefühlsncrven sind also ihre eigenen Zustände, Qualitäten, durch innere oder äussere Heize zur Ersidieinung gebracht. Das Empfindbare des Geruchssinnes kann aber auch ohne riccbljare äussere Stoffe zum Bcwiistseln kommen) wenn der Geruchsnerve die bestimmte Disposition dazu hat. Der- gleichen Gerüche aus inneren Ursachen sind nicht häufig, bc> Älenschen von reizliaren Nerven hat man sie öfter beobachtet) und mit dem Geschmackssinn mag cs auch wohl so sein, ob- gleich hier die Unterscheidung schwer ist, da man nicht wissen kann, oh der Geschmack nicht von einer eigenthümlichen Verän- derung des Speichels oder Mundschleims heiTÜlirt; jedenfalls ent- steht der eckclhaftc Geschmack, der Eckel welcher als Empfin- dung unter die Geschmacksempfindungen gehört, sehr oft aus blos- ser Ncrvenslimmung. Das Ihuplindbare des Gesichtssinnes Farbß) Licht, Dunkel, kömmt auch ohne äussere Ursachen zur Empfin- dung. Im Zustande der grössten lleizlosigkcil em})findet der Gß- sichtsnerve nichts als das Dunkel. Bei geschlossenen Augen äus- sert sieh dör Zustand der gereizicn Ihiipfindung als Helligkeit) Blllzschen, welches eine blosse Empfindung und' kenn wirkliches materielles Licht ist und daher auch kein Gbject beleuchten kann- Es Ist Jedermann bekannt, wie leicht man bei geschlossenen An- gen die schönsten Falben sicht, besomlci's des Morgens, wenn die Erregbarkeit des Nej'ven noch gross ist. Bei Kindern sind diese Erscheinungen häufiger nach dem Envaclum. Die äus- sere Natur vermag uns daher liier keine Eindrücke zu schaffßü) die nicht schon aus inuern Ursachen in den Nerven möglich wä- j'cn, mul man sieht, wie ein wcgc'ii Verdunkelung dev durchsich- tigen Medien von Jugend auf Blinder, die innere volle Anschau- ung des Lichtes und der Fai'lien haben muss, wenn die Nerven- haut und der Sebnerve des Gesichtsorganes nur unverselirt sind- Die Vorstellungen die man sich hier und da von den wnnderbai neuen Eiupfindungen, die ein von Geburt an Blinder durch diß Operation ciiialt, macht, sind übeitnebcn und unrichtig. Das Element der Gesichtsempliiidimg, das Empfindbare dieses Sinnes, Lieht, I’arhc, Dunkel muss diesen Menschen eben so gut wie dßU andern bekannt sein. Denkt mau sich lernei', dass ein Mensch in der einförmigsten Natur geboren werde, die aller Faihcnjiracht l^othMendigc Vorbegrifß;. *i51 enü)lös3t wäre uiul ihm nietnals ''Usscii ziiführlc, so -würde sein n K’irhen sind doo eih- Menschen seyn;’ denn das Licht «nd die ,,, gehören und hedürlen nur des Reizes, mn zui Auscua b '‘"'“S, .lie Gel,6rc.»pr»a'm80,. Wl.» »ir vc. amen .o s”l »U von nu,.e,n ienn so oll der Si;."cr.cn, len Z„.,.ado helnalet ““ Km.^ltiie,. »«.- gen, Läuten in den hervor, was hcwlosen Aus allem diesen deutlich geimg l eiv »..den sollte, d.s. ‘ "■'ä,, ‘X ^ Euiprindungcn ui uns si,„,e aul'lreten kann. “"'"ii’. x;r'L;r XoeJ j ,— » s» x ^•^hiedene Empfindungen nach der Ea/ui jedes Amne , Einpßndhare dieses Sinnes j, „ siiincsnerven in de, .selben Art ciuwirkt, ist die Kntzün- t'illurgelasseii der Sinnesnei vcii J aer'NervenhaUt des Au- diing." Diese gleiebe Augen und tbcnrbew irkt auch ein ins Blut rii;!:::: oSTur in:’^.S,rnerven, Fomneatio Ursache erregt in den verschiedenen Wi wäL Empfindungen, nach der Natur jedes Sinnes, num- ÄSif i” »-es Seh»Sg»»£^^^ l''«rhe Tan andere umwandeln, Ehäiiomene, wem. f ?fi«d oft nach dem Erwachen, wenn cs noch diu.kcl . , 1 h l dgt. Auch dieses Licht ist nicht o^ccU., aertc Empfindung. Drückt man sich im ^ Scheins ^h*rk ins Lge, so dass die Empfindung eines ‘‘f ‘ ^^ist, ««tsteht, so\:nm dieser Schein, weil >’:;f‘;;^;:"=,,;:st '^«ine äusseren Gegenstände helciichtcn, wie cc , ‘ ^ . p. „je ';''falu.e„ kann. Ich habe diese Versuche schi ''"ö „,,ts„dc ‘St- es mir dadurch gelungen, im Duiikehi die nach, t jie ''är zu erkennen oder besser zu erkciinen. f Jm-ch ei- ^^eiiierkungen über den forensischen hall, wo 3 cm j “en SeWafauf das Auge im Dunkeln einen Räuber erka.vR haben 252 V. Buch. Von den Sinnen. wollte. Mueli,. Archio. 1834. 140. Eben so wenig sielit ein An- derer, wenn icii mir durch Druck an meinem Auge die Einpfin- düng eines starken Blitzes errege, in meinem Auge die geringste Spur von objectivem Liebte, weil jenes Liebt eben bloss eine ge- steigerte Empfindung ist Das sogenannte Leuebten der Augen ist sebon oben in den Prolegornena besprochen worden. An und für sieb bat es a prioi'i nichts gegen sieb, dass die Nei’ven der Thiere leuchten sollten; und da man am Auge die einzige Gelegenheit bat, einen Nerven, namlieb die Retina ohne Verletzung durcli die durchsiebtigen Me- dien zu betrachten, so müsste man, falls in den Nerven eine Ent- wickelung von Licbtmatcrie staltfände, das Phänomen hier am besten beobachten können. Würde es sieb beobaebten lassen, «o würde diese Erscheinung noch immer ausser allem Zusammen- hänge mit dem Liclitseben aus inneren XIrsacben stellen. Abm’ die Erfalmiug bestätigt nicht eine solche objective Licbtent- wickcluiig in den Nerven und in der Nerveiibaut des Auges. P*® Ertahrungen, welche das Gegentlieil beweisen, sind a. a. O. an- geführt. Der meebanisebe Einflass erregt aber auch die eigentbttm- lichen Empfindungen des Gehörnerven; es ist wenierstens zuin Sprichwort geworden. Einem Eins geben, dass ihm die Ohren klin- gen; so sagt man auch. Einem Eins geben, dass ihm die Augen davon funkeln, Einem Eins geben, dass er es fühlt, so dass derselbe Schlag in dem Gehörnerven, Gesichtsnerven, Gefüblsnerven die verschiedenen Em]- I puls nur ein Geräusch hervor; wird das Rad schnell lungcdrcbt und folgen sich die Geräusche schnell auf einander, so werde" | sie immer weniger von einander unteischieden und zuletzt si"" " sie ein bestimmter Ton geworden, dessen Höhe mit der Schnei- ; ligkeit des Umlaufs des Rades oder der Stösse zunimmt. j Schwingungen eines Köipers, welche an und für sich ohne Folg“^ Noihivendi'ge Vorhegriffe., 253 auf einander bloss oder kaum ein Geräusch bilden wurden, werden durch Foke auf einander zum Ton; der bnpuls ist auch, ein me- cbanlscher. Angenommen, dass die Lichtmaterie ^ Uic i mcc la- uische Oseillatloncn auf die Körper wirkt (ündulationstheorie), so liaben wir hier wieder ein Beispiel, dass Schwingungen aut ^ei- schiedene Sinne verschieden wirken. Sie bewirken nn Auge cUc Lichtempfmdung, in andern Sinnen nicht,, m den Gefublsneivcn die Empfindung der Warme. _ t> • • i t i..cc Der electrische Heiz kann als zweites Beispiel dienen, dass derselbe Reiz in den verschiedenen Sinnesiici-v«i verschiedene Empfindungen hervorruft. Schon ein einfschcs Platleiipaar von 1‘eterogenen Metallen, mit dem Auge Eettenartig verbunden en egt im Dunkeln die Empfindung eines hellen blitzähnlichen Si.liuns selbst wenn das Auge ausser dem Strom hegt, wenn es m«’ ' t “^U weit davon entfernt ist, entsteht die Empliiidung durch Alihi- tung eines Theils des Stroms auf das A-Uge. So z. . wenn i le cme Platte an das Innere eines Augenlicdcs, die andere an i as imiere des iMundes angelegt wird. Stärkere clcctnsche Reize ic- 'uirkcii viel lietligere Lichtempfiiidungcn. Im Gehörorgan, eiiegt der electrische Reiz die Geliörcmpfindung. * sich seine Ohren in der Rette einer Säule von 40 I latlcnpaai tu l^efanden, nach der ScbUessuiig ein Zischen rausch, welches die ganze Zeit der ^ V transact. ISOÜ p. 427. Ritter bei Sthliesmn^ Eette einen Ton wie G der cmgestnclienen Octave, odei g . Die Reibungselectricität der Maschine erregt in den Gcmchs- uerven einen phosphorigen Geruch, die Armirung der Zunge mit lietero-encn Metallen erregt einen sauren oder salzigen Gcstlimatk ie nach der Lage der Platten, wovon die eine über, die am c re »mter der Zunge upplicirt wird. Die Erkhirnug dieser Ei “uug aus der blossen Zersetzung der Spcichelsalze diiiitt sdioi öueh dem bereits von andern Sinnen angelulirtcu nicht hinrcichcii. Die W irkungen der Eleetricität auf che Gcful.lsnervei. sim l>inwieder weder Lichtempfindung, noch Gchorempfindiing, noc Geruchs- noch Geschmacksempfindung, sondern die diesen Neivcn eigenen Empfindungen des Stechens, Schlagens u. s. w. Chemische Eiiifiiisse wirken wahrscheinlich auch verscbie- '^'cn auf die verschiedenen Sinnesnerven. Aaturlich hat man i . - >^ulier nur wenig Erfahrungen; bekannt ist dass chemische Ein- flüsse in den Gerublsnerven der Haut Getuhlscindrucke, wicBitn «en, Schmerz, W^ärmeempfindung, in dem Gcsdimacksorgaiic tic- suhmackscmplinduiigcn und wenn sic fluchtig, in den Gerucbsnei- yen GeruchUmpriiulung erregen. Auf die höheren Sirtncsnervcn >^önncn wir auf mehr unschädliche Wk.se nur durch ins Blut au - genommene SlolTe chemisch wirken. Aul diese ycise wiiken • ’ „ jTt;rnasa. ilÜch b'^oomniene .'sioiie cnemiscii - --- auch in ledern Siimcsnerveii, den Eigcnschalten dcssclbei T\ 1 • I I- -..1. 1 1 ivr.. I i tT*<»l/*lvrs Ralii in gehören die Wirkungen der Narcotica welche bekann siibjective Gesichts- und Gehörpbänomcne erzeugen IV. Die eigenlhilmlichen Empfindungen jedes Smnesnn durch mehrere iwtere und äussere Eiifiüsse zugleich n’; neti Jpt Werden ■een kön- heruurgeru- 254 V. Buch. Von den Sinnen. Diess ergJebt sich bereits aus den vorlier angeführten That- sachcn,' denn die Liehtempfindung im Auge wird erregt: 1. durch Scliwingungen oder Ausflüsse, die man von ihrer Wirkung auf das Auge Liclit nennt, obgleich sie noch viele an- dere, auch chemische Wirkungen hervorhringen, ja sclljst die or- ganischen Wirkungen der Pflanzen unterhalten. 2. durch mechanische Einflüsse, wie Stoss, Schlag, •i. durch die Elcctricität. 4. durch^ chemische Einflüsse wie die ins Blut aufgenommenen Narcotica, Digitalis \i. a. welclie snbjective Sinneserscheinungen, blimmcrn vor den Augen u. dgl. heiworhringcn. 5. durch den Reiz des Blutes in der Congestion. Die Gehörempfindung im Gehörnerven wird erregt: 1. durch mechanische Einflüsse, Schwingungen der Körper, welche durch Äledien, die der Fortpflanzung derselben fähig sind, dem Gehörorgane mitgetheilt werden. 2. durch die Electricilät. 3. durch chemische Einflüsse, die ins Blut aufgenommen wer- den, Karcotica (alterantia nervina) , 4. durcli den Reiz des Blutes. Die Geruchsempfindung der Geruchsneiwen wird erreot: 1. durch chemische Einflüsse flüchtiger Art, Riechstoffe. 2. durch die Electricifat. Die Geschmacksempfindungen werden erregt: 4. durch chemische Einflüsse, die entweder von aussen, oder vom Blute aus aut die Gcsclimacksnerven wirken. Hunde sollen nach Magl'ndie auch die ibnen ins Blut injicirte Milch schmecken und mit der Zunge zu lecken anfangen. ■ 2. durch die Elcklricität. 1 u mechanische Einflüsse. Ilieher gehört der eckcl- halie Geschmack von Reizung des Gaumensegels, des Kchldek- kels und der Zungenwurzel. Die Gefühlsemplindungcn der Gefühlsncrven w'crdcn erregt: 1. durch mechanische Einflüsse, Schallschwingungen, Be- rührung jeder Art. 2. durch chemische Einflüsse. 3. durch die Warme. 4. durch die Elcctricität. 5. durch den Reiz des Blutes. V. Die Sinnesempfiridung üt nicht die Leitung einer Qualitüt oder eines Zustandes der äusseren Körper zum Bewusisein, sondern die Leitu!^ einer Qualität, eines Zustandes eines Sinnesneroen zum Bewustsein, veranlasst durch eine äussere Ursache, und diese Qua- litäten sind in den verschiedenen Sinnesnerven verschieden, die Sin- nesentrgieen. Du; Empfiinglichkcit der vci-schictlencn Sinnesnerven für be- stimmte Einflüsse, wie des Gesichtsnerven für das Licht, des Ge- hörnerven für die Schwingungen u. s. w. erklärte man sich sonst aus einer specilischen Reizbarkeit dieser iVerven. Diese reicht aber offenliar zur Erklärung der Facta nicht hin. Allerdings be- sitzen die Sinnesnerven eine specilische Reizbarkeit für gewisse Nothivendige Vorbegriffe. 255 Einflüsse; denn manche Reize, die auf «« Sinnesorgan heftig ein ^virken, wirken auf ein anderes wemg Licht, oder so unendlich schnelle Schwingungen wie dm des Uchtes nur auf die Sehnerven und die Gefühlsnerven, langsamere Schwin- gungen nur auf den Gehörnerven ~ ’ Qg_ nicht auf den Gesichtsnerven, die Riechstoffe nur . f Uchsnerven u. s. w. Die äusseren Reize müssen «1*« Organ homogen seyn; so ist das Liclit der homogene Ro;* ^es Sehnerven, ^Schwingungen von ■ der geringen Geschwindigkeit, Welche auf den Gehörnerven wirken, sind icnem heterogen ode gleichgültig; denn man erhält hei ^er Pmrehrun^ des Auges mit ei- ner sAwingenden Stimmgabel nur eine Gefidilsempf n^ Conjunctiva, aber keine Lichtempfmdung. Indessen seheii, das, bestimmte gleiche Reize m diele schiedene Empfindungen hervorrufen wie die ist allen Sinnesnerven homogen, und doch sind die in allen verschieden. Und ebenso ist es ™ Wie' den chemischen und mechanischen. le speci i nicht keit der Sinnesnerven reicht also zur hin, und wir sind genöthigt, iedem Sinnesnerven f Uer" gieen im Sinne des Abistotei.es Qualitäten sind, wie die Zusammenzichung die *r Muskel ist.’ Diese Tbatsachc >^^^0 in der neueni die Roarbeitung der sogenannten ^«1^ ^ Purkinje, Hjoet mehr i met' "rkaimrTo’ Lnt man nämlich letzt diejenigen Sin- neserscheinungen, welche nicht durch den gewöhnlichen homoge- nen Reiz eines Sinnesnerven, sondern andere ihm gewo in ic fremde hervorgebracht werden. Lange haben diCse ^^^ht^n Lf" scheinungen unter dem Namen der Sinnestäuschungen sind unter einem falschen Gesichtspunkte misachtct gen sie als eigentliche Sinncswahrheiten und Grundphaiiomenc bei der Zergliederang der Sinne studirt werden müssen. dL Empfindung des Tons ist daher die eigcnthumhche Ener- gie dL Hörircrven,^die des Lichts und der Farben die Energie des Gesichtsnerven u. s. w. Eine nähere Zergliederung dessen. Was hei einer Empfindung geschieht, inusste schon auf ««‘J« Wege zu dieser Wahrheit führen. Die Empfindungui dti Wm-rae und Kälte z.B, bringen uns die Existenz des ««Po»dm;ablen Wai- mestoffs oder cigenthümlichcr Schwlngiuigcn in der Gefühlsnervcn in einer Empfindung zur A”^olu.uuns. Abe was die Wärme ist, kann durch etwas, was doch zunächst fu»ta d iRr Gefühlsncrvcn ist, nicht aid'geklärt und muss durch das Slud.m der physikalLchen Eigenscl.^^ aus dem ^ogen die Körper auszudeuuen u. vv. * t tlVirt aber das EigentluuuUclie der Wäi'iueeinpii'u ^ Standes der Nei*vcii niebt. Das reine Factiuu ohne a c " j ° ist nur dlcss, dass die Wanne als Empfindung dmin c e t, "’enn der Wännestoff auf einen tnd'ülilsiierv en wii •> r 256 V, Buch. Von den Sinnen. Kalte als Empfindung entstellt, -w^nn dieser Stoff einem Geffihls- nerven entzogen “wird. Es ist ebenso mit dem Tone. Das reine Factum ist diess, dass wenn eine gewisse Zahl von Stosson oder Scliwingungen dem Gebörnerven mitgetbeilt wird, der Ton als Empfindung entsteht, aber der Ton als J.mpfindung ist himmelweit von einer Anzahl von Schwingungen verschieden. Dieselbe Zahl der Schwingungen einer Stimmgabel, die dem Gehörnerven jene Empfindung mittheilt, vvrrd von dem Gcfiihlsnerv,en als Ritzel eraplimden. Es muss also zu den Schwingungen noch etwas ganz Anilcres hinzukommcu, wenn ein Ton emptunden werden soll, und diess Erforderliche hegt nur im Gehörnerven. Mit dem Gesicht verhält es sich nicht anders; die verschie- den starke Wirkung des imponderabeln Agens, des Lichtes, be- dingt eine Ungleichheit der Empfindung an verschiedenen Stellen der Ncrvcidiaut des Auges, geschehe die Einwiikung durch Stösse nach der Undulationstheoric, oder durch Strömung mit unendlicher Geschwindigkeit nach der Emanalionstheorie. Erst dadurch dass die Neryenhaut die schwach alllicii-tcn Stellen als massig hell, die heftig alhcii len als licht, die ruhenden oder gar nicht afli" cirten Stellen als dunkel oder schattig empfindet, entsteht ein be- stimmtes Lichtbild je nach der Vertheilung der anicirtcii Stellen auf der Nerveiihaut. Auch die Farbe ist dem Sehnerven selbst immanent und entsteht, wenn sie durch das äussere Licht hervor- gerufen wird, durch die im Gmnde noch unbekannte Eigenthüm- liclikeit der sogenannten farbigen Strahlen oder der zum Farheii- eindriick nöthigen Oscillationeii. Die Geschmacksnerven und Gc- iwchsncrveii sind unendlich von aussen hestimmhar, aber jeder Geschmack hängt vop einem bestimmten Zustande des Werveii ab, der von »assen bedingt wird, und es ist lächerlich zu sagen: die Eigenschaft des Saui-eii werde durch den Gcschmuckiierven ge- leitet; denn auch aut die Gcruhlsnerveii wirkt die Säure, aber es entsteht kein Geschmack. Das We'seii dieser Zustände der Nerven, vermöge welcher sie Licht sehen, Ton empfinden, die wesentliche Natur des Tons als Eigenschaft des llörncrvcn, des Lichts als Eigenschaft des Seh- neiveii, des Geschmacks, Geruchs, Gefühls bleibt wie die letzten Ursachen in der Natiirlchre ewig unhckaiint. Ucher die Empfin- dung des «lauen lässt sich nicht weiter räsoniren; sic ist eine Thatsache, w'ie viele andere, die die Grenze unseres Witzes be- zeichnen. Die cigenthümlichen Emjiliiitlungen der verschiedenen ainiie bei gleicher Ursache aus der verschiedenen Schnelligkeit der Schwingungen des Nervenjirincips zum Sensorium erklären wollen, wurde auch nicht weiter führen, und wenn eine solche «ehaiiptiing statthaft wäre, so müsste sie zunächst zur Erklärung der verschiedenen Empfindungen im Umtange eines bestimmten Sinnes angewandt werden, warum z. H. das Sensorium die Emnlindung des Blauen, Rothen, Gelben erhält, warum das Scnsoriimi die Empfin- dung eines hohen oder tiefen Tons, die Empfindung des. Schmel- zes oder der Wollusl.,. der Wärme oder Kälte, die Eiaiifindung des Bittern, Süssen, Sauieu erhält. In diesem Sinne allein ist dfo Nothoemdlge Vorbegriffe. 257 Erklärung beacl.tenswerth; die Ursacbeu sind wenigstens sebon von aussen her versc neden scbn^ gungen der tonenden Körper, xnul enxc Ikruhrung d^^^^^^ nerven der Haut, die einmal liewirkt, eine cinlad e « _ 1 düng lieivorruft, erregt sebnell als Schwingung Köipers wiederholt, die Einplindung des Kitzels, so dass mcI e>c das l^Teei Ische der’ Wollustiinpliiuhvng auch 7««« gig v^u aussen durch innere Ursachen entsteht, (Umch Ug”kelt der Sclnvingurigeu des lVervenpr.nc.ps m den Gefuhlsnei- ver der Gcsichtsempfindimgcn aus lunera Ursachen ma-' wohl die Ursache gewesen seyn, dass auch die al- ten Naturphllosophcn eine Ahnung von des Auges an dem Empfinden w.n Lieh und Faihc gehabt lia^ Diese ä ln der Lehre vom Sehen im rmu.eus d P.^^^^ meW zu verkennen. Es heisst dort: „Unter deten die Götter die strahlenden Augen zuerst. um deten die Götter cue sira mcuviv.. o-' des Grundes Willen. Ein Organ ^fge brennt, sondern ^ur AhsichL ansemessen, hatten sie hei dieser u mu g r„cirhtes W^nn des Auges Licht um de« Austluss des vcrl ist und Gleiclies zu tc^tuTder Au^e» eint, so entwirft p*;/* er^n uusströmendc Körper, wo immei > «„,,^0.1 trifft. Wenn aber d.:fvc“wandte Peuer des Tages in die N-ht vergcH. t, so ist auch das innere Licht verhalten; denn in dasUn- Rleichartige ausströmend verändert es ® VT fischt, indlm cs durch Ecine VerWandtscha der Lu t sich anfügen und mit ihr Ems werden kan«, da 1„ mehr ™scl,.llUcl,.r F„™ V.Ä .f,„a» .:cu A.™- Wovon ich in meinei Schult uhti 1 Frklä- ersche'nungen eine Uehersetzung gege )cn la . rung der Phantasmen als innerer Siiiueswirkuiigen heutigen Standpuncte der gar schon die auch von Spisoz.v gemachte Beoliachtung dass s cii S Im Schlafe erschienenen Bilder h^im Erwachen ^ nesorganen ertappen lassen (3. Cap.), iind Wandlungen des Blendiuigshildes der Sonne im Auge sind ihm ^''‘'“Bei da^'^'liusgchildeten Zustande der ?'ei'^cl|ledericu Zweige der Naturwisseiischaftcn, welche «ndig und zu„. abhängig von einander bearbeitet weiden, 1 ei ) ■ p schöne Aufgabe der Philosophie, die Erklärungen der Gu« r^^._ nomeiic zu priifeii, licsoiulers da, wo die Gebiete m -yi'esen. len, wie bei den W irkungeii des Lichtes näheren Aber diese Arbeit ist ungemein schwierig, ueil sic Antheil an der Zergliederung der Thatsacheii pj ist. ln neueren Zeiten hat die Philosophie aul J 258 V. Buch. Von den Sinnen. sik und Physiologie zugleich angehörigen Felde nur wenig gelich- tet. Die Manifestation der Gegenstände an einander kann die Watur des Lichtes nicht ausdrückeu und dass es für uns manifc- stirend ist, hängt nur von der Gegenwart eines Iielehtcn Sehor- ganes ah. In dieser Weise sind hinwieder viele andere Agenticn manifestirend. Und wäre ein feines organiscdies Reagens fiir die Ekctncitat wie für das Licht da, so würde die Electricität ebenso offenharend fLir die Existenz der körperlichen Welt scyn, als das Licht ist. •' ’ Aus dem Vorherigen ergieht sich deutlich, genug, dass die Sinnesnerven keine hlossen Leiter der Eigcnschaltcn der Könjer zu unseim Sensorium sind, und dass wir von den Gegenständen ausser uns nur durch die Eigenschaften unserer Nerven und ihre Fähigkeit von äusseren Gegenständen stärker oder geringer ver- ändert zu wenleii, unterrichtet werden. Selbst die Tasteinplinduiig unserer Hand bringt nicht zunäciist den Zustand der Oberflächen des betasteten Roi-jies, sondern die durch das Tasten erregten Stel en unsers Körpers zur Anschauung. Vorstellung luul Urthcil machen aus der einfachen En,],nndung etwas ganz Anderes. Auf der verschiedenen Art, wie Körper die Zustände unserer Nerven erregen, beruht die Sicherheit der sinnlichen Unlerscheiduii-^ Hier lässt sich aber auch cinschen, warum die sinnliche Erkeiint- niss lins nie die Natur und das Wesen der sinnlichen Welt aul- schliesscn kann. Wir enipliiiden beständig uns selbst in dem Um- gänge mit der sinnlichen Aussenwelt und machen uns damit Vor- stellungen von der Beschaffenheit der äusseren Gegenstände, wel- che eine relativ'e Richtigkeit haben können, aber niemals die Na- tur der Köi^pcr selbst zu jener unmittelbaren Anschaiiung brin- gen, zu welcher die Zustände unserer Köiperlheilc im Sensorium gelangen. ^umesnerue scheint nur einer hestimmten Art der Ern- pjindung und nicht derjenigen der übrigen Sinnesorgane fähig zu seyn, und kann daher auch keine Vertretung eines Simiesneruen durch ei- nen andern davon verschiedenen slattfinden. In jedem Sinnesorgane kann die Empfindung Ins zum Aime- nehmen und Unangenehmen gesteigert werden, ohne dass die Na- tur der Empfindung selbst verändert wird und in die Empfindung • eines andern Sinnesorgans übergeht. Das Sehorgan empfindet das Unangenehme als Blendung, das Angenehme als b ’arbenhar- monie, das Gehörorgan hat das Angenehme und Ummgenehme in den Hannonien und Disharinouien; das Gcschmacksorgan und Ge- ruchsorgan haben ihre angenchineu und unangcnchiiicn Gerüche und Geschniackc, das Gefühlsorgan die Wollust und den Schmiu"/. Es scheint daher, dass auch in der heftigen Leidenschaft des Sinuesorea- nes die Empfnulung ilirc specifischc Energie behält. Dass die Em- pfindung des Lichtes, des Tons, di;s Gcsclimacks, Geruchs nur in den cnts|)rechen(lcn Nerven cmiilündcn werde, ist bekannt, we- niger dmithch ist diess vom Gefühl, und cs fragt sieh iiamcntjieh, ob die Emphndung des Schmerzes nicht in den höheren Simics- nerven möglich sei, und ob z. B. eine starke Verletzung des Seh- nerven nur als heftige Lichtempfindung, nicht als Sch'merz cm- Nothev endige Vorhegriffe. 259 Pfunden werden könne. Die Untersuchung diesOT Frage hat ihre grossen Schwierigkeiten. In den Sinnesnerven ser den eigentlichen specifischen Sinnesnerven auch »erven; die Nase hat ausser den Geruchsnerven «ueh noch die Geföhlsnerven vom zweiten Ast des Ingeminus; in der Zunge steht das Gefühl neben dem Geschmack, und das eine kan - loren sein, während das andere fortbestcht, und ebenso e^ n t dem Auge und Gehörorgane. Zur Untersuehiing / ''Sf J es nöthim Versuche an dem isohrten Sinnesnerven seihst .m/.us ei- len. ms man jetzt in dieser Weise erfahren, sprich dafür, dass die Sinnesnerven keiner andern Art der Empfindung als der ihnen eigenthümlichen und nicht der Gfil’l^empfindung faK s«‘A- Die enthlössten Geruchsnerven des Hundes zeigen sich stechen «anz gefühllos, wie Magebdie hcohachtetc, auch die Maik- hS dL Auges und der Sehnerve waren in Magebdie’s Versuehen iJourn. de plysiol. IV. 180.) keines Schmerzgefühls hei mechani- schen Verletzungen fähig. Dagegen hat dass die Durchsehneidung des Selinci-ven bei Exstii^ation Au es, für den Kranken mit dem Sehen von grossen Lichtmassen vci- hunden war, wie mir mein Freund Tourtu ae aus. ; rung hei AnsteUung dieser Operation niitgetheilt hat. licliteii Kreise, die man hei plötzlicher Yenvemu g «ehören nach einer Seite, wegen Zerrung der s ^ hiel.pr Oft ist. in den Fällen wo die Exstirpation des Auges in- es mir nic-ht bekannt, dass die Durchsehneidung des Schnersen bei der Exstirpation des Auges sclimerzhafter, als der übrige 1 der Operation wäre, während doch die ^ starken Gefühlsnerven, wie der Schnerve, sonst steil Schmerzen verbunden ist, und bei den Thie ^ heftigsten plötzlichen Geschrei begleitet wird. Allerdings kann ein Sinnesnerve, gereizt durch Reflexion un- ter jMltwirkung des Gehirns, auch wieder andm’C Empimduiif, bervo rufen, wie das Hören gewisser Töne z. B vom Ritzeii in Olas, die Empfindung von Rieseln in den Gehihlsnervcn hcrvoi- bringt. L ud so mag wohl auch eine lilendende Lichtcmpfmdi „ bii Sehnerven einen rellectirtcn unaugenehmen Eindruek auf ih Gefühlsnenen der Augenhöhle und d.i^s Auges |i böimeii wenigstens die unangenelimeu Empfindungen im Augaplel nach dem Sehen in sehr helles Licht erklärt wxrekn In Hinsicht des Riechens Imt sich Magebdie ofleiibar getause^^^ Wenn er nach Zerstörung der Geruchsnerveii den Nasa as en i vus trigemüms Gcmcli zuschricb, da die angewandten Reize, • Essigsäure, flüssiges Aimnoiiium, Lavendelöhl, Dippclso c,.i,lcün- geliraclit, sehr starke Erreger der ■Gelühlsempfindung t ei - ^ j’ liuut der Nase sind. Esc^ricut in Magendie Journ, ß P . -p i , ' VI. p. 339. In allen genau heoliachtcteu Fällen von i uiien der Geruchsnerven hat auch der wahre Geruch au tgelioi . sch- Ricar a. a. 0. 260 Jiuclt. Von den Sinnen. Eine Einwirkung der Gesiditsnervcn auf die anderen Siiineuier- ven in den Grenzen, wie überjiaupt ein Nerve auf den andern durcli ycrmittelung des Gclnri.s e.nwirkcn kann, wird Niemand kcslreiten können; welche amgebreitele Aflection bringt nicht eine Neuralgie, wclclie man, ngla tige Störungen der Sinnesorgane ein neiTÖser Zu- stand 1‘crvor,, der in den Untcrleibsorganen seine Oiielle hat. u. a., obgleich allerdings Vieles der Art, was man in den Unlcr- markrhatf’ Eückeii- vom iv*"" Gesichtspuncte aus muss auch die Einwirkung •vom Nervus frontahs auf den Selinerven und jene nach Verletzun- gen dcsNervms frouUhs beobachtete Amaurose betrachtet werden; aber vielleicht durfte diese in neueren Zeiten meines Wissens selten beobachtete Alfeclion, noch richtiger aus der Ersebiit- erkh’ft Icrdtn'"' Sehnerven durch die Contusion der Stirn Die anatomischen Beoliacl.tungen für das Vertreten eines 1 1"" "T «ehr unsichere GrS: t an ^ Maulwurfes sollte der Augen- hohlenzweig des in gern, nus scyn; Koen und Hekle haben indess^e- zeigt, dass- der Maulwurf einen ungemein feinen, der Grösse seines Auges entsprechenden Sehnerven besitzt und ebenso ma^r es heim Irotcus angmnus seyu. Die ünabhängigkeit des N. acusticus der liscie vssfaiidi<^ vmn Gelm-n, bald vom Trigeminus, bald vom Vagus abgebt (E if Weber de aure et audilu. Lin. 1820 d .Tt -inii “n&euc «• r.) "a?;“ vestibiih cm Ay des facialis scyn soll. Bei den Delphinen Zd zwar Rudimciilc der Geruelisncrven nach BlvinviVib vr TBEvhRA«üs [Biologie. 5. .342) vorbandeu und cs wäre schon d«! wegen nicht iiotliig andere Nerven für den Geruch dieser Ol ■nirr.tJL'“'"''“’ ■“ cifisch ''r'l Silinesiierven durcli einen spe- cil sch lUvon yerscliiedeiieii, ist uns unter den beglaubinten nliv- yologischcm Thatsachen keine bekannt. Die A.usbihl .rdes^Gc- F’iir"ern mit der 11* * i * nennen; das Scheu mit den eb nmis Matcl^!^r^w bei sogenannten Magnetischen scheint woe^ geschehen S’ «Ü, wird, und Betrug, w o Y :,cic ielicn soH. Die Gefuhlsncrven sind keiner andern Eiit phndung a s der Geluh semphndung fMdg. Daher ist auch kein Horen “1® die Gehörnerven möglich; was die Gefuhlsnci-vcu fn, T I^«;'l>er empfinden, sind blosse Ge- fühle der BelHuigen und nichts dem Ton Aehn liebes. Die Beispiele Ao/htvendige Forl>eg7'iffe. ‘261 sind zwar licut zu Tage nicht, selten, V' ' A,1, ,[c ''“ “E;/;; Ol.r siel.l Wirken, miteinander vorwcchsell. Olinc lUs leßcnuiö 0 OS ln der Welt keinen Ton, sondern “ur Schwingungcni, ohne ^ lehendige Auge in der Welt kein Hell, keine kaij.e sondern nur die Oseillationcn der iniponderaheln Materie des L "• ä,r *r «»»«- neroen in Urnen sethU liegen, oder in Hirn und 2 ^ welchen sie Ungelwn, ist unhekannt , a/jer dass Centraltheile der Sinnesneruen im Gehirn, unaldmngig uon dm J\cr- oenleitern, der batimmtenSinnescmpßndu^en jafug sind. Die snecifisdie Reizbarkeit «Icr Sinnesnerven fi i Heize muss wohl in ihnen seihst hegen, so z. B. ® - gungen von der Schnelligkeit oder Langsamkeit, wie s'® «ur auf den Gehörsinn und Gefühls.snin wirken, dass rein " ■ sehe Einflüsse auf die Gesehmacksncrvcii ast gar zi E - gung des Gcschn,ackes wirken u. dgh. Aber die Art 'der Reaction nach der EiTCgung eines Smuesnerven •doppelte Art stettfinden, entweder dass das Scnsoiium für sich deich verschiedene Qualitäten von den Rerven aus ei- Hlt, od£ dass an und für sich ähnliche Schwing— ni^aen Nerven andere Qualitäten in dem Sosü^imn zur Per 1 . gen, ie nach d«. Eigenschafen S "tare itltrÄ'tr" der iS Ihr unauflöslich, s!c hängt ftiit' einer Indern zusammen, ob es einen qualitativen IJntei schied de^ sensoriellen, motorischen, «^ganisehen Nervenfasern g^ht, ob sie sich bloss durch die bestimmte. Art der Stroniung und Os- ciUation des Neivenprincips in den vprscbiedenen Ecdcrn unter- scheiden, oder ob die Vcmchiedenhcitei, ^ die Theile entstehen, zu welchen sic bin gehen. Was sich vorlau fighierüher besprechen lässt, ist im 3. Buch So del ist aller gewiss, dass gewisse Gcntraltbeilc des Ge- sims jedenfalls an den eigenthiimhehen Encrgicen dci mn particlpiren; denn Dmck auf das Gehirn bewirkt auch E dune w-ie mehrmals schon gesehen wurde. Nach vollständiger Amaurose der Nervenhaut sind noch ^ iüuei-n Ursachen möglich. Siehe die Beispiele ‘l* iiber die phantastischen Gesichtserscheinungen. Gobi IS^O. Ale- xander V. Humboldt galvanisirte einen Mann, dom das Aiig^ ausgelaufen war, er sah Lichterscheinuiigen auf der lihnden Se.te^ Öie gereizte Muskel und Nervenf aser f. II. 44L Linckb {de.fingo meduUari Lips. 1834.) erzählt einen FaV , wo Hei einem Kranken einen Tag nach der Exstirpation eines fiuigosen hulbu^ «cuU allerlei subjective Licliterschcinungen entstanden, oie Suälton, dass er auf den Gedanken kam, als sähe er Wirklichen Augen (wie die Gefiihlc der Amputirlcn). m ein ^ gesunde Auge schloss, sah er verschiedene Bilder *’en Augenhöhle umherschweifen , als Lichter j ^ ^ Unzende Meuschen, Dieser Zufall dauerte einige läge- 262 V. Blich. Von den Sinnen, So giebt es auch zuweilen Gefühle in den Gliedern, heftige Schmerzen bei Menschen, deren Fähigkeit der Empfindung für äus^ sere Eindrücke vollkoimnen aufgclmben ist. Siehe die JVf^enphy- sik. Es ist wahrscheinlich, dass hier auch die Centralorgane die Ursache der Empfindungen sind, und da die eigenthümlichen Sin- ncsenergicen gewissen Theilen des Sensoriums zukommen, so kann die Frage also mm die seyn, ob die Leiter für die ätusern Ein- drücke, die Nerven an diesen Eigenschaften participiren oder nicht. Diese Frage kann für jetzt nicht beantwortet werden; denn die Tbatsachen lassen sich gleich gut auf cic eine und an- dere Art erklären. Dass aus iniicrn Ursachen oft Gefühle entstehen und nach der Pcripberie verbreitet werden, kanr. für den Antlied der Nerven selbst an den bestimmten Siimesenergieen nicht ange- führt werden, da auch die Affectionen der Centraltheile des Ner- vensystems oft nach aussen hin versetzt werden. VIII, Die Siimesneroen empfinden zeoar zunichst nur ihre ei' gelten Zustände, oder das Sensorium empfindet die Zustände der ^mesnerven; aber dadurch dass die Sinnesneroen als Körper die Eigenschaften anderer Körper theilen, dass sie im Raume ausgedehnt sind, dass ihnen eine Erzitterung mitgetheilt werdai kann und dasif sie chemisch, durch die Wärme, und die ElectricUät verändert »erden können, zeigen sie bei ihrer Veränderung durch äussere Ursachen, dem Sensorium ausser ihrem Zustande auch Eigeiuchaften und Ver- änderungen der Aussenwclt an, in jedem Sinne verxMeden nach des- sen (Qualitäten oder Sinnesenergieen. Qualitäten welche den Sinnesnerven mehr durch den Con- flict mit dem Sinnesorgan als Empfindungen eatstehen, sind die Empfindung des Lichts, der Farbe, des. Tons, des Bittern, Süssen, des Gestanks, Wohlgeruchs, .des Schmerzes, der Wollust, des Kal- ten, Warmen; Eigenschaften Welche ganz von aussen bestimmt werden können, sind die Ausdehnung, die fortsclireitende, die zit- ternde Bewegung, die chemische Veränderung. Zur Mittheiluiig der Ausdehnung im Raume an das Sensorium sind nicht alle Sinne gleich gut geschickt. Der Gesichtsnerve, dei’ Gcfülilsnci've zeigen clie Ausdehnung im Raume an, weil .sir einer genauen Empfindung ihrer eigenen Ausbreitung fähig sind- In den Gcschmacksiierven ist diese Empfindmig am undeullich- sten, aber doch vorhanden; durch sie wirtl tlie Ausbreitung eines süssen, bittcni eckelbaften Geschmacks auf der Zunge ani Gau- meii mul mi Rachen bestimmt. In dem Gcfühlssinn undGesichts- IV*'* iv'**” ünterscheidung des Räumlichen die grösste Schärfe- JJie JAeryeiiliaut des Sehnerven hat einen zu dieser I’erccptiei* sein geeigneten Bau; denn die Enden der Nervenfasern in der retma sind nach Tbevibanus Entdeckung so gestellt, dass sie zu- Iczt senkrecht m der Dicke der Nervenhaut sich aufrichtei' und die papilleufonnigen dicht nebeneinander stehenden Enden eine pHasterfomiig zusammengesetzte MCrnbi'im bilden. Von der Zahl dieser Enden hängt die Schärfe der Untemifheidung des Räumlichen durcli den Gesichtssinn ab, denn jede Fasel- rcpläsen- tirt cm grosseres oder kleineres Feldchen der sichtbaren Weft 1 in emem gemeinsam einfachen Eindruck, welcJien diese Faser dem | Nothivmdige' Vurhegrifff. ■M:t , Sensoriiira mittliellt. , Die Uiitei’sclielcluiig des Räimiliclic.n diu-cli deh GefiililssiHU ist zwar viel melir verbreitet als beim GesicbUsinn^ ist aber viel ‘weniger genau, niui grössere Tbcile der Rörperobev- jlaclic oder der Haut rverden oft nur durcb wenige Nervenfasern iöi Sensorium repräsentirt; daber oft an inuncben Stellen zwei '"'^n einander entlcriite aflicirte Punkte der Haut mir als einer ‘^'Upfunden werden, wie E. 11. Weder gezeigt hat. Obgleich der Gesichtssinn, der Gcluldssiiin und Gesehinackssinn zugleich der ^inplindung tles Itäundiehcn fähig sind, so ist die Qualität dos *'*>Uinlicb Etnpfundenen in jedem dieser Sinne nach den Quali- h'len der Nerven verschieden, in dem einen Falle ein Bild, ■ dessen Qualität das Liebt ist, in dem andern eine Emplindung des Ilänm- '‘chen, deren Qualität alle Modificatiomm des Gefühls zwischen '^eliTuerz, Kälte, Wärme, Wollust seyn können, im dritten Falle *^*>»0 Empfindung des Bäimdicben mit Geschmack. Die äussere Ürsaebe, welclie in dem Sinne die Emplindung *öit räuudicher Ausdehnung erregt, kann verschiedon scyn. . Am Sehorgan ist es das äussere Licht, aber auch derStoss eines Kör- pers an das Auge, welcher eine Liehtempfindung im Auge hervor- *'uft, kann die Ursache scyn. Wird nämlich nur ein bestimmter ^^beil der N'ervcnhaut gedrückt, so entsteht auch nur ein dieser ?telle entsprechendes lichtes Feld, wciclies eine bestimmte Stelle *»i Sehfelde eiimimmt. Selbst die Elcelricität kann räumliche ^^ilder von bestimmter Form irn Auge Jicdingeii, wie feurige Li- •^ien, deren Lage nach der Lage der Pole verschieden ist, worauf "ir ’später zurüekkommcn werden. Am Gcl'iililsorganc erregt das Licht zwar auch, je nach der Ausdelmung der von der Sonne be- leuchteten Thcilc der Haut, die Empfindung der erwärmten Tbcile '•> räumlicher Ausdelinuiig. Aber in der Regel sind die Eindrücke, ■"'eiche uns von den Körjiern ausser uns durch das Gefühlsorgan "Uterrichten, mechanische Berührung, Reibung, Stoss, Druck oder l^littheilun" von Schwingungen der Körper, die wir als Bebung "«ipfindcn. Durch das Gefüldsorgan erhalten wir in Folge der "’eehanisclien Eindrücke, die ersten und wichtigsten Aufschlüsse Lber die Form und Schwere der Körper, wovon das Urtheil für die Erklärung der Anschauungen der übrigen Sinne bald Gebrauch ölacht. Die Durchdringung ganzer Gliedmassen, ja der meisten Tbeile ööseres Körpers durch Gcfiihlsnerven, macht es dem Gefühlssimi ö'öglich, die Raumausdehnung unseres eigenen Körpers ln allen ddiiiiensionen zu unterscheiden; denn jeder Punkt, in welchem eine l^ervcnfaser endet, wird im Sensorium als Raumtheilehen reprä- ^öiitlrt. Auch bei dem Conlliet unseres Körpers mit andern kann, ö’cnn der Stoss stark genug ist, die Ernpliudung bis zu einer ge- wissen Tiefe unseres Körpers erregt werden und cs entsteht die Lmpfiiiduug der Coutusion in allen Dimensionen des Cubiis. Ge- ö'öhtilich bringen aber che drei Sinne, welche die i-aumliche '^üsdehnung tler Körper anzcigen, nur Flächen, zur Percep- Lon, soweit die Flachen der nervenrelchen Theile hei dem Lon- ^Lct afllcirt werden. |jer Gefühlssinu hat jedoch auch hier 'or dem Gesichtssinn da.s voraus, dass die tastenden Theile in mch- i^Tün<*r’s PhysiGlogip. 9r Hil. U. IS 264 y. Buch. Von den Sinnen. rereii Richtuiigon um einen Röi'per sich hemmlegen können, uflJ obgbJcbdieEivpfimlunghierhci iin und für sich die einer Ausdeh- nung in F ächen, nandich die "“en, in welchen überhaupt Distinction des Ratunes möglich ist; das Erstere hängt von dem Letzteren ab und ist blosse Folge desselben. Eine Affection schreitet von einem Tlieil der Retina auf einen anderen fort, und wir stellen uns die Bewegung des Bildes als Bewegung de» Roqiers vor, ebenso mit dem Gefülilssinn. Auch der Gcschnricks- sinn unterscheidet die Bewegung des Geschmacks über das' Gc- schmacksorgan. Die Perception der zitternden oder sch wingenden Bewegung ^ hei mehreren Sinnen möglich. Am offenharsten ist die»« Gehörsinn und Gcfühlssinn, aber selbst die Nei- di/r^l Sehnerve scheinen der Unterschei- Vhöi- *1 »cyn. Was zunächst dei- scRdl edenf Gehörnerven durch den La Irü rwiT Gehörorganes, zuletzt durch da» ün l^ bloss 'a s T Erzitterungen , w^enn sie schnell sind, bloss als Ion gehört, dessen Höhe mit der Schnelligkeit der scLkletTefLhörlmiw^^^ uTcht" bloss deil" ^‘‘’ck derselben als einen bestimmten Ton, sonderf foiebtTtwas Zi^e" einzelnen Schwingungen als Geräusch Die Schwingungen eines Rörpers’, die im Gehörorgane den Ton bedingen, werden von den Gefühlsnerven der Haut ids Bebun- Nothwendige V urbegriffe. 265 §en empfunden öfter mit dem Gesammteindruck des Kitzels, wenn Anuafcern des scliwingenden Körpers, z. B. der Stimmg^lsel »n empfindungsreiehe Tlieilc geschieht. Diese Erscheinungen ht. fern eine vollkommene Parallele zu denen am (Gehörorgan. So yie das Gehör die Stösse eines Körpers einzeln als Geräusche, '|ire schnelle Folge als Ton em])rmdet, ebenso empfindet der Ge- bihlsnerve die einzchnai Behungen mul zugleich, hei hinreichender Schnelligkeit der Schwingungen, die dem Gefühlsorgan eigene Em- pfindung des Kitzels. t Dass übrigens nicht die wellenförmige Bewegung der Schwin- SUng zur Allectlon dss Gehörorgans nötliig ist, dass vielmehr eine Schnelle Folge von mechanischen Slössen dasselbe leistet, was die Schwingungen thun, lieweisen eben die vorher angeführten Ver- *'iehe mit dem SavartscIipii Bad und der Sirene von Cagkiaed Tour. Bel dem letztem Instrumente Avird der Strom der Luft «der einer Flüssigkeit aus einer Geffnung, während dem raschen Einlaufe eines Bades, durch jeden Zahn desselben augenblicklich äufgehalten. Die dadurch hervorgebrachten Unterbrechungen und fitösse, welche auf das Gehörorgan fortge])flanzt werden, sind die Ursache der Töne, deren Höhe mit der Zahl der Unterbrcchun- 8cn in bestiimnter Zeit zunimmt. Auch in dieser Beziebung bil- det die Wirkung der Stösse eines Köipers auf das Gefühlsorgan eine Parallele zu den Erscheinungen am (iehöroi-gan. Denn ^ei der Berührung einer sebwingeudeu Slimmcngabel erhält der Gefühlsnerve auch eine schnelle Folge von Stössen, wovon jeder einzelne für sich nicht im Stande gewesen wäre, die Em- pfindung des Kitzels hervorzuhringen. Die Unterscheidung der Zeit in der Folge der Eindrücke, i®t bei allen Sinnen möglich, nur hei dem Gehörnerven scharf, ®ber hier ganz ausserordentlich. Das von Savaet erfundene In- strument, durch welches die Töne durch Beibung der Zähne eines *i|nlaufcnden Bades an einem Köi-per hervorgebracht werden, hat die Mittel gegeben, die grösste und die geringste noch wabrnehm- ^*re Tonhöhe genduei’, als cs bisher möglich ivar, zu liestimmen- ^^Vaet hat gezeigt, dass bei gehöriger Stärke noch Töne vernommen 'Werden, die 24000 Stössen oder 48000 einfachen Schwingungen in dpr Sekunde entsprechen. Zwei auf einander folgende Stösse oder '^ier auf einander folgende Schwingungen sind schon hinreichend ei- äen vergleichbaren Ton zu bilden; d. b. ein Ton, zu dem 1000 mösse iii der Sekunde gehören, svenn er eine Sckunpfindet seine Glieder, die cs selbstständig bewegt, als die seinem unterworfenen Werkzeuge desselben. Es beherrscht dagegen 'len Widerstand, den ihm seine Umgehung darhietcl, nicht und 'lieser Widerstand wird ihm die Vorstellung von einem absolut ^eusseru vorführen. Zweitens tritt ein Unterschied der Emplln- *längen ein, je nachdem zwei Theile seines Körpers einander be- '■'üiren und also eine doppelte Emprinduug in den sich herühren- Theilen erzeugen, oder je nachdem hingegen ein Theil seines Körpers nur den Widerstand von aussen gewahr wird. Im er- *tern Falle wo z. B. ein Arm den andern berührt, ist der Wider- ®.hind der eigne Körper selbst und das widerslandleistende Glied ebensowohl Emplindung, als das andere tastende Glied. Seine Glieder sind in diesem Falle äussere Objecte der Empfindung und "»npfindend zugleich. Im zweiten Fall wird das Widerstandleistende “Is etwas Acusseres nicht zum lebenden Körper Gehöriges zur Vor- ®fcllung kommen, wo das berührende Glied die Vorstellung keiner dem Ich unterworfenen und zum lebendigen Ganzen geliÖrigen ■l'heile erweckt. Es wird also ln dem Kind die 'Vorstellung von ®»>em Widerstand enlslehcii, den sein eigener Körper anderen i’Wen seines Körpers darhieten kann und zugleich die Vorstcllmig '"'•n einem Widerstande, den ein absolut Acusseres den Theilen deines eignen Körpers darLiclen kann. Damit ist die \orstelhing ypw einer .Aus'senwelt als Ursache von Empfindungen gegejen. Kuipfindet nun zwar ein thierisches Wesen zunächst nur luimei ®Kh seihst, seine aftlcirten JNerven, seine' afficlrte Haut, so 'c^e- scllschaltet sich von nun an, unzcrtrenidich mit der des Gefühls die ifer äusseren Ursache. Auf diesem Standpunttc steht das Empfinden jedes erwachsenen Menschen. Legen wir die •270 F. Buch. Von den Sinnen.' Hand auf eine Tafel auf, so ■werden wir zwar heim NaehdcnkeO sogleich hewiisst, dass wir nicht die Tafel empfinden, sondern nur den Thcil der Haut, der die Tafel heriihi't; aher ohne Wach" denken verwechseln wir sogleich die Empfindung der herührten Hauflläche mit der \oi‘steilnug des W\ iderstaudes und wir heliaUp- teil dreist, dass wir die Tafel seihst emplinden, was doch iiicld der Fall ist. Bewegt sich mm gar die herührende Hand üher weitere Strecken der Tafel hin, so entsteht die \orstcllung von einem grösseren Ohjecte, als 'die Hand zu decken vermag' Muss zum Umfassen des Widerstandes, die Bewegung der tlain^ in verschiedenen Dimensionen oder Hircctionen geschehen, ah die Hand in einer Lage hatte, so entsteht die Yorstellung vo» Flachen, die in verschiedener Hirection angelegt sind und sofort von einem, den Raum anfüllendcn und hehauptendeu, äusseren Köi'iier. Hie Empliridimg, die wir von den dazu nölhigen Be- wegungen der Muskeln haben, ist die nächste Ursache zu dieser Yor.steihnig des äussern Körpers, denn die erste Voi'stellnng xon einem ausgedehnten oder den Raum erfüllenden Körper entsteht durch die Empfindung unserer Leiblichkeit selbst. Die' Leiblich' keif unserer selbst ist das Maass, nach -welchem rvir sofort hn Gefühlssinn, die Ausdehnung aller widerstandlcistcnden Körper hC' urlheileii. Die F’i'age oh die Idee des Baums im Scnsorium selbst- ständig- primitiv vorhanden ist und auf alle Empfindungen einwirkt, u der ganzen Figur kann unsere Intention ganz beschältigen, mi uächsten Augenblick kann die Intention auf eine durch das Drei- eck durchgelegte, andere Figur üliergchen, die vorluir schon voi- fianden war, tber bei der scharfen Anschauung des Dreiecks ims- ■achtet war. Es ist ebenso mit architectonischen Zierrathen, o sen, Arabesken; mid der Beiz dieser Figuren besteht grossenlUeUs darin, dass sie das lebendige Wirken und Verändern der n en- tioii in hohem Grade anregen, und dadurch selbst voi uns eint Alf von Lebendigkeit ofFenbaren. Beide Augen sehen zwai m der Regel und bei gleicher Sehkraft gleichzeitig, aber die Inten- V. Buch. Von den Sinnen. •i74 tion vermag auch wieder den Gesichtseindruck des einen Auges zum lierrschcnden zu machen, wie spiiter empirisch gezeigt wer- den soll, und es lasst sich dcullicli heweiscn, dass J)cim Sehen mit zwei Augen, ohne dass wir cs heim gcwöhnli(;hcn Sehen mer- ken, ein Wettstreit Jicider Augen stattlindet, und dass der Ein- druck, je nach der Stöi'ung des Gleichgewichts, ein ganz verschie- dener ist. Das Sehen mit beiden Augen durch verschieden gefärbte Gläser auf ein weisscs Blatt kann vorläufig als Beispiel dienen. Die Eindrücke von blau und gelb vermischen sich da])ci nicht leicht, sondern bald ist das blaue, bald das gelbe vorherrschend. Bald erscheinen blaue wolkenartige Flecken auf dem gelben, bald gelbe, ihre Grösse verändernde Flecken auf blauem Felde, bald ist din eine Farbe allein heiTSchend, und hat die andere absorhirt, bald umgekehrt. Das fleckcnweisc Erscheinen der einen Farbe auf der andci’n zeigt sogar, dass ein Thcil der Nervenhaut des einen Au- ges, mit Tlieilen der Nci-vcnhaut des andern Auges intendirt seyn kann. Bei dem Gehörsinn, welcher die räumliche Ausdehnung in der Art, Avie heim Gesiclitssinn und Gcfiihlssinn nicht unterschei- det, aber die schärfste Empfindung für die Zeitfolgc der Eindrücke hat, ist die Wirkung der Intention eine andere. Das Gehörorgan unterscheidet öi-tlich höchstens, dass das eine oder das andere Ohr hört, oder schärfer liört, und dann kann allerdings auclp wenn in beide Oliren Verschiedenes gesprochen wird, die Intention sich dein einen oder dem andern Eindi-uck mehr hingelicn. Be- wundei'ungsAvürdig ist aber tlie Wirkung der Intention auf die Unterscheidung der sehw'achen Töne; wir überhören gewöhnlich die schwachen Nebentöne der Saiten und anderer Tonwerkzeuge, durch .Intention schärfen wir die Empfindung derselben, wie die des leisesten Geräusches. Noch merkwürdiger ist die Fähig- keit, durch Intention von vielen gleichzeitig gehörten Tönen ei- nes Orchesters jeden herauszuhören, und selbst dem schwächern Klang eines Instrumentes unter den übrigen mit Aufmerksamkeit zu folgen, w'ohei die Eindrücke der übrigen an Schärfe abnebmen. Beim Schluss dieser Einleitung in die Physiologie der Sinne wirft sich die Frage auf, oh die Zahl der Sinne eine beschränkte sei, und ob cs nicht hei einzelnen Tbieren auch noch andere ge- ben könne. Die Täuschung in welche Sr ai.lanzahi verfiel, indem er den geblendeten Fledermäusen, wegen ihrer geschickten Flug- beivegung in der Nähe der Wände, einen eigenen Sinn znsehi-ieb, ist bekannt. Ebenso dass iVlanchc den Thicreu wegen ihnu' Vor- emptmdung der Witterimgsverändemng einen eigenen Sinn zu- sebriehen. Da der Zustand des Luftdrucks, die Menge des Was- serdampfs in der Atmos])bärc, die Temperatur, die EIcctricität auf die ganze thieri.sche Oeconomic unseres Körjicrs schon so be- deutend wirken, dass wir ihre Veränderungen empfinden, s® kann man sieh recht gut die Möglichkeit solcher, und noch grösserer Wirkungen aut die Thiere denken. Indessen wie‘l auch bei grosser Abhängigkeit von der Witterung in Hinsicht der Empfindung damit kein neuer Sinn gegeben seyn. Die Witterung kann vielmelir durch die Zustände des ganzen Ner- Nofhand laan glaubt den Röi-per vor sich zu haben, welcher doch jenes Lichtempfindung erregende Princip, welches er andersw'ober •51'halten, nur zurück, und ins Auge wirft. Wenn aber das Liebt lichte Abdrücke oder Bilder von den Ge- genständen, von welchen cs kommt, aut’ der Nervenbaut entwerfen ®ell, so ist cs nötliig, dass das von bestimmten rheilcn der äussern ^hjecte, entweder unmittelbar oder dui'cb Reflexion kommende Licht auch wieder nur entsprechende Tlieile der Nervenhaut in f'hätigkeit setze; wozu besondere physikalische Bedingungen nö- ^i*ig sind. Das Licht verbreitet sich von dem lenebtenden, jenes imponderable Prineij) ausstralenden Küii>ci- stralig nach allen h-iclitungen, welche dem Durchgang desselhcn kein llindeiniss ent- gegensetzen (durchsichtig). Ein leuchtender Punct wird also eine Lläche allseitig erleuchten, und nicht wieder einen einzelnen Punct tlieser Fläche hell machen; und wenn die Fläche, welche das aus- ^Icalendc Licht eines Punctes emjifängt, die nackte Obei'fläcbe der i'icrvenhaut des Auges wäre, so würde das Licht eines Punctes ;>ie Lichtemplindung in allen Thcilen der Nervenhaut und nicht )•* einem Puncte derselben erregen, und das gilt so von allen übrigen Lichtpuncten, welche die Nervenbaut strahlend e- leuchten können. Z. B. wenn Fig. 1. A die concave Oberfläche der Nervenbaut wäre, so wird das rotbe Licht von a die ganze Nerven- baut A, das farblose Licht von h auch die ganze Nervenhaut A^ das gelbe Licht v^on c auch die ganze Nervenhaut A beleuchten, und es wird also die ganze Nervenhaut A i’oth , licht und gelb sehen, d. b. jeder Punct der Nervenhaut wird zugleich von rothem, farblosem und gelbem Liebte bestimmt, und der Elndmck kann den Verschieden getärbtMi Punctcii a, b, c nicht entsprechen, sondern vvird ein gemischter seyn, ans a, b, c, aus rothem, farblosem und gelbem Lichte, ohne dass a, b, r. als getrennte Puncte unterschieden 'Verden. Ebenso wird es seyn, wenn die Nervenhaut eines Ai^cs, Wie bei den Tnsecten und Cmstaeeen nach aussen convex ist. Eine *'^ekte Nervenbaut ohne optische, das Licht sondernde Apparate Würde also nichts Bestimmtes sehen, sondern nur im Allgemeinen “en lichten Tag empfinden, und von der Nacht unterscheiden Lönnen. Wenn also durch das äussere Licht, ein den Körpern ent- sprechendes Licbtliild im Auge erregt werden soll, so ist cs no- ^Lig, dass Apparate vorhanclen sind, -welche das von eiiizclneii ' Uncten a, b, c — n ausgehende Licht auch wieder nur in cm *6lnen Puiicteu der Nervenhaut in derselben Oi'dnung wirken a.s- aber verhüten, dass ein Punct der Nervenbaut von mehreien • r'uncten der Aussenwelt zugleich beleuchtet werde. Diess is mi ^iigemeinen auf dreierlei Art möglich , und die Natur ha zvvei Arten dieser Apparate bei der Construction der Augen angewandt. Siehe von den beiden in der Natur möglichen Arten des Sehorgans, 278 V. Buch. Von dm Sinnen. I. .4bschn. Vom Gesichissinn. J. Müeller vergleichende Physiologie des Gesichtssinnes. Leipz. 1826' p. 307. ' 1. Der leuchtende K-öi'" per sei yi., C sei die licht- ' empfindende IN ervenhauh B sei eine zwischen und C liefif ul liehe un- i durchsichtige, oder üh das Licht undurchdring- liche Wund, nur der Piinc‘1' ' ^ o in dieser Wand sei ofth'* unil durchsichtig. Aussei dieser Oeffnung soll di'' jNervenhaut C von keinci Seite aus Licht erhatU'i' und also ganz beschattet seyn. So werden die Lichtstrahlen voi* a durch o durchgehend nur in d der Nervenhaut, die Lichtstrah- len von Ä, durch o durchgehend, nur iiv b der Nervenhaut zai Erscheinung kommen, und jeder Punct des Körpers a....h wn’i in einer hesondern Stelle der Nervenhaut d b re])rascntii't sevh. Denn a und b in dem Röqier A sind matliematische Punctc, a' iuul // in der beleuchteten Nervenhaut sind kleine FlachcO; die um so grösser seyn und das Bild desto undeutlicher machen werden, je grösser die Durehgangsöfl’nung o der Wand ist. J*- kleiner o ist um so bestimmter w'ird zvvar das Bild seyn, ahei um so dunkler auch, denn um so dünner ist iler Lichlkegel, dci von jedem Puuete a b des Köqier.s durch diese Oefhmng durch- geht. Yergl. über die optische Kammer Roget anrf pltysiology. London 1834. II. p. 451. Ruwzek. die Lehre vom Lichte- Lemberg 1836. p. 28. Die Natur hat von diesem A]iparat zu* Sonderung des Lichtes keinen Gebrauch gemacht, .wahrscheinlich weil der Erfolg zu gering und die Intensität des Lichtes jede* Punctes nur durch Aufgehen der Deutlichkeit erlangt werden kann- 2. Die zweite Art der Sondemng der Lichtslrahlcn zurErzeu- guno- eines Bildes auf der Nei'venhaut, auf welche ich zuerst hn Jahre 1826 in der Schrill zur Physiologie des Gesichtssinnes aul- merksam machte, ist diese. Vor der Nervenhaut stehen durch- sichtige Kegel neheneinander in ungeheurer Anzalil senkrecht auh welche das in der Richtung ihrer Achse kommende Licht allei'i bis zur Nervenhaut gelangen lassen, alles seitlich in sic cintretende Licht, welches schief au'i ihre Wände nufl’allen nius®’ ahsorhiren sie durch Pi?' mente womit ihre Wänrochcn. Das Sehfeld wircl »[mr > gleichem Grade mit der Convexität des Auges, des Kugelabschnittes wachsen. Die Darstellung ‘ ‘ einem reren tausenden gesonderten Puncten, wovon jeder Imict cineni Peldchen der Amsenwclt entspricht, gleicht einer Mosaik, und man kann sich aus einer kunstreichen Mosaik die beste ^^iste - lang von dem Bilde maclien, welches die Geschopie, che solcher Organe theilhaltig sind, von der Aussenwelt erhalten werden. Din Nachtheii hei einer solchen Art der Sonderling des Lichtes is^ dass die Quantität des Lichtes, welches von einem Puncte diircli einen Kegel zur Neiwcnhaut kommt, so sehr gering ist. Iiiciesscii «cheiiit, wie man beim Sehen bei ciiibrechender Dunkelheit bc- »uerkt, auch bei uns zum einfachen Sehen ohne besondere Scharte, seihst eine äusserst geringe Lichünenge nötliig zu scyn, cm un- midlich kleiner Thcil des Lichtes, dem unser Auge am hellen iago ^Usgesefzt ist, und auch bei uns kam es der Natiu' mehr daraul (ui. die Menge ues Ijicuics zu o— , . , , kleinste Pupille ist beim hellen Tag noch ziun Sehen hiiireichciid. Man kann diese Art llchtsondenider Apparate, musivische^ dioptrische Mittel, im Gegensatz der liclitsarmnelnden collcctiveii Mittel nennen, , 3. Die vorlier hcsclitlcbenc Art der Isohrung des von vei- ®«Diedencn Puncten ausgcbeiideii Lichtes auf verschiedene 1 uncte des Organes, geschah durch Sonderung und Ausschliessung dei Strahlen, welche bindernd sind; auch durch Sammlung er einem Puncte ausgehenden divergirenden Strahlen wieder , «en Punct ist die Isolirung und noch viel bestimmte, m ^ mit grösserer Lichtstärke möglich. Nothwendig muss sie * , “Der das empfindende Organ gerade an der Stelle . ® die Strahlen wieder zu einem Puncte vereinigt sm , c an der Spitze des Lichtkegels. Bei der vorhergehenüen Art Mülle r's Phyaiologe, 2r BJ. 11. d9 St- lUltl UUCll JJCl tina ».«a.A ^ des Lichtes zu mässigen, als sie zu gestatten. . - . in nv ... 1. niiH’Pir 280 V. Buch. 'Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. des V lii Sellens war keine solcke Bedingung nötlilg, liier wird sie Lindend. A^^enn der durcn- sichtige Körper A, z. B. das Vennögen hat das von a aus- gehende, und ihn ganz beleuch- tende Licht wieder in einen Punct a zu sammeln, und ebenso das von b ausgehende in b' zu sammeln, und von iedein Puncto zwischen a und b aber auch wieder zwischen a und «inen Punct zu entwerfen, so wird das vollkommenste Bild von ab in ab' repräsentlrt und wird gesehen werden, wenn sich die Nervenhaut in a’b’ befindet. Dagegen wird das Bild durchaus un- vollkommen seyn, wenn sich die Nervenhaut vor oder hinter ab z- B in * oder / befindet. Denn in diesem Falle wird von a nicht ein Punct, sondern eine Flache, von b und von jedem Punct a. .. •« nicht ein entsprechender Punct, sondern ein Feld entworfen, uiid das LicLt der einzelnen Piincte zu Zcrsü'cuungsbildern zerstreu • Köi-per, welche das Licht in jenem Sinne zu sammeln ver- mögen, sind die durchsichtigen das Licht brechenden Mittel, dc- ren° vollkommenste für das Sehorgan zweckmiissigste Gestalt die linsenförmige ist, wie sich specieller sogleich ergeben wird. Es ist hier der Ort einige falsche Vorstellungen zu widerle- gen, die man sich hin und wieder aus Unkeniitniss der zum Se- hen nothwendigen physicalischcn Bedingungen macht. Man ste sich oft vor, dass cs Thiere gebe, welche Lichtempfindung durch die Haut haben. Es ist nicht zu bezweifeln, dass manche niedere Thiere, welche gegen den Einfluss des Lichtpriiici]« reagiren, keine Augen haben. Rai-p (N'op. act. acad. nat. Cur. XII . p. I.) beoh- achtele, dass Vercfdlum cynomorium, ein Polyp, sehr sensibel ge- gen das Licht ist, dass er die dunkeln Orte liebt und sieh im Lichte zusanamenzieht. ln Hinsicht der Hydren haben die Ver- suche von Trembley, Baker, Hakow, Roesei,, Schaeffeb, BonneT, Goeze zu keinem bestimmten Resultat geführt. Isgeuhouss und Goedfuss berichten, dass die priestleysche grüne Materie sich an hellen Orten anhäufe. Die grüne Materie, welche sieh an hellen Orlen anhäuft, mag wohl aus lebenden Infusorien bestehen, d» viele eine grüne Farbe, manche sogar Augenpunete haben, wi« Ehrekberg beobachtet hat. Was man indess gewöhnlich grum- Materie von Priestley nennt, besteht oft nur aus den abgestoi- Leuen Leibern grüner Infusorien, wie tler Euglena \iriais u*i anderer. Was mm die Rcaction niederer Thiere ohne Augen gegej das Licht betrilft, so liegen keine Thatsachen vor, welche bervm sen, dass diese Thiere ilurch die Haut oder die ganze Obeifläche ihres Körpers vom Princip des LichtstolFes, odei' von den Undw lationen dieses Princips wirklich die Liehtempfindung und nie eine andere Empfindung haben. Wir empfinden vomPrineij» Lichtes auch etwas durch die Haut, nämlich Wärme, aber ''1* haben keine Lichtempfindung davon, deren wenn wii den Tha** ^ eben foKen wollen, nur der Sehnerve fähig ist. Von dieser raö^en die Ileactionen der niederen Thiere ohne Augen geg^ PJiys. Bedingungen der Bilder. Mögliche Sehorgane, 281 Selbst (Ue Pfliiiizeii reagireii stark, gcimg dagegen, ihrer Ausbreitung es aufsuchen und ibm entgegen das Liebt sevn. indem sie be 'waebsen. . i c Die IVotbwendigkeit besonderer Nerven mit specdiselier Sen- sibilität zum Liebtempfiuden, wird, aueb dureb die wirklielic tri- stenz vonAusen bei vielen der niedersten Tb icrc ‘’r"’»«''“- ' Anneliden, w'ie inebrere Nereiden, mclirere Arten iM.uice, 1 hyllo- doce, Spio, N'ais, last alle Hirudineen, Aphrodite b<*ptaeera lialien dunkle Augenpunkte am Kopfe. Eine dim Sabellen ziinaehst ste- hende, von EHnRNBEno, Hehle mul mir beobachtete (..altung bat zwei solche dunkle Puncte am bintern und vordem Ende des Koqiers. Sie kriecht rückwärts und vorwärts, llirudo medieinalis bat wie E.H. Weber zeigte, zehn dunkle Augenpunkte am Kopie, die man heim Embryo des Tbiers von dem noch durcbsicbtigen Körper deutlich ubterseheidet.. Die Planarien haben ■ durch 1 igment ausgezeichnete Augenllecke am Kopfe. Bei mehreren Cerca- rien und .Rotiferen sind dergleichen Augenpuncte von Nitzsch, Dutbochet, Gbuituuisen, Ehbebberg beobachtet. Der letztere Forscher bat die Existenz solcher Pigmente oder Aiigenpunete bei vielen Infusorien, und anel. bei den Seesternen am Ende ihrer Strahlen, welche sie beim Schwimmen erheben, enUleckt, )a sOf,. hei den Meilusen die gleiche Bcdenlung der lyientorga.m imi Rande der Scheibe wahrscheinlich geniacht. - 1834. Bei den Anneliden sind die Sehnerven in |^en n Angmi- Puncten von mir nachgewiesen worden, ynn d. sc. na/ AAiL 19.) Und Ehrenberg hat gezeigt, dass dm Nerven der Strahlen derAstcrien bis zu den Augenpuncten am Ende der Strahlen hm- Gbuithuisen (/«V 18‘i0. 251.) nimmt aii,_ dass jede dunkle Stelle der Haut einigermassen mit der Natur eines Sehorganes in Reziehung stehe, weil sie mehr Licht aJisorbirt. Dies rst offenbar un- wichtig; denn die erste Bedingung zum Sehen ist die specirische Sensi:bilität des Nerven und dass der zum Sehen dienende Nerve hein Gcfühlsncrvc sei. • . . i .ht- Ferner beweist gerade der Bau «ler Augen bei den Wunneni dass selbst zum einfachen Unterscheiden des lages von dei Nacht *>och ein besonderer Nerve und ein Organ notJiig ist. Denn nach •heinen Untersuchungen über den Bau der Augen bei den Anne- hden geht hervor, dass die Augen dieser Thiere durchaus keine optischen Werkzeuge für die Sonderung des luchtes entha ten, 'wnd also auch nichts Bestimmtes unterscheiden können Irmerhalh der becherfönnigeu Choroidea, der von mir iiiitersuchteii Nerers- Awt ist keine Linse und keine Spur der lieh I sondernden Organe der Insecteii enthalten. Vielmehr ist der von der Choroidea um- gebene Körper nur der Bulbus nervi optici selbst. Die ivau i hat also, wo es auf die blosse Unterscheidung von Tag ’uni ac ankoinmt, noch Organe dazu gebildet, und diese §en wohl auch die Augenpunkte der Planarien, Astci’ien, oi . n hiid Infiisorien haben. Eine zweite kritische Bemerkung, die wir hiev mac icn müssen, betrifft die aus Unkenntniss der physikalischen Bedingungen zum l.Q * 282 V, Buch, Von den Sinnen, I, Ahschn, V oin Gesichtssinn, Setien vorkommciule Meinung, als wäre aucli beim Menschen dnrcli die Havit, vcraiöge einer gesteigerten oder veränderten (versetzten) Empfindung, ein Sehen möglich. ^ ^ . Es ist bekannt, dass man mit den Fingern die Farben nicm als Farben erkennen kann, wenn es auch inöglicb sejm mag Oie Gefiiblseindräcke des Corpus oder Korns einiger stark autgetragenen Fhrbestoflö zu iinterscbciclen, da sie unelien sind und Adhäsion 7Ai den berlihrcnden Tbeilcn haben. Die Nothwcndigkeit bchtson- dernder, optischer Apparate, musivischer oder eollechver zur Erzeugung eines Bildes auf einer emplindendcn Haut Wi' derlei*! hinlänglich das Sehen auf der Hcrzgndie, oder mit den Jhimern in sogenannten tbieriscb magnetischen Zuständen, helös wenn die Haut der Herzgrube oder der Finger das Veraogeii der Liebtempfmdung bältc, was sic nicht haben, so würde doch noch kein Sehen statt finden können, wenn keine Apparate vorhanden waren, das von verschiedenen Punclcn a, b, c, d — n eines Objectes kommende Licht, auch wieder auf Puncten a, b, c, d n der empfindenden Fläche zur Erscheinung zu bringen. Und ohne solche Apparate, würden die Herzgrube und die Finger, wrnnn sic auch das Vermögen der Lichtcmpfindnng besässen, nichts Anderes als den Tag von der Nacht unterscheiden können. Da aber diese Thcile ülicrhaiipt keiner LiehtcmpfiiKhing fähig sind, und sich keinerlei Empfindung versetzen kann, so ist in keinem Falle bei ei- nem sogenannten Magnetischen auch nur eine vage Unterschei- dung des Tags von der Nacht durch jene Tbcilc möglich, und es geschieht dicsellic nur durch die Augen, die auch, vyenn sie verbunden sind, leicht noch recht gut den Tag sehen, la unter sich recht gut die Objecte sehen, wie jedem bekannt ist, der ein- mal blinde ‘KuIi gespielt hat. Liegt man gar horizontal mit ver- bundenen Augen, wie die sogenannten Magnetischen in ihrem so- genannten Schlaf, so kann man mit verbundenen Augen ein ganzes Zimmer unter der Binde überschauen. Welcher gebildete Arzt, möchte nun wohl solche Mäbrchen glauben? Vom Stand der Wissenschaft lässt sich recht gut einselien, dass ein Schlafender ein Gesichtsphantasma hat, wie man sie bei gesclilosscnen Augen schon vor dem Einschlafen erlebt; denn die Sehnerven können so gut von innen, wie von aussen zur Empfindung gereizt werden; und so lange eine sogenannte Magnetische nichts öderes zeigt als die gcivöhnlicbcn Nervensymptome, wie sic auch in anderen Ner- venkrankheiten Vorkommen, ist alles glaubhaft; sobald aber eine solche durch eine Binde vor den Augen, oder durch die Singm, oder durch den Magen sehen will, um die Ecke und in des Nac - bars Haus siebt, pro])bctiseli wird, so verdient ein so arger Betnig keine Schonung' mehr, und die offene und derbe Erklärung de* Betrugs und Possenspiels ist dann passender, als die Bewmndernng- h. Von den p hys i c.il Iscli en B edin gungen der Bilder durch brechende Mittel, Die Wichtigkeit der Lehre von der Refraction des Lichtes für die Erörterung des Sehens beim Menschen und den Thieren, 1. P}^s. Bedingungen der Bäder. Brechende Mittel. 283 deren Sehorsune auf der Benutzung Ijrectieuder Mittel herulien, macht es nothwendig die Hauptsatze der Lehre des Lichtes in Erinnerung zu Bringen. " ioh die hewährlesten physikalischen Werke dmr diese Gegenwände benutzt. Ich Leziehe mich airf die Schriften Yon Priestley, Fischer, Biot, Rti«zek, Brakes. P^souders wmht.S ist Porterfield a treatise on the eye, ihe manner and phaonome e/ i>ision. 2 Val. Edinb. 1759. . . Wenn Lichtstrahlen aus dem leeren Raume m einen dure i- sichtigen Köi-per, oder aus einem dünnem Medium m m« dm - teres übergehm, und senkrecht auf der Fläche zwcdui Me- diums eintallen, so gehen sie in dcrselhcu Richtung fort, Jtm «her in einer von der senkrechten Richtung hing auf die Eiuiällscbene des zweiten Mediums emialleiT. so w i d iüre Richtung durch das zweite Medumr verändert, und der aerad- '“■8 ST’-' ren Mediums C ist, so wird dei Lichtstrahl ab, statt in derRich- tung bc fortzugehen, dem iei- pendikel de zugelenkt, mid m der Richtung hf an dichiercu Medium fortgehen. Wenn hingegen der l^icni- strahl aus einem durchsichtigen Körper schief in den leeren Raum, oder aus einem dichteren I oi- per in einen dünnem ül, ergeht, so wird er ''7^ f ‘^^'£"^1^;;;: gelenkt, und statt in der Richtung bc iortzugehen , die Richtun, ^ Ä^llende, der .ehrochene^tralil 7;^. liegen übrigens in derselben Ebene, eiss * JLLin- .w S.„„. -„7-', ""“L, 7.7 8- gebrochenen Strahl // und dem Lmlal^ loth be der Brcchiuigs Winkel, so ist ß® der Sinus des Ein tälls Winkels, der Sinus des Brechungswinkels. Itic Erlähmng hat gelehrt, dass ^7“'» 7' l beiden Mittel dieselben ])lcibcn,>cUis Vci- liältniss zwischen dem Sinus des Lmtalb- wlnkels « zmn Sinus des Brcc bungswin- kels ß unveränderlich dasselbe bleibt, imi;, die Neigung des .ciiifallcnden Strahls 8« gen das brechende Mittel gross 7« Lyn. Das Brechungsverhältniss zwt Medien wird also durch ausgedrückt. Nicht die Winkel, nur die Sinus dfer Winkel haben diess gleiche brechenden möglichen Neigungen ^s eiMalWen Stmb^ Mittel ; indess ist es, so lange die Winkel wie bei tiei 284 V, Buch, Von den Sinnen. I. ./Ihsrhn. Vom Gesichtssinn. der Linsen klein sind, keine. erkeLliclie Unrichtigkeit, auch das Ver- hältniss der Winkel als beständig anzunehmen. Das Brechungs- verhältniss von Jmf’t und Wasser ist von Luft und gemeinem Glas 4- Brecimngsvermögen der Köqier hängt übrigens nicht bloss von der Dicliligkeit derselben, sondern auch von ihrer Breun- liarkeit ah. Da eine krumme Fläche des brechenden Mediums aus unend- lich vielen .geraden Flächen zusammengesetzt gedacht werden kann, so kann bei einem, auf einer krummen Fläche des brechenden Mediums C, einfallenden Lichtstrahl ab, die- Tangente AB als Einfallsebene angesehen werden, und das Einfalls- loüi, nach welchem der Lichtstrahl durch das brechende Mittel zugelenkt wird, ist hier der die Tangente im Berührungspunkte der Curve treffende Perpendikel de. So ward der Licht- strahl ah durch das brechende dich- tere Mittel dem Perpendikel de zu- gelcnkt, und die Richtung bf verfol- gen, durch das dünnere Mittel vom Pei’pcndikel rf«, ahgclenkt und die Richtung bg verfolgen. Für die Lehre vom Sehen wird nun die Kenntniss der Licht- 'brcchung ln sphärischen Linsen von Wichtigkeit. Denn diese Körper sind unter gewissen Umständen fähig, die von einem Puncte ausgehenden Lichtstrahlen, wieder in einen Punct zu ver- einigen, und dadurch ein Bild des Punctes zu entwerfen. Fallen Lichtstrahlen parallel, oder von einem leuchtenden Puncte aus unendlicher Entfernung auf einer ebenen Brechungs- fläche ein, so werden sic zwar (bei schiefem Einfall) gebrochen, aber ihr Parallelismus kann niclit verändert werden, fallen aber parallele Lichtstrahlen auf eine Linse mit sphärischer Oberfläche ein, so werden sic gesammelt, oder in convergirende Richtung gebracht. A fl, b, c seien parallele Lichtstrahlen, b sei der Achsenstrahl dei' \At>so AB, dieser wird ohne Brechung durch die Linse durchge- hen, die übrigen, welche schief aulfallen und schief austreten, werden gebrochen, der Lichtstrahl fl wird dem Einfallsloth ed zugelenkt, und durch die Linse den Weg df nehmen aber er wird z.um zweiten Mal beim Austritt aus der Linse ln ein dünneres Mediun^ gebrochen; beim Austritt ist hg das Einfallsloth, der Strahl wird beim Uebergang ins dünnere Medium vom Einfallsloth abgeletikf, unc 1. Phrs. Bedingungen d. Bilder. Brechende MifteL Linsen. 2S5 dem Acl.scnstralil hf uocli mel.r zugelc.kt, die Richtung hi •lehmen-. Sind die Slralilen a und c gleichwcit vom Aclisenstrahl * entfeint, so wird sicli die Hre.chung des Stndils c, 8»“* des Strafils a verhalten, d. h. beide Strahlen werden den Adiseu- strahl nach 'dem Austritt aus der Linse an irgend einer Stelle i , schneiden, in diesem Puncte sind alle drei Strahlen vereinigt, über den Punct hinaus divergiren sie wieder. Ba nun, was ' oo a nn c gilt, von allen narallelcn Strahlen gelten inuss,. die gleichweit vom Achsenstrahl entlernt, mit diesem au l die Linse einfallen , so iverdcii alle diese Strahlen in dein gemeinsamen Puncte » s^ti schneiden, den mau den Brennpunct der Linse nennt. Die Distanz des Rrenn]ninctes pandleler Strahlen von der Linse hangt von dem Rrechungsvermögen der Linsensuhstaiiz überhaupt, und Von der ConvexitUt ihrer beiden Flachen ah; natürlich wird dieser Punct der Linse um so näher seyn müssen, je convexer cetcris paribus ihre beiden Flächen sind. Rommen die Strahlen aus dem Rrennpuncte der Linse, so Werden sie durch die Linse so gebrochen, dass sie parallel tortge- lien. Aus diesem Satze und dem vorhergehenden, crgiebt sich -schon, dass wenn die Lichtstrahlen aus einem Puncte kommen, der wei- ter von der Linse entfernt ist, als der Brennpunct, aber nicht so Weit als eine unendliche hbitfernung (parallele ihi Brennpunete der Linse,^,meh iliL vCinTgn^^^^ rächen dem Brennpunct und der unendlichen Entfernung gelegen, und je wäher der leuchtendej’unct der Brenn- weite der Linse kommt, um so weiter wird der Vcreinigungspunct der Lieh tstrali len hinter der Linse scyn, und sich dem 1 aiallehs- mus nähern; je weiter aber der leuchtende Punct sich von der Brennweite der Linse entfernt, um so mehr wird die Distanz dci Vercini"ung der Lichtstrahlen ahnehmen, bis diese Vereinigung wieder hei unendlicher Entfernung des leuchtenden IRinctes, (pa- rallele Strahlen) in den Brennpunct der Linse fallt. . a sei der leuchtende Punct, der weiter von der Linse ent- fernt sei, als die Brennweite der Linse beträgt, JB die Linse, so wird der Achsenstrahl nh ungebrochen durchgehen, wi ^ zwei Mal gebrochen,, an der vordem und hintern Fläche der Linse; nn der vordem wird der Lichtstrahl ne dem Elnfallsloth 'C ziigc lenkt, und in der Richtung cg fortgelien, bei /'wird der btrahl zum zweiten Mal gebrochen, und beim Uebergang in das iinnerc Medium vom Einfallsloth fh abgelenkt, d. h. die RichUmS M neh- men. Wenn hc-=.bd, so ist die Brechung des Lichtstrahls ad ganz 286 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn, dieseUje, wies die von ßc, und beide werden in demselben Puncte i den Aebsenstrahl schneiden. Auch gilt dasselbe von allen Strahlen des Punctes ß, die gleichweit wie ac und ad vom Ach- senstrahl entfernt sind, aed kann also als die Peripherie eines Kegels angesehen werden , welche Peripherie von Lichtstrahlen gebildet wird, die alle ihre Vereinigung in i haben. Die Entfer- Wng des Punctes i von der Linse heisst die Vereinigungs- weite des Bildes, welche wohl von der Brennweite unterschie- den werden muss. Die Brennweite ist die Vereinigungsweite von parallelen Strahlen. Divergirende Strahlen hahen ihre Vereini- gungswehe immer hinter dem Brennpmiclc, und die Vereinigungs- weitc entfernt sich um so mehr von der Brennweite, je näher der leuclitende Piinct der I.inse kommt. Die Vereinigungsweile des Bildes hängt ab: 1) von demBre- chungsverhältniss der Linse ziim Medium vor der Linse (n ; 1), 2) von der Convexität beider Flächen der Linse, die durch die Grösse der Halbmesser der Kugeln ausgedrückt wird, zu welcher die Convexitäten gehören; .3) von der Entfernung des Gegenstan- des. .Sind diese di-ci Puncto bekannt, so lässt sich die Vereini- gungsweite des Bildes für jede Entfernung des Gegenstandes be- rechnen. Wie eine Gleichung zwisclien den Halbmessern der Linse, dem Brechungsverhältnisse dei-selbcn, der Distanz des Ob- jectes und der Vereinigungsweite gefunden werde, diess auszufüh- ren gehört nicht eigentlich hieher, und muss ich in dieser Hin- sicht auf die Lehrbücher der Physik verweisen. Siehe z. B. Fi- scher Lehrb. d. mechan. Natvrlehre. ' II. p. 211. und Kunzek. die Lehre vom Lichte, Lemberg 1836. 115. Die Gleichung zwischen den genannten Grössen ist; , n — 1 , n — 1 1 _ 1 /• I ' ' — “f" • 1 g a , a — ist das Brechungsverhältniss oder das Verhältniss des Ein- fallswinkels zmn Brechungswinkel. Z. B. für Luft und Glas f- n — 1 wiü-de also für Ltift und Glas — 1 seyn, / und g sind die Halbmesser der Convexitäten der Linse, a ist die Entfernung des leuchtenden Punctes von der Linse, und tt ist die gesuchte Ver- elniguugsweite des Bildes. Ist z. B. der Brechungsexponent füi’ Luft und Glas -1, die Halbmesser der Linse 10 und 12 Linien, die Fulfernnng des leuchtenden Punctes 100 Linien, so wäre die Gleichung ro 12 ~ 100 _i_i_oder — 1 ^ X 2 VlO^ Aus der Fomiel — — f- — ertriebt sich auch f g a a ° ■ die Vereinigungsweite für parallele Strahlen. Da bei parallelen Strahlen die Entfernung des leuchtenden Punctes unendlich ish so ist — =0; daher ist, wenn a unendlich gross ist, — ^ — ~~ oder wenn die Vereinigungsweite für divergirende 1. Phys. Bedingungen d. Bilder. Vereinigungsweite d. Bildes. 287 Stralilen vorzugsweise ci genannt l)leit>en soU^ so ist die Bienn— Weite einer Linse in der Formel — | 1-— ^ — = “ bestimmt. Aus der Verbindung der Foi-mcl für die Vereinigungsweite I ** ^ und der Formel für die Brennweite f ^ g a a I Hmi — i ergiebt sieb eine nocli einfachere Grund- f ^ g p ® formel für optische Bestimmungen. Denn da die erste Seite bei- Gleichungen dieselbe ist, so ist - = p die Brennweite der Linse, a die Entfernung des leuchtenden Punctes, die Vereinigungsweite des Bildes, und so lässt sich also die Vereini"ungsweite für jede Entfernung des leuchtenden Punctes leicht aus der Brennweite der Linse, und der Entfernung des leuchtenden Punctes; finden. Aus der letzten Gleichung ergiebt sicli a — p Die Vereinigungsweite des Bildes eines leuchtenden Punctes Wird also gefunden, wenn man das Product aus der Ent- l^ßrnung des Objectes von der Linse, und der Brenn- weite der Linse durch die Differenz beider ^ividirt. B'ehe das Nähere in Fischeh’s mechanischer NaturMire. Z. _ld. Befindet sich die Wand, welche das Bild auffängt, nicht in der Vereinigungsweite, so wird natürlich statt des leuchtenden Bunctes,. ein Zerstrenungskreis, oder der Durchschnitt eines Licht- l^egels dargcstellt, und dicss ivird sich gleich bleiben, mag die »Wtfangende Wand vor oder hinter der Vereinignngsweite sich ' Befinden. Im ersten Falle haben sich die Strahlen des Lichtkegels **ech nicht vereinigt, im letzten b alle, weichen sie nach der \ er- ®liignng wieder kegelionnig auseinander. Bisher ist bloss die Brechung der Linsen für den Fall be- frachtet worden, dass der Gegenstand ein leuchtender Punct ist. Idat der leuchtende Gegenstand Ausdehnung, und liegen die leuch— lenden Puncte desselben in einer Ebene , die senkrecht auf der Verlängerung der Achse der Linse steht, so liegen ihre Bilder ®nch in umgekehrter Ordnung in einer solchen Ebene. Ist ab der Gegenstand, ^ cc so wird der von a ausgehende Strahlenkegel nach « gebro- chen und kömmt dort zur Verei- nigung, der von ^ ausgehende Strahlenkegcl wird nach ß gebrochen, und ve^im^jt sich in ß zu einem leuchtenden Puncte, und in gleicher Oi nung die ülirigen. Das Bild hat die umgekehrte Lage des Objectes, das obere ist unten, das untere oben, das rechte links, das linke rechts. Während die relative Lage der einzelnen Theile des Bildes ganz die- 288 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. selbe l)lei1)t. Der miltlerc Strabl des Lichtkegels aa und hß heissi der Hauptstrabi, weil er jiicbt oder fast nicht verändert wiJ’‘b wie der Acbscnstrahl bei einem in der Achse der Linse liegenden leuchtenden Puncte. Die übrigen Strahlen des Kegels epnvergiren gegen denselben nach der Bi'ccbung, und das Bild des Punctes entwirft sieb also jedenfalls in der Richtung älcs H-auptstralibj dieser Strahl bestimmt also die Lage des Puuetes im Bilde, uiio - die llauptstrahlen der Lichtkegel der einzelnen Puncte bestiiuinnn auch die Grösse des Bildes. Die Stellen, wo sich die. Strahlen der von der Achse abgele- genen Punkte wieder vereinigen, lässt sich durch Berechnung findpn, und 'aus ihrer Bestimmung ergiebt sich, dass wenn der ausserhalb der Achse liegende Punct der letztem nahe ist, so dass die aol die Linse fallenden Strahlen nur kleine Winkel mit der Achse bilden, die einzelnen Puncte des Bildes in einer mit dem Object'^ parallelen geraden Ebene liegen. ' ünEGORY .(Priestt.ey’s Geschichte der Optik 162.) wollte he- ■ merkt haben, dass durch ein .sphärisches Linsenglas das Bild cineJ) auf die Achse senkrecht stehenden Figur nicht wieder eben, son- dern gekrümmt und zwar gegen das Glas hohl sei; und dass wen» das Bild eben sevn Äoll, die Flächen des Glases nach der Figu*' eines Kegelschnittes geschliffen seyn müssten. Priestley giebt dless zu und bemerkt dann, dass der daraus entstehende Fehler unmcrkllch sei, weil die Flächen der Gläser nur sehr kleine Ku' gelstückc sind. Raestner bemerkt indess hierzu, dass wenn ina" die ABweiehung der Strahlen von dem \creinigungspuncte nicht beachte, d. h. wenn man die Winkel ihren Sinus proportional setze, die schärfste unter dieser Voraussetzung angestcllte Rech- nung, keine Krümmung des Bildes einer ebenen Figur entdecke» derselbe hat eine solche Rechnung im 2. Bd. der deutschen SchnJ- ten der Gotting. Gesellschaft der IVissenschaflen geliefert. Daa* die Ebene des Bildes der Ebene des Objectes parallel ist, wen" diese senkrecht auf die Achse der Linse gerichtet ist, ist übrigen^ eine Erfahi'ungstbatsache. Für geringe Ausdehnung des Bildes^ Ist auch der mathematische Bew'cis des Satzes nicht schwierig? und ist in den ausführlichen physikalischen Lehrbüchern mit i»®' thcinatischer Behandlung gegeben. Runzek Lehre com Lichie.\Vl^- Optischer Mittelpuncl der Linsen. Insofern die beiden Flächen einer Linse, nahe dem Durch- gang der Achse parallel, oder so gut als parallel sind, werden Strahlen, , welche durch die Mitte der Achse einer Linse sebic durchgehen, wenn ihr Ein- und Austritt innerhalb des parallele” Theils lieider Flächen der Linse geschieht, von der Direction, ih” sie beim Einfällen der Linse batten, nach dem Austritt nicb abweichen. Ihre Brechung verhält sich so, W'ie bei schief aulla - lenden Strahlen durch eine Glasplatte mit ganz parallelen Flächen- So viel der Strahl beim Eintritt in das Gias- dem Einfallsloth gelenkt wird, um ebenso viel wird er beim Austritt abgelcnkt; behält also seine Direction. Daher ist eben der mittlere eines massig schief auffallenden Strahlenke.gels, w elcher durch d' Mitto der Achse der Linse durchgeht, als unverändert ln seine 1. Phn, Bedinsungen d. Bilder. Opt. MÜlelp.'d. Linsen. 289 L davon n^li vor- oder rückwärts ab, mir Iciche Halbmesser haben, IVdU er mit dem e (1er Linse zustunmeii. Man nennt diesen ^'<^un Leide Fluchen gleiche Halbmesser liabe ^I'tteUmnete der Achse der Linse zusammen. der Kugel, zu ■welcher sic ge- "inkei aus der Luft in das^Glas, elienso wie zu dem Eintidlswinkel der Ablenkungswinkel aus dem Glase in die Luit, tolghch ist tim ^'bilallswinkcl in das Glas, ' dem Ablenkungswinkel ausdern Gla^m *^'6 Luft flleicb, und tlaher bleibt sich der emlalleiule und aus al- *‘=«tle Strahl parallel, und der Strahl muss als ungebrochen be- ^fachtet werden. Ist die Linse doppelt convex, aber unglmchsei- , so liegt der optische Mittelpiinct näher der convexem blaclic. Abweichung, Aberration wegen der Spharicäät. ' Bisher Avurdc hauptsächlich nur die Brechung der durch den ' "Mittlern Tbeil der Linse durchgehenden Strahlen berücksichtigt, ''‘‘n muss auch das Verhalten, der durch den Randtbeil der Linse 'hircbgehcndeu Stiahleu und ihr Yerhältuiss zum Vermmgungs- P'iuet betrachtet werden. Welches auch die Gestalt einer spha- ‘i'^ehen, planconvexen oder biconvexen Linse seyii mag, m jedem dl Werden diejenigen parallelen Strahlen, die gleich weit von c ci ^^ehse der Linse entfernt in sie elntrcten, sich m dcmseUien 1 imc Vereinigen. Denn ihre Eintritts- und Brechungswinkel sind 8 «‘cn. ^Wuso -werden sich von eiucni Lichtkegel, dessen Achse '^ie Achse einer Linse durchgeht, jedesmal diejenigen, m '■vreis die Linse trelfcnden Strahlen wieder in einen • “iseii, welche gleiclnveit von der Achse der Linse entfern in eiiitrcten. W ie verhalten sich aber die übrigen Strab cn eines Lichtkegels, werden sie auch in densclheu Vereinigungspunc au- 290 V. Buch, V on den Sinnen, I, Abschn, Vom Gesichtssinn, genommen, oder ist ihr Verciuigungspunct ein anderer. Solle« die pai'allcle« Strahlen fl, b, h d sicli in dei« Bi'ennpunete e vereinigen, s« müssen die Bi’e- chungen der - . Strahlen fl, b, <'? fl zunehmen, je weiter entfernt diese Strahlen von der Achse ein- fallen. In der That nehmen auch hei dem convexen Miitel die Einfallswinkel 1, 2, 3 mit der Entfernung der Strahlen b, c, d von der Achse a zu. Zur Vereinigung paralleler Strahlen i« einem Brennpunct sind also gekrümmte iJ’lächen des Itrechende« Körpers nöthig. Es fragt sich nun aber, in welchem Verhältniss müssen die Brechungswinkel paralleler Strahlen von der Achse his ziun Rande der Linse wachsen, wenn sie sich in einem einzigen Puncte ver- einigen sollen, oder mit anderen Worten, von welcher Art müsse« die Curven der Linsenllächeii für diesen Ziveck seyn. Erfahrung und Berechnung zeigen, dgss Kugeloherflächcn der Linsen diese« Zweck nicht vollkommen erreichen, und dass die Curven welche zu einer vollkommen scharfen Vereinigung der Liclitstrahlen i» einen Punct nöthig sind, von der Kugelgestalt ahweiclieti. Aber Linsen oJine sphärische Oberflächen sind nicht durch Schleifen z« erzielen. Bei der Kugelgestalt der Linsenoberflächen nimmt die Bre- chung der Randstrahlen schneller zu, als es geschehen sollte, wen« die Vereinigung aller Centralstrahlen und Randstrahleii in einem Punct geschehen könnte. Diess nennt man die Abweichung, Ab- erration der Lichtstrahlen wegen der Kugelgestalt, Abenatiou de sphaericitü. Die Vereinigungspuncle sind vielmehr verschiede« für alle Strahlenkrcise vom Centrum bis zum Rande, und di« Vereinigungspuncte rucken um so weiter voi-wärts gegen die Linse, je weiter die Kreise Averden, oder mehr Randstrahlen zugelassen werden, lieber die mathematische Untersuchung dieses ""Gegen- standes siehe Gehler’s physik. Wörterb, VI, /. .396. ° Ein mathematischer Beweis dieser Erfahiung, der leicht ver- ständheh wäre, ist mir nicht bekannt, daher dieser Gegenstand liier liighcher empirisch liingestellt wird, wie es aucli von BioT in seiner Experimentalphysik geschehen, und gewöhnlich in de« physikalischen Lehrbüchern geschieht. Kukzek. sucht zwar durch eine geometrische Dcduction die AliAveichung der Lichtstrahlei' Tvif” begreiflich zu machen , allein diese ver- fehlt offenbar ihren Zweck. Er zeigt, welche Aendcning die Liclit- rfrahlen durdi cm Prisma erleiden, wenn man den brechenden Winkel des Prisma vergrössert. Eine spliärische Linse sei alicr als ein Prisma zu betrachten, dessen brechender Winkel an der Achse gleicli jVull ist, von da au aber bis zum Rande der Linse symmetrisch zu jeder Seite der Achse zunehme. AVeil nun der durch ein Prisma gehende Lichtstrahl, eine desto grössere Ablen- kung von seiner ursprünglichen Richtung erleide, je mehr der 291 1. Phys. Bedingungen d. Bilder. Sphlir. Aberration. lirechende Winkel des Prisma vergrössert wird, und weil die Linse ein Prisma ist, dessen brechender Winkel von der Achse Segen die Ränder der Linse zunehme, so müssen auch diejenigen Strahlen, welche die Linse in einem weitem Abstande von der ^chse treffen, mehr von ihrer Richtung abgclenkt werden, uM fialier die Achse Irüher schneiden als die Centralstrahlen, a. a. O. P- 127. Das' letztere, was bewiesen werden sollte, folgt keineswegs ^>15 der ganzen Deduction. Denn bei einer vollständigen Verei- '^igiing, - sowohl der Centralstrahlen als Randstrahlen in einem Lunct, müssen die Alilenkungswinkel der Strahlen von ihrer Richtung zum Rande auch wachsen. Denn würden sie nicht wachsen, *0 würden die parallel cinfallenden Lichtstrahlen zwar gebrochen, '*l>er in unveränderter Richtung parallel fortgeheu, d. h. die Linse ^are dann ein Prisma, dessen Brechungswinkel nicht gegen den Land zunehmen, sondern bleiben, die Linse wäre keine Linse, sondern ein einfaches Prisma.. Es hängt nur von der Art dieses ^achsthiuns oder von der Form der Curvc ab, ob die Rand- 'trahlen und Centralstrahlen sich in einem Punct vereinigen oder ''•clu. Für unsern Zweck ist es genug hei der empirischen Thatsache 'leben zu bleiben, dass die Randstrahlen einer Linse mit Kugelflächen ''aber zur Yereinlgung kommen, als die Centralstrahlen. In der Figur ®?'en die Strahlen d c h a V c d' parallel. Die Strahlen h und Werden, da sie gleichweit von der Achse a entfernt sind, und Brechung in der iVähe der Achse sehr gering ist, am weite- 'ten von der Linse in einem Punct o die Achse schneiden ; die Reiter von der Achse ensfemten Strahlen c und c werden sich die am iveitesteu entfei’nteii Strahlen d und a in n *'*gen und kreuzen. Befindet sich in o eine das Licht aufne - ^öende Fläche, so wird nicht bloss der Brennpunct der Strahlen, sondern auch ein Zerstreuungskreis aller übrigen Stxa. - Ln entstehen, welche ihren Brennpunct nicht in o, sondern > ” nnd anderen Puncten der Achse ao haben, yy wird der Imrch- niesser dieses Zerstreuungskreises seyn. Befindet sich die Wand 292 V, Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom G/isichissinn. in h, so erscheint dort der Brcnnpuiict der Strahlen c c' mit den* Zerstreiinngskreis x' j' u. s. w. Sind die Strahlen rf, r, h, a, h' , c, tl nicht parallel, sondei'' der Basaltheil eines Lichtkegels von endlicher Entfernung, giebt es auch nieder keine Sammlung in einen Puuct, und !»**' der Wan oder yj helindcn; denn jedesmal w'erden dann ausser dem Vereinignngspunct bestimmter Strahlen, die ZerstreO' ungen aller übrigen ziir Erscheinung kommen. Können ahei die Randstrahlen ahgehalten werden, mul werden nur die Ce»' Iralstrahlen zugelassen, so fällt, wenn die Wand sich im Vei'' einigungspunctc der Lentralstrahlen o befindet, der ganze Zerstreu- ungskreis aller übrigen Strahlen xy weg, und das Bild ist rciu- Diess wird durch Bedeckung des Randtljeils der Linse, duich ei- nen ringförmigen Schirm, Diaphragma bewirkt. Ebenso wird das Bild rein werden, w-enn das Licht bloss durch den Randtheil def Linse durchgeht und der Centraltheil bedeckt wird, denn dan« fidit der Zerstreuungskreis von den Ccntralstrahlen w'eg. Di® letztere Art der Bedeckung kömmt hei den optischen Instrumeo- ten nicht vor, weil die Abweicliung am Rande schädlicher ish Aber alle optischen Instrumente müssen zur Erzielung reiner Bd' der mit Randschirinen, Diaphragma, versehen seyn. Bei einer sehr geringen Oclfnung des Diaphragma, könne)' auch wieder neue und cigenthinidiche Phänomene von der Beu- gung des Lichtes am Rande des Diaphragma stehen, welche di® form und Deutlichkeit des Bildes auffallend verändern. Die Aberration der Sphäriciiät kann durch Aenderung des Verhältnisses der Krümmungen beider Kugelflächen vermindert) und auf ein Minimum gebracht werden. So klein als möglich wird sie nach Herschel, wenn der Radius der Hinterfläche de® Linse 6 — 7. Mal so gross als der Radius der Vorderfläche ist- Werden zwei dünne Linsen sich berührend zusammengesetzt, sO lassen sich Verhältnisse der Radien angehen, bei denen die Ab- erration von der Kugelgestalt ganz wegfällt. Gehi.er’s physHi' iVörterb. I. Ifi7. Auclr zunehmende Dichtigkeit einer Linse g®' gen ihre Mitte muss die Aberration vermindern. Denn dann wird die Brennweite der Centralstrahlen verkürz! und der kürzeru Brennweite der Randstrahlen genähert. Linsen, deren Aberru- tion vermieden wird, heissen aplanatische. c. Von den p l>y s ic ,i 1 1 sc li c n Bedingungen der Farben.' 1. Dioptrische Farben. NEWTONsche Farbcnlebre. In der Litteratur dieses C'egensfandes sind hcrsorzulieben- Newton’s Ofiticks ; Goetue’s Farbenlehre; Brakdes Artikel huf-' len in Gehler's physikal. M^örfarb; Fischer mechanische Natur' lehre; Pfaff üker JNewton- «nrf GoETHE'sclie Farbenlehre-, die drc« 1. Phfs. Bedingungen der Bilder. Farben. Diupir. Farben. 293 '«tetgcnannteii Schriften sind in Beziehung auf die Beurtheiluiig GotTHF/sclicn Farbenlehre bemerkenswerth. Bei der Brechung erleidet das Licht nicht bloss eine Ahlen— huiig von seiner Bichtung, sondern erscheint auch unter gewissen ^edintiunr'en farbra. Schon bei dem Gebrauche der Linsen werden ° .. T>-| 1 , 1 . Ci. t ... ^arl)ig(4 Saume um die Bilder* bemerkt. *^ech die Furbencrscheinung bei der Anwendun Am stärkslen wird |C- ig der Prismen walir- genommeu. Stellt ab ein Bündel paralleler Sonnen- strahlen vor, welche schief auf das Prisma einfallen, so werden diese zwei Mal durch die vordere und hin- tere Fläche des Prisma ge- brochen; ahci- statt dass die Strahlen in der neuen Rich- tung parallel fortgehen sol- hat sich das Lichtbündel erweitert, und zeigt, wenn es von «'»er Fläche aufgefangen wird, Regenhogenfarhen. Es ist nicht J*ötliig, um diese Farben zu beobachten, das Licht durch die J^efiiiuna eines Fensterladens in eine dunkle. Ivamrner Iahen zu '“ssen; man beobachtet sie am hellen Tage, wenn man das Son- ')'*»licht durch das Prisma auf eine Wand Ihllen lasst, aber nn ^«nkeln Zimmer ist die Erseheimmg der Flehen viel lebhat- und die Grenzen des Bildes deutlicher. Statt eines i linden Hildes entwirft das durch das Prisma gebrochene Lichtbundel, langgezogene Figur, mit geraden Scitenrändern, und oberer ’*"d unterer Abiaindung, in welcher sich- die Farben in der Reihe ^'«Ict, blau, grün, gelb, orange, roth folgen. Nach den Ge- ^^Izen der Brechung allein ivürdcn die parallelen Liclitsti-alilen, ‘Wh das Prisma zwar eine andere Richtung erhalten, aber doch 1?‘'>'allel bleiben. Da sich das Bild erweitert hat, so ist offenbar, ‘ “SS die Lichtstrahlen, indem sie ihren Parallelisinus verlassen, eine ^®>-scbicdcne Brechung erlitten haben. Diese Thatsache lührtc tJi'^VToN zu seiner Theorie der Farben. Aus der Wirkung des ^J’isma’s folgerte er, dass in dem angewandten Lichtbundel der “äne, verschiedene Elemente oder Strahlen enthalten seyn inüs- welche verschiedene Brcchharkeit besitzen, und von welcher !)“*■ die gleichartigen oder gleichbrechharen in gleicher Richtung ‘“»'tRehem Sind z. B. (in der folgenden Figur) in dem Bündel Päralleler Lichtstrahlen, ß, a, a gleich bi-eehbar, b, b, h unter gleich brechbar, aber verschieden brechbar als ß, lerner Unter sich gleich brechbar, aber verschir.den brechbar von ß so werden nur die Strahlen a, a, a die bortsetzung von ß, als gleich brechbar, nach der Brechung parallel seyn, c le a verschieden brechbaren /z, A, b werden nach der Brec ‘‘J't ß’, a', ß’ nicht parallel bleiben, aber unter sich parallel blei wii “'s ä', .b\ b', während die Strahlen c, c, c welche wieder eine “ . Brechbarkeit als o und b haben werden, weder mit a uoc i c Und Q parallel bleiben können, aber unter sich parallel > ei en. Itie aleichartiaen Strahlen a . d , d ei'scheiiien in deiselben 294 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn. Farbe, violet, die gleicliartigen Strahlen b\ b' , V in derselben Farbe, blau, die gleichartigen c', c’, c' in derselben Farbe, grün und so Andere wieder gelb, orange, rotb. Violet und Roth lie' gen an den entgegengesetzten äusscrsten Grenzen des Farbenbd' des, indem das violette Liebt die grösste, das rothe die geringstß Brechbarkeit hat. Die Farben werden aber iiur dann gesebenj wenn das Bild in gebörige'r Entfernung vom Prisma aufgefangen wird. Z. B, in der Entfernung y, wo die von einander sich ent- fernenden Strahlen b\ c' sich nicht mehr decken. Wird aber das Bild näher dem Prisma anfgefangen, z. B. in x, so decken .sich im mittlern Theile des Bildes die ungleichartigen Strahlen ß', e’, in diesem Falle erscheint der mittlere Theil des Bilde* weiss, und nur das obere und untere Ende farbig, je näher den» Prisma das Bild aufgefangen wird, mn so weniger haben sich die ungleichartigen StraMen gesondert, und unter diesen Dmständen ist der mittlere wei.sse Theil des Bildes um so grösser, der farbig® Saum aber um so kleiner. Diess führt zu dem Schluss, dass das Weisse dann gesehen werde, wenn dieselben Stellen eines Köi'pers ungleichartig® Strahlen aller Art zugleich erhalten und ins Auge werfen, das* hingegen die Farbe dann erscheine, wenn das gleichartige Licht einer Art den Eindruck hervorbringt, mit anderen Worten, da** das weisse Licht aus den verschiedenen Farben znsnmmeng*esct*t sei, welche zusammen weiss geben, durch brechende Mittel abet vvegen ihrer verschiedenen Breclibarkeit zur Sonderung gebracht werden. Diese Schlussfolge wird darin bestätigt, dass sich die farbig®® Lichter wieder zu Weiss vereinigen lassen. 1. Wenn das farbige Licht hinter dem Prisma mit einen» Sammelglase aufgefangen wird, so werden die farbigen Bilder a® bestimmter Stelle wieder in ein weisses vereinigt, während hintet dieser Stelle die Farben abermals gesondert fortgehen. 2. Dasselbe wird erreicht, wenn man das Sennenlicht durch 1. Phrs. Bedingungen d. Bilder. Farbenlehre 295 *wei Prismen von gleichem brechciulem Winkel und entgegenge- setzter Stellung durchgehen lässt. In diesem halle hebt durch Brechung in entgegengesetzter lliclitung das zweite Prisma die Wirkung des ersten aulj und das Bild kann nur weiss erscheinen. •3. Durch Vereinigung der, durch das Prisma erzeugten, tar- Bigen Lichter, vermittelst eines Hohlspiegels in einem Piincte, in- en, die sieh zu Igeiuiscbten Eludrüekcn verbinden. Daher ist eine Verbindung von einer gemischten Farbe mit eine>’ reinen, so viel als eine Veibindung aller drei llaujUlärben, weil * der Farlten, und der Geschichte der Farbenlehre auseinanderz»' setzen. 2. Natürliche Farben der Körper. Pigmente. Die natürliche Farbe der nicht selbst leuchtenden Rörp®* Der Artikel über die GoETHE’sche Farbenlehre ist (die Bcobachwn?^^ ausgenomitien) ein schwacher Abschnitt dieser Schrift, welclic in nie reren wichllgeren Abhandlungen die llcsultale ausilaucrndcr Anstrengn gen ciillfält, 1. Phys, Bedingungen d. Bddcr, Noliiri, Farhen d. Kiirpet. 301 rührt zunViclist von lcndem Lichte diescD.e Farbe. Dieselbe Wolke kann bbu.lieli von reflectirtem, gelb oder orangefarben bei durchtalleiidcm Lichte «'•scheinen'. Im ersten Falle lässt sie die gclbrotbcn Strahlen 'Lireb, welche wir nicht sehen, und sendet die rellectirten blauli- «•'en zu unserm Auge; im zweiten Fall sehen wir die durehlal- Wden gelbrotbcn Strablen, niebt aber die rel ectirlcn blau.m. ^Rahdes erklärt auf diese Weise das Lald hläuliclxe, bald gel iro- Anseben der Atmosphäre. Die heitere Luft erscheint am A^Lcnd gegen Osten blaulieb, wo sic das blaue Liebt zu uns rc- J'cctirt, d'as gclbrotbc durcblässt, was daher von uns nicht gese- wird, sie erscheint gelbrotli im Westen, von wo sie dasgelh- '•otlie Liebt zu uns durchlässt, während sie das blaue Licht re- '.'ectirt. So eiscbeint aueb bläiiHcbes Milchglas gegen das Kici't teuerrotb. Andere durebsiebtige Körper erscheinen bei ' Km und durcbgelicndem Liebt glcicbgelärbl; sic reflectiien TUeil eines farbigen Licbles rt,. widireud sie einen ,1 * 'Oll a durclilusseii, dabei absorbiren sic die übiügcu ar igea 302 V, Buch. Van den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. Strahlen b, c vollständig. Siehe das Nähere hei Brandes a. a. 0. p. 115. 3. Farben durch Interferenz der Lichtstrahlen. Die Newton’scIic Farhentheorie wird nicht verändert durch die Farheiierscheinungen, welche zunächst aus dem von Th. Young ent- deckten Princip der Interferenz der Lichtstrahlen, oder der Einwir- kung der Lichtwellen auf einander zu erklären sind. Da viele hishei schwer zu erklärende Farhcnerscheinungen diesem Gesetze ihren Ursprung verdanken, so muss hier zur Vollständigkeit der Lehie von den physischen Farben, das Nöthigste über die Interferenz und die Farben dureh Interferenz beigebrueht werden. Die von Th. Youkc enttleckte' Eigenschaft der Lichtstrahlen gegenseitig auf einander einzuwirken, besteht darin, dass zwei Lichtstrahlen, die von einem Puncte ausgehend, auf wenig vei'- scliiedenen Wegen und unter einem sehr kleinen Winkel ihrer Couvergenz in einem Puncte ankoimnen, unter gervissen Bedin- gungen die Intensität der Beleuchtung verstärken, unter andern Bedingungen die Beleuchtung gänzlich aufliehen. Diese gegensei- tige Einwirkung der Lichtstrahlen heisst Interferenz. In einen finstern Baum falle der von einem Puncte a ausgehende Lichtke ^gI gti u, b, c. In ei- niger Entfernung von der Spitze des Licht- kegels befinde sich ein schmaler Strei- fen von Pappe oder Holz (in der Figur sehr breit gezeich- - net mn die Abbil- dung deutlicher zn machen), hc sei eine den Schatten aufueh- mende Wand, 'S* nun das von a aus- gehende Licht eiu- färhig, z. B. das rotbc prismatische Licht, so zeigt sich statt de® einfachen Schattens auf dei' Wand bc vielmehr eine Reihe von abwechselnden farbigen und dunkeln Linien, W'ovon die iat' higen mit der Farbe des Lichtkegels ühercinstimmen. Wird dio aullängende Wand bc dem Ivörper sehr genähert, so WU'U der Schatten rein und scharf und ohne Linien, wh’d er davon entfernt, so eptw'ickeln sich mehr und mehr die genannten LinieU' Der mittelste Streifen hei d ist farbig. Die Erscheinung der hel- len und dunkeln Linien hört auf, sobald man das Licht an dein einem Rande des Kartenhlattes auflängt, so dass es auf dieser Seite nicht bis zur Fläche bc gelangt. Diess beweist, dass die Erscheinung nicht von der Beugung des Lichtes än den Randen'' sondern von der gegenseitigen Einwirkung der an den entgegen- 1. Phys. Bedingungen der Büder. Farben, durch Interferenz. 303 gesetzten Rändern vorbeigehenden ‘®nen wer- «liese Strahlen aber sich hinter dem wdchen das de«, folgt aus den Gesetzen der Beugung, ‘»«“7’ tö" em Licht uuter\vorfcn ist, wenn es dicht am 7“, vorbSge- vorbeigeht. Nämlich die am Rande des Kartenblatts voriie ge ‘‘enden" LlhUtrahlen werden von diesem Rande von de ^ ‘»«lg ab n?ich g,f, e, d inflectirt; Diese Inflexion ist am stärk te ‘dr'diejenigen Strahlen, welche dem Rande «imnit ab, ie entfernter die ‘“oht am B-ande Vorbeigehen cn Strah- len dem Rande sind, bis in einer gewissen Entlernung die Stiah- ‘«n ab ihre Richtung behalten. Durch Beugung d«® dichtes a den Rändern des Kartenblatts treften also Stn.hlen dm von dem l.nncte a ausgegangen, wieder zusammen. i ‘nr die Mitte'' des Schattens gleich lang, uimlei ‘ » . r dl^rigeii Stellen des Schattens , z. B. die in *"7^ inflei ‘n g zusammenkommenden Strahlen. Da nun das «‘‘d mlK ‘‘rten rotheii von u ausgeliendcn Strahlen dunkle Linien zeij,t, die mit rothen Linien abwechseln, so folgt, f 7s entgegengesetzten Rändern des Kartenbiatts »‘“«f * ‘■ntheiiLichtes, durcli das Zusanmientrcllen m Punettn d Völlig aufgehoben haben, und diese Stellen erschemen \ ‘‘el,\äh"end andere Strahlen des rothen ^tört haben und die rothe Farbe «‘•■'»^Leinen lassem^ Die v^!7nenr Z!ctraL7i'“den Liätstrlhlen , dis‘dS Rel 7 Licht nicht aulgehoben, hier comcidiren slexch Shab W von rothem Lichte, welche eine g eiche von Welten Lis d zurückgelegt haben; die Strahlen, wdclie in c, J, g, *nsammenkominen, haben „ngleich^ängen und haben Ins zu h- > Zusammentreffen eine .ungleiche Zalfl von Weflen_^ jt^^^ Lichtes zurückgelegt. Alle solche mterlerirenden St ^ «‘«gleicher Länge heben sich- entweder auf, c^r vei^^e» ^ Lie Differenz der Länge der in e zusammenkommenden Slial leu ^=«>1.1 kleiner oder grosser seyn, als die ^^efle bSeh" Liefltes, die aus einem verdichteten und verdünnten ; Kat der eine Strahl bis c eine ganze Welle mehr gemacht als dci an ‘We bis e, so stören sich, nach den für alle '^«‘‘«"’?.7;;7"|,^7uer den Gesehen, beiderlei Wellen niebt, den« der verdichtete l eddei ^nlle des einen Strahls, ftUt bei e auf den v^LriL^» Tb^^^ der Welle des andern Strahls, der v^-^ w 7 dts a^ern des einen Strahls, auf den verdünnten L‘«ed derW^lc . d^^^ Strahls, oder der Wellenberg des einen auf Wellen aodern, das Welleuthal des einen auf das Wellen thal des ‘ ^ie in folgenderFigur. Daraus kann nur Ä.J‘erge der Wand reflectirten Strahles hervorgehen, indem d ^enndie Und Wellenthäler sich verstärken. Dasselbe wird gesche i » 304 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn, Unterschiede der Zahlen heitUi // Wellen, 3, 4, 5, 6 ganze Welte« b' hctrngcn. Denn in diesem Fall« werden die Wellenherge immer nid den Wellenhergen, die Wellentha' 1er mit den Wellenthälern coiiiC' diren. Hat hingegen der cii>e der in einem Punct zusaimiicn-' kommenden Strahlen nur die Hälfte einer ganzen Welle inoh'' zurückgclegt, als der andere Strahl, so fällt die verdünnte Hälft« einer Welle, oder das W'ellenthal des einen Strahls in th« verdichtete Hälfte der Welle oder den AVclleuhcrg des ander« Strahls, wie in beistchender F'igur versinnlicht ist; die Verdu«' nung der einen und die Verdieli' tung der andern Welle heben siet> gegenseitig auf, dann wird diese Stell« dunkel erscheinen. Sind die Unterschiede der Zahl der Weil«« beider Strahlen kleiner als eine ganze \\ eile, aber grösser als ein« hall)e Welle, oder grösser als eine ganze Welle, aber kleiner al* zwei W ellen, so werden sich die Bewegungen von beiderlei Strah' len mehr oder weniger stören. Man siebt leicht ein, wie dies« Erscheinungen die Gelegenheit an die Hand geben mussten, di« Breite der Licbtwcllen für die verschiedenen Falben durch Berecli' nung zu linden. Die dunkeln und hellen Linien haben übrigens bei verschiedenem farbigem Liebte, mit dem der Vei’such ang«' stellt w'ird, eine verschiedene Lage. In dem vorher erläuterten Falle waren die zur Interfcrcn* gebrachten Lichtstrahlen homogenes farbiges Lieht, das von einem l’uncte ausging. Bei Anwendung des weissen Lichtes, zum Versuch) kommen die eigentlichen Farbenphänomene zum Vorschein, »n« welche es sich für unsern Zweck handelt. Man sieht nämlich) statt der abwechselnd homogenen farbigen und dunkeln, dann Streifen, die mit den lebhaftesten homogenen Farben prangen- j Die Erklärung folgt ans derjenigen des vorhergehenden Versuchs- Da die W eilen, von jeder im iveissen Licht enthaltenen Färb«) ungleich breit sind, so Avird jede der Hauptfarben des Avelssc« Lichtes ihre eigenen, verschieden gelegenen hellen und dunkel« Streifen haben, wie es im vorhei’gehendcn Versuch von eine»' Farbe erläutert wurde. Atis tler Ei'klärung der Farben durch Interferenz lassen sich am leichtesten die Farben ableitcn, die man in dünnen l’lättche« von Körpern mit sehr feinblättrigcr Stmetur, und an sei« fein gefurchten Oberllächen wahrnimmt. Es ist eine bekannt« Erscheinung, dass die A'orderc oder die hintere Fläche eines durch' sichtigen Körpers Licht rcflectirt. Ein senkrecht auf ein dünnes durchscheinendes Blättchen geworfener Strahl wird zum Theil von der vordem, zum Theil von der hintern Fläche rellectlrt, ft«*^ letzte und der erste Theil des Strahls fallen bei der Reflexion >« eins zusammen, und müssen, wenn der Unterschied ihres Weg«^ klein genug war, ein Interfcrcnzphänomcn eraeugen. Dasselbe gilt von schiel aullullcuden S trolilen. Denn mit dem von dei'vor- 2. Vom Jage als opt. Werkzeug. Bau der Augen. 305 ‘lern Flache rcflcctlrten Strahl, wird der -von der hintern Flache ‘'eflectlrte Anthcil irgend eines andern Strahls wieder zusanunen- trelFen und interferiren. Auf ähnliche Weise erklärt man die Ij arbcnphänomene, die man auf Flachen bemerkt, die sehr lern ge- lui’cht sind. Hielier gehören also die irisirenden FarJjcn der l^litnmcrplattchcn , des blätterigen Glases, der Seifenblasen, der l* *erlmutter u. s. w. . i i- t Am Schlüsse dieser Bemerkungen werden hier noch die Lan- gen und Geschwindigkeiten der Lichtwellen für die verschiedenen l'arben angelührt, wie sie Herschel aus Intcrferenzphänomencn l^erechnet hat. hänge der Wellen in Mllliontheilcn Engl. Zoll. llfenze des roth . . : . l^renze des roth und orange l^feiize des orange und gelb lli'enze des gelb und grün l^renze des grün und blau ll^renze des blau und indig llfenze des indig und violct l^renze des äussersten vlolet . 26,6 . 24,6 . 23,5 . 21,9 . 20,3 . 18,9 . 18,1 . 16,7 Anzalil der ■Weilen in i, Zoll. Anzahl der Blllionvon Schwing, in 1 Sek. 37640 458 40720 495 42510 517 45600 555 49320 600 52910 644 55240 672 59750 727 Ueber Interferenz siehe WRaia Wellenlehre, Brandes in Gsa- '•ER’s physikal. Wörterb. über die Undulationstheorie ebendaselbst ‘Itn Artikel Licht. II. Capitel. Vom Auge als optischem Werkzeuge. I. Optischer Bau der Augen. In Hinsicht des Baues der Augen für den Zweck dcr.Liclit- ‘^äipfmdung im Allgemeinen, und des Sehens iiislicsondere kann ftian drei Hauptformen unterscheiden: 1) Die einfachsten Augen oder Augenpunkte der Würmer und der niedersten Thiere, von '«'eichen es zweifelhaft ist, ob sie mehr als allgemeine Lichtem- Pfindiing durch ihre Augen haben, d. h. Tag und Nacht, brtle ‘‘äd dunkle Orte, wo sie sich aufhaltcn, unterscheiden. 2) Die *ousivisch zusammengesetzten, mit durchsichtigen lichtsondeniden lldedien versehenen Augen der Insecten und Crustacecn. 3) Die Au- gen mit coUcctiven, das Licht s ammelndcn durchsichtigen Medien. A. Einfacliste Augen oder Augenpunetc der Würmer und anderer niederer Thiere, Von den Augen der Insecten, Cnistaceen, Mollusken deutlich uachweisen, dass sie die nöthigen durchsiclitigen Appara e EUm Sondern des von verschiedenen Stellen der Objecte kommen- 306 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. den Lichtes besitzen. Es fragt sich, oh diess auch von den sog®' nannten Augenpuncten der Wünner und anderer niederer ThiC' re gelten könne, oder oh diesen Augen die optischen Werkzeug® mangeln, und ob solche Augen nicht vielmehr hloss das Helle uii‘* Dunkle im Allgemeinen, Tag und Nacht unterscheiden köiioeU’ lieber das Vorkommen dieser Augenpuncte siehe oben p. Hirudo luedicinalis hat zehn Augen, die in einem Halbzirkel •[’* der vordem Fläche des Ropllheils über dem Munde stehen. Si® sind nach Weber iiljcr die Oberfläche wie eine Warze erhabci*’ und vei-längern sich wie Cylinder in das Innere des Thiers. D*'* Ende der Augen ist vrtn einer convexen, sehr durchsichtigen MciU' br an bedeckt, unter welcher am Ende jedes Auges sich eine schwär*® Platte befindet, der untere Theil der Cylinder ist schwarz. P®'' pillc und durchsichtige Theile sind nicht bemerkt worden. Die®'' T heile erkennt man auch an den halbmondförmigen Augen mch' rerer Planarieu nicht. Ich untersuchte den Bau der Augenpiind® bei den Nereiden. Bei der Gattung Nereis Aud. et Edw. fiiid®" sich vier schwarze Augenpuncte auf der Oberfläche des Kopf®* im Viereck gestellt. Sie sind nicht erhaben und vielmehr einfach von der Epidermis des Kopfes bedeckt. Die Augen sind hinte" rund, nach der Lichtseite platt, und bestehen aus einer bechci’-' förmigen, hohlen, schwarzen Membran, und einem runden weissc” undurchsichtigen Körper, welcher darin enthalten ist, und si®l' in den Sehnerven verlängert. Die vier Sehnerven der vierAuguU senken sich jeder besonders in die obere Fläche des Gehirns ei»- Bei diesem Thiere hat man es also mit Augen ohne durchsichtig® optische Werkzeuge zu thun. Die in der Choroidea enthalte»® Anschwellung ist dem Lichte zugänglich , da an der Lichtscit® die Choroidea fehlt, und cii kelförmig ausgeschnitten ist. Aber die*® Anschwellung scheint nur das papillenförmige Ende des Schnerve» zu seyn; denn sie war undurchsichtig, von deinsclhen Aussehe» als der Sehnerve, in welchen sie sich deutlich lörtsclzte, und fei»' körnig. Allerdings war die Nereide vorher in Weingeist aul'he- wahrt w, Orden, aber die durchsichtigen Organe in den Augen de® Insecten, Spinnen, Schnecken behalten ihre helle Durchsichtighed an in Weingeist aulhew'ahrten Thicren. J. Muem.er ann. d. ■®®' mit. XXII. p. 19. Ratuke {de Bopyro et Nereide. Rigae 1837-) hat bei Nereis Dumerilii ebenfalls den pupillenarligcn AusschniP der Choriodea beobachtet. Derselbe hat aber auch eine zweit® borm der Augen aus der Familie der Nereiden, nämlich bei d®® Gattung Lycoris beschrieben, .wo diese Pupille fehlte, und wo di® schwärzliche Choroidea vielmehr das ganze Auge umgab, ln di®' sem balle ist noch weniger an eine Unterscheidung der Forn)®» zu denken, und nur aut eine vage Unterscheidung des Lichte» und Dunkeln vermöge des Lichtes, welches den Pigmentüber*»S zu durchdringen vermag, zu rechnen. B.. Wagner (Vergi. Anat- 1. 428.) der selbst an frischen Exemplaren von Nereiden, die p»" pillenlörmige Anschwellung des Sehnerven und keine durchsichti- gen Organe erkannte, glaidile an Hirudo medicinalis bei jung®» eben ausgeschlüpfteii Thieren, auch durchsichtige Theile, und a» dem glockenförmigen, lose mit rothen Pigmentkörnch en überstreu- 307 2. Vom y4uge als opt. Werkzeug. Bnu der /lugen. ^en Glaskörper, vorne einen Absehnitt, wie eine Linse za sehen. viel ist indess wohl aewiss, dass hei den Nereiden die eine Alitheilung eine Pupille und keine durchsichtigen "^tt t «'wlere nicht einmal eine Pupille hat, «nd wir sind 'licseii Thieren nur eine ganz allgemeine Unterscheidung, d **^'1 und Dunkeln zuzusciirciben. , . • r o xnn Die Evistenz wirklicher Sehorgane hci einer Gattung von '^''reiden ohne Pupille, mit gänzlicher Bedeckung des Aups durcl \uient, und die Aelinliclikeit dieser Organe mit den Augen an- 'l"rer Nereiden, welche , eine Pupille haben, macht es wahr chein- '■eli, dass auch bei anderen niederen Tbicren, wo sich schwaizc Oller tief-efarbte Augenpunete, wenn gleich ohne Pupille zeigen, 'W Beziehung .aun Liehtempfmdcii mit Recht yermphet wird. ®ei den Wirbcllhiereii kennt man ein einziges ^ Augen ohne optische Werkzeuge. Ich fand bei f '“‘U kleines Au'm nicht bloss unter der Haut, sondern sogp unter 'lou Muskeln, wahrend das Auge des vemandten for üherlliiche liegt. Das Auge der Myxine glutinosa enthalt •^eine Linse, sondern nur einen bulbusartigen, das ganze Auge aus- '^Ullenden Körper, welcher mehr einem Bulbus nerva opt»'*’ l'«m Glasköipcr gleicht. Obgleich das Auge von “ .o k„„n .locu «Ile LiclU.mf .naung n.ch ^ ‘St da so kann doch alle LicUtempnnau.ig Knochen » wir sogar durch die Dicke dp f-S«^""trCe alteme ne Wht sehi^. Diesen Thierpwmd als^-<^ nin..m^^^^^^^ CLdIelLig''vr Tag und Nacht zukommen. B Musivisch zusammengesetzte Augen der Insecten und Crustaceen. J Mueller zur Physiologie des Gesichtssinnes. Leipz. 1826. d. sc. nal. T. XVII. 225. 365. Fortsetzung in Meck. Arch. ^^29 i 7T * 1 Uiol.r oder weniger grosse Abschnitte von Kuge n, bei den Insec- ‘«u unbeweglich; hei tleti Decapodeii, unter 'l?cH einigen andern auf Säulen beweglich. Auch 'Wr Aulen schwillt im Innern dpsclbcn m eine cineVi Ku-elahschnitt an, von deren Oberfläche siel tausende Primitivtasern des Sehnerven erheben, mul Badmn gegen 'V Oberfläche des Organes gerichtet sind. Sic erre.ehrn ledoeh durchsichtige Oberhaut oder Hornhaut der Kugel nicht , yt^ ^el>r liefen, wie ich durch alle Ordnpgen der Inpctcii «"'1 ‘ den Krebsen gezeigt habe, zwischen den Enden ‘^^i- Sei «- ^«'‘liisern und dei” Hoiaihaut durehsichtigm Kegel ebeiitalls a In S“gen die innere Oberfläche der Hornhaut gestellt, ^ ‘ l»-e Basen mit der inncru Fläche der Hornhaut preinigt, wahmia Spitzen der Kegel, die Enden der Sehnervenfasern ««Bmhmep Bie Länge der Kegel ist in den einzelnen Gattungen sehr schieden^ nieist sind sie 5 — 6 Mal so lang aK breit, {hehrsten Käfern, Schmetterlingen, selten «'«il j*® ’n„: *^iiUni länger als' breit unter den Dipteren bei den r g 308 V. Buch, Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. den Insecten und eigentlichen Krehsen ini engem Sinne (Decapö' den) ist auch die llornliuut musivisch ahgetheilt, und jede kleU'*’ Abtlicilung,' Facette, enlspi’icht einem durchsichtigen Kegel, ■welchem sie verbunden ist und einer Sehncrvenl’aser, die wiedei’ Kegel aidninunt. Die Facetten der Hornhaut sind hei den InseC' teil sechseckig, hei den Krebsen selten, wo sie sich meist dO viereckigen Form nähern, • obgleich die Theilungen hier ilurch gerade Linien geschehen können, soudei-n auf der conve!^*'’** Oberfläche des Auges auch durch Curv en bewirkt werden müsseä' Die Facetten sind selten auswendig und inwendig etwas erhabc" oder linsenförmig, wie bei den Schmetterlingen, meist vieliuel'* ziemlich eben, und sogar licdeutend dick, wie bei den Orthopt’^' ren und Käfern. Bei ilcr Aehnlichkeit ihrer hintern und vonlc*’" Fläche kann man von der Wirkung derselben auf das Lieht >>'' Allgemeinen wenig erwarten, wie sie denn auch bei einer grosse^' Zahl der Cnistaceen, namentlich bei den Entomostraca nach in6‘' neu Beobachtungen gänzlich fehlen, während doch die durehsiej'" tigen Regel hier ebenso gut vorhanden sind. In diesem Fall die Oberfläche der Hornhaut, sowohl inwendig als ausweiidi^i . vollkommen glatt, und nur in diesem Falle sind auch die Basis auf eine mittlere, jedem Kegel cigcä‘' Pupille; die besonders dann deutlicher ist, wenn die Kegel selä kurz sind, w ie bei den Dipteren. In anderen Fällen sind ‘die B“' sen der Kegel von Pigment ganz i'rtä, und letzteres erreicht blos’ die Theilungsstellen der Facetten. ln den Augen der niedciv:'* Cnistaceen, deren Hornhaut läcettcnlos sind, stecken die ke>’elfui'' migen, durchsichtigen Köipcr mit ihren S})itzen, uiul dem gröss' teil Thcile ihrer Länge im Pigmente, während ihre runden Ende'* daraus hervorschen, und der innern Fläche der vollkommen ghiP ten Hornhaut zugewandt sind. Die Zahl der Facetten und Regel ist übrigens sehr verschieden, meist sehr gross, mehrere Taiiscntle» in einem Auge bis zwölf und zwanzig Tausend; selten sind wenig zahlreieh, wie bei einigen Entomostraca. Die Verbindung der Sehnervenläseru mit den Kegeln ist uocli näher von B. Wa"' NEa untersucht. Bei den Insecten setzt sich die Faser scheiden-; förmig über die Seiten der Kegel fort, da die Nervenläscrn he' den höheren Thieren aus Böhre und Inhalt bestehen, so kann niau vermuthen, dass die Böhre vorzugsweise diese Scheide bilde- Siehe idier diesen Gegenstand Wieg. Arch. 1835. I. 372. u»d AIüell. Arch. 1836. 613. Es 'wurde schon erwähnt, dass die Augen vieler CrustaccC* nach meinen Beobachtungen ohne Facetten der llondiaut, und dass die Basen ihrer Kegel abgerundet sind. Ich stellte dahd' 309 2. Vom Aiige als opt. W erkzeug, Bau der Augen. Helion vor liiuGercr Zeit zwei HiTiiptmodificationen der zusammen- S^selzicn Anteil auf. Meck. Archw 1829. Es gicLt aber noch di'iüe Modilicalion im Bau der zusammengesetzten Augen, "ctclic von Edwards, Bübmeister und mir selbst bei mehreren J^'-ustaceen bemerkt wurde. Dicss ist diejenige, wo ausser ilen ^cgclförmigeu Körpern, ,aueh noch linscnfonuige zwischen aer l'yrnhaut und den Ivcgcln Vorkommen. Die Linsen müssen die ^'cblstralilcn, welche auf sie einfallcn, sammeln und den Achsen Kegel zuwerfen. _ n . ■ i t. , , Edwards beobachtete dicss bei Calhanassa, bei vielen Lra- ’-'diU’en nanientlicb bei Cnneer maculatus, ferner bei Amphitoe mehreren Edriophtballmcn. IM. nat. d. crustacees. I. Pam ^^•34. n. 416. Bei llrpcria sah ich bei Herrn Edwards und mit ‘'«fnsellicn in den Facetten der Iloniluiut kleinere Linsen. Bran- ?'‘ioiHis naludosus hat nach Burmeisteb’s Beoliachtungen auch r'üsen mit grösserer Längsachse hinter den Eacctten der Ilorn- und vor den Kegeln. äItjeli.. Arch. 1835. .529. vergl. 1836. CIL n"'‘Se von diesen Thieren, wie Amphitoe und mehrere LdriopU- p'alrueu Hvperiii und Branchiopus haben zwei llornbaute. JJic “'‘^siirc ist glatt, die innere lacettirt oder gefenstert, so dass hm- den Fenstern die Linsen liegen , wie bei Branchiopus. Mau kann darnach folgende Modincatioiien der zusammcn- *’‘^*etzleu Augen aid'stellen. , ,l„rcb , EZusamniengesctzte Augen mit Ihccttirter Hornhaut W ‘'^'digon Kegeln ohne Linsen. Insectcn und die meisten Deca- l''*deu unter den Krebsen. •') mit einfachen Hoi'nbautfacctten. p. Ji) mit stark linsenlÖi-migen Hervorragungen an der mnern “tlie der Facetten, Meloe. , m i t 2) Zusammengesetzte Augen mit facettenloser glatter Hornbau . a) mit kegcllörmigen, an ihrer Basis abgerundeten, durchsich ^'ScuKiiniem "ohne Linsen. Beobachtet bei Daphnia, Apus, Gam- ^'''•i'us, Lvamiis u. A. i t • i o Ji) Basen der Kegel an die Hornhaut angewachsen, Lnnuhis. 3) Zusammengesetzte Augen mit Linsen vor den kegelforim- durchsicli Ligen Körpern. ' . . i • tr , a) mit faccttirtcr Hornhaut Callianassa, viele ßracliiuvcn (Lan- maculatus). . i , * i • ^ 1>) mit äusserer glatter, innerer faecttirter Hornhaut Ampbi- '‘a> rnehrere Edriophthalmen, Hyperia. . a) mit äusserer glatter, innerer gefensterter Hornhaut Bran- ''•“«Pus. ,, . „ An die zusammengesetzten Augen mit Linsen und kegellonm- Glaskörpern schließt sieh die vierte, bereits 1829 von mii ** Sastcllte Gattung von zusammengesetzten Augen. ^ d) Aggregate der einfachen Augen, wovon jedes einze ne i *j^''"lliclien Theilc der einfachen Augen, nämlich Linse unt , p'igcn Glaskörper enthält. Mehrere Isopodeii, wie Gymm J"” die vieHüssij^eii insccleii Julus. Diese machen ilcn Von den Ligenscbafti-n eines imisiviscb zusammengesetz en . S'-S' ohne collective Linsen zu einem Sehorgan niit collectivci lase. 310 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn. C. Einfache Augen der Insecten, Spinnen, Crustaceen aad ]\Iollusken mit collectiven dioptrischen Medien. (J. Mueller Physiologie des Gesichtssinnes 315. Ann. d. sc, XVII 232. und Ann. d. sc. nat. XXII. Meckei.’s Archiv 182®' 38. 208.) a. Einfache linsenhallige .Angen. 1. Spinnen. Die Augen der Spinnen sind, n.aeh dem Princip der Augen des Menschen und der Wirljelfliiere gebaut. Hiot®' der Cornea befindet sich eine kugelrunde Linse und hinter diesp' ein Glaskörper. Die schwarze Choroidea bildet um die Linse e'' nen schwar-zen Ring. Meistens be5itzen die Spinnen mehref® von diesen Augen, der Scorpion z. B. hat 2 auf der Obcrfli*' che des Kopfes, und 6 kleinere am vordem Rande des Kopf*'’?’ bei Scorpio leter (mus. entomol. Berol.) vom Cap und bei Sc. occ*' tanns fand icb sogar 10 Augen am vordem Rande des Kopfes. i. Crustaceen. Bei den Crustaceen sind die Augen mit cöl' lectiven dioptrischen Medien oder Linsen selten; wo sie vorkoin' men, sind sie den musivisch zusammengesetzten Augen als Nebel'' Organe beigegeben. Älan nennt sie hier zm- Untersebeidun«^ den zusammengesetzten Augen, gewöhnlich einfache Augeö' So hat Limulus polyphemus ausser den zusammengesetzten Auge" 2 einfache. 3. Bei den Insecten erscheinen die einfachen linsenhaltig"'* Augen entweder allein, oder in Verbindung mit den musivi«"** zusammengesetzten. Im erstem Falle befinden sich mehrere tera, wie die Scolopender, welche 4 Augen auf Jeder Seite Kopfes haben, ferner die Poduren und parasitischen Aptera. E'"' fache Augen ohne zusammengesetzte haben auch di."' Lam'cn i^"* Raubkäfer, 2 bei den Cicindelen und Aristmi, 12 (6‘ Jederseits) h"' den Larven der Wasserkäfer Dytiscus. Die Lai-veii der Hymenoptf reu sind meist blind, die Bieneularven liaben 2 eiiifaclie Au^en. Larven der Schmetterlinge sind in der Regel mit mehreren einfache" Augen auf jeder Seite versehen. 2 — 3 einfache Augen mit Linsen u"' ben musivisch zusammengesetzten Augen haben einige Insecten "" vollkommenen Zustande, wie die Orthopteren, die llcmipteren, A"""' ropteren, Ilymcnopteren, die Abend- und Nachtschmclterlinge. Aac" meinen üntersucbuugeu haben die cinfiichen Augen dieser Thic"" dCTselben Bau, wie bei den Spinnen. Sie enthalten sicher eine runil" Linse dicht hinter der convexen Hornhaut, und vielleicht eine de"* Glasköi-per zu vergleichende Substanz. Zuweilen sind diese Aug"" quer länglich, wie eines der Augen der Seolopendra morsitai'S' und 2 von den im kreisstehenden Augen jeder. Kopfseite der Larve" von Dytiseus marginalis; in diesem Falle ist auch die Linse die Quere langgezogen. Die Bestimmung der einfachen Augen der Insecten ist wahr- scheinlich das Sehen nur der nächsten Objecte. Diess lässt sic" theils aus ihrem vorzugsweisen Vorkommen bei den Larven und flügellosen Insecten entnehmen, theils folgt es aus mehreren B"' Bait der Augen. 311 2. Vom Auge als opt. JVerkzeug. ’^bacLtunge stellt ]ial)e. die ich über die Lage der einfachen Augen ange- Befder Gattung Empusa kann das mittlere un^-re Bei nei «au j, r VprläneeTuna des Ro- tellt habe. Bei der t^attnng j:.mpusa Auge heim Gehen des Thiers, wegen ltgt Pies nur die allernächsten Dinge seiien. BeiLocusta cornuta liegt r Ulli iiii, v-u-liurrpriiim dcs Ronfes. Ebenso nei Pies nur die allernächsten Dinge seiien. EeiEocusta Fal.^liegt das dritte der G ittun. Truxalis. Bei Gr^ls vi^tatus Fal’ir liegt das dritte Jinfaehe Auge -^en über dem J‘^;erralat^T (>• S Klus hegt das mittlere, einfache Auge ganz in cdner Rinne dass der Gesichtskreis desselben sein nmie umi ^ fc -'a:; t?Si'™™‘Äop“C aS'^SierLgcl d.r 0,11. V'cn inoi 1 1 ■■ t' lind also liegen den Boden, aul welchem die Uelir nach abxvaiG und also o , Homenoiiteren hiiiere Imfen eerichtel werden. Bei den meisten fljmeno])teren de-en dagegen ^die Augen mehr, nach blnten, so bei Malaxis, Um- k«reel,„,t ,M. a»n^ ™ *1 ” Tt" ä™P.U K'r ;;;,a"T»,„n»s-»» -'-s» achen Augen der Spinnen Ordnun*' der Gasteropodcii. fir . DlLe^Orsanrrrscbeinen ‘lern J>losse„ Ause_ als ^uncUi 'ür'steh^ entweder an der Extramtat r uniiioiam., Uder in der Mitte derselben nach aussen auf e*neni ^saUe, ode ''»> der B-isis derselben. Bei Helix stehen sie am Ende dei gros ... .»• äl,T,ÄT™S lipsp Or'Tane ersclieinen nein mussi,., .. .i» C,„«.le,_ «n <11- 1 .. ’ . 1 0_- .rsnnt«« ■» köimer ’^wir*schon Sxvammebdam wusste. Murex Tritonis be »lat wenigstens in seinem äuge uu» ----- Sehnei-ve «'«eil großen rundlichen, durchsichtigen Rotier Der Sehne .,SeE„.cke„ „u.;de f.üS» "rMTr Se 'ler Schnecken wurde früher miskannt, ^""/XLr^'Srvtlsfder Sßu Nerven (\p^ Fülilhorns eenommen, abei dieser e ^efiihlsnerve des Tentakels; der Sehnerve ist sehr viel scheint als Ast desselben, lässt sich aber ruckxvarts gegen das Gehm 'soliren r- der Schnecken scheint nur aut a er- ?cueint als Ast desselben, fasst sicn doei - ,. '^oliren. Das Gesichtsorgan der Schnecken ^‘^beint nur auf d^ 8«»k. S.he>e,ech™. ,u .evp. .Den- Hd» p.-.Si ^ «rosste Nahe berechnet zu seyn. ueim neu* f'—“ " V , uem vorgehaltenen Gegenstände aus, xvenn er nicht bis bis T w.-.uil.pvn opnäbert xvird. u^.. vorgehaltenen Gegenstanue aus, ue-- ‘s 3 Linien dem Fühlhorn genähert xvird. ,, enthalten , Die Augen der Cephalopoden unter den ä i q-uiere, seihst alle xvesentlichen Theile des Sehorganes der höheren Kis Und Corpus ciliai-e. .'Uiilli.p'g Phvsiotog Bd II. 2f V, Huch, Von den Sinnen, /. ^b.schn. Vom Gesichtssinn. !*• Aggregate der einfachen Augen. - So kann nian die Sehorgane einiger Thiere nennen, welche der Aggregation einer grossem Anzahl von einfachen Augen zu ein®' Masse entstehen, in welchen aber jedes einzelne Auge die StruC' tur der einfachen Augen der Spinnen und Mollusken hat, ode'' nach dem Princip der Augen der höheren Thiere gebildet ist. I®'’ fand solche Augen bei einigen Insecten und Crustaceen ; unter de» Insecten kommen sie hei den Julus vor, unter den Crustacee» bei einigen Asseln, z. B. Cymothoa. Man sieht bei diesen Th)®' reu auf dex* Oberfläche des Auges eine Anzahl Convexitäten, che den einzelnen Augen entsprechen. Gegen 40 Augen köiiBe» zu einem solchen Aggregate vereinigt seyn. Hinter jeder con- vexen Cornea findet sich eine rundliche Linse, und hinter diese» ein lundlicher tdasköi-pei-, welchei’ von dex* Retina und Ghoroide» umgeben ist. Die Aggi-cgate der einfachen Axxgen bilden de'' Uebex'gang zu derjenigen Art der musivisch zxxsammengesetztf" Augen, welche Linsen neben kegelförmigen Körpern enthalten. D. Auge des Manschen und der Wirb el tfii erc. Es ist hier nicht der Ort, von der Stnictxxr der einzeln®'' Theile des Auges zu handeln, und in die allgemeine Anatomie d®* Auges einzugeilen. Was hier mltgetheilt xvird, betrifft nur di® hauptsächlichsten, liii’ die Optik selbst wichtigsten Structui-ve»' bältnisse des Auges und die wesentlichtsen Unterschiede, • welch® das Auge in den verschiedenen Tliierclassen darbietet. Lmgthungen des Auges. Augenlieder. Die Augenlieder fehl®'' entweder ganz, und es gebt die Haut einfach über das Auge wesii Wie bei manchen Fischen und mehreren nackten Amphibien, z. 5- x en Proteidecii und der Pipa, oder die Haut bildet Augenlied®'- ■ die entweder emfach oder doppelt sind, oder gar zu einem cb' kelformigen Gürtel mit centraler Oeffnung sieh verbinden w''’ beim Cliamaelcoii. Zu den gexvöbnliclieix Augeiilicdern oesellt sic^' bei mehreren Thieren die Membrana nictitans, Wiek haut,'’ die scliO» bei Säugethiercii spurweise angedeutcl, bei den Vögeln und be- schuppten Amphibien in gx-össler Entwicklung erscheint, und xin- ter deix bischen in geringerer Ausbildung wieder bei mebrer®'' I ailiscben auftritt. Bei den Vögeln kann die durchscheinend® Haut von der innern Seite des Auges über den vordem. Um- k'w’ vermöge eines eigenthümlichen vom Nervus ahducen’ abhängigen Muskelapparatcs, hei-iibergezogen xverden.. Unter tl®'' Haitischen kömmt sie den Gattungen Caxcliarias und Galeus und mehreren anderen venvandten zu, fehlt dagegen bei den Gattun- gen Scylhum, Lanimi, Sclaehe, Alopecias, Notidanus, Spinax, Cen- trjno^ ocymnus iind vielen üiuicron Eine x'exwandte Bildung ist eine bx-illenax-tige, durchsicb' tige Stelle im untern Augenliede einiger Eidechsen, wie meh- rerer Scincoiden, welche über das Auge weggezogen werde» kann, und der Coxnea entsprechend, das Sehen nicht hindert- 313 2. Vom Auge als upt. Werkzeug. Bau der Augen. eigenthümlicli ist liinwieder die unbewegliclie Capsel vor dem Auge der Schlangen. Bei diesen Tbieren werden die Augen- l'eder durch eine vor dem Auge liegende durchsichtige Capsel ersetzt, '''eiche mit dem Rande rundum, an der Haut angewachsen , und eine verdünnte Fortsetzung der Haut ist. Sie bestellt aus diei Lamellen; einer äussersten, Fortsetzung der Epidermis welche daher beim Hauten mit ahgeworfen wird, einer mittlern, iort- äetziuig der Cutis, und einer innersten, welche der Conjunctiva palpebrarum entspricht, und in die Conjunctiva hulhi ocuh sich "'ie gewöhnlich uinschliigt. Zwischen dieser Capsel und dem vor- dern Umfang des Auges ist ein hohler Raum, in welchen che l'hränen gelangen, die durch den Thränengang wie gewöhnlich ^^hiessen können. Diese Bildung ist von Cloquet zuerst bei den Schlangen entdeckt, sie findet sich seihst hei den Scldangen, dc- Augen von dicker Haut bedeckt sind, wie hei den Amphis- |'aenen'‘u. A., und ich habe sie auch bei einem Saugethiere Spa- typbius gefunden^ dessen Augen von der dicken behaarten ^*ut bedeckt scheinen, unter welcher jedoch die Conjunctiva ein ^^ckchen bildet. Unter den Eidechsen, welche sonst_ Augentieder ^**hen, zeigen, wie ich gefunden, die Gcckonen die merkwür- dige Eigenthümlichkeit, dass ihre Augen dieselbe durchsichtige ^®psel, wie die Augen der Schlangen besitzen. Die Thränenwerkzeuge fehlen den Cetaceen unter den bauge- ^i'ieren, ferner den nackten Amphibien und den bischen. Augenhäute. Anlangcnd das Auge seihst, so zeigt die Sclero- Jica eine Tendenz zur Verknorpelung und Verknöcherung Thieren. Bei den Vögeln, Schildkröten, Eidechsen befindet in ihrem vordem Thcil imi die Cornea her ein Ring, von d^chziegelföi-mig sich deckenden, oder auch nebeneinander liegen- '**« Knochenhlattchen, und die Sclerotica der Fische cntlialt meist ^""ei grosse K.noi’pelschaleii. Die Choroidea ist bei den Thieren Zwei Blätter, die eigentliche Choroidea und die innere Mem- ü'atia Ruyschiana trennbar, hei den Fischen ist das aüssere meist silbcrfarhen (argeiitca), das innere mit dem Pigment bedeckt. Zwischen beiden liegt hinten um die Eintrittsstelle des Sehnerven ein hufeisenförmiger blutreicher Röqier, die Glant choroidalis. Der Orbiculus ciliaris beim Menschen und "en Säugethiereii fibrös, scheint bei den Vögeln musculös. Die *®''ere Fläche der Choroidea wird hei allen Thieren von^ der ^emhrana pigmenti bedeckt, w elche aus flachen, oft sechseckigen, Pigmentkügelchen enthaltenden Zellen zusammengesetzt wird, den Kakerlaken oder Albinos fehlt in den Plginentzellen das ^'gment. Bei mehreren Thieren fehlt es regelmässig an gewissen Pfeilen des Auges, die entweder weiss oder metallglänzend erschei- Tapetum. Das Tapetuiu der wiederkäuenden Thicre (im hintern i'Ussern Theil des Auges) hat zwar auch die Zellen des Pigmentes, ® das Pigment fehlt darin,. Diese mtftallglänzenden a* ®'^heiiien durch die Structur der Choi’oidea, vennöge dei u.*^* ® Und nicht durch materielle Farbe erzeugt, und verschwint en ^her beim Trocknen. Das ganz w'cisse Tapetum der reissciuen • ■b.hiere, welches auf dem Grunde ihres Auges eine dreieckige, 21 * ■{14 P' . Buch. Von den Sinnen. I. /ihsclin. Vom Gesichtssinn. scliiirf Ix'greiizto Figur bildet, vergebt dagegen beim Trockne'’ nicht und rührt von einem eigenen Slod’e her. Die Tapeten Thiere reflectiren sollen ein Minimum von Licht, was in das Aug” fällt und sind daher die Ursache, dass die Augen jener Tbic’’' (nicht im Dunkeln, aber) bei einem Minimum von Lichtschimme*' der in diese Augen fällt, leuchten. Siehe oben B. I. Aufl. p.^'' Das Corpus ciliare kommt bei den Fischen (mit wenigen Au*' nahmen) nicht mehr vor. Hier tritt ein sichelförmiger Foi’tsat* durch eine Spalte der Retina und heftet sich au . den Rand der Linse fest, die zugleich durch das Knötchen, die Camp”' nula Ilalleri in ihrer Lage erhalten wird. Die Iris ist hC den meisten Thieren beweglich, hei den Knochenlischen W®' nig oder gar nicht. Reim Pferd, Narval, Lama und bei de’' Rochen hat die Iris am obern Rande der Pupille einen sclde*' erartigen Anhang. Die Pupille ist bald rund, bald querläng' lieh, w’ie bei den Wiederkäuern, bald senkrechtlänglich, ‘Wi® bei den Katzen und beim Crocodil, bald dreieckig, w’ic bei de’ Feuerkröte u. A. Den \ögeln ist der Kamm, Pecten s. Mat' supium eigen, ein mit Pigment versehener, pyramidaler, gardineU' artig gefalteter Fortsatz, der ursprünglich aiis derChoroidea ent- springend, vom Grunde der INelzhaut ins Innere des Glaskörpet'' gegen den Rand der Linse gerichtet ist. Fr steht im hintern äussei'" Theil des Auges und ist allen Vögeln eigen. Die Eidechsen h»' ben eine Spur von Pecten, und vielleicht gehört der Processu* falciformis der Fische in dieselbe Reibe. Die durchsichtigen Theile des Auges. Der faserige Bau det Linse ist schon beschrieben B. I. 3. Auß. p. .390. Die Felder w'clchcn die gezahnten Fasern angelegt sind, sind sehr verschiede’’ in den verschiedenen Classen und Ordnungen. Siehe BbewstE” Phil. Transact. 1836. Cbemiseh hesteht die Linse aus einer e’' -weissartigen, zugleich etwas eisenhaltigen Substanz. Ihre innere’; Schichten sind immer fester als die äusseren, jene sind he' den Fischen von ausserordentlicher fast hornartiger Festigkeit- Bei den im Wasser lebenden Thieren ist die Linse immer coi>' vexer, als bei den in der Luft lebenden, bei den Fisehen sie kugelrund, hei den Sepien sogar länglich in der Rio^' tung der Achse. Dagegen ist die Hornhaut der im Wa.sser lebe’’' den Thiere viel flacher, als hei den in der Luft lebenden. D’f' sen Thieren würde eine convexe Hornhaut von keinem Aulz’'” seyn, indem die wässrige Feuchtigkeit durch Brechkraft sich vvC' nig von dem äussern W asser, worin die Thiere lehen, untcrschO' det, w'ährcnd die Brechung durch die Cornea und wässrige Feuch- tigkeit bei den in der Lid't lebenden Thieren sehr gross ist. D”' - gegen muss die Brechung bei den im Wasser lebenden Thiere"’ durch die stärkere Convexität der Linse ersetzt werden. Linse der Fische ragt mit der vordem Hälfte diuch die Pupih”’ in die vordere Augenkammer. Sehneroe und Nervenhaut. Die merkwürdigsten Structurvc’' häUnissc zeigen sich bei den Thieren im Bau dieser Organtheil’'- Der Sehnervc besteht immer aus Primitivläscrn, von ähnliche»’ Beschaffenheit als die des Gehirns, sie sind sehr fein, viel feint’’’ 315 2. Vom Auge als opl. Werkzeug. Bau der Augen. die der anderen IS'ei'ven ; entweder zeigt nun der ganze Selmerve ®ine bloss faserige Structur, wie bei dem Mensehcn, oder die Fa- sern oi’dncn sieb an gewissen Stellen, nämlicli am Cliiasma zu blättern, so dass sich die Blatter des einen Sehnerven, zwischen den RJättern des andern diircbschieben, wie bei den Vögeln und Aoiphibien; oder endlich ist zuweilen der ganze Sebnerve in sei- Jietn Verlaufe vom Gebirn bis zum Auge membranös, wie Malpighi Schwertfisch entdeckte, and bei den Fischen allgemein zu *evn scheint. Schneidet man die Scheide des Sehnerven auf, so ««'scheint der Sebnerve als eine, wie eine Gardine zusammenge- ^ältete Haut mit freien Rändern, und es scheint, dass die iServM- W im Auge nur durch die Entfaltung ilicser Membran entsteht. J. Muelleb Physiologie des Geslcld.’isinnes. tau. 3 fig. 1». J^aniit stirnmt-dann vollkommen überein, dass dicNervenhaut imAuge der Fische auch noch zwei freie Ränder hat, indem sic vom v or- dern Rande an bis in den Grund des Auges gespalten ist und klailt. Dann zieht die Verbindung der Sehnerven nach ihrem IJr- ^Prunge die Aufmerksamkeit auf sieb. Die Formen, welche sich “* dieser Hinsicht unterscheiden lassen sind folgende: 1) Die Bil- dung der Rnochenfisehc. Hier sind beide Sehnerven nach ihrem ^'■Sprunge durch eine schmale, quere Commissur verbunden; dann 8«lien sie, ohne ein Cliiasma zu bilden, kreuzweise und ohne V er- '«'schung der Fasern über einander weg, der rechte zum linken Auge, der linke zum rechten Auge. 2) Die Bildung der Knorpel- dsche. Die Rreuzung der Sehnerven, in der Art wie bei ilen *^Uochcnfischen fehlt, und die Neiwen sind durch eine Com.nissur '"nig verbunden, ohne dass die innere Structur derselben bekannt diese Bildung nähert sieh sehr dem Cliiasma der höheren ^'•‘iere an. 3) Cliiasma der Amphibien und Vogel. Es gleicht i'Usserllch dem Cliiasma der Snugetbiere, aber der innere Bau blätteri'’, und es schieben sich die Blätter des, einen Schner- ''«u, zwischen den Blättern des andern kreuzweise durch, wie die kreuzenden Finger beider Hände. Ob alle Fasern hier kreu- oder ein Thell derselben auf derselben Seite tortlautt, ist •'‘ur noch unbekannt. 3) Cliiasma der Säugethiere und des Men- Die blätterige Bildung febll. Die Fasern beider Sehner- '■«n erleiden im Cliiasma eine thell weise Kreuzung, thedweise lau- 7" sie auf derscllien Seite fort. Man erkennt diese Bildung Jici ''«U Säugethieren noch deutlicher, als bei' dem Menschen. Dex JUssere, obere Theil der Fasern einer Schnervenwurzel huill beim ^'ferde zum Auge derselben Seite fort, die übrigen Fasern kreu- und begeben sieb zum Sehnerven des entgegengesetzten Au- Ij®®' Siche Physiologie des Gesichtssinnes iah. 1. fig. 4. 5. , Der feinere Bau der INervenhaut ist in der neuesten /eit «dreh eine Entdeckung von TuEVinAKrs, und durch die uberem- ^t'öimenden Beobachtungen von Gottsche erkannt worden- Beiträge zur Aufklärung des organischen Lebens. ^ttsche in Pfaff’s Mittheilungen aus dem Gebiete der ^ ^ Heft 3. 4. Das Wesentliche der Structur der «erven- ist folgendes. Sie besteht aus drei Hauptscbic en, ei- äiissern breiai-tigen oder pflasterai tigen Köriicrsc iic i , ei- 316 y. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn. ner mlttlern Nervenfascrscbiclit, und einer innersten Cylinder- sdiiclit, welclie die Fortsetzung der Faserschiclit ist. Der Seb- nerve zertlieilt sich in Nervencylindcr, welclie in die mittlere oder Fascrscbicht ausstrablen. Jeder Nervcncylinder oder jede« aus mehreren Cylindcrn bestehende Bündel biegt nach TbeviraJ*^® Entdeckung an einer gewissen Stelle des Verlaufes, von der hori- zontalen .Riclitung all, und wendet sich nach der entgegengesetz- ten inwendigen Seite der Vetzhaut, wo er als Papille endigt. Querdurchmesser der Cylinder war beim Igel 0,001 Mill., beiK.*' ninchen die Papillen 0,0033, bei Vögeln 0,002 — 0,004. Beiu' Frosch hatten die Cylinder 0,0044, die Papillen 0,0066. Friscb untersucht zeigt die Retina in allen Classen der \Vi]rbeltliiere ini* ihrer innern Fläche dichtgedrängte Cylinderchen, deren Ende)' liegen das Innere des Auges sehen. Leicht lösen sich diese Cy- lindcrchen oder stahlörmigen Körperchen ab, imd schwimme*’ dann liei mikroskopischer Entersuchung frei auf dem Sehfeld® herum. Bel den Fischeu sind die stahlörmigen Köi-per mit klei- nen Anschwellungen oder Papillen versehen, welche Göttsciie gß' nauer beschriehen hat. ■ Die stnbfönnigen Enden der Vervency- lindcr, auf der innern Fläche der Retina kann man nur ganz frischem Zustande untersuchen. Diese Theilchen werde” sehr schnell nach dem Tode verändert, und mehrere Stunde” nach dem Tode eines Thiers kann man, besonders in der Som- merszeit, nicht viel mehr vom Bau der Retina wledererkennen, u”” num sieht dann, statt der stahlörmigen Körper, nur eine Körnei’' Schicht, welche bei den früheren Üntersuchungen des Baues de*" Retina olt wahrgenommen werde. So gewiss sich die Schichten de* Retina wiedererkennen lassen, und so deutlich die stahförmig***’ Körper in der iimem Schichte sind, welche von Volumann uo” E. 11. AVebeb, Gottscbe, Ehrehbebg und mir wiedergesehen wur' den, so ist der eigentliche Zusammenhang der stabförmigen Köf' per und der Fasern der Faserschicht, und das Wie dieses Zusam- menhanges nicht klar. Namentlich fragt es sieh, ob die Zahl de* stahlörmigen Körper durchaus mir der Zahl der Nervenfaser” entspricht, und ob wirklich jede Faser einem stahföimigen Kör- per entspricht, oder ob die stahlörmigen Khiyier reihenweise atd die Fasern der Faserscliicht aufgesetzt sind. II. Ei'klärung des Sdiens aus dem Baue der Augen. Die Erklärung des Sehens ist vei'schieden, je nachdem a) dai> Auge musivisch aus radienailigeu, durchsichtigen Köi-pern oder K”' geln zusammengesetzt ist, deren Wände mit Pigment bekleidet sind) und welche bloss das in der Äclise einfallende Licht zu den ””* Ende der Kegel angefügten Fasern des Sehnerv'en zulassen, Iiei den Insecten und Crustaceen mit zusammengesetzten Auge”) odei' b) oll das Auge collcctive, dioptilsche Medien besitzt. Hör”' haut (mit oder ohne wässrige Feuchtigkeit), Linse und Glaskörpe*’’ wie die einfachen Augen der Insecten, der Spinnen der Molluske” und der Wirbelthiere 2. Vom Auge als opt. PVerkzeug. Erklärung des Sehens. 317 h- Vom SeKen der Augen der lusecten und Crustaceen, mit musivisch zusammengesetzten und durch Pigment isolirten, dioplrischen Medien. SC, (J. Mtjeller Physiologie des Gesichtssinnes. 315. Ann. XVII. 232.) .. »Der Process des Sehens bei den Insecten und Crustaceen mit tUsaramencesetzten Augen ist um so interessanter, als er sich ganz '^'Vt dem Vorgänge des Sehens durch ein Auge, wie das mensch- 'jclie unterscheidet, und uns einen tiefen Blick in die Natur des ‘''filiens überhaupt gewährt. Ich verweise tu Hmsiclit des Baues ^lieser Augen, auf das im vorigen Artikel Angegebene. Das Sehen der Insecten war, so lange man die durclisichtigen Zeitlich von Pigment bekleideten Kegel, zwischen Hornhaut und Sehnerventasern vernachlässigte, oder die Sclmcrvenlasern bis den Facetten der Hornhaut gehen Hess, völlig räthselhaft. - uen raceiieii ucr 5, 7 .j y''ürden die Sehnervenfasern bis zur Hornhaut gelten, so wurde jedes vor dem Auge liegende Punct a, h, c, d Licht aut alle Sehner- ''enfasern zugleich werten, d. h. a, b, c, d würden nicht unter- *®l‘ledea werden, sondern nur ein gewisser Eindruck aus allen Verschiedenheiten zur Empfindung kommen. Die Kegel lassen '"«gegen nur das Licht zu ihren entsprechenden Schuerventasern, in iürer Achse oder radial in Beziehung zum Auge auf die Wände der Kegel fallende Licht hingegen wi d von ;'««ikeln Wänden ahsorbirt. Auf diese Weise rcprasent.it ledei 'Wel einen aliquoten Theil des Bildes, und das Bild wird mosaik- artig aus so vielen Theilchen zusammengesetzt a s Kegel vorhan- sind, daher auch die Deutlichkeit des Bildes mit der Zahl Kegel zunehmen muss. _ 1 , 1 „ Deutlichkeit und Undeutlichkeit des Bildes. Die Deutlichkeit des '^'^des, welches sich im Auge der Insecten und Krebse cntwirlt, bangt ganz andern Ursachen ab, als liei dem Auge der Ihicre mit "«ilectiven oder linsenartigen durchsichtigen Apparaten. Dort is bedingt davon, dass die Nervenhaut sich in der richtigen Ver- f‘"igiingsweite von der Linse liellnde. Hier hingegen hangt sic ^^«ss von der Grösse des Auges und der Zahl der Kegel odei ^.«cetten ab, welche in die Theilung des Bildes emgehen. Pur Auge, worin 12000 solcher Lichtsondifrungsnpparate sich bc- ''"den, müssen auch 12000 Theilchen des Sehfeldes ohne \ermi- *«bung unterschieden werden können. Wo aber nur wenige sol- Organe sind, wird auch jeder Kegel und jede Facette einen grösseren Theil des Sehfeldes zum gemischten Eindruck hr.ii- 8""- Denn alle Theilchen eines Bildes, welche ihr Licht zu dem- «elben Kegel und dessen Nervenfaser senden, werden jedesmal von eiuanclcr iinteiscliieclen v/ercleu könuen, sondci»^ nru ^ ^ineiu gemeinsam gemischten Eindruck repräsentlrt weu en. ^rner muss auch die Länge der Kegel aut die l^^^^^lichkci t » . bei den Insecten und Krebsen Einfluss t ^ i * I® länger die Kegel sind, um vSO mehr wird alles scithe le i * ®*^^Seschlossen und erreicht das Ende der Kegel, wo dje «.einer- .318 K Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. venfaser, nicht, und tiia so mehr gelangt nur das in der Achse il)t des Kegels einfallende Liclit zur Nervenfaser. Sehen in der Nähe und Ferne. Aus dieser Betrachtung ei’gie* sich ein grosser Unterschied der zusammengesetzten Augen uni, welche sehr rasch, sicher, schweifend, und oft plötzlich seitlich sohwenkend sind. Die flachen Augen einiger Wasserwanzen, wel- <=^>c sich kaum über das Niveau des Koples erheben, und nur sehr kleine Abschnitte von einer Kugel darstellen, müssen eim en- Ses Sehfeld haben. Bei den Naucoris, Notonecta hegen diese flachen Auaen vorn am Kopfe untl w ir dürfen uns niclit wun ern, 'Jass die Bewegungen dieser Thiere im Wasser mit ihrem engen Sehfelde in Harmonie sind. Die Bewegungen dieser Thiere im Nasser sind beständig vor sich hin stossend und nicht schweifend. Es ist leicht einzusehen, dass die ahsolatc Grösse des Auges ®icht den ceringsten Einfluss auf die Grösse des Gesichtsfeldes •'at. Ein Auge kann sehr klein seyn und kann doch ein sehr grosses Gesichtsfeld haben, wenn das kleine Auge viel von einer ^^ugcl darstellt. Dagegen kann ein Auge gross seyn und doch sehr wenig Gesichtsfeld haben, wenn es flach ist und ein geringer Abschnitt einer Kugel ist. . Sehwinkel, ka» dem Vorhergehenden ergiebt sich zugleich, '^ovon die relative Grösse der Bilder zum ganzen Sehfelde eines ^nsectes abhängt. Die Grenzen des Bildes jedes Köipers werden ««mlich bestimmt durch die Lichtstrahlen, welche von den 1 iinc- des Objectes durch die Achsen der Kegel des Auges einta en. Öenktman ideal sicli diese Strahlen nach innen sich treffen, so bildet der von ihnen eingescblosseiie , ä^ehwinkel Angulus opticus. Oder denkt man sich den Kreisab- schnitt, welchen das Auge darstellt, zum Kreis verlängert, um Wird dieser Kreis nach Graden, Minuten, Seciinden eingetheilt s« drückt die Oberfläche des Auges die Distanz der Puncte auf ‘derselben in Winkelgraden aus. Da nun die relative Grosse der ^esichtobjecte, im Verhältniss zum Objecte, immer von derLap 'icr Kegel abbängt, welche das Licht der einzelnen Puncte durch- lassen, so lässt sich für jedes Object die Grösse des Sehwinkels »ach der Distanz der Kegel, w'elche die Strahlen, die von seinen l^renzcn kommen, durchlassen, in Graden, Minuten und Secunden angeben. Gegenstände verschiedener Entfernung, welche ihre Lichtstrahlen doch durch dieselben Kegel zum Auge werfen, haben »atürlich gleich grosse Bilder, ihr Gesichtswinkel ist gleich^ So ^»•scheint in der Figur pag. 318. ein von der Lime C bis L sich ausdehnender Körper immer unter dem Sehwnikel x, und smne scheinbare Grösse verhält sich zum Sehfeld wie ■'« zu 180 . Der kleinste Sehwinkel unter welchem ein Insect noch etwas wir »nteischeiden können, wird der seyn, der bloss durch die Achsen zweier ncbeneinanderliegendcr Kegel cingeschlossen wnrd. U» »iin viele tausende von Kegeln in einem Auge Vorkommen, so ‘asst sich liiernach auch die Scliärfe des Sehens bei diesen i hie- ben ixf, Allgemeinen abnehmen. • i „ Wenn man der bisherigen Auseinandersetzung gefolgt is , wird man einsehen, dass das Auge der Insecten und Kreise ei »er Veränderung seines Baues bedarf, mag es zum Sehen m < er ^»tl oder im Wasser bestimmt seyn; denn Alles bleibt sic 8 »r das Sehen unter diesen verschiedenen Bedingungen. bc m- ueu sich zufolge meiner Beobachtungen durchaus keine Gpteischiedc 320 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. V om Gesichtssinn. im Bau der Augen bei Luft- und Wasseriusecten. Bei den nn Wasser lebenden Thieren mit collectiven Linsen der Augen muss die Brecbkraft der Linse stärker seyn, als für das Leben in der Luft, weil der Unterschied der Dichtigkeit zwischen dem umgeben- den Wasser und der Linse geringer ist, als zwischen Luft und Linse. Die Brechkraft der Augenmedien kömmt aber bei den Insecten fast gar nicht in Betracht, und jeder Conus repräsentirt sein ihni entgegengesetztes Object, mag es imW^asser oder in der Luft ge- schehen. Das vollkommenste Auge eines Insectes wird zuletzt dasjenige seyn, welches dureh absolute Grösse des Auges, grosse Anzahl der Kegel und Facetten, und Länge der Kegel deutlich sieht, und durch Grösse des Kugelabschnittes oder Convexität des Auges ein grosses Sehfeld hat. B. Vom Sehen der Augen mit collectiven dioptrischen Medien. {Schriften von Treviranus, Tourttjal, Hueck, Volrmahn.) Bei dem zusammengesetzten Auge der Insecten und Crustaceen wird das Sehen von Objecten möglich, dadurch dass von dem aul das ganze Auge auffallenden Lichtkegel jedes einzelnen Punctes, bloss der durch einen gewissen Radius des Auges einlällende Lichtstrahl in die Tiefe des Auges gelangt, das übrige Licht aber ausgeschlos- sen wird. Bei dem Sehen durch collective Medien wird der von einem Puncte ausgehende Lichtkegel durch Brechung wieder iu ei- nen Punct, der sich auf der empfindenden Nervenhaut befindet, vereinigt. Die Brechung durch collective Medien ist aher am Auge des Menschen und der höhern Thiere eine dreilache. Zu- erst werden die Strahlen der von den Puncten A und B und jedem andern Puncte ausgehenden Lichtkegel, durch die Hornhaut CC und die wässrige Feuchtigkeit zwischen, dieser und der Linse gebro- chen, d. h. dem mitllern oder Achsenstrahl zugelenkt; denn diese Me- • dien brechen vermöge ihres Unterschiedes der Dichtigkeit von der Luft und vermöge ihrer Convexität. Zum zweiten Mal geschieht die Brechung durch die vordere convexe Fläche der Linse Eb, und die Strahlen der Lichtkegel werden den mittlern oder Achsenftrahlen noch mehr zugelehkt, wegen des Unterschiedes der Dichtigkeit der Linse und der wässrigen Feuchtigkeit und 2. Vom Auge als opi. Werkzeug. Erkläruug des Sehens. 321 der Convexität der vordem Linsenfläche. Zum dritten Mal wer- den die Strahlen des Kegels gebrochen hei dem Uebergang aus dem diehtern Medium der Linse in das dünnere des Glaskör- pers. Im vorhergehenden Capitel p. 284. wurde bewiesen, dass eine Linse die Strahlen des Kegels, sowohl heim Uebergang »ns dem dünnen Medium in die convexe vordere Fläche des dich- tem Mediums, als beim Austritt der Strahlen aus der convexen •»intern Fläche der Linse in das dünnere Medium den Achsenstrahien *nlenkt. Daher werden die Strahlen der Lichtkegel von A und ß bei h und fl wieder zu Puncten vereinigt, und befindet sich »n dieser Stelle die Nervenhaut F des Auges, so werden A und ^ bei h und fl als vollkommen entsprechende Punctc empfunden, befände sich aber die ' Nerveiihaut nicht in a und 6; sondern vor »der hinter dieser Stelle, z. B. in H oder G, so wurden statt lich- ter Puncte, vielmehr lichte Zerstrcuungskreise, für H die Zerstreu- »ngskreise r uivl /, für G die Zerstreuungskreise c und o gesehen t^erden, denn ln II sind die Lichtkegel noch nicht zu einem I*uncte vereinigt und in G sind sie es ebenso wenig, da sie nach *brer Vereinigung in b und fl wieder divergiren. Die Nervenliaut ^ muss sich also genau in der gehörigen Vereinigungsweite von der Linse befinden, xvenn ein scharfes Bild entstehen soll, d. u. »venn die von einem Puncte ausgehenden Strahlen, auch wieder ‘h einem Puncte vereinigt werden soUen. ® tvurde bewiesen, dass die Vereinlgungswcite des Bildes ferner von »ler Linse fällt, wenn der Gegenstand naiicr ist, naher der Linse ^drückt, wenn er ferner ist. Die Direction, welehe die Strahlen »'ermöge der Brechung nehmen, hängt übrigens von dem mittlern Strahle der Lichtkegel ab, welehem die seitlichen Strahlen zuge- •enkt werden. Das Bild eines Punctes entwirft sich also immer der Richtung der mittlern Strahlen oder Achsenstrahlen ßa »hd Ab. Allerdings erleidet auch der Achsenstrahl eines Licbt- *tegels, wenn er nicht durch die Achse der Linse selbst durch- 8»bt, sondern schief auf die Cornea und Linse aulfällt, Ablenkmi- Sen von seinem Wege. Sieht man von diesen ab, so wird die Stelle, wo sich ein Bild von einem Puncte auf der Netzhaut entwirft, durch die Verlängerung des Acbscnstrahls, oder durch '^en durch die Mitte der Pupille des Auges durchgeh miden Strahl bestimmt. Daher kann man der vorhergehenden Figur •J»« beistellende substituiren. A Ab ist der Aebsenstrahl des von A ausgehenden, Ba der ^ »Achsenstrahl des von B aus- gehenden Lichtkegels, das Bild fbvon A erscheint in b, das Bild von B in fl, umgekehrt; was im Objecte oben war, er- scheint unten, was im Ob- iecte unten war, erscheint oben, und so gp ^beint links, das ^linksseitige im Bilde rechts, ‘ • ^»■örterten kann man sich durch einen Versuch an dem_ ug ei- Thiers überzeugen. Wird dasselbe von oben vorsic ig ,^6- 322 F. Buch. Von den Sinnen. 1. ytbsckn. Vom Gesichtssinn. öffnet, so dass man durch den Glaskörper auf die Nerveidiaut sc- heu kann, so sieht man das Bild eines hellen Gegenstandes, z- B- des erleuchteten Fensters eines Zimmers, aut dem Grunde des Auges. JS'och leichter geschieht diess, wenn ma*n das Icukäthio- pische Auge eines Kaninchens, dessen Augenhäutc wegen Mangel des schwarzen Pigmentes durehscheinend sind, rein prajiarirt, mÜ der vordem Seite gegen ein lichtes Fenster liidt, und die liintere durchscheinende Wand des Auges beobachtet. Bei diesem von Magekdie angeführten Versuche sieht man ein sehr reines Bild- chen des Fensters auf dem Grunde des Auges und zwar Alles um- gekehrt. Den von den kreuzenden Achsenstrahlen zweier Objectspuncte eingeschlossencn Winkel x nennt man den Schwinkel, Angulus opticus s. visorius. Dieser Winkel wächst mit der Entfernung dei' Puncte A und B von einander und da x gleich f, so wächst auch mit dem Sehwinkel x, die Entfei'iiung der Puncte des Bildes a und b auf der Netzhaut. Gegenstände verschiedener Entfernungen, wel- che gleiche Sehwinkcl x haben, z. B. die Gegenstände c, d, e müssen auch gleich grosse Bilder auf der Nervenhaut einnehmen, und wenn sie zu demselben Sehwinkcl gehören, muss ihr Bild die- selbe Stelle der Netzhaut einnchmen. Vorher wurden als Achsenstrahlcn tliejenigen angenommen, W'elche durch die Mille des Sehlochs durchgehen, und also in di® Nähe des Mittclpunctcs der Krystallinse lallen. Diese Annahme ent- spricht indess nicht genau der Wirklichkeit, d. h. eine vom Ob- ject durch die Mitte der Pupille durchgehende Linie trifft nicht genau das Netzhauthild. Denn auch die mitticrn Strahlen ei- nes Lichtkegels erleiden, wenn sje schief auf die Cornea und Linse auffallen, Ablenkungen durch die Brechung. Daraus folgt, dass der wirkliche Richtstrahl für den, von einem Puncte ausge- henden Lichtkegel erst durch Erfahrung und Berechnung gefun- den werde, und dass das vom Sehwmkel bemerkte hiernach eine Modification erleidet. Es liegen also die Puncte des Bildes a und h nicht in der Fortsetzung von Bo und Ao. Nun entsteht noch die Frage, wie weit eine vom Object zum Netzhauthild gezogene gerade Linie von dem, durch die Mitte der Pupille, durchgehen- den Achsenstrahl ahw^cicht. Auf eine ausführlichere Erörterung dieses Gegenstandes kann man hier nicht naher eingehen, und nur das Resultat derdarühei’ angestellten Versuche anlühren. Voekmasn hat darüber dankens- werthe Beobachtungen geliefert, aus denen hervorgeht, dass cs einen Punct im Auge gibt, in welchem Linien sich kreuzen, die von verschiedenen Objecten zu ihren Netzhauthildchen gezogen werden, welche Linien er Richtungsstrahlen nennt, und dass der Pund, in welchem sich die Richtungsslrahlen .für die Lichtstrahlen ver- schiedener Lichtkegel kreuzen, weder in der Mitte der Pupille, noch in der Mitte der Linse, sondern hinter der l.inse liegt. Da die Ebene des Auges, auf welcher sich die Bilder förmiren, coneav ist und sich von der Mitte gegen die Ränder allmählig der Linse nähert, so ergiebt sich, dass die Bilder seitlicher Gegenstände nicht so deutlich seyn können, als die Bilder mittlerer Gegen- ‘i. Vom Auge ah opt, TVerhzeug. ErklUrimg des Sehens. 323 stViiule, in deren Vereinigungswelle sich die Mitte der Nervenhaul l'efindet. Die Undculliolikcit der seitlichen Bilder hat aber auch ”och andere Gründe. Denn die Strahlen eines Lichtkegels von redlichen Gegenständen vereinigen sich, wegen Ungleichheit der hreehung, nicht genau in demsclhen Puncte. Der Hauptgrund zunehmenden Undeutlichkeit der Bilder von der Mitte der ^’etzhaut nach aussen, scheint aber in der Nervenhaut selbst zu ^'pgen. Da die Lichtstrahlen, welche auf den Bandtheil der Linse eine andere Brechung erleiden, als die mittlcrn oder Cen- ^'■alstrahlcn, durch die Aberration wegen der Kugelgestalt (Siehe "^*en p. 289.), so war für den Zweck des deutlichen Sehens am ^«ge eine ähnliche Vorrichtung nöthig, wie an den optischen In- strumenten, nämlich eine Bedeckung des Bandtheils der Linse '*urch ein Diaphwigma, die Iris, welche nur die (ientralstrahlen '^Urch ihre oifene Mitte, die Pupille zulässt. Das Diaphragma des -‘'■uges hat .aber den Vortheil, dass es beweglich ist, sich erweitern Und verengern kann. Indem sich die Pupille in der Dunkelheit änd hei geringer Beleuchtung erweitert, kann wenigstens in Menge 'les Lichtes gewonnen werden, was an Schärfe des Bddes verlo- geht. Auch kann das Bild der Bandstrahlen hei sehr w'eiter Pupille unter Umständen scharf scyn, W'enn das Bild der.Central- *trahlen, weil es nicht in der Vereinigungsweite avd’gcfangen wird, ludeutlich ist, oder gar nicht gesehen wird. Bei enger Piipdle, ricliti Oeffnmigen, gemacht, die einander näher sind als der DiirchmessCJ' der Pupille gross ist, und wird durch diese vor ein Auge gehaltenen 2. Vom /luge als opt. Werkzeug. Innere Veränderungen. 329 ^effnunaen ehi kleiner Gegenstand a angesehen, so erscheint die- ser nur'^in einer bestimmten Entfernung einfach, m leder andet-n aber doppelt. So erscheint er, wenn /i und B die Oellnungen des Kartenblattes, einfach als o, wenn in E die Netzhaut ist. Ist '‘her die Entfernung von ä grosser und 1) die Netzhaut, so dass d«s Bild nicht mehr auf die ‘'Netzhaut, sondern vor dieselbe iii o bdlt, so kreuzen sich die Strahlen hinter o, und auf die Netzhaut b'lltdasDoppelhild ö'a", wovon das untere ß" verschwindet, wenn die entcrcgengcsetztc oder obere Kartenöffnung verschlossen wird und um-ekehrl. Desgleichen wenn die Entfernung von a zu klein 'St Denn dann fallt das Bild hinter die Netzhaut F in o und, es «»■scheinen auf der Netzhaut E die Doppelbilder ß ß , wovon das un- tere Bild a" vei-schwindct, wenn die Kartenöffnung derselben beite ■ ^'D/e^^^nsequenzen dieses Versuchs haben ferner Portern »''tLD Young {Philos. frans. ISO!.), Pubiunje, Plateau, \olk- M asm’ erläutert, und der letztere denselben mannigfach varnrt. t^er Versuch voa"^ Scheiker beweist oflenbar die Zonula sahen Kepler, Screiner, Porterfield, Camper um viele Andere als Ursache an. 6. Endlich suchten Viele die Ursache der Innern Veränderung in der Wirkung der Augenmuskeln auf die Gestalt des Auges, ab Rohault, Bayle, Olbers, Home, Schhoeder van der Kolk, sei n* dass man die Gestaltsveränderung des Auges von den geraden; oder von den schiefen Augenmuskeln abhängig machte. Was zunächst die Iris und Pupille betrifft, so steht die BC' weguiig der Iris in einem unleugbaren Zusammenhänge mit dem Accomodatlonsvermögen des Auges. Denn heim Sehen in di® Feme ist die Iris weit, beim Sehen in die Nähe eng, und roa'* kann trotz eines starken Llchteiudrnckes, z. B. bei einer vor da* Auge gehaltenen Lampe, doch die W'elte der Pupille sehr verän- dern, wenn man in die Ferne oder Nähe sieht, indem man dm Achsen der Augen bald convergirend auf einen nähern Gegenstand; bald mehr parallel auf einen sehr fernen Gegenstand richtet. lu' dess sind diese Verändeningen der Iris nur von der Bewe- gung der Augen durch die Augenmuskeln und durch den Ein- fluss des Nervus oculomotorius auf das Ganglion ciliare und dm Irisnerven abhängig. Es sind Mitbewegungen, denn die Zusamnien- ziehung der Iris tritt jedes Mal ein, wenn man auch nur da* eine Auge (bei geschlossenem andern), nach innen oder nach in- nen uiid oben dreht, und' ist insofern als Mitbewegung durch- aus an die wlllkührliche Bewegung jnchrercr vom Nervus ocu- lomotorius abhängiger Augenmuskeln geknüpft. Man kann daher keinen unmittelbaren Zusammenhang zwisclicn der Bewegung der Iris und dem Accomodationsvermögen in jenen ErscheinungcU anerkennen. Es fragt sich aber, in wieweit das deutliche Sehen iu verschiedenen Fernen aus den Bewegungen der Pupille erklärt werden könne. a) Die Ezklärung des deutlichen Sehens in verschiedeneu Fernen aus den Bewegungen der Iris und aus der Beugung de* Lichtes am Rande der Iris durch Mile ist folgende. Magendi® J, d, physiol. VI. P’ 166‘. Ist a ein Punct eines Objectes, W®*- cher seine Central- strahlen nicht mehr auf der Neiwenbaut selbst, sondern vor derselben zur Vereinigung bräclite, und also durch seine Cen- tralstrahlen nicht deutlich gesehen werden könnte, so würde» dagegen die am Rande der Iris vorheigehenden Strahlen aA «» 2. Vom Auge als opt. JVerkzeug. Innere Veränderungen. 331 «ß ihre Veremiaung auf der Netzhaut finden. Denn am Rande der Iris findet Beugung der Liclitstrahlen statt und diese werden, *hrtt in der Richtung Ao und Bo, vielmehr in der Richtung und By fortgchcn und sich in y auf der Retina Rand der Iris verlängere daher die Stelle, in welcher t c prahlen zur Vereinigung in einem Puncte kommen, idier me Vereiniaunasweite der Censtralstrahlen hinaus, und da dieBeugu g Segen den Rand der Iris zunimmt, so vereinigen sich die Strah- 'en immer weiter hinter der Linse, je näher dem Rande der Ins *'e durchH«cn bc ch- die Randstrahlen nur durch den äussern aus dunnern Sclnch- bestehenden Theil der Linse durchgehen. Die auf den Cen- ^•^Uheil der Linse fallenden Strahlen sollen namheh fruhei as geeen den Rand der Linse fallenden Strahlen zur V^eimgung Da die PapUlc beim Sehen in die Fe,™ er- ^eitere, beim Sehen in die Nähe verengere, so wurden beim he- in die Nähe die Randstrahlen ah gehalten, und bloss die Cen- ^t'-äUtrahlen zur Vereinigung gebraeht, das Sehen m die berne ^nde da^ecen mit den Raudstrahleii statt, deren Vereinigungsueite '.*'*1 mit°dcr Entfernung der Netzhaut von der Linse ubereinstimmt,. insofern die Vereinigungsweite für ferne Obj^te naher ist, als nahe Obieete. Dagegen bilden bei weiter Pupille und fernem ^^genstande, die sich letzt vor der Netzhaut vereinigenden Cen- fi’älstrahlen Zerstreuungskreise, die nach Pouillet unbeachtet ^leihen, ivesen der Intensität des Bildes der zur Vereinigung kom- ^pnden Randstrahlen. Die früher angeführten b acta über das Y'nren ziveier hintereinander aufgesteckter Nadeln, oder andere H deckender Körper verschiedener Entfernung, widersprechen ‘fieser Theorie durchaus. Visirt man mit nur einem offenem Auge “‘e sich deckenden Enden in verschiedener Entfernung autgestel - Nadeln, so erscheint die erste deutlich, wenn die zweite nc- 7**6 gesehen wird, und die zweite deutlich, wenn T euil'n,h erscheint. Bei kleiner Pupille für den nahen Gegen ‘ ij^ct also der fernere Gegenstand, mit den duren die eng fallenden Centralstrahlen, doch einen Zerstreuungskreis, - sich diese CentraUtrahlcn des fernen Gegenstandes ^elzliaut vereinigen. Daraus folgt f^efren die T icorie \ n gegen 332 V. Buch. Von den Sinnen. . I. Abschn. Vom Gesichtssinn. PouiLLET, dass weiiu der fernere Gegenstand fixirt und mit eine» Aveitern Pupille gesehen Avird, die Centralstrahlen bei aller ReiH' beit des von den Randstr.dilcn erzeugten Bildes nicht vei’lorcn gehen können, und M'enn sie nicht verloren geben, so muss d)*^ Ursache des dcutliclien Sehens in verschiedenen P’erneu nicht di« von PoniLLET angegebene seyn. c) 'Diese Bemerkung gilt auch gegen Tbevirahus Ansicht ln dessen Theorie, ausser der verschiedenen Dichtigkeit der Linsfi auch die Veränderung der Pu])ille ein Element ist. Zufolge sCB" ner Berechnungen sollte eine Linse dann im Stande seyu, LichP strahlen von Objecten der verschiedensten Entfernung punctförnhfl zu vereinigen, Avenn die Pupille nach einem näher von ihm aO' gegebenen Gesetz, das Verhältniss der Randstrahlen zu den CeH' tralstrahlcn modilicirt. Gegen alle flypolhcsen, Avelche das Accomodationsvermögeh direct von der Bewegung der Iris ableiten, lässt sich endlich in' Vor.KMANN anlühren, dass wenn die Veränderung der Pupille da“ einzige llülfsmittel der Aecomodation wäre, jede Veränderung der Pupille diu'ch das Licht auch eine Veränderung im Accornä'" dationszustande liervorbriilgen müsste, was nicht der Fall h*’" Auch das deutlicli sehen eines Gegenstandes diuch eine künstlich*’ Pupille vön. Kartenpapier und das lortbestehende' Vermögen, vo" zwei binteveiiiander stehenden visirten Nadeln tlie erste ode»’ zAveite nach AVillkühr deutlich zu sehen, beweist klar geiiugi dass die letzte Ursache der Aecomodation nicht in Veränderung der Grösse der Pupille liegt, und dass, wenn sich die Pupille nach der Eiitl'ernung verändert, diess mittelbar A'on etwas Anderem uh' häniiig seyu muss. Sehe ich durch eine puiietlöi-migc Oefrnui'& eines Blattes, das dicht vor die Cornea gelialten wird, auf di*’ Lettern eines 15 Zoll entfernten Buchs, so hängt es bei diese* stabilen Pupille von meinem Willen ab^ unter Anstrengung dc^ Auges deutlich oder undeutlich zu scheu. , Was die Hypothese von der Veränderung der Gonvexifät def Hornhaut bctl’ifft, s« scheint sie bereits ans den von Olbebs geliefci’' teil Tliatsachen widerlegt; denn Aenderungen im Radius der Hoi'»' haut von 0,273 Zoll bis 0,333 Zoll sind an der Hornlnmt durch Zusau’' mcndrückung dt^ Auges, vermöge der Augenmpskcln nicht möglich' Home und Ramsden avoUcii ZAvar solche Ahiränderungen am lebende" Auge heim Sehen in verschiedenen Fernen gesehen haben, abC Young konnte es nicht bestätigen und überhaupt ist bei der B*’' wcgiicbkeit des Auges kein genauer Vei’sucb in dieser Hinsic" möglich. Am ZAveckmässigsten seheinl noch die von der Obei' fläciie der Hoi'idiaut reflcctirlen Bilder, z. B. das Bildeben v""» liebten Fenster zu beobachten und zu sehen, ob es seine Grosse und Stellung hei der Veränderung der Sehweite für Puncte, d' iu derselben DirceÜon liegen, äiulei-t. Die Ei'klärnng der Aecomodation des Auges durch Zusai"' mendrückmig des Auggs, vermöge der Augenmuskeln hat au" ' ihre ScliAvierigkeiten. Allerdings lassen sich die Thalsachen e ’ie Olbers angenommen, ist scliwer denkhai, \ i Recht hemerkl Durch do« Druck d.eser '‘^drper nach hinten und vorn gedrängt wer en. _ Wider- gCÄinuskeln ziehen das Auge nur nach hinten, i Stand von Seiten des Fett,>olsters statt so a'igeplattet, als verlängert werden; hieidurci w . ^ Vereini- SeSen in der Ferne helordert werden, bei welchem die >eiun. gangsweite kürzer ist. Al>er man iuh ^ “eieh Lei- ser Nähe eine innere Anstrengung u dci Ui >^t die Zusammendrückung und Verlängerung voiv J/zf “/S2. “*M omli secundumJiversamdtitantiamobjecii. ^0/ - w.-klirun" ^ehartsinnig auseinandergesetzt ist. A^^er auch and jeder andern, welche die Aeconaodat.on am dei Wukung Heinmiskeln erklärt, stehen Grande ‘entgegen Das ^ehnell durch locale Einwirkung ''“» INaicotic 1 zugleich drincL aif eine beschränkte Tielc erklärt Gcherdie s ist ac k «iner solchen localen INarcotisalion die 'Weh die schiefen Muskel« l'che Erscheinung wird am leichtesten durch "adgen Tropfen einer dünnen -^aWsung von Bc t ^ aaf die Conpmcliva hervorgebracht. Nach enuae ^ ^ ^stunde) wird die Pupille sehr vve.t, und nun '^'’-r mittlere Accomodulionszustand des Auges ganz ■ -nie Keob- jedoch das Vermögen seihst aulgehoben wair Achtungen über diesen Gegenstand sind \ den ELbachtimgeii sprechen R-'t'" ’ ^ss W eits.chUo Wi Einfluss der Narcotisalion entstehe, welchem Purk.me und e.'a Theil der Versuche von Volkmash f " Li,,.:,! über *‘ehe mich auf die Versuche, welche ich ,in meinei “ R W Phrslohgie de.K Gesichissinnes p. mittheilte. Eder Entfernung gut. Merkwürdig war, dass '^''rch i s träufeln von Belladonnaextract in ein Auge, of- äfficirt war. Das gesunde Auge hatte, wenn beide fen waren, einen Refractionszustand für die („. kranke Beistände und nur diese erschienen deuüicli, wahren . , Wge in der Nähe nicht deutlich unterschied, bolllcu | , sich für deutliches Sehen in verschiedenen h erneu c > Jr sah bald das eine, bald das “udere deutlicher. ^^^A das kranke Auge für nahe tiegenstande , *0 s 334 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. lieh das gesunde für die nädisten eingerichtet. Es hatte das kranke Auge hei seiner Weitsichtigkeit doch keineswegs das Vermögen der innem Einrichtung ganz eingehüsst. Auch svai trotz der sehr weiten l^upille die Fähigkeit zur Bewegung der Iris in dem kranken Auge nicht ganz verloren gegangen. D“* kranke Auge sah willkührlich bald in der Wähe, bald in der Ferne deutlicher, und bei dem Blick in die Ferne war die Ir|* fast ganz zurückgezogen, bei dem wiilkührlichen Blick in die 3Suhe verengerte sich wieder die Pupille um etwas durch' Contrac- tion der Iris. Salien beide Augen gleichzeitig, so waren in de»' B.egel Doppelliildcr vorhanden und zwar war bald das Spectrum des gesunden, bald das des kranken Auges deutlich, je nachdeia der gemeinschaftliche JVisus, das Object in die Accomodation des deutlichen Sehens des einen oder andern Auges brachte. Wenn das kranke, weitsichtige Auge sich für das deutliche Sehen der nahen Gegenstände mit Anstrengung einrichtete, waren die Bilder fast um -j des Natürlichen kleiner, während die undeutlichen Neben' bilder des gesunden Auges, das unter diesen, Umständen nur dicht vor ihm seDjst deutlich sali, ihre natürliche Grösse beibe- liiclten. Sieht man von den bisher erörterten Hj’potliesen ab, so würden noch diejenigen übrig bleiben, welche die Ursache der Accomodation im Innern des Auges und zwar in Veränderung der Stellung oder Convexität der Linse durch den Ciliarköi-per oder die Zonida suchen. Obgleich sich diese Hypothesen nicht gerade widerlegen lassen, so lassen sie sich auch nicht geradezu beweisen, und das ist überhaupt der Stand der Frage, dass sich nämlich die Erscheinungen als auf verschiedene Weise möglich erklären lassen, dass aber die Bichtigkeit irgend einer Erklärung nicht vorlicgl. Unter diesen Umständen dürfte es zweckmässige*' seyn, einige wichtigere Facta hervorzuheben, welche in keine«’ der erwähnten Erklärungen bekannt geworden, und zwar nicht über dieUrsachen des Vermögens Aufsclduss geben, doch über seinen innigen Zusammenhang mit andern Erscheinungen unterrlclite»' Die Untcrsucliungen, welche ich ira Jahre 1826 über DoppeltsC' hen und Einfachselien anstellte, führten mich zugleich auf de«* Innern Zusammenhang zwisclien den Bewegungen des Auges zu*' Accomodation und den Bewegungen der Augen oder Auge««' achsen selbst, einen Zusammenhang, der ebenso innig ist wie def' jenige zwischen der Accomodation und den Bewegungen der l*'** und derjenige, zwischen den Bewegungen der Iris und den Bc- w’egungen der Augenachsen. Fast Alle, die über die inneren Ver- ändei'ungeu des Auges für das deutliche Sehen in verschiede- neu Fernen geschrieben, haben diesen wichtigen Umstand über- sehen. PoRTERFiEcD War dcr einzige ältere Forscher, wie VolH-' wajsn zeigt, dem diese Erscheinungen bekannt waren. So wie die Iris sieh mit der Stellung der Augen nach iniie«' eonstant verengci't, mit der Stellung nach aussen oder ln par allele Biclilung erweitert, so tritt bei der Stellung der Augen nach i«*' nen unwiHkülirlich die Accomodation des Auges tür das Deutlich- selxcii der Nähe ein, und mit der Entfernung der Sehachsen hiU' 2. Vom Juge als cpt. Werkzeug. Innere Veränderungen. 335 wieder bis zum Parallelismus ändert sicli auch die Accoraodation des Auses für das Fernsehen bis zum Deutli^sehen m wei- teste Ferne. Es ist bekannt, dass man einen Gegenstand deutlich «eht, wenn mau ihn fixirt, d. h. wenn man beide Augenachsen »«f ihn richtet, aber es ist ebenso Thatsache, dass ein Gegenstand '»ndeutlich gesehen wird und dass das Accomodationsvemiogen dann verloren wird, wenn er ausser den Sehachsen hegt, selbst Wenn die seitlichen Thcile der Netzhaut sonst scharf sehen wui- den. Die falsche Stellung der Augenachsen bedingt eine falsche ^ecomodation, die falsche Accomodation bedingt die falsche Au- genstellung und beiderlei Betvegungen sind durchaus in einer ge- wissen Grenze aneinander gebunden. Wird die Accomodation ^eini Sehen eines Gegenstandes für eine grossere oder geringere Perne genommen, so ers'chclnt er auch doppelt, d. h. dann ver- »•Igm sich aio i„ „leWm sich die Augenadhsen vereinigten undsucht man es undeutlich zu sehen, indem man die Accomodation für den imaginären Gi^ genstand d eintreten lässt, so werden auch sogleich die Augen aufrf gerichtet, daher « doppelt gesehen wird, indem es für .d m ~b für Bin c erscheint. Diese Doppelbil- der von « sind so undeutlich ab es die für das fernere d eingerichtete Acconio- dation zulässt. In dem Mass als, die Accomodation füi* d sich der Accomo- dation für ß annähert, in demselben Mass werden auch die Doppelbilder nicht allein deutlicher, sondern auch einander genähert, bis sie bei der Ac- comodation für a zusammenfliessen, m- ^ dem die Augenachsen dann in a sich •^«■euzen. Von den Doppelbildern gehört b dem entgegengeseta- ten Auge A, c dem entgegengesetzten Auge B an. ^a'^er e - schwindet h, wenn das Auge A geschlossen wird; und we Auge B geschlossen wird. Jedesmal liegen auf der entgegengesetzten Seite, wenn die Accomodation für eme hinter dem Gegenstand «liegende Ferne erzwungen wird Ist hin- g'^gen d der Gegenstand, auf welchen die Augen gerichtet sinit, '‘»d erzwingt man eine AccomodaÜon für den imaginären Punct. «, so ^ird der Gegenstand d nicht allein undeutlich, sondern auch dop- pelt, denn die Augenachsen richten sich mit der Accomodation ‘»ir «, auch unwiUkührüch auf d liegt dann seitwärts der Augen- achse und seitwäi-ts der Augenachsc Br, erscheint daher dopp^^ and uudciiüich. Mit dem Grad derUndeutlichkeit nimmt die fn "ang der Doppelbilder zu. Die Doppelbilder hegen „el- aul derselben Seite, mit dem Auge, dem sie angehören, .„pii.jid bild von A, liegt von « ab auf der Seite des Auges A, d^ B d für ß , Hegt vom emlacheu a ab , nach der bei c ? die Zeichnung erweisst. 336 y. Buch. Von den Sinnen. 1. Abschn. Vom Gesichtssinn. Die genannten Wirkungen bedingen sich gegenseitig, selbd wenn ein Auge verdeckt ist, und dadurch lässt sich eben bewei- sen, wie vsie von einander abhängig sind. In beistehender Figur sei o das freie? b das geschlossene Auge, x, d, e,f seien in der Sehachse des Auges a gelegen®*’ Gegenstände verschiedener Entfernung- Sieht nun a den Punct x deutlich, so is* die Sehachse, auch des verdeckten Au- ges b, unwillkührlich aitf den Punct * g®" richtet, und wird das verdeckte Aug® frei, so erscheint a; einfach im Con- vergenzpuncte beider Sehachsen. Geht nun das Auge o aiis dem Rcfractioos- zustande fiir x, in andere B.elractionszU'' stände für ferneie Gegenstände der Lim® af ü])er, z. B. für c, für /, so wir*^ stillschweigend das verdeckte Auge auch auf e oder f gerichtet. Umgekehrt vermag man willkührlich? durch Veränderung der Neigung der Seh- achsen, die Accoinodation zu verändern? und diese Veränderungen sind so gleichzeitig, wie die VerengunS und Erweiterung der Pupille mit der grossem oder geriiigern Neigung der Augenachsen. Sind z. B. die Augenachsen von ** und b auf den imaginären Punct des Raums d gerichtet, und er- scheint also X doppelt, für das Auge a in d"rR'chtup.g af, lür dasAug® b in der Richtung bc, so sind die Doppelbilder x auch undeut- lich, weil der Refraclionszustand lür d ist. Bleibt die Augen- achse af unverä;idert, bewegt sich' dagegen die Augenachse bd in die Stellungen be, bj u. s. w., so das.-, die Neigung der Seh- achsen abnimmt, so verändert sich auch der ReiractionszustuoJ für e, j u. s. w. während die Doppelbilder x immer undeutlichei' werden. Die eine Augenachse, nämlich die des olFencn Aug®* kann unverändert bleiben, ändert sich aber die des geschlossenen Auges heimlich, so ändert sich auch der Accomodationszustand des olfenen Auges. Vergl. PoRTunriELD a ireaüse . on the eye. Edinb. 1759. /. p. 410. VoLRMANM a. a. 0. p. 144. Bei grossen Entfernungen der Gegenstände können, ihs die Veränderung des Refractionszustandes zuletzt eine Grenit® hat, den Augen aber jede beliebige Stellung zu einander ge- geben werden kann, Ungleichheiten zwischen beiden cintre- ten. Z. B. wenn man den Mond mit nur einem Auge fixirb das andei-e aber durch einen vorgehaltenen Gegenstand ver- deckt ist, so trifft die Achse des verdeckten Auges, trot* der Accomodation für die Entfernung des Mondes, nicht genau in ihrer Stellung mit der Achse des offenen Auges im Mond® zusammen. Denn wenn das verdeckte Auge frei wird, sieht es ein Doppelbild, worauf sehr schnell die Doppelbilder bei- der Augen sich vereinigen, indem das Schwanken der Augen- achsen schnell corrigirt wird. Dieser Versuch, den ich angab- 2. Vom Auge als opt.. Werkzeug. Innere Veränderungen. 337 einem Beobacliter nicht gelungen. Ich erwähne ihn nochmals, '«'eil er mir immer dasselbe Resultat giebt. Tretiraiibs Erklärung . davon ist ungenügend. , . , , Aus diesen l'liatsachen ergieht sich, dass die Veränderung der Äugenaehsen gegeneinander, Veränderung der Accomodation "edingt, selbst dann, wenn nur das geschlossene Auge seine Stel- gegen das offene verandei't. Es ist gerade so mit den Be- '^eguugen der Iris, bleibt das eine offene Auge unveränderlich **«eh einem Puuet gerichtet, bewegt sich aber das geschlossene ^«ge, so ändert sich die Grösse der Pupille auch in dem offenen durchaus, wie es die Convergena der Sehachsen erfordert, 'lOd dadurch hat man eine scheinbare Willkühr über die Pupille, '^ovon im 1. Bd. gehandelt worden. Die Bewegung der Ins mit den f'igenaehsen sahen wir als eine Mitbewegung an, da sie nur eintntt “®i der Wiikimg der vom A. oculomotorlus versehenen Muskeln, Welcher auch die Bewegungsnerven der Iris durch die kurze 'Wurzel des Ganglion ciliare abgiebt. So mag auch die Accomo- 'latlon eine Mitbewegung mit der Bewegung der Augenmuskeln "»eh innen seyu, die entweder durch einen nähei-n organischen Zu. *»>nmenhaug in der Nervenwirkung, oder durch Gew'ohnheit em- Setreten ist Die Mitbewegung der Iris mit der Bewegung der -'^ttgenachseu hat iiuless schwerlich ihren Gnmd in, einer aii- Sewöhnten Verbindung. ^xr in. -i- r . Es giebt auch efnigen geringen Einfluss der Willkuhr anf AccoLodation, ohne dass die Achsen der Augen sich noth- endig verstellen, und dieser Umstand zeigt eben, dass lene Ver- *"ndutm sceuudär, aber nicht eines die constante Ursache des ^«dern” ist. Plateau hat eine Beobachtung an sieh mltgetheiit, dass das Undeutlieliw erden der Gegenstände durch Abänderung d®s Rel’ractionszustandcs auch ohne Veränderung der Stellung dei ^ngcii eiTcwungen werden kann, durch eine willkiihrliche Anstren- 8äng des Auges. Auch ich bemerkte schon früher, dass manch- "^»l bei grosser Anstrengung uns wirklich das Undeutlichsehen "'>ne Doppelbilder, iedoch nur sehr flüchtig zu gelingen scheine, "•’iniierte aber, dass auch bei dieser Ai't des Ündeutiiehsehens, "hne örtlich getrennte Doppelbilder diese doch vorhanden seien, ""r zum Theil sieh decken. Versuche, die ich seither an mir »»stellte, bestimmen mich mit Plateau vollkommen übereinzu- »limmeQ, dass man nämlich, so sehr auch der Relractionszustand »cs Auges an die Veränderung der Neigung der Sehachsen ge- ""üpft ist, doch mit grosser Uebung bei unveränderter Stellung Sehachsen auf einen Gegenstand, diesen durch willkührliche jciänderung des Refraetionsmstandes undeutlich sehen kann, in- man den Retractioriszustand für eine andere Ferne ändei-t- Irls verändert sich auch, wie Plateau zeigt, hei diesem Un- »cutlichsehen, indem die Pupille weit wird bei dem Refraction^ ^stand für das deutliche Sehen in der Ferne und umgeke i Diess wäre ein Beispiel von fast rein willkührlicher Bewegung ‘wr Iris, in sofern in diesem Falle die Bewegung w'enigsteus nicht »» die willkührliche Bewegung der Augenmuskeln nach innen und oben geknüpft ist. Muell. Archiv. 1837.^ CL. 338 V.‘ Buch, Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn, Es zeigen sich hier abermals, wie in qllen vorher besclii'iC' bencn Phänomenen, die Bewegung der Iris und die Veränderung des Refractionszustandcs auf das innigste mit einander vcrhunden? und doch sind wir nicht berechtigt, der Bewegung der Iris seihst einen mittelbaren Einfluss auf die Accomodation zuzuschreihen- Man hat schon vermuthet, dass die Bewegung der Iris auch »'•t das Corpus ciliare und so auf die Stellung der Linse wirken könne, in sofern das Corjms ciliare mit dem äussern Umfang dct hintern Fläche der Iris stark verwachsen ist. Indess lässt sich doch diese Hypothese bestimmt widerlegen. Denn die VeräiidC' ningen der Iris werden auch durch das Licht bestimmt. sehen aber dasselbe Object deutlich, mag es hell beleuchtet uiuj ■ demgemäss die Pupille enger, oder das Auge dabei beschattet un« die Pupille weit seyn. Vergl. Volrmass a. a. 0. p. 156. E* bleibt daher immer noch am wahrscheinlichsten, dass die AccO- modation von einem Organ abhängt, das sich zwar leicht mit der Iris zugleich bew'egt, aber auch eine gewisse Unabhängigkeit da' von behaupien kann. In der That lässt sich per exclusionem aiu wahrscheinlichsten machen, dass das Corpus ciliare diese Beweg- lichkeit besitze und auf die Stellung der Linse cinwirke, aber aU positiv^en Beweisen für die Contractilität des Corpus ciliare fehlt es gänzlich. Nach der Extraction der Linse durch die Staaroperation ist das Accomodationsvermögen, sowohl nach Young’s als Volkmaks’* ' Beobachtung vermindert. IV. Von der Myopie und Presbyopie, den Mitteln sie zu ' verbessern und von den Augengläsern. 1. XJndeutlicKkeit der nächsten Objecto. Wirkung der Diaphragmen. Das deutliche Sehen in der grössten Nähe dicht vor dein Auge hat bei allen Menschen eine Grenze. Gegenstände, welche- nur 1 — 3 Zoll oder noch weniger vom Auge entfernt sind, brin- gen kein deutliches Bild mehr hervor, weil die Vereinigung ihrei' Lichtstrahlen bei allen Menschen hinter die Netzhaut fällt. Sind die Gegenstände klein, so erzeugen sie nur einen Schimmer, und die entfernten Gegenstände werden durch diesen Schimmer hin- durchgesehen, obgleich der vor das Auge gehaltene kleine Ge- genstand den mittlern Theil der Pujillle verdeckt. Das Sehen der entfeniten Gegenstände, durch den Schimmer des nächsten, erklärt sich daraus, dass wenn auch der vorgelialtcne kleine Kör- per diejenigen Strahlen des entfernten Köi’pers. abhält, welche durch den mittlei-n grössten Theil der Pupille durehgehen sollten, doch noch am Rande des vorgehaltencn Körpers, Strahlen des entfernten Körpers Vorbeigehen, welche ins Auge gelangen. Hie- raus ergiebt sich als Bedingung, dass wenn ein entfernter Gegen- stand durch den Schimmer eines nahe vor das Auge gehaltene» hindurch gesehen werden soll, der letztere kleiner als die Pupille sein müsse, der entferntere wird dann durqh die Bandstrahle» 2. Vom Auge als opt. JVerkzeug. Myopie u. Presbyopie. 339 gesehen. Sell)st in dem Falle, dass der nächste Körper die Pupille last ganz deckt, werden doch noch die peripherischen Strahlen der l'ichlkegel des enti'erntcn Körpers, durch Beugung an den lUn- ^ern des vorgehaltenen Köi-pers ins Auge gelangen und ein Bild hcrvorbringeii. , t • Mau sieht einen entfernten Gegenstand auch durch die im Bussern Umlänge der Linse durchgehenden Strahlen oder Rand- Strahlen, wenn man ihn am Rande eines andern vorgehaltenen Körpers’ vorbei sieht. Es ist bekannt, dass wenn man einen fer- *>611 Köi-per betrachtend, einen zweiten nähern von der einen Seite verschiebt, der entferntere Körper sicli etwas verschiebt '*"d. zu erweitern scheint, so bald ihm der Rand des nächsten ‘'alle konmit. Diess scheint tlicils von dem Sehen des fernen l^orpers durch Randstralileii der Linse, tlieils auch von, der Beu- gaäg des Lichtes am Rande des vorgehaltenen Körpers ahzu- hiingen. Der Schimmer, welchen ganz nahe kleine Gegenstände statt ei- Bildes hervorhringen, wird um so grösser seyii, ie weiter die t'äpille ist. Denn da der Zerstreuungskreis für jeden Punct des l^®genstandes eui Durchschnitt durch den Lichtkegel ist, welcher ^.ai'ch die Pupille durchgeht, so wird auch der ZerstreuungskMis jeden Punct des Gegenstandes um so grösser seyn, le weiter Pupille ist. Der Schimmer eines ganz nahen, vor das Auge gehaltenen Gegenstandes, z. B. einer Nadel entsteht aber dureh sich deckenden Zerstreuungskreisc aller Puncte des Bildes, hieraus erklären sich einige interessante Phänomene. Halt man ®‘äe Stecknadel in der Entfernung vom Auge, dass sie zwar noch Bild, aber ein nebeliges hervorhringt, so ist die Grösse di^es Schimmers grösser oder kleiner, je nachdem man das Auge be- **'l>attet oder beleuchtet, d. h. je nachdem die Iris sich erweitert zusammenzieht. Hieran hat man eine herrliche Gelegenheit ‘*'e Bewegung der Iris des eigenen Auges in einem Gesiclitsphä- “^aien zu sehen. , . , Unter gewissen Bedingungen sicht man aber auch noch in grössten Nähe vor dem Auge deutlich, und die Gegenstände s«hi- vergrössert, ohne dass Augengläser angewendet weixlen. Biess geschieht jedesmal, wenn man ganz nahe Gegenstände durch ®ine feine Oeffnung eines Kartenblattcs betrachtet. Hehle, der ^ch vie[ jjiH dieser Erscheinung hesclfältlgt, hat mich auf das B^iänomen und seine Ursachen aufmerksam gemacht. Lecs^, "^oh«o und Pbiestley hatten das Phänomen gekannt. Sieht 1?®“ z. B. die ganz dicht vor das Auge gehaltene Schrift eines Buchs an, so erkennt man keinen Buchstaben mehr, sieht m^ aber in derselben Nähe durch die mit Nadel gemachte Oeff- ““ug eines Papicrhlattes, das man dicht vor’ das Auge an, *u erscheint sie sogleich sehr deutlich und die Buchstaben und i re ‘heissen Zwischenräume sind stark vergrössert. Es könnte daran Sudacht werden, dass das Dentlichsehen von der Isolirung der en •■ulstrahlen der nahen Objecte durch die enge OclFnuug ““ ^ud dass die Cenlralstrahlen , wegen grösserer Dichtigkei ■ es Biernes der Linse, früher zur Yereinigung gebracht wurden, 340 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom GesichUsinn. (während sie bei einer überall gleich dichten Linse später, die Randstrahlen znr Vereinigung kommen). Aber dann dür* die Grosse der Objecte nicht wachsen. endet man dagcgrl* ein, dass die Vergrösserung der Gegenstände nur scheinbar s®'? indem man beim Sehen der nabe gehaltenen Schritt ohne Kartenöffnung, nur den Kern der Zerstreuungsbilder, nicht ab« die ganze Grosse der Bilder in Anschlag bringe, so wird dies«' Einwurf leicht durch eine nähere Vergleichung, der gleichzC' tigen Bilder beider Augen widerlegt, wovon das eine die ga’’^' nahen Buchstaben frei, das andere durch die KartenöffnuäS ansiebt. Denn die weissen Spatien; sowie die Buchstaben ei"' scheinen dem letztem grösser, und indem man beide Bilde nebeneinander sieht, ei’kennt man, da.ss auf einen Raum •.e- einen Bildes, auf welchen 3 Linien Schrift gehen, im ander» Bilde nur 2 gelien. Legst ((mite des sens. p. .305.) und Pbie'sti.»'^ (^Geschichte der Optik p. .391.) leiten das Phänomen von der Be»' gung des Lichtes an den Rändern der Rartenöflnung ab und de*" erstei’e bemft sich auf die Veräudemng des Umrisses eines fe»' nen Körpers, den man am Rande eines Stäbchens visirt. Rand des fernen Körpers erweitert sich nämlich, wenn man de'' vorgehaltenen Stab vorschiebt. Allerdings lässt sich die Schärf«? womit man die durch eine Kartenöffnung gesehenen allernächst«'' Objecte erkennt, durch Inflexion erklären. Bei derlnflcxion od«^ richtiger Diffraction des Lichtes wird es nach zwei Seiten h»' von seiner Richtung abgclenkt. Der äussere Theil der am Rand« der Kartenöffnung inflectirlen Strahlen ftdlt noch weiter hint«« die Netzhaut, als es schon die Strahlen von sehr nahen Gegen- ständen thuii. Diese Strahlen bringen dann gar kein Bild mel"' hervor. Der innere Thgil der am Rande der Kaitenöllnung i»' flectirten Strahlen kömmt nun näher zur Vei’einigung, fällt als« nicht mehr hinter die Netzhaut, sondern auf drssclbe und dab«« die Deutlichkeit und Schärfe des Bihles, trotz der geringen Meng« des dazu nöthigen Lichtes. Die Grössenzuuahme des Bild«s lässt sich aus dieser Theorie nicht gut einsehen. Es lässt sich mit Henle noch eine andei-e Erklärung der Erschei- nung aufstellen. al> s«* der dicht vor das gehaltene Körper, die brechenden Medien? G die Nei'vcnhaut. D«« Lichtkegel des Puncf«* h kommt in e , Lichtkegel von de«: a in J zur Vereinigung. D«”/! ist he der Uauptsträhl des Lichtkegels von h, af der Hauptstra« des Lichtkegels voh a. Die Vereinigungspuncte e und f h'eg«^ hinter der Netzhaut, xveil das Object dem Auge zu nahe ist. , wird also mit dem Zerstreuungskreis a'h' gesehen, a wH mit dem Zerstreuungskreis aß gesehen. Wird nun das K««' tenblalt mit der kleinen Oeffhung o zwischen das nahe Obj«« und das Auge geschoben, so werden die Lichtkegel abgeschnitte" 2. Fom Auge als opt. Werkzeug. Myopie u. Presbyopie. 341 auf Jie Lichtbündel bc und ad, welche durch Ae Oeffnung « durchgehen. Das Bild Ton b wird daher ohne Zerstreuung^ Vreis in a' . das Bild von a ohne Zerstreuungskreis in ß Üic Beugung kann mitwirken, und ei die Kartenörtnung durchgehende fadenartige Lichtbundel nur ei- "eii Punct auf der Netzhaut darstellt. . , . Das Bild erscheint grösser, da die Entlernung der ^enpheri- schen Sti-alden a' und ß beider Kegel grosser ist, als die Kntfei- •luiig der Uauplstrablen beider Kegel. Kurzsichtigke:!, Fernsichtigkeit. Brillen und Op^onicter. Manche Menschen besitzen das \ erinögci. f «uderung des Auges ihr das Sehen m verschiedenen Fernen Jiclit, oder doch so wenig, dass sie mir m f^riiung unterscheidesi, kurzsichtige ^der fern, lohtige sind. Es J '^ninö-dich einem solchen zu beweisen, dass das Auge Ae Fähigkeit •‘alle "sich für das Sehen in verschiedenen fernen einzimchten, '"»d so mag es Trevibsnxis und noch Andern gegangen seyn. Dm Hw, lf„ Aller irim >»» l.äuliS«-- Fer»..el.Uste.t. »V“ Ursache dieser Fehler sehr oft in den brechenden Medien, H^r.'dc'i Ho»l..u. u„a in d„ II... »‘.üTr ßed" F’*'eise flacher als in der Jugend, k wie VoiKMiHH iHTifSrSr» SÄS. Die ».Vopie »nd Erep ^‘yopie mögen i-ichtfger in Hinsicht ihrer nächsten Ursache^vou «ineL Mangel des Accomodationsverniögens oder von grosser Schw - dl^'s Musciilaractes abgeleitet werden. Dann sieht natürlich dns A " e uur in einer bcstbnmten Sehweite deutlich, welche der ^rin\er brechenden Medien des. Auges Dass die Myopie und Presbyopie mehr in der Veninderung ’^ler dem Verluste des Vermögens der Accomodation hegt, sieht man Sut "Iss " n .'hh metlfodisch die Kurzsichtigkeit anerzieheu Sn, wenn man das Feimsehen vernachlässigt '*‘cb kurzsichtig, dass sie sich beim Lesen und Schreiben mit dei Wht zu didit aufs Papier legen. Der bändige Gebraiich ''«s Mikroskops kann kurzsichtig machen , j:/ '‘‘^ergehend fL einige Stunden. Auch die Brillen wirken in die- Hinsicht nachtbeilig, indem sie das Auge entwöhnen, diirc i ^'comodation in der Nähe und Ferne deutlich zu mhen. n 1»1A rn '^«comodation in der Nähe und Jenie tienuicu zu Zuweilen haben beide Augen einen andern 4«nszust„„d fürs ganze Leben, nicht immer ein Untc»schicd *'* der Pupille beobachtet wird. ^ei^zc - - ’ eilt lUllIlUl Cili ^ler Pupille beoJiacUtet wiru. Dieser Zustand gewogen werden durch vorzugsweisen (^brauch des ° {'«‘•n Sehen naher Gegenstände, beim Sehen durch das M.kros^ und dergleichen. Am schnellsten tritt diese ^ "^m_,,nfen «Uich Narcotisation eines Auges ein, vermöge ennger x p ''on der Auflösung des Belladonnaextractes. Siehe oben P’ ' , .„i '*11*0 diesen Fällen können beide Augen, trotz Ares u g j„„U| ’^ittlerii Befractionszustandes, oder ihrer mittlern Se iwc , 342 V. Buch. Von den Sinnen, I, Ahschn. Vom Gesichtssinn. noch das Vermögen der Accomodation hesitzen, auch wirkt dic wilikührliche Accomodation des einen Auges auf das andere, ahef beide Augen bleiben sich ungleich. Drücken beide nebenbei stehende Zahlenreihen das Siei' gen der Accomodation in beiden Augen aus, so _i*^ mit der Accoino4f»tion .3 im Auge A, die Accomodation 1 im Auge B gleichzeitig, steigt A bis zu 5, so steigt " um ebenso viel, aber nur bis 3. Das Auge A sieht md der Accomodation von 1 das Feme deutlich, während B nichts unter’scheidet. Innerhalli einer gewissen Gren*® können vielleicht beide zusammen deutlich sehen , iiiden* das nebelige Bild des einen Auges dasjenige des andern A«' ges nicht stöi-t, und beide sich decken, aber bei dem B®' 1 2 3 4 6 6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 B fractionszustande für die Nähe bleibt das Auge sehkräft>g> was für die Ferne zurückblieb. -A hat vielleicht bei dr’f Accomodation 10 die Grenze seiner Sehweite erreichb während B noch mit 11, 12 deutlich sieht. Die ÜO' gleichheit des Befractionszustandes ist hei manchen Meä' sehen die Ursache, dass sic zu schielen anfangen, indem sie da* Auge von der brauchbarsten, mitüern Sehweite bevoraugen und das andere vernachlässigen, dessen Bild sie gar nicht stört. Schon wenn man bei gleicher Sehweite beider Augen, mit dem einen Auge durch eine Bi'ille, mit dem andern ohne Brille denselben Gegenstand sieht, vereinigen sich die Achsen Leider Augen nich^ in dem Object und man sieht leicht doppelt, wie wenn man nid beiden Augen durch verschieden starke Brillengläser sieht. Nocl* mehr entfernen sich die Doppelbilder von Nichtvereinigung de*" Sehachsen im Object, wenn der Refractionszustand eines der bei' den Augen durch Belladonnaextract verändert worden, wo dann bei einer gewissen Sehweite des einen Auges, das Bild des andern schwach und undeutlich nebenbei schwebt. Die Ursache diesßf I Entzweiung ergiebt sich aus dem am Schluss des vorigen Artikel Verhandelten. Der Refractionszustand wirkt auf die Stellung de*’ Augenachsen ein. Wie das Bild eines schwachsichtigen Aug®* seine störende Einwirkung verliert, soll später erörtert werde"» wenn wir die Thatsachen kennen lernen, welche beweisen, da** die Sehfelder beider Augen in einer Art von Wettstreit sich h"' finden, bei welchem die Nerven thätigkeit bald mehr dem eine"» bald mehr dem andern sich zuwenden kann und die Herrschaft zwischen beiden oft wie der Wagebalken schwankt. Wie die Brillengläser die Myopie und Presbyopie verbessern^ ist nun mit einigen Bemerkungen zu erläutern. Das fernsichtign Auge wird durch eine convexe Brille, das nahsichtige durch ei"® concave Brille verbessert. Bei dem erstem vereinigen sich di" Strahlen ferner Gegenstände auf der Retina, aber die Strahl"" näherer und nächster Gegenstände, welche eine spätere Ver"*' nigung erleiden, vereinigen sich erst hinter der Retina. Ei" convexes Glas verbessert diesen Fehler, indem es die Strab' len naher Gegenstände näher, d. h. auf der Retina selbst z"*" Vereinigung bringt. Bei dem nahsichtigen Auge ist cs nmgekehrl" Die Strahlen naher Gegenstände vereinigen sich hier auf derR"' Mii Vereinis’ung kommen Ä 2. Vom Juge als opL. Werkzeug. Bril/en. tinn und bringen ein deutliebes Bild hervor. Die Strahlen fer- ner Gegenstände, deren Vercinigungsweite naher ist, als die der , nahen, vereinigen sieb hingegen in diesem Auge vor dCT ftetma nud bringen Zerstreuungskreise auf der Retina hervor. Das con- cave Brillenglas verbessert diesiui Fehler, indem cs die Lichtstrah- len mehr zerstreut, wodurch sie später und also auf der Retina Beistehende Fi- gur stellt die brechen- den Medien eines nah- sichtigen Auges dar. Die Lichtstrahlen des nächsten Gegenstandes a vereinigen sich auf der Retina a', die Licht- strahlen des fernen Gegenstandes Ä werden sich in b' vor der Retina vereinis.m Ein . Verstreuendes Glas ß bringt die Strahlen Ab, Ab in dieRichtune 'on Aa und Aa', daher wird der ferne Gegenstand b, nur 'Mittelst des Zerstreuungsglases in a’ deutlich die brechenden Me- dien eines fernsich- tigen Auges, ■ dann wird der ferne Ge- genstand a sein Licht in a', d. li. auf Jietzhaut zur Vereimgung bringen. Der nahe Gegenstand Ä '«'ird hingegen sein Licht hinter der Netzhaut mb vtieini^en. Das Samielglas B bringt die Strahlen des X Ttetrill Vh Stärkerei- Convergenz, so dass sie statt in b, durch die B Vh a\ d. h. auf der Netzhaut vereinigt werden. , Zur Bestimmung der mitüern Sehweite der »ler Optometer, welcher sich auf den Scueikbr sehen gründet. Man sieht nämlich, bei welcher pitlenuing vom Au »>an durch zwei Oeffnungen eines Blattes, dercai Enticrimng klei- ner ist als die Weite der Pupille, einen feinen Gegenstand mit ci- ’^etn Auge einfach sieht. Oder man sieht bei welcher Entfernui » Auge, hei ungespannter Betrachtung eines Fadens dui ch zwe ^ai-tenlöcher, das Doppelbild des-Fadens sich kreuzt oder vei- «‘nigt. Yousg’s Oiitonieter. Diess ist Aie mittlere Sehweite. Vor dieser und hinter ihr wird ein Gegenstand durch che ge- kannten Oeffnungen doppelt gesehen, d. h. sein Bild «der hinter die Netzhaut. Doch ist die Anwendung '«inier schi Unvollkommen, da die Liffraction des Lichtes beim Durchgang a den Rändern der feinen Oeffnungen Beugungsphanomene hewi 3. Veränderung der Seliiveitc durch V e rgr ö sserun oSg Die Wirkung der Gläser durch Veränderung der Sehweite auf Vcrivrösserung des Bildes kömmt nun zunächst m imiraenu ü 11 er’s Physiologie. 2r Bd, U. 344 Kurh.- Von den Sinnen. J. Ahsrhn, Vom Gesichtssinn. Die elnfiiclisle AiL (lersclbon sind die lyonpen oder Mikroskop* • AVird ein kleiner (iegenslaiid dem Angc bis dielit vor das AOr*' genidim’t, so erscheint er sehr gross, aller Alle^ ist undentliol'» weil die A'ereinigungsweitc der Lichtsli’ablcn hinter der INeUli*'’** liegt. Die Wirkung einer Linse zwischen Object und Auge die Vci’einigungsweite zu verkürzen. Fällt diese bei der gehörigci’ SleUnng der Linse auf die Netzhaut, so erscheinen alle Detail* (leullich und das Object in der Grösse, wie es schon vorher o*' schien, als es ohne Loupe dicht vor d.as Auge gehalten wui’*^®' Die V’crgrösscrung ist in diesem Falle nur scheinbar, sie ist blosso Folge der grossen Nähe des Objectes, die Wirkung der Linse blosse Deutlichkeit bei einer so sehr vergrössernden Annäherung’ Heim Teleskop und Mikroskop fällt das Bild gar nicht mehr m* .Auge, sondern vor dasselbe. An dieser Stelle kommen die Licht- strahlen zur Vereinigung des Tiddes, da es aber hier nicht aufg*’' fangen wird, so gehen sie wieder dis'ergircnd fort, gerade so ab oh hier das Object wäre, von welchem sic divergirend ausgegau- gen sind. Hierauf beruht sowohl die Vergrösserung als die Schärft dieser Bilder. Denn der Sehwinkel eines vor dem Auge sclivvC' benden Bildes ist grösser als der Sehwiiikel des Objectes selbst Nimmt das vor dem Auge schwebende Bild die Distanz der na-; türlichen scharfen Sehweite ein (8 ), so erscheint das Object bc der A’ergrösserung zugleich so scharf, als übei’haupt Gcgenstäiuft der natürlichen schärfsten Sehweite. Die Teleskojic sind zur Vei'grüsserung und zmn deutlichen Sehen der fernsten Gegenstände, die Mikioskope zur Vergrösse- rung und zum deutlichen Sehen der Gegenstände in der ]Väh** eingerichtef. Die Zahl der dazu angewandten Gläser ist sehr vcf' schieden. Befindet sich hinter donr ersten Glase ein zweites, verändert dieses entweder das Bild und seinen Ort, oder wenn das Bild des ersten Glases v-or das zweite fällt, so vertritt di*’* Bild 'die Stelle eine.s Objectes für das zweite Glas. Das Bild dn* zvveiten kann durch ein drittes Glas wieder verändert werden oder dem dritten Glas als Object dienen. Das vom Object sclh-d das Licht empfangende Glas heisst Objcctivglas, das dem Angn ziigewandte Glas Iieisst Ocular. Belm Mikroskop wird das dureh eine oder mehrere Linsen hervorgeb rächte ph3’sische B-rld durn^’ das Ocular, wie durch eine Loupe ein Gegenstand angesehen- Die Helligkeit des Bildes hängt von der Menge des Lichtes ah; welches das Objectiv vom Objecte aulnimmt, oder beim Mikros- kop,. welches dem Objecte durch künstliche Beleuchtung zugo- worfen würd. Ist diese Lichtnienge, worin das BiUl des Öbjecl<5* im leleskop und Mikroskop erscheint, grösser oder kleiner, ab das Object ohne tliese Insti'umeüte in die Pupille des Auges wirfb so ist auch die Helligkeit des Bildes grösser oder klcinei’, als behn Sehen des Objectes ohne das Instrument. Beim Sehen durch c'** Teleskop ist das Bild heller a-ls das Object allein ; weil das Oh- jectlvglas mehr Licht vom Ohject aufnimmt und Zmn Bilde ver- wendet, als^ die Pupille des Auges heim einfachen Sehen von* Ohject anfninimt. 2. Vom Auge als opt. fVerkzeug. Achromasie. 345 V. Von der Chromasie und Achromasie des Auges. (J. Muei.lek Physiol. des Gesichtssinnes 195. 414, d/e Chromasie des Auges Meckel’s Archiv 1830. 129. Tourtüal. a. Chromatische Linsen. Wenn gleich die durch eine Linse Sehrochenen Strahlen eines leuchtenden Gegensatzes hei Vermei- dung der Aberration -von der Sphäricität ein scharfes Bild her- '■orbrinsen, sobald sie in der Vercinigungsweitc des Bildes autge- fangen werden, so gilt diess doch mit vollkomraner Schärte nur, '«'enn die Lichtstrahlen von gleichartigem larbigem Lichte sind. Öenn eine absolute Vei-cinigung des ungleichartigen oder gemisch- ten weissen Lichtes in einem Puncte durch Brechung ist seihst l*«! der Vermeidung der Aberration von der Spharicitat ohne Weitere Hülfsmittel unmöglich, weil die im weissen Lichte ent- haltenen farbigen Strahlen eine ungleiche Brechharkeit besitzen, also auch eine verschiedene Vereinigungswelte habenv A E C B V 1) Ist a der leuchtende Punct, AB die Linse, so werden die im Lichtkegel ahc. enthaltenen farbigen Strahlen ungleich gebrochen, dass z. B. die violetten Strahlen am meisten brechbar zuerst, gelben später, die rothen zuletzt zur Vereinigung kommen, ^tatt eines ungefärbten Punctes wird auch hei der grössten Con- centration des Lichtes in CD ein Zerstreuungskrcis erscheinen, “®sscn Milte wegen der Deckung des farbigen Lichtes welss, des- Ränder duiTli die frei hervortretenden äussersten Grenzen violetten und rothen Strahlen purpurrotli erscheinen. Die Rarbenerscheinung wird zunehmen, w'enn ^as Bild nicht in der ^‘Idtlern Vereinigungsweite CD, sondern vor oder hinter derselben ^ Ep oder GH aufgefangen w’Ird. Wird zum Beispiel das "‘Id .in EF aufgefangen, so bilden die jetzt äussersten rothen Strahlen j welche von keinen andern farbigen Strahlen gedeckt Werden, einen rothen Farhenkreis, die äussersten gelben, welclie von roth gedeckt werden, einen gelhrothen Kreis, dem rothen enthalten ist, um die farblose Mitte, wo sich die ivc- der verschieden farbigen Strahlen decken. Wird das i in ” aufgefangen , so bilden die äussersten, ungedeckten, Aioletlen ' fi'alilen den äussersten Farhenkreis, auf w'elchen nach innen die 23 * I 34Ö V. Bucfi. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichlssinn. an Brnclibarkeit zun'aclist folgcmlcn blauen Stralilen fülgcn, ff ab' reinl die Mitte wciss ist. Die Farbenerscheinung ist, wenn die durch ein Collectivgl»'’ durebgebenden Strahlen in der Verein igungsweite des Bildes aid- gel'angen werden s,ebi' gering und nur kaum bemerkbar sind tbt! iländcr vom Bilde eines weissen Feldes auf dunkelni Grunde, pui' ])urroth gefärbt, je weiter aber die auffangeude Tafel sicli vo>* der Verein igungsAveite entfernt, um so stärker wird ausser den zunehmenden Zerstreunngskreisen des weissen Bildes sein farbigci Saum. Kvnzek. die Lehre vom Lichte /». 157. und Totirtual a. a. fl- b. Achromatische Linsen. Die Faihenzerstreunng eines Prisrnn wird tlurch ein zweites Prisma von gleichem ]}rcchendem Winkel und gleicher Farbenzcrstreiiungskraft aufgehoben. Beide Prismen zusammen bilden ein brechendes Medium mit parallelen Ebenen> ans Avclcbem die Lichtstrahlen wie durch eine ebene Glastafrl uTiter densetlK'n AVinkeln austrefen, wie sie cingetreten sind- Dot.lond liat iudess entdeckt, dass das Farbenzerstreuungsvernib' gen dem BrecbungsA crmögen der Medien ' nicht pi-oporlional isb und dass es Medien giebt, welche stark das Licht brechen aber Avenig zerstreuen und umgekehrt. Flintglas bricht das Licht mehr als Crownglas, zerstreut aber ip noch hölieim Grade die lai'hl' gen Strahlen. Diess führte zur Coiistruction achromatischer Pris- men durch Verbindung von Piismen ungleicher Brecli- nndZer- strcuuugskraft. Ein Prisma von CroAvnglas verbunden mit einem Prisma aus Fliutglas von gleichem Brechungswinkel, lenkt di<5 j)arallcl cinirctenden Sü'ahlen stärker ab, lässt sic aber nicht farb- los austreten Asde zAvei mit einander veihundcne Crownglaspris- men von .gleichem \Vinkel, vielmehr AA'erden die Strahlen durc'li den Eeberschuss des Farhenzerstreuungsvermögens des Flintglascs farbig zerstreut. Wird mm aber der Breehungswinkcl des Pifsnä' von Flintglas so Aveit vcrmindei’t, dass beide Prismen gleich staik das Licht zerstreuen, so hebt das eine Glas die Farbenzerstreuung des andern auf, wählend doch die Ablenkung oder einfache Brechung des Lichtes Avegen der verschiedenen \Vinkel beidei', Prismen nicht gegenseitig aufgehoben wird, sondern bleibt. Ei» achromatisches Pi’isma besteht aus einem CroAvnglasprisma vo» einem Brechungswinkel von 30®, und einem Flintglasprisma vou 19“ Brechun'gsAvInkcl flier.^us begreift sich die Coiistruction von achromatischen Doppcllinsen , welche ihre Farbenzerstreuung ge- genseitig aufhehen. Die vollkommenste achromatische Doppellin^^ liebt übrigens nicht alle Farbenzerstreuung auf, wenn das Bild nicht in der Vcrciuigungsweitc aufgefangen wird, und die Farben- säume erscheinen an dem besten Fernrohr, wenn das Oculai' über die Grenzen des deutlichen Sehens verrückt wird. Kuw***^ a. a. ü. 172 — 177. c. Achromasie des Auges. Das Auge des Menschen ist achro- matisch, so lange das Bild in der VereinigungsAveitc desselben aufgefängen wii'd, oder .so lange sich das Auge nach den Entfer- nungen des Gegenstandes einrichtet. Worin die Achromasie ih- ren Grund hat, lässt sich mit Bestimmtheit nicht angeben, wohl aber die Möglichkeit der Achromasie des Auges aus dem optischen 347 2. Vom Auge als opt. JVerkzeug. Achromasie. Sau desselben einselien. Seine brcchendei? Mittel sind von un- gleicher Brecbkraft, von ungleichen Convexitäten und ungleicher clicmischer Constitution. Das eine ist die Linse mit ungleichen Convexitäten, clus zweite die Cornea mit dem Humor aqueus. Letztere Lüden zusammen eine convex - concave Linse, coren "»■eclikrafl von der Linse verschieden ist. Vielleicht is m l^ai'benzcrstreuuneskralt beider brechender Mittel ihrer Brecli- ti'aft nicht proportional und hierdurch die Achromasie lieding . ^ie achromatischen und aplanatischcn Doppeloh)ectivc , welche !*er jüngere Herscuel aiigegclieii, haben einige entfernte Aelin- !''=l4eit mit den brechenden Medien des Auges m der lorm und Zusammensetzung. Sie bestehen aus einer vordem hiconvexen ^‘■U'vnglaslinse von ungleichim Ilallimcs.sern und zwir mit nach l'Usseu gekehrter convexem Flache und aus einer liintern con- |;ex-coucavcn Fliutglaslinse, deren concave Seite der Uownglas- uisc zugevvendet ist. . . i i d. Oiromasie des Auges. Nur fehlerhafter Wcisso wird dem ?''^nschllchen Auge eine vollkommnc Achromasie zugcsehriehen. Cluomasic erscheint mehr oder vyeniger deulhch, sobald sich 7's Bild nicht in der Vercinigungsweite des Bddes behndet. Die '^'uptrischen Farhensäume, welche durch die hrecliendcn Medien Unseres Auges entstehen und in einem gewissen Giai e vvi u * ‘'uti hervoi-gcbracht werden können, c ':'>erst beobachtet zu habe«. Ausführlichere ““'UV enthalten Comearett. ohscroaliones 1798 4 ■ ^'^’xparalae de eoluribus apparentibus oisii et ueulo. latau. UJK 4. '"‘u Aufsatz über physiologi.schc Farbcnersclicmungcn m Scuaveig- Journal d. ihem. u. Pins. B. IG., meine Schrift zur i/y- des Gesiehtssinnes Lelpz. 1826. p. 194 - 204.^und Tour- ’^Uai’s treuliche Abhandlung in Mecicel’s yirrluu 1830. Dm die !l‘uplrischeu Farhensäume an sich selbst bei einem ganz gesunden 'Zustande des Auges zu beobachten, muss man wcissc leider aut ‘‘uhwarzem Grunde, oder schwarze Felder auf wcissem f'™nGe anseheu, dass man einen nähern oder fernem Gegenstand lixirt,. ’^uhdi das Feld undeutlich mit Zerslreuung'skreisen gcsdicn wird 'J'ul aus später zu erwälmenden Gründen sich in zwei Doppelbd- fUr entwickelt, welche sich um so weiter von einander entiernen,, le mehr die Augenacbscn von der Fixation des Feldes abwciclien. Umleiitlicher die Felder werden, um so stärker werdem aucli V« Farhensäume. Im Anfänge des Experimentes bemerkt man nicht, durch üebung und Aufmerksamkeit gelangt man daliin, “•'n äusserst schmalen farbigen Saum um «tlic Felder zu erken- Am leichtesten lässt sich das undeuilicbe Sehen eines. Ge- S^nstandes durch Fixation der Augenachsen auf einen vucl nähern “"ler viel fernem körperlichen oder idealen Punct im Raum li«- ''nrbringeu, daher wird man auch die t arhensäume imi eic i *tcn auf diese Weise gewahr. Der Geülite kann ]cdocb auc , }''cnn er nur mit einem Auge sieht und das andere „„ das undeutliche Sehen wlllkührlich her Vorbringen, . Refractionszusland für einen fernem oder nähein niic im naurn elntrctcn lässt. Auf , diese Weise bringt man t m ai jcii- 348 y. Buch, Von den Sinnen. I. Abschn. V om Gesichtssinn. säume auch mit einem Auge und ohne Doppelhikler des Gegen- standes hervor. Das Folgende enthält die llesultate meiner eige- nen Ecobachlungcn. ^ ^ j f 1. Betrachtet man mit einem Auge ein vveisscs Feld nn schwarzem Giunde, so dass der Befraetionszustand einem ferneru Puncte als dem Felde entspricht, so wird das undeutliche weisse Feld auf schwarzem Grunde mit einem leichten und feinen Far- bensaume umgürtet erscheinen, dessen Farben vomAAcissen nac » dem Schwarzen violet, blau, gßlb, roth sind. Meistens ist iin*" das Blaue und das Gelbe einigermassen 'deutlich. 2. Betrachtet mau ein weisses Feld auf schwarzem Giunde? so dass der Befraetionszustand einem nähern Gegenstände als^ den* augesebauten entspricht, so ist der Farbensaum des undeutliche» Bildes in eben der Folge roth, gell), blau, violet aber umgekehrt? nämlich violet, blau ist dem Schwarzem, gelb, roth dem ÄVeisse» näher. Sieht man mit beiden Augen undeutlich und also Doppelbil- der, so ist, wenn die Augenachseu sich hinter dem Objecte dei Doppelerscheinung kreuzen, die Folge der Farben wie im ersten Falle. Kreuzen sich die Augenachsen vor dem Objecte der Do]i- pclerscheinung, so folgen sieh die Farben wie in dem zweite» Falle. Sehr lebhaft erscheinen auch die Farhensäume an den Bah- men der Fenster, wenn man durch diese blickend fernere Gegen- stände fixlrt, oder mit auf das Fenster gerichteten Augen eine» nähern Gegenstand, den vorgelialtenen Finger, deutlich ansieht. Die Farbensäume erleiden eine A'^crunreinigung durch daä A'^orspi-iiigen der suhjcctlveu Kachlnldcr am Bande des objective» Bildes bei einer leisen scllllchcn Bewegung des- Auges. Das sub- jeclive Nachbild eines schwarzen Feldes auf weissem Grunde is*' weiss, eines weissen Feldes grau, eines farbigen Feldes die com- plemeutär entgegcngcsclzte Farbe. Bei längerem lixircnilem Be- trachten eines Feldes deckt das physiologische Nachbild das ol>- jecUve Bild, xvird aber das Auge ganz wenig zur Seite bewegt? so kömmt der Band des physiologischen Nachbildes am Bande des ohjectiven Bildes zum Vorschein. Diese Säume, welche bloss auf der Seite erscheinen, nach welcher das Auge schwankt, muss man wohl von den dioptrischen Farbensäumen unterscheide»? welche ohjcctiv sind und ihren Grund in den brechenden Mcdie» des Auges haben. Gomparetti hat beide gemischte Phänomen» beschrieben. Das Sehen der Farhensäume hat wie man sieM ganz objective Ursachen im Auge, und an die AVränderungen '» der Nervenhaut, wovon in j)athologischcn AA'erken hier und d» die Bede ist, ist hier nicht zu denken. Tritt das Phänomen patho- logisch ein, so ist es nicht Folge einer Veränderung im Act» des Sehens, sondern einer A'eränderung im Alcrmögen den Befrae- tionszustand des Auges für verschiedene Fernen abzuätulcr»' Manche klagen über das Sehen der Farbcnsäimie bei sonst unge- störter Sehkralt, ohne alle Anlage des Auges zu krankhaften Vei- änderungen der Netzhaut, ohne Anlage zur AndAlyopie und ziu» schwarzen Staar. Hichcr gehören auch die rothen Säume schvvai- 3- fVo-kmigen d. Sehnerven. A<ühdl d. Sensoriums am Schm. 34» *er Schrift bei einer durch Affeet, geistige Anstrengung, SchlaH ‘■‘gkelt elngctrelenen Lähmung der uiueren Vcrandeiungmi des ^efractlonszustandes, die Llutlgen Würfel u. s. w. 'Werden die dloplrlsehen Farhcnsäuuic, wenn man durch ISelUuion- nuextract tlic inneren Veränderungen liir das deutliche ^ e len in 'crschledcnen Fernen amhebt. Siebe das Nälicrc in niemer an- Seliihrtcn Schrift p. 203. i.’ Die farbfeen Llcbthöfc müssen von den dioptrischen 1. a - ^^eiisäuiiiei! unterschieden werden. Capitel. Von den Wirkungen der Nervenbaut, des Sehnerveiis und des Sensoriums beim Sebeu. Alle im vorigen Capitel untersuchten Erselicinungen ergeben aus dem optischen Baue des Auges, d. b. aus der Comliuc^ der vor der Ncrveiihaut liegenden, durchsicbtigcn Media, ^'“e grosse Anzahl von Erscheinungen findet hingegen dire Er- klärung nicht in den optischen Mitteln des Auges sonderiv m i cn l'«benscigeiiscbaftcn der Nervcnliaut, und in il.rer Wecbselw.rkun äi't dem“Sensorium, Dahin gehört nicht bloss der der Jm Pl'mdung selbst und die Wahruehnuuig der staLtgetundeiien \ e - ‘leining der Nervenbaut als Licht und Farben, sondcin auch i Wi’ndlüng der Nctzliautblldcr in Anschamingcn von einem Seh- von Nähe und Feme, KÖri.erlichkcit und Grosse dci Gc^ äj'nstunde. Ferner gehört dahm die Wechselwirkung zui chei 7» verschiedenen Theileii des sensitiven Apiiarales und vit e '^“rch das äussere Licht entweder gar nicht oder nur miUdbai der Nervenhaut hervorgemfenen Erscheinungen. Die tneliei Sehöri„pn Pfmenoiiienc werden in den folgenden Artikeln alige en i'liaenomenc wcrucn m uc. . 1. Von der Thätigkeit der Nervenbaut im Allgememtn ‘•'d von der Mitwirkung des Sensoriums beim Sehen. l- Von. AVechsclwlrkuug verschiedener Tbeile der Ncrvcnh.aift unter 'dl. .3. Von den Nachbildern. 4. Von der gleichzeitigen Wukung *dder Auacn. 5. Von den subjcctlveii Gcslchtscrscheiiiuiigen. o * Von der Thätigkeit der Nervenhaut im A.llgeniciucn uiul von der Mitwirkung des Sensoriums beim Sehen. Acllon der Nctzliaul und des S qrisu riu ms, , Dass die Nervcnliaut nicht bloss Wirkungen von ausscui Ici- sondern selbstständig dagegen reagiit, wurde in der Eiiifeilung ^.‘“■Physiologie der Sinne ausführlich bewiesen. Licht und taioe p'd Actlonen der Nervenhaut und ihrer- Fortsetzungen zum ^ ‘Tn. üiissern Einwirkung hängt es ab, we - “rben und Uchte Bilder einptünden werden. Die Tbatig ei '^rvenhaut ist dalior so wenis unbekannt, dass ilne ^ b-.'geiischaft im Zustande der ircizung Farbe und Licht zu senen, '‘elmehr das üiimd])häuomcn ist, auf welchem alle Untcrsuchiingen 350 V.Buch. Von den Sinnen. 1. Abschn. Vom Gesichtssinn. ül)cr das Selicn liasiien. Scliwingungen einer durclj dis S“"*® Welt verl»reiteleu Flüssigkeit, des Aelliers, von bestimmter GO' scliwindi«keit der Wellen bringen in der Nervenbaut die Einpm'"" dun" einer bestimmten Farbe, Sehwingungen einer andern G®' seb-vvindigkeit die Eniplindimg einer andern tarbe als RcactioU .der Nervenhaut hervor. Die Reizung der Nervenhaut in dein- selben Punete von den versebieden scbnellen Wellen zugleieH bewirkt die Emplindang des Lichten. Dieselben Empfindungei' entstehen aber anch ohne Mitwirkung der Sehwingungen des Ac' thers von Reizung der Nervenhaut dureb Electricität und Druck- W^enn die Veränderungen der. Nervenhaut cs sind, welcl)*' beim Sebeji cmplundpn werden, so kann man auch sagen, dass < Nervenhaut sich selbst beim Acte des Sehens in irgend einci» Zustande empfinde, oder dass das Seusorium die Nervenhaut in «■' geiul einem Zustande wnbrnehme. Die Ruhe der Nervenbaut m ' die Ui\saclie der Erscheinung des Dunkeln vor den Augeuj thätige Nervenbaut ist die Ursache des lichten Sehfeldes in dcrEiO' pfindung. Unter gewissen Umständen sieht man die Nervenhaut ai> sieb selbst und einzelne Theile derselben, ohne dass äussere Ge- "cnstände Bilder auf diesen Theücn venirsäcben. Dahin gehört ausser den Figuren von Dmck und von der Electricität, ein voi> .PunieipcjE zuerst licobachtetes Phänomen, welches hier zuerst er- wähnt zu werden verdient. Wenn man in einem sonst dunkeln Raum mit einem Kerzenlicht 6 Zoll vor den Augen sieb bin und her fahren lässt, oder wenn Bewegungen im Kreise mit dem Liebln vor den Augen ausgeführt werden, so siebt man nach einig«*’ Zeit eine dunkle, baumartige, ästige Figur, welche ihre Acste über das ganze Sehfeld ansbreilct und welche nichts Anderes ist, als di« Ausbreitung der Vasa centralia retinae oder diejenigen Tbeilc de* Retina, die von diesen Gelassen bedeckt werden. Elgentllcb sii>‘ zwei bauniarllgo Fignrcr , deren Stämme sich nicht decken u»* vielmehr im linken und rechten Theile des Sehfeldes entspringe” und sogleich auseinander fahren. Jedem Auge gehört ein Staini” an die Aeste der beiden •Figuren streben im geineinscbaltlicbei' Sehfeld durcheinander. Diese Figuren entstehen auf folgend« Weise. Durch das Hin und Herlahreii des Kerzenlichtes, wird auf dem ganzen Umfang der Retina Liebt verbreitet, und all« Stellen der Retina, welche nicht von den Vasa centralia unmittd' bar bedeckt sind, werderj malt erhellt, die von den Gelassen be- dccklcn Slellcn der Relina hingegen können iilebt erhellt werde” mul erscheinen daher dunkel als schwärzliche Bäume. Bei de” meisten Menschen gelingt das Experiment leicht, bei einigen sebvve' oder gar nicht. Die Aderligiuen scheinen vor den Augen liegen nnd im Sehfelde zu schweben. Dui'eh diesen Versuch er- hält man eine lebhafte Anschauung von der WTrklicbkeit de* Tbatsacbe, dass man heiib Sehen die Zustände der NervenhaU und nichts Anderes als diese empfindet, und dass die Nervenhaid gleichsam das Sehfeld seihst ist, dunkel im Zustande der RuhC; hell im Zustande der Erregung. Eines der schwierigsten Probleme der Physiologie ist nä” aber die Wechselwirkung der Nervenhaut und dys Sensoriui**'^ 3. Wirkungen d, Sehnerven. Anthcil d. , Seiisoriums um Sehen. 3ol '’elm Sellen. Diesen Theil der Physiologie . der Sinne kann man geradezu metaphysisch nennen, da es uns zur Zeit an genügenden «»npirischen Hülhnitteln zur Aufklärung dieser Wechselwirkung gebricht. Wo wird der Zurtund der INervenhaut emptunden, in ‘1er Nervenhaut selbst oder im Gehirn? . Wenn die Zustände der Theilchen der Nervenhaut erst im pehim zur Empfindung kommen, so müssen sie im Sehnerven zum Gehirn in derselben Ordnung geleitet werden, weieüe Theilchen der Nervenhaut nebeneinander haben. Jedem klein- Theilchen der Nei-venhaut muss eine Nervenfaser des Seh- nerven eutspi-echeii. Damit stimmt die Erfahrung keineswegs nl'crein. Vergleicht man die Dicke des Sehnerven mit der Aus- • Steilung der Nervenbaut, so scheint wenig lloflnung zu einer sol- rlien Uebereinstimmung. Denn die Zahl der Nerven ^sern im Sehnerven scheint viel kleiner, als die Zahl der Papillen der INervenhaut. Eine Uebereinstimmung würde daher nur dann statt linden können, wenn die sogenannten Priinitivfascrii des Sehner- '’ee noch ausserordentlich viel feinere Elemente in grosser An- enthielten. Indessen ist zu bedenken, dass nur im imttlcrn der JVetzfmut die Enipiindung scharf ist, mia nimm mau, in der Mitte der Netzhaut die Enden der Fasern J“®" , 'eiieinander liegen , nach aussen hin aber durc i • ^Wischeiiväume getrennt sind, so lallt ein Theil ei scharf ‘eh weg. Die Empfindung ist in ^ittc der Nctzha J so seW "nd auf den Seiten derselben 'so ganz unbesd.mm , “1* y®" ' ‘1er Mitte der Netzhaut einzelnen kleinen rhedchen des Eike ‘lie Enden einzelner Fasern, an den Seiten vielen k einen Ihed- ^lien des Bildes nur eine Faser entsprechen, und als wenn liier ®‘ne Faser In einiger Länge den Eindrücken ausgesetzt wäre, w_an- ^®hd sie in der Mitte der Netzhaut nur durch ihr punctforimges Ehde empfindet. Von besonderer Wichtigkeit wäre hier zu wissen, sich die von Tkevirasüs beobachteten Neryenpapillen der Ite- fiha zur Faserschicht der Retina verhalten, ob lii er la w angieht, iede Nervenfaser in eine Nei-vcnpapille umbiegt, oter eine ! Nervenfaser ganzen Reihen von Papillen ‘«'‘*1’"*.^ '‘• ^ ie würde aber eine Faser die Veränderungen ganzer eii '‘»n Raumtlieilcheh in ihrer Länge bis '“m Sensoriim leiten k - '“^n, wenn im Seiisorium crA die Empfindung der Orte cnGtel c Findet die Präsentation der Empfindungen nur im Geliiin ‘‘hrch die Enden der Nervenfasern statt,, so kann eine l'ascr aucu Alfectidnen in aliquoten Theilcn ihrer Länge nur in einem ^»incte präsentlren. Fände hingegen die Empfindung versch - ‘^ener Orte an allquotcfi Theilen der Länge einer tascr sUitt, s ^ «musste man sich die Seele als in jedem Theilchen der Lange ci- «'ir Faser wirkend vorstcllen, wogegen für die R^cLe.iinarksn - die Erfahrungen über die Empfindungen der Anipu n ci hbeii- Diese Schwierigkeit' Hesse ^Ich durch die ‘ jjer- "®h, dass die höheren Sinnesnerven verschieden von an ^fin n'aher an dem Wirken der Seele participiren, , ,• ^eele bis in die Nervenenden der Retina tortwirke, _i . ‘'ihnesnerven nur -Fortsätze des Seiisoriums sind. Ls is et 352 V. Buch. Von den Sinnen. 1. Ahschn. Vom Gesichtssinn. unmöglich bei dem jetzigen Zustande der ‘Wissenscliat't diess Rath- sei aui'zulösbiu Wie sieb das aueb vcrbalten mag, so ist es jedenialls gewiss, da” auch nacb Verlust der Retina und des äusseren Tbeiles des nerven, die innern oder Hirntlieile des Sehsinnes nicht bloss dit! Empfindungen von Licht, sondern seihst dieselben Anschauung^“ von einem Sehfelde, in welchem Bilder gesehen werden, heiwor- bringen können. Hleher gehören die merkwürdigen von LineK-® beobachteten Erscheinungen. Ein Mann, dem ein lungöses Ang“ e-icstirpirl worden war, sah einen Tag nach der Operation, als e* das gesunde Auge schloss, verschiedene Bilder vor seiner leeren Augenhöhle umherschweilen , als Lichter, Feuerkreise, viele tan- zende Menschen. Lincke de fungo medullari. Lips. 1831. Aehn- liehe Erscheinungen sind schon öfter an Totalblinden beob- achtet. Siehe meine Schrift über die phantastischen Gesicht sef' scheinungen. Coblenz 1826. Hieraus scheint hervörzugehen , dass die Affectionen der Nervenfasern des Selinerven erst im Gehirn selbst zur Cenistruction eines Schraums ^'crwandt werden, und eine Conseejuenz davon wäre wieder, dass die ganze Mosaik de»' Retina durch eine Anzahl übereinstimmender Nervenfasern in* Sensorlum repräsentirt werde, was durch die Ei-fahrung nicht nachweisbar ist. , Der Process der Wechselwirkung zwischen den Eudtheilcn des Schapparates und den Ccntralthcilen desselben ist daher noch sehr unklar und wir können nur bei dem Factum .stehen bleiben» dass alle Ordnung des Gesehenen im Sehfelde von der Ordnung der aflieirten Nclzhautlheilchen abhängt. Grösse des Schfefdes in der Vorstellung. Die Grösse des Sehfeldes hangt ab von der Grösse der Netz- haut, denn niemals können mehr Bilder zu gleicher Zeit gesehen werden, als zusammen auf eobachlcten Erschemun en '“»sen indess noch eine andere Erklärung, nämlich ans du Ver- ‘‘lischunc oder Irradiation der Empfindungen, bei welcher sie Si^^ichsam Zerstreuungskreisc bilden, zu. Nach aussen -Wirken des Gesichtssinnes. , Es kömmt nun zunächst zur Frage, wie das nach «ossen Wir- des Sehens zuerst entsteht. Mehrere Physiologen VoEKMA.«, Bartees, legen dem Gesichtssinne y'lj'ken nach aussen, oder Setzen des c i ‘ j Upj jeJnes ^her was ist zuerst aussen? Da der zuerst Sehende das liUü seines ‘^Ser noJh nkht von andern Bildern zu unterscheiden vermag, *?£nn das nach aussen Setzen ‘1«* Unterscheiden des Gesehenen vom Subject, eni Gntusctieiden 5'^^ Empfundenen vom empfindenden Ich seyn. des Gesehenen ausser dem eigenen Körper ist S ‘1^^ ^'■Uiclls, wie schon in der Einleitung zur Puys.olog.e dei Sinne ^•■«nert wurde. Man sagt, der Neugeborne setze die Gesichtsob- l*'=le gleich anfangs ausser seinem Körper und ausser seinem Au„e , der Neugeborne kennt sein eigenes Auge, wie seinen eigenen ’^’jrpcr in der Form von Gesichtsempfindungen nicht; «"<^1 '•■st durch die Erfahrung lernen, welches von den Bildern, < he ei sein eigener Roller ist. Man kann also nur ««SO«, ‘1^ "^Oügehorne das Empfundene ausser dem empfindenden Idi setzt, ^"‘l nul in diesem Sinne setzt er das Emplundene nach auss m den Thiercn ist diese Reac-don des Sensoriums nach aus cn "'‘f sicherer, durch Mitwirkung des Tnst.nctes, denn d«« ^ ^ 8^1‘t bald auf die Zitze der Mutter zu, und in «ensoi um ein angeborner Antiieb seyn, das gefehene Bild, das dem ^^honden Ich” äusserlich oder Object »st durch Bewegungen zm ^reichen., Weiss der Neugeborne dr.s Bild des eigenen K -p ;'‘'f«ngs nicht vom Bild der Aussonwelt zu ‘j.l'^rLst^idS \erkl er bald, dass gewisse Bildchen im Sehlcld as ■ ^'oderkehren, und dass sich diese Bildchen l>evvegen , wenn Jor Körper willkührlich bewegt. Diese sind Bilder des ^ ^Olpers, alle übrigen Bilder verändern sich theils ganz ^ ^ gen sL^'^die Bilder «0‘i nicht den Bewegungen des Individuums. tJas si 356 V. Buch. Von den Sinnen. I. Aherhn. Vom Gcsichissinn. der Ausscnwelt, ■wclclie nun als ausser dem Röi-per des Indivi»!'*' ums räumlicli existirend gesetzt und fort und fort in dem n'"’ entstandenen Sehraimj der A'^orstelluug sich xriderholt. Vom Aog*' sofern cs sieht xxeiss der Neugehorne nichts. Der Seheim in aß' hat überhaupt xvenig Gelegenheit zu erkennen, dass im Auge S sehen -wird. Nur in den Fallen, wo zwar im Auge emptundeo? aber niohts bestimmtes Acusseres gesehen wird, hat man die Icgcnhelt zu bemei’ken, dass das Auge der^ Schauplatz dieser klingen ist, im Empfinden des Dunkels vor den geschlossen®'' Augen und im Empfinden der durch die geschlossenen Augenb®' der wirkenden Helligkeit. Auf die eben dargcstellte Art m®** der neugeborne Mensch lernen die sichtbare Ausscnwelt sich selb* gegenüber zu setzen oder die sichtbare Welt ausser sich zu setzen- Bilder des eigenen Körpers im Sehfelde. Gewisse TheUe unseres Körpers machen nun fast immer e'' nen Thell des Sehfeldes , des Auges und also auch der Gesichtsvob" Stellungen aus. Wenn wir mit einem Auge sehen, so wird d'® eine Seite des Sehfeldes vom Bilde der einen sichtbaren Seite <1®* Nase eingenommen. Bewegen wir die Augenbraunen herab, so nC*'' men die Augenbraunen den oliern Theil des Sehfeldes ein. W*®' die Wange erhoben, so sieht man einen Theil davon an der tern Seite des Sehfeldes, und wird der äussere Theil des MuscU' Ins orbicularis palpebrarum contrahii’t, so wird auch der äusse®® Tbeil des Sehfeldes durch ein Schattenbild, was von den U®"' gebungen des Auges herrührt, begrenzt. Bilder von Theil®*' unsei'es Köi-jicr.i können also in der ganzen Peripherie des Seb- fehles erscheinen, und zwischen den Bildern von unsern Rörp®®' theilen liegen dann die Bilder der äussern Gegenstände. We"® wir mit einem Auge sehend die Nasenspitze fixiren, so ragt Bild der Nase von der einen Seite des Sehfeldes bis in die Mitt®' Wenn xvir mit beiden Augen zugleich sehen und die Nasenspif*® fixiren, so liegt das Bild der Nasenspitze in dei- Mitte des iiutcrl Thcils des Sehfeldes, beiden Augen zugleich angehörc-ud, während die- Bilder der Nasenseiten zum Theil verloren gehen , indem eine Auge äussere Objecte sicht an der Stelle, wo das andere e*®. undeutliches Bild der Nase hat. Wird das Auge mehr nach ab' wärls gewandt, so erscheint am untern Theil des Sehfeldes nicb mehr bloss die Nase, die Wangen und die Lippen, sondern an®* der Rumpf und die Extremitäten. Bei jeder Stellung des Aug®'^ aber sieht es immer einen Theil unseres Körpers, der eine b®' stimmte Stelle in der Periphei-ie des Sehfeldes oben oder unt®" oder an den Seiten einnimrat, und das Bild unserer Rörperthe* macht einen integrirenden Theil der meisten Gesichtsempfindung®" und Gesichtsvorstellungen aus. Obgleich die Bilder unseres Rörjiers auch nur auf dem S®*'' fehle der Netzhaut abgebildet, und von diesem aus dem Sensoriiu" präsentirt xverden, so legt ihnen das Sensorimu mit dersclb®|' Sicherheit xvie den Bildci'u äusserer Gegenstände Objectivität bc- Genau genomm.en ist das Bild unserer Hand, das xvir sch®''? 3. Wirklingen d. Sehnerven, Verkehrt sehen, Geradesehen. 35/ ««kl ,Ue II., „d «.lb.1, »ndcn. il,r Sel.cin. Wir gmfcn „.el. I-Uvas, .und indem wir dlcss lliun, gescluclit im Bddc fei- ges der Nclzlmut dasselbe, wir selien, Steife , • Säbeln unserer Hand den Seliein des Ob,ectes , ei gma. Von bcrascllien Aetc werden wir aucli durcli einen andern Sm , ‘'«s Geiuld der Hand und ibrer Bewegungen unternebtet. ‘ierbar Sleint nun, dass, obgleich das Fidden unsere. Rorpci^^^^ ‘'■"1 das Seben derselben an ganz .erscbiedcucn Orten geschic , ‘^ocli beiderlei Eiuplindungen nie in Wulersprucb gcratben. • Ibirmonie und die Vereinigung beiderlei >*ucb dureb die Vorstellung. Dass dem so Beispiel uns versinnlicben, wo die Aersch ^ .u; Fm '‘MiaulFallender ist, «li« Vorstelbmg aber gle.^ wo M be^ E Pbndungen niebt minder enge verknüpft. ^onn Wir das t "'isei’es^Körners und seine Bewegungen im Spiegel sehen, d Uiiuk btvSn und davon durcb^las Gclubl sowobl, als dureb ‘‘■'S Bild im Spiegel unterriebtet werden, so gelingt es «ns auch, G^e !nd^las Gescbeiie, obgleieb es an Orlen stattfmdcl, dureb die Vorstellung zu Einem obiden., V e r k e h r t s e li c u und Gerades ch c n. S,.cl, „,,i.cl,c.. C...eur„ ii Zil ''Us luv: ^b'eebt wie Im Obiccte seiie. ua mmej „i, eileben eins und dasselbe sind, so ist die ^ ‘sgedrüekt, ob die Nctzbauttbeilcbcn beim Sebrii m ihrer na •gemässen Belalion zum Röriicr emplunden • , .j.^ Meine Ansiebt, der Saebc, weRbe i^ W.G n d Seb^^^ Meine Ansicht der Sache, wetciic ‘‘'“"''-.''7; “ i- j^^s "''er die Physiologie des Gesiebtssnmes entwickelte, st die, ;';««« wir abeb verkehrt sehen, wir niemals als d ueb op is^ e ^»tersucbuiigen zu dem Bewusstscyn komriien »^00. 011, bi s wu ''«‘'^ebrt sehen und dass wenn Alles verkelirt gesehen wiid, ehe ’^'d.u„ ' aei Gegenstände auch in keiner AVe.se ges ort wird £» ist w^e mit d?r taglieben Umkehrung der f-gens^nde mj de S'-Xueii Erde, die man nur erkennt, wenn man du. ^^-^od ^ ^i'=stirne becdiacbtet, und doch ist cs gewiss, dass ■nuerbalb id Jbindcn Etwas im Verbidtniss zu den ‘‘■«.cr unten war. Daher findet beim ^ob- aucli kenie Di bai >>le zwischen Verkehrtseben und Geradeluhkm statt den ^•rd eben Alles und auch die Tbeile unseres Korpeis vmkU^_ 8*iseben und Alles behält seine relative Lage. Aue 1 t ^/’^er tastenden Hand kehrt sieb um. AV.r nennen £ S^'nstände anlrecbt, wie wir sie eben sehen. Emo . . ‘,“«S der Seilen im Spiegel, wo die rechte Hand den _ d‘‘s Bildes eiiinimmt, wird schon kaum bemerkt uiu 358 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahsrhn. Vom Gesicht s.iinn. fühle treten, wenn wir nach dem Spicgelhihle unsere BewegungP® rcguliren, wenig in Widersjjruch mit dem, was wir sehen. Z- T/enn wir nach dem Spiegelhilde eine Schleife an der IIals])inJ® machen. Einiger Widerspruch ist allerdings da, weil die IJmkeh' rung unvollkommene Umkehrung der Seilen und nicht Alles gleich nmgekehi'l ist. Volkmann ist mit der vorhererwähnten Ansicht einverstanden- Auch er behauptet, dass es einer Erklärung des Aufrcchtsehen» nicht bedarf, so lange das Auge nicht Einzelnes, sondern AU®* verkehrt sieht. Verkehrt kann nichts seyn, sagt Volkmann, nichts gerade ist. Denn beide BegrilFe exisliren nur im G®' gensatze. Die Erklärung des Aufreebtschens, dass man nicht das: der Netzhaut, sondern die Direction der Lichtstrahlen sehe, ent- hält etwas Unmögliches, da eine bestimmte Direction der Licht- stndilcn nicht vorhanden ist, sondern jedem Puncte ein gantet Lichtkegel entspricht, und da doch immer nur der Zustand det Netzhaultheilchen und nicht etwas vor ihnen Liegendes empfunde® werden kann. Auch die Erklärung, dass die Nervenhaut nach aussen wirke und die Objecte in kreuzender Richtung nach aussc® setze, z. B. nach der Richtung des Perpendikels der Netzhautkrüi®' mung (Bartels), ist eine ganz willkührliche Annahme, da m»® nicht entfernter Weisse einsehen kann, warum eine Richtung vo® der andern den Vorzug haben soll, und da jedes Theilehen dct Nervenhaut, wenn es das Vermögen nach aussen zu wirken hält®» nach ebenso viel Richtungen wirken müsste, als sich Radien vo® ihm gegen die Aussenwelt ziehen lassen. Da man nun das Ve®' kebrtsehen niemals bemerken kann, so ist es auch nicht wahr- scheinlich, dass die Natur im Gehirn oder anderswo eine Cof- rection von einem Irrthnm veranstaltet habe, den man nie an- ders, als bei Austeilung optischer Untersuchungen erkennen kann- 'Der kreuzende Verlaut der Sehnerven kann nicht dafür angeführ*- werden, da die Kreuzung nur eine theilweise ist. Vergl. übe® diesen , Gegenstand Berthold üöer das Aufrechterscheinen der sicht sohjecte. Giiit. 18.30. und Bartels Beiträge zur Physiologie Gesichtssinnes, Berlin. 18.34. äre es möglicb, dass von einem Gegenstand ohne Mitwir- kung des Lichtes ein Bild aut der Netzhaut entstände, z. B. durch unmittelbare Berührung, so würde in diesem Falle eine Erschei-; nung des Objectes ohne Umkehrung des Bildes stattfinden, uo® Ware es möglich denselben Gegenstand einmal durch das ausser® Liebt und zum zweiten durch unmittelbaren Anstoss desselbc® aut die Netzhaut zu -sehen, so würden die auf beide Weis®® bewirkten Bilder auf entgegengesetzten Seiten liegen müssen- Diess ist in der That in Versuchen möglich. Wenn man z- mit dem Finger die Netzhaut durch die Sclerotica hindurch drückh so erhalt man vom Finger ein unmittelbares Druckbild. Zuglei®® kann man aber auch den Finger durch Vermittelung des äussen» Lichtes- sehen. Beiderlei Bilder liegen auf entgegengesetzten ‘‘’C*" teil. Drückt man im Dunkeln lici geschlossenen Augen mit de>® oben gesehenen Finger den scheinbar obern Theil des Auge® 3. TFirkungen des Sehnerven: Richlung des Sehens. 359 *0 erscheint das Druckhild unten, drückt man' den untern Tlieil '1er Nel/.haut, so erscheint das Uruckhild ohen, drückt man den 'ieclitcn Theil der Netzhaut, so erscheint das Druckhild links Und ■ehenso umgekehrt. i: IVichtung des Sehens., Ehe uir diesen Gegeivstand ganz verlassen, müssen wir noch ''•■»von handeln, wa^ Einige llichlung des Sehens nennen. Gegen- ^huidc, welche auf dasselbe NetzhauUheilchen dire Edder werlen, ''•»gen in einerlei Eichlung des Sehens. Es sind ni Umsicht der ^»■suchen, Velche die llichtung des Sehens bestimmen , zwei An- sichten möglich, wovon mir aber nur die eine als die richtige ^cscheint. ' , . i i i 1 1 1. Die Eichtling in welcher Etwas gesehen wird, hangt bloss 'cii dem afliciiden Netzhautthcilchen ab, und wie weit und in "’elcher Richtung dieses Tlicilcheii vom Mittelpunctc der ganz.en i^ciz.haut entfernt ist, oder welche Stelle dieses Thedchen in der jl^nzen Mosaik der Netzhaut einnimmt. NVirkt auch die Vorstel- , '«»g nach aussen, und projicirt sie die AlfectiOnen der Nctzhaiit "■■»ch aussen, so bleibt sich die Relation der hddercheii gleich, '•»d die Gesichtsvorslellung kann gleichsam a s eine ^«i^etzung '•es ganzen Sehfehlcs der Netzhaut nach vorwärts gedacht weiden, '"»hei die Seilen dieselben bleiben, das oben erscheinende oben, das unten erscheinende auch unten vorgcstellt wird. So wenn d h a c e die Netzhaut wäre, d' h' d c’ e aber die Projection der Bilder der Vorstel- lung nach aussen, so wäre a die Pro- jection von'n, // die Projectiou von h, c' die Projectiou von c u. s. w. h liest in der Vorstellung auf derselben Seite wie im NetzhaiiUiilde A, so liegt c' auf derselben Seite wie das Nctzhautbild c, und eben so mit allen andern cntsprecbcndeii Puiictcii ; oder denkt man sich die Js'etzhaut eben, so wäre die Projcction wie in der zweiten Figur. Die Aus- dchnimg, w’clche d! e' er- hält, hängt bloss von der Vorstellung ab , unverän- dert bleiben liloss die rela- tiven Lagen von d h' c- d e . , 2. Dieser Ansicht entgegengesetzt ist, dass die hei*Riljg^ sich, kreuzen, wie in der folgenden Figur, * ^ctzliautbildes nach der entgegengesetzten Seite inder Apis c iing projicirt, oder in der Richtung ad gesehen w-erde. Diese letztere ölüljev’s Physiologie. 2t Bl, II. ' 24 3W) V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahf.chn, Vom Gesichtssinn- Ansicht )ianh wieder sehr verschieden sey"; nach der Lage des Rrcuzungspiinctes, ' dien man lür die Directionen anninimt- Hierher gehört: a) die Ansicht derjen*' gen, welche glauben, dass man die Directio" des Lichtes w'ahrnchme , und also auch der Direction des Lichtes selbst sehe, cin^ mcrkw'ürdiger Weise selbst in den physikah' sehen Lehrhiichern sehr häufig verhreitch’ Vorstellung. Schon Porterfield hat die Llf" slattbaltigkcit derselben bewiesen und MANN zeigt dasselbe. ^ ■ Eeim gewöhnlichen Sehen wird jeder Punct des Bildes der Retina 'durch die'SpiUe eines Lichtkegels hestimmt, de.ss^ Basis die Breite der Pupille ist. Welcher dieser Strahlen Kegels soll die Direction bestimmen? Der Achsenstrahl; aber^f' peripherischen Strahlen sind, wenn sic heim Sehen durch ein Rai tenloch isolirt werden, auch hinreichend. Ist der Punct o. w'eit' vom Auge entfern ' dass seine Strahlen vor ikr' Netzhaut in o sich zn**! Punctc vereinigen, und siO‘ ^ mn zwei R artenlöcher, entwerfen sich hei xy zr'f* Bilder von den, durch ‘l“” Kartenlöcher durchgehei'' den Lichlhündcln. Ist hingegen a, in der zw'eiten Figur zu nalie dem Auge, dass das Bild hinter die NetZ' haut fällt, und mn w’id®* die Kartenlocher, so ersehe’' neu zwei Bilder von den dui'C die Kartenlocher durchgebe’’' den peripherischen Strahjej' des Lichtkegels nämlich • Bel einer bestimmten Entf*”' nung des leuchtenden Punctes a kann die Entfernung von x u”’ y der zweiten Figur so gross als die Entfernung von x und der ersteu Figur seyn , und die Bilder er.scheinen dann an der^^ selben Ort, dennoch ist die Direction der Strahlenhündel ’’ der ersten Figur und oxl in dei zw'eiten ganz verschieden. . b) Die zweite Modiiieation der zuletzt erwähnten Theoria die von Porterfield und Bartels , dass jeder Ketzhautpuncl ' der Richtung einer auf der Netzhaut oder der Tangente des Nfi ‘ ^ hautpunctes senkrecht stehenden Linie sehe. Diese Ansicht ist g‘*i’ willkührlich. 2. c) VoLKsiANN stellt clno dritte Modiiieation der i^[ genannten Ansieht auf. Die Richtung der Emplindung sei begrünt durch die Lage der emplindenden Stelle zum Kfeuzungspunct Sehstrahlen, welcher nach seinen Untersuchungen mit dem Netzha hildchen und dem Objecte in einer Linie liegt. Vergl. oben p.o .3. TVirkungen des Seknerven. Vriheil heim Sehen. 361 Unddicsns finde zufolge angeborner undtiiclitzu erkliU-en der Gesetze Allerdings findet ]diysikaliscli die vollkommenste Ueberein- ■‘'timmiuig zwisclien den Objecten und den Netzhautbildern statt, lind der genannte Rrcuzungspunct ist cs, diu’cb welcbcn die von •len einen zu den andern gezogenen Linien gcmcinscbafllicb dureb- Seben. Indessen liegt uacb meiner Meinung in der Thatigkeit Sebnerven kein nach aussen Wirken in einer l)estimmten tind exclusiven Riebtung. Volkmann statuirt eine nnerklärlicbe ■»«geborne Beziehung der Vetzliauttbeiicben zu einem Kreuzungs- Pwnet liinter der Linse. Die Annalnne von etwas Unerklär- **cbem bat man bei der unter 1 angeführten Ansicht nicht nö- "'ig. Jedem Bild ist seine Riebtung durch seine Lage auf der ^clzliaut und durch die Lage dieser Stelle zur ganzen Netzhaut ^'pstimmt, und in derselben Ordnung, aber ohne Kreuzung ppoji- ^'•■eu sich die Gegenstände in der Vorstellung. Das Projiciren *^*>00 nicht von einer blossen Biegung der Netzhaut abhängig seyn, ist nach meiner Meinung in der Ordnung der Nctzhauttlieilchen einander begründet. Alle Erklärungen der Riebtung des Sehens nach demPrincip zweiten Theorie leiden an einem gemeinsamen Fehler. Das '''®licn mit zwei Augen zugleich widcrspi'icht ihnen sämmtl ich. ^'eiin die Richtung des Sehens abhängt von einer Wirkung der Netzhaut in irgend einer Ijestimmten Richtung nach aussen, ent- " eder in der Direclion des Drehpunctes der Augen, oder m einer ^^'clituno die auf der Netz.haut senkrecht ist, so ist das Einfäch- sehen mit beiden Augen gar nicht denk- liar. Denn das Auge A wird das im Mit- telpunct der Netzhaut liegende Bild des Punctes e in der Richtung ace sehen, das Auge B wird hingegen das in den Mit- tclpunct der Retina fallende Bild von c in der Richtung bed sehen. Dasselbe r wird also nach jener Theorie an zwei ganz verschiedene Orte versetzt wWden müssen. Dass die Mittelpunete beider IVetzhäute immer einfach sehen, kann nicht entgegnet werden. Denn wenn sie das- g selbe Object an demselben Orte sehen, so können sie es niclit in den Richtun- gen ace und bed nach aussen setzen, so können sie nicht einfiich sehen, w Hängt hingegen die Riebtung, in wel- '•‘'fir etwas gesehen wird, bloss vom VerhäRniss der afficirten Netz- 'äiittheilchen zur ganzen Netzhaut ab, so wird c auf den identi- Stellen a und b beider Netzhäute einfech gesehen, und die Mitte des Gesichtsfelde? beider Augen einnehmen. ^rtheil über Gestalt, Gro.ssc, Entfernung, Bewegung. Zuletzt kommt liier in Betracht das Ürtheil über die Gestalt ilire Grosse, Entfenuing' und Bewegung* Urlheil 24^ .362 V. Buch. Von dm Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. von tlor Gestalt der Körjier ans dem Gesicht Ist, tlieils Mossf- Folge dei' Empfindung, tlieils comhinirter Vorstellungen. Da d'e Form der Gesichtslilhlcr durcliaus abliangt von dem Gmtaiig dei aflicirten Netzhauttlieilclicn, so reicht die hlossc Emplindung di*'’ zur Unterscheidung einfacher tlächenhafter Gestalten, z. B. eine* Quadrats von einem Kreise. Molyneux legte Locke die Frage vor, «h ein Blindgehornei? welcher einen Cubus von einer Kugel durch das Gefühl unter' scheidet, nach plötzlicher Erhaltung des Gesichtes beide durd' das Gesicht zu xuiterschcideu vcmiöge. "Warum heide'Wiilosopheö sich verneinend erklären konnten, ist nicht cinsusehen. Denn da-' Fühlen und Sohen lieruht auf denselben Grundanschauunge” von der Ausbreitung unserer eigenen Organe im riaiime. Daher hat auch ein neugehornes Thier sogleich Empfindung der hestinini' ten Gestalt, indem cs die Zitze der Mutter sicht, und diess hC' Tveisst allein, dass die Fähigkeit einfache Gestalten aufzufassen nicht erlernt wird. Dagegen ist die Beurtheilung der Gesichtsbihh’* auf die verschiedenen IVimensioncu der 'Köi'per eine Sache der Uebung, da alle Gesiclitsanschauungen ursjirünglich nur flächeU' haft sind, und das Urtheil die verschiedenen Flächen, die nia" bei anderer Stellung zu den Kpi'pern an ihnen -vvahrnimmt, z'’r Vorstellung von einem Kör^jer ergänzen muss. Der von CassEt' DEN Operlrte sah Alles in einei’ Fläche, wie es sich in der That in einer Fläche darstellt. Indem aber die Bilder sich ändern, w'ährend wir uns im Baume bewegen, indem wir zwischen de» Bildern gleichsam durchschreiten, entsteht uns die Vorstellung de’ Tiefe des Sehr.iums, welches eine blosse Vorstellung und keine Empfindung ist. Die scheinbare Grösse der Gegenstände hängt zunächst von der Grösse des aflicirten Thelles der Netzhaut, oder von der Grösse des Gesichtswinkels ah, unter dem sie dem Auge erschei- nen. Das Urtheil über die wahre Gi-össe der Gegenstände au^ der scheinbaren i.st eine Sache der Uehung und der Comhinatlo” aus schon vorhandenen Vorstellungen von Nähe, Ferne u. s. Die Beurtheilung der Nähe und Ferne ist keine Sache der Empfindung, sondern des Verstandes. Jeder Gegenstand wird 1’’’ fern gehalten, der unter klcinenn Gesichtswinkel erscheint, als C’ in unmittelbarer Nähe gesehen wird. Derjenige erscheint ferne’» w'clcher von andern zpm Theil bedeckt öder relativ kleine’' gesehen wird, als er erscheinen müsste, wenn er mit den andcJ'” Gegenständen in dersclhen Entfernung gelegen wäre. Diese B”' örtheilung wird erworben, uml ist beim Menschen wenigstens nlchf ursprünglich. Für das Kind liegt Alles in gleicher Ferne und greift nach dem Monde nie nach dem N.ichsten. Es wird von den meisten Physiologen behauptet, dass di6 'Stellung der Augen.aehsen, welche nöthig ist, um einen Gegenstand zu fixiren, auch viel zur Beurtheilung der Entfernung beili'<’8®’ indem die Achsen der Augen mehr und mehr convergireo? je näher ein Gegenstand ist. Dieses Mittel ist indess überschätzt- Bei Gegenständen, die in gerader Jllchtung vor den Augen liege”» kann cs allerdings sehr wirksam sevn, aber hei seitlichen Gegen- 363 3. Wirkungen des Seimcroeit. Vrtlieil keim Schert. s^i'nden uuiss es alle Wlrksiunkeit verlieren, wie sidi leicht he- t ^ •.!* 1 <■* •••- 1 - . ..1*. . ...I fvai»«/ •»»» "eisen lasst. Denn scilhcli ‘Icre Convergeiiz der S ■ 1 ri^uii/. uti ^.eliachsen zur hixation al^ wenn beide auch in dersellieu Enllernung liegen • . I • .1..,..» C/>1k *0 scheint sich der Boden zu bgwegen und zwar m entgegmigc- ^dEter Richtung als die Wellen des Wassers es r^>-scbei„ung bemerkte ich oft, >ci.n ich er Teiimcratur, cUc sonst lür warm gelten wurde Die Unter- seliiede von hell und dunkel, warm und kalt sind daher relativ. Die Nachbilder verändern übrigens ihren Ort in Bezug zuni 8«iizcn Köimer mit jeder Bewegung des Auges, und ei^ciieinen '“*5 leicht einzusehenden Gründen immer da, wo man die e z- "aiit hin wendet. Man betrachte ein schwaraes Quadrat aut ei- nemweissen Felde, lange Zeit fixirend. Wen- det man dann den Blick ein wenig ah, ohne dass das Auge das schwarze ' Quadrat ganz vei' lässt, vielmehr auf den Randtlieil des Quadrats, so fällt ein Theil des Nach- bildes als ded! frei auf das weissc Blatt, der daher als lichter Rand an der einen „ Seite des objectiven Bildes hervorragt. In '‘»»ein Stück decken sich das objective Bild und das Nachbild. Stück des obiectiven Bildes nämlich ist ganz frei gewor- Der freie Theil des Nachbildes a c <1 erscheint dann sein der freie Theil des ohjectiven Bildes ahd erscheint tiei Schwarz der Theil hingegen wo sich Nachbild und ^jectives Bili ‘l«cken, 'erscheint sehwarzgrau, als wenn .hleichc 1 sollten. Die Erklärung ist diese. Die '»ut ddd, welche vorher Sehwai-z gesehen , sieht ‘1«» '•«Her weil sie ruhi- ist, daher der lichte Saum Die Stelle •'«sBddes wo sich das oh jective Quadrat und das suhicctive Qua- •'••at decken, ist nicht verändert. Die frei gewordene Stelle des ••'•iectiven Bildes aid erscheint sehwarzer als zuvor, denn indem Blick sich nach der Seite gewandt hat, lallt dieser Theil des «biectiven Bildes auf eine Stelle der Netzhaut welche vorher den '»eissen Grund gesehen hatte, und welche daher abgestumplt ist. B. Farbige Nachbilder n.ach farblosen objectiven Bildern. Goethe Farbenlehre /i. 14. ■ Wenn die Netzhaut von einem sehr heftigen lichten Eindruck B. dem Lichte des Sonnenhildes aiheirt war, so erscheint das '^»chblld nicht bloss entweder licht auf dunkeim Grunde, odci_ ‘'^'nkel auf weissem Gmndc, sondern das Nachbild nnmnt bis zur ''ollständigen Erholung der Netzhaut suhjective Farben ««•l Farben sind die Zustände, welche die Netzhaut von ßl««" ‘!'^ng bis zur Erholung durchläuft. Auf das dunkle Nachbild der ^enne auf lichtem Grunde folgen sich dunkele Farben bis zur “ellsten in folgender Ordnung: schwarz, blau, gruii, gelb, weiss. Farbcncrschcinung entwickelt sich vom Rand aus. Ist "•'•s Nachbild xvciss geworden, so unterscheidet es sic i 'äehr von der weissen Wand,, d. h. diese Stelle der Nctz-ha t Sieht die Wnn,l iptvt oeradc SO, wie alle anderen nie «'cHt die wmisse Wand jetzt gerade so, wie alle ««de^en nicht 8«hlendetcn Stellen der Netzhaut. Sieht das Auge aus . ganz Dunkele, so ist die Folge der Farben vom VVcis.c vou der hellste« bis xnv dunkelsten Farbe, zuiclx >>■ bchwarzen, nämlich weiss, gelb, orange, rotli, violet, blau, • *•>1 das Nachbild vom Blauen ins Schwarze übergegangen, so uii- 368 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn. tersclieUlct es sich nicht inelir vom . dunkclm Gi-iuide, d. h. die»^^ Stelle der Netzhatit ist so nxhig wie alle anderen, welche vorhei gar nicht gereizt waren. Auch diese Erscheinungen, welche sich aus oLjcctivcn Ursa- chen gar nicht erklären lassen, zeigen wieder, dass die innere Ursache der Farben in den Zuständen der Netzhaut selbst liegh 'Totk . 111. F.trbigc Nachbilder nach farbigen objcctiven Bildern. Die Nachbilder von farbigen objcctiven Bildern sind iininr* farbig, und zwar zeigt das Nachbild niemals die Wiederholung der objecliven Farbe, sondern iiniur' den complemen Ihren Gegensatz der pri- mären Farbe. Das Nachbild von Ruth ist also grün, von Grün ist rotli, d“* Nachbild von Gelb ist violct, von Violr*' ist gelb. Bas Nachbild von Blau orange, von Orange ist lilau. Die sic'' x/ote't’ '6laa grilw .1 gegenseitig hervorrufeuden Farben su'" in beisteheiuler Figur stellt. gegenübergc- Blickt man längere Zeit auf ein lebhalt rotbesFeld auf weis- sem Grunde und wendet dann plötzlich den Blick ganz zur Sed® auf den weissen Grund, so crselieint das Nach- bild des Quadrats in derselben Grösse und Ge- stalt aber grün. Wird der Blick nur wenig zU' G H Seite, z. B. auf die Seite des objcctiven Bildrj gewendet, -so decken sich objectives Bild uiu Nachbild zum Theil, wie in beistchender Figui> aber ein Theil des objcctiven Bildes R ist frcb ein Theil des Nachbildes ist ebenfalls frei G, und dieser Tl'-C erscheint als einseitiger grüner Saum des rothen objecliven Bilde*' Da, M'O sich das objective Bild und das Nachbild decken, ist diU Farbe des objecliven Bildes vorhanden, aber ins graue geschwächb weil die Netzhaut -an dieser Stelle für Roth durch das grün® Nachbild abgestumpfter ist, als an der fetzt frei erscheinende" •Stelle des objecliven Bildes if, welche auf einem Theil der Netzhaid liegt, der vor der Wendung des Blickes den weissen Grund sah- Die Erklärung dieser Erscbeinungeii kann eine doppelte scyu? eine Erklärung jeitet sie aus jihysikalischen , die andere aus phy- siologischen Prinoipien ab. 1. physikalhche Erklärung. Das’ weisse Licht enthält alle bi'*- ])en zugleich. Sieht die Netzhaut von einem objecliven roth<"| Bilde weg, so ist sl(’ für das rothe Licht ahgesturnjilf, aller für die andern farbigen Lichter noch empfänglich, sieht diese Stelle de' Netzhaut nachher auf eine weisse Wand, so erkennt sie weg®" der Absüimptung für Roth, das im weissen Licht der Wand eoR hallene Roth nicht mehr, wohl aber sieht sie die im W'eissen Li" noch enthaltenen übrigen Fai'ben , den complemcnfaren Theil z" Roth nämlich Grün. 2. physiologische Erklärung. Das Sehen einer der diei Haupi-- 3. JVirkungen d. Sehneroen. Wechselwirk, d. Kletzhauttheile. 369 ist nur einer .1er drei Zustände, zu welcUeii die M.aut mrcgt, so l^edndet siel, die Netzhaut un Max.munr der iendcnz 'u de; complenxentären Farbe, die daher u. »lern Nuehlnldc a ‘■■iU. Beide Erklärungen sind im Allgemeinen ‘ . rrstcre scheint sogar bestimmter und wahischemlichcr, - >ird doch die physikalische Erklärung Thatsachen unwidu-. ^ehelnlich. Denn Venn die xvelsse Wand .he Ursache findet dies*-^ Einwirkung nicht statt, denn beide haitön sich gleichsam Gleichgewicht. Nimmt aber der eine Eindruck nur einen kleim’'^ Tlieil der Netzhaut, der atulere den grössten Theil der NcizbaU ein, sb kann bei sehr langem Betrachten der Eindruck , wclc ^ den grössten' Theil der Netzhaut einnimmt, sich über die gaiJZ^ Nelzhaut verbreiten und das kleine cnlgcgengesetzte Bild ga« verschwinden, an dessen Stelle daun die Beleuchtung dps Ginind*^* tritt. Die seitlichen Stellen der Netzhaut, welche ausser der Ach**^ liegen, sind mehr als der mittlere Theil derselben zu diesen ti' scheir.ungen geeignet, aber kein Theil der Netz|iaut ist davoi>, ausgenommen. Am leichtesten erscheint das Phänomen jedod* auf der Eintrittsstelle des Sehnerven. 1. Verschwinden der Gcsiclitsobjeetc .•'iisser derEinliillsslcllo des Sehnerven. Man betrachte einen Schnitzel farbigen Papiers auf einen* W'cisscu Grunde lange Zeit bis zur Ermüdung des Auges; auf ein- mal verschwindel der tärbige Elndruek auf eine kui’ze Zeit gan?t und an seine Stelle tritt der weisse Grund, so dass das lai-bign Bild vom weissen Grunde wie weggewischt wird. Gelingt ih'* Phänomen auf den seitlichen Eheilcn der Netzhaut ausser de*', ■Milte am leichtesten, so ist doch auch der mittlere Tlieil de«’ Nervenhaut ilazu fähig, wie man bei dergleichen Versuchen bah findet. Purkinje bat diese Phaenomene beschrieben. Sie bC' w’Clscn, dass bei längerer Dauer der Einwirkung, die Netzhaut' theilchen ihre Zustände einander miltheilen und dass die Thätig' kfiit ihrer Thellehcn in einem sehr beschränkten Grade einci' Irradiation in die Breite fähig -ist. Farbige Bilder auf weissen* Grunde sind dazu am meisten geeignet, eine kleine schwarze b*' giir verschwindet sehr sch>ver und sehr spät auf welssem Grunde» well die Empfindung eines Eindrucks lebendiger ist, wenn sein Gegensatz zugleich empfunden wird. Das Ycrschwmdcn daiieJ’t übrigens nur einige Secunden, dann. taucht das, objcetlvc Bild sn- sleich wieder hervor. % Verschwinden der Gcsichtsobjccte ln der Elnlriltsstclle des Schncrvcri. Das Vei-sehwindcn der Geslchtsobjecte in der Eintritlsstelh des Sehnerven ist länger bekannt und von Mariotte entdeckt- Aber diese Stelle der Nervenhaut hat diese Eigenschaft nicht voJ den übrigen voraus^ sondern besitzt sic nur in einem höherin Grade. Betrachtet man mit einem' Auge einen Puiict so, dass ein davon seitlich liegende* A -j" Gegenstand . sein Bild aul die ' Eintrittsstelle des Sehnerven •■J. rrHungt^n d.Sehnerorn. jre.chseMrkung' d. mzhautth^^^^^^ 371 ^vcvfe,. so verscWlndct das Bild *lens sehr bald. Scldicsst man z. B. das linke d lixirt den beistebcnden Punct in einer Entleruung ^ /oll vom Auge sehr scharf und unverwandt Ä so verschwindet das Kreuz und an dessen Stelle *1'*^ ^ des Grundes. Die Entfernung des Gegenstandes vom Auge ''hva rMal so gross seyn, als die Entfernung des Kreuzes und ''onctes. Dass cs die Eintrittsstelle des Sehnerven ist, wovon duss »l-Vangt, erkennt man sogleich, wenn mau umgekehrt das Kriu 'ixilt.'Bann verschwindet der Punct entweder gar nicht, odei "'eilt schneller als an jeder andern Stelle der Netzhaut. Mit Unrecht hat man aus dieser Erscheinung ge o gc , . -v die Eintrittsstelle des Sehnerven gimz unemplindl.ch ^eh dmin c '^oinrindct in der That, aber die Farbe des Grundes, oder des i '•bHgen Theil der Netzhaut, oder in den nächstliegciulen ihedeii der Nriyliaut vonvaltcnden Eindrucks. , , i Aus' diesen Erscheinungen folgt, dass ‘die NedzhautlheiKhen ''dies eewissen Grades der Wechselwirkung falug sind. Diese '' echlllwirkung kann aber auch in einer ganz andern Weise ei- nigen, wie in den in dem folgenden Artikel zu bcschrcibuidcn d^i'scheimingeu. Bei den vorher beschriebenen Phänomenen pflanzt sich der vorwaltcnde Eindruck ohne Veränderung in die lort um ^‘^nilei den weniger ausgedehnten davon verschiedenen Lmdiuck. de^ jetzt zu heschreiLnden Erscheinungen verändert dei-enio Idindmck ?en midern so, dass der zweite hleiht don Gec^ensalz des ersten zeigt. Die erst genannten Eisclicim 111- S''" treten nur allmählig und hei sehr langer Betrachtung dei , Bilder ein, die letzt genannten erfolgen augenblicklich und dauern. 1. Iiaic und dunkle durcl. Conliast sicä l.ebcnde Bilder. Ein trraiics Feld auf weissem Grande erscheint dunkler gegen den . a.,s iianzc Sehfeld verbreitet hctrachtel. — , 1‘eJH sich durch Contrast stäikcr hervor, |e heller ^ " ist, die ihn verursacht. Hicher gxdmrt Arsche mu.g, als Beispiel lür viele andere gellen kann. Man lieleuc t . Y'^'hscs Papier mit einem Kerzenlicht, das Papier macht dm E n.- ''vuek des Weissen, stellt man nun ein zweites Kerzenlicht davon '■"tfernt auf, und bewirkt man durch doch so so ist dieser grau, obgleich die Stelle des Schattens doc“ '■«llkommen wie v^rh’er von dem ersten Kerzenlicht heleuc^t '^'vd. Dieselbe Stelle erscheint nun grau, die Sonsatz weiss ei-schicn. Daher erscheint auch ein 1- •' h.-i vveisscni Felde viel dunkler, als wenn man ihn durcli ei , "dein hetrachtet. ,‘J"2 V. Biirh. Von den Sinnen. I. Absrhn. Vom Gesirii/ssirm. Viele andere hieher gehörige Ersclieinungen hat Toubtü^^' in seiner Schrift über die Erscheinung des Schattens. Berlin ei'läutert. 2. Physlologisc^ic Tarben durch Contrast. Betrachtet man einen sehr kleinen matt grauen Papierschnü- zel auf einem grossen lichtfiuhigen Felde, so erscheint der Papierschnitzel nicht mehr ganz grau, sondern mit ein, er Icichtei' farbigen Tinte, welche der Contrast der ohjectiveu Farbe Feldes ist. So z. B. erscheint der graue 'Papierschnitzel Icü'"'' i'öthlich anf grünem Felde, dagegen grünlich auf rothera Frlcl* mit orangefarbener Webentinte auf hcUhlauera Felde, und bliiulicher Tinte auf orangenem Felde, gelblich auf hellvioletei*' Felde, violet auf hellgelbem Felde. Um diese Frscheinung sehen, .ist cs nöthig, dass der farbige Grund eine sehr i-eine heil^ viel weisses Licht zugleich enthaltende Farbe liabe. Nicht j®' des farbige Papier taugt dazu. [Am deutlichaten ist die Erschd' nung, wenn man ein farbiges mit dünnem Papier bedecktes vor ein Lampenlicht hält, und eine Stelle des Glases i*” ‘l Papiers mit einem Papierschnitzel bedeckt. Der Papierschnitz*'’ erscheint dann leicht in der Farbe des Contrastes. Die auf P‘ •3()8. befindliche Figur zeigt die Farben, welche physiologisch Cof' traste bilden, die Contraste stehen sich gegenüber. Die physi 183'1. z». 144. 145. bci'ichtet ist. IVirkwigm d. Schncroen. JVerhselwrk. d. N et zhault helle. 37:^ ,3. Farbige Sclialten. Das Phanorneu der farliigen Scliattcii gcliörl in dieselbe Ka- tegorie, wie die \orhei'ervvälmtcn Erscheinungen. Doch suul "'cht alle farbigen Schatten von dieser Art und eine gewisse Classe 'lorseiben liat nur seine Ursache in der farbigen Beleuchtung ei- Oe.s Schattens. a. Ohjective farbige Schatten. Wird der Schatten eines Köi-pers, der von farblosem oder •^"•■bigem Lichte erregt wird, selbst wieder von einem andern 'l'rbigen Lichte crlielit, so liat er natthlich einen farlngen Schein, l» der Dämmerung des Himmelsliclites erscheinen die Schatten •lor Körper bei Kerzenlicht blau und gelb, je nachdem der Schat- l''" vom bläulichen llimmelslieht, oder vom Kerzenlichte beleuch- wird. Es cnlstelien nämlicli ]>ei doppelter Beleuchtung /vvei llolialten mit verschiedenen Earben. Der eine Schatten eines ^b'bchens auf weissem Japier ist unter diesen Umständen, indem nicht vom bläulichen Himniclslichte, wohl aber vom Kerzen- lichte bescliiencu werden kann, gelb, der zweite Schatten ist blau, "eil er vom gelben Kerzenlicht nicht beschienen werden kann, ^ohl aber vom bläulichen llimmelslieht bescliiencu wird. Alle '''»■igen Stellen des Papiers zeigen keine vorwaltende Farbe, weil '"'i Von beiderlei Licht zugleich beschienen , werueii. Lie voU- "ninien ohjective Natur dieser Sebattea hat 1 ohlmann 1 oggesd. 37. 31 y. nachgew'icscn. b. Suhiectioe farbige Schatten. Lässt man ein farluges Licht (durch ein farbiges Glas oder ""eh durch Reflexion) auf eine weissc Tafel fallen, und erzeugt "1*1 der nun farliig erscheinenden Fläche einen Schatten durch "'**Cn auUestellten schmalen Körper, beleuchtet darnul diesen "''chatten mit vveissem Tageslichte, so ist der Schatten von der '‘"'nplemcntären Farbe der urspriinglichen, d. b. griin bei ursprünglichem rothern Licht, k roth violct — — gelb — — . orange — — blau — — grünem Licht, gelbem Licht, violetem Licht, blauem Licht, orangenem Licht. ijiau — - — V* — :r'e T ersuche gelingen auch bei Beleuchtung des Schattens durch !'-Crzcnlicht. Die Beleuchtung des Schaltens durch farbloses Licht '**■ eine notbwendige Bedingung der Erscheinung. Wird im ab- *?*ot dunkeln Raum farbiges Licht eingelassen und in diescin ^*'* S,öhatten bewirkt, so ist er wie Gbottuuss gezeigt hat, nicht tärbig. Es gehört also eine Mittvirkung des weissen Lichtes zur ^fzeugung des Phänomens, sei es, dass dadurch auf das •cht eingexvirkt, oder dass die schattige Stelle der Retina a- ^•irch erregt wii’d. Einige ältere Erklärungen der Erscbeiuun- pti können völlig übergangen werden. Die Erklärung derse len "Or, nur auf einer objecliven Vei’änderung, gegenseitigen Yerani(- 374 V.Buch. Von den Sinnen, I, Ah.’ichn. Vom Gesichtssinn. rmig des larbigen und -weisseu Liclites, oder auf den pbysiolog'- sollen Ersclieinungcn des Contrastes basiren. Eine Erklai’uiig aus olijectivcu Ursachen in rbcn ist eine harmonische, und andere Zusammenstellungen >d disharmonisch, je einseiliger und greller sie sind. Em vor- "errsehendes brennendes Roth ist so unangenehm, als cm grelle» ;e«’schcndes Gelb, ein uniformes herrschendes Blau. Daher schon Sinn der Menschen, wo diese Farben allem m grosserer Ausdeh- ammbracht werden sollen, sic d.irch Beimischung von Weiss GriÜi mildert und erträglicher macht. Dagegen wird das reinste ^ö'h angenehm neben seinem complemenfären Grün, das Blau i^genehrk neben Orange oder Gold, das Gelbe angenehm neben jiolet. Dergleichen harmonische Zusammenstellungen liegen m p. 368. betindlichen Figur gegenüber, wie die complementä- *‘^0 Fiuheii und mau sieht aus der Figur, welche Mischung bar- '^nnisel, ist zu einer bestimmten andern Alischung. Gescbmack- 'olle Frauen mildern die Farben ihrer Kleider, wenn sie einfar- 3 sind, durch ‘Wahl der trüben Farben, oder- stellen in ihren ^hidern, wenn sic reine Farben tragen, harmonische barben zu- ®®;amen, z. B. cin rothes Tuch auf einem grünen Kleide, Lila Gelb, Blau mit Orange. Welche Pracht und Anmuth liegt ä der Verbindung von golilcucm Oi'ange und Blau, einei gold— ?rangenen Frange° an einer blauen Drapperic. Dagegen wurde )eder die Tracht einer Frau, welche reines Gejb und Roth, '^der reines Gelb und Blau, oder reines Blau und reines Roth ®‘dhlcUe, für hässlich und abgeschmackt halten. Nur in den vätionalzeichen und bei den Trachten der Soldaten sicht man ^i^tchc auflällcudc Veihindimgen gew'ählt. , Ajii auffallendsten und unatigenehmslen sind die Zusamraeiistel- ‘^igen von zwei reinen Farben, denen die. dritte fehlt, wenn sie ^^uiplenientär seyn sollen, z. B. Gelb und Roth, oder Blau un y'^tli, oder Gelb und Blau. Diess sind reine Disharmonien. me ’^saiumenstelhmg von zwei Farben, wovon die eine den De er.. S*ng andern bildet, ist weder liarmoniseh noch disharmonisch. ü 1 I|.r'8 I*hysi*»Iogie, 2r ßtl. II. -* 25 376 V. Buck Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gcsichissinn. sondern gleich {gültig, iiulilTerent , z. B.'Gclb und Grün, und Oriinge, oder Violet und Blau. Eine Disharmonie Kj* aber durch das Dazvvischeutreten einer andern Farbe aufgchooe werden vclche zu einer der dishaniionischen harmonisch, zur '*•' dem indifferent ist. Beispiele davon sind die Verbindungen Grün, Gelb, oder Gelb, Violet, Bbtb, oder Blau, Orange, Bf* oder Roth, Grün, Blau u. s. w. Die Disharmonie von llotb w“ Gelb löst sich auf durch das dazwisehentretende Grün, welch ’ harnioniseh zu Rolh und indifferent zu Gelb ist. Die Maler machen von diesen physiologisehcn Grundsatz ^ bewusst oder unbewusst vielfachen Gebrauch, und der wohlthat'f^ Eindruck der Faiben in einer Malerei beruht in der geschickte Zusammenstellung der Harmonien und der Auflösung der ' monien. Oft ist diess Princip bis zur Beobachtung der fai'hiS*^^ Schatten angewandt worden. Die vorzugsweise Wahl trüb® eraucr Farben vermeidet den Iri'thum der Disharmonien, verzic’ tel aber zugleich auf die ganze Macht der harmonischen FarheO eindrüekc. Ausführlich hat über diesen Gegenstand BukgE ' seinem Werk xiber die Farben gehandelt, welches zu diesem tikel vorzugsweise benutzt worden ist. 4. Von der gleichzeitigen Wirkung beider Augen. Durch die gleichzeitige Wirkung beider Augen entstehen da’ Erscheinungen des Einfachsehens durch zw'ci Organe unter stimmten Bedingungen, des Doppelsehcus unter andern Bedingub-- gen, und des Wettstreites der Gesichtsfelder beider Augen. A. Vom Einfachselien mit zwei Augen. J. Mueller Physiologie des Gesichtssinnes. Leipz. 1826. p. 7 b Das Einfachsehen hei zw'ci Organen glaubten Einige leichtesten dadurch zu erklären, dass sie wie Gale annabmC'* man sehe gar nicht mit beiden Augen zugleich, sondern nur eid' weder mit dem einen oder andern. Bei Menseheu von sehr n"' gleicher Sehweite beider Augen kömmt ein solcher vorzugsweise^ Gebrauch eines Auges wohl vor, aber bei der grossen Mehrho der iMcnschen sind beide Augen beim Sehen desselben Objecte* zugleich ihätig, wie man sich aus den unter bestimmten Bcdn’' güngen entstehenden Doppelbildern leicht überzeugt. Von zw'‘j' hintereinander gehaltenen Fingern erscheint der erste dopp^' ' wenn der zweite fixirt und einfach gesehen wird, erscheint d ^ zxveite doppelt, wT.nn der erste fixirt und einfach gesehen W'J * und das eine der Doppelbilder gehört dem einen, das andere de» andern Auge an. , Das Einfachsehen mit beiden Augen findet nin' an bcstinißi len Stellen beider Netzhäute statt, andere Stellen der Netzhao^ beider Augen sehen, wenn sie zugleich afficirt werden, doppelt. Es kömmt zunächst darauf an, diejenigen Stellen Netzliäute durch Erfahrung kennen zu lernen, welche die Eigc*’ 3. IFirkungen des Sehnerven. Einfachsehen. 377 Laben zncleich afficirt ibr Bild an demselben Ort des Sehfeldes zu seben, man kann sie der Kürze des Ausdrucks wegen l'lentiscbe nennen. Auf folgende Weise, lei’nt man diese Stellen kennen. Wenn man im Dunkeln bei gescblossencn Augen eine bestmnntc *^clle des Au"es und somit der Netzhaut an sieb mit dem Fin- 8®»' drückt, °o entsteht ein feuriger Kreis im Sehfelde, und der Druckstelle entsprechende feurige Kreis wird aus Gründen die P-358“. ange>'eben sind, scheinbar an der entgegengesetzten Seite Gesichtsfeldes sichtbar. Drückt man nun in dem einen Auge Obern Theil mit dem Finger, im andern Auge den untern so siebt man zwei feurigeKre.se, einen obern und einen un- der obere gehört der untern Druckstelle des einen Auges,, untere der obern Druckstelle des andern Auges an. Diese *^tellen beider Augen sind also jedenfalls nicht identisch; denn sie ihre Affectionen an ganz verschiedenen Orten. Drückt man Äussere Seite beider Augen, so entstehen auch zwei Figuren, ^cvoi, jede der entgegengesetzten Druckstelle angehört. Drückt ‘'‘'*1 die innere Seite eines jeden Auges, so entstehen auch zwei icurige Kreise an den äussersten Seiten des Sehfeldes, der reclite Seliö dso ’*ort dem rechten, der Unke dem linken Auge an. So viel is -so gewiss, dass weder der obere Theil der einen untere der andern, noch die äusscru Seiten beider Netzhaute, die innern Selten derselben zusammen identisch sind. Sie ihre Affectionen immer an differenten Orten wnd die Di- der Orte betragt sogar die ganze Breite des Seliteldes. Identisch sind dagegen die äussere Seite des einen Auges und '*‘6 innere des andern, oder in helstehenden Figuren a des Auges A ist identisch mit a des Auges B, h des Auges A identisch mit V des Auges B. Identisch ist ferner das Obere des einen Au- ges mit dem Obern des andern, das Untere des einen Auges mit dem Untern des andern. Wird z. B. der Druck des Fingers im Dunkeln an lieiden geschlosse- nen Augen unten angebracht, - so erscheint nur ein deuriger peis oben in der Mitte des Sehfeldes; wird der Druck in 'eiden Augen oben angebracht, so erscheint nur ein feuriger ^fels unten in der Mitte des Sehfeldes. Desgleichen druckt man Auge A die äussere Seite «, im Auge B die unierc Seite « , Was dasselbe, in beiden Augen die linke Seite, so erscheint eine feurige Fkur und sie liegt zur äussersten rechten. Druckt hingegen ö des einen, und Ä des andern, oder die ^ feiten beider Augen zugleich, so erscheint wieder nur ein •■eis und zwar zur äussersten linken. Kurz man kann sie i c le 1 Pnären beider Netzhäute gleichsam sich deckend den en, der beistehenden Figur, so dass das Linke des einen mi cni hinken des andern, das Hechte des einen mit dem des andern, das 25 378 V. Buch. Von den Sinnen. 1. Ahsclin. Vom GesicMssinn. Obere beider Augen und das Untere beider Augen als identi**'^ sieb deekt. o. deckt c', h deckt //, c deckt c’ . • J nie Puncte die zwiseben a und c in einem Auge liegen, si» ■wieder ide.ntiscb mit den cntsprecliendcn zwiseben d und c Ug- andern, die Puncte zwischen h und c des einen identiseb mit entsprechenden des andern.. Denn gebt man lieim Drücken ’f* dem Finger von identischen Stellen beider Augen aus, z. B. v*’’' der linken Seite beider Augen und rückt gleiclimassig in beide' Augen mit dem Drücken nach oben fort, so bleibt die Drucklig','* immer einfach und so kann man im Kreise herum geben und di Figur immer einfach sehen. Sobald man sich aber von identischen Stellen beider Augen mit dem drückenden Finger en ' lernt, so erscheinen sogleich Doppelbilder. Durch diese Versuche kömmt man schon voi lauflg zu der P herzeugung, dass das, was in vollkommen übercinstiimnenden Stell®'' liegt, auch identisch Kt. Vollkommen übereinstimmend ist abß'j •was an dem Sphärenabschnitt der Retina, in demselben Meridian ui" demselben Parallclkrcis liegt, die Mitte der Retina als Pol belrachteb oder was. von der Mitte der Retina in gleicher Richtung gl®'f. weit entfernt ist. Alle übrigen Stellen beider Netzhänte sind e'*' ferent, sind sie afficirt, so ist es gerade sogut, als ob verschiede«® Stellen in einem einzigen Auge alllcirt wären, und dieDoppelh*' der des Auges A mul Auges B sind um so iveit von einand®' entfernt, als das Bild des Auges jd von der Stelle des Auges ^ ud' fernt ist, init der die Stelle des Doppelbildes im Auge B identisch i" ’ Oder um auf die schon gebraui'liton Figuren p. 377. zuiiickzukoi«' men, ist a in dem einen Ange adicirt, ij in dem andern, a ab®® mit a', b mit V identisch, so ist die Entfernung der Doppelbild®® a und b' gerade so gross, als die Entfernung von a und b in d®«* einen Auge, oder die Entfernung von «' und b in dem andei’«’ Denn es ist gerade so gut als ob in dem einen Auge A die St®' len a und b alllcirt wären. Die Anwendung auf die objecl'vcn Gesichtserscheinungen c®' Haben dir ‘ ‘ ■ ■ n-.a giebt sich nun von selbst. Augen eine solche Stellu«b gegen das leuchtende Object, dass gleiche Bilder desselben jectes auf identische Theile beider INetzliäute fallen, so kann da- Object nur einfach gesehen werden, in jedem andern Falle werden Doppelbildei’ gesehen werden müssen. Die Stellung b®'' der Augen gegen das Object, wobei identische Stellen beider A«' gen von' demselben Object ein Bild erhalten, ist nun die, w'®«'' die Achsen beider Augen in einem Puncte des Objectes zusao’' mentrclfen, wie es immer bei’ der Fixation des Gegenstandes g®' schiebt. Die Augen A und B sollen mit ihren Achsen so gericbt®| Seyn, dass sie in a zusammentrell'en , dann wird « einfach u®*' an demselben Orte^ in der Mitte des Sehfeldes gesehen, wed des einen und cc des andern Auges identisch sind, auch noch andere zur Seite von a liegende Gegenstände z. ß und / erscheinert einfadi. Liegt nämlich ß so, dass sein Bn® in beiden Augen gleich weit vom Mittelpuncte der Retina fällt, nämlich in b des einen Auges und ä’ des andern, so erschein 3. IVirkungen des Sehnerven. Einfachsehen, 379 ß aucli einfach auf identischen Stellen beider Netzltäute. Des- gleiclien erscheint y einfach, wenn die Distanz von c bis a im Auge A so gross ist, als die Distanz von c bis a im Auge B. Eine Linie oder Ebene, welche durch den Convergenz- puiict beider Aiigcnnchsen oder durch den Fixationspunct ge- legt wird, nannten die Aeltc- ren den Horopter und man stellte sich vor, dass auch die seitlichen Gegenstände des Ho- ropters einfach erscheinen. Ge- ?^ere Zercliedening zeigt indess, dass der Horopter weder eine gerade ^“‘ie noch eine ebene Fläche ist, sondern dass er eine kreis.or- ’^'ge Fläche bildet, wie ich in meiner Schrift uier die Physiologie 5* Gesichtssinnes zeigte. Es fragt sich nämlich , ^ ^ ‘ ®"'en Auges gleich aVe des andern Auges und also Z.1 — LA «cs ?'!l nicht ein, für welche Entfernung sich nun eine neue Identität <1®’’ Netzhäute bilden sollte, da das nicht schielende Auge in Entfernungen sieht. Auch beweisen die an Schielenden machten Beobachtungen nicht, dass das ursprüngliche V*^*' hältniss der identischen Stellen beider Netzhäute aufgehoh'^*’ wird,^ sondern dass das schielende Auge in der Kegel untb"' tig wird. lieber die Ursachen des Schielcns siehe meine aU' geführte Schritt p. 216. Vergl. PaiESTEEV Geschichte der pp' tik. Leipz. 1777. p. 468. I, N. Fischer Theorie des Schiel^^*^ veranlasst durch einen Aufsatz des Gr, Buffow. Ingolstadt 17®1' Sehr oft ist mit dem Schielen ciu presbyopischer oder myopisch®* Zustand des einen Auges verbunden. Das Sehfeld des schi®' lenden Auges ist, da cs eine ganz andere Sehweite bat, nicht od«* wenig störend für das Sehfeld des gesunden Auges. So ist aud* S. JVirkwigm des Sehnerven. Einfachschen. 3S1 '^enn mun mit einem Auge durch das Mikroskop, mit dem andern 'Ifiiehen auf den Tisch sieht, das Sehfeld des letzten! wenig stö- •■end, obgleich es an demselben Ort wie das erstere ist, wed bet Accomodation des einen Auges für das Bild des Mikroskops andere Auge dieser Accomodation folgt und daher den iisch ■'icht deutlich sieht. Ein Schielender, den ich neulich untersuchte, **6ht unter den gewöhnlichen p. 384. zu erörternden Bedingungen ‘'er Doppelbilder, von Gegenständen versebiedener Entfernung me j!,en einen doppelt, wenn er den andern mit einem Auge iiNirl. unterscheidet also nur mit einem Auge, wenn beide offen sind. Die Congruenz der identischen Stellen beider Netzhäute ist daher eine angebornc, und sie bleibt immer unverändert, beide •^“gen sind gleichsam zwei Zweige mit einfacher Wurzel, und l^des Theilcheu der einfachen Wurzel ist gleichsam in zwei Zweige *dr beide Augen gespalten. Es sind mehrere Versuche zur Erklärung dieser wunderbaren Verkettung gemacht worden. 1) Da die Sehncrvenwurzeln beider Seiten mit dem innern 'fheil ihrer Fasern sich kreuzen und zum entgegengesetzten Auge 6®hen, mit dem äussern Tlieil der Fasern aber an derselben Seite ‘drtgehen, die linke Seite beider Angen also von derselben Seh- •'ervenwurzeL die rechte Seite beider Augen von der »"dei n Scii- •jcrvenwurzcl versehen wird, so lag cs nahe m d«-*'' ‘“*8 der Sehncrvcnwui-zeln in beiden Augen die Ersachc des Einfach- Hens zu suchen. Diess ist die Theorie von Newton ) “äd WoiT ASTON Philos. Transact. 1824. Ann. de chm. phys. 1824. ^^pt. WoLLASTON erklärte daraus das zuweilen vorkoinmende ^^Ibselien, wo nämlich die ganze eine Seite des Schlcldes m bei- Augen bis zura Mittclpinict der Augen untliätlg wird, und er ^ermuthet, dass der Ilirntheil eines Schiiervens dahei unthäthig '‘'erde. Ueber Fälle von Ilalbsehen siehe Vater oculi eitia duo ''^''issima, oisus duplicatus et dimidiatus Väcb, 1723. 4. recus. in diss. med. praci. T. 1. und an« de chim. phys. 1824. Sept. 2) Ich zeigte in der Schrift über den Gesichtssinn p. 94, dass diese Theorie ungenügend sei, und dass, wenn eine solche Theorie die Erscheinungen vollständig erklären sollte, jede eiue^ Fasei ei- "^r Sehnei-vcn Wurzel sich im Chiasma nervorum opticorinn in Zweige, für- die identischen Stellen beider Augen theden . müsse, wie in heistchender Figur. Eine Theorie welche auf das Verliältuiss der Fasern gebaut ist, kann allein genügend seyn, aber es sind davon wie- - der mehrere Variationen möglich. Jene Ansicht von der Theilung jeder einzelnen Faser mag viel- leicht auch Newton vorgcschwcht haben. '1«^^'- EANTJS, Volkmann konnten keine TlieUung'der ba- im Chiasma erkennen, und ich sehe sie ebenso -wenig uut ßin Compositum. Auch müsste, wenn die Theorie richtig dl® Sehnervenwurzcl noch einmal so dünn, als der Augen 'ei^ ^s Sehnerven seyn. Man muss also hei dem einfachen •> eir stehen bleiben, dass die Sehnervenwurzcl einer Seite sich •iiö Chiasma jn zwei Theilc iheilt, und dass der innere llieil 382 V. Buch.’ Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. kreuzt, der äussere Tlieil an derselben Seite fortgelit. Siebe Abbildungen dieses Verhaltens in meiner Schrift über den siebtssinn. Beim Pferd sab ieli das Verhalten am de^illicbsten- Der äussci'c obere Theil der Sehnervenwui’zel gebt deutlich a^' derselben Scsiü; weg, der untei'c innere gebt auf die entgegeng'^' setzte Seite. gen in der Mittellinie des Gehirns anuäbmc. PoRTERFiELD (fl. a. O. II. p. 293.) Ibcliauptet, die wahre Ursacb*^» warum Objecte mit beiden Aoigen angesehen nicht doppelt gesehc»' werden, hänge allein von dem Vcf' mögen ab, das wir besitzen solle’’’ die Gegenstände an dem Ortc_ !*” sehen, wo sie sind. Aber die*” Ansicht schlicsst keinen richtig^’’ Sinn ein, und lässt sich auch leic’’ durch Erfahrung widerlegen. Dco'^ wenn das Auge A den Gegcnstan ^ in seiner Achse e, und das Aull B denselben Gegenstand c in s®’' ncr Achse deswegen einfach sehe”’ weil sie ihn sehen, wo er ist, müssen beide Augen auch den OC' genstand a und b getrennt sebß’’’ weil sie diese da sehen, wo sie sin ' allein diese Gegenstände erscheinen, wenn sic in den Achsen b 3. Wirkungen des Sehnerven, Einfachsehen. 383 Sen, nicht getrennt, sondern eiiifacli, an dcmselhen Orte, wor weil 'hr Bild in beiden Augen auf dieselbe mittlere Stelle der Netzbaut Es erscheint zwar von a ein Doppelbild im Auge li namlicb Puncte fl , und von h ein Doppelbild im Auge A namlicU im J’uncle //, aber die Bilder der Puncte fl und b, welche aut tUc ^Plte der Netzhaut beider Augen fallen, werden nicht gesehen, sie sind, sondern vielmehr in einen Ort vereinigt. Auch von ® kann man nicht sagen, dass es einlacb gesehen werde, weil man «s sieht, wo es ist. ' Etwas scheu, wo es ist, kann doch bloss heissen, es in der Richtung sehen, welche es zum Auge hat. c '^‘i-d aber in der Richtung ce vom Auge A m der Richtung cd Auge B gesehen, es würde also gerade nach dieser riieoi.e ‘doppelt gesehen werden müssen, während es doch aus vorher ent- '^ickelten Gründen eiiitach gesehen wird. ' ^ ■ c ii i Der Grund des Einfachsehens guf identischen htelten cler ?^etzhäute muss also ein organischer sein. Mehrere Theorien sind *“1 Stande diess aus einer suppoiiirten organischen htruclur zu «''klären, aber von keiner lässt sich beweisen, dass sic die wirk- •‘«ke ist und von mehreren lässt sich beweisen, dass sie ledenfalls 5,'cht die wirklichen seyn können. Die Beschaffenheit, welche diese ^^'-klärung haben muss, wird aber aus den vorhcrerwähntcu iUeo- 1»" «'•» ae.. iae„«.c.,e„ !'"d differenten Theile beider Netzhäute nicht da^^Ibe seym als Menschen, da ihre Augen meist divergircn und die Achsen ^'«ider Au-en sich nie in einem Puncte eines Gegenstandes ver- «‘"igen. Betrachten diese Thiere einen Gegenstand, der in der ^'chtung der Achse des Körpers vor ihnen hegt, so fallt das Bik ^^sselben in beiden Augen aul’ den äussern Theil des Auges. ^ . • ° das Bild von fl auf fl und ä' in beiden Augen, diese Stellen müssen identische seyn; in der Phat bewegt .ein Hund seine Augen, je nachdem ein, in der Achse seines Körpers vor ihm lie- gender Gegenstand, nane oder ferne ist, so wie wir es thun. Aber die Sehach- sen sind nicht wie bei uns eins mit den Augcnachseu,^ cs sind nicht die Linieu xov und yy' , sondern die Linien ad und ad' , Soll das Se- hen des Hundes bei vor ihm liegenden, mit beiden u- gen sichtbaren Gegenstant cu klar seyn, und ^Pppelbilder entstehen, so muss 6' in einem und i von *6. ^'eder identisch seyn, denn auf diese Puncte fallt ^he Theile des einen Auges, welche nur Licht von sei S 384 V. Buch. Von den Sinnen. I. Akichn. Vom Gesichtssinn. ständen erhalten, dürfen dagegen keine correspondirenden identi- schen Stellen ira andern Auge haben. Denn sonst würde ein rechts und ein links liegender Gegenstand an demselben subjccti- ven Ort gesehen. Es giebt daher wahrseheinlicli in den Augen der Thiere zum Thcil identische, zum Thei aller ganz differente Stellen, ohne entsprß' chende Stellen im andern Auge. Lässt m®" bloss diejenigen Stellen beifler Sehfelde ei»®^ Thieres sich decken, welche denselben Gegen- stand sehen, so erhält man aus der vorher- gehenden Figur die gegenwärtige. B. Vom Doppoltselien mit zwei Augen, J. Müeller Physiologie des GesiclUs’'innes p. 167. In allen Fällen, wenn ein Gegenstand nicht im Horopter llegb fällt sein Bild in beiden Augen auf differente Stellen, und er wir® deswegen dopjielt gesebcii. Die Entfernung der Doppelbilder jedesmal eine ganz bestimmte, ist 6 die Stelle' des Bildes in einen* Auge, 4 die Stelle des Bildes im andern Auge und ist 6 des er- sten Auges mit 6 des zweiten identisch, so ist die Entfernung der Doppelbilder jedesmal die Distanz von 4 und 6, d. b. 'U’*® sich die Distanz von 4 und 6 zum ganzen Durchmesser der Ebene einer iVetzliaut verhält, ebenso verhält sich die Distanz der Dop' pelbilder zum ganzen Sehfeld. Die einfachsten Versuche zur BC' obachtung der Doppelbilder sind diese. Mau halte zwei Finge* der Hände in gerader Linie vor die Augen, den ersten ganz nahe vor die Augen, den andern weit davon entfernt. Fixirt mau do* ersten, indem man die Augenachsen darauf richtet, so ist der zweite doppelt, fixii-t man den zweiten, so erscheint der erste dop' pelt. Je grösser die Distanz beider Finger ist, um so grösser wir*' die Entfernung der Doppelbilder, je näher sich beide Finger rük' keil, um so näher rücken die Doppelbilder des doppelerschcineii' den Fingers aneinander, bis sie zuletzt zusammenfliessen , weil'* beide Finger in denselben Hoi’opter treten. Beweis. In der beistehende** Figur seien die Augenachsen gegen de** Punct a gestellt. Hinter a ist e*** Gegenstand b, a entwirrt sein Bü*' auf identischen Stellen beider Auge**' nämlich auf der Mitte beider iVet*' häute in 5. Dieser Punct wird daliß*" einfach gesehen, b wirft sein Bild i’**, linken Auge auf 6, im rechten Auge au 4. Nun sind 4 des einen Auges u*'* 6 des andern Auges different, denn ist mit 4 des andern Auges identisclij Ö . folglich wird b doppelt gesehen, »*** l^zwar verhält sich die Distanz der Dop' pelbilder zum ganzen Sehfeld, wie die Distanz von 4 und 6 zur Distan* 1-10. 3. H^irkuiigen des Sehnerven. Doppeltsehen, 385 Denkt man sieh die Flachen beider Netz- häute auf einander gelegt, wie in beislehen- der Figur, so wird diess noch deuüiclier. A sei die Retina des Huken Auges der vorigen Fi- gur, B die Retina desrechten Auges der vongen Figur, 4 ist die Lage des Doppelbildes im rechten Auge, 6 ist die Lage des Doppelbildes im linken Auge Da beide in der Figur sich deckenden Sehfelder in der Natur eines und dasselbe sind, so kann man diese Figur auch in die beistehende umändem, wobei zu merken ist, dass das Dop- pelbild 6 dem linken Auge, das Doppelbdd 4 rechten Auge angehört. ' . Kreuzen sich die Sehachsen vor dem Gegenstände c m a, so '^ird c auch doppelt gesehen. Denn c wirlt sein Licht im linken ^öge auf 4 im rechten Ange auf 6; 4 ist nicht identisch mit o, sondern 4 mit 4, und 6 mit 6 identisch. Die Distanz beider Dop- pelbilder ist wieder 4 -i- 5 im linken Auge -i- Distanz 6 — 6 im •Achten Auge, oder beide Augen als eines angesehen 4 — D, d. b. ''»eDistanz 4— 6 verhält sich zur Distanz 1 — 10, wie die Distanz Doppelbilder von c zum ganzen Sehfeld. . Was die Lage der Doppelbilder in Beziehung zu den Augen ^"itrifrt, welchen sie angehören, so gehört beim »Ohsen zwischen Object und Auge, das linke Doppelbdd dem linken fnge, das rechte Doppelbild dem rechten Auge an. Kreuzen sich hingegen die Augenachsen vor dem Ob]ecte, so-Iiegt das Doppelbdd •les rechten Auges auf der entgegengesetzten linken Seite, das ^oppelbild des linken Auges auf der rechten Seite, wie man sich - '«‘cht durch Schliesscn eines der Augen überzeugt. Diese La"e der Doppelbilder ist in theoretischer Beziehung Wichtigkeit. Die Lage der Bilder im Verhältnis zu den ^bgen, in welchen sie existiren, lässt sich auf den ersten Blick »Ol besten begreifen nach der Theorie, dass heim Sehen die Gegenstände in der Richtuirg, in welcher sie hegen und nicht "»ch der Lage der Netzhauttheilchen gesehen werden. So er- *oheint beim Kreuzen der Augenachsen vor dem Object a der Gegenstand b doppelt, und das Dojipelbild hegt für die Achse des linken Auges nach links, für die Achse des rechten Auges »ach rechts, und so ist es auch, wenn man den Versuch anstellt. -könnten daher die Erscheinungen Lelm Doppcltsehcn als ein beweis für die Wiederherstellung oder Correction des Verkebrt- *oheu3, entweder durch die Richtung des Sehens nach aussen, oder durch den Lauf der Sehnervenfasern imGehiru angeführt werden, •'»dessen lassen sich die Erscheinuugen auch nach der entgegen- gosetzten Theorie erklären, dass nämlich die Bilder oder Wetz- •»puttheilchen da gesehen werden, wo sie sind und nicht wo me Gegenstände sind. , ,, -i i hei dem vorhererwälmtcn Versuch wird das linkeDoppe i <. auf der linken Seite der Mittelachse gesehen, sein Gegen» am hogt also nach ojitischen Principien auf der rechten ei c. n der Gesichtsempfindung der Netzhaut selbst giebt cs kein lec i cs 386 V. Buch. Von den Sinnen. I. Ahscfm. Vom Gesichtssinn. und linkes Auge, Leide sind identiscli, insofern aber von Körper Liebt auf die Netzbaut ftillt, und es^ also aueb ein unsers Körpers auf der Netzbaut giebt, so ist auch hier n» optischen Principien der Gegenstand auf der entgegengesetz Seite des Bildes, also das sichtbare Rechts an unsenn eigentlich links, das sichtbare Links eigentlich rechts. « kann daher die Thatsache des Versuchs, dass bei Kreuzung Sehachsen hinter dem Objecte das linke Doppelbild verschvvin det, wenn das linke Auge geschlossen wird, auch also ausdrucke* • Wenn wir das Auge der scheinbar linken, oder wahren Seite schliessen, so verschwindet das linke Doppelhild und , beweist auch die Construction der Figur, d6nn das Doppeloi von b liegt im wahren rechten Auge B nach links in 4. Die beschriebenen Versuche über die Doppelbilder lassen sic ^ vielfach variiren. Aher alle diese A'^ariatiorien sind von derselbe*^ Grundbedingung abhängig , dass die Bilder . in beiden Augen a** . nicht identische Theile fallen. Sind die Achsen der Auge^ z. B. auf den Punct a gerichtet so erscheinen alle in der Achse uhc liegenden Puncte doppelt, den'* ihre Bilder fallen in dem cineij Auge auf die Mitte der NetzhaU bei 5, in dem andern Auge aber auf 6, 7, 8, 9 u. s. w. Beide Augenachsen seien ferne auf aFig.2. gerichtet. DicPuncp b und c stellen Nadeln vor, die i« der Richtung beider Augenachsc'» aufgestellt sind. Dann werden sta zwei Doppelbildern von b, n/r zwei Doppelbildern von c, ® j statt vier Doppelbildern nur die gesehen; daun b wii'd im linke" Auge in 5, c im rechten Auge i" 6 gesehen. 5 und 5 sind ide" tisch, folglich sehen beide Auge" diese Bilder an demselben c erscheint im linken Auge bei i im rechten Auge bei 6 , folg je sieht man unter diesen Dmstant e drei Nadeln in der Ordnung Distanz 4, 5, 6. Dass die Doppelbilder imi»e‘ undeutlich sind, ergieht nothwendig aus den früher ' ten Untersuchungen. Denn sie i gen meist auf seitlichen Theiü des Sehfeldes und auch dann, wen eines der Bilder in der Achse g^^ sehen wird, so wird cs nicht mit dem gehörigen Relractionsz 3. TVirkimgen des Sehnerven. JVetlstreit der Sehfelder. 3S7 Stande -eschen, indem dieser laut früher herlchteten Thatsachen sich reeehnässig nach dem getroffenen Horopter ändert. Die Erscheinungen des Doppeltsehens sind so nothwendig m Organisation he^ider Augen begründet und hangen mit den ^»•Sachen des Einfachsehens so innig zusammen, dass sie neim Seivöhnlichcn Gelirauch der Augen fort und fort emtreten müssen. '''0 ist es auch. Aher wir heuchteu sie gewöhnlich nicht wen Doppelliilder undeutlich sind, und rvcil wrlr eben gewöhnlich '^ieAugenaelisen auf einen Gegenstand richtend ihn einfach sehen. allen Fallen aher, wo zwei Gegenstände verschiedener Entler- ^'ngen zugleich gesehen werden, die nicht m demselben Horopter H'Sen,muss nothwendig der eine oder der andere doppelt erscheinen. ^' ie wenn wir durch ein Fenster auf einen Thurm sehen, wo entwe- die Fensterrahmen oder der Thurm doppelt ist, )e nachdem der ''dzterc oder erstcre fixiid werden. In allen Fallen, wo die h ixation *’cr Au-en auf die bestimmte Entfernung des Gegenstandes, oder Tröffen des Horopters aus Innern Ursachen krankhaft veran- ist, müssen auch Doppelbilder eiiitreten, z. D- Betrun- Lei Nerveiificberkranken, ln den Antallen der :^rvenkrank- |‘«iten, vor dem Einschlafen, heim Schielen. Dieses Doppeltsehen ‘‘^higt in keiner Wci.se von einer Veränderung in den des iN'erveiisystems oder ln der Netzhaut aj, einfache Folge vom Verlust f ''I fixiren Vor dem Einschlafen und Iieim Einschlaleii weiden "»>sereAu-cn jedesmal stark nach innen gewendet, daher eischei- "«u alle auch ziemlich nahen Gegenstände doppelt. Die staikere Convci-eu/. der Augen nach innen erkennt man an der Lage dci {^«ppclbildcr, wovon das linke dem linken Auge angölioit. Aue i ''Ci dem Betrmikeiien stehen die Augen nach innen. Vom JJop- ' Pc'lsehen mit zwei Augen muss man das Doppeltscheii oder Mchr- '‘•clisehen mit einem Auge unterscheiden. Die inehrslcn Mcii- 'clieu sehen mehrere Bilder vom Monde seihst mit einem Auge, '^“•se Bilder sind durch idiiandcr geschoben und decken sich nur Thcil. Jedes hat seine hesonderen Ränder. Bei mir wie ‘'Ci vielen kömmt diese. Erscheinung nur heim Sehen in so gros- se« Entfeniui.gen vor. Bei anderen tritt die Erscheinung selbst, l'ci näheren Gegenständen ein. Siehe Steifensand m GRAErE uiid }^altiier’s Journ. 1835., Muell. Archii> CXLVIII. Die ^‘Sachen dieser Erscheinungen liegen im optischen Bau des Au- 8cs, wahrsoheiiilieh äii den verschiedenen Faserfeldcrn der Ery- **a'llinse, aus welchen jede- Schicht zusammengesetzt ist. c. Von cltni Wettstreit der Sehfelder beider Augen. . Eine der interessantesten Erscheinungen beim Sehen mit *wei ^>>860 ist die, dass verschiedene Farbeneindrucke heidcr ^Uj, ***1 identischen .Stellen sich nicht zu einem gemischten in rj^ ^'*_s§leiehen, sondern dass tbeilwcise, oder ganz das ^ , "'•l dem einen Farbencindrnck vorwiegt, und der ■ ®iidern Auges nur an andern Stellen des Sehfeldes zum oi 1 1 önijnt. Gelegenheit zur Beobachtung dieser Erscheinungen giei 388 V. Buck. Von den Sinnen. /. Ahschn. Vom Gesichtssinn. das Bctracliten einer weissen Papierfläche durch zwei dicht vor Au£>en gehaltene verschiedenfarhige Gläser, z.B. durch ein Blaues un selbes Glas. Siehe meine Schrift Physiol. des Gesichtssinnes p. f vcrgl. Muell. Archio 1836. CXLIV. Voekmasn und HbekmasN o. O. Statt dass man unter jenen Umständen das Papier grün sehen sollte, sieht man es theils blau, theils gelb. Zuweilen wiegt die B'arhe vor, zuweilen die gelbe, zuweilen wird eine blaue Wolk oder blaue Flecken auf gelbem Grunde, zuweilen das umgekehi n gesehen. . Jetzt absorbirt das Blaue das' Gelbe, jetzt das GeU® das Blaue. Die Schwierigkeit der Nichtvermischung der Verschiß- denen Eindrücke an identischen Stellen beider Netmäute erkann ß ich auch hei der durch Schielen hervorgehrachten künstlichen Deckung zweier verschiedenfarbiger Doppelbilder. Eine Ausgiß*' chung beiderlei Eindrücke, wie sie Huschke sah, nahm ich Doppelbildern als möglich, aber schwierig wahr. Heermajin un VoEKMANN haben die Erscheinungen im Wesentlichen ganz so 'ff*® ich gesehen. Werden die Versuche sehr lange mit farbigen Gläsern gesetzt, so dass man sehr lange einen weissen Papierbogen durch zwei dicht vor die Augen gehaltene fai-bige Gläser ansieht, gleichen sich beide Eindrücke mehr aus (Völckers in Muell. m- chit> 1838. 60.), wozu Anfangs nicht die geringste Neigung is*’ aber auch jetzt blitzt von Zeit zu Zeit die eine der Farben da’ Uebergewicht erhaltend hervor, oder tritt fleckenartig auf. P*® Vermischung hat kein weiteres physiologisches Interesse, 'vvoh aber ist der Wettstreit beider Sehfelder, und das theilweise ode*" gänzliche Verdrängen der einen Farbe durch die andere von dch* grössten Interesse, und zeigt uns auf das Deutlichste, in eincü* leicht zu beobachtenden Phänomen, die Art der gleichzeitigen TJ***' tigkeit beider Augen. Denn dass sich beide Augen auch bei nich verschiedenfarbigen Eindrücken in dieser Weise verhalten, ** schon aus dem Versuch zu schliessen und ergiebt- sich auch auS anderen , Thatsaehen. Das bald flecken weise Ifervortretcn der einen Farbe auf dßf andern, bald gänzliche momentane Verdrängen der einen durch die andere und die schwierig zu Stande kommende VeimischunS beider beweisen: 1. gleichzeitige Thätigkeit beider Angen in gß' wissen Zeilmomenten , denn Flecken, Wolken der einen Falb® weiden auf der andern gesehen. 2. Gänzliches oder fast gänzh- ches Erlöschen des Eindrucks des einen Auges und Vorwaltßß des andern auf Zeitmomente. 3. Ausgleichung der Eindrückß beider Augen auf Zeitmomente. Da die Zustände beständig wech- seln, so zeigen sie uns die Actionen beider Augen Phänomene en. Suhjectloe Gesicht serscheinungen. 389 mir. Das fleckice oder wolkige Auftreten einer Farlie statt der verdrängten andern, während an andern Stellen diese vor- l'ensclit, zeigt uns ferner, wie eine Ungleichheit der Action auch den einzelnen Theilen der Netzhaut möglich ist, wie denn überhaupt die Erscheinung zur Beobachtung ^ der inneren Zustam e Netzhaut von der grössten Wichtigkeit ist. Bie Störung des Gleichgewichtes in der gleichzeitigen ilui- ‘'Rbeit der Gesichtsfelder tritt auch sonst häufig auf. Zuweilen ''««■schwindet plötzlich eines der Doppelbilder heim Doppeltsehen, ^itd beide Augen von ungleicher Sehweite, so ist bald das eine, l’'dd das andere vorherrschend, und verdrängt vollends das Bild ^'■s andern Auges. Das herrschende Auge ist dasienige, in dessen ^«bweitc ein Gegenstand gehört. Diesem wendet sich nun die (^««fmerksamkeit in. Zuweilen schwebt daun das Bild des undeut- *;«b sehenden Auges noch nebenher, geht aber leicht ganz der Aufmerksamkeit verloren. So ist.es auch bei Schielenden, das ^«bielende Auge hat meist eine vom gesunden Auge ganz abwei- «'«ende Sehweite, sein Bild ist undeutlich, wenn das andere Auge “«utlich ist, es wird von der Aufmerksamkeit vernachlässigt. Das bünzliche Verschwinden desselben begreift man aus den Erschei- "Urir . gen, die ich an den farbigen Gläsern erörtert nane. Diess sogar sehr oft cide Veranlassung 'l^s unbrauchbare Auge nicht bei der Fixation <1«^ '■'«btig angewandt und geräth in leder Hinsicht ausser Gebrauch. . Auch-beim Sehen durch Vergrosserungsglaser mit einem Auge ^uiin man die Isolation des Seiisoriums auf das Sehfeld eines Au- beobachten. Denn oft sieht das durchs Mikroskop sehende f'«§e allein, oder unterscheidet allein, und das andere Auge, ne- ‘‘■'«ber sehend, erkennt nichts, wenigstens sein Bild nicht aui der wo das mikroskopische Sehfeld des andern ist. Zuweilen '“,U5;egen tritt auch die Thätigkeit dieses Auges auf, und sein Bild *«liHebt gleichsam auf dem mikroskopischen Bilde, die Bcohach- ^'*"8 störend. 5. Von den subjectiven Gesichtserscheinungen. , Beobachfungeji und Versuche zur Physiologie der Sinne. ■ ^'■ag 1823. II. Berlin 1825. . , „ , , 1 i • Ziehen wir die Phänomene der Thätigkeit der Netzhaut, bei Y«lchen das äussere Licht noch niitspiclt, wie bei den Naclibil- "«*■«», bei der Irradiation, bei dem Doppeltschcn ab, so bleiben viele subiective Gesichtserscheinungen übrig, welche uns {"««spiele der Thätigkeit der Betina liefern, die durch Ursachen ''««'Vorgebracht wird, welche von dem äusserii Licht §"««*,.7'’!’: ■{^meden sind. Mit diesen Erscheinungen hat uns die «‘«‘S«\“''T ^ «hritt von Purkinje vorzüglich bekannt gemacht, die aui a e «ä hierher gehörigen Phänomene sind: I- Die Bruckfiguren. . So nannte Purkinje die durch Druck mit den F«'«S^'«. '*««« hervorgebi achten Lichterscheinungen. Sie sind Ihci s ring- 390 V. Buch. Von den Sinnen. I. Abschn. Vom Gesichtssinn. förmig, theils stral.Ug, und zuweilen regelmässig in Felderehen gctheilt, so dass sie Pubrisje mit den ,,g,. guren verglich. Wird ein mit Wasser bcdcckler gliiserner mit dem Fidelbogeii gestrichen, so theilt sich die Sei eibe Floss in schwingende und ruhende- Stellen, sondern das ^ „ zci>’t auch auf den bewegten Theilcn des Glases die regelmassi„ Eii”theiliing in rhombische Figuren oder stehende Wellen. Fisur im Auge erinnert au die Krenzuiig von Wellen. _ II. Die schon oben p. 350. beschriebene Adtrßsur ersd zuweilen leuchtend. , i j iiii PURKIKOE sah sie so zuweilen beim Druck, besonders • Morgen, und ich sah sie öfter leuchtend im dunke hi Sehie wenn ich nach dem Ersteigen einer Treppe mich p otzhcli ^ nem dunkeln Raum befand, oder auch beim, plötzlichen Ui t ^ tauchen des Kopfes im Fluss. Die leuchtende Erscheinung ^ olVenbar durch den Druck der mit Blut gefüllten Gelasse aul Retina hervorgebracht. III. Licht erscheinung des Pulses. Bei Congestionen nach dem Kopfe bemerkt man leicht ei mit dem Pulse isochronisebe Veränderiing der Helligkeit fehles, ein pulsireiides Hüpfen im Sehtc de. Diese Erscheim ^ ist sehr leicht zu beobachten. Einigemal sah ich eine ahnl.c> ' aber mit dem Athmen und der sogenannten Hirnbeweguiig chronische Veränderung des Sehfeldes oder ein rhythmisches IR vorlreten eines kleinen lichten Fleckes lu dei Mitte des des im Dunkeln; aber die Ersebeinung lässt sich nicht absich hervorrufen und ist mir nur selten vorgckonimcii. IV. Sichtbare Blutbewegung. _ , ; Einen allgemeinen Ausdruck der Bliitbewegung sieht man u ^ vielen Gelegenheiten. Besonders beim Betrachten hell, aber iieswegs blendend erleuchteter Flächen, z. B. lieirn Betrachten t Himmels oder bei längerm unverwandtem Ansehen einer r ac voii“Scbnee oder Papier. Die Erkhoinung besteht ln einem '' deutlichen W'irrwar, in einem Dureheinanderfahren, Voruberta ^ ren Springen von Piincten, oder in einer iin.-cgelmässigen BeJ*^' ouim wie von Dämpfen. Die Ersebeinung ist so unbestimmt, da sieh” die Richtung der Bewegung nicht aiigcben lässt. Sie ru . olfenbar von der Bliitbewegung her. Hielier ist auch ‘“f bestimmtere Erscheinung zu rechnen, welche man zuweilen bei t. geslionen nach dem Kopfe oder Vollblütigkeit sieht, wenn nu sich gebückt hat und plötzlich aufrichtet. Mau sieht ein gen und Fahren, wie von dunkeln geschwänzten Körpern in j niannigtäUigslen Richtungen. Das Analogon davon in den Ge u nerven ist das Anieisenlaufen. i r u bd V. Erscheinen leuchtender Kreise im dunkeln Gesichtsjet c plötzlicher Seitenbewegung der Augen. „ Diese Erscheinung tritt jedesmal bei plötzlicher der Augen im Dunkeln ein., Die Alfectlon muss an nicht u , ^ tischen Stellen beider Ketzliäute (Gegend der Eintrittsstellen Sehnerven?) stattfinden, denn die Erscheinung wird nicht au i d sellien Orte, sondern doppelt gesehen. 3. fVirkungen des Sdiflereen. SuLj. Gesichtserscheinungen. 391 VI. Electrische Figuren im Auge. „ntprsuclit. Licet Sie sind von Ritter, ““g. es indem z. B- Beide das Auge innerhalb eines galvanischen S^es, mclj^ ^ole an der Conjunctiva ^'der “8®“ * blitzartiger Schein ^ird heim Schliessen oder Oeffnen der Kette, gesellen. Die Erscheinung erfolgt aucl^ nämlich durch ‘'ecf in dem Strome zwischen beiden Polen hegt, . Tl.eiU Z„"ae1'\S». X'' pi.«»p- - s44ersotLr£ «m du„teln Ort zur Säule. Dann hehhaftere Phänomene , beim Zinkpole der Schein als sich nach Purkisje s Versu Unter bestimmten Relblleher Dunst, heim ^teeto ^ specielle ^i»8«nge„ «eiche ‘»’e e StUllc dl Sel.- rn. Spontan, “‘“-f ^7 der Z-t ÄcUo.se.e« ^ Beobacbtet man das Sehfeld J^jssen Grad Hen, so sieht man nicht bloss ^'S/eteen stärker >on Erieuchtung desselben, sondern ""J^'f^J.rreltung des ®^h entwickelnden Schimmer, U zu ^lej, Mitte ^^liimmers in Form von VeTsthwVdL. Tuw er- «'^heint der Schimmer niehr °’ewissen RhythmL. An diese ^‘ederholt er sich hei mir m jc-bterscheinung im Auge schlies- ®Och mehr unbesti^te spon ane^ dem Einschlafen sichtbaren sich die beim Einschlafen p . .. „ „„ Indem aus den ne- Erscheinungen von bestimmterer B oT?iTaiiisEB unter Mit- Srtigen (Lullen, dem Trenmchnoi ™" Jt “ Ih ^'hkung des Vorstellungsvermogens , bestimmtere i^esi ‘soliren und verwandeln. ,„e.crpn<,psptzte ist das zuweilen , . Eine diesen Erscheinungen ff Vergehn des Ge- ei nervenschwachen Personen farbigem Rauch u. dgh, *'chtes unter Erscheinung von f^^el, ^ ‘"*Vh“ ra£L™ Ä ZZ naat C*».* *eIVne- ''***^*T1- 17 1. ■ ntr tritt am leichtesten beim Gebrauch der .Diese Erscheinung, tritt selbst ‘■'Z|.'si4rZi,^rrz;Swn ■»/, ««äc» hc*- "" Se Erscheinung ist' schon f f VngegS'en std, “»iiss sie in Hinsicht ihrer Ursachen, auch t^nhl unterscheiden, von den Scheiiihewegung , Schein- ^enn man vorher wahre Bewegungen ^^eohach t ^ Bewegungen, welche von dem successiven Ve ®IüHer’* Phy*iologfie» 2r Bd. 11. 392 K Buch. Von den Sinnen. I. Ahschn. Vom Gesichtssinn. Lilder entstehen. Die Scheinbewegung nach dein Drehen de* bilder encsteuen. „ An- Körpers findet auch statt, wenn man sich hei geschlossenen n- gen gedreht hat. 'X. Mangel des Farbensinnes. Es giebt viele Menschen, welche die Farben aus einer ang ^ bornen Disposition der Ketina schlecht unterscheiden. Eine Vn- tersuclning des jiingern Seebeck Poggeivd. 42. lieferte iolg^ Resultate ans zahlreichen Beobachtungen. Ausser solchen 1 ^ - sonen, welche in der Bestimmung der Farben Schwierigkeit > den, ohne jedoch ungleiche Farben fiir gleich zu halten, komm nicht selten solche vor, die bald in höherm, bald in geringcri Masse, gewiss ganz ungleiche Farben mit einander verwechsei • Aber nicht bloss in Beziehung auf die Stärke, sondern auch ' Beziehung auf die Art dieser Verwechselungen sind Unterschied bemerkbar. In der letzten Beziehung zerfallen die von Seebbc untersuchten Individuen, kleinere Verschiedenheiten nicht ^ net, in zwei Klassen. Zur ersten Klasse gehören die Fälle, zwar in Beziehung auf den Grad der Verwei'hselungen zienihc^ beträchtliche, aber in Beziehung auf die Art derselben nur unm' deutende Verschiedenheiten zeigen. Folgende Farben werde' bei diesen leicht verwechselt: Helles Orange und reines Gelb, , t. , „d Gesättigtes Orange, helles Gelblich- oder Bräunlichgrun um Gelbbraun, Reines Hellgrün, Graubraun und Fleischfarb, Rosenroth, Grün (mehr bläulich als gelblich) und Grau. Carmoisin, Dunkelgrün und Haarbraun, Bläulich Grün und unreines Yiolet, Lila und Blaugrau, Himmelblau, Graublau uni^ Graulila. Diese Menschen haben einen sehr mangelhaften Sinn für de specilischen Eindruck aller Farben überhaupt, am unvollkommenste'’ ist er für das Roth, und für das complementäre Grün, indem s'® diese beiden Farben vom Grau wenig oder gar nicht untersche»' den- nächstdem für das Blau, das sic vom Grau ziemlich unvoll- kommen unterscheiden; um meisten pflegt ihr Sinn hir das E’- genthümliche des Gelb empfindlich zu seyn, doch ist ihnen aiic diese Farbe viel weniger vom Farblosen verschieden, als diess beim normalen Auge der Fall ist. u, v ni Die zur zweiten Klasse gehörigen erkennen Gelb noch a besten, sic unterscheiden Roth etwas besser, Blau etwas wenige vom Farblosen, vorzüglich aber Roth vom Blau viel unvollkom mener, als die erste Klasse. Die von ihnen verwechselten Farbe' sind folgende: Hell Orange, Grünlichgelb, Bräunlichgelb und reines Gelb, Lebhaft Orange, Gelbbraun und Grasgrün; Ziegelroth, Rostbraun und dunkel Olivengrün, Zinnoherroth und Dunkelbraun, Dunkel Carminroth und schw'äi-zlich Blaugrün, Flcischroth, Graubraun und Bläulichgrün, Mattes Bläulichgrüa und Grau (etwas bräunlich). II. Abschnitt. Vom Gehörsinn. .393 Unreines Rosa (etwas gelblich), und reines Grau, Rosenroth, Lila, Himmelblau und Grau (etwas ins Lda fallend), Canuoisin und Violet, Uuvikelvlolet und Dunkelblau. Sie haben, was bei der ersten Klasse nicht der Fall ist, nur geschwächte Empfindung von den wenigst brechbaren Strahlen. Von den subjectiven Gesichtserscheinungen müssen ausge- ^chlossen werden die Bilder von Gegenständen, die im Innern des ^“ges selbst sich befinden und auf die Retina einen Schatten wer- Hieher gehören fadenartige, verschlungene Figuren, in de- Reihen von Kügelchen enthalten zu seyh scheinen. Sie sind ^®weglicb, sowohl in der relativen Lage der einzelnen Theile der ^'gur, als in Hinsicht ihrer Lage im Sehfelde. Durch eine kräf- Bewegung der Augen kann man sie etwas zur Seite in die Höhe bewegen, aber sie kommen bald wieder, und ®*Rgestiegen senken sie sich wieder allmählig. Bei manchen Men- sind viele solcher Figuren im Selifelde, obgleich nur die- l®''*gen im mittlern Theile des Sehfeldes deutlicher gesehen wer- Bei mikroskopischen Beobachtungen liegen sie oft vor dem l^'lersuchten Object, und stören einigermassen die Unterscheidung; pflege sie dann durch einen Ruck der^ Augen zur Seite^ zu "^hieben. Bei vielen Menschen kommen diese Bilder gar nicht aber vielen andern sind sie quälend. Hier und da sind die ^•'scheinur.-en unrichtiger Weise Moinihes volantes genannt, und vR gewissen subjectiven Gcsichtserscheinungen, welche die Aus- “•'dung des schwarzen Staars begleiten, verwechselt worden. Die beschriebenen Erscheinungen sind ganz unscluddiger und kommen bei der schärfsten Sehkraft vor. Ich bin seit ‘‘'^'■ Rindheit daran gewöhnt. Ob sie von Theilchen in der wässri- I®® Feuchtigkeit oder ini Glaskörper herrübren, ist noch un- «Kaiint. II. Abschnitt. Vom Gehörsinn. - R Capiiej. Von den physikalischen Bedingungen des Gehörs. r . ,R>u mechanischer Impuls auf das Gehörorgan bringt in dem j, ”®*’uerven die Empfindung des Schalls hervor. Wird dieser p^^R'^üssig schnell wiederholt, so entsteht die Empfindung des j > dessen Höhe mit der Zahl der Stösse in bestimnitei Zeit , dimmt. Schwingungen elastischer Köiper sind am häufigsten ® Ursache des Tons. Bei dem Gei’äusch einer Säge, oder mjt- 26* 394 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn- telst des SAVAUT’schen Rades, so wie bei derSirene vonCAONi*®® Latotjr (siebe oben p. 134.) summireh sieb blosse Stösse, ■*^®*‘^* für sieb höchstens die Empfindung des Geräusches bervorbringe®» zum Werth eines bestimmten Tones. Von einem schwingende** elastischen Körper, welcher [die Pendelbewegungen nach beiden Sei- teji gerechnet, 1000 Schwingungen in der Secunde machen würd®» erhält das Gehörorgan 500 Stösse in der Secunde, durch Verin* telung der Luft, oder des schallleitendeft Mediums. Diese s*** im Erfolge ebenso viel, als 500 Stösse eines Körpers, welche durch blosse Stösse, und nicht durch Pendel- Schwingungen ton*- Mögen die Töne durch Schwingungen oder Stösse erreg werden, so geschieht die Fortpflanzung der Schwingungen der Stösse nach dem Gehörorgan, jedenfalls nach den Gesetze der Wellenbewegung, und diese gelten auch für die Ursprung liehe Entstehung derjenigen Töne, welche aus Schwingungen c*”' zeugt werden. Von der Wellenbewegung wird daher zuerst g®' handelt werden müssen. I. Von der Wellenbewegung im Allgemeinen. (E. n. Weder und W. Weber Weüenlehre. Leipz. 1825. E*' SEKEOHR Lehrbuch der Physik. Mannheim 1836. 121.) Wird die Lage des Gleichgewichtes der Tlieile eines Körpe*’* von aussen gestört, so tritt vor Herstellung des Gleichgewichte* eine Bewegung der Theile des Körpers ein, vermöge welcher ** sich der Lage des Gleichgewichtes abwechselnd nähern und j entfernen. Wird das Pendel n.aeh einer Seite gestossen, so es so lange fort, bis seine Bewegungskraft = 0 wird, nun '»v**’* es vermöge der Schwere herabgezogen, mit vermehrter C*®' schwindigkeit fällt es, und kann deswegen wieder nicht zur Ru***' kommen, es steigt daher auf der entgegengesetzten Seite auf **■ s. w., bis das Gleichgewicht hcrgestellt ist. Bewegungen, du*® welche die Theile eines Köqjers sich der Lage des Gleichgewic'*' tes abwechselnd nähern und davon entfernen, heissen Schwing****' gen oder Wellen. Die Wellen sind entweder Beugungsweli®.'' oder Verdichtungswcllen. Im ersten Fall verändert sich *'* Oberfläche des Körpers in Wellenberge und Wcllenthäler, oh**® Aenderung seiner Dichtigkeit; im letzten Fall besteht die W®* in einer Verdichtung ohne Aenderung der Oberfläche. Dem lenthal der Bengungswellen entspricht hier eine Verdünnung, y' Schwingung ist cntw'eder eine fortschreitende, wenn die Schw***' gung successiv über den Körper fortschrcitet, oder' steh eiid®» wenn die Schwingungen pendelartig ihren Ort nicht verändern- A. Beugungswellen der Flüssigkeiten. Die Bcugiuigswellen doi* Flüssigkeiten sind Verände^i^S®^^ des Gleichgewichts dcrselhen anf ihrer Oberfläche bis in ein^ gewisse Tiefe. Die Schwere liegt dieser Wellenbewegung 1. PhysicaUsche Bedingungen des Gehörs. JVeüenbe^egung. 395 «Grunde. Dergleichen Wellen des Wassers sind viel ?Is dass sie dif Ursache von Tönen werden konnten. ‘St es wichtig die Gesetze zu kennen, da sic i ij-ggcß Wellenbewegung an ihnen am leichtesten beobachten lassen. ». Fortschreitende Schwingungen oder 'Wellen. Wird das Gleichgewicht einer Flüssigkeit an einer *0 bilden sich kreisftmige Wellen mit kre.sformigein Wel lenherg “nd Wellenthal um diesen Punct, welche «ach “ “öd denen neue Wellen folgen. Je starker der Stoss war, uni so ^öher sind die Wellen, und um so grösser ist ihre Geschwindig- *‘eit aber diese ist auch von der Tiefe der Flüssigkeit abhängig. We;den Wellen in einer tiefen ^1“““ .(Wellenrmiie) mit paraUe- ‘öö 'Wänden durch einen Stoss, welcher die ganze Breite der Ihö„reüinimmt, erregt, so schreiten die Wellen geradlinig und “icht kreisförmig fort. Die Wellenbewegung ist uhngens keine progressive Bewegung der Wasscrtheilchen , vielmehr bleiben die WalerTeUchen L fhrem Orte während die Wellen über das Wasser hingehen. Die Wasserthcilchcn an dem Orte e "cr vor^ “•^ergehenden Welle erleiden nur eine Rotation ^‘e WeUe ankommt, noch niedrig hegen, ‘^^jg'Tebt ünter- Wsiv in den Gipfel der Welle 1^.“ ^e5,s weiter fort, und sie kommen , ins üer Welle so fort, wenn sie vom W elienthal . . Wnll» WellenS, von wo sie durch die Ankunft der nächsten Welle '"‘'X^eje^’sich zwei an entgegengesetzten Orten erregte Wel- ‘en von^akicher Höhe, so durchkreuzen sie sich ohne sich zu hindern ^ Der Wellenberg der einen und der andern fallen zu- ^önimen und bilden einen doppelt so hohen Wellenberg, ebenso •“'It das Wellenthal der einen mit dem Wellenthal der *“sammen. Die Theilchen der Flüssigkeit werden hier duic «'^ei entgegengesetzt wirkende «.räfte zu Rotationen entgege gesetzter ^Riblung bestimmt. Diese Bestimmungen hdiu.^ sich ““f, und die Theilchen bewegen sich bloss yerlical. ^örchkreuzung, schreiten die Wellen wieder fort, lede in ihrer . Sft von Wellen die sich begegnen, ein Wellenberg der »öen mit einem Wellenthal der andera zusammen «« S‘e « “ '““h beide aus und die Stelle bleibt eben. ^•>en die Wellen -Wieder in ihrer Richtung fort. " Wung paralleler Wellen mit anderen parallelen Wellen v on an- derer, aber nicht entgcgengeselz.lerD,rect.on,tie- ten die vorhergenannten verschiedenen lalle zu gleil an versSiiedenen Stellen ein. Denn w.enn in der beistchenden Figur die S.“nl=cn Slri^>e|d;e Wellenberge, die punctirten Striche die vy - thäler bezeichnen, so entstehen, wo zen Striche untereinander kreuzen, . ' c, ^ von doppelter Höhe, wo sich die punc 396 V. Buck. V on den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. che kreuzen, Wellenthäler von doppelter Tiefe, und wo sich die uanzen Striche mit den punctirten kreuzen, lieben sich der Wel- lenberg der einen und das Wellenthal der andern Welle gegen- seitig auf, und diese Stellen bleiben eben. Diess ist die Ii.terfe- renz der vVellen. ®^.™en werden von den Wänden fester Körper reflec- JDie IteilPYlrtn Oinsi-n _ 1 1 tut. Die Reflexion einer Welle geschieht unter demselben Win- kel, unter we ehern sie auffällt, wie bei dem* Lichte. Denkt man sich eine Welle in eine Reihe Kräfte zerlegt, welche iiebeiiciD- ai^er fortgehen, so wird jeder Tlieil der Welte unter demselben Winkel von der festen Wand reflectirt werden, unter welchem er gegen dieselbe stösst, daraus entsteht ein System von reflectir- ten Wellentheilen, die zusammen eine reflectirte Welle bilden, welche entweder mit den ursprünglichen Wellen dieselbe, oder eine vei^hiedene Direction haben. Die reflectirten und lu-sprüng- ^hen Wellen haben eine gleiche Direction, wenn geradlini.üß Wellen in einer Wellnnrmne erregt werden, und wenn ihre Ri' lection senkrecht au die reflcctirende Wand geht, oder auch, aus|ehen, und gegro eine Wand anstossen, die selbst ein Kreis um jenen Punct 1*»; im letztem Falle gehen die reflectirten Wellen wieder gegen den Mittelpunct des Kreises zurück. ° ° Eine kreisförmige Welle w'ird von einer geraden Wand znrackgeworfen, als kiime sie von einem Puncte hinter der Wand, der ebenso weit hinter der Wand liegt, als der Mittelpunct der ursprünglichen Welle von der Wand entfernt ist. "W eilen, welche vom Brennpuncte einer Ellipse ausgehen, und auf eine in der Peripherie der Ellipse befindliche Wand stossen, werden so reflectirt, dass der Mittelpunct der reflectirten Wellen der andere Brennpunct der Ellipse ist. Denn jedes Thellchen rTelcbhe’t ausgehenden Welle wird, bei Gleichheit des Reflexions- und Einfallswinkels, von der Wand der Ellipse ' nach dem andern Brennpunct der Ellipse reflectirt. Wellen, welche vom Brennpunct einer Parabel kreisförmig ausgehen, und gegen eine in der Peripherie der Parabel liegende Wand anstossen , gehen vermöge der Eigenschaften der Parabel rfparbif «nd zwar in mit der AebsC der Parabel gleicher Richtung. Denn ein Theilchen einer vom Brennpunct der 1 arabel ausgehenden Welle wird, bei Gleichheit bei Einfallswinkels, an der Peripherie der Para- reflecS“”^ ’ “ der Parabel parallelen Linie Umgekelu’t müssen geradlinige Wellen, welche in, mit der Ac ise einer Parabel gleicher Direction fortgehen, von den Wäo- ^n der Parabel so zurückgeworfen werden, dass die reflectirten Wellen einen gemeinschaftlichen Mittelpunct in dem Brennpuncte der »Iso kreisförmig und concentrisch iJ dem Brennjninct der Parabel Zusammenkommen Gehen daher kreisförmige Wellen vom Brennpuncte einer P»- wibel aus, querlinig durch die Reflexion von den Wänden der Parabel ab, in mit der Achse der Parabel gleicher Richtung fbrb 1. PhrücalUcIm Bedmungcn des Gehörs. tVellenbewegung. 397 so Werden sie von einem ihnen entgegenstehenden zweiten Para- ^>elstück abermals so reflectirt werden, dass sie in dem Brennpuncte ^er zw'eiten Parabel Zusammenkommen. • r» i Werden Wellen im Wasser durch einen Stoss hewuKt, der ‘0 der ganzen Länge einer Linie stattündet, so kann man sic i jeden Pnnct der Linie als Mittelpunct von kreisförmigen Wellen vorstellcn, die gleich- ■ zeitig abgehen , und daher bei ihrer WO'" tern Ausdehnung immer gleich gross sind. -Durch die Deckung der Kreise entsteht parallel mit der Linie, von welcher der Stoss ausging, eine grössere vordere und hintere gerade Welle a,b. Schreitet ein Körper im Wasser fort, so erregt er fortdauernd kreis- löi-mige Wellen. Die jüngsten sind noch kleni, während die älteren hinter dem Körper sich schon mn so mehr ausgedehnt haben, je früher sie entstanden sind. , Diese Wellen bringen an den Seiten, wo sie sich decken, grössere Wellen a b hervor, die vosi dem stossenden Köi-per aus divergireii. Gehen Wellen durch eine Oeffnung durch, so behalten sie nicht die Form, die sie "* der Oeffnung hatten, sondern ihre an den Randcin der Oeffnung vorbeigegangenen Enden erhalten eine kreisfömiige Umbeugung mn die Bänder, so dass sich die Wellen nach dem Durchgang nicht bloss vor- wärts, sondern auch nach den Seiten verbreiten. Diess ist die Beugung der Wellen. b. Stellende Schwingungen. Ist A abede eine auf einer Flüssigkeit erregte Welle, ede der Wellenberg, abc das Wel- lenthal, e eine feste Wand, gegen welche die Welle anprallt, so giebt es einen Zeitpunct, 1. wo die Welle um die Hälfte ihres Berges, oder um \ ihrer Länge sich der Wand e genähert hat und die Lage^f abcd hat. Die erste Hälfte ihres W ellenberges ist dann schon rellectirt, daher der halbeBerg an der Wand halben fortschreitenden Welle cd, und einer halben reflectirten Welle de' besteht, und darum höher ist. Nach einem Verkufe von zwei Zeilthedchcii ist die Welle bis zu ihrem ihal gegen Al AH AlII AlV iV d' aJ V' I 398 F’. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. die Wand fortgeschritten, und der ganze Wellenberg ist refleC' tirt. II. abc das Wellenthal, c'dV der reflectirte Wellenberg, beide gleichen sich aus, die Stelle ist daher im Zeitmoment 2 Nach Verlauf des dritten Zeittheilchens ist auch das Wellentha um seine Hälfte fortgeschritten-, und nur die Hälfte des Tha s ab noch ^rig. III. die erste Hälfte des Thaies ist schon r®' flectirt b'c' , der früher reflectirte Wellenberg aber ist um die Hälfte seiner Länge rückwärts geschritten c’de'. Nach Verla des vierten Zeittheilchens ist auch die zweite Hälfte des ^ Tha* der ursprünglichen Welle ahgelaufcn, und reflectirt abc, de früher reflectirte Wellenberg aber ist wieder um die Hälfte sei- ner Länge rückwärts voi^erückt. Die Stellung der reflectirtea Welle IV. db'c'd!e' ist daher nach Verlauf der vier Zeittheile die- ' selbe, wie die ursprüngliche Welle vor dem ersten Zeittheil, aber umgekehrt, wo der Berg der ersten war, ist nun das Thal, '***’ das Thal der ersten war, nun der Berg. Befand sich nun hinter der ersten urspiünglichen Welle d abede eine zweite xa, so wird die Stellung nach dem ersten Zeit- theil wie in B\ seyn, nach dem zweiten Zeittheil wie in BII seya> d I 1. Phys. Bedingungen d. Gehörs. WeUentönender Körper. 399 "'»eil dem dritten Zeittheil JSIFI. Nun decken sich der Wellenberg '^er zweiten ursprünglichen, und der Wellenberg der reflectirten er- sten Welle. Hier ist ein grösserer Wellenberg. Nach dem vierten ^ciltheil deckt der Wellenberg der zweiten ursprünglichen Welle das Wellenthal der reflectirten ersten Welle, und umgekehrt. In diesem Moment wird die Fläche eben seyn BIV. Im nächstfolgen- . Moment sind beiderlei Wellen wieder lun i einer ganzen Welle eutgegensesetzter Richtung fortgeschritten, oder die vorher deckenden Theile haben sich um eine halbe Wellenlänge von einander entfernt, die Stellung wird also wie in C seyn, wo sich "»e Wellenthäler und wieder die Wellenberge decken, und daher > tieferes Wellenthal und einen höhern Wellenberg hervor- ^yingen. Im nächsten Moment CI decken wieder die Wellenberge die Wellenthäler. Diese regelmässig sich wiederholenden Wellen ^®>ssen stehende Wellen oder stehende Schwingungen. Hierbei ^^»■eiten die Berge und Thäler der Wellen nicht fort auf andere ?^®ile der Flüssigkeit, sondern es bleiben die bloss verticalen ^®ränderungen an ihrem Orte. Es sind abwechselnde verticale ®*'l>ebungen und Senkungen, welche die Folge von zwei sich kreu- *®nden Wellenbewegungen sind. Stehende Schwingungen werden in der geraden Wellenrinne tactmässige Erregung von hintereinander folgenden Wellen ®®Wirkt, die dann reflectirt werden, oder in einem kreislormigen ^®tässe durch tactmässige Erregung von W^ellen in der Mitte, ^'»ch in mit Flüssigkeit gcfiHlten Gefässen, die auf einer Trommel “der Pauke oder auf einem Rohrstuhl stehen, beobachteten die ?®hrüder Weber die stehende Schwingung, wenn die elastische ^tterlage taetmässig angestossen wurde. B. B eugungswellcn fester Körper. Die Ursache der Beugungswellen der Flüssigkeiten ist die Schwere; die Ursache der Beugungswellen fester Körper ist die “töruijg und Herstellung der Cohaesion und Elasticität. Sie sind schneller, als die Beugungswellen des Wassers und werden elastischen Körpern Ursache von Tönen. , Wird ein gespanntes Seil oder eine gespannte Saite nicht in .*■ Mitte, sondern näher dem einen Ende angestossen, so entsteht Ausdehnung des Köders an dieser Stelle, welche als eine ^®lle oder Schwingung sich dem ganzen Seile mittheilt, und von einen zum andern Ende fortschreitet, am Ende angelangt ^‘®der zurückgeht u. s. w., wie bei der Wellenbewegung der Ihsslgkeiten. ,Wird das Anstossen des Seils oder der Saite mehrmals hin- *®*'einander wiederholt, so folgen sich regelmässige Wellen, wie dem Wasser, und indem diese am andern Ende des Seils le- ®®tirt werden, entstehen auch stehende Wellen, wie im vorher ^"äuterten Fall, durch die Kreuzung entgegengesetzter Wellen. 'r ®**^tehen aus fortschreitenden Schwingungen stehende. Die *'*d>enden Pnncte zwischen den Wellen heissen Schwingungsknoten. Hie einfachste stehende Schwingung eines Seils oder einer 400 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. V om Gehörsinn. Saite ist indess diejenige, welclie niclit aus der hervorgeht, sondern wobei die Saite zwischen ihren Berestigu hin und her schwingt, transversale Schwingung. Die BetestigunB* enden sind hier die Schwingungsknoten. Diese Art der gun" erfolgt am leichtesten, wenn man eine Saite zerrt o strcfcht. Eine stehende Schwingung ist auch die transvers» Schwingung ungespannter fester Körper, z. B. der MetallstaJ i die an einem Ende angehalten werden. C. VcrdicUtungswellcn der Flüssigkeiten, Gase und feste» Körper. Bei den Beugungswellen des Wassers findet keine Verdicl* tung und Verdünnung statt, und auch hei den Beugungswe eines Seils ist die Verdichtung und Verdünnung nicht nothwenö« mit den Beugungswellen verbunden. Ist das Seil nicht ausde bar oder nicht elastisch, so können die Beugungswellen diifC^ hlosse Verschiebung und das Bestreben der Theile wieder in g® rade Richtung zu gelangen hervorgebracht werden. Meist sio freilich die Beugungswellen der Saiten auch mit Verdichtung u» Verdünnung verbunden. Das Eigenthümhehe der Beugungswell®P besteht darin, dass vielen Theilchen eines Körpers zugleich ei'> so starke Bewegung in einer auf die Oberfläche des Körpers seo» rechten Richtung eii-heilt wird, dass die Oberfläche sichtbar ve ^ ändert wird. Verdichtungswcilen hingegen entstehen in alle Körpern, wenn der Stoss bloss die kleinsten Theilchen des Kö>' pers successive und eines durch das andere bewegt. Daher nenn man diese Wellen auch Wellen des fortschreitenden Stosses. Dure den Stoss der bewegten Theilchen auf die nächsten findet notl»' wendig Verdichtung statt, ' und diese bedingt wieder hintß sich Verdünnung. Die sich fortpflanzende Bewegung der Thed' eben ist hierbei so klein, dass eine Verändei-ung der OberflacH der Köi-per nicht sichtbar wird. So schreitet der Stoss aiiC durch eine Reihe von Kugeln fort, während sie ihren Ort h®' haltem_^ Bewegimg der Theilchen, welche der yef' dichtende Stoss hervorbringt, kann bei einem Stab oder ein® Saite von der Richtung, in welcher die Verdichtungswelle for^ schreitet, verschieden scyn. Wird z. B. der Stab oder die Sai a*>— b in der Fähe von a senkrecht seine Länge gestossen, so reissen die bewegten Theilchen die näc sten in derselben Richtung, d. h. senkrecht auf flA fort, wieder die nächsten, bis zuletzt b bewegt wird; es werden • . successiv alle zwischen a und ä liegenden Theilchen in einer a ah senkrechten Richtung bewegt oder in Verdichtung geset*’ d. h. von fl bis i läuft eine Welle, während die Bewegung d® Theilchen durch den Stoss eine ganz andere, nämlich senkrec auf cib ist. Wird der Stoss der Mitte des Stabs ertheilt, so^ die Welle in zwei Richtungen nach a und nach b. Auch in o' ner Blatte entstehen solche Wellen, wieSAVARt gezeigt hat. Verß Weber a. a. O. p. 440. 1. Ehys. Bedingungen d. Gehörs. IVeUentönender Körper. 401 Die Fortpaanzung de» Stosses in Körpern, die einen cuLi- Raum ausfüUen, z. B. in Felsen, Wasser und Luftmassen, Seschieht nach allen Seiten. Die Fortpflanzung des Schalls in «llen Körpern geschieht durch Fortpflanzung des Stosses oder Verdichtungswellen. • r i Wellen, welche in der Luft erregt werden, bestehen in lort- hufenden Vei'dichtungen und Verdünnungen. Die verdichtete ^telle ist der Wellenberg, die verdünnte das Wellcnthal, einer Röhre fortschreitende Luftwelle prallt, wenn Jene am Ende 8®schlosson ist, zurück, und hehält zurücklaufcnd ihre Eigenschat- auch an einem offenen Ende prallt die Welle unvollkommen *’ü'ück, nimmt aber dabei, wie die Erfahrung lehrt, entgegenge- setzte Eigenschaften an, indem sie verdünnend wird, wenn sic '^««•dichtend -war und umgekehrt. Die_Wellen in der freien Luit kugelförmig. ’W’^eber a. a.. O. §. 276. Von den stehenden und fortschreitendeü Wellen tönender Körper. Tönende Körper schwingen entweder mit Beugungswellen «der Verdichtungswellen, an tönenden Saiten und festen Koi-pern ‘‘«mtnen entweder die einen oder die anderen oder beide zugleich !«i'. Tönende Luftmassen schwingen nur mit yerdichtnngswellen. Wellen tönender Körper sind theils stehende, theils fortschrei- tende. Wird eine Saite in der Mitte aus ihrer Lage gezogen imd ^'*n«i sich selbst ülierlassen, so bemerkt man keine tortlaufepdeu .'Hellen, oder sie sind nicht deutlich. Dagegen schwingt die Saite y der ganzen Breite der Aüsbeugung, oder mit ihrer ganzen bin und her in transversaler Richtung, wie ein 1 endel. J« sucht nach der Beugung eine gerade Lage vermöge ihrer *‘Wicität einzunehmen, aber der Zug, dem sie folgt, wirft sie über die gerade Linie hinaus auf die entgegengesetzte Seite ''«d so fort bis zu ihrer Ruhe. Diess ist eine stehende Schwin- S'ing. 5., Die Schnelligkeit ihrer Schwingungen oder die Zahl der ydsse, welche sie der Luft ertheilt, nimmt in umgekehrtem Ver- r'tniss mit der Lange der Saite, und im geraden Verhältaiss Quadrate der spannenden Kräfte zu, d. h. eine Saity . Schwingungen in der Secunde macht, schwingt mit der Hälfte * Lange bei gleicher Spannung 200 Mal. Bleibt ihre Lange §'«ich, und macht sie bei 1 Loth Spannung 100 Schwingungen m «r Secunde, so schwingt sie 200 Mal bei 4 Loth, 400 Mal bei «fh Spannung. _ «i- be r... Zu transversalen stehenden Schwingungen sind auch *• Die Zahl der Schwingungen steht hier in geradem ver- * tniss mit der Dicke der Stäbe und in umgekehrtem Ver la niss den Quadraten der Länge der Stäbe. . , Unter gewissen Umständen ist ein longitudinales Fortlau en es '^'pfels der Welle mit einer stehenden transversalen Schwingung 402 V, Buch. Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. der Saite verbunden, ohne dass dadurch die Zahl der SchwiO" gungen eine andere wird, als bei blosser transversale^ Sch'vv**'' gung. Wird z. B. die Saite in der. Nähe ihres Befestigungspuncte» angezogen, so macht sie nicht bloss transversale Schwingung^®' so wie wenn sie in der Mitte ihrer Länge angezogen wird, d- transversale Schwingungen mit einer Länge der Welle, welc®® der Länge der Saite gleich ist, sondern der Gipfel der Welle lä^® abwechselnd von einem zum andern Ende und zurück, indem sich beim Anstossen an den Befestigungspuncten jedesmal nach det entgegeiigesetzton Seite der Saite umkehrt. Die Zahl der Schwi®' gungen einer so schwingenden Saite ist ganz dieselbe, wie wen® sie, bei Tgleicher Lage des Gipfels der Welle in der Mitte det Saite, schwingt, und da die Höbe des Tons von der Zahl det Schwingungen in bestimmter Zeit abbängt, so ist die Höhe de* Tons in beiden Fallen gleich; aber der Klang ist etwas verschie' den. Dieser Umstand ist für die Theorie des Klanges von Wich' tigkeit. Stehende Wellen entstehen auch, wenn man durch leicht®, Unterstützung oder schwache Berührung einer Saite einen SchwiD' gungsknoten bildet, und den isolirten Theil der Saite streich^ Wird z. B. die Saite in der Mitte berührt, dann aber die ein® Hälfte der Saite mit dem Violinbogen gestrichen, so schwing* nicht bloss die gestrichene Hälfte der Saite transversal, sondet® auch die andere Hälfte in entgegengesetzter Richtung. Nun die Zahl der Schwingungen das Doppelte der Schwingungen def ganzen Saite, und der erregte Ton die Octave des GrnndtonS' Geschieht die Unterstützung oder Berührung an der Grenze zW*' sehen dem ersten und dem zweiten Drittheil, so entsteht vo® selbst ein Schwingungsknoten auch zwischen dem zweiten u®® dritten Drittheil, und die Zahl der Schwingungen ist .3 Mal gross, «als die der ganzen Saite. So lässt sich durch Isoliru®S eines Viertels, Fünftels u. s. w. eine regelmässige Theilung de® ganzen Saite in lauter Viertel, Fünftel, durch von selbst entst«' hende Schwingungsknoten bemrken. Papierschnitzel auf den Steh len der. Schwlngungsknofen angebracht, werden während de* Schwingens nicht abgeworfen. Die auf diese Weise erzeugt®“ Töne heissen Flageolettöne. Scheiben, welche durch den Fidelhogen in Schwingung vet' setzt werden, theilen .aich regelmässig in aliquote, in entgegeng®' setzten Richtungen schwingende 4. 6. 8 Abtheilungen, zwische® welchen die ruhenden Knotenlinien’ liegen, welche aufgestreute® Sand nicht abwerfen. Die Berührung des Randes der Scheib® an einer Stelle erzeugt eine Knotenlinie, welche bestimmend wi® für die Vertheilung der übrigen Knotenlinien. Die zweite B®' Stimmung geht von der Stelle ans, welche mit dem Fidelbog®“ gestrichen wird. Diese gehört zu den bewegten Theilen, u® wirkt bestimmend auf die Entstehung der bewegten Abtheilung®“' Hierauf berahen die CHLAnm’schen Klangfiguren. Sowohl die stehenden als die fortschreitenden Schwingung®“ der elastischen Körper können Töne in unserm Gehörorgan he®' Vorbringen, wenn sic sich regelmässig wiederholen. Denn auc® 1. Phys. Bedingungen d. Gehörs. WeüeMönender Körper. 403 die stehenden Sclnvingungen werden den schalÜeitenden Rörpen. «litgetheilt, zu fortschreitenden ™en, indem jede Schw g ng «ine in der Luft, im Wasser oder in festen schallleitenden pern fortschreitende Welle erregt. Durch fortschreitende Verdichtungswcllen können sowohl feste Körper als die Luft in Röhren tönen. Stahe werden durch Re - l'en der Länge nach in longitudinale Verdichtungswellen versetzt. Eine Saite kann auch ohne alle transversale Schwingung durch Moss fortschreitende verdichtende Wellen, Töne hervorhringen. Die Zeit zum Hin- und Herlaufen der Verdichtui^en und Verdunimn- gen, welche die Zahl der in der Luft erregten Wellen bedingt, hangt Natürlich von der Länge und Spannung der Saiten ah. Ohne ^ständig wiederholte Stösse hehälten diese Wellen aber nicht »lie erforderliche Stärke und Dauer, während die tr«n™alen Schwingungen der Saiten längere Zeit dauern. Das Reiben he- '^irkt diese fortdauernd wiederholten Stosse. fication dieser Stösse hat man indess auch auf die Sclinelligkeit als er im tönenden Körper selbst war. Die Resonanz entsteht "'irch die Vergrösseriing der Oberfläche der gleichartigen schwin- 8®hden Theile. Daher tönt eine Stimmgabel stärker, wenn sie einen festen Körper aufgesetzt wird. Hierauf l>eruht auch . AVirkung des Steges und des Resonanzbodens bei den baiten- '*'5trunienten. . . . . t i • . Die Resonanz ist ferner stärker bei einem begrenzten, als hei unbegrenzten Köi-per. Ein begrenzter Körper wirft nam- die- Schallwellen zum Theil von seinen Rändern und flachen ^'‘^Ack und diese rückkehreuden Wellen mit den vom tonenden r^Dier neu erregten Wellen. Bei der Durchkreuzung der Wel- ‘enberge wird aber die Höhe der Wellenberge verstärkt. Weher O. p. 536. 2. Stehende Schwingungen in s eha 1 1 1 eit end cn Körpern. , Stehende Schwingungen entstehen bei schallleitenden, begtenz zugleich elastischen Köi-pern. Schön vorher wur e an- l^fuhrt, dass ein begrenzter schallleitender Körper von somen ^ändern und Eckeii' die fortschreitenden Wellen *uruc wer e, '^hd dass sich dem zufolge die kommenden und rückke irenden ^^üll er*8 Physiologie. 2r Bd, II. 27 408 V. Buch. Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. Wellen ki-euzen. Bei einem resonirenden Körper bängt die Br - dieser Wellen nielit von ihm selbst ab, und es sind nicht «o j ■wTindig aliquote Tbeile seines Ganzen, sondern die Breite e Wellen ist durch den tönenden Körper bedingt. ^ Bei einem nemlen Körper sind die entstehenden Wellen immer Tbeile seines Ganzen. Aber ein begrenzter schallleitender Körp kann sich selbst wie ein tönender in nähere, pösseye AlAlmdui' gen tbeilen, indem sieb Knoten und Knotenlinien bilden. o ^ Knotenlinien z. B. zeigen sich nach Sävabts \ ersuchen au p spannten den Schall leitenden Membranen, wenn man sie mit eine leichten Pulver bestreut. Scheiben zeigen dasselbe, wenn m- sie mittelst eines Stabes mit dem tönenden Köi-per in Verbnid s bringt, wie Savart gezeigt hat. Ueber den Unterschied der figuren niittönender und selbsttöncnder Körper siehe W eber " lenlehre. p. 541, Der Ton eines Körpers kann unter bestimmten Bedingungi' in einem begrenzten elastischen Körper nicht bloss Resonaii*» sondern auch ein Selbsttönen des letztem erregen, iu welchen* Fall der letztere Körper seinen eigenen, vom ersten verschied®' nen Ton giebt. Gespannte Saiten sind des Mitkliiigens in ihre»’ eigenen Ton fähig. Hierzu scheint nicht bloss ein hoher Grao von Elasticität und scharfe Begrenzung, sondern auch die Bcdn*' gung nöthig zu scyn, dass die Wellen des ersten Tons zu de** Wellen des Grundtons des mittönenden Körpers in einem eint»' eben Verhältnisse stehen. Endlich aber kann ein elastischer und Iiegrenzter KorjiC*» unter bestimmten Bedingungen auch den Ton eines selbsttonende' Körpers ln der Höhe modiliciren, indem sich beiderlei SchwinguO' gen gegenseitig zur Bildung von Wellen modificiren, welche W®' 60 des Wassers dadurch mitgctheilt worden. H'ält man die fönende Stimmgabel mit einer ihrer Flächen in ein Becken mit ^"isser, so sieht man von ihren Seiten sehr regelmässige parallele ^'^theilungcn des Wassers ausgehen, gerade so, als wenn das die ^‘'l'el berührende Wasser gleichzeitig mit der Gabel in eine , ellenhewcgnng geriethe, welche nur eine Fortsetzung oder Ver- ‘‘'•'gcruiKT der Wellen der Gabel wären. Ist die breite Oher- •lache der Gabel über dem Wasser des Beckens und nur mit ei- "«m dünnen Ueberzug von Wasser verseben, tauchen die Seiten ins Wasser des Beckens, so sieht man, dass die Wellen auf Oberfläche der Gidiel, und diejenigen im Wasser des Beckens 'Verlängerungen von einander sind. Merkwürdig ist aber, dass, Welche Fläche der Gabel man ins Wasser tauchen mag, man im- ‘ stehende Wellen im Wasser sicht, deren Grenzen senkrecht ?''f der Oberfläche der Gabel sind. Nur an den Kanten findet •‘‘ervon eine Abweichung statt, indem die Limen hier divergirend '^«rden. ,, Die Erscheinung zeigt sich auch in tönenden Becken, die mit *^sser gefüllt sind, z. B. in Glasgefässen, die mit dem Fidelbogen ?”86sprochcn werden, die Wassermasse ist dann wie das Becken l? nach der Höhe des Tons in 4, 6 oder 8 Abtheilungen mit ‘^'?ntenlinien getheilt, zwischen den Knotenlinicn zeigen sich bei *!^nwacbem Streichen stehende Wellen, deren Grenzen senkrecht *"'d auf der inneren Fläche des Beckens. Bei stärkerem Streichen entstehen (indeic Figuren, und durch Kreuzung der Wellen rhom- ^^‘dische stehende Wellen. Die Breite der Wellen steht in gc- ,>ein Verhältniss mit der Höhe des Tons, sie sind breiter, bei Tönen. -Das Wasser häuft sich übrigens auch an den P'^ingenden Abtheilungen des Beckens an, und wird spritzend stärkerem Streichen ausgeworfen. Wird das Glasgefäss durch peiclien des Bandes mit dem Finger in Schwingung versetzt, so j^^egen sich die schwingenden Abtheilungen und Kiiotenlinien j^^ständigj je nach der Lage des streichenden Fingers im Kreise . Olasscheiben, die mit einer dünnen Schichte Wassers bedeckt ***'b zeigen die Erscheinnng beim Streichen mit dem Fidellipgcn schöner. . , . - v ! Heftet man auf die Membran einer Trommel ein Korkstuc , “ befestigt an diesem ein Stäbchen von Flolz,' das mit einer ^äden oder viereckigen Platte endigt, und stellt die Irommel ° auf, dass die Platte des Stäbchens leicht in Wasser taucht, '' sieht man beim Schwingen der Membran äbnliche Wellen im 27 * ‘ . 410 V. Buch. Von den Sinnen. H. Abschn. Vom Gehörsinn. Wasser, deren Grenzen wieder senkrecht auf die Seite der Platte sind. Daher erhält man eine sternfönnige Figur im Wasser, wen' die Platte rund ist. Eine genügende Erklärung dieser Erschei- nungen ist für jetzt nicht möglich. ^ i *^Fakaday sagt, der kleinste mögliche Unterschied ’n irgend einem Umstande könne während der Schwingungen einer Plaf ® eine Erhöhung oder Depression des Fluidums bedingen, und * den ersten Anstoss zum Phaenomen gehen, allein ich glaube dass man hieraus allein und ohne eine regelmässige Unterahtheiln"» oder ohne die Wellenbewegung im tönenden Körper jene so re- gelmässigen Erscheinungen erklären kann, obgleich eine hefricc'' gende Erklärung auch in dieser Weise für jetzt nicht möglich i« • Uehrigens sind die Wellen hei der Schallleitung, Verdid'' tungswellen, auch im Wasser, wie in der Luft. Die zuletzt e*' wähnten Wellen an der Oberfläche des Wassers aber sind Erld' bungs- oder Beugungswcllen. Die Geschwindigkeit der Fortpflanzung des Schalls hängt voa der Dichtigkeit und Elnsticität der Körper ab. In trockner beträgt diese in 1 Secunde bei 0“ Wärme 332,49 Meter oder 1022,1.94 P. Fuss. Durch Wärme wird sie vergrössert. Id Wasser geschieht die Fortpflanzung des Schalls ohngefähr vien»a so schnell, als in der Luft. Feste Körper leiten den Schall nod» schneller. Eisen leitet den Schall 10^ Mal, Holz 11 Mal so sehne' als die Luft. ln Hinsicht der Reflexion verhalten sich die Schallwelle'’ wie die Lichtwellen, sie werden beim Uebergang in ein ungleich' artiges Medium theils weiter geleitet, theils reflectirt. ^ Eine Brcnnpiincte eines Hohlspiegels aufgestellte Uhr, lässt ihr Picke" in dem Brennpunet eines andern, die Schallstrahlen, sammelnde'* . Hohlspiegels hören. Da sich die Schallwellen der Luft schwerer den festen Körpern mittheilen, als sie in der Luft weiter geleite werden, so erhält sich die Stärke des Schalls in einem CommU' nicationsrohr sehr vollkommen, so wie hinwieder die einem stabför-* migen festen Köiper mitgetheiltcn Schallwellen in grosse Fernen f"* unverändert ihre Stärke erhalten. Ein Sprachrohr stellt eine P"' rabol vor, in deren Brennpunet der Schall erregt wird. Zufolg" der Reflexion an den Wänden der Paraljel gehen die Schallstrab' len in Richtungen fort, wclche.mit der Achse parallel sind. oben p. 396. Die Ursache der Verstärkung ist grossentheils d" Zusammenfallen der ursprünglichen Wellen mit den reflectir^"’ wodurch grössere Verdichtungen entstehen. Aber auch die R ' sonanz der begrenzten Luftmasse im Rohr kommt in Betrat Denn die Luft einer an beiden oder an einem Ende offenen Rühr resonirt, wenn sie den Schall leitet. Das Hörrohr wird das Ohr enger und condensirt demnach die Schallwellen. S'"' seine Wähde parabolisch und befindet sich das Öhr nahe de"' Brennpuiicte der Parabel, so kommen Schallwellen, deren tionen der Achse der Parabel parallel sind, in einem dem G ' nahen Punctc zusammen. Eisekloub a. a. Ö. p. 164. Ein Pjac ' 'hall entsteht, wenn bei grösserer Entfernung einer reflectirende Wand, die rcflectirten Wellen merklich später zum Ohr gelange"» 2. Akustik der Gehör<»erkzeuse. Anatomische tonnen. 411 His die ursprüngllcheu. Ist der Unterschied so gross d^s sich '^eide nicht ineL an einander schhessen, so ist es das Echo. U. Capitel. Von den Formen und akustischen Eigen- schaften der Gehörwerkzeuge. I. Von den Formen des Gehörorgans. Bei den mehrsten wirbellosen Thiercn kennt man keine dem tiehörorgan vergleichbaren Tlseile, und *^^n"/YemÜon iegen zweifelhaft seyn ob sie hören da nicht f Sehwinsuneen Ton genannt werden kann, dieselben Sehwing 8en vielmehr auch durch das Gefühl als Bebung vernommen wer- Uehm”’dlc mit dem Gehörorgan verglichenen Thcile hei In- “«elen siehei CompareTti ohs. anat. de aure. ^<^taoii 1789. Tbeviramus Ann. d. fVetteramschen Ges f schaß ß-I. 2. Frankf. 1809. p. 169. Ramdohk Magazm d Oesellschajt ’^turjorschender Freunde. Berlin 1811. p. 389. J. Mueller P , ^^ologie des Gesichtssinnes 437. Wnllpn der sne- ist es zu erklären, warum bisher bei so bn keine besonderen Gehörorgane aulgehmden Jer Gehörnerve wird, wenn er b oss an t®®ten J«pfes anliegt, die Schwingungen, welch-e dmsen S, nicht minder empfinden müssen, als wenn er sich an einem ®i§cnen Organ ausbreitet. Die einfachste h orni «iIp e ^ . . . cT\f»mftcpn ni ';§enen Organ ausbreitet. Die einfachsfti^b orm UehoiOi„a^ hesondern Apparates ausser dem specihschen Nerven ^st cm '«d Flüssigkeit leföUles Bläschen, aul welc mm der Hoi ne '»usbreitet^ Die Schwingungen werden diesem entweder diiicU fe harttKopfthSe, odir fngleich durch eine nach, m^en rm- ''«gende Membran zugeführt. In dieser Form ist d^G^oior,, “'‘ter den Articulaten bei den Krebsen, unter den Mollusken bei Cephalopodcn bekannt. Ttniprseite des Bei den Krebsen liegt es iederseits an b j.psteht •^«Pfes am Grundglied der äussern grossem einem knöchernen Vestibulum, dessen „ fit Jfnster durch eine Membran, wie bei den hoheim Thieren i Jlembrana tympani secundaria, geschlossen ist. J"7*sack, knocliernen Hölile Hegt ein Häutiger, mit Wassei ge *•^1 Velchem sich der Gehörnerve ausbreitet. i norocliees ,, Das Gehörorgan der Cephalopodcn besitzt ein ycstibulum, eine blosse Excavation des \[c„i ein und ohne Mfembran nach aussen. In dieser - e 412 V , Euch. V un dc)i Sinnen, II, /Ibschn, Vom Gehörsinn. häutiger Sack, auf welchem sich der Gehörnerve aushreitet. den Octopus ist die innere Wand des Vestibulum glatt, hei Sepä* undLoligo mit weichen Knötchen oder Fortsätzen besetzt, welch® das Bläschen schwebend tragen. Im Innern des Bläschens befin- det sich eine Concretion, Hörstcin. Siehe über das Gehörorgan des Flusskrebses und des Octe- pus: E. H. WIEDER de aure et auditu hominis et animalium. 1820. Tab. 1. 2. . Bei keinem Wirbelthier ist das Gehörorgan so einfach , “J’ hei jenen Fhiei’en. Früher glaubte man, dass die Petromyzon h* dieser Hinsicht jenen gleichen, aber sie besitzen nach meinen B®' obachtungen ein complicirtes Labyrinth und zwei halbcirkelför- mige Canäle. Das Gehörorgan zeigt übrigens eine fortschreitend® Ausbildung und Zusammensetzung von den Fischen bis zu den Säugetbieren. TJeber seinen Bau bei den Wirbeltliieren und bein> Menschen handeln die Schriften von Sgarpa de auditu et olfaetv- Ticini 1789. Weber a. a. O. Bbeschet recherches anatom. physiol. sur Vorgane de l’ouie. Paris 1836. A. Fische. ' Bei den Fisclieu fehlt die Schnecke der höheren Wirbelthie*'® und die Trommelhöhle. Dagegen haben sie das häutige Labyrintlu nämlich den Alveus communis canaliuin semicircularium, und den sackartigen Anhang desselben und halbcirkelförmige Canäle. D** membranöse Labyrinth liegt entweder ganz in der Sulistanz de* Schädelknorpel, wie bei den Knorpelfischen, nämlich den Plagi®- stomen und Cyclostomcn, oder zum Tbeil in den Schädclknocbe**? zum Theil innerhalb der Schädelhölile zwischen Gehirn und Sche- delwand, wie hei den Knochenfischen, bei den Stören und Ch*' maeren. Wesentlicher sind folgende Hauptdifferenzen bei den Fischet' 1* Nur ein halbcirkeliörmiger Canal, welcher ringförmig sich zurückkehrt,, und wovon ein Theil dem Alveus comrou**)* entspricht, wo sich nämlich der Gehörnerve ausbreitet. Die Mt**' noiden (Myxine und Bdellostoma). Von Retzius zuerst bei xine beobachtet. 2. Zwei halbcirkelförmige Canäle, wovon jeder mit einer dr®*- hügeligen Ampulle aus dem Alveus communis canalium semicir®**' larium entspringt. Beide Canäle conver giren, in dem sie auf d®^ Oberfläche des Alveus communis aufliegen, und vereinigen s|®J* bogenförmig; an dieser Stelle stehen sie durch eine Spalte zugl®*®^ zum zweiten Mal-mit dem Alveus communis in Verbindung. ^*I letzterm zugleich ein säckchenförmiger Anhang, Petromyzon Ammocoetes. ßiche J, Mueleer im Bericht über die zur Bekannt- machung geeigneten Verhandlungen der Königl. Akademie de* Wissenschaften. AprU 1836. Archio 1836. LXXXIV. In den beiden ersten Formationen enthält das Labyrint keine Hörsteine, •i. Drei halbcirkelförmige Canäle in derselben Anordnung» wie bei den höheren Thieren, nämlich von einem Alveus com* 2. Jkustik der Gehortverkzeuge. Anatondsche Formen. 413 öiunis auscehend. Als Anhang des letztem der Sack. In beiden Concremente, ivie bei Plagiostomen , oder b.irte knöcherne Hor- sleine, wie bei den Knochenfischen frei enthniten. Dei Sack ent- spricht nicht der Schnecke der hohem Thiere und des Menseben, •ia der Alveus communis auch bei diesen einen kleinen sackaiii- 8*n Anhang besitzt. . Bei den Plagiostomen gieht es auch eine Fortsetzuti„ ^ahyrinthes bis unter die Haut. , Bei den Haifischen setzt sich bloss die Hohle des Veslibulum «artilagineum durch die Oeffnung im obern Hinterliauptstheil des Schädels bis unter die Haut fort. Bei den llochen hmgegen geht .so- '^ohl die Höhle des knorpeligen Labyrinthes, als das hantige bis unter Haut. Eine Grube im miUlern Hinlerhauptstheil des Schädels, ’l'e von verdünnter oder auch dichter äusserer Haut überzogen ist, ««thält vier Oeffnungen, zwei rechte, zwei linke. Jede hintere fuhrt *>loss zum knorpeligen Vorhof, und ist durch ein Häutchen ge- schlossen. Jede vordere gehört der Verbindiuig mit dem liauli- Sen Labyrinth an. Zwischen den zwei Oelfnuogen im Sciiadel «nd der Haut liegen nämlich zwei häutige Säcke, d'C Jeden setzt sich durch einen Canal, der durch die Schadelofiiumg Vchgeht, bis in den Alveus communis des häutigen L«byrint i ^.s [««•t. Dieser Sinus anditorius extemus iWid sein Canal . Hlensaurem Kalk gefüllt, wie solcher ;jh Alveus communis%orkümmt. Der not fheil des Sinus anditorius oßnet sich durch drei flehen durch die äussere Haut na^ « Baues und der Physiologie der tische. 1/87. E. H. 0. Tab. IX. Bei den Chimaeren fand ich auch eine UUt- "hng im Schädel und zwei entsprechende Verdünnungen der Hau , *^er die Oeffnung führt in die Schädelhöhle, wo ein rhcil des **^E*d?n Knochenfischen kömmt die Verbindung des knöcher- Labyrinthes mit der äussern Oberfläche durch hantig ge !«l>lossene Oeffnungen am Schädel nur Ausnahmsweise vor, wie zwei Arten von Lepidoleprus nach Otto (Tiedemann - für Physiologie. 1. 1. p. 86. Lepidoleprus f'cse Oeffnung nicht) und Mohmyrus cyprinoides nach Hetisihger Weck. Arch. 1826. 321.) t T, • ik mcfi Nach E. H. Webee’s Entdeckung steht das Labyrinth meli- Eerer Fische mit der Schwimmblase in einer mittelbaren er- r* 1 ■** ' Bei mehreren Fischen, wie den Cyprinns, Silnrus, Cobitis feschieht diese Verbindung durch Vermittelung einer Kette vo **«weglichen Knöclielohen. Bei den Cyprinen z. B. stehen ^ d ‘»embranöse Labyrinthe, aus ihrem Alveus communis, den nai - ^'rkelförmlgen Canälen und dem Steinsack. i* '•^uität der Membranen mit einem in der Basis des Hin ci ''erborgen liegenden häutigen Sinus Impar in "7’, „i,i ‘'•ber sich nach hinten jederseits in ein häutiges ^truiiii ^ 'Reiches an der Oberfläche dos ersten Wirbels gfclegco, z.uii ®ine knöcherne Bedeckung hat. An dieses Atrium stöss las ei- 4'J 4 y. Buch. Von den •Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. ste mnsclielartige Geliörknöclielclien , das letzte ist mit dem voi- dem Ende der Schwimmblase verbunden. Bei den Sparoiden (Boops und Sargus) gehen vom vordem Ende der Schwimmblase zwei Canäle aus, deren blinde Enden an besondern, häutig geschlossenen Oeffnungen des Schädels hefe' stigt sind. Bei den Clupeen setzt sich das vordere Ende der Schwimm' Blase in einen Canal fort, der sich gahelig theilt. Jeder diesei Canäle tritt in einen Rnochenkanal des Hinterhaupts, hier then*' er sich wieder gahelig, bis jedes der Canälchen in einer knöcher' nen Gapsel sich erweitert. Die eine dieser Capsein enthält . blo** das blinde Ende des Fortsatzes der Schwimmblase, in der andern aber stösst ein Fortsatz des häutigen Labyrinthes an den blinden Fortsatz der Schwimmblase. Bei den Myripristis findet nach Cuvier auch eine Verbindung der Schwimmblase mit dem Labyrinthe statt. Der Schädel h*' unten offen, und nur von einer häutigen Wand geschlossen, 3” welcher die Schwimmblase anhängt. Die Trommelhöhle und Eustachische Trompete der hohem Thiere, die Nebenhöhlen der Nase bei denselben, die Luftsäckn der Vögel und die Schwimmblase der Fische gehören übrigens in eine Klasse von Bildwigen, indem sie sich als mit Luft gefüHl® Recessus des Tractns respiratorius und intestinalis ursprüngliek bilden, mögen sie später noch durch Gänge oder Oeffnungen mit diesen Höhlen Zusammenhängen, oder sich davon ganz isoU' ren, wie die Schwimmblase mehrerer Fische, denen später de* Verbindungsgang mit dem Schlunde fehlt, v. Baer. Von den Amphibien an sind allgemein entweder ein oder zwei Fenster des Labyrinthes vorhanden, welche entweder ohne mit einer Trommelhöhle in Verbindung zu stehen, und bloss vo** Haut und Muskeln bedeckt, an die unter die Haut führen' den Fortsetzungen des Labyrinthes einiger Fisehe erinnern, oder mit einer lufthaltigen Trommelhöhle in Verbindung stehen. Dä* membranöse Labyrinth liegt ganz innerhalb der SchädclknocheD> Das Lahyrinthwasser enthält nur selten Hörsteinchen, wie bei ei- nigen Amphibien, namentlich den Fischartigen (Menohranchus)? meist nur eine Kalkmilch von mikroskopischen Crystallen. Bei den Amphibien kommen noch grössere Variationen **** Bau der Gehörwerkzeuge vor. Sowohl unter den nackten ah beschuppten Amphibien gieht es Familien, hei welchen die TioiO' melhöhle ganz fehlt, und andere, hei welchen sic mit Trommel' feil und Eustachischer Trompete vorhanden ist, aber beide Abthei- hingen sind darin durchaus verschieden, dass die nackten nu*' ein Fenster des Labyrinthes und keine Schnecke haben. B. Nackte Am pliil)icn. Das einzige Fenster, welches sie besitzen, ist das ovale oder Steigbügelfenster, welches durch den plattenartigen oder kegel- förmigen Steigbügel geschlossen wird. Das runde oder Schnek- keiifenster fehlt mit der Schnecke. 2. Akustik der Gehörtverkzeuge. Anatomische Formen. 415 a. Nackte Amphibien ohne Trommelhöhle. Ihr Gehörknöchelchen ist die Platte des Steigbügels, bedeckt ''on den Muskeln und der Haut. Das memhranöse Labyrinth be- steht, wie bei den mehrsten Fischen, aus dem Alveus communis und ^*‘6i halbcirkclfbrmigen Canälen. Hieher gehören die Coecilien, (Coecilia und' Epicrium), die Derotreten, (Amphiuma, Menopoma), •he Proteideen, (Proteus, Menobranchus, Siren, Axolotes, wahr- ^^einllch auch Lepldosiren), die Salamandrinen, (Salamandra, Triton) und die Bombinatoren unter den Batracbiern oder schwanz- '')sen nackten Amphibien. Siehe Wimdischmann de penitiori au- in amphihiis structura. Bonnae. 1831. b. Nackte Amphibien mit Trommelhöhle. Sie besitzen ein Trommelfell, welches entweder frei oder ^“tcr der dicken Haut verborgen liegt, 2 — 3 Gehörknöchelchen, mit dem Trommelfell verbundenen Hammer, welcher bloss kleines Knorpelplättchen darstellt, den knöchernen Amboss *'äd>. Steigbügel. Die Eustachische Trompete, ein Recessns [der j^achenhöhle, ist hier, wie immer mit dem Vorhandenseyii der Trommelhöhle verbunden. Hierher gehören alle Batrachier oder '‘"Seschwänzte nackte Amphibien mit Ausnahme der Bombina- lären. Bei den ungeschwänzten nackten Amphibien kommen die |*'össten Verschiedenheiten im Aussentheil des Gehörorganes vor. kann sie in 3 Familien bringen. 1. Batrachier ohne Trommelhöhle, Trommelfell und Eusta- 'i^ische Trompete. Bombinatoren; die Gattungen Bombinator, f'gneus), Cultripes Muell. (C. provincialis) und Pelobates Wagl. fuscus Wagl.) es ist Cultripes minor Muell. • 2. Batrachier mit äusserlich sichtbarem oder unter der Haut Verborgenem Trommelfell, Trommelhöhle, die grossentheils häutig **1^5 drei Gehörknöchelchen und von einander getrennten Oeff- '"‘»Sen der Eustachischen Trompeten. Hierher gehören die mei- nen Gattungen der Frösche und Kröten, von unseren z. B. Rana, Alytes u. A. ' . 3. Frösche mit knorpeligem Trommelfell, ganz von Knochen ®l''Seschlossener Trommelhöhle, zwei Gehörknöchelchen und ver- ^‘äter einfacher Oeffnung der Eustachischen Trompeten in der "litte des Gauffiens. Hierher gehören bloss die zungenlosen Gat- j "gen Pipa und Dactylethra. Vön den drei Gehörknöchelchen vorigen, ist das erste zum knorpeligen Trommelfell geworden, das zweite erscheint als sehr langer gebogener Stiel, das dritte ein kaum bemerkbarer, das Fenster verschliessender blattchen- **'tiger Anhang des vorhergehenden. Siehe J. Mueller in Tie- “®«asn>s Zeüschrift 4. 2. und Muell. Archiv 1836. LXVH. C. Beschuppte Amphibien. o , Sie haben das Steigbügel - ■ und Schneckenfenster. ehnecke besitzt den Bau der Vogelschnecke (mit Ausnat ^»^liildkröten). n. Beschuppte Amphibien oluie Trommelhöhle. Ihre (mit Ausnahme der 416 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. Das Gehörknöchelchen ist die Steighügelplatte, welche m ei- nen mehr oder weniger langen Stiel aaslauft (Coluniella). Diesel und die Fenster sind von Mnskeln und Haut bedeckt. Schlan- gen, auch Chirotes, Lepidosternon und Ämphisbaena. _ - b. Beschuppte Ampfäbien mit Trommelhöhle und Eustachi sef^tr Trompete. ic H Die Columella der vorigen, ihr Ende ist an das Trommelte durch eine faserknorpelige Masse befestigt. Schildkröten, Croco- dile, Eidechsen. Auch die fusslosen mit Augenliedern versehenen Eidechsen, Bipes, Pseudopus, Ophisaurus, Anguis, Acontias. Sieh® J. Muei.ler in Tiedemanh’s Zeitschrift 4. 2. Bei den meisten i* das Trommelfell aussen sichtbar, bei einigen der letzteren von der Haut bedeckt. D. Vögel. Das Gehörorgan der Vögel gleicht in den mehrsten Puncteo, so im Bau der Trommelhöhle, der Columella und der Schnecke demjenigen der Crocodile und Eidechsen. Die Trommelhöhle führt den Höhlungen der K.opfknochen Luft zu, wodurch der Umfang der resonirenden Wände vergrössert wird. Die Schnecke ist nicht gewunden, und ein fast gerader blind geendigter Canal, der durch eine sehr feine membranöse Scheidewand in zwei Gang® getheilt ist, die Scala tympani und Scala vestibnli. Die Scheide- wand ist in einem Knorpelrahmen ausgespannt, der nach deni Ende sich wieder schlauchförmig umbiegt, und sich zur LamcU® der Scheidewand, wie der Schuh des Pantoffels zur Sohle verhält- Die Wölbung dieser Flasche wird durch eine gefässreiche i® Querrunzeln gelegte Gefässhaut über die ganze Länge der Schneck® fortgesetzt. Diese Runzeln sind es, welche Tbevibawus für isolirt® Claviertastenartige Blätterchen (?) zuerst beschrieben, ltn Alveu* communis caualium seniicircnlarium und der Flasche der Schneck® heiindet sich ein crystallinisches Pulver von kohlensaurem Kalk- Siehe Wibdischmakh a. a. O. Vergl. Huschke in Muell. At- chio. 1835. 335. Bbeschet Ann. d, sc. nat. 1836. Muell. Archi>>- 1837. LXIV. £. Säugctltiere. Das Gehörorgan der Snugethiere unterscheidet sich im ^®' sentlichen nicht vom Gehörorgan des Menschen, und die Unter- schiede der Einzelnen sind meist nicht von solcher physiologi- schen Wichtigkeit, dass sie hier erwähnt werden dürften. _ Schnecke ist immer gewunden, und besitzt eine um die Spindf laufende theils knöcherne, theils häutige Spiral platte, nur di Schnecke des Schnabelthiers und der Echidna gleicht in ®deO Beziehungen derjenigen der Vögel. Die knöcherne Trommelhöm^ vieler Säugethiere stellt eine grosse Knochenblase dar, die >r»®'* • von dem Os tympanicum gebildet wird. Bei Vielen setzt s>® die Trommelhöhle in andern angrenzenden Knochen fort. Sie'*. Hagebbach die Paukenhöhle der Säugethiere. Basel, 1835. Bei ®‘' 2. Akustik der Gehörwerkzeuge. Anatomische Formen. 417 “'gen gieljt es aucb eine obere Trommel, indem das Felsenbein l*lasenartig nach oben und hinten heraustrilt, wie bei den Pede- *es, Dipns, Macroscelides. Auf diese Weise werden die resoni- •■enden Räume vergi'össert. Die Cetaceen und das Schnabelthier l^aben kein äusseres Ohr, die Eustachische Trompete der Delphine “ffnet sich in die Nase, und der äussere Gehörgang der ganz im Wasser lebenden Säugethiere ist ausserordentlich enge. lieber die feinere Ausbreitung der Nerven in der Schnecke und "^äEviBAifus und Gottsche’s Beobachtungen siehe oben D.I. Aufl, P- 6T0. So wie die Nervenfasern in der Schnecke sich auf der Spiral- P'atte ausbreiten, um von zwei Seiten von Labyrinthwasser umgeben seyn, so breiten sie sich auch in den Ampullen nach Steifen- «asds Entdeckung (Müell. Archiv. 1835. I7I.) auf einem Vor- Sprunge ans, der aber die Ampulle nicht ganz durchsetzt, sondern ^loss hineinragt. In der Ampulle der Säugethiere befindet sich der ^äsbreitung des Nerven entsprechend ein querer Wulst als unvoll- ^'^oinmenes Septum. Bei den Vögeln hingegen befindet sich auf diesem Septum ein oberer und unterer knopfförmig endigender freier Schen- ^'el, so dass das Ganze ein Kreuz darstellt, dessen quere Schen- kel angewachsen, dessen senkrechte Schenkel frei sind. Bei der Schildkröte hat das Septum als Wulst in der Mitte bloss einen ““habenen Umbo. Das Septum der vordem Ampulle steht schief “Uf der Wand der Ampulle und hat nicht den Umbo, in der ■»“ssern Ampulle ist nur die eine Hälfte des Septum vorhanden, ^eim Crocodil und den Eidechsen - ist die äussere Ampulle, wie kei der Schildkröte; die anderen haben die kreuzförmige Bildung ^ Innern. Das Septum der Fische ist eine wulstige Querfalte. Alle akustischen Vorrichtungen am Gehörorgan sind nurLei- ‘“ogsapparate, wie am Auge die optischen Leitungsapparate des ^'chtes sind. Da alle Materie Schall v/ellen leitet, so muss das ”drea schon unter den einfachsten Bedingungen möglich seyn, ““"n alle materiellen Umgebungen des Hörnerven müssen nun “‘"mal den Schall leiten. Beim Auge war eine gewisse Constru- “‘iou nothwendig, die Lichtstrahlen oder Wellen so zu dirigiren, ““SS sie dieselbe Ordnung auf dem Nerven annehmen, wie sie Object ansgehen. Beim Gehörsinn fidlt diess weg. Alle ^®dien leiten die in der Direction wie in der Zeitfolge ver- schiedensten Schallwellen trotz der mannigfaltigsten Kreuzungen ““gestört; wo immer diese Wellen das Organ und seinen Ner- treffen, müssen sie zur Perceptlon kommen. Die ganze ^'»sbildung des Gehörorganes kann daher bloss in der Erleich- ^““ang der Leitung und Multiplication der Wellen durch k^esonanz beruhen und in der That lassen sich alle akustischen Apparate des Gehörorganes auf diese beiden Principien zurück- “ihren. Zum Hören an und für sich sind also weder Troininelfell, “pell Gehörknöchelchen, noch Schnecke, noch halbcirkelföinMge atiäle, noch selbst Vestibnlum und Labyrinth ivasser .nölhig. a alte diese Theilc auch fehlen können. Das Gehörorgan der Wirbellosen ist schon auf ein blosses Bläschen reducirt und bei ■Vielen Wirbellosen wird selbst dieses vermisst und es scheint dci 418 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. blosse specifiscbe Nerve zu genügen. Jeder Körper leitet ’^ejlen ; der Körper eines Thiers und die nächsten Umgebungen des nerven nehmen sie in derselben Ordnung auf, in der sie das sen» ' leitende Medium fortpftanzt, es kann daher nicht einmal behaup- tet -werden, dass die Unterscheidung der Höhe und der relativei Stärke der Wellen besondere Apparate erfordere, aber Schärfe und absolute Intensität der Töne wird mit der akusti- schen Ausbildung des Organes zunehmen. Die Bedeutung dieser Apparate wird am besten erkann , wenn man sie von ihren einfachsten Formen bis zu dem, allmählig hinzükömmt, verfolgt; auf diesem Wege lernt man das kennen, was von anderem unabhängig ist und was sich g« genseitig bedingt. II. Von der Schallleltnng bis zum Labyrinth bei den imWassei hörenden Thieren. Bei den in der Luft' lebenden Thieren gehen die Schallwel-' len der Luft zuerst an feste Theile des Thieres und des Gehör- organes und von diesen zum Labyrinthwassor über. Die Stärke des Gehörs eines in der Luft lebenden und in der Luft hore"- den Thieres muss daher davon abhängen, in welchem Grade feiten Theile des Gehörorganes Luflwellen aufzunehmen fabio sind und welche Verminderung der Excursionen der schwingen- den Theilchen beim Uebergang der Schwingungen aus der Lut an die äusseren Theile des Gehörorganes stattfindet, in welchem Grade ferner das AVasser des Labyrinthes Schwingungen der ans seren Theile des Gehörorganes aufzunehmen fähig ist. Der ganz® äussere Theil des Gehörorgans ist, wie wir sehen werden, darauf berechnet, die an sich schwierige Autnahraa von Lutt- Schwingungen an feste Theile zu erleichtern. Bei den im Wasser lebenden und im Wasser hörenden Thie- ren ist das Problem ein ganz anderes. Das Medium, welche» die Schallschwingungen znführt, ist Wasser, es bringt sie zu def festen Theilen des Thierkörpers, von da sie gelangen wieder m Wasser, zum Labyrinthwasser. Die Intensität des Gehörs häng* hier wieder davon ab, in welchem Grade die festen Theile de* Gehörorganes, durch welche die Schallwellen zuerst hindurc müssen, fähig sind, Wellen aus dem umgebenden W'asser aufzU' nehmen und wieder an Wasser (des Labyrinthes) abzngeben, un welche Verminderung der Excursionen der schwingenden Ttwm- eben bei diesem Uebergange stattfindet. Wir werden hie* wieder sehen, dass der ganze äussere Theil des Gehörorgane* darauf berechnet ist, diesen Uebergang zu erleichtern. Da die Mittheilung der Wellen aus der Luft an feste per, und aus dem Wasser an feste Körper sehr ungleich ist uu durch sehr ungleiche Mittel verstärkt wird, so hat die Natur im äussern Theile des Gehörorganes bei den in der Luft und im Wasser hörenden Thieren ganz verschiedene Apparate dazu no- thig gehabt, während hingegen der innere Theil des Gehörorga 2. Akustik d. Gehöm’erkzeuge. Schalüeitung b. d. JV asserth. 419 nes in Leiden Fällen viel mehr uniform ist. Im Allgemeinen ist *^“5 Problem bei den im Wasser lebenden Tbieren einfacher. Xiebereang der Scbwlngnngen vom äussern Medium bis zum Nerven geschieht durch 3 aufeinanderfolgende Leiter, aber gleich sind; 1) äusseres Wasser, 2) feste Tbeile des Thieres Und Gehörorganes, 3) Labyrinthwasser. Bei den Luftthieren ge- schieht die ‘Miltheilung durch 3 aufeinander folgende Medien, Welche sämmllich ungleich sind, Luft, feste Theile des Thieres "»nd Gehörorganes, Wasser des Labyrinthes. Ans diesem und deinem andern Grunde ist das Gehörorgan der LnftBiiere m All- ^^^nieinen zusammengesetzter, als das der Wasserthjere. Da das Gehörorgan der im Wasser lebenden Thiere, wie der Fische, in '1er Regel ganz von festen Theilen elugeschlossen ist, so ist die erste Frage diese, wie verhält sich die Mittheilung von §chall- "'ellen aus dem Wasser an feste Theile und von diesen an Was- ser (das Labyrinthwasserl? Beim Uebergang von Luftwel'en an l^^ste Körper 'findet eine beträchtliche Verminderung der Excur- ®ionen oder Stösse der schwingenden Theilchen statt, während Mittheilune der Wellen aus tönender Luft an Luft, und von lönenden festen Körpern an feste Körper ohne alle Verminde- tung geschieht. Den vollen Ton eines festen Körpers, wie einer 'Vte (ohne Resonanzboden), hört man nur [csten Körper durch feste Körper bis zu festen Th®ilen des Ge- Worganes geleitet wird, z. B. indem man einen Stab zwischen *1®« Steg de*!- Saite und das ausgestopfte äussere Ohr legt. Be- endet sich aber Luft zwischen dem tönenden festen Körper und 'leiii Ohr, so ist der Ton schwach, denn die Mittheilung der ''Vehen aus einem festen Körper an die Luft ist schwer und ge- ^'^bieht mit einer Verminderung der Excursion der schwingenden •fbeilchen oder des Stosses. Umgekehrt wird der Ton tonender Guft (wie eines Blaseinstrnmentes) vortrefflich durch die Luit lort- §®leitet und zum Gehörorgan gebracht, theilt sich dagegen schwer nur mit einer Verminderung der Intensität der Stosse festen Körpern mit. Daher der Ton einer Pfeife nicht besser gehört ^.‘cd, wenn man an das zugestopfte Ohr einen Stab bringt, der in die Nähe der tönenden Luft reicht. Ist es nun ebenso Uebergaijg von Wellen des Wassers an feste Körper' fan- auch hier eine Verminderung der Stösse statt? Ueber diesen Gegenstand sind noch gar keine Untersuchnn- angestellt. Der bisherige unvollkommene Zustand der Aku- ®Gk der Gehörwerkzeuge, welche, richtiger gesagt, wohl kaum "?ch existirte, bestimmte mich, eine Reihe Untersuchungen zu Tsem Zwecke anzustellen, wovon ich hier die Resultate mit. tbeile. I. Die festen Körper nehmen die im IVasser selbst erzeugten ^^^mlleocUen mit grosser Siärkk aus dem Wasser, auf. ■ p ä tin Becken von Glas, Porzellan, Holz ist bis an den «anu Wasser gefüllt. Auf dem Wasser schwimmt eine »^na , das Becken zu berühren, in der Schale erregt Herabfallen eines Körpers einen Schall. Stopft man sich le - fest mit Bolzen von gedrehtem Papier zu, deren in den e- 420 V, Bucfu Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. hörgang gebrachtes Ende vorher gekaut war, und deren äusse- res, trockenes Ende ans dem Ohr heranssteht, so hört man durch die Luft den Schall eines festen Körpers änsserst schwach, durch einen Stab von Holz oder besser eine Glasröhre, die man an den tönenden festen Körper und an den Bolzen im Ohr hält» änsserst stark. Taucht man nun den an das Ohr gehaltenen Stab in das ^JVasser des Beckens, während man etwas in die schwimmende Schale fallen lässt, so hört man aus dem Wasser einen sehr staAen und reinen Klang, wie er der Schale eige** ist und sehr viel stärker, als dieser Schall durch die Luft gele*' tetwird. ln diesem Fall sind die Schallwellen aus der Schale oder dem festen Körper an das Wasser und aus dem Wasser wieder an den Stab und so zum Gehörorgan gelangt. Daraus sieht ma** Leides, dass tönende feste Körper nicht bloss ihre Schallwelle^ mit grosser Stärke an das Wasser abgeben, sondern dass auch da* Wasser sie mit grosser Stärke wieder an feste Körper, den Stab ahgiebt, durch welchen man sie hört. Wird der Stab beim Versuch ins Wasser gehalten, oder damit die Wand des grössere Beckens berührt ^ so sind die Bedingungen ziemlich gleich. Der Schall geht aus der Schale ins Wasser, aus diesem entweder un- mittelbar in den Stab, oder durch Vermittelung eines zweiten festen Körpers in den Stab. Im letztem Fall kann der Schall etwas stärker seyn, indem nöch die Resonanz des Beckens in Be- tracht kommt. II. Schallwellen fe.ster Körper gehen stärker durch andere dd' mit in V erbmdung gesetzte, feste Körper fort, als aus festen Kör' pern in PV asser , aber viel stärker aus festen Körpern im IV asseT; als aus Jesten Körpern in der Luft fort. Diess ergiebt sich leicht bei dem vorhergehenden Versuch' Am stärksten ist nämlich der Ton, wenn man den mit dem Bol- zen des Ohrs in Verbindung gesetzten Stab lose an die auf dem Wasser schwimmende Schale selbst hält, während ein Ton darin erregt wird. Schon viel schwächer ist der Ton des Wasser* umher, wenn man den Stab hineinhält. Aber die Luft leitet den Schall der Schale am schwächsten; denn der Ton, der durch sin ■ allein zum Bolzen des Ohrs kömrntj ist sehr viel schwächer im Verhältniss zu dem Ton, der aus der Schale selbst und aus dem Wasser durch den Stab zum Bolzen oder Obturator des Ohr* geleitet wird. III. Schallwellen der Luft iheilen sich dem Wasser sehr scluver und sehr viel schwerer, als sie in der Luft f ortgehen; sie theiled sich aber dem IV asser sehr leicht mit durch Vermittelung einer g^' spannten Membran. Dass man im Wasser Töne vernimmt, welche in der Luft erregt werden, ist eine bekannte Thatsache; aber von grossem Interesse scheint mir die von mir beobachtete Thatsache, das* eine gespannte Membran, welche AV'asser und Luft zugleich be- rührt, den Uebergang der Luftwellen in das Masser in einem ausserordentlichen Grade erleichteit. Lasse ich eine einfussige messingene oder hölzerne Pfeile ohne Seitenlöcher, so anbla- sen, dass das untere Ende in Wasser taucht, so höre ich be* 2. Akustik d. Gehürwerkzeuße. SchalUeütmg b. d. Wasserth, 421 ''ci'stopften Leiden Ohren den Ton mittelst des in das Wasser Setauchten Stabes nur sehr schwach, selbst dann, wenn die Fläche des Wassers senkreclit auf die Achse der Pfeife ist, die ^ttftwellen also senkrecht auf das Wasser stossen. Wird hin- pgen das untere Ende der Pfeife mit einer dünnen Mem- “•■an (Schweinshlase) zugehunden, die nur wenig gespannt ist, so ich bei verstopften Ohren, wenn die ins Wasser gehaltene Pfeife angeblasen wird, den Ton sehr stark mit dem an den ^litiirator des Ohrs und ins Wasser gehaltenen Stabe, besoii- ■^ers, wenn sich der Stab in der Richtung der Wellenbewegung in der Direction der Pfeife befindet. Diese Töne sind klangreich. Der tiefste oder Grundton der Pfeife beim *pliwächsten Blasen oder auch einer der mittlern Töne eignen *'®h am besten zum Versuch. Zum Stabe bedient man sich ®'öes Stabs von Holz oder noch besser einer Glasröhre von Linien Durchmesser, deren Wände senkrecht gegen die ^‘«■ection der Schallwellen des Wassers gehalten werden. Fährt bei an das verstopfte Ohr gehaltener Röhre, mit dieser im ^asser hin und her, so schwillt jedesmal der Ton sehr stark so wie er vor der Membran der Pfeife vorbei geht. Diese y^rrichtnng ist bei den weiteren Versuchen über das Hören im 'Nasser und die akustische Bedeutung der einzelnen Theile des pehörorganes unentbehrlich; sie hat mir die grössten Dienste ge- •^'stet und ich wäre ohne dieselbe zu keinen Resultaten gekom- Bei den hohen Tönen der Pfeifen ist die Verstärkung we- "'g oder gar nicht bemerkbar. Dieser Versuch beweist auch, ^ass die Verbreitung der Schallwellen sich im Wasser wie in der ,'*ft verhält, dass nämlich die Stosswellen in der Richtung "fes ursprünglichen Stosses stärker sind, wenn gleich die Wellen ‘^"ch im Allgemeinen kreisförmig oder kugelförmig sind. IV. Schalle eilen; die sich im Grosser forlpflanzen, und durch ^^Srenzie feste Körper durchgehen, t heilen sich nicht bloss stark dem f^ten Körper mit, sondern resoniren auch von den Oberflächen des Körpers in das Wasser, so dass der Schall im Wasser in Nähe des festen Körpers auch da stark gehört wird, wo er zu- der blossen Leitung im Wasser schwächer sejn würde. Wird nämlich der im vorhergehenden §. beschriebene Ver- angestellt, So hört man bei verstopften Ohren den Ton der Wasser gehaltenen, am Endö durch Membran geschlossenen '®*fe, mittelst des ins Wasser getauchten Conductors in der Di- ''«ction der Pfeife sehr stark, wenn sich bloss Wasser zwischen Ende der Pfeife und dem Conductor befindet. Wird nun ^Wischen beide ein dünnes Brettchen von Holz gebracht, so dass S<;hallwellen vom Wasser durch die Zwischenwand, dann ''»eder durchs Wasser bis zum Conductor gelangen, so hört man Ton in der Direction der Pfeife so stark, oder fast eben so **'^1 als wenn das Brettchen weggenommen wird, aber man hört * denjTon in der Nähe der Oberflächen des ganzen Brettch^s '®öilich stark, wenn der Conductor bloss das Wasser in der Nähe Wände des Brettchens berührt, ohne an das Brettchen an- ^stossen. Der Ton ist hier stärker, als im übrigen Wasser. 422 V. Buch. Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. Diese Verstärkung findet in der Nähe aller Wände des Brettchen* statt, und ist in ziemlicher Entfernung von dem Hauptzug des ses noch merklich. Wird das resonirende Brettchen entfernt, * ist der Ton nur an den Stellen stark, welche dem Stoss de Wellen der Pfeife gegenüber liegen. Auch in der Nähe de Wände des Wasserbeckens ist die Resonanz dieser Wände merklic ? wenn sie von Holz sind. V. Schallwellen, die sich im Wasser fort pflanzen, erleide > auch eine theilweise Reflexion von den Wänden des festen Körpere Dieser Satz, der hei der Akustik des Labyrinthes benuW wird, muss hier schon im Zusammenhänge erwähnt werdeo- Am besten überzeugt man sich von der theilweisen Beflexic der Schallwellen im Wasser, mittelst der mehrfach erwähnte^ Vorrichtung. Die mit MemhVan geschlossene Pfeife wird nämlicln' das Wasser eines grossem Beckens getaucht. In diesem befind® sich ein mH Wasser ebenfalls gefüllter, am Ende verschlosseneO gläserner Cylinder von 6 Zoll Länge, der von einer Person den Händen umfasst und so gehalten wird, dass keine Berühruno mit den Wänden des Beckens stattfindet. Das Ende der Pfen® wird in die Mündung des Cylinders eingesenkt und dann schwa®*’ ihr Grundton angehlasen. ' Wird nun der Conductor ebenfal'® gegen die Mündung des Cylinders gehalten, ohne die Wän«« des Cylinders und der Pfeife zu berühren, so hört man b«’ verstopften Ohren mittelst des Conductors den. Ton der Wassef' wellen eben so stark, als wenn er der Mündung der Pfeife ent- gegengesetzt wäre. Diese Stärke des Tons ist eine Folge d® Reflexion von den Wänden des Cylinders, nicht bloss der Reson- nanz des Cylinders. Denn die Stärke des Tons bleibt sich gleic»» wenn man die Resonanz des Cylinders möglichst geschwächt h® durch Ueberziehen seiner inneren Wände mit einer Lage vo® Talg und Dämpfung seiner äusseren Wände durch Umfassen beiden Händen. Dagegen ist der Ton ira Wasser an der ausser® Umgebung des Cylinders viel schwächer. VI. Dünne Membranen leiten den Schall im Wasser ungeschwäcldi mögen sie gespannt oder ungespannt seyn. Wurde nämlich im Wasser zwischen das membranös geschlos- sene Ende der Pfeife und den in der Directlon der Pfeife gehal' nen Conductor, eine membranöse , Scheidewand aufgestellt, s® zeigte sich nicht der geringste Unterschied in der Stärke , d® Schalles, während er in den seitlichen Richtungen überall schwa®’ W'ar. Zuerst wurde zur Scheidewand eine gespannte Membra® benutzt, ein Stück Schweinsblase über einen grossen Ring g® spannt. Aber ungespannte Membranen, die bloss im Wasser au gehängt werden, zeigen denselben Erfolg. Ich legte mehret^ Schichten getrockneter und wieder erweichter Schweinshläse aU einander, drückte sie zusammen und die Luft zwischen ihn.®® aus, und hing die stärkere Scheidewand auf. Selbst wenn 4^ ’ ^ Lamellen dicht auf einander lagen, wurde noch einige Versturkuo» in der Richtung der Pfeife bemerkt. Noch mehrere Membran®® hoben sie auf. Ein Stück Haut des Menschen und die 3 Lim®® dicke Wand des Uterus einer Schwängern als Scheidewand benutz i \ 2. y^kustik d. Gehörwerkzeuge. SchalUeUung i. d. Wasserth. 423 •‘oben alle Verstärkung auf, und der Ton wurde hinter der Scheidewand nicht stärker, als an jeder andern Stelle des Was- sers vernommen, die ausser der Hauptdirection der Wellen war. VU. Aus dem UI. IV. und VI. Satze erklärt sich der Vorgang Schallleitung hei den meisten im Wasser lohenden, nicht lufiath- Wenden Thier en. Wenn wir bei sehr fest verstopften Ohren Schallwellen des Hassers mittelst eines hölzernen Conductors hören, so versetzen uns ganz in den Zustand des Fisches, und hören die Töne wie dieser Unterlauchen des Kopfes ins Wasser ist weder "ethia, noch zu einer ruhigen Beobachtung geeignet. Der feste ^enductor erweitert die festen Theile unseres Kopfes, und setzt wie beim Fisch unmittelbar den Schallwellen des Wassers Das einfache oder zusammengesetzte Labyrinth der im Was- ®cr lebenden Thiere ist entweder ganz von den Schädelknorpeln '‘*’d Knochen eingeschlossen, wie bei den Sepien, Cyclostomen '^äd Knochenfiseben, oder es ist zugleich eine Communication Labyrinthes mit der Oberfläche des Thiers vorhanden, und Vermittelung ceschieht auch durch Membran. Dahin gehört Membran vor der Hörcapsel der Krebse, und das Fenster der J*lagiostomen auf der Oberfläche des Kopfes, welches von ver- '•hnuter Haut geschlossen ist. Die Kopfknochen sind ubripns ®äch der Resonanz im Wasser fähig, d. h. die iWn mitgetheil- ‘cn Schwingungen prallen zum Theil von ihren Oberflächen zu- ‘■'ick, und bilden in ihnen selbst zurucklanfende M eilen , welche Labyrinth zu Gute kommen. Diess folgt ans den iin // , ^tz erwähnten Thatsachen. Bei den Haifischen und Rochen 'lit weichem knorpeligem Skelet mag diese innere Resonanz Kopfknochen geringer seyn, als bei den Knochenfischen, öaher 'ist vielleicht bei ihnen die fensterartige membranose Ver- feindung des Labyrinthes mit der Oberfläche nöthig geworden. den Cyclostomen gehört die Gehörcapsel zu den festen Thei- •en des Skelets. Bei ihnen liegen noch Muskeln über der Ge- fehrcapsel, welche die Söhallleitung vermindern müf en. Vni. Luftmassen resoniren Im Wasser ,>on den Schallwellen des Hassers, wenn die Lujl von Membranen oder festen Körpern «n- Sesehlossen ist, und bringen dadurch eine ansehnliche Verstärkung des 1'ones hervor. ~ Eine Person erregte mittelst der mit Membran geschlossenen ‘ö Wasser gesenkten Pfeife Schallwellen im Wasser in bestimm- 'er Richtung, während ich mit dem ins Wasser getauchten Con- ^«ctor, diese meinem verstopften Ohr zuleitete. Nun wurde zvri- '“'hen das Ende der Pfeife im Wasser und den Conductor die Schwimmblase einer Plötze mit den Fingern frei im Wasser bin- «ebalten, so dass die Schwimmblase weder die Pfeife noch den Conductor berührte. In diesem Falle wird der mit dem Conduc- hörbare Ton ausserordentlich viel stärker, als wenn die hcliaii- J^ellen zu dem im Wasser, in ders.elbcii Entfernung gehaltenen Conductor bloss durch das Wasser, und nicht zugleic * o'c Schwimmblase gelangen. Hierdurch wird bewiesen, ] ass Schall durch Vermittelung von Membranen sehr leicht vom Physiologie. 2r BH, II. 28 424 V. Buch. Von den Sinnen. II. Alschn. Vom Gehörsinn. Wasser zur Luft und umgekelirt übergeht, und keine Schwächung erleidet; 2) dass er, wenn die Luft zugleich von Merobrane^^ cingeschlossen ist, die von Wasser allseitig umgeben sind, durc^ die Reson.anz der begrenzten Luft bedeutend verstärkt wird, U* dem die Schallwellen von den Grenzen der Luft zum Theil zu rückgevvbrfen werden und dadurch stärkere Schallwellen e" ' stehen. _ l XI. Mit' Ln fl gefüllte Memhranen resoniren im Wasser, ou wenn die Schallweilen von festen Körpern der Blase mitgetheilt werds'^'^ Wurde die Schwimmblase einer Plötze in den Spalt Stäbchens durch Einklemmung befestigt, der Stab an die Wän ^ eines Reckens festgehalten, so dass die Schwimmblase ins Wasse^ frei hineinragte, dann eine tönende Stimmgabel auf den Ra'’‘ des Beckens aufgesetzt, so hörte ich die dem Wasser iuitgethe> ' ten Schallwellen mittelst des an die verstopften Ohren gehaltene'’ Conductors sehr viel stärker in der Nähe der Schwimmblase, a an anderen Stellen des Wassers, die gleichweit von der Ursprung* stelle des Schalls entfernt waren und der Ton war so stark, wenn ich den Conductor im Wasser den Wänden des Recken* näherte. . . Bei dichterer Luft muss diese Resonanz stärker seyn. Dte*’ folgt bereits aus uem für die Schallleitung in der Luft gcl- tenden Gesetz, dass die Intensität mit der Dichtigkeit der L'“ zunimmt, und dass der Schall einer Glocke im verdünnten LuR' raurn sehr schwach wird bis zum Schweigen. Directe Versuch® mit einer Schwimmblase zeigen jedoch nur einen sehr gen»' gen üntcrschifd, wenn ihre Luft comprimirt wird, als weu" sieschlalFist. Ich stellte den Versuch SO an, dass ich die SchwimiU' blase an das Rohr einer luftdichten Spritze anhand, durch welch® die Blase mit sehr condensii'ter Luft gefüllt werden konnte. P'® Schwimmblase deluit sich dabei fast gar nicht aus, weil sie voU einer äussern sehnigen Maut umgeben ist. X. Aus den vorhergehenden Thalsachen folgt , dass die Schwiniin- hlase bei den Fischen zugleich Resonator für die durch den KörpcG des Fisches durchgehenden SchalhveUen ist. Dieser Luftraum bekommt die Schallwellen des Wasser* theils durch die weichen Theile des Körpers des Fisches, theil'’ durch die Knochen, namentlich die Wirbelsäule, vor weicher s*® iliegt,' zugelcitet, und wird eine Ursprungsstelle für Resonanzwcl' len, welche sich hier wieder ihren ümgeburigeii, namentlich de® Knochen mittheilen. Im Allgemeinen kann daher nicht geläuguel werden, dass die Schwimmblase selbst bei den Fischen, bei weP eben sie nicht mit dem Gehörorgane zusammenhängt, Einiges zu’ starkem Wirkung des Schalles auf das Gehörorgan beiti’age. aber diese Verbindung besteht, sei es durch eine Kette von Ge- hörknöchelchen bis zum Labyrinth, oder durch unmittelbares Ä®' stossen der Schwimmblase an das membranöse Labyrinth, steld die Scliwimmhiase als Resonanzboden, Condensator und Le’-* te.r der den ganzen Körper treffenden Schallwellen mit dem La' byrinthe in der unmittelbarsten Wechselwirkung. Bei den Cobi' tis scheint diese Function der Schwimmblase Hauptzweck gewof' 2. Akusiik d. Grf,örtimo vom W-asser zum Lahyrinthwasser ausser der Leitung der l^opfknochcn nicht durch ein mit der Haut geschlossenes ^nster, ^''le hei den Rochen und Haifischen , sondern durch ein Fenster einem beweglichen Deckelchen, der vSteighiigelplatte erleicli- Dieses ist durch MembLan an den Rand des Fensters gc- 1‘eftet, über ihm, wie über den Kopfknochen liegen Haut und Hl'iskeln. Man kann mittelst einer ähnlichen Vorrichtung leicht überzeugen, wie viel dieses Fenster heim Horen nn tVasser leistet. Die ‘Hauptvortheile dieser Einrichtung _smd i«r das Hören im Wasser, sondern ^ wf '"irechnet, wie sich hernach ergeben wird. Zum Horen im Was- ^'>>'-würd; die- Einrichtung des Fensters nicht noth.g gewesen ®®yn. Die genannten Amphibien sind Lultthiere und Wasscrthiere ^'’Rleich. Hl. Von der Schallleitung bis zum Labyrinth bei den in dör Luft lebenden Thieren. , . Die intensive Schallleitung von der Oberfläche des Thiers 7* zum Lahyrinthwasser erfordert bei einem m der Luft lehen- i®" Tbiere einen viel zusainniengesetztern Apparat, als bei den ''"»sserthieren. Denn die Mittlleilnng des Schalls von der Luft die festen Theile, welche das Gehörorgan und T.ahyrinthwassei I'^’Rehen, ist sehr viel schwieriger, als die Mittheiliing des Schalls Wasser von diesen an feste Theile. Daher kommen nun bei meisten LuRthieren zwei Fenster vor, wovon das eine durch ^emhran das andere durch einen festen Deckel, geschlossen ist, meisten haben auch eine Trommel und Trompete und eine Spelte Leitung zum Labyrinth, die eine, wo die Leitung vom T'-ommelfell aus durch feste Körper, Gehörknöchelchen zum La- %rinthwasser geschieht. Weg des ovalen Fensters; die zweit^c, die Leitung vom Trommelfell zum secundären Tromme e runden Fensters und Labyrinthwassers durch \ ermittelt S Luft geschieht. Der Disput in den physiologischen c aijf welchem dieser Wege die Leitung geschehe, hM I’®'' physicalischen vSinii. Die Luft leitet, Membranen ^ö*'tnöclielchen leiten, jedes timt also, was es mclit ass n n. ‘iS * 426 F. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. Eine doppelte f^leicliieitige Leituns; verschiedener Art "" türlich den Eindruck verstärken. Die Gesetze dieser Lei n ? sind bisher niclit ermittelt. Hier wird dieser Gegenstand ebenso ausführlichen UnterGUchiing unterworfen, wie das Höre im Wasser. _ , Um den akustischen Werth jedes Organtheils kennen zu“’ neu, muss man sie in ihrer stufenweisen Entwickelung studireO' a. Luftthiere olin e Troram el li ö hl c. Die Luftthiere ohne Trommelhöhle sind fast nie auf die bloss^ Leitung durch die Kopfknochen angewiesen. Die Mittheim”? von dev Luft ‘»'i feste Theile ist zu schwach, als dass sie genüge” könnte. Fast alle Luftthiere, auch diejenigen ohne Trommelhöhle- haben Fenster, welche zum Labyrinth fuhren, und bei den letzteri| sind sie von Haut und Muskeln bedeckt. Nur bei Rhinophis un* Typhlops fand ich keine Fenster und Gehörknöchelchen. /. Schallwellen, welche aus der Luft ins W^asser übergehen, leiden eine belrächtliche Verminderung ihrer Intensität, gehen mit der grössten Stärke i>on der Luß zum Wasser durch Vermitf^'-' lung einer gespannten Membran über, > Dieses ist das Grundphanomen, von welchem wir ausgehe”' Der einfache Beweis ist in dem Versuche gegeben, dass die Töne eiß”^ Pfeife, die mit ihrem Ende in Wasser getaucht wird, auch wenn m Schallwellen senkrecht auf das Wasser stossen, nur sehr schwa”^ aus dem Wasser mittelst des an die verstopften Ohren gehalten”’ Conductors gehört werden, dass der Ton aber sehr stark ’ w enn das ins Wasser getauchte Ende der Pfeife mit einer dünn”^ Membran geschlossen ist. Hierdurch ist sogleich die WirkuUe des runden Fensters und seinej' Membran klar. Es vemiiP” die Intensive Leitung der Schallwellen aus der Luft an das L® byrinthwasser, mag eine Trommelhöhle vorhanden seyn oder nie , Liegt auch die dünne Membran des runden Fenstei's nicht an der Oberfläche, sondern ist bei den Schlangen von Haut Muskeln bedeckt, so sind doch diese Bedeekungen kein weseiith' dies Hinderniss. Auch wenn man den Verschluss der Pfeife mehreren Lamellen von Schweinsblase macht, und das Ende Wasser gesetzt, den tiefsten Ton der Pfeife anblasst, kann m®'' den Ton im AVasser mittelst des Conductors sehr viel stärk”' hören, als w-enn die Pfeife durch einen eingesetzten Stopfen geschl”* sei» war. Diese eigenthümliche Wirkung der Membranen bängt, man leicht einsieht, nicht bloss von ihrer Dünnheit, sondern der Verschiebbarkeit und Elasticiiät ihrer Thcilchen ab. Bei e*^ nein festen Körper wird die Mittheilung des Schalles aus ” Luft an ihn gleich geschwächt, mag er dick, oder dünn Denn das Hindemiss findet bloss beim ersten Uebergang sta ^ Eine Membran kann daher bei jenen Wirkungen nicht bloss ter dem Gesichtspuncte eines sehj- dünnen Körpers aufgefasst wer- den. Von ihrem eigenen ausdehnungsfähigen Zustande hängt es a y dass sic die Luftwellen leicht aufnimmt, als wäre sie selbst L« > Mild leicht an das Wasser abgieht, als wäre sie Wasser. 2. Akustik d. Gehörwerkzeuge. SchiMeitung h. d. Lujtth. 427 Durchnässung der Membranen ist übrigens zu jenen Erschei- •mugen nicht nötbig, die Membran am Ende der Pfeite kann, auch trocken seyn die Mittlieilung ist auch darin schon sehr stark, sie ini Wasser aufgequollen ist. Diess ist wieder ■'»"t ^lembran des runden Fensters bei den Tbieren mit Trommelhohle // Schaßwellen gehen aus der Luft ohne merkliche Veränderung ‘'•'•er Intensität an fVasser auch dann üher , wenn die oermiltelnde Gespannte Membran mit derti grössten Theil ihrer Fläche an einem Wi, festen Körper angeheßet ist, der allein das Wasser berührt Dieser Satz erläutert die Wirkung des ovalen Fensters und seiner beweglich eingesetzten Steigbugeiplatte bei den Luflthieien '’tine Trommelhöhle und Trnmmclfell, wie hei den Bomhmatoien «ad Schlangen. Auf die Membran, welche ich locker über das ®^ade der Pfeife gespannt, leimte ich einen Rorkstopfea aut, weU a*ier ‘Zoll lang und so breit war, dass er die Mmubran 1»« a«t «die Linie vom Rande bedeckte. Wurde mm das Ende der Pleite 'as Wasser gesenkt und der tiefste Ton angehlasen, so horte ich ««ttelst des gegen die Richtung der Pfeife im Wasser gdialtenen Conductors bei verstopften Ohren fast denselben starken Ton, wie «'enn die Pfeife mit blosser Memliran geschlossen ist. hosieicn der Unterschied l.emerklich, so wie der Conductor aus dei Richtung der Pfeife und des Stopfens kömmt, dann 'f ^ ' dch viel schwächer. Wurde hingegen das Ende durch «>aen Stopfen ganz zugestopR und das Ende ms Wassei gesenkt, «lie Pfife^ngeblasen, so war in der Richtung der Pleite keine 'aerkliche Verstärkung zu vernehmen, und derselbe Slop“" '^ai «au ein iJindernlss, der die starke Schallleitung zulasst, wenn 1 I I • • C..— ...... A/I r» rvi I • ,.r begrenzt und ‘•ah ist. mittelst eines Saumes von Membran beweg- Es geht aus diesen Beobachtungen hervord dass beide Peii- das von Membran geschlossene und das mit beweglichem ^teigbügel geschlossene, sehr gute Leiter für die Mittheilung der ®«hallwellen an das Labyrinlhwasser sind. uu , Von den in der Luft lebenden Thieren ohne Trommelhohl« ^ahan die Bomhinatorcu , die Landsalamander und die Coecilie i «Ur das mit dem Deckel geschlossene; die Schlangen hingegen *ben beide Fenster. b. Trommelfell und G c li ö r k n ö cli el cli e n. . UI. Schon ein kleiner fester Körper, der beweglich durch einen '“'‘tigen Saum in ein Fenster eingesetzt ist, leitet die Schallwellen "u« der Luft zum Wasser {oder Labyrinlhwasser) oicl besser, als an - feste Theile. Diese Leitung wird aber noch ‘"'r/ '^^"n der solide, das Fenster schlie-isende Leiter an der Mitte eine ^«^paniUen Membran befesligt ist, die nun beiden Sei.en von “"•geben ist. . Luftschwingungen gehen schwer an feste Rorpei, <»' «’Uer beträchtlichen Verminderung ihrer Intensität ubei- ^^irnbrmi wird aber leicbt dadurch in Bewei^un^ gese z ■ c on 428 V. Buch, Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. aus Savart’s Versuclien weiss man, dass kleine gespannte Lranen, ja das Trornrneliell selbst, bei einem in dessen Nabe erregten starken Ton, den Sand abwerfen. Es lässt sicli auf > durch Versuche dii-ect beweisen, dass eine. ges]jannte Membran viel leichter, als andere begrenzte feste Körper die Luftwellß” leitet, und dass wieder, was ebenso wesentlich ist, die Leitu»r> der Schwingungen einer gespannten Membran an feste begrenzt*^ Körper sehr leicht geschielit. Unter diesem Gesteh tspunct näB®' lieh als Vermitteler zwischen Luft und Gehörknöchelchen ist d®’ Trommelfell bisher nicht aufgelhsst worden. Ich stellte folgend^ Versuche an. Eine auf einem Eecber gespannte sehr dünne Membran vou Papier wirft Lycopodiumsamen Itei Annäherung der tönenden StiniiH' gabel durch Mittheitung der Luitschwingungen leicht, ein fester Kör- per von einiger Dicke dagegen gar nicht ab. Die gespannte Membraä leitet aber auch die von der Luft mitgethcilten Schwingung®’’ mit grosser Leichtigkeit oder Stärke auf feste, sie in einem Piio® berührende Körper fort. Legt man nämlich eine Holzplatte dem einen Ende auf die Membran einer Trommel, und fasst da* andere Ende mit der ganzen Hand, so empfindet diese die B®' bungen vollkommen deutlich , wenn die tönende Stimmgabel f*’®* üljer die Membran gehalten wird. Dagegen leitet die von d®> Membran isolirte Holzplatte unter gleichen B®' dingungen die von der Lull mitgetheilten Schwin- gungen nur sehr schwach. Die Resonanz d®* Luftraums dtir Trommel ist in dem folgend®” Versuch vermieden. Spannte ich auf ein®” Ring ganz dünnes Papier und fasste den Ri”b mit der einen Hand, so fühlte ich die Behlin- gen , als ich die Stimmgabel der Membran n”- hei'tc. War die 3Iembran entfernt, so fühlt® die den Ring haltende Hand die Bebungen nlchb wenn auch die Galiel dem Ring sehr genäh®®’ wurde. Auf folgende Welse lässt sich nun noch g®- nauer die intensive SehaiUeitung durch die G'®- hörknöclielchen durch Vermittelung der die LuB- schwingungen aufnehmenden Membrana tymp””’ zur Anschauung bringen Ich spannte auf Ende der cinlüssigcn Pfeife a, eine trocken® dünne Membran b (Sebweinsblase), leimte aut ”1® Mitte derselben ein kleines Korkstückcbeii , ”” befestigte auf dieses ein dünnes Stäbchen v”” Holz c, an dessen anderes Ende wieder ®‘”® Korkscheibe d angesteckt wurde. Das Ende d® Stidies wurde ln Wasser e getaucht, und dann d® tiefste Ton oder einer der mittlern Töne t}® Pfeife angcblaseii. Wurde der Conductor (ei”® L Zoll weite Glasröhre) bei verstopften Ohi®” mit dem einem Ende ans Ohr, mit dem andern ins Wasser g®- 2. Akustik der Gehörtverkzeuge. Schallleitung b. d. Luftth. 429 Platten, so wurde der Ton in einer auf die Korkplatte senkrech- Richtung iin Wasser ausserordentlich sLark, viel schwächer an Jen andeni Stellen des Wasser empfunden. Bei diesem ^^rsuch kann man sich auch üljerzeugen, dass die stärksten Wel- in longitudinaler Richtung im Stahe Fortgehen. Denn wird Conductor von der Seite dem Stäbchen im Wasser genähert, hört man den Ton zwar etwas stärker, aber hei weitem nicht so als in einer auf die Rorkplattc d senkrechten Richtung, die Membran ceteris pariltus durch einen fest eingesetzten ^^fkstopfen ersetzt, so hört man im Wasser keine oder eine geringe Verstärkung des Tones in der Richtung des Stabes. Der Erfolg ist ganz derselbe, wenn man die Trommelhühle Grossen nachbildet und ihre Schallleitung von der Luit auf das Wasser untersucht, a ist die Pfeife, « eine \ hölzerne Röhre, welche in das Ende der Pleile \ fest eingesteckt werden kann. Auf dem der Pfeife zugewandten Ende dieser Röhre isf eine Membran b gespannt, an welche der Stab c stösst. Das untere Ende des Stabes ist an eine Korkscheibc d befestigt, w'elebe aut eine über das Ende der Röhre gespannte Membran so fest geleimt ist, dass die Scheibe durch einen häu- tigen, eine Linie lireitcn Saum mit dem Rohr ä in Verbindung Steht. Die Pfeife u stellt den äusseren Gehörgäug vor, durch welchen LufU wellen dem Trommelfell b zugeleitet werden. Der mit Luft gefüllte Raum zwischen c und a stellt die Trommelhöhle vor, cd ist der Steig- bügel, in seinem Fenster beweglich. Wird das Ende des Apparates in Wasser getaucht,, und die Pfeife angebläsen, so hört man den Ton in der Richtung des Steigbügels so stark, I wie in dem vorigen Versuch. “ Die Gehörknöchelchen leiten die ihnen mit- getheilten Schwingungen um so. besser , als sie von Luft begrenzte feste Thcilcben sind und nicht continuo in die Schädelknocben überge- ben. Denn jeder begrenzte feste Körper leitet Schallwellen durch sich selbst stärker, als aut d. seine Umgebungen, wodurch eine ZcrsU'cuung den Umgehungen so sicher, wie in der begrenzten Luftsäule 'äes Coinmunicationsrohrs (bei Luftschwingungen) vennieden w ird. 1 Schwingungen des Troniraellells gelangen also durch die Kette Gehörknöchelchen zum ovalen Fenster und Laliyrintlwasscr, "«cm eine Zerstreuung von den Gehörknöchelchen auf den Luft- h?*!**^ der Trommelhöhle durch die erschwerte Mittheilung von f'ell*^” ^l'eilen auf luftförmige vermieden wird.. Da das Frommei- I als gespannter und begrenzter Körper selbst wöeder die ” , seinen Grenzen zurückwirft, und also kreuzende \ erc ic i- jj^ngswellen auf ihn erzeugt werden, so kömmt es auch untex c em '^S*'iff der Resonanz in. Betracht. Die aut diese Weise vei'- ei 430 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. V om Gehörsinn. stärkten Wellen wirken wieder gegen die Kette der Gehörkno clielclien. _ . • Es entsteht nun die Frage, von welcher Art die Schwingt' gen des Trommelfells sind, Beugungsschwingungen wie an trans- versalschwingenden Saiten und Membranen oder Verdichtung^' wellen. Erhält eine Saite oder ein Stab in der Richtung A*"® Länge einen Stoss, so entstehen keine Ausheugungen, sonde*" blosse fortschreitende Verdichtungen oder Verdichtungswellen, c*' hält aber ein hinreichend dünner Kör|)er, eine Saite, eine Me“*' bran in einer auf ihre Länge oder Ebene senkrechten Richti^o einen Stoss, so entstehen auch Beugungswellen, welche, wenn de^ Stoss nur eine Stelle des Körpers traf, vom Ort ihrer EntstehuOs nach den Grenzen des Körpers ahlaufen und zurücklaufen, Wellen <|es Wassers, oder wenn der Stoss die ganze Breite ds^’ Köi-])crs vor sich her trieb, in ganzer Breite des Körpers statt»'’' dende transversale Beugungen verursachen. Entstellen solc Beugungswellen auch an schallleitenden Membranen, wenn der StoS’ senkrecht auf sie trifft, oder bewirkt er blosse Verdichtuoge”' Allerdings hüpft Sand und Lycopodiiunpulver auf schallleitendel schwingenden dünnen Platten und dünnen Membranen, ja selb* wie Savaht zeigte, auf dem Trommelfell, wenn sehr starke Tö»® in seiner Nähe erregt werden. Daraus kann man aber nicht g®' rade schllessen, dass der Körper, auf welchem sie sich bewege"’ eine Beugiingsschwingung mache, denn auch eine Verdichtung* Schwingung könnte als Stoss leichte Körperchen bewegen, und d’ in die Luft übergehende Verdüiinungswelle kann sie auch sich fortreissen. Auch die Knoteulinien schallleitender Platte" beweisen keine Transversalchwingungen , denn auch ein mit dichtungswellen schwingender Körper kann mit Knoten schwi"' gen, V;’ic die Luft in den Pfeifen. Saiten, welche den Ton ein®*^ andern dicht neben ihnen aufgespannten Saite leiten, schwing®" wenigstens für das Gesicht nicht mit Beugungsschwingungen. D"' raus folgt wieder nicht, dass diese nicht da sind. Sic werde" nicht gesehen, wenn die Excursiouen nicht hinreichend breit si»“! Einen sichern Beweis von der Möglichkeit dieser Schwingung J*®! einer schallleitenden Membran liefert aber die Trommel. das eine Fell schwingt sehr neu transversa tier Beugung und selbst Zerbrechung durch die Luftwelle ausg®' setzt. Es kömmt also bloss auf die Stärke des durch die 1""' Schwingungen mitgetheilten Stosses an, ob ein membranöscr, g®' spanutcr, schallleitender Körper Beugungssehwingungen mach"" wird. Es kann daher die Möglichkeit der Beugungsschwingung®’’ bei dem Trommelfelle nicht in Abrede gestellt werden, obgl"’® die Excursionen seiner Beugungen auch bei den stäi'ksten Schall®’’ hei seiner Kleitihcit sehr gering scyn wei’den. Genaiicr ausgedfüc wird das Trommelfell in allen B’ällen in Transversalschwingung®’’ gerathen, wenn seiire Excursionen oder die progressiven Bewegung®*' der Tlieih’hen, die ihnen von einer Verdichtungswclle der L" milgctheilt werden, grösser sind, als die Dicke des Trommelfel *' Icz’selbcn durch Schlag in Schwingung gesetzt, ■' leutlich das zweite Fell mit ansehnlichen Excui'si"' . Auch die Fensterscheiben .sind bei Kanonenscb® 2. Akustik d. Gehörwerkzeuse. SchaUleitung b. d. Luftth. 431 einer gewissen Stärke der Stösse der Luft muss diess aber Fall seyn. Da die Gehörknöchelchen articulirt und so au- gelegt sind," dass eine Antiälierung ihrer äusserstei) Enden möglich ^1, so werden die Excursioaen des Trommelfells durch die Rette *^6r Gehörknöchelchen nicht gestört werden. Selbst bei den Tlue- die nur ein Gehörknöchelchen besitzen, Avie die Vögel und Geschuppten Amphihien, ist das äusserste mit dem Tromrnelfell '■erbundene Ende mobil. Hieraus crgiebl sich auch, dass die A.r- •^‘culation der Gehörknöchelchen keine blosse Folge ihrer Musku- '«lur ist, Avas auch durch die vergleichende Anatomie bewiesen '^b-d, da die Gehörknöchelchen des Frosches so gut articulirt, als des Menschen, aber ohne Muskulatur sind. Eine genauere ZergUedemng der Fortpflanzung der SchalU '^ellen im freien Luftraum zeigt jedoch, dass nur Lei den stärk- Stössen Beugungsschwingungen des Trommelfells entstehen Sännen. Ist die Excursion der Thcile eines tönenden Körpers der Stoss so stark, dass die Schnelligkeit der Theile Tromiuelliöhle getrieben, augenblicklich hört man schlecht. Di®' seihe Schw'erhörigkcit tritt ein hei der Spannung des Tromw®' felis nach innen durch Einathmen Die letztere Thatsache ist vo WoLLASTON [Phil. Transact. 1820.) zuerst heohachtet. Da im letztet Falle die Schwerhörigkeit auch nach dem Oeffnen des Mundes fortdauert, indem wegen Collapsus der Wände der Tromjiete tlas vorhergehende Einathmen , das Gleichgewicht nicht eintret®^ kann, so hat man auch Gelegenheit zu bemerken, dass auch die Stimme hei stärkerer Spannung des Trommelfells schwächer S®!****,^ wird. Habe ich die stärkere Spannung des Trommelfells durch dichtung der Luft der Trommelhöhle bewirkt, so tritt bei der Wj®^ dereröfl'nung des Mondes oder der Nase gewölinlich schnell wi®^^ der das Gleichgewicht der Luft der Trommel und der äus^i^ Luft einj und das Gehör stellt sich gewöhnlich sogleich her. i ® zuweilen erfolgt die Uerstellnng erst allmählig Habe ich ln' gegen die Spannung des Trommelfells durch Verdünnung Luft der Trommel bewirkt, so dauert die Schwerhörigkeit g 2. Akustik der Gehlir Werkzeuge. SchaUleUung b. d. Lujtth. 437 ^ölinlich selir lange an, und -wälirend der ganzen Zeit fiilile ich deutlich eine Spannung im Trommelfell. In Leiden Fallen ^ajin ich die Schwerhörigkeit und fühlbare Spannung des Irom- *iielfcll.j^ -w^enn sie nicht von selbst hei üeffnung des Mundes ver- sahen, durch eine eigene Bewegung ira Ohr wieder verschwinden ’Jiachcn, von der ich heraach beweisen werde, dass es eine will- hiilirliche Bewegung des Musculus tensor tympani ist. Wehj- ®'=heinUch geschieht die Herstellung oder Wiederöffnung der zu- *»«1111611 Hegenden Wände der Eustachischen Trompete durch ’«'chte ComVession der Luit der Trommelhöhle, vermöge der ^«iiehung des Trommelfelles durch den Musculus tensor tympani. diese Bewegung des Tensor tympani niclit maclien kann, die, aul' die angezcigte Weise hervorgebrachte Scliwerliö- ’^'Sheit leicht durch die entgegengesetete Ursache aufhehen. AVar Schwerhörigkeit durch Auswärtstreihen des Trommelfells her- ''^•■gehracht so athmc man hei zugehaltener JVase und Mund ge- ''"»'tsam ein, und umgekehrt im umgekehrten Falle. Wird die äussere Lull oder die Atmospliärc stark verdichtet, dass die Luft der Troimnelhöhlc wegen Aneinanderliegen der )^»nde der Trompete sogleich ins Gleichgewicht mit der äussem häft tritt, so wird natürlich das Trommelfell nach einwärts getrieben ""d gespannt, und dann Schwerhörigkeit eiutreten. . So muss nieii l'eiiies Erachtens die räthselhafte Beobachtung von Colladon in Taucherglocke erklären, wo er die Stimme seiner Gelahrten, t?''ohl als seine eigene Stimme nur schwach horte. Aus schlechter ^'^^'allleituno der verdichteten äussern Luft, wie Einige den Er- erklärt”liaben, lässt sich jene Tliatsache nicht einsehen. Denn ''^Mlchtetc Luft leitet den Schall besser. Die Schw'erhörigkeit, welche durch grössere Spannung des ..‘■«mnielfells einti’itt, ist keine ganz allgemeine für die hohen und tiefem Xöne zugleich. . Woilaston hat vielmehr beobachtet, dass er die Spannung des Trommelfells durch Verdünnung der der Trommelhöhle verstärkte, er nur taub für die tiefen ;dne wurde. Schlug er einen Tisch mit der Spitze seines Fiii- an, so gab das Brett einen dumpfen tiefen Ion, schlug er iiAit dem INaael an, so entstand ein hölievor durclidringcnder Bei der Verdünnung der Luft in der Trommelhöhle hörte ? «ur den letztem Ton, 'nicht den tiefen. Das dumpfe, tiefe rt-assel eines Wagens wurde bei der Luftverdünnung und Sp.an- des Trommelfells nicht mehr wahrgenoivmen, aber das Ge- der E^etten und andern Eisenwerkes am Wagen wurde auch sehr scharf gehört. Diese Versuche sind vollkommen rich- ,8 und ich glaube, dass sie jeder an sich wird bestätigen können, 5 sich hinreichend übt. Es ist übrigens zu bemerken, dass die Spannung des Trommelfells durch Luftverdichtung ganz denselben hervorbringt. Das dumpfe Dröhnen beim Fahren der Wagen Oer eijjg Xj-ttcke oder der ikaiioncn in der Nähe meiner Wohnung, ijf* Schlag ferner Trommeln verschwinden bei der Spannung < es «oiritnelfellä auf die .eine oder andere Weise augenblicklich, «ner .»s Trippeln der Pferde auf dem Steinpflaster, das feinere »e- **»Tr der Wagen, das Knistern an Papier höre ich sehr schart V. Buch, y'on den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. 438 bei gespanntem Trommelfell. Sehr auffalleiul ist der Erfp'o Picken einer 8 Fuss von mir entfernten raschenuhr. D ich bei gespanntem Trommelfell durchaus so schart, wie ö wöhnlichen Zustande, vielleicht noch schärfer, während hei t , Spannung augenblicklich aller dumpfe Lärm der Strasse stumm Die Erklärung dieser Erscheinungen ist aus dem sdiickten leicht. Je mehr das Trommelfell gespannt wirc , so mehr würde sein Grundton und alle föne, die e^ se Schwingungsknoten angehen könnte, sich erhöhen, in i cm Grade würde aber auch seine Fähigkeit zu vollkommenen i Schwingungen für tiefere Töne abnehmen Je mehr eih ion Eigenton des sehr gespannten Trommellells homolog is , leichter wird er auch im gespannten Zustande des Iromm noch gehört werden. ,|g Bei dieser Gelegenheit lässt sich eine gjv Pathologie machen. Es kömmt nicht ganz selten vor, dass Sc i hörige bloss die Fähigkeit zum Hören tieferer Töne verloren i hen, während sie die Fähigkeit für hohe, wenn auch schw Töne behalten. Ein schwerhöriger College von mir hört hohe r besser als tiefe. In einem solchen Fall ässt sich eine, zu sta Spannung des Trommeltells als sehr wahrschemlich vermutb “■ tand kann in der dunkeln Diagnostik derOhrenk wichtiges Moment' benutzt werden. Diese zu s • Dieser Umstund kann in der dunkeln Diagr beiten als wichtiges Moment, benutzt werd^... ^ Spannung kann natürlich auf mehrfache Weise verursacht werd 1) durch Verschliessung der Eustachischen Trompete, »le Luft Trommelhöhle kann sich dann vermöge der I^oipei-warme ^ dehnen, sie kann auch thcllweisc resorhirt werden, m bem Fällen muss aber das Trommelfell entweder nach aussen oder , nen stark uespannt werden. 2) Contractur des Musculus e tympani. Bei meinem College» ist die Trompete re^ kann Luft in die Trommelhöhle hlacen. Im ersten a , die Spannung des Trommelfells entweder durch Ausdehnung Luft der Trommelhöhle oder Resorption derselben entstanden wird begreiflicherweise die Operation der Anhohrung des Iro melfells oder des Zitzenfortsalzes der Trompete, von Nutzen die Schwerhörigen seyn, im zweiten Fall hingegen wird sie n ^ nützen. Hieraus erklärt sich zum Theil schon der so veu dene Erfolg iener Operationen. . . „ Der Antheil des Musculus tensor tympani an der Modificat» des Hörens lässt sich jetzt aus den aufgestellten Priticipien theilen. , ^ Darf man als sehr wahrscheinlich annehmen, dass der W ,, culus tensor tympani hei einem sehr starken Schall, eb^so jj Reflexbewegung in Thätigkeit tritt, wie die Ins und der Or ic palpebrarum bei einem sehr starken Liehteindruck, indem züng von den Sinnesnerven zum Geliirn, vom Genirn zu den m sehen Nerven verpflanzt wird, so ist einleuchtend, dass hei se *■ g kem Schall durch Reflexbewegung dieses Muskels eine h>amp des Gehörs eintritt. Der starke Schall bewirkt schon i flexion Nicken der Augenlieder und bei nervenrcizbaren Pers I 2. Akustik der GehÜrtverkzeuge. Schallleifung b. d. Lujtth. . 4.39 Zusammenfall ren -vieler Muskeln. Die genannte Annahme ist ‘'aber sehr -walirscheiniich *). Bei stärkerer Spannung des Trom- ^‘elfells durch den Tensor tympani, aus -was immer für einer 'Ursache, muss ferner die Fähigkeit 2um Hören tiefer Töne mehr abnehmen, als für das Hören hoher Töne. Hier kömmt nun zur Frage, ob der Musculus tensor tympani auch der Willkühr unterworfen sei. Nach meinen Beohachtungeii ''«rbvdt sich dieser Muskel, wie auch der Stapedius, mikroskopisch, "ie alle animalischen Muskeln, er besitzt nämlich die regelmässi- San Querstreifen seiner primitiven Bündel. Die sogenannten La- ^atoren sind dagegen keine Muskeln. Im sogenannten Musculus ‘‘^allei externus konnte ich keine Charactere der Muskeln erken— a*!«, welche im Tensor tympani so deutlich sind, und er ist blos- Rand. Aber die beiden wirklichen Muskeln der Gehörknö- '^''elchen "chören ohne allen Zweifel dem animalischen System a». Z-vv ar haben die Muskeln des Gefässsystems, Herz und Lymph- a«rzcn, auch Querstreifen, und dieser Character gehört ausser den animalischen Muskeln, die sich aus dem äussern Blatt der Keim- put entwickeln, auch denjenigen an, welche sich aus der mitt- nfu oder Gcfässschicht der Reimhaut bilden. Aber die organi- *chcn Muskeln der Eingeweide sind constaiit ohne Querstreifen , primitiven Bündel der Fasern. Da ferner die kleinen Mus- '“•bi des äussern Ohrs willkührlich sind (ich bewege sie na- ’nnutUch den M. antitragicus, deutlich), so ist kein Grund vor- '“anden den Muskeln der Trommelhöhle eine gleiche Stellung ab- *'‘sprechcn. Dafür spricht auch der Ursprung des Nervus tensor '^''«pani vom dritten Ast des Trigeminus, nämlich vom Nervus >"6»-ygoideus internus und der Ursprung des Nervus stapedius ''Om Nervus facialis. Die willkührliche Bewegung des Musculus tensor tympani lehrte Fabricius ab Aquapendente. Fabbicius behauptete durch '^‘bkührlicheii Einfluss auf den Tensor tymiiani einwirken zu kön- i,®"! indem er willkührlich ein Geräusch im Ohr erregen konnte. 7. konnte die Bewegung nur gleichzeitig in beiden Ohren zu- k Cich verursachen. jMaxer kannte einen Gelehrten, der die Be— 'yogung seiner Gehörknöchelchen so sehr in seiner Gexvalt hatte, man so-’iir das feine Geknirsche deutlich hören konnte, wenn '^"0 das Ohr dicht an das seine legte. Vcrgl. Lihciae Handbuch Ghrenbeilkiinde. Leipz. 1837. /. p. 472. Ich besitze denselben j^dlkürlichen Einfluss in beiden Ohren, sfärker auf das linke, den Einfluss auch auf das Unke Ohr isoliren. Das Gc- '"Jisch besteht in einem Knacken, wie das Knistern des clcctri- *®ben Funkens, oder wie wenn man die klelirig gemachte Finger- '‘‘I^oaufPapier drückt und dann plötzlich abzieht. Verstopft sich Rin sehr slarlcr Sclmlt, -wie der einer Kanone, -wenu er m der Nahe derselben geliört wird, kanri übrigens aucli dureb die Einbeugung ^'roinnjglfells einen Eigen-Ton des TroninieHelI.s hervorbringcn. _ j'*^*** , staube ich wenigstens .in mir bemerkt zu haben, leb empfand bt'i cm Schall der Kanone zugleich einen Ruck, äliulicli, wie man ihn lort, man plötzlich hei zugehaltencr Nasen- und Mundöffxiung durch msplration das TroraraelfcU nacli einwärts spannt. Physiologie, 2r Bd. II. 29 440 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. V om Gehörsinn. Jemand die Ohren, und hält einen Stah an und an das ineinige, so hört er das Knacken. Er hoi « wenn er sein offenes Ohr an das meinige legt, und sogar niKer Entfernung bis zu 1— 2Fuss. Einer hörte ‘his Knackei rneineni Ohr ohne Stab hei offenen Ohren bis aut -3 Fuss En . null" wenn mein Olir in der Direction des Hörenden stand, ieder’ Bewegung, die ich im Ohr hcrvorhrachte, gab er den iöl" an. Es ist nun der Beweis zu führen, dass dieses <^oraU wirklich durch die Zusammenziehung des Tensor tyrnpam und se AVtrkuns aut das Trommelfell hervorgebraclit wird, indem ei nach innen zieht, was einem Stoss Von aussen gleich ist. spricht schon der Umstand, dass wenn ich, hei zugehaltener IN uiul Mund, Luft durch die Trompete treibe, ich ausser nem, ' dem Andrang der Luft gegen das Trommelfell hörbaren Suinmc^ auch zuweilen noch das mir so wohlbekannte Knacken in Momente höre, wo ich mit dem Druck nachlasse, wo also ‘ Trommelfell wieder in seine Lage kömmt. Dieser Ton kann aU von einer zweiten Person gehört werden. Von besondcreni ' teresse wurde mir die Untersuchung der Mundhöhle, J rend ich das willkülirliche Knacken im Ohr hervorbringe, h Untersuchung des Mundes und Rachens mit dem Spiegel se« Ich, dass ich zugleich die oberen Gaumenmuskeln bewege, lud« sich der Gaumen jedesmal zugleich erhebt. Diess fiibrt au Vermuthung, dass das Geräusch davon abhängt, dass durch ^ hehung des Gaumens ein Luftstrora nach den Oeffiiungen Eustachischen Trompeten bewirkt vird. Indess wird diese siclit dadurch widerlegt, dass ich die stärkste Erhebung des^L. mens von dem Geräusch völlig isoliren kann. , Singe ich z. ii. weit vor dem Spiegel geöffnetem Mund, so sehe ich, dass bei hen und selbst leisen Fisteltönen der Gaumen sich ganz 1'°^“ ^ hebt. Diess geschieht ohne das fragliche Geräusch in den Ohi ■Während dieser Erhebung des Gaumensegels kann ich. aber na Willen das Geräusclv in den Ohren hervorhringen. Hieraus ^ derlcgte ich mir zugleich den Einwurf, dass wegen des Urspruoh der Obern Gaumenmuskeln zugleich vom knorpeligen Thcd h Eustachischen Trompete durch die Zusammenziehung dieser Musk und durch die Zerrung der Trompete ein Ton entstehe, welcher ^ Gehörorgan geleitet werde. Diese Idee ist auch schon desweg unstatthaft, weil die Bewegung nicht bloss von mir, sonderu_‘^^ Knacken auch von Andern auf mehrere Fuss Entfernung ge** wird. Die Bewegung scheint also eine willkiihriiche Zusanim® Ziehung des Tensor tympani zu seyn. _ Ausser dem Knacken bringe ich willkührlich auch noci ^^^ nen zweiten Ton im Gehörorgan, und zwar auf beiden bei^^^^ hervor. Er ist brummend und kann über eine Seeuiide und ****'^^^^ angehalten werden. Er entsteht auch mit Erhebung des scgcis, und scheint in der That von der Zusamnienziehung Gaumcnmuskeln lierzuiühren. Dies Brummen tritt zuweilen Gälnieii und Aulslosscn ein, auch wenn dieses willkxihrlich hervi gebracht wird. Unter den Bewegungen, welche das Knacken Mitbeweguug hervorbringert, ist bei mir das Schlingen zu nenn 2. Akustik d. Gehörwerkzeuge. SchalUeitung h. d. Lußth. 441 “Wr das Knacken ist nicht immer nolhwcn.lig damit vc-hnnden. ^älirend ich den knackenden Ton hci-vorhringe ^ ;;;|- Se»s nicht merklich undeutlicher. Der davon wohl zu unLcrschci- ^'ende brummende Ton stört das Hören. „rt.^mmni Ein unMillkührlicbcs Zucken des Musculus tensor auch ein. Geräusch im Ohr hervorhriugcn. Mancher j^^nd *ß'eht solche Töne im Ohr vernommen haben. Vergl. Linckl dTc Wirkung des Musculus stapcdius beim Hören ist unhe- ''«nnt. Er zieht den Steiglnigel so, dass sem !■ i^-stnlt sch.el nn «valen Fenster steht, indem er auf der Sede des Zuges em u emg tiefer i„ das Fenster • eintritt, und ebenso vud aul der andern S«itc heraustritt. Die einzige NVirknng, ''d'oDc znschreihen könnte, wäre meines Erachtens ' ""«-g des Häutchens, welches den Fusstntt des Steigbügels mit dem Fenster verbindet. c. Ovales und rundes Fenster. - Die Leitung durch zwei Fenster ist keine diägung zum (^diör hei den in der lebendem TI eien^^n^^^ ^otnmelhöhle. Denn wie ‘b« y Sen, W.;»r, .ow^ fe- 2^1"'““* '■'"iT'm'när ip '„ntn Me.nta.n verbunden 1,1, t .sÄnlet V mlttLllen.' luch die versicicl.cudc 4,.»l..n,e 'Wert dien Bewei,. Den,, die Fro.cl.c 1'"^» ‘“f ''«llsländieen Tympanum kein zweites dern nur die Leitung durch die Kette der -Gehörknöchelchen. diesem Falle komnrt die Lull der Trommelhöhle als Leiter kaum '-i Betracht da sie an die festen Theile des Gehorörgans ihre ''teilen nicht in einiger Stärke abzugebcu vermag, ^le dient Jjljptsächlich zur Isolirung der Gehörknöchelchen und des Trom- , "‘tfnd beide Fenster ««It einer Tronmd^^ vor- l'aiideii so verursachen sie eine doppelte Leit . ’^drper und durch Membran auf Wasser, welche heue m- sind wre meine Versuche zeigen. Diese muss natürlich Gehör ^ «n« ItnrnTimn von zwei nchcnciu- V eröuv:uu ^ Gehör Verstärken. Denn nun kommen von zwei nchcncin- '"'der lieoenden Stellen kreislömiigc Wellen ms Lnhyrmthvvasscr, ^Iche noch dazu durch Kreuzung stärkere Verdichtungen odci Wellenberge an den rs^ärker sei die- Die Leaiitworlung dieser Frage hesland bifl'l^i’ ^'llkührlichen Stimmgeben. Einige hu'SHCtcn Verliisl J'^borKnöchelchen, und beriefen «<='* aut das Hoi der Gehörknöchelchen, wie es A. Cooveb ( 90 * 412 V. Buch. Von den Sinnen. II. Ah.trhn. Vom Gehörsinn. und schon früher Caldani, CnESELOEn heohachtct. Andere laug- netcn die Leitung durcli das runde P’enstcr, weil nach znldrci' chen Erfahrungen auf Zerstörung und Verlust der GehörknO' chelehcn das Gehör verloren gehe. Siehe Haller Eiern. Phf' sioL V. 285. Vergl. Lincke a. a. O. 465. Ein ausschliesslich*’* Anerkennen einer Art der Leitung würde unstatthaft seyn, denn der leitungsfahige Theil thut, was er nach physikalischen Gesetze'' muss. Es kamt sich daher nur um den quantitativen Entersehie* handeln. Eine kritische Uehersieht der Meinungen und Gründe gab MuKciiE in Kastber’s Archh f. d. ges. Natiirlehre. 7. 1. Der- selbe entscheidet sich zugleich für die stärkere Leitung durch die Gehörknöchelchen. Muncke sagt: man denke sich, dass Jemand zwei gleich star** schlagende Taschenuhren in gleicher Entfernung vom Ohre, d'® eine durch einen knöchernen Stab damit verbunden, die ander® in freier Luft scliwcbend halten wollte. Offenbar vvürde er di® eine vollkommen, die andere gar nicht hören. IMan dürfe n'** den bekannten Versuch berücksichtigen, mit welcher Stärke m»" die Töne eines, an einem Faden hängenden und durch diese" mit dem Olirc verliundenen Löd'els hört, welches durch die Lud geleitet, gar nicht wabrgenommen wird. Dieser Fall, welche* die stärkere Leitung durch die Gehörknöchelchen beweisen soll, k"*' aber keine vollkommene Aelinlichkeil; mit dem, was hei dcrForl- pllanzung des Schalls durch die Trommelhöhle geschieht, l’r'' märe Schallwellen fester Körper gehen allerdings mit der grösste" Stärke unmittelbar auf einen festen Stab, der das feste Ohr be- rührt und so an dieses über, sehr schwach wei'den sie geleiteb wenn die, Luft der Leiter primärer Schallwellen fester Körper ish Nur ein primär in der Lull erzeugter Schall pflanzt sich vi®' stärker in der Luft, als aus de*' Luft auf einen festen Stab 1"*^' Eei unserer Frage handelt es sieh darum, oh Schallwellen, die '" der Luft entstanden oder ihr mltgeth^ilt sind, und durch die Lu^ auf das Trommelfell gelangen, leichter von dem Trommelfell die Gehörknöchelchen oder aid die Lull der Trommel, und leicb' ter von den Gehörknöchelchen auf das Lahyri.’ithwasser, oder v'ou der Luft der Ti'ommcl durch die Membrana tympani secundai'i" auf das Lahyrinthwasscr geleitet werden. Diese Frage kann auch so ausgedrückt werden. Welch" Leitung vermindert die E.xoursion der schwingenden Theile wenigsten, tcnde Membran r nur in der Mitte, die untere Membran die des Röhrchens / aber im grössten Ihcil ihres Um- ""Ses, indem das Stäbchen hier in eine riatte auslaiilt, weiche tleiMcr i.t, ,d. die ' wenig kleiner ist, als me gcspaniiLe .... I Das Stäbchen steht straff zwischen Tromiiielfell und dci Mcm- ,*-'ö des Röhrchens r, und hält beide etwas gespannt. So ist höhrchen c das runde Fenster mit der Mcmbriina tympani l'^cundaria, das Röhrchen/ das ovale Fenster. Wird das untere finde des Apparates in Wasser gehalten, auf das Rohr ö die Pfeile '"‘‘■gesetzt und geblasen, so ist die Leitung bis zum W asser genau t"’ Wie die doppelte Leitung der natürlichen Trommelbohle zum fi''fiyrintliwasser. Die Membran, welche das Trommellell vorstcll , '■ '^»hält Wellen, welche sich aber sowohl durch den Stab g nacli ovalen Fenster f, als durch die Luit, der Trommel auf die ('Jembran des runden Fensters e lortplhmzcn , und zugteicli ws 'Nasser übergehen. Lässt man an der Verbindungsstelle der gi os- Korkplattc, worin die Fenster sind, mit dem Cylinder, . Rand des Glascyliuders und dem Kork eine Lücke, nm^ j untere Ende des Apparates so ins Wasser, dass dicrens ei t.is ''‘as'ser berühren, dass aber die letztgeiiamite Lucke ni tier t.uit 444 V. Buch. Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. ist, so steht die Luft im Cylinder iugleieh, während der LeltunS mit der äussern Luft in Commuuication. Dadurch kann man Eustachische Trompete naclihilden. Der Erfolg ist aber g®’’* derselbe, wie wenn diese Communieation nicht stattfindet. Bei verstopften Oliren kann man nun mittelst eines in d“* Wasser und an das Ohr gehaltenen Conductors, während Jenn“*. die l’fcife atdsläst, die Stärke der Wellen, welche durch die bei' den Fenster ins Wasser gelangen, durch sein eigenes Gehör pr“' fen. Die Verschiedenheit ist höchst auffallend. Die durch de" Stah vom Trommelfell zum Wasser geleiteten Wellen sind g®"* ausserordentlich viel stärker, ais die von denselben Schwingung"" des Trommelfells durch die Luft der Trommel, und die Mcmbr®"'' tympuni secundaria zum Wasser geleiteten Wellen. Man vci'' nimmt die' starken Töne des ovalen Fensters bis in den Ra""* vor dem nindeii Fenster. Um daher den viel schwächern Ä|‘' theil dei’ Leitung des runden Fensters isolirt zu beobachten, es nöthig, den Stid) aus dem Apparat herauszunehmen und d®* ovale Fenster, oder das Fenster des Stabs durbh einen Stopf"’’ ganz zu schliessen. Dann bemerkt man, dass die Leitung dur"|' die Membran des runden Fensters wenig stärker ist, als dur"" die festen Theile dpr Rorkplatte. Ausser der Intensität können vielleicht die durch beide Fe"' ster geleiteten Wellen desselben Tons auch in der Qualität, Klang einigermassen verschieden seyn. Die Weilen, u'elche 2""’ runden Fenster kommen, bleiben Luftwcllen bis zu derMembr®” dieses Fensters. Die Wellen der Gehörknöchelchen sind Well"” fester Körper. Bekanntlich erhält aber ein und derselbe T"” ein anderes TiirJjre, je nachdem er von verschiedenen Körp""” resonirt. Wie verschieden ist z. B. der Ton einer Stimmgab"*’ wenn man sie tönend frei über eine mit Lul't gefüllte Sch®!”' oder nahe den Wänden der Schale selbst hält. Wie verschi"' den klingt eine Glocke im Wasser, wenn mau den Ton dur"' einen Stab aus dem Wasser, oder durch die Luft aus dem W®*' ser hört. Im ersten Fall ist er klangvoll, im letztem klang!"*’ Directe Vei’suche über jene qualitative Verschiedenheit sind schw"”' da ilie Töne der beiden Fenster an jenem Apparat jedenfalls gl"’”” stark seyn müssten, um ihren Klang sicher zu vergleichen, b*’” augeslellten Versuche sind aber jener Hypothese eher günstig, ® ’ nachtheilig. Die durch das ovale Fenster geleiteten Wellen wirken näh"’ auf den Voi’hol und die halbeirkelfürmigeu Canäle, die durch d®’ runde beuster geleiteten näher auf die Schnecke, aber auch di" in den Vorhol gelangenden Wellen, welche sich kieisförmig breiten, gelangen in die Schnecke, und überhaupt ist die 15"*’’^ hung d« runden Fensters zur Schnecke kein couslantes Atlrd'" dieses l'ensters, da d’c .Schildkröten das eine und andere FeusL"^» ■iber keine eigentliche Schnecke besitzen. il. Tub .1 Eu'äiucUii % Die Eustacliischi^ Trompete . ist in allen Fällen vorhaiideö' 2. Akustik der Gehörwerkzeuge. SchalUeitung h. d. Luftth. 445 "'*1 die TroniRieUiölile da ist. Dass sic für die Integrität des ^eliörs von grosser WichtigkeR ist, beweisen die Krankleeilen Tuba; bei ilirer Verstopfung entsteht immer Scbwernürigkcit ünd Ohrenbrausen. Ol) sic aber unmittelbar zur Schärfe und ^•>tensität der Leitung nothwendig ist, oder ob ihre Verstoplung ^littelbar zur Verändemng des Gcljörs wirkt, lässt sich aus den PätLologiscben Beobachtungen nicht schliessen. Begreillich könnte Veränderung des Gehörs e])en so gross von Verschlicssung 'lei' Trompete seyn, wenn diese Röhre bloss bestimmt wäre, die ßfossere Spannung des Trommellelis durch Verdichtung und Ver- 'l'innuns der Luft der Trommel, zu verhüten, oder wenn sie die. Bestimmung hätte, den in der Trommelhöhle erzeugten Schleim 'lli'ch ihre Wimperbewegung abzul'ühren. Anlulluug der irom- ■eelhöhle mit Schleim muss alle Vortheile der Leitung dieses Apparates aufheben. , . i i -i Die Zwhcke, welche man der Trompete hypotlictisch beilegen ^Hin und beigclegt hat sind folgende, wir wollen sic nach eman- '^11' untersuchen. _ . 1) Einige glauben, wiewohl unrichtig, dass ein cuigesclilosse- *"21- Luftraum nicht zur Fortleitung der Schwingungen geeignet Saubders {anat. of the human ear) sagt: die Luft der irom- ®»e!höhle könne bei Verschlicssung der Tuba nicht auswcicheii, durch Condensirusig, und hebe die Schwingungen w let ei au . ^iJücKE bemerkt mit Recht, dass diese Vorstellung den jihysica- '•schen Gesetzen widerspricht, ln der That ist keinerlei Auswei- zur Fortleitung des Stosses nöthig. 2) Noch eher könnte an das Gegentheil jener Ansicht nach l'Bysicaüscheii Principien gedacht werden. Denn sieht man von Leitung durch die Gehörknöchelchen ab, und vergleicht mau T» Luftraum des Gehörganges und der Trommel der Luttsanle ®‘äes sogenannten Communicationsrohrs , worin die Schallwellen ''ü§eschwächt zusammcngehidten werden, so müsste hier, wie ui ®"iemComniunicationsrohr, eine seitlidio Oeffnüng eine thciiweise ^«shrcitung der Wellen nach aussen liewirken, und bei einen) heftigen Stoss diesen Eindruck,' so weit er von der Lull aul runde Fenster wirkt, dämpfen. , •3} Andere sehen die ungleiche Dichtigkeit . der Luit in um ■J^ser der Trommelhöhle für ein Hinderniss des Gehörs an, wie a. a. O. 26. Auch diese Meinung kann ich nicht theilcn. ^•e Fortieitung des Schalls durch ungleich dichte Lul'tschichteu *'^}>eint wohl den Schall zu schwäclien, aber sobald zwei gleiche Lult- ^pnichten durch einen festen Körper, wie das Trommelfell getrennt ^"'1, so ist der drcilächc Unterschied der Media schon vorhanden. StossweUe geht aus der Luft an Membran, von Membran au ül)er, und es kömmt nicht in Bctiacht, in we weit die m- 'Jere Luft von der äusscru verschieden sei, sondern in wie weu . Jhe innere Luft geeignet sei, die Welle aus der Substanz i ef> ^‘■oiiimelfells aufzunchmen. Denn die innere ' ’ Bedichtung nicht von der äiissern, sondern vom Tronune c 4) Die' Tuba ist bestimmt, das Mitklingcn der Luft der ir"m- «lelhölde zu hindern. Diese Ansicht ist wolil am wcnig!>tcn sUlU 446 V. Buch. Von den Sinnen, II. Ahsclin. Vom Gehörsinn. hart. Denn ein Luftrauna resonirt, mag der Behälter an cnieiu Ende oder an Beiden Enden offen seyn. Die einfache Besonan* wäre eher ein Vortheil, als ein Nachtheil. Nur das Mitklingef* eines Luftraums in seinem eigenen Tone wäre naehtheilig- Hinsicht des Mitklingens der Lufträume ist zu Bemerken, dass da- Luft einer offenen Röhre als schwingende Säule der Hälfte eine*' doppelt so grossen Säule einer gedeckten Röhre zu vergleichen isl' 5) Sie ist Bestimmt die Resonanz zu verstärken. Unter diC' sem Gesiclitspunct lässt sich die Ansicht von Hehle hetrucBtei') welcher die Oeflnung der Trompete in die Trommelhöhle de” Löchern im Resonanzboden vergleicht, welche zu einem klaä^ vollen Ton der Geige so nothwendig sind. Eneydop. TVörterb. med. IVissensch. Gehör. Sie sind die Ursache, dass ausser dem E®' sonanzBoden der Geige, auch die Luft ihres Kastens resonirt. würde die Luft der Mundhöhle und Nasenhöhle für das Gehö*’ resonirend werden, wenn auch die Töne duich den aussern Ge- hörgang zum Ohr kommen. Diese Art der Wirkung lässt sic» im Allgemeinen nicht in Abrede steh , len. Directc Versuche über die r®' sonirende Wirkung von Seitenrök' ren, die auf eine kurze Hauptrölif® angesetzt werden, und durch ei»® Oelfnung damit commiinicircn, si»» dieser Idee auch günstig. P®* Schall einer Stimmgabel, die übe® die Oelfnung einer kurzen Röhre Zoll lang, 1 Zoll breit,) mit 2 F»** langer Seitenröhre) gehalten wurde? schien mir stärker, als wenn der T»" der Gabel bloss von der Luft der kuf' zen Röhre mit kleiner Seitenöffnn»^ resonirt wurde. Ist die Oeffnung sek* klein, so scheint kein Einfluss staE , zu finden. Auch direct lässt sich unters»' suchen, ob bei einer so engen Oed' nung, wie die Eustachische Trow*' pete, der Einfluss nicht wieder gröS' ^ stcntheils aufgehoben wird. Auff»*' gen de Weise lässt sich derLeitungS' appai’at der Trommelhöhle mit der I Tuba roh nachbilden. „ Eine hölzerne Röhre « von * Linien Durchmesser und 3 Zoll Länge? ist an dem einen Ende mit Membra» überzogen, am andern Ende vereng* sie sich, so dass sie tief in den Gehörgang eingeschoben w'erde» kann. An der Seite der Röhre, welche die Trommelhöhle vor' stellt, ist eine sehr kleine Oeffnung, an dieser Stelle kann das Seitenrohr h angeselzt werden. Das Rohr c dient als äusserer Gehörgang, in dasselbe kann a fest und schliessend eingesetzt wer- a / 2. Akustik der Gehörwerkzeusc. Schallleitung b. d. Lufiih. 447 Xon kann jedocli kein frei m der Luft entwickeltei* ^cliall benutzt werden, weil dieser sowohl durcli das llolir b als S Und wenn das Seitcnrolir b weggeiiommen ist, durch die kleine ^fifthung in die T'rommcl a eindringen würde. Der Schall muss •laher in dem Rohr c auf eine Weise erregt werden, dass er ausser Rohr c sich wenig aushreitet. Hierzu fand ich am zweck- 'Uässigsten, dass eine Person die Lippen dicht an die Mündung Rohrs d ansetzt, und hei zugleich zugehaltencr Nase die Zahne '1er Ober- und Unterkinnlade auf einander schlagen lasst, während 'ler Schall von den Zähnen sich der Luft des Rohrs mittheden l'änn. Dann verbreitet sich der Schall wenig in den Wänden '•es Rohrs, wegen der weichen Theile der Lippen, aber durch 'l'e Luft des Rohrs c zur Membran und in die Luft der Trommel. Habe ick nun die Trommel mit dem engen Theil des Rohrs m '“ein Ohr fest eingesetzt, so vergleiche ich die Stärke des Schalls zugehaltencr Seitenöffnung der Trommel, hei olfeiier Seiten- llffnung und hei eingesetztem Seitenrohr b. Ist die Seitenöflnung, "'eiche die Tubamündung vorstellt, durch den Finger verschlos- sen, so ist der Schall der Zähne dumpier, als wenn sie offen ist, aber die Stärke ist wenig oder gar nicht verschieden, viel geim- ger ist der Unterschied des Tons, wenn entweder das Seitenrohr e angesetzt wird, oder ohne das Rohr die einfache Oeffnung o cu Ijleiht Der Klang des Tons ist nämlich in beiden h^illen dersc^e "nd es ist auch kein merklicher Unterschied der Starke zu he- ’nerken, wenigstens kein sicherer. Bei einer nur engen Oeffnung livischen der Trommel und dem resonirenden Luftraum b verliert «lieser daher ganz oder fast ganz seine Bedeutung, für einen Schall, '1er nicht direct auf ihn einwirken kann. 6) Die Tulia ist bestimmt die Leitung durch den Tronimcl- bhlilenapparat von einem Hinderniss zu befreien, das eine ganz ®‘ngeschlossene Luft darbietet, indem entweder die Leitung des ^i’ommelfells sellist in diesem Fall zu schwach, oder die Resonanz 'l'^s Trommelfells und der Luft der Trommelhöhle zu gering ist. l^iese Ansicht ist die gewöhnlichste von der Eustachischen Tioin- Pete. Itard erläuterte sie durch die Soldatentrommel, welche ''bne Seitenloeh in ihrer Wand nur einen dumpfen und gedämpf- Ton habe. Dieses Beispiel kann nun freilich wenig aiifkla- ^<50, es hat gar keine Aehnlichkeit mit dem Verhältnissen, von "'eichen die Rede ist. Denn wenn eine Soldatentrominel einen slärkern Klang hat hei offenen Seitcnloch, so ist cs, weil jetzt ‘l*e Luftschwingungen im Innern der Trommel nicht mehr bloss 'lurch die Wände der Trommel und die Felle durchgehen, sondern 'lurch den besten Leiter für Luftschwingungen die Luft seihst an die Atmosphäre und zum Ohr übergehen. Ueherdiess finde ich dazu «lenUnterschied äussert gering, wie es scheint kaum einigen Un- terschied des Klanges, .wenn das Loch einer kleinen Troinmei eften ist oder geschlossen wird. An eine Vermehrung der e des Tons durch diejenigen Wellen, welche durch die Lu cs Alundes und der Trompete in die Trommelhöhle gelangen, ass sich übrigens nicht denken. Denn der Gesunde hört bei ^ ossc- «er Mund- und Nasenöffnung eben so gut, als wenn sie offen sind. 448 y. Buch. Von den Sinnen. II. Mschn. Vom Gehörsinn. Ich stellte mehrere Versuche über den als 'Tl'esis ten Satz auf, welche ihm nicht eben günstig sind. Wurde ci'> ^ mit Membran geschlossene kurze Rohre, wie das blosse St der vorigen Figur m des Ohr tief ,und lest eiiigeselzt, das z Ohr durch einen Stopfen von gekautem Papier ganz 'O^stop i so k mnte ein an der Membran selbst erregter Schall ungcscliwac sich durch die Röhre fortpflanzen. Ein in der freien Luit erreb tcr Schall lionnte nalürllcti nicht benuUt werden. Denn diese > wie der Ton einer Pfeife kann sich durch die Luit verin telst der Seitenöffnung stärker der innern Luit der Rohre m thcilen, als durch die Membran. Erregt mau Schlag mit dem Finger auf die Membran oder durch Reihen dem Finger an derselben einen Ton, so ist er icdesmal duiui'i wenn die Seitenölfnung mit dem Finger geschlossen wird, klar und gleichsam schärfer, wenn die Oeffnuiig offen ist. Aber ' der Stärke des Schalls konnte ich keinen deutlichen Untersclii^ bcmcrlvcn; wenn die Membran nass war, so schien mir sogar cb dumpfe Ton noch stärker lici geschlossener Seitenölin iiiig, als de' klare bet geöffneter. Einen im Allgemeinen ganz ähidiehen Er- folg beobaditct man mit dem in der vorigen Figur crliiiitertcn Ap- parat. Setzt Jemand die Lippen aut die Mundung des Rohrs a, und stösst die Zähne aufeinander, bei zug eich ziigchaltenc Nase, so hört man den Ton durch die Luft der Rohre uiul dw Membran zwischen e und a sehr deutlich, wenn man a lest i sein eigenes Ohr steckt. Das Rohr h wird wegge-nommen. De' Ton ist dumpfer bei geschlossener, klarer bei offener vSeitenoll- nung. Aber ein merklicher Unterschied der Stärke ist nicht voi- banden. . .. . , • • Daher kann man wohl zugestchen, dass vielleicht eine gewiss Dmnpfheit des Klanges von der Resonanz des Tronimelhöhlcna|i' parates durch die Tuba vermieden wird, aber die Vcrslärkunb des Tons in der Weise, wie cs in der Thesis ausgesprochen ist, kann imm nicht zugehen. ..... jl^iieh einige' andere Versuche über das Horen niit oder ohne Vorschliessung der Trompete sthiinieii damit überein. Ohnsl.reiU|i würde , es das sicherste Mittel seyn, den Einfluss der Tromiiete kennen zu lernen, wenn man sich künstlich die Trompete so vei’- stopfen lassen könnte, dass durch den Mechanismüs nicht zugleie ' die Lull der Trommelhöhle verdichtet, und dadurch das Iroiii- mclfell gespannt würde. Aber diess ist nicht gut möglich, ühei’- dicss würde cs Inimer eine Glauhenssache für den Experimenta- tor seyn, wenn er sieh die Tuba edtheterisiren läs.st, ob die luia wirklich durch die Sonde verstopit sey oder nicht. Man kann ■ daher diese Idee, als der Physiologie wenig förderlich, sogleich aiil- oebeii. Auch die pathologischen Beobachtungen geben keine Schlüsse zur Lösung des Problems an die Hand. Cueset.dek beobachtete nfUell gespannt, aber it» dem einen die Tuba weit, in dem an- geschlossen. Nun hört man aber gleich schlecht in beiden Eällen. • r i • 7) Sie ist bestimmt zum Hören der Stimme. Diese Thesis ®'=*ieint schon hinlänglich durch ältere Erfahrung, namentlich ^'^aELLHAMMEB’s Veisucb widcrlcgt. Er brachte eine tönende ^limrnoabel ins Innere des Mundes und sie ward nun fast gar "icht gehört. Vor dem massig goöffnelen Mund tönt sic sehr ®lai'kj wegen der Resonanz der Luft der Mundhöhle, wie eine ^Ijer die Oell'nung einer Flasche gehaltene tönende Stirnmga- Der resonirende Ton wird aber auch grossentheils durch Leitung des äussern Ohrs zum Tympanura gebracht. Eine Ehr wird, im Mund frei und ohne Berührung der Zähne und ^ttnge gehalten, nicht leicht gehört. Volle Beweiskraft hat al- ^•^dings der ScHEi.LBAMMEa’sche Versuch nicht. Denn der Ton Stimmgabel wird, als von einem festen Körper kommend, '’^hwer an die Luft abgegeben beim Ton der Stimmg erregen (jjg primitiv tönenden Stimmbänder rec^el massige Mitschwin- S**^gen der Luft, wie an jedem Zungeuwerk. Man kann sich indess ‘‘Ich auf andere Weise überzeugen, dass der Einfluss der Tuba auf j äs Hören der Stimme äusserst gering ist. Man hat es, wie vorher ‘Eschrieben worden, durch die Respirationshewegungen in seiner l‘=«'ali, die Xuha zu schliessen und zu öffnen. Beim Ausziehen Lull aus der Trommel oder bei der Verdünnung derselben *^jttelst Inspiration hei zugehaltener ]\(Iund- und Nasenöffnung ^hliesst sich die Tuba für einige Zeit, bei der Verdichtung der der Trommel durch Exspiration bei verschlossenen Luftvve- wird sie noch weiter als gewöhnlich. Es kömmt also nur \.“*äut au, bei, verschlossener Mund- und Naseuöffiiung i» dem *^*nen mjJ andern Fall einen Stimmtou hervorzubringen, was we- V'Ssteus als kui'zes Gesuuuue nicht unmöglich ist. Mau hört es dem einen und andern Fall sehr deutlich und. cs ist wellig 450 V. Buch. Von den Sinnen. 11. Abschn. Vom Gehörsinn. Unterschied, es klingt hei erweiterter Trompete nur ein weni*^ stürkex' »xls 101 geschlossenen Zustcinde derselben. n ^ Stimme hören wir also sicher nicht vorzugsweise dnreh ‘ Tuba; wir höi’cn sie zum Theil durch den äussern Gehor- gang.* Vom Mund aus breiten sich kreisförmige Schallwellen aus die hinteren Stücke dieser Kreise stossen auf die Concha und' werden gegen den Tragus, von diesem in den Gehörgang reflectirt. Gerade für die günstige Reflexion der aus dem Mun' ausgehenden Schallwellen hat die Concha des aussern Ohrs mei' nes Erachtens die geeignetste Stellung. Dann aber wird nnseJ Stimme gehört durch die Schallleitung von der Luft an die IN»' sen- und" Mundwände und sofort an die Koplknochen und noc unmittelbarer durch eine blosse Rette fester Theile bis zum Laby- rinth, nämlich von den Stimmbändern an durch die weichen vU' festen Theile des Halses und Kopfes. Wie wirksam diese Ai' der Leitung seyn muss, ergiebt sich aus der Hörbarkeit des ga"^' von festen Thcilen unseres Körpers eingeschlossenen GeräusebeS) der Borborygmi im Darm und dergleichen. Noch besser bring' man sich das Hören unserer eigenen Stimme durch Leitung festei Theile zur Anschaxiung, wenn man bei verstopften Ohren einen Stab an sein eigenes Öhr, und auf den Kehlkopf eines sprechen- den Menschen legt. Man hört dann die Stimme des Andern uiw ter denselben Umständen, wie man seine eigene hört. Bei patho- logischer Verschliessung der Tuba tritt zwar Schwerhörigkeit li» äiissere Töne ein, allein die eigene Stimme wird nicht scblech nehört, wie Autehbieth und Limcke beobachteten. Autenbiei» fn Reil’s Archiv. 9. 321. Lincke a. a. O. 5*2. 8) Die Tuba ist bestimmt, den Schleim der Trommelhöblö durch ihre Wimper-Bewegung auszuführen. Hieran lässt sic ’ nicht zweifeln und es lässt sich auch die Schwerhörigkeit nac 1 Verschliessung der Trompete zum Theil aus dem Anlüllen Trommelhöhle mit Schleim erklären. Indess wird dies nicht de*” einzige Zweck der Trompete seyn. . 1 • 9) Sie ist bestimmt, die Luft der Trommelhöhle mit de’ äussern Luft ins Gleichgewicht zu setzen und namentlich eine durch einseitig verdichtete oder verdünnte Luit entstehende, grössere Spannung des Trommelfells und die daraus erfolgende Schwerhörigkeit zu vermeiden. Diess halte ich für den Haupt- zweck der Tuba als einer allgemeinen mit der Trommelhöh e und dem Trommelfell gleichzeitigen Erscheinung. Nicht d’ _ einseitige Verdichtung der Luft oder die Verdünnung dei Luft kommt hierbei vorzüglich in Betracht (der Erfolg in beiden Bällen gleich), sondern die dadurch notbwen 'tj herbeigefuhrtc Spannung des Trommelfells, ivelche jedesm»^ Schwerhörigkeit verursacht. Und so ist auch wohl in Eällen der Schwerhörigkeit von chronischer Verschliessung de Tuba durch irgend eine Krankheit der Nutzen des CatheteJis mus und sein Zusammentreflen mit der Perforation de.s melfells und des Zitzenfortsatzes zu betrachten. Dabei läugn ich nicht die andern schon gewürdigten Vortheile und lege mehr zunächst noch den meisten Werth auf die erwähnte i <>' . 2. /tkuslik d. Grhönpcrkzmgc. ScJialMlrmg h. d. Lufuh. 451 ‘l'ficalion des Klanges durch die Tuba, der dadurch tou seiner ‘'impfen Resonanz befreit wird, auf die Versorgung der Troin- 'lel mit Luft, und ihre Erhaltung und die Ausführung der Se- ®*'cla der Trommelhöhle. ^ _ _ Bei Menschen deren Tuba hinlänglich weit ist, muss sich veränderte Gleichgewicht der Lull unmerklich hersteilen, "’^nn die äussere Luft schnell an Dichtigkeit zunimmt; dass es in anderen Fällen nicht unmerklich geschieht, und vielmehr «'ne Zeitlang eine Störung des Gleichgewichtes eintreten kann, ‘'afiir kann man sclion die Erfahrungen in der Taucherglocke «"führen. Csnus bemerkte beim Besteigen hoher Berge eine Spannung im Ohr, und nach einer gewissen zuruckgelegten Hohe Knacken im Ohr, was sich ohngefähr aul 600 Fuss Hohen- “nterschied wiederholte. Carus in Beridit über die yvrsamm- der Nalurforscher in Jena, ln wie weit diess bei Andern in dieser Art wiederlindet, hängt natürlich zum Theil von ‘"dividuellen VerhäUnissen ab. Ich erinnere mich eigener Erfah- •■."ngen in diesem Puncte nicht. Ich vpürde übrigens das gestörte f'leichgewicht, ehe es zu einem Maximum käme, auf die schon 'leschriebene Weise durch willkührliche Action des Tensor tym- Paii beseitigen, was bei mir auch ein Knacken bervorbringt. ^ , Mühcre nimmt an, dass die Membrana tympan. secundaria ''es runden Fensters bei einem zu heftigen Stoss ""Hhwasser dazu diene, durch ihr Ausweichen den Eindruck zu ''««ipfen. Eine Ableitung des Schalls ist allerdings m Imft- ««"al oder Communicationsrohr möglich, wenn die Wände des ''"hrs welche die Wellen wegen der schwierigen Mittheilnng ?"sammenhalten, eine Oelfnuug haben, aber die Stosswelleu des ^ässers gehen sehr leicht an teste Körper über.. Aeussercr Gchörgang. Der äussere Gehörgang ist bei der Schallleitung in dreifacher ^linsicht wichtig, erstens iiidcm er die aus der Luft oinlailenden J^hallwellen durch seine Luit unmillelbar aut das Tiommeltell und die Schallwellen zusammenhält, zweitens indem seine ,'^»nde die dem äussern Ohre selbst initgetheilten Wellen aut nächsten Wege auf die Befestigungsorte des Trommelfells so auf dieses selbst leiten, drittens insofern die im Gehör- ''«"g enthaltene begrenzte Luflmasse der Resonanz fähig ist. -Als Lnftleiter empfängt er die directen Luftwelleii, welche stärkste Wirkung hervorhringen müssen, wenn sie in der des Gehörganges cinfallen. Fallen sie schief in den Gang ein, werden sie durch Retlexion dem Trommelfell zugeleitet. Aut “'ese Weise erhält der Gchörgang auch durch Reflexion die ge- ,§«" die Concha des äussern Ohrknorpels stossenden Wellen, wenn Beflexionswinkel geeignet ist, sie gegen den Tragus Schallwellen der Luft, welche weder unmittelbar, noch durcti "llexion in den äussern Gehörgang gelangen, können noc i zum heil durch Beugung in ihn eintreten, z. B. LuUwellen, welche 452 F. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. die Richtang der Längsache ' des Kopfes haben und an dem Ohre Vorbeigehen , .müssen nach den Gesetzen der Beugung an *■ Rändern des äussern Gehörganges in diesen urnhiegen. Am stäi sten werden indess jedenfalls die directen, weder reflectirWn noch gebeugten Wellen seyii. Hierdurch vermag man die H’' rection des Schalles wahrznnehmen, wenn man den äussern GC- hörgnng in verschiedene Dii’ectionen bringt. Als feste Leiter kommen ferner dje Wände des äussern G®' hörganges in Betracht. Denn diejenigen Wellen, welche sie' dem äussern Ohrknorpel einmal mitgethcilt, ohne rellectirt seyn, gelangen auf dem kürzesten Wege durch die Wände d®- Gehörganges zürn Trommelfell. Bei fest verstopften Ohren der Ton einer Pfeife stärker, wenn ihr mit Membran geschlc«*®' nes Ende auf den Ohrknorpel seihst aufgesetzt wird, als wenn sie die Oberfläche des Kopfes berührt. Endlich ist auch der begrenzte Luftraum des Gchörgang®* als Resonator wichtig. Jeder begrenzte Luftraum resonirt. IVla” braucht die Röhre des äussern Gehörganges nur durch eine aO' gesetzte andere Röhre zu verlängern, um sich von diesem Ei"' fluss zu überzeugen. Jeder Ton, auch der Ton der eigenen Stimme wird dann viel stärker gehört. Werden längere Röhren angesetzt, so klingt die Luftsäule sogar nach Massgabe ihre*' Länge in ihrem eigenen Tone mit, wie die Brüder Weber zeigten- Bei kleinen Luftsäulen hört diess Mitklingen auf, und sie bewi®' ken blosse Verstärkung durch Resonanz. Acusscrer Ohrknorpel, Der äussere Ohrknorpel ist theils Reflector, theils Condensn- tor und Leiter der Schallwellen. Als Reflector kömmt vorziighcn die Concha in Betracht, indem sie die Schallwellen der Luft S®' gen den Tragus wirft, von wo sie in den Gehörgang gelang®'’' Die übrigen Unebenheiten des Ohrs sind der Reflexion nic^d günstig. Siehe Esser in Kastser’s Archiv 12. Man könnte s'® aber nur dann für zwecklos halten, wenn man den Ohrknorp®^ als Sclbstleiter von Scliallwellen ausser Acht Kesse. Er empfa®!? Stösse der Luft und wirft sie als fe.ster Körper theils wieder am theils leitet und condensirt er sie, wie es jeder andere feste o® elastische Körper thun würde, wie Savart mit Recht hervoi' hebt. Er nimmt die Schallwellen in grosser Breite auf, und 1®*' tet sie auf seine Insertionsstelle. Das Fortschreiten des StoS' ses im Ohrknorpel kann man sich zufolge Savart’s Untersuchu*’' gen über die Fortleitnng des Stosses in Körpern mit verschj®' dentlich gestellten Zweigen, die ich oben auf die Fortleitung t ® Stosses in den Gehörknöchelchen anwandtc, deutlich machen- Die dem Ohrknorpel mitgetheilte Stosswelle wird nicht 008*®® Biegungen folgen, sondern indem sie ihn in der ursprünglich®^ Richtung durchsetzt, werden die angrenzenden noch so verseht®' denartig gestellten Thejle des Ohrknorpels durchaus in derselbe' N ^ 2. Akustik d. Gehönverkzeugc. ScAntlleitung h. d. Lußth. 453 vom Stosse fortgerissen. Diess geschieht vonTheilchen Theikhen bis ins Innere des O^^s mm Tromi^feU und den opfknochen. Wegen des Zasammenhanges dei Wand - irganges mit den festen Theilcn des 8»"*«" ‘ Iklls ^rslreuung statt, aber die Befest.gungsstel^en des Jr^e »eiU ««nhfaneen die Wellen auf dem kürzesten Wege und thedew S T?o„„neffe!l •<. 6»"!« mit. .U ai. W.n.l T-o.».n«l «■»em Trommelfell, und der Steg einer Saite ^Ibst Fasst man nun aber den Obrknorpel als Selbstleiter auf, so "'erden alle seine Unebenheiten, Erhabenheiten und Veitiefungen, We in BeLhung auf Reflexion zwecklos sind, zweckmässig. ^Rnn dieieniaen Erhabenheiten und Vertiefungen, aut welche Serade die Schallwellen senkrecht sind, ' aufnehmen. Die Unebenheiten sind aber '"J^ Jn auf die Schallwellen, mögen sie kommen von wo sie wollen, . u Tangente einer dieser Erhabenheiten ^enkrecht seyn werden, diese Weise lässt sich der Zweck der wunderlichen Bildung Dafäus^rrOhr der Thiere gleicht ganz einem willkiUirhch Y dirigireiiden Hörrohr, in dem die Luftwellen ^^uft con- !^«nsirt fcrtgehen, und dessen Wände zugk.ch Selbst ei er Veich veHängert dasselbe die resomrende LuRsaule des aussern ^hörganc^es, wie ein' Hörrohr ). Resonii ende feste Körper und Luft in der ümgeg end des Labyrinthes. , Jeder begrenzte feste Körper und jede l>egrenzte Luftmasse in der Kähe des Labyrinthes ein Resonator. Unter diesem f^"sichtspiinct müssen nicht bloss die Kopfknochen, “‘i" neu j" der Mhc des Gehörorganes hegenden Knorpel, Membianei, *^Durch'^das*^Resoniren begrenzter Luftmassen wird unsere \‘inune nicht bloss für andere, sondern auch für uns I Jeder begrenzte Luftraum resonirt, Y«"« OeffnSg wird Wird die tönende Stimmgabel über die Uettnui g foes^Medfeingkses gehalten, so resonirt die Ut wenn sehr stark während die Resonanz viel geringer ist, wenn S." Gädk die Nähe der Wände des Glases 8^^ -^d Luft einer Röhre resonirt stark, mag sie an einem oder beiden Enden olFen seyn. Hält man die tonende St»«“- 8;'bel dicht vor den Mand,%o ist die Resonanz ausserordentlich und man hört sie sowohl seihst, als sie ein anderer Kort ). 0 M,„ ftberskhl himfig, sowohl bein. Hörrohr als Sl^.ide 8ro.ssc Verslärkung des Schalls, durch die begrenzte, rtsonuende «Jßs Kohrs. ) Die IUson.anz klingt als u, wenn die ’*dlc über wenn sie grösser ist. Auch ist der I on g Id,,. Durrh- eine gleich weite, auf den Tisch ••'V'f mau die Oelfming '«c.sscr und 3.1 Zoll Länge gehalten wird, wie ii, wenn m 454 V. Buch. Von den Sinnen. II. Ahschn. Vom Gehörsinn. Hält man dagegen die tönende Gabel tief in den weit ofFenß'| Mund hinein, so ist ihr To^i ausserordentlich schwach, soW« für uns seihst, als für andere. Hiermit scheint in Verbindung zu stehen, dass Schwerhörige den Mund ölfneti. Das Mithören durch die Eustachische Trompete kann hierbei gar nicht in tracht kommen, da eben eine Stimmgabel in der Tiefe des R®' chens so schwach gehört wird. Indess kann das Olfenhalten de« Mundes zum Hören bei Schwerhörigen noch mehr darin s®*' nen Zweck haben, dass -der knorpelige Theil des äussern Gehör- ganges heim Oeffnen des Mundes weiter wird, wie bereits ElWU^ bemerkt. , Jedenfalls hängt das starke Hören, wenn man sich dur®* eine Röhre an den Mund oder an die Nase sprechen lässt, Theil von der Resonanz' der Lnflhöhlen ab. Auch die Luft des äussern Gehörgangs und der Trornro®'' höhle ist ein Resonator. Man bemerkt diess schon, wenn tn*'' den Gehörgang dadurch verlängert, dass man eine Röhre in d®® Meatus auditorius setzt. Nicht bloss hört man ein Rauschen voU der Bluthewegung im Ohr, und den kleinen auch bei scheinbare*’ Ruhe in der Luft vorhandenen Bewegungen, welche ohne gerad® nothwendig Schallwellen zu seyn, die Luft der Röhre, wie d'® einer Pfeife durch Blasen, zum Tönen bringen; sondern jede® Ton, sowohl der eigenen Stimme, als äusserer Körper ist n>d einer schallenden Resonanz begleitet. So wie man das Factui** hei Verlängerung des Gehörganges durch eine Röhre wahrnimmh so bemerkt man es auch, hei Verkürzung der Luftsäule des Ge- hörganges durch einen tief eingesetzten Stopfen. Denn dan» Averden nicht bloss alle Töne äusserer Körper schwach gehört» wegen unterbrochener Luftleitung, sondern man hört eben s® schwach den Ton der eigenen Stimme. Die Erklärung, das* nun keine Schallwellen aus dem Munde in den Gehörgaog fallen, reicht nicht hin. Allerdings fallen die kreisförmig®** Schallwellen von unserer Stimme, die sich von der Mund- öffnung aus nach allen Richtungen verbreiten, bei offenem Ge- hörgang einigermassen durch Reflexion von der Concha de« äussern Gehörganges und durch Beugung in diesen Gang. M®** kann aber diesen Einfluss ga^uz neutral isiren, und die Stimm® bleibt doch stark, wenn der ganze Gehörgang noch Luft enthält- Hält man sich die flachen Hände dicht vor beide Ohren, so dass keine Lultwellen unserer Stimme mehr in diese einfallen können» so hört man die eigene Stimme noch sehr stark. Denn hier ist noch die ganze resonirende Luftsäule des äussern Gehörgnoges vorhanden. Stopft man sich aber einen grossen Theil des Gan- ges durch den kleinen Finger oder einen Stopfen^ekauten Papiers zu, so hört man die eigene Stimme nur sehr schvVaeh. Die aufg®' liohene Resonanz der Luft des Gehörganges ist also zum Theil die Ursache, dass die eigne Stimme hei verstopften Ohren st> schwach gehört wird. durcli die Hand verengt, mehr dem a ähnlich, wenn man die gans« O'effnung der Röhre zulässt. \ 2. Akustik d. GeMrwerkieuge. Schallleilung b. d. Luftth. 455 Leitung durcK d ie T rorarael hö hl e iin d Lei tung du r ch die KopfknocUcn. Die Sclialllcitung durch die Trommelhöhle theilt dem Laby- ''inthe einseitige Stösse durch die Fenster mit, von tvo aus dann 'J'e Wellen sich im Labyrinthwasser verbreiten. Die Leitung durch die Korfknochen zum Labyrinth, welche den Knochenlischen die einzige ist, führt dem Labyrinthe jeder Seite aus gleich leicht Schallwellen zu. Diese allseitige Anleitung kömmt auch bei den Luftthieren vor, kann aber nur '‘'ilir schwach in der Luft seyn, weil die Mittheilung der Lu^ft- J'ellcn an die festen Theile des Kopfes so schwer ist. Wir ha- ®en keine Gelegenheit, zu empfinden, wie stark die alleinige ^•-‘ilung der Luftwellen durch die Kopfknochen seyn würde, ^enn 'wenn wir auch die Ohren fest verstopfen, so leitet das die Luftwellen immer noch stärker, als die Kopfknochen, ’*’'d die begrenzten Gehörknöchelchen machen einen stärkern ^^'ndrnck auf das Labyrinth, als die nicht isolirten Kopfknochen, ^'ese Verstärkung der Leitung durch die Gehörknöchelchen kann *Öch dann eintreten, wenn 'die Luftwellen zuerst den Kopfkno- '>»cn zugeführt wetden. Denn dann werden sie auch ziim irom- **“elfell lind zu den Gehörknöchelchen mittelbar zugeleitet, und , '^erTromraelhöhlen.appar.at resonirt. So ist.es auch bei den von "nserer eigenen Stimme den Mund-, Bachen- und INasentheilen •"itgetheilteu Wellen. Sie bewirken auch eine Resonanz des ^••ommelhöhlenapparates. Diess gilt aber auch von den Wellen, "eiche von festen Theilen den Kopfknochen mitgefheilt werden. ^Uch hier wirkt immer jene Resonanz mit. Setzt man eine tö— "^nde Slimra<’ahel bei verstopften Ohren auf den Scheitel, so ist '*®>'Ton arn rdiwächsten, stärker ist er, wenn sie auf die Schläfe ""fgesetzt wird, je näher sic dem Gehörgäng steht, um so stärker "ir'd der TOn, und der Ton nimmt nicht bloss in dem Verhält- •''*5 zi,^ je näher der tönende Körper dem Labyrinth ist, sondern *"8leich, je näher d'>e schallleitenden Theile des Kopfes der äus- Ohröffnung- sind. Die blosse' Leitung von Luftwellen durch die Kopfknochen ^“önte nur Jemand hören, bei dem der Trommelhöhlenapparat S“*!' nicht vorhanden, und der äussere Gehörgäng geschlossen "äre. Wahrscheinlich würden in diesem Falle Luftwellen gar “‘«tt, oder äusserst schwach gehört werden. Dagegen das Hören Stössen fester Körper, die durch feste Körper auf die Ropf- ""ochen geleitet werden, bei unversehrtem Labyrinth noch statt- ""Jen muss. Dieses Mittels kann man sich bei Tauben , welche Luftwellen nicht hören, bedienen, um zu ermitteln, ob ihr La- yrinth und ihr Gehörnerve noch in Integrität sind. Ein Tauber, der keine Wellen aus der Luft zu hören ver- hört zuweilen doch das starke Klopfen auf den Boden, ^es ibm durch die festen Theile des Körpers zugeleitet wird. ^®ch ist hiebei schwer zu unterscheiden, was der Empfindung er*B PhysiMogie, 2r RH. H. , 30 456 V. Btirh. Von dm Sinnrn. II. /Ihsrhn. Vom Gehiirsinn. der T^ebung ■ durcli das Gefiibl und was dem Gebör angebört Alle tiefen Töne wirken leicht auf die Gefiihlsnerven und tna^ empfmdcl dieBebungen als Gefiibl, wenn man widirend des Spr®' cbens an die Brust die Hand legt, oder einen tönenden Körper mit der Hand halt. Die iin Wasser durch die Pf®' erregten Scballwellen fühlt man durch das Gefühl nicht, man die Hand ins Wasser hiilt, wohl aber, wenn man mit d®> Hand einen festen Körper in das Wasser taucht. Diese Gefüb s- emptindungen von iScbwingungen haben zu der falschen lung Veranlassung gegeben, dass man durcji andere Nerven den Gehörnerven auch hören könne. Hören der Schallwellen verschiedener Medien. I. Unmittelbare Schalllcitung der Luft zum Gehörorgan. Wir hören am häufigsten durch Wellen der Luft, mögen s'® primär in der Luft erzeugt scyn, oder in andern Körpern er- zeugt durch die Luft zu unserm Ohr gelangen. Sind die len zuerst in der Luft erzeugt, so gelangen sie viel stärker zuid Gehörorgan, als wenn sie von andern Körpern erzeugt, der Lu» mitgetheilt werden. Denn im letzten Fall findet eine Verminde- rung der Stärke bei der Mittheilung an die Luft statt. Saite® und Stimmgabeln tönen darum so schwach ohne Resonanzbode®) der mit dem tönenden festen Körper durch Steg oder anderwei- tig in Verbindung stehen muss. Der Resonanzboden ist hingegc" bei den Blaseinstrumenten ganz unnöthig, da die primär erzeugteu Luftwellcn am stärksten durch die Luft selbst fortgepflanzt wef' den. Ein wirksamer Resonanzboden für primäre Luftwellen könnt® nur die Luft selbst in einem begrenzten Raume seyn. Ein festet Resonanzboden würde wenig zur Verstärkung des Tons beitra- gen, da bei der Mittheilung der Schallwellen aus der Luft aO feste Körper und von diesen an die Luft eine Verminderung de® Stärke der Stösse stattfindet. So wie die Schallwellen fester Körper sich schwierig de® Luft mittheilen, ebenso gehen auch die Schallwellen des Wasser® schwer an die Luft über. Befindet sich das Olir in der Luft» so wird ein im Wasser erzeugter Schall immer sehr schwach von uns vernommen, und bei einem sehr schiefen Winkel de® Directioa der Schallwellen gegen die Wasser- und Luftfläche ga® nicht, wie diess auch beim Licht der Fall ist. Diese Schwierig- keit erfuhr auch Cot,?. sdon bei seinen Versuchen über die Schnel- ligkeit der Fortpflanzung des Schalls im Wasser. Eine ins Was- ser und ans Ohr gehaltene Röhre leistete fast gar keinen Dienst» wenn nicht am untern Ende der llöhre eine die Schallwellen de® , Wassers aufnebmende feste Plallc war. Um den Schall des Was- sers, wenn man in der Luft ist, stark zu hören, muss mau abe* die Schallwellcu des Wassers nicht bloss in einen losten Stab lei- ten und diesen ans Ohr halten, sondern diesen auch mit einen* das Ohr ausfüllenden Stopfen in Verhinduug bringen, so dass de* Zwischenkörper der Luft so viel als möglich ausgeschlossen i*!' 2. Akustik d. Gehürwerkzeuge. Schallleitung h. d.. LufttJi. 457 auf diese Weise liört man eine im Wasser selbst läutende *^leine Glocke mit ihrem vollen Klange*). Muss der Schall zuerst in Wasser und aus cjiesein wieder in Luft zu unserm Gehörorgan gelangen, so ist die Schwächung noch Sfösser; daher hören Taucher von dem über dem Wasser er- *®ugten Schall nichts. GEai.En’s physiol. JVörterb. 8. p. 449, Beim Hören in der Luft hängt übrigens die Stärke des Schalls ^on der Dichtigkeit und der Trockenheit der Luft ab. Die Schnelligkeit der Schallleitung nimmt zwar mit der Verdünnung aber die Stärke der Schwingungen nimmt mit der Luft zu, ’crdünnung ah. Eine im verdünnten Luftraum tönende Glocke fast gar nicht gehört. Genau genommen ist allerdings damit doch nur bewiesen, dass die Verminderung des Stosses beim Ue- Scrgang der Wellen aus der Glocke an die verdünnte Luft und ''cn dieser an den Recipienten sehr gross ist. Uebcr das unmit- telbare Hören von Luftwellen verdünnter und verdichteter Luft, "'l'Balich solcher Wellen, die ohne durch feste Körper durchzu- Seben, auf das Trommelfell stossen, sind noch fast gar keine Ver- ®**ehe angestellt. Man hat nur die von Saussuhe auf dem Mont- “lanc angestelltc Erfahrung, dass in den dünneren Luftschichten ^ Pistolenschuss nicht mehr Geräusch machte, als ein kleiner ^bwärmer es gewöhnlich thut. II. Unmiiielbare Schallleitwig des Wassers zum Gehörorgan. Wenn wir im Wasser selbst untertauchen, gelangen die Schall- wellen des Wassers zum Trommelfell. Alle im Wasser .selbst er- *®äSten Schalle werden dann vortrefflich gehört, wie die Erfab- *''*ägen von Wollet und Monro zeigten, und jeder, der im Was- untergetaucht, weiss. Schwieriger werden im Wasser die aus Luft ins Wasser übergehenden Schallwellen gehört, welche diesem Uebergang eine beträchtliche Verminderung derStösse ‘Cer schwingenden Theiicben erleiden. III. Unmiiielbare Schallleitung fester Körper xum Gehörorgan. Die grösste Intensität des Schalles bei primären Luflwellen ‘®det statt bei unmittelbarer Leitung des Schalles durch die Luft Gehörorgan; die grösste Intensität des Schalles primärer 1*^1160 fester Körper findet statt bei unmittelbarer Leitung der- l^'hen durch feste Körper zum Gehörorgan. Der Klang eines Ihckes Holz oder Metall ist schwach von der Luft geleitet, aus- ^^fordentlich stark, wenn eine Schnur vom klingenden Körper die Zähne oder in beide verstopfte Obren gehalten wird. Bei Ellen Entfernung hörten Herhold und Rafn den Klang ei- Löffels durch eine am Löffel selbst befestigte Schnur auf diese ^ei ®'se noch wie den Ton einer Glocke. Jeder weiche und feste ) Dass eine Glo^kti aus W^asscr keinen Klang, sondern nur einen kurzen Stoss walnnekmen Hess, wie COLLADON fand, konnte von dm grossem Entler^iing oder auch von der üuvollkoimncnhcit der yandten Lcitimg abhängen. Denn klanglos wird der l’on einer nahen ifu Wasser tönenden Glocke nach meinen Versuchen nnr wenn nicht «lurcli clni^ Kette fester Körper ans dem Was.ser zum Labj'umh . ikommt, sondern durch eine Luftschicht durchgehen muss. 30 * 458 y. Buch. Von den Sinnen. 11. Ahschn. Vom Gehörsinn. Tlieil des Kopfes ist zur Aufnahme der Stösse fester Körper 8®^ eignet. Am schwächsten werden sie durch die Weichtheile Kopfes fort^epflanzt, Avenn man den Stnh , der den tönenden Körper berührt ^ an sie anlegt *) Stärker ist diese Leitung, die Ropfknocheri dünn bedeckt sind, noch Stärker, wo sie te® liegen, Avie an den Zähnen. . Wird eine Uhr an die Zähne an- gelegt*, so ist ihr Schlag ungemein deutlich, am stärksten an de Zähnen des Oberkiefers, von wo die Leitung bloss durch hatt® Theile durchgeht. Schwächer ist die Leitung hei Berührung Zunge, am schwächsten, wenn die Uhr nur in die Luft der höhle gehalten wird. Ebenso stark, und noch stärker ist n> ■ Leitung durch die Wände des äussern Gehörganges, Avenn dies®* verstopft ist und ein Stab zwischen Uhr und Stopfen oder die nächst** Umgegend des Gehörganges angelegt wird, ln diesem Fall komme“ die Wellen fester Körper statt durch die Kopfknoclien ins Lab)*' rinth, vielmehr unmittelbar durch eine Rette von festen Wände" und zunächst von den Wänden des Gehörganges auf das Tron*' melfell und die Gehörknöchelchen. Die Wirkung des Hörrohf* der Schwerhörigen beruht zum Theil auf der ungeschwächte“ Fortleitung der Luftwellen, zürn Theil auf der Resonanz d®*' Luftsäule des Hörrohrs, zum Theil aber auch auf der Coi“' munication der resonirenden Wände des Rohrs mit den feste** Theilen des Gehörganges. Dass auch letztere von Wichtigk®’ ist, kann man an einem Beispiel sehen, wo die Condensatio“ der LuftAvellen wegfällt. Lässt man nämlich in ein Rohr sp®®' eben, und fasst, bei verstopften Ohren, das Rohr von d®*' Seite zwischen den Zähnen, so hört man einen ausserordenth® starken Schall, welcher von der Resoiiänz des Rohrs ahhängt, di® man durch die Luft allein zum Ohr gelangend kaum hören vi'ürd®* Die unmittelbare Leitung fester Theile zu den festen Th®*' len des Gehörorgans wird auch in Anspruch genommen bei“* Hören durch Auttegen des Ohrs auf den Erdboden. Ist das Oh* dabei verstopft und berührt der Stopfen die Erde, so ist die L®*' tuiig noch viel stärker. Natürlich können hiebei nur solche Tö““ stark vernommen werden, welche primär im Erdboden entsteh®'* oder in festen Theilen entstehend, durch feste Theile dem Erd' boden zugöleitet werden , Avie die Fusstritte der Menschen u“ ■Pferde; dagegen primäre Luftwellen viel sclnverer dem Erdbod®“ sich mittheilen und in diesem keinen geeigneten Leiter für d“'* anliegende Ohr haben. Bei der Stethoskopie geschieht ganz dasselbe. Töne in fest®** Theilen erregt, oder durch feste Theile durchgehend, werden vo“ diesen ab in die festen Theile des anfliegenden Ohrs geleitet. Das St®” llt® man glauben, uns, so wird dieser Grad von Condensation auch durch die halb' kreisförmigen Canäle stattfinden. In den halbcirkelförmigen Canälen kömmt endlich auch di® Resonanz der Kopfknochen von den Schwingungen des Labyrinth' Wassers io Betracht. Denn in der Nähe fester Wände im Was- ser, denen Schallwellen mitgetheilt werden, werden diese imHiC*^ stärker als ceteris päribus im übrigen Wasser "ehört. Dass der Conductor nicht die Wände seihst berühren dürfe, versteht sich von selbst. Liegen sich 2 im Wasser resonirende Wände nab«, so sind natürlich die Wellen des Wassers zwischen ihnen noch stärker. Diess konnte man an dem vorher erwähnten Apparat mit dem von Canälen durchzogenen Brett, das mit einem Was- serbecken verbunden war, wahrnehmen. Wurde der Conductor ms Innere des Canals des Brettes vom Becken aus gehalten, sO wurde der mit der Stimmgabel dem Brett mitgethoilte Ton ei" wenig stärker gehört , als wenn der Conductor bei gleicher Ent- fernung den Wänden des Beckens selbst genähert 'wurde. Zur richtigen Vergleichung muss in beiden Fällen ein gleich lang®^ Stück des Conductors mit dem Wasser in Berührung seyn. dcU" der Ton ist stärker, wenn der Conductor tiefer eingetaucht wird- Nimmt man nun an, dass die halbcirkelförmigen membranO' sen Canäle im Stande seien, die Resonanz der KopfknOeben i" das W'asser zu sammeln und in der Richtung ihrer krurnrnc" Bahn besser fortzuleiten als in der Direction des Stosses, so A''ird die Verstärkung den Ampullen und dem Alveus communis, wo sich •der Nerve ansbreitet, zu Gute kommen. In wie weit die memhranösen Canäle die festen Canäle be- rührpn, muss diese Wirkung noch viel Stärker werden. Aber auch auf eine von den umgebenden festen Tlieilen unabhängis^ Mitwirkung der halbcirkelförmigen memhranösen Canäle wir" man durch die für die Physiologie des Gehörs wichtige Thal- Sache geführt, dass die halbcirkelförmigen Canäle der Peti’omy’' zon gar nicht von festen Tlieilen isolirt umgeben sind, sonder" mit dem alveus communis in derselben gemeinschaftlichen feste" Capsel liegen. Autenrietu und Kerber nahmen an, dass die verschiedene» Canäle auch im Stande seien die Direction des Schalls dem Ner- ven anzuzeigen. Allein die Direction des Schalls scheint ausser der slärkern W'irkung auf eines der Ohren, und ausser der ver- schiedenen Stärke des Schalls nach der Direction des Gchörga»- 2. /Ikuslih d. Gehörn'erkteiige. Labyrinth. 463 Ses, uhcl der Concha kein Gegenstand der Empfindung zu seyn. ^^ aren wir auch im Stande die Richtung des Stosses der schwin- fienden Tlicilchen zu unterscheiden, so würde doch diese Rich- Juiig iniiner eine doppelte und entgegengesetzte seyn , denn die fheilchen schwingen auch zurück und bei, einem Ton weehselt *^iess regelmässig ab. Die ini Labyrinth der Fische und llscbartigen Amphibien ®'ithaltenen Horsteine’') und der crystalliniscbe Brei im Labyrinth übrigen Thiere, müsste durch Resonanz den Ton -verstärken, *6lbst wenn diese Körner die Membranen, auf welcher die Ner- ''«n sich ausbreiten, nicht berührten. Nun berühren aber diese Körper die membranösen Theile des Labyrinthes, die membra- äösen Theile und der Nerve erhalten dadurch , in soweit diese *^erühi'ung stattfindet, auch Stosswellen aus diesen festen Theilen, "'eiche intensiver sind, als die aus dem Wasser. Man fühlt die Schwin"ungen des Wassers bei der Schallleitung nicht mit der '"s Wasser gehaltenen Hand, w’ohl aber wenn man ein Stück Holz •"it der Hand im Wasser hält. Diess scheint mir die wahre Bedeutung des crystallinischen ^J’eies und der Hörsteine zu seyn. Die Ansicht, dass der cry- ^lällinische Staub beim Hören von den Wänden abgeworfen ^Crde, wie der Staub auf schwingenden Scheiben und Membra- lässt sich pliysicalisch nicht rechtfertigen. Denn im a^ei *'eht mau während der Scballleitung den im Wasser schwebenden ^täub nie die' geringste Bewegung machen. Andere directe Versuche lassen sich nicht gut anstellen. Ich *^and ein Stück erweichte Sclnveinsblase im Wasser mit Was- und Sand zu einem Beutelchen, weiches ich platt drückte, ahmte das membranöse Labyrinth mit dem crystaUinischeii ^rei nach, und untersuchte seine Wirkung auf Schallwellen des Hassers die mit der Pfeife erregt werden, mittelst des Condu- '•lors. Das Beutelchen wurde nämlich im Wasser zwischen das ^"de der Pfeife und den Couductor gehalten, ohne sie zu berüh- Allerdings war der Ton stärker, als wenn cetcris paribus Beutelchen weggenommen wurde. Bei einem Gcgcnvcrsuch “etaerkte ich indess, dass dieses platt gedrückte Beutelchen von Membran, auch ohne den Sand bloss Wasser enthaltend, den Ton Wurch Resonanz) verstärkte. Wovon die Resonanz memhranöser ■theile im AVasser abhängt, ist mir nicht klar geworden. Ein ■"on Jer Kalkerdc befreiter Obcrai-mknochen eines Vogels zeigte, ""ssen und inwendig mit Wasser in Berührung, fast gar keine Resonanz, ebenso wenig ein mit Wasser gefülltes Darmstück *^63 Kalbes, und es war bei einem im Wasser erregten Ton ganz Speich, ob der Conductor an ein langes Darmstück, oder bei ) Pie Ololillicn der Knochenfische h.iben eine illinliche Structur, wie * lir ScUmeU der Zähne. Die des Zanders bestellen z.B, aus zonenartig ge Ordneten Schichten, 5n denen man sogleich schon eine regelmässige, artige Bildung erkennt- Werden die geschUifenen Blättchen ruit a z säure behandelt, so sieht man, dass die Schichten aus eben so c icn zu- gcsplutcn Körperchen bestehen, wie ich sie aus dem «icnt hart gewordenen Srlunelz beschrieben habe. PoGGßNh- 3c5. 464 F. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. gleicher Entfernung von der Ursprungsstelle des Tons an ein kurzes im Wasser liegendes Darmstück angelegt wurde. S chneckc. Bei der Akustik des Labyrinthes kömmt ferner die Dii'®'*, ction der Fortpflanzung des Stosses und der Wellen im Wasser und den festen Theilen des Labyrinthes in Betracht. SavabT s Untersuchungen über die Fortpflanzung der Stosswellen von f®' sten Theilen auf Wasser, und Vorn Wasser auf feste Theile kön- nen hierauf angewandt werden. Diese Fortpflanzung scheint gan* wie in andern Medien zu erfolgen. Ist « ri® Gcfäss mit Wasser, b ein an den Boden desse*' ben befestigter Stab, c eine auf'dem Wasser schwimmende Holzplatte, so theilen sich longi' tudinale Wellen, welche in dem Stab b erreg* werden, durch das Wasser in derselben B.ich' tung der Platte c mit, wie der darauf hüpfend® Sand zeigt. Ist ferner a ein Gelass mit Was-^ ser, ^ eine dai’auf schwimmende Platte, deren Ränder schief sind zu den Wänden des Gefässes fl, und wird die Wand des Gefässes durch d®® Fidclbogen in der Richtung des Pfeils in Schwi»' gung versetzt, so pflanzt sich der Stoss durch das Wasser auf die Platte und durch dieselbe in derselben Rieb' tung fort, die schiefe Richtung der Ränder der Platte gegen d'® Richtung des Stosses ändert also die Direction des fortgepflan«' ten Stosses nicht ab. Die Fortpflanzung geschieht also, gerad® so, wie wenn im ersten Fall der Stab b unmittelbar mit Platte c, und im zweiten Fall die Wand a mit der Platt® b, deren Fläche senkrecht zur Wand liegt, durch ^inen Stab verbunden wären. Daher lassen sich auch die Gesetze der Fort f pflanznng des Stosses durch Platten, welche unter Winkeln au einander stossen, auf das Labyrinth anwenden. Aus den schon p. 4.3.3. mitgetheiltcn Thatschen ergiebt sich) dass wenn fl, b, c, d unter einander verbundene Platten sin®) und der Platte a Schallwellen in der Piichtung der Pfeile ertben werden, die Schallwellen mit gleicher Direction durch den Sti® b d so wie durch die obere Pla**® cd sich fortsetzen. Diess lässt sic nun auf die Schnecke auwenden- Der Stiel bd lässt sich mit fl®®* Modiolus, die Querplatten mit der Spirälplatte vergleichen und zeichne man diese Figur in die folgend® Figur tun, ■ so fallt die Aebnlichkei noch mehr in die Augen, ln 'vr® ' eher Richtung daher entweder den* Modiolus, oder der Spiralplatte selbs Schallwellen mitgetheilt werden, ii® t t f l: •p'/ yo t h a./ / t t / 2. Akustik d. Gehönverkzeuge. JMhyrinih. 465 'I- Hier wird sich die Direction des Stosses in allen Theileii der Schnecke gleich bleiben, mag nun der Stoss zunächst von den K.opfknochen dem Modiolus, oder den Wänden der Schnecke, und von diesen der Spiralplatte oder einem von sen Theilen durch das Labyrinthwasser mitgetheüt werden. Was die vom Labyrinthwasser ausgehen- den Schwingungen betrifft, so ist das ovale Fen- ster so gerichtet, dass eine auf sein Feld gezogene senkrechte Linie fast parallel mit dem Modiolus der Schnecke ‘ämt, daher werden die von diesem Fenster ausgehenden Stosse Wahrscheinlich in den festen Theilen der Schnecke mit dem Mo- ‘liolus gleich laufende Stösse erregen, d. h. die Spiralplatte wird '‘m leichtesten in ihrer ganzen Ausdehnung m einer aut ihre Fläche beinahe senkrechten Richtung schwingen. Ich erkenne 'l'e Direction des Stosses an Platten, die sich im Wasser einen l^on mittheileii, leicht mit dem festen Conductor. Der io» i“ *»nmer stärker, wenn der Conductor in der Richtung aut die I*latten aufgesetzt wird, in welchen sich der Stoss fortpOanzt. Bei der vorhergehenden Erörterung sind die verschiedenen Theile der Schnecke als gleichzeitig oder fast gleichzeitig vom Stosse ergriffen angesehen. Es entsteht nun die Frage, ob mcht auch eine successive FoiMeitung des Stosses ^ ' Sen der Schnecke, z. B. vom Vorhof oder vom runden Lenster *>«5 bis in die Kuppel stnttfinden könne; so dass ihn entweder das ^Vasser successiv 7urch die Scalen fortpa«nzt, oder diese Succes- S'OU der Spiralplatte entlang erfolgt? Da der Canal der- Schnecke 'u>d mit diesem die Spiralplatte eine beträchtliche Lange, nämlich die Windungen am äussern Umfang eine Länge von p — 11» Li- nien haben, so könnte, falls ein solches Ablaufen des Stosses ent- der Windungen der Schnecke möglich wäre, die Schnecke *Ur Verlängerung "des Eindrucks dienen. Diese Hypothese ist le- doch sehr zweifelhaft. Eine solche Fortleitung wurde durch die Luft maiu •• ^ ^uft in einem gewundenen Rohr stattfinden müssen. Bei der ‘U'chten Mittheilung des Stosses vom Wasser an feste Theile wurd hingegen die succesSive Fortleitung der in einem Rsten Körper Sulegeiien Spirale von Wasser sich nicht rem erhalten, «mi «lie ^'^ellen werden aus dem Anfang der Windungen last ebenso leicht durch den Modiolus einen andern Theil der Windungen durch- ®uhneiden. Auch auf der Spiralplatte ist diese Art der Leitung “'uht gut möglich, indem sie sich in die festen Wände der Schnecke fortsetzt und die ihr milgetheilten Wellen ebenso leicht den Wänden der Schnecke und der Spindel mittheilt, als selbst Weiter leitet Die der Spindel und den Schneckenwanden mit- Sutheilten Stösse werden aber wieder andere Theile der Spiral- P'utte, ausser der in der Spiralplatte selbst stattfindenden Fortleitung stossen. Nur wenn der Schneckencanal ohne Windung m oer Lichtung des Slosscs in ganzer Länge gerade angelegt wäre, wurue ^in Abläufen der Stosswelle durch denselben erlolgen. Es ist daher wohl gewiss, dass auf dieses ungestörte J au en Lös Slössos im Wasser der Schnecke und aul der piiapa e 466 V, Buch. Vxm den Sinnen, fl. Abschn. Vom Gehörsinn. nicht zu rechnen ist. Ein solches Abläufen der Stösse auf ein^ulet2t lässt sicli cinsehen> ■warum die Fasern des Nerven einzeln neben einander auf der Spiralplatte ausgebreitet werden. . de dicker der Schneokennerve auf festen Theilen der Schnee e /»usbreitete, um so w'eni{»er -würde er die Stösse der l^eile der Schnecke empfangen, da er den festen • ‘ chnecke ungleichartig ist, je feiner er aber darauf vert ei is , 468 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. um so leichter werden seinen Fasern die Stösse der sie berüh- renden festen Theile rnitgetheilt. Mit der Oberfläche des Körpers, welche die Schalhvel[®’J berühren, wächst ferner auch die Stärke der Mittheilung. Wir® der Conduclor hei verstopften Ohren in Wasser gehalten, won« ein Schall erregt wird, so nimmt dieser Schall an Stärke z«) 1® tiefer der Conductor ins Wasser gesenkt wird, oder auch je brei' ter er auf das Wasser aufgelegt wird. III. Capitel. Wirkung der Sc'h allwellen auf den Ge- hörnerven und Eigen Wirkungen desselben. 1. Wirkungen der Schallwellen auf den Gehörnerven. Die Untersuchung dieses Gegenstandes muss von den Eigc®” schäften der Wellen ausgehen, welche ins Labyrinth wasser g®' langen. Bei einer von einem tönenden Körper erregten und zuU* Labyrinth gelangenden Stosswelle müssen folgende Eigenschalte® unterschieden werden: 1) Ihre Dicke und die Dauer ihres Eindrucks. 2) Ihre Breite. .3) Die Stärke dgr Excursion oder die Grösse der Bahn der schwingenden Theilchen. Die Dicke der Wellen ist die Ausdehnung einer Wed® in der Richtung, in welcher sie fortschreitet. Die Dicke einer Welle in einem schallleitenden Medium hängt ab theils von de* Zeit, welche der tönend schwingende Körper von einer bis zu® andern Schwingung oder zu einer ganzen Schwingung brauchh theils von dem Fortpflanzungsvermögen des schallleitenden Al®' diums. Die Luftsäule der 32 fü.ssigcn Orgelpfeife macht in der Secunde 32 Doppelschwingungen, oder Ki Sjtösse in einer Ried' tung. ..Der eine Theil der Doppelschwingungen bringt die Ver- dichtung des schallleitenden Mediums oder den Wellenberg, der andere rückkehrende Theil der Schwingung die Verdünnung odei das Wellenthal hervor. Da nun die Geschwindigkeit des Schah* in der Luft 1022 Fuss in der Secunde beträgt, so ist die Distan* zwischen dem Anfang und dem Ende einer Stosswelle oder di® Dicke einer Welle in der Luft oder beinahe 64 Fuss bei®^ C der 32 füssigen Orgelpfeife. Beim Ton der 16 füssigen Orgelpfeife ‘contra C mit 64 DoP' pelschwingnngen oder 32 einseitigen Stös^en ist die Dicke de® Welle in der Luft — Jp- oder beinahe 32 Fuss. ^ Beim Ton der 8 füssigen Orgelpfeife oder grossen C mit Doppelschwingungen oder 64 einseitigen .Stösseii ist die Dic^ der AVellc in der Luft oder beinahe 16 Fuss. Beim Ton der 4 füssigen Orgelpfeife oder kleinen c ist di Dicke der Welle in der Luft 8 Fuss, bei c 4 Fuss, bei c 2 Fus*» bei c 1 Fuss. 3. Wahrnehmung des Schalls. 469 Die Geschwindigkeit des Schahs im Wasser ist 4 Mal schnel- le* *’ als in der Luft, und beträgt 4090 Fuss in der Secunde. Die ^'cke der Wellen ist daher im Wasser in diesem Verhältniss 8*'össer, nämlich beim C der 32 füssigen Pfeife = 256 Fass, beim eontra C 128, beim grossen C 64, beim nngestriche'nen c 32, beim c beim c 8, beim c 4 Fuss. Mit dieser Dicke gehen die Wellen auch durch das Lahyrinthwasscr, und es ergiebt sich hieraus, bei dem kleinen Umfang des Labyrinthes, selbst bei den |!®‘;hsten Tönen nicht mehrere Wellen gleichzeitig auf ihrem ^Oi’cbgang durch das Labyrinth sich befinden, dass vielmehr in 'W Regel eine Welle mit dem Gipfel, mit dem Maximum ihrer Verdichtung oder dem Wellenberge das Labyrinth verlassen hat, '^‘*nn das Labyrinth von dem Maximum der Verdichtung der "äclisten W'elle getroffen wird. Die Dauer des Eindrucks, den eine Welle beim Durch- P‘’‘*S durch irgend ein Theilchen des Labyrinthes an diesem j*>’vorbringt, hängt von der Dauer einer Schwingung des tönen- Rörpers ab. Beim C der .32 Rissigen Pfeife beträgt diese Dauer heim c i-öVa Secunde. . Man muss übrigens lür gewisse Fälle noch die Dicke der "^ellen von der Distanz deV Wellen unterscheiden. Wird Ipr Ton durch hin und herschwingende Körper erregt, so ist ^l'ese Distanz gleich 0, und die Wellen stossen unmittelbar an- ***>ander, wie in beistehender Figur versinnlicht ist, nur dass man sich statt der Beugungen Verdiclitungen und Verdünnun- gen denken muss. Wird der Ton aber durch Stösse erregt, zwi- schen welchen Momente der Ruhe sind, so ist das schallleitende Me- dium schon hinter einer Welle zur Ruhe gekommen, ehe die nächste Welle beginnt, wie in '^'stehender Figur versinnlicht wird. Diess ist bei der Erregung Töne durch blosse Stösse, wie beim SAVART’schen Rad und j,®* der Sirene möglich. Demgemäss kann auch unter gewissen . ®dingungen die Dauer des Eindrucks oder Durchgangs der Wel- *?** durch einen gegebenen Punct des Labyrinths kleiner seyn, * die Zwischenzeit ihrer Maxima. , bl der Dicke einer Welle findet eine allrnählige Abstufung Y^*' Dichtigkeit vom Anfang bis ans Ende statt. Am Anfang der eile fängt die Dichtigkeit an zuzunelimen, ihre Dichtigkeit am Ende des ersten Viertels zum Maximum, und nimmt bis .^* Hälfte ihrer Länge ab, in dem Hintertheil der Welle ist eedünnung, denn hier streben die vorher verdichteten Tbcllchcu ''eh von einander zu entfernen. Die Verdünnung wird gegen Dmtcre Viertel immer stärker, und nimmt im hintern Vier- tel Wieder ab. Indem die Stossvvelle im Labyrinthwasser fortsebreitet, gehen 470 V. Buch. Von den Sinnen. II. /iischn. Vom Gehörsinn. alle Theilchen desselben in der Ricbtuns» des Stosses siiccessi'' durch diese Grade der Verdichtung und Verdünnung durch. Da die Verdichtung durch Annälierung der Molecule-, di Verdünnung durch Entfernung derselben von einander heryor- gebracht wird, s6 durchlaufen alle Theilchen der Welle gle'^^^y zeitig eine gewisse Bahn des Stosses.' Diese Bahn ist am Anfa>'h der Welle gering, denn der Stoss ertheilt den Theilchen e*"® um so geringere Bewegung, je entfernter sie von der unmitt®' har gestossenen Stelle liegen. Im llintertheil der Welle schW”' geu die Theilchen wieder zurück, und es findet derselbe Ünt®*'' schied ihrer Geschwindigkeiten statt. Beim Durchgang derW®' durch einen Punct des Mediums, erhalten die an diesem Ort h®' findlichen Theilchen successive eine steigende, darin wieder ahn®''' inende Verdichtung, und gerathen wie,der im Hintertheil der V'.® in Verdünnung. Zugleich wird die Gesclnvindigkeit, mit welch®® ein Theilchen des Mediums beim Durchgang der Welte dur®_ diesen Punct sich bewegt, successive schneller, erreicht ein M*"’' raum wird wieder langsamer. Wahrend des Durchgangs des "^®*' lenthals durch diesen Punct macht das Theilchen seine rückkeh' rende Schwingung mit anfangs zunehmender, dann wieder abnßh' mender Geschwindigkeit. Alles diess ist auf den Iförnerven ä®' wendbar. Die Dicke der Wellen bleibt sich bei der Fortpflanzung Schalles in alle Entfernungen gleich, aber die Bahn der sichW®' genden Theilchen nimmt mit dem Quadrat der Entfernungen äv' Von der Grösse der Bahn der schwingenden Theilchen häpS allein die Intensität oder Stärke des Schalls oder Gehörs ab. Der Umfang der Wellen in der Luft ist kugelförmig. das Gehörorgan trifft nur ein Stück dieser Kugel, welches m®.'' die Breite oder Flächenausdehnung der Welle nennen kann. Breite der Welle, welche zum Gehör benutzt wird, hängt '’O® der Breite ah, in welcher der Gehörnerve von der Welle gef®® ^ fen wird. Die von. der Trommelhöhle aus zum Labyrinth g®'®'r genden Wellen haben heim Eintritt in das Labyrinth nur d' Breite des ovalen und runden Fensters, von hier aus aber breif®*^ sie sich aus. 2. Unterscheiden der Tone. Zur Empfindung des Schalls scheint ein einfacher Stoss denGehörnerven hinzureichen, wie eine Explosion, die Theilung Luft, das Zusammenfahren zweier getrennter Luftschichten b®" Peitschenknall u. dergl. Dieser Ansicht steht wenigstens nichts gen, und auch Cucadni findet sie wahrscheinlich, obgleich zugegßh®, werden muss, dass auch ein einfacher Stoss in der Luft leicht '''® len errege. Am häufigsten liegen allerdings dem Eindruck Stosses als Schall mehrere Wellen zu Grunde. Doch kann ‘ Frage entstehen, ob nicht bei dem Schall, der aus einer sion von Stössen entsteht, jeder einzelne Stoss von dci’ Stär seyn muss, dass er allein schon als Schall gehört .würde, iind eine Snccession von so schwachen Stössen, wovon jeder ein/.® ” 3, Wahrnehmung des Schalls. 471 ""enn er allein stattfiincle, keinen Eindruck auf das Geliör her- ''orbrächte noch gehört wird. Diese Frage -ist bis jetzt nicht “»tcrsucht worden , und die Mittel scheinen zu fehlen sie zu Le- *nhvoften. , „ , Durch die schnelle Succession mehrerer Stösse von xuigieicuen Zwischenzeiten entsteht ein Geräusch oder Gerassel, durch die ^'’hnelle Succession mehrerer Stösse von gleichen Zwischenzeiten bestimmter Ton, dessen Höhe mit der Zahl der Stösse in he- ^l'fiimter Zeit zunimmt. Mittelst der Sirene von Cagniabd Latour •»'»d des SAVART’schen Rades kann man sich diess zur Anschauung .'^'■iiwsen Ein bestimmter Ton entsteht auch, wenn jeder einzelne VecelmässiR folgenden Stösse selbst wieder aus mehreren Stös- zuLmmengesetzt ist, die für sich allein schon ein Geräusch ’’eiWorbringen würden, oder aus einer binreiciend schnellen re- S'-lmässioen Folge von Geräuschen. Diess findet gerade bei den Zöllen °tatt die durch die erwähnten Apparate bervorgebracht ^■®i-den Denn hier ist jeder einzelne Stoss schon ein zusammenge- setztes Geräusch, welches man auch leicht durchbört, wenn durch die ^«mmirung der Geräusche der Eindruck des Tones von bestimmter Ilöhe entsteht. Nun entsteht zunächst die Frage, wie viele Stösse mindestens '‘ititereinander erforderlich sind, um als bestimmter vergleichbarer gehölt zu werden. Nach Savart's Untersuchungen reichen *«lbst 2 Stösse (das Aequivalent von 4 Schwingungen) dazu hm. ^^’erden nämlich die Stösse durch das Anschlägen der Zahne eines ^ades an einen Körper heWorgebracht, so kann man successiv ''Ile Zähne des Rades bis auf 2 wegnehmen, ohne dass der Ton '‘Is bestimmter in der Scala aufgehoben wird. Wird ein Rad mit '•iOOo Z ihnen das sich einmal in der Secundc uradreht, auf die der Zähne rcducirt, indem man sie an der ganzen einen des Rades wegnimmt, so wird das Intervall der Stösse na- ‘‘wlich nicht gestört, aber man kann mit dem Wegnehmen der Zahne forllähren, bis auf 2 und dreht sich das Rad noch mit 'derselben Geschwindigkeit, nämlich einmal in der Seennde um, tann der aus beiden Stössen i^jsultirende Ton noch mit dem eines Instrumentes verglichen, und der Einklang dazu aufge- "äclit werden. , i t, i ' i • c • i Werden hin-egen die Zähne des Rades bis auf einen redu- so wird nicht mehr der bestimmte Ton, sondern nur das ^’ci'änsch gehört, welches der eine Zahn hervorbringt, es sey dass das Rad so schnell gedreht werde, dass das Intervall dem einem bis zum nächsten Stoss des einen Zahnes nicht grösser ist als das Intervall der Stösse des bestimmten Tons es erfordert. ’ Werden die Töne durch Schwingungen erregt, -wovon dm ;‘«ebste regelmässig anfängt, wenn die vorhergehende »tifgel.ort so kann cs zweifelhaft seyn, ob nicht d*e Hohe des Tons vo 'ler Länge der Welle oder einer andern Eigenschaft dcrseinei ist.' Aus den Versuchen mit dem SAVARTschen natl ^“'gt Ihingegen, dass die Eigenschaft der Höhe des Tones in kei- ner Weise von der Beschaffenheit der Wellen abhängig ist. Bei l^hyslfllog'ip. 2r Bfl. /31 472 V. Buch. Von den Sinnen. II, Abschn. Vom Gfihörsinn. den Tönen, die durcli das Rad erzeugt werden, sind die eines Körpers, der durch die Zahne des Rades erhoben wn ’ gegen die Lnli ganz gleich, mag das Rad schnell oder gedreht werden, nur das Intervall der Slössc ist ungleich. Die Frage, von dem Maximum und Minimum der Interval derStössc, welche als Töne noch vergleichbar sind, ist auch du*'C'‘ Savabt belricdigender und richtiger als früher beantwortet wor' den. Bei gehöriger Stärke können noch Töne gehört werd^'j die 48000 einlachen Schwingungen in der Secundc oder 2400 Stössen entsprechen und wahrscheinlich ist selbst diess nicht d' Grenze der höchsten hörbai'en Töne. Auch sind .32 einfac'' Sch Windungen in der Secundc nicht die Grenze der tiefsten Toi>''‘ wie mau angenommen, vielmehr konnte Savart noch Töne vB'' ne.limlich machen, hei denen nur 14 — 18 einfache Schwingungß'' oder 7 — 8 Stösse in derSecunde staltfinden; und auch noch fere Töne sind wahrscheinlich hörbar, wenn die Stösse die bi'*' längliche Dauer haben. Die Dauer, welche ein Stoss haben um gehört zu werden, ist nämlich in dem Verhältniss kürzer b, der Ton höher ist, weil die Zwischenzeit zwischen 2 Stössen hB] den höheren Tönen in entsprechendem Verhältniss ahnimmt. den tieleren hörbaren Tönen muss also die Dauer der Stösse so länger seyn, je tiefer sie sind. Um den Stössen hei den tiB*' stell Tönen längere Dauer zu gehen, wandte Savabt ein Rad n*' 2 oder 4 freien Speichen, an, welche, indem sic zwischen 2 RbI' ten, ohne sie zu berühren, durchschlagen, beim Drehen des RadB* durch Verdichtung und Verdünnung der Luft starke, einzeln boj' bare Stösse hervorb ringen, welche sich zum Eindruck eines nes hei hinreichend schneller Umdrehung des Rades summirB>'' Die SAVART’scheii Apparate lassen übrigens eine genaue ZähluJ’r zu, da sie mit einem Zähler verbunden sind, dessen Umläufe ‘ naoli Belieben ari’etiren lassen. Durch Wegnehmen einzelner .oder mehrerer Zähne aus cii'B”' undaufenden Rade konnte sieh Savart auch überzeugen, dass deJ Eindmck auf tlen Gehörnerven (wie das auch heim Licht de' Fall ist) länger als der Stoss. dauert. Denn das Wegnehmen b'.' nes Zahns bringt keine Unterbrechung des Tons hervor, wie dieser TVachciudruck dauert, ist schwer auszumitleln, da der EiO' druck nur allmählig erlischt. Ann. deChim. et de Phys. XLIV. .3.37. XLVII. 69. Pogg'^'*^' Ann. XX, 290. FEGHPiER’s Reperi, I, 335. 3. Hören mehrerer gleichzeitiger Töne. Der einfachste Fall dieser Art ist das Ilöi;en zweier gleich' zeitiger Töne, die im Einklang sind, ln diesem Fall sind die tervalle gleich; entweder fallen die Maxima der Stösse aufeinander was selten zutrellen wird, oder sic fallen nicht auf einander, io* ersten Fall entstehen stärkere Verdichtungen, wie die erste F'' gur versinnlicht, im letztem bei 2 oder mehreren Tönen, die 3. Wahrnehmung des Schalls. 473 b. E'nklan-» sind, hintar .einander folgende Maxinia, die eine Reihe •»‘Ide;), wie in beistehender zweiter Figur, so dass die Glieder der Reihen unter einander cor- respondiren und die In- tervalle dieselben bleiben. Diess kann in keiner Weise störend für das Gehör •■«sonirenden und ursprünglichen Wellen verhalten sich, da sie gleich sind, gerade so, wie die Wellm mehrerer unisoner Tone, •He primitiv angegeben werden. Die beistchende Figui kann i a '»er auch als Bild für die Gleichzeitigkeit primitiver und rcsoni- render Wellen dienen. Bei der Erzeugung des Klanges kreuzen ®'cli die Wellen des Tons mit Nebenwellen. „ , , Das Hören zweier gleichzeitiger Töne von verschiedener Zahl *1®»' Schwinüungen muss schwerer seyn , ■ als das Hören eines denn die Vergleichung der Intervalle ist erschwert dadurch, die Maximader Schwingungen des einen in die Sclnvingungen des andern fallen. Werden z. B. 2 Töne u, * uut den hierneben bezeichneten Intervallen (gehört, so entstellt aus den beiden Reihen der unter einander verzeich- neten Intervalle die zu- ^arnm^gesetzte Reihe r. Werden die 2 Töne dureh ‘-J.Räder ymt gleich gebildeten Zähnen hervorgebracht, so sind selbst die einzelnen ‘flösse Meich, und die Art des Stosses kann mcht die Ursache ^^yn, dass man den einen Ton durch den andern d^chliort. Den- *'''ch findet die 'Unterscheidung beider gleichzeitiger Tone statt, ich mich durch einen Versuch überzeugt habe. Diese bnter- *<^Widung muss also auph dann von der Wahrnehmung der n- ‘ervalle des einen und andern Tones in der ganzen Reihe der flösse abhängen. Während die ganze zusanimengesetzte Reihe Stösse abläuft, hat also das Ohr die Fähigkeit die durch gleiche 'htervalle getrennten Maxima der Stösse a, zwischen den ihrigen ^tössen h xvahrzunehmen und urogekehrt, weil sie inimer wiederkeh Die noch kleineren Intervalle, welche durch die Kreuzung beiden Reihen entstehen müssen, werden überhort, weil sie hiebt regelmässig wiederkehren, sehr ungleich ausfallen, le nach '‘»rer Lage. Diese Unterscheidung hat Aehnlichkeil mit dem Unter- scheiden Lei zusammengesetzten Gesichtsbildern. In der 1-igur p. •^«4. kommen die Hauptdreiecke, ferner das mittlere Sechseck und peripherischen kleineren Dreiecke zugleich zur Anschauung, "her es hängt auch von der Vorstellung ab, welche Impression “hgenblicklich die lebhafteste Ist. So ist cs auch bei mhh“:m C'ler vielen Tönen. Die Vpj-stellung nimmt dann bestimmte m ^ - yälle stärker oder deutlicher wahr, als die übrigen. So sin ir Stande einzelne Töne eines Instrumentes in einem ganzen Tutti zu unterscheiden. Hierzu-trägt natürlich sehr vic bei, dass 31! 474 V, Buch. Von den Sinnen. II. /ihsrhn. Vom Gehörsinn, verschiedene Instromente einen verschiedenen Klang liahen. Daher dann die Slössc ihrer Töne durch Nehenschwi**' gungen sich aiiszeichnen werden. Von hesonderem Inleresse wird der Fall, wenn zW’®' gleichzeitige Töne beinahe unison, aber, nicht ganz unisOf sind, so dass z. B. der eine 100, der andere 101 Stösse i** der Secunde macht. Dann werden die Stösse des eio®” allmählig denen des andern voraus eilen, bis sie alle he-- cunden wieder aufeinander fallen. Die Maxima der Stosst- beider Töne werden in der IllUfte einer Secunde am wC" r testen auseinander liegen, und hier sogar eine Verdänm«'? des einen und eine Verdichtung des andern sich decket' oder aufliehcn, wie in Leistehender Figur bei wenig®^ Wellen versinnlicht ist. Dagegen decken sich alle SeciiO' den die Maxima beider Töne, oder verstärken sich. Vom ' Anfang bis zur Mitte der Figur nimmt die Stärke des Ton®^ } ab, indem mehr und mehr auf die Verdichtung des eine®» etwas von der Verdünnung des andern kommt, bis sie sio® , ganz aufhehen, X'on da an wird der Ton durch allmähhg® ) Entfernung der Verdünnung des einen von der Verdick' tnng des andern wieder zunehmen, bis sich am ander»' Ende wieder bloss die Verdichtungen decken. In der MiM® s/-. müsste eigentlich einen Moment vollkommene Stille scy"- Da keine Unterbrechung ■ cintritt, sondern hier nur de^ Ton am schwächsten ist, so kann der Versuch auch zweiter Beweis dienen, dass der Eindruck auf den Gehör- nerven länger dauert, als die Ursache. Sind 2 gleichzei- tige Töne beinahe aber nicht ganz unison, so hört nia"» ausser dem bestimmten Werthe des Tons, ein wogende* Wachsen und. Abnehmen desselben an Stärke. Man nenid diess die Schwebung. Diess Fhaenomen wird leicht beim Anschlägen zweier nicht ganz unisono gestimmter vSaiteO des Monochords bemerkt. Zwei gleichzeitige Töne, die ein einfaches Verhältnis* ihrer Schwingungen zu einander haben, wie 2 zu 3, ^ zu 4, 4 zu 5 und bei welchen sich das Zusammenfalle” zweier Stösse hinreichend schnell wiederholt, bringen durch dieses Zuammenfallen einen dritten subiectivcn Ton hervor» der jedoch seine Ursachen auch ausser dem' Hörenden hat- Gesetzt der eine To” a » • » • m a mache 2 Schwingun- T S®”> während der an- * ' * * • • (Jefg i di-ei macht, *” . , fallen, wenn die Stösse c • • • beider zugleich begon- nen haben, jedesujal nach 2 Intervallen des einen und .3 des andern, die Stösse de* einen und andern auf einander iind diess giebt Veranlassung, da»* diese stärkeren Stösse c mit grösseren Intervallen für sich noch als dritter oder Tartinischer Ton gehört werden. Beistehende ^'8”^ erläutert diess, nur muss bemerkt werden, dass die Puncte nich 475 3, H'^ahrnehmung des Sc/tatls. Twtinische Föne. Stösse, sondern nur die Maximii der Slösse andeuten und dass man sich mitten zwischen den Puncten die Maxnna der Ver- diinnnuff vorstellen muss. Diese Töne kann man sowohl durch Saiten- als Pfeifentöne zur Erscheinung bringen, wenn die primu liven Töne hinlanglicli stark und anhaltend sind. Wird die d ^aite einer Geige in e gestimmt und diese mit der a Saite an- ^*altend gestrichen, so kommt das ^efe A_zum Vorschein. o ««■hält man mit c und e das c, mit h und d das g. Siehe Geh- ’-«rs physiral. Wörterbuch. 8. p. 318. Fechner s Repert. I p. 257. Unter Uinständen kömmt auch noch ein zweiter Tartmischer Ion *niti Vorschein, v»® s*nh schon aus den VorausseUungen erwar- *nn lässt und Plein heobachtet hat. In obigem Beispiel wurde angeiioimnen, dass beide ione m demselben Moment ihren ersten Stoss machen. Ist das nicht dci Uatl, so wird auch ein vollständiges Coincidireii der Stosse nicht “^attfinden können, sondern nur ein Maximum der Appro^mation den bestimmten Zeitpuncten eintretenj tl. li. der eine Ton hat hier das Maximum seines Stosses erreicht, wenn der andere noch nicht erreicht hat, wie in beistehender Figur vcrsinn- *‘cht wird. Die Reihen a und b haben dieselben bitervalle, wie . '“«i Wird, itie iiemen u uuu — .w- -- , . ^ * !*> obigem Beispiel, a macht 2 Stösse, während b 3 macht. Aus **aideii Reihen entsteht die zusammengesetzte Reibe t. Diese sich ^icderhXnL Approximation der Maxima ist aber auch schon {‘‘“reichend um wahrgenommen zu werden und den rartinischeii Ton ‘arvorzuliriugen, der nur nicht so stark seyn kann, als ira vor- ^^‘’Sehenden Fall. Je grösser die Approximation der Maxima ist, r,'“ 50 starker ist der Tartinische Ton. Hieraus wird zugleich • ““j Wai-UM in der Rcohaclitung dieses Tons so viel Inconstantes und wie auf ihn niemals in der Musik gerechnet werden könne. . Uer Tartitiische Ton, welcher immer tiefer ist, als die pri- ‘“‘liven Töne muss als suhjectiver wohl ufiterschieden werden den höheren Nehentönen der Saiten, Glocken u. s. w., welche dem Grundtoii gehört werden, und ivclche zu den Flageo- {^“ttöneh gehören. Sic liabgu eine ohjcctive Ursache in dem to- ““den Instrumente selbst. Harmonie der Töne. Muslcalische TouvcrliKltiiissc. \ Hie üblichen musicalischen Tonverhältnisse gründen sich tliells 476 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. darauf, wie gross oder gering die XJntersclieidungskraft des Ge- hörsinnes für den Gesammteindruck ein«r gewissen Zahl dei Schwingungen ist, theils daraulj dass einfache Verhältnisse der Töne , zu einander in Hinsicht der Zahl ihrer Schwingungen dem Sinn, angenehm sind. Am leichtesten aufzufassen ist für das Gehör das Verhältnis^ Von 1 ; 2 ; 4 ; 8 u. s. w. , das des Grniidtons zur Octave nn zu weiteren Octaven. Töne, wovon der eine noch einmal so vie Stösse in derselben Zeit, als der andere macht, sind sich *** ähnlich, dass sie nur als Wiederholungen wirken, daher wird da® Verhältniss zweier Töne nicht wesentlich geändert, wenn man e*' nen von beiden um eine oder mehrere Octaven höher oder tiew* nimmt. Leicht wahrnehmbar und angenehm, weil einfach, auch das Verhältniss von 2 zu 3 oder des Grundtons zur Quintej von 4 zu 5 oder des Grundtons zur Terze. Bezeichnet man deä Grundton mit 4, so ist die Terze also 5, die Quinte 6 und di® Octave 8, oder nimmt man 1 als Grundton, so erhält man: c e g c 1 i f 2 Grundton, Terze, Quinte, Octave, welche vier Töne zusammen den einfachsten und wirksamste*’ Accord bilden, während schon die 3 ersten einen sehr angenehmen Dreiklang hervorbringen. Hierbei ist jedoch die Musik nicht stehen geblieben, und e» giebt noch andere Tonverhältnisse, welche einer leicht verständ- lichen angenehmen Anwendung fähig sind. Der Tön, zu welchen» die Octave 2 eine Quinte bildet, oder sieh wie 3:2 veihalte»' würde, ist 4' oder f, er hat ein ebenso einfaehes Verhältniss zi»”’ Grundton c als zur Octave c, die Terze von g ist ferner ’g* oder !»■ c e f < g h c ■- - - 2 1 I .1 ¥ 2 noch 1_5 s ein Ton, der sich ist d mit Zwischen c und c liegt tiefem Octave, wie eine Quinte verhält, das Endlich verhält sich c zu d oder l:-|, und. h liegender Ton a zu h, es ist |. Diess sind die Töne der muslcalischen Tonleiter. de»' zu g 9 8‘ „ wie ein zwischen b S c d e f ,1 A s 4 ^ 4 3 2 ln dieser Reihe verhält sich zu d wie b I & c d e f iT t5 iX b . 9 e f 8 a h » • X , 8 4 • IJ) X • 9 ^ • 1 5' fi X , g 4*9 »To i , g ^ »TT ' Die Verhältnisse 1 ; und l:'-/ nennt man ganze Töne ode^ grosse Intervalle, das Verhältniss 1 I einen halben Ton ode^ kleines Intervall. Zwischen dc,n Tönen, die dui’ch das gros 3. IValirnehrnung d. Schalls. Harmonie. .477 ^ötervall getrennt sind, weiden noch kleine Intervalle oder halbe Töne unterschieden. , ,, , Die Erhöhung eines Tons um einen sogenannten halben oder das VerhVdtniss 1 *. ist natürlich der Erniedrigung des tol- Benden um elienso viel nicht gleich, und also cis von des ver- ‘‘-'•lieden. Das Intervall l;| oder cle heisst die grosse ierze, Intervall ll-f oder cles die kleine Terzc. Bei einem consonirenden Accord von mehreren Tönen nius- sie ein einfaches Verhältniss zum Grundton haben, und auch J'nter sich in einem einfachen Verhältniss stehen. Nur in «lescUi f«lle bringt die Vereinigung dieser Töne eine angenehme Wir- V»._ , ® A • i • ^ Pinpu tuirmonisclien hervor. -'eiklang, denn e verhält sich zu c einfach wie 5 . 4 und g zu ® Wie 3; 2, aller auch e und g consoniren; denn sie verhidten sich l;4. Dagegen werden clesle oder i;|*4 keinen, harmoni- **^heu Accord bilden. Denn c consonirt zwar mit es wie 1 . 5, c consonirt mit e wie l:f; aber e und es consoniren nicht; denn Ist = 1 ;M. Die Ursache der Harmonie ist also die ^‘Qfachheit der Zahlenverhältnisse. Der Dreiklang des Grmidlons mit der grossciiTerzc und der V'^inte c:e:güderl;|:| heisst der Durdreiklang; der Dreiklang Grundton'^s mit der kleinen Terze und der Quinte c: es. g oder . heisst der Molldreiklang._^ Sie hestehen beide aus cnier oder 1 A, beide zusammen 5 “ pi'ossen Terze und einer kleinen Terze | und r, I" ^dden eine Quinte. Im Durdreiklang geht die grosse dei kleinen ^erze, im Molldreiklang die kleine der grossen Terze voraus, .^eide Dreikläiige haben eine verschiedene Wirkung auf das Gc- •‘ör. Beim Durdreiklang ist die Consonanz befriedigender als ^eiru Molldreiklang. , Auch die Dissonanzen sind von angenehmer Wirkung au Gehör, wenn sie den Uebergang zu Consonanzen bilden, und Dissonanzen also aufgelöst werden. Ein dissonirender Accord ^'‘thält ausser consonirenden Intervallen, auch ein dissonirendes. dem Grundton, der Terze und der Quinte consonirt die Uc- die Septime aber dissonirt. Der Septiinaccord ^‘spiel eines dissonirenden Accordes dienen, er eiUbaic ’^föndton, Terze und Quinte noch die Septime. Eine Dissonanz aufgelöst durch einen Accord, der statt des c issonirendcu ^«ns den consonirenden enthält, oder mit dem dissonirenden Ton consonirt. Das Verhältniss ist ein Aehnhehes, wie beim ^ohen mehrerer Farben, die Disharmonie von Blau und Roth '"ird aufgelöst, dadurch, dass zwischen beide einymdere Far.ic ‘/itt, welche harmonisch zu einer von beiden, nidiflerent zur an. rl». ^ .1 1 Tt I -I . I 1 . li «v v’iYl . '7 »»ciuue iiannuuiäL-u / . '•orn ist. Grün zwischen Roth und Blau lost die Disbannonic weil es harmonisch mit Grün, indillercnt gegen Blau ist- ^.■eselbe Wirkung thut Orange, welches harmonisch zu B'aii, m- different zu Roth ist. Siehe oben p. 375. Die NNirkung tei sotianzen sowohl als Consonanzen aut' das Gehör !iat gut in der von Culadni angeführten Stelle hozcicbne • *^biecta sensus illud non animo gratissimum est, rjuod uci c s nsu Percipitiij.^ nerjue etiam difficillime , sed rjuod non . tarn aci c, u 478 V. Buch. Von den Sinnen. II. Abschn. Vom Gehörsinn. uaturale deslderium , quo sensus fei’untur in objecta, plane nou implcat, neque etiam tarn difficulter, ut sensus fatipet. Die Har-- monie der Octaven ist zu einfach, lun zu befriedigen, und selb' die Dissonanz wird befriedigend, wenn sieb ihre schwierige Aul-- fassung in ein leichteres Verhältniss abspannt. Die Anwendung der Intervalle mit arillimetisclier Reinbeib Avie sie das Gehör an sich erfordert, wird bei einer grossem holga von Tönpn un7nöglich, wie aus folgendem von Chladwi ervvähnte'i Beispiel erhellt. Wenn man allein die Intervalle, von g, c, G ‘ ’ g, c hintereinander rein ausübt, sö hat schon das zweite c niclA mehr den Werth des ersten, und ebenso mit g verhält sich 1 * ^ = 3:2 Rein ausgeübl c:f =3:4 f:d = 6:5 d:g = 3:4 g:c = 3:2 oder g:c:f:d:g:c verhält sich wie 243:162:216:180:240:16®- Das erste Mal hat g den Werth von 24-3, das zweite Mal vo” 240, das erste Mal c den Werth von 162, das zweite Mal vo” 160 Bel weiterer Wiederholung würde man sich immer luehJ' von dem ursprünglichen Werthe der Töne entfernen. Die sogC' nannte Temperatur hilft diesem Ucbelstande dui’ch eine gering® aber dem Gehör urmerklicbe Unreinheit der Töne ab, die Alt' weichung heisst die Schw'cbung. Wenn die Unreinigkeit gleich' fömiig vertheilt w-ird, so heisst die Temperatur glelchschsv®' bend, wenn die Vertheilung ungleichförmig ist iiugleichschAve' bend. Die erstere hat sich als brauchbarci- allgemein in de*’ Musik erhalten. Dagegen der Versuch die Reinheit einzelne*' Töne zwischen den Octaven zu eihalten nui- zum grossem Nach' theil für die übrigen Töne ausfällt. Die Nachtheile der gleich- schwebenden Temperatur sind' dem Gehör nicht merklich, so w-®' nig als überhaupt geringe Abweichungen in der Stimmung eine» Instrumentes auffallen. Wären so kleine Unterschiede dem Gehö*’ bemerkbar, so würde überhaupt die Ausübung 'der reinen Inte*’' valle auf Instrumenten unmöglich seyn, da eine vollkommen rein® Stimmung eines Instmmentes lür den practischen Geh rauch scho» mit den grössten Schtvierigkeiten verbunden Ist. Ausführliche Belehrung über die Tonvechältnissc findet n*®“ in Chladni’s Akustik. Hören und Vorstellcn. Die Unterscheidung der Richtung des Schalls ist kein Ad der Empfindung selbst, sondern des Urtheils, zufolge schon gewoO' neuer Erfahrungen, aber Avegen der Modification des Gehörs nach der Richtung des Schalls versetzt die Vorstellung den schallende*' Körper in eiiie getyisse Richtung. Das einzige sichere Lcitungs- mittel hierbei ist die stärkere Wirkung des Schalles auf eines de*' beiden Ohren. Die Reflexion, die Resonanz, die ungeschwächt® Fortlcitung des Schalls durch die Luft gekrümmter Communica- tionsröhren machen jedoch auch hier vielfache Täuschung möglich- 3. Wahrnehmung des Schalls. JSiachempfinduftg. 479 Öurcli die condensirte Fortleitung des Schalles m lufthaltigen ß^öhren oder durch feste Leiter auf einen fernen Resonanzboden ^ann die Täuivchung entstehen, als wenn der Oit der Entstehung Ende des Rohrs oder im zweiten Fall der Resonanzboden rväre. ferner kann die Richtung des Schalles auch durch ein Ohr er- **»ittelt werden, dadurch, dass dem Kopfe und Ohr eine verschie- *^ene Stellung gegeben wird, wodui'ch die Schallwellen bald senk- i'echt, bald schief auf das Ohr einfallcn müssen. Fallt das erst genannte und das letztere Hülfsmittel der Unterscheidung weg, ‘‘aben beide Ohren eine gleiche Stellung gegen den Ort des Schalls, ^enn er z. B. vor oder hinter uns erregt wird , so haben wir ^ein Mittel zu unterscheiden, ob die Schallwellen von vorne oder hinten kommen, wie aus Ve^turini’s Versuchen (Voigts 2.) und schon aus physicalischen Gesetzen folgt. Die Wellen 'bewirken nicht bloss den verdichtenden Stoss in einer, sondern auch den verdünnenden Stoss in der entgegengesetzten Richtung; Bulgen sich mehrere Wellen auf einander, so wechseln beiderlei '''tosse regelmässig mit einander ab. Würde man auch die Rich- lung des ^Stosses selbst auf den Nerven unterscheiden können, so '‘ätte man doch im zuletzt erwähnten Fall ebenso viel Grund den Schall in die eine, als in die entgegengesetzte Riclituug zu Die Bauchredner benutzen die Unsicherheit der ünterschei- das Rauschen bei der Zusammenziehung der obern Gaumenmus- keln, beim Gähnen, bei der Verdichtung der Luft dei' Trommel und Spannung des Trommelfells, beim Schneutzen^ Lei gewaltsamer weiter Abziehung des Unterkiefers u. s. w. Das Ohrenbraussen von Verstopfung der Eustachischen Trom- pete lässt sich noch nicht hinreichend erklären. Bei Heble findet die individuelle Eigenthümlichkeit statt, dass ein leises Fahren mit dem Finger übei' die Backe, ein Rausche» im Ohr bewirkt. Diess kann von einer Rellexwirkung vom Fa- cialis auf das Gehirn und sofort auf den Acusticus, oder auch Von einer Reflexbewegung der Muskeln der Gehörknöchelchen entstehen. Sy IO p a tli i c en des G cliö i-uer v c n. Reizungen des Gehörnerven können Bew'egimgen und auch Empfindungen in andern Sinnen hervorbringen. Beides geschieht wahrscheinlich nach den Gesetzen der Reflexion durch Vermitte- lung des Gehirns. Ein heRigcr Schall bewirkt bei jedem Men- schen ein Zucken der Aügeidicdcr, bei Nervenschwachen ein Zu- sammenfahren des ganzen Körpers. 1. Phrsicalische Bedingungen des Geruchs, 483 Die Empfindungen nach Gcliöreindriicken sind vorzüglich ^efuhlsempfindungen. Bei Nervenschwachen entsteht auf einen plötzlichen Schall zuweilen eine unangenehine Gefühlsempfindung, ''le von einem electrischen Schlag im ganzen Körper, oder auch "ohl eine Gefühlsempfindung im äussern Ohr. Manches Görausch, "'le das von Reiben des Papiers, von Ritzen in Glas u. dgl., er- Vielen eine unangenehme Empfindung in den Zä|inen, oder ein Rieseln durch den Köqier. , . . • Manchen Menschen soll bei heftigen Tönen der Speichel im '^luiide zusammenfliessen. Mehrere andere hierher gehörende Bei- spiele von Sv-mpaÜiie haben Tiedemasn {Zeitschr. f. Physiol. B. 1. ^•2.) und Lincre a. a. 0. p. 567. gesammelt. Das Gehör kann ferner von vielen Theilen des Körpers aus, '**nientlich aber in Krankheiten des Unterleibs und in fieberhaften ^ffectionen, verändert werden. Auch in diesen Fällen ist die Ver- **>ittelun<^ durch die Centraltheile wahrscheinlich. Veränderungen des Gehörs durch Sinnesempfindungen ande- *'®*‘ Art sind sehr selten. Hierher gehört die oben erwähnte Be- '‘kachtune von Hehle an sich, dass leises Bestreichen der Backe fin Rraussen ira Ohr hei ihm erzeugt. Hin und wieder ist be- kaoptet worden, dass auch Gefühlsnerven der Gehörempfindnng, oder Wenigstens der sfärkeni Leitung der Schallwellen zu dem Orte der ^körempfindung Miig seyen. Eine solche Leitung ist m keinem ^älle wahrscheinlich. Dass hingegen eine Gefühlsempfindung a«rch ^leflexion auf den Gehörnerven wirke, ist selir wahrscheinlich, da *knliche Wechselwirkungen zwischen den anderen Sinnen vor- ^'‘öimen, und das Gehör auch Gefühlsempfindungen hervorruft. Allein die Wirkung einer Gefühlsempfindung auf das Gehör ist ^ässerordentlich selten. _ _ . , i i, - Die Chorda tympäni und der Nervus facialis sind dem Gehör ^*'®»iid und nur in dem letztgenannten Sinne einer Wechselwirkung *W't demselben fähig. III. Abschniit. Vorn Geruchssinn. ■f. Capitel. Von den physicalischen Bedingungen des Geruchs. p. Der Geruchssinn wird in der Regel nur durch materielle ^‘»Wirkungen und entsprechende Veränderungen des Geruchsner- zur Tiiäligkeit gereizt. Wie der Geschmackssinn ist der Ge- •ichsnerve nach Art der materiellen Einwirkung unendlich viel- hestimmbar. r w Die erste Bedingung des Geruchs ist der specifische iilerve. 484 V. Buch. Von den Sinnen. III, Abschn. Vom ' Geruch.'^stnn. dessen materielle Veränderungen in der Form des Geruclis eW' pfunden werden; denn kein anderer Nerve tlieilt diese Empfindung» wenn er aucE von denselben Ursachen J)estimmt wird, und. die- selbe Substanz, welche lür den Geruchsnerven riecht, schroec^^ dem Geschmackssinn und kann dem Gefiihlssinn scharl’, brenucin u. s. w. sein. Dass der Geruch ein Geschmack in die Ferne sei« ,wie Rast sagte, scheint mir nicht richtig. . Die zweite Bedingung des Geruchs ist ein bestimmter Zustan* des Genichsnerven oder eine bestimmte materielle Veränderung desselben durch den Reiz oder das Riechbare. ^ Das Riechbare sind bei den Luftthieren in der Luft äussers fein vertheilte Stoffe, Ausdünstungen der Körper im gasförmig^’" Zustande, oft so subtiler Art, da.ss es kein Reagens für ihre NacU- Weisung, als eben den Geruchsnerven glebt. Bel den Fische" sind die riechbaren Stoffe im Wasser enthalten. Der Mangel ah"' nähern physicallschen Kenntnisse über die Art der VerbreitnOr der Riechstoffe lässt es ungewiss, wie man sieh die Verbreitung dieser StoA'e im Wasser zu denken hat und ob sie so im Wass^* aufgelöst sind, wie ein vom Wasser ahsorhirtes Gas. Die Auf!"' sung dieser Stoffe im Wasser kann natürlich kein Grund sev"» den Fischen den Geruch abzusprechen und in die Nase der Fisch" den Geschmack zu setzen. Denn das Wesentliche der Geruch*' empfindung liegt nicht in der gasförmigen Natur des Riechbarc"j sondern in der specifischen Empfindlichkeit der Riechnerven uu‘ ihrem Unterschied von der specifischen Empfindlichkeit der G®' schmacksnerven. Auch das Riechbare muss sich erst im Schlei'" der Nasenschleimhaut auflösen, ehe es die Geiuchsnerven afficir®*’ kann und dieselbe Art der Verbreitung muss hier stattfinde"» die bei der Vertheilung eines Riechstoffes im Wasser geschehe" mag. Auch ist wieder der Geschmacksnerve nicht allein das flüssige oder feste Schmeckbare empfindlich; auch gasförmig* Stoffe werden zuweilen geschmeckt, wenn sie sich in der Fcuc"' tigkeit der Zunge auflösen, wie die schweflichte Säure und nieh' reres Andere. .Es ist also denkbar, dass ein und dasselbe PrinC'P in dem Genichsnerven und in dem Geschmacksnerven versch'®' dene Empfindungen hervorrufe, in dem einen den Geruch, dem andern den Geschmack. Die Ansicht von Tbevirasus, das* das Geruchsorgan der Luftthiere einer Lunge, dasjenige derFi*®^’*^ einer Kieme zu vergleichen sey, ist zwar im Allgemeinen ein Bild, aber mau darf sich eine Verwandlung der riechbaren Stoö®» die im Wasser aufgelöst sind, in gasförmige vor der Elnwlrkuija auf den Geruchsnerven so wenig vorstellen, als die Riemen nöth'S haben, die im Wasser resorbirten oder aufgelösten Gase in Im' förmige Gase vor der Aufnahme ins Blut zu verwandeln. D®* Zustand, in welchem diese Gase im Blute enthalten sind, ist sch"" ^anz derselbe, in W'elchem sie sich im Wasser befinden. Endli® ’ sind die Geruchsnerven der Fische identisch mit den Geruchs^ nerven aller übrigen Thiere, sie entspringen an denselben Stell®'^ des Gehirns, aus denselben Riechlappen des Gehirns, Lobi olfact" rii, welche mau selbst noch bei den Säugethieren als Geruchsk" ben des Gehirns wahrnimmt. 2. f^om Geruc/tsorgan. 485 Eine weitere Bedingung zum Geruch ist die Befeuchtung der ^asenschleimhaut, denn eben die Feuchtigkeit ist das Vehikel, durch welches die Riechstoffe zunächst bis zum Nerven durchge- Ini trocknen Zustande der Nasenschleimhaut rieclit man gar "'eilt, und schon die Verminderung der Schleimalisonderung im "'steil Stadium des Catarrh’s ist mit Aufliebung oder Vermin- d®>'iing des Geruchs verbunden. Bei den in der Luft lebenden Thieren ist auch eine Strö- "luiig der Riechstoffe durch das Geruebsorgan zum Geruch erfor- dfiHich ; die Athembewegungeii bedingen diesen Impetus der Riech- durch willkührliche Aenderung der Äthembewegungen ha- "«'1 wir auf das Riechen Einfluss, wir unterbrechen den Geruch *^"rch den Stillstand des Atbmens und schärfen ihn durch wieder- ''olte 1 nspirätionen. Bei den das Wasser riechenden Thieren fällt diese Bewegung H''össentheils weg, da ihre Nase in der Regel nicht durchbohrt und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Athem- "*"San steht. Doch findet auch hier ein Ersatz für diese Strömung Denn vermöge der Äthembewegungen der, K.iemendeckel "'■rd beständig ein Strom des Wassers durch deu Mund ein und '^"i'ch die Kiemenöffnung wieder ausgeführt. 11. Capitel. Vom Geruebsorgan. Die Geruchsorgane der wirbellosen Tbiere sind noch wenig '’f^sannt, obgleich viele von ihnen scharf riechen, wie die Schmeiss- *’.‘'^gen, die in faulende Thiersubstanzen ihre Eier legen, und selbst durch den Geruch der Stapelia hirsuta täuschen lassen, hieher gehörigen Beobachtungen über die Geruchsorgane der ^l'ederthiere siehe iii R. AVagner vergl. Anai. 1834. 1. 467. Das bei der Bildung und Abänderung des Geruchsorganes ^"gewandte Princip ist Vermehrung der riechenden Oberflächen kleinen Raume. In dieser Hinsicht sind sich Athernorgane ’"'d Geruchsorgane sehr verwandt. p Bei den Fischen und unter den nackten Amphibien beim "'^teus angiiinus nach Rusconis Entdeckimg geschieht die Ver- "'ehrung der Oberfläche durch Falten der Schleiiiihaut, die ent- '"eder neben einander liegen wie Kiemenblätter, wie bei den Cy- "'Ostomen, oder von einem Mittelpunct radial auslaufen wie beim . oder von einer mittlern Leiste nach 2 Seiten parallel alige- Die Blätter sind oft wieder von Neuem in Büschel, Aeste w. abgetheilt. p Bei den meisten Fischen sind die Nase»Böblen oberflächliche »■ulien, welche den Gaumen nicht durchbohren. Bei Lophius P'scatorius sind es gestielte Glöckchen, in deren Grund sich die befinden. , . . • • . Bei den Cyclostomen sind die Nasenhöhlen in eine vereinigt, , "ß Scheidewand, sie ist mit einer Röhre versehen, die sich auf Oberfläche des Kopfes (Petromyzon, Ammococtes), oder am "'"dern Ende der Schnautze endigt (Myxinoiden). Diese Nasen- 486 V. Buch. Von den Sinnen. III. Abschn. Vom Geruchssinn. röhre ist bei den Myxinoiden sehr lang und mit Rnorpelrlngc" versehen, ganz, so wie die Luftröhre. • r n" Bei den Cyclostomen ist die Nase diirch])ohrt und ein durchbohrt den harten Gaumen. Bei den Petroniyzon ist )®' doch keine Oeffnung im weichen Gaumen, sondern der Nase»' gauinengang geht als blind geendigter Sack durch den harte» Gaumen und liegt zwischen Schädel und Rachenhaut. Auch de» Nasengaumengang der Ammocoetes ist blind geschlossen. D»®®® Apparat dient daher bloss zum Einzichen und Ausspritzen de^ Wassers in und aus der Nase. Bei den Myxinoiden ist dagegen* nicht bloss der harte, sondern auch der weiche Gaumen durc»' bohrt, und hinter der Nasengaumenöffnung liegt bloss eine sege*' artige, rückwärts gerichtete Klappe, welche zur Bewegung »»’ Erneuerung des in der Nase enthaltenen Wassers zu dienen schei» ' Der Spritzapparat der Nase bei den Petromyzon und die b®' w’eglicbe Klappe bei den Myxinoiden scheinen eine nothwendig® Folge der übrigen Organisation dieser Thiere zu seyn. Zum Riech»” ist Bewegung des Mediums gegen die riechende Fläche nothwend‘S» in der Luft riecht man nicht ohne Lirftzug durch die Nase. Im W»*' ser geschieht dieErneueiung der riechbaren Wasserschichten, »”‘ den Kopf, dadurch, dass dasf Wasser zufolge der Athenih»' wegungen zum Munde ein und an den Kiemeuspalten ausströi»»- Bei den Cyclostomen ist auf diese Weise die Erneuerung »e® Whassers in der Nase nicht möglich, wenn sie mit dem saugen. Daher der Spritzapparat der Nase, durch welchen friseh»' Wasser in tlie Nase eingezogen und Jas alte «usgespritzt wii:d- Die Nase der Amphibien ist immer durchbohrt. Bei einig»” Proteiden gebt die Nasengaumenöffnung nicht einmal durch d»*_ Knochen dui'ch, sondern wegen der abortiven Beschaffenheit des n»* im Fleisch liegenden Oberkiefers, durch die Oberlippe, diess *® aber nicht allgemeiner Character der Proteiden; denn beim Axol» ist di,e Nasengaumenöffnung wie gewöhnlich von Knochen begre»* > Auch haben nicht alle Proteiden die der Fischnase ähnlich»” Falten der Nasenschleimhaut, sondern nur der Proteus. Bei rdcn. Es scheint der Natur ziemlich ^eich zu seyn,^ oh sie Räume in den Knochen mit Luft oder Fett füllt, durch Beides ^rden die Knochen dichter, als sie ganz fest seyu wurden. Bei Vö^^eln "vvertleu viele Knochen des Stammes von Luit durch Lunten und des Kopfes durch die Tulia geftillt, heim Men- nur einzelne Kopfknochen, die Zellen des Processus ma- **^oideus und die Nebenhöhlen der Nase. Die Schleimhaut der f’aae auch der Nebenhöhlen zeigt hei allen Thiercn dieWimper- Der^kechanismus der Leitung, der hei verwickelt ist, ist beim Riechen sehr einfach. Die m der Luft *®Wehenden gasfhrinigen, vielleicht auch selbst Rulyeiig fein ^«nheilten Riechstoffe werden durch die Bewegung des Einathmens eineL Strome den Schleimhautflächen zugeüihrt. Auch die ^‘vömende Bewegung der Luft nach aussen tann den Geruch er- ■■'gen wenn es sich um den Geruch von Stollen handelt, die sich den Athemwerkzeugen und Verdauungswerkzeugen nach oben ^''twickeln wie hei der Eructation. Nur die Art wie der Geruch ^«stelcert und gehindert wird, kann hier noch envähnt werden. Wir könneii den Geruch willkiihrlich aulheben, und uns vor ‘l®»’ Empfindung unangenehmer Dünste so lange sichern, als wir '*''5 Einkhmen durch die Nase zu unterbrechen vermopn. . Die Steigerung des Geruchs geschieht durch verstärktes Ein. der riechenden Dünste oder auch schnell wiederholte kleine !>irationen. Beim Spüren wird die Schichte eines Ricchstoftcs «ler Atmosphäre aufgesucht, indem schnell wiederholte Inspira- ^''hsheweeungen in verschiedenen Richtungen gemacht werden, einmal aufgefundene Schichte des Riechstoffes in der Atmos- wird dann auf dieselbe Weise verfolgt und ergmndct. Die ^‘»■ömuns der Riechstoffe kann auch durch den Wind hegnnsügt 'Werden. Ohne zu spüren sollen Pflanzeulresser hierdurch [oft fern entwickelten Riechstoffe wittern. Ausser dem Geruch findet in der Nase auch Gefühl durc Nasenzweige vom 1. und 2. Ast des Irigemi.uis statt. Dah n die Empfindung der Kälte, Wärme, des Juckens Ki zels, ^*=^merzes, der Gefühlsmodus des Druckes in der Nase. niJht den Gernchsnerven ersetzen können, sicht man dciit ich Denjenigen, die gar keinen derueb, aber eine sehr gute ze u i s- "«ipfindung in der Nase haben. VergL oben ß.L 3, Avfl. p. /81. Phy&iologte. 2r Rd* 488 F.' Buch. Von den Sinnen. III. Mschn. Vom Geruch.'iSinn- I Bei iiiiinclicm ])iinsllöniiigi!ii ist es sclivver 'die (lung von der Gcriiclisempfindiing zu trennen luid was jeder ' Beiden gehört zu ermitteln, wie Lei der Empfindung Dünste, des Ämmoniakgascs, Meerrettigs, Senfes u. s. W. Die Empfindungen liaLen viel Aelinliclikeit mit den Gefühlsemp*'^^ düngen, Besonders wenn man Bedenkt, dass diese scharfen Duß® einigerraassen ähnlich auf die Schleimhaut der Augcnlicder III. Gapilel. Von der Wirkung der Geruchsnervem Die Fähigkeiten der Tliierc zu verschiedenen Gerüchen s'Vjj nicht gleich, und es muss von den Kräften der centralen Thci des Gci’uchsappai'utcs ahhängen, dass die Welt der Gerüche eiO®^ Pflanzenfressers eine ganz andere als die eines Fleischfressers J'’ ' Die fleischfressenden Thicre sind mit dem schärfsten Geruch Ü* specilische Eigcnthümlichkelteu Ihierischcr Stolle, für das AusW' tern der Spur hegaht, haben aber keine merkliche Empfmdlichke* für den Geruch der Pflanzen, derBlmnen. Der Mensch steht in Beziehung auf die Schärfe des Geruchs weit unter den Fleiseä' f'ressern, aber seine Geruchswelt ist mehr gleichartig ausgebild® j Was Beim Gefühlssinn das Schmerzhafte, heim Gesichtssinn''^ das Blendende und die Disharmonie der Farben, heim Gehürsi"^ die Dissonanz, ist Beim Geruchssinn der Gestank, der Gegeos« ^ des Wohlgeruchs. Die Ursachen dieses Unterschiedes sind kannt, aber gewiss, dass Gestank und Geruch in der Thiei'We^ relativ sind, denn in dem uns Uebelriechcnden treiben viele ThiC' ihr Wesen. Ja seihst die Menschen zeigen sich darin sehr soBieden. Manche Wohlgerüche sind einigen unausstehlich, Branntes Horn riecht manchen übel, anderen gut, ohne dass ein"* im letzten Fall hysterisch zu scyn liraucht. Mehreren riecht B"' seda nicht sehr suhlim und mehr krautartig, wie BlumekdAch a"' führt und auch ich Bin in diesem Fall. Dass niancBe Gerüc"^ unter sieh in einem Gegensatz stehen, Avie hei den Farben i"’* Tönen, dass cs auch hier Consonanzen und Dissonanzen gebe, zwar nicht im Einzelnen bekannt, aber sehr wahrscheinlich, '* bei dem Geschmackssinn dasselbe gewiss ist. Auch die ISacheiii' pfindungen sind vom Geruchssinn nicht Bekannt, obgleich scBavC' lieh fehlend. Eine reine Beobachtung ist schv^er, und der " sehr lange in der Nase verharrende cadaveröse Geruch nach Sec- tionen kann nicht für einen Beweis der Nachempfindungen geh*''' ten werden, da er wahrscheinlich objectiv ist, von Auflösung d"* Riechstoffs in dem Schleim. . Die suhjectiven Gerüche ohne oh jective Riechstoffe sind noc wenig bekannt. Auflösungen von Stoßen die nicht riechen, von Salzen, in die Nase gespritzt, bewirkten keinen Geruch. A^"** weiss, dass das Reiben der electrischen Maschi.ie einen phosphO' rigen Geruch erregt. Ritter heohachtetc hei Anwendung de* Galvanismus auf das Geruchsorgan am negativen Pol, ausser de)"- Drang zum Niesen und dem Ritzel, einen- Geruch wie von Aru- moniak, am positiA'en Pol einen sauren Geruch, beide Wirkung^* IV. /JLtrJmilt. Vom Geschmackssinn.- 4S9 '"eiten Leim eesclilossen seyn der Kette an, und Odl- “"ng derselbe^!! in die entgegengesetzten über. Mancbe riechen '“ft et^yas Specifiscbcs, was doch niclit da ist und was Andere mclit ^'ecben können; bei ncrvenreizburen Menschen kommt dieses otl ''"b aber es ereignet sich auch liei jedem Menschen. bei einem Manne, der immer einen Übeln Geruch emphiiulcn l'ätte, fanden Culleriek und Maignault die Aracbnoidea mit Ver- »nöcherunsien besetzt und in der Mitte der Hemisphären des Gc- ''*>'118 scrophulöse in Eiterung übergegangene ba'g«" Dubois hatte «'non Mann gekannt, der nach einem Falle vom Pferde mehrere '«'‘re bis zmn Tode einen clit von PxBizzA, Bischoff u. A. über diesen Punet verwease ich das früher mitgetbeilte und Bischoff im encyclop. Worierb med Wissensch. R. Wagher tritt aus physio ogischen und ‘»''atomischen Gründen der Theorie von Tawizza hei (Fboriep s 1837 -ZV. 75.), ebenso Vai-ektis und Brubs Versuchen zu- ‘;lge, während die Versuche von Korbfecd, und ^hsicht nicht günstig sind. Vergl. MuEi.t.. .-/rcÄ. 18.18. '^ai.eht. ReneH. 18.37. 221. \aeestims Versuche betrachte ich ‘''eilt als entschieden zum Vortheil jener Theorie sprecliend, da '‘ergehn Ta^e nach der Durchsclineidung des Glossopharyogeus S Thier vvieder anfangen soll zu schmecken. Dieser Zeitraum so kurz, dass cs gerade hierdurch walirscheinlich wird, dass Thiere den Geschmack nicht verloren hatten. Alcocic’s Ver- *“01,6 ihond. med. gaz. 1836. Noo.) hatten kein ganz entsdnedc- «a* Resultat. Der Geschmack für Bitteres war n««’' ' *'=*vneidung des Glossopharyngeus verloren, nach ® " '^5 nämlich nach Zerstörung des Quiiitus der Geschmack verlo- fen „eht wie in den Beohachtmigen von Parrv, Rishop ui u ^^omoerg voTiiegt. Druck einer Geschwulst auf den N. hiigual.s '^'■»chte Verlust^ des ■ Geschmacks hervor. Siehe Mueu.. |834. 13-2. und Romberg iii Muell. Jrchiy. 1838. 3. UejG ni !?hteru Fall war liei einer Person, die aui j’, ^'«'Se nicht schmeckte mul nicht fühlte, der Anlang des Inttcn *•4 dS “ne iianc Gnsclnvul.l v.rinnkvl, der GI«..opl«.r,n. Ä" ler’TIinsualii der Ua»pl§cscLm.eksi.crv,! der ^'"S” ich aus den Versuchen von Magendie, Gubet, Korniei-d "«d mir, so wie aus den pathologischen Beobachtungen von 1 arbi, ^HOP und Romberg ei-w.esen, nicht aber lür 1' ’ j ■ glossophan'ngcus ohne Anthcil am Geschmack am hintei - {» Zunge ?nd in den F»«e«. i.U R»;;!«»'-- {"".f ^«'pfmching des Eckels zw, wodiudi der Liiigang^ni das \cidau- "ngssyslem geschützt wird. Capitel. Vom, Geschmack und von den Wirkungen der G c s c h m a c k s 11 e r V c 11. Eine Theorie der verschiedenen Geschmacks Wirkungen ist '«llends unmöglich. Das Qualitative des Geschmacks an sich, 492 V. Buch. Von den Sinnen. UI. Abschn. Vom Geschmackssinn wie weit er von Gerucli. Gefiilii, Gesiclit, Ton verschieclcn, hier, wie in allen Sinnen ein Unerkliirlielies. Das VVesen Blauen als Empfmclung lässt sich nicht übersetzen, es kann empfunden werden und man muss dahei stehen bleiben , dass eine Eigenschaft der specilisclicn Nerven ist, dass der . A,- sieht, der andere Schall hört, der aiulerc riecht u. s. w. die Ursachen der Unterschiede mehrerer Empfindungen, ein und derselbe Nerve fällig ist, lassen sieb wohl aullinden, ' , es beim Gesicht, Gehör auch geschehen ist. Man weiss, dass eine Ton von dem andern durch die Zahl derStösse ist, dass bei den farbigen Eindrücken eine verschiedene Zah Wellen in gleicher Zeit stattliiulct. Beim Geschmack, *. beim Gerucli sind wir weit von eber solchen Theorie entb»’" j Bellini wandte die alte Ansicht von der verschieden Form tler kleinsten Tbcllchen der Körper zur Erklärung der schiedenen Geschmäcke an, eine Ansicht, wogegen sich theoreti» Nichts einwenden lässt, die aber nicht bewiesen vv’erden ban^^ Zur Zeit, wo man Alles aus cheniisehcn Polaritäten erklärte, auch die Anwendung der Polaritäten auf das Geschmacksorg-' geläufig. . ^ Ausser dem Gesclimuck empfindet die /unge durch dns . fühl sehr fein und. richtig, wie Wärme und Kälte, Kd* ’ Schmerz, Druck und dadurch Form 'der Olierflächen. j Die' Gefühlsempllndung kann in der Zunge seyn, "ähre der Geschmack bleibt und umgekehrt. Siehe Muell. Aren. 1 p. 1.39. Hieraus wird es wahrscheinlich , dass die Leiter beiderlei Empfindungen, wie in uer Nase, nicht dieselben Begreiflicher Weise könnten in einem Nervenstamm Fasei'i» ' sehr verschiedenen cjualilativcn Eigenschaften enthalten seyn. Aus den schon mitgetheiltcn Thatsachen geht hervor, der N. lingualls 1 rsache von Geschmacksempfindungen ist, die lebhaften Schmerzensäusserungen beim Durchschneiden j. Nerven beweisen augenscheinlich', dass er auch Gelühlsncrve < Zunge ist. Auch dem N. hypoglossus kömmt ausser seiner rischen Eigenschaa Gefühl zu. Siehe oben B. I. 3. Aull. p. b” ' Da viele Substanzen während sie geschmeckt werden a"^^ riechen, ,so ist der Gesaimuteindruck derselben für die Vorstclln'hj oft mehr oder wenig vermischt. Durch Zuhalten der sich aber in solchen Fällen ermitteln, was dem Geruch angcho Manche feine Weine verlieren sehr viel von ihrer irkuug, man beim Trinken die Nase zuhält. Nach den Versuchen von Hobn {Ueber den Geschmac des Menschen. Heidelberg 1825.) scheinen nicht alle Substau^^^^ auf den verschiedenen Papillen der Zunge gleich zu .schmec eine Ansicht, worauf besonders auch die von dem ersten Geschniä olt verschiedenen Nachgeschmäcke zii führen scheinen, lloas Versuche mit einer Menge von Suhstaiizcn angcstellt, " gleich schmeckten in allen Regionen des Geschniacksorganes, t sehr verschieden schmeckten, in der Gegend der Papillae li i « mes und Papillae vallatae. In Hinsicht des Einzelnen verweise ' auf die Abhandlung. / I 3. Von den JVtrkonsen der Geschmacksneroen. 493 Die Nacl.emp(iiulu»geii sind beim Geschmack sehr deutlich "«il oft lanoe dauernd, das Schmecken einer Substanz veran- den Geschmack einer andern. Wenn Sekaut habe, so schmeckt mir nachher Milch und Calle - ««'lieh- der Geschmack des Süssen verdirbt den Geschmack ties ^^ciiies der Geschmack des Käses erhöht ihn. Es ist also wie den^ Farben , wovon eine die Emplindung der ihr entgegen- 8«sctzten oder comnlcmentärcii erhöht. Doch ist es noc i wie i Seluiiaea die Gegensätze der Geschmäckc unter allgemeinen 1 nn- «ipien wio bei den Farben aufzulassen; aber die Kochkunst bci.ulzt '*'e Cousonauzen in der Folge und Verbindung der Gcscbmackc ''«>1 jeher nractisch, glelchuic die Malerei und Musik die Grund- »Htze der liannonic practiscb angewandt haben, ohne das Gesetz hebe zu kennen. , . , Häufige Wiederholung dessellicn Geschmacks hintercinaiuler *^U'iipft ihn immer mehr ab, so wie eine Farbe um so schmutzi- ^«r erscheint, je länger sie betrachtet wird. Kann m»« “ätidenen Augen zwar im Anlaiig weisscn und rotben Wem un- ^«»•scheiden, so verliert man doch bald diese Fähigkeit, wenn man '‘‘ter den einen und andern proliirt, w ie man leicht ci iahren kann. , Kommen die scbrncckbarcn Substanzen nur '^terfläche des Organes in Berührung, ohne daraui herum bc- "Cgt zu IV erden, so werden sie olt sehr undeutlich, zu c » "'Hit neschiiieckt. Dagegen wird der Geschmack gesch.iifl duicli 'Jiededioltcs Andrücken, lleiben und Bewegen '^•Jhstanz zwischen Gaumen und Zunge. Entw-eder ist '"it Impetus verbpndene Eindruck stärker, wie beim Geruch odei ;‘i«ThLache hängt von der schnellen Abslumpiung der sclnnek- '^e>iden Theilchen ab, so dass die Bewegung nothig ist, «as ?"kmcckbare auf immer neue, noch frische oder unermudete ^'»‘Hlchen des Nerven zu bringen. Eine Wechselwirkung von i ^'öeriseben, sich berührenden Oberflächen , die ""nahm, ist deswegen ganz unwahrscheinlich, weil die Reibung 'j"nselben Erfolg hat, wenn die schmeckbare Substanz auf a - '^"‘•e Art auf der Zunge bewegt 'wird, ohne dass die Zu j, ^’ättmen berührt. , . , i i Ai.c Die subjectiven Geschmäcke sind noch wenig bekhiml. A - der Emplindung des Eckels von mechanischer ^'Uiii.enwurzcl und des (laumensegels gehöit iier lei i le ""geführte Beobachtung von Uetii.E von Geschmacksempfnidiin ^•^rch einen feinen Strom der Imft und die Empfiiiclung des sau- "Hichen und alkalischen Geschiiiaeks bei der Belegung der Zu. e zwei heterogene Metalle die kettenart.g verbunden weiden der Erklärung dieser Ersclieinung durch Zersetzun d^ fPrichelsalze entgegnen zu stehen scheint, wurde bereits obei. ü '• 3. Ällfl. fi-Mt n Aufl. 629. angeführt. r o,.,|,„iack Auch eine Veränderung des Blutes scheint jes Wirken, so wie narkotische Stoffe im Blut Verand o Sehens, Flimmern vor den Augen u. dgl. Ijewirken. i ^'>rl die Beobachtung von Magendie, dass Hunde, d '■‘s Blut iujicirt worden, mit der, Zunge sich das Maul zu lecken 494 V. Buch. Von den Sinnen. V. Abschn. Vom Gefühlssinn. pflegen. Veränderungen des Gescliniacks und eigenthiimliclie G® Schmacke von innerer Veränderung der Nerverr sind wahrschen'^ lieh, aber schwer von denjenigen Geschmäcken zu trennen, * von ohjectiven Ursaclien ausser der Zunge, näinlicb durch Ver ändernngen in dem Mundscldeim entstehen. K. Abschnitt. V om G efül) Issi an. Der Gefühlssinn hat eine viel grössere Ausdehnung als die übn gen Sinne; "alle Theile, in welchen die Empfindung von der Gege"' wart eines Reizes, als einfaches Gefühl bis zu den Modificationen d® Schmerzes und der Wollust,,und die Empfindungen der Wärme un Kälte möglich sind, gehören diesem Sinne an. Die äusseren ur* Sachen, welche diese' Empfindung erregen, sind mechanische che- mische, elcctrische Einwirkungen und Ternperaturveränderung®^' Diese Empfindungen dehnen sich aber über das ganze animalisc und organische System aus, obgleich die Schärfe derselben in d®® verschiedenen Theilen äusserst verschieden ist. Selbst in diC Si® nesorgane anderer Sinne dringt der Gefühlssinn ein, wo er da®® durch andere Nerven als die. specifischeri Nerven der Sinnesorga® bedingt wird, so ist Gefühlsempfindung am Auge, im Ohr, in d®* Nase, im Geschinacksorgnn. Die Nerven der Gefühlsempfindung®® sind die mit Knoten an ihrem Ursprung versehenen hintern Wur- zeln der Nerven des Vertebral- oder Spinalsystems, wozu z®®' Theil Gehirnnerveu und alle Rückenmarksnerven gehören. D'® sensoriellen Fäden, ans welchen diese hinlern ?nit einem Knote® versehenen Wurzeln bestehen, gehen grössten Theils io die Ji®®' ven des animalischen Systems, zum kleinen Theil in die des oT' gallischen Systems ein, in ersteren die lebhafte, in letzteren di dunkle und wenig scharfe Gefühlsempßndung bedingend. Da* sogenannte Gemeingefühl ist nichts Eigenthümliches, sondern «ui das Gefühl in den innern Theilen, dessen Modus im krankhafte® Zustande von der Müdigkeit bis zum Schmerz, und im gesunde» von dem Gefühl des Behagens bis zur Wollust und zum Kitz® unendlicher Modificationen fähig ist. Ausbreitung; des Gclülils, Gc£ü.hlsorg?»iic. ♦ Das Tastgefühl ist dem Wesen nach nicht von der Gefühl* empfinduug verschieden, der Unterschied liegt nur . in der Bez<®' hung des mit dein Gefühl versehenen Organes zur Aussenwe ^ Gefiihlsorgane. Gefiiidsnerven. Relative Empfindlichkeit. 495 wüd er noch geeigneter, wenn er fein unterscheidet und beweg- l'chist. Tastwerkzenge sind dem zu Folge die ganze Haut, besonders die Hände, die Zunge, die Lippen, namentlich bei den Katzen “nd Seehunden, wo sie mit Tasthaaren versehen sind, die einen ®Oipfindlichen und nervenreichen Reim haben, die Nase bei den '«•t einem Rüssel versehenen Thieren, die Tentakeln der Mollus- •^«0, die Antennen und Palpen der Insecten, die fingerförmigen f’ortsätze an den Brnstllossen der Triglen, deren Nerven sogar 'on einer Reibe von eigenen Läppen oder Anschwellungen des Rückenmarks enUpringen. r , , In der Hant ist das zum Tasten ausgebildete Gefuhlsorgan, der Papillarkörper, kleine mit der Loupe zu sehende Unebenheit ‘en der Oberfläche, weiche von dem Rete Malpighii seheidenartig Redeckt sind und in welchen sich die Nerven endigen. Siehe Rreschet und Roussei. de Vauzeme Am. d. sc. nat. 1834. T. 1. P- 167. Ausführlichere Erörterungen über die Tastwerkzeuge gehören die vergleichende Anatomie. Die mit Gefühl versehenen Theile sind gewisse Regionen der •^entralorgane des Nervensystems selbst,, die Vertebralnerven oder Nerven des Spinalsystems und die meisten Organe durch diese. In den Centralorganen giebt es solche Theile, welche ohne alle R*npfindliohkeit zu seyn scheinen, wie die Oberfläche der Hemipha- •■en, deren Verletzlichkeit ohne Empfindung in zahlreichen Ertah- »■«»nsen hei Menschen und Thieren vorliegt. In Fällen, wo nach RoA’verletzungen bei bewussten Menschen, theilweise zerstörte »od vorgefallene Theile der Oberfläche des Gehirns von dem “Rrigen getrennt werden mussten, ist dieses ohne alles Gefühl ^■^d Bewusstseyn geschehen. . , , , Andere Theile der Centralorgane hingegen sind lebhafter Ern- Pfindungen fähig. Diese Empfindungen sind aber nicht überall ^cfüblsempfindungeni Die Centraltheile des Gesichtssinnes bewirken gereizt Licht- ^iipfindungen. Man weiss aus alten Erfahrungen, dass Druck “»»l das Gehirn bei Menschen ein Sehen von Lichtern und Blitzen Rervorbrachte. Doch giebt es auch Theile des Gehirns, welche ^er gewöhnlichen Gefühlsempfindungen fähig sind. Obgleich man- ^Res' Kopfweh nur Gefühl in den Nerven der äussern Bedeckun- i,st so ist doch die Möglichkeit der Geluhlsempfindnng, z. B. Drucks und des Schmerzes auch im Gehirn möglich, wie in den Erfahrungen von chronischen Gebirnkrankheiten vorliegt, wo der Kranke ein mehr oder weniger deutliches Gefühl hatte von dein Orte einer Veränderung. Siehe Nasse über Geschwülste im fehlen p. 26., in Abercrombie über die Krankheiten des Gehirns, ^ersetzt von De BlOis. Bonn. 1821. Im Spinallheil des Gehirns und im Rückenmark kommen R'^'ue anderen Empfindungen als Gefühlsempfiiidungen vor. Diese R-napünduiigen werden Iheils an dem Orte ihres objecliven Sitzes, nämlich in der Mitte des Rückens, theils abei' auch in den äus- '■crn Theilen, zu welchen die Rückenmarksncrveu hingeben, ge- flililt, als Schmerzen, Ameisenlaufen.' Die letztem kommen zu- 496 V. Buch. Von den Sinnen. V. Ahschn. Vom Gefiihlssirm. weilen ohne alle örtliche Empfindung im Rücken selbst vor und die erstereii wieder zuweilen ohne jene. Die Ursache dieses mer würdigen Vei’hältnisses ist unbekannt. ^ . • Die Gesetze, welche für die Empfindung in den Nerven Reizung derselben gelten, können hier übergangen werden, “ alles dahin Gehörige schon in der Physik der Nerven mitgethei ^ Wir haben es daher hier zuletzt nur mit den Gefühlsei«- pfmdungeu zu thun, welche von den peripherischen Endigunge” der Nerven aus erregt werden. r Ganz unempfindlich sind das Horn- und Zahngewebe bis a ^ ihre Keime, zu welchen Nerven gleich wie Gefasse hingehen. Stumpfwerden der Zähne von Säuren muss daher als eine ction des Zahnkeimes angesehen werden; hei der röhrigen Bildung der Zahnsuhstanz lässt sich indess eine Fortleitung der Sänt durch die capillaren Röhren des Zahnes zum Reime leicht eiU' sehen, mag die Säure nun an dem vom Schmelze unbedeckten Theil des Zahnes oder dui-ch die häufigen Risse des Schmelze’ einwirken. r- r d An den Sehnen, Knorpeln und Knochen fehlt die Empbou- lichkeit im gesunden Zustande, wie Haller in zahlreichen Versu- chen bewies. Auch die Beinhaut der Knochen ist nach diesci Versuchen unempfindlich. Die Dura mater scheint eineAusnaifU zu machen. Es ist wenigstens gewiss, dass die Dura mater Ner- ven besitzt. Siebe oben B. I. 3. Äufl. p. 764. In Krankheiten kön- nen die Knochen sehr schmerzhaft werden, so wie auch die von N. sympathicus versehenen schwacli empfindlichen Organe u chylopoelischen Systems in Krankheiten sehr schmerzhaft werden- In Hinsicht der zahlreichen Versuche über diesen Gegenstau muss ich auf Haller’s Zusammenstellung verweisen. -Haller phyxiol. IV. p. 271 — 289. . ln den Muskeln ist die Empfindlichkeit viel geringer als ‘ der äussern Haut, wie man beim Durchstechen der Haut u*' Muskeln mit einer Nadel sieht. In der Haut seihst zeigt sici eine grosse Verschiedenheit, wahrscheinlich ji? nach der Zahl de^ Nervenfasern, die sich in den verschiedenen Hautthcilen ausbrci- ten. Die hierher gehörenden, von E. H. W’ereb entdeckten Tba- saciien sind bereits oben B. I. 3. Aufl. p. 711. milgetlieilt. A‘> denselben Stellen der Haut, wo eine geringe Entfernung zwd ^ gereizter l^uncte wahrgenommen wird, werden nach Beobachtungen auch die Unterschiede der Temperatur und Gewichte aufgelegter Körper am sichersten unterschieden. die Grösse eines Gewichtes wurde an diesen Stellen stärker er pfunden, und ein auf der Volarlläche des Fingers aufgeleg^^. Gewicht erschien grösser als der Druck desselben ‘j die Haut der Stirn, ln den Schleiirdiäuten ist die Empfindli^^^^ keit sehr gross, so weit sie dem respiratorischen System, den nesorgaiien und den Gesehlechtstheilen augehören und von ao malischen Nerven abhängen, sehr viel geringer in intcstinalis, dessen Empfindlichkeit hingegen im krankhaften Stande zu de.m höchsten Grade sich steigern kann. Das aiiss Modi des Gefühls 497 '»«d innere llautsystein unterscheiden sich in Hinsicht der Art Empfindungen noch darin, dass die aus inneren Ursachen ®'ntretende und in Rückcnuiarksafl'ectionen liäufige subjectiye Em- Pdndung der Forrnication nur in der äussern Haut, nicht in den Schleimhäuten vorzukommen scheint. Modi oder Eiiergiecn des Gefülils. Der Modus der Gefühlscmpfindungen ist , so eigenthümlich, '^•e in irgend einem 'Sinnesorgane. Die Art, wie das Gefiihl bei der leisesten Allection bis zur heftigsten die Gegenwart eines Geizes anzeigt, ist hier weder Ton,, noch Licht und Farben. s.w., Sondern eben das unbeschreibliche, das man Gefühl nennt, «essen ''lodilicationen oft nur von der Ausdehnung der aflicirten Theile ''hhäneen. Das stechende Gefühl z. B. zeigt die Affection beschränk- ter Theilchen in heftiger Art, das drückende eine geringere Af- tcction in grösserer Ausdehnung und Tiefe an. Der letztere Um- stand untei^cheidet das Gefiihl des Drucks von dem Gefühl der hlossen Berührung. Die Empfindung des Stosses oder Schlages entsteht durch eine plötzliche Veränderung des Zustandes der Nerven von aussen oder innen, durch den mechanischen Einfluss eines Körpers, oder auch durch Störung des electrischen Gleichgewichts. Auch eine vom Gehirn aus bewirkte plötzliche Strömung des Nervenpr.ncips im Erschrecken kann als Schlag oder Stoss gefüh.t werden. Der Modus dieser Empfindung hängt also durchaus nicht von der ‘Mechanischen Wirkung eines Körpers ab. ... Eine schnelle Wiederholung von Stössen bewirkt in einigen andern Sinnen eigenthümliche Empfindungen, deren Qualität von der Zeitfolge der' Stösse abhängt, wie beim Gehörsinn und wie Os scheint auch beim Gesichtssinne. Diese Art der Reizung hat '■ingegen gar keinen Erfolg beim Geruchs- und Geschmackssinne, ^ie verhält sicli in dieser Hinsicht der Gefühlssinn? Eine schnelle Folge von gleichen Stössen, -uie sie zur Em- pfindung eines Tones nöthig sind, wird vom Gefiihlssinne als Schwirren empfunden. So fühlt man nicht bloss die Resonanz oines festen Körpers, sondern auch einen im Wasser erregten ■Pon , wenn man mit der Hand einen festen Körper, ein Stück Molz ins Wasser hält. Ist die Empfindung der Schwingungen stärker, und findet sie an reizbaren Thcilen, wie an den Lippen statt so kann sie den Gesammtausdruck des Kitzels haben, wie tvenn man eine schwingende Stimmgabel der Lippe nähert. Die- äolhe Empfindung entsteht leicht an der Zunge durch Schwiii- Smigen. Diess könnte auf die Vermuthung führen, dass auch bei *^011 anderweitig entstandenen Empfindungen des Kitzels von ‘■'ihrung, Schaukeln u. A. und der dem Kitzel nahe verwaiKlten Wollust Schwingungen des Nervenpriiicips seihst in den Nerven mit bestimmter Geschwindigkeit stattlindcn. Die Lmphndting *^05 Kitzels und der Wollust ist in allen dem Gelühl überhaupt Hnterworfcneii Thcilen des Körpers möglich, am heltigstcn in 498 V. Buch. Von den Sinnen. V. Abschn. Vom Gefühlssinn. den Genitalien, geringer in der weibliclien Bru$t, in den LippG”? in der Haut und in den Muskeln. , „ a ApU Die Empfindung des Schmerzes scheint durch die der Gefuhlserregung bestimmt zu seyn. Das Gefühl der Wärme und Kälte entsteht am leichtes', durch Veränderung des Zustandes der Materie in den thierischen Theilen, vermöge der physiealischen Wärme, aber oft auch en steht das Gefühl der Wärme und Kälte, wo sie mittelst des Ther- mometers nicht nachweisbar sind, durch eine Verstimmung den Nerven, und die plötzliche Empfindung der grössten KaU und der Verbrennunc scheinen sich sehr ähnlich zu seyn. Bei der Vergleichung der Temperaturen ungleicher Med'e' durch das Gefühl kömmt übrigens auch die Mittbeilungsfäbigke' der Körper für die physicalischc Wärme in Betracht. Dieseln Temperatur wirkt sehr viel stärker auf unsere Haut, und wir viel wärmer gefühlt, wepn es Wasser als wenn es Luft ist. K*'- tes Wasser ei-scheiut auch kälter als Luit von derselben Tempe- ratur, weil das Wasser die Wärme unserem Körper schnelle'' entzieht. Gefühl, und 'Vo is t eil un g. Eine Gefühlsempfindung wird immer dann bewusst, wen'' das Sensorium commune darauf aufmerksam ist. Ohne diese In- tention kann der organische Vorgang der Empfindung vorbandeii seyn, aber sie wird nicht bemerkt. Durch die Intention der Vor- stellung erhält eine Gefühlsempfindung auch grössere Schärfe und Intention. Eine schmerzhafte Empfindung ist um so schmerzhafter, je mehr sich die AufiAerksamkeit darauf richtet. Eine an sich unbedeutende Empfindung kann auch durch die Vorstellung eine sehr lästige Dauer erhallen, w'ie die Empfindung des Juckens an einer ganz beschränkten Stelle der Haut. Wenn Jemand ben» Sprechen Theilchen Speichel iimherspritzt. die uns im Gesichte treffen so wird die Empfindung davon durch die Vorstellung des Speichels sehr gesteigert und dadurch langwierig. Durch die Mitwirkung der Vorstellung und den Gebrauch der schou gewonnenen Erfahrungen kommen wir dahin, das Ei»- pfundene bald in uns, »bald ausser uns zu setzen. An und für sich kann man nur den in den Nerven vorhandenen Zustand emph"' den, mag er vou aussen oder innen erregt seyn. Fühlen wir et- was an, so fühlen wir nicht das äussere Ding selbst, sondern niii die Hand, welche das Ding berührt, die Voi-stellung der änsseiu Ursache bewirkt, dass wir das Empfundene den Körper selhs nennen. Wie die Vorstellung von der Aussenwelt als dem eige- nen Körper entgegengesetzt zuerst erworben werde, ist schon oben p. 355. auseinander gesetzt. Vorstellung von fühlbaren Ge- «enständen beruht in letzter Instanz auf der Möglichkeit, die ver- schiedenen Theile unseres Körpers als räumlich verschieden zu unterscheiden. Diese Unterscheidung wird durch den Gebrauci des Sinnes lebhafter und sicherer. Sie erlangt bei dem Erwach- senen einen solchen Grad von Gewissheit, dass wir selbst bei e'- 499 Gefühl und ßeivegung n«r cezwuneenen Lageveränderung unserer Rörpertheile, wem, "ir (licht auf diese Lageveränderung aufmerksam sind, uns die Gefühle dieser Theile in der relativen Ordnung vorstellen, ’*'e fühlenden Theile im naturgemässen Zustande haben, .uaner schon Aristoteles bekannte Erfahrung, dass ein *wisc en *wei übereinandergeleglcn Fingern derselben Hand rollen es u- Relchen wie zwei entgegengesetzte Kugelfläcben,^ die verschie e- "sii Rueeln anzugebören scheinen, empfunden wird. Die Ausdehnung einer Gefiihlsempfmdung über eine grosse öl*e, -fläche erscheint der Vorstellung cetens paribus als intensi- verer Eindruck, als wenn nur ein kleiner The.l diese Empin, düng ■'at. Weber tühlte waimes Wasser mit der ganzen dann getauchten fland wärmer, als wärmeres Wasser, iii das er nur einen Finger Jer andern Hand getautjht halte. Aehnhchc Erfahrungen macht •bau beim Baden in warmem und kaltem Wasser. Da jede Empfindung mit einer Vorstellung verbunden ist V'äd eine Vorstellung zurücklässt, welche reprodneirt werden kann, *0 kann auch eine Vorstellung von einer Empfindung mit einer "irklichen Empfindung verglichen werden. So iuhlen wir ein Gewicht schwerer odeV leichter, als ein anderes, welches wir Vorher empfunden haben, und wovon wir zur Zeü des 1 «hlens zweiten Gewichtes nur noch die Vorstellung a en. ' . ' ^eber konnte sogar den Unterschied zweier Gewichte oder zweier Temperaturen deutlicher wahrnehmen, wenn er sie nach einande, «-.Xd ak wenn sie zu gleicher Zeit von vepchiedenen Händen «4tunden wurden. Die Fähigkeit der Vergleichung verliert sich «•»er mehr und mehr, je mehr Zeit zwischen der ersten um '•'Veiten Empfindung verstreicht. Gefühl und Bewegung. Ein gewisser Grad von Gefühlsempfindung ist auch den Mus- '^eln eigen, bei krankhafter Affection der Muskelnerven kann er gesteigert seyn. Diese Empfindung stellt niclU immer in SeradLi Verhältniss mit der Zusammenziehiing der ^uslvebi und '.«''on daraus ist es wahrscheiulich, dass es nicht derselbe Act in '^—selben Nervenfasern ist, welcher die Bewegung und die Lm- P''ndung in den Muskeln hervorruft. So z< B. kann die Em- P^'-dung von Rrampf der Wadenmuskeln sehr heftig und die ^-vvegung dabei äusserst gering seyn. Dasselbe beobachtet man *-Weilen' in dem Musculus digastricus maxillae inferior is beim ^-'men. Bei einer Disposition zu wiederholtem Gähnen tritt zn- S'-ilei, nach eiqem sehr heftigen Gähnen ein Rrampf im vordem ^--h jenes Muskels ein, der äusserst schmerzhaft die Bewegung des Gähnens schon aufgehort und die krampt- •'-fte Bewegung ist viel geringer, als sie während des Gähnens war. Die Empfindung der Zusamraenziehung in den Muskeln mact geschickt, die Rraft der Muskeln beim Widerstand gegen Druck --d beim Heben der Gewichte zu vergleichen. Diese Emp m ung -V Gewichte ist nach Weber schärfer als die ihres emfac en ru Nach E. H. Weber nimmt man eine zwischen zwei Gewichten 500 y. Burh. Von den Sinnen. V. Abschn. Vom Gejlildsslnn. stattfindende Gewicfitsverscbiedenheit nocli dann wahr, wenn der Unterschied auch mir oder j-'g- des einen Gewichtes beträgt. Hier- liei kömmt es nicht aut' die absolute, sondern auf die relative Grösse des Gewichtsunterschiedes an. Es ist übrigens nicht ganz gewJS*> ob die Vorstellung von der angewandten Kraft der Mnskelznsani' menziehung allein von der Empfindung abhängig ist. SWt haben eine sehr sichere Vorstellung und Vorausbestimmung von de^ Mass der vom Gehirn ausgehenden JVervenwirkung, welche nötbig ist, um einen gewissen Grad der Bewegung hervorzubringen. E*n Gefass, dessen Inhalt wir nicht kennen, heben wir mit einen» Mass von Kraft, die nach einer blossen Vorstellung voraus be- stimmt und gemessen wird. War zufällig ein sehr schwerer In- halt, z. B. Quecksilber darin, so entfällt uns das Gefass leicht» oder zieht schnell die Hand herab, die es zu heben versuchte) weil das voraus bestimmte Mass der Zusammenziehung oder de» Nerven, Wirkung falsch war. Diese Täuschung erfahren wir auch beim Gehen im Dunkeln auf einer Treppe, indem wir die Bewe- gungen für eine Stufe einleiteten, die nicht vorhanden war. könnte wohl möglich seyn, dass die Vorstellung des Gewichte* und des Druckes beim Heben und Widerstehen auch zoD» Theil nicht Gefühl im Muskel, sondern ein Wissen von deö» Mass der vom Gehirn incitirten Nervenwirkuug ist. Die Gew»**' heit der Kraftlosigkeit, ein Gewicht nicht ferner halten zu kön- nen, muss auch wohl von dem wirklichen Gefühl der Ermüdung in den Muskeln unterschieden werden. Bei den Tastvorstellungen, von Empfindungen die mit Bewe- gung verbunden sind, drängt sich dieselbe Idee auf. Die E»»’' pfindung der Bewegung ist bei den Bewegungen der Hand sehr gering und die Menschen, welche die Lage der Muskeln für ein® gewisse Bewegung nicht kennen, ahnden nicht einmal, dass die Bewegung der Finger am Vorderarm ausgeführt wird. Dennod» ist die Vorstellung von dem räumlichen Effect der Bewegung ei'»® sehr bestimmte, und die dadurch hervorgebrachte Vorstellung von der Raumerfüllung eines Körpers und seiner Form hängt gr®*' sentheils von der Vorstellung des Bewegungseffecles ab. Es kann daher wohl seyn, dass das Sensorium, ohne dass Gefühle dazO nothweiidig sind, doch die durch willkührliche Bewegung zurück- gelegten Räume zu beurtheilen weiss, aus den Gruppen von NeC' venfasern, denen der Strom des Nervcnprincips zugewendet wird* Am bewunderungswürdigsten erscheint die Sicherheit des Masse* der Bewegungen oder der sogenannte Muskelsinn bei allen Bewe- gungen, bei welchen das Gleichgewicht des Körpers oder äussere»' von uns gestützter Körper bei sehr gei'inger Unterstützungsfläche) oder gar hei willkührlichen oder unwillkührlichen Bewegungen unsei'es ganzen Köi-pers erhallen wird. Das Tasten ist nichts Anderes, als ein willkührliches Fühle»» mit Bewegungen, wie das Spüren beim Riechen. Jeder empfind- liche Theil, der durch Bewegungen in verschiedene räumliche R®' lationen zu äussern Körperr» durch Berührung treten kapn, '**' auch tastend. Das Tasten ist daher keinem bestimmten Theil de* Körpers allein eigen. Allerdings ist die Hand dazu am geschick- Siihjeclloe Gefi'Msempfindungen. 501 ^®sten durch ihren Bau, namentlich durch die Möglichkeit der ^•■onation und Supination, wodurch der Raum rotirend durch- '**essen wird, durch die Oppwsilion des Daumens gegen die Hand, *)ad durch die relative Beweglichkeit der Finger. Ferner hängt Fähigkeit zürn Tasten von der Feinheit des Gefühls und von ‘•er Isol irung der Empfindung in denTheilchen des empfindlichen P*'ganes ab. Die regelmässige Furchung der Haut an der Hohl- '*and mit Ordnung der Hautpapillen in Reihen muss die Fein-. *^pit des Getastes erhöben, insofern diese TJnehenheiten leichter die Unebenheiten der Körper entdecken und leichter isolirt davon älficirt werden. Bei der Bildung einer Tastvorstellung von der Gestalt und dttsdehnnng einer Fläche, multiplicirt die Vorstellung das Muss der Hand oder des berührenden Fingers so oft, als diess Mass in dem ^anm enthalten ist, den das bewegende Glied beim Tasten zu- •'äcklegt. Die Tastvorstellung von räumlicher Ausdehnung wie- derholt diesen Act nach den verschiedenen Dimensionen des Körpers. Nacherapfindung und Gegensätze des Gefühls. Die Nachempfindungen des Gefühls sind sehr lebhaft und dauernd. So lange der Zustand dauert, in den der Reiz das Or- 8an versetzt hat, so lange dauern auch seine Empfindungen, wenn der Reiz längst entfernt ist. Die schmerzhaften, wie wollüstigen ^'Upfindungen liefern davon Beispiele. Die' heim Sehen erörterten Verhältnisse über die Gegensätze d®r Empfindungen wiederholen sich bei den Gefühlsempfindun- 8en. 'Wenn man in einer warmen Temperatur zugebracht hat, fühlt man die geringste Erniedrigung der Temperatur als die sonst noch für warm gehalten worden wäre. Ein P^utzlicher Unterschied von einigen Graden Wärme, kann, wenn d'e Wärme vorher anhaltend war, bis zum Frieret! empfunden 'J'®iden. Daher erkältet sich der Mensch in allen Clirnaten, auch den wärmsten leicht. Wärme und Kälte sind relativ. Das Warme der Empfindung kalt, je nach dem Zustand, worin das Organ Ein Ahnehmen eines lange dauernden Schmerzes ist Wohl- wenn die Reizung auch nur bis zu einem Grade sich er- ***‘>ssigt, der bei vorher gesunder Stimmung unerträglich ersehie- **®u wäre. Subjective Gefüh Is empf in dun gen. Bei keinem Sinne sind die suhjectiven Empfindungen aus von entstandenen Zuständen käufiger, als heim Gefühlssinn. Wol- Schmerz, Gefühl derKälte, Wärme, Leichtigkeits- und Schwer- 8®fühl, Gefühl der Ermüdung H. A. sind aus innern Ursachen mög- 'cts. £)ie Neuralgien, das Schaudergefühl, das Ameisenlaufen, die im ®hlafe entstehenden spontanen Zustände der Geschlechtsorgane lie- ^rn auffallende Beispiele- Der mit dem Herzschlag verstärkte Strom Blutes zu den Organen wird in fast allen Sinnesorganen empfun- 502 y. Buch. Von den Sinnen. V. /ibschn. Vom Geßihlssinn. den, in jedem anf die dem Sinnesnerven eigene Weise, als pulsirende Lichtfigur im Sehnerven, als pulsirendes Zischen und Brausen Ohr, als pulsirendes GefiihI im Gefnhisnerven. Diese Empfindung h‘' mechanische Ursachen, aher sie kann durch einen Zustand der Nerven bedingt werden, wo sonst der Puls nicht empfunden wirO’ und so wird oft der Puls in Theilen gefühlt, zu welchen kein*’ verstärkte Bewegung des Blutes stattfindet. Auch die durch Vor- stellungen erregbaren Empfindungen des Gefühls müssen hier er- wähnt whrden. So wie die geschmacksähnliche Empfindung Eckels durch die lebhafte Vorstellung des Eckelhaften entstehe'’ kann, so erregt auch die Vorstellung des Schmerzes oft de” Schmerz, in einem Theil, der zum Schmerz disponirt ist. ein Organ der Empfindung wie von Schiessen und Ströme” dahin ausgesetzt, so entsteht das einige Zeit ausgebliebene Strö- men, wenn man daran denkt. Die Vorstellung des Schande’’' haften erregt die Gefühlsempfindung des Schauders; bei de’ Spannung, Rührung, Begeisterung, tritt bei Einigen ein Gefüh' von Concentration im Scheitel und ein Rieseln durch den Körpe’’ ein; beim Erschrecken hat mau Empfindungen in vielen Theile” des Körpers und selbst die Vorstellung des Kitzelns erregt de”* Kitzlichen die Empfindung, wenn er sieht, dass Jemand die BC' wegung macht. Die meisten subjectiven Gefühlsempfindungen kommen b”’ Menschen von reizbarem Nervensystem, sogenannten Hypochoß' dristen, und Hysterischen vor, von denen man zuweilen sagt, dass sie sich Schmerzen einbilden. Wenn darunter bloss vorgestellt® Schmerzen verstanden werden sollen, so ist es gewiss unrichtig) dass man ihnen eingebildete Schmerzen zuschreibt. Der Schmer* ist niemals eine Einbildung und aus innern Ursachen gewiss so wahrhaft, wie von äussern, nur die Vorstellung des Schmerzes ’s| ohne Empfindung, aber über die Vorstellung des Schmerzes w’i’d Niemand klagen. Allerdings aber kann das gereizte Vorstell®" den vorhandenen Schmerz steigern und bei der Disposition zu"‘ Schmerz, den empfundenen Schmerz hervorrufen. Die Sympathieen des Gefühlssinnes mit anderen Sinnen und mit den Bewegungen erfolgen durch Reflexion, das dahin gehörig® ist in der Lehre von der Reflexion abgehandeltj un d die Wech- selwirkung der Gefühlsempfindungen mit den Absonderungen sind auch in der Nervenphysik erläutert worden. v Der e c i e 1 1 e n P h y s i o l o \ ' Sechstes Buch. Vom Seelenleben. \ ül I er’s 'l^üysiologie. 2rBd. IN, 33 / I. Abschnitt. Von der Natur der Seele im Allgemeine»- 1. Vom Verlialtniss der Seele zur Organisation und *»' Materie. ' II. Vom Seelenleben im engem Sinuc. II. Abschnitt. Von den Seelenäusserungen. ' I. Vom Voi’stellen. II. Vom Denken. ' III. Vom GemiiÜi. III. Abschnitt. Von der Wechselwirkung der Seele n»*^ des Organismus. I. Von der Wechselwirkung der Seele und des Organisin»’ im All gemeinen. II. Von den Wirkungen de» Seele auf die Sinne. III. Von den Temperamenten. IV. Vom Schlaf und Wachen. } Der speciellen Physiologie Sechstes Buch. Vom Seelenleben. Abschnitt. Von der Natur der Seele im Allgemeinen. /. CapUd. Vom Verlialtn iss der Seele zur Orga- nisation und zur Materie. A. Erfahrungsmäsjige Kenntnisse. Im Anfang dieses Werkes wurde der Organismus mit einem System von Theileu verglichen, die für Erfüllung eines gewissen ^Weckes verbunden sind und deren Wirksamkeit von der unge- störten Harmonie der zusammensetzenden Glieder abliängt. Bei ‘lieser Vergleichung zeigte sich eine noch grössere Verschieden- ^^eit als Aelinlichkeit. Der Organismus gleicht einem mechanischen Kunstwerk in der systematischen Zusammensetzung für Erfüllung ®i>ies gewissen Zweckes; aber der Organismus erzeugt im Reim "len Mechanismus der Organe selbst und pflanzt ihn fort. Das Wirken der organischen Körper hangt nicht bloss von der ^^lue der Organe ab, sondern die flarmonie selbst ist eine Wii- '‘^Ung der. organischen Körper selbst, und jeder Theil dieses Gan- hat seinen Gz’und nicht in sich selbst, sondern in der .Ursache ^^3 Ganzen. Ein mechanisches Kunstwerk ist hervorgebracbt "äch e,iner dem Künstler vorscliwebenden Idee, dem Zwecke sei- •ler Wirkung. Eine Idee liegt auch jedem Organismus zu Grunde, '‘“d nach d?eser Idee werden alle Organe zweckmässig organlsirt, *^er diese Idee ist ausser der Maschine, dagegen in dem Orga- nismus und hier schafft sie mit Nothwendigkelt und ohne Absicht, ^euu die zweckmässig wirksame Ursache der organischen Körper f*at keinerlei Wahl und die Verwirklichung eines einzigen Plans 'St ihre Nothwendigkelt, vielmehr ist zweckmässig wirken und '‘Olhwendig wirken in dieser wirksamen Ursache eines und dassel e. Die nach einer Idee zweckmässig und nothwendig wirkende prsache eines organischen Körpers wirkt daher nur innerhalb 'J'fer bestimmten Gesetze, und nähert sich in den Formen und Ki’äften ihrer Producte nicht denjenigen eines andern organischen 33* 506 V[. Buch. Vom Seelenleben. 1. Alsclm. Nalur der Seele. Wesens, dessen Lebensidee eine versebiedene ist. Dennocli sin*! auch die verschiedenen or£i;anisehen Wesen durch ein liöher ihrer Schöpfung zu Grunde liegendes Band verbunden, vrelcn sic nach Classen, Ordnungen, Familien, Gattungen, Arten geord'' liat. Dip Gattung existirt nur in den von einander unabh.ing'S®^ Arten, aber nicht als Organismus, welcher die Arten erzeug*'' Einheit des Grundgedankens in der höchsten logischen Mannig' faltigkeit der Ausführung spricht sich überall in dem System de Pflanzenwelt und ebenso im Thierreiche aus; aber jede einzel** Form in der Mannigfaltigkeit von Arten, die zu einer GattuOr gehören, vermag den Tvpus ihrer Bildung und ihres innern h*' Leus nicht zu verlassen. Die A't stirbt' daher aus, sobald ‘ dazu gehörenden lebenden Individuen und ihre Keime ausgerott ^ sind. Ausser diesem Sinne ist sie unverg'anglich , da ein The* ihrer Kraft ans den vergiingliohen Produceiiten sich in die P*’*’' ducte ergiesst. Die Thätigkeit des in den Organismen eine Idee verwirk**' ehenden Lcbensprincips ist uns nur "in so weit bekannt, als sie den Organismen selbst sfattfindet. Eine freiwillige Erzeugung stimmter organischer Formen ausser den vorhandenen und oh**** cyclische Ueberliefernng der gleichen Form von den Producente'J auf das Product, würde, wenn sie wirklich bestände, ein Beisp*® einer, ausser den Organismen vorhandenen, Ideen verwirklichen- den Naturkraft seyn. Aber die Generatio aequivoca entrückt siC*' der exaclen Forschung als ein Unerwiesenes und Unerweisliche*' Es ist in keiner Weise wahrscheinlich, dass das nach eine* Idee thätige Lebensprincip eines Organismus, welches die Zusain- mcnsetziing der Organe .erzeugt, selbst etwas aus Theilen Zusam- mengesetztes sei, und dasselbe gilt von der eniplindcnden Seel' der Thiere. Etwas, was dui-ch die Zusamniensclzung seine Wesen- heit erh'alt, verliert seine Wesenheit durch die Theilung. Dl** organisirende Princip einer Pflanze und eines Thiers kann ab*-' init der Pflanze und mit dem Thiere gelbeilt w'erden, und bchä>‘ seine Wesenheit zu organisiren, so dass die gelheillen Polypn** und Planaricn neue zweekmiissig organisirende, und ihr Ebenbib* schaffende, organi.sche Wesen werden, oder schon si nd. Dasselh® gilt auch von der empfindenden und voistellenden Seele der Thier®» wenn sie von dem Lebens])rincipe verschieden seyn sollte. kann nichts aus Theilen Zusammengeselzles sevn, denn so mü****^ sie durch die Theilung eines Thieres ihre Wesenheit verliere^' Die Seele wird aber mit dem Thiere gethsilt und hehalt ih*’® W'escrdieit, denn die getrennten Theile sind wieder selbstisch hC' seelt, empfinden, wollen und begehren. Was von der Seele de* Thiere gilt, muss auch von der des Menschen gelten. Denn All®*» was cmpfimlet und sich fridwillig nach dem Begehrten bew'egt, ** auch beseelt, wie liereits Aristoteles in der Schrift von der Seel® lehi'te, indem er sagt: Sobald sie empfinden, haben sie auc Voi'steliuug und Begierde; denn wo Empfindung, da ist Schnie*^ und Vergnügen und wo einmal diese, da ist auch Begierde' Das Lebensprincip und die Seele eines Thiers verhalten sich als® in dieser Hinsicht gleich. Sie sind in der ausgedehnten Maten® \ . 1. Vcrhällniss der Seele zur Materie. Erfahrmgskemtnhse. 507 der tbierlsclien Wesen, aber niebt aus Theilcn .-usammenseselzl, "''d sie sind mit der Materie ibedbar obiie Verandeiung ihiei . , '’^AMangend die Verbreitung des zweckmässig wirkenden Le- '»ensprincips in dem Körper eines Organismus, so ■‘ä einer andern Stelle bewiesen, dass dasselbe in keinem O g »Hein seinen Silz bat. Denn es ist yor allen Organe.ym I^mi, es wirkt noch ohne Gehirn in dem liirnlosen und kopllosen Mon- strum, obgleich mit geringem Mitteln. Das Fort leben getrennter i'tieile yon Tbieren und Pflanzen und ihre Umbildung in voll- *‘tändige Organismen beweisen dasselbe. Auch Hrend sich äussert, so. bald der abgetrennte Ihed die für d e Hsserung der Seelenerscheinungen nothige Organisation hcrbei- Sefirhrt hat. . , r c i l Daoeoen wurde ebendaselbst bewiesen, dass die Seefe afs "'^Wusste Seeleuäusserung nur in einem bestimmten Organe, im ^®Hirne wirke Nur als Potenz ist ihr Wesen dem einfachen Keim 'H'^rohnend, als Aeusserung des Bewusstseyns und Wirken dessel- auf die Organe des Köqiers ist sie durchaus der ganzen Or- S»'nsailon des Gehirnes bedürftig und ohne diese ist kein Lmpfin- Hen, Wollen, Vorstellen, Denken. Aber der Kenn erzeugt sich Organ der Seele, worin sie bewusst wird, Wirkungen im V'Smiismus durch ihre W^erkzeuge die Sinne cinpfmdet H'^ngen mit ihren bewegenden Werkzeugen wollend , , Die Entwickeliing des Keims ist von äusseren Bedinguin«; ' »Hhäneia. Die Or"amsation der Materie durch das Lebensprincip ®mes Keims erfolgt nicht ohne eine gewisse Vorbereitung . der 508 VI. Buch. Vom Seelenleben. I. Abschn. Natur der Seele. Materie durch äussere Einwirkungen, wie Wärme und Luft. Oho« diese Hülfsmittel vermag der Reim nicht die umgebende Materie ,anzueignen, weil sie nicht geschickt ist, sich mit der Materie «es Reims zu vereinigen, und die nöthigc chemische Beschaffenhei nicht erhalten hann. Das Lebensprincip kann daher selbst in* Reim latent oder potentia vorhanden seyn, wie die Seele schon organisirten und belebten Rörpers, in den Tbeilen Rörpers ausser dem Gehirn ist. Aus dep letztem Bemerkungen erhellt, in welchen Puncten das Lehensprincip und die lemplindende Seele in ihrem Verhäh' niss zur Materie übereinstimmen und abweichen. Beide sind nich aus Theilen zusammengesetzt, aber mit der Materie theilbar, beide können latent seyn. Das Lebensprincip bedarf zu seiner Aeusse- rung in der Mateyie, wo es vorhanden ist, nur der chemischen Mitwirkung äusserer Einflüsse. Die empfindende und vorstellende Seele bedarf der schon organisirten Materie und der Organisation des Gehirns. Der Reim und das Junge unterscheiden sich von dem e*' wachsenen Organismus nicht bloss, dass jene noch nicht vollständig organisirt sind, der Erwachsene aljer in der Organisation vollendel ist, und dass die Organe im Erwachsenen ausgedehnter, als n** jungen Wesen sind. Der wesentliche Unterschied zwischen dei** Reim und deih erwachsenen, zeugungsfähigen und proliferireiide'’ Organismus besteht vielmehr auch darin, dass der Erwachseoo pin Multiplum des Reimes ist; und daraus wird erst erklärbai* dass ein Theil des Multiphims sich wieder ablösen und d®!’ Stamm zu einem neuen Multiplum werden kann, während de* Rest des mütterlichen Organismus nicht die Fähigkeit zur ferner^ Organisation verliert. Dass die Pflanzen beim Wachsen ein Multiplum des Reim®* bilden, ist am leichtesten zu beweisen. Denn die Theile, welch® sie bilden während des Wachsthums, sind beständige WiederhO' lungen Von gleichen Gliedern, bei allem weitern Sprossen werdet immer neue analoge Theile, Stengel und Blätter erzeugt, ol'® Sprossen zusammen sind ein Multiplum des sprossenden, in SteO' gel und Blätter zerfallenden Reimes. Der Stamm der erwachsene'’ Pflanze enthält in den Gefässen, die zu allen Sprossen hingeheiij gleichsam die Summe aller ihrer Stengel und nimmt daher o’’ Stärke zu, in dem Verhältniss, als neue Sprossen sich bildeä' Jeder sprossende Zweig ist schon ein Multiplum des sprossende" Reims. Katürlich muss also der abgelöstc und in die Erde g®' steckte Zweig ein neuer Stock für die Multiplication wei’den. Die Corallcnthiere bilden auch Sprossen und diese entwickel" sich zu Multipla des aus dem Ei keimenden Polypen. Bei den Würmern liegt diese Vermehmng durch dasWaebS' thum zwar nicht so deutlich vor Augen, es kann aber dem WesC" nach auch das Analoge gezeigt werden. Es ist bekannt, däs* manche Würmer durch das Wachsthum die Zahl ihrer Ringe vei' mehren. Die jungen Bandwürmer haben noch so wenig GliedeP dass sic mehr dem Ropftheil eines Bandwurms, als einem ganz®” Bandwurm gleichen. Sind nun gleich die leifen Glieder 1. Verhiiltniss dev Seele zur Materie. Erfahrungskenutnisse. 509 ßandwarms keine formellen. Wiederholungen des jungen Band- "'urmes, so zeigt sich die Multiplication doch dann, dass die rei- Glieder sämintlich besondere Eierstöcke bilden und m unzah- *'geii Keimen den ersten Reim, aus dem der junge Bandwurm Entstand wiederholen. Die Waiden theilcn sich sogar von seihst, "'enn sie eine gewisse Grösse ei’reicbt haben,- und die Theile or- ganlsircn sich schon zu einem Organismus, ehe die T^eilung ein- ‘•■itt. Die Vorticellen theilen sich der Länge nach. Die 1 lananen "nd Hydren können getheilt werden. Daraus, dass die Stücke der zerschnittenen Hydra nicht schon ‘len Bau einer ganzen Hydra haben, aber ihn bald von selbst m *'ch bilden, folgt, dass die Mulliphcation nicht bloss als ein Ver- 'öehren analoger Formen mit analogen Kräften anzunehmen ist, sondern auch "virtuell stattfindet, indem ungleiche Formen gleiche '■irtuelle Eigenschaften haben. Hiervon lässt sich der Uebergang *n den höheren Tbiercn machen, welche zwar nicht durch itiei- Iniig zeugen und nicht getheilt fortlebcn, gleichwohl aber ein yir- ^nelles Multiplum ihres Keimes sind. Hier kann sich ein T-hei Multipiums entwickelungsfähig nur dann ablöscn, weii.i ei sic i »Is Keim oder unentwickelt isolirt. ln der Zeugung von Keimen, ‘lie wieder zu Multipla heranwaebsen, zeigt sich derselbe Process, ‘Gossen Variationen hier summarisch angeführt sind. ei lem Teilen, Sprossen, Zeugen, theilt sich nun, wie vorher gezeigt ''■Orden, das Lebensprincip und psychische Prmcip. r v. Und so entstehf nun zuletzt die Frage, wie ist e. möglich, '‘«SS sich durch das Wadhsthum eines orgamschen Wesens ein ‘‘Ittltiplum seiner organisirenden Kraft bildet, und wie ist mit die- net eiL Theilungsfähigkeit des psychischen Principcs zu verstehen. ‘^‘ORt es in der Natur des Lebensprincips und der Seele als Po- ‘«oz, dass sie durch Vertheilung auf mehr Materie und durch '‘^‘leilune an Kraft nicht vermindert werden können, oder entsteht '‘orch das Aneignen von mehr Materie in einem wachseiidmi Dr- ^«nismus auch mehr von jenen Principlen, so dass diese i^inci- P‘en in dem Nahrungsstolf schon latent vorhanden sind, aber an Materie, in der sie sind, erst in den orgaiiiscbeii Wesen zur ‘^‘■ächeiuung kommen. . , ,. Die letztere Annahme schliesst auch eine zweite not iwerMig sich, dass das Princip des Lebens und der Seele in aller Ma- ^«»■ie latent vorhanden seyen, denn wenn Thiere bloss von 1 flanzen ‘oben können, so können Pflanzen die organische Materie aus den '“‘Organischen Stoffen vermehren, und ohne eine solche neueßil- '‘'“'g von organischer Materie würde diese zuletzt pnz zersetzt ^oi-den, wegen des Faulens und Verbrennens so vieler Materien, '“o nicht als Nahrung in organische Wesen eingehen. , Weiter als bis zu dieser Alternative lässt sich die Untersu- ^‘‘ong über das Verhältniss des Lebensprincips und der Seele zui 2*’8anisation und zur Materie auf erfehrungsmässigem Wege ment ^bren. Von hier an entfernt sich die Untersuchung von iiem gebiete der empiriseben Physiologie und geiit in das der JT.®“ “»etischen Speculation und Philosophie über, ln der ganzen bis- “0‘'igen Entwickelung der physiologischen Docti in haben wu eine 510 IV. Buch. Vom Seelenleben. I. Abschn. Naiur der Seele. Betraclituiig der letztem Art vermieden, und die Aufgabe "ff“*' vielmehr auch das Wahrscheinliche nur hinzustellen, wie es ■aus einer philosophischen Zergliederung der Empirie ergieht. _ " es mir durchaus unschicklich erscheint, diese Methode mit ei»®* andern in unserer W'issenschaft zu verwechseln und aus der einßO in die andere nach Bedürfniss und Vorliebe übcrzugehen oder zu interpoliren , so muss ich mich darauf beschränken, eine sp®' calativc Entwickelung jener beiden Alternativen ohne Begünsti' gungen des einen und andern einfach in dem Folgenden binzä- stellen. Ich bin einer beson dem Form der Philosophie nicht aw*' schliesslich gefolgt, sondern habe jedes fl®® beiden Systeme so da>' gestellt, wie es ohne Verwickelung mit den physiologischen TbaP Sachen und im möglichsten Einklang mit denselben am reinste** geschehen kann. B. Cosmologische Systeme. /. Hypothese von den bewegenden, den organischen Körpeti^ eingebildeten Ideen a/s Ursache der Organisation und des Seelenlebe’n^' In der ganzen Weltordnung sind zwar Ideen des göttlichen Geistes ausgeführt, aber nur in den organischen Wesen wirk®** solche göttliche Ideen, welche ihres Gleichen immer wieder e®' zeugen, und den Mechanismus zu den Wirkungen organische® Körper selbst aus der Materie hervorrufen. Die bewegende ide® eines organischen Körpers ist daher ein Ausfluss der Gottheit, de® von der Schöpfung an in ihm und seinen Producten lebt. Di®*® Idee ist das Einzige, was in den organischen Köi-pern Bestan® hat, denn die Materie verlässt sie, und fort und fort wird neu® Materie dieser bewegenden Idee unteiworfen. Die Materie selbs*' ist ohne ihr einwohnende Seele und Leben. Nicht einmal di® Potenz zu diesen Wirkungen kömmt der Mateyie an sich Vielmehr hängen alle Lebens- und Seeleiiersebeinungen, die *** der von den organischen Körpern verarbeiteten Materie auftretcBj lediglich von der die Organismen beherrschenden Idee ab. Dies® Lehre, welche mythisch im Timaeus des Platon vorgetragen wi®*^> aber auch die am meisten verbreitete Ansicht vom Verhältniss des Lebensprincips und der Seele zum Köi-per ist, kann die bC' wegende Idee des Lebens nach dem Tode die Vereinigung nid dem Körper aufgeben und die Seele als Ausfluss der Gotb" heit dahin gehen lassen, von wo sie bei der Schöptüng der b®' seelten Wesen ausgegangen ist. Die Seele ist also an und 1®*^ sich der, durch die blossen pbysicalischen Kräfte thätigen Mate®[® fremd, nur an sie gebunden, und dieses Band kann sich lösen. verschiedenen Mythen über den Zustand der Seele nach dem Tod®> was die Pythagoräer und was Platon lehrten über das Schicksal de* Geister nach dem Tode, die Ideen der Neuplatoniker und Mystik®* von der möglichen Befreiung der Seele von den Banden der Maten® in diesem Leben selbst, und was davon in das Practische übergegaO' gen ist, alle diese Lehren sind Variationen einerund derselben cosin®' logischen Grundansicht, und diese ist, dass die Seele dem physische** Verhältniss der Seele zur Materie. Coamologische Systeme. 511 fremd, keine Kraft desselben und überhaupt keine Kratt der ^Taterie ist, und dass die Seele mit dem Körper in den organischem ^esen nur vereinigt ist. Das Interesse des selhstigem Ichs an ®«inem persönlichen Fortbestehen leiht diesem Glauben Stärke und ?Qversicht, und praetendirt die Fortdauer seiner Person aueü ^lier das Grab hinaus. Da hingegen nur selten Menschen gemn- 'len werden, welche sich mit dem Aufgehen der Persönlichkeit 'lires Geistes in den allgemeinen Geist befriedigen und mit Ficete •iie Seeligkeit schon jeUt während des Erdenlebens in dem Streben *'ach dem Unendlichen und Ewigen linden. , Weil aber das Leben und die Seele öder die bewegende Idee ^eine latenten Eigenschaften aller Materie sind, so kann die Ver- »lehrang und Theilung der organischen Wesen, und die gleiche ‘^Heilung der Seelen hei dieser Hypothese' nicht von dev Aiieig- “hne der Materie 'durch die Ernährung abgeleitet werden, und ^ muss vielmehr die Multiplicatior. der pei-sönlich belebten und beseelten Wesen durch eine Eigenschaft des Lehensprincips und Seele erklärt werden, zufolge welcher, allem Verhalten der ^örper fremd und entgegengesetzt, ihre Kraft durch dieTheihing *ns Unendliche nicht vermindert und geschwächt wird. Eine Eigenschaft, welche dem Verstand schwierig zu denken ist. iJa- gegen ist hei dieser Vorstellung von dem \ erhältniss der bewe- genden Ideen zu der Materie, als Ausllussen der ‘er einsichllich, wie die verschiedenen Organismen, die Klassen, ‘Ordnungen, Familien, Gattungen, Arten bei aller Unabhängigkeit ^on einLder, doch so ganz eine über ihnen nn Anfang wirksame ‘dee aussprechen. Dieser Gedanke ist durch alle Modificatio- ®en der Gattangen einer Familie so vollständig logisch duich- gedacht, dass die Zoologen aus den Eigenschaften einer Familie **00 einiger dazu gehörigen Gattungen oft die Existenz der 'ihri- Sen Gatt^gen und ihre Kennzeichen Voraussagen können. Auch Entspricht iener Ansicht der actuelle Zustand der Schop.nng, dass nämlich, was aus der Welt der argaiiischen Reiche durch «Ufälliae Zerstörung aller Individuen einer Art verloren geht, nickt dtireh'’ein allgemeines Naturleben ersetzt werden kann, und die Eebereinstimmung der ursprürtglichen Slructur der Keime der '■erschiedensten organischen AVesen als Zelle mit Kern, welches beweisen scheint, dass die Ursache der Verschiedenheit der Eiassen, Familien, Gattungen und Arten, in dem aus dem Keim sich bildenden Thier oder Pflanze nicht die Stmetur oder die EEemische Beschalfenheit des Keims, sondern die eingehorne he- IdcG ist» " U. Pantheistische Ansicht Pon der Weltseele und ihrem Ver- ^‘öllniss zur Materie. . , u ■ Die der vorherigen entgegengesetzte Lehre ist, dass dasJr'nn- Eip des Lehens aller Materie einwohnt und so wenig zu der Wia- ‘ccie hinzugekommen ist, dass es nichts Anderes, als eine Krau der Materie selbst ist, die sich aber nur unter bestimniten hemn- gUngen und in bestimmter Zusammensetzung der Materie un e- stimmter Structur bei dieser und jener Form aussert. In eil oi- ganischen Köpper kommend findet, die Materie die Bedingungen, 512 VI. Buch. Vom Seelenleben. /. Abschn. Natur der Seele. unter. welcben sich das ihr einwohnende latente Princip des Le- bens-in der bestimmten Form des organischen Körpers Sussern mnss- So wird dann die Vermehrung der organischen Kraft zu einein Multiplnm durch das Wachsthum und die Fähigkeit der lung einsichtlich. Alles Lebendige aber, was vergeht, verher bloss die Bedingung zur Aeusserung des Lebens in der bestino®' ten Form und die lebensfähige und beseelte Materie geht w*®' der in den Schooss der Natur zurück. So ausgedrückt würde jene zugleich pantheistische und m®' terialistische Ansicht von der Materie am reinsten und frei historischen Eigenthümlichkeiten ausgesprochen und so hingestel sevn,, wie sie zur Erläuterung der vorher aufgestellten Problem® geeignet ist. Mehr oder weniger eigenthümlich gefärbte cosme' logische Lehren dieser Alt finden sich hei den Naturphilosophe” Griechenlands Hehaklit, Anaxagoras u. A. Der Letztere lehrtej dass Alles aus Allem werden könne, und dass der Geist die Seß*® aller Dinge und die Universalform aller Dinge sey. Hebaklit Hess die belebten Wesen, das geistige Princip dß’ Welltalls durch das Athmen und die Sinne in sich aufnehrnßß' Aber keiner hat diese Grundansicht von der Welt klarer vorgß' tragen als Giobdaso Beubo in seinem Werke Bialoghi de la causüi principio et uno. Siehe die Uehersetzung dieses Werkes in Rixim® und SiBER Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende ö®'* 16. und Anfang des 17. Jahrlmnderis als Beiträge zur GescluchV der Physiologie. V. Heft. Jobdamus Brusus. Sukbarh 1824. D'® folgenden Sätze aus jenem speculativeu Werke mögen zu einem Begriff von diesem cosmologischen System, welches sich in de*" neuern Philosophie wiederholt und weiter entwickelt hat, genügem „Die Weltseele erfüllt und erleuchtet das ganze Weltall uoe unterweiset die Natur, die Gattungen und Arten der Dinge, ■n'*® csseyn soll, hervorzubririgen. Dieser schaffende allgemeine Vef' stand verhält sich gerade so zur Hervorbringung der Naturding® wie sieh unser Verstand in Hervorbringung-der vorgestellten tungen und Arten verhält.“ a. a. O. p. 1. „Die Endursache, welche die allererste Ursache, die schal' fende Weltseele sich vorsetzt, ist die Vollkommenheit des All®» die darin besteht, dass an verschiedenen Theilen und Massen der Materie alle mögliche Formen verwirklicht seien, an welchem Endzweck sich der allgemeine Verstand so sehr ergötzt und g®' fällt, dass er nimmer ermüdet, alle Arten von Formen aus dem Schoosse der Materie hervorzurufen.“ a. a. O. p. 45. „Eine Seele muss die allgemeine aller Dinge seyn, je»® Seele u'ämllchj die durch das ganze All über die gesummte M®' tcrie herrscht, und welche an sich Eine demnach nach der Vef' schiedenheit der Gestaltsamkeit der Materie und der Fähigkc» ihrer ihätigen Kräfte verschiedene Dinge hervorbringt, die ver- ] schiedene Fähigkeiten zeigen. Einige nämlich leben ohne Em- pfindung, je nachdem die geistigen Kräfte entweder ihrer e'S®' nen Schwachheit (?) wegen, oder aus andern Ursachen von der überwiegenden Materie unterdrückt werden.“ a. a. O. p. 56. „Daraus, da'ss jene Himmelskörper und die Natur überhaupt V^erhältniss der Seele zur Materie. Cosrnulogische Systeme. 513 •“'cht menschliches Denkvermögen oder Gedächtniss haben, folgt Sar nicht dass sie ohne allen Verstand oder Absicht hervorbrin- was sie hervorbringen; indem ja auch vollkommen ausge- 'ernte Musiker und Schreiber, obschon sie wenig oder gar- nicht das was sie vollbringen aufmerken, doch nicht gegen die Re- Sein verstossen/"' a. a. O. p. 48. _ „Ich sage also, dass die Tafel als Tafel nicht beseelt ist, noch '*es Kleid als Kleid, noch das Leder als Leder, noch das Glas "Is Glas, gleichwohl aber haben sie als Naturproducte und zu- sammengesetzte Dinge nolhwendig Materie und Form. Sei also Ding so klein und geringfügig, als man will, so hat es doch a'lemal einen Tliell der geistigen und begeistigenden Substanz an '“'cli, welche immer eine schickliche Grundlage ist, woraus aller- werden mag z. B. eine Pflanze, ein Thier, kurz ein Geist ''l'del sich in allen Dingen und es ist kein Körper so klein, der a'ohl einen Tlieil der göttlichen Substanz in sich enthielte, wo- ^ürch er beseelt wii'd.*‘ a. a. O. p. 53. Dem zu Folge sind also die Organismen Wirkungen der er- aller Ursachen, beseelte Körper, in welchen die Erschei- nung des Lebendigen und Geistigen in bestimmter Form durch «me gewisse Structur und chemische Zusammensetzung bedingt '«ird! Diese Structur ist durch keinen Zufall entstanden, denn «hch sie ist von dem schaffenden Geist Gottes ausgegangen und "Jer ideale Zusammenhang aller zu Classen, Familien, Gattungen, ^neii-aeordncten organischen Wesen schliesst schon allen Zufall aus. Sobald aber die sogenannte todt.e Materie mit dem vorhandenen Organismus in Wechselwirkung kömmt und von demselben in die- selbe Structur verwandelt und dem Lebensprincip des Organismus 'mterworfen wird, tritt auch die in ihr latent gewesene Fähigkeit Leben in einer bestimmten Form in Aeusseruiig und die ^orm des Wirkens ist durch die schon vorhandene Organisation ihrer Grenze eingescblossen. Auf diese Weise wird durch Aiieignen der Materie von einem organischen Wesen, die orga- ''ische Kraft mit der angeeigneten und organisirten Materie ver- 'flehrt und durch die Vermehrung der Kraft wieder eine Thei- derselben möglich. Als analoge Erscheinungen für die Aens- ^erung des in der Materie latenten allgemeinen Princips der Le- bensfahigkeit waren dann die physicallschen Erscheinungen anzu- l'bliren, bei welchen eine vorhandene aber für die Erscheinung '"teilte’ Kraft, Electricität, Licht u. a. unter bestimmten Bedin- güngen der Wechselwirkuii'g der Körper in Erscheinung tritt Bei dieser Darstellung .der pautheistischen cosmologischen bchre hat man hloss das Allgemeinste im Auge gehabt. Die ver- ‘‘chiedenen Formen der hierher gehörigen philosophischen Systeme erörtern, liegt ausser dem Zweck dieser Darstellung, bei wel- «ber es überhaupt bloss Aufgabe war, die beiden Hypothesen «ui'ch zudenken, welche ausser dem Gebiete dör erfahrungsmassi- geii Physiologie, den Faden fortführen , wo er bei der einpi- , *'**ch-physiologiselien Zergliederung nothweiidig abgebrochen wird. 514 IK Buch. Vom Seelenleben. I. /Ibschn. Natur der Seele. I[. Capüel. Vom Seelenleben im engem Sinne. Unterschied vom Leben überhaupt. Die nicht in das Bewustseyn fallenden Wirkungen des Le- bens in den Organismen sind, dass sie die zweckmässige Organ«' sation erzeugen und erhalten und ihres Gleichen bilden. Thätigkeit ist in den Pflanzen und Thieren gleich. Was de Keim von beiden als Grundstein ihres Baues von dem mü-t^e * cheu Organismus mitbekommt, ist die Zelle mit ihrem der Wan der Zelle anliegenden Kern versehen, bei den Thieren das sog®' nannte Keimbläschen mit dem Keimfleck. Die ersten Wlrkunge der Organisation sind die Bildung neuer 'ähnlicher Zellen a*«* Kernen. Die Keimhaut der Thiere besteht nach Schwa.vn’s Bß' obaebtungen (Fuoriep’s JSot. 18.38. N. 3.) aus einer Aggregation vo|> Zellen und die erste Bildurg der foetalen Gewebe scheint nac * Scuwask’s Beobachtungen durchgängig pflanzenzellig zu seyn, i»' dem meist wie bei den Pflanzen die Zellen mit ihreuj Kern a» der Wand versehen sind und aus diesem entstehen. Erst später entfernen sich die Structuren der Pflanzen und Thiere durc» Verwandlung der Zellen in die bleibenden Gewebe. Vergleicht man die nur den Thieren und Menschen zukoiH' menden Seelenerscheinungen mit den, den Pflanzen und Thieren gemeinsamen Erscheinungen der zweckmässigen Organisation, pa zeigt sich eine theilweise Uebereinstimmung und Verschiedenheit* Beide gleichen sich dann, dass sie das Zweckmässige, ja selbst das Vernünftige realisiren können, aber in den organischen Wirkungen geschieht diess unbewusst, in den Seelenwirkungeii bewusst un mit Empfindung. Daher ist das Erzielen des Zweckmässigen in den vegetativen Wirkungen ohne Wahl, das Einzige, was erzie^ werden kann ist die Form und Eigenschaft der bestimmten Pflanze, des bestimmten Thiers. Alles, was diesem Ziel nicht homolog isb bleibt zur Seite liegen, das Angemessene wird angezogen und fest- gehalten. Die Idee der bestimmten Pflanze ist das Thema, wel- ches wieder und wieder ausgeführt wird, und keine andere als diese Idee liegt in der Natur und in dem Streben der bestimm- ten Pflanze. Sie wird ansgeführt , wie ein gelerntes Kunststüc in den Regeln dieses Kunststücks. In den Seelenerscheinungea ist eine viel grössere Bestimmbarkeit innerhalb gewisser Grenzen gegeben. Von den mannigfaltigen Dingen der Aussenwelt werden Bi - der aufgenommen, reproducirt, combinirt. Der Mensch erkenn auch das Allgemeine von inchrerem aufgefasstem, und es blem als ein Bild zurück, das man Begriff nennt, auch die Begrifm werden unter sich und mit Bildern verbunden, das allgemeifiere davon aufgefasst und das ist Denken. Kein Modell ist hier vor- handen für das Schaffen, als die Nothwendigkeit zu combiniijn und Begriffe d. i. Bilder aus mehreren Bildern zu machen, djC ganze mit Sinnen erfass^re Natur kann aber den Stoff zu Bi - 2. Seelenlehen im engem Sinn. Insiinki. 515 Jen. her^eLen. Das Seelenleben sleicbt daher f faltigen Abspie!;eln von lauter Dingen ^ Sanilmus ex.stiren nach einem einfaeben Gesetz Je*- öas Organisiren und Leben hingegen erzeugt immer ^vieder/'die bestimmte Form und ‘"l* /t" • “"jcr äus- *en der unterworfenen Materie und nimmt keine Not *«rr. Objecte. Giebt es einige Aehnlichke.t zwischen Jem einen '»>d andern Process , so ist es mir der Verb.-aueh J^r »de er "ach dem einwohnenden Gesetz der Combinnlion beim .'^"^“le- ^>en Zd der Verbrauch der Stoffe und ihrer pb;ys.cal.schen VaOe nach dem einwobnenden Gesetz der Organisation. Ist :r niin gleich möglich tiejclankenbitdern ^l.e^na^^^^^^^^^^ "hen Gegenstände gleich wie in Zeichen statt der »'"n- wiedeHiofen, so ist doch der ganze ProeCss nur aas Gewusstem wird nur Gewusstes, aus Zeichen öie organisirendc Kraft oder das Lebensprincip hmge^n real - ?ht .war. in engen Grenzen gehaltene Thema Opera lon Gegenständen, an der Materie. Aus dem vorgestellten Ail^e- "leinen kann ferner das einzelne als vorgeslellles im " *"l.ieden werden. Das allgemeine der Ke.mhaut Jas ^oiulere Structur, die zur Natur des Ganzen Sehort^^^abej^ d^^^ ^foduct ist im ersten Fall immer nur ’ j ; ^ ^>11 ein Gewebe, ein Organ. Bei dieser jer ■" dem Process f '' ^ l"» ‘."n weldier sie als KrS in den meisten ‘Puncte; gleich, wie vorher ^'ewiesen worden, ’ßeiderlei Rrätte können mit der Mateiie p- tWilt Werden, beide sind nichts aus Theilen Zusammengesetztes, ^^"ide können latent seyn und erfordern JerJVIa- tarie zu ihrer Wirksamkeit, und bei den thierischen We,en ist J'c eine immer an die andere gebunden, so dass die Vegetatio ;'‘>mer zuerst wirken muss, ehe die '"‘f V»cheinung tritt, bis die Organisation des Gehirns zum Wuken ‘*®r Seele erzeugt ist. •ci. ,i:„ ,wprk_ ln einer gewissen Classe von Erscheinungen 8'®* , f. j. ’""ssig wirkende allgemeine Lebenskraft eines thierischen t-escliopts *"lhst in den Process des Seelenlebens bestiminend ein, erzeug Leihen von Vorstellungen, wie Träume, und bestimmt zum c- Jyssten Handeln, das sind die instinctmässigen Handlungen. Die ^‘ene muss den ihr traumartig vorschwebenden lypus der Uie- ''"ö'.ellen realisiren, ein Thier muss Wohnungen, Gespmnste bauen, so wie seine Vorgänger, singen wie diese und wwndern -wie seine Brut beschützen mit Leidenschaften die erst durch das V"^chäft der Generation entstehen. Der Anstifter von diesen ^'^‘•ch die Seele ausgeführten, aber nicht von der Seele co.m.p.r- Vorstellungen i'st die Organisationskraft, die "'"es Geschöpfs, die Gleiches aus Gleichem schaflt, dcrselhe "feister der alle Organe zweckmässig bildet. Er lehrt di . , , Begattung, und ohne Erziehung die Jn.igen das G‘e.chgew.ch ^"hen^ jig Enten auf das Wasser gehen, den Mauhvm gr 1 '"’d die Faulthiere klettern, wie er auch den Bau der Extremita- 516 Fl. Buch. Vom Seelenlehen. I. Abschn. Dtafiir der Seele. El- ten hierzu und nicht zum Springen eingerichtet. In diesen scheinungen wirkt eine Kralt, die niicii der vorausgegangen^ Definition desLehensprincips und des Unterschiedes Von { ganz identisch ist mit ersteian, aJjer sie Verwirklicht nicht sein ^ das Thema, sie giebt bloss das Thema der Seele an zur Realisati^ ausser dem Körper. Die Zellen der Bienen und die. Säulen d®* electrischen Organe der Zitterrochen verdanken daher iliren Sprung derselben letzten Ursache, aber ihre nächste Ursache verschieden, und im ersten Fall tritt die Seele als Vermittler einen Bau ein, der ausser dem Körper des Thiers errichtet rref den soll. Eine Beschreibung der instinctrnässigen Wirkungen der Thie liegt ausser dem Plan dieses Werkes und gehört der Naturg<^' schichte an, und verweise ich in Hinsicht des Nähern auf KiB® und Spence Entomologie 11. 2. Darwin Zoonomie. Ueher die stinctmässigen Bewegungen siehe oben p. 106. Eine Wirkung der Lebenskraft auf die Bildung der Vorste- lungen und das Leben der Seele kann also bis zur engsten Ve'_' knüpfung statlfinden, aber es lässt sich weder beweisen noch ''5’' derlegen , dass die erste Ursache von beiderlei Wirkungen eio^ und dieselbe sei. Es muss daher auch zweifelhaft bleiben, das alleinige Wirken der Vegetationskraft in den Pflanzen ro" dem Mangel der zur Seelenäusserung nöthigen Structur, oder ro" der Verschiedenheit der den organischen Wesen eingebornen b«' wegenden Ideen herrührt. Wirkung des Gehirns beim Seelenleben. Die Energie öder der Modus des Seelenlebens im engef^ Sinne ist das Bewusstwerden, Etwas, was sich nicht weiter, durch das Bewusstwerden an sich selbst aufklären und so wen'S beschreiben lässt, als Ton, Blau, Roth, Bitter. So wie cs Elge"' Schaft des specillscben, mit dem Sensorium verknüpften Nerv«” ist, empfinden zu können, so ist es die Eigenschaft des Gehirn*’ und der näher in der Lehre vom Gehirnleben bezeichneten Or- gane desselben, bewusst zu werden. Der Modus des Bewusst- werdens ist das Vorstellen, Denken und Leiden oder die Leldeä' Schaft. Nichts berechtigt uns im Gehirne besondere Orga*’*- oder Provinzen für diese Thätigkeiten oder sie als für sich h®' stehende Vermögen der Seele anztinebmen. Siehe oben B. /. ''j Aufl. Sie sind«vielmehr nur Arten der Wirkung einer ui>‘ derselben Kraft, wie sich im Verfolg der Untersuchung ergeh®” wird. Obgleich ferner die Klarheit und Schärfe des Vorstell®*’®’ Denkens und die Tiefe des Leidens durch materielle VeränderuP' gen des Gehirns verändert werden, und die Integrität des Gehlr*’ durchaus zum Bewusstwerflen nöthig ist, so kann doch das Se^ lenleben nicht aus materiellen Veränderungen des Gehirns erkl'»" werden, und muss das Leben der Seele vielmehr als eine von räuP|' liehen Verhältnissen, seinem Wesen nach ganz unabhängige ^hh”' tigkeit angesehen werden, auf deren Klarheit und Schärte nur d® •2. Sedenlebm im engem Sinn. Vemlandeshegriffe. 517 ^^istand des Geliirns Einfluss fiat. Zum Bewusstwerden vou Em- Pfindunaen kömmt die Seele allerdings nur dureh die Sinnesnerven “'»d ihre Wirkung auf das Geliirn, abei- das Behalten und Re- P’'cduciren der Vorstellungsbilder Non sinnlichen Gegenständen ^‘^Miesst jede Idee von einem Fixiren der Ordnungen vonVorstel- ‘«»gen in Hirntbeilchen, z. B. den Ganglienkörperoben der grauen '''“hslanz aus. Benn die in der Seele an gesammelten Vorstellim- 8«! verbinden sieb untereinander nach den verschiedensten Prin- z B der zeitlicben Successioi», der Gleichzeitigkeit , dei Sehnlichkeit, des Widerspruchs und die Relationen der Vorstel- '•‘ngen ändern sich ieden Augenblick. Es ist zwar riditig, dass •'‘ich organischen Veiändeinngen des Gehirns, zuvzeilen das Ge- ll^chlniss fdr gewisse Zeitperiodeu, oder tur gewisse Arten von !^«men, Hauptwörter, Eigenschaftswörter schwindet. Die erstere fhaUache wäre indess materiel nur durch die Annahme einer '“ccessiven Fiximiig der Erfahrungen der Seele in geschichte- Theilen zu erklären, woran nicht entfernter Weise gedacht "'erdeu kann. Wollte man ferner im Allgemeinen den Ganglien- ![;^>^erchen das Vorstellcn und Denken zusebreiben, und das ^‘■heben der Vorstellung vom Einzelnen zum Allgemeinen, vom ^^emeinen zum Besomleren einer relativen Steigei-ung der Action peripherischen Theils. der GanglieEköi-perchen im Verhalt L ihren Kernen, oder der Kerne im Verbultniss zu den P^fipheriseben Tbeilen zusebreiben, wollte man das Verbinden Vorstellungen zu einem Gedanken oder Ürlheil, welches durch Vorstellung von dem Objecte, Prädicatc und der Copula ^Pgleich geschieht, von einer Wechselw.iFung der Gang.ienkor- >>hen und einer Thätigkeit der sie verhindeaden Fortsatze als "’^Pula ableiten, wollte man die Association der Vorstellungen '‘.‘"^h der Zeit ihrer ersten Entstehung und nach der Gleichzei- l‘8helt ihrer ersten Entstehung vou einer successiven Action ver- bundener Ganglienkörpereben oder gleichzeitigen AcUon mehrerer '•'‘nglienkörpeachen begleiten lassen, so würde man sich nur in '‘‘gen und ganz unbegründeten Hypothesen bewegen. I Man kann daher nur im Allgemeinen vermiithen, dass von i';'' Intensität der organischen Wirkungen jener i belieben die ^brlieit und Schärfe unserer Vorstellungen abhäiigt. Primitive Vo rst cll un geu , Verstandesbegriffe ) Die Erfahnin", dass unsere Gedanken mit den Verhältnissen Objecte i^ereinstimmen können, hat die Philosophen von veranlass, zu untersuchen, 'oh diese Uehereinstimmung m ',7 sinnlichen Erfahrung, in dem Zeugniss der Sinne allein ihre Väolle ojßj, ,5u^ieich in einer gewissen praestabilirten Harmonie *'^‘8cbpn der Welt der Erscheinungen, dem Macrocosmus und ' ^ denkenden Microcosmus habe und durch gewisse dem ^äirienhanee der Welterscbeinungeii und dem Zusammenhänge Gedanken gleich nothwendige Gesetze entstehe. Im erstern behauptet man. Nihil est in intellectu, quod zweiten behauptet man die Existenz a pHorischei' Begntle, 518 VI. Bach. Vom Seelenleben. I. Mschn. ISatur der Seele. die dem Veritande gleichsam eingehore.i sied, Categorien des Aristoteles, wie der Begriff der Qualit , tität, Relation, Alodalität. Diese Begriffe bilden dann dca re Inhalt des apriorischen Denkens, welches zwar •'“‘=^“"[^011 Erfahrung der Sinne angeregt wird, welches aber besum und ordnend für wird. Sie werden alle durch die Sinne gewonnenen Erfahruno^^ wirü. öie weraen daher nicht aus der Erfalirung deducirt, sO ^ dem an der Erfahrung erläutert, Locke hatte hingegen bei ^ sliedemng des menschiiehen \erstandes keinen solchen piimi ‘ ^ Inhalt des Denkens gefunden, und die in der Erfahrung aiigei feilen reinen Begriffe des Verstandes sind ihm von der Ertabi abgeleitet; der Verstand kann sie weder erzeugen noch veranüe und er muss sie aufnehmen, wie sie ihm gegeben werden, indess die Sinneserscheinungen nicht seihst Begriffe sind, Begriffe vielmehr das Verhältniss der sinnlichen Erscheinung ^ aiKdrückcii, so fragt sich wieder, wie kann der Verstand L erkennen, was wenn auch vorhanden, doch nicht sinnlich ertai wird, und entsteht die Verbindung der sinnlichen Erfahrung zu einem Begriff durch a priorische Begriffe des Verstapdes o durch eine Nöthigung, die bloss auf Gewohnheit beruht? Diess lej tcre behauptete David Hume. Nach ihm entstehen die Verbindung^ der Vorstellungen aus ihrer öfteren Association, so dass die S» ciation selbst zur subjectiven Nothwendigkeit wird, wie die As« ciation der Ursache und AVirkung aus der Gewohnheit be folgen zu sehen. Da wir nun über die angewöhnle Verbiiuu unserer Vorstellungen nicht hinauskommca, so giebt cs nach HU keine obiective Erkenntniss. . ,«is' Kamt bestritt diese Lehre, weil dis Wirklichkeit einer senschaftlichen Erkenntniss a priori, nämlich der reinen Ma matik die Existenz der a priorischen Begriffe beweise. Seine nen A^erstaiidesbegriffc sind: d) die Categorie der Quanti (Einheit, Vielheit, Allheit). 2) der Qualität (Realität, Negah^^ Limitation). 3) der Relation (Wesen und Zufall, Causah AVcchselwirkuiig). 4) der IVlodalität (Möglichkeit, Daseyn, No Wendigkeit). , 1 u dc^ So wie diese Begriffe nach Rast den formalen Inhalt denkenden Verstandes ausmachen, so sollen nach ihm die >0^^^ Stellungen von Raum und Zeit die primitiven Anschauungsfor'U für das sinnliche Emplinden seyn. Ausser der Anwendung uie Principieii auf die Erfahrung und die Erkenntniss dessen, mit den Categorien übereinstimmt, giebt cs aber nach Rast Erkennen der Dinge an sich. _ ^ i,t Dass es angehornc Vorstellungen geben könne, lässt sich im Geringsten läugnen, es ist sogar eine Thatsache. Alle A jgn, luiigen der Thiere, welche von dem Instincte eingelcitet sind angeboren und unmittelbar, ein der Phantasie vorschwe des, wozu der Trieb vorhanden ist, es zu erreichen. b)as neug ^ borne Schaf und Füllen haben solche angeborne Vorstellung deren zufolge sie auf die Mutter gehen und ihre Zitzen suc Findet nicht auch bei dem Menschen etwas Aehnliches in llinsi seiner -Verstandesbegriffe statt? 2. Seelenleben. Verstandesbegrifje. 5(!> Icli ülaulje «lass man diese Frage in Beziel.ung auf das Den- ken dS IwiJn .eder zu Gunsten von f Hen von Rast entscheiden kann. Aus der ^viederkehrenden Verhindung zweier Dinge m dei i ^ 'vird nur die A'otliwendigkeit, dass, wenn das eine '«rged dt '^ird, auch das andere vorgcstellt werden muss, oder dass wenn ■k-twas wieder kommt, was einst eine angenehme oder ' ''ehtne Empfindung in uns hervorhrachle, diese angenehme odei Unan.enehiL Empfindung jetzt auch als gewiss erwartet wird. Auf S!e, e Art verkettet der Hund die Vorslel lung der Schlage -olhwendi» mit der Vorstellung des Stocks und der Zusammen- kang "wilchen Stock und Schläge ist ihm ein durchaus noth- ^■endiger geworden. Aber diesen Zusammenhang a^ '■eien V.hnlichen Verkettungen gemein unter dem ^ V ^ ^ ^ saclm und Wirkung aufzufassen, ist dem Hunde und |edun ll i^>c Vollends unmöglich. Die Thierc jjilden keine allgemeinen ßegi die. kis llent nicht au der Klarheit und Unklarheit der Eindrücke, denn diese sind l.ei den Thieren gewiss ebenso wie beim Alenschen Rh kin daher der Meinung, dass auch ein Mensch duich hlosse Li- fahrim- der Sinne und durch die Gewohnheit me zu dem ‘dj^tracle kegi-ff^der Causalität komme, wenn der Verstand des Mensche «icht ein gewisses Vermögen der Ahstractiou ™ ^‘Ver- Gedankendhig von dem Gemeinsamen vieler ^^‘‘^.'ke kehi uMei Ver ^ keltungen zweier Dinge, wovon das eine das andere loicleit, zu '^'''^Daae-^en halte ich nicht für den ursprünglichen Inhalt des ^ ® von Kaist oder die Categorien T)'lP#*Orf»Tl lltiitc iCll niCuL 1 Ul * t 1 • /"> i. * 'erstimdes die Verstandesbegriffe von Ka^t oder die Categorien des Aristoteles, diese scheinen mir vielmehr ein Iroduct der kirfuhrung und des Abstractionsvermogens zu seyn; sondern ur- sprünglich ist das Vermögen, durch welches die verschiedenen ^äteg^cen während der Erfahrung erst entstehen, die Fähigkeit, das AlUemeine von ■ mehreren Besonderheiten oder von mehrc- >'en Thatsachen der Empfindung als Gedankend.ng sich vorzu- fellen, d. h. einen Begrilf zu bilden, ik.es« lahig- keit vorhanden, so wird die durch Gcwolmhc.t crfahicne Noth- '^eudigkeit der Veränderung meiner seihst, d«rcli ein Aeussei ^it dL Erfahrungen, in welchen sich k«lt, als Begriff' der Causalilät vorgestedt, niimhch als Nothw. digkeit der Vcränder.uig eines Ohjectes durch e.u ««< entstehen nun alle Verstandeshegnlfe aus dem Eihebeii von k'katsachen der sinnlichen Erfahrung zu Allgcmemem. , Etwas erscheint vor unseren Augen nicht mehr so " ■fr, von Anderen und Viele« «rfaliren wir dasselbe. Beim 11. c k>«iht es hei diesen einzelnen sinuhchen Erfahrungen, he, ‘ "s ahei "«tsteht der Begriff der Veränderung, er «^'iilt hloss d. s, f«rin die anders gewordenen Erscheu.nngen a, h, c, d kommen, und es fehlt daran Alles, was bloss einer ^ ’J‘«>gen a, h, c, d eigen ist. Findet der Wechsel mit A^«"fkcri^^« 'kßf Baums statt, so entsteht der Begriff der ®«keinungen, die sich äadeiu, sind die eiiizelueii Acte g ÄI üller's Physiologie. 2r, Bif. IH. 520 VI. Buch. Vom Seelenlehen. I. Abschn. Natur der Seele. darin, dass sie sielt folgen. Indem dieses von melireren Erscliß'- nungen aufgefasst wird, entsteht der Begrift der Folge. ''nie Fidiigkcit dc,s Begriffliildens ist ültrigens nicht etwa ei besonderes Vermögen der Seele, welches auf die Vorsteilungß” einwirkt, sondern er ist die Wechselwirkung der verwandten Stellungen seihst. Das Vorstellen des Menschen hat den Gra der Aushildung, dass mehrere Vorstellungen zugleich vorhanoe'’ seyn und aufeinander einwirken können. Sind mehrere vcrw'andt« gegenwärtig in welchen das Eine verschieden, das Andere abd gleich ist, so verdunkelt sich das Verschiedene in den Vorstellu"' gen, welche die Vorstellungsmasse bilden, und es bleibt nur d® Gleiche oder Gemeinsame der verschiedenen Vorstellungen zurück- Hekbabt Lehrh. d. Psychologie 143. So entsteht der ßegrift’ “Ct Causalität, als eine nothwendige Folge von a und b, in welcher *• und h gar nichts Bestimmtes mehr sind, und so entstehen all® BegrilTsvorstellnngen von dem Allgemeinen in vielem Einzelne^ enthaltenen. Verdunkeln sich die einander wiederstrebenden uuö aufhebenden Vorstellungen von den Eigenschaften verschiedene*' Species, so bleibt von selbst das Gleiche oder der Begriff der Ga*' tun» als unvei diinkelt zurück. Je allgemeiner die Anwendung dieser Begriffe ist, um so bindender werden sie, wenn sie einmal erfab' ren sind, für den Verstand. Der Begriff' der Causalität ist des- wegen so bindend, weil er allen Veiliältnisseii sowohl den geistigen» als physischen adaequat ist. Würde der, auch aus der Erfahrung abstrahirte Begriff der Schwere eine so allgemeine Anwendung finden, wie der Begriff der Causalität, so würde er für den Ver- stand auch als ebenso bindend erscheinen, wie ein sogenannter Verstandesbegriff. Die allgemeinsten Begriffe, die auf diese Weise gebildet W'cr- den sind Veränderung, Wesen, Unendliches, Endliches, Form» Grösse, Qualität, Raum, Zeit, Bewegung, Kraft, Materie, Objecb Subject, Ich, Causalität, Daseyn, JVichtseyn. Unter diesen Bc- »"riffen ist dann noch der Unterschied, dass einige von allen Din- gen entnommen werden können, von materiellen, wie immateriel- len Dingen. Das sind gleichsam die vornelmisten Begriffe, eben die, welche man auch Verstandesbegriffe oder Categorieen nennt- Bei anderen Begriffen wird der Inhalt, theils aus den physischen Erscheinungen, den Pbaenomena, theils ans der GedankenweB» jVoumena entnommen. Dahin gehören z. B, die Begriffe Materie» Kraft, Bewegung, Object, Subject, Ich n. s. w. Hier schliesst sich nun die Frage an, in wie weit das Denken seinen Objecten, entspreche, und ob es einer absoluten Erkenntnis® der Dinge iähig sei. Im Gefolge der grossen Entwickelung u” Erweiterung, welche die Philosophie durch einige speculatiyc Denker wie Bruho, Spinoza, Schelling, Hegel erfahren hat, i® auch der Satz behauptet worden, dass ein absolutes Erkennd* allerdings möglich sey, und dass der reine Gedanke des Geiste® durch eine Zergliederung seiner selbst auch den Dingen in d®*' JVatur vollkommen entsprechende Gedanken erzeuge. Der Ur- sprung dieses Satzes ist bei Bruno zu suchen, in der Stelle, di wir oben anfülirten: »dieser schaffende allgemeine Verstand ver- 2. Seelenklen. Entsprechen der Phaenomena und Noumena. 521 sich gerade so zur Hervorbringung der Naturdinge, wie sich »insor Verstand in Hervorhringiing der vorgestellten Gattungen '>nd Arten verhält.« Innerhalb gewisser Grenzen ist das Nach- '^^•iken der Dinge durch den menschlichen Verstand wohl rnög- ''ch, und wer das Wesentliche in dem Veränderlichen und Zu- ^^^'ligen durch specnlatives Talent aufzufassen versteht, oder Ge- ®6tze un d Thatsachen autfindet, aus welchen sich viele Erschei- öängen ableiten lassen, erkennt am meisten davon, aber diess '‘ann schw'erlich schon eine absolute Erkenntniss der Dinge ge- ^«nnt werden. Vom Begriff des unendlichen Seyns aus ist es, '"ich mit Benutzung der Erfahrungen im Sinne Hegels, noch i^eluneen eine absolute Erk.en»tniss des Lichtes, der Eleclri- des Lebens zu geben, dieses setzt vielmehr die Erkenntniss ®"'es andern absoluten Unendlichen voraus, als von welchem die Philosophie auszugehen gezsvungen ist. Die Zergliederung der philosophischen Idee in sich selbst kann daher bei den grössten Philosophen nur ein mehr oder minder glückliches Versuchen speculativen Talentes bei einer nicht strengen beweisführenden ^lefhode seyn. • r i r/ Bei Dingen, deren Eigenschaften in einem so einfachen Zu- f'inineiibange und in einer solchen gegenseitigen Bedingung ste- dass sich aus ihrer Definition alle unbekannten Eigen- schaften ableiten und finden lassen, und welche ausser diesen Eigenschaften nichts weiter enthalten, ist auch ein absolutes '''isseii möglich, wie bei den reinen Grössen- und Formenver- '‘»ltnisseii. Mit einem Dreieck, Kreis, Kegel u. s. w. sind alle ®eine Eigenschaften gegeben. Die reine Mathematik ist daher ®i"e absolute Wiskenschaft. Die Axiome, von welchen sie aus- li®ht, sind von dem Verstand unbestrittene Satze az=a, jede Grösse ist sich selbst gleich und dergl. Ausser den reinen Grös- und Formenverhältnissen giebt es aber viele Dinge in der J'atur, von welchen keine solche Definition, kein Begriff gege- ”6" werden könnte, aus dem alle Eigenschaften derselben ab- S®leitet werden könnten und welche ausserdem nichts weiter in enthielten. Es lassen sich zwar auch hier Eigenschallen ent- !*®cken, aus denen viele andere abgeleitet werden können, aber '""Her bleibt an den natürlichen Dingen ausser dem durch die ^i'ine erfahrenen und durch den Adyos zergliederten Eigenschaf- das Meiste übrig. Das Wissen dehnt sich hier nicht auf die ®Esolute Erkenntniss des Wesens des Dinges aus, und ist nur in- ^öfern absolut, insofern gewisse Schlussfolgen aus einem Grund- f'dz, sei er Thesis oder Erfahrungssatz, mit absoluter Notbwendig- •^"it folgen, womit aber nur eine gewisse Reihe von Erscheinungen "der Verhältnissen aufgeklärt ist. Alle Wissenschaften sind dieser '^''thematischen Behandlung fähig, wenn sie einen gewissen Grad Ausbildung erlangt haben. Die Philosophie wurde in dieser ^''acten Form von Spinoza behandelt. In den Naturwissenschaften t^ömmt es auf die Entdeckung solcher Thatsachen an, aus welchen viele wie aus einem Begriff abgeleitet werden können. Wo Fortschritte am grössten sind, gleicht auch die Methode der ” 'ssehschaft am meisten der mathematischen. Aus dem Gesetze 34* 522 VI. Buch. Vom Seclertlelen. I. Ahsrhn. Natur der Seele. der Gravitation lassen sich die Gesetze der Meclianik meiskörper ableiten, aber das Wesen der (iravilatioii der j>la ^ bleibt verborgen. Änf dem Gesetze der TiVigbeit, dass j wegter Körper sich so lange bewegt, bis er beruht die Phoronomie, aber jenes Gesetz ist ein blosser t-i ‘‘ j rungssatz, denn a priori lässt sich nur sagen, ein Röqrer bewegt so lange als er bew'egt w'ird, a=zn. Das Studium der kungen electrischer Ströme aufeinander durch Ampere, lühite z ^ Entdeckung von Gesetzen, ans welchen die electromagnetisc Erscheinungen mit gleicher Evidenz abgeleitet werden wie die geometrischen Wahrheiten aus ihren Axiornen. fundamentale Gesetz, dass zwei electrische Ströme sich anzielK-.^ wenn sie nach gleicher Richtung gehen, sich abstossen, wenn nach entgegengesetzten Richtungen geben. Aber die Natur r Electricität ist doch verborgen. Die Mechanik der Nerven j rnht grösstentheils auf dem Erfahrungssatze, dass die Nerven sern in ihrem Verlaufe getrennt bleiben. Die Physik der E|' Wickelung und des Lebens der Zellen in den organischen Kot' pera wird die Grundlage für die Theorie der zusamuiengcsetzteslc^ Erscheinungen der pllanzlichen und tbierischen Vegetation den. Die Erscheinungen der Seele werden erfahren, wie a] ^ physischen Erscheinungen, und die Psychologie ist den senschaften durchaus ähnlich, auch hier lasst sich das Gescht- > so beobachten, dass eine Ableitung der Erscheinungen mögi“' ist, aber das Wesen der Seele bleibt immer verborgen. ^ Hieraus lässt sich einsehen, welche Methode in den Nal'»' Wissenschaften die fruchtbarste seyn müsse. Die wichtigsten ! j. beiten in denselben sind weder allein durch Zergliederung * Begriffe der Philosophie,, noch allein durch blosses Erfahre _ gefunden worden, sondei’n durch eine denkende Erfahrung, welc^^ das Wesentliche von dem ZulVdligen in den Eifahrnngen scheidet und dadurch Grundsätze findet, aus welchen viele Erfa rnngen abgeleitet werden. Diess ist mehr als blosses Erfahre und wenn man will eine philosophische Erfahrung. ^ j In allen Wissenschaften kommen Begriffe voi', denn sie s'ä das wirklich vorhandene Allgemeine, was durch die Sinne selb* nicht mehr erfahren, sondern durch den Geist abstrahirt Die Begriffe kommen uns nur aus der Zergliederung der Efu* ' Tungen, Die Naturwissenschaften zergliedern die Ersoheinungß'b um daraus Begriffe und Verhältnisse der Vorstellungen von de Dingen zu bilden. Das eigentliche Gebiet der Philosophie *did Begriffe vorzugsweise und ihre Verhältnisse zu einander, und zieht daher aus allen andern Wissenschaften ihre Nahrung verbindet alle Wissenschaften. Sie ist trotz ihrer Verwandtscha^ zu der philosophischen Behandlung der einzelnen Wissenscha doch um so mehr eine selbstständige Wissenschaft für sich als sie es auch mit den Begriffen zu thun hat, die nicht ei» Wissenschaft allein, sondern vielen oder mehreren zugleich Grunde liegen, wie Seyn, Wesen, Zufall, Veränderung, Quantität, Qualität, Raum, Zeit, Materie, Geist u. s. w. Begriffe sind nur einzelnen Wissenschaften vorzugsweise eig® > 2. Seelenleben. Menschen- und Thier seele. 523 ^ie der der Kraft, und Materie, der Bewegung, der Schwere, “^Jer soweit Begriffe in einer Wissenschaft Vorkommen, aus wei- chen Erscheinungen abgeleitet werden, so weit ist sie auch p a, ^osophisch. Menschen- uunen i« mehreren Puncten iihereln, in anderen unterscheiden sie S'cli. Beide bilden Vorstellungen von Sinnescrscheinungen, be- wahre« sie und reproduciren sie, bei beuUm faidet Association '“'er Anziehung der Vorstellungen nach gewissen Gesetzen statt, '»W nur der Mensch vermag aus mehreren e.nzel.mn Ersebemun- sich ein Gedankending zu bilden, welches nicht für die e ■*':lnen Erscheinungen, sondern für das Gemeinsame m ihnen gff, '>^r der Mensch vermag Begrille zu bilden. Sobald diess Ge- '“einsanic mehr ist als der Iiibegrift der hauhgsten “ ‘'eHichsten Charactere eines siniiliclicii Pmgs, so ut das imer “'ifahi^ es aufzufassen. Man kann daher mit einem Worte den Unterschied des thierischen und n^enschlichen Seelenlebens so i'Usdriicken, dass den Thieren der Aoyoc; durchaus lehlt. Mit ‘l>ni ist die ganze geistige Büdungsfahigkcit des J«ch die Mögdichkeit der Sprache gegeben. Das ganze « ^ - '>ei, der Thiere geht nicht über das niedere Vorstellen und Stre- ‘>«ri und aiT Association der Vorstellungen sinnlicher Eindrücke. Die Association der Vorstellungen von siniilicheii Eiiidmcken geschieht bei den Thieren und dem Menschen nach dem Gesetz '^'^rwhuimdesAel.nlichcu, des gleichzeitig nebeneinander vor- äweleiien, und des sich Folgernden. Aber i-m Men- '«l■en associiren sieh auch llegnfte zu Vors cllungen das Allgc- **'eine schreitet zu seinen sinnlichen Einzelheiten, das Eiiize ne 'nieder zu einem allgemeinen Begriff fort, zu welchem das Liiizcliic S^hört, . • f'v* **. Das Thier kömmt zwar sehr leicht dahin, zwei Dinge mi '^.■"'•'nder in Verbindung zu bringen, aber es ist, was imui >\'|cl. von "'er Vernunft der Thiere gesagt hat, platterdings unfähig emen all- Seinelneii Begriff zu bilden. Dass man hier von allen uistinktartigen ''«‘■uünftisen Handlungen der Tliiei-e absehen muss, versteht sich ^•‘ch den früheren Bemerkungen über den Instinkt von selbst. Em ‘lund wird sich nach und nach gewöhnen sich vorzustelleii, das» 'Mehrere Hüte und Mützen von verschiedener Gestalt sammt und '"«ders auf den Kopf gesetzt werden, aber er wird me daraus S Begriff einer Kopfbedeckung bilden Es findet zwar schon dc,r eiiilachsteii Vorstellinigcn sinnlicher Gegenstände etwas Begriff bilden Analoges statt, wie Herbaht mit Rceht bt- *"«rkt, hisofera in der Seele nicht ein allen Einzellieiten Fntspie- ''•hendes, alle einem Dinge entsprecliendeii llieilvorstellnngen ‘ückbleiben, sondern nur ein duukeles Bild von denieoigeii S^Uschaften, welche einem Ding am beständigsten eigen Sinne wird auch ein Thier BegiUisvorslcllungen haiieii. Eui Hund wird seinen Herrn noch erkennen, wenn er mi ( lesei 524 VI, Buch. Vom Seeleiüelen. I. Ahschniit. Äatur der Seele- oder jener Kopfbedeckung oder ebne sie, nackt oder am Körpe>‘ bekleidet erscheint, er erkennt dasselbe I3ing aus inebrei'cn Ver- schiedenheiten heraus, weil einige Hauptsachen bleiben. Ein Hund wird bei sehr verschiedener Bescball'enbeit eines Stockes diesen doch für das gleiche halten, und die Schläge dazu in Association bringen- Aber alle weiteren Eegrifl'e, die über die sinnlichen Erscheinungen hinausgehen, und auf der Wii kung in den Vorstellungsinassen h®' ruhen, sind ihm fremd. Der Hund erkennt das gleiche Ding trotz sei- nei’ Verschiedenheiten wieder; aber die Vorstellung der Gleichheih des Wesentlichen, Beständigen iiii Gegensatz des Zufälligen, Ver- schiedenen, Veränderlichen sind ihm unzugänglich. Denn die**' beruhen auf den gegenseitigen Wirkungen von Vorstellungsinassß" wie A, a, a, a, und B, h, ß, b und C, c, y, C u. s. w., die sicjj gegenseitig, das V’crschiedene dem Vei’schiedenen , A, B und ^ untereinander das Gleichgewicht hallen, bis zu völliger Verdun- keinng, so dass nur das in Allen vorkommende Gleichsevn übri?' bleiht. Die zusammengesetzten Seelenersclieinungen der Thiere gön- nen sehr zweckmässig seyn, ohne doch Etwas von einem Begr*n zu enthalten, und ohne etwas mehr als Associationen von SiniJe*- eindrücken zu seyn. Die Katze, welche die Thüre der Stube ihrer menschlichen Hausgenossen verschlossen findet, bleibt davor liegen bis sie eingelassen wird. Sie lässt ihren instinktartige" Klagelaut hören, ihr wurde schon einmal oder mebrnial unter diesen Umständen die Thüre geöffnet und sie assocllrt die schon dagewesene Reihe der Acte, bis das durch die Association Geför- derte wirklich wird. Ein Thierwärter hielt einen seiner Affen aU einer langen Stange, eine Schnur hing von dem Allen herab. Herr wollte au der Schnur den Affen herahziehen, aber diese*» der keine Lust hatte herahzukommen , zog jedesmal die Schi'U* mit den Händen herauf, sobald der Wärter sich anschicktc *h'’ herahzuzlehen. Diess alles erfolgt nach früheren Associationen» nicht anders wie das Davonlaufen des Thiers, wenn der Stoc^ gezeigt wird, mit dem er Schläge erhallen hat, und das ve*- schärnte Hiugehen des Hundes, der auf einer That ertappt W***^' die früher unangenehme Folgen für ihn gehabt hat. Bei den Associationen des Menschen laufen ausser der Ve;’' hinJung des Gleichzeitigen, Successiven und Aehnlichen hestänuiS Begrifle mit ein. Vom Blauen springt die Phantasie auf die lerei, von dieser auf Raphael, von diesem auf den Begriff Schönheit, von diesem auf ein speciell Schönes, und so vom gemeinen zum Concreten, von diesem zu anderem Allgemeinen uu anderen Concreten ah. Geschieht diess hei der Association unbe- wusst oder dunkel, so werden beim Denken das Allgemeine u» Besondere mit Bewusstseyn verglichen, und das Eine auf das An- dere angewandt. Die Begierden und Le.idenschallen sind den Menschen Thieren zugleich und gleich heftig eigen, aber in die Leidenscba - ten der Thiere gehen keine Begriffe, sondern nur sinnliches 6*|’' Die Anhänglichkeit und Treue der Thiere haben ihren Grund **' der Association der angenehmen Erfahrungen mit der Vorstelhmlf ‘i. Seelenleben. Menschen, und Thierseele. 525 •ind dem Bilde der beslimmteu Person. Menschen und Ihiere «»■streben was angenelirn ist und fliehen das Unangenehme. Aber «ur die Menschen sind von Begrifleu und Gedanken angenehm *»nd unangenehm bewegt. „ Aus dem Vorhergehenden lasst sich schhessen, »•»'SS « ' , ■«nleben des Menschen und derXhiere sich nicht hloss durch Duukel- ^'eit und Klarheit der Vorsfellungeii, sondern durch JL.ntacnheituud Zusammensetzung und Wechselwirkung prägte, sieht nach taglanger Ruhe und anderweitiger Beschäf- l'gung zuweilen plötzlich die Conliguration der Canälchen, der ’*)ikroskopischcn Gebilde mit scharfen Umrissen, wenn gleich ohne Eigenes Licht und ohne eigene Farbe vor sich. Davon wird spä- ausführlicher bei den Phantasmen gehandelt. Es scheint, dass die Empfindung sinnlicher Eindrücke sich von der Vorstellung derselben ohne die qualitative Energie der Empfindung dadurch '•"terscheidet, dass bei einer bewussten Empfindung eigene Zn- ®tande der Nerven , z. B. der Netzhauttheilchen , zugleich Ein- drücke auf die Seele machen und dadurch die Vorstellung durch ^l^’as modificiren, welches beim einfachen Verstellen nicht voi'- i'iinden ist. Wird die Vorstellung von einem sinnlichen Gegenstände oft der Vorstellung von einem gewissen, auch noch so uuadae- 528 VI. Buch. Vom Seelenleben. Il.Jbschn. V. d. Seelenäusserungen. cjuaten mul ganz willküriiclien Zeichen verbunden, so treten. sie in Folge der siniter zu erläuternden Gesetze der Association • wechselseitige A'erbindung, und es wird dann später jedesmal le Vorstellung des sinnlichen Gegenstandes hervorgerufen, so oft • Vorstellung des Zeichens eintrltt und umgekehrt. Hierauf heru* die Verständigung durch die Sprache, Notenschrift und deig- Reihen von Zeichen rufen hier ganze Reihen von Vorstellunge'’ sinnlicher Gegenstände hervor. 2. Begriff svorslellungen. Begriffe. Jede Vorstellung von dem Allgemeinen in mehreren Vorstel- lungen enthaltenen oder mehrere Vorstellungen umfassenden, ein Begriff. Die einfachsten Begrift'svorstellungen stehen den Ein- zelheiten noch so nahe, dass sie sich nur durch die Ein plindungen selbst näher bezeichnen lassen, wie das Blaue, das Rothe, der aus vielen blauen, rothen Einzelheiten abstraliirte Begrifl des Blauen, Rothen, die Vorstellung der Farbe, die sich doch nur als da^ Gleiche bei verschiedenen Empfindungen bestimmen lässt. Aue i die allgemeinen Verstandesbegriffe, verknüpfen sich mit Zeichen, und ihre Vorstellungen wiederholen sich mit den Zeichen. B«' diesen allgemeinen Begriffen trifft es sich oft, dass die mit ihren Zeichen gewöhnlich populär verknüpften Vorstellungen nicht der wahren tiefem Bedeutung dieser Begriffe vollkommen entspre- chen. Davon rührt es dann her, dass viele Menschen statt um wahren Begriffen, vielmehr wie man sagt, mit Worten denken, und dass es in einigen Sprachen oft so schwer ist, gewisse tie- feie und nach wahren Begriffen gedachte Vorstellungen wiedei- zugeben. 3. Process des Vorstellens ^ ylssociation der Vorstellungen. Jede Vorstellung, welche in der Seele entsteht, behält nur für einen gewissen und sehr kurzen Zeitraum ihre Lebhaftigkeit , sehr bald wird sie von anderen Vorstellungen, die ihr an B.eb' baftigkeit zuvorkommen, verdrängt und diese erfahren dasselJ® Schicksal. Eine auf diese Weise verdrängte Vorstellung ist nicht mehr bewusst, und es können immer nur eine oder mehrere un- tereinander verbundene Vorstellungen bewusst seyn. Bei den Sinnesempfindungen beobachtet man etwas Aehnliches. Von meh- reren zugleich stattfindenden Einwirkungen auf verschiedene Sin»® wird oft nur diejenige bewusst, auf welche sich die Seele fixirb und zuweilen bleiben alle Sinneseindrücke unbewusst, wenn die Seele mit einer, den Sinneseindrücken fremden Vorstellung be- schäftigt ist. . Die einmal dagewesenen Vorstellungen sind aber der See e nicht verloren, sie treten unter gewissen Bedingu[.j,en mit ihret ganzen Lebhaftigkeit wieder ein und werden wieder bewusst. Es fragt sich, ob das Bewusstseyn zu dem die Vorstellungen kommen, von der Vorstellung selbst verschieden ist, und ob t>® Vorstellungen davon gleichsam erleuchtet und hernach wiede verdunkelt werden, wenn sie dem Bewusstseyn entfallen, oder o die lebhafteste Vorstellung vielmehr nur die bewusste Vorstellung ist. Wir können uns aber ein blosses und von den Vorstellunge» isolirtes Bewusstsein schwer denken, auch das Selbstbewusstsej» 1, Vom Vorsiellen. Association der Vorstellungen. 529 Bewusstseyn einer Vorstellung. Die Annahme, dass das Be- "'iisstseyn die lebhafteste, d. h. die wirkliche Vorstellung ist, *'^l*eint zur Erklärung der Erscheinungen zu genügen. Der Pro- ®ess des Vorstellens wird dadurch zu einem einfachem Vorgang, ^®i dem es nur darauf ankommt die Gesetze zu erkennen, nach '''eichen die Vorstellungen lebhaft oder bewusst oder wirklich "'erden, und aus dem Chaos der möglichen Vorstellungen hervor- ^•■eten, wahrend bei der Annahme eines von den Vorstellungen getrennten verschiedenen Bewusstseyns, immer wieder ein uner- klärtes hinter den Vorstellungen Hegt. Siehe Hehbart Lehrü. d. ^^^ycholugie /). 12, Stiedenrotu Psychologie p.5Q. Darum können 'l'e unbewussten Vorstellungen, welche bloss möglich, aber nicht "'irklich sind, als ruhende Vorstellungen, die sich gegenseitig l'emmen und im Gleichgewicht halten, die wirkliche oder be- "'usste Vorstellung aber als frei thiitige Vorstellung oder die sich '"Erstellende Vorstellung angesehen werden. Eine Vorstellung, welche einer andern wirklichen folgt, um Selbst wirklich zu werden, muss der vorigen entweder ähnlich ?®yn oder wenn unähnlich, ihr verwandt seyn dadurch, dass sie 'kr schon einmal gefolgt ist, und sie mit ihr zu einer Vorstellung ''»n grösserm Einfang verbunden war. Diese Verhältnisse, welche *"Eh bedingen, haben insgesammt mit einander die Verwandtschaft Scinein. Das ähnliche zieht sich an und so ziehen sich auch die ■'ktilichen A'orstellungen an. Siehe Hegel Encyclupaedie p. 422, "«rgl. Be.neke Psychologie p. 32. 72. Man drückt sich ebenso '■‘chtig und ebenso bildlich aus, wenn man sagt, die Bewegung keim Vorstellen pflanzt sich in dem durch Gleichartigkeit, Suc- "^ssion oder Zusummenseyn aneinander Gebundene, oder noch einfacher in dem bei früherm Verstellen aneinander Gebunde- "«a fort. Die Thätigkeit in der bewussten Vorstellung besteht darin, 'l*ss sie in ihrer Intensität oder Helligkeit von einem Minimum k's Maximum wächst und wieder abnimmt. Hierbei wirkt die ^‘rkliche Vorstellung auf die Masse der ruhenden Intelligenz aurch Wahlverwandtschaft, und gleichsam das Gleichgewicht ?^fsetzend ein, und zieht zu sich die verwandte Vorstellung Thätigkeit oder pflanzt ihre Bewegung aut sie fort. Die i^rrschcndc Vorstellung hat selbst keinen Bestand, sie wird ver- ^'’äiigt in Folge einer neuen eintrelenden Sinnescrscheinung und 1®*" durch sie hervorgerufenen Vorstellung. Sind diese der IVü- hern Vorstellung heterogen und tritt die neue Vorstellung in S*’össere Thätigkeit, was schon jede von einer Sinneserscheinung pWeckte Vorstellung voraus hat, so kömmt die frühere Vorslel- “•Eg um so mehr aus der Intention, als die spätere hineintritt, '^"'eitens hat aber auch bei dem ohne alle neuen Sinneseindrücke l^'EUrindenden Vorstellen, eine einmal entstandene Vorstellung nicht ^^ge Bestand Da sie als thätige Vorstellung die verwandten ^uzieht, so entstehen bald mehrere Glieder, die sich anzie- en. Von der Vorstellung eines Baums finde ich mich also- bei der Vorstellung eines Waldes. Die Vorstellung des '’aldes wirkt aber auch anziehend auf das Verwandte und es 530 VI. Buch. Vom Seelenleben. II. yUjschn. V. d. Seelenäusserungen. stellt ^ich die Vorstelluns; des Holzes ein, diese wirkt weder an- ziehend und es tritt die Vorstellung eines Gebäudes, eines iV morteinpels, einer Statue ein. Diese Glieder hänpn zwar unt^ sich durch Vervvandtscliidl zusammen, aber das letzte dem ersten, die Vorstellung der Marmorstatue hat keine Ver- wandtschaft zur Vorstellung eines Baumes. Immer aber wird ' letzte Vorstellung zu einem neuen Anziehungspuncte, während u ^ älteren Vorstellungen sich beruhigen. Soll eine Vorstellung n*** i.inaere Dauer behalten, so muss sich ihre Anziehungskraft aut Vo - Stellungen äussern, welche in der Verwandtschalt zur frühem ” Stellung bleiben, z. B. indem man vom Ganzen zu einem Ihe-i von diesem zu einem andern Theil, zu den Verhältnissen Theile und von Zelt zu Zeit wieder zur Vorstellung des Ganze ^ übergeht. Zwei glclcliartige Vorstellungen verstärken sich gegen seiti«” zwei heterogene schwächen sich gegenseitig, eine trauug Vorriellung wächst durch das Verwandte, eine freudige und ^rau rioe stumpfen sich ab und beruhigen sich gegenseitig, oder i* die eine im wachsen und anzleben des Verwandten begriffen, so ceräth die andere zur Ruhe. ... i.... Die Aiizieliung der Vorstellungen erklärt, wie sich aus dci» vorhergehenden ergiebt, hei weitem nicht alles, und es lässt «c'» durchaus nicht einsehen, warum die neue oder angezogene Vor- stellung lebhaft wird, die anziehende oder frühere Vorstellung ahe* sxh verdunkelt. Wäre es niit der blossen Anziehung gescheheih so würden sich Haufen bilden, und nicht die neueste Vorstelhmg, sondern die Summe der schon vorhandenen gleichartigen Vor- Stellungen anziehend wirken. Macht man den Versuch abe^ezogej von allen Sinneseindrücken in der Stille und im Dunkeln sie etwas vorzustellen und diese Vorstellung dauernd zu behalten, so wird man finden, dass es diirehaus unmöglich ist. Trotz aller Inten- tion auf die Vorstellung Vogel wird uns schnell eine andre vci^ wandte vorschweben, z. B. Tegasns, dann vielleicht Dichtkuns , sofort Homer, Achilles, Achillessehne, Muskellehre, Alhin u. s. W' Es scheint daher, dass es ausser der Anziehung verwandter Vorstel- lungen noch etwas gieht, welches jeder Vorstellung so gut ihr Ende bestimmt, wie eine Bewegung eines Körpers, der eine fort- schreitende Bewegung in anderen hervorhringt, selbst doch zw Ruhe kommt und noch ehe sich die von ihm ausgehende Bewe- gung auf alle Glieder fortgepflaiizt hat. Ohne eine solche Hei»- iniing lässt sich nicht einsehen, wie eine einmal bewegte Vorste hing zur Ruhe kommen soll. Bei der Wellenhewegung ist t ‘i^ Beruhigende das Streben nach dem physischen Gieichgewicht- 35ei der Bewegung der Vorstellungen kann nicht an ein male rielles Hinderniss gedacht werden. Es scheint aber, dass aiic t hier das Gleichgewicht der in der Seele vorhandenen, aber h**' ruhigten Vorstellungen die Störung des Gleichgewichtes dure» die Spannung einer Vorstellung wiederlierstellt. Die Dauer eine Vorstellung häagt daher von der Zeit ab, welche nöthig is ? ])is sic ins Gleichgewicht getreten ist. VJiiterdcss hat sich ö‘e Bewecun'^ der in der Spannung befundenen Vorstellung aut eine lindere fortgepllanzt und diese befindet sich jetzt in der Spannung- 1. Vom Vorst dien. Association der Vorste/limgcn. 531 P'e Dauer einer Vorstellung hiingt iibrigens aiicli von der Grösse 'hrer Bewegung und davon ab, wie scbncll und weit sieb ihre Bewegung in ibrem eigenen Inbalte förlpllanzt. Es liegt also in der Natur des Vorstcllcns ein Fluss, indem ^*e Spannung über die früher berubigten und im Gleicbgewiebt I ^befindlichen Vorstellungen wie eine Welle weggeht, und es gera- '•‘en die Vorstellungen hierbei wie die Theiichcn in einer fort- laufenden Welle von einem Minimum in ein Maximum und wieder lu ein Minimum der Bewegung. Es verstellt sich von sellisl, dass 'iiess nur ein von körperlichen Erscheinungen hergenommenes llild ist. Die sich fortptlanzende Spannung der Vorstellungen ist die Welle, das Vorgestellte wechselt, wie die Theile, die nach •binander in die Welle gerathen und von der fortschreitenden ^^elle hinter sich gelassen werden. Die Vorstellungen, über welche sich das Vorstellen oder die Spatinun" fortpflanzt, sind immer nur verwandte. Alle in der {beruhigten Masse der Vorstellungen befindlichen heterognen oder '“dilferentcn Vorstellungen werden davon nicht berührt. Die lulgende Vorstellung ist der vorhergehenden weder absolut gleich, I bboch absolut davon verschieden, in einigem ist sie gleich, in an- deren verschieden, wie Blatt und Baum, Gattung und Species, Achilles und Acbillessebnc, Meer und Fisch. Das folgende und ''orbergeheude sind sich nämlich verwandt in Umsicht des Inhal- tes oder der Theile, oder, wenn ganz heterogen, verwandt durch ein früheres gleichzeitiges Vorkommen in einer Sinnesanschauung, ebder durch eine früher stattgefundene Succession. Mit Leichtig- keit wird das Nebeneinander einer Gegend, und das Successive I einer erlebten Periode einer Reise nach einander vorgestellt. Auch I ‘iie Gegensätze sind nicht ausgeschlossen. Denn die Contrasle *ind nicht heterogen, sondern gehören unter den Begriff des Ver- I Sandten. Das Kleinste und Grösste, die leicht associirt werden, ®*nd relativ, die Vorstellungen von gross und kleM, von hell und Aunkel liegen sich so nahe, dass klein und gross, heller und dun- kler oft nur nebeneinander unterschieden werden können. I Da jede Vorstellung viele verwandte hat, eine Vorstellung ' ''ker immer nur eine der verwandten zur Folge bat^ so wird es ®üf die Disposition der "verwandten und beruhigten Vorstellungen *är Bewegung ankommen. Vorstellungen die gestern und w'ieder- ^ält da gewesen, bedürfen zur Wiederkehr keiner so grossen Verwandtschaft als sehr selten und längst vorhanden gewesene. ^1‘erbei ergiebt sich, dass die beruhigten unbewussten Vorstellun- 8en nicht als im absoluten Gleichgewicht befindlich angesehen '^«rden dürfen. Sie bilden nicht bloss die ruhende Intelligenz, f’bs Welcher das Vorstcllen seine Nahrung erhält, und welche die ^I^Wegtere Vorstellung ins Gleichgewicht zieht, sie sind seihst auc i *''cbt ohne kleine dunkel bleibende Bewegungen, und sie kommen ^'^ar nicht auf den Tummelplatz des wirklichen Vorstellens, bleiben aber der Bewegung nicht ganz gleichgültig bei den staltfiiulenden ^Piinnungen, und gcruthen je nach den vorkommenden gespannten '^prslellungen in Disposition zur Spannung. Zuweilen bemerken "•r deutlicb, dass eine Vorstellung dunkel neben anderen hellen 532 VI. Buch. Vom Seelenleben. lI.Abschn. V. d. SeelenUiisserungen. vorhanden, und im Streben 7,ur Klarheit ist. Wir erinnern niis dnnkcl einer Person, einer Sache. . , Fassen wir Alles zusammen, so kann behauptet werden, je“ ' Vorstellung ist im Zustande der Bewegung, d. h. des Freiwerden* aus dem allgemeinei« Gleichgewichte, im Stande eine verwandt in Bewegung zu setzen, tind verliert, indem sie dieses thut, ih'"® eigene Bewegung. Ihre vollständige Beruhigung erfolgt allroäbhS» nachdem schon längst andere Vorstellungen an der Reihe sin“) das geht daraus hervor, dass man sich der vorher da gewesenen Vorstellungen leicht erinnert. Ob der Fluss der Vorstellungen heim w'achendcn Menschen jemals für einige Zeit zur Ruhe komme, ist zweifelhaft. glauben zuweilen in einem so ruhigen abgespannten Zustand seyn, dass wir uns gar nichts vorzustellen verkommen. Indessen kann hier die gespannte Vorstellung eben die seyn, dass wir un* vorstellen nichts vorzustellen. Es steht jedoch nichts der Annahiu® entgegen, dass hei Ahhallnrig aller neuen Sinneseindrücke »n Schlafe eine völlige Beruhigung aller Vorstellungen für einig® Zeit möglich sei. Uehrigens ist der Fluss der Vorstellung®“ nicht bloss hei verschiedenen Menschen, sondern auch bei detn- selben Menschen, je nach den Umständen verschieden schnell- Geistige Anstrengungen und manche körperliche Zustände, Fieber» Nervenreizung, ein gewisses Stadium der Narkose, Schlaflosigke' machen diesen Fluss schneller. Die Nahrung, zu viel der Spir’' tuosa, körperliche Ruhe, Schlaf machen ihn offenbar langsamer- Die Association der Vorstellungen beschränkt sich bei deOJ niedern Vorstellen, dessen auch die Thiere fähig sind, auf Stellungen von räumlich nebeneinander dagewesenen Dingen, un“ auf die in der Zeit sich gefolgten Vorstellungen von bloss sinnli- chen Gegenständen und ihren Theilen. Die Begriffe sind auch Vorstellungen und sie gehen auch in die Association der Vorstel- lungen mit den Vorstellungen der Einzeldinge ein. Ein verän- dertes Einzelnes kann den Begriff der Veränderung, der Begn“ der Veränderung den Begriff der Bewegung associiren, der sich zu jenem als Art verhält. Das Grosse erregt den Begriff dd' Grösse, die Vorstellung des sehr Grossen die Vorstellung des un- endlich Grossen, der des sehr Kleinen des unendlich Kleinen, da* sich beim Wechsel mehrerer Eigenschaften Gleichbleibende erregt den Begriff des Wesens, dieser den des Zufälligen u. s. w. dieser Art der Association der Begriffsvorstellungen ist die zeitli- che Succession und das räumliche Nebeneinander untergeordncl- Vielmehr besteht hier der Wechsel der Vorstellungen in einen* be.ständigen Erweitern und Zusammenziehen des Vorgestellten, di® Association schreitet vom Einzelnen zum Allgemeinen, von diesen* wieder zum Einzelnen, von da wieder zu einem andern Allft®' meinen u. s. w. fort. Narcisse, Blume, Pflanze, organisches e- sen, Thier, Elephant, Elfenbein, Kunst, Gemälde, Pinsel, Haar®» Horn, Schwiele, Narbe, Entzündung u. s. w. Beim Lesen greifen zwei Reiben von Vorstellungen ineinan- der, die der Zeichen und die der Dinge die sie bedeu- ten, wobei die Glieder der entsprechenden Reihe unter einao- 1. Vom Vor s1 eilen. /Association der Vorstellungen. 533 Jer in stärkerer An7.ieln.ng bleiben. Wir.1 Jas Gelesene vorge- ‘ranen so ist noch eine dritte Reihe vorhanden, ebenso beim ‘''piel der Musik nach Noten. Bei einem so zusammengesetzten Mechanismus, wo beständig Vorstellungen von Zeichen mit Vor- slellmioen von Regriflen und Einzelheiten ahvvechseln, muss na- ^ärlich” die Verkettung der Vorstellungen unter sich ersclnvert ®«in, je mehr beständig die Vorstellungen der Zeichen die Kette der Ideen unterbrechen. Daher überraschen wir uns so leicht •»eim Lesen unter einer ganz richtigen Association der Vorstel- '«ngen nach den Zeichen bei gänzlichem Unverständn.ss des Zu- sammenhanges der Vorstellungen. „ , . -i Das Vergessen einer Sache beruht auf der Versetzung ihrer '’orslellung ins Gleichgewicht mit den übrigen, die Erinnerung auf der Bewegung dieser V'orstellung aus dem Gleichgewicht, ^us dem Vorhergehenden ergiebl sich, dass es ein Gedächtniss ?•« besonderes Geistesvermögen nicht gielit. Keine Vorstellung '*1 verloren, und cs giebt keine Tbäligkeit des Vorstellens ohne ^^däclitiiiss. In eiern Grade als Jemand die Fidii^keit der leb- haften Association verliert, verliert er auch das Gedächtniss. Die des Gedächtnisses ist daher auch verschieden nach der ver- *«liiedenen Fähigkeit der Menschen zum niedern und Wstellen. Manche haben ein grosses Gedächtniss iur Wörter, Satze, Reden, Successiou der Einzelheiten und Nebczcina.u er der Einzelheiten, ohne ein gutes Gedächtniss für Regr.llsvorstellungen ‘'nd ihre Verbindungen zu haben und ohne viel geistiges ialent besitzen Diess kömmt daher, dass ihre Association am mei- sten sich in Einzelheiten bewegt. Andere stossen beim Associiren Wändig auf Allgemeinbeilcn, welche ihren Gebt von den Reihen zeitlich folgenden oder räumlich verbundenen Einz.elheiten ^Eziehen und zum Abschweifen auf Gedanken verleiten. Diese *','äl dann weniger zu dem Gedächtniss in der Weise des iiiedeni )j'‘»'stellens liefähigt, können aber ein sehr gutes Gedächtniss für '«riialtnisse der Vorslellungen nach den Begriffen haben. Wir können der Association der Vorstellungen eine Directioii Sollen und dadurch auch das Erinnern dirigiren. Wenn ich mir Vorkommnisse einer Reise vorstelle, so kann ich die Succes- des Historischen auch rückwärts vom Ende bis zürn Anfang Reise ablaufen lassen. Es wird dann das Abläufen der Vor- *lellungen einer Hauptvorstellung untergeordnet, nämlich derVor- *^«llang der umgekehrten Folge. Eigentlich ist auch diese Dire- eine nothwendige, die Haiiptvorslellung ist gegeben und das erfolgt mit phvsischer Nothweiuligkelt, weil das Gesetz ?f8ehen ist. Diese Directioii wird so lange bleiben, bis die ‘“äptvorstellung ins Gleichgewicht gezogen ist. So kann ich mir ''®*'nebmen eine Zeitlang lauter Gegensätze vorziistellen, weiss ^'’d schwarz, Wesen und Zufall, unendliches und endliches, klein gross, innerliches und äusserliches u. s. w. Aul diese Weise wir auch einer Sache uns zu besinnen. Oft gelingt es • . Vrtr»cfplliinrr ''^ht, gerade darum, weil die zu einer verwandten Vorstellung S^suchte Verstellung, z. B. das Wort zum Begriff nicht in ^er ^'^'geschlagenen Direction der leitenden Vorstellung liegt. Die 534 VI. Buch. Vom Seelenleben, II. Ahsclin. V. d. Seelenüusserungen. gesnclite Vorslellung stellt sich auch zuweilen im Minimum Je* Klarheit ein, und wir merken, dass sie fjanz nahe ist, aber nich zur vollen Klarheit kommen kann, oder das {gesuchte Wort da, aber fehlerhaft, weil ein Tlieil seiner Laute oder Schrilt^®*' eben durch eine contnire Vorstellung noch im Gleichgewicht gC' halten ist. Zuweilen gelingt das Besinnen leichter, indem nnm von ganz heterogenen gleichgültigen Dingen denkt oder redeh unter diesen findet sich dann leicht eine Assonanz die zur gedach' ten Vorstellung führt. Auch wenn man sich vornimint etwas z*j behalten und zur bestimmten Zeit auszufüliren , und es hält, sin* die Vorstellungen unter der Herrschaft einer leitenden Vorsiel' hing, und führen von Zeit zu Zeit, wenn auch auf grossen Uni- wegen, auf das Thema zurück. Das productive Vorstellen oder Phantasiren in Vorstellungen unterscheidet sich vom einfachen reproducirenden A^orstcllen durcn die freie Umgestaltung des Vorgestellten über die in den ErinnC' rungen vorgeschriebenen Grenzen. Man kann diese Productivitnl der lebendigen Vorstellung, diese Gestaltung derselben am licste" am Abend im Dunkeln an sich selbst beobachten. Am helle" Tage ist die Gesetzmässigkeit in den Siuneserscheinuiigen d" Hinderniss für die reine Productivität des Vorstellens. Slrj'l man sich im Dunkeln ein Gesicht vor, so behält es nicht leich lange seine Formen, sondern es gestaltet sich um, verzerrt sic" oft mit schreckender Lebendigkeit, und die daraus entstehende" Gestalten sind keineswegs nur solche, die durch die Sinne schoi* einmal fertig in die Seele eingegangen sind, sondern neue über- raschende Combinalionen. Man hat sich darüber gestritten die Phantasie neues zu bilden vermöge. Die Elemente aller Phai*' tasiegebilde sind immer nur aus Vorstellungen genommen, di® durch Erfahrung in uns gekommen sind. .\ber die Verärulerun» und Comhination dieser Elemente zu neuen Produclcn ist kommen frei. Im dunkeln Sehfelde vor den Augen zieht d"^ Phantasie alle belicbige.n Grenzen, und da die Gestalten bloss ■v"" ihren Grenzen abhangen, und da jederlei Grenze vorgestellt 're*"' den kann, so müssen durch diese Thätigkeit Figuren vorgestrH werden können, welche nie als solche da gewesen sind. Ein niger productives Voistellen wird auch hier beim blossen Co*"' biniren des schon früher vorgestelllen bleiben, wie bei der Ve*- hindung der Flügel des Vogels mit der Schul tei' des Pferdes, dß^ Fischschwanzes mit der Gestalt eines Vierfiissers. Die fj-eiesl" Productivität wird ausser der Comhination des früher vorgcsld ' ten dieses auch verändern, sich erweitern, umgestalten lasse"- Wenn Goethe sich eine Blume im dunkeln Sehraume vor d*’" geschlossenen Augen vorstellte, so nahm diese Gestalt, wie er sich selbst erzählt, die überraschendsten Veränderungen an, entwickelte neue Blätter von neuen Formen aus sich, und delte sich in die mannigfaltigsten Figuren mit einer gewissen G®' setzmässigkeit und Symmetrie um. 4. jienken. Der Anfang des Denkens ist das Bcgriffbilden oder das A"® trahiren. Dass sich Vorstellungen assöciiren und verdräuge*h 1. Vom Vorstellen. Denken. 535 viel lelcliter, als dass sie gleichzeitig auf einander wirten und flfher das Bcgria'bilden schwieriger als das Pliantasiren. Wenn aber ^Wel oder mehrere verschiedene Vorstelhuigen gegenwärtig sind, Sö verdunkeln sie sich so weit sie ungleichartig sind, undeshleibt 'iiiverdnnkelt der Rest, worin sie gleich sind, bewegt zurück, denn Gleiche verslärkt sich. Siehe oben p. 524. Von dieser Abstra- ktion ist ziimUrtheilen nur ein Schi’itt, und das Urtheilen ist auch, kit' Vorsteüen auf einer höhern Stufe. Das \ orgestellte sind nicht •»ehr einfache Vorstellungen unter sich und mit Begriffsvorstel- l«ngen abwechselnd, sondern Verhaltniss-Vorstellungen. Der Ge- '^«nke ist die Vorstellung von dem Vcrhältniss zweier oder inch- ^crer Vorstellungen zu einander. Die einfachste Thätigkeit^ der Seele beschränkt sich auf ein beständiges Abspringen von Einem Andern. Beim letztem folgen sich a, b, c, d u. s. W. ohne ^ass der Bezug derselben zu einander bewusst, d. h. vorgestcllt t'’ird heim Denken wird das VerhUltniss von a\b\c\d u. s. w. 'orgestcllt. Auch eine Reihe Vorstellungen, in welcher Begrifts- t'orstellungen unterlaufen, ist noch kein Denken, z. B. die Asso- kiation von Kerze, Licht, Blau, Optik, Acustik, Wellen, Meer, Tiefe, Unendliches. Denn die Copula dieser Einzelheiten und begriffe, welche hier das Gesetz der Anziehung des Aehnlichen ‘st, geht bloss dunkel in der Seele vor sich und wird selbst nicht ‘'orgestellt, nur das copulirte oder associirte fällt ins Bewusstseyn. ^kh stelle mir dabei nicht vor blau ist licht, Meer i.st tief. Besni Tlrtheilen fällt auch die Copula das ist ins Bewusstseyn und ist ^’orstellung. Zu jedem Gedanken gehören daher mindestens drei ^'orslellungen, wovon zwei durch die dritte oder die Vorstellung '^kr Copula verbunden werden. , , . Die einfachste Copula ist die Vorstellung der Gleichheit oder Sehnlichkeit, sie wird durch das Wort seyn ausgedriiekt. Ent- '''eder ist der Inhalt der einen Vorstellung dem Inhalt der an- ‘lern ganz gleich , oder er ist nur ein Theil davon. In Leiden Fällen wird die Copula durch ist ausgedriiekt. Der erste Fall ist A=iA. Ein Ding ist sich selbst gleich, kder a und b sind sich so gleich, dass sie für eins genommen 'Werden müssen, a — b oder a\hx=a\a. _ ,-1 -i j Im zweiten Fall ist die eine Vorstellung nur em Theil der “«dem z. B. Ultramarin ist blau, Töne sind Schwin- SUnge'n. Nicht alle Schwingungen sind Töne. Unpassend drückt “Jan diese Gedanken durch a = a aus. Denn der Gedanke Töne ®*>id Schwingungen gleicht ganz dem Gedanken in 4 ist 4 ktler-!- enthalten. Die Formel dieser Verbindung ist also, wenn Töne durch a, Schwingung durch b nusgedrückt wird, a=b ■+■* oder Töne sind gleich Schwingungen und einiges •“ehr, oder auch a = bxy oder ^ = wodurch ausgedrückt ‘‘'ikd, dass der Inhalt der einen Vorstellung nur einen Theil vom '‘'halt der andern ausmacht. ^ ln den meisten Gedanken ist seyn oder die Vorstellung cler ganzen oder theilweisen Gleichheit die Copula. Es kann aber äiich jeder andre Verhältnissbegriff die Verbindung bilden. Pliysiolo^'e. 2r Ed. UI. 536 FI. Buch. Fom SeeUahhen. 11. Ahschn. F. <1. SnelenUusserungen. Verbindungen von Vorslollimgen mit Begriirsvorstellnn-jß durch eine Begriirsvorstellung sind UrtJieile, wie die gebenden Beispiele. Werden bingegen Urtbeile selbst in da ^ selbe Verbnltniss zu einander gesetzt, durch die Anerkennung c p Identität oder durch die Vorstellung der tlieihveisen Gleichbei ; wie beim einfachen Urtheil, so entsteht der Schluss", dessen Sehen’* ist: x = a, Y=x, folglich r=a. . , ^ Ausser diesen allgemeinsten Formen der Gedankenwelt g’e es noch eine IMcnge von BegiilFen, welche als Nebenvorsteilunge in die Urtbeile und Schlüsse oingehen, und w'elche in derSprac’^ durch die Partikeln bezeichnet werden. Die Modalität der U’ tbeilc und der Schlüsse, ihre Verkettung und ihre Verhältnis* werden dadurch ausgedrückt. 5. Selbstfietviisslseyn. .. Neben den Verhältnissen zwischen den Vorstellungen b' ^ den sich Vorstellungen von der Aussenwelt und dem Sub|e‘’|^ oder Ich, in welchem die Vorstellungen stall finden. Uen GrU’’’ dazu bieten die organischen Appetite gegen Dinge, die uns gleich' sam vervollständigen. Schärfer bildet sich diese Vorstellung aU* durch die Erfahrung von dem Unterschied unsres empfinden' den Körpers und der Aussenwelt, als Ursache seiner Empfi'l" düngen, und als Rückwirkendes gegen seine Actionen. Di« Anschauungen unserer Rörpertheile bleiben constant unter a lern Wechsel der Aussenwelt. Dieses Sichgleichbleibende lerne” wir als nnsern Körper kennen, insofern wir sehen, dass diese* unser körperliches sich mit unserin Willen verändert, das übrige sich aber gegen unseren Willen verändert. Die von uns cni' pfundenen spontanen Actionen lassen Vorstellungen zurück, um wir lernen diese Actionen von der Masse der Vorstellungen vo” , anderen Dingen unterscheiden. So entsteht die Vorstellung yoi” eigenen Leben. Die Begriffsvorstellung von Allem, was zum eigC' nen Lehen gehört, ist das Ich. Alle unterschiedene Eigenwirkunge’’ lassen nämlich, indem sie sich gegenseitig verdunkeln, den Begrn des Ichs als Rest o' denschaft aus ohne Streben. So ist die Vorstellung vom jetzig®’^ Zustand des Selbstes gegen den früheren, A — a noch keine rigkeit, und die Vorstellung yf+a noch keine Freude. Vielm®« gehört dazu, dass eine Leidenschaft werden soll, die Strebuno' die durch Vorstellungen gehemmte oder erweiterte Strebung- Anderseits sind aber auch durchaus nur solche Vorstellung®^ im Stande Leidenschaft zu erregen, welche auf das Selbst Be?«» haben. So lange Veränderungen, ohne Beziehung auf nns und serer Selbstempfindung verwandte Wesen, gedacht w'crden, flies*®'| ihre Vorstellungen auch an uns vorüber ohne Leidenschaft, «''^ sie sind nicht unangenehm, sie erregen weder Traurigkeit n«« Begierden. Sobald aber die. Vorstellung von uns selbst eintrn|’ Schmälerung oder Erweiterung von uns selbst dut®. von einer die andere Vorstellung, so tritt, so lange gestrebt wird, die L®’' denschaft der Traurigkeit und Freude und das SelbsterhallunSS' streben in der Form der Begierden ein, indem die zur Vorstell««-, gekommene, geschmälerte oder mit Mangel hehallete Grösse «f’ Selbst zur Integration strebt. Das Selbstgefühl ist daher Element aller Leidenschaften. Die Menschen gerathen zwar a«® über blosse Meinungen ohne mein und dein in leidenschaftlich® Streit; aber bloss dann, wenn sie eine gewisse Meinung mit ihr®' Selbst durch Gew'öhnung, Erziehung, Schicksale identilicirt hab® und sie gleichsam einen Theil des Selbst in der Vorstellung ausmac« ‘ Wir gerathen auch in Leidenschaft für Andere und über ErdS' nisse die Anderen begegnen, aber nur in wiefern sie unser Selb'’^' gefühl interessirt haben, als Andei'e uns ähnlich sind, und als in de|^ Geschick der Andern das eigene Selbst beeinträchtigt wird, leidenschaftliches Verfechten von Meinungen verliert alles leide« denschaftllcbe und rcducirt sich auf das objective, sobald >«« das Object ohne Beziehung zum eigenen Selbst aufzulässen vern«’8j Ist man mit einer Untersuchung beschäftigt und man stösst nac * , dem man lange einer Meinung gefolgt war, auf eine Thatsache, ■«’® ^ che beweist, dass diese uns schon stillscluveigend eigen geworde«^ Meinung falsch ist, so ist das unangenehm, weil diese Mein««» schon einen Theil von unserm Selbst auszumachen angefangen b« An und für sich sollte uns eine nicht veröffentlichte, in der St« concipirte und in der Stille abgelegte Ansicht gleichgültig lasse«’ und vielmehr dasBichlige allein angenehm seyn und dennoch • es eine allgemeine Erfahrung, dass eine zum Irrlhum geworde«^ lange gehegte Meinunj^ liaurig macht. Erst vrenii die den 1«®^ thum beweisende neue Erfahrung vielfach durchdacht und gleic 2. Vom Gemiith. Einfache Gerniithszustunde. 539 wieder ein Theil unseres Selbst geworden ist, ist das Glelcb- Rewicht bercfcstellt. , i i Alle Leidenschaften lassen sich auf Lust, L nlust, Beg c e ückführen , und in allen wiederholen sich als Elemente *tellun>eidet sich von der Freude, dass das Eine nicht in das Andere «‘'ergeht, sondern das Eine das Andere balanc.rt so dass das die Vorstellung von A + a hervorrutt, die \ erste llung von aber die Vorstellung von A—a Sobald sich das wuk- Eigenleben von A — a zu A und A + a erweitein k. nn ?o‘>t das Begehren ln Freude (in diesem ball Belriedigung) ubci. Spannung zwischen dem wirklichen A — a und A ist das ‘‘Irebeii das Hemmende zu entlcriien, die Spannung zwischen und A+a ist das Streben das Erweiternde zu errciclien. , Durch die Leidenschaften werden unsere V oi slellungen von ‘‘«0 Verhältnissen der Dinge leicht lelilerliatt. Sobald die Dinge «'vsser uns oder auch sobald Wahrheiten, Meinungen in Beziehung uns als strebenden gedacht werden, sind wir nach dem Vor- '«‘Sehenden auch im Stande, objective \ erl.ältn.sse leidenscbal.^ , auCzufassen. Durch die Leidenschaft erhalten die Meinungen voo objectlven Dingen eine Intensität, dass sie durch Grun^ Oicfit widerlegt werden können. An und lür sich ist keine Jlellunc von obiccliven Dingen in diesem Sinne intensiv o ei ^‘«‘tig, sondern nur klar oder unklar und durch Grunde me ir 542 VI. Buch. Vom Seelerdeben. II. Abschn. V. d. Seelenäusserung^^’ oder weniger überzengend. Unter Intensität oder Heftigkeit de Meinungen verstehen wir daher hier nnr ihre individuelle dem strebenden Eigenleben motivirte leidenschaftliche Grösse? Quantität der Vorstellung. Je grösser das Misbehagen ist, da eine unangenehme Vorstellung erregt, desto mehr ist diese VorstC ' lung fähig verwandte Vorstellungen anziiziehen. Durch die L®*' denschaft, die das Unangenehme hervorbringt, wird das UnaO' genehme noch unangenehmer und durch das Vorstcllen des D®' angenehmen, wieder die Leidenschaft grösser. Indem daher di Seele von der Vorstellung des Hindernisses auf die VorstellußS der Hemmung ihrer selbst, und von dieser auf jene und so a®' wechselnd übergeht, muss nothwendig die Vorstellung von d® Beschaffenheit des Unangenehmen zu einer ganz unadaequat®“ Grösse wachsen. Hierdurch ist sie aber unfähig durch Geg®**' gründe ins Gleichgewicht gesetzt oder corrigirt zu werden. her ist es oft unmöglich einen leidenschaltlichen von der Bescha ' fenheit oh jectiver Dinge zu überzeugen, als durch vorausgeheo“ Beruhigung der Leidenschaft oder Befreiung der Seele von ein®* Hemmung oder allzugrossen Erweiterung des Eigenlebens, wird am leichtesten auf Umwegen vollbracht. Denn alles auc noch so verschiedene beruhigt, was das beschränkte Selbst wied®* erweitert. Sobald die Beruhigung vollbracht ist, sind die Vo®' Stellungen aus ihren intensiven Grössen auf ihre natürlich®'’ Grössen herabgesunken, und sind dem einfachen Gleichgew'®“ des Gegensatzes d. h. der Gegengründe unterworfen. Eine tensiv oder leidenschaftlich gewordene IMeinung kann also ao® durch eine leidenschaftliche Meinung aufgehoben werden. man geneigt, w'eil Jemand uns unangenehmes erzeigt, leid®”' schafllich und ohne hinreichende Gründe diesen für schlecht halten, zu hassen, so reicht eine uns durch dieselbe Person ®‘' zeugte Freude hin, wenn sie gross genug ist, uns völlig zu b®®“' higen, indem sie uns mit nicht besseren Gründen bestimmt, Person für gut zu halten. Hier wird eine Intensive Vorstellu®» durch die andere aufgehoben. Beispiele von der bis zum lach®®' eben gesteigerten intensiven Grösse, welche die Meinungen v®’’ den Leidenschaften erhalten, liefert die Eifersucht der Liebend®®' Die Leidenschaften mischen sich in die edelsten wie unedelst®’' Bestrebungen der Menschen, und ertheilen überall den Vorst®' hingen intensive Grösse zum Handeln oder zürn Durchsetzen g®*' stiger Richtungen, zum Absolutismus, zum Umwälzen und Geg®®' umwälzen. Mit den Menschen identisch gewordene Lebensansi® ten, Natnransichten, religiöse Ansichten bringen sie auf leid®®' schaftliche Bestrebungen für die von ihnen erkannten Wahrheit®”^ Der Mysticisraus besteht in einer solchen einseitigen Piichtu®» der Vorstellungen und Verdunkelung des richtigen Gegensatz®’ derselben, welche daraus entsteht, dass man nur ansschliessh® denjenigen Vorstellungen von höheren Dingen nachgeht, w®.. ^ dem stabilen Eigenleben angenehm sind, und diejenigen moi" und liasst, welche unangenehm sind, liier wird die Rlchtigk der Vorstellungen durch die Intensität derselben neutralisirt. D® Fanatismus ist ganz verwandt und greift handelnd ein. 513 2. Vom Gernüth. Statik der Leidenschaften. Soviel über die allgemeine physiologische Begründung der .Leidenschaften, so weit'sie uns klar geworden ist. In Hinsicht der statischen Verhältnisse der Leidenschaften unter sich ist es •lieht nioolich etwas Besseres zu liefern, als was Spisoza mit un- ■kbertrefflmher Meisterschaft gelehrt. Ich muss mich daher darauf Leschränken, in Folgendem die dahin gehörigen Lehrsätze des Spinoza miUuthellen. Es muss bemerkt werden, dass diese Statik Lloss insofern ein nothwendiges Gesetz ausspricht, als der Mensch «Hein von Leidenschaften bewegt gedacht werden kann, dass sie danegen durch die Vernunft der Menschen modlficirt wird. Lehrsätze von Spinoza über die Statik der Gemütlisbewegungen. Ethik. 3. Thell. Der Geist sucht, so viel er vermag, das vorzustellen, was das Vermögen der Thätigkeit des Körpers vermehrt oder erweitert. Wenn der Geist das sich vorstellt, was das Vermögen der Thätigkeit des Körpers vermindert oder hemmt, sucht er, soviel er -vermat' die Dinge ln das Gedächtniss zu rufen, welche das Daseyn von ienem ausschliessen. Hieraus folgt, dass der Geist sich weigert das vorzustellen, was sein und des Körper^ Vermö- gen vermindert oder hemmt. Wenn der Geist einmal von zwei Gemüthshewegungen zu- gleich erregt war, wird er, vvenn er nachher von einer derselben erregt wird, auch von der andern erregt werden. "jedes Ding kann zufällig Ursache der Lust, Unlust oder Begierde seyn. War der Geist zugleich von zwei entgegenge- setzten Gemüthshewegungen erregt, nämlich von zwei Vorstellun- gen, wovon die eine Lust, die andere Unlust hervorhringt, so wird er hernach, wenn eine derselben wiederkehrt, zugleich von der entgegengesetzten erregt werden. Die ei’ste wird dann zu- fällig Ursache der Lust und Unlust. Daher können wir bloss deshalb, weil wir ein Ding mit der Bewegung von Lust oder Unlust betrachtet haben, wovon es selbst nicht wirkende Ursach ist, es lieben oder hassen. Daraus folgt: Bloss deshalb, weil wir uns vorstellen, dass ein Ding etwas ähnliches mit einem Gegenstände hat, welcher den Geist mit Lust oder Unlust zu erregen pflegt, werden wir es lieben oder hassen, wenn auch das, worin das Ding dem Gegenstände ähnlich ist, nicht die wirkende Ursache iener Bewegungen ist. Wenn wir uns vorstellen, dass ein Ding, welches uns mit der Gemüthshewegung der Unlust zu erregen pflegt, etwas ähn- liches hat mit einem andern, welches uns mit einer eben so gros- sen Bewegung von Lust zu erregen pflegt, so werden w'ir es lie- 544 VI. Buch. Vom Seelenleben. II. ylbschn. V. d, Seele/iäusserunsen- ben und zugleich hassen. Dieses Schwanken Terhält sich zu dci Gemülhshewegung, wie das Zweifeln zur Vorstellung. Der Mensch wird von der Vorstellung eines vergangenen oder künftigen Dinges mit derselben Gemüthsbewegung der Lust und Unlust erregt, als von der Vorstellung eines gegenwärtigen Dinges. Denn die Vorstellung des Dinges, bloss für sich betrach- tet, bleibt dieselbe, mag sie auf Zukunft oder Vergangenheit geben. Aus dem eben Gesagten erkennen wir, was Hofliiung, Furcht, Zuversicht, Verzweiflung , Freude und Leid sei. Ilofluung i’’*' unstete Lust, Entsprungen aus der Vorstellung eines künftigen oder vergangenen Dinges, über dessen Ausgang wir zweifelhatt sind. Fui’cht hingegen ist unstete Unlust, auch entsprungen aus der Vorstellung eines zweifelhaften Dinges. Ferner wenn das Zweifeln in diesen Geniüthsbewegungen aufhört, wii’d aus der Holfnung Zuversicht, und aus der Furcht Verzweiflung, nämlich Lust oder Unlust, entsprungen aus der Vorstellung eines Dinges, welches wir gefürchtet oder gehofft haben. Freude ist Lust entsprungen aus der Vorstellung eines vergangenen Dinges, ühci’ dessen Ausgang wir zweifelhaft waren. Leid endlich ist der Freude entgegengesetzt. Wer sich vorstellt, dass das, was er liebt, zerstört werde, wird Unlust haben, stellt er sich aber vor, dass es besteht, wi rd er Lust haben. Denn was das Daseyn des geliebten Dinges aus- schliesst, hemmt das Bestreben des Geistes nach Beharrung in dem Zustande der Lust. Wer sich vorstellt, dass das, was er hasst, zerstört werde, wird Lust haben. Denn der Geist sucht dasjenige vorzustellen, was das Daseyn der Dinge tausschliesst, wodurch das Vermögen der Thätigkeit des Körpers gehemmt wird. Wer sich vorstellt, dass das, was er liebt, mit Lust oder Un- lust erfüllt wird, wird auch mit Lust oder Unlust erfüllt werden. Bedauern, Theilnahme. Denn die Vorstellungen der Dinge, die das Daseyn des geliebten Dinges setzen, unterstützen das Bestre- ben des Geistes, wodurch- er das geliebte Ding selbst sich vor- zustellcn sucht, und umgekehrt. Die Lust setzt aber das Daseyn des lasthabenden Dinges voraus, und ist eine Bejahung und Ver- vollkommnung des geliebten Dinges. Daraus folgt weiter: Wenn wir uns vorstellen, dass Jemand das Ding, welches wir lieben, mit Lust erfüllt, werden wir mit Liebe zu ihm erfüllt werden. Wenn wir dagegen uns vorstellcn, dass er es mit Unlust erlüllt, werden wir mit Hass gegen ihn erfüllt werden. Beifall, Unwille. Wer sich vorstellt, dass das, was er hasst, mit Unlust erfüllt werde, wird Lust haben, wenn er dagegen sich vorstellt, dass cs mit Lust erfüllt werde, wird er Unlust haben. Schadenfreude, JNeid. Denn so lern das verhasste Ding mit Unlust erfüllt wird, wird es zerstört und wir suchen, was das Daseyn von Dingen ausschliesst, die uns ausschliessen. Wenn W'ir uns vorsteilen, dass Jemand ein Ding, das wir hassen, mit Lust erfüllt, werden wir auch gegen ihn mit Hass ei'lüUt werden. Wenn wir dagegen uns vorstellcn, dass er das- 2. Vom GemiÜh. Statik der Leidenschaften. 545 selbe Ding mit Unlust erfülle, werden wir mit Liebe zu ihm er- füllt werden. , i- i i -n:„ Wir streben alles das von uns und vom geliebten JJinge zu '^eiaben w'ovon wir uns vorstellen, dass es uns oder das gebe ite ßing mit Lust erfüllt und dagegen alles das zu verneinen, wovon '*lr uns vorstellen, dass es uns oder das gebebte Ding mit Un- lust erfüllt. Eingebildeter Hocbmuth, Selbsttäuschung, Ueber- *cliätzune der Freunde und Liebenden. _ Insofern wir hoclimütbig sind in Lust über eine träumerische Vorstellung von uns Selbst vermögen wir Alles, was wir durch ^ie blosse Vorstellung erreichen. , - i Wir streben alles das von dem Dinge, das wir hassen, zu l^eiaben, wovon wir uns vorstellen, dass es dasselbe mit Un ust «rfülle und dao-egen das zu verneinen, wovon wir uns vorstellen, dass es dasselbe mit Lust erfülle. Verachtung, Geringschätzung, Verkleinerungssucbt. Dadurch dass wir uns vorstellen, dass ein uns ahnbcbes Ding, ■n Beziehun-» auf welches wir keine Gemüthsbewegung gehabt f'aben, von 'einer Gemüthsbewegung erregt werde, werden wir '’on einer ähnlichen Gemüthsbewegung erregt. Mitfreude, Mit- leid. Denn diese Vorstellung bat im Gelolge diejenige, dass wir Seihst dieser Gemüthsbewegung ausgesetzt seyn können. Wenn wir uns vorstellen, dass Jemand, in Beziehung auf wel- eben wir keine Gcmülhsbewcgungcn gehabt haben ein uns ähn- liches Ding mit Lust erfülle, werden wir mit Liebe zu ihm er- füllt werden. Wenn w’ir dagegen uns vorstellen, dass er es mit Vliilust erfülle, werden wir mit Hass gegen ihn erfüllt werden. ffülirung, Abscheu. . . ., • • • i* i i ii Ein Ding, das wir bemitleiden, können wir nicht deshalb f'assen weil es uns mit Unlust erfüllt. Denn wenn wir es dess- balb hassen könnten, dann würden wir Lust haben aii seiner Unlust; Mitleid besteht aber aus Unlust wegen Unlust des uns äbiilichen. , , ^ • i Wir werden uns vielmehr bestreben das Ding, das wu- be- »»itleiden, soviel wir vermögen, von seinem Leiden zu befreien. Ueiin dadurch entfernen wir unsere eigene Unlust und das)enigc, ^■as unserm eignem Daseyn entgegengesetzt ist. Wohlwollen, Urossmutb. . . n j Wir suchen alles das, wovon wir uns vorstellen, dass es zur Uust führe, zum werden zu bringen, aber alles widerstrebende '»'Hl zur Unlust führende suchen wir zu entfernen und zu zerstören. Wir werden uns bestreben auch alles das zu thun, wovon '«'ir uns vorstellen, dass die uns ähnlichen Menschen es mit Lust »nsehen und dagegen vermeiden das zu thun, wovon wir uns »''»'•stellen, dass jene es vermeiden. Denn dass Andere Lust oder Unlust über uns empfinden, macht auch uns Lust oder Unlust. Uefullsucht, Leutseligkeit. Wenn w ir loben, so bejahen wir die That, die uns Lust erregt. Wenn Jemand etwas gelhan hat, wovon er sich vorste t, dass die Aehnlichen mit Lust erfülle, wird er mit Lust erfüllt wer- .1 t Wf .11 * - .-.-.llv.-f •* 1 C I den . verbunden mit der Vorstellung seiner selbst als Ursache 546 VI. Buch. Vom Seelenleben. II. Ähschn. V. d. Seelenmsserungcn, oder er wird sich mit Lust betrachten. Wenn er dagegen etwas gethan hat, wovon er sich vorstellt, dass es die Aehnlichen rad Unlust erfülle, wird er sich selbst mit Unlust betrachten. Denn Lust und Unlust in den mit uns selbst gleichen Wesen, macht uns selbst Lust und Unlust. Selbstzufriedenheit, Eitelkeit, StoU? Scham, Iteue. Wenn wir uns vorstellen, dass einer etwas liebt, begehrt oder hasst, was wir selbst lieben, begehren oder hassen, so wer- den wir es desto beharrlicher Heben, begehren, hassen. Wenn wir aber uns vorsLellcn, dass er das, was wir lieben, versebmäht, dann wei’den wir ein Schwanken in der Seele erfahren. Denn die Lust eines Andern macht auch Lust, und die Unlust des An- dern macht Unlust. Hieraus folgt, dass ein jeder, so viel er vermag, sich bestrebe, dass jeder das, was er lieht, liebe, und was er selbst hasst auch hasse. Ambition, Verketzerungssucht, Verdächtigung. Wenn wir uns vorstellen, dass Jemand eines Dinges sich er- freut, das nur Einer allein besitzen kann, werden wir zu bewir- ken suchen, dass er das Ding nicht besitze. Denn dadurch, dass wir uns vorstellen, dass ein ähnlicher sieh eines Dinges erfreut, werden wir es lieben und begehren, aber wir stellen uns deo Besitz des Andern als Hinderniss unserer Lust vor. Neid. Wenn wir ein uns ähnliches Ding lieben, suchen wir so viel als möglich zu bewirken, dass es uns wieder liebe. Denn wu* suchen, dass das uns ähnliche, was uns Lust erregt, auch von Lust erregt werde. Diese Lust schliesst die Idee von uns als Ursache ein. Wir werden um so mehr uns rühmen, eitel seyn und an uns Lust haben, je grösser wir die Gemülhsbewegung uns vorstellen, mit welcher das geliebte zu uns erregt ist. Wenn Jemand sich vorstellt, dass das Geliebte durch ein gleiches oder noch engeres Band der Freundschaft mit einem Andern sich vereinige als zu ihm, so wird er mit Hass gegen das Geliebte erfüllt werden. Denn der andere vorgezogene erregt Unlust oder Neid, und die Ursache desselben ist das Geliebte, das dadureh auch Unlust erregt, daher ein Schwanken zwischen Liebe, Hass und Neid. Eifersucht. Wer sich des Dinges erinnert, woran er sich einmal ergötzt bat, wünscht dasselbe unter denselben Umständen zu besitzen- Wenn aber der Liebende erfährt, dass einer der Umstände man- gele, wird er Unlust haben. Sehnsucht. Begierde, welche aus Unlust oder Lust und aus Hass und Liebe entsteht, ist desto grösser, je grösser die Gemüthsbewe- gung ist. Wenn Jemand ein geliebtes zu hassen angefangen hat, s® dass die Liebe völlig vertilgt ist, wird er es bei gleicher Ursache mehr hassen als hätte er es nie geliebt. Denn dass Liebe in Hass übergeht, erfordert viel mehr Ursachen als bei einfachem Hass. Wer Jemand hasst wird ihm übles zuznfügen suchen, wenn er nicht daraus grösseres Uebel für sich befürchtet, und dagegen wird wer Jemand liebt, ihm wohl zu thun suchen. Denn Jemand hassen ist ihn als Ursache der Unlust vorstellen. Um diese Un- 2, Vom Gemüth. Statik der LeidenscJiaften. 547 lust zu zerstören wird das Streben darauf gerichtet seyn, das Daseyn ienes zu verneinen und zu zerstören. Wer sich vorstellt, dass er von .Temand gehasst werde ohne Ursache, wird ihn wieder hassen. Der Hass erregt in uns Un- lust, und der hassende wird als die Ursache der Unlust mit Un- lust vorgestellt werden. ^ i Wer sich vorstellt, dass der, den er lieht, ihn hasst, wird ^'on Hass und Liehe zugleich bestürmt werden, wie aus dem Vor- liergehenden folgt. , i i -i Wenn Jemand sich vorstellt, dass ihm von Jemand, der ihm gleichgültig war, ans Hass ein Uehel zngefügt sei, so wird er Sogleich suchen ihm dasselbe Uehel zuzulügen. Wenn Jemand sich vorstellt, dass er von einem geliebt werde und keine Ursache dazu gegeben zu haben glaubt, so wird er ihn wieder lieben. Denn die Lust an uns erregt Lust Daher die Neigung gegen falsche und wahre Liehe und gegen Schmeichelei. Wer sich vorstellt, dass .er von dem, den er gehasst, geliebt Werde wird von Hass und Liebe zugleich bestürmt werden. Wer ans Liehe oder Hoffnung des Ruhms Jemand eine Wohlthat erzeigt hat, wird Unlust haben, wenn er sieht, dass die Wolthat mit undankbarem Gemüthe aufgenommen worden. (Die Undankbarkeit seihst folgt aus dem Widerstreit grosserer gegenwärtiger Bestrebungen gegen die Vorstellungen früherer Hass^wurd durch gegenseitigen Hass vermehrt und kann durch Liehe getilgt werden. i * • Der Hass der von der Liehe gänzlich besiegt wird, geht in Liehe über und die Liehe ist desshalb noch grösser, als wenn der Hass nicht vorangegangen wäre. Denn die Kraft, welche den Hass besiegt, ist grösser und wird unter gleichen Ursachen erregt» , Wenn Jemand sich vorstellt, dass ein ihm ähnlicher ein ihm ähnliches geliebtes Ding hasst, wird er einen solchen hassen. Denn dieser verneint das geliebte und macht deswegeii Unlust. Wenn Jemand von Einem aus einem andern Stande oder Volke als das seinige mit Lust oder Unlust erfüllt wird, ver- bunden mit der Vorstellung desselben und zugleich des Standes oder Volkes als der Ursache, so wird er nicht nur diesen, son- dern alle desselben Standes oder Volkes liehen oder hassen. Die Lust, welche daraus entsteht, dass wir uns das verhasste Ding als zerstört, oder von einem andern Uehel erfüllt denken, entsteht nicht ohne einige Unlust, Insofern wir ein uns ähnliches Zerstört denken. . ,. Liebe und Hass gegen eine Person wird zerstört, wenn die Lust und Unlust, welche sie erregt, eine andre Ursache er- hält, und wird verändert, w'enn die Ursache auf mehrere 1 ei- sonen vertheilt wird. _ i r • Liebe und Hass gegen ein Ding, das wir uns als hei vor- stellen, muss hei gleicher Ursache grösser seyn als gegen ein nolhwendiges Ding. Denn im letzten Falle beschrankt sich die 548 VI. Buch. Vom Seelenlehen. II.Abschn. V. d. Seelenäusserungeft- Ursaclie nicht auf eines, sondern dehnt sich auf eine Kette von Ereignissen aus. jegliches Ding kann zufällig Ursache der Hoffnung und Furcht seyn, wie jedes Ding zufällig Ursache der Lust und Un- lust. Gute oder üble Vorbedeutungen. Aberglaube. Verschiedene Menschen können von einem und demselben Gegenstand verschiedenartig erregt werden, und ein und derselbe Mensch kann von einem und demselben Gegenstand zu verschie- denen Zeiten verschieden erregt werden. Ein Gegenstand, welchen wir mit anderen zug leich früher gesehen, und von dem wir uns vorstellen, dass er nichts hat, als was mehreren gemein ist, erregt uns weniger als einer, von den* wir uns vorstellen, dass er etwas besonderes hat. Dieses Interesse wird durch Lust, Bewunderung, Verehrung und Huldigung, durch Unlust, Bestürzung, Entsetzen. Wenn der Geist sich selbst und sein Vermögen der Thiitig' keit betrachtet, hat er Lust und um so mehr, je bestimmter er sich und sein Vermögen sich vorstellt. Der Geist bestrebt sich nur das vorzustellen, was sein Ver- mögen in Thätigkeit setzt. Wenn der Geist sein Unvermögen sich vorstellt, hat er Unlust. Diese Unlust wird durch die Vor- stellung des Tadels genährt. Jeder beneidet nur seines Gleichen nm seine Tugend. Es gicbt so viele Formen der Lust, der Unlust und Begierde und folglich jeder Gemüthsbewegung, die aus diesen zusammen- gesetzt ist, wie auch des Schwankens der Seele oder was daraus abzuleiten ist, nämlich der Liebe, des Hasses, der Hoffnung, der Furcht u. s. w., als es Formen der Gegenstände giebt, von wel- chen wir erregt werden. Jegliche Gemüthsbewegung eines jeden Individuums weicht nur um so viel ab von der Gemüthsbewegung eines andern, als das Wesen des einen sich von dem Wesen des andern unler- scheidet. Daher auch die Leidenschaften der Thiere sich nur insofern von den menschlichen unterscheiden, als ihre Natur von der menschlichen sich unterscheidet. Ausser derjenigen Lust und Begierde die leidend sind, giebt es auch solche, die sich auf uns beziehen, wie fern wir thätig sind. Dahin gehört die Lust, die der Geist bei Betrachtung sei- ner klaren Ideen und beim Begreifen seiner Thätigkeit hat. Unter allen Gemüthsbewegungen, die auf den Geist, in wie- fern er thätig ist, sich beziehen, giebt es nur solche, die aid Lust und Begierde sich beziehen. Als solche betrachtet Spl^ozA den Muth, den Edelsinn. So weit Spinoza. G e m ü t li s a r t. Das Gemüth ist das Zuständliche der auf das Selbst und die dem , Selbst verwandten Wesen bezüglichen Vorstellungen und Strebungen, der beschwichtigten oder nnbeschwichtigten Erre- gungen und ihrer statischon Consequenzen, endlich des Streites dieser Bewegungen mit der Vernunft. 2. Vom GemlUh. VcrscldedenheU des, GemiUhs. 5/19 Wessen Geist füi’ e ZustVinde der Lust und Unlust und der RceeW wenig empfanglieh ist, und wessen Körper «nfäh.g .st fies SelbstgelüMs, bnL «’ie man sagt, wenig Gemulh u t k Jt und gleichgültig. Wer die gesentl.e.l.gen l*at Gemüti), und ein rohes oder feinüihlendes Gemulh, 1 ‘ flem in die Statik der Gemüthsbewegungen die Vernunft einj,r Und mildert oder nicht. , . . • , Gemüthlos wird im engem Sinn auch der|enigc Senannt, der '•War in Beziehung auf das eigene Sclost von Lust, Unlust und Begierde stark Lewegt werden kann, aber unemplangl.eh ist für die^ Unlust und Lust der Mitmenscheii , und welcher das Selbst der Mitmenschen ^ ^ iSm^t! ’Wer dagegen dies gelhan, dem wird das Gemuth Un engem Sinne zugesebrieben. Die Anlage zum Gemülh im ersten und zweiten Sinn lianj,t nicht von de” Fähigkeit der Menschen zu zusammengesetzten 'Vorstellungen und Vorstellungsverhältnissen ah. Denn alle Lrreg- Bärkeit des Gemüths bezieht sich eines The.ls aut eine R asse von VorsSlunoen, die das Selbst und die dem Selbst ähnlichen We- thelfi,,; ..aennthcil. »f die F.I, isk.il •» Veränderung derselben durch dergleichen yo*"*^®** , MenXn von geringen Verstandesfähigkeiten viel (-emut ' «n«! Menschen von grossen Verstandestähigkeiten wenig Ge>rnuUi b sitzen können. Was das Gemuth im zweiten S nne, namlicli tlas Geriliub zugleich für Andere betrifft, so wird der verständige ^emüthlose seine Verstandesföhigkeiten zu seinem Interesse vor- zugsweise benutzen, der GemÜthvollc hingegen bei Serineeren Verstandesfähigkeiten geneigt seyn für das Wohl cter Mitmenschen, und zwar nicht bloss aus Ueberlegung, «Us Mitleidenschaft, und mit Lust und Unlust an Anderer Wohl Und Wehe i Diese Art des Gemüths setzt voraus, dass wie gross oder ^lein die Fähigkeit zu zusammengesetzten Vorstelbmgsve. haltni - *en oder der Verstand sei, die Vorstellung vom Ligenleben und Selbst und dem ihm nützlichen, durch die yorsteliung von dem Mlen Menschen zugleich nützlichen im Gleiciipwicht erhalten ''erde, oder dass sich die Vorstellung vom Selbst bis dahin er- "■eitere Ist das bei einem Menschen geschehen, wozu die Lr- *'ehun2 viel beiträgt, so liandelt er entweder aus üeberlegnng fucht und für das Gemeinwohl, oder zugleich mit Lust und Un- lust hülfreich in dieser Art und dann mit Gemuth. Bei Kindern yt das Streben für das eigne Selbst zuerst die Hauptsache denn Biese Vorstellung bildet sich zuerst aus uim verkettet sich mit '“'Sunischen Umslimmuiigen, Empfindungen und Actionen, spate in Folce der Erziehung erweitert sich das Eigenleben Uder weniner in das Eigenleben im Sinne der Familie, um^ ' *r s Sumeinsehaflliehen Interesses iiiul sofort mehr oder weiiigei •i'ei ei. Die Menschen haben bei gleicher ErreghaiLeit aiici em \ei- ^uliiedenes Gemülh, je nachdem sie durch die organischen Äu-- 550 VI. Buch. Vom Seelenleben. U.Alschn. V. d. Seelenäusseritngen- stände mehr für die Bewegungen der Lust, Unlust oder Begierde ansgebildet sind, und je nachdem die einen oder anderen »er Stellungen eine stärkere organische Umstimmbarkelt zur Action oder Depression der Activität vorfinden. Die Thiere haben auch Gemüth, sie sind freudig, traurig) mitleidig, neidisch, hasseml, liebend, eifersüchtig u. s. w. Vd' schiedene haben .ein sehr verschiedenes. Denn wifewohl alle den Erscheinungen der Statik der Gemüth.sbewegungen ausgehÜd® sind, so ist die Fähigkeit zu organischen Spannungen und A Spannungen für gewisse Vorstellungen hei ihnen sehr verschieden) und die Schöpfung hat durch die in ihnen traumartig erregte^ instinktmässigen Vorstellungen (siehe oben p. 106. 515.) die F'*' higkeit für gewisse Cirkel leichter entstehender und leichter siC * wiederholender Erregungen vorgesehen. In die Statik der Leidenschaften greift hei den Menschfi das sittliche Gefühl modificirend ein, und so weit als diess g®' schehen kann, lässt sich ihr Handeln nicht aus den vorausgega»' genen statischen Zuständen und aus der Statik der Leidenschaft^" überhaupt berechnen. Insofern ein Mensch bloss leidenschaftlich für sich und an- dere bewegt ist, ist alles gute nur relativ, nämlich das ist gid’ was die vorhandenen Zustände der Lust und Begierde fördeih alles schlecht, was sie hemmt und Unlust und die ihr folgende" Begierden erregt. Eins und dasselbe kann jetzt gut und inorge" schlecht seyn. In Beziehung auf das allen Menschen gute ist d»* dem einzelnen Zustand gute bald ein gutes, bald ein schlechte*' Denn Neid und Mitleid können aus denselben Quellen entspringe"’ wie die Statik der Leidenschaften ergiebt, und der jetzt mitleidig^ kann alsobald neidisch seyn, ohne mitleidig Vernunft mehr zu h"' ben denn als neidisch. Spisoza Ethik 4 Buch. Die Tiiiere sin auch des Mitleidens für Andere, selbst für den Menschen fäb'g’ insofern er ihnen gut thut, Lust erregt und sie mit Lust zu ih"^ konimen, und sein Ucbel ihr Uebel ist. Hierin ist keine Sp"' von Sittlichkeit. . Das Allen oder Vielen gute kömmt ein wenig mehr zu Stan"® dadurch, dass die Leidenschaften der Menschen und Thiere 1"*^ ihr Interesse durch andere Leidenschaften ihrer selbst im Glelc gewicht gehalten werden, z. B. durch die Furcht vor der Strai^’ beim Menschen durch die Gemüthsbewegungen, die der Ahe' glaube erzeugt, der aber beinahe eine ebenso ergiebige Qud ® böser als guter Handlungen ist. Wenn die Vorstellung in den Menschen herrschend wird vo'^ dem ihrer Familie, ihrem Stand, ihrer Corporation, ihren Laiic *' leuten allgemein nützlichen oder guten, und sic die Vorstellu']o ihres Eigenlebens und ihres Selbst dadurch erweitern, so ist e'" allgemeinerer Begriff des nützlichen, des guten gegeben. Au" der Begriff des den engem Kreisen und ihren Zuständen gute' ist noch weit vom sittlich guten entfernt. Je mehr Individuen sind, für die das gute gut ist, um so bes.ser ist cs und * mehr nähert es sich dem sittlich guten, wie der Begriff des al Menschen nützlichen und guten. Noch vollkommner wird die»" 2. Vom Gemüih. Verschiedenheit des Gemüths. 551 BecrifF, wenn das für das gute angesehen wird, was allen Men- schen niclit jetzt, sondern unter allen ürnstimden und tur alle Seiten gut ist. Diess ist auch das guti, was dem Eigenleben un- ter allen Umständen gut ist, welcher Begriff dasjenige gute aus- Scheidet, was bloss für den lieutigen Zustand, aber nlcnt lur die *iäclislen £;ut ist. Die Unterordnung des Selbst unter die gotthebe Weitordnung tind das Unendliche ist die Vernunft, welche das besondere aus dem höchsten Allgemeinen ableitet, diese erzeugt den Begriff des höchsten guten, welcher das relativ, d. h. dem ]edesmaligen Zu- stand des Menschen, gute bestreitend das Gewissen ist. Die Betrachtung über die Unvollkommenheit des eignen Seihst wel- ches oft von diesem Begriff nicht geleitet wird, und das Strclieri dieses absolut gute festznhalten , verbunden mit der Gewissheit der Abhängigkeit und Fehlharkeit ist das religiöse Geluhl, die Gemüthsbewegung des Frommen. Die Befriedigung und Lust, so ^eit es der Vernunft zu folgen gelingt, ist die Seligkeit des Weisen, der jede andere Lust nicht verschmäht, und die Vorstellungen von Enlust von sich entfernt hält, in wie weit beides der Vernunft nicht widerspricht. Siehe SrmozA Ethik heit. Fichte Anleitung zum seligen Leben. Berlin ISUt). Insofern der Mensch dieses Begriffes fähig ist, von ihm nicht weniger als von den Leidenschaften geführt zu werden, ist er frei Im Grunde erfolgen indess die Entschlüsse und Hand- loneen hier mit derselben Nothwendigkeit, wie iii den anderen physischen Erscheinungen die Ereignisse, «nd Alles gesc.iieht aus hinreichender Ursache. Die gesetzlose Willkür, welche über den Bestimmungen V, bt, ist bloss Schein. Halten sich wei ent- gegengesetzte Leide-'chaften im Gleichgewicht, oder eine Leiden- schaft kämpff mit den Rathschlüssen der Vernuna, so scheint es, als wenn der Me’.ach als ein Dritter darüber stände, den fremden Bathgeber anhörfd, und er findet seinen Entschluss frei; wenn er sich entschieden hat und hernach anders darüber denkt, so findet ersieh unfrei. Herbart Psycliol. 91. Eigentlich eine Täuschung. Denn alles jenes ist in ihm, und seine Wahl ist die ^nsammenwirkung von Vernunft und Begierde. • , Der Wille ist nichts Anderes als das Begehren mit der Ge- ■«rissheit des Erfolges, eine entschiedene Bejahung eines nothweo- dig folgenden Zustandes, dem ein Schwanken voransgegangen ist, ünd das Schwanken, die Unschlüssigkeit dauert, bis noch etwas. Gründe oder Leidenschaften, auf die Wageschale kommt. Die 'Vermehrung der organischen Spannung durch Wem, eingeleilete Empfindungen und Aehnliches, welches zur Leidenschaft disponirt, J-eicht hin, dass Etwas gewollt wird, wozu hei sonst gleicher Ur- sache noch keine volle Ursache zum Ausschlag vorhanden war. Eer Wein verdunkelt Vorstellungen, die das Gleichgewicht lueU verstärkt die Spannung zur Passion und vergrössert dadurch 'lie Empfänglichkeit für die ihr adaequaten Vorstellungen. Das wozu der Ausschlag gegeben ist, ist entweder bloss eine künftige Reihe von Vorstellungen ohne Handlung des Körpers aussen, wie man seinem Denken, seiner Erinnerung eine Physiologie, 2r, ßd, UI, 552 VI. Buch. Vom Seelenleben. II.Alschn. V. d. Seelcnuusseruno^^ Direction eieht;. Jiess ist niclits Anders als das Wissen, ‘•“ss di^ bestimmte Wendung eintritt. Oder der W.lle wirkt nach durch zweckmässige Bewegungen, welche ablaufen nach dem des beaehrten und als nothwendig erfolgend vorgestellten. Bewegung, die als sicher und nothwendig erfolgend mit fteUung der freien Wahl vorgestellt wird, mit, der Vorstella^ unserer als Ursache, ist gewollt. Eine krampflialte Bewegung, * Beispiel lachen, kann als sicher kommend vorgestellt werden, ist nicht gewollt; denn obwohl unsere Vorstellungen die UrsaO davon sind, so kann doch neben dieser Bewegung eine and^ ihr entgegengesetzte Verneinung, mit der Vorstellung der f Wahl unter vielerlei, statthnden, welche allem .pwollt ist. Dass der Wille sogleich Bewegungen hervorhniigcn k.ann, nicht wunderbarer, als dass jede Vorstellung Bewegung hervor bringen kann, wie die Vorstellung des Lächerlichen und die ie denschaitlichen Vorstellungen. Schon die blosse yorsteUong ei bestimmten Bewegung ruft, w'enn diese in Disposition ist, die stimmte Bewegung hervor, wie die Vorstellung des Ga.inens u Lachens, obwohl wir es nicht wollen. Es gehört daher zu de gewollten Bewegungen, dass die Bewegung erregt wird von de Vorstellung, daas sie nothwendig erfolgt und dass wir «ns ihre Ursache vorstellen. Siehe das Nähere über diese Art de Beweenneen oben p. 92. , ^it Wir schliessen die Lehre von den Gemuthsbewegungen der Bemerkung, dass es unter den Leidenschaften nicht der BenierKun^j onss ca u ^ nlcp^ wie bei den Vorstellungen Associationen, gegenseitige VeydnnK^ lungen, Verkettungen giebt. Viele sogenannte Leidenschaften sin ganze Verkettungen leidenschaftlicher Zustande, wie die Ei ^rsu 1a. Diese Verhältnisse sind indess in dem Vorhergehenden schon hinreichend klar geworden, um sie mit den einfachen e bältnissen der Vorstellungen zu vergleichen. In Hinsicht auf das weitere Feld der psychologischen f sebuneen muss ich auf die ausführlichen Werke der Psycholog und diejenigen Schriften verweisen, welche die Logik im Zusai»' menhange mit der Psychologie und Metaphysik behandeln. AriItoteues de anima. Spinoza Hebbabt iur Psychologie. Königsberg. 2. Auflage. 1834. chologie. Berlin 1824. Benere Lehrbuch der Psychologie. BerU 183.3 Schubert Geschichte der Seele. Stuttg. Bobrik Ay.f der Logik. Zürich 1838. Carus Vorlesungen über Psychologie. Le^p- 1831. Fi.emming Beiträge zur Philosophie der Seele. Berlin 1 / 553 1. Theorie. III. Abschnitt. Von der Wechselwirkung der Seele und des Organismus. t. Capitel. Von der Wechselwirkung der Seele und des Organismus im Allgemeinen. Das Verliältniss der Seele und des Organismus kann im All- gemeinen verglichen werden mit dem Verhaltniss jeder physischen »llgemeinen Kraft utul der Materie, an welcher, sie s.ch änssert, des Lichtes und der Körper, an welchen es zum Vorschein *‘Ommt. Das Rälhselhafte des Zusammenhanges hleiht sich m *'eiden Fallen gleich. An den Körpern kömmt das Licht zum ^schein theils durch bloss mechanische Veränderung ihrer Ma- '*rle z. B. Drnck, Stoss, theils durch eine chemische Veränderung •lerselben. Auch ist das Licht wieder fähig materielle Verände- '‘ängen der Körper zu Stande zu bringen. Ebenso kömmt die ^'ectricität bei materieller Veränderung der Körtier zum Vor- schein, und bewirkt hier wieder materielle Veränderungen der *^örper. Die geistigen Wirkungen erlölgen an den organischen Körpern so lange die Materie verändert wird, und die geistigen 'VirLngen verändern hier wieder die Materie. Der Keim näm- 'kh enthält mit der ihm einwohnenden Lebenskraft zugleich die '«teilte Kraft zu den geistigen Wirkungen des spätem thierischen Lesens; ehe dass eine bestimmte Structur des Gehirns erzeugt 'st, bleibt das organische Wirken des Reims auch ohne Vorstel- *®ngen. Mit der Structur ist das Wirken der schon vorhandenen !^taft gegeben, welche also von der Structur des Gehirns nicht '*> ihrem letzten Grunde abhängig, aber in Hinsicht ihrer Aeus- ‘ctung von der Structur abhängig ist. Bis dahin ist das Verbält- **‘ss der geistigen Kräfte zur Organisation nicht räthselhafter, als ''«s Verhaltniss jeder andern Natuikral't zum materiellen Zustand Körper, oder vielmehr beides ist gleich räthseibaft. DasVer- ''«llniss der geistigen Kräfte zur Materie weicht nur darum von ^eip Verhaltniss anderer physischer Kräfte zur Materie ab, dass geistigen Rräfte nur in den organischen und insbesondere ^Wischen Körpern verkommen , und sich nur auf ihre gleichen ^coducte fortpflanzen, die allgemeinen physischen Kräfte, die man ?'‘ch imponderablc Materien nennt, eine viel allgemeinere Wir- ^'‘cg nnd Verbreitung in der Natur haben. Da indessen die or- S^iischen Körper auch in der unorganischen Natur wurzeln, und p'f ihr zehren, indem die Thiere von Thieren und Pflanzen, die ("änzen aber theils von unorganischen Stollen sich ernähren und wachsen und sich multipliciren, so bleibt es ungewiss,, ob selbst auch die Anlage zu geistigen Wirkungen, wie die " 'gemeinen physischen Kräfte in aller Materie vorhanden ist, ''''d durch die vorhandenen Structuren zur Aeussernng in bestimm- ^eise kommt. Ehe wir die Wechselwirkung zwischen der Seele und dem 36* 554 Vl.Bch. V. Seelenleben. III.Abschn. IFecliselmrkuns d. SceU nicht vorstellenden Theil des Organismus näher untersuchen^ müssen wir erst noch einige Betrachtungen vorausschicken, un^ zwar über die organischen Elemente des ganzen Organismus uu^ auch des Gehirns und über die Monaden im Sinne der philosO' phischen Schale. a. TJrtheilchen der organischen Körper, Monaden im Sin»® der Physiologen. Die Elemente der Organisation des Gehirns oder Seeleno*’' gans entstehen, wie alle Elementartheile des thierischen Körp®*'^ ursprünglich ans Zellen, und alle Zellen entstehen aus der zelle, dem Keime, welcher die Kraft des Ganzen enthält. E' secundären Zellen, aus welchen Muskelfasern, Nervenfasern, Ze gewebefasern, Sehnenfasern, Knorpel u. s. w. , kurz alle GevP®' betheüe sich theils durch Verschmelzung mehrerer Zellen, th®* ’ durch Verlängerung der Zellen in Fäden bilden, unterscheid®'* sich in Hinsicht ihrer Productionskraft von der Urzelle dadurch' dass diese implicite den Grund zur Erzeugung aller secundär®'* Zellen, d. h. des Ganzen (explicite) enthält, die secundären Ze*' len oder Gewebe aber nur ihres Gleichen erzeugen. Die Knorpel zelle erzeugt innerhalb des ganzen Organismus in sich und um si® her neue Knorpelzellen, die Hornzelle neue Hornzellen, die Mnske - fasern nur Muskelfasern, die Nervenfasern nur Nervenfasern. greiflicher Weise kann daher ein Ganzes als Urzelle oder Ke'*” nur wieder hervorgehen durch das Zusammenwirken aller ve®' schiedenen Zellen, oder dadurch, dass die Kraft des Ganzen si® * durch alle verschiedenen Gewebetheile gleich und ganz erhält u" sie beherrscht. Der ganze Organismus besteht aber aus ein®*** System sich einander zu einem Ganzen ergänzenden, bis auf einC* gewissen Grad selbständigen Theilchen, mit der Fähigkeit iP”® Gleichen zu erzeugen, gleichsam secundären Monaden, insofei' sie ihren Grund in der Urmonade des Keims haben, und zusa***' men wieder die Urmonade oder die Keimzelle aber explicite vo*"' stellen. Die verschiedenen Monaden in diesem Ganzen hab®** durch ihre Struetnr und Materie verschiedene Kräfte, derBeW®' gung, Empfindung, Ernährung, Absonderung, oder es komm®” verschiedene Naturkräfte an ihnen durch ihre Stmetur zum Vo®' schein. So wird auch das Gehirn durch die Structur und We® ^ selwirkung seiner Theilchen. als eine Masse von gleichsam del® girten Zellen (Ganglienkörperchen), und aus Zellen entstanden® Fasern Organ der Vorstellungen, wie die Mnskelzellen und kelfasern Organ der Bewegung. Man darf sich aber hier nic vorstellen, dass die Seele selbst hierdurch aus Theilchen ****?*?, mengesetzt würde. Die Vermehrung dieser Elemente hat nic auf die Masse des Vorgestellten, sondern auf die Schärfe, heit und Combination der Vorstellungen Einfluss, wie denn ä**” der Verlust von Hirnsubstanz bei Kopfverletzungen nicht Mass® von Vorstellungen wegnimmt, sondern die Klarheit und Schär der Vorstellungen anfliebt und betäubt. Aber von den versch'® denen Regionen des Gehirns, von welchen Sinnes Wirkungen d® 555 und des Organismus. 1. Theorie. f^erven sich verbreiten, treten verschleaene Vorstellangen zug eich '•« Sensorium auf. Wie nun die wirksamen Theilchen des Gehirns -icruZrnach eins, mit allen übrigen Organthe.lchen »IS Zellen entstanden, mittelst ihrer Zustande bei üe« ’“ngen auf die monadenartigen Organtheilchen des Rorp ''•ese auf jene wirken müssen, Ist zwar leicht ' Segen bleibt die Wirkung und Wechselwirkung dieser Theilehen ••eim Vorstellen selbst vollends unklar. . , , . . Ich muss ausdrücklich bemerken, dass ich hier unter Mona- -ien keine Atome, sondern die organisirten vergänglichen ürtheil- «ben verstehe, aus welchen, nach der wichtigen Entdeckung von ^‘cuwAiiN ursprünglich alle organischen Gewebe bestehen, und Mche im Diente der erschaffenden Kraft des "öd Kräften verschieden, so weit selbstständig sind, als sie inner- biilb des Ganzen und beherrscht von der Kralt des Ganzen, ihr Gleichen in sich und ausser sich erzeugen, la selbst vom Ganzen getrennt noch einige Zeit ihre Wirkung fortsetzen, aber auch »«feinander wirken, ja häufig genug unter *«engesetzten Gebilden gleicher Rratt verschmelzen (Nervenfaser, ^fusUlfaser). Mayer hat das Verdienst schon vor längerer Zeit, «be an die Beobachtung der ursprünglich gl^l^en Gewebes^r^ Sedacht werden konnte, in seinen ^”ehea “«er organischer Urlheilchen, organischer Monaden «“sge pro *« haben. Mir schwebte eine ähnliche Vorstellung v , ersten Theil dieses Werkes 1833 p. 365 die Regeneration der zer- drückten Polypen und Planarien, und die Doppelbildung durch Thet- Cg des Sies zu erklären suchte. PuaicisiE ^«rde ebenMs seine Untersuehungen über die Structur auf die Idee von *«lbstetändig wirkenden Urtheilehen im Dienst des Organismus Releitet. dL Material für die allgemeine Theorie der organischen liefert Scuwann’s Schrift Mikroskofusche die UeOereinstimmung in der Structur und ivi Wachsthiim der ^hiere und PJlanzen. Berlin 1838. 8, b. Monaden im Sinne de* philosophischen Atomistih. Der Sinn, ln welchem hier von organischen Monaden ge- sprochen worden, ist sehr verschieden von dem Sinne der Mona- ^«n in Hebbart’s Lehi-« von der Seele und Materie. N^h Herbaht [^hrbuch zur Psrchologie p. 122 — 133.) ist die Seele ein einfaches ^esen ohne Theile, ohne räumliche Ausdehnung, ohne irgend «ine VkÄn sich, eine Monade, die Materie selbst besteht aus "«räamlichen einfachen, wirksamen Wesen, MoMden ’ ^«Iche im Raume sind, ohne ein Contmuum zu bilden, rm Gleich- gewicht gegenseitiger Attraction und Repulsion sin^d, und dadwcli ^ ErscLiuung einer räumUchen Existenz Folge haben^ Dn- ^«rchdringlich wt jede Materie nur für diejenigen Wesen, wdcn in ihr vorhandene Gleichgewicht der Attraetwn und abzuändern vermögen. Jeder organische fy&tem .von Monaden, in denen ein System innerer Zustande vor- ^«ndeu ist, welche erst in einer gegenseitigen Wechselwirkung 556 VT. Buch. V. Seelenleben. III. Abschn. bVechsehvirkung d. Seck der Monaden auf einander entstanden sind. Diese von der Vor sehune; bedingte Vereinigung ist die Ursache der Form eines oi ganischen Körpers, ln den Keimen besteht eine Concentrati des ganzen Systems innerer Zustände ohne die entspreche“^ ^ Gestaltung. Die Wechselwirkung zwischen Seele und Leib liiernach eine Wirkung der einen vorstellenden Monade aut j inneren Zustände der übrigen und umgekehrt. Die vorste lende Monade, welche, wie jede Monade in Hebbabt’s Si“ nur einen mathematischen Punct einnehmend gedacht '"'ero kann, bedürfe keines festen Sitzes im Gehirn, sondern könne sich bewegen in einer gewissen Gegend, ohne dass • von in ihren Vorstellungen nur die geringste Ahnung, oder anatomischen Nachsuchungen die geringste Spur vorkäme; aber könne man Veränderung ihres Sitzes als eine sehr fruC“ bare Hypothese zur Erklärung ihrer anomalen Zustände beti’ac ten. liEBnART bemerkt ferner, dass man ohne Grund annebi“® würde, dass in allen Thieren und im Menschen der Sitz o® Seele an derselben Stelle sei. Wahrscheinlich sei er bei Thiere®’ besonders bei den niederen, im Rückenmarke. Man dürfe a“® . nicht voraussetzen, dass jedes Thier nur eine Seele habe, b Gewürmen, deren abgeschnittene Theile fortlebcn, sei das gentheil wahrscheinlich, und im menschlichen Nervensystem gen sich gar viele Elemente befinden, deren innere Bildung einer Thierseele von der niedrigem Art weit überti’eften. abgetrennten organischen Theilen erhalte sich übrigens eine Ze‘ lang Leben ohne Seele. Boenin. [Sj-stem der Logik. Zürich 18^' geht auch von dieser Ansicht aas, und wendet sie mit Conseque“ auf die Erklärung der organischen Vorgänge an. Damit Einhe* ’ Totalität, Zweckmässigkeit in die Beweglichkeit der Lebenskrät hineinkomme, bedarf es, sagt Bosaik, einer herrschenden Mona“/ welche das ganze bereits zu organischer Beweglichkeit vorher®'' tete Aggregat innerlich gebildeter Monaden zu einem Systeiß vereinige. Diese herrschende Monade ist die Form im eigenf ' eben Sinn. Unter den stufenweise sich anbildenden Bestandtfae*' len steigen einige bis zur Vollständigkeit innerer Zustände ernp“®' dass sie selbst Formen künftiger neuer Orgamismen, oder da^* sie Samen zur Fortpflanzung werden können. Diese Ansicht a" gewandt auf die wirksamen Körperchen oder organisirten E'®“ mentartheile der organischen Körper, so würde jedes derselbe® in einem organischen Körper ein untergeordnetes System wirksamen Atomen seyn, welches sich bilden und wieder auflös® kann, ohne dass die wirksamen Atome oder Monaden im Sio® von Herbabt zerstörbar seyen. c. Acusserung des Seelenlebens ln der Organisation d®* Gehirns. Herbart’s Ansicht von den Monaden und von der Materie klärt allerdings das Wirken der Seele auf die Materie, ohne dass * ^ selbst Materie ist, da es hierbei nur auf die Wirkung eines ei“^ fachen W esens auf andere einfache Wesen oder Monaden ankotni" und des Organismus. 1. Theorie. 557 Bei einem weitern Versach die Bildung räumlicher Vorstel- '«nsen in der Seelenmonade aus Veränderungen der ‘"•»gedehnten Theile des Organismus, und Scelenmonade auf ganze Summen von • 13^, f klären, stösst n.an aber auf unauflösliche Schw.erigke en Das ^‘■ohlem aller Zeiten war zu hegreiten, wie ein aus f «e^en *"sammengesetztes einfaches Wesen, die Seele aus dem Nehenein- “"der der%fficirten Körperthe.le, z. B. aus dem Keheneinander '‘«r afficirten Nelzhauttheilchen des Auges eine Anschauung von ^Heneinander erhalte, so zwar, dass em ^ f'en eine bestimmte Beziehung zum Schrau.n ^'•schauuiigen des Sehsinnes von räumlicher Ausdehnung beruhen '^'•rauf, dass die Netzhauttheilchen a l> c d e f g h i k l m den Belationen der gegenseitigen Lage vorgestellt ““ wirklich nebeneinander existiren. Nimmt man das Beispie Gefühlsinn her, so ist die Schwierigkeit diese be Denn wir '-ben iedenfalls das Vermögen, das Nebeneinander der Aussendin^e J'^i'ch das Getühl zu unterscheiden .rtl,eile ^«schauung des räumlichen Nebeneinander unserer KoiptrUieilc Vclirs (fefthl haben. Der ganze Sehapparat '1'« an entfernten Theilen der Aussenwelt vorhandenen «Je '«0 räumlich nebeneinander vorhandenen Dingen , ,11 derselben '^fdnun- des Nebeneinander auf die räumlich ausgedehnte Ner- ’'obaut°selhst zu verpflanzen. Ist nun die Seele ein, nur in ei- mathemat-.^^^^^ Punct denkbares Wesen ohne Beziehug zum 1-Ume, viie entstellt dann aus dem Nehene.nai.der ^er Nerven- ^*'eUchen die Vorstellung derselben Ordnung? Man kann sich woal ''Erstellen, dass eine solche Monade von allen Seiten her gleicb- > Impulse erhalte, und dass aus den Impulsen, welche andere ^Oäaden auf die Seelenmonade machen, die Vorstellung des Seh- >ms entspringe. Allein zu einer solchen Concenlration aller .at eine« Pnnct eeijl, .bh .« J» 0-8»”'T *‘‘«0,1 des Gehirns keine Andeutung. Am '«"er Ansicht seyii, zu behaupten, dass wir durch unsern Körper keine Emplmdungen von Nebeneinander- erhalten, und diess wirklich hu. und wieder behauptet worden. STBinBUca (ßci- *'%e zur Phvsiol d. Sinne. Nürnberg 1811 ) hat den verschiedenen Säen die Emplindung des Räumlichen ganz ahgesprocheii und rhäuptet, dass die Anschauungen von räumlicher Ausdehnung Empfundenen erst durch die Bewegungen entstehen. So em- l'f'äde die Nervenhaut des Auges nicht das räumliche Nehenc.n- in ihren Theilchen, sondern diese Perception ^ S Augenmuskeln vermittelt. Ein beleuchteter Punct der Retina S"de durch die bewusste Contract.on eines Augenmuskels zu S«»- leuchtenden Linie. Damit aber andere Tlieile der Re ma /^leuchtet werden, bedürfe es anderer Contraetionsgrade uei ^ ^«^ä. So der räumliche Onterschied aut der Retina zu ti- “«»i zeitlichen der ConUactionen, welche nolhig sind, um ver- 558 VI. Buch. V. Seelenlehen, III. Abschn. PVechselmrkung d. Seele scliiedene Theile der Retina naclieinander einer und derselbe» Beleuchtung auszusetzen. Alle Theilcheii der Retina stehen >» Beziehung mit bestimmten Contrnctionsgrader. der Muskeln, »» so sei durch die Erziehung die Beleuchtung und Empfindung »» hestirainten Stellen der Pielzhaut stillschweigend an das Bewns® ' seyn der jenen Stellen angehörigen Contractionsgrade geknupj' Bei einer weitern Zergliederung dieser Vorstellung findet s*» indess leicht, dass sie etwas rein unmögliches voraussetzt. Den» wenn nicht die einzelnen Theilchen der Retina in der Q**®” litiit der Empfindung von Natur verschieden sind, so lassen sich auch nicht von einander als verschieden wiedererkenne»’ nnd ohne diese Unterschiede der Qualität lässt sich kein Con' tJ'actionsquantum n^it einem Theilchen der Retina in der Ei’inn»' rung coml)iniren. In der That nimmt auch Tourtual, die unmittelbare Empfindung der räumlichen Ausdehnung y, Organismus längnet, an, dass die Seele von allen Thcilen » Körpei’s Empfindungen erhalte, die in dem Wie der Einpfindu»S verschieden sind, und dadurch entstehe die Unterscheidung scbiedener Theile des Körpers. Bedenkt man aber, dass ein gebornes Thier sogleich Anschauungen vom räumlichen Nebe»' einander durch den Gesichtssinn hat und Bilder wahrnim®’ indem es auf die Zitzen der Mutter hingeht, so glaube lässt sich die Thatsaclie nicht bestreiten, dass vor aller hung räumliches in der Retina als räumliches wahrgenoini»»^ werde. Hat aber die Seele das Vermögen, das räumliche Neb»» einander des Körpers zu unterscheiden, so ist es unbegreifl'» j wie eine bloss in einem Puncte existirendc Monade dazu koinn'» soll. Möge sie sich auch über alle Theilchen der Retina hiub» wegen können, und durch die Excursionen nach allen Richtung»'’ sich eine Summe aus ihren eigenen Veränderungen bilden, entspricht doch das Simultane in einer Empfindung, die Mögh» ^ keit der unmittelbaren Auffassung einer bestimmten flächenhalt Ausdehnung einer Empfindung nicht xvohl dieser Ansicht. AVe* dem so ist, so ist auch die Ansicht wahrscheinlicher, dass »‘ Seele in der ganzen Organisation des Gehirns zugleich wirksa»’ sei, ohne selbst aus Theilen zusammengesetzt zu seyn, und sie die Unterschiede des Räumlichen in den Sinnen durch allgemeine Gegenwart wahrnehme. Wir müssen uns aber V” hüten, dieses lür eine Erklärung zu halten. Denn es bleibt bi»*^ hei immer unbegreiflich, wie das sich berührende materielle ‘ Sinne, welches jedenfalls allets räumlichen Anschauungen des lieh Empfundenen zu Grunde Hegt, als aussereinander vorgesW^^ werde. Auch wenn ich mir bildlich denke, dass die sich be»» , renden materiellen Theilchen in der empfindlichen Substanz Sinnesorgane in die Voistellung als sich gegenseitig abstosseo Puncte, wovon andere andere abstossen, aufgeuornrnen weru J so ist diess eben nicht mehr als ein Bild, nnd der Ueberg»»® von organisirten Theilchen zum Vorstellen ist noch ebenso oder nicht zu begreifen, wie das Verhältniss der Seele zur Ol g nisalion überhaupt. r» . i)i' Es ist leicht zu sagen, den' Knoten zerhauend, dass Org» und des Organismus. 2, Phänomene, 559 satlon und innere Kräfte des Vorstellens nur verschiedene Namen für eine und dieselbe Sache seyen, dass Materie und Geist durch die Art der Auffassung eines und desselben Dinges uns ver- schieden scheinen, es aber nicht sind. Aber das Gehirn bleibt immer eine Vielheit von organisirten Theilen, und in dieser Hin- sicht ein änsserst zusammengesetzter .Mechanismus, der zum bloss latenten Zustand der Existenz der Seele im Keime nicht nöthig, *u ihren Wirkungen auf die Organisation aber nöthig ist, und der Gebrauch dieses auf das feinste gegliederten Mechanismus durch die Seele bleibt gleich unbegreiflich. Indem ich mich an dieser Stelle bescheide klare Begriffe über Hinge zu geben, die einmal für immer allem physiologischen For- schen entzogen sind, und die, wenn sie irgend möglich, von der Philosophie "aufzustellen sind, habe ich es gleichwohl für die Auf- gabe des Physiologen gehalten, den mit anderen Wissenschaften zusammenhängenden Stoff, so weit es auf unserm Gebiete möglich ist, zu zergliedern und die Resetltate der speculatlven Forschungen zur Erzielung einer künftigen Näherung prüfend zu vergleichen. Ich verweise bei dieser Gelegenheit nochmals auf die im Anfänge dieses Abschnittes erörterten cosmologischen Systeme, welche mit der zuletzt erörterten philosophischen Monadenlehre den Kreis der möglichen allgemeinsten Gedanken über diesen Gegenstand durchlaufen. II, Capitel. Phänomene der Wechselwirkung. Wenn einmal durch die Wirkung des Keims die Structur des Gehirns erzeugt ist und die Sinne zu wirken aafangeu, so entstehen auch Vorstellungen oder geistige Wirkungen, und wie man Licht hervorrufen kann an einem Körper durch Stoss Und Veränderung seines körperlichen Zustandes, so können auch die geistigen Wirkungen durch Veränderung der Organisation des Gehirns und Veränderung der Materie, welche in die Structur eingeht, verändert werden. Nicht minder verändern die geisti- gen Wirkungen, mit denen die Organisation des Gehirns gleich- sam gleichen Schritt hält, auch die Organisation des Gehirns und die Materie, und diesem zufolge auch die Organisation in allen hörigen, vom Gehirn beherrschten, belebten Körpertheilen. Die Vorstellungen und Gedanken sind nicht aus Theilen zusammen- gesetzt, erfolgen aber an der theilbaren organisirten Materie, und die Klarheit der Vorstellungen hängt von der Beschaffenheit des Theilbaren durchaus ab. Hieraus ergiebt sich, dass alle Wirkungen der Seele auf den Organismus, zunächst durch Wirkungen auf die Organisation des Geh irns, an welchem die sonst latenten geistigen Kräfte actu er- scheinen, und vom Gehirn auf den übrigen Körper wie Ii-radia- honen ei-folgen und dass jedes Organ, in so fern es durch das von him kommende Blut und seine Nerven auf das Gehirn wirken *aim, auch Einfluss auf die Vorstellungen und das Vorstellen haben muss. 560 VI. Buch. V. Seelenleben. UI. Abschn. W echselmrkung d. Seele Dieser Einflnss kann entweder erregend oder drückend seyn, so dass das Vorstellen durch die materiellen Einflüsse des Rorpe » bald gefördert, bald gehemmt wird. Die von den Organen om- menden Einflüsse können begreiflicher Weise keine bestimmte Vorstellungen anderer Art erzeugen, als eben Vorstellungen von Empfindungen und ihrem Inhalt. Insoweit aber örtliche änderungen der Organe des Körpers die Empfindungen der Lust xind des Leidens, oder des physischen Impulses der Organe und die damit verbundenen Vorstellungen von Förderung, Hem- mung und Begierde hervorbringen, ln soweit wird auch die Dis position zu leidenschaftlicher Stimmung ourch ein dem Oe irn fremdes Organ unterhalten. 1, Wirkungen der körperlichen Zustände auf das Vorstclien und Streben. Die Erregung organischer Zustande des Gehirns durch das liellrothe Blut ist zur Thatigkeit der Seele eine nothwendigc Bedingung. Blutentleerung bringt daher Ohnmacht und Bewusst- losigkeit hervor. Aber auch die Qualität des Blutes verändert das Vorstellen. Die gemeinste Veränderung der Seelenäusserun- gen erfolgt von der Aendernng der Nahrung. Durch die Nahrung kommt eine Menge von noch roher Materie in die Circulation. So lange diese Materie ihre Ausbildung noch nicht erreicht hat, und ihr noch etwas Fremdartiges anklebt, ist sie auch, mit dem Blut zum Gehirn kommend, nicht ein adaequater Reiz zur Erre- gung der zum Seelenleben nöthigen organischen Zustände des Gehirns, und insofern das Gehirn von dieser Materie behalte wird, erfährt auch das Seelenleben eine Hemmung. Daher bei Einigen die Uuaulgclegtheit zu geistiger Arbeit nach dem Essen. Diese Hemmung erfolgt noch mehr bei materieller XJinstimmung der organischen Zustände des Gehirns durch Alterantia nervina (Spirituosa, Narcotica). Ebenso unadaequat zur Erregung der or- ganischen Zustände des Gehirns sind einige Secreta und Exereta, wie Uarnsioft' und Gallei welche letztere im Icterus ins Blut aui- genommen, Uuaufgelegtheit und Hemmung freier Geistesthätigkeit, • so wie wegen der Hemmung der organischen Zustände, die au das Streben und Selbstgefühl Einfluss haben, Niedergeschlagenheit hervorzubringen pflegt. Eine zweite Quelle von Behaftungen der Seele durch Aen- derung des Gehirns bieten die auf das Gehirn vermöge^ der Ner- ven wirkenden Zustände anderer Organe dar. Jeder rheil des Körpers, der in einem lehhallen sympathischen Verkehr mit den Centralorganen steht, kann im Zustande hettiger Erregung aiic i das Gehirn und dadurch die Seele heftig erregen, und irn Zu- stande der Hemmung die Seele hemmen, woraus die Delirien un soporösen Behaftungen entstehen. Auch die Strebungen erlahien auf diese Art Hemmungen, und es wird durch langwierige Hin- derungen der Functionen wichtiger Organe der Grund zu lieber, niedergeschlagener Gemüthsstimmung gelegt, welche nie i s ist als der Zustand gehemmter Bestrebungen der Seele. Diejc i und des Organismus. 2. Phänomene. 561 Ren Organe welche es mit der chemischen Umwandlung der Ma- terien zu thun haben, die Eingeweide, wirken hierbei auf doppelte ^Veise, theils durch Hemmung der Zustande der Centralorgane vermöge des Nervenzusammenhanges, theils durch Aenderung des Blutes und in letzterer Hinsicht kommt auch die Art dieser ma- teriellen Veränderung in Betracht. Daher zeichnen sich die Un- terleibseingeweide vor Allen dadurch aus, dass sie in chronischen Rrankheiten dauernde Hemmungen der Strebungen der Seele bervorbrlngcn. Vergl. oben Bd. I. 3. Aull. p. 833. wo bewiesen tvnrde, dass der Sitz bestimmter Leidenschaften nicht in diesen Eingeweiden zu suchen ist. Es giebt auch Organe des Körpers, von deren Zustand es abhängt, dass bestimmte, auf ihre Functionen bezügliche Leiden- schaften entstehen, wie die Geschlechtstheile, der Magen. Diese erregen Empfindungen bestimmter Art und Vorstellungen von Din- gen in der Seele, welche die mangelhaften Zustände des Selbst gleichsam vervollständigen. Die Vorstellung von dem, was diese Zustände vervollständigt und erweitert, bewirkt aber wieder Ströme des Nervenprincips nach diesem bestimmten Organ. Denn, wie tvir p. 89. gesehen haben, bei Vorstellungen von Zuständen, die durch ein bestimmtes Organ ausgeführt werden, entsteht ein Strom nach diesem Organ, sei es ein Muskel oder eine Drüse. Auf diese Weise entsteht die Disposition zu den Leidenschaften der Liebe durch den Zustand der Geschlechtstheile, und durch den Zustand des Rückenmarks, als Vermittlers zwischen den Ge- schlechUtheilen und dem Gehirn. Befinden sich beide in einer gewissen Spannung, so entstehen Strebungen, welche gewisse Vor- stellungen heranzrehen. Die Action der Organe erregt die Vor- stellung, diese dagegen jene. Ohne die Potenz in jenen Tlieilen, sind dergleichen Vorstelliuigen kalt und entzünden nicht die or- ganischen Zustände. Audi die Art der Nahiiing bat durch Wir- kung auf diese Organe Einfluss auf bestimmte leidenschaftliche Zustände. Aphrodisiaca. Endlich hat auch der Zustand des ganzen Nervensystems und der Grad der Erregbarkeit und Mittheilbarkeit einen grossen Einfluss auf die Art der Strebungen. Denn wenn eine Erregung sich sehr schnell in den Nerven verbreitet und schneller eine Erschöpfung hinterlässt, so ist man auch zu allen Affecten stärker geneigt, in welchen das Selbst gewaltsam und plötzlich verändert ^nd geschwächt erscheint, z. B. zu Furcht, Angst, Schrecken, ^ägen, Muthlosigkeit. Wenn aber das Gegentheil erfolgt und das Nervensystem seine Kräfte in Folge einer Erregung erhält, wird auch bei einer plötzlichen Erregung, Math und ausdau- erndes Streben vorhanden seyn. So werden auch verschiedene Dispositionen in den organischen Zuständen obwalten, wenn eiä Thier von Natur aus scheu, zaghaft, furchtsam oder muthig, ^dhn ist. Beim Menschen verändern sich diese Dispositionen ***if den organischen Zuständen, und aueb ein kaltblütiger^ und gefasster kann durch den Zustand seines Nervensystems so gestimmt Werden, dass er leicht vor allem plötzlichen, wie ein von Natur 562 VI. Buch. V. Seelenleben. III. Alschn. W echselmrkung d. Seele Furchtsamer, erschrickt, während volle Nalirung und ein Glas ■Wein dem Zaghaften Muth macht. . , - des Die unmittelbare Veränderung der organischen Zustande Gehirns verändert das Seelenleben am meisten, wie Entzündung, l'chlerhalte Bildung, Dmck. Alle Reizungszustände des Gehirn» machen Delirien, Alles, was hemmt, sei es durch mechanische Druck oder fehlerhafte Bildung macht schwindelig, soporos oder sar vollends bewusstlos. Daher erregen die verschiedensten ma- teriellen Umwandlungen, Tuberkeln, Elter, Extravasal, Wasser, ziemlich gleiche Erscheinungen der Hemiiiuug. Der Druck de Blutes in "den Gefässen seihst wirkt ebenso wie der Druck vo aussen und macht Schwindel. Die Inanitlon wirkt übrigens dem Druck völlig gleich. , . „ . . i t Bei unmittelbaren Veränderungen des Gehirns seihst entste i ■viel leichter Alteration im Vorstellen und Denken als Veränderung der Strebung, Leidenschaft. Zu einer Leidenschaft mit Hemmung gehört noch ein gewisser Grad von Lebhaftigkeit der Vorstellun- gen welche die Leidenschaft unterhalten, welche bei organischer Hemmung des Gehirns gar nicht mehr möglich ist, daher diese auch vorzugsweise als Hemmung der Vorstellungen überhaupt er- scheint. Die organischen Zustände, welche das Vorstellen unter- lialten linden ohne Zweifel im Gehirn seihst statt, aber die E e- mente, welche die Strebungen unterhalten, sind im ganzen Or- ganismus. 2. Wirkungen der Vors teil un gen und Strebungen auf den Organismus. Die Wirkungen der Vorstellungen auf dem Organismus bieten ein reiches Feld der mannigfaltigsten Erscheinungen dar, welche an das Wunderbare grenzen. Im Allgemeinen kann man sagen, dass ein Zustand des Organismus, der als kommend vorgestellt und mit der vollkommensten Sicherheit, mit vollem Glauben er- wartet wird, auch leicht in Folge einer solchen Vorstellung em- tritt, wenn er überhaupt innerhalb der Grenzen des möglichen liegt. Ich erinnere als ein Beispiels für alle an den Fall, welchen PicTET in seinen Beobachtungen über das oxydirte Stickgas erzählt, wo man einer Dame Miss B. statt des in Ekstase versetzenden oxydirten Stickgases, um die Wirkung der Einbildungskraft zu prüfen, atmosphärische Luft zu trinken gab. Sie hatte noch keine drei bis vier Athemzüge gethan, als sie, was ihr noch me wie- derfahren war, in Ohnmacht fiel, wovon sie sich ledocb bald wieder erhohltc. Aus der Bibl.Brit. T. 17. in der deutschen Aiis- eabe von H. Davy’s Untersuchungen über das oxydirte Stickgas I Bd. Lemgo 1814. p. 326, Die Wirkungen der Vorstellungen erfolgen bei Alterationen mit Affect meist nach allen Richtungen auf die Sinne, die Bewegungen und Absonderungen. Aber auc le einfachen und affectlosen Vorstellungen bringen die lebhaftest organischen Wirkungen hervor, wie in dem folgenden ottenbar werden wird. und des Organismus, Phantasmen. 563 a. Auf die Sinne, Phantasmen. Phantasmen oder Hallucinationen sind Slnnesempfindungen aus inneren Ursachen ohne äussere erregende Objecte, mit den eigenthümlichen Energieen der Sinne. Man hat sie hin und wie- der mit den Vorstellungen verwechselt, und für solche Vorstel- lungen gehalten, deren Realität geglaubt wird. Aber dass ihre Realität geglaubt wird, rührt eben davon her, dass sie in den Sinnen sind und mit der Wahrheit der Sinnesersche'inungen selbst Auftreten, überdiess gehört es nicht zum Wesen dieser Phänomene, dass die Realität geglaubt wird. Die Realität blosser Vorstellun- gen zu glauben, wäre ein Irrthum des Verstandes. Vielmehr kann man ein Phantasma haben mit der vollsten Kraft einer Sinnesempfindung, mit Farbe oder Ton, ohne doch an die Reali- tät desselben zu glauben. Die vorzugsweise Aufmerksamkeit auf die Hallucinationen der Geisteskranken führt leicht zu jener fal- schen Ansicht. Ich vermeide deswegen diesen Ausdruck. Die Zustände, von denen es sich hier handelt, führen richtiger, sofern sie sich auf das Auge beziehen, den Namen Vision. Denn sie sind in der That Zustände des Gesichtssinnes und so wahr in ihm begründet, als es alle objectiven Visionen von äusseren Erregun- gen sind. Bei den Gcsicbtsempfindnngen aus objectiven Ursachen bat man schon Gelegenheit zu beobachten, wie das lebhaftere Vorstellen einzelner Netzbanttbeilchen gewissen Theilchen der Rüder eine vorzügliche Schärfe gestattet, indem, wie man sagt, die Aufmerksamkeit die einzelnen Theile des Gesammtbildes, d. h. der Netzhaut, selbst nach und nach zergliedert. Siehe hierülrer üben p. -Sb''!. Auch ohne Sinnesempfindungen stellen wir uns im dunkeln Sehraum der geschlossenen Augen Grenzen , Umrisse und da- durch Gestalten vor. Es scheint, dass auch dieses durch eine Vorstellung einzelner Netzhauttheilehen im ganzen Sehfelde der Netzhaut geschieht. Zur Empfindung des vorgestellten Bildes in Einern Licht oder in einer Farbe kömmt es hierbei nicht. Dazu Würde gehören, dass die Netzhauttheilehen nicht im Zustande der Ruhe, sondern im activen Zustande, d. h. licht oder farbig er- scheinend vorgestellt werden. Diese Art von Vorstellung der flrenzen im Sehfelde ist indess zuweilen so lebhaft, dass scharfe kJnirisse wiederkehren, Rio längere Zeit anhaltend gesehen wor- , z. B. plötzlich die Formen der unter dem Mikroskop lange gesehenen Theilchen vor das Auge treten, nachdem zwischen dem beben dieser Dinge und dem plötzlichen Wiedererscheinen des ^edächtnissbildes ein Zeitraum von mehreren oder vielen Stunden Verflossen ist. Aber es werden nicht blosse Umrisse von gesehe- •^en Dingen im Sehfelde reproducirt, sondern auch neue Confi- S'irationen produclrt, wenn das Sehorgan von objectiven Ein- üeucken frei ist. Diess ereignet sich häufig bei Kindern von J^bhafler Phantasie im Dunkeln, wo dann im dunkeln Sehfelde gesichter und schreckende Fratzen bloss in Umrissen und ohne Rarbe und Licht hervorzutreten scheinen. Alles diess scheint üoeh durch eine Vorstellung der ruhigen Netzhauttheilehen zu 564 VI. Buch. V. Seelenleben. UI. Ahschn. irechseMrkung d. SecU gescbelien, von welcbcn überbanpt alle Formen abbangen, und dureb eine Wechselwirkung des Sensonums nn der Theile des Gesiebtssinnes zu erfolgen. Viel seltener im Zustande der Gesundheit, aber oft stände der Krankheit haben dergleichen Bilder Farbe und J und die Nctzhauttlieilchen oder Tbeile des Nervus opticus u seiner Fortsetzungen zum Gehirn w'erden in bestimmten ständen der Thätigkeit vorgestcllfc Das sind die Phantasi im engem Sinne, die ebenso beim Gehörsinne und Sinnen Vorkommen. Der Vorgang bei den Phantasmen ist de^ umgekehrte der objectiven Sinneserscheinungen, bei dem ven Gesichtseindruck werden Theilchen der Retina ira that^e» Zustande räumlich nebeneinander yorgestellt, bei ■[, ven Gesichte ruft das vorgestellte die Zustande der Netzhautt eben oder des N. opticus hervor. Die Wirkung des ranmiic Organes auf die Seele mit Vorstellung von nebeneinander in u einen Fall, und die Wirkung der Vorstellung von Räumlichen» auf das räumlich ausgedehnte Organ in dem zweiten Fall sin gleich wunderbar, uiid daher die Vision nicht wunderbarer, a das welchen diese Erscheinung beobachtet worden wG ^nd beim Erwachen und Halbwa- eben. Wer erinnert sich nicht der lebhaften sich vor dem i schlafen einstellenden Bilder, der Helligkeit in den geschlossene Augen, die dann zuweilen eintritt, der plötzlich auffahrend^ schnell sich verwandelnden, zuweilen lichthellen Gestalten, zuweilen plötzlich erschallenden Tons ohne äussere Ursachen, als wenn uns plötzlich Etwas laut in die Ohren gerufen wurde. Man sehe die ausführliche Darstellung dieser ZusUinde in Mob PnCKFt’s Magazin der Erfahrungsseelenkunde b.Ii. l.p.V». i>ASs 3-/;. /-«"»s über die phantastischen Geswhtserscheimingen. Coblenz ^G. p. i Dass diess keine blossen Vorstellungen, somlern wirkliche Empfin- dungen sind , lässt sich bei hinreichender Selbstbeobachtung b weS Wer sich vor dem Einschlafen noch beobachten kann, wird die Bilder zuweilen noch m den Augen «^^^rraschen. gelingt aber auch beim Erwachen im dunkeln Zimmer. D wenn man schon wach ist, so kommt es zuweilen vor, dass i in den Augen noch lichte Bilder von Landschaften und dergie* eben hat. Aristoteles hat diess schon erfahren und in seiner Sc i über den Traum Cap. .3 bemerkt. Spinoza machte eine ähnliche obachtung, Opera posthuma epist. m. Gruithuisen j ü Traumbilder nach dem Erwachen in den Augen. Ich habe sehr oft dabei überrascht, bin aber jetzt seltener dazu ich habe mich aber gewöhnt, in diesem Fall, sogleic i die » » »II öiinen« una aut uie uiiigeuiiii^, zi» aj» Die Bilder sind noch auf Augenblicke ^a, verblassen sehne U Ja f irli hnnfi sie niCiU 1 sind da, wo man sich hinWendet, aie id» den Augen sich bewegen gesehen. Aus den jährlich bei meinen Zuhörern darüber anstelle, ob sie und des Organismus. Phaniasmen. 565 liclies an sich wahrgenommen , habe ich mich üherzeagt, dass ^•ese Erscheinung verhäitnissmässig nur sehr wenigen bekannt ist, Jienn unter hundert Individuen finden sich einer oder mehrere, ^ie das kennen. Ich hin indess überzeugt, dass dieser Unter- schied mehr scheinbar als wirklich ist, und dass mehrere zu der Beobachtung gelangen, wenn sie sich selbst in solclien Augen- blicken beobachten lernen. Doch giebt es gewiss auch viele blenschen, denen nie dergleichen Vorkommen wird, und mir selbst kommt es ietzt zuweilen während mehrerer Monate nicht vor, '^ährend icli in der Jngend viel stärker dazu geneigt war. Jean Baul emfifahl die Beobachtnng der Phantasmen vor dem Ein- schlafen als Mittel zum wirklichen Einschlafen. b. Dass die Traumbilder im Traume, wenn es sich um mehr blosse Träume in Vorstellungen handelt, ganz dasselbe sind, 'st in dem Vorhergehenden bewiesen. Denn was man nach dem Bewachen noch in den Augen hat, ist dasselbe, was beim Trau- '"en da war. Vergl. Goethe Vorrede zur Farhenleh-e. Treffliche Bemerkungen über die Traumbilder gab Gruithuisen in seinen Beiträgen zur Physiognosie und Eaulognosie, p. 236. Auch die Blinden haben zuweilen Träume von leuchtenden Gegenständen. Biehe J. Mueller a. a. O. Vergl. Heermann in v. Ammon Mona/.?- ■'cÄri//. 1838. Bis so weit kommen die Phantasmen im Zustande Gesundheit bei allen Menschen vor. _ c Die Krankheiten, in welchen die Phantasmen eine häufige Brscheinnng sind, sind Fieber, nervöse Reizung des Gehirns, «irnentzündung (auch bei Reconvalescenten noch einige Zeit), farkose, Irrseyn, Epilepsie. Ueber die Phantasmen in der Nar- kose siehe Humphbv Davy über das oxydirte Slickgas. 1814. '’ I63. Richebz in Muratobi über die EinbÜdungskraß. 2. Ih. Leipz. p. 123. Nicolai litt einmal an einem Wechselfieber, in 'Welchem schon vor dem Frost kolorirte Bilder in halber Lebens- 8''bsse. wie in einen Rahmen gefasst erschienen. Es waren Land- ^'baften, Bäume, Felsen. Hielt er die Augen geschlossen, so änderte sich in einer Minute immer etwas, einige Figuren ver- ®''hwanden, andere erschienen. Beim Oeffnen der Augen war pBes weg. Bei Entzündung des Nervus opticus entstehen auch cuchtende Phantasmen. Sehr merkwürdig ist der von Lincke beobachtete Fall, wo nach Exstirpation eines Auges, während des ^"Gündlichen Stadiums leuchtende Erscheinungen eintraten. Lincke j^fango meduUari ocnli. Lips. 1834. Dieser Fall, sowohl als die in der ‘^^^üner Monatss! hrift 1800. /i. 253. erzählte Beobachtung, wo eine ^‘''ekbliude Frau iiber leuchtende Bilder mit grellen Farben vor Augen klagte, beweisen auch, dass die Nervenhaut des Auges b‘’^bt 7,ur Genesis dieser Erscheinungen nötliig ist, dass vielmehr “bch die inneren Theile der wesentlichen Substanz des Sehsinnes Bildung leuchtender Phantasmen hinreichen, wie denn auch alten Beobachtungen bei Trepanirten ein Druck auf das Ge- 'J’o Blitzsehen hervorgebracht hat. Esquirol beobachtete Ichsüchtige Person mit Hallucinationen^ bei welcher er nach dem die Sehnerven Vom Äuge bis zxxm Chiasma atrophisch fand. d. scienc. rned. Ilailueinations. 566 VI. Buch. V. Seelenlelen. III. Alsclin. TV echsehvirkvng d. Seele Die Phantasmen beim Irrseyn, bei der Hirnenlzündung Ilirnreizung und in der Narcose werden bei offenen Augen noc^ wahrgenommen und combiniren sich mit objectiven Sinneseio drücken. _ . „ • ue Einfache Ilirnreizung ohne Irrseyn begründet die Gesic derienigen, die man Visionäre nennt. Je nach den Richtungen sind die Gesichter religiöse, tröstende und hu ' reiche, oder schreckende Gestalten Lebender oder ner (hieher das second sight bei den nordischen Völkern). Vision kann bei offenen Augen stattfinden, und Objectives Subjectivem sich vermischen. Hierbei kann es Vorkommen, d® das Objective wie durch einen Flor des subjectiven Bildes darc|' scheint. Einige sehen die Gestalten von Änderen, Einige Gestalt ihrer selbst, Doppeltseher. Je nach dem Bildungszustan ^ des Visionärs werden die Visionen entweder für real oder krankhafte Zustände des Sensoriums gehalten. j. Ein Visionär der ersten Art wird sowohl von sieh sein* verkannt, als von der abergläubischen Menge und demjenig®®^ der ihn für einen Irren und Eingebildeten hält. Indem der sionär seine eigenen Sinneswirkungen verkennt, bleibt sein Vei' stand hinter seinen Naturanlagen zurück. Visionäre der zweiten Art waren die von Bonnet erwä-i® ^ 3?erson und Nicolai. Bonnet {analytische Versuche i’ihev die ^ lenkriiße. Bremen 17S0. 2 Th. p. 59.) kannte einen angesehene^ Mann, der eine vollkommene Gesundheit, Aufrichtigkeit, BeO*’^ theilungskraft und Gedächtniss besass, und der mitten im ebenden Zustande ohne den geringsten äusserlichen Eindruck vo Zeit zu Zeit Figuren von Personen, Vögeln, Wagen, Gebaut vor sich und sich bewegen sah. Bisweilen veränderten sich de'^ Scheine nach auf einmal die Tapeten in seinen Zimmern. Erscheinungen machten einen eben so lebhaften Eindruck, ‘‘ die Objecte selbst. Dieser Mann wusste die Erscheinung rieh '» zu beurtheilen und seine ersten Urtheile zu verbessern. Nicoi.ai’s berühmte Visionen waren im Jahre 1791 entstand^ nachdem ein gewohnter Aderlass und das Ansetzen der wegen Hämorhoiden unterlassen worden. Auf einmal, nachdfj^ eine heftige Gemüthsbewegung stattgefunden batte, stand die Gestalt eines Verstorbenen vor ihm, und noch denselben 1 erschienen verschiedene andere wandelnde Personen, welches si® in den nächsten Tagen wiederholte. Die Phantasmen ersebieo® unwillkürlich und Nicolai war nicht im Stande, nach diese oder jene Personen hervorzubringen. Auch waren die . scheinungen meistens unbekannte Personen. Sie erschienen Tag und Nacht und mit Licht und Farben , die aber blässer ® an den natürlichen Objecten waren. Nicolai ging dabei a Nach einigen Wochen fingen die Phantasmen auch zu reden ® ^ Vier Wochen nach dem Beginn dieser Äffection wurden Blutig^ an den After gelegt. An demselben Tage fingen die Figuren zu verblassen, sich langsam zu bewegen, zuletzt zerflossen sie dass von einigen Figuren eine Zeit lang noch einzelne Stücke sehen übrig waren. Berliner Monatschift 1799 Mai. Goe und des Organismus. Phänomene. 567 l'at sieb wegen der ibm darcli Nicolai zugefügten Kränkungen an ihm dadurch gerächt, dass er ihn als Proctophantasmiast ln "iie Scene vom Blocksberg im Faust versetzte, ein Zusammenhang, der wohl bisher Wenigen bekannt geworden seyn dürae. Die seltenste Entwlckelimgsstufe der Phantasmen bei voil- 'lommenster Gesundheit des Geistes und. Körpers ist die Fa- ^iRkeit, Lei seschlossenen Äui^en das willkürlich Vor^estellte wirk- •ich zu sehen. Es sind nur wenige Fälle dieser Art bekannt geworden Hierher gehören Cabdanvs, Go.ethB und noch einige andere Fälle die ich 'in der erwähnten Schria mitgetheilt. GoEtnE sagt in seiner Schrift zur Morphologie und Naturwissenschaa: "Ich hatte die Gabe, wenn ich die Augen schloss und mit me- dergesenktem Haupte mir in die Mitte des Sehorgans eine Blume dachte, so verharrte sie nicht einen Augenblick m ihrer ersten Gestalt, sondern sie legte sich auseinander und aus ihrem Innern entfalteten sich wieder neue Blumen aus farbigen, auch wohl grünen Blätte/n, es waren keine natürliche Blumen, sondern Phantastische, jedoch regelmässig wie die Rosetten der Bildhauer. Es war mir unmöglich, die hervorsprossende Schöpfung zu fixiren, hingeeen dauerte sie so lange als mir beliebte, ermattete nicht Und^erstärkte sich nicht. Dasselbe konnte ich heryorbringen, ^enn ich mir den Zierrath einer buntgemalten J^heibe dachte, Welcher dann ebenfalls aus der Mitte gegen die Peripherie sich •umer fort veränderte, völlig wie die in unseren Tagen erst er- *'^^m''j^re^*1828 hatte ich Gelegenheit mich mit Goethe i^er diesen uns beide gleich interessirenden Gegenstand zu unterhal- ten. Da er wusste, dass bei mir, wenn ich mich ruhig bei geschlos- ^enen Augen hinlege vor dem Einschlafen leicht Bdder ,n den Augen erscheinen, ohne dass es zum Schlaf kommt, indem vielmehr die Eilder sehr wohl beobachtet werden können, so war er sehr be- gierig zu erfahren, wie sich diese Bilder bei mir gestalten Ich Erklärte dass ich durchaus keinen Einfluss des Willens auf Her- '^orrufnng und Verwandlung derselben habe, und dass bei mir '»iemals eine Spur von symmetrischer und yeg^ativer Entwicke- Wg vorkomme. Goethe hingegen konnte das Thema willkürlich '"'geben, und dann erfolgte allerdings scheinbar unwillkürlich, aber Sesetzmässig und symmetrisch das ümgestalten. Ein Unterschied Zweier NatSren, wovon die eine die grösste Fülle der dichten- schen Gestaltungskraft besass, die andere aber auf die Untersu- 'Euno des Wirklichen und des in der Natur Geschehenden ge- dichtet ist. Man vergleiche über die Pl.antasmen Abercrombie concernmg the inteUectual po Widerspruchs. . , , -ft- Wer 4 Die Vorstellung von der eignen Kraft macht krallig, v sich Etwas getraut zu\ollbringen , vollbringt es leichter, als sichs nicht getraut, ferner kann die Vorstellung von einer geW- eintretendeii' Veränderung in den Kraftäusserungen des Sterns so heftige Veränderungen hervorbrnigen , dass eine bis d«' unmögliche Kraftäusserung möglich ist. Dieses geschieht leichter, wenn sich dabei ein Mensch zugleich lii der .. re 3 d. h. im leidenschaftlichen Zustande befindet. Hieidier gehört .Selhslheilung der Krankheiten durch die von gewissen Handiu^^ een erwartete wnnderthätige Wirkung, durch die als gewiss stellte Wunderknr oder den Glauben. Wirkungen, welche in» halb gewisser Grenzen niebt bestritten werden können. 5. Die Strebungen oder Gemütlisbewegnngen bringen kürliche Kraftäusserungen in den Muskeln und Nachlässe der hervor, je nach den excitirenden oder deprimirenden Vorstell» . gen. Häufig sich wiederholende Leidenschaften liedingen ei» .stationären Ausdruck des Gesichts und verrathen die Grund» • mung, gleich wie sich der einzelne leidenschaftliche Zustand <• » . die pliysiognomischen Bewegungen verräth. Siehe über die denschaftlichen Bewegungen oben p. 90. c. Auf den Bildungsprocess und die Absonderung. Ganz analog sind die Wirkungen dev yorstelhmgen und denschaften auf den Bildungsprozess und die Absonderung. ^ hierher gehörigen Phänomene lassen sich folgendermassen oi 1. üebermässige Anstrengungen des Geistes beschränken Ernähraiig. . -pS 2. Die Vorstellung erregt einen Strom des , ^p., nach dem Organ , wo das auf die Vorstellung hezügliche a sondert wird, und um so mehr als man sich hierbei in ^1,.. müthshewegung befindet. So wird der Speichel reichhcUer gesondert hei der Vorstellung der Speisen, die Milch, wen und des Organismus. Phänomene. 5ß9 Mutter das Jun£;c um sich hat und s.ch dasselbe mit Strebung Vorstellt (Home),' der Samen bei der Vorstellung wollüstiger ß.lder. 3 Die Vorstellung, dass ein Bildungsfebler durch einen ge- wissen Act aufgehoben wird, verstärkt die Wirkung der bildenc en Tliätiakeit, dass dieser Fehler zuweilen ausgeglichen wird. Dahin gehört das Heilen der Warzen durch sogenannte sympathetische Ciiren, si fabula vera. p ,, j rri •• 4 Die Leidenschaften erregen profuse Absonderungen, ilu.i- äenfluss, Schweiss, Diarrhoe, oder Verminderung der cjualitaliven Umänderung. So wird die Milch der Amme nach Leidenschaaen derselben in ihren materiellen Bestandlheilen so feblerhatt, dass de unverdaulich und reizend fm- d^ R.nd ist. Unter gewissen Bedingungen entstehen auch in Leidenschaften Retentionen sey «s, da« die natürlichen Bestandthede des Secretes zuriickgehalten Werden und die Absonderung bloss wässrig ist, (unna aquosa "ach Schrecken), oder dass die Absonderung gar nicht nach den Urüse'ncanälen erfolgt, und das Secret vielmehr in das Blut der Uapillargefässe des Secretionsorganes und so in ,die ganze Blul- »nasse ilhergeht, wie bei der Gelbsucht von Zorn, Aerger und “aderen Alterationen. ... 5. Die Dispositionen zu besonderen Krankheiten der Vtge- hition werden durch Leidenschaften schnell in Vifia ma«desU "mgewandelt. Kummer, tiefes Leid bringen in urzes er ^ 'Bsponirte Phtliisis, disponirte Leberkrankheiten, Herzkrankheiten Tage und reiben schnell auf. , t' r i i • i • 6® Die Ausbildung des Geistes durch Erfahrung und vielsei- tige Bildung veredelt auch die körperlichen Formen, besonders des Gesichtes, wie man hei Vergleichung der Formen der ver- schiedenen Stände sieht. Das Erworbene erbt sich dann auch fort ■ Man sicht diese Wirkung an den sich absondeniden M.iii- den' bei welchen wenige Vermischungen mit heterogenem L e- •äenten Vorkommen, und wo eine sorgfältige Erziehung der Rinder gewöhnlich ist. Die Wirkung geistiger Bildung auf die Gesichls- formen kann man sich übrigens nicht anders vorstellen, als da.s.s “her überflüssige Bildiingsstoff enÜ'ernt wird, und die Materie von der Form des Organismus mehr beherrscht wird. Scelenäusserungen in Öen zus am m en g cs et zl e n, gcthcllten und verwachsenen Ihiercn. a. Zusararaengeselste Thiere. Bekanntlich giebt es unter den niederen Tbieren viele, welche einem Ganzen verbunden sind und deren Stamm m mehrere Individuen ausläuft. Schon die Pflanze ist mehr als System von ^"sammenwirkenden Individuen, denn als_ einzelne Pflanze zu be- dachten. Denn bei ihrem Wachsthum- ist lede Knospe ein dem Urtheil gleichgebildeter Theil, welcher auch das Vermögen der ®®lhstständigen Existenz hat, wenn er getrennt wird oder sicu ^'Bst trennt, und wird fähig zu einem System von ähnlichen ^heilen heranzuwachsen. Die Gefässe des Koospenindividuums ®"Gen sich auch in den Gefässschichten des gemeinsamen Stammes 37 * 570 VI. Buch. V. Seelenlelen. III. Ahschn. Wech^elmrmng d. Seele Lk inch der Wurzel fort, und der Stamm ist Fasclkel aller Individuen, die a« verselnedcnen Sipllen sirli vom Stamme ablösen. Unter die zusammengesetzten Tliiere alle besetzten Vorticellinen, Polypen, Entozoen und MoUusken, Lrch Theilung sicli fortpflanzenden Thiere zur Zeit dir geleiteten, aber noch nicht vollendeten Sonderung |Die Indi^_ dueii sind theils als Aeste eines der Rnospenbildung mes verbunden, wie die individuel n' , tbeih penstammes, theils radial verbunden, wie f® Ve^na^h einigt, wie die durch Längstheilu.ig tbeifs hintereinander verbunden, wie die je» mehrenden Infusorien. Würmer. Die meisten Pflanzen und von Tbieren die zusammengesetzten sind als Familien von zusam benden Wesen zu betrachten, welche entweder nach undnac i wachsen und mit dem Stamm vemvachsen bleiben, wie in der Me zahl der Fülle, oder selbst im embryonischen Zustande zusamm gesetzt sind, wie die Botryllen nach S*bs Beobachtungen, Fhob ^ 1837. 51. Zuweilen haben die zusammengesetzten Thiere ww tige organische Systeme mit einander ^ > de»' communicirt der im Stamme enthaltene A ahrungscanal mit d»»^ Hahrungscanal jedes Individuums. Bei den Hydren ge i , wie s TrpmüiJv zeigte, der Darm der Knospe ununterbrochen in d»^ Darm des Multerthiers über, und das Junge giebt «l®'« ß®*'“ j^,, Mutter, die Mutter dem Darm des Jungen Nabrnn„. ^ vereinigten Familien durch Theilung zeugender Waiden g®ht d^^ Darm continuirlich durch die Generationen durch u Srtliier frisst für alle. Bei den sich theilenden Würmern g.e es offenbar einen Zeilpunct, wo die Anlage der neuen Generat.o welche nur ein Theil der Gliederung der alten ^ Sensorium am Ropftheil des Mutier th. er s, seinem dien, seine Becehren gehorcht und seine Bestimmungen austulirt; i» d» Trade als aber die Theilung sich ausbildet und das ausser Wecb ; S mit .lern Se»,ori„m de. Mutlerll.iem Iretemle S.u f äaroh Entoictekme der Ad.Be,, .1.. Kopte. .,ol. J enUtohl .„cl, «io be.on.lere. Wollen und Begel.re,,, »ololt'- “ , vor der Theilung durch die' Versuche des Jungen zur Trenn o von der Mutter 'deutlich genug äussert. , • to- Die zu einem Stamm vereinigten Polypen sind ®®"trirt dividuen, welche zwar verwachsen sind, aber sic i se s men. Die Beizung des einzelnen Polypen bringt nur ein Zm , ziehen dieses Polypen und nicht der andern des Stammes her Der Stamm aber enthalt keine individuelle Organisation, er t-ehrt nicht nnd stellt kein Begehrtes vor, er enthalt Kraft zur Erzeugung neuer Individuen durch Knospen n Bei den perennirend ästigen Polypen ist dieser Stamm an - W lIerdL Individuen entzogen. Am Stamm des Vereti lum stamm des Veretil.umji ^ obachtete Rapp wohl zuweilen ^>8®«® if„iicbkeit- haben aber mit willkürlichen Bewegungen keine Ae m^c Bei den Hydren, welche im sprossenden Zustande System und des Organismus. Phänomene. 571 1 j. .1 eich aber von einander ablösen, ist der Individuen sind, die perennirend ästigen CoraU Stamm etwas Andeics, als i>e Theil des Mutter- <1- r" den ist, von dem es sieb hernach trennt. b. Pathologische Doppelbildongen des Menschen und der Thiere. m.l. ia„uc„ »a., “en lassen. , , . , . , rä;L:Tu“:;“Ä^^^ b. ThriSr mrv7ewS"w. ”“m tap'» VeTclnlür^eier Körper bei aopp.her Schse ■ pISo. J^n tLiiL ebne Yerl,.., .aer Verlu.t dazwischen hegender Tjmile. Erhaltung al- “• S" Thede^ zweier Embryonen. Ilierbei scheinen ^s.ch die Embryonen tbeilweise zu spalten. Z. 13. P fl i erleidet eine Theilung der beiden Ges.chtsbalften und b bei einfachem Hinterkopf «, und ^cr Kopf j« erleidet ebenfalls eine tbeilweise Spaltung m ‘J'® Ä.,ae, it S “■!’ mL:br:b s - f r-obör» rvio sich .o. Ser Uot.r.uohuog Icr Seb.de „„3 da. Gabirn. c^.^bt. „V“pl b von Gurlt ohne Defeet. Ger P^ S Uiorax "L%o“’^'a»aiS f Brosi und B.„a, n- Verlust dazwischen hegender. asse jebt doppelten die Versclimelzungen paanger y^Hust findet bald Missgeburten entstehen. Conlusion und \ei ^ 57‘i VI. Buch. V. Seelenleben. III. Absclm. IFechselmrkung d. Seele iir. IV. von der Seite, bald von vorne statt. Syncepbalus api’O- sopus mit Verlust der Gesichter, und entsprechende Foi- men des Synthorax, Syngaster. Die seitlichen Syncepbaleo mit Verlust gehen in die Theilungen der Achse über, c. Vereinigung zweier Körper mit ungleichnamigen Theüe*’’ Iinplantatio. Vereinigung von zweien Körpern, wovon def eine ganz bleibt, der andere bis auf einen Rest verloren gebt- a. Iinplantatio externa, aa. Implantatio externa aequalis. b“' plantation in homologen Stellen. Aus der Brust eines vol ' kommnen Kindes hängt der Hintertheil des Körpers cinß* zweiten ohne Vordertheil. Dritter Fiiss, parasitischer Kopb Kiefer etc. bb. Implantatio externa inaeqiialis. Implaiit»' tion an heterogenen Theilen. b. Implantatio interna, foetus in foetu. Dupplicität einzelner Theile durch Theilungen ausser n®* Achse. Die Grenze zwischen der 3. und 4. Form ist in eiU' zelnen Fällen schxver zu ziehen. Siehe über die Anatoni'** der Doppelmissgeburten Barkow Monstra animallum duplient per anatomen indagata. Ups. 18‘i8. Unsere Kenntnisse von den Seelenäusserungen der Dopp®*' misgebnrten sind noch sehr gering, weil die Gelegenheit Beobachtung derselben sehr selten ist, und die meisten Dopp®'^' misgeburten nach der Geburt sterben. Indessen sind d®®.' schon einige wenige Beobachtungen über die wichtigsten Coudü' nalionen vorhanden. Bei Duplicität des obern Theiles der Ach»® und Einfachheit des untern haben die beiden Köpfe nicht elü zugleich Willenselnfltiss auf den untern einfachen Theil des Ru^®' ptes, wie man es erwarten könnte, sondern der rechte Kopf b®' wegt nur die rechte 'Hälfte und die rechte untere Extremität d®’ Rumpfes, der linke Kopf nur die linke Extremität, wie die an d®* Rita Christina angestellten Beobachtungen erweisen. Serres cherches d’ analumie transcendante et pathologitjue. Paris 184 Auch brachten Reize an dem rechten Fass angebracht nur plindungen im rechten Kopfe, Reize am linkeu Fuss Empfindu®' gen im linken Kopfe hervor. Berührung in der Mittellinie d®* einfachen Theils des Rumpfes wurde allein von beiden empfund®®' So dass .Jie Fälle dieser Art mehr aus Confusion zweier Keii®® mit Zerstörung der ZAvischentheile, als aus Theilung eines ®]®' zigen Keimes entstanden zu scyn scheinen. Rita und Christi®® hatten den obern Theil des Darms bis zum Ileum doppelt, d® untern einfach. Das Gefühl von der Nothvvendigkeit der ausleerung war beinahe immer in beiden Individuen gleichzeitig' Nach der vorliererwähnten Thatsache leidet es auch keinen Zwed®’ dass der einfache Theil des Darms aus der Confusion von Därmen mit Verlust der Zwischentheile beider Därme entstand ist. Vergl. J. Geoffroy St. Hieaire UI. p. 18.9. Was diu Fälle mit einfachem Hirn und Schädel und Tb® lull" der Achse mit Verdoppelung der Schnautze oder des pl’fis betrißt, so habe ich glücklicher Weise seihst Gelegen i® gehabt, eine Beobachtung anzu.stellen. Diese betrillt ei" lehein Kalb mit einlächein Körper und Hinterkopf, aber doppeltem ® und des Organismus. Phänomene.. 573 .ich, i„ a..« ™f7“>»L«SriTTdel“t“ WyoLn ohne dazu gehörigen j ",Se„r%ie implantirt Pündung, so dass auch So hd dem äind, von ihnen aus keinei l iKigg i^itwig des Vereins für «1, n„d de. m-;-7/';„\”;“.„Ee£n Kn.l.en, rvelche.u ^Vilkimde in Preussen. 11. - i,. „i.n.iete Extremitäten hervor- »us der Oherhauchgegend vier g Liesigen anat. Museiimu Vängen. Das Präparat befinde sich nn Js: t „er^. ye^i. initEinpr.ndnng i'‘r“ wenn mon be- da,. 227. 231. Welches nicht unuiogUdi «c n , adig denkt, dass impUiulirte Wasen antangs gefühllos sm , '*i>cr .Geliihl erhalten. _ , 1 _i i„i [• Gefühl erhalten. . -nr.iYnplmis«ehurt beobachtet Wo der^'doppdteViVK^ einc”r doppdtköpligen ^tei^Thd den niederen ^ .nöhndir d^e kann nicht gerade vernein hervorgehracJilen DoppelG Wischonswerth, wo sich doppdtköpfige khiere mit einlachem Rumple, w „r»piinpn lassen. Die ^ertheilung des Kopfendes der Lange durch |HigeVortkdleCarchesiumpolypinum EuREH ., 1 h SelWlhdlung der Länge nach “,rilen Stiel Individuen auf demselben durch einen Muskel coutiaetue ‘’ilzen, gehört vielleicht lädier. 574 ' VI. Buch. V. Seelenleben. III. Ab.ichn. echseltvirkung d. Seel^ c. Mutter und Fötus. Die Verbindung des Fölus mit der Mutter gleicht der Ver- bindung der, von Anfang der Entwickelung an sich centrirenden und isolirenden individuell belebten Sprosse eines Polypen uitt dem Mutterstamm. So wenig als der Wille des Mutterstamnies den entwickelten Keim bewegt, so wenig kann bei den Säuge- thicren und dem Menschen eine solche Einwirkung erwartet den. Bei den sich durch Tlieilung fortpflanzenden Waiden, wir® das, was raäter Individuum wird, früher als Theil des Ganzen von dem Kopf des Mutterthiers willkürlich bewegt, aber diese* ist ein ganz anderer Fall, es ist die Isolirung eines dem Wille® unterworfenen Theiles zum Individuum. An dieser Stelle ist auch die Wirkung des Geistes der Mnt' ter auf die bildende Thätigkeit des Foetus zu erörtern. Es entsteht die Frage, ob es so ausgedehnte Wirkung®® der Seele gebe, dass bestimmte Vorstellungen von räumlichen Erscheinungen auch entsprechende räumliche Erscheinungen 'n irgend einem Theil des Ganzen plastisch hervorbringen können- Für die Empfindungen und Bewegungen giebt es ein solches Vei'" hältniss. Kann aber der belebte Körper, wenn eine Form vo® bestimmter Farbe vorgestellt wird, auf einem Theil der Haut die*® Form in veränderten Hauttheilchen nachbilden? Diese Frage i**' identisch mit der vom Versehen der Schwängern, bei dem letzter® wird diese Wirkung nur noch über die Grenze eines Organism®* hinausgehend vorausgesetzt. Der Einfluss der Phantasie auf die Heilung kleiner Bildung*' fehler, z. B. einer Warze bei den sympathetischen Curen kan® nicht für diese Annahme angeführt werden; denn die Wirku®? der Vorstellung erzielt hier keine bestimmte Form, sondern AU®* beruht auf einer quantitativen Steigerung des natürlichen Bildung*' processes. Ist diese Steigerung vorhanden, so lässt er das Best®' hen eines solchen krankhaften Productes nicht zu und es wirungen abwegs geführt sind. Der Phlegmatische kennt seine Hi'enzeu und wird nicht in fremde Gebiete und in Conllicte ge- 'i'acht. Dieses, so wie eine planmässigc, ruhig vei-folgle Thätigkeit, ^Ei der er weiss, was er will uud Selbsttäuschungen vermeidet. 578 VI. Buch. V. Seelenleben. III. Absehn. Wechselwirkung d. Seele gewähren ihm eine zufriedene Seelenstimmnng, ojine stürmische Genüsse und tiefe Leiden. Eine schon pathologische Erscheinung ist jene Art des Phlegma? welches durch Trägheit, Apathie, Theilnahmlosigkeit, Unschlüs- sigkeit, Langeweile, Mangel an Fassungskraft, Langsamkeit der geistigen Fortschritte sich auszeichnet und den wenig tief em- pfundenen Schmerz der Arbeit und Anstrengung vorzieht. Die ungemässigten Temperamente sind das cholerische, san- guinische und melancholische. Die Gemüthshewegungen beruhen auf den Strebungen, auf ihren Hemmungen und Steigerungen durch vorgestellte Objecte mit den Zuständen der Unlust und Lust. Hier kann nun das Streben mit Ausdauer der organischen Actionen stark scyn bis zur Ueberwältigung der Hindernisse, un“ es kann auch die Gemüthsbewegung der Lust und Unlust starj^ seyn bei einer gewissen Heftigkeit des Empfindens, bei einer r®" lativcn Schwäche der Reaction durch fortdauernde Strebungen und organische Actionen. Im ersten Fall erhält man das cho- lerische, im zweiten das sanguinische und melancholische Temperament, welche beiden letztem auf derselben Grundstim- mung beruhen und einander näher verwandt sind, als den ande- ren Temperamenten. Der Cholerische ist ausserordentlicher, sowohl heftiger, als ausdauernder JK.raftentwickelungen für leidenschaftlich aufgefasste und begehrte Zustände seiner selbst und Anderer fähig. Seio® Gemüthshewegungen entflammen sich, wo sein Streben fortzu- schreiten oder zu beharren eine Hemmung erfährt, sein Ehrgeiz? seine Eifersucht, seine Rachsucht, seine Herrschsucht kennen keiuo Grenzen, so lange er in seinen leidenschaftlichen Zuständen ver- harrt. Er überlegt wenig, er handelt sogleich ohne Zweifel, we> er allein Recht hat und vorzüglich weil er es will, und wird nicht bald enttäuscht, er verharrt unversöhnlich in seinen leiden- schaftlichen Strebungen bis zum eignen Ruin und zum Ruin Anderer- Bei dem Sauguiniseben ist die Lust die Grundstimmung, be* leichter Erregbarkeit und kurzer Dauer der Zustände. Er geniesst und sucht den Genuss, nimmt bald Antheil, schUesst bald Freund- schaftsbündnisse und giebt sie leicht auf, wechselt seine Neigungen und ist wenig verlässig; er wallt leicht auf und bereut bald, ver- spricht leicht und viel und hält es auch jetzt, aber nicht später» er hofft leicht und vertraut leicht, macht viele Lieblingspläne und lässt sie liegen, ist nachsichtig gegen fremde Fehler un» nimmt dieselbe JNachsicht für seine Fehler in Anspruch, er ver- söhnt sich leicht, ist offen, liebenswürdig, gutmüthig, gesellig nn ohne Berechnung. Bei dem Melancholischen ist die Unlust die GrundstimraunS* Er wird so leicht erregt als der Sanguinische, aber die Empßn' düngen der Unlust sind nachhaltiger und häufiger, als die der Lust, und auch Anderer Unlust erregt sein tiefes Mitgefühl, er fürchtet, bereut, inistniut, ahndet bei jeder Gelegenheit, un hört auf alle Gründe mehr, die diese Stimmung unterhalten. L fühlt sich leicht beleidigt und gekränkt, zurückgesetzt, die Hin- dernisse auf seiner Bahn machen ihn muthlos, zaghaft, verzwei- 579 und des Organismus. Schlaf. feind, er verliert die Fälligkeit zu handeln, sich zu rathen. SeÄi Begehren ist voll Wehmuth und voll der Vorstellung des Ver- lustes. Sein Leid ist ungemessen und ohne Trost. Diese Schil- derungen lassen sich leicht erweitern, würden aber in .weiterer Ausführung nicht znm Zweck dieser Untersuchung gehören. / V. Capitel, Vom Schlaf. Jene Art von Erregung der organischen Znsümde des Gehirns, welche bei der Geistesthätigkeit staltfindet, macht allmälig das Gehirn selbst zur Fortsetzung dieser Action unfähig, und erzeugt dadurch Schlaf, der hier dasselbe ist, was die Ermüdung in jedem andern Theil des Nervensystems. Das Authören oder die Remission der geistigen Thätigkeit im Schlafe macht aber auch eine Integration der organischen Zustände, wodurch sie wieder erregbar werden, möo’lich. Das Gehirn, dessen Wirkungen hei dem geistigen Leben nöthi»’ sind, gehorcht dem allgemeinen Gesetz für alle organischen Ersch°einungen , dass die Lebenserscheinungen als Zustande der organischen Theile mit Veränderung ihi-er Materie erfolgen. Je länger daher die Thätigkeit der Seele dauert, um so unfähiger Wird das Gehirn diese Thätigkeit zu unterhalten und um so star- ker wird die Hemmung der Seele, bis zuletzt die Empfindungen selbst aufhören, obgleich die Reize zu den Empfindungen fort- dauern Der ganz analoge Zustand tritt theilweise auch wahrend des Wachens bei dem Empfinden ein. Denn wenn man einen farbigen Fleck sehr lange betrachtet, so sieht man ihn zuletzt gar nicht mehr und es findet auf der Retina ein allgemeiner Eindruck ohne örtliche Specification statt. Bei Nervenschwachen Wird es beim langen Sehen sogar dunkel vor den Augen. Nicht Moss die geistige Thätigkeit .selbst, auch andere anhaltende Wir- kungen des animalischen Lehens, anhaltende und zuletzt ermü- dende Thätigkeit der Sinne, grosse Anstrengungen der Muskeln Bewirken dieselbe Abspannung, denselben Mangel in den organi- schen Zuständen des Gehirns, das Bedürfniss des Schlafes und den Schlaf selbst, wegen der Mittheilbarkeit der organischen Zu- stände. Endlich bewirkt auch eine Hemmung der organischen ^'Ustände des Gehirns durch ein an roher Nahrung reiches Blut, tfie nach reichlichen spirltuösen Mahlzeiten, Schlaf. Stärker und durch Alteration des Sensoriums wirken die schlafmachenden Mit- fel. Selbst der blosse grössere Druck des Blutes auf das Gehirn Beim Horizontalliegen wird leicht die Ursache des Schlafes. Man- »^Be, wie ich selbst, können sich schlafen machen, wenn sie wol- 'en, wenn sie sich gedankenruhig hinlegen. Die Dauer und die Seiten dieser Periodicität hängen theils von äusseren, theiis von 'nneren Ursachen ab. Der Schlaf fällt gewöhnlich mit der Nacht, 'fäs Wachen mit dem Tag zusammen, weil die Reize im läge ''•ole, in der Nacht wenige oder gar keine Wirkungen aut die ^inne und dadurch auf das Gehirn ausüben. Indessen hegen die Ursachen der Dauer des Schlafes und des Wachens doch auch *0 dem organischen Körper selbst. Denn der Tag lässt sich mit 580. VI. Buch. V. Seelenlehen. III. Ahsrlm. Wecltselculrkung d. SeeU der Naclit vertauschen, und wer sich künstlich jede Nacht Thäligkeit versetzt, schläft so viel am Tage, als er sonst in der Nacht geschlafen haben würde. Auch bringt es der Zustano mancher Thiere mit sich , dass sie in der Nacht thatiger sind, und am Tage sich ansruhen, wie alle Nachtthiere. Die Perioden des Schlafes und Wachens sind daher ihrem Wesen nach in der Natur der Thiere selbst und nicht in dem Wechsel von Tag und Nacht begründet, aber die Schöpfung Imi- diese Perioden mit der täglichen Periodicität der Erde durch eine prästahilirte Harmonie in üebereinstinimung gebracht. In dieser Hinsicht gleichen die kleinen Perioden der Tluhe und Thätigkeit, von 24 Stunden Verlaufszeil, den grossen Perioden der Ruhe und Thätigkeit in den Thieren, welche sich durch die Brunst und das Wandern, durch die Aenderung des Gefieders unn der Haare, oder die Mauser und das Hären, und durch den Winter' schlaf und Sommerschlaf ausdrücken. Denn allerdings verfallen die WiViterschläfer in Schlaf, weil sie ohne äussere Wärme ihre volle Lehensthätigkeit und ihr Wärmeerzeugungsvermögen nicht unge' schwächt erhalten können. Aber auch bei ihnen gieht es einen io' nern, in dem Organismus seihst liegenden Grund, eine Innere Nöthi- gung zur Ruhe und zur Erholung, wie die Versuche von Czebma)^ und Bertiioud bewiesen haben. Der Siebenschläfer, Myoxus gl'® schläft auch im Sommer oft. Die Haselschläfer, Myoxus äveilanariu® verfallen im Winter in Schlaf, sie mögen sich im Freien oder im geheizten Zimmer befinden; der Schlaf ist nur in der Kälte tiefer und die Thiere bleiben im wannen Zimmer länger wach- Im ersten Falle beginnt der Schlaf schon im October, im letztevn erwachen sie täglich auf einige Zeit, gegen die Mitte Dezembers aber wird der Schlaf immer anhaltender und tiefer, so dass sic vor Mitte März entweder gar nicht oder nur höchst selten ervv’ä' eben. Die Ursache des Winterschlafes ist daher, schliesst BebT' HOLD, nicht bloss die äussere Kälte, noch Nahrungsmangel, soO' dem ein allgemeiner mit dem Jahreswechsel im Zusammenhang^ stehender Mangel an Lehensenergie, wie heim Mausern und ähn- lichen Erscheinungen. Siehe Muei.t.. Arch. 18-35. 150. 1837. 6-^- Der tägliche Pflanzenschlaf und Winterschlaf der Pflanze'' bietet in dieser Hinsicht ganz analoge Erscheinungen dar un“ zeigt, dass weder die innere Periodicität, noch die Ahhängigke'l von äusseren Reizen den organischen Wesen mit Nerven und Centralisation allein eigen ist. Siehe die lehrreiche AhhandlunS über den Pflanzensclilaf von E. Meyer in VorfrUge aus dem GehieV der ISaiurwissenscliaJf.en und der Oeconorm'e , herausge.gehen von C- V. Baeh. Königsh. 18.34. 127. Das Wachen der Pflanzen äussert sich durch die Ausbreitung ihrer Blätter und Wendung ihrer ohern Fläche gegen das Licht. Der von Cordus zuerst gesehene, von Linnk als allgemein beob- achtete Pllanzenschlaf zeigt sich in dem Aufrichten und gegen einander Legen der Blätter. Die Pflanzen nehmen aber im lag® Kohlensäure auf und hauchen Sauerstoff aus, in der Nacht hin- gegen sangen sie Sauerstoff ein. Die Bexve!>urigen zum Pflanzen- schlaf sind an den jüngsten Blättern des Stengels und an de» lind des Organisims. Schlaf. 581 Bliitlem der Rlüthe am deutlichsten', an den älteren Blättern am undeutUciisten, wie auch der vSeijIaf der jungen Tliiere stärker ist. Wie Thiere gieht es auch Pflanzen, die den Tag über schla- fen und die Nacht über wachen,. .in beiden Fällen sind die Reize des Tages im Verhältniss des Näclitzustandes uaadaecjuat. Auch fiel den Pflanzen ist der Schlaf von dem, durch den aulialtenden Lichtreiz bewirkten Zustand und vou dem Mangel dieses Reizes, Während der Nacht abhängig. Denn nach den Versuchen von DeCandoli-e lässt sich der Typus des Schlafes der Pflanzen durch künstliche Nacht und künstlichen Tag allmälig verrücken. Aber auch hier giebt es einen innern Grund des Schlafs und Wachens. Denn nach^den Beobachtungen von Duhamel, Ritter, DeCandolle offnen und schliessen sich die Blätter auch der Pflanzen, die man in steter Dunkelheit hält, regelmässig. Im Allgemeinen gleichen .sich also der Schlaf der Thiere und Pflanztn w'ohl. Gleichwohl bietet der Pflanzenschlaf auch sein sehr Ei^enthümliches dar. Die Stellung, welche die Blätter im Schlafe '^annehmen, ist dieselbe, welche sie im noch jungen und üncntfalteten Zustande haben. Sie erfolgt aber heim Schhif nicht durch eine Erschlaffung, denn die Steilung, welche sie im Schlafe iiahen, lässt sich nicht verändern und sie geben nicht nach und i*rechen eher leicht ah. Bei den reizbaren Pflanzen ist die Stel— Uirig der Blätter im Schlafe auch dieselbe, welche die Blätter im gereizten Zustande aouehnien. Der an einer Stelle ancli olme Erschütterung angehrachte Beiz, z. B. durch Erhitzung mit einem lirennolas, pflanzt sich allmälig auf weitere Theile fort, deren Llätter sich nach und nach Zusammenlegen. Nach den Untersu- chungen von Lisdley und Dutbociiet, welche Meyer bestätigt, wirken sich in dem Wulst an der Basis der Blattstiele fwdi Kräfte Entgegen, Avovoii die eine das Blatt zu erheben, das andere zu Senken strebt. Wird die äussere Seite des Wulstes durch.schnit- ♦eii so senkt sich das Blatt nach dieser Seite, wie wenn es durcli 'Lurgoseenz der Zellen der andern Seite des Wulstes und also tlarch Druck von dieser Seite geschehe, und hei Durchschneidting •les Wulstes an der andern Seite geschieht das Gegenthcil. 13e- fEachlet man das Erheben und Zusammenlegen der Blätter von Lichtmangel, als Folge von Reizentziehung auf der Lichtseite des Blattes, so wird der entsprechende Theil des Wulstes, wegen Eiit- ^•iehung des homogenen Reizes, ausser Phätigkeit geseizt, ivahrend •fer, iler Unterseite des Blatts entsprechende Theil des Wulstes ''Oia Blattstiel, vielleicht vom Lichte weniger abhängig, zu wirken *ortfährt und also diireh Turgescenz das Blatt zur SteUuug des ‘Schlafes erhebt. Dieselben Wirkungen treten aber auch hei heterogenen, mechanischen, chemischen Beiziiugeii ein, diese hähen nämlich den Erfolg, als weun der, der Lichtseite des hlattes entsprechende Theil des Wulstes vom Blattstiel durch- ^Elinitten würde. Die Erschütterung wirkt daher hier gerade wie eine Störung oder wie Entziehung eines homogenen ;hEizes und es scheint fast, als oh diese Störung auf die eine ^eite des Wulstes einen grossen, auf die andere Seite keinen Linflnss ansübe. Nur bei dieser Erklärung lässt sich eine 5S2 VI. Buck. V. Seelenleben. III. Ahschn. fVechselivirkung d. Seele üebereinstimmTing zwischen «len Ursachen des Pflanzenschlafes, und der Bewegung der Pflanzen durch heterogene Reize bers cn. Dahei verliert aber diese Art der Bewegung dire Analog mit der thierischen Contraction. Die im Schlaf fortdauernd n eescirende Seite des Zellengewehes gleicht wegen der Fortdau ihrer Thätigkeit im Schlafe demjenigen Theil der Organisatio^ der Thiere, dessen Thätigkeit auch im Schlafe der Thiere ungß' stört fortgellt. . _ , . , , tinss Der Schlaf tler Thiere ist eine Erscheinung, welche n>" das animalische Leben betrifft. Das ganze organische Lehen, nai«' lieh die Vegetation mit allen dieselbe begleitenden unwillkürlich Bewegungen gehen ihren ruhigen Gang fort, und nehmen an e Schlafe keinen Theil. Ja selbst die unwillkürlichen Bewegung^' des animalischen Systems, wie das Athmen, sind von der Ruhe de Schlafes ausgeschlossen, und hei den Thieren noch manche anaß animalische Bewegungen, wie sich hernach zeigen wird. Das or- ganische System entbehrt der Remission und Erholung nicht gan , aber es hat andere Perioden und sie sind sogar sehr verschiedeo in den verschiedenen Theilen des organischen Systems. Das Her* hat seine Ruheperiode nach jedem Schlag, die Bewegung de Darms, des Uterus haben die ihrigen, und an dem Wechsel u0‘ Neuhilden der Haare und Federn sieht man, dass auch die V ' getation die ihrige hat. Ja selbst die Bildung eines einzigen Zahof. Stachels, einer einzigen Feder zeigt uns einen Cyclus von eben Thätigkeiten. Denn hei der Bildung des Stiels dieser Thei ist die Vegetation eine ganz andere als zu der Zeit, wo die I^on > Spitze, Fahne gebildet wurde. Bei den Thieren, deren Haar knotige Anschw’ellungen haben, wie die Barthaare der Seehun > muss die Vegetation sich in einem regelmässigen Schwanken he finden, da diese Gebihle nur von der Wurzel aus wachsen. _ Da alle Phänomene des organischen Lebens und alle Erschei- nungen des ganzen Thiers, mit Abzug der von der Seele beherrsch- ten animalischen Wirkungen, wie die erste Entstehung zwai mit Zweckmässigkeit aber nothw'endig erfolgen, und selbst di Ernährung und Erhaltung der Organe des animalischen Lehens nicht von dem Lehen der Seele, dem Vorstellen ahhängt, * kann man auch sagen, Schlaf und Wachen beruhen auf einer Art Antagonismus zwischen dem organischen und animalische' Lehen, so dass von Zeit zu Zeit das animalische von der See beherrschte Leben freier wird; zu anderer Zeit hingegen von den» zweckmässigen organischen Wirken dei' Natur unterdrückt wir • Während der Zeit des W'aehens werden zwar auch die Organe de» animalischen Lebens von der organisirenden Kraft beherrscht, a e die durch die Organisation gewonnenen Fähigkeiten der Muske »h Nerven des Gehirns werden für Actionen, die vom Organisire^ selbst verschieden sind, verwandt. Im Schlafe hingegen, wo Actionen ganz oder grösstentheils Wegfällen , wird vorzugswei ^ organisirt und auch die Organe des animalischen Lebens wiede für Actionen durch die organisirende, ni<:ht bew'usst, aber ve nünftig und zweckmässig wirkende Kraft Iiefähigt. ■ i. t- Da im ganzen Organismus die Erregungszustände sich m» 583 und des Organismus. Schlaf. Üieilen so muss das Waclien des anlmalisclien Lehens und die liier statttindende Steigerung der Erregung sich allmalig auch dem vom organischen Nervensystem abhängigen organischen Sy- stein mittheilen, und so vieit dabei Actionen des Organisirten Und nicht bloss Organisiren stattfindet, auch diese Actionen eini- germassen ändern. Daher denn auch selbst der Herzschlag m ^Aachen ein wenig häufiger, als im Schlafe erlolgt. Im Schla fällt diese Irradiation aus dem animalischen Lehen m das organi- sche we^ und es ist daher auch das organische Lehen zugleich der Erholun«, aber weniger als das animalische hingegeben. Wenn der wachende Zustand des animalischen Lehens längere Zeit künst- lich unterhalten wird, so wird diese Irradiation nicht bloss deut- licher z. B. der Puls häufiger, sondern es findet bei einem gros^ sen Verbrauch des durch die Organisation anwendbar gewordenen, ivenig Ersatz durch die Organisation statt. Daher der bald sich äeieende Mangel in der Ernährung nach längerm Wachen. Nachdem nun die Natur des Schlafs im Allgemeinen erläutert Worden, wollen wir die Erscheinungen desselhcn noch näher ken- ^en lernen. /. i Beim Eintreten des Schlafes hören die Sinne auf den gegen- 'värtigen Eindruck zu bemerken, und auch das Vorstellen und Streben wird entweder ganz oder grossentheds beschwichtigt. Her Willenseiiilluss lässt nach die Muskeln zu bestimmen, dm Augenlieder, ii. denen sich ein Geffdil von Ermüdung e.nstclih Werden nicht mehr beherrscht, der Kopf wird nicht mehr getra- gen und bald breitet sich dieser Nachlass über das ganze anima- lische System aus. - , , ^ • -ii Der Schlafende hat im vollkommenen Schlaf meist keine wnl- Wlichen Bewegungen, die unwillkürlichen organischen und un- 'villkürlichen vom Willen in einer gewissen Breite zu beherr- schenden Bewegungen, wie die Äthembewegungen, dauern fwt. Und bei letzteren fällt nur der Einfluss des Willens weg. Die Herzschläge und Äthembewegungen sind etwas seltener. Einige unimalische Muskeln treten während des Schlafes in eine verstärkte Thätigkeit und sind wie von einem, während des Wachens ihnen entgegenstrebenden Gegengewichte befreit. So gewisse Augenraus- leln und die Muskeln der Extremitäten bei den Vögeln, die aut Beinen oder auf einem Beine stehend schlafen. Die Augen öelimen beim Schlafenden immer eine eigentliümlißbe Stellung än. Sie wenden sich (und das geschieht schon beim Einsebläfern) öaeh einwärts und aufwärts, eine Bewegung, die anch in krank- haften Nervenzufällen, z. B. in der Epilepsie nnd Catalepsie sich stärker wiederholt. Daher hat auch das geschlossene Auge des Schlafenden einen ganz andern Ausdruck, als das Auge des^Tod- fen. Die Iris des Schlafenden ist contralurt, daher die Pupilfe ®n§e und beim Erwachen wird die Iris jedesmal erst wieder wei- ter, anfangs sogar sehr weit, bis sie schwankend die mittlere geringe Weite der Pupille des Wachenden annimmt, Siebe über diese Erscheinungen oben I, 3. Anfl. p. 694, Der Schlafende bedarf eines grossem Masses von änsserer Wullcr’s Physiologie. Zr IJä. HI» . 584 VI. Buch. V. Seelenleben. JII. Ahschn. IV echselvirkung d. Seele AVärme als der Waclieiiile, und nacli dem Schlafe ist man oH für die vorhandene Kälte etnpfiudlicher. Findet keine vollkommene lieruhiguni; der Vorstellungen s ■ ) SO entsleiit derTraunij der sich meist axit die Thätigkeit des ij* dem Vorstellcns und Strehens heschränkl, aber anch in , here Vorstellen übergehen, und mit Actionen durch die animahsc • ^ Muskeln, wie im Wachen verhimden seyn kann. Dieser ^ustao ist so lange noch Traum, als das Vorstellen noch von irgend emei Druck befangen ist, der die Seelcncrscheinnugen des 1 raume den in WideVsprueb setzt mit dem gewöhnlichen Vorstellen o Denken derselben Person. Die Traumvorstellungen gleichen daii den Vorstellungen des Wachens, dass man aus allen erlebten f «' ten träumt, wie man auch im Wachen in alle erlebten Zci ® zurückgeben kann, und sich bald mit dem von gestern, bald m' dem vor vielen Jahren beschäftigt. Behält das Vorstellen » -vvacbenden Zustande eine gewisse Stabilität, so wiederholen siC die Vorstellungen auch im Traum. Einige träumen bingegß" viel in vergangene Zeiten. Manche Blinden träumen in längere^ Zeit nach dein Erblinden nicht mehr von Sichtbarem, sondern in der Weise, wie sie täglich mit der Äussenwelt nmgeben. An- dere Erblindete träumen die längste Zeit von sichtbaren Gegen- ständen. Es kömmt daher nicht bloss aut die Zeit nach dem Erblin- den an, der 66jäbrige, seit dem 18. Jahre blinde Huber träumte immer noch von deutlich sichtbaren Gegenständen, aber aus dei Zeit wo er noch sah. Es kömmt also hierbei nur darauf an, dass^die inneren Tbeile des Sehsiiines noch zu Phantasmen fähig sind, und dass die Vorstellungen aus der Zeit vor dem Erblinden zurückkehren. Siebe Froriep’s JSof. 888. /i. 118. Bei dem einfachsten Traum ist die Thätigkeit der Seele au das niedere thierische Vorstellen, oder auf die Association dei Vorstellungen mit Ausschluss der Begriffe redneirt, zu welchen» es auch in der Tmiikeriheit grösstentbeils wegen der Hemmung der organischen Zustände des Gehirns zurücksinkt. Hierbei fin- den Phantasmen statt. Siehe oben p. 564. So gut die Erregung der Sinne von innen, so gut geschieht sie auch bei hinreichend star- ken Eindrücken von aussen. Aber diese Eindrücke werden we- gen der Schwäche der Urtheilskraft im Schlaf falsch ausgelegt- Man befindet sich in einer schwierigen Lage und man glaubt, dass man gebunden und nieder gehalten werde. Wir haben di® Arme über einander geschlagen und wir glauben, dass wir von anderen Personen so gehalten werden, ln solchen Fällen werden sogar die zu dieser Vorstellung nöthigen Traumbilder von han- delnden Personen producirf. Der Schlafende kann das Gefüh von der Völle der Urinblase haben, aber indem er glaubt wach und ausser dem Belt zu seyn, kann ihn das wirkliche Gefühl ver- anlassen den Harn zu entleeren. Die von Zeit zu Zeit gesteigerte Erregung in den Geschlechtstheilen ruft dieser entsprechende Bil- der auch im Traume hervor. Die wahrend des Schlafes hrenMende Lampe hat selbst und ihr Erlöschen auf die Traumbilder Ein- fluss. Das Aufhören eines Geräusches, an das man sich im Schlafe gewöhnt, wie an den Lärm der Mühle, ruft so gut Vorstelhm- 585 und des Organismus. Schlaf. gen in der Seele hervor, wie ein plöt/.licher Lärm sell)st. Die Nachtmusik, und ihr Verstummen wird ^oNört, aber wir schallen dazu l^hantasmen und wir verweben jene in das Spiel unseres fraiunes. Verscl.'icdene andere Beispiele i'übrt Pkevost aus selbslbeobacb- lelen Träumen an. hibliolh. unio. 1834. Mars. Fnon. i^ot. 888. ^89. Die in der Seele vorwaltcnden leidenscbaltlicben Zustände ^iahen aucli auf die Art der Träume Einlluss. Bei deprimirenden Nd'ceten wird auch Furchtbare.s , Trauriges geträumt. Zuweilen urtheilt und scbliesst man im Traume mehr oder Weniger richtig. Man denkt über Probleme nach, man freut sich ihrer Auflösung. Dergleichen Fortschritte zeigen sich jedoch, Wenn man über dem Traum aufwacht, oft nur als Schein, und die Lösung, über die man sich gefreut hatte, ist haarer Unsmn. Dahin gehört auch, dass man träumt, wie eine andere Person ein Räthsel aufgiebt; man kann cs nicht lösen. Andere auch nicht; man träumt, dass es der, der es aufgegehen, selbst aul- löst. Man crsla'unt über das Ueberraschende dieser Lösung, nach der man so lange vergeblich gesucht hatte. Erwacht inan nicht und erinnert sieh des Rälhselaufgebens und Aullösens später bloss im Allgemeinen, so erscheint es wunderbar, wacht man aber Schnell nach dem Traum auf, und kann die Auflösung mit dei Präge vergleichen, so zeigt sich die Lösung als Unsinn, wie ich Wenigstens mehrmals lieobachtete. Bei Träumen mit Reden uiu A.ntw"ortcn reducirt sich das Wunderbare darauf, dass die selbst entwickelten Gründe und Gegengründe mit den A orstellungen ihnen entsprechender Personen, wie die Begriffe mit Zeiclien verbunden u^erden. Zuweilen wird auf im Traum gestellte r ra- öen keine Antwort gegeben, well wir seiht keine zu genen vci- »nögeii. Vergl. Pbevost a. a. O. Zuweilen werden uns in dem selbst producirten Traum .selt- same, w’ie Vorbedeutungen aussehende Situationen, d. h. mögliche Zustände als wirklich und in bildlicher Wirklichkeit vorge.stellt. Und das kann, wie alles Wirklich werden eines Möglichen, auch eintreU'eii, ohne dass etwas Wunderbares dabei ist. Z. 15. eine Person, die uns sehr iiiteressirt, die uns in leideiischaltlicbe Zu- stände versetzt, die wir ziemlich genau, aber doch nicht ganz, genau kennen, die für wahr und treu gehalten wird, die aber doch hinwieder die entfernte Möglichkeit des Gegentbeils in uns bat aul- boinmen lassen, wird im Traum mit Phantasmen in Situationen "Versetzt w'ohel es lierauskornmt, dass sie unwahr und untreu ist. NVenn sich das bald bestätigt, so sieht cs wunderbar aus, und «loch ist es nichts Anderes als' ein Puppenspiel, angegeben von einer leitenden und mit der Leidenschaft der Furcht und Liebe geheg- ten Vorstellung. Zuweileji haben Kranke im Traume Gesichte von bülfrcicbeu Personen, die ihnen rathen, dies oder jenes zu thun, ,^'ud es hat zuweilen Erfolg. Aerzte, die dergleichen prophetisch Träumende in grösserer Anzahl beobachtet haben, haben auch bemerkt, dass sie sich Manches verschreiben, was offenbar nach- tbeilig ist und deswegen unterbleibt. Die Unklarheit der Vorstellungen im Traum geht meistens *0 weit, dass man nicht weiss, dass man träumt. Die Phantasmen 38* 586 VI. Buch. V. Seeknlchen. ITT. /thsclin. IV erhschvirkung d. Scrlc sind in den Sinnen segenwärlig. Sie lial)en an nnd für sicli die- selljc Beweiskraft liir ilire wirkliche Existenz als äussere Gegen- stände selbst, von denen wir nur durch unsere Sinnesaffectioncn wissen. Ist daher die Schärfe für die Zergliederung der Sinnes' erscheinungen verloren, so ist auch kein Grund vorhanden, dife Nichtrealität anzunelimen. Seihst der Wacliende, der Pbantasnie"^ hat, hält sie hei geringer Schärfe des Vorstellungsvermögens luJ wirklich. Dagegen weiss man auch zuweilen, wenn das Träumen dem wachenden Zustande näher ist, dass man wirklich träumt, nn man lässt das Träumen mit dieser leitenden Vorstellung fortgehein Eine sehr häufige Erscheinung im Traume ist, dass wir men intendirte Bewegungen nicht ausführen zu können. WU wollen einer Gefohr' entfliehen und wir können nicht. IB« entspricht der Traum der wirklichen Unfähigkeit des SensoriumSj die zu den willkürlichen Bewegungen erforderlichen Wirkungen des Nervenprincips auszuführen, oder dem gebundenen Zustam ® der organischen Kräfte des Sensoriums. Einige haben im Trauö* noch eine gewisse Herrschaft über die willkürliche BewegiinS’ reden bald verwirrt, bald klar, im Schlaf und Traum. Hm’' her auch das Schlafen bei schwierigen Stellungen, z. B. die l’O' stillione schlafen oft zu Pferde, die Vögel schlafen stehend un“ selbst zum Theil auf einem Bein stehend. Zum Schlaf und Traum gehört eben nur eine Verdunkelung eines sehr grossen The>is der Vorstellungen, die im Wachen zugänglich sind; aber die|e' nigen Vorstellungen, die in Thätigkeit sind, können auch, wenu das Schlafen nicht zu tief Ist, auf die Bewegungsorgane wirken- Man sieht, wie nahe sich hier die pathologischen Zustände des Schlafes anschliessen. Im Schlafe deutliche zusammenhängende Worte reden, aufstehen nnd Geschäfte verrichten, das sind alle« Erscheinungen von vollkommen gleicher Art. Der Somnambulist steht fast auf gleicher Stufe mit dem Somnostatist, dem im Schlafe stehenden Vogel. . , , • i Der einfachste Grad des Somnambuiisraus wird bei fkiniier» mit reizbarem Nervensystem beobachtet, welche im Schlafe unru- hig werden, rufen, jammern, sich trösten lassen und Sprechende verstehen, auch bei offenen Augen sie erkennen, aber doch, ii»' geachtet der Fähigkeit zu willkürlichen Bewegungen und zu Siu- nesvorstellungen ans dem beängstigenden Vorstellungskreis des Traums lange Zelt nicht erwachen. Hier ist das Vorstellen bis auf einen gewissen Grad wach, aber es fehlt an hinreichen ^ klaren Vorstellungen, welche die beunruhigte Vorstellungsmasse ins Gleichgewicht ziehen. Dieser Zustand gleicht dem des b® ginnenden Erwachens, wo man auch mit dem Erwachenden re- den kann, er aber verwirrte Antworten giebt, und das, was um ihn vorgeht, mit seinen Traumbildern und Traumvorstellungeu vermengt. _ , , t' Bei höheren Graden des Somnambulismus steht der irai- mende auf, lebt vollständig in den, mit dem beunruhigten Vor- stellun^skreis zusammenhängenden Vorstellungen und Sinnesein- drücken, verrichtet damit zusammenhängende, oft getahiyo Handlungen ohne Bewusstseyn der Gefahr, und geht über gefa n- 587 und des Organismus. Schlaf. liehe Ste£-c, wie das Kind, das die Gefahr nid.t kennt, und des- tvecen nicht hebt. Ueber eine geneigte Flaclie hingehen ist nicht so schwierig, wenn man nur nicht weiss, dass sie hocli ulmr der lirde ist, und wir würden mit Leichtigkeit über manche Dac ler gehen, wenn sie auf ebener Erde angebracht wären. Der ^m- äambulist associirt nur dasjenige, was mit dem beunruhigten Vor- stellunaskreis im Zusammenhänge steht. Alle übrigen Vorstellun- gen sind für ihn nicht vorhanden. Er siebt und hört und wird dabei von allem, seinem Vorstellungkreis Fremden nicht gestört, so lange er eben nicht erwacht. Das Erwachen aus dem Schlaf erfolgt, wenn sie i die Erreg- liaikeit des Gehirns für die zum Vorstellen und Denken nothigen organischen Zustände völlig hergestellt hd. Die Zustiinde des Körpers machen dann wieder lebhaften Eindruck. Man kann aber auch aus dem unbeendiglen Schlaf bei einer hinreichenden Stärke der Empfindungen von äusseren Objecten oder auch bei liinreichender Stärke der Traumvorstellungen erwachen. ^ Besonders leicht erwacht man hei starken Gemüthsbewegungen im Traum, l>i der Angst u. dergl. Die Gemüthsbewegungen nämlich erregen hier, wie^m Wachen, die körperlichen Actionen und dadurch entsteht eine immer stärkere Irradiation ln dem Scblalendcn, tvelche zuletzt auch das Gehirn auf seiner Gebundenheit aufregt. Der Erwachte erinnert sich an den nächsten Smneseim i uk- hen, wo er ist, in diesem oder jenem Schlafgemach und daher >n dieser oder jener Stadt; er erinnert sich sofort der Zeit des Tags und verbessert die etwa in dieser Hinsicht eivtstandeneii Irrungen. Zuweilen ist der Vorstellungskreis während des Schla- ies so beengt, und von den gewöhnlichen Vorstellungen das Ei- Renlebens der bestimmten Eerson so abgesondert, dass der Erwa- chende sich durch Sammlung der zu seinem Eigenleben gehörigen Vorstellungen zu erinnern hat, wer er ist. Alle Thiere haben an dem Schlafen mehr odei; weniger An- theil , wie bereits Aristoteles mit Recht bemerkt. De Soiniio et ''igilia. Einige träumen auch, wie der Hund, der im »ol''*''« hellt. Bei manchen Thieren, wie insbesondere bei den kaUbluU- Ren, sind die Perioden weniger deutlich und regelmassig. Sie Scheinen Indess ebenso gut dem Schlafe ähnhclie Zustande zu l'esiUen; die Frösche, die einen Theil der Nacht ira Sommer 'loaken werden doch meist nach Mitternacht ruhig, zumal wenn ‘lie Be^attuiigszelt vorüber ist. Die Insecten und Spinnen trifft 'bau oft in schlafsüchtiger Ruhe und wahrscheinlich haben alle Thiere bei denen man noch keine regelmässigen Perioden des *»chlafes und Wachens bemerkt hat, ein Aeijuivalent des Schlafes der von Zeit zu Zeit eintretenden Trägheit und Beruhigung. Unter den Menschen haben die vegetativen, vollsaftigen Gni- stiUitionen einen langem Schlaf und mehr Redürfniss des Schlafes; ''on den Magern gilt das Gegentheil. Die lebhaften und zugleich ®"ergischcii, schwer zu ermüdenden haben weniger, die lehhiiaen, ''cizliarcn und leichter zu erschöpfenden Constitutionen haben mehr Redürfniss des Schlafes. In der Jugend ist der Schlaf länger und 'vird von der Natur mehr gelordert als im Alter. DasVorwaltcn 588 VI. Buch. Vom Seelenleben. der vegetativen WirLungen in der Jugend scheint davon die Uf" Sache zu seyn. Daher 'schläft das neugehorne Kind auch am meisten. So lange die organisirende Thätigkeit hinreichendes Material in der Nahrung findet, ist auch beim Rinde die grössere Disposition zntn Sclilafe vorhanden und das Kind erwaclit, ivenu es Nalii'ung bedarf. Audi bei dem Erwachsenen macht die reich- liche Nahrung schläfrig, theils durch die Iteschäftigung des orga- nisohen Systems und die Störung der Gegenwirkung des aniinali' schon Lehens durch jenes, theils durch den Druck, welche J'® ins hlut aufgenommene, noch rohe und nicht verarbeitete Nahruno auf die organischen Zustände des Gehirns ausüht. Zu den Em- flüssen, welche den Schlaf befördern, gehören auch die durch allgemeine Hautreize, Reiben der Haut, Räder u. dergl. aut d“* Sensorium gemachten Impressionen und die inneren BehaftungC' des Sensoriums durch beruhigende und narkotische Mittel. s p e c i V , , ' Der-. •• Ji U D. • - , .1 ■ S llen P h y s i o 1 p g i e ' t Siebentes Buch.: ; . / ^ ' » 4 V • » ' . ' S f > r ' ' ' ' -1 ■ I.i ■ / - ■ „ n der Z e u g u n g". I \ I, AhschniU. Von der gleichartigen oder nngeschlecht' liehen Zeugung. I. Multiplication der organischen Wesen durch das Wachsthuiß' II. Vermehrung durch Thcilung eines entwickelten Organisin'**’ III. Rnospenhildung. IV. Theilung zwischen Knospe und Stamm. V. iTheorie der ungeschlechtlichen Fortpflanzung. lU Abschnitt,, Von der geschlechtlichen Zeugung. I. Von den Geschlechtern. IL Von den Geschlechtsorganen. III. Vom Ei. IV. Vom Samen. V. Von der Befruchtung. VI. Theorie der geschlechtlichen Zeugung. Der speciellen Physiologie Siebentes Buch. Von der Zeugunj^. l. yibschnüt. Von der gleichartigen Fortpflanzung oder ungeschlechtlichen Zeugung. I, Capitel. Multiplication der organischen Wesen durch das Wachsthurn. a. Pflanzen. Ein oherfläclilicher Vergleich der Pflanzen im erwachsenen Zustande mit ihrem jüngsten Zustande lasst erkennen, dass die Pflanzen ihre Organe wahrend des Wachsthums vermehren und dass Tlieile, welche in der ganz jungen Pflanze nur einmal oder Inehrmal enthalten sind, in der erwachsenen Pflanze sehr vielmal Vorkommen. Die Verzweigung des Stengels schreitet fort, die Medianachse wiederholt sieh in den Seitenachsen, und diese wer- den wieder Medianachsen für andere Seitenachsen. Die Blätter anfangs in äusserst geringer Zahl vorhanden, vermehren sich fort und fort. Ein aufmerksameres Studium der Pflanzen zeigt jedoch hald, dass diese Vermehrung während des Wachsthums keine hlosse Vermehrung der Organe eines einzigen Individuums ist, dass die erwachsene Pflanze vielmehr aus einem System von In- dividuen (Darwin Phytonomie) oder aus einem Multiplum des ju- gendlichen Individuums besteht. Dieses wird bewiesen durch die Eigenschaften, welche ahgeschnittene Theile dieses Systemes beurkunden. Ein Ast dieser Pflanze vom Stamme ahgeschnitten, ist, in die Erde gesetzt, vollkommen derselben Pflanze gleich, und besteht fort, indem er wieder seine Kräfte vermehrt. Ein Theil dieses Astes, nämlich ein Ast des Astes verhält sich gerade so. Bei sehr vielen Pflanzen kann man die Art fortpflanzen durch das ahgeschnittene Ende der Achse, das noch Stengel und Blätter enthält. .letzt gleicht dieser ahgeschnittene Theil am meisten dem jungen Zustande der aus dem Samen erwachsenden Pflanze, und da also jeder ähnliche Theil eines Baumes angesehen werden bann als der Baum in noch jungem Zustande mit der Fähigkeit einen ganzen Baum zu entwickeln, so muss das ausgewachsene 592 • VII. Buch. Von d. Zeugung. I. Ahschn. Gleichart. Fortpflanzung. Ganze, der Baum Betrachtet werden als ein System von Pflanzen- individuen, die mit einander gesellig und mit gegenseitiger Ei"' Wirkung auf einander fortlebcn, aber auch von einander trennoai sind. Der Stamm einer Pllanze ist gleichsam das zusammenge- fasste Fascikel aller einzelnen Individuen, die hoch oder niedrig daraus sich ablösen. Daher nimmt der Stamm an Dicke ab, mehr Aesle abgehen, und die feinere Anatomie zeigt, wie nicht bloss das Mark des Stammes mit dem Mark der Aeste durch dm Markstrahlen znsammenhängt, sondern wie die Gefässe aller Spros- sen sich in dem Stamme nach der Wurzel fortsetzen. Mit jedci neuen Bildung von Knospen am ganzen Baume entsteht auch eiiic neue Schichte von Gefassen in dem Stamme, welche diesen Spros- sen entsprechen, während die alten verholzen. Die Fortsetzung dieser Gefässe der Sprossen in dem Stamm bis zur Wurzel zwar zur Ernährung jeder Sprosse aus der Wurzel und zuui Zu- sammenleben aller Individuen nöthig, gehört aber nicht nothweo- dig zur iXatur eines Individuums. Denn heim Ablösen einer Spross® wird der grösste Theil dieser Fortsetzungen von der Sprosse gC" trennt, und sie ist dennoch eine junge Pflanze, welche zu einer alten Pflanze oder einem System von Individuen erwachsen kann. Dä diese Gefässe von den Blättern kommen, so müssen in den abgeschniltenen und fortwachsenden Endtheilen die Blätter es seyn, welche dem Pflanzenindividuum am nächsten kommen, und wenn bei den meisten Blättern nicht gelingt, aus ihnen allein neue Pflan- zen zu erziehen, so ist für die Wissenschaft die Thatsache hin- reichend, dass man bei gar manchen Pflanzen sehr gut aus den abgesehnittenen und in die Erde gesetzten Blättern neue Pflanzen erziehen kann. Diess gelingt z. B. an den Blättern der Citroncn, Pomeranzen, der Ficus elastica u. a. Aus dem Rande der Blätter entvyickeln sich dann Knospen, wie sie sich sonst an der Ach.s« der Pflanzen zu entwickeln pflegen. Es muss also das Blatt der Pllanze selbst schon als Individuum angesehen werden, den gä"' zen Inbegrilf der Pflanzenart seinem Wesen, seiner Potenz nach ^thaltend und Aeste zu entwickeln fähig. Aus Blättern bestehen aber die meisten Pflanzentheile, und die Lehre von der Metamor- phose beweist, dass alle Blüthentheile nur verwandelte Blätter sind- Anderseits darf auch der von den Blättern befreite, von sei- ner ganzen Krone getrennte Stengel nicht als ein Haufen von Stücken zerschnittener Individuen angesehen werden. Auch •'* diesem verstümmelten Zustande ist der Stamm noch ein Multi' plum des Keims. Denn aus dem Stumpfe können sich noch neu® S})rossen entwickeln. Die entwickelte Pflanze ist also, was flö- wiesen werden sollte, ein Multiplum der primitiven Pflanze, ein System von Individuen, die sich bis auf die Blätter rediiciren las- sen, und selbst noch im verstümmelten Stamm enthalten sind. b. T liiere. Die MultiplicatioH der im Keim vorhandenen Kraft durcl| das Wachstlium ist nicht den Pflanzen allein sie is auch eine Eigenschaft der Thiere, und wie es scheint aller ihic- 1. Multipllcatlon durch das IVachsthum. 593 rischen Wesen. In manchen Thieren ist sie ganz so offenhar, 'vie in den Pilanzen, in anderen geschieht sie versteckter und liisst sich durch eine Rette von Schlüssen an den Tag zielien. Bas sich aus dem Reime eines Corallenthiers entwickelnde Junge ist anfangs auch nur ein Individuum von einem Willen bewegt 'c das Erwachsene durch aaa hhb ccc oder durch a" A“ c" aus- drii'cken n" mag das Multiplurn der Leberzellen, A“ das Multi- phim der Nerven^,ellen, f“ das Mulliplum der Muskelzellen aus- driieken um welche die gleichartigen ursprünglichen constituiren- den Theilclien sich vermehrt haben. Diese Haufen können bei den höheren Thieren keine Individuen werden. Indessen müssen auch selbst die höheren Organismen im erwachsenen Zustande als virtueile Multipla des Keims angesehen werden, da sie durch das Wachsthum fthig werden. Keime zu hde^n. Zur Entwicke- lungsfahigkeit derselben gehört zwar der Einf uss zweier Ge^ schlechte? Indessen kann diese auch dasselbe Individuum in sich enthalten, wie bei allen hermaphroditischen Thieren, die sich ge- Scnseiti" befruchten oder, wie die Tacmen, die sich selbst befruch- ten köimen. Ein solitär gebliebenes Individuum, welches im cr- 'vachsenen Zustande fructificirt, ent.vickeliingsfähige Keime aus- enthalt also auch iu sich seihst die Kratt zur Bildun" des Multiplums, und- folglich ist jedes erwachsene, auch höhere Thier der Kraft individueller Lebensfähigkeit nach, als ein virtuelles Multiplurn der primitiven Kraft und insbesondere des Keimes An dieser Stelle entsteht die Frage, wie klein möglicher '^'eise der Theil eines organischen Körpers seyn könne, in dem ”0011 die Kraft zur Erzeugung der Spccies enthalleii ist. Bei den 'höheren Thieren, die sich nur durch sexuale Zeugung fortpflan- befinden sich nur die Keime der Eier in diesem Zustande, 'Welche grosse Zellen mit dem Reimhläschen und Kern des letz- Ißcn, oder dem WAONEß’schen Fleck sind; alle übrigen kleinen '"id grossen Theile des Körpers enthalten die Kraft zur Erzeu- R''ng der Speeles und des Individuums hiebt. Bei den knos- feiitreihenden Pflanzen und Thieren besteht der Keim aus einem Maiifen von Zellen, die sich an den meisten Stellen .des Koijier.s ^*'*eiigen können. Bei einigen niederen Thieren wohnt diese ^raft schon jedem Haufen von organischen Urlheilchen, i. i- ®'^lcher Gewebelheile, ein, die ursprünglich gleichartig aus jB en ?^kstanden sind, aber sich hernach in bestimmte Gebilde, wie Miiskelfusern, Nervenfasern, Zellgew'ebe u. s. w. umgewandelt lia- 598 r II. Buch. V.d. Zeugung. I. Ahschn. Gleichart. Foripßamung- ben. Bei den niederen organischen Wesen sind nicht bloss Stucke der’ meisten Theile des Körpers fähig Individua zii werden, son- dern ln einigen Fällen hebt selbst eine, bis auf die Urthene t Organisation" fortgesetzte Theilung die Erzeugung der Species an einem getrennten Urtheilchen nicht auf. Alle Gewebe entsteh bei den Pflanzen aus Zellen. Es gieht aber auch Pflanzen, denen eine einzige, vorn Ganzen abgelösste Zelle, gleichviel welche, zur Erzeugung "der Pflanze hinreicht, wenn der NahrungssW dazu gegeben" ist. So verhalten sich die Fadenpilze, z. B. Schimmel und das Vegetabile der gührenden Flüssigkeiten, vvorau nach den Beobachtungen von CAGNiAnn Latour und SciiwaK*^ die Hefe besteht, und "das sich in gährenden Flüssigkeiten m un- geheurer Menge wieder erzeugt. Dieser Bierpilz besteht aU aneinander gereihten Zellen, welche einfache Reihen und ästi^^ Reihen bilden. Die Zellen treiben aus ihrer freien Seite euj“ kleine Ilervorragiing aus und das ist die junge Zelle, die sich | zur ganzen Zelie vergrössert. Raum hat sich diese jüngste Ze ^ ausgebildet, so fängt sie auch schon an, die Knospe der nächste' Zelle aus sich hervorzutreiben. Dergleichen Zellen lösen sic ‘ auch ab und treiben auch im isolirten Zustande Knospen vo" Zellen, oder entwickeln die Form der Pflanzenspecies. Alles di«?' ses geht so schnell vor sich, dass sich das Wachsen und Zeug®' unter dem Mikroskop beobachten lässt. Pocgehd Ann. 41. L' • So ist es überhaupt bei den einfachen Pilzen. Der aus Zcll®^ bestehende ausgestrente Staub des Pilzes, welcher die Seidenwu'' mer zerstört, die Muscardine, enthält auch diese Krall zur Zeugung der individuellen Pflanze und man begreift, wie eio ein2ige"Zelle dieses Pilzes, in eine Seidenwürmerzucht komme" die Ursache zur Zerstörung' dieser ganzen Zucht werden kan'*- Siehe über die Muscardine Audouin in Ann. d. sc. nat. 18.37. II. Capitel. Vermehrung durch Theilung eines ent- wickelten Organismus. In sofern die organischen Wesen im erwachsenen Zustand® ein virtuelles Multiplum ihres Keims sind, sind sie auch d“®®. Theilung der Vermehrung fähig, DIvidua, ohne dass die Muh'P cation durch Bildung einfacher Reime nöthig wäre. Diese The ^ lung beobachtet man selbst bei Thieren, die zur Knospenbild""^ ganz unfähig sind. Die Vermehrung der Individuen durch T i® ^ lung findet theils durch künstliche Aufhebung des Contactes der organischen Wechselwirkung, theils durch spontane Thei » statt. In beiden Fällen kann die Theilung vollständig oder « ^ vollständig scyn. Ist sie unvollständig, so kann ein Lj. Wesen ein Multiplum darstellen, dessen selbstig belebte Ghet noch mit einem ungetheilten Stamm Zusammenhängen. 1. Künstliche Thcllnng. Die Vermehrung der organischen Wesen durch spontane lung, welche man vorzugsweise im Thierreiche antrifft, ei " r Vermehrung durch Theilung. 599 niAt so leicht, als die Vermehrung durch kunsll.che Thcunn. Durch die künstliche Theilung hebt man absolu den Zusammen- }.ang von Stücken auf, welche hei aller ausgehddeten Struclnr eine^aleiche Kruft enthalten, und man nothigt dadurch diese Kraft *Hr individuellen Organisation. Man kann daher Polypen m |eter Hichtuna promiscue thcilen , und erhalt aus den Stucken neue Individuen. Die spontane Theilung kommt hingegen nie proini- sciie, sondern nur in gewissen llichtungcn vor l)ci welclieu tUe Theilung mit den geringsten Störungen der innern Organisation Durch' künstliche Theilung lassen sich alle Pflanzen „nd meh- rere niedere Thiere vermehren. Ein ahgeschm teuer Ast, Zweig, Sprosse, sind fortlehende, die Species erhaltende Systeme, wenn sie enuUder in die Erde gepflanzt werden, oder als Sclimlllmge einer andern PHanze aufgeptropft werden. Gleichwohl kann diese Art der Vermehrung nicht füMich als ein lleispiel einer wirkli- chen Vermehrung durch Theilung ohne yorausgegangene Knos- penhildung angesehen werden. Denn die SchuiUlinge vvorden gewöhnlich mit ausgehildelen'Kiiaspen verpllaiizt. Ein Stuck von einem Stamm, dem die Aeste ahgeschiiitten sind, und der ausser- hch an der Rinde keine Spur von Knospen zeigt, treiht zwar zuweilen eingesetzt auch wieder. Nach De C.ndoi,i.e kann man selbst mit Rindenslüeken oculiren, we ehe keine siehtharen Knos- pen tragen. Meyen macht hingegen den Einwuir, dass in diesem Dali die Adventivkriospen des Markes die aufgelegte Rinde diirch- Weclien, und führt an, dass seihst ein nbgeschalter AA eidenzweig, der zum Rosenstock benutzt wurde, nach einigen Wochen wahr- scheinlich durch Adventivknospen des Markes neue Knospen trieh. J^flanzenphyslologie. 3. B. p. 84. Auch das Treiben von ahgescl.nit- lenen Blättern, die in die Erde gepflanzt werden, beweist nicht 'e allen Fällen die Vermehrung durch Theilung ohne Knospen- Dildun" Bei den Blättern von ßrYophyllum calycinum entwickeln sich in diesem Falle nur die schon vorhandenen Knospen in den Winkeln der BlaUzähne. Selbst die Fälle, wo knospenlose und »ör Knospenbildung auf dem Mutterstamra ganz ungeeignete Bla - »er von perennirenden Pflanzen, nach dem Einsetzen in die Erde ^Vurzel treiben, und die aufsteigenden Pflanzengeh.lde aus sich ^Ctwickehi sind nicht rein. Denn hier wandelt sich nicht das k'^nze Blatt in die Pflanze um, wie hei dem Polypenstück in den ^ölypen sondern es wird aus 'dem Pflanzenindividuum des Blattes ^'le Knospe erz.eugt. Indcss ist dieses knospende Blatt schon, insofern es die Knospe bilden kann, einfache Pflanze, und nach ^^evEN a. a. O. treiben dergleichen in die Erde ^setzte Blattei «rst AVürzelchen und dann die Knospe hervor. Hierher gehört ‘*'ich die künstliche Theilung der Flechten. j „„ , Die künstliche Theilung bei Thieren gelingt vorzüglich dann ®'cDt, wenn sie aus einer Reihe von ähnlich gebildeten i heilen ®8stehen und die Zahl dieser Theile durch das Wachsthum ver- mehren,’wie die AVürmer, wo z. B. Querschnitte den A^ urm m , egmente bringen, von dem jedes noch ähnliche nnd wie abge- kiirzte Theile des Nervensystems, der Blutgefässe und des Darms Mi iillcr's Physiologie. 2r, Bd, III. 39 600 VII.Buch. V. d. Zevgung. J. Alschn. Gleichart. Fortpflanzung- enthält. Allein dieser Umstand erleichtert hloss diese Vermehrung er ist wie schon erwähnt, durchaus nicht absolut zur .y®*™ , ■ riiim durch Theilun^ nothwcndi^. Denn hei der Thedung Hydren und Dlanaiicn in allen Richtungen kreuzen die die Organisation hcliebig, und man erliält lehensfähige 1 hei ’ Avelche "nichts weniger als die wesentlichen Theile des Thiers a ' cekürzt enthalten. i)ie Kraft zur individuellen Entwickelung • daher in beliebigen Haufen von Organtheilen ein. Alan Umn 0 den mit Erfolg ‘gekrönten Theilungsversuchen dreierlei Theiima unterscheiden. ' ,, 1. Künstliche Qnertheilnng. Die Quertheiliing ist weise bei linearer und paralleler Entwickelung der organiscH Gebilde möglich. Daher bei Pllanzen und Würmern. Die cie Oiiertheilung fähigen Würmer entwickeln sich nach einer Lang ' tlieilune nicht zu neuen Ganzen. Leicht erhält man oag^r solche durch künstliche Quertheiliing der Naiden, wie O. Fa. Muelcer zeigte. Ehbenberg trennt die pulslosen Naide _ unter dem Namen der Somatotomen von den Annulaten. he anderen Annulaten scheint diese Reproduction nicht vorzukoi»' men obgleich die getheilten Stücke lange lebendig hleiheii- O Fr. Mueller erhielt das hintere Drittel einer Nereide, das sic selbstständig bewegte, drei Monate am Lehen. Es hiidete si® nicht weiter aus. Rönnet will hingegen aus dem dnrchschniU® nen Regenwürme zwei vollständige Individuen erhalten hahem Wurde ‘Nais prohoscidea quer getheilt, so erhielt in MueeeeR Versuchen das kopnose Stück der Naide in .3 — 4 Tagen ein®' neuen Kopf und Rüssel^ auch hat das Theilen und Entkopfen ö® Mutter keinen merklichen Einfluss auf die Entwickelung derTocti' ter aus dem Hintertheil des kopflosen Stückes, bisweilen entwi ' kelt sich der Kopf für die Tochter der natürlichen Tlieilui'b ebenso schnell, als der Kopf der geköpften Mutter. Der hinter Theil einer zerschnittenen Hydra bekömmt Ropt und Arme, i“ als kleine Knötchen hervoi wachscn, nach 24 Stunden in der wa»' men Jahreszeit und frisst wieder nach 2 Tagen. In der kalte' Jahreszeit dauert es 15 — 20 Tage. Die Vermehrung wiederhol sich an kleinen Segmenten. , , iiv- 2. Künstliche Längstheiinng. Der Länge nach getbeilte dren legen sich schnell mit den Schnitträndern zu einer L-dbi'^ zusammen, und schon in einer Stunde sah Trembley die Fori' des Polypen hergestellt bis auf die Arme, 'die in einigen Tag®” nachwachsen. Ein solcher Polyp frass schon 3 Stunden nachher Längsriemen aus Hydren geschnitten bilden sich wieder bald. ganzen Polypen um. Auch die künstliche Längstheilung der PI ai' zenstäinme ist hierher zu rechnen. 3. Künstliche Theilung in allen Richtungen. Sie gelingt vor' zugsweise bei einigen niederen Pflanzen, z. B. den Flechten, nn unter den Thieren bei den Hydren. Trembeey durchschnitt aoi' geschnittene Hydren in kleine Stücke in den verschiedensten R'® . ' tuiigen und sah sie wieder zu Polypen sich entwickeln. Ist Theilung von der Art, dass eine Umrollung nicht mehr statt h”' den kann, z. B. an sehr dünnen, Piiemen, s® entsteht in diese Vermehrung durch Theilung. (iOl Wänden eine Höl.lung, die Anlage des Darms des Polvjen. Die unvollkommene künstliche Theilung bringt vielköpfige oder mehr- fach centrirte, aber noch verbundene Polypen zu blamle. JJurcli unvollkommene Theilung der Länge nacli von vorn nach hinten brachte Trembi.ey doppeltkö|)fige bis sicbenköpflgc JJydren hervor. Seihst wenn eine der Länge nach auf'gcschniltenc Ilydiai in ver- schiedenen Richtungen so zerfetzt wurde, dass die Stücke nocli an einer Stelle zusammenhingen, bilden sich die Stucke entweder Ul einem Ropftheil oder Schwanztheil eines neuen, mit dem Gan- zen zusammenhängenden AVesens um. 2 Natürllclic oder Selbst-Tllicilung, Die Selbsttheilung ist mehrentheils entweder Längstheilung oder Quertheiliing oder beides zugleich. Sie wird nur Vorzugs- preise hei Thieren beobachtet, und wurde deswegen von Lhre.v- »erg mit anderen Kennzeichen in zweifelhaften ballen auch zur Entscheidung angewandt, ob niedere organische Wesen Pflan- zen oder T'biere' sind. Sie ist eine sehr gewöhnliche Art der Vermehrung bei Infusorien, die sich auch durch Eier fort,,llanzcn Zuweilen kommt hei denselben Gattungen auch Vermehrung durch Knospen vor. Bei allen höheren Thieren leb t die spontane Theilung ulul selbst die Räderthiercdicn haben mebts mehr davon. Während sie noch einmal bei mehreren Annulatenaultritt; sie muss um so schwieriger seyn, je verwickelter die Organisation, je w-eniger ähnlich organisirte Theile in den verschiedener Re- gionen des Körpers Vorkommen, doch ist ungleiche Anordnung der Theile auf verschiedenen Seiten kein absolutes Ilmderniss. Denn die spontane Theilung kann auch dann erfolgen, wenn der Darm Biegungen macht, wie bei den Yorticellmen. In diesen Eällen kann "übrigens an verborgene Knospenbildung gedacht W’erden denn das vollkommen organisirte Thier Iheilt sich bei dieser Art der Generation durch eine allmalig iortschreitende Ein- schnürung in die Quere oder Länge. Die Ursache der Sclbst- «leilung ist das Streben des, durch das Wachslhum entstaridenen virtuellen Multiplurns, die Herrschaft des orgaiiischeu 1 rincips auf kleinere Massen zu coneentriren. Je grösser das selb.stig lebende, einfach centrirte organische Wesen wird, um so mehr verliei’en gleichsam die organischen Theüchen ihre Anziehung gegen ein einziges gemeinsames Centrum, und um so mehr tritt eine Anzie- liung derselben zu kleinen Gruppen ein, die ihre eigene Centra bilden. Pflanzen, bei welchen die Selbsttheilung beobachtet ist, sind die Palmellen nach Moeben’s Beohachtungen. Am weitesten verbreitet ist die Selbsttheilung unter den In- fusorien, wie Ebrenberg’s Beohachtungen zeigen. Ehrerrerg -Zie ^nfueiomihicrchen als vollkommene Organismen. Leipz. 1838. i''lonaden pflanzen sich durch Quertheiliing und Längstheilung fui’t, und selbst die Panzerinonadei) sind der Theilung unterwor- fen. Die Volvocinen theilen sich im Innern ihrer Schale, und getheilten Individuen werden beim Durchbreebeii der Scimle uuseesebüttet, worauf sich an ihnen dieser Cyclus wiederholt. Die .3.0* 602 VII. Buch. V. d. Zeugung. I. Alschn. Gleichart. Fortpflanzung. Bacilliu’ien tlieilen sich dor Lange nach und hihleri dann polypen- artige S locke, cinAclnc können sich auch von dem Stiel losniaclien lind frei hei'uinkriechen, wie die Goinphoncina. Die Yorticellen theiien sich in die Lange, daun lösen sie sich von ihrem Stiele ah. Durch Längs- und Quertheilung vermehren sich auch die Familien der Enchelia, Trachelina, Colpoda und Oxytrichina. Dj® Beohachtungen von O. Fr. Mueller und Gruithuisen über die spontane Quertheilung der Naiden sind schon oben angeführh Kachem die Finschnürung zwischen der Malter und der aus dem Hintcrtheil entstehenden Tochter sich gebildet hat, entsteht an letzterer schon vor der Trennung Kopf und Bussel, und der vor der Tochter liegende Theil beginnt schon seine Absonderung vor der Ablösung des hintersten Stückes, und zuweilen sieht man das Mutterthier mit drei jungen, durch Absonderung entstandenen Individuen noch verbunden. Auch bei den Planarien ist diO Selbstlheilung beobachtet. Die Selbstlheilung ist meist vollkommen, zuweilen auch unr vollkommen. Monaden, welche sich in die Liinge und Quere abwechselnd theiien, wo es aber nicht zu gänzlicher Lösung der getheilten kommt, bilden Beeren. Bei einer beständig fortgesetz- ten Langslheilung entstehen Reihen von Individuen, die mit de« Längsseiten Zusammenhängen. Bei einer lortgesetzten Selbstthci- lung in die Quere ohne Trennung entstehen fadenartige Reihen- Als^solche Systeme betrachtet Ehresbebg die Vibrionen, die man bald aus 2 — 3, bald aus sehr vielen Gliedern bestehen sieht, und welche sich durch eine eigene zitternde Beivegung auszeichnen. Die verzweigten Vorticellinen Carchesluni und Epistylis Eiirenb. ent- stehen durch unvollkommene Theilung der Thiere in 2, während diese durch den aus dem Ilintertheil ausgeschiedenen Stiel ver- bunden bleiben. Diese Art der Theilung kömmt selten bei de» Corallenthieren , wohl aber nach Ehrenberg bei den Caryophyl- lafeen vor, und bedingt dann dichotomische, büschelartige, geslielto Formen, indem 2 aus einem, 4 aus 2, 8 aus 4, 16 aus 8 w'er- den u. s. w. Dass den Pflanzen irgendwie Selbstlheilung zukomme, is* tbeils entschieden verneint, theils wieder bestimmt bejaht worden* Eubenberg spricht aus, dass es keine ihm bekannte Pflanze, auch keinen Theil einer Pflanze, ja keine Zelle des Zellgewebes gebe, welche sich zur Vermehrung thelle. Alle PflanzenentwickelunS geschehe durch Verlängerung und Rnospenhildung, und die Thei- lung sei nur Ablösung von Knospen. Bericht Uber die zur Bekannt' machung geeigneten Verhandlungen der K. Pr. ylcademie der tVis- senschaften 1836. 34. Meten hingegen schreibt den Pflanzen und selbst Pflanzenzellen vielseitig die Vermehrung durch Theilunf! zu. Neues System der Pflanzenphysiologie 3. B. p. 440. MevEI* bezieht sich theils auf die Closterien, welche hinwieder EhbeS- BERG mit mehreren, der Untersuchung wenig zugänglichen, abei sich durch Theilung mehrenden Formen zu den Thieren rechnet. Ans den übrigen von Meyen angeführtCh Fällen scheint mir mehr die Bildung der Sporen durch Theilung, und die Theilung ein- zelner Zellen zu folgen. Es giebt aber so einfache vegetabilische Vermehrung durch Theilung. 603 Gebilde, wo Sporen durch blosse Einsebnürungen, also Thedun- gen eines fadenartigen Schlauches entstehen, Simpla eines virtuellen Multiplums und es gieht wieder Gebilde, wo che durch auseinander entstandenen Zellen eine Reibe bildend, ^ ‘': plmn der Pflanze ausmacben, welches sich durch wahre . g in seine Simpla trennt. Meyen heruft sich auf die Beobaclitungen an Palmellen, Oscillatorien , IN'ostochiuen und Eadenpdsen. J le gefärbte sphärische Masse, welche ein einzelnes Palmellemndivi- duum darslcllt, ist jedesmal in einer Schle.mhulle e.ngeschlossen und im Innern dieser Hülle, welche als Mullcrzelle anzusehen ist erfolgt die Selbsttheilung jener Masse. M der Theilung wird jeder einzelne Theil von einer eigenen Sc ilciinhulle umschlossen Wobei die erstere allinUblig resorbirt wird, doch mitunter wird sie bedeutend ausgedehnt, und man sieht dann Ralmellen in ihren besonderen, vollständig ausgebildeten Hu len eingcschlossen. Rei den wahren Oseillatorien mit ungegliedeitem Schlauch sah Meyen, dass die grungelärble Masse m diesem Schlauch anfangs ungegliedert, später gegliedert auUritt. Zuwei- len bricht der ‘Inhalt in mehr oder weniger langen Stucken aus. Woran sich dann die Glieder ablösen. ln i lesem halle scheint Uiir die Selbsttheilung mehr eine Theilung der Sporenmasse zu sevn. Die rosenkranzförmigeri Fäden, welche hei dti Gattun TV I * r* ■tllpi’frnassG verliHisem sich Dftch «ostoc gewunden m dei (jallci trnassi; , , n , u .• Meyen durch Selbsttheilung ihrer einzelnen Blase hen. Sobalc die alte Nostoc zerlällt, treten jene Bläschen aus der gallertai tigeii MassUiervor, und jedes derselben vermag sich zu vergrossern Und zu einer neuen INostoc umzuwande n. Die Sporen beste.ien aus einer etwas erhärteten und grüidic.i f ’ Und sind mit einer scbleirmgen, wassei bellen 1' ussigkeit ge ullt, bei der Entwickelung schwillt jene Hülle zu der gallertaiiigen Masse der INostoc, in dieser entstehen Trübungen, aus welGlien die ersten Bläschen bervorgeben, welche sich durch beständig fortgesetzte Theilung vervielfältigen und die roseukranzlormigen bporenfäden darstellen. , - Nach Meyen entstehen auch die Samen der Moose v - bermoose nicht im Tnnerp von Mutterzellen, sondern ^ ' luog, und die einzelnen Samen werden von dem grossem Mutter- sanj^n abgeschnürt. Hierher rechnet derselbe auch die Vermeh- »Wng der Zellen bei einigen gegliederten Conferven, z.B. Gonterva Slornerata, durch Abschnürung eines Auswuchses. Bei den mede- *'an Pilzen z. B- PeniciUium glaucum geschieht nach Meyen die ^'Idunc der Sporen durch Abschnürungen des i'adcnarUgen Schlau- «bes. Bei dem Gährungspilz Saccharomyces entsteht ,ede neue ^elle des aus einer Reihe von Zellen bestehenden Pflänzcbens durch «iue Knospung einer der älteren Zeilen m gerader Linie oder »’aeh den Seiten. Die Zellen lösen sich leichf ah> unR im « be- rsten Zustand treiben sie wieder Knospen und bedingen kleine Systeme. Jede Zelle der Pflanze ist liier eine Spore oucr i'^de Zelle ist lndividoum, welches durch Knospung neue n lyi- diien bildet, wo aber die Individuen des Systems siCh ander ablöscii. Die Scihstlhciluiig des Gührungspdzos ist daher 604 VJl, Buch. V. d. Zeugung, I. Abschn. Cleichart. Fortpflanzung. gegenseitige Ablösung von Individuen, die durch Knospung nach einander entstanden sind. Dieser I’rocess gleicht selir der Ablö- sung der aus dem IVIutterpolv])en ausvvachsenden Knospen irn aus- gebildeteu ZiiUande, dem Zertalleu eines durch Knospung entstan- denen Systems von verwachsenen Hydren in seine schon für sich bestehenden Individuen. JII. Capiiel. Von der Fortpflanzung durch Knospen. Die Bildung der Knospen beruht ihrern Wesen nach dariH) dass von dem zum Eigenleben speciell oiganisirten Wesen zu jenem Eigenlel)en ühi'rflüssiger Theil der Sul>stanz im unent- wickelten Zustande der Organisation zu einem l)esondern Eigen- leben sieb absondert, ohne den organischen VeiJjand mit den® Multer.stamm zu verlieren. Aus diesem Keim entwickelt sich so- fort die speci[ische Organisation der Speeies in der Form eines neuen Individuums, welches entweder dem Mutierstamm organisch verbunden bleibt, oder sich davon trennt. Diese Absonderung aus dem Eigenleben zum Keim eines besondern Eigenlebens unO Individuums setzt voraus, dass der knospenbildende MutterstarnnJ schon voj'her In sich die Kral't für mehrere Eigenleben enthielb also ein virtuelles Multiplum war. Obgleich die Knospenbildüng auch eine Art unvollkomrnner Selbsttheilung ist, so unterseheidct sie sich doch von der Veirnehrung durch Selbsttheilung im en- gem Sinn, dass der sich selbsttheilende Organismus mit seine*’ vollständigen Organisation io zwei vollständig organisirte Hälften oder mehrere Thelle zerfällt, i.i welchen die specilische Organisa- tion nicht erst zu entstehen hat, sich vielmelir nur insoweit urn- ändert, als die Integration der von der Spaltung getrolleneri Theiln erfordert. Bei der Knospenbildüng hingegen ist das neue Indivi- duum nicht vollständig organisirt, sondern hat nur die Kraft zW* Erzielung der vollständigen Organisation. Die Pilanzcnknospe isf dalier, um mit C. Fn. AVolfi' zu reden, einfache PlJatize, und sO die Thierknospe das einfache Thier. Die ursprüngliche Organi- sation der Knospe besteht bloss darin, dass sie die Uriheile aller Organisation, Zellen und zwar in verhältnissmässig geringer An- zahl enthält. Die Knospen der Pflanzen sind Haufen von gewöhn- Jiclicn Pflanzenzelien. Die Gefässe der Multer])llanze haben ao der Bildung der ursprünglichen Knospe nicht den geringsten Au- tlieil, und zeigen sich erst später mit der Knospe im Zusammen- hänge. Vielmehr erscheint die Knospe anfangs als eine blosse Fort- setzung des Zellgewebes des Markes, wie Duhamel, TaEviEAKnSj Meten ii. A. lehren. Die Sonderung der Knospe von dem Mar^* des Mutlerlriebs oder Stammes geschieht nicht durch eineSchei- devvand, zwischen beiden liegen auch nur wieder kleine Zellnn- Siehe Physiologie der Gevoiirhse. 2. /i.6.30. Gewöhnlich geschieht die Entwickelung der Knospen auf dem MutterstarnnJ®) aber sie können auch ablallen und selbstständig sich entwickeloj wie bei der Vermehrung der Monocotyledoneu, DicotyledonCi* und der Laubmoose durcli abfallende Knospen. Fortpflanzung durch Knospen. 605 Von dem Ei unterscheidet sich die Knospe, ahaesehen von der zur Entwickeluna des Eies nöthigen sexualen Einwirkung, darin, dass dieses sich nicht auf dem Multerstarnm weiter ent- wickeln kann, und von der Mutterpihinze durch Haute isohrt Wird. Die sich durch ungeschlechtliche ForlpÜanzung erzeugen- den Sporen vieler einfacheren Paanzen können nicht als Eikeime betrachtet werden. , Die Ursachen der Entwickelung von Knospen an dem Mut- terstamrne sind theils innere, Iheils äussere. Die emtacheren Oroanismen bilden Substanz, welche die Kraft zu mdiv.duel lei Organisation der Species hat. Wenn diese nicht eine, für die Functionen des Eigenlebens des vorhandenen Individuums notliige specielle Structur erhält, und dadurch der Wirkung des Eigen- lebens des Mutterstamnies unterworien hleiht, so strebt tliese Substanz zur individuellen Organisation, und das neue Individuum bannt von dem grösseren oder kleineren Haufen von ilieilcnen (Zellen) ah, welche in näherer Wechselwirkung sind, und von der etVgern Wechselwirkung mit dem Mutterstainm ausgeschlossen Werden gleichwie von anderen .Massen keimfähiger Substanz aut irgend eine Weise mechanisch durch Heterogenes getrennt sind. Wo also in einem organischen Körper sich Substanz hildel, welche von dem Eigenleben' nicht für specielle Structuren verwandt und beherrscht wird, da werden sich auch Knospen aus dem virtuellen Multinlum bilden. Die Jiildutig dieser Substanz scheint dadurch erkläU werden zu können, dass «««n wie auch he. dem ihei- lungsstreben, annimmt, das durch das Wachsen zunehmende vu- tuefle Midtipluni strebe die orgamsirende Kraft aut kleinere Mas- sen von Materie zu concentriren. Bei den Pflanzen gehört zu den Ursachen der Knospenbil- dujm auch eine Intermission der Thätigkeit des Eigenlebens für spec*ielle Umwandlung der Materie zu den besonderen Structuren der Or^uine, oder eine Intermission der allgemeinen Ernährung. t»ie Knospen bilden sich hei vielen Pflanzen nur dann, wenn das aussei'e Waclislhum eine Inlermission macht, und die Pflanze ihre Organe, die Blätter verloren hat. Daher denn auch irn blattlosen Zustande die Pflanzen am besten versetzt werden können. Je Wiehr aber die Pflanze die Säfte zur Bildung von Multipla der einzelnen specifiseben Gewebetbeilcben und Orf'antheilcben ver- 'vendetj um so -weniger ist sie fähig, solche Multipla zu bilden, ■'vt'lche Veder ß noch b noch r. sind, aber die Kraft von a, b, c ü- s. w. zugleich enthalten. , , . , . , Aeusscre Bedingung der Rnospenbildung kann bei den 1 Ban- ken alles seyii, was "dem allgemeinen Wachsthum an irgend einer Stelle eine Grenze setzt, oder nur eine Unterbrechung des Zu- Sämmenhanges des Zellgewebes hervorbringt. Daher ent^clien l^nospen am Rande der fleischigen Blätter, durch massige Druck, derselben, in Rindeuwunden, Trevirasus Physiologie der Gewächse p. 625. 626. C06 VII. Buch. V. d. Zeugung. I. Abschn. Gleichart. FuripflanzitnS. 1. Kn o sp c n bil d un g bei den Pflanzen, a. Knospen der niederen oder gefässlosen Pflanzen. Die Knospen der niederen Gewäciisc sind theils Haufen von Zellen, llieils selbst einfache Zellen. Bei den Laub- und Leber- moosen bestehen sie aus einer Gruppe von 'Zellen. Die Knospen der gepliederteii Conferven und der Fadenpilze sind dagegen ein- fache Zeilen, welche sich aus dem iVIuUerlbcil entweder durch Abschniirung von Theilen des Schlauches bilden (Knospenbildung durch Selhsttheilnug), oder durch Uervortreiben von kleinen Aus- bnchlungen der Zellen bilden, die sich hernach wieder zu selbst- ständigen Zellen abschnüren. Das Erste lieohachtet man bei dc' Fadenpilzen, wie z. B. bei Pcnicillium glaucum (Metes a. a. 0- 3. Tab. X. Fig. 20. 21.), das Letzte bei gegliederten Conferven, wie Conferva glomerata (Meven a. a. O. 3. Tab. X. Fig.11. 28-)i lind dem Gährungspilze (Meten Tab. X. Fig. 22.). Beides ist nicht wesentlich verschieden. Die Schlauche der Faden des Schimnieb bilden die Knospenzellen durch Abschnürung, bei den Conferven und dem Gahriingspilz hingegen erscheint die junge Zelle vor der Abichnürung als Auswuchs einer andern Zelle. b. Knospen bei den vollkommenen, aus Gefüssen und Zellen be- stehenden Pflanzen. Axillar- und Terminalknospen. Die Knospen der hö- heren Pflanzen sind Acbsengebilde und unmittelbare Fortsetzungen der Achse. Die blattartigen Gebilde erscheinen hier zuweilen noch als Knospenschlippen, die Spitze der Knospenachse oder den embryonischen Kern der Achse einschliessend , können aber auch fehlen, so dass der Knospenkern dann naekt ist. Dieser Kern besteht aus Zellen, welche sich zum neuen Triebe entwik- keln. Meist treten die Knospen in den Achseln der Blätter auf, oft auch am Ende des Stengels, terminale Knospen. Das zellig® Mark der Pflanzen bildet die Achse derselben, und geht unmit- telbar in die Kerne der axillaren und terminalen Knospen übel’- Die Entwickelung einer Knospe in die Structur der bestimmten Pflanze bedingt immer zugleich die ersten Anlagen zur nächsten Vegetationsperiode, d. b. die Knospenkerne zu denjenigen Trie- ben, welche sich bei der nächsten Vegetationsperiode entwickeln w'erden. Siehe Meten a. a. O. p. 5 — 7. Es wird also mit der Erzielung der bestimmten Organisation immer zugleich noch etwas mehr gebildet, ein für diese Organisation überflüssiges, ein Ding; worin die Kraft für eine künftige Vegetation ruht. Bei den phaneroganiiscben Gewächsen sind die Knospen ent- weder nackt oder eingehüllt. Die einl'achston Knospen sind hier blosse zeflige Massen. Bei Lemna bildet die Knospe ein, aus einer Spalte des Parenchyms kommendes Blättchen, welches zur neuen Pflanze wird, indem es schon vor dem Austritte aus der Spalte ein cingeschlaaenes Würzelchen besitzt. Treviranus a. a- o; p. 631. ^ Bei den Bäumen hingegen besteht die Knospe aus eingeschlos- seiieii und cinschliessenden Theilen, Knospenschuppen. Der Bau solcher Knospen ist nach Teeviramus folgender. Zwischen den Fovtpßanzuns durch Knospetu 607 Knospenliüllen erscheint die Knospe selbst als ein Klumpen läng- licher oder rundlicher zelliger Körper, die erste Anhige der Blat- ter. An der Stelle, wo sich die Knospe an einem Iriebe biUlet, ist das Mark des Triebes vergrössert, und der dasselbe uniscblies- sende Flolzkörper erweitert. Das bis dahin farblose Mark bildet nun einen dunkelgrünen Kegel eines sehr kleinzelligen Gewebes, von einer Scheide eingeschlossen, die auf dem Durchschnitt als lieberer Streifen erscheint. Diese Scheide des Kegels wird gebil- det von der innersten Holzlage und dem Laste, die sich, vom Rande des , Holzkörpers aut diese Weise zusammenkommend, fort- setzen. Die aus ihnen gebildete Scheide ist am Ende nicht geschlossen, vielmehr belindet sich am Ende des Kegels eine Lücke, auf welcher die Knospe ruht, die also eine unmittelbare Portsetzung des Markes ist. An der Aussenseite jener Scheide zlelit sich die farblose innere Rindensubstaiiz des alten inebes fort, und geht in die Scbuj-ipen der Knospe über, während die äussere grüne Rinde des Triebes am Grunde der aussersten Knos- penschuppe autbört. Sobald die Knospe anlängt sich zum Zweige *u entwickeln, bilden sich Spiralgefässe aus wurmförmigen. Kör- pern. Sie legen sich abwärts dem alten Holzkörper an, aufwärts aber gewinnen sie in dem Verhältnisse, als die Knospe sich aus- debnt” ihre eigenthümliche Gestalt. Sie geben endlich die Basis für eine neue Holzlage, welche nun dem Zweige und Stamme gemeinschaftlich' wird, und in jenem die erste Stelle zunächst dem Marke, in diesem die zweite Stelle einnimmt, a. a. O. H. 6.3*2 I 258 Die Blüthenknospen unterscheiden sich von anderen Knospen dadurch, dass aus ihnen ohne Befruchtung keine weitere Pntwickelung von Knospen geschehen kann. Befruchtet gleichen sie den abfallenden Knospen. In seltenen Fällen entwickelt sich aber auch eine unbefruclitete Blüthenknospe weiter zum Zweige. So wächst nach Meven der Kern des unbefruchteten Eies bei Poa unter den Gräsern in ein neues, freilich unvollkommenes Individuum aus. (Sogenannte lebendig-gehärende Pflanzen.) Adveiitivknospeii. So nennt man die, weder axillaren, noch terminalen Knospen , welche an den alten Stammen der Räume zur Rinde heraushrechen. Sie hängen mit den Mark- strahlen zusammen und sind also auch Fortsetzungen des Markes, Welches überall auf der Oberfläche der Stämme und Aeste aus- läuft, und daher auch überall die Bildung von Adventivknöspen »löglich macht. Die Adventivknöspen kommen zuweilen in unge- Reuier Menge an Baumstäuimen hervor, die sich durch Axillar- bnd Terminalknospeii nicht mehr fortpflanzen können, weil sie sowohl die Achseln, als die Enden der Achsen durch Stutzen Verloren haben. . . i Knospen an Blättern. Bei vielen Pflanzen treten aucli entweder regelmässig oder unter gewissen Umständen an den ^^ättern Ivnospen aui- Am bektinntesten ist diese Ersc leinung ^on Bryophyllurn calyciiium, wo die Knospen in den Einiierbun- Son des Randes sitzen, kegelförmige Höcker bildend. Sie kom- *nen entweder schon auf der Pflanze zur Entwickelung, oder noch Kieliter nach dem Abfallen der Blätter. Bei mehreren tarren 608 VII. Buch. V. d. Zeugung. I. Abschn. Gleichart. Fortpflanzung. kommen solche Blattknospen vor, unter den liöhercn hat man sie bei Malaxis paludosa, Cardamine pratensis und der Gattung Lemna beohachlct. , . , , Knollen. Die Knollen sind unterirdische Stengel mit seiu auf^esch wollenem Mark- und Riiulentlieii j zwischen welclieri diß Gethssbündel liegen. Die Knospen selbst entwickeln sich in die- sem knolligen Tlieil des Stengels, vvie am ülierirdischen Stengel- Indern der Stengel in einjährigen Knollengewächsen ahsterben soll, ist der Theil des Stengels, an weicbem sich die Knollen entw'ickeln, zum perennlrcn bestimmt. Die unterirdischen Stell gel, an welchen sich die Knollen lormircn, hilcleii sich schon an den jungen Pflänzchen als Ausläufer, die einen dem oberirdischen Stengel gleichen Bau haben. Bei der Bildung der Knollen schwillt dieser Sttiigel an einer oder mehreren Stellen an, iudein sich theils die Markmasse des Stengels vermehrt, theils die Rinden- masse vei’dickt, so dass die Spiralgehisse zwischen dem angeschwol- lenen iiinern und angeschwollenen äussern Zellkörper liegen, m dessen Zellen sich Amylonkügelchen entwickeln. Anfangs sind diese Anschwellungen gering, und also die Spiralgefösse des Sten- gels wenig auseinander getrieben. Mit dem Wachsthum des Knol- lens vermehrt sich die Ausdehnung der Gefässe. Knollen können sich an jedem Theile des unterirdischen Stengels bilden. Der Knospenkern ist auch hier die Fortsetzung des Marks, nämlich ein kegeiförmigei' Auswuchs von der Obcrtläcbe der Markmasse, von Spiralgefässhündeln begleitet, welcher von der Achse ahge- bogen die Rinde durchbricht, und in einer Verüefung zum Vor- schein kommt. Junge Knollen v'on der Grösse einer Erbse zeigen die Knospen für die künftige Vegetationsperiode sehr deutlich. Siehe Meven a. a. O. p. ‘i6 — 31. Zwiebeln. Die Zwiebeln sind nach Ttevirakus Knospen, deren Schuppen fleischig geworden sind; sie bilden sich seitwärts vom Stocke, bleiben einige Zeit mit dem Stocke verbunden durch einen Fortsatz von Zellgewebe und Gelassen, und werden durch Vertrocknen desselben frei. Sie können sich sowohl an einem oberirdischen, als unterirdischen Stengel bilden. Zwiehelknospen, Bulhilli, am überirdischen Stengel finden sich in den Gattungen Lilium, Allium, Saxifraga, Dentaria und vielen anderen in den Axillen der Blätter oder Blülbenhüllhlätter. Bei der Entwickelung der Knospe zieht diese den Nahrungsstoff aus den fleischigen Blättern. 2. Knospciihildung bei den Tliicrcn. Unter den Thieren kommt die Knospenbildung vorzüglich bei den Polvpen, seltener bei den Infusorien, z. B. den Vörtieelii- nen vor. Sahs beobachtete sie bei Cytais und anderen Acalephen. Unter den Eingeweidewürmern ist die Zeugung durch Knospen- bildung den Blasenwürmern eigen. Bei den Coenurus sind die Blasen, auf welcher die individuellen Kopie aufsitzen, zugleich der Keimstock für neue Individuen, und diese entstehen ans klei- nen Knötchen, die sich auf der Mutterblase bilden. Bel den Echinococcus verwandeln sich die frei gewordenen Echinococcen 609 Fortpflanzung durch Knospen. >11 Blasen auf deren innerer oder äusserer Oberfläche neue Ecbino- coccen sich entwickeln, die anfangs durch einen dünnen Strang üiit der Mutterhlase Zusammenhängen, dann aber frei werden. Siehe J. MuECLka im Archio mG.flahresb. CVIl., v. Sieboi.d in Eubdacu’s Physiologie 11. Bd. 2. Auflage. Daher kömmt es, dass die abgelebten Generationen der Echinococcen Blasen darstellen, in welchen wieder andere Blasen enthalten sind (fälschlich Ace- phalocysten genannt). . , . Die Rnospenbildung ist bei den Thieren noch nicht m ihrem Innern Vorgänge beobachtet, und man hat selbst nicht einmal eine genügende mikroskopische Untersuchung von der Zusammen- setzung einer Thierknospe; es leidet jedoch nach dem, was wir über die Entstehung der orgamsirten Theile hei den Thieren wissen, keinen ZweÜeh dass auch die thierischen Knospen zuerst Haufen von Zellen seyn werden, welche sich nicht bloss durch Bildung ähnlicher Zellen mehren, sondern sich auch in die be- stimmten Gewebe ordnen und umwandeln. Bei den Hydren erscheinen die Knospen zuerst als kleine rundliche Ilervorragungeii auf der Oberfläche des walzigen Kör- pers, wo sie sich an jeder Stelle bilden können, mit Ausnahme der Arme. Bald entwickeln sich diese zur Form des Thiers, Welches dann, wie Tremblev zeigte, durch seine Höhle mit der Höhle des Mutterthiers zusammenhängt. Bel den Sertularien erscheint die Knospe als eine stumpfe, geschlossene Hervorragung des Stämmchens, zu welcher der ge- meinschaftliche Canal des Stengels führt, und welche sich sodann hl die Oi-anisation des Polypen foimt, und indem sie sich am vordem Theile auflöst, die Arme des Polypen hervortreten lässt. Siebe Lister in Phil. Transact. 1834. 2. Die Rnospenbildung ist hei den Polypen sehr häufig, seltener bei den Infusorien, Eiiresberg heobacbtetc sie bei den Wirticellen. Vielleicht kömmt sie auch bei den Waiden vor. Da nämlich die jungen Generationen sich aus dem HintertheH bilden, und da hier immer neue Glieder ent- stehen, so ist es nicht ganz gewiss, ob das Thier nicht blt^s ent- wickelte Knospen abstösst, so dass die Selbsttheilung des Ganzen mehr ein Ahstossen der am Stamme entwickelten terminalen Knos- pen wäre. • , , 1 1 Bei den Corallentbieren fallen die Knospen nicht ab, sondern häufen fort und fort die Zahl der zu zusammenhängenden Gene- ^■ationen verbundenen Individuen. Bei manchen Thieren giebt es auch besondere Ausläufer, Stolonen, an denen sich die Knospen bilden. Man findet sie bei Ascidien,’ Xeninen, Sertularineii, Alcyonellen. Siehe Ehrekberg die Cnrallentbierc des rotlien Meers. Berlin 1834. So wie der Pflanzenstamm nach Entfernung der Krone und Aeste oft noch Knospen treibt, so kommt die Rnospenbildung *äweilen am Polypeustamme noch vor, wenn die Polypenmdivi- <^060 abgestorben sind. Siebe Ehrekberg im Bericht über die ^erliaudl. der Acad. der JFissensch. zu Berlin 1836. 610 VlI. Buch. V. d. Zeugung. I. Abschn. Gleichart. Fortpflanzung. IV. Capitd. Von der Ablösung der Knospen oder der Theilung zwischen Stamm und Knospe. Die Knospen können entweder im entwickelten oder im un entwickelten Zustande sich spontan ahlösen oder künstlich abge- löst werden, und dadurch ganz sclhstslauclis werden. Alles dies findet sich hei Thieren sowohl als Pflanzen. a. Künstliche Ablösung der ausgewarhsenni Knospen. Die ausgewachsenen Knospen der Hydren können vom Mut- terstaram ahgeschniltcn werden und leben lört. Diese Art der Trennung zweier Individuen ist wohl von künstlicher ihe. kn g eines Tiners zu unterscheiden; denn sie waren vor der Theilung schon vollkommen ausgehildct vorhanden und nur verwachsen. Bei den Pflanzen wird diese Ablösung der ausgewachsenen Knospen oder der Triebe sehr oft ausgeführt, sei es, dass sie ab Setzlinge in die Erde eingesetzt, oder als Pfropfreiser auf andere Stamme zum Anwachsen versetzt werden. Diese Falle sind indess nicht so rein, wie die von den Thieren. Denn die Setzlinge und Pfropfreiser sind gewöhnlich keine durch Ausdehnung der vor- handenen Theile fort vegetirende Reiser, sondern Triebe an welchen schon Knospen vorhanden sind, und bei welchen dahei die Knospen sogleich sich weiter entwickeln. h. Künstliche Ablösung der unentmekdten Knospen. Hierher gehört die Fortpflanzung der Kartoffeln durch Ab- schneiden der Knospenaugen aus einer Kartollel. Die ganze Kar- tolFel ist als eine Metamorphose des unterirdischen Stenge s zu betrachten. Ablösen der einzelnen Augen mit einem 1 heil des sie umgebenden Zellgewebes reicht zur Fortpflanzung bin. Ferner sind auch die ahgelösten Knospen der Versetzung auf andere Pflanzen fähig. Diess geschieht hei dem sogenannten Oculiren, indem man die Knospe mit einem Stückchen der Binde und des Holzes abschneidet, und sie mit einer entsprechenden Stelle einer andern Pflanze verbindet. Bei den Thieren sind diese Versuche noch nicht ausgefülirt. r. Spontane Ablösung der ausgewachsenen Knospe. Die ausgewachsenen Knospen, die sich zu einem vollkomm- nen organisiiten Individuum entwickelt haben, trennen sich bei den Hydren von selbst von dem Mutterstamme, und zwar immer erst nach der vollkomranen Ausbildung, nachdem sie lange a s selbststrebcnde Individuen mit dem selbststrehenden Mutterstamni verbunden waren. Diese Theilung wird durch allrnahlig fort- schreitende Einschnürung ausgefülirt. • , i. Bei den Coiallenthieren hingegen bleiben alle entwickelten Knospen, wie auch bei den Pflanzen dem Stamm fort und fort verbunden, und helfen den perennirenden Stammbaum von Ge- nerationen vergrössern. d. Spontane Ablösung der anentooickclten Knospen. Die spontane Ablösung der unentwickelten Knospen oder die spontane Theilung zwischen diesen und dem Mutlorstamm ist bei den Pflanzen sehr lUUilig. Hierher gehört die Trennung der Ahlüsmg der Knospen. 611 Knospensporen bei den Fadenpilzen und Laubmoosen, und bei Uielireren Lebermoosen, wie den Marchantien, Lunulanen u, a. Und einigen Farreiikr'äiitern. ■, n • ^ ^ Auch die Bilduns; der Knollen und Zwiebeln an einem aus- dauernden MIttclkörper bei entweder ausdauerndem odex verge- ltendem Mutterstock endet mit der Trennung dieser Knospen, ttiitsammt dem aus dem unterirdischen Stengel entzogenen IVah- rungsstolT, und ebenso fallen auch die überirdischen Zwiebelknos- pen bei den Dentarien, Saxifragen und anderen ab. Bei den Thieren scheinen abfallende Knospen sehen zu seyn. Man hat zwar früher häufig eine ungeschlechlhche FortpOanzung bei Thieren durcl. Reimkörncr, Sporen, angenommen, indessen ist durch genauere Beobaclitung der Zeugungstheile wahrscheinlich geworden, dass in vielen solchen Fallen solche Keimkorner durch paarige Zeugung cnlwickelungsfiihig sind. Eine scharfe Trennung Zwischen der einen und andern Art der Keimkörner ist ^‘sber nicht einmal hei Pflanzen, nämlich den Cryptogamen, möglich gewesen. Reimkörner, welche ohne paarige Zeugung entstehen, gehören, mögen sie einfache oder zusammengesetzte Zellen seyn, jedenfalls mit in den Begriff der Knospen. Abfallende Knospen stehen der Natur der Kenne m den Eiern oder den durch paarige Zeugung cnUvickelungs Miig werdenden Keimen am nächLn. ln beiden fehlt noch die vollkommene Organisation der Pflanze und des Thiers, und die Organisation beschränkt sich auf die Gegenwart von einer oder mehreren Zel- len, welche die Kraft zur Erzielung der ganzen specifischen Or- ganisation enthalten. Bei den abfidlenden Knospen schreitet diese Oreanisation sogleich bei den gewöhnlichen Lebensbedingungen Vor in den Eikeimen hingegen ist eine gewisse Hemmung, ver- ‘Uö<^e welcher sie nicht von selbst zur Organisation streben, viel- »Uehr werden sie erst durch die Einwirkung eines Complementuins ontwickelungsfähig. Im Eikeime sowohl, als im Samen, ist die Kraft zur Erzielung der bestimmten specifischen Organisation ent- l»alten, denn das geht aus der Verpflanzung der individuellen nterlichen und mütterlicben Eigenthümlichkeiten durch die Zeu- gung hervor, aber beide sind gehemmt und sind nur durch ihr Snpplementum vollständig. Ein Verhältniss, welches bei den Knos- Pon und knospenartigen Keirakörnern ganz wegfallt. Die Zeugung durch Tbeilung und Knospen und die paarige ^eug„n„ sind auch darin verschieden, dass die Tbeilung und die ^uospenbildiing am sichersten die Eigenschaften des Individuums fortpllanzen. Daher man auch die Fortpflanzung durch Setz- und Pfropfreiser in allen Fällen vorziebt wo man alle ^'genschaften des Mutterstammes in dem neuen Individuum wie- erhalten will. Bei der paarigen Zeugung hingegen ist der yarlation ein grosser Spielraum gegeben, und es wird nicht sicher eine Individuum, sondern sicher nur die Gattung und peci ^ftgepOanzt. , r , Uehrieens sehen Eikeime nicht selten in knospenartige im- ybrner über. Es ist ein durch viele Beobachtungen lestgestelltes factum, dass Schmetteilinge, die von den Männchen vollkommen 612 VII. Buch. V. d. Zeugung. I. Absclm. Gleichart. Fortpflanzung. isolirt waren, Eier gelegt, ans denen sich Jnnge entwickelt haben- Bekannter ist das durch Bonhet berühmt gewordene Factum, dass die Blattläuse, die von der Geburt aus von Männchen isolirt wor- den doch lebendige Jungen gebären. Auch aus den unbefruch- teten Blütben der Pdaiuen entwickelt sich in seltenen Fällen ein neues Individuum, wie bei Poa, welches dann ohne weiteres au der Knospe fortwäcbst. In diesen Fällen gebt also die Katur des weiblichen Eikeimes im Sinne der paaiigcn Zeugung unmerklich in die Natur der Knospe über, indem die Hemmung, welche den weiblichen Eikeimen eigen ist, nicht zu Stande kommt. V. Capitel. Theorie der ungescblecbtlicben Zeugung- Vermehrung der organischen Wesen aus den bereits vorhan- denen, kann entweder als eine neue Bildung der Keime durch die bereits vorhandene Organisation, oder als ein blosses Freiwer- den und Entwickeln der von Anfang der Existenz eines Indivi- duums in ihm schon enthaltenen Keime angesehen werden. D'® letztere Vorstellung, bei welcher sich die Zeugung in eine blossC Entwickelung des von Anfang der Schöpfung vorhandenen aid- löst, heisst die Theorie der Evolution, welche die berühmtesten Männer, wie Bokket, IIali-er und selbst Cuvier zu Vertheidigern gehabt hat. Die erst geschaffenen Keime einer Species musste" dieser Theorie zu Folge alle jemals zum Vorschein kommend® Individuen schon en miniature und zwar in einer solchen Ord- nung enthalten, dass eine Generation die folgende immer zunäcbsh zugleich aber auch alle folgenden gleichsam eingeschachtelt in sic" enthält. Daher heisst diese Theorie auch die Einschachtelungs- theorie. Bald wurden die Keime in den Eiern, bald in den Sa- menthierchen gesucht. Dieser Ansicht ist die Theorie der Epigenese entgegenge- setzt, bei welcher die Einschachtelung der Keime geläugnet, un" vielmehr die neue Bildung der Reime durch die schon vorhanden® Organisation behauptet wnrd. C. Fr. Woiff war ihr berühmter und glücklicher Vertheidiger, in der neuern Zeit ist sie von de" angesehensten Naturforschern angenommen. In der rohen hornb welche die Evolutionstheorie bei den älteren hatte, ist sie ai" leichtesten zu w'iderlegen, und in dieser Form ist sie von Wot.r® und Blumenbach siegreich widerlegt. C. Fr; Wolff Theorie der neration. Halle. Blumehbach üher den Bädungstrieb. GSttingeni iO' ' Denn die Miniatur der vollendeten Gestalt eines organischen sens findet sich im Keime nicht vor, und es kann ferner nie > mehr die Zeit seyn, wo man sich darum streitet. Der Keim d®* Embryo der Wirbelthiere hat in der frühesten Zeit der Eritwi keinng nicht die geringste Aehnlichkeit mit der spätem Gesta • Man sieht die Organe vor seinen Augen entstehen, statt dass si® en miniatur vorhanden gewesen seyn und nur grösser werde" sollten. Alle Gewebe entstehen ans Zellen, und alle Orgijne dar- aus. Die Evolutionstheorie könnte daher heut zu Page nur einer geistigem Form vertheidigt werden. Es giebt nämlich zwe‘- 613 Theorie der uji^cschlechtlicheri Zei^iiri§, erlel Formen eines und desselben Organismus, die Form des Keims wo er nur die Kraft zur Gestaltung der specielien Form, aber noch nicht die specielle Form besitzt, und die vollendete Form, wo er zum Theil wieder zur ersten Form zurückgeht und Keime bildet. Die heutige Evolutionstheorie könnte nur von dem Salze ausgehen, dass die Einschachtelung in der Form des Keimes staltrinde,''dass der vollendete Organismus die nächste Generation »n der Form des Keims, die Keime aber die folgenden Genera- tionen in Fonn der Keime enthalten. In dieser Weise gieht es Stöcke mehrerer Generationen, wie hei den Polypen, Waiden und seihst das schwangere Weib enthält eine entwickelte Generation, das Kind, in dessen Eierstock schon die Keime (Ovula mit ihren Keimbläschen) für die dritte Generation enthalten sind. Findet die Sehkraft durch das Mikroskop erweitert, keine weitere Subsumtion als eben* Ei, Keimbläschen und Keimfleck; so könnte behauptet Werden dass dennoch eine solche vorhanden, aber durch die Grenzen der Sehkraft und der Instrumente nicht nachweisbar sey, ünd gegen diese Slipposition lässt sich auf diesem Wege der Ar- gumentation nichts einwenden. Es ist jedoch nicht nöthig die Aufgabe hei einem so verwickelten Zustande aufzufassen, als sie sich in der geschlechtlichen Zeugung darstellt. Die ungeschlecht- liche Zeugung leistet durchaus dasselbe, was die geschlechtliche. Man kann hier von allen Mysterien der geschlechtlichen Zeugung absehen und von dem Factum ausgehen, dass ein organischer Körper durch Theilung und Knospenbildung, |a durch das Wachs- tbum ein Multiplum bildet, dass ferner die Zellen seihst, die Ur- theilchen der organischen Körper, theils durch Bildung neuer Zellen in sich, tbeils ausser sich, theils durch Theilung der Zellen Und sich ahschniirende Auswüchse der Zellen ihres Gleichen in- nerhalb eines Organismus bilden, und dass es endlich Organismen Riebt wo jede Zelle ein Keim ist, der durch Auswüchse der einen Zelle* die ganzen Keime der .Specics wiedererzeug!. Diese' Tliatsachen liefern die sicherste Widerlegung der Evo- lutionstheorie. Eine vollendete Organisation, die kurz vorher Einern einzigen Willen unterworfen war, wird getheilt und hat Sogleich nach der Theilung zwei Willen, wie es wenigstes von O'nigen Würmern nicht geläugnet werden kann, die sich nach 'ler Theilung jeder für sich bewegen. Auch die spontane Thei- 'ung einer vollendeten Organisation beweist jenes, denn hier zer- ^«llt diese vollendete Organisation in zwei Selbstbestimmungen, ohne dass das Multiplum durch Entwickelung von eingeschach- telten Keimen entstanden wäre. Auch die Knospenzeugung der Medersten Pflanzen schliesst die Evolutionstheorie aus. Denn wir Sehen hier entweder ein Multiplum durch eine Theilung einer «infachen Zelle entstehen, oder die Zelle treibt einen Blindsack ®ßs, der ein Theil der alten Zelle ist, aber doch neuer Keim '^ird, indem er sich abschnürt, wie nach Meyek’s Beobachtungen ^«i den gegliederten Conferven und nach den Beobachtungen von ^agniaed Latour, Schwann, Turfin, Mkyen heim Gährungspilz. Wenn demnach die Keime der organischen Körper den Sa- üien zur Bildung der Multipla ihrer und aller folgenden Genera- 614 VII.Buch. V.d. Zeugung. I. Zhschn. Gleichart. Fortpflanzung. tionen nicht in sich selbst enthalten, wenn sie die Fähigkeit znr Bildung dei’ ßlultipla durch das Wachsen und durch das Ao- ei"nen der Materie um sich erhalten, so blciht keine andere An- nahme übrig, als dass alle Multijda durch Theilung entstehen- Entweder hat die wesentliche Kralt eines organischen Wesens die Eigenschaft durch unendliche Tiieilung nicht ihre specifische Ge* Stallungskraft zu verlieren, oder diese wesentliche Kraft der or- ganischen Wesen wird durch das Aneignen der fremden Materie und der in ihr latenten Kräfte zur Theilung für mehrere orga- nische Wesen geschickt. Im letztem Fall sind entweder die Sa- men zu allen Wesen latent in der materiellen Welt vorhanden; und werden angeeignet, oder in der materiellen Welt ist eine z“ vielerlei Gestalten ftihige proteusartige Kraft vorhanden, die mit der Materie in bestimmte Organismen eingehend, zu bestimmten Wirkungen durch die schon Vorgefundene Form gezwungen wird- Panspermatismus. Ein wichtiger Fortschritt ist für die Theorie der Zeugung in neuerer Zeit durch die Beobachtung der Lchenseigenschaften der kleinsten Theilchen geschehen, aus welchen, nach Schwanh’® bekannten und vielfach bestätigten Beobachtungen, die Thiere sowohl als die Pflanzen anfänglich bestehen. Alle Theile von Pflanzen und Thieren entstehen ans Zellen. Der Keim der Thiere und vieler Pflanzen ist selbst eine einfache Zelle, und der Rnos- penkeim immer entweder ein Haufen von Zellen oder eine einzige Zelle. Der wachsende Embryo bei Pflanzen und Thieren besteht selbst wieder ans vielen solchen Zellen, wie die erste oder 'Keim- zelle. Bei den niederen Pflanzen, den Fadenpilzen reicht eine iede vom Ganzen sich ablösende oder künstlich abgclöste Zeflß hin viele ihres Gleichen zu erzeugen. Aus diesen Thatsacheo lassen sich zwei, bereits von Schwann in seiner Theorie der Zel- len a. a. O. p. 220. untersuchte Consequenzen ziehen, wovon ent- weder die eine oder die andere wahr seyn muss, während keine dritte Annahme möglich ist. I. Schlussfolge. Da alle Gewebe und wachsenden Theile au* solchen Zellen entstehen, wie sie im Reim einmal oder mehrmal vorhanden sind; da alle Zellen innerhalb des wachsenden Orga- nismus entweder in sich (wie die Rnorpelzellen und Zellen der Chorda dorsalis), oder ausser sich (wie die Epitheliumzellen) neu® Zellen gleicher Art durch Wirkung auf den umgebenden Nah- rungsstolF bilden, und da bei den niedersten Pflanzen jede vom Ganzen abgelöste Zelle ein neuer Organismus werden kann; bei manchen niederen Thieren, wie den Hydren, aber jedes Stück- chen des Körpers abgelöst, wieder ganzes Thier werden kanoj da endlich die Gewebetheilchen eines solchen Polypenstücks von was immer für einer erworbenen Beschaffenheit, Muskelfasern; Nervenfasern etc. alle aus Zellen entstanden sind, so wii'd geschlos- sen, dass ein organisches Wesen nicht bloss eine Zelle seyn kanO; sondern dass jeder ganze erwachsene Organismus eine Masse von Zellen oder aus Zellen entstandenen l'heilen ist, wovon jeoe* Theilchen die Kraft zur Bildung des Ganzen enthält. Schwan a. a. O. 227. Diese Vorstellung ist offenbar für gewisse organisch^ Gleichartige Fortpflanzung. 615 ^esen, wie die Fadenpilze und selbst gewissermassen für die Hydren richtig, ihre Ällgcmeingültigkeit ist hingegen nicht erwie- sen. Nehnicn wir für einen Augenblick ihre Allgemeingültigkeit än und untersuchen wir die weiteren Conseqiienzen dieser Theorie. Wenn jede Zelle eines ganzen Organismus und auch das aus den Zellen Gewordene die Kraft zur Bildung des Ganzen, dui'cli Bildung neuer Zellen, Aggregation der Zellen in bestimmten bor- gen und Umwandlung derseiben zu bestimmten Zwecken enthält, svovon hängt es ab, dass diese Massen von Zellen und aus Zellen entstandenen Theilchen nicht bloss zusammen bleiben, sondern auch meist nur zusammen zu der Form der Species vereinigen? Hänot diese Erzielung eines allen gemeinsamen, aber von ieder einzelnen Zelle erzielten Zwecks von einer Wechselwirkung auf einander ab, wie die Menschen im Staate das allen gemeinsame Und die Bienen im Bienenstaate das allen nützliche erzielen, oder 'Verden hierbei einzelne Zellen oder Monaden herrschende, deren bestimmuno- die übrigen so lange untergeordnet bleiben, als sie niit dem Ganzen im Verbände sind, wie die Polypenslückchen, 'velche der Form des Ganzen und dem Willen für das Ganze ün- lerwoi'fen sind, so lange sie irn Verbände mit dem Ganzen stehen? Wie kommt es denn, dass gewisse Zellen der organischen Hörper, den andern und der ersten Keimzelle gleich, doch nichts erzeugen können als ihres Gleichen, d. h. Zellen, aber keineswegs Keim za einem ganzen Organismus werden können, wie die Hornzellen zwar neben sich durch Aneignung der Materie neue Hornzellen, die Rnorpelzellen neue Knorpelzellcn in sich bilden, aber keine Embryonen oder Knospen werden können, und wie liommt es, dass es auch bei den Hydren Tbeile des Körpers, wie die Arme giebt, aus denen abgesebnitten keine neuen Polypen 'Verden können? Dieses kann davon abbängen, dass diese Zellen, "'ennfleicli die Kraft zur Bildung des Ganzen enthaltend, dock diircir eine specielle Metamorphose ihrer Substanz in Horn und dcrgl. eine solche Hemmung erfahren haben, dass sie sowohl ])ald 'We Keimkraft am Stammorganismus verlieren und todt geworden ®'cb absebuppen, als auch vom Stamm des Ganzen getrennt nicht "'ieder Ganzes werden können. Diese Scblussfolgen kann jeder denkende Forscher aus den vorliegenden Thatsacbeii ziehen, aber He müssen nicht notbwendig gezogen werden. Es scheint aber, dass bei dieser Ansicht den Zellen eine zu Svosse Wichtigkeit beigelegt wird» Die Schwierigkeiten der Dnrcb- Hilirnng dieser Theorie bei den höheren Thicren sind so gross, dass sie als allgemeine Theorie unwahrscheinlich wird, während ihre Wahrheit lür die niederen organischen Wesen unhestreitbar ist. II. Schlussfolge. Die Kraft zur Erzeugung des ganzen Orga- nismus ist nicht allen, während des Wachsthums entstehenden ^fUen und den daraus gebildeten Gewehetheilchen eigen, vielmehr ^'rd diese Kraft, die anfangs entweder einer oder wenigen Zellen, "ämlich dem Keime einwohnt, hernach durch Wachsthum zwar ^n'mehrt, aber es entstehen viele Zellen, w'clche in sich mir die Hrjift zur Bildung ihres Gleichen und nicht des Ganzen enthalten, ^''ie Hornzellen, Knorpelzellen, Muskelfasern u. s. w. Alle diese ^^üller’s rhjviolo^ic. Ud. III. dO fil6 VII.Burh. V. d. Zevgitng. I. Ahschn. Gldchari. Fortpflamung- etnseitlg ausgcbildetfcn uiul selbst chemisch verschiedenen Zelle” sind znsaramengedaclit , die ganze Organisation explicite, wel' ches in der Keimzelle oder in den Keimzellen der Knospe ii”' plicite oder potentia war. Das Wachsen besteht daher xuf” Theil in einer Umwandlung des potentiellen Ganzen der einen Zelle, in ein ex])licirtes Ganzes mit vielen durch ihre Structnr und chemische Beschaflenheit speciell delegirtcn Zellen. Tnsoter” alle diese speciell delegirlen Zellen wieder am Stamme ih”^’' Gleichen in sich oder ansser sich durch Verwandlung der M”' lerie erzeugen, mul also ihres Gleichen immer häufen, ist atic” der erwachsene Organismus ein explicirtes Ganzes mit einen' Multipluin seiner einfachsten Thcilclien. Denn der Erwachsen« liat ein IVlnItipliim der Rnorpelzellen des Emlmyo, ein Multipln”' seiner Muskelfasern u. s. w. Gleichwohl darf der Erwaclisene nicht bloss als ein explicii'' les Ganzes betrachtet werden , sondern er ist ausserdem , dass dieses durch die meisten Theile des Körpers ist, noch viel mehf- Die Kraft, das Ganze implicite zu seyn, ist auch noch in ihm ni'd die in ihm vorhandene Kraft zur Knosjienzeugung und Zeugunj! ist keine blosse Folge der Wechselwirkung der speciellen orgai'i' sirten Theilchen, sondern die Kraft zur Erzeugung des Ganze” durchdringt immer noch den ganzen Organismus, wie sich leicld erweisen lasst. Denn ahgeschen davon, dass ein Kopf der Hydra, dem de'' Leih ahgeschnitten ist, seinen Leih formirt, so ist auch ein Mensch) der die Beine verloren hat, noch fähig eine vollständige Frucht zu erzeugen, sei es Vater oder Mutter, wer den Verlust erlit' teil hat. Und man würde gewiss noch viele Theile abschneide” und gleichwohl würde noch der Stamm das Ganze erzeugen können- 'Ferner sieht man ans der Zeugung durch Theilung vollendete* Orgffnisation, geschehe die Theilung von selbst oder künstlich- dass es eine Stufe der Organisation gieht, wo die Kraft zur E”' haltung eines Ganzen nicht bloss in der Wechselwirkung all«” vielfach vorhandenen, constituirenden Theilchen (Zellen) besteht) sondern dass noch Theilung dieser Summe stattlindet. Ferner vverden hei allen organischen Wesen vom ersten Ei't' wickeln an, nicht bloss Zellen erzeugt, die zusammen das Ganz« it diesem Wachsthui”» eil Theilchen fort fort vermehrt, werden von allen organischen Wesen auch Zelle” oder Haufen von Zellen gebildet, die das Ganze potentia sind) d. h. die Kraft zur Erzeugung aller zu hesondern Zwecken ver- vvandter und organisirter Zellen enthalten. Das Miiltipliciren alle” wachsenden organischen Wesen ist daher ein doppeltes Wachse” der vorhandenen vollendeten Form durch Miiltipliciren der si« constituirenden Theilchen, und Multipliciren der Form der Specie* in unentwickelter Gestalt, alles Verschiedene ungetrennt enthalten”) und diess ist entweder die keimfähige Knospe oder auch Keime, di” erst die Befrnchtung erfahren müssen. Die keimfähige, der Befruch- tung zur Entwicklung nicht höthig habende Substanz, welche i”* einfachsten Zustande eine einzige Zelle ist, wird entweder in alle” explicite sind, sondern gleichzeitig m wobei sich die Summe der constituireud 11. Abschn. GeschlechUiche Fortpßanzung. 617 oder den meisten Theilcn eines organisclien Körpers gebildet und So bilden sich an den meisten Tlieilen der Hydren und der Pflan- zen Knospen, bei letzteren nacbweisslich ans dem die ganze Pflanze ’ltircbziebenden Markkörper. Oder diese keimfähige Substanz bil- det sich nur in einem besondern Organ des Ganzen, namentlich •n Form der Eikeime, irn Eierslock wie, der Samen im Hoden, ^dr haben schon gesehen, dass alles Wachsen auf der Bildung ®ines virtuellen MuUiplums beruht. Jetzt erkennen wir, dass diese Multiplication von Anfang in doppelter Weise vor sich gebt, in der Form der Multiplication der das Ganze als Mechanismus zu- sammensetzenden Zellen, und in der Bildung der Multipla mit Unentwickelter Form als Urzellen. Beides geht von Anfang an gleichen Schritt, und schon beim Wachsthum eines Triebes der Pflanze werden die Keime . zu den nächsten Knospen erzeugt. Schon beim Kinde finden sich die Keime zu den neuen Genera- flonen im Eierstocke vor. IJ. Abschnitt. Von der gesclilechtlichen Fort- P' (flanzxing. /. Capitel. Von den Geschlechtern. Die E;eschlecbt!iche Fortpflanzung bat diess zu ihrem Wesen, dass die bei derselben verwandten Keime zwar die Eigenschaften der Gattung, Art und selbst des Individuums fortpflanzen, dass die Organisation des Reimes aber nicht ohne die Einwirkung ®inpr, dem Keim verwandten, aber doch vom Keim verschiede- "cn Materie, des Samens, vollbracht werden kann. Der Samen pflanzt zwar auch die Eigenschaften der Gattung, Specics und Selbst des Individuums fort, aber nur durch Einwirkung auf das P-i» welches selbst also zunächst der Schauplatz aller auf die Ent- stehung eines neuen Individuums bezüglichen Veränderungen wird. Samen und Eier werden entweder in verschiedenen Indivi- fluen erzeugt, und die Befruchtung geschieht, indem sich beide Geschlechter vermischen, oder auch indem ausser dem Organis- ’‘i«s der Samen des einen künstlich mit den isolirten Eikeimen ^es andern in Verbindung gebracht wird. Oder beiderlei, Samen ’zz'd Eikeim werden in einem und demselben Individuum in ver- ^hiedenen Organen gebildet. Alle sogenannten hermaphroditischen Pflanzen und Thiere bilden Samen und Eier zugleich. Der Dua- Jisrnus der Geschlechter ist also nicht nothwend'ig Dualispius der Individuen. Vielmehr kann die geschlechtliche Zeugung so gut, ''.'n die Knospenhildung und Theilung, von einem einzigen Indi- ''•duiim Geschehen. 40* 618 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Ahsclm. Geschlechtl. Fortpßam- Bloss weibliche Thiere sind früher oft angenommen worden, und man hat dahin früher tiHe niederen Thiere, z. B. die Po JP ’ Acalephen, Echinodermen gezählt, weil man hei allen Indiyii i Eier sah, aber die männlichen Organe, die^ sich nur schwienS an den Samenthierchen erkennen lassen, nicht kannte. Da ni aber schon hei den Echinodermen deutliche doppelte- Geschlec i ' apparate kennt, da die männlichen Organe hei den Polypen u Medusen, Räderthieren, Infusorien erwiesen sind, so ist die nähme bloss weiblicher Thiere -völlig unzulässig. Ohnehin wu ein Ei, das zu seiner Entwickelung keiner l^efruchtiing duic männlichen Samen bedarf, kein Ei, sondern eine ablallende, Rno P seyn; ein Individuum, welches solche keime producirte, wu.d^ ke'in weibliches Thier genannt werden können.^ Thiere, welc Knospen bilden, giebt es genug aber die thier.schen Knospe^ fallen nicht als Knospen ab, sondern entwickeln sich am btaro selbst. Die Thiere, welche bloss durch Knospen zeugen, sio die Coenurus und Echinococcus, hingegen erzeugen die Polype sowohl Knospen als Eier. Bei den Hydren kommen die Eier aiic an der Oberfläche ihres walzenförmigen Körpers zum \orscheiO, weil der Eierstock diese Lage hat. Die Eier werden ^on hie aus ausgeschieden, auch sie unterscheiden sich von den Knospen durch ihre harte, hornige Schale. -i r i re- Bei den Pflanzen sind die männlichen und weiblichen Ge schlechtsorgane bald in denselben Blüthen vereinigt, bald m ver schiedenen Blüthen auf demselben Stamme (Monoecisten) ausge bildet, bald endlich sind die Geschlechter völlig getrennt, una verschiedene Individuen einer Species tragen entweder männliche oder weibliche Blüthen (Dioecisten). Der letztere Fall, der he den Thieren sehr Ivänfig, und bei den Insecten, Spuren, Cirus ceen und Wirhelthieren allgemein ist, ist bei den Pflanzen seltnere. Bel Pflanzen von getrennten Geschlechtern konmit e oft vor, dass sich bei vorwalteiidem einen Geschlecht auch ein- zelne Blüthen des andern Geschlechts ei-zeugen, wie bei MercU- rialis annua, Spinacia oleracea u. a. Die hermaphroditischen Thiere befruchten sich entweder ge genseitig, oder sie befruchten sich selbst. , • i a. Im erstem Fall befruchten sie sich entweder zu gleiche! Zeit, wie viele hermaphroditische Mollusken und Würmer, indeh die männlichen Organe des einen die weiblichen des andern, un die männlichen des letztem die weiblichen des erstem befruchte Oder die Befruchtung geschieht bei einer Begattung nui einroa ' indem die Organe nicht so gelegen sind, dass eine beiderseiti„ Befruchtung zugleich geschehen kann, wie nach Henle s Beobacn tnngen bei Hellno, wo das eine Individuum die Rntne m das ai dere einführt, während das letztere seine Ruthe ohne EinfuhraoS ansgestreckt hat. Im letztem Fall kann jedoch zuweilen diegleici- zeitiee Befruchtung mehrerer Individuen durch eine Begat uOo mehrerer in Reihen a, h, c, d, e ausgelührt werden, so dass von h befrachtet wird, h von c, c von d, d von c, und aUo ü äussersten Glieder nicht befruchtet werden, wie l>ei den Lymnae > die ia Reihen schwimmend in der Begattung angetroifen werden- Von den Geschlechtern. 619 b. Bei den hermaphrodltischen Thieren, die sieb selbst be- fi'ucbten können, gesebiebt cliess entweder, indem dem Samen nn Innern des Tbieres ein Weg zu den Eiern gestattet ist, wie bei den Räderthieren (Ehm^berg) und Disto.nen die beiderlei Gescbleclitsorgane mehrfach und vielfech «« e*"® “ gealiederten Tliiere Vorkommen, so kann ein Tlieil des Korpeis sich willkürlich gegen den andern umwenden, und sich als mann lieber "eeen einen andern als weiblichen verhalten. Die Band- würmer fmd et man nicht selten in Begattang zwischen zwei ver- Serenen ^ U..S ae,, F.a .c„„. ei». Lei R.- »oeLi, als SCHTJLTZE ihn vorzeigte. »«ehe Rudoepiii in ää Acad. d. Wissensch. zu Berlin aus d. .Jahre 1825. p. 4d. Die Vertheilung der Geschlechter unter den rhieren ist zwar S'on der Natur so angeordnet, dass die Articnlata und Vertebra.a Iscine Spur von natürlichem Hermaphroditismus zeigen, bei den dlu-it^en Thieren hingegen hat die Natur so wenig durchgreifende lJnte”rschiedc befolgt, dass in einer und derselben Gasse nicht Selten hermaphroditische Ordnungen und Ordnungen mit getrenn- u, LsoLJhlcrn. i» in «inet und derselben Orannng F.nrd.en ^er einen und andern Art nebeneinander Vorkommen. I^e iXsorien, Rdderthiere jeheinen durchgäi^is b7 vieir de" ers^r^ sind vmi EuRENBERrdie männlichen und weiblichen Geschlecbts- '^i-gane nachgewiesen. Die Polypen sind ebenlalls grosstentheils Hc^maphrodltisch. Jedoch finden sich bei den Campanularien •'«ch Eureiv-berg’s und Lowe«’s Beobachtungen maiinhche und leibliche Polypen. Viele Polypen des Stockes nämlich zeigen *^' vergl. Siebold in Muell- ren der kleinen Beutel an den Fangarmen und enthalten niemals Eier. Die Hoden der männlichen Medusen enthalten Samenthier- chen. Siebold in Froriep’s Nut. 1081. Archiv. 1837. 438. Unter den Eingeweidewürmern giebt es Geschlechtslose, Her- maphroditen und getrennte Geschlechter. Unter den Taenioidea cystica pflariEen sich die Coenurus und Echinococcus, wie es scheint) nur durch Knospenbildung fort. Die Taenioidea cestoidea sine bermaphroditisch und belruchten sich theils durch Selbstbegattnng thcils durch gegenseitige Begattung. Bei diesen Thieren wieder- holen sich die Geschlechtsorgane und Geschlechtsöflhungen 'e allen reifen Gliedern, die befruchteten Eierstöcke fallen theils aU* den Gliedern aus, thcils werden sie mit den Gliedern abgestosseo- Die Eier treten also nicht durch die GeschlechtsöOnung aus, durch welche sic befi’uchtet werden. Die Geschlechtsöß'nungen sind nad* Mehlis {Isis 4831. 69) in den verschiedenen Gattungen sehr ver- schieden verlheilt. Bei den Bothriocephalen liegen beide hinter- einander in der Milte auf der einen Hachen Seite oder der Bauch- seite der Glieder. Bei der Gattung Taenia liegen beide Oeß'nungcU im Grunde einer naplTörniigen Grube am Bande der Glieder. der Gattung Triaenophorus befindet sich die männliche OelfnucS am Rande, die weibliche in der Mitte der Glieder. Die Saug' Würmer Trematoda sind last durchgängig bermaphroditisch. E'- nige darunter hat man geschlechtslose genannt, vielleicht mit Uö- rccht, indem die Erscheinungen ihrer Generation auf getrenid® Geschlechter deuten. Dahin gehören die sich in individuell beweg' liehen sogenannten Keimslöcken erzeugenden Cercarien. Kciiä' Stöcke hat man gewisse Schläuche genannt, welche frei im Innei’ä von Schnecken Vorkommen und welche meistens, aber nicht ii^' mer thierische Bewegung äussern. Diese Körper, Bojanus sogC' nannte gelbe Würmer, sind durch die Untersuchungen von NitzscB) Bojanus, v, Baeb, v. Sikhold berühmt geworden. Siehe v. BaE" Nov, acl. nat. cur. T. \lll.' 2. v. Siecold in Burdacu’s Pbysiulog^^ 2. Band. 2. Auß. Sie sind olfenbar organlsirt, bei einigen ist C'* Darm in Form eines Blindsacks erkannt. Die Schläuche sin^ verschieden nach den Arten der Cercarien, die sie beherberge“' Die Cercarien selbst liegen in verschiedenen Gi'adcn derEntwick' lung in den .Schläuchen zwischen Haut und Darm und bewegE“ sich. Nach dem Austreten aus den Schläuchen werfen sie ih*'® Schwänze ab, und verpuppen sich, ohne dass man weiss, was f““' ner aus ihnen wird. Die Beobachtung von Siebold, dass zuweil““ in den Keimschläuchen Cercarien neben jungen Keimschläuchß“ derselben Art Vorkommen, lässt auch vermuthen, dass die Form““ der Keimschläuche und der Cercarien za derselben Thierspeci“* gehören, dass die Keimschläuche fi'uctificircnde Individuen, fi“' Cercarien ciilvveder männliche oder geschlechtslose Indiviiluen sinU; Man weiss, wie sehr die Form der Weibchen zuweilen auch h“* anderen Thieien von der Form der Species abirrt,' z. B. bei d““ Lernaeen; und bei den Polypen wandeln sich, wie wir scho“ gesehen, zuweilen ganze Individuen in Keimstöcke um. Völl't! räthselhaft dagegen sind die von Carus {Nov. act. nat. cur. 17, l"' Von den Geschlechtern. 621 ^‘eschrieheiieu verzweigten und angewachseneii Rennscldäuche, '''orin Dislornen eiitlialtcn sind, und die von SiiiuoLU beobachtete ^liatsMclie, dass in den Embryonen des Monoslomum mutabile «i'i dassellm ganz aust'uliender Parasit von der Fonii der gelben •*ojAsus’schen Würmer liegt (ob Metamorphose innerhalb des Etubryolebens ^). Wiegm. Arch. 1. 45. • i n ivr Eingeweidewürmer von getrenntem Geschlecht sind alle INe- Hatoidea’ Rudolphi, wie die Ascaris, Strongylus, Oxyuris, Spirop- Wra, Trichocephalus, Filaria u. a. und die Acanthocephala oder Echinorhvncben. • i i -i • i i i Die Würmer, ausser den Entozoen, sind theils in Geschlech- ter getrennt wie’ die Gordius und diese schliessen sich in jener Hinsicht den Entozoa nematoidea an. Die Planarien und ver- wandten sind hingegen hermaphroditisch und ebenso alle llingel- Würmer. _ . ' i Unter den Mollusken giebt es eine ganze Ordnung mit ge- trennten Geschlechtern, die Cephalopoden. Unter den Gastero- l'oden und Acephalen hingegen giebt es sowohl hermapbroditische tiattuugen, als Gattungen mit getrennten Geschlechtern. Herma- phroditisch sind die meisten Gattungen der Schnecken , in Ge- schlechter getrennt dagegen die Pectinibraachien, wie die ri- toiiiuni, Murex, Paludina u. a. , r Bei den zweischaligen Muscheln erkannte bereits Leeuweshoek den Geschlechtsunterschied an der Existenz der Eier- und Samen- thierchen in verschiedenen Individuen und diese ange verkannte tiildeckung ist kürzlich von Siebold auf das vollkommenste be- stati-t worden. Eierstock und Hoden sehen sich äusserheh sehr ?hnhch und liegen an den Seiten des Fusses, wo dieser vorhanden 'H. Bei mikroskopischer Unlersuchiing erkennt man aber in den Weiblichen Individuen hier als Inhalt nur Eier mit den wesentli- chen Theilen des Eies, nämlich Reimbläscben und Reimfleck, bei den inännlicheu Individuen nur Samentiperchen. Siehe v. Siebolo *0 Muell. Archio. 1837. 381. Hierher gehören nach y. Siebold’s Untersuchungen Anodonta, Unio, Mylilus, Tichogonia Tellina, ^ai'dium, Mya, nach meiner Beobachtung auch die Pholailen. Hass cs aber auch Muscheln mit vereinten Geschlechtern giebt, hebt aus B. Wagneb’s Beobachtungen hervor, welcher bei Eyclas allen Individuen Eier und Samenlhicrchen Vorland. Die liisecten, Spinnen, Cruslacecn und alle Wirbelthiere sind ‘'»mer in Geschlechter getrennt, und die Annahme hennaphrodi- hselier oder bloss weiblicher Gattungen unter denselben beruht groben Täuschungen bei äusserer allgemeiner Aehnlichkeit der Geschlechtsorgane, wie bei mehreren Fischen, oder bei ver- •'dltnissmässiger Seltenheit des einen Geschlechtes, z. B. der Männ- chen (Aipns). , , , . , i Die Individuen bei getrennten Geschlechtern sind entweder ^häniicben oder Weibchen oder Geschlechtslose, richtiger un- '‘'ächtbare oder wenigstens in der Entwickelung gehemmte Weib- Letztere Form kömmt bei einigen Gattungen der Insecten, Y'® bei den Bombus, Apis, Forrnica vor. Dergleichen Indivi- '^Wen, die man bei den Bienen unter dem Namen der Arbeits- 622 VII. Buch. V. (1, Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Forlpßn^'^' bienen untersebeidet, enthalten tinvollkommcne Eierstöcke. Bei den Ameisen sind die «esclileclitsloseu flügellos und durch ihren Instinct auf Hulli und Nahrung der Larven angewiesen. pi® unvollkommenen Weibchen oder Arbeitsbienen der Bombus sino selbst der Befruchtung fähig, wenigstens begatten sich nach Hü" BER einige derselben, die im Frühjahr nusgekrochen, im Juni W*' den Männchen derselben Generation, diese produciren nur Männ- chen. Diese letzteren Männchen sind bestimmt die eigentlichen oder vollkommenen Weibchen zu befruchten, und diese Brut isl die Grundlage einer neuen Colonic. Bei den Bienen, Apis mellilic^? sind die Arbeitsbienen kleiner, gleichen aber in vielen l^uncten den wahren Weibchen. Diese Arbeitsbienen sind unfruchtbar) aber sie können fruchtbar seyn, wenn die Individuen, aus welche» Arbeitsbienen werden würden, noch als Larven und in den erste» Tagen nach der Geburt eine besondere Nahrung, nämlich di» Nahrung der Bienenkönigin erlialten. Werden sie dann zugleich in eine grössere Zelle gelegt, so erhalten sie alle Eigenschafte» der Bienenkönigin. Wenn sie aber nach einer Nahrung, wie sie für die Bienenkönigin bestimmt ist, in einer engem Zelle logii'l werden, so bringen sie nur Männchen hervor, und unterscheide» sich von den vollkommenen Weibchen auch durch ihre Kleinheit- Die Arbeitsbienen sind also Weibchen, deren Ovarien wegen dd' im Larvenzustande eingenommenen Nahrung unentwickelt gebl'»' beii sind, womit eine eigene Richtung des Instinctes verbünde» ist. Ein Bienenstaat enthält gegen 15 — 20,060 Arbeitsbiene») 6 — 800 Männchen und ein einziges vollkommenes VVeibche») Latkeilt.e in Cuvier regne animal. T. V.p.'dSi. Lieber die Ova- rien der Arbeitsbienen siehe Ratzedubg in ylc/. naf. cur.~S.VI. p. Geliemmte Entwickelungen des männliehen und weibliche» Geschlechtes, ohne Uebergang in eine Doppeltheit des Geschlecht» oder in eine wahre Confusion der Geschlechter, kommen auch bd den höheren Thieren und beim Menschen pathologisch vor, u»» müssen von der pathologischen Vermischung der Geschlechtscha- ractere oder dem pathologischen Hermaphroditismus wohl unter- schieden werden. Ein flypospadiacus mit Hoden und noch muh»' der Castrat sind gehemmte Männer. Die getrennten Geschlechter sind von der Natur in jede^ Art meist mit eigenen Formen, oft auch mit eigenen Farben u»» selbst in der Grösse ausgezeichnet, bald ist das Weibchen grosse^ und selbst zuweilen gegen das Rlännchen enorm gross, wie b»' den Lernaeen, wo das winzige Männchen für ’s ganze Leben a" der Geschlechtsöffnung der Weibchen sitzen bleibt (Nordm-aS** microgr. Beitr.), bald wieder ist das Männchen an Grösse, Stärk» und Zeichnung ausgezeichnet, wie bei vielen Vögeln. Sieh*' über die hierher gehörigen Unterschiede Rudolpui in BeilruS^ zur Anlhropalogie. Am wichtigsten sind die Unterschiede beld»^ Geschlechter in Beziehung auf die inneren Instincte, welche sie» mehr gleich bleiben, als die Formversehiedenheiten. Dem Weih' chen ist die liuth der Brut anvertraut, und zu die.scm ZvvßC entstehen in seinem Sensoriiun instinctrnässige Träume. Soba‘ ^ das Ei gelegt und gesehen ist, so ist die Empfindung lür dassclh» Von den Geschlechtern. 623 ■von Seiten des weiblichen Vogels da und er verlässt es nur auf kurze Zeit. Ebenso ist es mit den mütterlichen Empfindungen der Säugethiere nach der Geburt. Das Geborene gehört zu ihrem eigenen Selbst, und sie schützen und vertheidigen es. Die Sorge für das Junge gehört meist dem Weibchen allein oder vorzugs- weise an, und es ist eine seltene Ausnahme, wenn das Männchen des Alytcs obstctricans die Eier an seinen Füssen trägt, ln Hin- sicht einer ausführlichen Schilderung der Geschlechter muss ich auf Bukdacu’s Physiologie Bd. 1. verweisen. Der Mann von grösseren Verhältnissen und festerem Bau, schärferen Umrissen, umfangsreicheien Athem- und Stimmwerk- zeugen ist weniger empfindlich gegen äussere Eindrücke und in jeder Hinsicht körperlich, wie moralisch kräftiger, weniger der Lust und Unlust nachgiebig, in thätigen Strebungen und Begier- den heftiger und ausdauernder, muthiger, auch eigensüchtiger, ehr- und ruhmsüchtiger, zu allen geistigen Tliätigkciten fähiger Und geistig productiver als das Weib, im Handeln überlegter, planmässiger, verschwiegener, widerstrebender, trotziger, gerader, grossmüthiger. Das Feld seiner Thätigkeit ist der Verkehr der meiiscli liehen Kräfte, der Staat. Das zarter gehante W^eib ist körperlich und geistig schwä- cher, reizbarer und empfindlicher, furchtsaraer, nachgiebiger, aber- gläubischer, gefallsüchtiger, von Gefühlen der Lu.st und Unlust mehr und weniger von Strebungen bewegt, von feinerem Gelühl für das Schickliche, phanlasiereich, aber ohne die schöpferische Kraft und die Verstandesschärfe des Mannes; hingegen körperlich reprodiicLiver; die Freundschaft gegen das eigene Geschlecht ist selten desto inni'’er die Liehe zu dem Manne und den Kindern, in welche alles geistige Leben aufgehen kann. Es ist reicher an Sittsamkeit, Demuth, Geduld, Gntmüthigkeit, Fähigkeit zur Auf- opferung für Andere, milder, tljeilnehmender Lebenssthnmung und Frömmigkeit. Das Feld seiner Thätigkeit ist das Haus und die Familie. Vergl. Rudolphi Fliysiol. I. 259. Wir haben schon gesehen, wie sich die männliche und weib- liche Keimsubstanz, Samen und Ei von dem Knospenkeime un- terscheiden. Die ersteren enthalten, wie die Knospe, die Potenz Zui' Wiedei'erzeugting der ähnlichen Form, der Samen sogar der individuellen Eigenthüralich Leiten dessen, von dem er kommt, das Ei der individuellen Eigenthümlichkeiten der Mutter, aber in bei- den ist eine Hemmung, welche im Knospenkeime fehlt, und beide Werden nur durch das' Entgegengesetzte vollständig und durch ihre Vereinigung entsteht das, 'was zur Erzeugung der speciellen Orga- nisation geschickt ist. In den hermaphrdditischen Thieren entsteht die doppelte, einseitig gehemmte Substanz zu gleicher Zeit, in den Thieren mit getrennten Geschlechtern jede nur in einem, und diese Geschlechter sind selbst, indem sie alle Eigenschaften der Speeles besitzen, doch in Beziehung der Entwickelung der m der Species liegenden Kräfte so |gehemmt und einseitig formirt, dass sie einander suchen, gleichsam um sich durch das Andere zu vervollständigen. Eine Thatsachc, welche in der Rede des Arztes im Gustmahl des Platoä durch die Mythe von den zwei, 6‘24 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlecht l. Fortpflans- in der Mitte ejetrennten Hiiltten des Menschen bildlich und my- thisch hingestellt wird. II, Capitel. Von den Geschlechtsorganen. Die Geschlechtsorgane bestehen in beiden Geschlechtern aus einem Bildungsorgane, Hoden oder Eierstock, und einem ausluh- renden Organ, Eileiter, Samenleiter. Das leitende weibliche Ge- schlechtsorgan nmgiebt meist das aus dem Eierstock, komraendc Ei noch mit eigenen Secreta, die entweder bloss aus Nahrungs- stolF bestehen oder selbst auch noch die Schale forrniren. Es dient bei vielen Thieren auch zum Aufenthalt des sich entwik- kelnden Eies, und der dazu dienende Theil des Eileiters wird dann Uterus genannt. Einen Uterus in diesem Sinn haben die lebendig gebärenden unter den Fischen, Amphibien, die Säuge- thiere und der Mensch. Mit dem männlichen leitenden Geschlechts- organ sind in vielen Fällen auch noch Secretionsorgane verbunden, welche ihr Sccretum dem aus dem Bildungsorgan kommenden Sa- men heimischen. Bei den Thieren, bei weltbeu eine eigentliche Begattung mit Befruchtung im Innern stattlindet, sind dem Ende des leitenden Geschlechtstheils noch die Begattungsorgane beige- geben. Die wesentlichsten und durchaus allgemeinen Geschlechts- organe sind aber nur das Bildungsorgan und der Leituugsapparat. Für das Verhältniss beider zu einander giebt es für jedes der beiden Geschlechter zwei verschiedene, auf einander nicht zu re- ducirende Formen. Entweder nämlich ist der ausführende Gc- schlechtstheil ein wahrer Ausführungsgang aus den inneren Höh- lungen des Bildungsorganes, und seine Wände hängen continuo mit den Wän Nach der Umkehrung ist daher jede dieser Ruthen am freien Ende gahelig. Bei den Eidechsen und Schlangen wird die Ruthe nach der Ausstülpung dnrch Muskeln zurückgezogen und einge- stülpt, welche sich am blinden Ende des Schlauches befestigen. 3. Die Enten, Gänse und die dreizehigen Strausse (Rhea, Casuarius, Dromaius) halien eine Comhination des ersten und zweiten Typus; sie haben einen festen, an der Bauchseite der Scham befestigten Theil der Ruthe aus fibrösen Körpern mit einer Rinne und einen ausstülpharen hlinddarraartigen Theil der Ruthe, von demselben Bau, wie hei den Schlangen und Eidech- sen. Aber der letztere Theil ist nicht doppelt, und liegt in der Ruhe, wie ein Darmstück gewunden, neben der Cloake. Das offene Ende dieses Schlauches mündet am Ende des festen Theils der Ruthe und stülpt sich bei der Begattung um und hervor, so dass die Ruthe dann um das doppelte der Länge des festen Theils ■vergrössert wird. Da die im Innern des Schlauches an dessen Wand angebrachte Rinde hei der Ausstülpung aussen liegt, so bildet sie eine Fortsetzung der Rinne des festen Theils der Ruthe. Der schlauchförmige Theil der Ruthe wird nach der Begattung durch ein elastisches Band zurückgezogen und eingestülpt. Siehe J. Müeller Abhandlungen der Acadeinic der IV issenschaften zu Berlin. 18.36. Die weiblichen Enten, Gänse und dreizehigen Strausse haben einen ähnlichen, aber sehr viel kleinern Körper, die Clitoris, der nach demselben Princip gebaut ist. Die Clitoris der Säugelhiere ist nach dem Princip der Ruthe des männlichen Säugethieremhryo oder vielmehr beide nach demselben Princip gebildet. Die grosse Clitoris und der Penis mit noch gespaltenem Corpus cavernosum nrethrae sehen sich anfangs ganz gleich. Beide haben Museuh ischio-cavernosi und constrictores pudendi, nach dem Schliessen der fötalen Dammöffnung der Männchen wird der Constrictor cunni zum Musculus bulbocavernosus. Bei den Weibchen verkürzt sich die Clitoris, ‘die Lippen der Clitorisfurche werden kleine Scham- lippen. So lange die Dammöffnung der Männchen sich noch nicht geschossen hat, gleichen auch die Hodensackfalten den grossen Schamlippen, sie sind leere Falten, während die Hoden sich noch in der Bauchhöhle befinden. Die Hoden bleiben bei mehreren Sängethieren, Cetaceen, Schnabelthier, Elephant, Hyrax für immer in der Bauchhöhle, bei den meisten Säugethieren gelangen sie? wie beim Menschen, vor dem Ende des Embryolehens in eine Aussackung der Bauchhöhle bis in den Hodensack, und hernach schniirt sich dieser Fortsatz der Bauchhöhle von der eigentlichen Vom unhefruchteien El, 629 Baucliliölile al). Bei mehreren Si'mgethleren , wie den Ratten, Hamster u. a. bieiht die Commiinication, und die Hoden können lu verschiedener Zeit, je nach der Wirkung der Muskeln in der eigentlichen Bauchhölile oder ausser dersellien liegen. Bei den Stenops unter den Affen ist die Clitoris von der Harnröhre durchbohrt, während der Scheideneingang wie ge- wöhnlich hinter der Clitoris liegt. in, CapUel, Vom unbefruchteten Ei. Die Lehre vom unbefruchteten Ei ist durch die erfolgreichen Entersuchtingen von Purkinje, v. Baer, R. Wagner, Goste, Va- lentin u. A. ein ei’st vollständig gegründeter Theil der Wissen- schaft geworden, der bereits so reich an allgemeinen Resultaten ist, daLs die grosse Zahl des beobachteten sich einfachen allge- meinen Gesetzen unterordnet, und wie in allen vollkommneren Theilen der Wissenschaft zürn Einfachsten zurückführt. Die wich- tigsten Schriften sind: Purkinje Symbolae ad orl ai’ium historiam ante incubaitonem, Lips, 18.30. und im eneydop, Wörterh, der medic, Wissensdi, Ar- tikel Ei, V. Baer de od niatnmaliutn et hominis genesi, Eips, 182/. CosTE redierdies sur la gtineeation des - mammif eres, Paris 18.34. Bernhardt (et Valentin) symbolae ad ooi mammalium historiam ante impraegnationem, Vratisl, 1834. Valentin Entwiekelungsge- «chichte, Berlin 1835. R. Wagner, Muell. Arch. 1835. 373. Der- selbe prodromus historiae generationis hominis aique mammalium, Ups. 1836. Derselbe in den Abhandl. der K. Baiers. Academie. 2. 1837. Derselbe Lehrbuch der Physiologie. Jconcs physiologirae. Beipz. 1839. Krause in Muell. Archio. 1837. 26. Carus ebe'nd. 1837. 442. W. Jones London med. Gaz. 1838. 680. Schavann a. a. O. Barry phil. Transact. 1838. Edinb. phil. journ. 1839.*). Die Eier erzeugen sich bei vielen wirbellosen 1 liieren in Blinddarmartigen Röhren, ohne allseitig von orgai'isirten Theilen *soIirt zu sevn. Bei vielen Wirbellosen und allen Wirbellhieren Bilden sie sich innerhalb der von Blutgefässen umgebenen Zellen ^Es Eierstocks, welche durch eine bald zartere, bald derbe fase- Hge Grundlage, Stroma verbunden sind. Wenn die Eier in iso- Brten Aushöhlungen des Eierstocks liegen, so nennt man die aus der Verdichtung des Stroma bestehende Zelle des Eierstocks ^»psel, Theca. Man unterscheidet in Bezug auf Ei des Eierstocks der Wirbellosen, der Fische, Amphibien und Vögel folgende, schon den kleinsten Eiern erkennbare, wesentliche Bestaudtheile: 1. Die Eicapsel, welche bald von dem Stroma isolirt ist, wie vielen Wirbellosen, und selbst mit dem Ei abgehen kann, *) Unter den .Älteren Ablilldungen von Eiern der Wirbellosen sind dieje- nigen von PoLt, Goeze, Della ChiajE, O. Kr. Wueller zu loben , m Beziehung auf Klsclie Cavolini Erxeugutig d. Fische n. Krebse, Taf. 1. Fig'. i-, und SoNNiNi hist. nat. d. poissons. T.'l. Tab. 3. Fg. 4. Sie enthalten Andeutungen vorn Bau des Eies, sind 'aber den Verfassern selbst ohne Ver.sliindniss geblieben. 630 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Fortpflan^' oder auch inniger mit der vom Stroma gebildeten Capsel, Theca verwachsen ist, wie bei den eicrlegenden Wirhelthieren, diese bildet dann mit der Theca des Eierstocks das, was man Kelch, Calvx nennt. An der vom Eierstock ahgewandten Seite ist der Kelch oft dünner, an der dem Eierstock zugewandteii Seite, we sich der Kelch des reifem Eies durch einen Stiel vom Eierstock erhebt, dicker. Am Eierstock des Vogels zeigt der Kelch an der dünnen Seite einen bogenförmigen weissen Streifen, Stigma, der sich vorn übrigen Kelch durch den Mangel der Blutgefässe auszeichnet. Er zeigt die Stelle an, wo sich der Kelch später öfl'net, um das Ei auszulassen. Für die Recognitlon derEicapsel m verschiedenen Classen ist es zu beachten, dass sie bei den Fischen nach ScnwANjs’s Beobachtungen, an ihrer innern Fläche ein® Schichte von mikroskopischen Epitheliumzellen hat, eine Eigen- schaft, die auch an den Capsela für die Eier der Sängethiere oder den GnAAPSchen Bläschen wiederkehrt. Joses und Bae»^ halten die Eicapsel der Eierleger und den GRAAr’schen Follikel der Sängethiere mit Recht für identisch. 2. Innerhalb der Eicapsel liegt die in der Dotterhaut, Mem- brana vitellina eingeschlossene Dotterkugel. Die Dotterhaut, liegt anfangs der Capsel an, ist aber später öfter hei manchen Thieren von der Capseihaut durch einen ziemlich grossen Zwischenraum getrennt. Die Körnchen der Dottersubstanz sind nach Scbwaws s Untersuchungen Zellen mit feinkörnigem Inhalt und Oeltroplem 3. Das in der Dottersubstanz liegende Keimbläschen, Vcsicuk‘ Pnrkinjii, Vesiculä germinativa. In den kleinsten Eiern ist da-' Keimbläschen im Verhältniss zum Dotter relativ grösser, so dass es vom Dotter enger eingeschlossen wird, ln den älteren Eiero bleibt es hei dem Wachsthum des Dotters an Wachsthum zurück, und .nähert sich der Oberfläche des Dotters. Ovula und Keim- bläschen linden sich oft schon hei den reifen Embryonen. 4. Innerhalb des Keimbläschens liegt ausser einer durchsich- tigen Flüssigkeit der von R. Wagner entdeckte Keimdeck, Macul®* germinativa, IVucleus germinativus. Der Keimfleck besteht auS einem oder mehreren trüben Körperchen, Analogon der Zel- lenkerne? Ueher die Verschiedenheiten der Thierclassen, Ord- nungen, Familien, Gattungen in Hinsicht des Keimfleckes selm man das angeführte classische Werk von R. Wagner. Einfad* ist der Keimfleck beim Menschen, hei den Säugethieren, den Vö- geln, den beschuppten Amphibien und vielen Wirbellosen, nno schon in den jüngsten Eiern erkennbar. Bei den nackten Am- phibien, Knochenfischen und mehreren Wirbellosen kommen meh- rere runde Flecke vor. An reiferen Eiern treten mehrere Gra- nulationen an der innern Wand des Keimbläschens auf, wohe* der grössere Fleck oder die grösseren Flecke undeutlicher wo*"' den, und selbst zuweilen verschwinden. Bei einigen Wirbellosm* scheint der Keimfleck nach derselben Untersuchung noch vou einer Hülle umgeben. An reiferen Eiern der eierlegenden Wirbclthiere liegt da Keimbläschen oberflächlich unter der Dotterhaut in einer schm' benförmigen Körnerschicht, Discus proligerus Bacr eingebettet, *** Vom unhefruchteten Ei. 631 dass diese Schicht auch unter ihm weggeht, dasselbe aber über ' die Oberfläche des Discus herrvorragt. Auch befindet sich in der Mitte der Dottermasse eine mit mehr durchsichtiger Masse gefüllte Höhle welche sich canall'örmig nach der Oberfläche gegen die Stelle, wo das Keimbläschen liegt, fortsetzt. Die Masse in dieser Holde und in dem Canal besteht nach Sciiwasn aus Zellen, die sich von den Dotterzelien durch ihren geringem Durchmesser und dadurch unterscheiden, dass sie einen Kern enthalten. Der Theil des Dotters, wo dieser Canal und das Keimbläschen oder die Keimscheihe liegt» ist leichter als der übrige Theil, und bei den gelegten Eiern, wo das Ei von Eiweis und Schale umgeben worden, dreht sich der Dotter bei verschiedener Lage des Eies von selbst so, dass der Keim immer oben hegt. Man sehe über alle hier abgehandelten Gegenstände die schonen Abbildungen in H. Wagneb’s ico/JM ph^siolog'icae und dessen grösseres Werk. Schon vor der Befruchtung zu der Zeit, wo das unbefruch- tete Ei den Eierstock verlasst, verschwindet das Keimbläschen, wie die Untersuchungen von PuBRitmi und Baer lehren. In Unhefruchteten Eiern des Frosches aus dem Eileiter fand Baer das Keimbläschen nicht mehr. Es scheint sich aufzulosen und seine Substanz mit der körnigen Masse des Discus prol.gerus zu verschmelzen. Diese Keimscheibe, beim Vogelei von ungelabr 1 Linie Durchmesser, findet sich an der Stelle des Keimbläschens unter der Oberfläche der Dotterhaut der abgehenden Eier, mögen »ie befruchtet oder unbefruchtet seyn, und von ihr geht die Bil- dung des Embryo aus. Unter der Kcimscheibe findet sich im Vogelei ein Häufchen Rörnermasse, die man den Kern der Keim- scheibe oder des Hahnentrittes nennt. Er besteht nach Schwans aus' den Zellen der Dotterhöhle; die Keimscheibe besteht aus Zellen mit grobkörnigen Inhalt. Die Eier der eicrlegenden Wirbeltbiere sind, wie sie vom Eierstock ahgehen, nur Dotter mit der Dotterhaut und den darin enthaltenen Theileii. , . . , i Wenn die Eier noch Eiweis und Schale haben, so kommen diese erst nach dem Abgänge vom Eierstock im Eierleiter dazu. Das Ablösen der reifen Eier vom Eierstock erfolgt auch ohne Befruchtung, wie bei den Fröschen und Vögeln. Die Eier der Erösche gehen sogar immer lange vor der Befruchtung vom Eierstock 'iib, werden vom Eileiter anfgenommen, und erst beim Abnarig aus dem Mutterthier von dem Männchen befruchtet. Nach dein Abgan« der Eier vom Eierstock bleibt der offene Kelch zu- rück verkleinert sich aber allmählig und wird in die Masse des Eierstocks auf’en.'mmen. Das in den Eierleiter aufgenommene Ei erhält hier bei vi len Eierlegern eine eiweisartige Schicht durch Secretion des Eierleiters. Bei den Vögeln läuft die dichtere, in- nere, dem Dotter anklebende Lage des Eiweisses in zwei gedrehte Eascikel aus, die nach den Enden des Eies zu sehen, Chalazae, Hagelschnüre, .sie entstehen durch die Drehungen des Eies miEier- ^®iter. Im Eierleiter erhält das Ei auch die Schale durch Abson- deriinn. Zu ihrer Bildung befinden sich am Eierleiter der Rochen ^üllor’s Physiologie, 2rBd. UI. 41 632 VH. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Foripflani' nnd Haifische zwei grosse Drüsen, tli« Schalemlrüsen, Brüste des Die Schale der Vogcleier besteht ans einer Schalenhant in ^ dem darauf ahgesetzten kohlensauren Kalk. Die Schalenhaut steht aus zwei Schichten, welche sich am stumpfen Theil de» Eies heim allmiiligen Verdunsten des Wassers von einander a >- lösen, und hier an nicht ganz frischen Eiern den lullbaltige" Raum des Eies zwischen sich haben. Die Eier der Säugethiere nnd des Menschen, welche von Uterns den zur Entwickelung der Frucht nöthigen NalirungssU» erhalten, zeichnen sich vor den Eiern der Eierleger dadurch aus, dass das Eichen mit einer äusserst geringen Dottermasse abgeli » also ganz ausserordentlich klein ist, so dass es im reifsten Zustand kaum in einer Linie erreicht. Auch hat ihr Verhältniss zun> Eierstock viel Eigcnthiimliches. ins Wegen der ausserordentlichen Kleinheit sind die Ovula d Menschen und der Säugethiere früher übersehen worden. PbE- TOST und Dumivs war es anfgefallcn, dass die kurz nach der B^' fruchtnng bei Thiercn in den Eileitern gefundenen Eichen vie kleiner als die GRAAF’schen Follikeln waren, und sie haben auch i« zwei Fällen das wirkliche Ovulum innerhalb des GuAAF’schen Fol' likels gesehen, aber diesen Gegenstand nicht weiter verfolgt-, V. Baer ist der eigentliche Entdecker des Ovulums bei den Sau- gethieren und dem Menschen. ■ j „ Die Ovula liegen bei den Sängethieren und Menschen in dei GRAAF’schen Bläschen oder Eicapseln des Eierstocks, die diirc > ein derbes Stroma verbunden sind, und wenig daraus hervorra' gen, während sie beim Schnabelthier, wie beim Vogel gptiei sind. Man unterscheidet an diesen Capsein zwei llrmte; die i»' nere Haut ist mit Epithelium bedeckt, wie die Capsulareihau der Eierleger. Das Eichen nimmt nur den kleinsten Theil de» Raums der Capsel ein, die mit einer ei weissartigen , mikroskopi- sche Körnchen enthaltenden Flüssigkeit gefüllt ist. In unreileu Capsein ist das Eichen im Verhältniss zur Capsel grösser, auch lie»t es mehr in der Mitte des Follikels, in reifen Capsein liegt es'liingegen dicht an der innern Haut des Follikels, innerhal einer körnigen Zone wie eingebettet. Nach Barry ist es in beiden Fällen durch eigene granulöse Streifen, Retinacnla, an die Wan« des Follikels festgehalten. Zur Untersuchung gewinnt man da* Ovulum, indem man einen Follikel, gleichviel ob jung oder al > ansticht nnd die Flüssigkeit auf einer Glasplatte auslliessen Man sucht dann das Ovulum in dem ausgebreiteten Tropfen nu der Lonpe auf^ und bringt es, wenn man es gefunden, unter ** Compositum. Zur mikroskopischen Untersuchung der Struclu des Ovulums, als abgerundeten Körpers, ist es unumgänglich noth- wendig, es gelinde durch ein Glasplättchen oder ein Compresso rium zu drücken. , . ^ , , , i^r Das Ovulum besteht aus einer dicken Dotterhaut, welche untt* dem Mikroskop als heller Ring erscheint, welcher Ring a^en un innen von einem dunkeln Rande begrenzt wird. D*®*® von Valektin und Bernhardt Zona pellucida, von R. Wagner Ch 633 Vom unbefruchteten Ei. rion £>enannt. Diejenigen, -welclie sich speclell mit diesem Gegen- stände beschäl'tigt, sind über die Zona nicht ganz einig. Aach Krause besteht diese Zona aus einer, in einem Häutchen einge- schlossenen, eiweissartigen Masse, wahrend Wagiser und Bischoff die Zona als einfache Membran betrachten, da sie auf dem Risse gleichförmig erscheint. Sciiw'ann giebt dies Letztere zu, neigt 'iber, wie Barry, zu Krauses Ansicht. Innerhalb der durchsichtigen Hülle liegt die Doltcrsubslanz des Eichens. Sie besteht aus Körnchen pder Zellchen, auch Fett- tröpfchen. Dieser Inhalt bildet eine Kugel, welche von der in- uern Wand der durchsich Ligen Hülle gewöhnlich nicht absteht. Indess sieht man zuweilen an den reifsten Eiern einen solchen Abstand, der sich durch Einsaugen von Wasser vergrössert. Dem- nach scheint die Dolterkiigel noch von einer eigenen memhran- artigen Schichte von Körnchen eingeschlossen. Nachdem das Keimbläschen in den Eiern der Eierieger all- gemein bekannt war, war es in den Eichen des Menschen und der Säugelhiere bis zum Jahre 1834 noch unbekannt, und man Wusste nicht, ob man das abgehende Ovulum der Säugetbiere nicht dem Keimbläschen der Eierleger zu vergleichen habe. Das Keimbläschen des Eies der Säugetbiere ist von Coste zuerst entdeckt den Forschungen von Valentin und BERNHARnr verdan- ken wir die genauesten Aufschlüsse über dasselbe bei den Säuge- thieren und dem Menschen. Das Keimbläschen ist in pingeren Eiern im Yerhältniss zum Ovulum grösser, als später. Sem Durchmesser beträgt "cgen -po Linie. Schon innerhalb des Ovulums kann man das Keimbliischen sehen, wenn man das Ovulum vorsichtig durch Bruck ahplalLet, hierbei gelingt cs auch zuweilen das Ovulum so zu zerdrücken, dass die Vcsicula germinaliva unversehrt hcrauslritt. Innerhalb des Keimbläschens und zwar an der innern Wand an- sitzend liegt wieder der WAGNEa’sche Kcitnllcck von — j-i-g Linie Durchmesser. Itr ist trüb, der übrige Inhalt des Bläschens aber hell. Der Discus proligerus fehlt, wenigstens in der Form einer Scheibe, dagegen vermuthet R. Wagner, dass die Scheibe hier durdi die den ganzen Dotter umgebende zusammenhängende Körnerschicht ersetzt sei. Auch hei den Säugethieren und dem Menschen linden sich die wesentlichen Theile des Eies nach Carus Untersuchungen schon im Eierstock der reifen Embryonen. In Hinsicht aller dieser Theile muss , ich auf die sehr genauen Ab- hlldunfen in der Abhandlung von Valentin und Bernhardt, so Wie auf R. Wagner’s, Jones, Bahry’s schon angeführte Schriften ''erweisen. IV. Capitel. Vom Samen. Leeuw'enhoek Anatornia seu inieriora rermn. Lugrt. Bai. 1687. ^rcana naiurae. Delphis 1695. Epistolae physiulogir.ae.^ Delphis 1719. Bleichen üher die Samen, und Inf usionst hierchen. Nürnberg 'I”7S. Lrevost und Dumas Ann. d. sc. nat. T. I. II. Czermak. Beiträge Lehre von den Spermatozoen. JVien 1S33. Treviranus in 41* 634 VII.Buch. F. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Fortpflant. Tiedemasn’s Zeitschrift für Physiol. V. 2. v. Siebold in Muell. ArtMu 1836. 232. 1837. 381. R. Wagneb in Abhandl. der Baiers. Actidemie. 2. 1837. Derselbe in Mueller Archiv 1830. 225. Valentin Reperl. 1836. 277. Dujardin Ann. d. sc. nat. VIII. 2.91. 297. Donne rinslilut 1837. 206. Ehrenberg die In- fusionsthierchen p. 464. • • j -p" W’^ie gross die Forlscbritle unserer Kenntnisse über das EJ und die weiblicben Keime in der neuern Zeit geworden, nie mindere bat aueb die feinere Zergliederung der befrucbtendeii Flüssigkeit dureb die erfolgreicbe Tbiitigkeit mehrerer Forscher und licsonders R. Wagner und v. Siebold gemacht. Die weiblichen Eikeiinc bilden sieh sclion in den Embryonen, die befruchtende Flüssigkeit hingegen und ihr wesentlicher Inhal meist erst nur Zeit der Geschlechtsreife. Der Samen der Tbiere ist eine dickliche, fliessende, weisse oder weissgclbe Materie von penetrantem specifischem Geruch, welche an der Luft klarer wird und in Weingeist gerinnt, und deren chemische Eigenschaften für die Kenntniss der Zeugung, •weniger wichtig sind alle ihre Lehenseigenschaften. Siehe Beb- zELius Thierchemie. Er besteht aus drei verschiedenen Elementen, einer Sameiiflüssigkeit, den Samenkörnchen, und bei den meisten Thieren wenigstens, den Samenthierchen, Spermatozoa. Die letz- teren findet man sow'ohl in dem Ductus deferens, als in den Sa- menblasen. Die Reschaffenheit der Samenflüssigkeit, welche sich nicht abseheiden lässt, ist unbekannt. Die Samenkörnchen sind nach R. Wagner runde, feine, graiuilirle Körper von -^ö'o Linie im Durchmesser, sie sind von aligelösten Epitheliumzellen der Samen wege zu unterscheiden. Die Samenthierchen von HaM entdeckt, von Leeuwenhoer zuerst beschrieben sind weder in den verschiedenen Classen, noch in den Familien, Gattungen und Arten gleich. Die merkwürdigsten V^erschiedenheiten derselben haben wir in der neuern Zeit für die Wirbelthiere durch R- Wagner, für dii Wirbellosen durch v. Siedold kennen gelernt- Sic sind nach diesen L'ntersuehungen folgende. Im Allgemeinen kann man einige llauptformen unterscheiden: Mit elliptischem Körper und einem Irngen Schwauziaden, wie beim Menschen und den meisten Säiigethieren. Mit birnförmigern Körper und Schwanzfaden bei vielen Säugethiei en. Mit walzen- förmigem Körper und einem Schwanzfaden, wie bei mehreren Vögeln, Amphibien und Fischen. Mit schraubenförmig gedrehtem Körper und Schwanzfaden, w ie hei den Singvögeln, den Haifischen, den Paludinen. Mil haarförmigem Körper, wie bei vielen Mol- lusken, Insecten und Würmern. Abbildungen siehe bei Wagneb und. Siebold a. a. O. und Wagner Iconcs physiologicae. Die Samenthierchen des Menschen haben nach Wagner eine Grösse von Vü— aV Linie, ihr ovaler abgeplatteter Körper misst _-i_ Linie. Der Schwanz ist anfangs dicker, zuletzt ganz ansserordentlich fein. Bei den Säugethieren ist die Form ähnlich, aber meist grösser und gerade hei den kleinsten Säugethieren, z. B. den mäuseartigen, die der Ratte sind nach Wagner yV Linie lang. Diejenigen der Affen haben grosse üebereinstimmung niit Vom Samen. 635 denen des Menschen. Blrnförmis ist der Körper heim HunJ, Kaninchen Reh. Eigenthümllch ist ihre Form hei den Mausen, ihr Körper ist wie Jas Ende eines bauchigen Bistouri’s, mit nach oben und hinten ausgeiogener Spitze. Bei mehreren Nagern, wie heim Eichhörnchen haben die Spermatozoen autgekrempte lancier des Körpers. Bei den Vögeln wurden von Wacmeu zwei iypen beobachtet Die Saraenthierchen der Singvögel haben ein spiral- förmig gedrehtes, spitzes Vorderende. Der zweite Typus ist ein schmaler, gerader, walzenförmiger Körper mit kurzem Schwänze. Dahin ' gehören Hühner, Raub- Kletter- Sumpf- und Wasservogel. Die SaLnthierchen der Eidechsen und Sch angen und des b rö- sches haben einen drehrunden Körper und feinen Schwanz; aber diejenigen der Salamandrinen sind verschieden. Bei Salamandra maLlata lauft der Körper vorn spitz zu, endigt aber mit einem Knöpfchen. Bei den Tritonen ist der Körper noch weniger vom Schwanz abgesetzt. Der Schein von Wimperbewegung, Jen man an ihrem Schwänze wahrnimmt, rührt, wie v. Siebold zeigt, von dem zurückgehogenen , das Vordertheil umwickelnden Schwänz- ende und seinen Bewegungen her. Die Spermatozocn der Kno- chenfische haben einen kugelrunden, diejenigen der Cyclostomen Dr.t“™btr.,n*ir&h.e F.™ d.. .eU ten bei Wirbellosen vor. Sieboi.d beobachtete sie den Palu- dmen Angeschwollenc vordere Enden sind unter den Wirbellosen sdten sie zeigen sich bei den Muscheln sehr ^«»tlijih weniger deuüich bei einigen Schnecken, bei den meisten Wirbellosen sind die Samenthierchen haarförmig. Die haarförmigen Samenthierchen der Insecten, Schnecken, Distomen verhalten sich nach Siebold s Beobachtungen eigen- thürnlich zum Wasser, sobald Wasser mit ihnen in Berührung kommt, drillen sie sich und rollen sich zu einfachen oder Dop- ^^^°Dle Organisation der Samenthierchen ist noch unbekannt, und es ist bis jetzt sehr zweifelhaft geblieben ob sie oreanisirt sind. Hehle und Schwank beobachteten an den ba- meiithierchcn des Menschen im Innern des Körpers eine unter- schiedene Stelle, wclcbe, an den Saugnapf der Cercarien erinnert, aber sieb auch zum Körper des Samenth.erchens, wie der Kern zu einer Zelle verbaltcn kann. Bei manchen Sarnenthiercbeu bil- det sich zuweilen ein Knötchen in der Mitte des Schwanzfadens oder ceeen das Ende, wie ich bei Petromyzon mannus sab, wah- rend die meisten Samentl.iercl.en nichts davon zeigten. Derglei- chen Knötchen in der Liinge des Schwanzes sind auch von Meven bei den Samenthierchen von Pflanzen, z. B. Chaien heobachtcl. Die Bewegungen der Samenthierchen gleichen den willkurl - «l.e„ Bew.6»6«» r “‘''■S'"-''"' lenförmigen und schwingenden Bewegungen des i^fl^'^anzes D «- ienicen mit schraubenförmig gedrehtem Körper drehen sich scliiau- henförmk Siehe WAaKEH” P/yÄ« 16. Um die Bewegungen Rut zu säen, ist es notbwendig den Sarnen mit Blutserum zu ver- dünnen. Diese Bewegungen erhalten sich bei manchen Phieren 636 VIJ. Buck V. d. Zeugung. II. Ahschn. Geschlechtl. Fortpflanz. viele Stunden lan nacli dem Tode des Thiers, von welchem sie s^enornmen sind, und die Todesnrt der Thiere hat keinen Einfluss darauf. Wagner sah die Beivegun£>en bei Vögeln am schnellsten aulhören, z.B. 15 — 20 Minuten nach dem Tode, zuweilen spater. Bei Säugethieren ,sah er die Bewegung in manchen Fällen selbst 24 Stunden lang, noch länger hei Amphibien und Fischen. Hohe und niedere Temperatur lassen die Bewegung aufliören, dagegen sah Wagner sie noch hei Fröschen und Fischen,' wenn die Tem- peratur unter 0 sank. Tn Blut, Milch, Schleim leben die Samen- thiferchen nach Donne fort. Dass sie in Speichel und Harn nicht fortlebten, muss von zufälligen Ursachen abbängen. Denn Lam- PFEBuoF sah sie im Speichel und Wagner im Harn lange fortleben. In zu sauerem Vaginalschleim und zu alcalischem Uterinschleim sterben sie nach IIonne sehr schnell. Strychnin tödtet sie nach B. Wagneb’s Beobachtungen auf der Stelle, während hingegen die Wimperbewegungen der flimmernden Häute von Narcotica nicht verändert werden, wie die Beobachtungen von Purkinje und Valentin zeigen. Die Genesis der Samenlhiercbcn ist von R. Wagner entdeekt. Im Winter fand derselbe in dem Contenlum des Hodens der Sing- vögel bloss kleine Rörnchen, im Frühjahr zeigen die Rörnchen mannigfaltige Formen. Zwischen und unter ihnen erscheinen Bün- del von Samenthierchen. Diese entstehen in eigenthümlichen sehr dünnhäutigen Blasen oder Schläuchen, Zellen. Die spiraligen voi’- deren Enden liegen zusammen, die Schwänze ebenso. Im Hoden sab W. noch keine Lebensbewegungen an den Samenthierchen, im Vas deferens sind die Samenthierchen frei. Im Samen des Hodens befinden sieb ausser kleinen punctirten körnigen Rügclchen, grössere Blasen, welche mehrere körnige Rugeln einschliessen und ähnliche grosse runde Rörper, welche im Innern mehrere körnige Kerne enthalten. Die letzteren Blasen stehen in näherer Bezie- hung zur Genesis der Samenthierchen; denn zwischen den kör- , lügen Körperchen der Blasen erscheinen fein granulirte Nieder- | Schläge, wobei die Rernkugeln schwinden und lineare GruppirungeD entstehen , die sich bald als Bündel von Samenthierchen kennt- lich machen. Ebenso entstehen nach Wagner's Beobachtungen j die Spermatozoen der Frösche und der Säugethiere. Bei de« Vögeln beginnt die Ent'wickelung der Samenthierchen in jedem Jahre von Neuem und tritt wieder nach der Brunstzeit zurück- Bei den Säugöthieren beginnt die Entwickelung der Samenthiei'- cben im Zustand der Jugend, bei Kaninchen sah sie R. Wagne® schon bis zürn 3. Monat nach der Geburt, bei Ratzen, Hunden viel später, bei Knaben erfolgt sie im eintretenden Pubertätsaltcr- Im Älter geht diese Entwickelung wieder zurück, wie Wagnee gezeigt hat. Diese wichtigen Beobachtungen sind von Siebold uim Valentin bestätigt. Siebold Muell. Archlu 1839. 436. Valentin^ Beperi, 1837. 143. Man sehe die Abbildungen Wagner’s übm die Genesis der Sperm.ilozoen in Muell. Arrhiu 1836. Tah. lA- und Wagner’s fcones physiologicae. Es ist sehr merkwürdig, dass bei sehr wenigen Thieren biS jetzt noch keine Samenthierchen wahrgenonimen werden konnten. Funi tarnen. 637 obeleioh die Tldere schon in der BrunsUeit beobachtet wurden. Üuhin iichört die Gattung Ästacus unter den Grustaceen. Bei den Flusskrel).seu kommen slalt dessen von Hesle und S.euoed beobachtete korper vor, «■" mit einem kleinen stdpselart.gen Autsalz, die Gajiselii ““t la » liaarförmigen Fäden besetzt. Aelinlicbe Körper sind von Valen- tin bei den Homnicrn beobachtet. 0-1 • „ Lplphto Ob die Sameutlilercbcn parasitische Thiue odei belebte Urtheilcheu des Thiers, in welchem sie Vorkommen , sind, lasst sich jetzt noch nicht mit Sichcrl.c.t bcuntworlcn. Eureniierg ist aeneigt die Spermatozoen lur Ihieie zu halten und stellt sie uiit'd" Cercarimi, wirklichen Entozoen ^/“^JX^cht spricht sich für die entgegengesetzte Ansicht sic den Pollenkörperchen. Für das Ersterc scheint J ‘ ^ der Spermatozoen im Samen einiger Tlnere ! “s ^ o komm^ vollkommen organisirter Ihiere in den „p einigermassen zu sprechen. Siehe über diese Wesen CARUs «ie. act.nat. cur. XfX. p. L und Puu.ti'Pi in Muelleb s rhtJuu Dagegen der Mangel einer thicrisch individuellen Organisation bei“ den Sameiithlerclien , ihr fast ^^mzmi in Wiedereischeinen in fast gleicher tonn Genesis in Zel den männlichen Geschlechtsorganen, ihre ^ len und nicht aus anderen Samenth.erchen, ^ ^ S siä?e,r,.fS:k sie darin dass sie für sich allein ihre Bewegungen torlsctzcn «nd ihr Schvvanzfaden kann einigermassen den Wimpeni an den wlninerzeUe'^^^ Kern dem Kern der Wlrnperzellei. vergl.ehen Werdlm Am welligsten gleicht der Characler der Bewegungen der Samenlhiercheii dJiiiieiiigc» der Wimpeni, tritt vielmehr ganz m die Analogie der willkürlichen Bewegungen. 1 • t • 1 11 Der Sichtigste Grund für die nicht specifiscli und individuell lliierische Natur der Sarnenthierclien ist wohl ihr menhang mit der Befruclitungsfähigkeit des ..icht allein hei manchen Thieren und >iur zur Zeit der Brunst vor, sondern ihre LutwicUciunt, w gehemmt in den Bastarden , welche zur ^ z^acn“ sind und nur selten mit den conslanteii Arten boimen zcu„ci , die dann wieder in die Stammformen zuruckgehen. Enter den Üteren Bcohachtern fanden Herensireit , Lonnet, Gleichen l^ei ^hnilthieiheii'’stcn keine Samenllncicheu. Ebenso 1 hevosi und B : ä k»'. Lp 183. u„d K- W.o... 1.^1 IP. Voge- bast-irden entweder gar keine Sauicntlaerchen oder gehemmte PoLen und gerade^diese Hemmung ist eine Beobachtung von ‘ier ^rossten W^ichtigkeit. Bei Bastarden des Stieglitzes und Ka- 'miie“nvogels bleiben \lie Hoden zuweilen durchaus klein, erreichen sie kaum mehr als die Hallte des Volumens SUuim- ‘Tten. Im letztem Falle gleicht der Inhalt dem ‘lie Sameuthiercheu und Eutwickelunpzellen “‘‘"V bmden sich einzelne Blasen mit dunkeln Molekülen gelullt, auch baden mit aiigeschwoUeneu Enden entlialLcnd, diese aber suul lue 638 VJI. Buch. V. d. Zeugung. II. Ahschn. Geschlechtl. Fortpflant. zu regelmässigen Bündeln verbunden, weniger zahlreich und he- cen ohne Ordnung zwischen eien Moleculen. Diese nnvollkorn menen Formen der Samenthierchen hlcihen kleiner als die dp'- Stammarten, und ihr dickeres Ende ist unregelmässig, bald kei - förmi", meist länglich, oder an der Spitze gekrümmt und m'’ zeigen sie die characteristische Schraube, Spirale. Bei weiblichen Bastarden fand Wagner zahlreiche Dotter mit Keimbläschen, abei' niemals reifende Dotter. R. Wagner Physiologie 25. 26*. Die Samenthierchen in den männlichen Fortpflanznngsorganen der Pflanzen sind eine viel seltenere Erscheinung, als hei den Thieren. Da die an dem Inhalt der Pollenkörner der höheren Pflanzen beschriebenen Bewegungen von der BROWN’schen Mole- cularhewegung schwer zu unterstfheiden sind, so kann hier nu’ von den Samenthierchen der Cryptogamen die Rede seyn. Einige hierher gehörige Erscheinungen wurden schon von SchmiedER) Fr. Nees V. Esenbeck beobachtet. Genauer wurden die Samen- thierchen der Sphagnen zuerst von Ungkr untersucht, ihm und Meyen verdankt man die ausführlichsten Aufschlüsse darüber. Der Inhalt der Antheren der Sphagnen besteht aus Zellen, in de- ren jeder ein Faden mit einem länglichen, ellipsoidischen Knöpi- chen spiralig gerollt liegt. Die Tbierchen bewegen sich in den Zellen, machen sich frei und setzen ausser den Zellen ihre Be- wegungen fort. Meyen heschreiht sie in den Gattungen Hypnuffl, Mninrn, Phascum, Polytrichum , Sphagnum. Vergl. TJnger iVoe. act. nat. cur. XVIII. p. 2. 785. Ebenso verhalten sich die Samen- thierchen in den Zellen der Antheren der Lebermoose, z. B. der Marchantien und der Jungermannien , nach den Untersuchungen von Meyen. Die Samenthierchen der Charen bilden sich m gegliederten Fäden, welche man in ihren Antheren findet, und welche md den Antheren Zusammenhängen, diese Fäden bestehen aus anein- ander gereihten Zellen. Varley gab die erste vollständigere Be- schreibung ihrer selbst und ihrer Bewegungen, die ausführlichste Untersuchung über diesen Gegenstand befindet sich In ,MeyenS ^ neuem Sy. st ein der Pflanzenphysiologie p. 21%. Tab. XII. Fig. \1 — 28- ' ln jedem Gliede des Pollenfadens entwickelt sich eine kugelig® Schleimzelle und in jeder Zelle ein einzelnes Samenthierchen- Anfangs sind die Samenthierchen unförmlich, in den reiferen Zellen sieht man sie schon in eine Spirale zusammengewunden, aber noch ruhig, in noch reiferen sieht man schon ihre Bewe- gungen!, indem sie sich lebhaft drehen. Unter dem Mikroscop kann man sehen, wie die Wand der Glieder des Pollenfadens durchbrochen wird, und das Samenthierchen mit dem dickem Theil vorne hervorkommt. Herr Prof. Meyen hat die Güte g®' habt mir diesen ganzen Vorgang unter dem Mikroskop zu zeigen- Diese Samenthierchen sind ausserordentlich lang, so dass jedes m seiner Zelle nur im zusammengerollten Zustande Platz hat. Wenn sie sich ausser der Zelle im Wasser bewegen, so geht das feinere, fadenförmige Ende voraus. Diese lebenden Tlieilchen sind Fäden von der Gestalt der Triehocephalen, an dem einen Ende sind si® dicker, dieser dickere Theil geht ganz allmählig in den dünnen, Von der Pubertät. 6-39 überaus langen Faden über, der dickere Theil ist spiralig, der fadenartige Theil nimmt durch seine heftigen Bewegungen vielerlei Lagen an. Die Lebensdauer ausser den Zelten reicht über meh- rere Standen. V. Capitel. Von der Pubertät, Begattung und Befruchtun g. I. Pubertät. Die Pubertätsentwickelung, der Beginn des zeugungsfähigen Alters tritt in beiden Geschlechtern nicht genau zur selben Zeit ein, und es ünden noch grössere Unterschiede in Hinsicht der Zeit dieser Ausbildung bei verschiedenen Völkern und in ver- schiedenen Climaten statt. Bei dem weiblichen Geschlechte be- ginnt das Alter der Mannbarkeit in unserm Glima im 13 — 15 Jahre, und giebt sich zunächst durch die Erscheinung der Menstruation zu erkennen. Beim männlichen Geschlechte beginnt diese Ent- wickelung im 14 — 16 Jahre, dann tritt die Absonderung des Sa- mens ein, worauf Ausleerungen desselben durch Pollutionen erfoU gen können. Die Pubertätsentwickelung beginnt in heissen Chmaten früher. Von den heissen Gegenden Africas wird berichtet, dass sie beim weiblichen Geschlechte schon im 8. Jahre eintrete und in Persien soll sie im 9. Jahre verkommen. Auch in unseren Gegenden sollen die Jadenmädchen früher als andere menstruiren. Das zeugungsfähige Alter schliesst bei dem weiblichen Geschlecht mit dem Aufhören der Menstruation gegen das 45 — oO Jahr, beim männlichen lässt sich das Aulhören des zeugungsfähigen Al- ters weniger sicher bestimmen, es dauert im Allgemeinen länger und nicht selten zeichnen sich Greise durch die Erscheinungen der Potenz aus. Die Entwickelung der Pubertät bringt theils örtliche Veränderungen in den Genitalien, theils allgemeine hervor. Die örtlichen bestehen in der Entwickelung der Schamhaare Jei beiden Geschlechtern, in der Menstruation der Mädchen, in der 1‘eichlichen Samenbildung und der Erection bei en ung ingen, in der Völle des Busens bei dem weiblichen Gesch echte. Die allgemeinen Veränderungen beziehen sich hauptsächlich auf die Athemwerkzeuge, Stimmwerkzeuge, die ganze Gestalt und Physio- nomie die geistigen Zustände und die auf das Geschlecht be- lüglichen Stimmungen. Der Umfang der Athemwerkzeuge wird im Alter der Pubertät grösser, besonders beim männlichen Ge- schlecht, die Stimmwerkzeuge erleiden die schon bei anderer Ge- legenheit bezeichnete Veränderung ihrer Grosse und Stimmung. Die Gestalt erhält ihre vollendetste Form und die Zuge das voU- Vommne Gepräge der Individualität, sie zeigen, dass sie dem Aus- druck der Leidenschaften dienen, ohne von ihnen diejenige iscnarte *u erlangen, die man im Mannesalter bei vielen Ind‘'''d"e" treten sieht. Instinctartig und dunkel treten die aut das Geschlecht bezüglichen Vorstellungen ein, welche die Plastik der Phantasie m Thätigkeit setzen, aber indem sie in das ganze geistige Leben der 640 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Gescidechtl. Fortpßanz. Menscbcn eingreifen, in Vielen die edelsten Kräfte des Geiste zur Verherrlichung der Liehe in Thätigkeit setzen. Die Menstruation ist eine periodische Ulutausscheidung aus den weihlichen Genitalien, zunächst aus der Innern Wand des Uterus, sie tritt zum erstenmal gewöhnlich nach und unter einigen krank- haften Zufällen ein. Ahdominelle Congestion, Lendenschmerzeiij Müdigkeit der Unterglieder pflegen ihr vorausgehen; auch mit ihrem jedesmaligen Wiedererscheinen sind während ihrer Dauer hei den meisten Frauen einige krankhafte Erscheinungen, verschie- den in verschiedenen vorhanden. Die Menstruation wiederholt sich in der Regel in Zeiträumen von Sonnenmonaten, und dauert 3 — 6 Tage. Rei Einigen sind ihre Perioden kürzer bis zu 3 Wochen und seihst noch kürzer, hei Anderen länger als ein Monat. Abistoteles hat die auffallende und unverständliche An- gabe, dass sie hei wenigen alle Monate, hei den meisten trauen jeden dritten Monat wiederkehre. Hist. anim. 7. 2. Das abgehende Blut unterscheidet sich von anderm Blute nur durch die sehr geringe Quantität oder den völligen Mangel des Faserstoffes. Lavagna in MiiCKEL’s ArcMu 1818. 4 B. p. 151. Die Blutkörperchen sind darin unverändert. Beim schwängern und meist auch heim säugenden Weib fehlt die Menstruation; in seltenen Fällen dauert sic auch während der Schwangerschaft fort. Bei den Thieren fehlt die Menstruation in der Regel. Beim Weibchen des Cehus Azarrae beobachtete Remgger hin und wie- der eine Art von Monatsfluss, welcher aber keiner bestimmten Periodicität unterworfen war. Er zeigte sich sehr schwach, dau- erte 2 — 3 Tage uud kehrte bald nach 3, bald nach 6, bald nach 10 Wochen wieder. Er bemerkte dieses Zeichen der Mannbar- keit bei dei) Weibchen erst gegen das Ende des zweiten Jahres. ISaturgeschwhle der Säuget hier e uon Paraguay. Basel iSSO. p. 49. Geoffroy St. Hilaire und Fr. Guvier haben zahlreiche ähnliche Beobachtungen an Alfen angestellt und in ihrem Werke Ilisl. nat. des niammiferes niedergelcgt. Sie sahen den Blutabgang zugleich mit Anschwellung der Genitalien bei den Gercopithecus, Macacus, Cyiiocephalus , behaupten aber, dass diese Erscheinung mit der monatlichen Brunst Zusammenfälle, ln der Brunst zeigen auch andere Säugethiere, Pferde, Hunde u.a. zuweilen Blutabgang. Aber die Menstruation des Menschen ist ganz verschieden und hat nichts mit der Brunst gemein. Die Ursache der Meus'truatiou und ihres periodischen Wie- derkehrs ist unbekannt. Die Vorstellung der Alten von einer Reinigung des Körpers durch die Menstruation von einer schäd- lichen Materie ist offenbar fehlerhaft; auch die Ansicht, dass sie ausser der Schwangerschaft deswegen vorhanden sei, um dasjenige Blut vom Uterus abzuleiten, welches während der Schwangerschaft zur Ernährung des Embryo verwandt werde, ist unbefriedigend, da es in quantitativer Hinsicht nicht auf eine so geringe Blutmenge ankommen kann. Wahrscheinlicher klingt die Vorstellung, dass sie bestimmt sei, das menschliche Weib vor den Erscheinungen der Tieriodischen Brunst zu bewahren. Am wahrscheinlichsten betrachtet man die Menstruation als eine periodische Regeneration, Von der Pubertät. 611 'eine Art von Mauserung der weiblichen Genitalien, welche wahr- scheinlich auch mit neuer Epitheliiimhildung verbunden seyn wird.' Die Ursache des bestimmten Periodus liegt nicht in dem Mon- deswechsel, sondern liegt im Organismus seihst, und ist wie die Ursache anderer Perioden eine innere. Denn mit dem Lichtwech- sel des Mondes steht die Menstruation durchaus nicht im Zusam- menhang, sondern die Menstruationen der verschiedenen Frauen sind auf alle Tage der Monate vertheilt. Auch sind die Perioden der Menstruation in den Fällen, wo sie am regelmässigsten ist, keine Mondesmonate, sondern Sonnenmonate, und überhaupt sind diese Perioden hei verschiedenen Frauen nach inneren Ursachen ’ausserst verschieden. Beim m'ännlichen Geschlecht 'äussert sich das Periodische nur in der Turgescenz der Genitalien und der Sammlung der Erreg- barkeit und Potenz des Rückenmarks und der Nerven für die geschlechtlichen Zustände, welche grössere Erregbarkeit und Tur- gescenz mit der Begattung oderPollution kritisch endet. Die Frauen sind einer solchen periodischen Aufregung viel weniger oder gar nicht unterworfen. Am entschiedensten ist die Brunst bei den Thieren. Sie fällt hei vielen in die Zeit des Frühjahrs, wie hei den meisten Vögeln und Arnpliihien, vielen Fischen und Sänge- thieren, wie den Nagern, Maulwürfen, Pferden u. a. Die Brunst mancher Thiere fällt erst in den Sommer, v.’ie hei mehreren Fischen, Vögeln, Amphibien und Säugelhieren, hei anderen in den Herbst, wie hei vielen Wiederkäuern, bei anderen in den Winter, wie hei den Hunden, Ratzen und vielen anderen reissenden Thieren. Siehe das Nähere hierüber in Burdach’s Physiologie. B. /. p. .381. Bei den gezähmten Thieren ist das regelmässig Periodische der Brunst viel weniger deutlieh, als hei den freien, und manche Thiere begatten sich in der Gefangenschaft gar nicht, wie der Elephant. Die Ursache des ganzen Geschlechtslebens liegt grossenlheils in dem Bildungsorgan Eierstock und Hoden, und dessen Wechsel- wirkung mit dem ganzen Organismus. Nicht bloss bleiben bei den in der Jugend caslrirteu Thieren die geschlechtlichen Em- pfindungen und Emotionen meist aus, auch im mannbaren Alter beraubt die Castration den Organismus grossentheils von der geschlechtlichen Empfindlichkeit. A. Cooper kannte einen Mann, dem beide Hoden exstirinrt worden, während 29 Jahren. Die ersten 12 Monate hatte dieser Mann nach seiner Angabe bei Be- friedigung des Gesclilechtstriehes Ejacolationen oder wenigstens . das Gefühl, als oh dergleichen statt fänden. Später hatte er, doch nur selten, Erectionen und befriedigte den Gesell lechtstricb ohne das Gefühl der Ejaculation, und nach zwei Jahren waren die Erectionen sehr selten und unvollkommen und sie hörten, sobald er den Coitus zu vollziehen suchte, sogleich auf. Zehn Jahre nach der Operation thcilte er A. Gooper mit, dass er wäh- i’end des verflossenen Jahres den Geschlechtstrieb einmal befrie- digte. 28 Jahre nach der Exstirpation des zweiten Hodens gab Of an, dass er schon seit Jahren selten Erectionen habe und dass s'o dann nur , unvollslundig seyen. Seit vielen Jahren habe er 642 VII. Buch. V. d. Zeusung. 11 Ahschn. Geschlechtl. Fortpflanz. nur selten und ohne Erfolg versucht den Geschlechtstrieb z« befriedigen; nur ein paarmal habe er wollüstige Traume omie Ejaculation gehabt. Ä. Cooper die Bildung und Krankheiten des Hodens. Weimar 1832. p. 21. II. Begattung. Die Thätigkeiten bei der Begattung bestehen bei dem Manne aus zwei Elementen, der Erection und Ejaculation. Erstere erfolgt durch Zurückhaltung des Blutes in den cavernösen Körpern, wel- ches, wie Krause (Mueli,. Archiv 1837.) sehr wa^scheinlich macht, durch die Wirkung der Musculi ischiocavernosi geschieht, welche die tiefen Venen, die aus der Corpora cavernosa hervorkommen, zusammendrücken, auf die Vena dorsalis aber wohl kaum einen Einfluss haben können. Beim Pferd, wo die Venen der Corpora cavernosa so viele und verschiedene Abzüge haben, ist dieZurückhal- tung des Blutes durch Wirkung der Muskeln schwerer zu begreife». Man sehe jedoch hierüber Guehther Untersuchungen und Erfahrungen im Gebiete der Anatomie, Physiologie und Thierarzneikunde. Hannover 1837. Welcher Antheil den quastartigen Anhängen der Arterien, Ärteriae helicinae bei der Erection zukomme, ist vollends unbe- kannt. Auf jeden Fall kann die Erection nicht von ihnen abhän- gen, da sie bei mehreren Thieren, wie beim Elephanten ganz fehlen, und schon bei den Pferden nur Spuren davon vorhanden sind. Bei diesen Thieren sind muskelartig anssehende Balken zwischen den Venen der Corpora cavernosa, die von Hunter zu- erst beobachtet worden, am meisten ausgebildet. Die Fähigkeit zur Erection hängt übrigens in letzter Instanz vom Rückenmark ab, daher verliert sich diese bei Neuralgia dorsalis oder Tabes dorsalis. Das zweite Element der geschlechtlichen Action des Mannes ist die Ejaculation, welche eine Reflexionsbewegnng ist, entstehend von den Empfindungsnerven der Ruthe. Diese Bewe- gung der Ejaculation besteht wieder aus zwei Elementen, aus der anhaltenden Zusammenziehung der organischen Muskelschicht der Samenbläschen und der wiederholten periodischen Zusammenzie- hung des animalischen Muskelfleisches des Bulbo- cavernosus und der Dammmuskeln überhaupt. Plötzliche Irritation und Verletzung des Rückenmarks bewirkt auch Ejaculation, ohne dass Erection nothwendig dabei stattfände. Bei Geköpften ist die Ejaculation eine gewöhnliche Erscheinung. Die Samenbläschen enthalten wirklichen Samen, denn man sieht darin in den Leichen der. Menschen die Sarnenthierchen- Sie sind also keine blossen Secretionsorgane, wofür sie Hunte» erklärte, Bemerkungen über die thierische Oeconomie. Braunschweig 1802. p. 34. Indessen hat Hunter aus einer Reihe untersuchter Fälle bewiesen, dass bei der Exstirpation eines Hodens das Sa- menbläschen dieser Seite nicht kleiner wird, und Hunter’s Ansicht ist insofern wahrscheinlich richtig, als er behauptet, dass in die- sen Organen eine schleimartige Flüssigkeit abgesondert werde. Der Samen wird bei der Begattung aber zunächst aus den Samen- bläschen ansgespritzt, und in der Harnröhre mit dem seiner Natur Von der Begattung. 643 Hach unbekannten Succns prostaticus und dem Saft der Cowper- schen Drüsen vermischt. ^ . t. c j Die Begattung ist in beiden Geschlechtern mit Empfandungen der Wollust verbunden, aber der Antheil der Geschlechter an diesem Act ist sehr verschieden. Bei dem weiblichen Geschlechte wird keine Nerventhatigkeit auf den Act einer Erection verwen- det keine rhvthraischen heftigen Zusammenziehungen erfolgen auf dem Cnlminationspunct der geschlechtlichen Erregung, und es wird kein Samen ergossen, die Ausscheidung beschrankt sich bei dem Weibe darauf, dass in Folge der erregten Empfindun- gen in den weiblichen Geschlechtstheilen eine Ergiessung ‘ von Schleim aus den Schleimfollikeln der Scheide erfolgt und diese Schlüpfriger macht. Der IVIann empfindet sich nach dei Begattung erschöpft, das Weib nicht. Aus allem diesem geht hervor, dass die Actionen des Mannes bei der Begattung in kurzer Zeit eine grosse Heftigkeit erreichen und ebenso schnell abnehmen, während diess von dem Weibe nicht behauptet werden kann. Das Organ der Wollust die Clitoris, welche bekanntermassen beim Weibe am nieisten der Wollusteinpfindungen fähig ist, wird nicht so wie die H-Uthe des Mannes durch Friction zur Acme der Empfindungen gebracht, da sie bei der Begattung der Friction nicht ausgesetzt ist. Daher bleibt das Organ auch nach vollzogener Begattung »och zum Theil in seiner Erregbarkeit. Es wird daher nicht fehlerhaft sejn zu schliessen, dass die Empfindungen des Weibes bei der Begattung weder so schnell steigen, noch so schnell ab- Hehmen als bei dem Manne. Und damit stimmt die Erfahrung, dass die Frauen die häufige Begattung leichter als die Männer ertragen, und dass die Tabes dorsalis selbst unter den weiblichen Wüstlingen selten ist, während sie beim männlichen Geschlechte bekanntlich sehr häufig ist. Die Clitoris, obgleich sie ihrer Genesis nach mit der Ruthe dbereinstimmt, weicht doch wesentlich ihren Eigenschaften nach Von dieser ab, dass sie in der Regel keiner eigentlichen Erection ffthig ist. Bei den Ateles ist die Clitoris regelmässig von unge- beurer Länge, und hat deswegen zu den Mährchen von der gros- sen Clitoris wollüstiger Acffinnen Veranlassung gegeben. Diese Clitoris besteht aus starken cavernösen Körpern, aber ich habe m •licsen nichts als Fett gefunden, während die Empfindungsnerven '^er Ruthe, Nervi dorsales sehr dick w'aren. Siehe Fugger de ^‘"gulari c/itoridiJi in Simüs generis Ateles magnitudine et conforma- JSero/. 1835. Jene Bildung ist den Ateles eigen; bei den Aef- bniien anderer Gattungen zeigt die Clitoris nichts ungewöhnliches. 111. Lösung der Eier vom Eierstoct und Aufnahme in die Tuben. Die Lösung der Eier vom Eierstock erfolgt bei den eierle- lenden Thieren entweder unabhängig von der Befruchtung oder jh deren Folge. Bei den nackten Amphibien, deren Eier ahisser Körper der Mutter befruchtet werden, wie bei den frosch- ^*'bgen Thieren, lösen sich die Eier lange vor der Zeit der Be- 644 VIT. Buch. V.d. Zeugung. II. Ahsclm. Geschlechtl. Forlpflam. fruchtung Lereits vom Eierstock, ab, und werden in die Tubji aufgenömrnen. Die allmählig abgegangenen Eier sammeln sicli auf diese Weise beim weiblicbeu Frosch im Eierleiter an, und dehnen ihn zu einem grossen Umfange aus. Erst bei der BC' gattung und in Folge einer durch dieselbe entstehenden Erregung der ThiUigkeit des Eierleiters werden sie ausgetrieben, und sofort von dem das Weibchen umfasst haltenden Männchen befruchtet. Auch bei den Fischen scheinen sich die Eier unabh'ang'S von der Befruchtung vom Eierstock zu lösen. Denn auch die grosse Mehrz.ihl der Fische begattet sieb nicht. Die brünstigen Männchen und Weibchen begleiten sich, die Weibchen legen ihre Eier, und diese werden von den Männchen, welche ihren Samen ins Wasser lassen, befruchtet. Indessen werden die Eier mancher Fische, wie des Blennius viviparus und anderer lebendig gebä- render Fische schon innerhalb der Mutter befruchtet, mag nun der von den Männchen ins Wasser gelassene Samen in die Ge- schlechtstheile des Weibchens eindringen, oder eine wirkliche Begattung erfolgen, wie bei den Haien nnd Bochen. Auch die Vögel, welche nach der Begattung und Befruchtung Eier zu legen anfangen, fahren gleichwohl im Eierlegen fort, aud» wenn sie von den Männchen isolirt werden, und iHich hier 7,eigl sich die Ablösung des Eies von der Befruchtung unabhängig- Ebenso legen auch die Insecten und namentlich die Schmettei’- linge, auch wenn man sie ganz von den Männchen nach de» Verpuppimg nnd Verwandlung isolirt bat^ ilii-e reifen Eier. Bei den Säugethieren hingegen scheint die Lösung der Eie» von der Befruchtung abhängig zu seyn. Man will zwar aucl» schon bei noch jüngfräulichen Subjecten Nai’ben des Eierstocks von ahgegangenen Eiereben bemerkt haben. Home Phil. Traus- 4819. Indess ist diess gewiss nicht der gewöhnliche Hergang; dagegen beobachtet man regelmässig erst naeh einer fruchtbare»» Begattung eine Turgescenz eines oder mehrerer GßAAF’schen Bläs- chen, und kurze Zeit nach der Begattung erfolgt die Dehiscerj* des gerötheten Bläschens an der hervorragendsten Stelle und di® Aufnahme des Eies in die Tuba. Die in dem Eierstock in Folg® einer fruchtbai-en Begattung eintretende Veränderung, die Deh»- scenz der Eicapsel und das Austreten des Eichens sind ferner d»® Wii'kung des Samens auf den Eieistock selbst, und nicht hloss seine Wii’kungcn auf die äusseren Theile der weiblichen G®' schlechtstheile. Denn Biscuoff und Barry haben die wichtig® Beobachtung gemacht, dass der Samen bei Säugethieren, dere»» Befruchtung eingeleitet worden war, dui'ch die ganze Länge de» Tuba bis zum Eieistock geleitet wii’d. Die Kräfte, welche hei der Aufnahme der unbefruchtete»» oder befruchteten Eier in die Tuba mitwirken, sind bei weiten» noch nicht genau gekannt. , Bei den Säugethieren und Vögeln ist diese Aufnahme durc» die Nähe des Eierstocks und des Trichters der Tuba eileichterb aber man hat bisher noch nicht erklären können, wie es komn» » dass die Tuba mit ihren Fimbi-ien oder mit ihrem Trichter s»c ' zu dieser Zeit an den Eierstock, und gerade an dem Iheil des- Lösung der Eier vom Eierstock. 645 selben anlegt, dessen Eicapsel in der Deliiscenz begriffen ist. Bei Saugethieren ist diese aiifricbtende Turgescenz der Tuba und die- ses enge Anscliliessen an den Eierstock vielfach beobachtet von DeGbaaf, Kuhlemass, IIaiguton, Cbuiksiiask, V. Baer, Wagneb. Man findet das Umfassen des Eierstocks durch die Tuba in den ersten Tagen nach der Begattung, v. Baer sah es hei Schweinen und Schafen bis zur vierten Woche, Wagner nach 8 — 10 Tagen nicht mehr. Weniger noch ist der Uebergang der Eier in die Tuba bei denjenigen Thiercn begreiflich, deren Tnbenrnündung weit vom Eierstock entfernt liegt, wie bei den nackten Amphibien, wo das Ende der Tuba bis in den obersten Theil der Bauchhöhle und weit über den Eierstock hinaufreicht, und bei den Haien Und Rochen, wo die Verhältnisse dieser Aufnahme noch ungün- stiger sind. Denn hier befindet sich die gemeinschaftliche Mün- dung beider Tuben In der Mitte über der Leber, unter dem Zwerchfell , welches die Fovea cardiaca von der Bauchhöhle ab- sondert. I)ie Eierstöcke dagegen ])efinden sich nach aussen von der Leber, oder auch bei einigen, den Scyllium, Mustelus und Carcharias, in der Mitte unter der Leber vor der Wirbelsäule. Es ist sehr wahrscheinlich, dass hier die Wimperbewegung der Oberflächen zwischen Eierstock und Tuba vermittelnd eintritl. Daiür s])richt die von Mayer am Beritoneum der Frösche ent- deckte Wimperbewegung. Diese Bewegung, welche sich in den Tuben der Säugethiere und bis auf die innere Fläche der Fimbrien erstreckt, muss auch bei den Saugethieren vielen Antheil an der Aufnahme des Eies in die Tuba haben. Henle hat beim Menschen auch an der sussern Oberfläche der B’imbrien noch Flimmerepithe- lium beobachtet. Mueli,. Arch, 1838. 114. Die Veränderungen, welche der Ausslossung des Eies aus sei- ner Capsel vorhergehen und welche in dieser Capsel folgen, sind folgende. Bei den Eierlegern und Säugelhieren schwillt der hin- tere Theil der Capsel vor dem Austritt des Eies an; aber bei den Saugethieren ist die Anschwellung viel stärker und überaus gefäss- reich , und sie geht hier so weit, dass schon vor dem Austritt des Eies das Innere der Capsel durch eine bräunlich gelbliche Substanz grossentheils uusgefüllt wird. Auf diese Weise wird das Contentum der Capsel gegen die dünner gewordene Oberfläche ■''orgetrieben, welche halbkngelförmig über den Follikel, mitsammt dem Eichen, das unter der verdünnten Oberfläche liegt, vorspringt, öann entsteht die Dui’chbohrung Stigma, die Höhle des Follikels Erscheint sogleich nach dem Austritt des Eicliens sehr enge. Die Vereimte Höhle des Follikels wird bald von einer körnigen Masse äUsgetüllt, und es entsteht eine Art Warze an der frühem Oeff- *>ang, die nachher verschwindet, worauf das Corpus luteum eine *'önde Form bekommt. Siehe Valentin und Bernhardt a. a. O. ^ei den Eierlegern wird der geöffnete Kelch nach der Entfernung *^65 Eies allmählig kleiner und in die Masse des Eierstocks zurück- gebildet. 646 Vll. Buch. V. d. Zeugung. JI. Abschn. GescHechtl. Forfpflanz. IV. Befruchtung. Man kann sich die Einwirkung des Samens zur Befruchtung auf verschiedene Weise denken. Entweder wirkt der Samen zu nächst auf das weibliche Individuum ein, und von diesem aus erlolet das Weitere, oder der Samen wirkt auf das Ei ein. erstern Fall kann man sich eine unmittelbare Erregung der weib- lichen Genitalien durch den Samen und als deren Folge die n fruchtung denken, oder man kann eine Aufnahme des Samens m das Blut' des weiblichen Körpers voraussetzen und von dort aus sowohl die Wirkung auf den Eierstock, als die weiteren Wirkun- gen der Befruchtung erfolgen lassen. Es hat selbst nicht an Schriftstellern gefehlt, welche sich von diesen Theorien aus eine Befruchtung auf anderen Wegen durch den dem Blut emgeimptteo Samen möglich dachten. Beobachtungen zeigen, dass die Belruch- tung nicht anders erfolgt, als durch Wirkung des Samens- au das Ei selbst. Diess -wird bewiesen tbeils durch die Versuche von Haiohton, welcher durch Unterbindung einer Tuba auf einei Seite die Befruchtung durch Begattung für diese Seite unmöglich machte, während die Befruchtung regelmässig auf der freien Seite erfolgte [Phüos. Trans. 1797. p.i. 159. KEit.’s 31)- Tbeils wird es bewiesen durch die ohne allen Äntheil der Mut- ter und der weiblichen Genitalien ausgeführten Befruchtungen, theils natürlicher, theils künstlicher Art. Ohne Mitwirkung der weiblichen Genitalien werden die Eier schon bei den Fröschen befruchtet, indem der Samen der Männchen erst nach dem Aus- tritt der Eier über diese ergossen wird. Die künstlichen Be- fruchtungen der aus dem Leibe eines weiblichen Frosches aus- genommenen Frosoheier durch den aus dem Hoden oder Sa- inenbläschen des Männchens genommenen Samen sind seit Spae- lanzani berühmt geworden. Die Befruchtungen gelingen durch unmittelbaren Contact beiderlei Theile, aber die Befruchtung w^ verhindert wenn ein dünnes, undurchdringliches Medium Tatlei den Samen des in der Begattung begriffenen Frosches von deo Eiern absondert, üebrigens gelingen die künstlichen Befruchtun- gen bei kaltblütigen Thieren selbst mehrere Stunden nach dem Tode der Individuen, woraus Samen und Eier genommen werden- In der neuern Zeit hat HuscoNi gleich glückliche künstliche Be- fruchtungen von Fischeiern bewirkt. Muell. Archiv 1836. 2/ Wie es bei der Befruchtung nicht wesentlich auf die Mitwirkim-, des ganzen männlichen Organismus, sondern nur auf dessen Sa men ankömmt, und dass derselbe bei den Säugetbieren tiefer m die weiblichen Geschlechtsorgane eingeführt werde, wird auc durch die bereits durch Spaelanzani und Rossi ausgefühi^ künstlichen Befruchtungen durch den mit einer Spritze in i Genitalien einer Hündin eingeführten Samen eines Hundes bewm sen; Es kann daher in keiner Weise bezweifelt werden, ® bei der Befruchtung nicht auf die Einwirkung des männlic e auf das weibliche Individuum, sondern des Samens auf den liehen Keim ankommt, die Befruchtung mag ausgeführt werde i wo sie immer will. Von der Befruchtung. Ort. 647 Man hat die Einwirkung des Samens auf das EI iheils für Unmittelbar, tbeils durch Mittbeilung in Distans durch eine soge- nannte Aura seminalis möglich gehalten. Dass die letztere An- nahme falsch ist, ergiebt sich ])ereits aus SrALLAszASi’s Beobach- tungen, welcher die künstliche Befruchtung der Froscheier nui* dann erzielen konnte, wenn er sie unmittelbar mit Froschsamen in Contact brachte. Die Befruchtung blieb hingegen aus, wenn Gr die Eier dicht über den Froschsamen aufliing. Wurden 3 Gran Samen mit 18 Unzen Wasser sehr verdünnt, so reichte diese Flüs- sigkeit gleichwohl zur Befruchtung durch Contact hin. Mit einem "Tröpfchen davon konnte Spallanzami noch Froscheier befruchten. Siehe Spallakzaki experiences pour servir a fhistoire de la gene- Nation. Geneve 1786. Aber auch die Forlleitung des Samens bei den Säugelhieren ans dem Uterus in die Tuben bis zum Eier- stock beweist die Kothwendigkeit des Conlactes des Eies und des Samens zur Befrachtung bei allen Thieren. Der Sarnen gelangt üaeh der Begattung oder bei derselben in den Uterus. Schon Leeoweshoek fand die Sarnenthicrchen vielfach im Uterus der Säugelhiere nach der Begattung. Prevost und Dumas fanden die Samenthierchen 24 Stunden nach der Begattung im Uterus der Thiere, und nach 3 — 4 Tagen in den Tuben. Ann. d. sc, nat. lll. 119. Bischoff’s Beobachtungen reichen noclr weiter. Er fand die Samenthierchen einer Hündin, welche 19 Stunden und dann eine halbe Stunde vor der Section zum zweiten Mal belegt vrar auf und zwischen den Fimbrien. Ebenso in einem zweiten TairiS Standen nach der Begattung nicht bloss im Uterus und in den Tuben, sondern am Eierstock selbst. Der Contact des Samens »Jnd Eies ist also auch hier eine Thatsacbe. Wagner Phfsiol. 49. Der Ort, wo die Befruchtung gesebiebt, ist sehr verschieden. TVir haben schon gesehen, dass das Ei sich vor der Befruchtung !»blösen kann, und in anderen Fällen nach der Befruchtung sich ''om Eierstocke ablöst. Es lässt sich daher ein dreifacher Fall denken. a. Die Befruchtung erfolgt ausserhall des weiblichen Organismus. Wir haben schon die hierher gehörigen Fälle von den mehr- sten nackten Amphibien und Fischen kennen gelernt. b. Die Befruchtung erfolgt am Eierstock selbst. Hierher gehören jedenfalls die Säugethiere und der Mensch, ^chon die Existenz der Graviditas extrauterina, wo das Ei sich *01 Eierstock selbst entwickelt, oder vom Eierstock abfallend in Bauchhöhle geräth, und sich hier entwickelt, beweisen die Befruchtung am* Eierstock für jene Fälle. Die Beobachtungen Bisciioff und Barry über die Fortleituag der Samenthierchen Bis zum Eierstock beweisen aber diese Befruchtung als allgemeine ^batsache. Die Fortleitung bis zu dieser Stelle ist nach der Entdeckung der Wimperbewegung in den weiblichen Genitalien Bo'n Gegenstand der Erklärung mebi’. Wie schnell diese Art von Eeitung an den Wänden der Organe geschehe, kann man leicht Beim Frosch sehen, indem man nach Shabfey nach abgeschnit- ®*UUe|Ps Viiysiolog^ie. 2r Bd, III. 42 648 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Fortpflanu tenem Unterkiefer den Gnumen mit Kohlenpulver bestreut. Das- selbe rückt sichtlich und ziemlich schnell gegen die Fauces for > und ist oft nach einigen Minuten schon nicht mehr zu sehen- Es kann jetzt nur gefragt werden , wie die Samenthierchen jn den Uterus gelangen. Hierzu reicht die Wimperbevvegung nich aus, denn sie findet beim Menschen in der Scheide nicht statt, und das Wimperepithelium findet sich nach den Beobachtungen von Hehle erst gegen die Mitte vom Halse des Uterus. ^ So eno indess das Orificium uteri bei jungen Subjecten ist, so iiisst sie doch sehr gut begreifen wie der Samen bei der Begattung den Uterus gelange, ln dem Moment, wo sich das Ende Ruthe und das Örificinm uteri berühren, bilden sie fast eine» zusammenhängenden Leitungsapparat, dessen Continuität wird zWa^ durch die Begattuogsbewegungen unterbrochen, allein das die Scheide ira steifen Zustande ausfüllende membrum wirkt, aiie* bei dem wiederholten Vordringen in den Grund derselben, Wi® der Stempel eines Spritzwerkes, und treibt den im Grunde d®i' Scheide bereits ergossenen Samen in das Orificium uteri eio» welches, so lange die Rnthe ihre Steifigkeit erhält, der einzig® Ausweg ist. Die Möglichkeit einer Befruchtung bei noch vorhandenem Hymen oder bei kurzem Gliede und Hypospadie lässt sich a»iä dem Vorhergehenden nicht erklären. Welche Umstände bei die- sen seltneren Erscheinungen mitwirken, ist unbekannt. Sieb® über die hierher gehörigen Fälle Burdach’s Phr-iiologie I. 52»’ Uebrigens scheinen mir bloss die Fälle von Befruchtung bei noc» vorhandenem Hymen beweisend zu seyn. Denn an den Mensche» lassen sich in der andern Hinsicht keine reinen Beobachtung®» anstellen und es ist immer Sache des Glaubens, dass eine Perso» durch einen Hypospaden und nicht durch einen Andern befruch- tet worden sey. c.' Ei und Samen begegnen sich iimerhalb des Lei/ungsapparate^' Da die Eier bei den Vögeln auch ohne Befruchtung abgeben» so lässt sich einsehen, wie sie nicht bloss durch Fortleitung d®* Samens an den Wänden des Eileiters von der Cloake bis zu»’ Eierstock, vermöge der Wimperbewegung, befruchtet werde»» sondern wie auch die schon vom Eierstock abgelösten und •» der Tuba befindlichen Dotter, so lange sie noch nicht mit Eiwei’* und Schale umgeben sind, von dem an den Wänden aufsteigende» Samen befruchtet werden. Die Tritonen begatten sich nicht förmlich, das Männche» schlägt das Weibchen mit dem Schwänze, und lässt seinen Sam®» ins Wasser, wie Spallanzahi und Ruscohi beobachteten. Von d» kann er in die Genitalien des Weibchens eindringen, welche* seine Eier von sich giebt und an Blättern befestigt. Bei den ovoviviparen Species der eierlegenden Tbiere, sich das Ei innerhalb des Uterus oder Eierleiters ohne Anhettu»[» und ohne Placenta in einer, in diesen Fällen weichen Schaleii- hant entwickelt, ist cs ungewiss, ob die Befruchtung am Eierstoc schon oder im Eierleiter erfolge, wie bei den ovoviviparen Arte» Von der Befrurhfung. Vßanzen. Cl<) tler Rochen nncl Ilailische, dem Blennius (Zoarces) viviparns, der Salamandra maciilata, den Vipern u. a. Eine der interessantesten Variationen in Hinsicht der lieiruch- tung bieten die [nsecten dar. Die Weibchen dieser Thlere haben einen mit der Vagina verbundenen Sack oder Capsel, worin der Samen bei der Begattung gelangt, und worin man die Samen- thierchen lan^e nacli der Begattung noch antiifft. Hier können die Eier successive abgehend dem befruchtenden Einfluss des Sa- mens ausgesetzt werden. Indessen fehlt es noch immer an einem Siebern Beweise, dass der Samen nicht successive zum Eierstocke gelange, uod bei den Insecten, deren Eier eine sehr feste Schale bereits in den Eierröhren erhalten, wie bei den Phasmen, wurde die Befruchtung während dem Legen der Eier sehr erschwert sevn. Bei manchen Insecten hingegen ist die Befruchtung der Eier auf ilirem Wege wohl nicht zu bezweifeln, wie nach v. Sie- »old’s Untersuchungen bei dem lebendig gebärenden Melophagus ovinus. Hier münden die Eierstöcke in einen Behälter, der sich in den Uterus öffnet. Der Behälter ist erst nach der Begattung mit Samenthierchen gefüllt. Die Eier gelicn hier durch die Sa- mencapsel durch und man sieht ein, wie ein Insect nach einer einmaligen Begattung nach einander lebendige Jungen zur Welt bringen kann. Ueber diesen Gegenstand haben wir austuhrhehe Untersuchungen von Siebold erhalten. Muell. ^/rcA. 1837. ;>..3S1 Der innere Vorgang bei der Befruchtung ist noch gänzlich ünbekannt, und hat bis jetzt um so weniger schon erkannt iverden können, da man früher noch in Hinsicht der Vorfragen über den Ort der Befruchtung ungewiss war. Hauptsächlich ■Wäre es von Wichtigkeit zu wissen, welche Rolle dabei die Samenthierchen spielen, ob sie dazu dienen, die befiuchtende Ma- terie nur zu verbreiten, gleichwie die Insecten durch Verbreitung des Pollens zur Befruchtung der Pflanzen mitwirken, oder ob in ihnen 'selbst wesentlich das hefrnchtende Princip enthalten ist. Eur das Letzte sprechen die Veränderungen, welche sie bei den bastarden nach R. Wagneh’s Beobachtungen erleiden. Siehe oben 637. In einem nähern Verhältniss zum Keimbläschen stehen sic iedenfalls nicht, denn dieses verschwindet schon in den unbefruch- teten Eiern der Eierleger zur Zeit, als sie sich vom Eierstock '‘blösen. Siehe oben 631. Ebenso w'enig darf man daran den- ''^en, dass die Samenthierchen selbst zu Embryonen werden. Die Eeimscheibe der befruchteten und unbefruchteten Eier ist sich Sleich und der Embryo entsteht zunächst durch Vergrösserung ber Reimscheibe zur Reimhaut und weitere, gut zu verfolgende ^Organisation der letztem. Die Physiologie der Pflanzen ist in Einsicht des Actes der Befruchtung einen Schritt weiter gediehen. OOeswegen ist es auch für die Physiologie der Thiere von Wich- ^'Sbeit, zu vergleichen, was hier geschehen ist. Die bisher für männlich gehaltenen Organe der höheren Eflanzen sind die Äntheren. Die Pollenkörner derselben enthalten befruchtende halbflüssige Materie, Fovilla; in dieser beobacb- ^®t man Kügelchen, deren Bewegungen noch jetzt ein Gegenstand Streites "sind. Siehe Meyen a. a. O. 42 650 Vir. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. GeschkchÜ. Fortpßani. Der weibliche Theil der Bliitben ist das Pistill, sein oberer Theil ist die Narbe Stigma, sein unterer, der Fruchtknoten Ger- men, in welchem sich die Eichen lange vor der Befruchtung bilden. Beide sind bei den meisten Pflanzen durch eine Bohr den Griffel verbunden. Die Substanz des Griflels besteht im Innern ans einem zelligen Gewebe, welches entweder den ganze” Griffel bis zum Fruchtknoten ausRillt, oder gewöhnlicher eine centrale Höhle des Griffels einschliesst, welche von dem obern Ende des Griffels Stigma bis zum Fruchtknoten hinabreicht, nno sich in so viel Fortsätze theilt, als Eier vorhanden sind. Das ü hat meist zwei Häute, welche das zellige Perlsperm einsch lessen, durch den Nabelstraiig hängen diese Häute mit dem Frucht^o 6 zusammen, er leitet die Gefässe zum Ei, wo sie in den H”- ® des Eies endigen. An einer andern Stelle befindet sich in diese Häuten eine Oeffnung, die Micropyle, welche zu dem Innern de Eichens oder zum Perisperm führt. Aus dieser Oeffnung tn das Perisperm oder der Nuclens des Eichens bei vielen Pflanze” als ein freies Zäpfchen, Rernzäpfchen hervor. Der Nucleus enG hält in sich eine Höhle, den Embryosack oder Reimsack, welcbef von einer einfachen Zelle gebildet wird, und welcher für die Be- fruchtung von grosser Wichtigkeit ist. • i • j n Zur Zelt der Befruchtung der Pflanzen nähern sich m de” hermaphroditischen Blüthen die Antheren der Narbe und ben sie mit dem Pollen; bloss weiblichen Blüthen wird der Polle” theils durch den Wind, theils durch Insecten, oft über beträcht- liche Strecken zugeführt. Der nähere Vorgang der Belruchtung ist in der neuern Zeit erst erkannt worden. Amici beobachte > dass die Pollenkörner auf der Narbe Röhren ans sich austreibe”) und Brongniart verfolgte diese sich verlängernden Röhren ’ in das Gewebe des Stigma, Diese Pollenschläuche entstmien ao der innern Membran der Pollenkörner, und wachsen durch Vegetation und Aneignung von Stoffen, die sie aus «1 anziehen. Seither sind diese Schläuche durch den Griffelka” oder durch das Zellgewebe des Griffels bis zu den Eichen, zf Micropyle verfolgt worden, und der Process der Befruchtung durch die Beobachtungen von K. Brown» Hork.el, Schleide ) Meyen für viele Pflanzen factisch festgestellt. Diese Beobachtu” gen haben aber auf Meinungsverschiedenheiten in Hinsicht ^ Geschlechtes der Pflanzen geführt. Mirbel betrachtete die B” fruclitung der Pflanzen als die Impfnng einer männlichen Ze auf eine weibliche. Nach Schleideh’s Untersuchungen (Wiegmann Archiu 1837./. p.291. No», act. nat. cur. XIX. p.i.) wird hingegc” der Pollenschlauch selbst zum Embryo, indem er in die Micropy ^ eingetreten den Embryosack vor sich hertreibt und einstmpt, u” eine aus diesem Theile des Pollenschlauches sich abschnüreii Zelle ist der Anfimg des Embryo, welcher die Bildung Zellen veranlasst. Nach dieser, auf zahlreiche Beobachtung gestützten Ansicht ist die Lehre vom Geschlecht der . gänzlich zu reformiren, und die für weiblich gehaltenen _ Sind vielmehr fiu’ die Bruthälter der ihnen eingeimpften _ nen zu halten. Von anderen Seiten und namentlich durc 651 Von der Befruchtung. Pflanzen. viKABUS und Meyen -wird hingegen die alte Ansicht vom Geschlecht der Pflanzen vertheidigt. , „n j • Nach Meves besteht die Befruchtung der Pflanzen dann, dass der Pollen eine kleine Menge der befruchtenden Substanz in die Höhle des Nucleus führt, welche sich mit der bildungsfä- higen Schleimmasse der Höhle des Embryosackes vereinigt. Wäh- rend der übrige Theil des Pollenschlauches sich abschnürt, durch die Schleimmasse der Nucleushöhle oder des Embryosackes er- nährt wächst der mit der Nucleushöhle vereinigte Theil zu einem Schlauche, in dessen Innern sich Zellen bilden. Meyen nennt das Bläschen, welches sich nach dem Eindringen des Pollenschlauches in der Höhle des Nucleus fcigt, oder welches nach der Vereini- eun« des Pollenschlauches mit dem Embryosacke entsteht, das Keimbläschen, durch die Vegetation desselben oder die Zellenbil- dnng in seinem Innern entsteht der Embryo. Es scheint, dass man zunächst in Hinsicht des Vorganges der Befruchtung bei den Pflanzen Beobachtung und Theorie ganz trennen muss. Es wird sich zunächst darum handeln, ob die Beobachtung von dem Eindringen des Pollenschlauches in den Nucleus durch Einstülpung des Embryosackes richtig ist, und ob sich der so eingedrungene Theil zum Embryo abschnürt, oder oh, wie Meyen annimmt, das von ihm sogenannte Keimbläschen etwas ganz Neues und ein Product aus der Vereinigung aus dem befruchtenden Inhalt des Pollenschlauches und dem Schleim des Embryosackes ist. , . , -n j Die Bildung der Mittelform bei der Bastarderzengung, woraus man sieht dass die weibliche und männliche Pflanze gleichviel zur Erzielung der Pflanzenform beitragen, beweist wohl für keine der beiden Ansichten. Denn wenn auch der Embryo nach der ScHLEiDEN^schen Ansicht zunächst nur ein, in den Nucleus einge- ittinfter Theil des Pollenschlauches ist, und wenn dieser zunächst der fortwachsende Emhryo ist, so wird dabei eine dynamische Wirkung der Säfte des Nucleus auf diesen Theil nicht ausgeschlos- sen, und auch wenn jenes laclisch ist, wird die Befruchtung doch *Unächst nur darin bestehen, dass ein Theil des Pollenschlauches ^Urch die Wechselwirkung mit dem Nucleus fähig zur \ egetation der Form der Pflanzenspecies wird. Ohne diese Einwirkung 'Wird der Pollenschlauch zwar einer Vegetation fähig seyn, die er ja zu äussern beginnt, noch ehe er den Nucleus erreicht, aber öicht der Vegetation in der ganzen Form der Pflanzenspecies. Wh hei den Thieren kömmt das, was durch die Befruchtung *ür Vegetation fähig wird, von einem der Geschlechter, der Keim, der befruchtete Keim unterscheidet sich sogar nicht von dem ^ohefruchtetun. , Tr • . • ■ , Ob nun der dem thierischen weiblichen Keim vergleichbare Theil der Pflanzen wirklich das Po-llenkorn oder das bisher soge- nannte Pflanzend ist, wird sich aus dem weitern Fortschritt dev beobachlungen ergeben müssen. 652 VJl. Buch. V. d. Zeugung. II. Ahschn. Geschkchtl. Forlpflam. VI. Capitel. Theorie der geschlechtlichen Zeugung. a. C. Fr. ’VVot.FF’s Ansicht von der Befruchtung der Pflanicu und T liiere. Theorie der Generation. Halle 1764. p.lTl. C. Fr. Wolff geht bei seiner Lehre von der Conception von dem Grundgedanken aus, dass, die Vegetation der Pflanzen durch die Fructification ihr Ende erreicht und dass das Ende der Ächst, sobald die Bildung der Blixthe an dieser Stelle eintritt, auch zur Fortsetzung der Achse in der Form der Knospen unfähig wird. Er beweist sodann, dass die Fructificationsorgane selbst nur mo- dificirte Blatter sind. Der Kelch ist, sagt er, bei der Sonnenblume, nichts als eine Anzahl dicht zusammengehäufter kleinerer Blätter, als die gewöhnlichen sind. Die Blumenblätter sind wiederum nichts anders, wie die Gräser beweisen. Die Blumenkrone der Gräser ist vom Kelch nicht unterschieden; und sie ist von den vorhergehenden gewöhnlichen grossen Blättern ebenso und nipW anders verschieden, als der Kelch von ihnen verschieden ist. Dm Farbe ist nicht wesentlich und tritt oft ullmälig auf. Die Station hat viele Kelche, der unterste ist blass und ohne Farbe, die fol- genden fallen immer mehr ins röthliche; der oberste, die Blum® selbst, ist am stärksten gefärbt, aber die Figur nicht im geringe sten von den vorhergehenden Kelchen verschieden. Die Samen- kapseln verrathen ihre Natur als Blatter, w'Cnn sie reit sind und von einander springen, eine jedeValvel ist dann ein wahres Blatt. Mit dem Samen ist es ebenso. Sobald er in die Erde gesteckt wird, gehen seine Seitentheile in Blätter über. "Wolff beweist sodann, dass die Modification der Blätter bei der Bildung der Blüthe in einer Hemmung der Vegetation be- steht. Die Blätter, welche den Kelch der Sonnenblume ausma- chen, sind kaum den achten Theil so breit als die gewöhnlichen Blätter und viel kürzer. Die Blätter des Reichs und der Blume der Gräser sind kaum den 50. Theil so lang als die gewöhnlichen Blätter. Er fügt hinzu, dass auch die gewöhnlichen Blätter einer Pflanze vor der Blülbenhildung nach und nach unvollkommen Fverden. In der Sonnenblume und vielen anderen geschieht diess so deutlich, dass man nicht sagen kann, wo die gewöhnlichen Blätter der Pflanzen aulhären, und W'o die zum Kelch gehörenden anfangen. Man kann hinzufügen, dass die Internodien bis zur Blüthe immer kürzer werden, und dass man in der Stellung der Blätter des Kelches bei manchen Pflanzen noch deutlich die Spur einer Spirale wahrnimmt, welche die Blattstellung um Stengr beherrscht. Die Vegetation wird also, schliesst Wolff, gegen dm Blüthe immer unvollkommncr und schwächer, sie muss endlic * panz autliören. Dieses völlige Aufhören nun geschieht bei den| Samen. Die Hemmung der Vegetation beruht in dem Mang® der Säfte, und dieses geht aus dem Vertrocknen und Abfallen der Frucht hervor. Setzt man aber eine Pflanze, von der ma» ungefähr weiss, w'ie viel Schüsse von Blättern sie bekommen mu».'’> ehe die Fructilication erfolgt, in ein sehr mageres Erdreich, s® Theorie der Coneeption. 653 ^vird sie ausserdem, dass ihre Blätter sehr klem und unvollkom- men werden, auch wenn sie sonst 6 Ausschüsse vo,> Blattern b.s zur Fructificatlon n.aeht, |etzt kaum 3 gemacht haben, so w.rd die Fruclilicalion schon eintreten. Wird dieselbe Pllanze in ein sehr l'enchtes und Iruchtbares Erdreich gesetzt, so werden ihre Illälter nicht nur grösser und vollkommner, sondern statt sie ge- wöhnlich 6 Ausschüsse von Bhiltern bekommt, wird sie jetzt 9 hervorbrinoen. Wenn ferner eine Pflanze in guter Erde mit der Eructificalion zaudert, und immer noch Blätter treibt so darf man sie nur in magere Erde versetzen und die I ruc .fication wird sogleich eintreten. Endlich kann inan bm einer Pflanze die i« eiiter magern Frde schon den kelch und die Anfänge der Blu- menkrone und Aiithercn form.rt hat und m fruchtbare Erde schnell versetzt wird, sehen, wie che Antlieren wegen des Ueber- üusscs an Nahrungsstolf in Blmnenblätter sieh verwandeln Ferner sa"t Wolff sind die ersten Theile der jungen Pllanze, die durch die kraft des liinzukornmenden männlichen Samens erzeugt werden sollen, von den gewöhnlichen Blättern der alten Pllanze nicht verschieden. Die junge Plumula ist aus jungen Blättern ebenso zusammengesetzt, wie die Knosjien bei den alten Pflanzen. Sie werden also auch zu ihrer Ilervorbrmpng dieselbe Ursache erfordern, welche bei der a ten Pflanze staUfand , zur Zeit als sie ihre gewöhnlichen Blätter hervorbraclite. Der männ- liche Samen ode. Blumenstaub kann also nidits anders seyn, als eben diese Drsache, die bisher geleb t hat. Der nriannhche Samen ist daher nichts Anderes, als ein im höchsten Grade vollkommenes Nutriment Das gewöhnliche Nutriment hört aut, dem Endthed der Pllanze auf den gewöhnlichen Wegen zu zu fliessen. Der männliche Samen ist aber ein Nutriment, welches nicht auf den gewöhnlichen Wegen zum vegetationsiahigen Theil, sondern von aussen ihm zugelührt wird. . p n Air • Bei den Thieren geschehe die Conception auf dieselbe W eise. Der Ort wo hier die Vegetatioii aulhöre, sey der Eierstock, wel- cher daher einer, in ihrer Entwickelung gehemmten Endknospe gleich ist. b. Kritik dieser Theorie. Die Theorie der Conception von C. Fb.W^olff enthält meh- feres vollkommen Bichlige, ist aber in ihrem Endresultat unrichtig Und schliesst namentlich eine Verkennung der Natur des Samens in sich Es ist richtig, dass die Vegetation hei der Frucüfication gehemmt wird, aber diese Hemmung wird nicht durch das vollkom- Uienste Nutriment aufgehoben, sondern die Hemmung ist, wie wir sogleich sehen werden, ganz eigenthiimlicher Art. Eine abfallende Knospe ist auch in ihrer Vegetation gehemmt und war es bereiG ’fordmu Abfallen, m"! ^vir haben gesehen, dass es höchst eintaciie uns einer einzigen Zelle bestehende Knospen gieht, welche in Hinsicht der Einläcblieit dem durch Fruclitication sich bildenden Keim nichts nacligebeu, und welche sich doch wesentlich von 'iiesem in Hinsicht ihrer inneren Zustände und Rrälte uuterschei- N 654 VII. Buch, V. d, Zeugung. II, Absclui. Geschlechtl. Fortpflam. den. Die .^bgefalIene Knospe bedarf zu ihrer Entwickelung nichts als neues Kutriment von aussen, welches sic entweder in der Erde oder in einem andern vegetirenden Ganzen bei der Inoculation findet. Das INatriment hingegen, welches der männliche Sarnen dem unbefruchteten Keime giebt, ist so wenig blosser -vollkom- menster Nahrungsstoff, dass er vielmehr so gut wie der weibliche Keim die ganze Form der Pflanzenspecies oder Thierspecies in sich enthält. Dieses sieht man sowohl bei der gewöhnlichen Zeu- gung, als aus der Bastarderzeugung. Bei der gewöhnlichen Zeu- gung hat das Product nicht bloss die Eigenschaften der Mutter, sondern ebenso bestimmt auch die des Vaters an sich, wie diess von Menschen und Thieren bekannt ist. DieRace, die körperliche Form, die Neigungen, Leidenschaften, Talente, ja selbst Krank- heiten pflanzen sich vom Vater ebenso sicher als von der Mutter auf das Product fort, und da sie durch den Samen in den Keim kommen, so muss die Form des Vaters in dem Samen bereits ent- halten seyn, gleich wie die Form der Mutter in dem Keim der Mutter. Dasselbe erkennt man an den Mittelformen, welche durch die Vermischung verschiedener Species entstehen. Das Maulthier theilt die Eigenschaften des Pferdes und Esels, und die Bastard- erzeugung der Pflanzen bedingt eben so häufig reine Mittelfor- men, welche man nicht als Hemmungen der einen oder andern Form betrachten kann. Will man daher den Samen Nutriment nennen, so ist er jedenfalls ein solches Nutriment, welches so gut wie der Keim die Form der bestimmten Pflanzen- und Thierspecies und aller ihrer individuellen Eigenschaften in sich enthält. In gleicher Weise lässt sich auch die Theorie derjenigen widerlegen, welche den Samen statt als Nutriment, vielmehr als das die Vegetation des Keimes hemmende betrachten, welches der Fortsetzung der Achse die Grenze setze. Diese Hemmung tritt schon bei den Pflanzen an den weiblichen Blüthen ohne das befruchtende Princip ein, das befruchtende Princip aber enthält selbst wieder die Form, und ist also weder allein ein Reiz, noch ein Hemmendes, c. Natur des Eies und Samens und der Conceptlon, Der unbefruchtete Keim stimmt mit der Knospe ül^erein, dass beide die Form der speciellen Pflanze der Kraft nach enthalten, und unterscheidet sich von der Knospe, dass eine Blüthenknospe durch sich selbst keine neue Knospen treiben kann, eine Knospe aber nicht bloss sich entwickelt, sondern auch der Stamm für eine unendliche Multiplication werden kann, b* dem unbefruchteten Keim ist daher ausser der Anlage zur Form der Pflanze auch eine eigene Art von Hemmung enthalten, welch® die Ursache ist, dass die Form nicht erzielt werden kann, no® diese Hemmung fehlt der Knospe. Eine Knospe kann gehemmt seyn, wenn der Nahrungsstoff zur Vegetation fehlt, wie bei def abfallenden Knospe. Die Hemmung des unbefruchteten Keime* ist viel tiefer, denn dieser Keim entwickelt sich nicht, wenn et auch den nöthigen Nahrungsstoff erhält. Von welcher Art i**' Theorie der Conception. 655 diese Hemmnng? Da sie nicht in dem Mangel an NahrungsstofF allein beruht, so muss sie wahrscheinlich darin bestehen, dass der Keim qualitative Behaftungen erlangt, welche der Knospe fehlen und welche die Entwickelung des Keims in der prädispo- nirten Form unmöglich machen, ohne ein Supplement, welches den Keim ergänzt. Diess Supplement ist der Samen , welcher auch die Anlage zur Form enthält, aber auch mit einer ihm eig- nen qualitativen Behaftnng, welche den Samen hindert, die piä- disponirte Form allein zu erzielen, und nicht minder eine Ergän- zung durch den weiblichen Keim nöthig hat. Die Behaftnng des Eies und des Samens sind nicht von gleicher Art, sondern in beiden verschieden, indem jedes das Supplement des andern ist. Beide sind nicht gleiche Hälften eines Ganzen, sondern die Be- hallung des Eies, wenigstens der Thiere, ist von der Art, dass es, und nicht der Samen, der zum Keimen bestimmte Theil und schon die präformirte Urzelle ist, oder die präformirten Urzellcn enthält, welche den abgebrochenen Faden der Vegetation fort- setzen. Der Samen hingegen ist so behaftet, dass er zunächst nicht keimt, sondern ein von der Form beseeltes flüssiges Inci- tament ist. Hierbei lässt sich an die Vegetationsart der Zellen in den Organismen erinnern. Die Pllanzenzellen haben das Vermögen den ihnen dargebotenen Nahrungsstolf in eine noch flüssige Multer- suhstanz für die Grundlage neuer Zellen zu verwandeln, Cytohla— Sterna Schi.eideit, in welchem die Bildung neuer Zellen durch die Wirkung einer vorhandenen Zelle beginnt, indem sich in diesem Cytoblastem Kerne, und um die Kerne wieder Zellen bilden. Auf dieselbe Weise vegetiren nach Schwans’s Untersuchungen die thierischen Zellen. Der Keim, selbst eine Zelle, kann daher betrachtet werden als eine, zur bestimmten Form der Pllanze prädisponirte Zelle, deren Behaftnng durch qualitative Verände- rung darin besieht, dass sie kein Cytoblastem zu bilden vermag. Der Samen hingegen enthält, trotz der ihm inwohnenden Anlage zur bestimmten Form eines organischen Wesens, keine Urzellen Und ist nicht eine schon zum Individuum organisirte Urzelle, sondern gleiclit mehr einem Cytoblastem mit der Anlage zur be- stimmten Form, aber mit der qualitativen Behaftnng, dass^ es selbst unfähig ist, ohne die Gegenwart einer Urzelle, zu vegetiren. In- dem aber die individualisirte Urzelle mit der Anlage zur Form mit dem nicht individualisirten ReimstolF oder Cytoblastem des Samens zusammen kommt, so beginnt die Vegetation der indivi- dualisirten Urzelle, so zwar, dass sowohl die Urzelle des Keims, als der Keimstoff des Samens auf die Producte der Urzelle Ein- fluss haben, und das neue Individuum eine Verschmelzung beider formen, der mütterlichen und väterlichen Form ist. Die Wechselwirkung des Samens und des Eies ist nicht das einzige Beispiel von der Wirkung zweier, von der bestimmten form beseelten Wesen aufeinander, und selbst nicht das einzige Beispiel von der völligen Verschmelzung zweier von bestimmter form beseelten Substanzen in ein Individuum. Um das Eigen- tluimliche dieser Verschmelzung klarer eirizusehen wird es nütz- 656 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtl. Fortpflanz. lieh seyii auch diejenige Art der Vereinigung zweier von bestinim- ter Form beseelten Wesen ins Auge zu fassen, wobei es nicht zur Verschmelzung zu einer einzigen individuellen Mittelform kommt. Die Extreme sind hier die Verbindung einer Knospe mit einem andern MuUerstamm, und die Verschmelzung der Formen heim Keim und Samen. Der letztem ähnlich ist die Verschmelzung zweier Knospen oder die Zeugung durch Conjngation. 1. Inocxdaiion der Knospen. Die meisten Erfahrungen sprechen dafür, dass die auf einen Stamm verpflanzten Schnittlinge oder inoculirten Knospen weder durch das Subject, auf dem sie wachsen, verändert werden, noch das Subject selbst verändern. Werden immergrüne Eichen auf gewöhnliche Eichen gepfropft, deren Blätter im Winter abfallen, so behält der Impfling die Blätter im Winter. Der Kirsch lorbeer- Laum auf einen wilden Rirschhaum gepfropft, behält im Winter .seine Blätter, während das Subject sie im Herbst ahwirft. Meyen Jflanzenphysiologic 3. 92. Schlechte Sorten von Birnen auf gute verpflanzt bleiben sclilecht und gute auf schlechten gut. Ehend. Wenn der weisse Jasmin, auf welchem gelber Jasmin gepfropft wurde, auf denjenigen Zweigen gelbe Blumen brachte, welche unter der Pfropfstelle hervorkamen, so erklärt das Meyen so, dass die letzteren gar nicht dem Subject, sondern den Impfling ange- hören, indem der Impfling seine Holzschichten über den Stamm des Subjectes hinabgeschic'kt hat, und aus diesen Adventivknospen bervorbrechen. Die Veränderungen, welche die Impflinge erlei- den, beschränken sich daher hauptsächlich auf Veredlung der Früchte und solche Veränderungen, welche man auch durch die Nahrung des Bodens erzielen kann. Dagegen ist gerade die Pfropfung und Inoculation ein Mittel die individuelle Form der Pflanze, und selbst Variationen rein und unverändert fortzupflan- zen, welches hei der geschlechtlichen Zeugung viel Yveniger ge- lingt, indem hier die Form in der That von zweierlei Einflüssen gleich stark bestimmt wird. Die geringe Einwirkung zweier mit einander durch Verwachsung verbundener Wesen auf einander zeigt sich auch bei den Thieren und es ist bekannt, dass lörtle- bende Doppelmisgeburten, wie z. B. Rita und Christina verschiedene Gemüthsanlagen haben können. 2. Conjugation. Knospenpaarung. Wenn die gegenseitige Veränderung von verwachsenen, in- dividuell organisirten Wesen nicht möglich ist, so lässt sich gleichwohl denken, dass zwei noch unentwickelte Knospen nicht bloss auf einander einwirken, sondern selbst verschmelzen können. Auf diese Idee wird man durch die an den Hydren gemachten Versuche geführt. Jeder Theil derselben kann als eine Knospe betrachtet werden, wenn er isolirt ist. Der Hintertheil eines Polypen abgeschnitten entwickelt sich zum neuen Individuum, vvird dies Stück aber in Berührung mit der Schnittfläche des yorder- stücks gehalten, so wächst es wieder an und ist dem Centrom des Vorderstücks als Theil unterworfen, wie Täbmblev gezeigt Theorie der Conception, 657 bat. Diess bringt auf die Idee, dass selbst zwei Stücke einer Hydra, die noeb kein Centrum enthalten, aber sich zu Individuen entwi^ckeln können, und als individuelle Knospen zu betrachten sind, wenn sie nahe genug gebraclit würden, um verwachsen zu können, auch wieder eine einzige Knospe seyn würden, die sich zu einem einzigen Individuum entwickelte. Unter den mannigfaltigen Variationen der Versuche, welche Trembley anstellle, kömmt auch dieser Versuch vor. Es ist aber niemals gelungen, die Stücke vereinigten sich nicht, und es kam also keine der geschlechtlichen Zeugung vergleichbare Fusion zu Stande. Diese Stücke hatten die Fähigkeit Knospen zu seyn, aber hatten sich noch nicht zu Knospen umgewandelt. Dagegen ist die wirkliche Verschmel- zung zweier Knospen zu einer bei einigen niederen Organismen beobachtet. Die Conjugation wurde von O. Fr. Mueeler bei Conferven beobachtet, und es gehören hierher die Confervae conjugatac, insbesondere die Gattungen Conjugata und Spirogyra. Ehhenberg beobachtete die Conjugation bei einem Pilse Syzygites, Verh. d. Gese/ls. naiurf. Freunde zu Berlin. I. B. 1829. Derselbe und Morreh sahen sie bei den Closterien. Zur Zeit der Conjugation zeigen sich an den Gliedern der Conjugaten knospenartige Auswüchse, die Aus- wüchse der nebeneinander liegenden Confervenfäden verbinden sich Und verwachsen mit Resorption der Zellenwände, so da^ss die con- jiigirten Glieder mit einander offen cornmuniciren. Siehe Meyen a. a.O. Taf.X. Fig. ii. 12. Die in den Gliedern enthaltene schleimige Masse forrairt sicli zu einem Klumpen, und tritt aus dem einen der Glieder in das andere hinüber, hier vereinigen sich die Mas- sen beider Glieder und bilden eine Kugel, die Frucht. Meyen ebeud. 416. Von den conjugirten Fäden sind einzelne Glieder die empfangenden, andere hingegen geben ihren Inhalt ab. Vatj- CBER beobachtete, dass die Conjugation auch so erfolgen kann, dass der Inhalt nach der Conjugation zweier Conferven aus beiden Zusammentritt und sich in der durch Communication gebildeten Röhre vereinigt. Siehe Meyek a. a. 0. Tab. X. Fig. 14. 15- Ueber die Conjugation der Closterien siebe Moereh Ann. d. sc. nat. T. V. 1836. />. 257. Ehhenberg die Infusionsihierchen. Tab. V. VI. Dass die sich bei der Conjugation verbindenden Massen Knospen und nicht geschlechtlich verschieden sind, zeigt theils ihre Ueber- einstim'mung, theils aber auch, dass sich auch ohne Conjugation an den Gliedern der Conferven eben solche Samen oder vielmehr Knospen bilden, wie die Samen, welche durch Conjugation ent- stehen, wie nach Meyen bei den Spirogyren. 3. Bis Verschmelzung der Keime und des Samens bei der ge- schlechtlichen Zeugung. Die Conjugation ist, wie es scheint, eine einfache Verschmel- zung zweier an sich gleicher Knospen. Diese Art der Zeugung steht offenbar höher als die einfache Knospenbildung. Denn eine durch Conjugation entstandene Knospe muss an den Individuellen Rigenthüiiilichkeiten zweier Individuen participiren, wahrend die einfache Knospeabildung nur das Individuum fortpllaiut. Dies 658 VII. Buch. V. d. Zeugung. II. Abschn. Geschlechtf. Fortpßani. Erheben der Prodncte, über die Grenzen des einzelnen Indivi- duums zur Gattung und Species, scheint auch der Hauptzweck der ^escblechtlicben Zeugung zu seyn, -welche von der Conjugation noch verschieden ist dadurch, dass die eine Keimsubstanz das unbedingt noth wendige Supplement der andern ist, die eine das empfangende, die andere das gebende ist, die eine das schon or- ganisirte, die andere das noch flüssige und zum Organisiren stre- bende ist. Der speciellen Physiologie Achtes B u ch.'i •W Von der Entwickelung. J. Abschnitt, Von der Entwickelung des Eies und der Frucht, I. Entwickelung der Fische und nackten Amphibien. 11. Entwickelung der Vögel und beschuppten Amphibien. TU. Entwickelung der Säugethiere und des Menschen, IV. Entwickelungsverschiedenhelten der Eierlegenden und Le- bendiggebärenden. II. Abschnitt. Von der Entwickelung der Organe und Gewebe des Fötus. I. Entwickelung der organischen Systeme und Organe. II. Entwickelung der Gewebe. III. Abschnitt. Von der Geburt und den Entwickelungen nach der Geburt. I. Die Gehurt, der Neugeborne, die Mutter. II. Entwickelungen der Lebensalter* Der s ]) e c i e 1 I e n Physiologie Achtes Buch. Von der E n t w i c k e ! n n g. L Ahschnitt. Von der Entwickelung des Eies lind der Frucht. Die Entwickelung des Embryo der Fisebe und nackten Am- phibien zeichnet sich unter den Wirbeltbieren durch ihre Ein- fachheit aus, ihre Geschichte verdient deswegen der Entwickdungs- geschichte der übrigen Wirbelthiere vorausgescbickt zu werden lei ihnen fehlt das Amnion und die Allanto.s, welche d.c Vogel, beschuppten Amphibien und Säugethiere gemein haben. Dass die Fische nicht die Ailantois der Vögel, wohl aber ihren DoUersack haben hat Aristoteles zuerst entdeckt. De generaiione ammaUum 3. •3. lehrt er, dass die Eier der Fische nicht den zweiten Nabelgang der Vögel haben, der zum Chorion unter der Eischale (Ailantois) geht wohl aber den Nabelgang zum Dotter besitzen. ttqiÖtov /.lev yäo’nvx s%nvai tov %tsqov n^ifpalov tov ml xo ioqlov xeivovrce 6 iaxiv VTio XQ 7iEQii%ov oaxQaxov. Alle Entwickelungen sind daher hier auf die Phasen beschränkt, welche die Keirahaut und der daraus entstehende Embryo und Dottersack durchlauien. Bei allen Wirbeltbieren liegt der Bildung des Embryo und des öottersacks ein gemeinsamer Tyims zu Grunde, von dem es spe- cielle Abweichungen in den einzelnen Classen giebt. Auch m dieser Hinsicht nehmen die Fische und noch mehr die nackten Amphibien die erste Stelle durch die Einfachheit der Vorgänge ein.^ Denn bei den letztem wird die ganze Reimhaut, auch das derii Dottersack der übrigen Thiere analoge zur Bildung |dcs Fmbryo verwandt, während sich bei vielen Fischen schon der Fmbryo gegen den Dottersack abgrenzt. Hauptwerke über die Entwickelnngsgescbichte mehrerer Glas- « *en, abgesehen von den Werken über die einzelnen Classen, sind liuTRocHET recherches sur les enoeloppes du foetus in mem. de la «oc. med. d’emulation T. Vlll. und in Dütrochet mem. p. u anat. et physiol. des oegetaux et des animaux. Paris Ibd/. T. //, p 200. Buhdach’s Physiologie, Bd. II. 2. Aiiß. mit Beiträgen 'on E. V. Baer, Rathre, Meyer, v. Siebold und Valentin, 18.37. V. Baer über Entm'ckelungsgesc/ächte der Thiere. I. Kunigso. 662 Vin. Buch. V. d. Entwickelung. I. Alschn. Entwickl. d. Eies. 1828. II. 1837. Valentin Ent Wickelung sgeschichte. Berlin 1835. R. Wagner Physiologie I. Leipz. 18-39. Die Werke über die einzelnen Classen werden weiter unten gehörigen Ortes namhaft gemacht. l. Capitel. Entwickelung der Fische und nackten Amph ib i en. 1. Veränderungen des Dotters vor der Bildung des Embryo. Bei allen Thieren scheinen der ersten Configuration des Em- bryo Veränderungen in der ganzen Dottennasse vorher zu gehen, aber der Umfang dieser Veränderungen ist in den verschiedenen Classen sehr ungleich, sie sind z. B. am geringsten bei den Vögeln, am stärksten bei den nackten Amphibien, Fischen und vielen Wirbellosen, wo sie die Erscheinung der regelmässigen Furchung des Dotters zur Folge haben. Die Furchung des Dotters der Froscheicr ist zuerst von Phevost und Dumas entdeckt. Ann. d. sc. nat. T. 11. 110. Weitere schätzbare Beobachtungen haben darüber Busconi t^developpemenl de la grenouille commune. Milan 1826.), Baumgaertner {über Nerven und Blut. Freih, 1830.) und v. Baer (Muell. Archiv 1834. 481.) mitgetbeilt. Die Oberfläche des Dotters zeigt bekanntlich zwei verschieden gefärbte Felder. Die eine Hälfte ist schwarz gefärbt, die andere hell, die dunkle Färbung rührt von einer dünnen Schicht schwar- zer Dottermasse her. In der Mitte des dunkeln Feldes ist in dem schwarzen üeberzug eine Lücke, Baeb’s Reimpunct, sic führt durch einen Canal in eine etwas tiefer liegende Höhlung. Eine von jener Mitte des dunkeln Feldes zur Mitte des hellen Feldes gehende Linie nennt v. Baer die Achse des Eies, Furchen von der Mitte des einen zur Mitte des andern Feldes sind Meridianfurchen, Furchen deren Ebene senkrecht auf die Achse steht, Aequatorialfnrchen und Parallelfurchen, je nach der Entfernung von jenen Mittelpunctem Die folgende Beschreibung ist nach v. Baer. Am Schlüsse der 5, Stunde nach dem Legen bildet sich die erste Meridian- furche von der Mitte des dunkeln Feldes aus. Die Furchung isf nicht bloss oberflächlich und geht durch den ganzen Dotter durch, so dass bei den Salamandern in Folge der ersten Meridianfurchung zwei wenig zusammenhängende Ellipsoiden nebeneinander zu liegen kommen. Ehe die völlige Theilung in zwei Hemisphären erreicht wird, erscheint bereits die zweite Meridianforche 6 — 7 Stunden nach der Befruchtung. Sie kreuzt die erste unter rechten Win- keln. Ein erhärtetes Ei zerspringt nachher in vier Rugelviertheile- Bald entsteht jedoch die Aequatorialfurche. Darauf treten wieder neue Meridianfurchen und sofort Parailelfürchen ein, so dass der Dotter die Brombeerform und Himbeerform annimmt. Zuletzt wird die Oberfläche der Dotterkugel wieder völlig glatt. Dieser Cyclus von Veränderungen kann in 24 Stunden abgelanfen seym Einige Zeit später erfolgt die Abgrenzung des Embryo. Das hell® EnicvickeluTtg der Fische und nackten Amphihien. 663 Feld wird dann, je mehr es gegen das dunkle sich verkleinert, Um so mehr langlieh und entspricht dieser Abgrenzung. Die Furchungen des Dotters an Fischeiern sind von Rusconi entdeckt. Bibi. iial. LXXIX. Muelt,. ylrck. 1836 p. 278. Kurz nach der Befruchtung, welche Rusconi künstlich ausführte, ver- liert das Ei der Schleie seine sphärische Gestalt und nimmt eine bimförmige an; auf einem Theil seiner Oberfläche entsteht näm- lich eine Art Anschwellung, ähnlich der von Sauggläsern hervor- gebrachten ; die kleinen , vorher zerstreuten Dotterkörnchen sam- meln sich an der Basis dieser Anschwellung. Eiine halbe Stunde nach dieser ersten Veränderung erscheinen auf der vorrageuden Stelle des Dotters zwei Furchen, die sich im rechten Winkel schneiden; eine Viertelstunde später zeigen sich zwei neue Fur- chen zur Seite der ersten, so dass der vorragende Theil des Dot- ters, der früher aus 4 Lappen bestand, nun in 8 Lappen getheilt ist. Nach Verlauf einer Viertelstunde ist jeder dieser 8 Lappen wieder in 4 getheilt durch 6 neue Furchen, die sich im rechten Winkel kreuzen. Nach einer halben Stunde treten mehrere neue Furchen auf, die sich mit den ersten kreuzen, dadurch werden die Lappen abermals kleiner und so zahlreich, dass sie sich kaum mehr zählen lassen. Diess schreitet so lange fort, bis die hervor- ragende Stelle des Dotters wieder so glatt ist, wie sie vor dem Erscheinen der ersten Furchen gewesen war. Ruscom a. a. O. Archiv p. 281. Die Furchungen des Dotters sind ausser den Fröschen, Sala- mandern und Cyprinen auch bei mehreren Wirbellosen beobach- tet, wie bei Crustaceen von Rathre, bei Nematoiden von Siebold, hei Mollusken von Sars. 2. V ege ta tl o n s p i'o c ess der Dotterzellen wälirend der Entwickelung. Die Dottermasse der Thiere besteht zufolge Schwass’s Un- tersuchungen aus Zellen. Diese sind nicht in allen Thedcn des Dotters gleich. Im Ei der Vögel sind die Zellen der Dotterhöhle, des Dottercanals bis zum K.eim Zellen mit K.ern. Siehe oben pag. 631. _ ' . r • Die Zellen des Dotters sind auch nicht bei allen Thieren gleich gebildet. Was zunächst die Fische und Amphibien betrifft, *0 ist die gewöhnlichste Form die runde. Bei den Haifischen (Scyllium, Acanthias, Squatina) und Myxinoiden sehe ich sie ellip- tisch, bei den Rochen (Raja) sogar meist platt viereckig, mit abgerundeten Kanten und Ecken, so dass man die Haien und ttochen seihst an den Dotterzellen unterscheiden kann. Der Dotter nimmt an der Entwickelung des Embryo den ''Wesentlichsten Antheil, bald mehr in der vorzugsweise keimenden Schicht, bald wie beim Frosch in seiner ganzen Masse, und mit h-echl erinnerte Ruscom, dass der Embryo des E’rosches aus dem htotter selbst entstehe. Die Entdeckungen von Schleiden und ^pawARN über das Zellenleben werfen auch auf diesen Gegenstand unerwartetes Licht. ^äller’s Physiologie, 2r. Bd. III. 43 664 Vlil. Buch. V. d. EiUwkkelung. I. dbschn. Eniwickl. d. Eies. ScBWAKN liat gezeigt, dass das Ei der Thiere eine Zelle ist, dass die Dotterbaut die Zellenmembran, das Reimbläscben den Zellenkern und der Dotter den Zelleninbalt repräsentirt. Er zeigt ferner, dass die Dotterxellen nacb dem Entwickelungsgesetz der Zellen als junge Zellen ln der Mutterzelle (Ei) entstehen, und dass die Uraulagen des Embryo aus Zellen bestehen. Derselbe bemerkt bereits, dass der Dotter nicht als blosses JVabrungsmittel, sondern als lebender Körper zu betrachten ist, dass die Dottei- zellen an der Bildung wesentlichen Antheil nehmen. Sie bewirken eine Umwandlung ihres Inhaltes und in dessen Folge verliert diß Dottermasse des Hühnchens ihre Gerinnbarkeit. Daher SchwauK den Dotter ln Beziehung auf seine ernährende Eigenschaft dem Eiweis des Pflanzenembryo vergleicht. Das eigentliche Eiweis des Vogeleies verschwindet während der Bebrütung ganz und wird als Nahrung aufgesogen. Die weitere Vegetation der Dotterzellen liegt nun bereits in den Beobachtungen von BiscaOrr, Barby, Reichert vor. Die ersteren erkannten das Entstehen von Zellen in der Dottermasse des sich entwickelnden Eichens der Säugethlere, Reichert aber beobaebtete die Bildung der jungen Zellen in den schon vorhan- denen Mutterzellen der ganzen Dottermasse, als eine die ganze Entwickelung begleitende Vegetation bei den Fröschen, wo dei ganze Dotter zur Bildung des Embryo verwandt wird. Bei den Vögeln tritt diese Bildung junger Zellen in den freien Dotterzel- len' während der Entwickelung nach demselben Beobachter nicht ein , und die Bildung junger Zellen beschränkt sich auf den kei- | menden Tbeil des Dotters. Bei den Plagiostomen sieht man quere und schiele Linien auf den Dotterzellen, wie Theilungslinien, oft auch Einschnürun- j gen' diesen entsprechend. Bei Squatina zeigen die meisten der | botterzellen eine in der Längsrichtung um die Zelle herurnlau^- ^ feiule und mehrere ijuere Linien. Andere Zellen zeigen schiele Theilungslinien und in noch anderen, deren Form unregelmässig | ist, sind auch diese Linien unregelmässig, indem sie das Ganze in mehrere unregelmässige Segmente eintheilen. Bei den Schlan- gen und Crocodilen hingegen enthält der Dotterrest des Fötus viele grosse Dotterzellen mit jungen Generationen, der Dotterrest des Crocodils auch einzelne Zellen mit geschichteten Einschach- telungen. Hier folgen nun die Beobachtungen von Reichert über deä Dotter des sich entwickelnden Froscheies nach dessen handschrift- lichen Mittheilungen. Der Dotter des reifen befruchteten Frosebeies besteht aus zweierlei durch ihre Gi'össe sich unterscheidenden Körperchen- Die kleineren nehmen jene Stelle des Dotters ein, wo die erste Anlage des Embryo sichtbar wird, sie stellen die Keimschichte oder den Keimhügel vor, welcher dem Keim sainmt Kern des Hahnentritts im Vogelei entspricht. Siehe oben pag. 63L Die ganze übrige Dotterinasse wird durch die um das Zwei- fache bis Vierfache grösseren Körperchen zusammengesetzt. Sie Entccickdung der Fische, und nackten Amphibien. 665 iiegeii alle dicht gedrängt nebeneinander. Diese Körperchen sind schon mit blossen Augen sichtbar, deutlich werden sie mit Hülle einer Loupe unterschieden. Bei 450facher Vergrössernng reigen sie sich von runden, mehr oder weniger ins ovale über- gehenden Umrissen. Sie erscheinen dann beinahe ganz gleich- förmig undurchsichtig und dunkel, und durchgchends aus lauter kleineren Kügelchen zusammengesetzt, so dass sie an eine Trau- henform erinnern. An der Peripherie liegen diese Kügelchen jedoch so nebeneinander, dass die Contour der ganzen Kugel kaum überschritten wird. Zerpresst man diese Dotterkörnchen, so werden die genannten Kügelchen frei, sind beinahe ganz durchsichtig ohne Sebattirungen mit sehr kräftigen Umrissen, ♦ und gleichen ihrem allgemeinen Ansehen nach ziemlich einem kleinen Fetttröpfchen. Sie lassen sich aber schrver zerdrücken und fllessen auch nicht ineinander. ln der Grösse waren die meisten sich ziemlich gleich; nur einzelne zeichneten sich aus und bei ihnen konnte man zuweilen ein beginnendes granulii’tes Ansehen gewahr werden. Ausser diesen Kügelchen wurden durch das Zerquetschen noch viele kleinere helle Körperchen frei, die eine lebhafte molecnlare Bewegung hatten. Das besclirieliene Verhalten der Dotterkörperchen betrifft vorzugsweise die, welche man in der Mitte des Dotters vorfindet. Legt man einige vou den nach der Peripherie gelegenen unter das Mikroskop, so be- merkt man zwar im Allgemeinen dieselbe Strnctur, doch marki- ren sich im Innern zwei bis vier dunklere Flecke, und beim Zerquetschen zeigen sich ausser dem beschriebenen Inhalte grös- sere gelbliche Kügelchen von granulirtem Ansehen und zuweilen von einer hellen Masse umgeben. Durch sie wurde offenbar das fleckige Ansehen in der fast gleichmässigen Undurchsichtigkeit der Dotterkörperchen bewirkt. Untersucht man nun Dottermasse in der Nähe des Kcimhügels, so erscheinen die genannten Flecke immer ausgeprägter. Die Dotterkörperchen zeigen sich wie nur aus ihnen zusammengesetzt und so gelangen wir zum Reimhügel, Wo die dunkleren Portionen der grösseren Dotterkörperchen in den kleineren isolirt vorzufindeu sind. Diese kleineren Dotter- körperchen des Keimhügcls sehen ganz so aus, wie die grösseren. Ihre Hauptmasse bilden die beschriebenen Kügelchen. Ausserdem aber kann man aus jedem einzigen derselben ein grösseres, gelb- liches, f'ranulirtes Kügelchen herausdrücken und die Molecular- Rügelchen sind viel kleiner und ganz dunkel. Dass man es hier mit Zellen zu thun hat, beweisen schon mehrere Merkmale. Man sieht zwar, wie so oft, wenn die Zelle mit einem körnigen Inhalte stark angefüllt ist, die Zellenmembran und den Zellenkern selbst äicht; doch musste es auffallen, dass die Dotterkörperchen, ob- gleich dicht zusammenliegend, ihre Form nicht einbüssen, dass l*ei der maulbeerförmigcn Anhäufung der Kügelchen die Contou- >’en doch ziemlich verbleiben, dass bei vielen gelbliche granulirte K.ugelchen, den Zellenkcrneu vollkommen entsprechend, heraus- gedrückt werden konnten , ferner dass die Molecular-Körpcrchen heim Druck auf die Dotterkörperchen allmählig wie durch einen ^palt hervortreten, endlich dass die grösseren in die kleineren 4.3* 666 VIII.BucJi. V. d. Entwickelung. L Ahschn. Eniwickl. d. Eies. Dotterkönierchcn zerfielen. Was aber jeden Zweilel über^ das wirklicbe Vorbandenseyn der Zellen-Nalur dieser Theile beseitigt, das ist die spätere Metaraorpboso der kleineren Dotterkörpercben im Keimbügel bei der Entwickelung des Embryo. Hier zeigt sieb dann deutlieh, wenn erst der kugelige Inhalt etwas verbrauebt ist, sowohl der früher sebort berausdrückbare Kern, als auch die Zel- lenmernbram. Der Dotter der Frosebeier besteht also aus lauter Zellen, deren Zellenmembran und Kern vor dem kugeligen Inhalte nicht sichtbar sind. In der JVIitte befinden sieb grössere Zellen ohne Kern. Sie sind in Bezug auf die junge Generation die am wenigsten entwickelten; darauf erscheinen in ihnen Kerne, es entwickeln sich junge Zellen, und in denen nach der Peripherie Lin und namentlich in der Nähe des Keimbügels erkennen wir die jungen Zellen in den dunklen Flecken der grossem Mutter- zelle deutlich markirt. Nun schwindet die Zelleumembran der Muttcrzelle gänzlich und die junge Generation häult sich, als die kleineren Dotterzellen in dem Keimbügel an, um für die begin- nende Entwickelung des Embryo in Bereitschaft zu seyn. Diese Entwickelungsweise währt nun durch die ganze Zeit fort, so lange der Dotter noch besteht. Wo Bildungen des Embryo entstehen sollen, da werden die prädisponirten kleineren Dolterzellen dazu gebraucht und aus der Mitte kommt neuer Ersatz. 3. Entwlckclungsformcn der Fische und nackten Amphibien. Der sich entwickelnde Keim erscheint zuerst in der Form einer dünnen Schichte des Dotters von besebränktem Umlang, die Keimbaut, diese vergrössert S'ch und wird den Dotter uiu- waebsend, zuletzt zu einer Blase, welche den Dotter ganz ein- scbliesst. In den Eiern des Blcnnius viviparus umwächst die Keimhaut den Dotter erst lange nach der Bildung des Embryo (Piathke), bei den Cyprinen hingegen scbliessl sich die Keimhaut früher, als sieb eine Andeutung des Embryo beobachten lässt (v. Baee). Der Embryo zeigt sich zuerst in seinen Achsengebil- den. An dem zuerst entstandenen Theil des Keimes bildet sich eine rinnenartige Einsenkung. Zu den Seiten der Rinne erbeben sich nach aussen zwei Säume oder Wülste, die Rückenwülstc. Diese Wülste vereinigen oder schliesscn sich in der Mitte, und bilden dadurch zufolge der früheren Beobachtungen die Uranlage des Rückgrats ,(nacli Reichert sind die sogenannten Rückenwülste nichts anders, als die Centralorgane des Nervensystems selbst). In der mittlern Grundlage entsteht die Chorda dorsalis, ein zarter zusammenhängender Faden, um welchen herum hernach die par rigen Grundlagen der einzelnen Wirbel auttreten. Die Keimhaut sondert sich ferner, zufolge Ratuke’s und V. Baee’s Beobachtungen, in zwei Schichten, Blätter, in ein in- neres und äusseres. Das erstere, Schlciniblatt, oder richtiger organisches Blatt, wird zur Bildung des organischen Systemes, das äussere seröse Blatt, richtiger animalisches Blatt, wird zur Bildung des animalischen Systemes (Knochen, Muskeln, Haut) des Thierleibes verwandt. Das Herz entsteht zwischen dem innciu Entmckelung der Fische und nackten Amphibien. , 667 und äussern Blatt der Kelmliant in Form eines einfachen Ca- nales. Die beistehende Figur gieht einen senkrech- ten Querdurchschnitt durch die Keiinhaut und ihre beiden Scliicliten. a Aeusseres oder animalisches Blatt der Keimhaut. Cid B.ückenwülste. h Canal des Rückgrats, c Inneres oder organisches Blatt der Kehn- haut. d Dotter. Man sieht, wie der animalische Theil des Embryo ein Dop- pelrohr, der organische ein einfaches Rohr darstellt, und das letztere' in dem "untern Rohr des animalischen Blattes umfasst wird. Bei den Wirbellosen entsteht der Körper auch aus einem animalischen und organischen Blatt dei' Keimhaut, aber beide sind im unansgebildeten Zustande zwei conccntrische Blasen, deren Bauebtheil bei den Articulaten zuerst entsteht, und die sich am Rücken schliessen. Das animalische Blatt bildet hier kein Dop- pelrohr. Die Theile des animalischen Blattes der Keimhaut, die das obere Wirbelrohr, das Rückgrat uml seine Muskeln lormiren, wurden Rückenplatten genannt, diejenigen, welche d.is untere grössere Rohr bilden und das organische System enthalten, wur- den Bauchplatten oder Visceralplattcn*) genannt. Die Visceralplat- ten sind am Rumpf zusammenhängend, am Kopf hingegen nehmen sie sehr frühzeitig die Form von Leisten oder Bogen an, die von der ITirncapsel nach unten gehen und sich hier vereinigen. Die- ser Bo^en sind mehrere, sie lassen Spalten an der Seite des Halses zwischen sicli. Zwischen dem vordersten Bogen und der Hirncapsel kömmt die Mundhöhle zu liegen. Diess sind die den Embryonen aller Wirbelthiere zukommenden, von Rathke ent- deckten sogenannten Riemenbogen und Kiemenspalten, Reichert’s Visceralbogen und Visccralspalten. Die Ilauptformen der Entwickelung bei den Fischen und nackten Amphibien sind nun folgende; s Die niedrigste Stufe nehmen die nackten Amphibien ein, indem bei ihnen die ganze Keimhaut zur Bildung des Embryo ■Verwandt wird. Wenn sich die Achsengehilde allm'alig ausgebil- det haben, so überragt der Kopftheil und Schwanztheil die übrige blasine Keimbaut, und die Blase der letztem hangt an der Bauch- seite" der Carina. Das äussere Blatt dieser Blase Rängt mit den Seiten der Achsengebilde und mit der Bauebseite desKoples und Schwanzes zusaminen, aus ihm entstehen die animalischen, niit den Aelisengebilden zusammenhängenden Rumpfwände. Das in- ''■) Rathke Iintcrschieil jedoch in neuerer Zeit(MtIEU.. Arch. IS'ID- |'•3t)l. und Entvickelmigsgeschichle der Natter. 61.) bei t werden M. r. inferior genannt worden, o Membrana i'eunien^s inferior, d’ M. r. snpex’ior. Der Froschembryo verlässt am frühesten von allen Wirbel- thieren die Eibülle, nachdeni das animale System im Wesentli- chen angelegt ist. Die Urhälften der Centraltheile haben sich Vereinigt, die W^irbelröhren werden nach oben durch die Rücken- platten' am Rumpfe, nach unten durch zwei Visceralbogen am Kopfe schon beinahe vollkommen gebildet, in den übrigen Ge- genden werden sie durch die vereinigenden Häute vervollständigt. Ks ist bereits der Schwanz deutlich sichtbar. Umgeben ist das Ganze zunächst von dem, bei der ersten Rildung eine so wich- tige Rolle spielenden llautsysteme, und dann zu äusserst von der llinhüllungshaut. Zur Stütze des Thieixhens sind von dem Haut- System an' den ersten Visceralbogen zwei Saugnäpfchen entwickelt. Ernährungssystem für das gemeinschaftliche Zellenlehen im Em- bryo. Blutsystem. Die Systeme und Organe für die gemeinschaft- liche Ernährung der zum Embi-yo aggregirten Zellen beginnen erst sich zu entwickeln, nachdem das animale System und so die äussere Gestalt des Embryo im wesentlichen gebildet ist. Diese Entwickelungen gingen durch das pflanzliche Zellenleben vor sich, ohne der Hülfe durch ein Blutgefösssystem zu bedürfen, welches höchst eigenthümlich heim Frosch erst sehr spät sich entwickelt. Eie unter dem Reiinhügel bestandene Lücke im Dotter erhält sich 'K'ährcnd der Bildungszeit des animalen Systems. Die sie von oben bedeckenden Zellen des Keimbügels sind dann bis auf eine sehr dünne Schicht verbraucht. Nun nimmt die Lücke schnell ab Und die dünne Zellcnschicbte des Keimhügels kommt unmittelbar äuf die centrale Dottermasse zu liegen. Der Dotter am Rumpfe Et dann von einer einfachen gleichmässigen Cortical-Zellenschicht Umgeben. Am Kopfe hingegen erweitert sich die Lücke, indem der Dotter nach der Bauchhöhle sich zusammenzieht und wird *Ur Mundhöhle. Die sie von oben bedeckende zurückgebliebene einfache Zellenscbicht des Keimhügels liegt an der untern Fläche der Schädelbasis, und hat sich auch über die innere Fläche der ^vvei Visceralbogen des Kopfes ausgebreitet. Es entsteht eine ^uilständige Auskleidungsmembran der Mundhöhle. Eine nach 'Urne yorspringende Partie der Hanptdottermassc in der Bauch- höhle wird zur Bildung des Herzens verwandt. Aus der untern ''litte entwickelt es sich, zu den Seiten die Aortenbogen. Die Anlagen sind anfangs solide Massen, später zeigen .sich die Röhre 676 VIIT. Buch. V. d. Entmckclung. I. Absclm. Entcpickl. d, Eies. und drinnen die noch ganz runden Blulzellen mit Kern und Kern- tügelchcn und feinkörnigem Inhalt. Auch entsteht eine eigene von der Bauchhöhle abgesonderte Herzhöhle mit epitheliumartigei' Auskleidung (llerzheutel). Mit den Aortenbogen bilden sich dre' Riemenbogen aus, sie liegen in der zweiten frühem Visceralspalte oder sogenannten Rieinenspalte. Auch entstehen von dem Bil- dungsstolF der Riemenbogen die äusseren Riemen. Riemenbogen und äussere Riemen entstehen mit der späteren Cutis aus dein Urgebilde, welches Hautsystem genannt wurde. Während vorn das Herz durch die Aortenbogen mit den Riemen in Verbindung steht, verzweigt sich das hintere Ende desselben unmittelbar in der vordersten Dotterpartie der Bauch- höhle. Diese sieht man nun sehr bald von der übrigen Masse sicVi isoliren und selbstständig werden. Es ist die noch gar nicht geschiedene Anlage für die künftige Lebor und das Pancreas. Sie entstehen beim Frosch aus dem Dotter selbst zu einer Zeit; wo bei ihm noch keine Spur vom Darmsystem in der Bauchhöhle vorhanden ist. Nirgends findet man die Erzeugung neuer Gene- rationen von Zellen in den Mutterzellen so auffallend, als in die- ser Bildungsmasse der Leber und des Pancreas. Dieses thätig^ Zellenleben steht wahrscheinlich mit der Blutbildung im Zusam- menhänge, da hier ein solcher Vorgang wie bei anderen Thieren in der Area vasculosa der Reimhaut nicht stattlindet. Ausser der Leber und Pancreasanlage entwickeln sich durch unmittelbares Zu- sammentreteii der Dotterzellen in der Bauchhöhle die Wor.rr’scheii Körper, an der von Mveli.eb angegebenen Stelle, dicht am Rie- menap])arat, und die Ausführungsgänge verlaufen längs der Rumpf- visceralhöhle zu der vom Hautsystem gebildeten ephemeren After- Öffnung. In der letzten Figur ist die Lage der Ausführungsgängß der \VoLt,F’schen Körper durch W auf dem Querdurchschnitl angedeutet. .Fortschritt der Entmickelung des animalen Systems. Der Frosch- embryo bildet sich zunächst zu der fischähnlicben Form aus, das Hautsvstem entwickelt die Flossen und auch die Hornplatten der Frosclilarve im Munde. Im übrigen ist es* jetzt zum grösste^ Theil schon blosse Schutzhülle des Wirbel- Systems oder der animalen [Rumpfwände ge- worden. Nur am Rumpf fungirt es noch als Membrana reuniens inferior und formirt die ephemere AfteröfFnuug. Das Central- nervensystem verliert durch Verdickung der Wände mehr und mehr die Röhrenforn* und die im Innern des Canals befindlichen Rudera der schwarzen Umhüllungshaut. Das peripherische Nervensystem wird sichtbar. e Centraltheil des Nervensystems. / Chorda dorsälis. E Wirbelsystem mit den oberen und un- teren Fortsetzungen, Rückenplattcn und Bauchplatleii. o o' Hautsystem, o Membrana reuniens inferior- EniiPickelung der Fische und nackten Amphilien. 677 Dotter in der blossen Bauchhöhle enthalten, indem der Darm noch nicht gebildet ist. Anlage des Darmsfstems. Die Entwickelung des Darms be- ginnt beim Frosch nach der Ausbildung des animalischen Systems Und nachdem das Blutsystem zur Vermittelung des gemeinschaft- lichen Zellenlebens angelegt ist. Das Nahrungsmaterial befand sich anfangs in dem kugeligen Inhalte der Zellen selbst, später Wurde es durch die Leber- und Pancreasanlage dem Blutsysteme zugefiihrt. Einer Verdauung bedurfte es hier nicht. Die Larve Sieht nun nm diese Zeit oberflächlich betrachtet, ganz vollständig aus. Sie lebt mit äusseren Kiemen und bewegt sich sehr behende, doch nimmt sie keine Nahruhgsmittel zu sich. Das zur Aufnahme fremder Nahrungsstolle bestimmte Darmsystem bildet sich folgen- dermassen. Der Jlest des Dotters nimmt gegenwärtig die grosse hintere Abtheilung der Rumpf- Visceralhöhle ein, so zwar, dass er oben an der Schlundöffnung beginnt und bis auf die Leber und Pancreas- Anlage und die WoLFF’schen Körper den übrigen Raum vollständig ausfüllt. Er grenzt demgemäss vorn an die Schlundöffnung, an die hier anstossende Auskleidungsmembran der Mundhöhle und an die Leber und Pancreas-Anlago, hinten, unten und seitlich an das Hautsystem, Membrana reuniens inferior und oben an die Wirbelsäule, an die Visceralplatten und an die daran liegenden WoLFF’schen Körper. Siehe die letzte Abbildung. Im übrigen aber liegt der Dotter ganz frei, durch keine eigenthüm- liche Membran zusammengebalten. In den einzelnen Dotterzellen findet mau jetzt schon überall junge Generation, und rund um die Oberfläche haben sich dieselben befreit und zur Disposition der weiteren Entwickelung gestellt. Beim Frosch und Triton I Und wahrscheinlich bei allen denjenigen niederen Wirbelthieren, Wo der Dotter schichtenw'eise für die Entwickelung des Embryo I Verbraucht wird, entsteht zuerst ein Rohr des Darms, dem noch I die Schleimhaut fehlt und dann als letzter Bildnngsact des Dotters die Schleimhaut. Die Darmhaut. Die Urmembran des Darms entwickelt sich Von dem Dotter auf die Weise, dass die obei’llächlichste Zellen- schicht des Dotters jederseits zu einer häutigen Anlage Zusammen- tritt. Dieselbe stellt sich dann als eine dachförmige Bedeckung der Dottermasse dar, und haftet mit ihrer oberen Kante längs der Wirbelsäule fest, so dass an der Wirbelsäule zwei membra- *>öse Platten herabhängen (v. Baer’s Darmplatten beim Hühnchen). Sehr bald verwachsen diese beiden Urplatten der Darmhaut tief äacli unten und hüllen dann den ganzen Dotter ein. Die Darm- ^aiit bildet dann einen flach ovalen Sack in der Rumpfvisceral- ^löhle. Hinten öffnet sie sich durch den ephemeren Hautafter, Rleichzeitig mit den Ausführungsgängen der WouFF’schen Körper, ^orn reicht sie an die Schlundöffnung und ist hier in unmittel- l'arer Verbindung mit der Anskleidungsmembran der Kopf-Vis- •^eralhöhle, so dass man letztere als den am frühesten entstehenden ^opftheil der Darmhaut ansehen muss. Ursprünglich sind es die einfachen Dotterzeilen , welche die Darmhaut bilden. In diesen *^>>twickeln sich dann junge Generationen. Ist nun die Larven- •678 Vlll. Buch. V. d. Entwickelung. J. Ahscim. Entwickl. d. Eies. darmform schon ziemlich erkennbar, so werden die Zellen der Darmhaut auf zwiefache Art verwendet: 1. sieformirenimBauch- theil des Darms eine Muskelhaut und die Zellen verwandeln sich in primitive, meist quere Muskelbündel; 2. sie entwickeln die Drüsen, deren Secrete die Verdauung der Nahrungsmittel bewirken. Fer- ner entwickelt sich in der Darmhaut ein dichtes Blutgefässnetz, aucfi hier haben die Blutkörperchen einen feinkörnigen Inhalt in der Nähe des Kerns oder in der ganzen Zelle des Blutkörperchens. Eie Schleimhaut. Um die Zeit, wenn der Darm bereits einen kleinen schneckenförmig aulgewündenen Schlauch darstellt, liegt der Rest des Dotters innerhalb des Kanals desselben , und bildet an den Wandungen eine lockere, doch ziemlich dicke Kruste, so dass in der Mitte eine kleine Höhle übrig gelassen wird. Diese Zellcnkruste wird meist nur aus den kleineren Dotterzellen zu- sammengesetzt, die grösseren sind jetzt höchst selten. So weit min die Bauchahtheilung der Darmhant sich ausdehnt, ebenso weit lässt sich auch nur die Kruste verfolgen. Aus der Kopfah- theilung hatte der Dotter sich schon früher zurückgezogen, hier fehlt auch die Zellenkruste. Je mehr sich nun der Darm ver- längert, desto dünner wird die an den Wandungen anliegende Zellenschicht und die innere Höhlung nimmt zu. So wird der Dotter allmählig au der Innern Wand der Darmhöhle so ausge- hreitct, dass nur eine einfache Schicht von Doltei’zellcn vorhanden ist, und diese verwandelt sich nun in das Gebilde, welches für die Schleimhaut zu halten ist. Die Zellen dieser Schichte verändern bald ihre Form, so dass sie in der Richtung des Radius der Darm- höhlc sich verlängern, und theils die Kegelgestalt, theils die Cy- linderform annehmen, mit nach aussen gewandten Spitzen der Regel und deutlichem Kern. Die Zellen werden allmählig mit fetttröpfchenartigen Kügelchen gefüllt. Diese Schicht ist gefässlos. Der Darm besteht nun aus 2 Röhren, der Muskelhantröhre und Schleimhautröhre und der dazwischen befindlichen Drüsenschichl. Diese assimilirende Schichte des Darms findet sich merkwürdiger Weise nur in der Bauchahtheilung des Darmsysteins. Sie hat die grösste Aehnllchkeit der Structur mit dem sogenannten Epithe- liuin der Darmschleimhaut. Wir vermeiden hier diesen bedenk- lichen Ausdruck Epithelium, da wir es jedenfiills hier mit dem assimilirenden Organ des Darms zu thun haben, und eine andere Schleimhaut bei der Froschlarve nicht existirt, da lerner auch die Zellen des sogenannten Epitheliums bei den erwachsenen Thieren leicht eine höhei'e Bedeutung, als die man dem Epithe- lium gewöhnlich beilegt, nämlich diejenige haben mögen, die wirksamen Elemente der aufsaugenden und assimilirenden Thä- tigkeit zu seyn. Mesenterium. Ursprünglich ist kein Mesenterium vorhanden. Nach der Form des Dotters in der Rurapfvisceralhöhle hatte der Darmhautsack eine etwas sich erhebende Kante, weiche an dei Wirbelsäule festhaftet. In dem Grade aber, fils der Darmhautsack sich verlängert, muss der Dotter und seine Umhüllung sich von der Wirbelsäule entfernen. Diess geschieht am meisten da, wo der mittlere Theil sich zur Schneckenform auszieht. Dadurch gelao- Entmckelung der Fische und nackten Amphibien. 679 gen die Leiden an der Wirbelsäule festbaftenden Wände (Mesen- terial-Platten) des Darmbautsackes allmäblig und der Entfernung der Darmröbre von der Wirbelsäule entsprechend aneinander. Und verwachsen, um als Verbindungstheil zwischen Darmschlanch und Wirbelsäule, Mesenterium, aufzutreten. Wenn nun die Indi- vidualisirung der Gewebe in der Garmhaut eintritt, so sondert sich von der letztem, wo sie mit der Oberfläche frei liegt, eine gefasslose Epitheliumschicht ab. Dasselbe thnn alle übrigen Gewebe in der Bauchhöhle an ihrer freien Oberfläche (Perito- neum). Die Bildungsmasse der Mesenterialplatten dient zur Ent- wickelung von Gefässen, Werven, Milz. Während also später die abgesonderte gelässlose Zellenschicht nur als Anhcftungsband da- steht ist es Sache der Hauptmasse auch die wesentliche Verbin- dung zwischen animalem und vegetativem Leben zu repräsentiren. Wie das Peritoneum so bildet sich auch das Pericardium in der Herzhöhle, die Pia mater und wohl auch alle seröse Säcke bei anderen Thieren. Mit -der Entwickelung des Darms ist auch der Dotter voll- ständig verbraucht und der Larvenorganismns des Frosches con- stituirL Gleichzeitig sind auch die äusseren Riemen geschwunden und die inneren Kiemen haben sich entwickelt. Alle weitere Entwickelungen im Verlauf der Larven -Metamorphose geschehen durch Entstehung neuer Mutterzellen an bestimmten Orten, so die Extremitäten, wovon die vorderen in der Riemenhöhle ver- deckt liegen. Diese Höhle entsteht dadurch, dass der häutige Kiemendeckel, welcher zum Schutz der Kiemen sich entwickelt, mit dem Anfang des Rumpfes bis auf eine kleine runde Kiemen- Öffoung verwächst. Die vorderen Extremitäten w'erden erst bei der Verkümmerung des Kieraenapparates frei, wenn die Lungen- äthmung eintritt. Sobald das Wirbelsystem ganz ausgehildet ist, behält das Hautsystem nur die Function, die äusserste Umhüllung des ganzen Thiers zu seyn. Es giebt keine Flossen, keine Mem- branae reunientes, keinen Hautafter, keine hornartigen Lamellen melir. Die Lungen entspringen nicht aus dem System, woraus die Riemen bervorgingen. Mit der Reduction des Hautsystems auf die Cutis ist gleichzeitig das Verkümmern der Umhüllungshaut Und das Auftreten der Epidermis verbunden, welche noch unter der Umhüllungshaut anzutreffen glückt. Die Entwickelung der Lungen beginnt schon früher, wenn der Darm eine S förmige biegung gemacht hat. Sie entstehen neben der Darmhaul, wo der Darm in den Kopf tritt, nicht aus dem Darm. Die Nieren entwickeln sich bei der Froschlarve um die Mitte der Larveozeit. Auch im Bau des Darms gehen grosse Veränderungen vor sich, ■Welche sich auf die Veränderung der Nahrung beziehen. Die Geschlechtslheilfe fehlen der Larve anfangs ganz, die Entwickelung beginnt mit derjenigen der Extremitäten. Müller’s Physiologie. 2rBd, III« 44 680 VIII, Buch, V, d, Entmckehng. I. Abschn, Entmdd. d. Eies. 11. Copitel. Entwickelung der Vögel und beschuppten Amphibien. Gleichwie die Fische und nackten Amphibien im Typus ihrer Entwickelung wesentlich iibereinstimmen, und sieh vor allen übrigen AVirbelthiereu durch den Mangel des Amnions und der Allantoide auszeichnen, so harmoniren wieder die Vögel und be- schuppten Amphibien (Schlangen, Eidechsen, Grocodile, Schild- kröten) in den Grundzügen ihrer Entwickelung. Bei allen diesen findet sich sowohl das Amnion als die Allantoide vor. Einige* von diesen Hauten kannte schon Aristoteles bei den Vögeln- Hist, anitn. IV. 3. unterscheidet er eine Haut, die den Dotter enthalt, eine Haut, die den Fötus omgiebt (Amnion) und eine Haut, welche sowohl jene als diese und die zwischen beiden be- findliche Flüssigkeit umgiebt, und die er de generat. anim. 3- »• Chorion nennt. Er unterscheidet auch Blutgefässe zur Haut, die den Dotter enthält und zum Chorion. Was den Dottersack be- trifft, so bildet sich bei diesen kein innerer Dottersack im Bauch aus und der äussere Dottersack wird durch den Nabel zuletzt io die Bauchhöhle aufgenommen, wie bereits Aristoteles von den Vögeln wusste. De gener. anim. 3. 2. Ferner ist ihnen eigenthüm- lich, dass der mit den Rumpfwänden zusammenhängende Nahelsacl^ der bei den Fischen den Dottersack enthält, hei den Vögeln und beschuppten Amphibien fehlt, indem das entsprechende Blatt aut dem Dotter frühzeitig resorhirt wird. Diese physiologischen Un- terschiede der Entwickelung von der vorhergehenden Ahtheilung sind so gross, dass man berechtigt seyn würde, die nackten Am- phibien ganz von der Classe der übrigen Amphibien auszuschlies- sen, um so mehr als auch noch andere wesentliche anatomische Verschiedenheiten hinzukommen, wie bei den nackten Amphibie» die abortive Beschaffenheit der Rippen, oder ihr gänzlicher JVIangeh bei dem Mangel der Schnecke das Vorhandenseyn nur eines Fen* sters am Gehörorgan, der Condylus occipitalis duplex, der Mangel des Penis, das Athmen mit Kiemen und Lungen. Siehe oben Bd. 1. 3. Aufl. pag. 170. Bei den Thieren der Ahtheilung, deren Entwickelungsge- schichte wir jetzt ahhandeln, scheinen auch die Furchungen de* Dotters vor der Entwickelung des Embryo zu fehlen. Wir werden zunächst wegen Vollständigkeit der Materialie» uns an die Entwickelungsgeschichte der Vögel halten, welche durch die classisclien Untersuchungen von C. Fe. Wolff, Pander und V. Baer am genauesten von allen bekannt geworden. Bei der allgemeinen Uehersicht folgen wir zunächst den bisherigen Unter* suchungen, hingegen sind für den Entwickelnngsgang im Einzelne» und den Antheil der Zellen an der Entwickelung die neueren Untersuchungen von Reichert benutzt. Die vorzüglichsten Schrif- ten, welche hierher gehören, sind: C. Fr. Wolff Theoi'ia genera- tionis. Halae 1759. C. Fe. Wolff über die Bildung des Darmcanals, übers, von Meckel, Halle 1812. Pander Entwickelungsgeschichte des Hühnchens im Ei, JVürzb. 1817. v. Baer in Buedacr’s Phy^ l^ntwickeluns der Vögel und beschuppten Amphibien, 68i eiologie II. und über EntovickelungsgeschicJde der Thiere. I, und II. Valemtin a. a. O. R* WAOUEa a. a. O. 1. Allgemeine Uebersicht über die Enfwlckelung der Vögel. Die Entwickelung desVogeleies findet bei einer, dem Leben eines zarten warmblütigen Tbieres angemessenen Temperatur von 28® — 32® R. statt. Während der Entwickelung geschieht eine dieser Temperatur entsprechende Verdunstung von Wasser von Seiten des Eies, die aber gleich gross seyn würde, wenn ein unbefruchtetes Ei gleich lange jener Temperatur ausgesetzt wäre. Eine Folge dieser Verdunstung ist das Abweichen des Eiweisses Vom stumpfen Ende des Eies, und die Bildung eines hohlen Rau- mes, der durch die Poren der Schale hindurch von der atmo- sphärischen Luft eingenommen wird. Die Zusammensetzung die- ser Luft stimmt ungefähr mit derjenigen der ataosphärischen Luft überein. Die erste Veränderung, welche man in Folge der Bebrütung am Keime wahrnimmt, ist die Vergrösserung desselben, indem cr am Rande gleichmässig in die Fläche sich ansdehnt. Die sich vergrössernde Reimhant behält hierbei anfangs ihre Dicke, ihr Rand bleibt circular. Von der Einwirkung des Reims auf die Lottermasse entstehen «n dieser, im Umfang der Reimhant, meh- rere kreisförmige Streifen wie Wälle, die Ilalonen, welche nicht der Reimhaut, sondern der Dottermasse angehören. Der Kucleus Unter der Mitte der Reimhaut bleibt unverändert, und tritt in Leine nähere Verbindung mit derselben. Nach Verlauf von meh- reren Stunden wir4 der mittlere Theil der Reimhaut durchsich- liger. Diese Stelle, welche anfangs die Gestalt einer’ langgezoge- äen Ellipse, später eine biscuitförmige Figur annimmt, bezeichnet das Feld, innerhalb welchen sich zunächst der Embryo bildet. Es ist das durchsichtige Feld, Area pellucida, der durchsichtige Frncht- hof a. Der übrige Theil der Reim- haut ist trübe. Die ganze Keim- haut besteht übrigens ganz aus Zellen und sie wächst durch Zellenbildnng. So wie sich die Reimhant in der Breite in einen durchsichtigen centralen und trüben peripherischen Theil sondert, so geht auch in ihrer Dicke eine Sonderung vor; sie besteht nämlich bald ans zwei Schichten, die zwar ^icht getrennt sind, aber eine verschiedene Structnr besitzen. Lie obere oder äussere der Dotterhant zugewandte Schichte, so- S^nanntes seröses Blatt, die untere oder innere dem Dotter zu- ficwandte, sogenanntes Schleimblatt. Die Strnctur dieser beiden ®lätter ist folgende. Faltete Schwann die Keimhaut eines 8 “lunden der Brutwärme ausgesetzten Eies, so dass ihre äussere ‘Whe den Rand bildet, so zeigte sich dieser Rand von äusserst Müssen durchsichtigen Zellen gebildet. Diese kommen von allen 44* 682 VIII.Buch. V. d. Entooickelung. I. Abschn. Entmickl. d. Eies. Grössen vor, bis zur Grösse der ursprünglicben Kugeln, ans ■welchen die Reimhaut vor der Bebrütung und kurze Zeit na Anfang der Bebrütung zusammengesetzt war. Sie enthalten ein dnrchsichtige Flüssigkeit und keinen Kern, sondern einzelne se i kleine dunkele Körnchen. Bei einem 16 Stunden bebrüteUn hat sich die innere Lamelle ansgehildet. Die äussere Fläc ist nach Schwann von Zellen gebildet, die an ihrer Wand einen Kern mit 1—2 Kernkörperchen innerhalb des Kern nnd ausserdem eine helle Flüssigkeit und einzelne kleinere orn eben enthalten. Die Zellen bilden durch ihr dichtes Zu«»®' menstehen polyedrische Formen. Vergl. Valentin ' geschickte p. 287. Das innere Blatt der Keimhaut enthalt zutolg Schwann’s Untersuchungen grosse Zellen von sehr verschiedene Grösse, welche eine durchsichtige Flüssigkeit und Körnchen ve schiedener Art enthalten. Fast in jeder zeichnet sich eine Kug mit sehr dunkeln Konturen ans, zuweilen mehrere in einer Zel c- Diese Zellen liegen locker in einer structurlosen IntercellularsnlJ' stanz als ihrem KeimstolF, Cytohlastema. Diese letztere Substan* enthält ausser den Zellen auch noch dunkele Kugeln nnd Is-'emere Körnchen, von denen Schwann vermuthet, dass sie zum T hei Kerne neuer Zellen seyen. Innerhalb der Area pellucida haben die Zellen dieses Blattes ein ganz anderes Aussehen. Sie sin» viel kleiner, von ziemlich gleicher Grösse, sehr durchsichtig uu enthalten keinen grobkörnigen Inhalt, sondern nur sehr klein Kügelchen. Ein Kern fehlt, während die Zellen des äussern Biai- tes auch in der Area pellucida einen Kern haben. Der Unterschied der Area pellucida und der übrigen Keun- ! haut ist nicht der einzige, der sich in der flächenhaften Ausbrei tung der Keimhaut zeigt. Um die Area pellucida her zeigen sic bald, statt eines, zwei Felder der Keimhaut. Beide sind iing förmig und man kann ibre GrenzßJ sich als einen Kreis denken, der m* dem Bande der Keimhaut concentrisch ist. Das Feld, was innerhalb diese» Kreises liegt b und zunächst die Are* pellucida a umgiebt, heisst Gefässboh Area vasculosa, weil sich innerhal desselben die Blutgefässe bilden, d*^ äussere Feld c heisst Dotterhof, Are* vitellina. Dieses letztere Feld breite sich am Bande immer fort aus, uo“ umwächst später alliuählig sogar de^ ganzen Dotter, so dass dann später die Keimhaut als ein geschlo* sener Sack den Dotter enthält, während die Dolterhaut ''ergeb ■ Die Trennung der Area vasculosa und vitellina beruht a» einem Vorgänge in der Dicke der Reimhaut. Zvvischen de^ 'äussern und innern Blatte derselben entsteht nämlich noch eiO mittlere Lage, welche jedoch als besonderes Blatt nicht gut i*® ' werden kann, das Gefässblatt genannt, weil sich innerhalb dies Lane hernach zuerst die Blutgefässe bilden. Die Trennung d Keimhaut in dese drei Lagen geht bloss bis zur Area vitellina, o Bntwickduns der Vögel und beschuppten Amphibien. 683 daher kommt eben die Sondernng der Area vascalosa and vitellina, welche am die Mitte des ersten Tages der Bebrutung erfolgt. Um diese Zeit bemerkt man auch in der Achse der Area pel- lucida (welche in die Quer-Richtung des Eies gestellt ist) die erste Spur der Achse des Embryo in der Form eines weissen htreitens, Primitivstreifen, der nach vorne etwas dicker ist, nach hinten dünn ausseht v. Baer hielt ihn für einen Vorläufer der Wirbelsäule, der^bald wieder verschwinde. Reichert sah ihn nicht als beson- deres Gebilde, sondern nur als Rinne. Zu den Seiten des Pri- mitivstreifens erheben sich bald ein paar mit diesem parallel lau- tnde Wühte oder Kämme, die nach vorn und hinten ein wemg. Nach den früheren Beobachtern sind sie bestimmt die Urgebilde des Gehirns und Rückenmarks von den Seiten zu umfassen und sich über ihnen zu schliessen, die Uranlage des Rückgrats und der Gehirncapsel ; nach Reichert sind sie die Centraltheile des Nervensystems selbst. Unter dem Rücken- mark liegt die Chorda dorsalis, die v. Baer entdeckte, ein zarter gallertartiger Streifen. Er kann als die Achse der Wirbelkörper des Rückgrats und des Schädels angesehen werden, ist aber nicht selbst die Grundlage der Wirbelkörper. Denn diese bilden sich zuerst ans paarigen Grundlagen zur Seite der Chorda. Es erschei- nen nämlich weisse quadratische Verdichtungen welclm zukünftig sowohl in den Bogeiitheil, als in den Rorperthed des Wirbels sich verlängern, so dass hernach die Achse der Wirbelkorper beim Vogel von unten von ienen weichen Körperchen umfasst wird = cind nur einige dieser Wirbelanlagen vorhanden; hernach tS,eT der Wirbel üt reboa von Malpighi beobachtet. i, n c •<. "i- Die Achsengebilde des Embryo hangen nach allen Seiten mit dem äussern Blatt der Reimhaut zusammen, ohne eine Rumpf- höhle unter sich zu haben. Diese entsteht, indem der Embryo mit dem ihm zunächst gelegenen Theil der Reimhaut sich über die Oberfläche der Relinhaut kahnförmig erhebt, so dass dann die Reimhaut wie von den Rändern eines Schiffchens auslauft. Diese anfangs offene Aushöhlung ist die erste Form der Rumpf- höhle. Durch Einbiegung der Reimhaut oben, unten und an den Seiten sondert sich diese Höhle mehr ^lekommt untere und seitliche Wände. Zuerst biegt sich der Rojiftheil des Em- bryo mit dem vordem Theil nach vorn um, und die Reimhaut folgt dieser Biegung. Diese Biegung der pimhaut schreitet von vorn nach hinten fort, und dadurch .wird die Rumpfhohle vom CU Kopftheile des Embryo her geschlossen. Die Umbiegung der Keimhaut, welche schon innerhalb des ersten Tages beobachtet ■wird, heisst die RopAtappe. Sie erscheint anfangs in korm einer Querfalte, welche sich immer tiefer lierunterzieht. Am Rande 684 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. I. Abschn. EntwickJ. d. Eies. dieser Falte gebt die Keimbant in ihren peripberiscben Tbeil über. Siebe die vorhergebende Durch sch nittsfignr. a Embryo, b äusseres, c inneres Blatt der Keimhaut. Eine ähnliche Falte bildet sich innerhalb des zweiten Tages am Schwanztheile des Embryo und rückt von hinten nach vorne vor. Siehe die folgende Figur. Beide -werden durch denjenigen Theil des schiffförmigen Em- bryo verbanden, der sich von den Seiten der Ächsengebilde rr in die Keimhaut fortsetzt. Auf diese Weise schnürt sich, der Embryo von oben, unten und den Seilen von der Keimhaut einigermassen ab, über -welcher er nun sich erhebt, seine zum grossen Theil noch offene ßumpfhöhle dem Dotter zuwendend. Das innere Blatt der Reimhaut, so weit es die Aushöhlung des Embryo auskleidet, ist die Uranlage des Darms und seine Höhlung die Urform der Darmhöhle. Das äussere Blatt hingegen, soweit es von den Achsengebilden des Embryo ausgehend, das Schiffchen des Embryo bildet, hängt mit der Uranlage der B.umpfwände zusammen, die bestimmt ist, die Wandungen des Halses, der Brust und des Bauches zu bilden. Dass diese animalischen Wände aber nicht bloss durch eine Wucherung dieses Blatts entstehen, geht bereits aus Rathke’s Beobachtungen hervor. Auf einem Quer- durchscbnitte des Schiffchens des Embryo sieht man daher. dieses Blatt im Zusammenhänge mit jenen Wänden, welche nach oben die Rückenplatten, zur Umfassung des Rückenmarkes, so nach unten die Bauch- oder Visceralplatten bilden, bestimmt das Eingeweidesystem zu umfassen. a Rückentheil. a’ Banchtheil der animalischen Höhlenwände. b Zusammenhang des Bauchtheils dieser Wände mit dem periphe- rischen Theil der Reimhaut. c Inneres Blatt der Keimhaut. d Organischer Theil des Körpers. Erste Anlage des Darms. Durch die Veränderungen in der ralttlern Schicht der Reim- haut in der Area vasculosa ist indessen die erste Anlage des Ge* fässsystemes und Blutes entstanden. Im äussern Umfang der Area Entwickelung der Vogel und beschuppten Amphibien. 685 686 VIII. Buch. V. d. Entwickelung, I. Ahschn. Entwickl. d. Eies. and vergleiche die folgende, b, e änsseres und inneres Blatt der Keimhaut, d Höhle des organischen Systems, c Zusammenhang desselben mit dem innern Blatt der Keimhaut. Aus dem äussern Blatt der Keimhant b erhebt sich also eine Falte e, sich von dem darunter liegenden Blatt entfernend, tind diese Falte wächst um den Kopftheil des Embryo, wie eine Mütze, herum, die Kopf- scheide. Eine ähnliche Falte e' erhebt sich am Schwanzende aus dem analogen Theil der Keimhaut, um den Schwanztheil des Em- bryo zu umwachsen, die Schwanzscheide und eben solche Falten an den Seiten. Die Falten hängen untereinander zusammen und umwachsen den Embryo von der Bauchseite nach der Rückenseite, bis sie auf dem Rücken zusammen kommen und verwachsen. Dann liegt der Embryo in einer mit Flüssigkeit gefüllten gefässlosen Blase, Amnion. Das obere Blatt der Falten, aus welchem das Amnion entstanden ist, ist, so weit der Embryo auf dem Dotter liegt, durch den Embryo vom Dotter und dem innern Blatt der Keimhaut getrennt (falsches Amnion), im übrigen Theil liegt es dem innern Blatt der Keimhaut an und ist dessen äussere Schichte. Das eigentliche Amnion oder die innere Lamelle jener Hülle V ist nun eine Blase, welche mit der Haut des Embryo an der Stelle zusammenhängt, wo die Rumpfwände in das äussere Blatt der Keimhaut übergingen, und es setzen sieh also nun die Rumpf- wände in das Amnion fort, oder schlagen sich in dasselbe um« Dieser Umschlag ist der Hautnabel, der anfangs gross und lang ist, allmählig aber kleiner wird. Das innere Blatt der Keimhaut fährt fort mitdemDarni zusammen zu hängen. Der eingeschnürte Zusammenhang zwischen Darmschlauch d und dem innern Blatt der Keimhaut c, welche den ganzen Dottei; umwachsen hat und Dottersack geworden ist, ist nun Dottergang, Ductus vitello-inte- stinalis c\ dessen Zusammenhang mit dem Darm Stehonis zeigte, Entwickelung äer VSgel und beschuppten Amphibien, 687 nachdem er schon Fabhicius am ansgekrochenen Vogel bekannt War. Dieser Gang geht durch den Hautnabel durch, ist anfangs sehr weit und wird allmählig enger. Die Leher bildet sich, wie Fobabdo entdeckte, als eine y Ausstülpung der Uranlage des Darms; v. Baer hatte dieselbe '"'‘y/, Thatsache aufgelunden. Meine Beobachtungen bestätigen es. / Wiewohl ich bei Bufo obste- / tricans die Ausstülpung nicht beobachten konnte, entweder, weil ich den Zeitpunkt nicht getroffen, oder, weil sie dort nicht stattfindet, so sah ich sie doch deutlich beimHünhnchen am vierten Tag. An der Uran- lage des Darms verdickt sich das Blastema. Diese Stelle wird über das Niveau des Darms vorgetrieben und bängt bohl mit der Höhle des Darms zusammen. De gland. struct. Tab. X. Auch Valebtin konnte die Genesis durch' Ausstülpung bestätigen. Um so auffallender ist es, dass Beichbrt diese Aus- stülpung, sowie die Ausstülpung der Lungen, welche Ratqke beobachtete, nicht wahrnahm. Innerhalb des dritten Tages bildet sich die Allantois, der Harnsack, o in der beistehen- den und vorhergehenden Fi- <2 gur. Er entsteht nach den bisherigen Beobachtungen aus dem Endstück des Darms als ^ eine Ausstülpung. Reichert sah ihn nur im Zusammenhang mit den Ausführungsgängen der WoLFF’schen Körper oder Primordial-Nieren. Von diesen wird später an seinem Orte gehandelt. Dieser mit einem Gefässnotz bedeckte Beutel wächst durch den Hautnabel hervor, und ent- wickelt sich zu einer grossen gefässreichen Blase. Der Stiel dieser Blase ist der Urachus, er geht wie der Ductus vitello- intestinalis durch den Hautnabel, und ist, wie der Ductus vitello- Intestinalis von den Vasa omphalo-meseraica, so von den Vasa umbihcalia begleitet. Durch das grosse Wachsthum der Allantois wird der Embryo mit Amnion und Dottersack ganz davon verhüllt. Ihr Blutgefässnetz dient zum Athraen. Von den Blutgefässen wird später im zweiten Abschnitte ausführlich gehandelt. _ , Während die Entwickelung des Embryo fortschreitfet und sich *he einzelnen organischen Systeme histologisch ausbilden, w'ird 688 VIII, Buch. V. d, Ent»00160 Kopfkappe, wo die Häute in ihren peripherischen Theil ^oslaufen. Es entsteht jedoch nicht durch eine sich erhebende ^alte der serösen Haut der Schriftsteller (unsere Umhüllungshaut), sondern aus einer eigenen sich hier von der miltlern Haut ahlö- sonden Platte E, welche von der Umbülhingshaiit als Falte über- zogen wird. Diese Production umwächst den Kopf. Unterdess «tlei’j phygiologi«. !2r. Bd. 111. 45 696 VIII. Buck. V. d. Eni Wickelung. I. Abschn. Entwickl. d. Eies, haben sich auch die Amnionsplatten iin Umkreise der Bauchah- thcilung der obern Wirbelröhre von der Membrana intermedia gelöst. Am bintern Ende, wo sie in einander übergehen, bilden sie auch die Schwanzscheide. Ueberall findet diese Umbiegung einer vom Hautsystem des Embryo abgehenden Platte statt, welche, wo sie die Rumpfhöhle des Embryo begrenzen zu wollen scheint, sich über den Rücken umschlägt. So dass durch die Verwachsung dieser Platten über dem Rücken das Amnion sackförmig wird. Die Abbildungen erläutern bloss Querdurchschnitte. In Hin- sicht der Längsdtti'cbschnitte wii’d auf die besondere Schrift ver- wiesen. Erste Figur. a Umhülluugshaut. b Membrana intermedia. b' peripherischer Theil derselben. c Schleimhaut. c' peripherischer Theil derselben. d Centralthelle des Nervensystems. ' e Chorda. f Endäste der Aorta. b" beginnende Ablösung der Amnionsplatten von der Membran!* intermedia. Die zweite und dritte Figur zeigt diese Ablösung vollende • B Membrana reuniens inferior, sich als Amnionsplatte umschlagendj Indem die Enden der Amnionsplatten sich vereinigen, wir** gleichzeitig die als Falte sie überziehende Umhüllungshaut gao* so wie bei der Vereinigung der Urhälften des centralen Nervensy- stems gleichsam durchgesehnürt. Siehe die folgenden Abbildungen' Der ausserhalb bleibende, grössere, seine Lücke yerschhessende Theil ist nun die sogenannte seröse Hülle, welche in der wesent- lichen Function der Umhüllungshant verharrt. Uas innerha der Amnionshöhle eingeschlossene Stück lässt sich noch einig Entwickelung der Vögel und beschuppten Amphibien, 697 Zeit vorfinden; s-päter afier scheint es ganz zu verschwinden. Die^ Ablösung der Amnionsplatten erfolgt ungefähr nach der Mitte hin bis an die Stelle, wo zwischen dem Wirbelsystcm und der mitt- lern Membran die grossen Gefassstämoie verlaufen. Hier erhält sich der Zusammenhang mit dem animalen System und den übri- gen noch durch Blntvermittelung zu entwickelnden Gebilden, welche durch die Membrana intermcdia jetzt repriisentirt werden, fort- während. Siehe die vorhergehenden und folgenden Abbildungen. Wenn das Gehirn bei- nahe in seiner halben Ausdehnung sich über die Ropfabtheilung der Visceralröhre herüber gezogen, so entwachsen von den Urplatten des Wirbelsystems da , wo oben abgehen, die Visce- ralplatten nach unten. Am Ropfe werden sie zu- erst sichtbar an den her- unter wachsenden Visce- ralfortsätzen (den soge- nannten Riemenbogen), die sich allmShlig zu den drei Visceralbogen vereinigen. Nach dem Auftreten dieser Bogen und der an ihnen liegen- den drei Aortenbogen erweitert sieh das Gehirn mit seiner Hülle immer mehr nach vorn, die drei den Schädelwirbeln entsprechen- den Visceralbogen folgen nach und das Herz mit den Aortenbo- gen scheint sich wegen der Ausbildung der Halspartie unter dem Nackenhöcker zurückzuziehen. a Umhüllungshant. b Membrana intermedia. b’ peripherischer Theil derselben. c Schleimhaut. c’ peripherischer Theil derselben. f Endäste der Aorta. b" Lücke zwischen den Amnionsplatten und der Membrana in- termedia. B Amnionsplatten. B’ hervorkeimende Visceralplatten. Die Visceralplatten halten sich übrigens dicht an das Haut- System, welches als Membrana reuniens inferior in das Amnion änsläuft. Durch das Erscheinen der Visceralplatten wird die Schliessung des Bauches eingeleitet und das Hantsystera schreitet ihnen voran. Von allen Seiten erweitert sich die Basis des Am- d'icns um die vorhandenen und sich bildenden Eingeweide der Bauchhöhle herüber und bildet auf diese Weise eine sich mehr *^Bd mehr verengende Nabelöffnung, durch welche die von dem peripherischen Theil der Membrana intermedia umfasste Dotter- mit dem Embryo in Verbindung steht. So gelangt das 45* 698 VllT. Buch. V. d. Entwickelung. I. Ahschn. Entwickl. d. Eies. Hautsystem am Bauche in seine ursprüngliche Function als Mem- hrana reutiiens infer. ; die. Visceralplatten folgen dem HautsysteHJ- So wird auch das, Herz von voi-ii her eingeschlossen, indem sich die Basis der Kopfscheide nach rückwärts hindehnt. Die Extre- mitäten treten am vordem und hintern Ende der Bauchhöhle als erhabene Leisten an der Aussenseite der Visceralplatten hervor. W’oif’F’sche Körper und Allantois. Die WoLFr’schen Körper oder Larvennieren des Fötus zeigen sich in der bekannten läng- lichen Form neben der Aorta, und den beiden Ehd'ästen von der Gegend des Herzens bis zum Schwanzende. Siehe die beiden vorhergehenden Figuren g. Durch ihre Entstehung ist die mitt- lere Verbindung der Membrana inlerraedia mit dem Wirbelsystem wiederum mehr geschmälert und auf den Raum zwischen den WoLrr’schen Körpern beschränkt. Die Seitenwände der mittlern Membran sind gleichzeitig nach unten gedrängt und hängen dach- förmig an der Mittellinie des Körpers herab (Darmhautplalten)' Letzte Figur h. Wenn die WoLrr’schen Körper schon ziemlich deutlich in der Anlage erkennbar sind, das Amnion sich beinahe geschlossen hat, die Andeutungen der Extremitäten wabrgenommen werden, die Abschliessung der Darmhaut aber noch nicht begonnen hat, markiren sich am hintersten Ende der Woi.Fr’schen Körper zwi- schen den ineinanderübergehenden Visccralplatten und der mehr nach unten gerückten Membrana intei’raedia zwei Erhöhungen, welche anfangs durch den nach unten gekrümmten Schwanzstuin- mcl getrennt werden. Sie schliessen sich als noch ganz solide Zellenanhäufungen dicht an die WoLrr’schen Körper an und ein feiner Streifen lässt sich an dem Innern Rande der letzten nach den beiden erhabenen rundlichen Anlagen der Allantois verfolgen, Ausführungsgänge der WoLFF’schcii Körper. Die beiden Anlagen der Allantoide nähern sich allmälig und verwachsen, eine anfangs breitgedrückte Erhöhung formirend. Diese tritt nun schnellei' hervor, entwickelt sich zum Bläschen, dessen weitere Entwickelung und Gefässsystem bekannt ist. Die Folge ihrer Entwickelung ist die Entfernung der Umhüllungshaut von dem Amnion und von dem peripherischen Theil der Membrana intermedia, welche all' mälig den Dotter umfasst. Die Allantoide entsteht demnach weder aus der Schleimhaut noch aus dem Darmsystem überhaupt, welches um diese Zeit noch gar nicht abgeschnürt und gebildet ist, sondei'i* durch Zellenwncherung am hintern Theil der WoLFF’schen Körper- Leier und Pancreas- Anlage. Die Leber und Pancrcas- Anlag*^ wird erst dann sichtbar, wenn die Abschnürung des Centrums de* Membrana intermedia von dem peripherischen Theile den Anfang genommen. Diese Abschnürung wird zuerst vorn, wo die Meiß' hrana intermedia mit der schon früh abgeschnürten Kopfabtheilung der Visceralröhre zusammenhängt, bemerkt, in deren Folge entsteh eine Höhle, welche späterhin zum Magen verwandelt wird. Dies® Höhle mündet hinten in den Dottersack aus, sie wii’d vom Cen' tnum der Membrana intermedia gebildet. Oben verläuft die Aorta» unten wird sie vom hintern Ende des Herzens begrenzt. H*®^ unten, aber dennoch an der Oberfläche des Centrnras der Meßt' Entwickelung der Vögel und beschuppten Amphibien. 699 Gratia intermedia zeigGn sicli da, wo die Dottervenenst'äninie znin Herzen gelangen, zwei anfangs gleiche breite Erhabenheiten die Leberlappen, ausserdem zeigt sich der Bildungsstoff für das Pan- creas. Diese Anlagen haben durchaus keine Communication mit der Höhle des Centrums der Membrana intei-media, sondern sind nur Zellenwucherungen der Oberfläche der letztem, man kann sie ahtragen und die Höhle bleibt unversehrt. "Während die Anlage sich verdickt, auch eine Verbindung mit dem Hauptstamm der Dottervenen bemerkbar wird, hat sich die Membrana inter-, media allmählig an der Ursprnngsstelle wieder freigemacht und ist zum Schluss ihrer Wirkungen, zur Entwickelung des Darm- hautsystemes übergegangen. Der ursprüngliche Zusammenhang der Membrana intermedia mit der Leber und Pancreas- Anlage hört schon frühzeitig auf und letztere vollendet ihre Entwickelung selbstständig. Die Strnctur der Leber zeigt eine lebhäfte Zellen- production," in deren Folge sie wächst. Auch später noch, wenn ihr Waebsthum im Verhältniss der übrigen Theile ist, dauert diese Zelienproduction fort und überall finden sich Mutterzellen, Kerne und die verschiedensten üebergänge zur jungen Generation ganz wie beim Frosch. Sollte die junge Generation dieser Zellen Zur Vermehrung der Blutmasse verwandt werden? Zu gleicher Zeit mit der Leber werden die Anlagen der Lungen wahrgenommen. Sie zeigen sich als kolbenartige Zellen- massen beider Seiten der beschriebenen Höhle des Centrums der Membrana intermedia über der Leber in der Nähe der Wirbel- säule. Vorn lassen sie sich bis dahin verfolgen, wo der abge- schnürte Kopftheil der Visceralhöhle aufliört, in dessen Bildungs- suhstanz sie sich verlieren. Die Lage neben der freien Fläche der Membrana intermedia in der Bauchhöhle hat fast das Ansehen, als oh sich die Anlagen der Lungen von ihr entwickelt hätten, indessen befindet sich die Reimstelle in der hintern Partie des Kopftheils der Visceralröhre. Darmhautsysiem. Wir unterscheiden die Schleimhaut als Cen- li'alorgan des vegetativen Lehens und das assistirende System dei damit verbundenen Häute, welches im folgenden Darrahautsystem genannt wird. Die Ropfabtheilung des Darmhautsystems ist m der ersten Periode durch die Abschnürung der Membrana inter- niedia der direclen Einwirkung der Schleimhaut entzogen und tnit dem ganzen Ropftheile der Visceralröhrg dem Einflüsse des animalen Systems anheimgefallen. Die Höhle des Ropftheils der Visceralröhre erhält sich als Höhle des Mundes, Schlundes und der Speiseröhre, so dass der Athmungsapparat sich nachträglich io sie einmündet. In der flachen Rinne, welche die ersten Erscheinungen der Visceralplatten am Bauche zwischen sich haben, liegt das Centrum der Membrana intermedia, vorn in den ahgeschnürten Ropltheil übergehend. Zwischen ihr und den Visceralplatten verlaufen die ^OLFF’schen Rörper. Die seitlichen Hälften des Centrums der ^lemhrana intermedia verdicken sich und streben sich zu verei- oigen. Diese Vereinigung beginnt zuerst vorn, dann hinten und “0 den dazwischen liegenden Partien. Bildete früher das Centrum 700 VIII. Buch. V, d. Entccickelung, I. Abschn, Entmickl, d. Eies, der raittlern Membran durch den peripherischen Theil ein eben- massiges Ganze mit der Dotterkugel, so wird es zu Anfang dieser Bildungsvorgänge über dieselbe in Form eines Daches erhaben, dessen Kante oder Giebel unter der Wirbelsäule durch die Aorta und die Endäste mit dem Embryo verbunden ist. Diess Dach wird allmählig zu einem Canal abgeschniirt, der in der Mitte durch eine weite Oeffnnng mit der Dotterhöhle in Verhindung steht. Die Abschnürung schreitet weiter vor, die Höhle des Darm- canals wird vergrössert, die CommunicationsöfFnnng mit , der Dot- terhöhle nimmt ab und wird allmählig auf einen sehr engen Gang beschränkt. Der Abschnürung des Darms folgt die Schliessung der Rumpf- höhle am Bauche auf dem Fnsse nach. Voran geht die Basis des Amnion als Membrana reuniens inferior und die Visceralplatten wachsen nach. Es entsteht so die anfangs weite NabelölFnung, von welcher jetzt das Amnion abgeht. a Centraltheil des Nervensystems. b Chorda, c Aorta. d Leibeswändc, oben in die Rückenplat- ten sich fortsetzend. e Visceralplatten. f Amnion. g Darmbaut. h Magenhöhle mit Schleimhaut, i Leber. k WoLFF’sche Körper. Die zweite Figur stellt einen Querschnitt in der Gegend der oberen Extremitäten dar. a Rückenmark. b Chorda. c Aorta. d Rückenplatten. e Visceralplatten. f Amnion. g Darmhaut. h Magenhöhle mit Schleimhaut. l Mesenterium. m Dottersack, n WoLFF’sche Körper. Das Mesenterium bildet sich ganz so wie beim Frosch. Die Schleimhaut ist ausser der vergänglichen Chorda das einzige und zugleich so wichtige Gebilde des Fötus, welches selbst angelegt und ohne Vermittelung des Blutsystems erweitert und ausgebildet wird. Ihre Hülle erhält sie durch das Centrum der Membrana intermedia. Der peripherische Theil der Membrana intermedia hat sich all- mählig über den ganzen Dotter ausgedehnt und umhüllt denselben bis auf eine kleine runde Stelle. Die Corticalschicht des Dotters tritt in innige Verbindung mit dem peripherischen Theil der Mem- brana intermedia. Die Dotterarterien bilden von dieser Schicht ans die als Vasa lutea bekannten Gefässschlingen ins Innere des Eniwickelung der Säugethiere und des Menschen. 701 Dotters. Der Dotter ist jetzt auf die Bedeutung des Nahrungs- stoiFes iieraBgesunken und der Inhalt der Dotterzellen zeigt sich Wesentlich verändert, und hat beim Zerdrücken ein zusammen- hängendes fettartiges Ansehen. III. Capitel. Entwickelung der Säugethiere und des Menschen. lieber die der Dehiscenz des Folliculus Graafianus voraus- gehende Bildung des Corpus luteum ist bereits oben pag. 645 ge- handelt Nach Barry entwickelt sich dasselbe aut Kosten der vasculösen Bedeckung des Ovisacks. Nadi den Untersuchungen von Rob. Lee beim Menschen {med. chrurg. Transact. XXII.) bildet sich das Corpus luteum um den Follikel und dessen beide Häute. Ein Wahres Corpus luteum scheint sich nur in Folge einer Conceplion zu bilden. Dagegen sind falsche Corpora lutea nicht so selten. Mostgomery beobachtete sie meist mit dem Anschein wie von Extravasat in den Follikel formirt. Zuweilen giebt eine im vor- gerückten Alter sich ausbildende Verdickung der Schichten des Follikels den Anschein eines Corpus luteum. Falsche Narben des Follikels haben ein unregelmässiges Ansehen, verschieden von der kleinen runden Oeffnnng nach einer Conception. Rob. Lee sah ansser diesen Formen bei Frauen, die während der Menstruation gestorben, bei denen auch die Trompeten und Fimhrien stark geröthet knd, einen falschen Anschein von Corpus luteum am fcerstock in Form einer Perforation des Perltoneal-Ueberzuges des Ovariums mit Wnchernng der Oberfläche des Ovariums um diese Stelle, und mit oder ohne Bildung einer Cavität an dieser Perforationsstelle. 1. Ei der Säugethiere. Der Uebergang des Eies aus dem Eierstock ln die Tuben erfolgt zuweilen schon einige Stunden nach der Begattung (wie z. B. Barry fand, dass die Eichen der Kaninchen schon 9 — 10 Stunden nach der Begattung abgehen) oder, in späterer Zeit, in- nerhalb 24 Stunden oder mehreren Tagen. De Graaf fand die Eichen der Kaninchen 3 Tage nach der Begattung ausgetreten. Op. omn. 215. Auch Crüikshakk. fand dieselben am dritten Tage naeh der Begattung in den Tuben, am vierten im Uterus. Phil. Transact. 1797. Reil’s Arch. III. 74. CosTE fand bei Kaninchen 24 Stunden nach der Begattung Eier im Uterus. . WiiARTON JoBES fand die Eier eines Kaninchens in den Tuben 2 Tage nach der Befruchtung. Bei einem Kaninchen, das 41 Stunden nach der Befruchtung untersucht wurde, fanden sich Hoch keine Eier in den Trompeten und im Uterus. Phevost und Dumas fanden die Eichen zweier Hündinnen ^ Tage nach der Begattung im Uterus, bei der einen fand sich Hiß Eichen noch in der Tulja, 702 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. I, Ahschn. Entwickl. d. Eies, ( Nacli Bischoff’s Untersucliungen an Hunden ist die Zeit des Austritts der Eier aus dem Eierstock sehr verschieden, am frü- hesten fand er die Eichen des Hundes 36 Stunden nach der Be- gattung. Bei einer andern Hündin waren sie 19 Stunden nach der Begattung noch nicht ausgetreten. Bei einer andern Hündin» die vor 14 Tagen den Hund nicht mehr zuliess, fand derselbe die Eier erst in der Mitte der Tuben. Eine andere hatte schon 11 Tage den Hund nicht mehr zugelassen , und doch waren die Eier erst in den Uterus eingetreten und noch sehr zurück. Eine merkwürdige ganz isolirt dastehende Thatsache ist, dass bei dem Reh eine sehr geraume Zeit zwischen der Befruchtung und dem Austritt des Eies vom Eierstock verläuft. Die Befrnch- tungszeit des Rehes fällt in den August, nach den zahlreichen V. Untersuchungen von Pocrels verlässt dagegen das Eichen das GaAAF’sche Bläschen erst im Dccemher und geht in die Tuba über. Die Brunst dauert vom Ende Juli bis Ende August. Das Ei ruht also gegen 4 Monate nach der Befruchtung, ehe es sich entwickelt. Wiegm. Arch. 1835. 195. Muell. Arch. 1836. 183. Die primitiven Veränderungen desEichens in den Tuben und im Uterus sind von CRUiRSuAiVK-, Pbevost und Dumas, v. Baee, Coste, Wagvek, Whartos Johes, Bischoff und Barry beschrieben. Die Eier wurden schon 1672 von De Graaf in den Tuben der Kaninchen gefunden, und er u\iterschied schon daran 2 Häute. Mimitissima ova quae licet pe.rexigua, gemina tarnen lunica amiciuniur. a. a. O. 216. Cruikshahk wollte in den Eichen der Kaninchen aus den Tuben vom dritten Tag sogar 3 Häute gesehen haben. Die erste Zeichnung des Embryos, zur Zeit, wo sich der Primitivstreifeu und der Fruchthof zeigen, sahen zuerst Prevost und Dumas beim Hunde. Prevost und Dumas haben die jüngsten Eier, die sie io den Uternshörnern des Hundes fanden, nicht genau beschriehen, aber in ihren Abbildungen, Arm. d. sc. nat. III. Tab. 5. Fig. 2. 3, sicht man Körnchen, die regelmässig mit einem Kernpunct ver-^ sehen sind. Sie wollen diese gekörnte Stelle an der ohern Seite des Eies gesehen haben, man weiss inJess nicht, ob diese Bildung im Innern des Eies ist, da Prevost und Dumas an die Decidua erinnern. Unter diesen Körnchen sieht man einen weissen runden Fleck abgebildet, den sie der Cicatricnla vergleichen. ^ V. Baee untersuchte Eichen des Hundes aus dem Uterus vor der Bildung des Embryo. Sic liestanden aus einer äussern durchsichtigen Haut, hier und da mit kurzen Knölchen beseizl, Membrana corlicalis, und einer innern Haut, die mit kleinen ringförmigen Figuren besetzt war, die sich bei starker Vergrös- serung' als Kreise von Körnchen zeigten. Diese Erscheinung hat erst durch Biscuoff ihre Aufklärung erhalten. Ausserdem zeigte sich ein runder trüber Fleck. Die innere Haut, woran die Körnchen, nahm v. Baek für die Dotterhaut, es ist dieselbe, welche Coste als Keimhaut betrachtete, den Fleck sah v. Baeb als Keimhaut oder Keim an. Am dritten Tage nach der Befruchtung hatten die im Uterus gefundenen Eier des Kaninchens bei Coste einen Durchmesser von 1"'. Unter dem Mikroskop zeigte sich an der innern Fläche Entwickelung der Säugethiere und des Menschen. 703 der äassern darchsichtigen Eihaut oder Dotterhaut eine zweite körnige Haut. Diese umschliesst den ganzen durchsichtig gewor- denen Dotter. Am 7. Tage erblickte Coste die ersten Rudimente des Embryo als einen Fleck, der aus Wölkchen von Körnern besteht. Er liegt in der Oberfläche der Keimhaut und in ihrem Gewebe. Coste unterschied an ihm den Längsstreifen. Recherches sur la generation des mammiferes. Paris 1S34. In seinem neuen Werke Embryogenie comparee. Paris 1837. hat derselbe ähnliche Beobachtungen vom Ei des Hundes und Kaninchens mit Abbildung der Keimhaut und des noch runden Embryonalfleckes, desgleichen von der Keimhaut des Schafs gegeben. R. Wagbeb untersuchte die Eichen der Kaninchen aus der ersten Zeit nach der Befruchtung, wie sie im Uterus vor ihrer Anheftung gefunden wurden. Das Eichen war oval, 2 Linien lang, 1:^ Linien breit. Es bestand aus 2 Häuten. Die äussere Haut war ganz durchsichtig, structurlos, übrigens dünner als die Zona pellucida des Eichens im Eierstock. Die innere Haut stand, nach dem das Eichen in Wasser gelegen, von der äusserii ab, sie war an ihrer innern Fläche mit kleinen Kügelchen besetzt, ln der Mitte zeigte sich ein Fleck aus Körnchen, die wie zu einer körnigen Membran ’ confluirt waren. Hiermit stimmt auch ein von Gtjrlt beobach- tetes Eichen, wovon Wagber ebenfalls eine Abbildung giebt, ganz überein. In Hinsicht der äussern Haut des Eichens neigt sich Wagner zur Ansicht von Baku, nach welcher sie sich zum Cho- rion oder der spätem äussern Eihaut ausbildct. Die zweite oder innere Haut hielt er für die Dotterhaut oder die Keimhaut selbst, den circularen Fleck für die Keimschicht. Ahh. , d, K. Baierschen Akademie. II. 1837. Wharton Jones beobachtete die Eier eines Kaninchens in den Tuben zwei Tage nach der Befrachtung. Sie waren von einer dicken gallertigen Lage umgeben, die er nach der Befruch- tung auch schon am Eierstock fand, die ihm aber vor der Be- fruchtung nicht als eigentliche Hülle vorhanden scheint. Nicht aus der DoLtermembran , sondern aus jener Lage entsteht nach WuABTON Jones das Chorion. Philos. Iransact. 1837. Auch Valentin [Repert. .3. 190.) und Barry (a. a. O.) be- schreiben eine dünne Haut, welche sich am Ei der Tuben zeigt, und welche das eigentliche Cborion wird. Sie entsteht während des Durchgangs des Eies durch die Tuba, aus ihr entwickeln sich die Zotten des Chorions. Die Dotterhaut verschwindet nach Barry durch Licjuetaction. Die schönen Untersuchungen von Biscnorr (Wagner Phys. 95.) liefern eine Uebersicht der 'stufenweisen Veränderungen in der Struetur des Eies während des Durchgangs durch die Tuben und während der ersten Zelt des Aufenthalts, im Uterus. Alle Eier, welche Biscuorr im Eileiter fand, glichen noch auffallend den Eierstockseiern, namentlich hatten sie immer noch einen Körnerdiscus; die frühesten zeigten noch keine Veränderung in ihrer Grosse. Das Keimbläschen wurde vergeblich gesucht. Dag,egen fand es sich 19 Stunden nach der ersten Begattung bei einer Hündin in den Eiern der angeschwollenen GRAAr’schen 704 VIII, Buch. Von d. Entwickelung. I, Abschn, Entwicht, d, Eies, Bläschen vor. Auf dem Wege im Eileiter nimmt das Ei allmä- lig an Grösse zu, und der Dotter wird fester. Das Eierstocksei lässt die Dotterkörner ansfliessen. Bei befruchteten Eiern konnte Bischoff den Dotter in 2, 4, 6 Stücke theilen. Ferner beobach- tete Bischoef, dass der Dotter an verschiedenen Stellen von der Innern Fläche der Dotterbaut abweicht und eine eckige Gestalt annimmt. An mehreren Eiern gegen das Ende des Eileiters wurde noch eine ganz feine Membran bemerkt, die im Innern den Dotter umschloss. Dagegen iäugnet Bischoff den Zuwachs einer äussern Hülle des Chorions. Zur Zeit wo die Eichen der Hunde und Kaninchen in den Uterus gelangen, sind sie 5 — 6 Mal so gross, als sie im Eierstock waren. Die Dotterhaut oder äussere Haut des Eies wird dünner, in dem Masse, als der Dotter an Umfang zunimmt, letzterer wird jetzt auch dünner und durchsichtiger. Auf der Oberfläche des Dotters bildet sich eine zusammenhängende Körner- oder richtiger Zellenscbicht, die Keirnhaut, welche den ganzen Dotter umgiebt, und an einer Seite derselben zeigt sich ein trüber rundlicher Fleck. Uebrigens liegen die Eier zu dieser Zeit noch ganz lose ira Uterus, ohne von einer Uteruseihaut um- geben zu seyn, den Discus fand Bischoff zu dieser Zeit nicht mehr. Die Keimhaut selbst besteht nach Biscuoff’s Untersuchun- gen an den Eiern der Hunde aus lauter zarten Zellen, welche Körnchen umschliessen. Auch der Embryonalfleck besteht aus Zellen. Bald stehen die Zellen in der Keimbaut so dicht, dass sie meist sechseckige Figuren bilden. Tn der Mitte der Zeilen finden sich kleinere Kerne und ausserdem ein unregelmässiges körniges Wesen. Barry hat dieselben Zellen mit Kernen und Kernkörperchen beobachtet, so zwar, dass anfangs grössere Zellen vorhanden sind, und kleinere und zahlreichere an ihre Stelle treten. An der In- nern Fläche der Haut, die den Dotter umgiejst, bildet sich eine ganze Lage solcher Zellen, während im Gentrum des Eies eine maulbeertörmige Structur entsteht. In Hinsicht der ersten Bil- dung des Embryo hat Barry auch bereits Beobachtungen ange- stellt, die auf Eigenthümlichkeiten schliessen lassen. Die ausfülir- lichen Mittheilungen sind noch zu erwarten. Edinb. phil. Journ. 18.39. Dass die erste Bildung des Embryo übrigens auf ähnliche Weise wie bei den Vögeln erfolge, geht bereits aus den Beobach- tungen und Abbildungen von Prevost und Dumas hervor. Denn hier sieht man den primitiven Streifen, die ihn begrenzenden B.ückenplatten, die brscuitförmige Area pellucida ganz wie bei den Vögeln, und nur das nächste Feld, was ohne Zweifel zur Area vasculosa bestimmt ist und die Area pellucida umgiebt, weioht ab und ist auffallend länglich, der Form der Area pellucida ent- sprechend. v. Barr sah die Rcimhaut im gefässreichen Zustande beim Hunde. Vergl. v. Baer de oui mammnliam genesi. Fig. FI. und R. W agner’s Icon, physiol. Tab. VI. Fig. 9. wo der Gefässhof rund erscheint. Der Embryo der Säugethiere verhält sich zur ganzen sackförmigen Keimhaut wie bei den Vögeln, wie bereits V. Baeh zeigt und durch die schönen Abbildungen vom Kaninchen von CpsTE Embryogenie, Tab. VIII, und vom Hunde von Bischoff, 705 Entwickelung der Säugethiere und des Menschen. Wagker Icon, physiol. VI. Fig. 11 — 14 erläutert wird. Der Dottersack der Säugethiere hängt anfangs ganz offen und weit mit dem Darm, später durch einen Stiel zusammen, Ductus om- phalo-entericus und dieser wird auch von denselben Gefässen, Vasa omphalo-mesenterica begleitet. Dieser Dottersack der Säu- gethiere wird gewöhnlich Nahelblase, Vesicnla umbilicalis genannt. Nach V. Baeh’s Untersuchungen hat der Dottersack der Säuge- thiere eine äussere Gefässschicht, eine Innere Schleimhautschicht, und letztere schickt nach innen zottige Verlängerungen ah, wie bei den Vögeln, sie sind auch im Nabelbläschen des Menschen vorhanden. Das Amnion verhielt sich in v. Baer’s Beobachtungen zu den Banchplatten , wie heim Vogel und kein Zweifel, dass es auf dieselbe Weise entsteht. Auch die Allantoide entsteht auf die- selbe Weise, wie hei den Vögeln, wie besonders durch v. Baer’s und Coste’s Untersuchungen aufgeklärt ist. Ihre Blutgefässe sind die Vasa umhillcalia. Vor der Bildung der Urinblase hängt die Allantois mit dem gemeinschaftlichen Becken für die Ansführungsgänge der primi- tiven Nieren oder WoLrr’schen Körper, die Harnleiter und Ge- schlechtstheile, Sinns ui*ogenitalis zusammen. Ans diesem Becken bildet sich die Harnblase als Zipfel ans. Zur Zeit wo die Urin- hlase gebildet ist, hängt der Stiel der Allantoide, der Urachus mit dieser zusammen. Das vom Hautnahei ahgehende Amnion bildet, indem es sich zu einer den Fötus umgebenden Blase um- schläot, eine Scheide für die aus dem Nabel austretenden Theile. Durch diese Scheide treten hervor der Stiel des Nahelhläsehens oder Dottersacks, die Vasa omphalo-rneseraica, der Stiel der Al- lantoide und ihre Blutgefässe, die Vasa nmhilicalia. Durch jene Scheide werden alle diese Theile zu einem gemeinsamen Strange vereinigt, Funiculus umbilicalis, und das Amnion bildet also die Scheide des Nabelstranges, Vagina funiculi umbilicalis. Durch die Gefässe der Allantoide gelangt die Gefössbildung bis zum Chorion ff Rückentheil des Embryo. b Amnion. c Dottersack, Nabelblase. c Dottergang, o Allantois. o' Urachus. 70Ö VIIL Buch. Von d. Eramckelung. I. Alschn. EnWickl. d. Eies. und die Gefässe der Allantois verlängern sich in dieses selbst und seine Zotten. Während der ersten Entwickelung des Eies im Uterus ist dasselbe noch ganz frei, später aber bildet sich auf der Innern Oberfläche des Uterus eine Exsudatiou, welche sich in Zellen formirt und die dünne Decidua des Säugetbiereles bildet, welche besonders bei den Raubthieren deutlich ist. Bojahus a. a. O. Die auf der Oberfläche des Chorions sich entwickelnden Zotten wachsen in dieses häutige Uteringebilde hinein. Später verbindet sich das Ei mit dem Uterus auf eine noch zu beschreibende Weise vermittelst der Placentarbildung. Was bisher von der Bildung des Säugethlereies gesagt wurde, gilt allgemein, und in der That ist allen Sängetbieren die Nabel- blase oder Dottersack, das Amnion und die Allantoide eigen; in Hinsicht der relativen Ausbildung dieser Theile giebt es aber in den verschiedenen Abtheilungen der Säugethierc manche Verschie- denheiten , die hier in Kürze mit Angabe der wichtigsten histo- rischen Fortschritte namhaft gemacht werden sollen. Bufus Ephesius unterschied bei den Thieren das Amnion und seine Flüssigkeit von der Harnhaut oder Allantoide. Galen beschreibt an den Eiern (von Wiederkäuern) eine äussere Hülle, die er Chorion nennt, eine zweite dem Fötus angehörige, von ihm Arnnios genannte und eine dritte zwischen den beiden vor- hergehenden, welche mit der Urinblase durch den Urachus zn- sammenhängt, von ihm Allantois genannt. G. Needham entdeckte die Nabelblase der Hunde, Katzen, Kaninchen, die er vierte Mem- bran nannte und deren vom Mesenterium kommende Gefässe. Die^ Allgemeinheit der Eihäute der Säugethiere und ihre Ueberein- stimmung mit denen der Vögel wurde am richtigsten und vollstän- digsten zuerst von Oken und Kieser erkannt. Sie behaupteten auch den Zusammenhang der Nabelblase oder des Dottersacks der Säugethiere mit dem Darm, worin sie ebenfalls Becht batten, was von Mehreren lange bestritten und für blosse Gefässverbindung erklärt wurde. Wenn auch Meckel die Ansicht Oken’s wider- legte, dass die Verbindung am Coecum statlfände, so ist doch die Verbindung des Darms mit der Nabelblase an sehr jungen Embryonen leicht zu constatiren. Bojanus bewies diesen Zusam- menhang mit dem Dünndarm beim Hunde. iVoe. acl. nal. cur. X. p. 1. p. 141. Am Ei der Wiederkäuer ist er in der ersten Zeit vor der dritten Woche ungemein deutlich und von Coste sowohl, als von PocKELS und mir gesehen. Der hohle Stiel ist sogar hier zu dieser Zeit nicht einmal enger als das gabeligc lang ausgezogene Nabelbläschen selbst. Die Verschiedenheiten in der Entwickelung der Eitheile bei den einzelnen Säugethierfamilien sind von Oken und Kieser, Du- TRocuET, v. Baer, Coste wesentlich aufgeklärt worden. Am voll- ständigsten hat darüber v. Baer gehandelt, welchem wir hier vorzugsweise folgen. Das Ei einiger Säugethiere nimmt im Beginn der Entwicke- lung schnell eine verlängerte Form. Am geringsten bildet sich diese bei den reissenden Thieren, z. B. den Hunden aus, am Entwickelung der SäugeMere und des Menschen. 707 grössten ist diese Ausdehnung hei den Hufthieren,' hei denen sich das Ei nach beiden Seiten in lange Zipfel verlängert. Der Dotter- sack der Hufthiere, wie der Wiedet käuer und Schweine, besteht aus einem anfangs dicken mit der Darmanlage zusammenhängenden Stiel, von welchem zwei ungemein lange Zipfel in entgegengesetzten Richtungen ahgehen. Später sterben die Zipfel ah und nur die Mitte hleiht thätig und mit Gefässen versehen, bis auch' von die- ser nur noch eine Spur übrig ist. Der Dottersack der Rauhthiere verändert seine Rugelform in eine ellipsoidische, dann m eine spindelförmige, hei 'diesen perennirt der Dottcrsack, wird sogar sehr gross und behält sein Gefassnetz bis zur Geburt. Der Dot- tersack der Nager verlängert sich nicht in Zipfel und wachst sehr stark fort, so dass er sich nicht auf die Bauchseite des Embryo beschränkt, sondern, zwischen Ammon und Chorion durch, über den . Rücken des Embryo bis wieder zur Bauchseite reicht unU bis zur Geburt bleibt, v. Baer a. a. O. pag. 191. Die Allantois besteht nach v. Baer aus zwei Schichten, einei Innern, der Verlängerung der Schleimhautschicht und einer äus- sern Gcfässschiclit, welche die Verzweigung der Nubelgefasse auf- nimmt. Bei den Raubthieren gleicht dieser Sack demiemgen der Vögel, er wächst um den Embryo heruin und erreicht überall das Chorion, so dass nur der Raum unausgefüllt bleibt, in welchem die Nabelblasc liegt. Die mit dem Ammon in Berührung kom- mende gefässarme Lamelle des Sacks ist die Membrana ined.a der Aelteren, DuTRocnET’s Endochorion. Die äussere Lamelle des Sackes wird dagegen gefässreich. Die Allantois der Wiederkäuer ist gleich anfangs doppclhörnig und ihre Horner entwickeln sich in gleicher Richtung wie die des Nabelhlaschens, bleiben aber dick während die des Nabelbläschens verkümmern. Bei den llnl- thleren trennt sich die Gefässscliicht derselben von der Schleim- hautschlcht durch eine Eiweissniederlage und die Gebisse wuchern in das Chorion, wie hei den Raubthieren, wo eine solche Scheidung nicht stattfindet. Bei den Nagern ist die Allantois am kleinsten, sie bleibt auf der Bauchseite des Embryo und ist cyhndnsch, ihre Gebisse gehen bald von ihr ab ins Chorion. Auch hier zeigt sich die eigentliche Bedeutung der Allantois, die Gebisse des Embryo bis zur äussern Eihaut zu bringen und sie dann zu yeiiillanzen. V. Baer hat im Ei der Säugethiere eine unter der äussern Ei- h’aut {Chorion) liegende häutige Lamelle nachgewiesen, welche dieselbe Entstehung zu nehmen scheint, wie die seröse Hülle im . Vogelei (siehe oben pag. 6S6), indem sie sich von der Ober- lläche der Reimhaut ahlöst, wahrscheinlich wie dort den Embryo faltenförmig zur Bildung des Amnions umwächst und nach dem Schluss des Amnions als eine Lamelle sich isolirt, welche nun Amnion und Embryo, Dottcrsack und Allantois nmschhesst und der äussern Eihaut zunächst liegt. Zwischen ihr und der ^ssern Eihaut liegt dann eine dünne Schichte Eiweis, das äussere Eiweis, welches diese seröse Hülle durchdringend, bald unter «‘ch ansammelt, so dass dann die seröse Hülle und die äussere Eihaut sich berühren, und die seröse Hülle nun ein zweites Blatt dp Chorions bildet. In den Wiederkäuern und Schweinen ist die 708 VIIJ. Buch. Von d. Entmckelung. I. Abschn. Entwickl. d. Eies. « Allantois wie immer anfangs frei, bei ihrer schnellen Entwickelung erreicht sie bald die seröse Hülle und äussere Eihaut, bis in die langen Zipfel des Eies, am Ende dieser Zipfel wird sogar die Eihaut zersprengt und es treten die sogenannten Zipfel der Allan- tois frei hervor. Auch die Enden des Eies der Raubthiere erlei- den dieselbe Veränderung und lassen die Enden des Dottersacks und der Allantoide von der serösen Hülle noch überzogen und zusammengehalten hervor. Sobald das Chorion die Gefässe der Allantois aufgenommen, entwickeln sich diese in die Zotten des Chorions und daraus bil- den sich die Wurzeln, womit das Ei hinfort in die Wände des Uterus eindringt und aus welchen sich der Mutterkuchen bildet, von dessen Formen später gehandelt wird. Chorion und Amnion bestehen übrigens nach den Untersuchun- gen von Brescbet und Gluge aus primitiven Zellen mit Kernen. Die Flüssigkeit der Allantois enthält das Secret der Primor- dialnieren oder WoLPr’schen Körper und der Nieren. Es findet sich darin Allantoin. Siehe oben Bd. I. 3. Aull. pag. 588. Bei den Vögeln hat Jacobson darin Harnsäure nacbgewiesen. In Hinsicht der Abbildungen der Eier der verschiedenen Säu- gethiere muss ich auf v. Baeb, Coste und Gurlt’s anatom. Abbild, der Haussäugethiere verweisen. Literatur: Oken und Kieser, Beiträge zur vergleichenden Ana~ tomie und Physiologie. 1806. Dutrochet, in Mem. du mus. d'hisf. nät. T.3. p. 8‘i. G. Cttvier, e.bend. p.98. Bojanus, Act. not. cur. X. p. 1. C. Mayer ebend. XVII. 2. Coste, reckerches sur la' generation des mammiferes. Paris 1834. Embryogenie. Paris 1837. V. Baeb, über Entwickelungsgeschichte der Thiere. II. Theil. Burdach, Physiologie. II. Theil. Vauentin, Entwickelungsgeschichte. R. Wagheb, Physiologie, Icones physiologicae. 2. Ei des Menschen. Das Ei des Menschen gelangt wahrscheinlich nicht vor Ab- lauf einer Woche nach der Befruchtung in den Uterus, v. Baek sah am 8. Tage nach der Schwängerung durchaus kein Ei, weder im Uterus noch in der Tuba. Ein von Home und Bauer am 7. Tage gefundenes Ei ist zweifelhaft. Ein von E. H. und Ed. Weber beobachtetes Ei ist von einer Woche. Die jüngsten von Velpeau untersuchten Eier sind von 10 — 12 Tagen, diese waren schon zottig, aber ohne Embryo. In einem Ei von 14 Tagen sah V. Baer schon den Embryo. Ehe das Ei in den Uterus gelangt, beginnt auf dessen innerer Wand eine neue Bildung, die Uterin -Eihaut, deren Form derje- nigen des Uterus entspricht. Edw. Weber sah sie am 7. Tage nach dem Beischlaf als eine Lage einer der ausgeschwitzten Lymphe ähnlichen Substanz auf der innern Wand des Uterus auf und zwischen den vergrösserten gefässreichen Zotten derselben, ßisg. anat. uteri et ovariorum puellae 7. a conceptione die defunctae. Hai. 1830. Sie kömmt auch bei den Thieren, obgleich weniger ausgebüdet, vor. Beim Menschen wird sie zuweilen, aber nicht Entwickelung der S'dugelhiere und des Menschen. 709 immer, selbst Lei einer Graviditas extrauterina, im Uterus gebil- det, 'und bei einer Graviditas tubaria hat man sie in der Tuba und im Uterus zugleich gesehen. Die Decidiia besteht aus einer saftreichen, dem geronnenen Faserstoff ähnlichen, lockern, weiss- grauen Masse, welche ganz aus gehäuften Zellen mit Kernen be- steht. Siehe eine Notiz hierüber von mir bei Scuwasn in Fro- RiEP’s Not. 1838. N. 112. p. 22. Vergl. R. Wagner Physiologie 114. Icon, physiol. Tab. XI. Fig. 5. 6. Die Gefasse des Uterus verlängern sich in dieses Product. Die Dicke dieser Lage beträgt halj ^3 Linien; während ihre äussere Oberfläche innig mit dem Uterus verbunden ist und im abgerissenen oder freiwillig abgestossenen Zustande rauh ist, ist ihre innere Fläche glatt. Das Verhalten der Decidua an den Mündungen des Uterus ist sich nicht gleich, bald ist sie an den Mündungen der Trompeten und am innern Muttermunde geschlossen, oder ist an allen diesen Stellen oder an einer derselben offen. Alle diese Fälle kommen vor und R. Wagner hat Recht, wenn er alle statuirt. Siehe R. Wagner in Meckel’s Archiv 1830. und Physiologie 114 — 117. Der Hals des Uterus ist von einer nur schleimigen Gallerte ausgefüllt. Wenn das Ei in den Uterus aufgenommen wird, so wird es dem noch ganz weichen Gebilde der Decidua eingepflanzt. Die jüncstiin Eier^ die man mit Decidua beobachtete, lagen nicht in der Höhle derselben, sondern waren ihr gleichsam äusserlich ein- geimpft und eingesenkt, so dass die Decidua an der Eintrittsstelle wie nach einwärts getrieben und in eine von der äussern Fläche der Decidua ausgegangene Grube der Decidua eingepflanzt war. Siehe Bock, de membrana decidua. Bonnae 1831. Bei dem wei- tern W'acbsthum des Eies wird die Decidua an dieser Stelle im- mer weiter in ihre eigene Höhle eingestülpt. Der eingestülpte Theil der Decidua heisst Decidua reflexa, die ursprüngliche und äussere Decidua aber Decidua vera. Decidua vera und reflexa sind ein und dasselbe Gebilde und durch ihre Structur durchaus Von der Schleimhaut des Uterus verschieden, vielmehr neue Pro- ducte. Die Entstehung der Reflexa darf man sich übrigens nicht als ein mechanisches Vordringen, verursacht durch das Ei, denken, diese Einstülpung erfolgt vielmehr, wie alle organische Processe der Einstülpung, durch lebendige Kräfte der Vegetation in be- stimmter Richtung. Zwischen der Decidua vera und reflexa in der Höhle der Decidua befindet sich eine eiweissartige Flüssigkeit Breschet’s Hvdroperione. Die Lücke, wo der Umschlag der einen Lamelle in die andere stattfindet und wo das Ei herangetreten ist, wird wieder von einer der Decidua ähnlichen und mit ihr zusammenhängenden Masse geschlossen, Decidua serotina. An jungen Eiern, die im Uterus selbst untersucht werden, findet sich Decidua vera und reflexa meistens, an abgegangenen Eiern sel- ten beide zugleich, diess hängt davon ab, ob die ganze Decidua abgestossen worden oder ein Theil im Uterus zurückgeblieben ist. Bei fortschreitendem Wachsthum des Eies kommt die Decidua 'ei a und reflexa in Berührung, und die Höhle der Decidua ist im dritten Monat der Schwangerschaft verschwunden, und von da der 710 VIII, Buch, Von d, Eniwickelung, I, Abschn, Enimckl, d, Eios, Unterschied Leider Häute schwierig oder gar nicht nachzuweisen. Bei dem weitern Wachsthum des Eies wird die Decidua verdünnt, aber sie vergeht nicht ganz. Bei der Gehurt hleibt sie theils noch im Uterus zurück, theils findet sie sich als dünne Lage am Ei selbst noch. Ueber die Decidua des reifen Eies siehe Eisciioff, Beiträge zur Lehre Port den Eihüllen des menschlichen Fötus, Bonn 18.34. Die Verbindung des Eies mit der Decidua ist anfangs so, dass die ästigen Zotten des Chorions wie Wurzeln in hohle, die Decidua durchziehende Canäle cingesenkt sind oder hineinwach- sen, uni aus diesem mütterlichen Gebilde, ohne damit organisch verbunden zu seyn, Nahrung ziehen. Nach neueren Beobachtungen von E. H. Weber, von denen ich handschriftlich Kenntnisse erhalten habe, bilden den Haupt- heständtlicil der Decidua die sehr gedrängt liegenden schlaucliJ artigen Uterindrüseii, zwischen und an welchen zahlreiche Blut- gefässe verlaufen. Bei den Thieren liegen die langen rührigen hin und wieder getheilten Uterindrüsen in der Substanz des Uterus seihst und öffnen sich auf dessen innerer Oberfläche durch zahl- reiche Oeffuungen. Siehe E. II. Weber in IIii;.iiEBRAKDT’s Anato- mie, IV, p. 505. Burckhardt obs, anat, de uteri vaccini fahrica, Basil, 1834. E. H. Weber annot, anat, 186. Beim Menschen bil- den sie die Decidua selbst. Schon durch die innere Oberfläche der Decidua sicht man im Innern dei'selben zahlreiche, ziemlich parallel gelegene, gegen die Oberfläche gerichtete Eädchen durch- schimmern, wie ein Sammt von Zollen, mit dem Unterschiede, dass die Zotten nicht frei liegen, sondern dass die Zwischenräume zwischen ihnen von der Substanz der Decidua ausgefüllt werden. Wenn man die Schnittfläche des halhirtcn Uterus im Sonnenschein mit Lupen betrachtet, so bemerkt man, dass diese angeblichen Zotten cylinderische, dünne, lange Schläuche sind, die sich da, wo sie an die Oberfläche treten, etwas verengen; in der Gegend, wo die Tunica decidua mit dem Uterus zusammenhängt, dicker und wie es scheint mit geschlossenen Enden anfangen, daseihst schlän- geln sie sich sehr. Presst man einen schwängern Uterus, so kann man auf der Oberfläche der Decidua einen weisslichen dicken Saft, wie aus den Uterindrüsen der Thiere hervorpressen. Die Decidua hat an ihrer innern Oberfläche zahlreiche, längst bekannte Löcherchen; diese scheinen der Ort zu sein, wo sich zwei oder mehrere Schläuche zugleich öffnen. Ausserdem muss es noch viele einzelne unsichtbare Oeffnungen gehen. Die Gänge sind fast J Zoll lang und theilen sich nur selten in zwei, von denen jeder so dick ist als der Stamm. Hierdurch unterscheiden sie 'sich sehr von den Blntgefiissen , die neben ihnen verlaufen; denn diese bilden ein Netz oder Schleifen, sind wenigstens ästig und ihr Durchmesser nimmt während der VerzAveigung ab. Der Durch- messer der Drüsencanälchen beträgt gegen j-yP. Lin.; der Durch- messer der Haargefässe yj-.f P. Lin. Abbildungen der Decidua: Hunter. Anatomia uteri graoidi> Tab, 33. 34. Velpeau, Embryologie. Paris 183.3. Seiler, di^ Gebärmutter und das Ei des Menschen in den ersten Schivangersckaßs- Entwickelung der Säugethiere und des Menschen. 711 nonaten. Dresden 1832. Kilian, Geburtshülfl. Atlas Tab, XXIV, G. Mayer, Icanes seledae. Bonn 1831. Tab, V. Fig. 6. 7. 8. Die Entwickelung des Embryo, die Bildung des Amnions und des Doltersacks erfolgen beim Menschen wabrscbeinlicli ebenso wie bei den Vögeln. Das Wabelbläscben und sein Gang haben nämlich dieselbe Beziehung zum Darm, wie der Dottersack und Dottergang zum Darm beim Vogel. Daher ist das Nabelbläschen dem Dottersack in Allem gleich zu achten. Dass der Stiel die- ses Bläschens auch hier mit dem Darm zusammenhängt, ist zur Zeit wo dieser Stiel dünn und lang ist, nicht mehr sicher zu beweisen. Rieser {die Bildung ' des Darmcanals aus der Vesicula umbilicalis. Gott. 1810.) sah diesen Stiel bis zum Darm verlaufen und bildete es ab. Es wurde vielfach bestritten, der Stiel für ein Blutgefäss erklärt. Hingegen ist der Beweis mit Sicherheit an den jüngsten Embryonen zu führen. An Eiern, deren Embryo 2 — 3 Linien lang ist, ist der Stiel des Nabelbläschens ausseror- dentlich kurz und weit, und die Wände dieser Basis des Nabel- bläschens gehen deutlich in die Wände der Uranlage des Darms über. So sah ich den Zusammenhang an einem vor längerer Zeit beschriebenen Ei {Archw 1834. j>. 8.). Aehnliche Beobachtungen stellten Wagner und Allen Thomson an, und der letztere sah das Nabelbläschen sogar in einem so frühzeitigen Zustande, dass es ohne alle Einschnürung mit den Rändern der Carina des Embryo zusammenhing. In einer mir von E. II. Weber mitgetheilten Abbildung eines sehr jungen Embryo sind ausser dem Stiel des Nabelbläschens auch dessen Blutgefässe gesehen. An den jüngern Eiern ist das Chorion von dem, den Fötus noch en" umzielienden Amnion durch einen sehr grossen Zwi- schenraum getrennt, welcher mit einer bald mehr dünnen, bald mehr gallertigen Flüssigkeit, Velpeau’s Corps reticulö, gefüllt ist. An der innern Wand des Chorions lässt sich leicht eine dünne Hautschicht (Endochorion) ablösen, als wenn diese Flüssigkeit oder Gallerte in einem eignen Sack cingeschlossen wäre. Zu- weilen finden sich in der Gallerte auch spinngewebeartige Fäden, die mit jener innern Schichte des Chorions ^ und dem Amnion ' Zusammenhängen. Mehrere, wie in neuerer Zeit Velpeau, hiel- ten diese Substanz mit dem sie begrenzenden Häutchen füi’ die Allantois des Menschen, indem sie ungefähr zwischen Amnion, Nabelblase und Chorion gelegen ist, wie die Allantois der Sän- gethiere. Es ist aber nie gelungen, diese Ansicht durch die Genesis der Allantois zu erhärten und sie ist überhaupt unwahi’- scheinlich. Vielmehr ist diese Masse als Eiweiss zu betrachten. Sehr tvahrscheinlich verhält sich die Allantois des Menschen ungefähr so Wie bei den Nagern, d. h. sie erscheint nur als schmales, gegen das Chorion sich verlängerndes Bläschen, und ist nur bestimmt die Nabelgefässe zum Chorion zu bringen und diesem einzupflanzen. Hieher sind dann die Beobachtungen zu rechnen, wo an sehr jungen Embryonen zwei Bläschen mit Stielen aus dem Bauche des Embryo hervorgingen. Pocrels Isis 1825. Tab, 12. 13. Coste Embryog. Tab. III. Fig. 4. 5. Seiler Taf. X. v. Baer’s Entwickelu^s. Beschichte Tab. VI. Fig. 15. und 17. und in Siebold’s Journal XIV. ®tüller>s Physiologie, Sr, Bd, III, 46 712 VIII. Buch. Von d. Enincickehing. I. Abschn. Bntwickl. d. Eies. Fig. 7. 8., und A. Thomson Ed/nb. med. a. surg. Journ. No. 140, Fig. III. 3. So ist auch der dicke kurze Strans; zu deuten, der in dem von mir iin Archiv 1834. p. 8. und 18,36. CLXVII. be- schriebenen und commentirten Ei aus dem Ende des Embryo zuro Chorion ging. Aus Gefässstärnmen -war dieser Strang nicht zusam- mengesetzt, sondern er schien ganz einfach; deutlicher giebt sich dieser Körper in dem von Wjgneh abgebildeten Ei, Icon, physiol. Tab. VIII. Fig. 2. 3., zu erkennen. In manchen Fällen mag sich das Ende der Allantoide an der Stelle, wo die Insertion ins Chorion stattfindet, ein wenig erweitern, v. Baer sagt, dass er in allen Eiern des ersten und zweiten Monats an der Einsenkung des Nabelstranges ein ganz kleines flachgedrücktes Bläschen fand, das mit einem Gange innerhalb des Nabelstranges mehr oder weniger communicirte. Die Gefässe liefen an seinem Stiele fort und der Stiel senkte sich in die Cloake ein. V. Baer stellt zwei Alternativen als möglich auf. Entweder hebt sich das Gefässblatt der Allantois ab und legt sich in Form einer Membran an die äussere Eihaut oder das Chorion und ailch an das Amnion an, während das Schleimblatt canalartig bleibt, dann wäre die Eiweissmasse zwischen Chorion und Amnion Ei- weiss, das sich zwischen Gefässhaut und Schleimhaut der Allantois ansammelte, wie in späterer Zeit bei den Hufthieren. Oder diese Trennung der Blätter der Allantois findet nicht statt, sondern die Gefässe wuchern von der wenig sich entwickelnden Allantois in das Chorion und die Allantois wächst nicht weiter, und vergeht zuletzt ganz bis auf ihren Stiel, den Urachus. Dann würde die Eiweissmasse sich unter der äussern Eihaut sammeln, indem diese sich zum Chorion umbildet. Beide Vorgänge kommen bei anderen Sängethieren vor. Die erste Annahme hält v. Baer für wahrschein- licher; mir ist sie es auch und vorzüglich deswegen, weil Joses und Thomson die eiweissartige oder spinngewebeartige Masse in- nerhalb des Chorions schon in Eiern wahrnahmen, in denen der Embryo noch gar nicht an das Chorion befestigt und also die Allantois noch nicht gebildet war. Dann würde jene die innere Fläche des Chorions auskleidende Lamelle vielleicht für die seröse Hülle (siehe oben pag. 707) anzusehen seyn. Nach der Verbindung des Embryo mit dem Chorion durch Blutgefässe des erstem findet sich keine Spur der Allantois mehr, und nur der Urachus der Ürinblase, ein bis in den Nabelstrang zu verfolgender. Faden ist ihr Rudiment. Die successiven Veränderungen des Eies lassen sich also un- terscheiden. Die erste Periode umfasst das Wachst!) um des Ei- chens und seine inneren Veränderungen, ehe sich ein über den Dottersack erhebender Embryo wahrnehmen lässt. Die Vorgang® in dieser Periode sind arn wenigsten bekannt. In dieser Zed entwickeln sich bereits die Zotten des Chorions. Hieher gehö^ eine Beobachtung von Wharton Jones {Phil. Transact. 1837. />. 339)' Das erbsengrosse Eichen war angeblich von 3 — 4 VVochen, mag aber wohl viel früher abgestorben seyn. Es sass in der einen Seite der Decidua. Die eine Seite der äussern Oberfläche waf glatt, die andere mit Zotten des Chorions bedeckt. Die ganz® Entwicketung der SäugetMere und des Menschen. 713 Höhle des Chorions war mit einem gallertigen Gewebe gefüllt, in welchem gegen das eine Ende des Eies ein kleiner runder ^ Körper eingebettet war, die bläschenartige Keimbaut. Her Em- bryo war nocb nicht sichtbar. Aus der Zeit, wo der Embryo sich vom Bottersack abschnürt, Amnion und Allantois sich bilden, aber der Embryo noch nicht an dem Chorion durch eine Allantoide aufgehangt ist, sind an erster Stelle zwei Beobachtungen von Allen Thomson Edinb. med. a. surg. Journ. N. 140. Fig.I. II- zu nennen. Sie betreffen zwei mit Chorionszotten versehene Eier, wovon das eine .j Zoll, das andere gegen Zoll im Durchmesser hatte. In dem kleinen Ei füllte der Dottersack oder die Nabelblase den grössern Theil des Cho- rions, aber nicht ganz aus, der Raum zwischen beiden war durch ein zähes Gewebe von albnminösen Fäden eingenommen. Der Embryo 1’" lang, lag mit der Banebseite flach auf der Oberfläche des Dottersacks auf, mit welchem die Carina eine gemeinschaftliche Höhle bildete. Im zweiten Elchen war der Ranra des Cborions im Verhältniss zum Embryo sehr gross und von dem schon ge- nannten fadigen Gewebe eingenommen. Der Embryo und Dot- tersack hingen am Chorion durch eine dichtere Stelle dieses Gewebes an. Derselbe hing mit dem Dottersack nicht durch einen Stiel zusammen, sondern lag ganz flach auf und seine Seiten gingen in die Wände des Dottersacks über. Am Embryo un- terscheidet man ungemein deutlich die Rückenwülste, welche noch nicht vereinigt sind. Reine Allantois, kein Amnion. Zu dieser Periode gehören auch mehrere Beobachtungen von begonnener Entwickelung der Allantoide, nämlich diejenigen, wo zwei gestielte Bläschen aus dem Bauche hervorhängen, ohne dem Chorion verwachsen zu seyn, namentlich die Beobachtungen von PoCK-ELS und COSTE. Eine andere Reihe von Beobachtungen fallt in die Zeit von der Anbeftung des Eies an das Chorion durch die Allantoide, bis zur Ausbildung des Nabelstranges. In dieser Zeit ist noch keine Nabelstrangscheide des Amnions, die die aus dem Bauch austre- tenden Theile vereinigt. Dahin gehört wieder eine Beobachtung von A. Thomson a. a. O. Fig, III. Der B'ötus war -g- Zoll lang, das Herz hing als eine Gelässscblinge vor dem Körper heraus. Der Darm w ar ein gerader Catiai, der Mund, aber nicht der After formirt. In der Mitte des Köi-pers öffnete sich der Darm durch eine weite Oeffnung in den Dottersack oder das Nabelbläscben, Welches sich in seinem untern Theil zu verengen beginnt. Ans dem Hintertheil des Fötus ging ein hirnförmiger Körper hervor, welcher den Fötus an das Chorion befestigte. Zwei Kiemen- spalten waren sichtbar. Amnion fehlte (wahrscheinlich wegen krankhafter Entwickelung). Hierauf folgen zwei ganz überein- stimmende Beobachtungen von R. Wagner und mir, letztere ist die oben erwähnte. Von jenem Eichen von 7 — 8 Linien Durchmesser, das ich Herrn Dr. Wole in Bonn verdanke, hatte Prof. D’Alton einst die Güte eine Zeichnung zu machen, ich theile sie auf der diesem Bande beigegebenen Kupfertafei mit. Der Embryo ist 2^ Linien, 46* 714 VIII. Buch. Von d. Entmickelung. I. Abschn. Entmidd. d. Eies. der dicke Nabelstrang f Linien, das Nabelbläschen hat Linien im Durchmesser. Das Amnion liegt so d.cht auf detn Lmbryo auf dass es mit blossen Augen kaum unterschieden werden kann. Es^geht von den Baucbplatten an der weiten BanchöfFnnng ans, lind ist an der nntern vordem Seite mit der ganzen Länge des Nabelstranges verwachsen. Der Darm ist ein die Carina einneh- mender Canal, welcher da, wo die Bauchplatten sich in das Am- nion Umschlagen, ganz breit in das Nabelbläscben übergeht, so dass an der Stelle des spätem Stieles bloss eine geringe Ein- schnürung sich findet. Am Halse des Embryo bemerkt man drei Paar Spalten und Bogen; hinten ragt m der Mitte der Schlauch des Herzens hervor. Interessant ist, dass man mit Bestimmtheit die Zeit des stattgefundenen Coitus weiss. Dieser war am 2. December erfolgt, am 25. war die erwartete Periode ausgeblieben; am 27. December hatte abermals Coitus stattgefun- den und am 5. Januar war das Ei abgegangen. Hält mau sich an die blossen Data, so war diess Ei entweder 34 oder 9 Tage alt. Das letztere hielt ich für unwahrscheinlich (nicht umgekehrt wie mir v. Baer und Wagner zuschreiben). Dass das Ei einige Zeit früher als am .34. Tage sich gelöst hat, kann man immerhin annehmen. v: Baer vermuthet, dass es sich bei dem zweiten Beischlaf gelöst und dass das El demnach 25 Tage alt sey; diese Ansicht theilt auch R. Wagner. Ganz ähnlich ist der Entwickelungszustand des von U. Wag- ner auf lab. VIII. Fig. 2. 3. der Icon, physiol. abgebildeten Eies von drei Sclnvangerschaftswochen. Es sind schon die ersten Rudimente der Extremitäten , als kleine blattförmige Hockerchen ZU bemerken. Diese Figuren gleichen sich in Beziehung au _ le Eigebilde vollkommen, so dass ihre Uebereinstinmiung das Ver- trauen einflösst, dass man es hier mit ganz normalen Eiern zn Nur in dem ersten und zweiten Monat der Schwangers^aft findet sich ein mit Eiweiss gefüllter Zwischenraum zwischen Cbo- rion und Amnion. Durch das Wachsthum des Ainnions legen sich beide Häute bald dicht aneinander. Zwischen ihnen hndet sicft noch die Tunica raedia, welche von Biscroff genau beschrieben ist. Das Nabelbläschen, anfangs durch eine weite kurze nication mit dem Darm zusammenhängend, erhält, wie bei den Vögeln der Doltersack, einen mehr und mehr sich verlängernden und verdünnenden Stiel, Ductus omphalo-entericus, begleitet von den Vasa omphalo-meseraica. Diese liegen dann mit den zum Chorion gehenden Nabelgetassen im Nabelstrang, dessen Iheiie von dem Umschlag des Amnions, Vagina funiculi umbilica is, zu- sammengehalten werden. Das Nabelbläschen, mit weissgelMicher Dottennasse gefüllt, liegt dann immer noch zwischen Lhorio» und Amnion, mehr oder weniger nahe der Insertion des JNabe- Stranges in das Chorion. Nachdem es nun den Durchmesser von 4 — 5 Linien erreicht hat, verkümmert es im dritten Mona mehr und mehr mit sammt seinem Stiele. Zuweilen ist es «n einem Faden noch an reifen Eiern aufzufinden, wie Mayer g ' zeigt hat. Entvotckelung der Säugethier e und des Menschen. 715 Sobald das Amnion und Cborion sich berühren, verändert sich das Ei wenig mehr, als dass sich die Zotten des Chorions an einer Stelle zur Bildung der Placenta anhäufen, nnd dass die Gefässe des Cborions sich an dieser Stelle allein in jene ästigen, * am Ende kolbigen, wie das ganze Chorion aus Zellen mit Kernen bestehenden Fortsätze entwickeln. Indessen vergehen die Zotten auch an den übrigen Stellen des Chorions nicht, sondern ihre Zwischenräume werden bei dem Wachsthnm des Eies nur grösser. Splhst an reifen Eiern finden sich diese Zotten noch auf dem Chorion vor. Bischoff a. a. O. Während der Entwickelung des Embrvo zieht sich der Nabelstrang immer länger ans. Am ausgebildeten Ei folgen sich von aussen nach innen De- cidua Chorion, Amnion dicht aneinander liegend, so zwar, dass das Amnion an der Insertionssteile des Nabelslranges in das Cho- rion sich auf diesem als Vagina funiculi umbilicalis umschlägt und am Nabel mit der Haut des Embryo zusammenhängt. In dieser Röhre des Amnions, die am Ende den Inhalt des Nabelstranges hervortreten lässt, sind enthalten: 1) Der in früherer Zeit vorhandene Ductus omphalo-entericus zum Nabelbläschen oder der Stiel desselben, begleitet von 2) den Vasa omphalo-meseraica, Zweigen der Mesenterialgefässe. 41 iil vIsa nmbilicalia, welche hernach den Hanpttheil des Nabelstrangs ausmachen. Es sind bei den Thieren meist 2 Nabelvenen, wie 2 Nabelarterien, beim Menschen giebt es nur eine Nabelvene und 2 Nabelarterien. Die Nabelarterien sind die Hanptäste der Art. hypogastricae , sie bringen das Blut in die Placenta oder in die Gefässe der dort angebänften Chorions- Zotten. An diesen Zotten, welche in die Decidua des Uterus oder Uterin -Placenta wie Wurzeln eingesenkt sind, geht das Blut durch schlingenförmige Capillaren in Venen über, die sich zur Vena umbilicalis sammeln. .Die Vena umbilicalis, das Analagon der perennirenden Vena um- bilicalis, V. abdominalis der Amphibien ergiesst ihr Blut grossentheils in die Pfortader, theils durch den Ductus ve- nosus Arantii unmittelbar in die Vena cava inferior. Der Liquor amnii des Menschen enthält nach den Unter- suchungen von C. Vogt (Mueli.. Jrch. 1837. 69.) Alcoholextract mit milchsatirem Natron, Kochsalz, Eiweiss, schwefelsauren und phosohorsauren Kalk. Das specifische Gewicht war bei Liquor amnii von Monat 1,0182, bei solchem von 6 Monat 1,0092. Im ersten Fall enthielten 1000 Theile 10,77, im zweiten nur 6,67 Theile Eiweiss. In Hinsicht der Abbildungen der Eier aus den verschiedenen Zeitperioden verweise ich auf Sömmerrihg, Seiler, Velpeiu, R. Wagner. t, Schriften: die angeführten von Kieser, Pocrels, Bürdach, Seiler Velpeau, Bischoff, Valentin, Mater, Coste, v. Baer, Wagner, Thomson und ausserdem Wrisberg, descriptio anatom. «tnbryonis. 'Gott. 1764.; Aütenhieth, suppl. ad hist, embryon. hum, Tub, 1797., Müeller in Meckel’s Jrchio 1830. 411. 716 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. I. Absehn, Entwickl, d. Eies, Am Schlösse dieser Uebersicht über die allgemeinsten Ent- wickelnngen im Ei des Menschen ist die schon gelegentlich berührte Frage ausführlicher zu erörtern, wie die Aehnlichkeiten, welche die Embryonen in den verschiedenen Classen mit einander darhieten, anznsehen sind. Es ist noch nicht sehr lange her, dass mehrere Naturforscher die Idee aufstcllten und ganz ernstlich nahmen, dass der Menschenfötus die niederen Thierstufen bis zum Men- schen durchlaufe, und dass er in den verschiedenen Perioden des Fötnslebens verschiedenen Thierstnfen gleiche. In dieser Weise ansgedrückt klingt jene Äehnlichkeit sehr abentheuerlich und fin- det auch in keiner Weise statt, wie v. Baer sehr schön gezeigt hat. Denn der Embryo gleicht in der That nie weder einem Strahlenthier, noch einem Insect, noch einem Molluscum, noch einem Wurme. Die Formationsplane dieser Thiere sind eben himmelweit von dem der Wirbelthiere verschieden. Der Mensch könnte daher höchstens seinen Verwandten ähnlich seyn, näm- lich den Wirbelthieren , da er selbst Wirbelthier ist und mit ihnen den allgemeinen Plan der Wirbelthiere theilt. Er gleicht aber auch nicht zu gewisser Zeit einem Fisch, zu anderer einem Amphibium, Vogel u.s.w.; sondern er gleicht einem Fisch gerade so weit er einem Vogel und Amphibium gleicht, oder wie fern alle diese Wirbelthiere sind. Anfangs tragen aber die Embryonen aller Wirbelthiere das Gemeinsame und Einfachste vom Typus eines Wirbelthiers am reinsten an sich, und daher gleichen sich die Embryonen aller Wirbelthiere in der ersten Zeit so sehr, dass es oft schwer ist, sie von einander zu unterscheiden. Fisch, Amphibium, Vogel, Säugethier und Mensch stehen also anfangs dem einfachsten gemeinsamen Typus am nächsten, und entfernen sich allmählig davon, so dass die Extr(?mität anfangs gleich, die Bestimmung zu Flosse, Flügel, Fuss, Hand u. s. w. erhält. Des- wegen haben alle Embryonen anfangs Bogen am Halse und Spal- ten dazwischen, die uneigentlich sogenannten Kiemenbogen, ein Ausdruck des allgemeinen Plans, an welchem in der That noch nichts von einer Kieme ist. In diesen Bogen verlaufen bei allen Thieren Aortenbogen, die sich hinten zur Aorta wieder vereinigen. Nur bei den Fischen entsteht hier eine progressive Metamorphose, indem sich an einigen dieser Bogen Kiemenblättchen bilden und die Gefässbogen sich in ein System von Gefässfedern mit arteriösen und venösen Stämmen verwandeln, welche letztere dann erst wieder die Aorta zusammensetzen. Bei den nackten Amphibien geschieht das auch, aber ihre Kiemen vergehen bei der Verwandlung, ihre Riemengelässe werden wieder auf die ursprünglichen nnverzweig- teu Bogen redneirt und ihre Kiemenhogeu gehen grösstentheils ein, wie sie bei den beschuppten Amphibien, Vögeln, Säugethieren und dem Menschen überhaupt sogleich in andere perennirende Bildungen verwandelt werden. Hier gehen auch die mehrfachen Aortenbogen, Ausdruck des allgemeinsten und einfachsten Plans der Wirbelthiere, ein, und es bleiben hei den beschuppten Am* phibien nur entweder 4 oder 2, hei den Vögeln, Säugethieren und dem Menschen nur einer übrig. Was die Entwickelung des Embryo selbst betrifft, so verweise Entwickelung der Säugetläere und des Menschen. 717 ch hauptsäclilicli auf die später folgende Entwickelungsgeschichte der einzelnen Organe; hier sollen nur einige der auffallendsten Formen- und Grössenverändernngen erwähnt werden. Ini Anfang des zweiten Monates hat der Embryo eine Länge von einigen Linien bis ^ Zoll. Die Extremitäten sind als blattförmige Ansätze angedeutet, Mundhöhle vorhanden und weit olFen; der After bildet sich später, das Steissbein ragt frei hervor. Die Riemenspalten sind noch vorhanden, schliessen sich aber bald, der Kopf wird ansehnlich und die schon gebildeten Angen rücken ans ihrer an- fangs seitlichen Lage mehr nach vorn und bald entwickeln sich die Nasenoruben. Die Abgangsstelle des Nabelstranges steht noch sehr tief,°diese Stelle rückt im Verfolg der Entwickelung immer höher bis sie zuletzt die Mitte des Bauches einnimmt. Innerhalb des zweiten Monats bildet sich die Nabelstrangscheide, der anfangs gerade Darm biegt sich knieförmig gegen den Nabel and der Anfang der Nabelstrangscheide enthält zu dieser Zeit das Knie des Dünndarms, mit welchem das Nabelbläschen in Verbindung ist. Gegen das Ende des zweiten Monats beginnt auch bereits die Ossification an einigen Stellen und die Anlage des Muskelsy- stems geschieht. Das Herz ist bedeckt, und seine- Scheidewand beginnt sich zu bilden, die Aortenbogen sind bis auf zwei verschwunden, welche sich zur Aorta descendens verbinden und wovon der eine sich später zur Lungenarterie ansbildet. Die drüsigen Eingeweide, Lungen, Leber, WoLFF’sche Körper sind vorhanden, bald folgten den letzteren die Nieren und die Boden und Eierstöcke in der Anlage. Die äusseren Geschlechts- tbeile werden zuerst als Warze vor der Geschlechtsspalte sichtbar, die zu dem Sinns nrogenitalls führt, aus welchem sich hernach die Harnblase in der Richtung des Urachns abschnürt. Zu dieser Zeit sind Mund- und Nasenhöhle noch nicht getrennt, dagegen treten schon die Anfänge der Angenlieder und des äussern Ohrs auf, und an den Extremitäten macht sich die Eintheilung in ihre Glieder und an Hand und Fuss Einschnitte als erste Andeutung der Digitation bemerklich. Um diese Zeit ist der Embryo gegen 1 Zoll gross. W Verlauf des dritten Monats, in dem die PupiUarhant guftritt. Schreitet die Entwickelung aller Theile fort, auch änsserlich spricht sie sich in der grössern Ausbildung des Halses und in der Gliederung der Extremitäten aus. Im dritten Monat erreicht der Fötus eine Länge von 2~ -- 3 Zoll; im vierten, wo das Ge- schlecht unterscheidbar wird, bis auf 4 Zoll; im fünften bis 12 Zoll, ln diese Zeit fällt die Bildung des Fettes und weitere Ausbildung der ersten Anlagen der Hornbedeckungen, der Nägel und des Wollhaars, Eanugo an der ganzen Haut; die Augenlieder verkleben fest. Im 5. Monat werden von den Müttern schon Bewegungen des Embryo bemerkt. Ein im 6- Monat geborner Embryo vermag zu athmen, aber nicht fortzuleben. Im 7. Mondesmonat, wo der Embryo eine Länge von 16 Zoll und mehr erreicht, ist er als Frühgeburt zuweilen lebensfähig, seine Haut ist rotb. Im 8. Mondesmonat ist der Embryo gegen 16^ Zoll lang, zu dieser Zeit steigen die Hoden aus der Bauchhöhle durch den Leistenring in die früher leeren Hodensac^alten hinab, und die Augeniieder lösen sich. 718 VIII, Buch. Von d. Enteoickelung. I, Abschn, Entmdd. d. Eies, Im 9. Monat, in welchem die Kopfhaare hervortreten, ist der Em- bryo 17 Zoll lang; im 10. Mondesmonat erreicht er 18 — 20 Zoll. Zu dieser Zeit oder schon früher im 8. oder 9. Monat schwindet die Pupillarhant, die nicht mehr so rothe Haut ist von einer schmierigen Materie, Vernix caseosa, bedeckt, die nach R. Wag- ner ans abgestossenen Epiderraisplättchen besteht. Bei den Thie- ren scheint die Haut die Epidermis im Zusammenhänge abzuwer- fen, sich zu häuten, und man hat mehrmals den Körper von einer abgelösten Epidermis umgeben gesehen, welche dief später gebildeten Haare mit einschliesst. IF. Capitel, Entwickelungsverschiedenheiten der Eier- legenden und Lebendiggebärenden. Die Eier der Thiere werden entweder unabhängig ausser dem mütterlichen Individuum in der freien Natur gebrütet, und haben dann ihren Nahrungsstoff in sich, das ist bei den Ovipara, oder die Eier werden in der Mutter ausgebrütet, indem sie frei im Uterus liegen, ohne mit demselben verbunden zu seyn. ln die- sem Fall nehmen sie meist keinen Nahrungsstoff von aussen ein; aber auch so kann das Ei aus der vom Uterus abgesonderten Flüssigkeit wachsen. Vivipara acotyledona nennen wir alle die- jenigen lebendiggebärenden Thiere, deren Eier nicht durch Ge- fässcotyledonen oder Mutterkuchen mit dem Uterus verbunden sind. Die dritte Abtheilung umfasst diejenigen Thiere, bei denen eine solche Verbindung mit dem Uterus besteht, welche znr Nah- rungsaufnahme bestimmt ist. Man kann sie Vivipara cotylophora nennen. Bei allen diesen ist das Ei, wenn es in den Uterus ge- langt, sehr klein, indem es seinen Nahrungsstoff nicht in sich zu haben braucht. I. Eierlegende Thiere, ovipara. Eierlegend sind die meisten Wirbellosen und Wirbelthiere, unter diesen die mehrsten Fische, Amphibien, alle Vögel. Unter den Plagiostomen (den Haifischen und Rochen) sind jedoch die wenigsten eierlegend, nämlich unter den Familien der Haien nur die Familie der Scyllien mit 7 Gattungen, und unter den Familien der Rochen nur die Familie der Rajae im engem Sinne. Die Eier der eierlegenden Haien und Rochen und der Chimären sind mit einer sehr festen hornigen, platten Schale versehen, und die zur Bildung der Eischale bestimmte Drüse ist bei diesen Thieren ganz ausserordentlich gross. Das Eierlegen eines Sängethiers, Ornitho- rhynchus ist nach Owen sehr zu bezweifeln. Die Entwickelung der Eier findet tbeils im Wasser, theils auf dem Lande statt. Bei den Fischen geschieht sie immer im Wasser, bei den Amphibien bald auf dem Lande, bald im Wasser. Die Eier der nackten Amphibien finden meist ihre Entwickelung im Wasser und ihre äussere Schiebt, das Analogon der Eischale, schwillt durch Einsaugen im Wasser sehr auf. Doch werden die Eier des Alytes obstetricans in der Erde gebrütet, und das in der lockern Erde an Abhängen in Gesellschaft Eierlegende und Lebendiggebärende. 7l9 des Weibcliens sitzende Männcben trägt die Eierscbnüre nm die Füsse gewickelt. Die Eier haben eine harte, hornartige Schale, welche°fadenartig von einem Ei auf das andere übergeht. Bei den Pipen entwickeln sich die Eier, nachdem sie vom Männchen anf den Rücken des Weibchens aufgestrichen und befruchtet wor- den, in einem sich hier bildenden, von der Haut ausgehenden Brutorgan, welches der Decldua vergleichbar die Eier umgiebt. Die Eier mehrerer Arten der Syngnathen werden in einer am Bauche oder Schwänze sich befindenden äussern Rinne, worin sie geratben, ausgebrütet. Die Ausbrütung der Eier geschieht theils von selbst in der freien Natur, theils unter Assistenz der Mutter, wie bei den Vögeln, wo auf diese Weise die nöthige Temperatur erzielt wird. II. Vivipara acotyledona. Sehr oft werden die Eier in den Eierleitern der Thiere ganz oder theilweise ausgebrütet. Die Entwickelung der Eier der La- certa agilis bat schon einige Fortschritte gemacht zur Zeit, wo die Eier gelegt werden; die Eier werden im Eierleiter ganz ansgebrütet bei Lacerta crocea. Unter den Schlangen sind die giftigen lebendiggebärend, die unschuldigen eierlegend. Im er- sten Fall ist die Eischale weicher, im zweiten härter und kalk- reicher, übrigens in beiden Fällen gleich dick. Unter den Sala- mandern sind die eigentlichen Salamander lebendiggebärend, die Tritonen eierlegend. Unter den Knochenfischen ist das Leben- diggebären seltener als das Eierlegen (Anableps, Zoarces), bei den Knorpelfischen ist es umgekehrt; denn der grösste Theil der Haifische und Rochen ist lebendiggebärend, nämlich unter den ersteren die Familien der Galei, Musteli, Zygaenae, Alopeciae, Spinaces, Scymni und Squatinae n. a., unter den letzteren die Fa- milien de’r Pristides, Rhinobatides, Torpedines, Trygones, Mylioba- tides, Cephalopterae. Die Eischalen der lebendiggebärenden Haien und Rochen sind ausserordentlich dünnhäutig. Die Eier nehmen zu auf Kosten einer eigenen vom Uterus abgesonderten Flüssigkeit. Denn nach J. Davy ist ein entwickelter Fötus des Zitterrochen absolut viel schwerer als das Ei vor der Entwickelung gewesen ist. Vor dem Erscheinen des Embryo wog das Ei einer Torpedo 182 Gran, nach dem Erscheinen des Embryo 177 Gran, das Ge- wicht eines reifen Fötus war dagegen 479 Gran. Diess Factum ist wichtig, indem es zeigt, wie das lebendiggebären ohne Verbindung mit dem Uterus sich sehr nahe an das lebendiggebären mit dieser Verbindung anschliesst. Auch unter den Säugethicren giebt es Vivipara acotylophora, d. h. ohne Verbindung des Eies mit dem Uterus durch einen Mut- terkuchen. Owen hat den Fötus und die Elhäute eines Kanguroo beschrieben, dessen Gestation die Hälfte der gewöhnlichen Dauer (38 Tage) erreicht hatte. Die Eihäute bestanden in einem Am- nion, einem Dottersack und einem sehr dünnen und nicht vascu- lösen Chorion. Die Allantois und Placenta fehlten. Bei einem ältern üterinfötus des . Kanguroo], den Owen und auch Cost« 720 VIII. Buch. Von d. Entwickelung. I. Abschn. EntmicU. d. Eies. nntersuchten , erstreckte sich der Nabelstrang d Linien über die Oberfläche des Abdomens und das Amnion bildete die Scheide desselben. Von da theilte sich der Strang in zwei Säcke, der eine sehr gefässreich, war dem Dottersack, wie in der ersten Beobachtung, analog und von den Vasa omphalo-meseraica be- gleitet. Der zweite hatte nur i der Grösse des vorhergehenden, war bimförmig, zeigte zahlreiche Verzweigungen der Nabelgefässe, und bildete eine wahre Allantois. Dieser Sack war aber nicht mit dem Uterus verbunden. Owen in Loüdon Magazine of. not. hist, new. ser. Vol. I. p. 471. Ann. d. sc, nat. VII. 372. Coste in Comptes rendus hebdom. Feor. 1838. Der Fötus des Kanguroo wird in einem ungemein jungen Zustande geboren, zur Zeit, wo er kaum mehr als einen Zoll lang ist. Er wird nach der Geburt von der Mutter in den Beutel und an eine der Zitzen gebracht, an welcher hängend und saugend er seine weitere Entwickelung fortsetzt. Diese natürliche Früh- geburt ist das eine Extrem; das andere, eine Spätgeburt bieten die Pupipara unter den Insecten dar, welche ihr Larvenleben noch in der Mutter vollenden und als Puppen geboren werden, wie Hippobosca, Melophagus und andere. Diesem vergleichbar ist das Factum, dass die Embryonen der Pipen, auf der äussern Haut des Weibchens ausgebrütet, hier vor dem Auskritfchen alle Stadien des Larvenlebens durchlaufen. III. Vivipara cotylophora. Ein Mutterkuchen kommt nur beim Menschen, den Säuge- thieren und einigen Gattungen der Haifische vor. Die Verbindung mit der Mutter besteht gewöhnlich in einer sehr innigen Berüh- rung der gegenseitigen Oberflächen einer Placenta uterina und Placenta foetalis, so dass die gefässreichen Falten oder Zotten der letztem, wie Wurzeln in den Vertiefungen der ersteren stecken. Entweder ist es der Dottersack, welcher zur Bildung der Placenta foetalis dient, das kömmt nur bei den Haifischen vor; in diesem Fall sind es die Vasa omphalo-meseraica, welche die Placenta foetalis versehen und die Stoffe aus der Placenta uterina aufneh- men und dem Fötus zuführen. Oder die Placenta foetalis wird von dem Chorion gebildet und die Gefässe derselben, von einer Allantoide zum Chorion gebracht, sind die Vasa umbilicalia. Diess ereignet sich bei den Vivipara cotylophora, die eine Allantoide oder Vasa umbilicalia und gefässreiches Chorion haben, wie bei den Säugethieren und dem Menschen. a, Verbindung des Fötus mit dem Uterus durch einen Mutterkuchen bei einlgfcti Gattungen der Haifische. (J. Mueller im Bericht über die Verhandlungen der K. Academie der Wissenschaften zu Berlin. April 1839.) Aristoteles kannte die merkwürdigen Unterschiede, die bei den Haifischen in Hinsicht der Entwickelung des Eies stattfinden. Im 10. Cap. des 6. Buchs seiner Naturgeschichte erzählt derselbe unter mehreren anderen denkwürdigen Beobachtungen über die Eierlegende und Lebendiggebärende. 72i Anatomie und Generation der Knorpelfische, dass cs unter den Haifischen eierlepeiide und lehendiggehärende und unter den letztem auch solche gehe, bei denen der Fötus mit dem Uterus ■wie hei den Säugelhieren verbunden ist. Die eierlegenden sind die Scyllien, hingegen der Dornhai und Fnchshai sind lebendig- gebärend. , : ~ «Die aber unter den Haien glatte /.Eini genannt werden tragen die Eier mitten zwischen den Mutter- gängen’wie die Scyllien Gehen diese weg, so gclan- gen sie in jeden der beiden Muttergangc und die Thiere bilden sich, indem sic den Nahclstrang an der Gebärmutter haben, so dass nach Aufzehrung des Eies (Dotter) der Embryo sich wie hei den Vierfüssera zu verhalten scheint. Ein langer Nabelstrang hängt an dem untern Theil der Gebärmutter an, wie an ei- nem Mutterkuchen jeder befestigt, während er am Embryo gegen die Mitte, wo die Leber, befestigt Ist.« Hist. anim. 6. 10. Vergl. de generat. anim. 3. 3. Bei den Ichthyologen des 16. Jahrhunderts, Belon, Saiviaiu, Rosdelet, hat sich die Bezeichnung Galeus laevis auf eine be- stimmte Haienart festgesetzt. Salviatu und Rondelet, gleichzeitige und von einander unabhängige Schriftsteller, nahmen den Haifisch mit Zähnen nach Art der Rochen, Squalus mustclus Linnö für den yalehg lelog des Aristoteles, und Rosdelet bildet bei dem Haifisch mit Rochenzähnen ab, wie ein Gang aus der Geschlecht- mündung der Mutter mit dem Nabel des Jungen zusammenhängt. Pabricius, Collibs, Tysos, Camper beobachteten die Frucht eines sogenannten Galeus laevis, wovon es aber zweifelhaft ist, oh es der Haifisch mit Rochenzähnen ist. Von einer Verbindung des Jungen mit dem Uterus durch einen Mutterkuchen wurde nichts bemerkt, vielmehr hatten diese Früchte, wie die übrigen leben- diggebärenden und auch die eierlegenden Haifische nur den ein- fachen Dottersack am Nabel hängen. Galeus laevis bedeutete bei manchen Schriftstellern dazumal nur so viel, als ein nicht Zauber und insbesondere ein nicht mit Dornen an den Rücken- flossen versehener Haifisch. Cavouni stellt den Squalus mustelus Linnö oder den Hai mit Rochenzähnen, dessen Frucht er gesehen habe mit dem ya/tsog ^eiog des Aristoteles zusammen, ln dem, ■Was ’er von der Generation der Knorpelfische sagt, kömmt nichts zon Aristoteles Beobachtung vor. Durch Zufall wurden hinwieder einige Thatsachen beobachtet, 'velche ohne dass sie von ihren Urhebern in Beziehung zu den Anoahen des Aristoteles gebracht wurden, gleichwohl damit übereinstimmen. Stenosis beschrieb in den Act. med. Hafn. Bartholini a. 1673. Fol. II. Hafn. 1675. p. 219. die .Frucht eines Galeus laevis oder Pesce palombo, welcher durch einen Mutter- huchen mit dem Uterus zusammenhing, der Mutterkuchen war hohl und seine Höhle hing durch einen innerhalb des Nahelstran- ges verlaufenden Gang mit , dem Rlappendarm zusammen. Dieser Pisch war wegen Mangels der Beschreibung unbestimmbar und öian weiss nur von ihm, dass er eine Spiralklappe im Darm hatte. 722 VIII. Buch. Von d. Entwickelung. I. Ahschn. Eniwickl. d. Eies. Dutertre beschrieb in der llistoire des AntiUes einen Re- quiem der nach der Beschreibung und Abbildung ein Carebanas war. ^Er sagt von ihm, dass er Junge bei sieb batle, die durch einen Strang an eine grosse Haut befestigt waren , und Cuvieb giebt in seinem Fisebwerke T. f. 341. ganz kurz an, dass bei den Carcbarlas der Dottersack so fest wie eine Placenta am Uterus anhängt. Touiefois le vitelhs fort reduit des felus des reepiins preis a nai^e, ma paru adherer a la matrice presque. aussi fixement qu un placenta. Der Dottergang dieser Fötus war zugleich mit Zotten besetzt. Weder Stehonis, noch Dutertre, noch Cuvier haben der alten physiologischen Urkunde gedacht. . Der von CuvrER beobachtete Fisch war ein Thier aus der Gattung der Carcharias, aber kein Carebarias mit Sägezähnen (Prionodon M. et H.); denn bei diesen ist der Dottergang des Fötus ohne Zotten und ganz glatt. Diese Zottenbildung ist da- gegen der Untergattung Scoliodon M. et H. eigen. Aber auch die Carcharias mit Sägezähnen und ohne Zotten des Dotterganges haben nach meinen Reobachtnngen die von Aristoteles entdeckte Verbindung mit dem Uterus durch eine Placenta, gleich wie die ebenfalls von mir beobachteten Scoliodon. ^ Der Galeus laevis des Stesonis gehört gar nicht zu den Carcharias Er hatte eine spiralförmige Darmklappe, wie Stenosis erwähnt und abbildet. Alle Carcharias aber haben eine gerade gerollte Darmklappe. Neue Nachforschungen haben das Resultat gehabt dass zwei Arten der Gattung Mustelus mit Rochenzähnen plivsiologisch dadurch sehr abweichen, dass der Fötus der einen, wie bei den Carcharias, durch den Dottersack fest am Uterus hängt, während die andere einen ganz freien Dottersack bat. Die erstere, Mustelus laevis (im Sinn des Aristoteles), unterscheidet sich von der andern durch die Schmalheit der Brustflossen, die Form der Zähne, die Stellung der ersten Ruk- kenflosse hinter den Brustflossen und einen durch den hintern Rand der Schwanzspitze gehenden schwarzen Fleck. Von der zweiten Art, Mustelns vulgaris, giebt es eine weissgefleckte Varietät und eine ungefleckte, welche sich von Mu- stelns laevis in der Farbe nicht unterscheidet. Siehe Asn Monats- bericht d. Akad. d. mssensch. m Berlin. 6. Aug. 1840. Es ist der Dottersack, welcher durch seine Faltung die Placenta foetalls bildet. Die Falten der Placenta sind bei den Carcharias viel verwickelter als bei Mustelus laevis, und bei^ den Carcharias bildet auch die freie Portion des Dottersacks einige Blindsäcke. Siehe die Abbildung. Die Carcharias zeichnen sich auch vor dem Mustelus laevis dadurch aus, dass die Blutgetass- stämme ins Innere des Dottersacks treten, und von dort aus erst in den Falten sich vertheilen. Wir wollen nun die Dottersack- placenta bei den Carcharias ausführlicher beschreiben und sie durch einige Abbildungen erläutern. Der Dottersack besitzt wie gewöhnlich zwei Häute, eine (innere gefässreiche, welche durch den Dottergang mit dem Darm zusam- menhänct, eine äussere gcfässlose, welche sich als Nabelstrang- scheide über dem Dottergang und über den Vasa omphalo-me- 723 Eierlegende und Lebendiggebärende. seraica fortsetzt, nnd an der gewöhnlichen Insertionsstelle des Nahelganges hei den Fischen ana obersten Theil des Abdomens mit der äussern Haut zusammenhängt. Beide Häute des Dotter- sacks sind zur Bildung der Placenta foetalis in einen Knauf von Palten und Nebenfalten gelegt. Siche die beistehende Figur. Dadurch entsteht eine sehr unregelmässige Höhle im Innern des Dottersacks, mit einer Menge von Buchten. Diese runzeligen Palten sind an der dem Uterus zugewandten Seite mit dem Uterus auf das innigste ver- bunden, und lassen sich nicht ohne einige Gewalt vom Uterus ablösen. Den vom Uterus ab- gewandten Theil des Dottersacks bilden freiscliwebende Diverti- kel. So weit die Placenta foe- talis reicht, liegen beide Häute des Dottersacks innigst aneinan- der, an dem Theil, welcher freie hohle Zipfel bildet, sind sie von einander getrennt, und es befin- det sich ein Zwischenraum zwi- schen der äussern und innern, übrigens geschlossenen Haut des Dottersacks. . , , , , . i i Die Placenta uterina (Fig. 2.) wird durch sehr stark hervor- sprineende runzelige Falten der innern Haut des Uterus gebil- det welche genau den Falten der Placenta foetalis entsprechen. Beiderlei Falten sind ineinander geschoben und liegen so inni^ nnd fest aneinander, als die Placenta uterina und foetalis bei irgend einem Säugethiere. Die äusserst zarte structurlose Ei- schalenhant geht zwischen beiderlei Falten mit am Rande der Verbindung ein, scheint aber, so weit die Verbindung reicht, aufgelöst zu werden, da man sie bei der gewaltsamen Trennung der beiden Placenten an dieser Stelle nicht mehr zusammenhän- gend antrilft, während es bei lange fortgesetzter vorsichtiger Ent- nickelung der zahlreichen nnd sehr verwickelten Falten ans einan- der ganz wohl gelingt, die Placenta uterina und foetalis unversehrt *U erhalten. Einen idealen, aber sehr vereinfachten Durchschnitt stellt die folgende Figur dar. fl Dottergang. b Nabelgang oder Naheistrangscheide, o' Innere Haut des Dottersacks. 724 VIII. Buch. V. d. Entmckelung. I. Ahschn. Etümckl. d. Eies. h’ Aeussere Hant desselben. c Innere Haut des Uterus die Piacenta uterina bildend. Die Placentae uterinae erhalten ihre Blutgefässe von den Gefässen des Uterus, die mit grossen Aesten zu dem Sitze der Placenten am untern Theil des Uterus hingelien. Die Gefässe der Piacenta foetalis sind die hier ausserordentlich starken Y^sa ompbalo-meseraica, welche verhältnissmässig ebenso dick sind) als bei den S'äugethieren die Vasa uinbilicalia. Diese Gefäss- stamme liegen mit dem Dottergang in der Nabelstrangscheide) am Dottersack aber treten sie, diesen durchbohrend, ins Innere des eigentlichen Dottersacks oder des iiinern Blattes der hohlen Piacenta foetalis bis gegen die Mitte der Höhle und spreitzen sich von dort in eine Menge von Aesten auseinander, welche zu der Haut des Dottersacks, ihren Falten und Zipfeln gehen*). Die feinere Strnctur der Piacenta foetalis und uterina is ganz analog. Die äusserste Schichte der Piacenta uterina, welch® die Piacenta foetalis auf das innigste berührt, besteht, wie di® Decidna des Menschen, ans mikroskopischen Zellen mit Kernen- Diese Bildung liegt auch den Häuten des Dottersacks zu Grunde; von welchen die äussere gefässlos ist. _ _ Piacenta foetalis und uterina verhalten sich übrigens organisc *') Anmerkung. Die Insertion des DoUerganges in den Darm befind sich an derselben Stelle wie bei den übrigen Haien und Rochen DJ einfachem Dottersack, nämlich am obem Ende des Klappendarms, auch der Gallengang und pancreatischc Gang einmünden. Dieses Ende des Klappendarms ist noch von der Klappe frei und ist das, Ekte die Bursa und CotuNS Bursa Entiana nannte, während sp®*® , Schriftsteller, nicht bedenkend, dass EntE keine FStns untersucht den innern oder gar den äussern Dottersack der Baten Bursa Entia nannten, Eierlegende und Lebendiggebärende. 725 *a einander, wie bei den Säugetbieren , sie sind auf das innigste juxtaponirt und ihr Contact findet in einer ungeheuren Oberfläche von Falten statt, aber das Gefässsystem der Mutter ist auf die Placerita uterina, das Gefässsystem des Fötus auf die Placenta foetalis beschränkt. Die organische Anziehung geschieht wahr- scheinlich durch die Wirkung der kleinen Zellen. Die Verbindung des Foetus mit dem Uterus findet bei den Carcharias und Scoliodon bis zur vollkommnen Reife des Fötus statt. Diese Vivipara cotylophora unter den Plagiostomen leich- nen sich dadurch aus, dass sie den innern Dottersack der Bauch- höhle nicht besitzen. Unter den rochenartigen Plagiostomen giebt es keine Vivipara cotylophora, die Raja sind eierlegend, alle übri- gen Rochen sind Vivipara acotyledona. b Verbindung des Fötus mit dem Uterus bei den Säugctliieren und dem Menschen. (v. Baer, Untersuchungen über die Gefässoerbindung zwischen Mutter und Frucht in den Säugethieren. Leipz. 1828. E. H. Weber in Hil- Debrandt’s Anatomie. Bd.IV.i9Q., in Froriep’s Not. 1835. B. 46. p. 90. und ln Waoner’s Physiologie 124. Escbricht deorganis quae respirationi et nidritioni foetus mammalium inseruiunt. Hafniae 1831 .) Eine Wnrzelnng des Eies in dem Uterus scheint bei allen 8än- eethleren mit Ausnahme der Beutelthiere und Monotremen stattzu- finden. Diese Wurzeln sind bei den Säugethieren immer entweder eefässreiche Zotten oder Fältchen des Chorions, und das Chorion erhält immer seine Blutgefiisse von den anfangs auf der Allantoide sich aushreitenden Vasa umbilicalia. Die Zotten sind bald über die ganze Oberfläche des Chorions zerstreut, wie bei den Schweinen, Einhufern, Rameelen und Cetaceen, oder bilden eine zottige Zone um das Ei, wie bei den Raubthleren; bald auf viele einzelne Gefässkuchen beschränkt, die dann zerstreut dem Chorion auf- sltzen, Cotyledonen, wie bei den mehrsten Wiederkäuern; oder die Zotten bilden einen einzigen einer Seite des Chonons auf- sitzenden Gefässkuchen, wie bei dem Menschen, dein sich der zuweilen doppelte Gefässkuchen der Nager nahe anschliesst. Den Gefässzotten des' Chorions und der Placenta foetahs entsprechen Vertiefungen des Uterus, in welche die Zotten wie Wurzeln eingesenkt sind. Wenn die Zotten an besonderen Stellen zu Cotyledonen gehäuft sind, so entsprechen diesen auch mütterliche Cotyledonen, vorspringende und vielfach durchlöcherte Näpfe des Uterus Cotyledo nterinus, in welchen die Zotten des Cotyledo foetalis’ stecken. Beim Menschen ist die Placenta uterina eine Weitere Entwickelung der Decidua oder Uterin. Eihaut, welche sich der Placenta foetalis gegenüber weiter ansbildet und zwi- schen den Zottenquästen der Placenta foetalis die ganze Placenta foetalis bis zur Oberfläche des Chorions durchdringt, ln allen Pallen, sei nun die Placenta eine diffuse Zottenbildung, oder eine locale Anhäufung, ist es auf grosse Oberflächenvermehrung von beiden Seiten, des Chorions und des Uterus zugleich und auf Berührung beider in sehr grosser Oberfläche abgesehen. Hierbei lassen sich zwei Hauptmodificationen wahrnehmen, nämlich ent- 726 VIII.Buch, V. d. Entwickelung. I. Abschn. Entwickl. d. Eies. weder verzweigte Zottenbildung und Einsenkung in den Uterus, oder in einander greifende gefässreiche Fältchen. Wir wollen die einzelnen Bildungen mit Rücksiclit auf die Thierordnungen genauer durchgehen. Bei den Dickhäutern dehnt sich der Fruchtkuchen über die ganze Oberfläche des Chorions, mit Ausnahme der Anhänge des Eies aus, und das Chorion ist gleichförmig mit gefässreichen Zot- ten besetzt. Die Placenta uterina ist ebenso ausgebreitet auf der innern Fläche des Uterus, die ein zeitiges, von unzähligen Grüb- chen versehenes Gefüge annimmt, in welches die Zotten ein- grelfen. Eine geringe Annäherung zur Bildung einzelner Anhäu- f^ungen zeigt sich in den von Baer beobachteten, einzelnen gros- sem Grübchen des Uterus, durch welche sich Drüsenschläuche ausmünden , denen entsprechend auf dem Ei sich Zottenkreise aushilden, die in jene eingreifen. Die Oberfläche des Chorions des Delphins ist nach Eschricht’s Untersuchungen voller Runzeln und Zotten. Letztere sind durch Zwischenräume von ungefähr einer halben Linie' von einander getrennt; sie haben nicht die Form von Falten, wie bei den Schweinen, auch nicht von fedei’igen Regeln, wie hei den Rühen, sondern sie bilden vielfach blnmenkohlartig verzweigte, runde Massen, die auf dünnen Stielen aufsitzen. Daher sind die Kronen sich näher als die Basen. Die Zotten variiren an Grösse; die grössten sind gegen eine Linie lang und haben an der Krone gegen -j- Linie Durchmesser. Die Kronen der Zotten enthalten ein überaus schö- nes Cäpillargefässnetz. Auch die innere Oberfläche des Uterus ist runzelig, übrigens zellig, indem sie die Scheiden für die Zot- ten enthält. Die Oberflächen dieser Zellen sind von Capillarge- fässen bedeckt. Die Celaceen haben ebenfalls wie die Pachyder- men und Wiederkäuer die Uterindrüsen, die den zur Ernährung des Fötus bestimmten Saft absondern. Bei den Ranhthiercn bildet der Mutterkuchen einen Gürtel um das Ei. Die Placenta der Katze bildet sich nach EschrichtS schönen Beobachtungen aus sehr dünnen senkrechten, vielfach hin und her gewickelten und gefalteten Blättchen, die vom Chorion ansgehen. Ist die Placenta der Katze von der Mutter und vom Fötus, aus mit verschiedenen Farben injicirt, so sieht das Innere der Placenta ganz bunt aus. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass das bunte Aussehen davon herrührt, dass die dem Ute- rus und die dem Fötus angehörenden Blättchen in einander ge- schoben sind, während die Capillargefässnetze der einen und an- dern Art ohne Verbindung durchaus diesen Blättern folgen. Die Blätter reichen durch die ganze Dicke der Placenta und haben eine Länge von 2"', sie sind änsserst dünn, so dass ihr Durch- messer kaum den' Durchmesser eines Blutkörperchens viel üher- trilft. An beiden Rändern der Blättchen befindet sich ein stär' kerer Gefässast. Eschricrt beweist, dass der Uterintheil der Placenta der Katze eine von der Schleimhaut des Uterus gan* verschiedene Gefässhaut ist. Nach Ablösung dieses Theils mit der ganzen Placenta zeigt sich die Schleimhaut des Uterus noch gaiiZ; und die Gefässe erscheinen nur abgerissen. 727 Eierlegende und Lebendiggebärende. Die Wiederkäuer bilden zwei Reiben, in der einen, umfas- send die Rameele und Larna’s, ist das Chorion überall mit vielen «erstreuten Zotten besetzt; in der andern, wie bei den Kühen, Schafen, Ziegen, Hirschen u. a., isolii-en und häufen sich die Zotten in den sogenannten Cotyledonen an, die über das ganze Cborion «erstreut sind, während die Zwischenstellen zwischen den Coty- ledonen zottenlos sind. Ein solcher Cotyledo besteht aus lauter Büscheln von zerästelten, gefässreichen Zotten. Der Cotyledo Oterinus der hier auch ausser der Zeit der Schwangerschaft hleibt bildet eine hervorragende Stelle des Uterus, die bald die Gestalt eines Napfes mit dicken wulstigen Rändern hat, wie bei dem Schaf bald wie bei der Ruh einen flach erhabenen rund- lichen Höcker mit zusanimengedrückter Basis bildet. Auf der Oberfläche des Cotyledo uterinus münden die Canäle, die diesen Zottenhüscheln entsprechen, deren Wände von den Capillarge- fässen der Mutter sehr dicht ausgekleidet sind. Das Ei der Faulthiere besitzt auch einzelne läppchenartige Cotyledonen, aber sie liegen gen.ähert. Rudolpiii, Abhandl. der Akademie zu Berlin. J. 1828. Der Urachus dieser Thiere mündet nicht in den Fundus, sondern gegen den Hals der Urinblase ein. Zu den Thieren mit beschränktem Mutterkuchen gehören die Nager und Insectenfresser. Oa kommen bei den Nagern zwei be- sondere, einander genäherte Placentae, oft bei denselben Thieren nur eine Placenta vor. Ausser der Placenta foetalis des Kaninchens ist dessen Ei übrigens glatt und zottenlos. Es ist zwar auch hier mit Blutgefässen versehen. Diese sind aber nach v. Baer nicht Zweite der Nabelgefässe zur Placenta, sondern der Vasa omphalo- meseraica, indem sich der Dottersack und nicht die Allantois um den grössten Theil des Eies herumschlägt. Die Allantois der Batte sah Eschriciit an der Stelle, wo die Placenta ansitzt, in ein Faltenlabyrinth gelegt. Die Placenta selbst besteht aus inein- ander «esebobenen Uterin- und Fötalhlättchen. Beim Maulwurf konnte Escrriciit am Rande der runden Placenta den Fötaltheil Vom Uterintheil lösen, ersterer war zottig, letzterer durchlöchert. Auch bei den Affen ist die Placenta einfach, und diese gleichen Bierin, wie in der geringen Entwickelung des Nahelbläschens dem Menschen, aber sie besitzen zwei Nabeivenen (Cehus, Mycetes, Hapale). Rudolphi a. a. O. Der Mutterkuchen des Menschen besteht durch und durch aus zwei Elementen, den sich durchdringenden Theilen der Pla- centa foetalis und uterina. Die Placenta foetalis besteht aus lauter dichten Bäumchen verzweigter, gefässreicher Zotten, die Placenta ttterina besteht aus der Substanz der Decidua, welche zwischen den Zotten bis zur Oberfläche des Chorions dringt und sie überall C'nbettet. Das Verhältniss beider ist jedoch, nach E. H. Weber, ein ganz anderes als bei den Säugethieren. Bei den Säugethieren stecken die Gefässzotten des Fötus in den gefässreichen Scheiden der Placenta uterina nur wie Wurzeln, und beide Capillargetäss- systeme berühren sich und tauschen Stoffs aus. Bei dem Men- schen hingegen sind die Gefässzotten der Placenta foetalis in die tveiten, vom Uterus stammenden Blutgefässe, welche den ganzen t^tüller’s Physiologie, «r Bd, UI. 47 728 VIII. Buch. Vond. Entmckelung. I. Alschn. Entmkkl. d. Eies. Uterintlieil der Placenta darchdringen, eingesenkt, und die Capil- largefasssclilingen des Fötus werden von dem mütterlichen Blute uraspült. Die Enden der Zotten bestehen aber zuletzt aus lauter Umbiegungsschlingcn der feinsten Arterien und Venen des Fötus, welche noch das Ausgezeichnete haben, dass ein und dasselbe Gefäss mehrere solche Biegungen ans einer Schlinge in die andere macht, ehe es sich mit den nächsten venösen Gefässen des Fötuä vereinigt. Siehe die Abbildung dieser Gefaste in R. Wagbeh» Icones physiolog. Tab. XI. Fig. 3. 4. Die der Mutter angehörendeo Gefässe, welche die Placenta uterina durcbdringen und überall Zotten beherbergen, füllen sich leicht von den Arterien des Uterus aus. EscHHienT neigt sich zu der Ansicht, dass auch bei dem Menschen, wie bei den Thieren nur die Capillargefässnetze de*" Decidua die Gefässschlingen der Zotten berühren. Dagegen sich nach Weber die Uterinarterien und Uterinvenen, sobald sie io die schwammige Substanz der Placenta eingetreten sind, nicht mehr baumförmig in Zweige theilen, sondern in ein Gefässnetz übergehen, dessen Canäle viel grösser als die der gewöhnlichen Capillargefässe sind; die äusserst dünnen Wände der Röhren die- ses Netzes schmiegen sich an alle Aeste und liaargelassknäucl der Chorionszotten an; so dass auch hier zweierlei Gefässe nur innigst aneinanderliegen. Wbbee’s neuere Untersuchungen über diesen Gegenstand siehe in R. Wagker’s Physiologie p.424. Uebrigens giebt es beim Menschen so wenig, als bei den Thieren, einen Uebergang des Blutes aus den Gefässen der Mut- ter in die des Fötus, und umgekehrt. Die leichte Injection der Gefässe der Placenta von der Mutter aus ist eben nur die An- füllung des mütterlichen Theils der Placenta; anderseits würde selbst ein Uebergang von Injection aus den Nabelarterien oder aus der Nabelvene des Fötus in die Gefässe des Uterus nichts für eine solche Communicalion beweisen. Denn eine aus den Gefässschlingen der fötalen Placenta extravasirende Masse befindet sich eben schon in den Gefässen der Matter, und braucht nur weiter zu dringen, um auch die Venen des Uterus nnzufüllen. Die Verbindung der Placenta foetalis und uterina lässt sich bei manchen Thieren ohne Verletzung und mit grosser Leichtig- keit, bei anderen und beim Menschen nur mit Zerreissung tren- nen. V. Baer bemerkt, dass die Cotyledonen der Wiederkäuer, nachdem sie nur ein wenig gewachsen sind, so fest in den müt- terlichen Zupfen stecken, dass es unmöglich ist, im frischen Zu- stande sie unverletzt herauszubringen. Wartete er einige Zeit, so gelang es, dann fand sich aber immer zwischen dem mütter- lichen und dem embryonischen Theile des Gotyledo eine dicklich® Masse, von der es zweifelhaft blieb, ob sie sich von den Gruben des mütterlichen oder Zotten des kindlichen Gotyledo oder vöO beiden gelöst hat. Vielleicht ist sie eine Schicht thätiger Zellen, welche vermittelnd eintritt. Bei der Ablösung der Gotyledonen der Wiederkäuer von einander zur Geburt bleiben übrigens di® Gefässbüschel der Zotten unverletzt. In Hinsicht der Trennung der Placenten bei der Geburt un- ' terseheiden sich die Säugethiere sehr untereinander. E. H. Eierlegeiide und Lelendiggebärende. 729 theilt sie in zwei Classen. Zur ersten gehören diejenigen, Lei Welchen beiderlei Placenten so locker ineinander greifen, dass sie hei der Gehurt ohne Verletzung aus einander weichen. Bei diesen wird der Uterus durch die Geburt nicht verwundet, die üterinplacenten bleiben nach der Geburt und werden nur tleiner. Dahin gehören die Wiederkäuer, Pferde und Schweine. Zur zweiten Classe gehören diejenigen, wo beiderlei Theile so 'nnig verbunden sind, dass die Uterinplacenta mit der fötalen bei der Geburt abgerissen wird. Hier findet die Geburt mit Ver- wundung des Uterus statt und die Placenten sind Organa caduca, Weiche sich bei jeder Schwangerschaft von neuem bilden müssen. Zu dieser Classe gehören der Mensch, die Raubthiere, Nager. pROE. Not. 46. ß. p. 90. Vergl. Eschricut a. a. O. Ernährung des Fötus. Es gieht einen Zeitraum des Wachs- thums des Eies vor der Bildung der Blutgefässe. Da das Cho- Don und dessen Zotten aus solchen Zellen mit Kernen bestehen, Wie sie in den primitiven vegetirenden Theilen des Fötus vor der Blutgefässbildung und Circulation ihätig sind, so lässt sich die Vegetation der Zotten des Chorions auch lange vor der Plutgefässbildung begreilen. Diese Zoltengebilde sind es dann, Welclie Stoffe anziehen und ganz so wie die Zellen der Pflanzen h^rtpflanzen , indem eine der andern überliefert und das Aufge- äoramene sich im Innern des Eies ebenso anhäuft, wie es von äussen angezogen wird. Ein Process der aller organischen Re- sorption, auch der, wo Blut- und Lymphgefässe sind, zu Grunde ^‘egt. Denn auch im Darm sind die gefässreichen Zotten von ®iner aus Zellen mit Kernen gebildeten Scheide umgeben, deren Zellen gleichwie die Zellenrinde der Spongiolen an den Wurzeln der Pflanzen thätig sind. Wenn erst die Blutgefässe des Embryo '0 das Chorion und dessen Zotten eingedrungen sind, so nehmen diese, die selbst aus Zellen entstanden sind und dieselbe *Thätig- mit den Zellen theilen, den NahrungsstolF auf, welcher theils *0 dem die Zotten umspülenden Blute der Mutter, wie beim ^lenschen, theils in dem weissen Safte der Uterindrüsen bei den filieren geliefert wird, Die von den Blutgefässen angezogenen ^afte dringen sodann direct ins Blut des Fötus. Durch diese Art Von Wechselwirkung mit mütterlichen Säften ist hei dem Fötus ®äch das Atlimen ersetzt oder ein Aequivalent dafür gegeben. Auf eine andere Art der Ernährung ist w’enig zu rechnen. Allerd ings kann auch das Amnion durch die vegetative Thätigkeit deiner Zellen Flüssigkeiten Vom Chorion zunächst her aufnehmen, *^äd irn Liquor aninii NahrungsstolF in Form einer geringen Quan- ^dät von Eiweiss niederlegen. Der Liquor amnü dringt durch den M und des Fötus und gelangt ervveisslich sowohl in den Darm- '®öal als in die Luftröhre. Im Magen des Fötus der Thiere und des Menschen hat man oft Haare von jenem ersten Haarwuchs d®s Fötus (lanugo) gefunden, welcher ausfällt und in den Liquor ®öinii geräth. Diese Art von Ernährung aus dem Liquor amnü jedenfalls nur gering und höchst unzureichend seyn. 47* 730 VIII. Buch. V. d: Entmckeluns. II. Abschn. Entmickl. d. Organe. II. Abschnitt. Von der Entwickelung der Organe und Gewebe des Fötus. J. Capitel. Entwickelung der organischen Systeme und Organe. Im vorhergehenden Ahschnitte hatten wir uns zur Aufgabe ein gedrängtes Bild der wichtigsten allgemeinen Bddungsvorgange und Entwickelungen im Ei und ihrer beiten in den verschiedenen Classen genwcht. Dor la absichtlich vermieden, die Uehersicht des Ganzen durch die Meno des Einzelnen zu erschweren. Jetzt wird nun die Entwickelung der organischen Systeme im Einzelnen, so weit es sich lur e Zweck'dieses Werkes eignet und allgemeine Resultate vorliegen, zu verfolgen seyn. Die allgemeineren, sich über Entwcfce- lung der verschiedenen organischen Systeme verbreitenden WerU sind: Bubdach’s Phrslologie. B. II. RaThre, Abh. zur ^ Entwickclur,g.^gescfiichfc. Leipz. 1832. 1833. v. Baer über Ln mcke- lungsgeschichte der Thiere. B.l. und II. ^ geschickte. V. Ammon, die chirurgische Pathologie in AMMun^e^ H. 1. Leipzig 1838. Die hauptsächlichsten besonderen Schritte über die Entwickelung einzelner organischer Systeme und Organ sollen später namhaft gemacht werden. Alle Entwickelung des Besondern aus einer ungesonderteo Grundlage setzt eine keimkräftige Bildungsmasse, Blastema, welche in sich dasjenige noch potentia enthält, rvas durch di Entwickelung actu daraus hervorgeht. So f“*' der Reim poten selbst das ganze Thier und so verhält sich die erste Grundlag eines Organes zu allen später daraus hervorgehenden Gewebe- theilen, mit dem Unterschiede, dass der potentielle Keim sich selbst bei dem Aneignen des Nahrungsstoffes genug ist und vo anderm nicht beherrscht wird, die Potenz eines Wickelung seiner spätem Bildungsthe.le aber durch die RraR de* Ganzen, zu dem es uehört, beherrscht wird «nd gleichsam dadurc delegirt ist. Dieses Blasteraa eines werdenden Theiles verhalt sie also in seiner Abhängigkeit vom Ganzen ungefähr so, wie e gewordene ausgebildete Theil zum Ganzen. Bei den niederen Tbieren wirkt dieser besondere Theil als delegirter Theil 0 Ganzen so lange er mit dem Ganzen verbunden ist, kann ab vom Ganzen und • seinem herrschenden Einfluss getrennt, sei aie Grundlage eines neuen Ganzen werden, wie wir bei den ny dren und Planarien gesehen haben, siehe oben p. 593, unrt würde bei jenen einfachem Wesen wahrscheinlich auch das B Sterna eines Theils, welches vor. der Kraft eines «»ch entwickelnde Wesens beherrscht wird, ein specielles zu bilden, diesem Einflu.j entzogen und von dem Ganzen getrennt, statt ein specieller Tb ^ zu werden, vielmehr der Stock zu einem neuen Ganzen wer müssen. IVirbelsäule und Hirnschädel. 731 Unter Blastema dürfen wir uns aber nicht etwa bloss eine weiche bildsame, gallertige, ganz structurlose oder nur aus Kügel- chen zusammengesetzte Masse denken, wie es dem blossen Auge und bei geringen Vergrössernngen erscheint, vielmehr besteht dasselbe nach den Untersuchungen von ScnwAifN, theils aus Flüssigkeit, theils aus Körnchen, die sich in Kerne von Zellen und Zellen selbst verwandeln, theils auch schon gebildeten Zellen. Nur in diesem Sinne ist es im Folgenden zu verstehen, wenn, ohne jetzt in das Zellenleben bei der Bildung der einzelnen Theile einzugehen, vom Blastema der verschiedenen organischen Systeme die Rede ist. i. Wirbelsäule und Hirnschädel. Die von G. Cuvier , C. A. S. Scaui-TZE , v. Baer und mir be- schriebenen perennirenden Zustände der Wirbelsäule bei mehre- ren Fischen bieten sehr merkwürdige Vergleich ungspuncte mit dem fötalen Zustand der Wirbelsäule der höheren Thiere dar. Der Urtbeil der Wirbelsäule ist bei allen Wirbelthieren die gallertige, aus Zellen bestehende Chorda dorsalls, welche am Schä- del und Schwanztheil des Tb ieres spitz ausläuft, und an welcher man in der weitern Entwickelung eine häutige Scheide bemerkt, die nach vollkommner Ausbildung der Chorda eine deutliche fibröse, aus Ringfasern gebildete Structur zeigt. Diese Chorda ist als die unpaare Achse des ganzen Rückgrats und insbesondere der späteren Wirbelkörper zu betrachten, geht aber selbst nie, weder in knorpeligen, noch knöchernen Zustand über, und bleibt vielmehr in den um sie herum sich entwickelnden perennirenden Theilen des Rückgrats wie in einem Etui stecken, nur bei weni- gen Thieren perennirend, bei den meisten vielmehr zeitig selbst vcrcönönci» Die entweder knorpeligen oder knöchernen Wirbelabtheilun- gen entstehen immer zuerst paarig zu den Seiten der Chorda, aus ihnen entstehen die Wirhelkörper und Bogen der Wirbel. Bei einigen Thieren kommt es aber nicht einmal zur weitern Entwickelung dieser paarigen Wirbeltbeile und das sind gerade diejenigen, bei welchen die Chorda durchs ganze Leben perennirt. Bei den Myxinoiden giebt es gar keine Wirbelabtheilungen am Rückgrat, und das einzige Analogon ist hier eine die Chorda und ihre Scheide umgebende fibröse Schicht, welche man die skeletbildende Schicht' nennen kann, diese ist es, welche auch nach oben das häutige Dach für das Rückgrat bildet. Bei den Petromyzon finden sich in dieser skeletbildenden Schiebt schon knorpeHge Bogenschenkel, den Wirbelbogen entsprechend, wäh- rend noch nichts von Wirbelkörpern vorhanden ist. Bei den Chimären und Stören sitzen an der Chorda oder an deren Scheide sowohl oben als unten Knorpelstücke, oder die skeletbildende Schicht bat sich in obere und untere paarige Wirbelstucke ent- wickelt. Die oberen bilden die oberen Bogen, die unteren bilden Querfortsätze und vereinigen sich am Schwanz der Störe zu un- teren Bogen, worin das Ende der Aorta liegt. Eine Vereinigung 732 VIII. Buck V. d. Entwickelung. II.Abschn. Entwickl. d. Organe. d'er oberen und der unteren Stücke untereinander findet bei diesen Thieren noch nicht statt, mit Ausnahme des vordersten Theils der Wirbelsäule, wo allerdings eine solche Verschmelzung aeschieht und die Chorda ganz von Rnorpelmasse eingeschlossen ist. Hiernach scheint der Wirbel der Fische aus der Verschmel- zung von vier paarigen Stücken zu entstehen, wovon die oberen zugleich das Rückenmark, die unteren am Schwanz das Ende der Aorta umgehen, am Rumpfe aber die Rippen tragen, und aus dieser Verschmelzung scheint auch der die Chorda mit ihrer Scheide einschliessen'de Wirhelkörper zu entstehen. Dein ist aber nicht so, denn hei den Fischen hat auch die Verknorpelung oder Verknöcherung der Scheide der Chorda an der Bildung des Wir- belkörpers Antheil. Zwar bleibt diese Scheide hei den Stören das ganze Leben hindurch fibrös, aber schon hei den Chimären verknöchert sie und diese Thiere, welche das ganze Leben hin- durcli eine Chorda als Stamm der Wirbelsäule behalten, besitzen in der dicken Scheide derselben, auf welcher die paarigen knor- peligen Wirbelstücke aufsitzen, schon ganz dünne ossificirte Rei- fen welche viel zahlreicher sind als die Wirbel-Abtheilungen auf der Chorda. Nur nach innen gegen die Gallerte der Chorda und nach aussen behält die Scheide der Chorda ihre häutige ßeschaf- fenheit. Hier siebt man schon, dass der Körper des Fischwirbels ans einem centralen und corticalen Theil besteht, ganz verschiedene Entstehung nehmen. Bei den Haifischen und Rochen und bei den Knochenfischen ist dieses ebenso deutlich, hier kommt es bereits zur mehr oder weniger vollständigen Ossi- fication der Wirbel. Bei den Embryonen den Haien und Rochen sieht man in einer gewissen Zeit die Chorda noch ganz gleic förmig und auf der dicken Scheide die oberen und unteren paa- rigen Wirbelstücke im knorpeligen Zustande aufsitzen. opä er fängt die Scheide der Chorda an den Wirbeln entsprechend eingeschnürt zu werden, sich quer abzutheilen, zu verknorpeln und zu verknöchern. Durch die regelmässigen Einschnürungen der Chorda entstehen die späteren hohlen Facetten an beiden Enden dieser Wirbel, die noch in der Mitte oft Zusammenhängen. Die Schicht des Wirbelkörpers, welche diese Facetten begrenzt, ist aus der Scheide der Chorda entstanden, und das nennen wil- den centralen Theil des Wirbelkörpers der Fische. Die äussere Schicht oder der corticale Theil des Körpers des Fischwirbels entsteht aus der Verschmelzung der vier primitiven paarigen Wir- belstücke. Bei den Knochenfischen verhält es sich gerade so. Bei manchen Fischen, den Cyprinen, Salmonen Seiten der Wirbclkörper eine Nath, und am 3. und 4. VVirbet der Cyprinen kann man auch im erwachsenen Zustande die vier paarigen Wirbelslücke oder den corticalen Theil des W irbelkorpers von dem centralen ablösen. Beim Schwertfisch giebt es zwar keine seitlichen Näthe, aber eine Lücke zwischen dem corticalen und centralen Theil des Wirhelkörpers. Die Gallerte der Chorda bleibt eingeschnürt in den Faeetten der Fischwirbel hegen. Siehe J. Muellek , oergleichende Anatomie der Mfxinoiden, AbhandL der Akad, d. Wissensch. tu Berlin. J. 1834. und die neuere Abhand- fVirbehäule und Hirnschädel. 733 Inns in der oerglewhenäen Neurologie der Myxinoiden. Ebend. J. 1838. p. 232. Die Wirbelsäule entsteht jedoch nicht in allen Classen auf dieselbe Weise. _ Bei den Amphibien entstehen £;ar keine untere WirbelstucKe als am Schwänze, wo sich die Bedeutung der unteren Bogen erhält. Die Wirbelkörper selbst aber können sich bei den Am- phibien auf sehr verschiedene Weise im Verhältniss zur Chorda ausbilden. Bei den froschartigen Thieren sind zwei Hauptver- schiedenheiten von Duois bemerkt worden. Bei der Gattung Pelobates (P. cultripes seu Rana cultripes Cuv., Cultnpes provin- cialis .Müll, und P. fuscus Wagl., Bufo fuscus Cuv., Cultripes mi- nor Müll.) wird die Chorda gar nicht vom Wirbelkörper umge- ben, vielmehr entstehen Wirbelkörper und Bogen bloss aus den zwei oberen W'irhelstiicken, welche unter sich verschmelzen, so dass die Chorda unter den entstandenen Wirhelkörpern in emer Rinne liegen hlcibt, bis sie allinählig ganz vergeht. So ist cs auch nach meinen Beobachtungen bei der Gattung Psendis (Rana Paradoxa). Bei den übrigen Fröschen und bei den Salamandern hingegen nimmt der Wirbelkörper eine ganz andere Entstehung, die Scheide der Chorda erhält seihst ringförmige Ossificationen, und bleibt nur häutig zwischen zwei Wirbeln. Auf diese Art steckt die Chorda zu einer gewissen Zeit des Larvenlehens in lauter dünnen ossiticirten Ringen, deren Verdickung allmahlig die Chorda ver- drängt In diesem Fall sind die Elemente nicht paarig und die paarigen oberen Elemente, die Bogen bildend, verwachsen bloss mit den ossificirten Ringen. . Bei den beschuppten Amphibien, Vögeln und Saugethieren scheint wieder ein anderer Bildungstypus obzuwalten, den man weniaslens sicher von den Vögeln kennt. Hier bilden sich am Rumpftheil des Skelets nur Ein Paar Wirbelstucke aus. Zur Zeit wo das Blastcma diese Anlage bildet, erscheinen zu jeder I Seite der Chorda viereckige Figuren, die Anlage der Wirbelal^ theilungen. Diese vermehren sich allmahlig und umwach^n die Chorda von oben und unten, indem sie zugleich oben die Bogen- schenkel für die Umschliessung des Rückenmarkes ans sich ans- schicken. Wirbelkörper und Bogen sind in diesem primitiven Zustande ein Stück und zwar eines für jede Seite. Zu einer gewissen Zeit siebt man die paarigen, knorpelig gewordenen W^ir- beleleraente unten durch eine Nath verbunden. Die Chorda steckt nun in einem Etui der Wirbel körper, allmählig wird sie ganz verdrängt. Noch ehe diess geschieht entsteht die Ossification der 'Wirbelkörper und Bogenschenket, welche unabhängig von einan- der ist. Die Ossification der Wirbelkörper tritt zuerst da auf, Wo die primitiven Wirbelstücke sich zuletzt unten confundirt liaben, und zwar in Bonn einer zweilappigen Figur, nur an den Kreuzwirheln des Vogels sah ich diese Figur in zwei Ossifica- lionen getrennt. Diejenigen Wirbel, welche keine Rippen tragen, besitzen *heist einen Ossificationspunct mehr, wie die Halswirbel. Er be- findet sich am Querfortsatz und ist als abortives Rudiment einer 734 VIII. Buch. V.d. Entwickelung, II. Abschn, Entwickl. d, Organe, Rippe zn betrachten. Beim Vogelfötns haben alle Halswirbel solche Stücke, und unten verlängern sie sich allinählig in die oberen falschen Rippen dieser Thiere. Diese Knochenstücke kom- men auch bei den Säugethieren und dem Menschen vor. Das unterste ist das grösste und ist bei Rindern noch ziemlich lange isolirt zu sehen, es gleicht dem Anfangsslück einer Rippe, daraus ergiebt sich, dass die unteren der neun Halswirbel der Faul- thiere, an welchen Rudimente von Rippen sich zeigen, nicht des- wegen als Rückenwirbel angesehen werden dürfen, dass vielmehr die Faulthiere wirklich neun wahre Halswirbel haben. An den Lendenwirbeln hat man nur selten Gelegenheit besondere Ossili- calionen an den QuerfortsVitzen als abortive Rippenrudinicnte zu sehen; aber beim Schwein kommt es zu einer gewissen Zeit des Fötiislebens ganz gewöhnlich vor. Hierher gehören auch die zwei Rnochenstücke, welche die Kreuzbeinwirbel jederseits mit dem Darmbein verbinden, heim Menschen und den Thieren. Bei den Crocodilen und Schildkröten werden diese Stücke sogar lang aus- gezogen und man sieht, dass das Becken durch Wirhelrippen mit der Wirbelsäule in Verbindung gesetzt wird. Siehe vergleichende Anatomie der Mywinoiden, a. a. 0. p. 30.3. Der Hirnschädel ist die Fortsetzung der Wirbelsäule und ent- steht viel früher als der Gesichtsschädel, er ist anfangs ohne alle Ähtheilungen, gleichwie er bei den Cyclostcrnen, Haien und Rochen als Gehirncapsel verharrt, in seiner Basis setzt sich die Chortla fort und endigt spitz. Bei den Cyclostonien und Stören unter den Fischen perennirt diese Spitze der Chorda in der Basis des Hirnschädels durchs ganze Leben, ihre Spitze reicht ungefähr bis zur Mitte der Basis der Gehirncapsel. Die Scheide der Chorda geht bis zum Ende der Spitze fort. Bei den Ammocoeles habe ich als erste Erscheinung einer festen Stütze an der Basis cranii eine doppelte (rechte und linke) knorpelige Leiste beobachtet, welche mit der knorpeligen Capsel für das Gehörorgan zusam- menhnngt, und vorn unter dein vordem Ende der Hirncapsel bogenförmig mit derjenigen der andern Seite sich vereinigt. Bei den Myxinoiden treten dieselben Rnorpel auf und perennireD ebenfalls, indem sie zugleich die Gesich'.sknorpel abschicken. Diese Basilarknorpel des Scliädels haben bei Ammocoetes und Myxine den Kopitheil der Chorda zwischen sich, Bdellostoma geht einen Schritt weiter, hier sind beide Knorpel hinten ganz verwachsen, und stellen hier ein einfaches, knorpeliges basilare dar, in welchem die Chorda steckt. Man sieht, dass am Schädel die Chorda auch anfangs von paarigen Theilen besetzt ist, welche verschmelzen und sie ganz elnschlicssen können. Rathke hat kürzlich an den Embryonen der Schlangen und anderen vor der Bildung der ei- gentlichen Schädelwirbel ähnliche paarige Leisten wahrgenommen, wie ich sie perennirend bei Ammocoetes im einfachsten Zustande sah. Rathke über die Entwickelung des Schädels. Königsb. 1839. Die Basis Cranii der Wirbelthiere enthalt später drei Wir- belkörper, wovon der vorderste bei den meisten Thieren meist klein und. oft abortiv ist, während sie bei den Säugethieren und dem Menschen sehr deutlich sind. Es entstehen nämlich drei Gesichtsschädel und Viscerallogen. 735 abgesonderte Ossificationen hintereinander, welche sich durch Käthe begrenzen und bei den Säugetbieren einen nach vorn sich zuspitzenden Stiel darstellen, an welchem sich die Seitentheile dieser "Wirbel anlegen. Diese "Wirbelkörper sind das Basilare occipitale, Basilare sphenoideum posterius und Basilare sphenoideum anterius, welche bei allen Säugethieren sehr deutlich getrennt sind. Als Seitentheile der Wirbel entstehen in der Hirncapsel: 1. die Occipitalia lateralia; 2. die Sphenoidea lateralia posteriora seu alae magnae; 3. die Sphenoidea lateralia anteriora seu alae parvae. Als' Schlussstücke an der Hirncapsel entstehen das Occipitale su- perius s. squama, die Parietalia und das Frontale. Zwischen den Scheitelbeinen und der Hinterhauptsschuppe hegen bei einigen Thie- ren Schaltknochen (wie zwischen den Wirbelbogen der Haifische und Rochen). Solche kommen auch an der Basis der Wirbelsäule (Störe) und am Schädel vor. Dahin scheinen die Felsenbeine zu gehören, welche keine ausschliessliche Beziehung zum Gehörorgan haben, und von den Vögeln an mit anderen Knochen die Function tbeilen, das Labyrinth einzuschliessen. Am Hirnschädel des Menschen und der höheren Tliiere nimmt auch die Schuppe des Schläfenbeins Antheil, w'elche bei den Am- phibien und Fischen davon mehr oder weniger verdrängt wird. Dieser Theil hat die Bedeutung, das Glied des Kopfs, den Un- terkiefer zu tragen; bei den Vögeln, Amphibien und Fischen ge- hen in die Zusammensetzung dieses Suspensoriums noch mehrere andere Stücke ein, wie das Quadrathein, das Quadraljoohbein. ln Hinsicht der vergleichenden Anatomie dieser Theile verweise ich auf Hallmann’s schätzbare Schrill: oergl. Osteologie des Schlä- fenbeins. Hannooer 1837. Bei den jungen Säugethieren sind an dem Sebläfenbeinapparat auch noch der Annulus tympanicus und die Bulla tympani erkennbar, welche Hagekbacu bei einigen Säu- getbieren von einander unterscheiden konnte. Platseb sah bei mehreren Vögeln einen Annulus tympanicus und die Frösche ha- ben auch etwas davon. 2. Gesichtsschädel und Vi s c e r alb og e n. Das Gesicht der Wirbeltbiere besteht aus den, an den Hirn- schädel und die Hirnblasen sich anschliessenden drei Sinnesorga- nen, Nase, Auge, Ohr und dem obern und untern Kieferapparat und ihren Muskeln. Der obere Kieferappai-at besteht im allge- meinen Plan der Wirbellhiere in seiner ganzen Vollständigkeit ans fünf aneinanderstossenden Stücken, Os intermaxillare, Vomer, Os maxillare, palatinum und pterygoideum s. palatinum posterius, welche sämmtlich bei einzelnen Thieren doppelt seyn können und alle Zähne tragen können, wovon einzelne aber bei verschiedenen Thieren zahnlos und abortiv werden, wie beim Menschen und den Säugethieren der Vomer, das Gaumenbein und Os pterygoi- deura, die als besonderer Knochen entstehende Ala interna pro- cessus pterygoidei, die bei mehreren Thieren den Gaumen nach hinten fortsetzt. Im vollkommensten Zustande reicht der obere Kieferapparat durch das Os pterygoideum bis zum Unterkiefer, 736 VIII, Buch, V, d, Entmckelung, II, Ahschn, Entwidd, d. Organe. und der obere nnd untere Kieferapparat stellen dann eine am Schläfenbein aufgehäni’te Gabel dar. Die Cyclostomen haben hie- von nur einen unvollkoramnen Gaumen, keine Oberkiefer und 'Unterkiefer. Den Sinnesorganen der Wirbelthiere sind oft eigene Skelellheile beigegeben, wie Siehbein, Nasenbeine, Supraorbital- beine (Eidechsen und Python), Infraorbitalbeine der Fische, Pau- kenring. Auch kommt bei vielen Thieren zwischen Oberkiefer und Scliläfe eine durch das Jochbein vervollständigte Arkade vor. Ueber die Entwickelung des Gesiclitslbeils des Kopfes ^aben in neuerer Zeit v. Baeb, Rathre und Reicuert gearbeitet. Vor der Entwickelung des Gesichtslheils des Kopfes wird die Visce- ralhöhle desselben von oben von der Uranlage der Gehirncapsel, welche die Gehirnblasen enthält, die untere und Seitenwand der Visceralhöhle des Kopfes wird aber von dem vordem sogenann- ten Visceralhogen gebildet. Eine Nasenhöhle giebt es dann noch nicht und die Visceralliöhle des Kopfes reicht von dem ersten Visceralbogen bis zur Gehirncapsel. Visceralbogen sind beim Vogel und Säugelhier drei, und auch drei Spalten. Die erste Spalte wird zum .aussein Gehörgang, nach innen zum Cavurn tympaiii und zur Trompete umgcwandelt; die 2. und 3. Spalte schwinden. Das Gesicht bildet sich nun aus einem mittlern, von der Stirn ausgehenden Theil, v. Baer’s Stirnfortsatz, .und aus einem Theil, der vom obern Ende des ersten Visceralbogens ausgeht. Es giebt also ursprünglich einen mittlern und einen seitlichen Gesichtstheil , beide sind von einander getrennt. Der seitliche und untere Gesichtstheil (der obere und untere Kiefer- apparat) sind es, welche nach Reichert zusammen aus dem sich einknickenden ersten Visceralbogen entstehen, nämlich aus der Partie über diesem Knie entsteht die Oberkiefermasse, aus der Partie unter diesem Knie der untere Kieferapparat. Die Ober- kiefermasse wächst dem Stirnfortsatz entgegen und verbindet sich damit so, dass die unter dem Stirnfortsatz und zwischen beiden Oberkiefermassen bleibende Höhle Nasenhöhle wird. Indem die Oberkiefermassen (Oberkiefer und Gaumenbein) rechter nnd lin- ker Seite sich auch unter dieser Höhle untereinander verbinden, entsteht erst die Sonderung der Nasen- und Mundhöhle durch einen Gaumen. Am verlängerten Stirnforlsatz oder Nasenfortsatz der Stirnwand zeigt sich ferner die Substanz des ohern Zwi- schenkiefers, welcher am untern Theil des Visceralbogens, aus dem sich der Unterkiefer bildet, ein Analogon hat, eine abge- gliederte Portion, die Reichert den untern Zwischenkiefer nennt. Es ist nach diesen Beobachtungen noch nicht ganz gewiss, aus welchem Theil der obere Zwischenkiefer zuerst hervorgeht. Denn obgleich man das Blastema des Zwischenkiefers zuerst zwischen den Nasenfortsätzen auf der Stirnwand bemerkt, so kann es doch auch sehr leicht ursprünglich aus den Nasenfortsätzen selbst und dem gleich daran stossenden obern Anfänge des ersten Visceral- bogens herkornmen, und dort gleichsam seine Wurzel haben. Die letztere Ansicht würde mir aus dem Gesichtspuncte der vergleichenden Anatomie einleuchtender seyn, weil zum obern Kieferapparat im vollständigsten Zustande Os intermaxillare, Vo- Gesichtsschädel und Visceralbogen. 737 mer, Os maxillare, palatinum und pterygoideum geliören. Dann würde als ein Sinnentheil des Kopfes nur der mittlere vordere übrig bleiben, der sieb an das Scbädelende anscblicsst und bei den Plagiostomen auch mit dem Schädel ein Stück ausmaebt, wahrend der obere Kieferapparat davon getrennt ist. Indessen lassen sieb auch vergleichend analoiniscbe Gründe für die zweite Ansicht anlübren; denn der Vomer, der doch jedenfalls aus der Mitte bervorkoinint, geböj t auch in die allgemeine Kategorie der kieferartigen und zahntragenden Knochen, bei dem Menschen und den Säiigethieren ist er abortiv, bei den Fischen und Batracbiern kann er Zähne tragen. Der Zwischenkiefer kann also leicht ein analoges Schicksal haben und seine Genesis, von den übrigen Kiefergliedern verschieden seyn. Bei der Gaumenspalte, wo die Oberkiefer und Gaumenbeine beider Seiten sich nicht errei- chen, werden der rechte und linke Zwischenkieferknochen nicht von einander getrennt, und statt mit ihren Oherkieferknoeben verbunden auseinander zu weichen, bleiben sie in der Mitte, und die Spalte setzt sich vorn jederseits zwischen Oberkiefer und Zwischenkiefer fort, so dass der Zwi.schenkiefer mit den Schnei- dezähnen am Vomer hängen bleibt. Ein die Nasenhöhle von der Mundhöhle trennender Gaumen ist, xvie sich aus dem Vorherge- henden ergiebt, lange nicht vorhanden. Diese Trennung entsteht erst, indem die Oberkiefermassen horizontal gegen die Mitte sich verlängern und hier sich aneinanderlegen. Aus der Genesis des Gesichts lassen sicli nicht allein die krankhafte Gaumenspalte und die angeborene Spalte zwischen Oberkiefer und Zwischenkiefer erklären, sondern sie scheint auch auf diejenigen angeborenen Spalten ein Licht zu werfen, die zwi- schen Os interrfiaxillare und Oberkiefer durchgehend hinauf bis in die Augenhöhle reichen. Dergleichen angeborene Spalten, welche primitiven Zuständen entsprechen, werden Hemmungsbildungen genannt. Bei der Anwendung dieses höchst fruchtbaren und durch Meckel wichtig gewordenen Erklärungsprincips auf Spalten' der Bedeckungen ist übrigens einige Restriction nölhig. Die Hasen- scharte, Spaltung der Oberlippe in der Gegend der Verbindung des Zwischenkiefers und Oberkiefers, beruht allerdings, aber nicht ganz auf Hemtuungsbildung. Denn die Oberlippe ist zu keiner Zeit auf diese Weise primitiv gespalten, sondern bildet sieh so- gleich vollständig saumartig aus. Aber die Hemniungsbildung der tieferen Theile scheint eine unvollkommne Entwickelung dieses Saums nach sich zu ziehen. Die Umwandlungen der Visceralbogen sind ferner nach Rei- chert’s Beobachtungen bei den Säugethieren folgende: das Blastem des ersten Vlsceralhogens entwickelt aus sich als specielle Bildun- gen den obern Kieferapparat, den Unterkiefer und einen Theil der Gehörknöchelchen, nämlich Hammer und Ambos. Der Ham- mer verläneert sich beim Fötus der Säugethiere und des Menschen nach Meckels Entdeckung an der innern Seite des Unterkiefers bis zur innern Seite des Kinns, und steht bogenförmig mit dem der, andern Seite in Verbindung. Es wird sich daher ein Unter- bieferbogen und auch ein Hammerbogen im ersten Visceralbogen 738 VIII. Buch. V. d.Entmckdung. II. Alschn. Entwidd. d. Organe. bilden. REicnERT zeigt, dass der letztere dem erstem voransgeht. Nach der Entwickelung des Unterkiefers kommt jener Fortsatz des Hammers an die innere Seite des ersten festem Rudimentes vom Unterkiefer zu liegen. Jener Fortsatz des Hammers fängt an zu verkümmern, wenn der Unterkiefer zum grössten Theile aasgebildet und verknöchert ist. Der zweite Visceralbogen wird theils zur Bildung des Sus- pensoriums des Zungenbeins, theils zur Bildung des Steigbügels verwandt. Das Suspensorium des Zungenbeins des Menschen ist in seinem obern Theile knöchern, der anfangs isolirte, dann mit dem Schläfenbein verwachsende Processus stiloideus, ist in seinem untern Theile bandartig, Ligamentum stilo-h)'oideum, dann folgt wieder ein knöchernes,' kleines Horn des Zungenbeins. Bei den meisten Säugethieren geht beinahe das ganze Suspensorium des Zungenbeins in Verknöcherung über, und bildet das aus mehre- ren Gliedern bestehende vordere Horn des Zungenbeins. Die hinteren Hörner des Zungenbeins und dessen Körper bilden sich aus einem knorpeligen Sti-eifen im dritten Visceralbogen. Ueber die Verwandlungen der Visceralbogen hei den Vögeln und Am- phibien siehe Reichert a. a. 0. und vergleichende Entmckelungs- geschichlß des Kopfes der nackten Amphibien. Königsberg 1838. 3. Extremitäten. Die Extremitäten entstehen bei allen Wirbelthieren in glei- cher Weise als blaltartige Erhebungen an den Rumpfwänden an der Stelle, wo sieh in den Rumpfwänden mehr oder weniger von einem Gürtel für sie bilden wird. Die Urform ist sich ziemlich gleich, mag die Extremität hernach zum Schwimmen, Kriechen, Gehen oder Fliegen bestimmt seyn, die Uranlage ist nämlich der allgemeine Wirbelthiertypus, der sich später in die bestimmten Formen gliedert. Beim Menschen sind die Finger anfangs durch Blastem noch wie durch eine Schwimmhaut vereinigt, was jedoch weniger für eine wirkliche Annäherung an die schwimmenden Thiere anzusehen ist, wie vielmals als Urform der Hand, welche hernach ihre einzelnen Theile mehr individualisirt. ln Hinsicht der speciellen Entwickelung des Knochensystems muss ich auf die ausführlichen Werke über Entwickelungsgeschichte verweisen. Ueber die Ausbildung aller einzelnen Theile des Kno- chensystems geben Valentin s Untersuchungen in seiner Entwicke- lungsgeschichte ausführliche Aufschlüsse. 4. Gefässsyatera. Die erste Entwickelung des Gefässsystems und Herzens in der Keimhaut ist bereits oben beschrieben. Die erste Form des Kreis- laufs bietet die durch den Sinus terminalis eingeschlossene Area vasculosa dar, in welche das Blut vom Herzen und der Aorta durch zwei quer verlaufende Arterien gelangt, und aus welcher das Blut durch entgegengesetzte, von oben und unten herkomr Gefässsystem. 739 mende Venen wieder zum sclilaucliförmigen Herzen gelangt. Diese Gefässanordnung verändert sich demnächst dahin, dass, statt der den Arterien entgegengesetzten Venen, andere sie begleitende Ve- nenstämme aus dem Gefässnetz der Area vasculosa sich ausbilden, dass der Sinus terminalis eingeht, und dass die Gefässe sich über den ganzen Dottersack ausbreiten. Herz. Das Herz ist hei allen Thieren anfangs ein Canal ohne Abtheilunnen, welcher an seinem untern Ende die Venenstämme aufnimmt aus seinem obern sich in die Arterienslämme, Aorten- bogen theilt. Während sich dieser Canal hufeisenförmig krümmt, entstehen an ihm bei allen Wirhelthieren drei Abtheilungen, die hintere der einfache Vorhof, welcher die Venenstämme auf- nimmt die mittlere, der einfache Ventrikel, die vorderste Bulbus aortae' alle drei ziehen sich nach einander zusammen. Diese Abtheilungen bemerkt man beim Vogel schon vom 3. zum 3. Tag. Der Vorhof und der Bulbus aortae liegen jetzt an den Enden der Schenkel des Hufeisens. Durch die Aussackung des mittlern Theils nach unten entsteht die erste Andeutung der ventrikelartigen Form. Indem sich auf diese Weise die grosse Curyatur des Hufeisens zwischen Vorhof und Bulbus viel mehr als die kleine entwickelt, rücken sich Anfang und Ende des Herzens, oder Vorhof und Bulbus nahe nach oben, der spätem Form entsprechend und der Ventrikel sackt sich nach unten ans. Das Herz der Fische behält die drei Ablheilungen, ohne dass Abtheilungen im Innern m ein rechtes und linkes Herz entstehen. Auch das Herz der nackten Amphibien behält die drei rnusculösen Abtheilungen für’s ganze Leben aber der Vorhof wird durch eine Scheidewand in einen Lungen- und Rörpervorhof getheilt. Bei den beschuppten Amphi- bien bildet sich, ausser der Scheidewand der Vorhöfe, die Thei- lung des Ventrikels nur mehr oder weniger aus. Bei den Vögeln, Säugethieren und dem Menschen sind Vorhöfe und Kammern zur völlLmmnen Theilung bestimmt, diese Thiere und auch die be^ schuppten Amphibien behalten einen rnusculösen Bulbus aortae auf die Dauer nicht und derselbe verschmilzt mit den Ventrikeln. Die Theilung des Vorhofs und der Kammern in ein rechtes und linkes Herz beginnt bei den Vögeln gegen die 60. — 70. Stunde. Die Theilung der Kammer beginnt nach v. Baer an der Spitze des Herzens und schreitet nach oben vor. A. Thomson sah nach 74Ta"en der Bebrütung noch eine Communication, sie verschwin- det später, indem zugleich im Bulbus aortae eine Scheidewand für die Wurzeln der eigentlichen Aorta und A. pulmonalis entsteht. Die Scheidewand der Vorböfe bildet sich von einer halbmond- förmigen Falte ans, welche von oben herabwächst, der linke Vorhof ist anfangs sehr klein, nach dem 6. Tag findet man ihn in Verbindung mit den Lungenvenen. Beim Menschen beginnt die Theilung der Kammern nach Mbckel um die Zeit der vierten Woche und ist nach acht Wochen vollständig. Die Scheidewand der Vorhöfe bleibt bei dem Menschen und den Thieren, die eine solche erhalten, im Fötuslehen unvollkommen, Anfangs, wenn die Abtheilung beider Vorhöfe begonnen, haben beide Hohlyenen «in verschiedenes Verhältniss zu ihnen; die obere tritt wie beim 740 VIII. Buck. V. d. Entwickelung. II. Abschn. Entwickl. d. Organe. Erwachsenen in den rechten Vorhof, die untere ist aber so ge- stellt, dass sie in den linken Vorhof einzutreten scheint, und der hintere Theil des Septum atriorum wird von der aus der Ein- trittsstelle der Cava inf. ausgezogenen grossen Eustachischen Klappe gebildet. Später wendet sich die, von oben herabwachsende Schei- dewand mehr und mehr zur linken der Cava inf. Während des ganzen Fötuslehens bleiht eine Oeffnung in der Scheidewand der Vorl.öfe, welche durch die sich im dritten Monat bildende Val- vnla foraminis ovalis unvollkommen gedeckt wird. Schriften: Meckel in dessen Archiv. II. 402. Kilian über den Kreislauf des Blutes im Kinde, welches noch nicht geathmet hat. Karlsruhe 1826. Allen Thomson, Edinb. new phil. J. Oct. 1830. v. Baer und Valentin a. a. O. Aortenbogen und Lungengefässe. Bei den jungen Embryonen aller Wirbelthiere vertheilt sich das Blut aus dem Bulbus aortae nach zwei Seiten, die Rurapfhöhle umgehend, um sich vor der Wirbelsäule wieder in einem Gefässe, der Aorta descendens zu sammeln. Nach Serres ist die Aorta descendens um die 40. — 50. Stunde beim Vogelemhryo in ganzer Länge doppelt. A. Thomson sah dies gegen die 36. — 40. Stunde, fand aber in der 48. — 50. Stunde die beiden Gefässe schon in beträchtlicher Länge vereinigt. Reichert sah auch in frühester Zeit eine kleine Querbrücke. Die Aortenbogen sind immer mehrfach und liegen anfangs an den Visceralbogen an. Bei den Thieren, welche mit Kiemen athmen und deren Visceralbogen zur Bildung des Riemengerüstes zum Theil verwandt werden, verwandelt sich jeder der Aortenbogen in zwei parallel laufende Gefässe, wovon das eine arterielle vom Herzen ab sich ganz in die Riemen verzweigt, ohne ferner mit der Wirbelaorta zusammenzuhängen, das zweite venöse aus den Kiemenblättchen entsteht und mit seines Gleichen Wurzel der Wirbelaorta wird. Bei den nackten Amphibien geschieht dasselbe, aber die Kiemengefässe verwandeln sich hernach wieder in drei Aortenbogen, und diese rücken nach dem Eingehen des Kiemen- apparates in die Brusthöhle herab und verbleiben. Die Haifische, Rochen und die nackten Amphibien haben theils Fötus-, theils Larvenkiemen. Sie unterscheiden sich von den bleibenden Kiemen, dass sie aus den Kiemenhöhlen hervorhängende Fäden oder Büschel bilden, in welchen Gefässschlingen enthalten sind. Die äusseren Kiemen der ersteren dauern übrigens nicht das ganze Fötusleben ans, sondern verschwinden später, bei reiferen findet man keine Spur mehr. Leucrart über die äusseren Kiemen der Embryonen von Rachen und Haien. Stuitg. 1836. Die äusseren Kiemen einiger nackten Amphibien sind schon während des Fö- tuslebens vollkommen entwickelt und nehmen an dem Blutkreislauf Antheil, wie bei Bufo obstetricans und Salamandra terrcstris n. a. Bei den Fröschen sind die äusseren Riemen für die ersten Tage des Larvenlebens berechnet und vergehen dann, indem die inneren Riemen an ihre Stelle treten. Wenn sich die Lungen der Frösche entwickelt haben, so ist ihre Arterie jederseits ein Ast des unter- sten Aortenbogens, die hinteren Stücke dieser Bogen sind gleich- sam perennirende Ductus arleriosi. Bei den beschuppten Am- Gefässsf Stern. 741 phibien Lüden sich an dem' System der Visceralbogen keine Rie- men und Kiemengefässe aus, und ihre mehrfachen Aorten rücken in die Brusthöhle herab, bleiben aber zum Theil noch durchs ganze Leben. Die Eidechsen haben vier perennirende Aorten- orten, zwei auf jeder Seite, die Schildkröten, Crocodile und die Schlangen haben nur zwei, wovon der eine die Gefässe der oberen Theile des Körpers, der andere die Eingeweidearterie abgiebt. Die Lungenarterie dieser Thiere entspringt für sich aus der Herz- kammer, indess kann man bei den erwachsenen Schildkröten noch die Spuren zweier anderer Aortenbogen sehen, welche jetzt obli- terirt, früher Ductus arteriosi für die von ihnen abgehenden Zweige zu den Lungen waren. Bei den Vögeln giebt es zu einer gewissen Zeit des Fötus- lebens sechs Aortenbogen, die beiden oberen geben die Arterien der oberen Theile des Körpers, anonymae ab, und die hinteren Stücke dieser Bogen gehen ein. Die beiden unteren Bogen geben die Zweige zur Lunge und stellen zwei zur Aorta descendens gehende Ductus arteriosi dar, welche erst nach der Rpife eingehen, während die Aeste zur Lunge selbstständig werden bis zum einfa- chen vom Herzen kommenden Stamm der Lungenarterie, welcher, zum rechten Ventrikel gehörig, sich durch innere Scheidung im Bulbus aortae frühzeitig von der Aorta isolirt hatte. Von den beiden mittlern Gefässbogen bleibt nur der rechte, und der linke geht frühzeitig verloren. Siehe die schöne Abhandlung von Huschise Isis 1827. 401. 1828. 161. Vefgl. Allen Tuomsok in Edinh. new phü. J. Jan. 1831. Bei den Säugethieren reduciren sich die Aortenbogen nach V. Baer’s Beobachtungen bald auf drei, wovon einer der bleibende Arcus aortae, die beiden anderen Ductus arteriosi der Arteria pulmonalis sind; von diesen letzteren verliert sich auch dann noch der rechte, so dass für die spätere Zeit des Fötuslebcns des Men- schen und der Säugethiere nur noch zwei Aortenbogen übrig sind, ein aus dem rechten, und ein aus dem linken Ventrikel kommender. Von diesen giebt der erstere die arteriösen Lungenzweige, der letztere die Gefässe der oberen Theile des Körpers ab. Beide Bogen sind und bleiben gleich stark bis zur Reife. Nach der Geburt verengert sich schnell das hintere Stück des zum rechten Ventrikel gehörigen (Ductus arteriosus Botalli) und obliterirt in den ersten Wochen nach der Geburt ganz, während das vordere Stück nun der Stamm der selbstständigen Arteria pulmonalis ist. Zu gleicher Zeit schliesst sich das Foramen ovale. Bei den Vögeln ist der bleibende Arcus aortae ein rechter, d. h. rechts um die Luft- und Speiseröhre zur Wirbelsäule ge- langender, bei den Säugethieren und dem Menschen ist es umge- l^ehrt ein linker.' Venen. Auch das Venensystem ist nach Rathke’s schönen Untersuchungen bei den Embryonen aller Wirbelthiere anfangs anf eine conformc Weise angeordnet, und entfernt sich später auf eigenthümliche Weise von diesem primitiven Typus der Wir- bellhiere. Es giebt dünn zwei vordere ( Jugularvenen) und zwei hintere Stammvenen, Ratbke nennt die hinteren die Cardinal« 742 VIIl.Buch. V.d. Entwickelung. II. Abschn. Entwickl. d. Organe. venen; eine vordere und eine hintere verbinden sich jederseits zu einem Querstamm, Ductus Cuvieri. Beide letztere Stamme vereinigen sich unter der Speiseröhre zu einem kurzem Canal, der «ich in die ursprünglich einfache Vorkammer einsenkt. Die Cardinalvenen nehmen ursprünglich die Schwanzvenen, Zweige von den Nieren und WoLrr’schen Körpern und von der Rücken- wand des Rumpfes, spatere Intercostal- und Lumbalvenen auf^, juch entstehen bei den Thieren mit Extremitäten an beiden Stämmen noch die beiden Venae crnrales. Man kann dieses System bei allen Thieren als System des einfachen Vorhofs bezeichnen. Bei den mehrsten Wirbelthieren ist es so lange vorhanden, als ihr Herz dem Fischherz gleicht. Bei den Fischen bleibt es durchs ganze Lehen. Bei den Amphibien verwandeln sich die Cardinal- venen in die Venae renales advehentes, , welche die Venen der hinteren Extremitäten aiifnehmen. Der gemeinschaftliche Canal der beiden Ductus Cuvieri wird bei den Thieren über den Fichen schon früher in die ursprünglich einfache Vorkammer hineinge- zoeen; nachdem sich die Scheidewand gebildet hat, , gehen die beTden Ductus getrennt in die rechte Vorkammer über. Die Venae suhclaviae schliessen sich an die Venae jugulares an. Die Ductus bleiben bei den Vögeln und einigen Säugethieren als zwei getrennt einmündende vordere Hohlvenen. Bei anderen Säugethieren bleibt der rechte Ductus als alleinige vordere Hohlvene. Bei den Schlan- gen, Eidechsen, Vögeln unil Säugethieren bildet sich ein System der Vertebralvenen, die hinteren sind die Vena azygos und he- miazygos (oder richtiger, weil sie ganz paarig und nur ihr Stamm unpaarig, Venae conjugatae, deren Stamm azygos ist). Das Blut der vordem und hintern Vertebralveuen wird in die obere Hohl- vene geführt. , ^ Die Nahelgekrösvene, Vena omphalo-meseraica, welche auch die Gekrösvene aufnimmt, ist eine primitive und allgemeine der Wirbelthiere. Sie geht mit den Ductus Cuvieri, anfangs zwischen diesen Ductus, einfach zur Vorkammer. Wenn sich die Leber gebildet hat, giebt dieser Stamm in sie Zweige ab, und nimmt wieder andere, Venae hepaticae aus ihr auf (Vögel, Säugethiere), zwischen beiderlei Lebergefässen vergeht der Stamm und es ist so eine Pfortader gebildet, deren Blut die Leber durchkreist und durch die Venae hepaticae entleert wird. , _ Eine hintere Hohlvene bildet sich nicht bei den Fischen; bei den Vögeln und Säugethieren entsteht sie zwischen den WoLFF’schen Körpern, und senkt sich ursprünglich vor der Lebei in das Ende der Dottersack vene ein, so dass sie nach der Aus- bildung des Leberkreislaufes das Blut der Venae hepaticae auf- nimmt. Dieser Hohlvene ist hei den Fischen nichts vergleichbar, als die Venae hepaticae; hei den Amphibien zieht sie ausser diesen noch das Blut der Nieren und Geschlechtsthelle , bei den Vögeln und Säugethieren das Blut der meisten hinteren animalischen Thede des Körpers an, und nur selten bleibt sie krankhafter Weise heim Menschen unausgebildet, so dass das Blut aus den unteren Theilen des Körpers durch das System der azygos in die obere Hohlveoe abgeleitet xvird. Stark de venae azygos natura. Ups. 1835. Neroensystem. 743 Die Nabelvene ist als eine Combination einer vordem Bauch- vene, Vena abdominalis anterior, die den Amphibien zukommend zur Pfortader gebt und bleibt und den Venen der Allantois, zu betrachten. Der erstere Theil dieses Systems kommt auch den nackten Amphibien zu, die keine Allantois besitzen. Bei den be- schuppten Amphibien, Vögeln und Säugethieren ist der eine und andere Theil dieses Systems beim Fötus vorhanden. Wahrscheinlich sind die Venen der vorderen Banchwandungen und die Venen der Allantois anfangs von einander unabhängig, und conflniren bei weiterer Entwickelung der Allantois. So lässt sich die sonst räthselhafte Thatsache erklären, dass die Vene der Allantois an einen ganz andern Ort, die Pfortader, hingeräth, als von wo die Allantois sich entwickelt. Rathke macht diese Fusion wahrschein- lich. Beim Menschen nimmt die Vena umbilicalis auch Zweige der Venae epigastricae auf. Burow in Muerl. Arch. 1838. 44. Die Nabelvene gebt bei den Vögeln und Säugethieren nach Rathke ursprünglich in das zum Herzen gelangende Ende der Nabelgekrösvene über, welches später hier den vordersten- Theil der hinteren Hohlvene ausmacht. Später sendet diese Vene auch Zweige in, die Leber, wie die Nabelgekrösvene , und es entsteht eine Anastomose zwischen der Nabelvene und hintern Hohlvene, der Ductus venosus Arantii. Rathke, über den Bau und die Entwickelung des Venensystems der Wirbelthiere. Königsh. 1838. Der Kreislauf des Fötus unterscheidet sich von dem des Erwachsenen wesentlich durch die in den Vorhöfen, dann auch durch den Ductus Botalli stattfindende Vermischung des Blutes und durch die Ableitung eines Theils des Blutes von den Lungen. Der rechte Vorhof erhält alles Körpervenenblut oder alles Blut, was beide Kammern (die linke in die oberen und unteren Theile des Körpers, die rechte in die unteren durch den Ductus Botalli) aussenden, mit Ausnahme der von der rechten Kammer in die Lungen gehenden Fraction des Bluts. Der linke Vorhof erhält nur diese Fraction des Blutes aus den Lungen zurück. Setzt man voraus, dass beide Kammern gleich viel Blut aussenden, so geht von der einen Hälfte alles, von der andern Hälfte aber ein Theil zum rechten Vorhof zurück, also zum rechten Vorhof mehr zu- rück als von seiner Kammer ausgeht, zum linken Vorhof weniger zurück, als von seiner Kammer ausgeht. Woraus folgt, dass von dem rechten Vorhof ein Theil des Blutes durch das Foramen ovale in den linken überfliessen müsse. 5. Nervensystem. Die üranlage der Centraltheile des Nervensystems besteht nach Reichert aus zwei in einer Rinne zusammenstossenden Plat- ten welche sich mit ihrem Aussentheil erheben und mit ihren Aussenrändern zur Bildung eines hohlen Schlanchs vereinigen. An der Stelle des verlängerten Marks scheint dieser Canal seine Spalte zu behalten, wenn sie sich nicht von neuem bildet. Von dieser Stelle bis zum vordem Ende entwickeln sich an dem Canal Mmier^s Physiologie, 2r, Bd* III, 48 744 VIII. Buch. V.d. Entwickelung. II. Abschn. Entwicht, d. Organe. mehrere blasige Auftreibangen, die Hirnzellen. Zunächst vor dem ■verlängerten Mark bemerkte v. Baeu schon am vierten Tage das kleine Gehirn. Die Rückenmarkshlätler stosscn nämlich, nachdem | sie den [vierten Ventrikel gebildet haben, nach oben und vorn zusammen und mnschliessen einen kurzen Canal, der in die Blase | der Vicrbügel führt, welche die grösste Hirnzelle i.st. Die daraul folgende Blase ist die Blase des dritten Ventrikels, die früheste | und anfangs die vorderste. Vor ihr entwickeln sich die anfangs sehr kleinen Blasen des grossen Gehirns. Die Sinnesuerven bilden hohle Fortsätze der Ventrikel, der Hörncrvc aus dem vierten, der Sehnerve aus dem dritten, der Riechnerve aus dem Seiten- ventrikel. Die wesentlichsten Theilc der Sinnesorgane sind daher ursprünglich Ausstülpungen des Hirns, v. Baeu bemerkte die Höh- lung dieser Nerven vom 6. Tage an nicht mehr. Später bleibt die Vierhügelblase im Wachsthum zurück, dagegen sich die He- ^ misphären jetzt am stärksten entvvickeln und die hinter ihnen | liegenden Theile bedecken. Die grossen Hirnganglieu entstehen durch Anschwellung der Wände der Hirnzellen , die gestreiften Körper in den voiiersten Hirnzellen, die Sehhügel in der Blase des dritten Ventrikels. Am 6. Tage sah v. Babr die Blase des dritten Ventrikels an ihrem vordem Theil weit geöffnet, naendem sich schon in den vorhergehenden Tagen die Markmasse von die- ser Stelle zurückgezogen. Durch diese Spalte hat das grosse, durch eine Einsenknng seiner Decke in zwei Hallten geschiedene Gehirn, welches von der Blase des dritten Venüikels ausgeht und diese Blase überragt, einen mittelbaren Ansgang. Wahrscheinhch entsteht die grosse Hirnspalte, welche hernach zwischen den Seh- hügeln und dem Gewölbe ins Innere des grossen Gehirns fuhrt, ans jener Spalte des dritten Ventrikels durch ein Auseinander- i weichen nach den Seiten, so dass als Ränder der entstandenen | grossen Hirnspalte das Gewölbe liliche, wie auch beim Erwac i- senen. v. Baer bezeichnet als die Uranlage des Fern« die Greiwe zwischen der Höhlung des Blase des dritten Ventrikels und den beiden Höhlungen der Seiten vcntrikel. Stellt man sich an dieser Grenze Erweiterung der schon entstandenen Spalte des dritten Ventrikels nach beiden Seiten vor, so erhält man die grosse Hirn- spalte, deren Ränder dann einerseits die angeschwollcnen Wände der Blase des dritten Ventrikels, Sehbügel und die Ränder dei Blasen des Scitenventrikels, hintere Schenkel des Fornix sine.. Die Glandula pinealjs ist nach v. Baer die aufgehobene und später verkümmerte Decke der dritten Hirnhöhle. Der Ursprung des Balkens der Sängethlere, von dem die übrigen Thiere nur eine Spur haben, ist noch nicht sicher gekannt, v. Baer hält die vordem Schenkel des Fornix für identisch mit der ursprünglichen mittlern Einsenkung des grossen Gehirns und vermutbet, dass sicü die Wände der Hemisphären nochmals Zusammenlegen und ver- wachsen, weil sonst der Ventriculus septi pellucidi nicht pbilde werden könnte. Das Rückenmark des Fötus unterscheMet sicu von dem des Erwachsenen, dass es eine Spur des ursprünghe len Canals enthält, und dass es viel tiefer im Canal des Rückgrat hinabreicht. \. Eniwickelumsseschichie I. mii 11. Veig- Sinnesorgane. 745 Meck-EL, Jrchio 1815. Tiedemamn, Anatomie und BiidungsgeschicMe des Gehirns. Nürnh. 1816. Unter den perennirenden Hirnfornien gleicht das Gehirn der Petromvzon nnd Ammocoelcs auffallend der fötalen Hirnform der höheren Thiere, Amphibien, Vögel, Saugethiere. Es besitzt eine besondere Blase des dritten Ventrikels mit oberer Oeffnung und eine Vierhügelhlase, diese beiden sind bei den Knochenfischen in eine grosse Blase vereinigt, und diese kann daher nicht auf eine einzelne Hirnabtheilung der höheren Thiere reducirt werden. Vergl. Neural, d. Myxiiwiden a. a. O. Hie Nerven entstehen wahrscheinlich sogleich in ganzer Länge, vom Centrum bis zu den Organen, denen sie bestimmt sind; eine centripetale Entwickelung derselben ist ebenso wenig zu erweisen, als eine vom Centmm ausgehende. 6. Sinnesorgane. Das Auge entsteht zum Theil als Ausstülpung der Gehirnzelle des dritten Ventrikels, an ihm wiederhohlen sich die Häute des Gehirns zum Theil, nändicb die fibröse Haut und die Gefässhaut. Zu einer gewissen Zeit der Entwickelung bemerkt man am Auge aller Thiere an der iiinern Seile eine Art Spalte, welche von V. Baer für eine verdünnte Stelle der Netzhaut angesehen wurde. Welche aber von Htjschke als wirkliche Spalte bestätigt wird. Has Auge der Fische behält zeitlebens eine Spalte der Netzhaut von der Mitte bis gegen den vordem Rand. Anfangs ist die Ketzhaut eine blasenartige Austreibung des Hirns, welche durch den hohlen Sehnerven mit dem Hirne zusainmenhängt. Nach Htjschkb’s neueren Untersuchungen reducirt sich der Raum der Augenblasc des Vogellötus vom zweiten Tage der Bebrütung, Später auf die Distanz zwischen Memhrana Jacobi und retina; der Spätere Sack der durchsichtigen Medien coinmunicirt niemals mit der Hirnhöhle. Die Linsencapsel entsteht zufolge Huscuke’s Be- obachtungen als eine Einstülpung der Integumenta communia, so dass sie zu einer gewissen Zelt nach aussen offen ist. Die Ein- stülpung von aussen drückt die äussere gewölbte Fläche der Blase des zweiten Tages gegen den Sehnervencanal hin und der vordere Theil der Blase schlägt sich nach inncu zurück, wie eine seröse Haut. Das eingestülpte Blatt wird zur spätem Retina, das innere Hlatt wird Membrana Jacobi. Der wahie Spalt des Vogelauges Oütsteht nach HtiscauE’s jetziger Ansicht vor dem .3. Tage nicht, üicht eher als die Linse und ist Folge der Einstülpung der Netz- haut. Der Eindruck der Linsencapsel auf die primitive Augen- hlasc ist rundlich, zieht sich aber nach dem Sehnervencanal, nach ‘^or untern Mittellinie des Körpers hin. Diese Ausbucht des Ein- ‘Drucks verwandelt sich in eine Furche. Die Spalte ist nur das klaffen einer Falte, die jederseits aus zwei Blättern besteht, sie Tührt also nicht in den hohlen Sehnerven, v. Bakb a. a. O. Hüscikce in v. A.uajon’s Zeitschrift f. Ophth. 1835. 272. Die Iris Scheint anfangs am vordem Rande der Choroidea noch zu fehlen, ^enn nicht der vordere Rand derselben als die Uranlage der Iris 48* 746 VIII. Buck V. d. Entwickelung. II. Abschn. Entwickl. d. Organe. ansiesehen werden muss. Dieser vordere Rand der Choroidea ist anLgs auch heim menschlichen Emhryo an der innern untern Seite die später zur untern wird, eingeschmlten, dagegen die Ir bei ihrem ersten Erscheinen vollständig ist. Das Colohoma mdis, die Irisspalte an der untern Seite ist in sofern Hemmungsbildung, als ihre Entstehung mit dieser primitiven Spalte znsammenh^ang . Es scheint sich aber hier so zu verhalten wie bei der Hasenscharte. Die Irisanlage wird durch unvollkommene Entwickelung an der Stelle des Choroidalspaltes gespalten, ^ergl. Seiler über die u- sprüngUchen Bitdungsfehler des Auges. Dresd. 18.4.1. » • i. Das Auge der Säugethiere und des Menschen zeichnet sich dadurch aus; dass es im fötalen Zustande eine zärte das Seh loch verschliessende Memhrana pupillaris besitzt deren Blutgefässe von den Gefässen der Iris an deren vorderer Fläche ausgehen. Aus letzterm Umstande und auch daraus, dass sie sich nicht genau am Rande der Pupille, sondern kurz davor gegen die vordere Ins- fläche inserirt, wird wahrscheinlich, dass sie sich üher die vorder Fläche der Iris fortsetzt, und sie mag wohl die ganze vordere Au- genkamraer auskleiden. Vom Pupillarrande der Ins geht ferner die dienfalls gefässreiche Memhrana capsulo- pupillaris des Fötus nach rückwärts^ gegen den Rand der Linsencapsel und verbindet dmse mit dem Pupillarrande. Ihre Blutgefässe slanamen aus Ramus capsnlaris der Arteria centralis retinae, welcher den Glaskörper durchbohrend, an der hintern Wand der Linsencapsel eine Ra- diation von Gefässen gegen den Rand der Linsencapsel bildet Diese Gefässe gehören der Linsencapsel selbst nicht an und set^ sich in die Vasa capsulo-pupillaria fort, die am Pupillarrand mit den Gefässen der Pupillarhaut und der Ins selbst Zusammenhängen. Durch Maceration gelingt zuweilen die Ablösung der Membrana capsulo-pupillaris von der eigentlichen Pupillarhaut, so dass d Pupillarhaut eine hintere, der Memhrana capsulo -pupillaris ang hörende Lamelle hat Diese bildet mit der Membrana capsulo- pupillaris und der Gefässhaut der tellerförmigen Grube emen ge- schlossenen Sack, auf dessen Grund die Linsencapsel angewachsen ist, während zwischen dem vordem, der Pupillarhaut verbundenen Theil des Sacks und der Linsencapsel sich die hintere Augen kammer befindet. Diese Gefässe der Pupillarhaut und Capsulo Pupillarhaut hängen beide mit denen der Iris zusammen. HeslR de membranapuphiri. Bonnae 1832. Reich de membrana pupitlari. Berol. 4833. Valentin Enlwickehmgsgeschichte. B Lange nbeck retina. Gott. 1836. Krause in Mukli. Archio im. XXX V. Die Augenlider der Säugethiere und des Menschen entstehe wie bei den Vögeln zuerst als Ring, ziehen sich dann über den Augapfel, so dass sie sich erreichen und fest mit u, kleLn, bis sie sich entweder vor der Geburt oder bei den Raub thieren nach derselben wieder trennen. j • „ von Das Ohr besteht ebenfalls aus einem von' innen und emem vo aussen gebildeten Theil. Das Labyrinth bildet s]®*» . ausstülp^ung des hohlen Hörnerven. Man sieht das Labyrinth % erst in Form eines länglichen Bläschens am Ilinterkopf der zari Embryonen, welches über der zweiten sogenannten Kiemensp Darmcanal. 747 erscheint Diese Urgestalt behalt wenigstens der feste Theil des- hp’i den Cvclostomen. Nach VAeEKTiKS Untersuchungen stellt das LabYrinth des Fötus ein selbstständiges, länglich rundes Gebilde dar bald verlängert sich das innere Ende der länglich runden Höbtuns und wird, indem es eine Wendung im Kreise zu machen beeinnt^ zu einer rundlichen Höhle. Die Windungen bilden sich dann folgendermassen. Es wird nämlich die Wand der Schnek- kenblase^ wenn man sich in die Höhle derselben versetzt denkt, wie einoeeraben, und zwar zuerst nach der Richtung von dem Vestibufum aus gegen die Mitte der Schädelbasis hm, und dann weiter fort spiralig bis zum obersten Ende der Perpendicularaxe. H.prdnreh entstellt von aussen die der Schneckenschale ähnliche fussere Gestalt, im Innern ein tief eingefurchter Ilalbeanal, dessen Wände mit ihren inneren Rändern immer näher aneinanderrucken und indem sie endlich zusammenstossen , einen cyiinder- oder kegelförmigen Körper als Achse der Windung darstellen. Die Schliessung der früheren Schneckenfurche erfolgt bei verschiede- nen Säugethieren zu verschiedener Zeit der Entwickelung. Die Bogengänge der Sängethiere entstehen nach demselben Beobachter als Aussackungen des Vestibulums, welche in den Vorbof wieder eindringen. Valentin, Entwickelui^sseschichte p 206. Dil Eustachische Trompete, die Paukenhöhle und ^er äussere Gehörgang sind nach Huschke’s Beobachtungen {his 1831. 9ol.) üeberbleibsel der ex'sten sogenannten Kiemenspalte. Das hier entstehende Trommelfell theilt den Raum der ersten Kiemenspalte in einen innern Raum, Pauke, und einen äussern Gehorgang. Hier berühren sich hernach zwei Hautsystenie, die Schleimhaut des Mundes, welche als Divertikel durch die Trompete in die Trommel eindringt, und die äussere Haut, beide Häute sind nur durch die eigene Membran des Trommelfelles getrennt. Ueber die Genesis der Gehörknöchelclien ist schon oben p. 737 das Nöthige mitgetheilt. Die Verknöcherung derselben erfolgt beim Menschen schon im vierten Monat. Ueber die Entwickelung der Nase siehe oben p, 736. 7. Darmcanal. Der Darmcanal ist anfangs ein gleichförmiger gerade verlau- fender Schlauch, welcher sich erst allinählig in seine Abtheilungen Magen Dünndarm und Dickdarm gliedert. Der Magen ist anfangs auch noch gerade, sein Cardialeiide oben, sein Pylorus unten. Die ersten Lageveränderungen sind, dass der Magen sich schief ^ lagert dass der Dünndarm vom Magen ab die Richtung gegen den Nabel und Ductus omphalo-entericus am Nabel ein Knie bildet und von dort wieder zuruckgeht der Mittellinie sich nähernd, um nach dem After hin umzubiegen. An der vom Na- bel rückkehrenden Strecke liegt die Grenze zwischen Dünndarm und Dickdarm, und der untere Theil des Dünndarms ist es, der mit dem Ductus omphalo-entericus verbunden ist. v An dieser Stelle des Dünndarms kommt bei Erwachsene leicht ein Diver- tikel des Dünndarms vor, dessen krankhafte Entstehung mit dem 748 VIII. Buch, V. d. Entwickelung, II. Abschn, Entwickl. d, Organe, Verhältniss zum Gang des NabelMäsclienS im Zusammenhänge steht, fndem sich der zum Nahcl gehende obere Theil des Darms verlängert und windet, der vom Nabel zurückgehende untere Theil des Darms aber sich erhebt, so entsteht der grosse Bogen oder Kranz des Dickdarms um den grossem Theil des dünnen Gedärmes. Meckel, Archiv 1817. Muelleb, ebend. 1830. Ueber die Bildung des Peritoneums und Gekröses siehe oben p. 678. Das Gekröse ist anfangs gerade, wie der Darm selbst, und auch der anfangs gerade gestellte Magen hat sein Mesogastrium, welches von seiner grossen Curvatnr ausgehend ihn an die hintere Mittellinie der Bauchhöhle haftet. Wie dieses Mesogastrium sich mit dem Magen querstellt, Omentum majns wird und mit dem ] Colon Iransversum sich später verbindet, ist schon oben Band L ; 3. Anfl. p. 402 auseinandergesetzt worden, wie auch, dass die Milz I innerhalb des Mesogastriums entsteht, und also so gut wie die Mesenterialdrüsen ein symmetrisches Organ ist. Ueber die Ent- wickelung der Leber, des Pancreas und der Speicheldrüsen siehe oben Bd. I. 3. Aufl. p. 377. Bd. U. p. 687. 8. Athemwerkzeuge. Ueber die erste Entwickefung der Lungen siehe oben p. 699. Die Lungen entstehen zuerst als Ilöckerchen an der Bauchwan- dung der Speiseröhre, an ihrem vordem Umfange hängen sie zusammen, und hier zieht sich ein Stiel in die Luftröhre aus. Bald erscheint die Lunge als ein Haufen von Btinddärmchen, welche von den Luftröhrenästen ausgehen. In Hinsicht des ein- zelnen und der Entwickelung der Luftröhre und des Kehlkopfes verweise ich auf die besondern Werke: v. Baer a. a. O. Rathke I Nova Act. Nat, Cur. XIV. 1. p. 162. Valebtin a. a. O. p. 49. ' In Hinsicht des Zwerchfells hat v. Baeb beobachtet, dass je j weiter man in der Entwickelung zurückgeht, um so weiter nach ' vorn stehend das Zwerchfell angetroffen wird* So sah er an Schweinchen von ^ Zoll Länge, wo die Herzkammern so eben ! im Rumpfe Platz genommen, den obern Rand des Zwerchfelles an den Anfang des Rumpfes, scheinbar an den ersten Brustwirbel | gehen. Mit Sicherheit konnte er das Zwerchfell noch erkennen, j wenn die ungetheilte Herzkammer kaum noch in den Rumpf i einzntreten anfing, a. a. O. II. p. 226. j 9. "WoiFr’sclie Körper, ILirnwerkz cu g c, Geschleclitstheilc. | Die Wot.FF’schen Körper sind zuerst von C. Fr. Wolfe ge- J sehen, aber für die Uranlage der Nieren gehalten worden. Okb« kannte sie bei Sängethiereu, Meckel kannte sie ebenfalls bein» Menschen und den Säugethiei-en, erkannte jedoch ihre Eigen- thümlichkeit nicht und stellte sie mit den Nebenhoden zusammen. Ratiike hat sie hei Vögeln , Säugethieren und beschuppten Am- phibien untersucht, die Unabhängigkeit der Nieren von ihnen gesehen, er stellte sie noch mit dem Nebenhoden zusammen, wäh- rend sie bei den Weibchen verschwinden. Da sie bei den Fische» Harncverkzeuge , Geschlechtstheile. 749 und nackten Amphibien zu fehlen schienen, so waren sie bei allen Thieren heohachtet die eine Allantois und Amnion haben und ihre Existenz schien damit zusammenzuhängen. Bei den Fischen fehlen sie wirklich. Ich fand sic jedoch hei den Batrachicrn im Fötus und Larvenzustande, und sie haben bei einem Ausfiihrnngsgang hier eine von den Gesclilechtstheilen und Nieren so entfernte Lage, im obersten Theile der Bauchhöhle dicht unter den Kiemen, dass ihre gänzliche Unabhängigkeit von den Geschlechtstheilen sowohl als” Nieren offenbar war, gleichwie ich auch den Neben- hoden der Sängethiere sich völlig unabhängig vom WotFr’schen Körper zwischen jenem und dem Hoden an diesem sich entwickeln sah. Sie sind offenbar Absonderungsorgane, denn sie haben Aus- fuhrungsgänge, welche in die Kloake einmünden, und ich sah beim Vogelfötus ein weissgelbes Secret in ihren Canälen und ih- rem Ausfüliruiigsgang, welches in den Canälen verschoben wer- den konnte. Die Beobachtung von Jacobson, dass sich schon in den ersten Tagen der Bebrütung des Vogelembryo Harnsäure im Liquor Allanloidis der Vögel vorfindet, während sich die Nie- ren erst am sechsten Tage zeigen, macht es auch wahrscheinlich, dass sie dieselbe Bedeutung wie die Nieren haben, und als Pri- mordialnieren, Vornieren dasselbe Verhältniss zu den Nieren ha- ben wie die Kiemen der nackten Amphibien zu ihren späteren Lungen. Dafür spricht auch, dass in diesen Organen zufolge Rathke’s Beobachtungen auch die Malpighischen Körperchen der Nieren vorhanden sind. Die Dauer der WoLFF’schen Körper in den verschiedenen Classen ist sehr verschieden lang. Am längsten dauern sie bei den nackten Amphibien. Bei den Frosch- und Salamanderlarven bilden sie einen Haufen von Blinddärmchen im obersten Theil der Bauchhöhle, von welchen ein Ausführungsgang jederseits der Wirbelsäule herahgeht. Sie dauern hier das ganze Larvenleben aus. Bei den Vögeln entstehen sie am dritten Tage der Bebrütung und reichen vom Herzen bis ans hintere Ende. Sie bestehen auch aus Blinddärmchen, die zu einem Anstührungs- gang verbunden sind, welcher jederseits in die Cloake ausmündet. Hinter ihnen bilden sich die Nieren, über diesen die Nebennieren. Indem sich die Nieren vergrössern, werden die WoLFF’schen Körper allmählig kleiner. Die Hoden oder Eierstöcke entstehen vor ihnen und bei den Weibchen unterscheidet man immer auch einen vom Ausführungsgang des WoLFF’sclien Körpers verschiedenen Eier- leiter (der rechte Eierstock und Eierleiter verkümmern bei den meisten Vögeln mit Ausnahme einiger Raubvögel). Bei den Männ- chen sah ich keinen besonderii Samenleiter ausser dem Ausfüh- cungsgang des Worrrschen Körpers, vielmehr schien eine Ver- bindung zwischen Hoden und Ausführungsgang des WoLFF’schen K-örpers durch Vasa efferentia selbst einzutreten. Mit fortschrei- tender Entwickelung werden die WoLFF’schen Körper kleiner, nach dem Auskriechen findet man noch einen Rest von ihnen äuf den Nieren vor. Bei den Säugelhieren sind die Körper bohnenformig ; sie bestehen aus quergelagerten Blinddärmchen, hinter ihnen entsteht Niere und die Nebenniere. Diese Körper sind anfangs so 750 VIII. Buch. V. d. Entcpickelung. II. Alschn. Entcoickl. d. Organe, gross, dass sie die Nieren ganz bedecken, mit dem Wachsthum der Nieren werden sie relativ kleiner und rücken mehr herab, Ihr Ausführangsgang führt aus dem untern Theil des Organs in den anfänglichen Sinus urogenitalis. Entlang dem äussern Rande des Organes bildet sich der ausführende Geschlechtstheil Tuba oder Vas deferens noch gleich aussehend und frei endend, am in- nern hohlen Rande bildet sich Hoden oder Eierstock unabhängig. Später setzen sich das ausführende Rohr und der Hoden bei den Männchen durch entstehende Quergefässe in Verbindung; bei den Weibchen aber öffnet sich das Ende des ansführenden Geschlechts- rohrs. Bei beiden Geschlechtern vergeht der WoLFP’sche Körper selbst ganz, ohne zu etwas anderm verwandt zu werden, der Neben- hoden der Männchen entwickelt sich unabhängig, so weit er ans der Coni vasculosi besteht, aus den entstandenen Verbindungen zwischen dem Rohr und Hoden; so weit er aus dem Canal des Nebenhodens besteht, bildet er sich durch blosse Windungen des ansführenden Geschlechtstheils. So weit sich dieser Canal in starke Windungen legt, entlang dem äussern Rande vom WoLFv’schen Körper wird er Nebenhoden; wo diese Windungen aufhören, geht ein Band, das Gubernacnlum Hunteri, zum Leistencanal, es ist schon vor- handen, ehe die Windungen ausgehildet sind. Beim Weibchen bleibt der Canal gei'ade, von ihm geht, an derselben Stelle wie bei den Männchen, ein Band zu dem Leistenring, es ist das spä- tere Ligamentum Uteri teres; die Strecke des Rohrs von diesem Bande ab bis ans untere Ende wird Uterushorn, bei den Thieren mit einem Mittclstück des Uterus bildet sich dieses aus der Ver- bindung beider. Der menschliche Uterus ist anfangs auch gehörnt, seine Hörner verkürzen sich allmäblig und ziehen sich in das sich entwickelnde Mittelstück, den Fundus hinein. Beim Menschen sind übrigens die WoLrr’schen Körper nur in der frühesten Zeit zu beobachten, sie verschwinden viel früher als bei den Sänge- thieren. In der Peritonealfalte zwischen Eierstock und Tuba sieht man mittelst des Mikroskops bei Embryonen aus der Hälfte der Schwangerschaft oder noch später Spuren dieser Organe. Man konnte vermuthen, dass bei den Wiederkäuern und Schweinen die WoFFp’schen Körper und ihre Canäle sich in die bei diesen Thieren von Malpighi und Gärtner beobachteten MALPioHi’schen Canäle umbilden, welche an den Seiten des Uterus liegen und sich in die Scheide öffnen, aber diess ist keineswegs bewiesen. Die Embryonen der Säugethiere und des Menschen haben dann einen gemeinschaftlichen nach aussen führenden Sinus uro- genitalis, in welchen die Ausführungsgänge der W'oLFp’schen Kör- per, die Ureteren und die ansführenden Geschlechtstheile ans- niünden. Aus diesem Canal, der sich in den Urachns fortsetzt, bildet sich später durch Ablheilung von oben oder vorn eine Pars urinaria und genitalis, aus der erstem wird die Urinblase gegen den Urachus hin, aus dem letztem entwickeln sich Samen- bläschen oder Mittelstück des Uterus. Die äusseren Geschlechts- theile sind anfangs in beiden Geschlechtern gleich. TiedemanN beobachtete anfangs keine, dann gegen die 5. — 6. Woche eine Cloaköffnung, wo später (10, oder 11. Woche) sich der After und 'Entwickelunß der thierischen Gewehe. 751 der Ausgang des Sinus urogenitalis durch eine Querbrücke schei- det. Die ürogenitalöfFnung ist in beiden Geschlechtern gleicli, sie wird bald von zwei Hautfalten begrenzt, vor ihr bildet sich ein penisartiger Körper mit Eichel, welcher unten gefurcht ist. Die Säume seiner Furche laufen rückwärts auseinander zu den Seiten der Urogenitalöffnung, weiter aussen von den genannten Hautfal- ten umgeben. Bei den Weibchen wird dieser Körper Clitoris, indem er sich mehr zurnckzieht, und seine Säume werden kleine Schamlippen, von den grossen Hautfalten oder grossen Schamlippen umgeben. Bei den Männchen werden die Säume der Furche an der untern Fläche des Penis (gegen die 14. Woche) vereinigt und da- durch entsteht die Harnröhre, .so weit sie am Penis liegt. Die gros- sen noch leeren Hautfalten nehmen später im 8. Monat die Hoden ans der Bauchhöhle auf. Zuweilen schliesst sich die Harnröhre nicht (Hypospadia) und durch das Zurückbleiben der Hoden im Bauche kann der Schein des Hermaphroditen noch vergrössert werden. Dieser Zustand ist aber für sich bloss Hemmnngsbildung der männlichen Geschlechtstheile, welche mit männlichen Neigun- gen und anderen Zeichen des Mannes verbunden seyn kann. Es giebt allerdings Hypospaden, bei denen die Hemmung so gross ist, dass es auch in allen anderen Beziehungen nicht zu den Er- scheinungen der Mannheit kommt. Gehemmte männliche Indivi- duen sind deswegen noch keine wahren Hermaphroditen. Bei den Hermaphroditen trifft man Coincidenz männlicher und weib- licher Organe, z. B. alle männliche Geschlechtsorgane und ausser- dem noch einen Uterus mit Tuben ohne Eierstock. Vollkomme- ner Hermaphroditismus mit doppelten keimbereitenden Geschlechts- organen, Hoden und Eierstock ist noch nicht sicher beim Menschen beobachtet. Bei den Insecten sind Hermaphroditen, mit männlichen Organen auf der einen, weiblichen auf der andern nicht selten. So lange die Hoden in der Bauchhöhle liegen, sind sie durch einen Ueberzug vom Peritoneum, welcher in ein Gekrös, Mesor- chium, ausläuft, festgehalten und besitzen noch keine Tnnica va- ginalis testicnli. Sie folgen beim Hinabsleigen durch den Leisten- ring dem Gubernaculum Hunteri, vor ihnen her geht aber und zwar unabhängig von ihrem Herabsteigen ein bentelförmiger Fort- satz des Bauchfells, Processus vaginalis peritonei, durch den Lei- stenring in den Hodensack. Sie senken sich, mit ihrem Gekröse immer an das Peritoneum angeheftet, in diesen Beutel, und indem sich dieser meist noch vor der Geburt über ihnen schliesst, lie- gen sie in einer von der Bauchhöhle getrennten serösen Höhle der Tunica vaginalis testiculi. Zuweilen ist dieser Canal nach der Geburt noch offen und giebt Veranlassung zur Hernia ingui- nalis congenita. Die Nieren des Fötus bestehen aus getrennten Pyramiden mit corticalem Ueberzug, Renculi; 'diese verschmelzen hernach. Die Nebennieren des Säugethierfötus sind nicht verhältnissmässig grösser, wohl aber die des Menschen, welche anfangs sogar die Nieren ganz bedecken. J. Ch. Mueller de ge.nitalium ecolutione. Halae 1815. Rathre, Beiträge zur Geschichte der Thierwelt 3. und Abhandl, zur Bildungen 752 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. II. Abschn. ErUwickl.d. Organe. und Entwickelungsgeschichte. J. Muellkh in Meckel’s Archio 1829. Bildungsgeschichte der Genitalien. Düsseldorf 1830. Jacobsoit, iiber die Primordinlnieren. Copenliagen 1830, Valentin, Ent Wickelung s- geschichte. Tiedeimann, Anat. der kopflosen Missgehurten. Landshut 1813. p. 84. Seiler de testiculorum descensu. Lips. 1817. II. Capiiel. Entwickelang der thicrischen Gewebe. Es ist. schon an mehreren Stellen dieses Werkes der neueren Beobachtungen über das Zellenleben und die Entwickelung der Zellen gedacht worden. Hier ist der Ort sie im Zusammenhänge anzuführen. Die neuere Physiologie der Pllanzen hatte bereits zum Resultat, dass die gesonderten Bildungen der Zellgewebe, Fasern Gefässc, Spiralgefässe sich ln der Entwickelung aut Zellen reduciren lassen. Die Entstehung der Zellen ist nun durch eine wichtige Entdeckung von Schleiden (Muell. Arch. 1838. p. 137.) aufgeklart. Sie geht von R. Brown’s Zellenkern aus, welchen Schleiden daher Cytoblast nennt. Seine Farbe ist meist gelb- lich, seine innere Structur granulös, Schleiden hat im Innern des Cytoblasten noch einen Kern, das Kernkörperchen entdeckt, wel- ches bald als Fleck, bald als hohles Kügelchen erscheint. Cyto- blasten bilden sich frei innerhalb der Zellen in einer Masse von Schleimkörnchen ; sobald sie ihre völlige Grösse erreicht haben, erhebt sich auf ihnen ein feines durchsichtiges Bläschen, die ]unge Zelle, das auf dem flachen Cytoblasten wie ein Uhrglas auf einer Uhr aufsitzt; indem es grösser wird, erscheint der Cytoblast als ein, in einer der Seitenwände der jungen Zelle eingescblosscner Körper; seine Bedeckung an der innern Seite ist nur äusserst fein und gallertig und nur selten zu beobachten, wird auch bald re- sorbirt, zugleich mit dem Cytoblasten. Die jungen Zellen liegen frei in der Mutterzelle und nehmen, indem sie sich gegen einan- der abplatten, die polyedrischc Form an. Schwann’s Entdeckun- gen (Fror. Not. 18-38. Nr. 91. 102. 112. Schwann, mikroskopische Vntersuchungen iiber die Uebereinstimmung in der Structur und dem kVachslhum der Thiere und Pflanzen. Berlin 1838.) über die Zellen der Thiere und die primitive Uebereinstimmung der Structur dei Thiere und Pflanzen bestehen nun in der Hauptsache im Folgenden. In der Chorda dorsalis, deren zelligen Bau ich bereits vor längerer Zeit nachgewiesen , fand derselbe die Kerne der Z^len. Jede Zelle der Chorda dorsalis des Pelobates fnsens hat ihren scheibenförmigen Cytoblasten, welcher an der innern Wand der Zelle anliegt; in diesem Scheibchen sieht man einen, selten zwei oder drei scharf umschriebene Flecke. Innerhalb der^ Zellen dOT Chorda dorsalis bilden sich frei schwimmende junge Zellen, wie bei den Pflanzen. , r, i Die primitive Bildung der Knorpel ist nach Schwann s Beob- achtungen ganz zeitig. An der Spitze des Knorpels der Kiemen- strahlen der Fische sieht man kleine polyedrischc, dicht an ein- ander liegende Zellenhöhlen mit ijusserst dünnen Scheidewänden. Entwickelung der thierischen Gewebe, 753 Diese Zellen haben einen runden körnigen Kern. Gegen die Mitte des Kiemenstrahls sicht man die Zwischenwände der Zel- lenhöhlen allmählig dicker. Rückt man weiter gegen die Wurzel des Strahles fort, so hört die Unterscheidbarkeit der besonderen Zellenwände auf, und es bleibt nur das Ansehen einer homogenen Substanz übrig, in der nur einzelne kleine Höhlen Vorkommen; um einzelne Zellenhöhlen sieht man einen Ring als Spur der ei- genthümlichen Zellenwand, so dass die ganze Zwischensubstanz der Zellenhöhlen nicht von den Zellenwänden gebildet seyn kann, sondern die Intercellulursubstanz hier wesentlich zur Bildung der Knorpelsnbstanz beiträgt. Diese Intercellularsubstanz war schon zur Zeit, wo die Zellenwände sich noch berührten, hier und da als ein dreieckiger Zwischenraum dreier sich berührender Zellen wahrnehmbar. Die Knor|3elbildung beruht hier theils auf der Verdickung der Zellenwände, theils auf der Intercellularsubslanz; hei den Knorpeln der höheren Thiere wurde die Verdickung der Zellenwände nicht beobachtet, und die Hauptmasse des spätem Knorpels scheint der entstandenen Intercellularsubslanz anzuge- hören, worin die Knorpelzellchen mit einigen Generationen liegen bleiben. Die Entwickelung der Zellen auf die Weise wie bei den Pflanzen wurde an den Kiemenknorpeln der Larve von Pe- lobates fuscus beobachtet, deren Zellen theils blosse Kerne, theils kleinere Zellen mit einem gleichen Kern an der innert» Wand, und wenig grösser als der Kern selbst, theils noch grössere Zellen enthalten, so dass alle Uebergangsstufen ein vollständiges Bild der Entwickelung der Zellen lieferten. Der Process der Knorpelbil- dung geht, wie es scheint, ohne Antheil von Blutgefässen auf eine dem Pflanzenwachstbnm analoge Weisse vor sich. Was die nach der Ossification sichtbaren Gorpuscula radiata der Knochen be- trifft, so ist die Bildung ihrer Kanälchen noch nicht klar. Je nachdem die Rnorpelkörperchen die Höhlen der Zellen sind, deren verdickte und unter einander wie mit der Intercelliilarsuhstaiiz verschmolzene Wände die Knorpelsubstanz bilden; oder je nach- dem die Knorpelkörperchen die ganzen Zellen sind, und die Zwi- schensubstanz der Zellenhöhlen nur die Intercellularsubslanz ist, wären jene Strahlen nach Schwann entweder Kanälchen, die von der Zellenhöhle in die verdickten Zellenwände eindringen, oder Verlängerungen der Zellen in die Intercellalarsubstanz. Im erstem Falle würden diese Kanälchen mit den Porenkanälchen der Pflanzenzellen zu vergleichen sein, im zweiten würden sie Verlängerungen der Pflanzenzellen entsprechen. Scuwann ist das Letztere wahrscheinlicher. Ausser der Bildung junger Zellen in schon vorhandenen Zel- len unterscheidet Schwann bei den Thieren auch noch die Bildung neuer Zellen ausser schon vorhandenen Zellen in einer zur Zel- lenbildung geneigten stiuclurlosen Substanz, Cytoblastema. Ge- wöhnlich scheint sich dabei auch zuerst der Kern und dann um diesen die Zelle zu bilden. Bei vielen thierischen Geweben ent- stehfen die neuen Zellen ausser den schon vorhandenen. In dem ®inen Fall belindet sich das Cytoblastem in, in dem andern ausser den schon vorhandenen Zellen. 754 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. II. Abschn. Entwickl. d. Organe. Die Gewebe des tbierischen Organismus theilt Schwann in Beziehung auf ihre Entstehung in fünf Klassen: „ I. Isolirte selbstständige Zellen, die entweder in Flüssigkeiten sich befinden oder bloss lose und beweglich nebeneinander II. Sefbstständige Zellen, zu einem zusammenhängenden Gewebe fest an einander gelagert. _ -i- r» n III. Gewebe, in denen die Zellenwände, nicht aber die Zellen- höhlen mit einander verschmolzen sind. IV. Faserzellen, wo selbstständige Zellen sich nach einer oder mehreren Seiten in Faserbundel verlängern. V. Zellen, bei denen die Zellenwände und Zellenhöhlen mit einander verschmolzen sind. Zur ersten Klasse gehören die Blutkörperchen, deren blas- chenartige Natur C. H. Schultz bewies, deren Kern nach dem Aufschwellen von Wasser, wie Schwann bemerkt, an der Innern Wand sitzen bleibt; und deren Zelleninhalt der rothe Färbestoff ist- ferner die Lymphkörperchen , die Scbleimkörperchen und Eiterkörperchen. Alle diese sind Zellen mit Kern. Zur zweiten Klasse gehört das Horngewebe, Pigmentgewebe und Gewebe der Crystalllinse. Die Zellen sind selbstständig, wenn auch ihre Wände zuweilen verschmelzen. 1. Epithelinm. Meist runde Zellen mit einem Kern, der an ihrer innern Fläche anliegt, mit ein oder zwei Kernkörperchen. Im Zusammenhänge werden sie polyedrisch; an der äussern Haut der Froschlarve sah Schwann auch zwei Kerne in der Zelle, und eine Epithelinmzelle mit Kern in einer grössere Zelle, was bei Säugethieren nach Henlb nicht vorkommt. Von der kugeligen Grundform aus erleiden die Epitheliumzellen Formveränderungen nach zwei Richtungen, entweder die Zellen platten sich zu Tafeln ab wo der Kern in der Mitte der einen Fläche bleibt, zuweilen sind diese platten Zellen in die Länge gezogene Streifen, wie nach Henle am Epithelinm der Gefässe. Die iungen Zellen entstehen unter den alten und nehmen an Höhe ab, je mehr sie an die Oberfläche kommen, wie Henle zeigt; oder die Zellen verlängern sich in Cylinder, wie sie Henle in der Darmschleimhaut entdeckte. 2. Pigmentzellen. Sie haben an ihrer Wand einen Zellen- kern, er veranlasst den in der Mitte der Pigmentzellen bekannten weissen Fleck. Der Kern hat gewöhnlich noch ein oder zwei Kernkörpercheii. Manche Pigmentzellen erleiden eine Verlänge- rung der Zelle in hohle Fasern nach mehreren Seiten, sternför- mige Zellen. 3. Nägel. Der Nagel eines reifen menschlichen Fötus be- steht aus Schichten, die der Fläche nach aufeinander liegen. Ifie Schichten sind an der untern Fläche, um so undeutlicher, je mehr man sich dem in der Hantfalte steckenden Theil des Nagels nä- hert, und die hintere Hälfte dieses Stücks zeigt gar keine Schich- tung, sondern besteht aus polyedrischcti Zellen mit deutlichen Zellenkernen. Lamellen des Nagels mit Essigsäure behandelt, trennen sich in Plättchen, in denen man selten einen undeutlichen Kern bemerkt. Die polyedrischen Zellen der Wurzel müssen Entmckelung der thierischen Gewebe. 755 sich dnrch Abplattung in Plättchen verwandeln. Durch Abplat- tung der Zellen müsste der Nagel nach vorn dünner werden; diess wird aber wahrscheinlich dadurch ausgeglichen, dass auch eine Bildung von Epitheliumplättchen an der untern Fläche des Nagels erfolgt. Auch das Horngewebe der Klauen besteht beim Fötus ganz ans Pflanzenzellen. 4. Federn. Die Marksubstanz der Feder besteht aus po- lyedrischen Zellen. An der jungen Feder haben sie einen Kern an der Wand. Anfangs ist eine feinkörnige Masse da, in welcher zahlreiche kleine Zellenkerne liegen, von denen einige ein Kern- körperchen zeigen, um diese bilden sich die Zellen. Die Zellen bilden sich nicht in Matterzellen, sondern in der Nähe der orga- nisirten Matrix der Feder, welche das Cytoblastem liefert. Die Fasern der Rinde des Schaftes entstehen aus grossen platten Epi- theliumzellen mit Kern und Kernkörperchen. Es sind lange platte Streifen; aus jeder Zelle entstehen nun mehrere Fasern, endlich verschwindet alle Spur der Zelle. Die Strahlen der Federn sind eine Feder im Kleinen, der seenndäre Schaft hat die Struclur des Hauptschaftes, die seenndäre Fahne besteht anfangs wie- der aus mit ihren Kanten aneinandergelagerten Epitheliumzellen mit . mjjge Die Fasern der Krystallinse entstehen aus den von Wertjeck, zuerst beobachteten Zellen. In der Linse eines acht Tage bebrüteten Hühnchens findet man noch keine Fasern sondern nur runde blasse Zellen, wovon einige einen Kern enthalten. Bei älteren enthalten einige grössere Zellen noch ein oder zwei kleinere in ihrem Innern. Bel Schweineembryonen von 3V' Länge ist der p-össte Theil der Fasern der Krystallinse schon fertig gebildet; ein Theil ist noch unvollendet; ausserdem sind noch viele runde Zellen da, die ihrer Umwandlung entgegen- sehen. Die vollendeten Fasern bilden einen Kern im. Centrum der Linse. Die nächsten Fasern sind hohle Verlängerungen von Kugeln. Hernach entstehen an diesen Fasern gezähnelte Ränder, wie bei den gezähnelten Pflanzenzellen. III. Klasse. 1. Knorpel siehe oben p. 752. 2. Zähne. Der Schmelz eines unreifen Zahnp hat nach der Behandlung mit verdünnter Säure noch die vorherige Structur. Die innere Fläche der die Zahnkrone umgebenden Schmelzmembran wird von kurzen sechseckigen Fasern gebildet, die senkrecht ste- hen so dass jeder Faser der Schmelzmembran eine Schmelzfaser entspricht; sie scheinen verlängerte Zellen zu seyn; im frischen Zustande enthalten sie einen Kern mit Rernkörperchen ; über ihnen an der Membran liegen runde Zellen, wahrscheinlich der junge Zustand jener. Die eigentlichen Schmelzfasern sind wahr- scheinlich von der Schmelzmembran ahgetrennt, mit dem schon gebildeten Schmelz verwachsen und verknöchert. Die Si^stantia propria der Zähne entsteht aus Fasern, zwischen welchen die Zahnkanälchen verlaufen. Die Pulpa des Zahns besteht an der Oberfläche ans cylindrischen Zellen mit Zellenkern und Kern- körperchen, das Innere der Pulpa besteht aus runde» Kernzellen. 756 VIII. Buch. V. d. Entwickelung. II. Abschn. Entwickl. d. Organe. Schwahn vermutliet einen tJeberziig der ob erlliicli liehen Fasern in die Substanz des.Zalins. IV. Klasse. 1. Zellgewebe. Das pi’imäre des Zellgewebes ist das struc- turlose Cytoblastern, darin entstehen runde Zellen mit Kern, diese verwandeln sich in Faserzellen von spindelförmiger Gestalt, mit einem runden oder ovalen Körperchen im Innern (Zellenkern), worin wieder ein oder zwei dunkle Punkte. Der Kern liegt an der Wand an. Diese Zellen gelien durch Zuspitzung in Fasern über. Die Spitzen geben nämlich Fasern ab, die zuweilen Aeste abgeben und zuletzt in Bündel äusserst feiner Fasern zerfallen. Die weitere Entwickelung besteht darin, dass das Zerfallen der beiden vom Zellenkörper ausgehenden Haupllasern in ein Bündel feinerer Fasern immer mehr gegen den Zellenkörper fortrückt, so dass später vom Zellenkörper unmittelbar ein Faserbündel ausgebt, dass die Zerfaserung noch später unmittelbar am Zellen- kern beginnt , endlich der Zellenkörper ganz in Fasei’n zerfällt und der Kern nun bloss auf einem Faserbündel liegt. W^abr- scbeinlicb sind die Fasern bohl. Die im fötalen Zellgewebe auch vorkommenden Fettzellen besitzen anfangs auch einen sehr deut- lichen Zellenkern an der Wand. Ist die Zcllenmembran dünn, so erhobt er sie in ein Hügelchen über den von der Zellenmem- bran umschlossenen Fetttropfen nach aussen ; ist sie dick, so liegt er ganz in ihrer Dicke. Er enthält ein oder zwei Kernkörper- chen. Die Fettzellen im Schädel der jungen Plötze besitzen zu- weilen zwei Zellenkerne, die sieb ganz gleich zur Zellenmembran verhalten. Im Zellgewebe des Fötus kommt noch eine dritte Art von Zellen vor. Sie sind rund und blass, enthalten einen Kern an der Wand mit ein oder zwei Kernkörperchen, verlängern sich nicht in Fasern, enthalten auch kein Fett, sondern füllen sich mit Körnchen; dieser körnige Niederschlag tritt zuerst in der Nähe des Kerns auf. Das Zellgcw'cbe des Fötus giebt beim Kochen keinen Leim, das Dccoct enthält eine dem Pyin ähnliche Substanz, nur dass bei diesem die Trübung durch Salzsäure durch überschüssige Salzsäure wieder aufgehoben wurde. 2. Sehnengewebe. Die Sehnenfasern bilden sich auf die- selbe Weise, wie die Zellgewebefasern ans Zellen. 3. Elastisches Gewebe. Die mittlere Haut der Arterien enthält bei 6” gi-osse Schweineembryonen viele isolirte Zellen, theils rund, theils länglich, theils in zwei oder mehrere Spitzen oder Fortsätze verlängert, die sich wieder theilen. Im Innern liegt an der Wand der gewöhnliche Zellenkern mit ein oder zwei Rernkörperchen. Ausserdem sieht man schon gebildetes elastisches Gewebe. Die ästigen Fasern des elastischen Grewebes, welche nach PuRKistJE bohl sind, scheinen sich aus jenen Zellen zu bilden. V. Klasse. Der Bildnngstypus bei dieser Klasse ist: es sind anfangs selbstständige Zellen da, sie sind entweder: a) mnd oder cylindriscb, oder es sind: b) sternförmige Zellen. Im ersten Fall legen sich die primären Zellen reihenweise aneinander, dann ver- wachsen die zusammenstossenden Stellen der Zellenwände; dann werden die Scheidewände resorbirt, so dass statt primärer Zellen Entwickelung der thierischen Gewebe. 757 eine secundäre entstanden ist. Diese wächst nun fort wie eine einfache Zelle. So scheint es Lei den Muskeln und jSferven zu seyn. Im zweiten Fall stossen die sternförmigen Zellen mit ihren Fort- setzungen auf einander, verwachsen und die Scheidewände werden resorbirt, wodurch ein Netz von Kanälen entsteht. Diess scheint der Bildungsvorgang hei den Capillargcfässen zu seyn. 1. Muskeln. Nach Valejntin’s Beobachtungen entstehen die primitiven Muskelbündel durch Aneinanderreiben und Verschmel- zen von Körnchen, die Primitivfasern aber entstehen erst durch Zerfallen des Bündels, in kleinere Fasern. Schwann bemerkte an den Cylindern der primitiven Bündel eines 3^" langen Schweine- fötus einen dunkeln Rand und einen innern hellen Theil, die wahrscheinliche Höhlung. ln dem hellen Theil waren ausser einigen kleinen Körnchen grössere ovale,, platte Körpei’chen zu erkennen, diese Zellenkerne enthalten oft ein oder zwei Kern- körperchen. Sie liegen in mehr oder weniger regelmässiger Ent- fernung von einander in der Dicke des Cylinders ahseit der Achse an der Wand. In älteren Muskeln sieht man keine Andeutung einer Höhle mehr, aber die Korne bleiben noch lange sichtbar und Hegen in der Dicke der Faser, obgleich sie oft als kleine Ilügelchen nach aussen vor.springen. (Nach neueren Beobachtun- gen von Rosenthai, sind die Kerne auch in den Muskeln des Er- wachsenen nicht verschwunden.) Die eigentliche Muskelsubslanz des Cylinders entsteht durch secundäre Ablagerung im Innern des Kanals. (Die structurlose Scheide der primitiven Muskelbündel, welche ich vor längerer Zeit bei den Insecten sah, scheint der Rest der secundäi’en Zcllenmembran zu sein.) (Nach Valentin’s neueren Untersuchungen (Mueller’s Archiv 1840. 197.) nimmt man im Blastem der Muskeln zuerst Kerne mit Kernkürperchen wahr, welche sich bald mit höchst zarten Zellen umgeben. Die Zellen werden länglich und reihen sich aneinander, Confervenfäden ähnlich. An den sich verdickenden Wandungen der secundären Zellenmcmbran entstehen longitudi- nale Faserungen und die Zwischenwände der Zellen werden re- sorbirt. Das Muskelbündel bildet dann ein Rohr, dessen verhält- nissmässig dicke Wandungen aus longitudinalen glashellen Fäden bestehen, und in dessen Höhlung die Kerne der früheren Zellen enthalten sind.) Jede Nervenfaser ist in ihrem ganzen Verlauf eine secundäre Zelle, entstanden durch Verschmelzung primärer mit einem Kern Versehener Zellen. Schwann hat die Ansicht, dass die weisse Substanz der späteren weissen Nervenfasern, welche eine Röhre *10» Remak’s Band oder Purkinje’s Cylinder axis bildet, eine se- kundäre Ablagerung auf der innern Fläche dm- Zellenmembran m. Die weisse Substanz jeder Nervenfaser ist nämlich aussen mit ®iner strncturlosen eigenthümlichen Haut umgeben, wie die pri- *^itiven MoskelbündeL Diese Haut, welche hier zuerst beschrie- ben ist, erscheint als ein schmaler heller Saum, welcher sich ‘Wtlich von den dunklen Contnren der weissen Substanz unter- scheidet. Die scharfe äussere Begrenzung, sagt Schwann, spricht §egen eine Zosanunensetzang dieser Membran aus Zellgewebe« 758 VIII. Buck. V. d. Entwickdung. II, Absckn. Entmdd. d, Organe. An Nerven, deren weisse Substanz vollständig entwickelt ist, sah er zuweilen seitwärts hier und da einen Zellenkern, der in dem blassen, von jener Membran gebildeten Saum liegt. Bei den grauen Nervenfasern kommt es nicht zur Bildung der weissen Substanz. (Valentin bemerkte in der Hirnsubstanz der jungen Em- bryonen in den Zellen an ihren Wandungen aussen einzelne, bald sich mehrende Körnchen, eine Umlagerungsmasse. Die an- fängliche Zelle wird zum Nncleus, deren Kern zum Kernkörper- chen und die Umlagerungsmasse zur Grundmasse der Ganglien- kugel. An den aus Zellen entstehenden Nervenfasern lagern sich hernach Zellenkerne, Zellenfasern und Zellgewebefasern auf ihrer Oberfläche ab.) Schwann’s Entdeckungen gehören zu den wichtigsten Fort- schritten, welche je in der Physiologie gemacht worden. Sie begründen erst eine bisher unmöglich gewesene Theorie der Ve- getation und Organisation. Es hat an trefflichen Beobachtungen und Entdeckungen in allen Theilen der Physiologie nicht gefehlt. Einige Zweige dieser Wissenschaft sind bereits in hohem Grade ansgebildet. Was aber die ersten Fundamente betrifft, worauf das Ganze ruhen sollte, so waren sie, muss man sich gestehen, theils äusserst schwach, theils gar nicht vorhanden, und daher der geringe Zusammenhang zwischen verschiedenen einzelnen praegnanten Beobachtungen aus ausgebildeten Theilen der Wis- senschaft. Diese Fundamente sind nun geliefert, und bereits hat ScawANN selbst in seinem Werke die allgemeinen Schlüsse ans den Beobachtungen von Schleiden und ihm selbst zu einer Theo- rie der Organisation und Vegetation der organischen Wesen mit ebenso viel Klarheit als Schärfe gezogen. Wir können hier nur die Hanptzüge seiner Gedanken andcuten. Es giebt ein gemeinsames Entwickelungsprincip für die ver- schiedensten Elementartlieile der Organismen, der Thiere um: Pflanzen, und dieses Princip ist die Zellenbildung. Es Ist zuerst eine strncturlose Substanz da, welche entweder innerhalb oder zwischen schon vorhandenen Zellen liegt. In dieser Substanz bilden sich nach bestimmten Gesetzen Zellen, und diese Zellen entwickeln sich auf mannichfache Weise zu den Elementartheilen der Organismen. In jedem Gewebe bilden sich die neuen Zellen nur da, wo zunächt der 'frische Nahrungsstoff in das Gewebe eindringt. Hier- auf beruht der Unterschied zwischen gefässhaltigen und gefässlosen Geweben. Bei den ersteren ist die Nahrungsflüssigkeit, der Liquor sanguinis durch das ganze Gewebe verbreitet, daher entstehen hier die neuen Zellen in der ganzen Dicke des Gewebes. Bei den gefässlosen wird die Nahrungsflüssigkeit nur von unten zuge- führt, wie bei der Epidermis. So entstehen beim Knorpel zur Zeit, wo er noch gefässlos ist, die neuen Knorpelzellen nur ringsum an seiner Oberfläche oder in deren Nähe, weil hier Cytoblastem eindringt. Der Ausdruck Wachsthum durch Appositio ist richtig» wenn man ihn auf die Entstehung neuer Zellen, nicht auf d»* Wachsthum der vorhandenen bezieht, die neuen Zellen der Ep*' dormis Entstehen nur unten, hei den gefässhaltigen Geweben ahe>^ 759 Entwickelung der thierischen Gewebe. entstehen die neuen Zellen in der ganzen Dicke des Gewebes. In beiden Fällen aber wachsen die Zellen durch Intussusception. Die Knochen befinden sich gewissermassen in einem Mittelzustande. Der Knorpel ist anfangs gefässlos und die neuen Zellen bilden sich daher nur in der Nähe der äussern Oberfläche. Nachdem die Gefässe in den Markkanälen entstanden sind, kann die Bildung von neuem Cytoblaslem und neuen Zellen theils auf der Oberfläche des Knochens, theils rings um diese Markkanälchen stattfinden. Daraus erklärt sich die Structur, die Schichtung des Knochen- knorpels in Lamellen, welche theils mit der Oberfläche, theils mit Ln Markkanälchen concentrisch sind. Der Process der Zellenbildung ist aber folgender. In dem anfangs structurlosen oder feinkörnigen Cytoblastem zeigen sich nach einiger Zelt runde Körperchen, diese sind in ihrem frühe- sten Zustande, wo sie sich erkennen lassen, Zellenkerne, um die sich Zellen bilden. Der Zellenkern ist granulös und entweder solid oder hobl. Vom Kern entsteht zuerst das Kernkörperchen, um dieses schlägt sich eine. Schichte feinkörniger Substanz nieder, der Kern wächst, um den Kern bildet sich dann die Zelle, indem auf der äussern Oberfläche des Zellenkerns eine Schichte einer Substanz niedergeschlagen wird, die von dem umgebenden Cyto- blastem verschieden ist. Diese Schichte ist anfangs noch nicht scharf begrenzt. Hat sich die Zellenmembran consolldirt, so dehnt sie sich durch fortdauernde Aufnahme neuer Molecule zwischen die vorhandenen aus, und entfernt sich dadurch von dem Zellen- kern, wobei der Keim an einer Stelle der innern Fläche der Zellenmembran liegen bleibt. Die Zellenbildnng ist nur eine Wiederholung desselben Processes um den Kern, durch den sich der Kern um das Rernkörperchen bildete, nur dass dieser Process intensiver bei der Zellenbildung, als bei der Kernbildung vor I sich geht. Die Zellenmeiubran ist bei versehiedenen Zeilenarien ■ chemisch verschieden, selbst an denselben Zellen ist die chemische Zusammensetzung nach dem Alter der Zelle verschieden, die Zel- lenmembran der jüngsten Pflanzenzellen löst sich nach Schleiden in Wasser, später nicht. Noch mehr ist der Inhalt der Zellen verschieden, Fett, Pigment u. a. In der anfangs wasserhellen Zelle kann allmälilig ein körniger Niederschlag zuerst um den Zellenkern entstehen,, es kann auch umgekehrt ein körniger Inhalt der Zellen allmälig aufgelöst werden. in üUerh Physiologie, 111. 49 760 VIIL Buch. Von d, Entwickelung. III. Ahschn. Von d, Geburt. III. AhscImUt. Von der Geburt und den Entwik- kelungen nach der Geburt. I. Capitel. Von der Geburt. .•». Geburt, Neun Sonneninonale oder zehn Mondesnionate vollenden die Entwickelung der mensclilichen Frucht. Während dieser Zeit dient der Uterus der Wechselwirkung mit dem Rind und seiner eigenen plastischen Ausbildung, und in seiner Substanz entstehen immerfort neue Muskelfasern in der Weise, wie heim Embryo zuerst Muskeln entstehen ; daher man zu dieser Zeit alle Ent- wickelungsperioden des Muskelfleisclies zusammen im Uterus be- obachten kann. Seine Muskelkraft ruht. Nach vollendeter Ent- wickelung wird diese Wechselwirkung aufgehoben, das Rind ist selbstständig geworden, ist dem Uterus ein fremder Rörper und dessen Muskelkraft reagirt dagegen durch Zusammenziehungen, welche die Geburt bewirken. Diese Reactionen im Uterus treten aber auch dann auf, wenn das Rind ausser ihm liegt, bei der Graviditas extrauterina, wenn die Wechselwirkung der Mutter und des Rindes sich löst. Die Zusammenziehungen, mit einem heftigen Druck auf lebende Theile verbunden, sind meist schmerz- haft, Wehen, sie wiederholen sich rhythmisch von Zelt zu Zeit, doch hört auch in den Pansen der Wehen die Zusammenziehung nicht ganz auf und bleibt der Uterus vielmehr um den Inhalt angelegt. Nach der Geburt dauern sie in gleicher Wiederholung noch eine Zeit lang fort. Nach wehen. Bei Personen, die vor der Geburt verstorben sind, erfolgen die Contractionen nicht selten noch nach dem Tode und haben die Gehurt nach dem Tode zur Folge. Diese Contractionen scheinen vom Muttermunde her zu beginnen, gegen den Grund fortzuschreiten und wieder zum Muttermunde zurückznkehren , wodurch der Inhalt anfangs gehoben, dann immer tiefer gegen den Muttermund hingetrieben und die Lippen desselben oder der Splnncter uteri membranartig verdünnt und erweitert werden. Bei diesen Bewegungen wirken, wenn sie heftiger werden, wie hei der Harnansleerung und bei der Entleerung der Excremente die Muskeln der Rumpfw'ände mit, indem sie die Bauchhöhle von oben (Zwerchfell), von den Seiten und von vorn (Bauchmuskeln) zusammenpressen. Die Bewegungen der willkürlichen Muskeln treten bei heftigen Zu- sammenziehungen unwillkürlich ein nach dem Gesetz der Mitbe- wegnngen und reflectirten Bewegungen, denn zu beiden sind die Ursachen vorhanden, heftige Bewegungen und heftige Empfin- dungen im Uterus. Zugleich tritt noch in vielen anderen Mus- keln des Rumpfes ein Nisus zur Mitanstrengnng ein, die Extre- mitäten stemmen sich, der Athem wird angehalten und die Arme ergreifen Alles, was im Stande ist einen Anhaltspunkt zum Druck zu, liefern. Mechanismus der Geburt. 761 Die Lage der Frucht ist gegen das Ende der Schwanger- schaft während die Gebärmutter im letzten Monat der Schwan- gerschaft sich herahsenkt, so, dass ein K.indestheil, meist der Kopf des mit seiner Längsachse der Längsachse des Uterus entsprechen- den Kindes dem Muttermund sich anlagert oder sich zur Ge- burt stellt. ’ Das Rind hat die Rniee angezogen, die Arme an die Brust angelegt und den Kopf gegen die Brust geneigt. Bei der Geburt foh’cn die in das Becken eindringenden Kindestheile mit ihrem crössern Durchmesser den grossem Durchmessern der ver- schiedenen Beckenregionen, sie erlialten daher eine schrauben- förmine Bewegung. Bei den häuligsten Geburten, den Kopfge- hurten ist diese gewöhnlich folgende. Der gerade Durchmesser des Beckeneinganges lässt das Eintreten des grossen Dui'chmessers des Kopfs ebenso^ wenig als die Breite der Hüften des Kindes in dieser Richtung zu, wohl aber ist das Eintreten des Kopfes mit seinem grossem Durchmesser in dem queren und schiefen Durch- messer des Beckens gestattet. Die Geburt beginnt mit dem Ein- dringen des grossen Kopfdurchmessers in den schiefen Durch- messer des Beckeneinganges. Indem sich der Kopf unter fort- dauernden Wehen durch das Becken bewegt, geht der grosse Durchmesser des Kopfes in den geraden Durchmesser der Becken- höhle ein so dass bei der gewöhnlichsten Art der Kopfgeburt, Scheitel und Hinterhaupt nunmehr unter den Schossbogen gera- then, während das Gesicht . der Aushöhlung des Kreuzbeins zuge- wandt ist. Bei der Krümmung des Beckenkanals beschreibt der an der vordem Beckenwand herabsteigende Theil des Kindes einen kleinen, der an der hintern Wand des Beckens herabglei- tende Theil einen grössere Raum. Die Geburt wird gewöhnlich in mehrere Perioden getheilt. Die erste umfasst den Zeitraum von dem Beginn der Wehen bis zur Eröffnung des Muttermundes, die zweite von da bis zur Zer- reissung der Eihänte. Nach Eröffnung des Muttermundes ragt nämlich ein Theil der Eihäute mit Liquor amnii blasenartig vor; diese Blase zerreisst und die Flüssigkeit fliesst ab. Die dritte Periode umfasst den Zeitraum von dem Zerspringen der Blase, dem Wassersprnng, bis zu dem Einschnciden des Kopfes in die äusseren Geburtstheile. Während dieser Zeit wird der Kindestheil durch den geöffneten Muttermund in die Scheide herabbewegt. In der vierten Periode durchschneidet der Ilinterkopf die äusseren Geburtstheile, worauf die übrigen Theile des Kindes folgen, so dass wieder die Schultern im schiefen Durchmesser des Beckeneingan- ges eintreten und im geraden der Beckenhöhle austreten. In der letzten Geburtsperiode wird die Nachgeburt, Placenta und Ei- bäute geboren, indem nach erfolgter Geburt des Kindes die Zu- sammenziehungen des Uterus fortdauern, und durch Zusamraen- drängen der Verbindungsstelle der Placenta die Lostrennung mit Erguss von Blut aus den zerrissenen Gelassen bewirken. Diese Lö- sung und der Abgang der Placenta erfolgt innerhalb einer hal- ben bis ganzen Stunde nach der Geburt des Kindes, so dass in- nerhalb 6 — 12 Stunden meistens alle Geburtsperioden abgelaufen ' sind. Nach dem Abgang der Nachgeburt zieht sich der Uterus 49* 762 VIII. Buch, Von d. Entwickelung, III. Abschn. Von d. Gehurt. noch weiter allmählig zusammen. F. C. Naegele über den Mechanis- mus der Geburt in Meck. Arch. V. 1819. p, 48.3. Hueter im encycl. Wörterb. d. med, fViss. XIV. 44. Diejenigen, welche sich aus- führlicher über den Verlauf der Geburt und ihre Variationen un- terrichten wollen, muss ich auf die genannten Schriften und be- sondere geburtshülflicbe Werke, wie diejenigen von Carus, Stein, Busch, Kilian, Ritgen, H. F. Naegele u. A. verweisen. Die Ge- burt der Thiere erfolgt im Allgemeinen leichter wegen des keil- förmigen Vordringens des Gesichlskopfes, welchem die Vorderfüsse vorangehen, und der grossem Beweglichkeit der Schwanzwurzel. Siehe Stein, Unterschied zwischen Mensch und Thier im Gebären. Bonn 1820. Bei den Vampyren ist die Geburt durch das Offen- seyn der Schambeine erleichtert, oder durch die Fähigkeit der Symphyse sich zu erweitern, wie bei Cavia aperea und anderen. i). Mutter und Kind nacb der Geburt. Das Kind athmet sogleich und schreit, sobald seine Athem- werkzenge von dem, die Geburt begleitenden Drucke frei geworden sind. lieber die Ursachen des ersten Alhmens ist schon oben p. 75 gehandelt. Der Nabelstrang wird von denjenigen, die bei der Geburt Hülfe leisten, unterbunden und durchschnitten. Bei den Thieren zerreisst er bei de'r Geburt meist von selbst an ei- ner weichem Stelle nicht weit vom Nabel, zuweilen wird er auch von der Mutter zerbissen. Die Nabelgefässe ziehen sich bald bis zur völligen Verschliessnng zusammen, während der ersten Wochen nach der Geburt schliesst sich dann auch das Foramen ovale im Sep- tum atriornm und der Ductus Botalli, so dass nunmehr alles Blut, welches dem Körper zugeht, erst die Lungen passirt und umge- kehrt, und die Lungenblntbahn eine Station des ganzen Kreis- laufs und keine Fraction der allgemeinen Blntbahn mehr ist. Die neugebornen Sängethiere suchen instinctmässig die Zitzen der Mut- ter und sangen, und auch im neugebornen Rinde ist ein beständig sich wiederholender Trieb zum Sangen an jedwedem dargebote- nen Gegenstand sichtbar. In dem mütterlichen Organismus ver- mehrt sich in den ersten Tagen die schon während der Schwan- gerschaft sparsamer eingetretene Milchsecretion rasch, und die Thätigkeit, welche dem Uterus während der Schwangerschaft gewidmet war, wird nun den Brüsten zugewandt, so wie sich die mütterlichen Gefühle, von der ersten Mntterfreude an dem freien, aber hülfsbedürftigen Daseyn des athmenden, schreienden, zap- pelnden Wesens, ganz auf die liebevolle Ernährung und den Schutz der jungen Brut concentrlren. Nach der Gebürt erfolgt aus den Genitalien ein massiger naturgemässer blutiger Abgang, der Lo- chienfluss, welcher einige Tage anhält, dann serös wird und all- m'älig mit Herstellung der verwundeten Innern Oberfläche des Ute- rus in eine mehr schleimige Ausscheidung übergeht. Die Secre- tion der Milch wird reichlicher erweckt durch den mechanischen Reiz der Papillen vermöge des Saugens und durch alle ,auf die Ernährung und Gegenwart des Rindes bezüglichen mütterlichen 763 $^(ich dtT Gchutt, ^/Lilchm Vorstelluncen. Einmal erregt kann diese Secretion unter günsti- een Umständen ohne eine bestimmte Grenze oft sehr lange erhal- ten werden wie man bei den Thieren nnd zuweilen auch bei Menschen sieht. Wach dem Wiedererscheinen der Menstruation eeeen den neunten Monat oder früher oder später vermindert L^sich in der Regel- Bei nicht säugenden Frauen erscheint die Menstruation gewöhnlich frühzeitig und gegen die sechste Woche nach der Geburt wieder. _ Die Milch der Schwängern und Wöchnerinnen gleich nach der Geburt heisst das Colostrum. Es enthält nach Dohne ausser den eewöhnlichen Milchkügelchen oder Fettkügelchen eigenthüm- liche eranulirte K-örperchen , welche erst gegen den zwanzigsten Tag nach der Geburt verschwinden. Die eigentlichen Milchkü- gelchen bestehen hauptsächlich aus Fett und geben der Milch ihre weisse Farbe; sie scheinen noeh von einer andern Materie umgeben, da sie nicht sogleich durch Alcohol und Aether aufge- löst werden. In der Ruhe sammeln sich die Fettkügelchen grös- stentheils auf der Oberfläche und bilden den ans Milchfett oder Butter bestehenden Rahm. Bei anhaltender Bewegung der Milch kleben die Fettkügelchen aneinander und bilden die Butter, nach deren Entfernung die Milchflüssigkeit zurückbleibt. Diese ent- hält die übrigen Bestandtheile der Milch, Käsestoff, Milchzuk- ker, Salze aufgelöst. Das Butterfett gehört unter die stickstoff- losen verseifbaren Fette. Der Räsestoff, Casein, ist im warmen und kalten Wasser löslich und gerinnt nicht beim Rochen. Von Alcohol, Sublimat, Alaun, essigsanrem Bleioxyd wird er niedergeschlagen, die Wie- derschläge lösen sich nach dem Auswaschen des Fällungsmiltels in Wasser wieder auf. Säuren schlagen den Räsestoff nieder, wenn sie iu kleinen Quantitäten zugesetzt werden, überschüssige Säure löst den Räsestoff wieder auf. Sehr eigenthümlich ist das Ver- halten des Räsestoffs zuin Pepsin und dem dasselbe enthaltenden Labmagen, er wird davon niedergeschlagen und der Wiederschlag ist in Wasser nicht wieder löslich. Die saure Auflösung von Räsestoff wird durch Ralinmeisencyanld getrübt oder gefällt. In Hinsicht seiner elementaren Zusammensetzung gehört der Räsestoff nnd dadurch die Milch zu den stickstoffhaltigen Wahrnngsmitteln. Er besteht nach Mulder’s Analyse ausser einem Antheil Schwe- fel (0,41) aus C 55,10 H 6,97 W 15,95 O 21,62 Die beiden andern Hauptbestandtheile der Milch, Fett und Milch- zucker sind stickstofflose Wahrungsmittel. Der Milchzucker bleibt nach Abscheidnng der Butter und des Räsestoffs in der Auflösung {Serum lactis, Molken) zurück. Der Milchzucker crystallisirt leicht, rein ist er nicht der Gährung fähig, wohl aber scheint er unter Einwirkung des stickstoffhaltigen Räsestoffs sich in Schleim- zneker zu verwandeln. Die Zusammensetzung des Milchzuckers ist nach Gay-Lussac, Tdehard, Prout und BRRZEiiius 764 VIII. Buch. Von d. Entwickelung, III. Abschn, Von d. Gehurt, Kohlenstoff 40,46 Wasserstoff 6,60 Sauerstoff 52,93. Die frische Frauenmilch ist schwach alkaliiiisch, Kuhmilch ist frisch schon zuweilen schwach sauer, beim langem Stehen und vorzüglich bei electrischer Disposition der Luft wird alle Milch sauer von Umsetzung der Bestandtheile, wahrscheinlich des Milch- zuckers; diese Säure ist Milchsäure. Die Milch verschiedener Thiere ist nicht in allen Beziehun- gen gleich. Nach Simon wird der Käsestoff der Frauenmilch von Säuren nicht niedergeschlagen, was wahrscheinlich von der ge- ringem Quantität des Käsestoffs und der Quantität der ange- wandten Säure ahhängt, denn eine verdünnte Auflösung von Käse- stoff wird nur von einem Minimum von Säure niedergeschlagen, von mehr Säure aber wieder aufgelöst. Die Frauenmilch enthält nach Payen Butter 5,18 5,16 5,20 Käsestoff Fester Rückstand der ab- 0,24 0,18 0,25 gedampften Molken . . 7,86 7,62 7,93 Wasser 85,80 86,00 85,50 Die abgerahmte Kuhmilch besteht nach Bebzelius aus Käsestoff durch Butterfett verunreinigt 2,600 Milchzucker 3,500 Alcoholeitract, Milchsäure und ihre Salze 0,600 Chlorkalinm 0,170 Phosphorsaures Alkali 0,025 Phosphorsaurer Kalk, freie Kalkerde in Verbindung mit Räsestoff, Talkerde und Spuren von Eisenoxyd . . . . 0,230 Wasser 92,875 Das specifische Gewicht der Frauenmilch ist 1,020 — 4;025, der Kuhmilch 1,03. Downe, du lait et en particulier de celui des nourrices. Paris 1837. Muell. Arch. 1839. 182. Henle, Fkob. ISot, 1839. 223. Simon, die Frauenmilch. Berl. 1838. Marchand im encyclop. W^örterb. d. med. Wissensch. 23. Bd. p, 309. I II. Capitel. Von den Lebensaltern. Die Entwickelungen dauern nach der Geburt einen grossen Theil des Lebens, ohne so fundamental zu seyn, wie im Fötusle- ben. Nur bei einigen Abtheilnngen der Thiere mit Verwandlungen, wie bei den Insecten, einigen Crustaceen, den Cirripeden, unter den Spinnen bei den Hydrachnen, unter den Wirbelthieren aber bei den nackten Amphibien, gehen auch nach dem Eileben noch fun- damentale Formveränderungen und neue Bildungen von Organen und Organgmppen vor sich. Siebe oben B. I. 3. Auflage p. 169. Die Entwickelungen der höheren Thiere und des Menschen nach Lebensalter. 765 der Gebart bescbränken Lebensalter ausmchn.,^^^ oder den Abschluss der- Terberbe^immt werden, so können folgende Lebensalter unter- sehieden werden. I„ diesem Alter ist das Bilden 1 Wachsen am grössten. Die fanctionellen Erscheinungen der Vt lenden Or|.ne fehlen jetzt noch grossentheds oder be- sieh .^hli<'. Bei den nackten Amphibien kommt es ginnen ers noch nicht zur Entwicklung des Geschlechts- während desEil^s no^^^ «ir Bildung der Geschlechtsthe le. Unterschiedes, m Aaskriechen bei der S“'e Mnees» ftlU die E„.- ““S'ürr.ctafShe d.f LiulecM da.- E„S™„e„ be- f men sind unbekannt, wenn es auch scheint, dass das relative Kr der Zeugenden auf das Geschlecht 3^^ Siehe Giaou de Bouzaheihotjes ann. d. sc. not. T.Äl. • T XIII 134. de malitatibus parentum in iranseuntibus j Aiii. Tnb. 1827. Heusikger Zeit- Dm prnw. Ho^acker^ ^446. Eine und dieselbe Zeugung bringt jc/iw/i 0 §■. / • .^,ieie Jungen zur Welt brin- gen'^MäJnchen und Weibchen hervor, und bei den Thieren, wo die 'Befruchtung der Eier ausser dem thierischen Koiper ge- liebt dient ein und derselbe Samen zur Befruchtung von Sern woraus Männchen und Weibchen werden. Wie verschie- den das Geschlecht der Rinder auch in den Farmlien ausfallt, im Grossen stellt sich immer die Gleiclizahl her. Das Gesetz, wel- clms diese Gleichzahl im Grossen hervorbringt, hegt nicht ausser dem Menschen, sondern in jedem einzelnen Menschen selbst. Die Herstellung des Gleichgewichts im Grossen bei allen ein^itigen Äbweichun^n im Kleinen ist voraus angelegt, wie das Gleich- gewicht der Gewinne und Verluste, des Gerade und Ungerade heim Loosen oder Rathen, und bei jedem Zufalls -Spiel, das durch eine Norm beherrscht wird. , „ . , i e' 2. Das unreife Alter. Es umfasst die Periode von der Ge- burt bis zur Pubertätseiitwickelung. Es zeichnet sich durch Wachs- thum und Entfaltung der gegebenen Fnrineu und das allmälige Bewusstwerden und Zergliedern der sensuellen Erscheinungen aus. In diese Periode fallen mehrere kleinere Entwickelnngs- nhasen einzelner organischer Apparate, beim Menschen der erste Ausbruch der Zähne um die Hälfte des ersten Jahres nach der Geburt der im sechsten Jahre beginnende Zahnwechsel (stehe oben Bd. I. 3. Aull, p- 385. 401.), wonach man wieder ein Kindes- alter bis zum sechsten und ein Knabenalter bis zum 14. 1.5. Jahre unterscheiden kann. Im erstem ist das Bedürfniss der Nah- rung am grössten, die materielle Umwandlung der Organe rascher und” stärker und daher auch die Art der Nahrung am wich- tigsten. Daher in dieser Zeit auch viele Fehler in der mate- riellen Zusammensetzung der Organe Vorkommen und durch fehlerhafte Nahrung unterhalten werden, wie Knocheperweichung, 766 VIII. Buch, Von d, Entofickelung, III. Abschn, Von d. Geburt, Scroph eisucht und Aehnliches. Bis zum Knabenalter hat der Geist die Fähigkeit und Stärke zur Ansammlung von Kenntnissen und zu seiner eigenen Ausbildung erlangt, das Wachslhum fliesst ruhi- ger, die materielle Zusammensetzung ist befestigt, und diese Le- benszeit ist das Alter der Schule und der geistigen Erziehung, es wird darin der Grund zti Allem gelegt, worin das spätere geistige Leben -wurzelt. Das Alter der Gescldechtsreife beginnt mit der Pubertätsent- •wickelnng und endet mit dem Abschluss der Geschlechtsreife, bei dem Weibe mit dem 45. — 50. Jahre. Man kann weiter darin das Alter der reifen Jngend und des Mannes unterscheiden. Mit der schon früher geschilderten Entwickelung der Pubertät geht gleich- zeitig eine weitere Ausbildung der Athem- und Stimmwerkzenge, wovon bei der Stimme gehandelt worden, und die vollkommenste und blühendste Entwickelung der Gestalt vor sich, so dass sich die Gesichtszüge oft schnell verändern und den Ausdruck an- nehmen , den sie das spätere Leben hindurch behalten. Das vorher knabenhalte Antlitz dient ietzt dem Ausdruck heftigerer Leidenschaften, die Leitung hat anfgehört und wird nicht mehr vertragen, die Unarten des verzogenen Kindes brechen ans und die Verirrungen eines selbstständig gewordenen Le- hens, was durch eigene Erfahrung und Schicksale klug werden will und sich frei fühlt, beginnen. Da die entspi’echende Ent- wickelung im weiblichen Organismus früher und rascher eintritt, so verlassen die Mädchen auch früher das Spiel der gleich alterigen Knaben und verachten sie, vor denen sie, wenn sie ihnen in der Entwickelung gefolgt, sittsam .sich scheuen und erröthen. In beiden Geschlechtern regt sich ein mächtiges dichterisches Leben der Phantasie, es ist die Zeit der Ideale, ohne Neid, ohne Hab- sucht, ohne Missgunst, voll offener aufopfernder Freundschaft, ein unbegrenztes Schaffen und Sinnen liegt vor ihnen. Reiner kennt noch seine eigenen Grenzen, welche in dem Ernst des Mannes zum Bewusstseyn kommen. Die Liehe ist der Mittelpunkt der edelsten Gefühle. Die auf das Individuum bezügliche vegetative Entwickelung Ist vollendet, der Strom des Wachsthums der or- ganischen Kraft gehet nun nach neuen Producteu der Zeugung hin. Bei denen die bildende und ausgleichende Kraft von Anfang weniger sicher und die materielle Zusammensetzung weniger dau- erhaft war, diese widerstehen auch jetzt schon nicht mehr so gut den äusseren Beizen, zumal auf ein so edles Organ wie die Lun- gen, welches zu dieser Zeit wegen der Entwickelung, welche die Athemorgano erleiden, eine viel grössere Erregbarkeit besitzt. Daher nach dem Abschluss der .lugcndentwickelungen die vorher ruhige Anlage zu Krankheiten der Lungen aultaucht, welche wäh- rend des individuellen Wachsthums, Vegetirens und Entwickelns so wenig sichtbar war, als die Hektik wahrend der Schwangerschaft. So lange die Gestalt noch wächst, bleiben auch die Epiphy- sen der Knochen noch frei und durcli Näthe von den Diaphysen getrennt, indem die Verlängerung der Knochen an diesen Stellen erfolgt. Nachdem die volle Grösse des Individuums erreicht ist, verwachsen die Epiphysen mit den Diaphysen. Lebensalter. 767 Im Mannesalfer weiclien die schlanken Formen der Jagend oft einer reichern Vertheilang der Materie und einer beleibtem fet- tem Gestalt, in welcher sich eine mindere Herrschaft der formen- den Kraft über die Massen kund gieht. In diesem Alter hat auch das geistige Leben seine Reife erreicht, das üeberschwengliche der Empfindungen abgestreift, es ist des Erstrebten, Misslungenen, Verfehlten, der Grenzen und des Besitzes gewiss, die Welt ist ruhiger, klarer, ernster geworden, die Leidenschaften sind noch da wirken aber in anderer Richtung, Besitz erwerbend, ver- theidigend. Haus, Hof und Familie stecken sich ab und breiten sich aus, das Erworbene im eigenen Kreise mehrend, dann hängt man an der Scholle Erde und bauet ein Haas auf für eine Zukunft, die man oft nicht erlebt. Innerhalb des Mannesalters ist eine Anlage za Krankheiten besonderer organischer Systeme nicht vorwaltend, im vorgerück- ten Mannesalter treten indess allmälig die materiellen Verände- rungen am häufigsten in denjenigen Organen ein, welche in der chemischen Umwan^llung der Materie am meisten tbhtig sind, wie in den grossen drüsigen Eingeweiden, und die geringere Vege- tationskraft vermag den störenden Einflüssen um so weniger das Gleichgewicht zu halten, je länger sie sich wiederholt haben. Nicht die Lungen sind es jetzt, welche viel früher sich als schwächerer Theil zeigen, aber auch nach den Erregungen, welche sie in der Jugend erfahren, sich allmählig beruhigen; sondern mehr als an- dere sind die Organe des Unterleibs den materiellen Veränderun- gen ausgesetzt, während vorausgegangene Zerrüttungen des Ner- vensystems sich fühlbarer und naclilialtiger, als in der Jugend kundgeben, in welcher sie vorbereitet seyn mögen, und die Tiefe der geistigen Erschütterungen das Mannesalter mehr als andere zum Alter der Geisteskrankheiten machen. Die dritte grosse Lebensperiode kann als das unfruchtbare Lebensalter bezeichnet w'erden. Sie umfasst das Leben des Men- schen von dem Aufhören der fruchtbaren Zeugung bis zum hohen und höchsten Alter. In diesem Alter verliert die Gestalt nun auch an Fülle und Turgor. Die Vegetation der Haare, die am Kopfe zuerst begonnen und sich im Jünglings- und Mannesalter dem Gesicht zugewendet, vergeht auch am Kopfe zuerst und dauert nur im Barte bis zum höchsten Alter aus. Im hohen und höchsten Mannesalter zeigt sich auch eine Neigung zur Absetzung von Kalksalzen oder Vererdung in den Knorpeln und Häuten der Blutgefässe. Leicht verlieren auch die Zähne oder ihre Trümmer ihren Zusammenhang mit den Kiefern. Die Alveolen verschwin- den, nachdem jene ausgefallen. Daher die Kiefer der Greise sich verkürzen. Diese Lebensperiode bringt es nach dem Abschluss aller Entwickelungen mit sich, dass die Energie der Lebensfunctio- nen gleicbmässig oder ungleicbmässig abnimmt, die Kraft der Bewe- gungen, die Intensität der Triebe, Neigungen und Theilnahme, die Schärfe der Sinne, die Lebendigkeit der Phantasie und der Muth des Lebens und Widerstandes vergehen. Die wenigsten Men- schen erreichen ein Alter, in welchem diese Abnahme der Kräfte nnmerklich zur Grenze des gesunden Lebens führt. Bei den 7ß8 ScMussbemerkungen über die meisten ist der Grund *um frühzeitigen Ruin von localen Ursa- chen gelegt. Aber apch ohne diese gleicht der Organismus im hohem Alter nach dem Ablauf aller Entwickelungen mehr einem kunstreichen Mechanismus, als jener Urform des organischen Ganzen, welche den Mechanismus aus sich erzeugt, und dadurch seine Schäden auszugleichen befähigt. Daher ist im hohen Alter meist eine kleine von aussen eindringendc Störung im Stande, den Stillstand des Ganzen, wie bei einem Triebwerk, herbeizuführen. Eine ausführliche Belehrung über die Lebensalter und den Um- lauf des Lebens giebt der dritte Band von Bubdach’s Physiologie. Schlüssbemerkungen Über die Entwickelungsvariationen der thierischen und menschlichen Lebensformen auf der Erde. Nach diesem Abriss der Entwickelungsgeschichte des indivi- duellen thierischen Lebens führt dieBetrachtung von den individuel- len zu den allgemeinen Formen zurück, denen diese innerhalb der Gattungen und Arten angehören, und so knüpft der Schluss der speciellen Physiologie wieder die Betrachtungen an , welche wir bei der allgemeinen Physiologie in den Prolegomena verliessen. Die Geschlechter der Thiere und Pflanzen verändern sich wah- rend ihrer Ausbreitung über die Oberfläche der Erde, diese Ver- änderungen gehen innerhalb der den Arten und Gattungen vor- geschriebenen Grenzen vor sich, aber sie pflanzen sich als Typen der Variation der Arten durch die Generationen der organischen Wesen fort. Diesen Erscheinungen sollen unsere letzten Betrach- tungen gewidmet seyn. . Es wird hier sogleich von Wichtigkeit, den Begriff von Art oder Species und von Variation möglichst scharf aufzufassen. Die Art ist eine durch die Individuen zunächst repräsenlirte Lehens- form, welche mit gewissen unveräusserlichen Characteren in der Generation wiederkehrt und durch die Generation ähnlicher In- dividuen constant wiedererzengt wird. Der letztere Umstand un- terscheidet die Art von den Bastarden. Dass eine durch Gene- ration erzeugte Lebensform sich mit einer andern fruchtbar be- gatten könne, ist kein blosses Kennzeichen der Lebensform, die wir Art nennen, und nicht hinreichend, um beide sich fruchtbar begattende Individuen als zu einer Art gehörend zu betrachten. Denn auch Individuen aus zwei verschiedenen Arten einer und derselben Gattung können sich zuweilen fruchtbar begatten, wie Hund und WolL Pferd und Esel u. a. , wodurch Bastarde er- zeugt werden. Nur die Lebensform der Gattung, in Arten und Ind?vidnen repräsentirt, lässt keine fruchtbare Vermischung mit Individuen, von Arten einer andern Gattung zu. Aber die Bastarde, 769 t Variationen der Lehensformen auf der Erde. deren Erzeugung selion durch die Abneigung der Individuen ver- schiedener Art erschwert wird, sind nicht mehr fähig sich durch Vermischung mit ihres Gleichen in ihren Characteren zu erhalten. Vielmehr sind diese Verbindungen entweder ganz unfruchtbar, oder wenn sie zuweilen fruehtbar sind, wie hei der Vermischung eines Bastardes mit einer reinen Art, die zur Erzeugung des Bastarden mitgewirkt hat, so fällt das Product in die Lebens- form der einen oddr andern Art zurück. Constante Wiederer- zeugung derselben Lebensform durch Begattung mit ihres Glei- chen ist also ein unveräusserliches und nothwendiges Kennzei- chen der Arten. Siehe über die Weher gehörigen Thatsachen Budolphi Beiträge zur Anthropologie und allgemeinen Naturgeschichte. Berlin 1812. PnicnARD Naturgeschichte des Menschengeschlechts. Leipz. 1840. 174. R. Wagner elend. 439. Die Abarten oder Varietäten sind innerhalb des Begriffs der Art vorkommende und durch Individuen repräsentirte Lebensfor- men, welche sich auch fruchtbar unter sich und mit anderen Varietäten derselben Art vermischen können. Individuen ver- schiedener Gattungen sind keiner fruchtbaren Vermischung fähig, Individuen verschiedener Arten einer und derselben Gattung sind es, aber die Producte sind nicht zur Wiedererzeugung ihrer selbst befähigt, bei den Abarten der Arten findet auch dieses statt. Die .aus der Vermischung zweier Racen entstandene Mittelrace pflanzt sich durch Vermischung mit ihres Gleichen fort, während die Vermischung mit schon voi'handenen älteren Racen, die in ihre Production eingegangen, durch mehrere Generationen zum Cha- racter der bestehenden Racen zurückführt. Hierdurch ist bereits der Begriff der Varietät, welche, wenn sie perennirend wird, Race ist, gegeben. Indessen lässt sich derselbe auch noch an- derweitig begrenzen und von der Art unterscheiden. Die Art ist nicht fähig sich in ihren Geschlechtern den Characteren einer andern Art zu nähern oder diese selbst zu werden. Gegebene Variationen von Thieren, die allmäblige üebergänge ihrer Cha- raktere zeigen, können nicht als Arten von dem Zoologen aus- einander gehalten werden. Bei der Abart ist es anders. Die ähn- lichen zeugenden Individuen einer Variation in der Art, einer bestimmten Race, enthalten als Träger der Art in sich immer wieder die entfernte Möglichkeit zur Erzeugung aller anderen Abarten dieser Art, vorausgesetzt, dass die inneren und äus- seren Bedingungen durch eine grosse Reihe von Generationen hindurchwirken. Die Arten der Thiere bieten keine entfernte Möglichkeit einer Erzeugung der einen aus dfer andern dar. Diese müssen vielmehr nach Allem, was jetzt in der Geschichte der thierischen Welt vor sich geht, einzeln und unabhängig von einander geschaffen seyn. Zur Erklärung der Variationen einer einzelnen Art ist hingegen nichts erforderlich als zwei sich paa- rende Individuen, die zur selben Art gehören, und der lange dauernde und durch mehrere oder viele Generationen fortgesetzte Einfluss äusserer, modificirender, climatischer Einwirkungen. Die Art ist, wenn sie auch durch zwei ähnliche zeugende Individuen repräsentirt wird, in sich in sofern productiv, dass sie selbst 770 Schlussbmerkungen 'ühir die anter inneren oder äusseren Bedingungen zur Erzeugung von Variationen innerhalb der Grenzen der Artencharaktere führt. Die Ursachen, welche das Variiren der Arten bedingen, sind theiis innere in den Organismen selbst liegende, theils äussere, wie Wahrung, Höhe über dem Meer, Clima. Jede Art der Pflan- zen und Thiere hat an und für sich schon , unabhängig von allen äusseren Einflüssen, einen gewissen Vai'iationskreis. Dahin gehören alle unterschiedenen Formen, welche aus einer Gene- ration hervorgehen können. Jedes Individuum einer Art trägt in sich die Möglichkeit Glieder dieses Variationskreises zu pro- duciren, insofern jedes Individuum einer Art nicht allein das ihm vollkommen gleiche zeugt, sondern unter den Gesetzen, welche die Art überhaupt beherrschen, zengt. So können ans einer Ehe Individuen stammen mit blondem und dunkeim Haar, von hagerer schlanker Gestalt, von üppigen und von untersetzten robusten Formen, von verschiedenem Temperament, von verschiedener Bildung des Gesichtes, der Augen, des Mundes, der Nase, von krausem und schlichtem Haar. Die gewöhnlichsten aus innern Ursachen sich neu erzeugenden Varietäten sind die blonde und schwarzhaarige Varietät. Blonde Menschen kommen auch einzeln unter den vorzugsweise schwarzhaarigen Racen vor, wie unter den Mongolen, und Pbichaed führt selbst mehrere Beispiele von hellfarbigen Negern an, die von Albino’s noch zu unterscheiden Die paarige Zeugung durch zwei Individuen von verschie- dener Complexion und das relative Vorwiegen der Ausprägung des einen oder andern Zeugenden in den Producten haben zwar an diesen Variationen den meisten Antheil. Aber selbst Individuen von möglichst gleicher Complexion lassen bei ihrer gemeinschaftlichen Zeugung eine gewisse Variation der Formen und inneren Befähigungen der Producte zu, wie allgemein be- bekannl. Durch die Vermischung dieser Varianten werden ihre Formen nicht constanl erhalten und bilden sich nicht zu con- stanten Typen aus. Man sieht indess leicht ein, welche Bedin- gungen eintreten müssen, um unabhängig von Clima, Nahrung, Standort, diese zufällig hervortretenden Varianten zu bleibenden Typen zu fixiren. .Te öfter sich das Gleiche mit Gleichem ohne fremdartige Einmischung paaret, um so länger wird sich der Typus, zu welchem die Zeugenden gehören, erhalten. Auf diese Art wird sich unabhängig von allen äusseren Einflüssen eineRace bilden und erhalten können, welche zum Variationskreis der Art, d. h. ziim Kreis ihrer aus inneren Ursachen möglichen Variationen gehört. Man stelle sich eine Brut von möglichst gleichen Eltern vor, deren Junge sich wieder unter sich begatten, und lasse diese Vermischungen immer innerhalb der b amilie bleiben, so wird man eine Zucht, eine Race erhalten, deren Glieder hei allen mög- lichen individuellen Verschiedenheiten von dem Typus der ur- sprünglich zeugenden auf die Dauer beherrscht werden. Zuweilen wenn der forragebende Typus einmal durch eine Folge der Ge- nerationen in den Gliedern einer Familie fixirt isty wird sei st die Einmischung des fremdartigen nicht hinreichend seyn den äl- 771 Variationen der Lehensjormen auf der Erde. teren fixirten Familientypus zu verwischen, und das eindringende Element wird von dein altern ahnenreichen ahsorbirt werden. Dahin eehört ohne Zweifel die Erscheinung, dass in manchen fürstlichen Geschlechtern, trotz aller Verbindungen mit anderen Häusern auf eine erstaunenswürdige Weise der Typus des fürst- lichen Hauses sich erblich wiederholt, wie in dem Hanse der Bourbonen und nicht minder in mehreren deutschen Fürsten- häusern Vorher wurde anschaulich gemacht, wie aus einer Fa- milie diirch Isolation und ausschliesslichen Verkehr in ihrem Kreis eine gleich-’ehildete Nation oder Heerde anwachse. Die Geschichte lehrt^ wie der einmal vorhandene Nationen sich durch Jahrtausende trotz aller individuellen Variationen erhält, und dass er wenn die Vermischungen mit fremdartigen ausgeschlossen wer- den wie hei den Juden', selbst unter den ihre eigenthümlichen Variationen bedingenden- verschiedensten Climaten, sich unabän- derlich erhält. _ . , . -i i- r Die Fortpflanzung innerhalb der Gleichartigen uberlietert aber nicht allein eine im einer Art liegende physische Varietät, sie ist auch geeignet die Fähigkeiten, welche die Individuen durch Erziehung erlangen, zu vererben. Die Fä- higkeiten der Hunde zur Jagd, zum Hirtenlehen, zur Bewachung u s. w. gehören allerdings sammt und sonders zu dem Begriff der Art und” es ist wahrscheinlich, dass aus der Brut eines einzigen wilden Hundes, oder den von dieser Brut ahstammenden Gene- rationen durch das der Art inwohnende Variationslehen Glieder hervorgehen, welche gezähmt ganz verschiedene Talente, der eine mehr zur Jagd, der andere zum Hirtenleben, der andere zum Wächter entwickeln. Allein die Erziehung und Ährichtung der Befähigten zu diesem Dienst lässt auch die gewonnenen Fähig- keiten' auf andere Generationen vererben, sobald diess durch die Vermischung der Gleichartigen geschützt wird. Die Variation wird ferner bedingt durch äussere Einflüsse; je länger diese wirken, um so constanter und typischer wird die Variation. Dahin gehört die climatische Zone, unter welcher die Thiere leben. Das wärmere oder kältere Klima hat einen vor- zugsweisen Einfluss auf die Haarhekleidung der Thiere. Es gieht bekanntlich hei den meisten Thieren zweierlei Arten der Haare, nämlich lange, steife und zwischen diesen kürzere, krause, wol- lenartige, die Grundhaare. Je weiter das Schaaf nach Norden verpflanzt wird, desto gleichmässiger zeigt die Bekleidung bei- derlei Haare, bei Schaafen, welche in südlichen Gegenden woh- nen vermehrt sich das Wollenhaar auf Kosten des steifen Haars. So verhält es sich mit den spanischen Gchirgsschaafen Merinos. Das Clima verändert auch den Habitus und die Grösse der Thiere. Das Bindvieh aus den gemässigten Zonen Europas, z. B. von Hol- land oder England nach Ostindien versetzt, soll in den folgenden Generationen beträchtlich kleiner seyn, Sturm über Racen, Kreu- zung und Veredlung der landwirihschaftlichen Haxisthiere. Elberfeld 1825. 51. Dagegen hat sich die Haut bei dem nach dem süd- lichen America verpflanzten Rindvieh dui'ch viele Generationen hindurch ailmälig so verändert, dass die brasilianischen Häute jetzt 'I 772 Scldussbemcrkun^en über die j j das vorzüglichste Leder liefern. Das Meerschweinchen, Cavia j aperea, in seinem Vaterlande grau, hat sich, nach Europa ver- pflanzt, zu einer roth, schwarz und weissfieckigen Varietät aus- gehildet. Auch die Höhe über dem Meer hat unabhängig von den Breitegraden auf die Formen der Thiere Einfluss. Nach Stuem er- reicht das Schwein in tiefer Gegend den grössten Umfang des Kör- pers, wird lang und hochseitig, aber kurzbeiniger, wie das ostfriesi- sche. Je höher es hinaufsteigt, desto mehr wird der Körper kleiner, gedrungener, der Kopf weniger spitz und lang, der Hals kürzer, dicker, das Hintertheil abgerundet. Aber auch die Nahrung mo- dificirt die Gestalt und Vegetation. Darum bergen die holländi- schen, ostfriesischen, holsteinischen Niederungen ein an Grösse und Milchreichthura ausgezeichnetes Rindvieh, während dasselbe auf dem nackten Island in beiden Beziehungen verliert. Aus dem Zusammenfluss verschiedener, sowohl innerer als äusserer, im einzelnen nicht nachweissbarer Bedingungen sind die gegenwärtigen Racen der Thiere hervorgegangen, von welchen J sich die aulFallendsten Formen bei denjenigen Thieren zeigen, welche der ausgedehntesten Verbreitung auf der Erde fähig sind. Ausser den Veränderungen der ganzen Gestalt sind die Haut, die Hautbekleidung, das Gehörn, die Fettentwickelung, der Sitz der auffallendsten Veränderungen, sei es dass die Ohren sich verlän- gern und hängend werden, wie bei dem kirgisischen Schaaf und einigen Hunden, oder das Gehörn fehlt, wie bei dem englichen Schaaf, oder sich durch seine Spiralen auszeichuet, wie bei dem ungarischen Schaaf, oder dass sich das Fett zu einem Rücken- höcker anhäuft, wie bei dem kleinen Zeburind, oder dass es ^ sich am Schwänze ansammclt, wie bei dem Schaaf Tibets und der Bucharei, oder dass die Haare sich locken, wie bei dem Pudel, oder zur dichtesten W^olle sich kräuseln, wie bei den Merinos. Bei den Menschen wiederholen sich Verlängerungen der Haut, Verschiedenheiten der Bekleidung, locale Anhäufung des Fettes, wie die Verlängerung der Nymphen und ihrer Commissuren bei den Hottentoltinnen und Buschmänninnen, das bald schlichte, reiche oder sparsame, bald lockige, bald wollig gekräuselte Haar, die Fettanhäufung an dem Hintern und Kreuz der Hotteutottinnen und Buschmänninnen. Die durch klimatische Einflüsse erzeugten Varietäten sind selten so tief eingebildet, dass sie nicht wieder allmälig vergehen beim Wechsel des Klima’s und vielleicht schon in eine andere klimatische Variation übergehen. So hat sich die Wolle der Merinos, welche die Engländer auf einige Südseeinseln verpflanz- ten, schon sehr bald in schlichtes Haar verwandelt. Ebenso geht diese Wolle in Peru und Chili in Kurzem in schlichte, steife Haare üljer. Stuem a. a. O. p. 42. 50. Ein deutscher Gärtner in Neapel liess wiederholt Samen von Weisskraut aus Deutschland kommen, um dort den noch unbekannten Kopfkohl anzuziehen, es gelang aber nicht und er bekam entweder bloss Blnttkohl oder er verwandelte sich in Blumenkohl. Ebend. 48. Nach Stuem soll die nackte Gerste, Hordenm coeleste, am Rheine nicht selten in. gemeine Gerste ausarten. Variationen der Lebensformen auf der Erde. 773 Es giebt indessen aucli Beispiele, dass die durch klimatische Einflüsse erzeugten typischen Varietäten sich nach der Verpflan- zung erhalten, wenn sie durch eine hloss gleichartige Vermischung begünstigt worden, davon liefern die Menschentapen die auffal- lendsten Beispiele. Die Menscbenracen gehören dem allgemeinen Begriff der Race an, es sind Formen einer einzigen Art, welche sich frucht- bar paaren und durch die Zeugung fortpflanzen, nicht Arten ei- nes Genus; wären sie das letztere, so würden ihre Bastarde unter sich unfruchtbar seyn. Auch hier ist, wie bei allen Racen, die Aberration aller Racenverschiedenheiten von einer Form abzulei- ten und bedingt theils durch Variation der Producte der zeu- genden Individuen und lange fortgesetzte gleichartige Vermi- schungen, und theils durch die klimatischen äusseren Einflüsse, mögen nun die Menschen zuerst an verschiedenen Orten der Erde zugleich aufgetreten seyn oder sich von einem Ort über die Erde verbreitet haben. Allerdings gehören einige ärsserste Formen der Menscbenracen zu denjenigen Variationen, welche gegenwär- tig nicht mehr in ganzer Reinheit von selbst entstehen, weder durch innere Ursachen, noch durch klimatische, und welche ihre Charactere in keinem Clima ablegeu, vielmehr bei einer gleich- artigen Vermischung rein fortpflanzen. Denn die Neger bleiben in den gemässigten und kälteren Climaten schwarz und behalten alle Charaktere der Neger, erzeugen auch unter sich in anderen Climaten nur ihres Gleichen, und die Europäer bleiben ausser eini- ger Dunkelung der Hautfarbe in den heissen Climaten Europäer; unter gleichen Breitegraden erhalten daher Neger, Europäer und kupferfarbene Amerikaner ihre Formtypen und ihre Farben, und auf manchen Inseln Australiens giebt es rein sich erhaltende braune malaische und schwarze negerartige Menschen. Indessen sind selbst diese Raceneigenthümllchkeiten keine absoluten, zu welchen der Variationstrieb nicht auch in anderen Racen in einzelnen Fällen hinneigte oder klimatische Einflüsse Annäherungen darbieten. Denn die woüartige Kräuselung des Haares könunt auch bei den Europäern zuweilen vor, und fast so stark wie bei den Negern. Ihre Gesichts- und Schädelform findet sich in einzelnen Fällen unter den Europäern wieder, bei welchen man nach Weber ausser der ovalen herrschenden Schädellbrm noch die langgezogene und viereckige Form des Schädels als sporadische Hinneigungen zum Neger- und Mongolentypus unterscheiden kann. Vorlik hat über die Verschiedenheiten des Beckens in verschiedenen Racen viel Licht verbreitet. Es ist zuweilen von dem Typus der Europäer sehr abweichend, am meisten bei den Negern und den Busch- männern, wo es sich durch die verticale Stellung der Darmbeine und andere Verhältnisse der thierischen Form am meisten nä- hert. Indessen giebt es auch hier Aberrationen von dem Racen- ^ypus. Nach Webers Untersuchungen finden' sich bei den ver- schiedenen Menscbenracen auch Beispiele von einer Beckenform uiit ovalem, rundem, vierseitigem, keilförmigem Beckeneingang. In der Negerrace giebt es manche Aberrationen von dem Typus, AVie die schwarzbranne r'arbe der Hottentotten und Buschmänner 774 Schlussbemerkungen über die und das halbwollige Haar der Papusneger Australiens die zuweilen verschmelzenden Nasenbeine der Hottentotten und Buschmänner und die verlängerten Nymphen ihrer Weiber. Obgleich ferner das Verhalten der Haut bei den gegebenen Racen und Nationen zum Lichte und zur klimatischen Wärme höchst verschieden ist, so ist es doch in einer gewissen Breite bei allen Menschen offenbar, un bei allen dunkelt die Haut mehr oder minder in heissen Kli- maten. Bei der Negerrace ist diese Empfindlichkeit am grössten, so dass das während des Embryolebens noch farblose K-ind erst nach der Geburt am Lichte sich färbt. Bei den blonden Euro- päern dunkelt die Haut am Licht gar nicht, bei den schwarzhaa- rigen dunkelt sie. , Ob die gegebenen Racen von mehreren oder einem Urmen- schen ahstamraen, kann nie aus der Erfahrung ermittelt werden. Diese Frage hat aber auch niöht für die Theorie der Racen die , hohe Bedeutung, welche Einige darin suchen. Denn mögen viele oder wenige Individuen eines Thiers oder einer Pflanze zugleich erschaffen seyn, die Bedingungen, welche zu dem Variiren führen, bethätigen sich auch am Einzelnen. Die Geschichte der Racen der Thierc und Pflanzen führt unahweisslich zu dem Satze', dass alle wahren Racenverschiedenheiten einer Art von Einzelnen aus durch innere und äussere Ursachen und in hinreichend langer Zeit sich bilden können. . . Eine scharfe Eintheilung der Menschenracen ist unmöglich. Die gegebenen Formen sind sich ungleich an typischer Schärte und Eigenthümlichkeit, und ein sicheres, wissenschaftliches, in- neres Princip der Abgrenzung liegt nicht wie bei den Arten vor. Die Aufgabe einer physischen Geschichte der • Menschen ist alle Eigenthümlichkeiten der Nationen, welche sich durch gleichartige Vermischung als solche constant fortpflanzen, aufzufassen, aber diese natnrgeschichtliche Auffassung des Menschen kann nicht der Gegenstand dieses Werkes seyn, welches sich begnügen muss, die hervortretendsten Racen des Menschengeschlechts nach Anlei- tung der Ordnung von Butimenbach anzuführen, die sich immer noch am meisten empfiehlt, weil sie am bequemsten ist. Man unterscheidet demnach: 1. Die kaukasische Race. i r Die Hautfarbe ist mehr oder minder weiss, ms Fleischtar- hene, seltener hellbräunlich; das Haar mehr oder minder wellig, hell oder dunkel; die Stirn hoch und gewölbt; das Gesicht oval; der Gesichtswinkel*) des Schädels gross bis 80“— 85®; eine *') Anmerkung. Unter Gesichtswinkel versteht man den zwischen der Gesichlslinie und einer lioriÄOnlalen Lime der Schadelbasw eninailenen. Winl^el. Die erslere berührt die Glabclla und den vorspnogcndslen Theil de» Oberkiefers, letztere Ist die Mitte einer Ebene, welche durch die Spina nasaüs anterior und den Meatus audit. durchgebt. Winkel ist bei Kindern immer grüsser al.i beim Erwachsenen, daher auch beim jungen Affen, wie beim jungen Orang vcrbältnissmassig gross , während er beim erwachsenen Affen viel kleiner jj*- einen mehr tbieriseben Ausdruck erhalten hat. Oie Grosse des * ? ■^inkels V^Ird bedingt durch ein relatives lJcberv\acgeu des Hirnschade Varialionen der Lelensformen auf der Erde. 775 schmale, mehr oder weniger gebogene oder vortretende Nase; .senkrechtstehende Zähne; massige Lippen; vorspringendes Rinn und reicher Bart, wie überhaupt reicher Haarwuchs. Zn dieser Race rechnet Blumenbach die Europäer (mit Aus- nahme der Lappen und Finnen), die westlichen Asiaten bis zum Ob, Ganges und zum caspischen Meer, und die Nordafricaner. 2. Die mongolische Race. Sie hat eine gelbe Hautfarbe; schwarzes, schlichtes, sparsa- mes Haar; breites, plattes Gesicht, dessen breitester Theil in der Jochgegend; platte, breite Glahella ; kurze breite flache Nase; eng- geschlitzte schiefe Angenlieder, weit auseinander stehende Augen. Hierzu gehören nach Blumenbach die übrigen Asiaten, ausser den Malayen, in Europa die Lappen und Finnen, die nördlich- sten Amerikaner, Eskimos, Grönländer. 3. Die amerikanische Race. Sie hat eine bräunlich kupferfarbene Haut; schwarzes, schlich- tes, sparsames Haar; mehr oder weniger schwachen Bart; mehr oder weniger vorragende Nase. Alle übrigen angegebenen Cha- ractere sind nicht constant und nicht treffend. Hierzu gehören die übrigen Amerikaner. 4. Die aethiopischc Race. Schwarze oder schwärzbraune Hautfarbe; schwarzes, meist starkes, kurzes wolliges, krauses Haar; schmaler langer Schädel; zurücktretende Stirn; vortretender Oberkiefer bei zurücktreten- dem Kinn und schräge gestellten Zähnen; kleine oben einge- drückte aufgestülpte Nase; dirke Lippen; Gesichtswinkel 70 — 75®, Die übrigen Afrikaner oder Neger, die Neger Neuhollands und des indischen Archipels oder Papus. 5. Die malayische Race. Braune Haut; schwarzes, weiches, lockiges, reichliches Haar; massig schmaler Schädel; krummgewölbte Stirn; massig vorragen- der Oberkiefer; stumpfe, breite Nase; dicke Lippen ; grosser Mund. Zu dieser gehören die braunen Insulaner der Südsee, der Sundainseln, Molukken, Philippinen, Marianen und die Malayen des festen Landes Malacca. Es würde unstreitig weit zweckmässiger sein, diese Racen als constaote und extreme Formen der Variationen entgegenzu- stellen, als alle jene Völker in diese Racen vertheilen zu wol- len. Diess ist unmöglich, und die Wissenschaft erfordert auch keine solche Vertheiliuig. Der Versuch dazu führt aber unver- meidlich zürn Willkührlichen. Die tartarischen und finnischen Nationen werden immer eine unbekannte Stellung in Beziehung über die Sinnenzone und den Fressllicil des Seli.Hdels. In der iVntlke ist dieser Winkel zur Erzielung elucs edlem Au.sdriieks bis zum rechten und mehr übertrieben und daher in diesem Punkte gleichsam das kindliche Verhältniss auf den Erwachsenen übertragen. Die C.apacität des Schä- dels für d.is Gehirn ist bei verschiedenen Mensrhenraren trotz aller äussern Verschiedenheiten der Schädel nach Tiedemann’.s ünTer.sucbun- gen gleich. S. XiEDEMANN, das Ih'rn des Negers mit dem des Euro, päers und Orang-Utans veTglicken. Ueiaelke.rg 1837. 4. IIH er*3 Physiologie. 2r Btl, UI. 50 77S Schluss}) enter klingen über die zn der mongolisclien nnd cancasisclien Race behaupten, nicbt ohne 'Willkülir zieht inan sic zu einer von beiden herüber. Ebenso ist es mit den Papus nnd Alfuros im Verbältniss zu den Malayen nnd Negern. Unter den Bewohnern der Inseln des stillen Meers kann man schwarze, braune und selbst weisse unter- scheiden!, wenigstens giebt es auf den Gesellscbaftsinseln sowohl weisse als gelbbraune Menschen. Es kann hier nicht einfallen, die weissen zu der cancasisclien Race zählen zn wollen, ebenso wenig als es gemeint sein kann, die Guyanas unter den America- nern wegen ihrer fast weissen Farbe für identisch mit der cau- casiscben Race su halten; vielmehr scheinen diese Variationen ohngefähr so, wie die blonde nnd dunkele Varietät unter den Europäern entstanden zu sein. Es fragt sich aber auch, ob nicht die Raccn der Papus und Alfuros der Ableitung nach den Negern Africas fremd sind, nnd ob diese schwarzen Racen des indischen Archipels nicbt vielmehr in einem weit nähern Zusam- menhänge mit der braunen malayischen Race stehen, so dass sich die schwarze und braune malayische Race zu einander verhielten, wie die eigentlichen Neger und schworzhraunen Südafricaner. Es ist kein noth wendiger Grund vorhanden, alle auf der Erde vorkommenden scbw'arzen, oder alle braunen und weissen Völker von einander abzuleiten, vielmehr wenn Verschiedenes aus Einem hervorgehen kann, so begreift man sehr wohl, wie die Natur unter geschichtlich getrennt gebliebenen entfernten Nationen auch möglicherweise zu ähnlichen Formen führen kann. Die Aehnlichkeit und Verschiedenheit der Sprache kann zu- weilen für die Stellung der Völker zu gegebenen Racen leitend sein, aber auch dies ist nicht immer sicher: denn man trifft nicht selten Sprachen von ganz verschiedenen Sprachsfämmen hei einer und derselben Race; Sprachen gehen unter und werden verdrängt, wie die Racen. Mit Rücksicht auf die Sprachenstämme kann man aut dem grossen Europäiscliasiatischen Continent unterscheiden: 1. Die Völker des indoeuropäischen Spracbenstammes umfas- send das Sanskrit, die Persische, Griechische, Lateinische, Ger- manische Celtische, Slavische Sprache. 2. Die Semitischen Sprachen, Aramäische, Phönicische, He- bräische, Arabische, wozu noch die Aethiopische oder Geezische im nördlichen nnd nordöstlichen Africa. Das sind dieVölker, welche die bedentendsteGeschichte gehabt, die am meisten der Cultur fähig gewesen, es sind aber die, welche unter dem Namen der caucasischen Race zusammengefasst sind. •3. Die Völker der Tschudischen Sprachen, wohin die mehr oder weniger verwandten Sprachen der Ungern, Finnen, Lappen, Samojeden, Esthen, Lieven, der Permier, der Wogulen, der Üstia- ken, der Tscheremissen, der Mordvinen, der Koriäken, Tschutkt- schen, Kurilen, von Einigen auch die Sprachen der kaukasischen Völker, wie der Georgier, Tscherkessen gerechnet werden. 4. Die Völker der tartarisehen, mongolischen Sprachen, wie der Mandschu in China, der Türken, Usbeken, Bncharen, Basch- kiren, Jakuten, Kirgisen, Kalmücken, Tungusen u. a. Variationen aer Lebensformen auf äer Erde. i t i 5. Die Völker einsilbiger Sprachen, theils mit EegrilFszeichen (China, Totikin, Kocbinchina), theils mit Sylbenschrift, Tibet, Siam Birma. Diese Sprachen haben keine Endbiegungen und drücken d.ie Beziehungen der 'VS’'örter durch die Belotuing aus. Australien ist theils Yon den hVaunen M'alayen, theils von den schwarzbraunen Papuas und Alfuros bewohnt. Die Alfuros leben in den Centraltheilen der meisten Molukken, Philippinen, von Madagaskar, ]\eu-Guinea, auch im Worden von Neu-Guinea auf Weubritanien, Neuirland, Louisiade, Bouka, Santa Cruz, den Salomonsinseln und zerstreut im Innern Neuhollands. Sie gelten für die Ureinwohner; sie haben nach Lesson dünne Beine, vorragende Zähne, rauhe, dicke, schlichte Haare, dicke Bärte und sind von schmutzig brauner oder schwarzer Farbe. Von den davon ver- schiedenen Papuas an den Küsten werden sie Endamanen ge- nannt. Diese ebenfalls schwarzbraunen Papuas an den Küsten vieler Inseln in den Malayischen Meeren, Waigiou, Sallawaty, Gummen, Battenta u. a. scheinen Rlischlinge zwischen den Malayen und Alfuros oder ächten Papuas zu sein, sie sind den Madagassen ähn- lich. Ihre Haare sind massig wollig, dick, lang und herabfallend. Ihre Nase ist platt, die Naslöeher «juer weitert, die Stirn hoch, der Bart dünn, die Farbe tief schwarzbraun. Die Malayen haben sich von Sumatra auf das Festland Ma- lacca ausgedehnt, auch hier findet man die beiderlei Farben bei einem Tlieil der Gebirgbewohuer, nämlich auch die Seman"^, wollhaarige Negritos. Verwandte Malayische Sprachen werden auf den Philippinen, den Sundainscln und Madagaskar gesprochen. Aehnllch im Bau und in den Wörtern, sind die Neuseeländische, Tahitische, Sand- wichische, Tongische Sprache. Siehe W^. v. Humuoldt die Ka- wisprache. I. Berlin, 1836. p. 2. Africa bewohnen zweierlei Nationen, den Indoeuropäern ver- wandte im nördlichen und nordöstlichen Theil, Abyssinier, Nubier Aegypter, Berbern. Das ganze übrige Afrika ist von Negern bewohnt! Die Zahl der Sprachen ist ausserordentlich, ebenso wie in Ame- rika, dessen kupferfarbene Bewohner trotz aller nationalen Ver- schiedenheiten der Peruaner, Guaranen, Araucaner, Pampas, Puris, Botocuden, Moluchen,Patagouen, Feuerländer, Mexicaner, Caraiben, Canadier, Calilörnier, mit Ausnahme vielleicht der (Monnolisehen) Bewohner des nordöstlichen Theils von America verwandt'scheinen. In Hinsicht des Einzelnen muss auf die Naturgeschichte des Menschen und die darüber handelnden Specialwerke verwiesen werden: Blumekbacu de generis humani varietate nativa. Gült. ed. 3. 1795. Blumenbach decades collectionis craniorum. Golt, 1790. P. Camper über dm natürlichen Unterschied der Gesichtszüge in Menschen oerschiedener Gegenden und »erschiedenen Alters. Berlin, 1792. ViREY hist. nat. du genre humain. Paris, 1824. Desmouhns 'wt. nat. des races humaines. Paris, 1826. Bory de St. Viscent er Mensch. JVeimar , 183”. G. Vrolik. considerations sur la di- t^ersite des bassins de differentes races humaines. Amsterd., 1826. • M. Weber die Lehre oon den Ur~ und Racenformen der Schädel 778 Schlusshemerkmgen über Variationen der Lebensformen. lind Becken des Menschen. Düsseldorf, 1830. R. Wagser, eeschichte des Menschen. Kempten, 1831. Vau der Hoeven m hjd- schrift voor naturllfke geschiedenis. T. I. — IV. die Menschenraceti, in der Deutschen Viertejahrsschrifi. 1838. Priciiard, Naturge- schichte des Menschengeschlechts mit Anmerkungen und Zusätzen pon R. Wacher. Leipz, 1840. Berthold, Menschenracen \im encycl. Wörterh. d. Med. kVissensch. B. 23. p. 44. Nachträge und Berichtigungen. Band 1. lieber die Electricität der Thiere vergl. Matteucci, essai sur les pkenomenes electriques des animaiix. Paris 1840. lieber das Blut siebe Berzelius Thierchemie, neue Ausgabe. Huenefeld, der Chemismus der thierischen Organisation. Leipz. 1840. R. Wacher, Nachträge zur oergl. Physiol. d. Blutes. Mandl, anatomie microscopique^ sang. Fans 1838. H. in Unters, z. Phys, u. Fath. 2. 2. 145. Gulliver, ^ phil. mag. 1839. März. Owen, Lond. med. gaz. 18-39. Nop. 28-3. Dec. 473. . Heber die Lymphe siebe Marchahd und Colberg m Muell. Arch. 1838. 129. ^ B . • lieber die Blutmenge siebe Valentin in dessen Repertorium 1838. 281. . , . lieber das Athmen siebe Ehschtjt, de respiratwnis chymismo Traf. 1836. UeLer die Regeneration der Nerven siehe Steinrueck., «e nerpornm regenerafione. Berol. 18-38. Usber die Galle siebe Demarcbau’s und Berzelius neuere Arbeiten in Berzelius Thierchemie , neue Ausgabe. Heber die Verdauung siehe ferner Pafpenbeim zur Benntniss der Verdauung im gesunden und kranken Zustande. Breslau 1839. Wasmabn, de digesiione. Berol. 1839. Heber die Schlingbewegungen siehe Bidder, Beobachtungen über die Bewegungen des weichen Gaumens. Dorpat 18.38. ^ Heber das Wachsthuin der Knochen siehe Floueens in l In- stitut. 1840. • T. w Heber das graue Fasersystein des Gangliennerven siehe Va- lentin in Müeller’s Archip 1839. p. 139. Rosentbal de forma- lione granulosa. Vratisl. 1839. Mueller’s Archio 1839. Jahresbe- richt. CCII. . Zur Lehre von den Wirkungen der Nerven siebe Va^ntin, de funciiontbus neroorum cercbralium et neroi sympathici. Bernae 1839. 4. Marshall Hall über den Zustand der Irritabilität in den Muskeln gelähmter Glieder in Muell. Arch. 1839. 199. Völker s Nachträge und Berichtigungen. 779 Mitbewegungen in Muell. Arch. 1838. 409. Budge, Sympathien ebend. p'. 3S9. Magendie, /econs sur les fonctions et les maladies du Systeme nerueux. Paris 18-39. Grainger on the structure a, fonctions of the spinal chord. Land. 1837. F. Nasse über Reflex- bewegungen in Untersuch, z. Phys. u. Path. Laymann, Anwendung der Induction auf Neroenphysik. Coblenz 1839. Stbomeyer, moto- i'isch sensorielle Reflexion. Gott. Anzeigen 1836. Van Deen über die motorischen und sensoriellen Stränge des Rückenmarkes in Tydschrift poor natuurlijke geschiedenis. 1838. Kronehberg, mo- torische und sensible Nervenwnrzeln in Muell. Arch. 1839. 360. Carus ebend. 336. Stilling über Spinalirritation. Leipz. 1840. In BetrelF der Wirkungen einzelner Nerven Volrmakn in Muell. Arch. 1840. Band ir. Pag. 7. Zur Lehre von der Wimperbewegung siehe Mayeb, Supplemente 2. Fror. Not. n. 1024. Ueber die Wimper- bewegung am Peritoneum der Frösche ebend., vergl. Valentin nnd Vogt weiter unten. Ueber die Wimperbewegung im Innern der Gehirnböblen siehe Purkinje in Mueller’s Archw 1836. Pag. 133. Zur Lehre von der Stimme vergl. J. Mueller über die Compensalwn der physischen Kräfte am Stimmorgane. £er//>il839. Duttenhoeeb, Unters, über die menschl. Stimme. Stuttg. 1839. Pag. 325. Ueber den feinem Bau der Retina. Die stabförmi- gen Körper liegen nach neueren Untersuchungen nicht an der innern, sondern äussern Fläche der Retina, an der innern aber eine Schicht von Zellkugeln mit Kern, Dirn -Ganglien -Kugeln. Man sehe über den feinem Bau der Retina Bidder in Mueller’s Archiv. 1839. p. 371. Hannover ebendas. 1840. p. 320. Zur Lehre vom Sehen siehe Hueck in Muell. Arch. 1840, 76. 82. Volkers in Muell. Arch. 1838. 60. Volkmann ebend. 37. 3. Mile in Muell. Arch. 1839. 64, Volkmann ebend. p. 233! Hueck, die Bewegung der Crystalllinse. Dorpat 1839. Ueber die neueren Leistungen der Physiologie der Sinne' siehe Tourtual in Muell. Arch. 1840. Pag. 491, Ueber Geschmacksnerven vergl. C. Vogt in Muel- ler’s Archiv 1840. 71. Pag. 617 — 621. Ueber getrennte Geschlechter bei Echinoder- men siehe Valentin in Froriep’s Not. XII. N. 7. Rathke, ebend. 269. Peters in Mueller’s Archiv 1810. 143. Ueber getrennte Geschlechter bei Polypen (Veretiilum), Mol- lusken (Patella. Chiton). Siehe R. Wagner, Fror. Not. XH. 7. Ueber getrennte Geschlechter bei Carinaria und Firola siehe Edwards und Peters L’institut. 1840. N. 334. Ueber vereinigte Geschlechter bei Pecten. Edwards, ebend. 336. Pag. 625. Die Trennung des Eierstocks vom Eierleiter ist auch bei Sepia von Rrohn beobachtet. Mueller’s Archiv 1839. 353. Pag. 626, Z. 21 liess Abhdlg. d. K. Baiers. Akademie. II. 1837. Pag. 637. Ueber die Structur der Samenthierchen des Bären siehe Valentin Nov. Act. hat. Cur. XIX. p. 1. p. 237. Ueber Samenkapseln der Cyclcps siche v. Siebold in Beiträgen Sur Naturgeschichte der wirbellosen Thiere. Danzig 1839. Ueber die Samenkapseln der Sepien Peters in Mueller’s Archiv -1840. 48. 780 Nac/drüge und Bemhtigvngen. Pag. 640. lieber die Menstruation der Affen siebe EnaEHBERa Ahhandlg. d. Akademie zu Berlin, 1833. p. 351. 358. lieber die Menstruation der Tbiere Numan, Fror. iNö/. 150. Pag. 645, Wach einer brieflichen Mittbeilung von VALENnic wimnert das Peritoneum bei den Haien zwischen Leber und EU erstöck, ferner der Baucbfellüberzug der Nieren und Ovarien. Nach brieflicher Mittbeilung von C. Vogt wimpert bei den weiblichen Salmonen, die keine Eierleiter haben, und bei denen die Eier durch die Bauchhöhle abgehen, die ganze innere Fläche der Bauchwände. l^ag, 647. Die Forlleitung der Samenthierchen, bis zum Eier- stock ist von Bischöfe, R. Wagner, Barry beobachtet. Pag. 664. Die hier beschriebenen Dotterzellen der Haien und Rochen sind noch von einer andern Zelle, Membran der Mutter- zelle umgeben, die sich im Verfolg der Entwickelung mit feiner Granulation füllt. Die scheinbai'en Theilungen der Dotterzellen scheinen von aneinander liegenden Zellen ihr Ansehen zu erhal- ten. Bei einigen Halen weichen die Dotterzellen von dem ge-, wohnlichen Verhalten ab. So z. B. bei den Scymnen., wo die Dotierkörner sehr grosse Zellen sind, welche mit vielen kleineren Zellen, der jungen Brut voll gefüllt sind. Pag. 704. Die zweite Reihe der Beobachtungen von Barry ist erschienen. Researches on emlryology. Second series, London 4839. Pag. 727. Die Giraffe bat nach Öweb Cotyledonen am Cborion, wie die Mehrzahl der Wiederkäuer. Pag. 750. Das Ovarium der Säugelblere besteht nach Valen- tib’s Untersuchungen anfangs aus Röhren, in welchen die Follikel entstehen. Valentin in Muell. Arch. 1838. p. 530. Pag. 755. Im ersten Band dieses Werkes ist das W^achstbum der Zähne nach dem Princip der schichtweisen Apposition dar- gestellt und nur bemerkt, dass in den Plaglostomen bei den Gat- tungen Myliobatis und Rhinoplera eine Ausnahme staUßnde, in- dem hier nach meinen Beobachtungen die Zabnplatten schon ihre ganze Grösse erreicht haben , ehe die Ikalksalze in sie abgesetzt werden. Schwann vermuthet bei den böhern Thieren einen Uebergang der oberflächlichen Fasern der Zahnpulpa in die Sub- stanz des Zahns, so dass die Pulpa verknorpele und verknöchere. In diesem Falle würde die Cbondrose und Ossißcation schicht- weise Vordringen. Owen’s Untersuchungen bestätigen diese An- sicht. Siehe Ann. d. sc^ nat. 1839. Oct. Pag. 758. Vergl. Valentin’s Beobachtungen über die Genesis der Gewebe in Wagner’s Physiologie p, 132. Henle’s Beobach- tungen über die Structur der Gewebe, in dessen Symbolae ad anatomiam cet. Berol. 1837. Muell. Arch. 1838. p, 102. Fror. N. Not. nr. 294, Gedruckt Lei den Gebr. Lngev in Berlin. p^..V W' ‘W . *• < , - 1 .- . y •!? Jk » i Nachträge und Berichtigungen. I, Band, dritte Auflage. Seite 381. wo die 'Wiiloingen des organisclieu Pascisystenis erläutert werden, sind zwei Tliescn aufgestcllt, dass es entweder mit den Ganglien die unwiUkührliclie vom Gehirn und Rückenmark unabhängige Bewegung vermittele, oder den chemischen Processen der Absonderung und der Veränderung der Materie diene. Für diese Thesen wurden theils eipe- riraentelle, theils anatomische Thatsachen heigehracht, ohne dass ein entschiedenes Üebcrgewicht der Gründe zur Feststellung einer dieser An^ sichten berechtigte. Doch tritt eine Begünstigung der letztem Ansicht in der Darstellung hervor. Zufolge einiger neuern Beobachtungen von Remak wird der Autheil der Ganglien an der unwlllkührlichen Bewe- gung in so weit wahrscheinlicher, als Remak an den auf der Obc.- fläche des Herzens verlaufenden Aesten der Herznerven, beim Kalb viele kleine mikroskopische Ganglien gefunden bat. Vergl. die im zweiten Bande p. 70. aufgestellte Hypothese. Vielleicht lassen sich beide An.sich- ten vereinigen. / ih B an d. Seite 310. Z. 15. über den Bau der Augen bei den Spinnen und die Vereini- gung der Charactere der zusammengesetzten Augen mit denen der ein- fachen, siehe Brants in Tydschrift voor natuurlyke gescMedenis. i. 1. und 2. Stück, p. 135. — ' 322. Z. 5. v. u. über Richtungsllnien des Sehens vergl. Mue in PoG- GEND. Ann. 18.37, N. 9. p. 37. — 316. Z. 12. V. u. über den Bau der Retina vefgl. Vaientin Repert. 1837. 2. — 440. Z. 10. V. 11. ln Beziehung auf die hier angeführten Gründe für die Meinung, dass das Knacken von einer willkührlichen Zusammenziehung des Musculus tensor tyrapanl herrühre, bemerke ich' nachträglich , dass mir nach reiflicherer Erwägung jene Gründe zu einem Beweise nicht hinreichend scheinen. — 441. Z. 4. D er knackende Ton kann ferner mit dem brummenden p. 440. unten beschriebenen zugleich erfolgcA, aber auch davon isolirt werden. Bringe ich die Bewegung für beide hervor, und gebe gleich darauf einen summenden Ton der Stimme bei geschlossenem oder wenig geöffnetem .Mnnde an, so hat dieser eine ausserordentliche Resonanz, und cs muss ln Folge jener Bewegung etwas verändert seyn, wodurch etwas stark resonirt, was vorher schwach oder gar nicht resonirte. Die Resonanz des Tons der eignen Stimme ist so stark, dass es wie Orgelton klingt. Die Bewegung zum Knacken scheint die Resonanz nicht einzuleiteu, sondern die zweite Art der Bewegung thut es, denn ich kann die Bewegung des Knackens isoliren, ohne dass die Stimme resonirt. Ich kann ferner die Resonanz auf dem einun und andern Ohr isolirt cmtreten lassen. Eine Erklärung die- ser Erscheinung will mir nicht gelingen. Noch ein anderes Reso- nanzphänomen des Ohrs verdien# hier e^^vällnt zu werden. Dieses kann jeder lelclit beobachten, was mit dem vorhererwähnten nicht der Fall Ist. Wenn man irgend einen Ton bei zngehaltenem Mund .summend singt, und mit den lose eingesteckten Fingern seiner Hand die beiden Ohröffnungen deckt, ohne fest an zu drücken, so hört man seinen- Stimmten viel, stärker als zuvor, aber mit einer eigenen dumpfen Resonanz in den Ohren, wie Orgelton. W^enn der Finger tiefer und fest cindrückt', so hört die Resonanz auf. Man kann, wenn man den Finger bloss lose in das eine Ohr halt, die Resonanz auch auf diesem einen Ohre hören. Der Klang bei diesem Resonanzphanoraen ist ähn- lich demjenigen bei dem vorherbeschricbenen, aber sehr viel schwachfer. Seite 473. Z. 15. Die obigen Figuren können auch die Veränderung des Klan- ges eines Instrumentes durch Resonanz erläutern. Die kleinste Verän- derung eines resonirenden Körpers verändert seinen Klang, wahrschein- lich indem die Abwerfung der W’^cllen verändert wird. Da nun die Kreuzung der primitiven V\^ellcn mit den resonirenden Wellen äusserst mannigfaltig seyn kann, so kann auch der Klang von Resonanz äusserst mannigfaltig seyn. i Berlin, gedruckt bei den Gebrüdern Unger. ( \ \ / \ I s